Die Beschränkungen des kommunalen Satzungsgebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung [1 ed.] 9783428493975, 9783428093977

Fragen des Friedhofsrechts betreffen früher oder später ausnahmslos jeden Bürger. Zur Zeit finden sich alleine auf den e

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Die Beschränkungen des kommunalen Satzungsgebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung [1 ed.]
 9783428493975, 9783428093977

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T A D E M A T T H I A S SPRANGER

Die Beschränkungen des kommunalen Satzunggebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 782

Die Beschränkungen des kommunalen Satzunggebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung

Von Tade Matthias Spranger

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Spranger, Tade Matthias: Die Beschränkungen des kommunalen Satzunggebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung / von Tade Matthias Spranger. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 782) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09397-6

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09397-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier

entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1997 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Mein Dank gilt in erster Linie meinem hochgeschätzten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Fritz Ossenbühl, der das Wagnis einer auf den ersten Blick ungewöhnlichen Thematik eingegangen ist und mir zudem bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Untersuchung stets volle Freiheit belassen hat. In ganz besonderer Weise danke ich auch Herrn Prof. Dr. Josef Isensee, der nicht nur rasch das Zweitgutachten erstellt, sondern auch den Fortgang der Arbeit mit beständigem Interesse verfolgt hat, was mir eine außerordentliche Motivation war. Literatur und Rechtsprechung sind bis Ende 1998 berücksichtigt.

Bonn, im Januar 1999

Tade Matthias Spranger

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

23 Teil 1 Die Grundlagen einer Bewertung kommunaler Grabgestaltungsvorschriften

27

1 .Abschnitt: Die Grundlagen des Friedhofsrechts

27

A. Die geschichtliche Entwicklung des kommunalen Friedhofswesens

27

B. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Friedhofsträger und Dritten

31

C. Die Systematik der Gestaltungsvorschriften

33

D. Die rechtliche Einordnung der Bestattungsplätze

35

2.Abschnitt: Die allgemeinen Grenzen kommunaler Satzunggebung und ihre Relevanz für das Recht der Grabgestaltung 40 A. Der Kompetenzbereich der Selbstverwaltung

40

B. Die Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben durch den Satzunggeber

48

C. Der Vorrang des Gesetzes

49

D. Die Abwägung als Kern der Satzunggebung

50

E. Die Berücksichtigung struktureller und sachverhaltsbezogener Besonderheiten... 51 F. Ergebnis

51

Teil 2 Rechtliche Bewertung ausnahmslos geltender Grabgestaltungsvorschriften

1.Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel A. Die Grabgestaltung als Fall der freien Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 I GG

53

53 53

nsverzeichnis

10

I. Die Ansicht Scheuners: Grabgestaltung als unwesentliche menschliche Betätigung 55 II. Die Ansicht Liermanns: Grundrechtseinschränkung durch das Anstaltsverhältnis 59 III. Die Ansicht Fechners: die Gemeinschaftsgebundenheit der Grabgestaltung

61

IV. Ergebnis V. Grundlagen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung - die Friedhofssatzung als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung

64 64

1. Zum Grad der Zweckdienlichkeit kommunaler Grabgestaltungsklauseln.... 65 2. Der Friedhofszweck a) Kriterien zur Ermittlung würdiger Grabgestaltung

67 69

aa) Der gebildete Durchschnittsmensch und seine „Verwandten" (1) Kritik am Durchschnittsmaßstab zur Ermittlung würdevoller Grabgestaltung (2) Kritik an der Betonung des Gemeinschaftsgedankens als Leitprinzip einer würdevollen Grabgestaltung

75

bb) Das Sachverständigen-Urteil

79

cc) Die Maßgeblichkeit kraft Repräsentation

80

dd) Das Kriterium der offenkundigen Störung

80

ee) Eigener Ansatz

81

b) Zwischenergebnis

69 71

85

3. Beschränkung der Grabstättengestaltung durch subjektive Rechte Dritter... 85 a) Keine Vermittlung subjektiver Rechte durch den Bestattungsanspruch... 86 b) Bürgerlichrechtliche Bestimmungen als subjektive Rechte

86

c) Die Grundrechte Dritter als subjektive Rechte

87

4. Die weiteren Elemente der Schrankentrias VI. Ergebnis B. Grabgestaltung und Menschenwürde

88 88 89

I. Gestaltungsvorschriften als Eingriff in die Menschenwürde

89

II. Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen

92

1. Stand der Rechtsprechung

92

2. Analyse und Lösungsvorschlag 93 C. Das Erfordernis der Anpassung der Grabgestaltung an die Umgebung und der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 I GG 96 I. Die Bindung des Nutzungsberechtigten an den Status quo II. Die Möglichkeiten einer Rechtfertigung D. Die Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 I, II GG I. Grabgestaltung als Glaubensbetätigung

96 98 98 99

nsverzeichnis

11

II. Grundrechtsschranken der Religionsfreiheit und ihre Auswirkungen auf die Grabgestaltung 102 III. Zur Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses IV. Die Gestaltung der Gräber Angehöriger des moslemischen Glaubens als Sonderfall kommunaler Vorgaben E. Die Gewissensfreiheit nach Art. 4 I GG

103 103 106

F. Die Grabgestaltung als durch Art. 5 11 l.Hs GG geschützte Meinungsäußerung 107 I. Die Grabinschrift als Meinungsäußerung

108

II. Formgebung und Materialwahl als Meinungsäußerung 109 III. Die Genehmigungspflicht für Grabmale und Grabinschriften als Eingriff in die Freiheitssphäre IV. Insbesondere das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt V. Die Grundrechtsschranken des Art. 5 II GG

110 112 113

1. Das allgemeine Gesetz

113

a) Die Würde des Friedhofs als zu schützendes Rechtsgut b) Individualrechte anderer Grabnutzungsberechtigter als zu schützendes Rechtsgut 2. Das Recht der persönlichen Ehre a) Die beleidigende Grabgestaltung als Fall der Kreditgefahrdung nach § 824 BGB b) Beleidigende Grabgestaltungen und der Beseitigungsanspruch nach

113

§ 823 BGB VI. Ergebnis G. Die Grabgestaltung als Gegenstand der Kunstfreiheit nach Art. 5 III GG

114 116 117 118 120 121

I. Der Schrankenvorbehalt des besonderen Gewaltverhältnisses

123

II. Die Schranken der Baukunst als Maßstab der Friedhofsgestaltung

124

III. Verfassungsimmanente Schranken im Bereich sepulkraler Kunst

125

IV. Ergebnis

126

H. Das rechtsstaatliche Gebot der Normklarheit I. Die Normklarheit der allgemeinen Gestaltungsanforderung

126 127

II. Die zweifache Ausgestaltung des Zwei-Felder-Systems 129 J. Exkurs: Die Auswirkungen der allgemeinen Gestaltungsvorschrift auf die Gestaltung von Urnengräbern 129 I. Zur Zulässigkeit der Beschränkung der Grabstättengröße II. Die Beschränkung der Grabmalsgröße III. Urnengemeinschaftsanlagen

131 132 133

K. Die Vereinbarkeit mit Bundesrecht

134

L. Die Vereinbarkeit mit Landesrecht

135

nsverzeichnis

12

M. Rechtsstaatliche Anforderungen im Bereich der Abwägung als Kern der Satzunggebung

136

2.Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte A. Die Pflicht des Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage I. Die Bepflanzung als Element der Grabgestaltung

137 137 138

II. Der allgemeine Vermögensschutz über Art. 2 I GG 140 B. Beschränkungen der Verfügungsmöglichkeiten des Nutzungsberechtigten und Art. 14 GG 141 I. Die Eigentumsverhältnisse an der Grabstätte selbst II. Die Eigentumsverhältnisse am Grabstein und der Grabbepflanzung

141 142

1. Bewertung der Rechtsverhältnisse an Grabsteinen 144 a) Die Zweckbestimmung des Friedhofs als verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Eigentumsfreiheit 145 b) Die Zweckbestimmung des Grabmals als verfassungsrechtliche Rechtfertigung 146 c) Weitere Anforderungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung 2. Bewertung der Rechtsverhältnisse an den Grabbepflanzungen

149 149

a) Die Verpflichtung zur gärtnerischen Anlage des Grabes 150 b) Die satzungsrechtliche Statuierung eines Eigentumsübergangs hinsichtlich der Grabbepflanzung nach § 94 BGB 150 Teil 3 Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

153

1.Abschnitt: Die allgemeinen Grenzen der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften 154 2. Abschnitt: Zum Friedhofszweck als Grenze zusätzlicher Gestaltungsvorschriften 158 3.Abschnitt: Das Willkürverbot A. Insbesondere das Verbot ausländischer Steine, bzw. Gebot der Verwendung heimischer Natursteine

159 164

I. Die Bewertung der Klausel nach nationalem Recht

164

II. Das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen nach Art. 30 EGV

166

III. Ergebnis

168

B. Insbesondere das Politurverbot und das Verbot schwarzer und weißer Steine.... 168 C. Insbesondere das Verbot von Lichtbildern

174

D. Insbesondere das Verbot von Grababdeckplatten

175

nsverzeichnis

13

E. Insbesondere das Kombinationsverbot

178

F. Insbesondere das Verbot serienmäßiger Ware

179

G. Insbesondere Größenbeschränkungen

182

I. Die öffentliche Sicherheit als Grenze der Grabmalsgröße 185 II. Keine Neubewertung des Ergebnisses durch die Ausgestaltung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 186 4.Abschnitt: Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und das Verhältnismäßigkeitsprinzip 188 5.Abschnitt: Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und die Wesensgehaltsgarantie 192 6.Abschnitt: Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und das rechtsstaatliche Gebot der Normklarheit 192 7.Abschnitt: Zusätzliche Gestaltungsvorschriften als Eingriff in die Grundrechte der Gewerbetreibenden 194 A. Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und die Berufsfreiheit I. Die mittelbare Grundrechtsbetroffenheit der Gewerbetreibenden II. Die objektive Erkennbarkeit der berufsregelnden Tendenz

195 196 198

III. Die Erläßlichkeit der berufsregelnden Tendenz 199 IV. Keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Gewerbetreibenden 201 B. Zusätzliche Grabgestaltungsvorschriften und die Eigentumsfreiheit der Gewerbetreibenden

202

I. Die einzelnen Elemente der Sach- und Rechtsgesamtheit

203

II. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb III. Ergebnis

204 206

Teil 4 Die Rechtmäßigkeit der praktischen Ausgestaltung und tatsächlichen Folgen des Zwei-Felder-Systems

207

1.Abschnitt: Das zahlenmäßige Verhältnis der Friedhofsabteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften 208 2.Abschnitt: Unzumutbare Entfernung als Resultat des Zwei-Felder-Systems

209

3.Abschnitt: Die Bindung an den Ortsteil als vom Satzunggeber zu würdigender Aspekt 212 4.Abschnitt: Die Art der Ausweichmöglichkeit und die Gefahr des faktischen Zwangs 214

nsverzeichnis

14

5. Abschnitt: Die Delegation der Grabfeld-Einteilung auf die Friedhofsverwaltung 218 6.Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten hinsichtlich der Gestaltungsart 222 A. Der fehlende Hinweis des Friedhofsträgers auf die Wahlmöglichkeit

223

B. Die Folge der Nicht-Ausübung des Wahlrechts

227

I. Die Voraussetzungen des Verzichts im Verwaltungsrechtsverhältnis II. Die ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung

228 229

III. Das Schweigen des Grabstellenerwerbers als Verzichtserklärung

230

IV. Widerruflichkeit und Anfechtbarkeit der Erklärung

232

V. Die Folgen des wirksamen Verzichts des Grabstellenerwerbers

233

7Abschnitt: Die nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit

234

A. Die Unterwerfung unter die jeweils geltenden Bestimmungen der Friedhofssatzung

235

B. Die Verschärfung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

236

C. Die Verschärfung allgemeiner Gestaltungsvorschriften 237 I. Die Wahrung der Anstaltsautonomie als Rechtfertigung einer nachträglichen Verschärfung der Anforderungen 239 II. Die Forderung durch den Anstaltszweck III. Sonstige legitime Zielsetzungen IV. Das Angebot der Umbettung als nachträglich eingeräumte Wahlmöglichkeit

242 243 244

Teil 5 Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften 1.Abschnitt: Der Ausschluß der Grabgestaltung für Tot- oder Fehlgeburten A. Die Würde des ungeborenen Lebens als Leitgedanke für die Bestattung von Fehlgeburten

247 247 249

B. Das Recht der Eltern auf Totenehrung 250 C. Die Bestattung von Fehlgeburten und das grundgesetzliche Eltern- und Familienrecht 251 D. Ergebnis 2.Abschnitt: Das allgemeine Kunststoff-Ver bot

252 253

A. Die abfallrechtliche Kollisionsproblematik 253 I. Die Ansicht Königs - keine Berechtigung der Kommune zum Erlaß der Abfallvermeidungsklausel 254

nsverzeichnis

15

II. Die Auffassung Müller-Hannemanns - keine Kollision der Satzungsklausel mit Bundes- oder Landesrecht

255

III. Problemaufriß und eigene Stellungnahme B. Die Staatsaufgabe Umweltschutz

255 259

C. Ergebnis 261 3.Abschnitt: Satzungsrechtliche Vorgaben hinsichtlich provisorischer Grabmale 261 A. Qualifizierung als Gestaltungsvorschriften eigener Art

262

B. Rechtliche Folgen dieser Qualifizierung

264

I. Die Zielsetzung des Satzunggebers

264

II. Rechtliche Überprüfung der Zielsetzung

266

III. Folgen dieser Bewertung für die Gestaltung provisorischer Gedenkzeichen... 269 IV. Satzungen ohne Vorgaben hinsichtlich provisorischer Gedenkzeichen

270

Teil 6 Eigener Lösungsvorschlag

271

1.Abschnitt: Auswirkungen der jüngeren Grundrechtsdiskussion - subjektive Grundrechtsdimensionen im Friedhofsrecht ? 272 2.Abschnitt: Die Schaffung eines Drei-Felder-Systems

274

3.Abschnitt: Die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems

276

A. Die öffentliche Sicherheit als Grenze der Grabgestaltung

278

B. Die öffentliche Ordnung als Grenze der Grabgestaltung

280

C. Insbesondere: Beleidigende Grabgestaltungen als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit?

281

4.Abschnitt: Thesenartige Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

283

Teil 7 Anhang

1.Abschnitt: Historische Friedhofssatzungen und Vorgaben A. Die Münchener Waldfriedhofsordnung von 1907

289

289 289

16

nsverzeichnis

Β. Die Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 18.01.1937

291

C. Friedhofsordnung fur die kommunalen Friedhöfe der Stadt Schwerin vom 22.05.1968

296

2.Abschnitt: Aktuelle Mustersatzungen

296

A. Die Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages vom 13.06.1983

296

B. Die Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 08.02.1989

299

3.Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

303

A. Bamberg

303

B. Bonn

306

C. Bremen

308

D. Chemnitz

310

E. Coburg

311

F. Cochem

313

G. Daun

315

H. Dortmund

316

I. Düsseldorf

318

J. Erfurt

321

K. Frankfurt am Main

324

L. Görlitz

325

M. Kiel

327

N. Köln

329

nsverzeichnis

17

0. Landau/Pfalz

330

P. Leipzig

332

Q. Lörrach

334

R. Magdeburg

336

S. München

339

T. Norden/Ostfriesland

341

U. Passau

343

V. Saarbrücken

344.

W. Stuttgart

345

X. Trier

349

Y. Wiesbaden

350

Literaturverzeichnis

355

Sachverzeichnis

372

2 Spranger

Abkürzungsverzeichnis

a. Α. aaO. AbfG Abschn. Abs. AGBGB

anderer Ansicht am angegebenen Ort Abfallgesetz Abschnitt Absatz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

ALR a.M. AöR Art. AS Az. BauGB BauO BayVBl BayVerfGH BayVGH BBauG

Allgemeines Landrecht fur die Preußischen Staaten anderer Meinung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Amtliche Sammlung Aktenzeichen Baugesetzbuch Bauordnung Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bundesbaugesetz

BestG BW

Gesetz über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz)in Baden - Württemberg Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof

BGB BGBl. BGH BGHZ BRS BSGE BtPrax BV BVerfGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Baurechtssammlung Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts Betreuungsrechtliche Praxis Bayerische Verfassung Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Abkürzungsverzeichnis

19

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

BWVB1 bzw. c.

Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt beziehungsweise canon

CIC cm dB (A) ders. DFK d.h. Diss. DJZ DM DÖV DSchG DVB1

Codex Iuris Canonici centimeter Dezibel derselbe Deutsche Friedhofskultur das heißt Dissertation Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Mark Die Öffentliche Verwaltung Denkmalschutzgesetz Deutsches Verwaltungsblatt

EEG

Gesetz über Enteignung und Entschädigung für das Land NordrheinWestfalen

eG EGBGB EGV Einf. EMRK Erl.

eingetragene Genossenschaft Einfuhrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Europäische Menschenrechte-Konvention Erläuterung

ESVGH

Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder Europäische Grundrechte-Zeitschrift Evangelisches Staatslexikon Zeitschrift fur das gesamte Familienrecht Fischers Zeitschrift für Verwaltungsrecht folgende fortfolgende Fußnote Friedhofsordnung Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Grundgesetz Gemeindeordnung

EuGrZ EvStL FamRZ FischersZ f. ff. Fn. FriedhofsO Gbl. DDR GG GO 2*

20

GVBl. HdbdkWP HdbStKirchR HessFriedhofsG h.L. h.M. Hrsg., hrsg. Hs. HStR i.E. iVm. JA JuS JW JZ KreisG LBO LG lit. LKV LVG mbH MBliV MBO MDR NJW Nr. NuR NVwZ NVwZ-RR NW NWVB1 OBG OLG OLGZ OVG OVGE

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz- und Verordnungsblatt Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis Handbuch des Staatskirchenrechts Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen in Hessen herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber, herausgegeben Halbsatz Handbuch des Staatsrechts im Ergebnis in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kreisgericht Landesbauordnung Landgericht 1 itera Landes- und Kommunalverwaltung Landesverwaltungsgericht mit beschränkter Haftung Ministerial-Blatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern Musterbauordnung Monatsschrift für Deutsches Recht Neue Juristische Wochenschrift Nummer Natur und Recht Neue Zeitschrift fur Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Ordnungsbehördengesetz (NW) Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Lüneburg und Münster

Abkürzungsverzeichnis

21

PrOVGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts

PrVwBl PStV qm

Preußisches Verwaltungsblatt Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes Quadratmeter Reichsgesetzblatt

RGBl. RGZ

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RiA Rn.

Recht im Amt Randnummer

rpOVGE

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz

Rs. Rspr. S.

Rechtssache Rechtsprechung Seite, Satz

saOVGE

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Saarland

SGB SKV

Sozialgesetzbuch Staats- und Kommunalverwaltung Sammlung Spalte ständig, ständige Strafgesetzbuch Straßen- und Wegegesetz Sozialrecht und Praxis und so weiter Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Zeitschrift für Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Verwaltungsrundschau Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer Verwaltungsverfahrensgesetz

Slg. Sp. st. StGB StrWG SuP usw. VBIBW VersR VerwArch VG VGH vgl. VO VR VVDStRL VwVfG VwRspr.

VwGO

Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland, Sammlung oberstrichterlicher Entscheidungen aus dem Verfassungs und Verwaltungsrecht (hrsg. von Georg Ziegler) Verwaltungsgerichtsordnung

22

Abkürzungsverzeichnis

WM WRV z.B. ZevKR ZfF ZfSH/SGB

Wertpapiermitteilungen Weimarer Reichsverfassung zum Beispiel Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht Zeitschrift für das Fürsorgewesen Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht; bis 1982: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für Rechtspolitik

ZRP

Einleitung Seit Menschengedenken spielt die Totenehrung in nahezu allen Kulturen eine wichtige Rolle. Über den Akt des Zu-Grabe-Tragens - die eigentliche Bestattung - hinaus war und ist die Ausstattung des Grabes ein wesentliches, wenn nicht sogar das bestimmende Element der Totenehrung. Die wohl imposantesten Zeugnisse sepulkraler Kultur und Architektur finden sich in den Pyramiden Ägyptens, freilich einzig für die Herrscher des Volkes und Angehörige der königlichen Dynastie erbaut. Die Friedhöfe des antiken Griechenlands und Roms wurden vor allem von den angesehenen Familien zum Teil mit kunstvollen Grabmälern (Naidia, Sepulcra, Kenotaphien) unterhalten 1. Aber auch die Grabdenkmäler einfacherer Familien stellen nach heutigem Verständnis Kunstwerke und imposante Zeitzeugnisse dar. Auch in Deutschland finden sich bereits aus vorchristlicher Zeit die verschiedensten Beispiele eines ausgeprägten Totenkultes. Seit jeher ist die Totenehrung jedoch nicht beschränkt auf das Errichten von Grabmälern. Auch die Ausstattung des Grabes mit Beigaben, häufig geprägt durch die Vorstellung, dem Verstorbenen die Reise ins Reich der Toten zu ermöglichen, sowie die regelmäßige Darbringung von Opfergaben am Grab waren und sind in vielen Kulturen üblich. Zu diesem weiteren Bereich der Ausschmückung gehört im Christentum beispielsweise die Grabgestaltung unter Verwendung christlicher Symbolik oder die Bepflanzung des Grabes mit Pflanzen mit Symbolcharakter, wie zum Beispiel Buchsbaum, Efeu und Immergrün als Zeichen der Unsterblichkeit 2. Insbesondere die zur Jahrhundertwende errichteten Bestattungsplätze bieten vielfältige Beispiele für den nahezu unbegrenzten Variationsreichtum bei der Ausgestaltung einer Grabstätte. Ein Blick auf die jüngeren Friedhöfe unserer Zeit bietet hingegen oftmals ein tristes Bild. Die Form der Grabdenkmäler ist, soweit es sich um die zumeist verwendeten Grabsteine handelt, nahezu einheitlich. Die in der Grabgestaltung Verwendung findende farbliche Bandbreite schwankt allenfalls zwischen dunklen Braun-, Grau- und Rottönen. Die Inschriften lassen die individuelle Ausprägung vermissen und beschränken sich meist auf eine kurze Wiedergabe des Namens sowie der Lebensdaten des Verstorbenen. Die früher häufig vorzufindenden Grabinschriften in Reimform, oft mit ironischem Inhalt, sind von den Friedhöfen verschwunden. Auch das Bild oder Antlitz des Toten darf als Ele-

1

Grempel, in: EvStL, Sp. 767. Ausführlich zum Symbolcharakter der Grabbepflanzung Richter, DFK 1991, 354 (356 f.). 2

Einleitung

24

ment der Grabgestaltung grundsätzlich nicht mehr erscheinen3. Regionale Besonderheiten sepulkraler Kultur sind nahezu ausgelöscht. Die Ursache dieser bedauernswerten Entwicklung ist in den Grabgestaltungsvorschriften der kommunalen Friedhofssatzungen zu suchen. Bei diesen gestalterischen Vorgaben handelt es sich um vielgestaltige Ge- oder Verbote, die der Regulierung des äußeren Erscheinungsbildes des einzelnen Grabdenkmals, der jeweiligen Grabstätte, aber auch des Friedhofs in seiner Gesamtheit zu dienen bestimmt sind. Die kommunalen Grabgestaltungsvorschriften treten in den verschiedensten Variationen auf Einige gelten ausnahmslos für jede Abteilung und jedes Grabfeld des jeweiligen Friedhofs, andere müssen lediglich in bestimmten Abteilungen beachtet werden. Schließlich gibt es die Gestaltung des Grabes unmittelbar beeinflussende Ge- oder Verbote, die jedoch nicht explizit als GestaltungsVorschriften bezeichnet werden, und mitunter über die gestalterische Zielsetzung hinaus andere Zwecke verfolgen, oder sogar ausschließlich der Verfolgung eines eigenständigen Ziels dienen. Die Gestaltung der Grabstätten stellt die konfliktträchtigste Materie innerhalb des Friedhofs- und Bestattungsrechts dar. Immer wieder kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Nutzungsberechtigten und Friedhofsträgern, aber auch zwischen Vertretern der verschiedensten Interessenverbände um das Recht auf Grabgestaltung. Seit nunmehr 40 Jahren besteht eine umfangreiche Rechtsprechung zum Recht der Grabgestaltung, ohne daß auch nur ansatzweise der Versuch unternommen worden wäre, einer individuellen Grabgestaltung zum Durchbruch zu verhelfen, die diesen Namen auch verdient. Zu Neuorientierungen kommt es allenfalls auf Nebenschauplätzen, die notwendige Infragestellung der herrschenden Dogmatik jedoch bleibt aus. Stattdessen werden Gestaltungen untersagt, weil sie sich nicht in das Gesamtbild des Friedhofs einfügen, angeblich protzig wirken, zu hell oder zu dunkel, oder auch schlicht unüblich sind. So konstatiert Battis4 zu Recht ein dem Rechtsgebiet des Friedhofsrechts eigenes Beharrungsvermögen, welches die verfassungs- und verwaltungsrechtlich gebotene Neukonzeption verhindert und allenfalls bruchstückhafte Einzellösungen zugelassen hat. Der verfassungs- und verwaltungsrechtliche Nachholbedarf des Friedhofsrechts 5 ist in der Tat eklatant. Offensichtlich trauen auch die allermeisten Friedhofsträger und Befürworter gestalterischer Vorgaben den Betroffenen selbständige Entscheidungen in geschmacklichen Fragen überhaupt nicht zu. So ist die Rede davon, daß die Entwicklung auf den Friedhöfen günstig beeinflußt werden muß6, um zu einer geschlossenen und neuzeitlichen 3

Vgl. von Köckritz, Friedhof und Denkmal 1995, 18 (19). Instruktiv hierzu auch Behrens, DFK 1992, 70. 4 Battis , Gewerbearchiv 1982, 145. 5 So Battis , Gewerbearchiv 1982, 145; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 12. 6 Werkmeister, Der Landkreis 1969, 396.

Einleitung

Formung der Friedhöfe zu gelangen7. Die Mehrzahl der Benutzer wählt angeblich eine wenig geschmackvolle Grabgestaltung8, so daß sich Städte, Gemeinden und Vereinigungen nachdrücklich darum bemühen müssten, den Friedhöfen ein Gesicht zu geben, das einem geläuterten Geschmack entspricht 9. Eine genehmigungsfreie Aufstellung von Grabmalen würde zu Gestaltungen und Auswüchsen, ja zu eklatanter Verunstaltung fuhren, die mit den berechtigten Empfindungen und Anschauungen der Allgemeinheit nicht vereinbar wären 10. Es sei zu hoffen, daß sich ebenso wie die Grabmalsgestaltung auch die Grabbepflanzung bald einem Leitbild einfüge 11. Dem breiten Durchschnittspublikum wird die Fähigkeit zur Entscheidung über Geschmacksfragen schlichtweg abgesprochen mit dem knappen Hinweis, daß es überhaupt keinen Geschmack besitzt, dieser ihm vielmehr vorgegeben wird 12 . Es ist die Rede vom Unwissen vieler Nutzungsberechtigter, die bei Nichtbeachtung der Gestaltungsvorschriften seelische und geistige Schäden davontragen würden 13 . Angeblich besteht die Notwendigkeit, die Nutzungsberechtigten in zähem Bemühen zu erziehen 14. Dem Wunsch nach individueller Grabgestaltung wird als Motiv Geltungsbedürfnis 15, Prestigedenken 16, übersteigerter Individualismus17, Hang zum Protzentum 18, Willkür und Eigennutz19 unterstellt. Derjenige, dessen Herz zu klein sei, um die Schicksalsgemeinschaft der Menschen vor der Übermacht des Todes zu empfinden, habe nur das Grab seiner Angehörigen im verengten Blickfeld und denke in kleinlichem Egoismus nur an dessen Pflege und Gestaltung20. Die heute oftmals denkmalgeschützten Friedhofsengel des 19. Jahrhunderts werden als süßlich und unwürdig tituliert 21 . Die Liste dieser für sich selbst Sachlichkeit in Anspruch nehmenden Äußerungen ließe sich beliebig fortsetzen. Daß auch sachliche Argumente gegen eine freie Grabgestaltung angeführt werden, soll dabei gar nicht bestritten werden. 7

Scheuner, Die Gemeinde 1956, 75. Boehlke, Die Verwendung des hochglanzpolierten schwedischen schwarzen Granitgesteins auf den Friedhöfen, 1955, S. 7. 9 So Darmstadt/Doose, Der Städtetag 1966, 295 (296). 10 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 200. 11 Boehlke, Der Landkreis 1981, 688 (689). 12 So ausdrücklich Hermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). 13 Spemann, DFK 1994, 238 (239). 14 So Lindner, Friedhof und Grabmal 1953, 5 (9). ,5 BayVGH, VGHE 13, 52 (56). 16 Richter, DFK 1991,354. 17 Spemann, DFK 1994, 238 (240). 18 Göb, Der Landkreis 1965, 390 (391). 19 Vgl. Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (6). 20 So ausdrücklich Fechner, Erwiderung, S. 69. 21 Vgl. Fechner, Erwiderung, S. 68. 8

26

Einleitung

Es besteht jedoch die Notwendigkeit einer Einforderung der gebotenen Nüchternheitjuristischer Betrachtung. Den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildet das Grabgestaltungsrecht in seiner ganzen Bandbreite, wie es auf 28000 deutschen Kommunalfriedhöfen mit mehr als 30 Millionen Gräbern 22 Anwendung findet. Neben explizit als Gestaltungsvorschriften ausgewiesenen Vorgaben werden auch alle anderen Klauseln kommunaler Friedhofssatzungen behandelt, die auf die Gestaltung der Grabstätte Einfluß nehmen, ohne daß dies immer auf den ersten Blick hin zu erkennen wäre. So muß beispielsweise auch die friedhofsrechtliche Abfallvermeidungsklausel hinterfragt werden, welche Kunststoffprodukte als Elemente der Grabgestaltung ausschließt. Examiniert werden schließlich auch faktische Beschränkungen der Grabgestaltung, wie sie im Bereich der Bestattung von Fehlgeburten oder abgetriebenen Kindern bestehen. Darlegungen allgemeiner verwaltungs- oder verfassungsrechtlicher Problemstellungen erfolgen lediglich insoweit, als dies für die Beurteilung der friedhofsrechtlichen Situation von Relevanz ist.

22 Zagar, DFK 1997, 389 (390). Vgl. auch die älteren Zahlen in der Einführung zur Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen, wonach es vor der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik Deutschland 20000 kommunale Friedhöfe mit mehr als 25 Millionen Gräbern gab.

Teil 1

Die Grundlagen einer Bewertung kommunaler Grabgestaltungsvorschriften 7. Abschnitt

Die Grundlagen des Friedhofsrechts A. Die geschichtliche Entwicklung des kommunalen Friedhofswesens Der Gedanke, dem kommunalen Friedhof über die reine Totenbestattung und individuelle Totenehrung hinaus von Seiten des Friedhofsträgers einen gestalterischen Aspekt beizumessen, indem auf ein bestimmtes Erscheinungsbild des Bestattungsplatzes hingewirkt wird, stellt keine Schöpfung der deutschen Verwaltungspraxis dar. Bei der Friedhofsausgestaltung handelt es sich vielmehr und dieser Aspekt wird im Rahmen der heutigen Diskussion leider vollkommen verdrängt - um einen Import aus Nordamerika 1. In den Vereinigten Staaten wurden die ersten Garten- und Parkfriedhöfe angelegt2, also Bestattungsplätze, die in ihrer Gesamtheit der Erfüllung eines weitergehenden ästhetischen Ziels zu dienen bestimmt sind. Der gestalterische Gedanke wurde dann allmählich von deutschen Kommunen aufgegriffen und übernommen3. Es bedarf dieses ausdrücklichen Hinweises, weil bei der Auseinandersetzung um das Recht auf Grabgestaltung oftmals fälschlicherweise der Eindruck erzeugt wird, der Erlaß gestalterischer Vorgaben durch den Friedhofsträger sei fester Bestandteil deutscher Rechtstradition und Friedhofskultur. Das Friedhofswesen in Deutschland ist insgesamt erst seit dem 19. Jahrhundert zunehmend von kirchlicher in kommunale Hand übergegangen. Im Gebiet des rheinisch-französischen Rechts begründete erstmals Art. 7 des Décret du 23

1

Vgl. Dornseiff FischersZ 65 (1930), 145 (154). Dornseiff, FischersZ 65 (1930), 145 (154). Heutzutage ist man in den Vereinigten Staaten von diesem Ideal zu einem großen Teil wieder abgerückt. In zahlreichen USBundesstaaten besteht die Möglichkeit einer nahezu grenzenlosen individuellen Grabgestaltung. Richard Meyer, Herausgeber des „Journal for the Association for Gravestone studies", meint hierzu: „After all, it's the last thing you have any control over."; vgl. USA TODAY vom 14.02.1996, S. 1. 3 Vgl. Dornseiff FischersZ 65 (1930), 145 (154). 2

Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

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prairial X I I (12.6.1804) sur les sépultures4 die Pflicht der Gemeinden zur Einrichtung von Friedhöfen. Diesem Beispiel folgten Baden durch Edikt vom 26.04.1808, Bayern durch Gesetz vom 29.04.18695 und Württemberg durch Gesetz vom 18.06.18876. Im Geltungsbereich des Allgemeinen Landrechts bestand eine derartige Verpflichtung nicht 7 . In § 190 II 11 ALR fand sich lediglich die Bestimmung, daß Friedhöfe auch der Stadt- oder Dorfgemeinde gehören können. Allerdings konnte hier kraft örtlichen Gewohnheitsrechts die Fürsorge für das Friedhofswesen in den Verantwortungsbereich der Gemeinden übertragen werden. Hygienische, soziale und städtebauliche Aspekte führten schließlich dazu, daß Inhalt und Grenzen des Bestattungsanspruchs staatlicherseits festgelegt und das Friedhofswesen zentralisiert wurden 8. Wiederum forciert wurde diese Entwicklung durch das Erstarken der gemeindlichen Selbstverwaltung, die mit der Zuständigkeit der politischen Gemeinden für die Gesundheit und Wohlfahrt ihrer Bürger auch das Friedhofswesen erfaßte 9. Das Bürgerliche Gesetzbuch sah aufgrund der differierenden landesrechtlichen Ausgestaltungen sowie der umfangreichen Verflechtung mit öffentlich-rechtlichen Regelungen10 von einer eigenen Regelung des Friedhofsund Bestattungswesens ab und bestimmte in Art. 133 EGBGB, daß die landesgesetzlichen Vorschriften über das Recht zur Benutzung einer öffentlichen Begräbnisstätte unberührt bleiben. Die ersten gestalterischen Vorgaben in der Geschichte kommunaler Friedhofssatzungen finden sich in der Münchener Waldfriedhofsordnung von 1907. Diese sah bereits ein ausnahmsloses Verbot bestimmter Materialien und Bearbeitungsarten vor. Bis 1922 hatten sich ungefähr 70 weitere Städte dem Beispiel Münchens angeschlossen11. Die Gesetzgebungzuständigkeit für das Bestattungswesen war in der Weimarer Republik über Art. 10 Nr. 5 WRV zwar dem Reich eingeräumt, doch ist von dieser Gesetzgebungskompetenz nur in einem sehr speziellen Fall Gebrauch gemacht worden. Aufgrund von Art. 10 Nr. 5 WRV erging das Gesetz über die Erhaltung der Kriegergräber aus dem ersten 4 5

114. 6

Abgedruckt bei Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 577 ff. Zur Entwicklung in Bayern ausführlich Stengl, Der Bayerische Bürgermeister 1963,

Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 7 Fn. 11. Siehe §§ 183, 184, 185, 188, 189, 190, 764 ALR. Zum räumlichen Geltungsbereich des ALR vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 36 Fn. 19. 8 Vgl. Dornseiff FischersZ 65 (1930), 145 (150 f.); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 7. 9 Vgl. Stengl, Der Bayerische Bürgermeister 1963, 114; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 7. 10 Vgl. Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 31. 11 Grassel, in: Brix/Lindemann/Most/Preuss/Südekum, Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften, Zweiter Band, 1922, S. 90. 7

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

29

Weltkrieg vom 29.12.192212. Aus der Zeit nach 1933 ist zudem das Feuerbestattungsgesetz vom 15.05.193413 zu nennen. Zur absoluten Gleichschaltung der kommunalen Friedhofssatzungen und auch der Grabgestaltung kam es 1937 durch den Reichsminister des Innern. Mit Runderlaß vom 18.01.1937 verkündete dieser die „Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen". Ziel dieses Erlasses war es, „den Gedanken der Volksgemeinschaft stärker als bisher zum Ausdruck zu bringen" 14 . Mittels der „Richtlinien" wurde das Ideal des Soldatenfriedhofs durch sogenannte Kernmaße quasi baupolizeilich verordnet. Über ein bestimmtes Maß hinausgehende Grabsteine standen nur den Führerpersönlichkeiten zu 15 . Nach Ende des 2.Weltkriegs und mit Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland fand auf dem Gebiet der Grabgestaltung keinerlei Neuorientierung statt. Ganz im Gegenteil wurden die Richtlinien des Reichsministers des Innern zunächst auch weiterhin durchgehend als maßgeblich für die Grabgestaltung erachtet16. Viele der gestalterischen Vorgaben des Reichsinnenministers gehören auch heute noch zum festen Bestand kommunaler Friedhofssatzungen 17. Unter Geltung des Grundgesetzes erstreckt sich gemäß Art. 70 iVm. 74 Nr. 10a GG die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft. In Ausführung dieser Gesetzgebungskompetenz wurde das Gesetz über die Erhaltung der Gräber von Krieg und Gewaltherrschaft vom 01.01.196518 erlassen. Abgesehen von diesem speziellen Aspekt ist das gesamte Friedhofs- und Bestattungswesen unter Geltung des Grundgesetzes eine ausschließliche Angelegenheit der Bundesländer. Sofern die Bundesländer von der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht und einschlägige Friedhofs- und Bestattungsgesetze erlassen haben, zeigt sich aber auch heute noch das Friedhofsrecht als eine sehr uneinheitlich geregelte Rechtsmaterie. Für das Gebiet der ehemaligen DDR bestimmt Art. 9 I 1 des Einigungsvertrages vom 31.08.199019, daß das im Zeitpunkt der Unterzeichnung geltende Recht der DDR, das nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes Landes12

RGBl I 1923, S. 25. RGBl I, S. 380. 14 Nr. 14 III der Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen vom 18.01.1937. 15 Steckner, Museum Friedhof, 1984, S. 9. 16 So beispielsweise Boehlke, Die Verwendung des hochglanzpolierten schwedischen schwarzen Granitgesteins auf den Friedhöfen, 1955, S. 8; Wiese, Friedhof und Grabmal 1955, 23 (24 f.). Vgl. dazu auch Steckner, Museum Friedhof, 1984, S. 9; Klöpping, DFK 1994, 60 (61); Sörries, DFK 1994, 208 (210). 17 Hierzu Steckner, Museum Friedhof, 1984, S. 10. 18 BGBl. I, S. 589. 19 BGBl. II, S. 889. 13

Teil 1 : Die Grundlagen einer Bewertung

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recht ist, in Kraft bleibt, soweit es mit dem Grundgesetz, dem in Kraft gesetzten Bundesrecht und dem unmittelbar geltenden Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar ist und soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt wird. Das zum Friedhofs- und Bestattungswesen ergangene Recht der DDR gilt damit unter den genannten Voraussetzungen zunächst als Landesrecht der neuen Bundesländer fort. Bei dem für das Gebiet des Friedhofsrechts einschlägigen Regelwerk der DDR handelt es sich um die Verordnung über das Bestattungsund Friedhofswesen vom 17.04.198020. § 12 der Verordnung beschäftigte sich mit den Kriegs- und Ehrengräbern sowie den Gräbern von Widerstandskämpfern, und konnte gegebenenfalls Einfluß auf die Grabgestaltung nehmen. Die Norm ist aber ab dem 01.01.1995 durch das Gräbergesetz ersetzt worden 21 . Heute stellt das Friedhofswesen einen festen Bestandteil des kommunalen Funktionsbereichs dar. Die Bereitstellung von Friedhöfen gehört als Teil des Gesundheitswesens zur Daseinsvorsorge der Gemeinden. Bei der Anlegung von Bestattungsplätzen handelt es sich um eine Pflichtaufgabe der Gemeinden. Diese ergibt sich entweder kraft expliziter landesrechtlicher Anordnung 22 oder aus dem Grundsatz der Universalität der Gemeinden23. Auf jeden Fall handelt es sich um Auftragsangelegenheiten, da den Gemeinden bei der Entscheidung, ob sie die Friedhofseinrichtung überhaupt übernehmen, nicht frei sind. Ihrer Pflicht können die Gemeinden auch durch Bildung eines Zweckverbandes mit benachbarten Gemeinden oder durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit einer Nachbargemeinde genügen, die den Einwohnern die Benutzung des Friedhofs

20

GBl. DDR INr. 18 S. 159. Vgl. Anlagen I und II zum Einigungsvertrag, jeweils Kapitel X, Sachgebiet H, Abschnitt III, Ziffer 11 bzw. 15. 22 § 1 I 1 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz); Art.7 des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 1 II des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen in der Freien Hansestadt Bremen; § 1 II des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 2 I des rheinlandpfälzischen Landesgesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz); § 2 I 1 des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz). Hierzu auch Hurst, in: Peters (Hrsg.), HdbdkWP, 1957, Band 2, S. 889; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9 1986, S. 158; Gaedke, DFK 1997, 109. 23 Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, 1983, Band 4, S. 539; Göb, Der Landkreis 1965, 390 (391); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 30. Spezieller insoweit Sperling, ZevKR 24 (1979), 345 (351), der die Rechtspflicht der Gemeinden bei fehlender landesrechtlicher Regelung aus der allgemeinen Verantwortung der politischen Gemeinde für die öffentliche Sicherheit und Ordnung herleitet, da Friedhöfe aus gesundheitspolizeilichen Gründen nötig sind; ähnlich Lauche, VR 1977, 104 ff. Wietkamp, Probleme des Anschluß- und Benutzungszwangs unter besonderer Berücksichtigung des Bestattungswesens, Diss. Münster 1962, S. 77 f., leitet die gemeindliche Pflicht im ehemaligen Geltungsbereich des ALR incidenter aus § 190 II 11 ALR ab, in dem davon ausgegangen wird, daß Friedhöfe auch im Eigentum der Stadt- oder Dorfgemeinde stehen können. 21

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

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dieser Gemeinde sichert 24. Die Kommunen können nach dem Prinzip der Subsidiariät von der Pflicht zur Errichtung aber auch suspendiert sein, soweit den Bedürfnissen entsprechende Friedhöfe - vornehmlich in kirchlicher Trägerschaft - bereits vorhanden sind 25 . Die hygienische oder kapazitätsbedingte Unzulänglichkeit eines Friedhofs in Trägerschaft Dritter fuhrt jedoch umgehend zum Wiederaufleben der Friedhofseinrichtung als Pflichtaufgabe der politischen Gemeinden.

B. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Friedhofsträger und Dritten Die Regelung der rechtlichen Beziehungen zwischen dem Friedhofsträger und Dritten 26 erfolgt durch die Friedhofsordnung. Die Gemeinde hat nicht die Möglichkeit, auf ihr Recht zur Regelung der Benutzungsbedingungen rechtsgültig zu verzichten 27. Die Vielzahl der zu regelnden Sachverhalte - Ordnungsvorschriften, allgemeine Bestattungsvorschriften, Regelungen über die Grabstätten und deren Gestaltung, Herrichtung und Pflege der Grabstätten, Benutzung der Leichenhallen, Haftungsfragen - macht den Erlaß einer Friedhofsordnung zwingend erforderlich. Dies gilt umso mehr, als es sich beim Friedhof um eine Anstalt mit Benutzungszwang handelt28. Friedhofsordnungen sind grundsätzlich als Satzung zu erlassen 29. In aller Regel begründen die Friedhofsordnungen

24

Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 7; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 32. 25 Vgl. Wietkamp, Probleme des Anschluß- und Benutzungszwangs unter besonderer Berücksichtigung des Bestattungswesens, Diss. Münster 1962, S. 79; BVerwGE 11, 68 ff.; siehe auch beispielsweise § 2 I 1 des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichen· und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz): die Pflicht der politischen Gemeinden zur Anlegung und Unterhaltung von Friedhöfen besteht nur, soweit hierfür ein öffentliches Interesses besteht. 26 Die Friedhofsordnungen regeln keineswegs nur die Beziehungen zwischen dem Friedhofsträger und den Friedhofsbenutzern (so aber Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (84) und Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 72). Vielmehr finden sich auch verbindliche Regelungen für Gewerbetreibende und Friedhofsbesucher, die den Friedhof als Grünfläche nutzen. 27 BVerwGE 11,68 (69). 28 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 73; vgl. ferner zum Benutzungszwang für Friedhöfe ausführlichst Wietkamp, Probleme des Anschluß- und Benutzungszwangs unter besonderer Berücksichtigung des Β estati ungs wesens, Diss. Münster 1962, S. 79 ff.; ferner BayVGH, VwRspr. 24 Nr. 228; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, 41976, § 98 II f) 2. S. 377; Klingshirn, Der Bayerische Bürgermeister 1977, Heft 2, S. 22 ff.; OVG Münster, NVwZ-RR 1997, 99 (100). Kritik am Benutzungszwang übt Engelhardt, in: HdbStKirchR II, S. 791 Fn. 32a. 29 BVerwGE 11, 68 ff.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 73; vgl. ferner Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 59; Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 5.

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Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

Rechte und Pflichten mit Auswirkungen für jedermann, so daß die Rechtsform der Satzung zwingend ist 30 . Nach überkommenem Verständnis handelt es sich bei Satzungen um Rechtsvorschriften selbständiger, dem Staat eingeordneter juristischer Personen des öffentlichen Rechts zur einseitig-hoheitlichen Regelung ihrer Angelegenheiten im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie 31 . Die Rechtsetzung der Gemeinden vollzieht sich auch im Friedhofsrecht in den für das kommunale Satzungsrecht üblichen Bahnen, insbesondere wird die Friedhofssatzung vom Gemeinderat als Vertretungskörperschaft beschlossen. Der Kreis der Normadressaten wird vornehmlich durch die Friedhofsbenutzer gestellt. Unter den Begriff der Friedhofsbenutzer werden alle natürlichen und juristischen 32 Personen gefaßt, die den Friedhof seiner Zweckbestimmung entsprechend nutzen33. In erster Linie sind dies die Angehörigen der Verstorbenen, sofern und soweit sie die Nutzungsberechtigten an der Grabstätte sind, sowie alle diejenigen, die ein Grab zum Zwecke der Totenehrung aufsuchen. Nicht unter den Begriff der Friedhofsbenutzer lassen sich hingegen Personen fassen, die die Friedhofswege entsprechend einer möglichen wegerechtlichen Widmung als beschränkte öffentliche Wege 34 als Spaziergänger betreten, um den Friedhof in seiner bauplanungsrechtlichen Funktion als öffentliche Grünfläche gemäß § 5 II Nr.5, § 9 I Nr. 15 BauGB zu nutzen35. Gewerbetreibende, wie z.B. Friedhofsgärtner oder Steinmetze, werden entweder für den Friedhofsträger oder als Verrichtungsgehilfen der Friedhofsbenutzer tätig. Damit sind sie selbst keine Friedhofsbenutzer 36. Dennoch finden sich in den Friedhofssatzungen detaillierte Regelungen über Zulassung von Gewerbetreibenden, Ausführung der eigentlichen Arbeiten, fachliche Anforderungen usw. 37 , so daß die Gewerbetrei30 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 74; a.A. Battis , Gewerbearchiv 1982, 145 (146). 31 BVerfGE 10, 20 (49 f.); BVerfGE 33, 125 (156); Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 4; Schock, NVwZ 1990, 801 (802); Schmidt-Jortzig, DVB1 1990, 920; Schröder, in: Achterberg / Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Band II, 1992, Kapitel 5/1 Rn. 78; Waechter, Kommunalrecht,21995, Rn. 467. 32 Beispielsweise ein Seniorenschutzbund, der für seine Mitglieder Gemeinschaftsgrabstellen erwirbt. Kritisch zur Stellung juristischer Personen als Friedhofsbenutzer äußert sich Sperling, DFK 1992, 95 (98). 33 Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 73. 34 Vgl. beispielsweise § 3 IV Nr. 3 StrWG NW. 35 Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146); Klöpping, DFK 1994, 60 (62). 36 BayVGH, VGHE 21, 47 (48 f.); OVG Münster, OVGE 22, 89; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, § 99 III a) S. 385 f.; Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 73. 37 Vgl. nur §§ 48 ff. der Friedhofssatzung der Stadt Bamberg; § 7 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 14 der Friedhofsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bre-

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

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benden dennoch dem Normadressatenkreis angehören. Diese ausführliche satzungsrechtliche Auseinandersetzung mit den gewerblichen Tätigkeiten erklärt sich aus dem Umstand, daß die Durchführung der genannten Arbeiten den der anstaltsrechtlichen Widmung entsprechenden Friedhofszweck verwirklicht 38 . Die rechtliche Stellung der Gewerbetreibenden ist damit zu qualifizieren als anstaltsrechtliches Sonderrechtsverhältnis, das den Betroffenen eigene Rechte und Pflichten einräumt 39. Unabhängig davon, daß Gewerbetreibenden nicht die Stellung als Nutzungsberechtigte zukommt, können sich innerhalb dieses anstaltsrechtlichen Sonderrechtsverhältnisses spezifische Rechtsstreitigkeiten um in der Friedhofssatzung fixierte Rechte und Pflichten ergeben. Derartige Auseinandersetzungen sind nicht selten, zumal es bundesweit betrachtet um immense Summen geht: der gesamte Bestattungs- und Grabpflegebereich weist ein jährliches Umsatzvolumen von 13 bis 16 Milliarden D M auf 40 .

C. Die Systematik der Gestaltungsvorschriften Gestaltungsvorschriften stellen einen notwendigen Bestandteil jeder kommunalen Friedhofssatzung dar. Grabstätten, die keinerlei gestalterischen Vorgaben unterliegen, existieren nicht. Bestimmte Mindestanforderungen in gestalterischer Hinsicht sind damit bei jedem Grab auf jedem bundesdeutschen Kommunalfriedhof einzuhalten. Es handelt sich hierbei um die sogenannten allgemeinen Gestaltungsvorschriften. Darüber hinaus finden sich weitere zahlreiche, sehr stark variierende Verbote und Gebote einzelner Materialien, Bearbeitungsarten oder Schmuckelemente, die den Nutzungsberechtigten sehr viel stärker in seinem Nutzungsrecht beeinträchtigen. Dies sind die sogenannten zusätzlichen oder auch besonderen41 Gestaltungsvorschriften. Es ist insoweit mißverständlich, wenn mitunter von Grabstellen ohne Gestaltungsvorschriften oder auch gestaltungszwangsfreien Grabstätten die Rede ist 42 . Gemeint sind in diesem Fall Grabstellen, für die keine zusätzlichen Gestaltungsvorschriften gelten, die aber selbstverständlich dem Regime allgemeiner Gestaltungsvorschriften unterliegen.

men; § 6 der Friedhofssatzung der Stadt Chemnitz; § 7 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 6 der Friedhofssatzung der Stadt Daun; § 7 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf; § 44 der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 6 der Friedhofssatzung der Stadt Norden/Ostfriesland; § 7 der Friedhofssatzung der Stadt Wiesbaden. 38 Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, 41976, § 99 III a) S. 385; Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146). 39 Josef, PrVwBl 44 (1923), 485 (486); Battis , Gewerbearchiv 1982, 145 (146); vgl. auch Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II, ^1976, § 99 III a) S. 385 f. 40 Zagar, DFK 1997, 389 (390). 41 Vg. zur Terminologie Gaedke, DVB1 1987, 1145 f. 42 So Gaedke, BayVBl 1985, 631; OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423. 3 Spranger

Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

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Das Verhältnis dieser beiden Typen von Vorgaben zueinander wurde für die hier interessierenden Bestattungsplätze in kommunaler Trägerschaft durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.11.196343, die cause célèbre des Friedhofsrechts, grundlegend geklärt. Das Gericht hatte sich mit der Zulässigkeit eines ausnahmslosen Verbots schwarzen polierten Granitgesteins zu beschäftigen. Mit seiner Grundsatzentscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht dem sogenannten Zwei-Felder-System zum endgültigen Durchbruch auf den Bestattungsplätzen in kommunaler Trägerschaft verholfen. Danach ist der Friedhofsträger grundsätzlich gehalten, sich bei der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses am Friedhofszweck zu orientieren. Das Zugrundelegen eigener ästhetischer Anschauungen in Fragen der Grabgestaltung stellt bereits eine Überschreitung dieser Bindung des Satzunggebers dar. Wenn der Anstaltsträger also eine einheitliche Anlage schaffen will, für welche er einengende Bestimmungen für die Gestaltung der Grabdenkmäler erläßt, so muß er an anderer Stelle die Möglichkeit gewähren, daß ein Friedhofsbenutzer ein Grabdenkmal aufstellt, welches seinen eigenen Wünschen entspricht, sofern es nicht störend wirkt 44 . Nach diesem System unterteilen sich die insgesamt zur Verfügung stehenden Grabstätten in Grabfelder mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften, in welchen dem Nutzungsberechtigten grundsätzlich gestattet sein soll, seine eigenen gestalterischen Wünsche zu verwirklichen, und in Grabfelder mit besonderen oder zusätzlichen Gestaltungsvorschriften, in denen der Friedhofsträger seine vom Gedanken der Einheitlichkeit getragenen Vorstellungen umsetzen darf Die allgemeinen Gestaltungsvorschriften stellen somit den bei jeder Grabgestaltung zu berücksichtigenden gestalterischen Mindeststandard dar. Den Anknüpfungspunkt dieser allgemeingültigen Gestaltungsvorgaben bildet vor allem der Aspekt der „Würde des Ortes" 45 . Eine dieser Würde widersprechende Grabgestaltung ist auch auf einem Feld mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften unzulässig. Die Errichtung und jede Veränderung von Grabmalen bedarf der

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BVerwGE 17, 119 ff Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwGE 17, 119 (121), BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 2; BVerwG, Buchholz 408.2 Nr.3; OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (242); BVerwG, NVwZ 1987, 679. In diesem Zusammenhang ist immer wieder die Rede davon, daß der Friedhofsträger bei Schaffung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften für den Friedhofsbenutzer „Ausweichmöglichkeiten" oder „Ausweichflächen" schaffen müsse. Mittels dieser Formulierungen wird fälschlicherweise der Eindruck erweckt, daß die allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegenden Grabfelder den Ausnahmefall und die Grabfelder mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften den Regelfall darstellen, vgl. Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632). Aufgrund der weiten Verbreitung dieser Terminologie soll im folgenden dennoch daran festgehalten werden. 45 Siehe nur § 18 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages; § 19 I der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. 44

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

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vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung, so daß der Friedhofsträger vermeintlich unwürdige Grabstätten unter Hinweis auf den allgemeinen Gestaltungsgrundsatz verbieten darf. Als allgemeine Anforderung findet sich zudem häufig die Bestimmung, daß die Grabstätte dem Zweck des Friedhofs und dem Satzungszweck nicht widersprechen darf. Im Gegensatz zu diesen Grundsätzen enthalten die sogenannten zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zahlreiche besondere Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit, die von Gemeinde zu Gemeinde sehr stark variieren. Die jeweiligen Ge- oder Verbote beziehen sich alternativ oder kumulativ auf bestimmte Materialien für das Grabdenkmal, einzelne Bearbeitungsarten, spezifische Formgebungen oder die Verwendung zusätzlicher Grabschmuckelemente.

D. Die rechtliche Einordnung der Bestattungsplätze Der Begriff des Friedhofes bezeichnet ein räumlich abgegrenztes, eingefriedetes46 Grundstück, das zur Bestattung der irdischen Reste von Menschen einer bestimmten - kommunalen oder kirchlichen - Gemeinschaft dient oder gedient hat 47 . Je nach Anlage und landschaftlicher Einbettung wird weiter zwischen Wald- und Parkfriedhöfen unterschieden. Rechtlich betrachtet handelt es sich bei Friedhofsgrundstücken um öffentliche Sachen48. Gemeinsam mit den für ihre Unterhaltung notwendigen sächlichen und persönlichen Mitteln sind Friedhöfe öffentliche Anstalten 49. Friedhöfe als Funktionseinheiten der politischen Gemeinden sind lediglich transitorische Zuordnungseinheiten ohne eigenzuständige Verpflichtungen und Berechtigungen 50, also auch ohne eigenes Vermögen. Als nicht-rechtsfähige öffentliche Anstalten sind Friedhöfe öffentliche Einrichtungen 51. Ein Grundstück erhält seine Eigenschaft als Friedhof kraft

46

767.

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So bereits die ursprüngliche Bedeutung des Wortes, vgl. Grempel, in: EvStL, Sp.

Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 17; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 15. 48 Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 138 Fn. 3; Bachof AöR 78 (1952/53), 82 (83); Werner Weber, VVDStRL 21 (1964), 145 (148); BVerwGE 25, 364 (365); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 18 f. 49 PrOVGE 80, 47 (48); RGZ 144, 285 (286); Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preussischen Verwaltungsrechts, 41924, S. 464; Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 137; BayVGH, bayVGHE 12, 51 (52); BVerwG, VwRspr 13 Nr. 4 = BayVBl 1960, 381 f.; VGH Baden-Württemberg, VwRspr 14 Nr. 5; Gladen, DÖV 1960, 337 (338); Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, Band 4, S. 539 f.; Lauche, VR 1977, 104 (106); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 19. 50 Vgl. dazu Wolff/Bachof Verwaltungsrecht II, 41976, § 98 II b) 3., S. 371. 51 Haferland, DJZ 1931, 1379; Lauche, VR 1977, 104 (106); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 18; Schröder, in: Achterberg / Püttner, Besonderes 3'

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Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

Widmung. Insofern bestehen keine friedhofsrechtlichen Besonderheiten. Die Widmung ist der Hoheitsakt, durch den das Grundstück die rechtliche Eigenschaft als Bestattungsplatz erhält. Aus dieser Eigenschaft resultieren bestimmte Rechtsfolgen, so vor allem der Bestattungsanspruch des Bürgers. Der für Bestattungen oder Beisetzungen genau bestimmte Bereich des Friedhofsgrundstücks mit dem darunterliegenden Erdreich bezeichnet die Grabstelle oder Grabstätte, die aus mehreren einzelnen Gräbern bestehen kann 52 . Üblicherweise wird zwischen Reihengrabstätten und Wahlgrabstätten unterschieden. Die Reihengräber, auch Normalgräber genannt, werden mit Eintritt des Todesfalls der Reihe nach für eine bestimmte Ruhefrist zugeteilt. Über dieses normale Nutzungsrecht hinaus begründet die bereits zu Lebzeiten mögliche Überlassung eines Wahlgrabes, auch als Sondergrab oder Vorzugsgrab bezeichnet, ein Sondernutzungsrecht 53. Der Erwerber darf die Grabstätte selbst auswählen, die im Vergleich zu den Reihengräbern für eine längere Zeit vergeben wird. Im Gegenzug hat der Erwerber eine bestimmte - höhere - Gebühr zu entrichten. Die früher häufig vorzufindenden Erbbegräbnisse, also ohne zeitliche Beschränkung erworbene Wahlgräber, sind heute nahezu verschwunden 54. Die neueren Friedhofssatzungen haben sie ausnahmslos in öffentlich-rechtliche Rechtspositionen verwandelt und den Regelungen für Sonderbenutzungen unterworfen 55. Private Bestattungsplätze bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Behörde 56. Sofern es einer speziellen landesrechtlichen Vorschrift ermangelt, beruht das Erfordernis der Genehmigung auf Gewohnheitsrecht 57. In der Praxis Verwaltungsrecht II, 1992, Kapitel 5 Rn. 91; Tettinger, Besonderes Verwaltungsrecht 1, 1995, Rn. 123; von Mutius, Kommunalrecht, 1996, Rn. 343. 52 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 50; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 161. 53 Vgl. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 1911, S. 293 f.; Wolter, ZevKR 7 (1958/59), 188; Gladen, DÖV 1960, 337 (338); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 162; Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 41 Rn. 12; Gaedke, DFK 1997, 479 (480). 54 Ausführlichst zu den Erbbgegräbnissen Jäckel, DÖV 1954, 141 ff.; Bachof Die Unzulässigkeit der Entziehung von Erbbegräbnisrechten, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 642 ff. 55 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 418; Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 41 Rn. 12. 56 § 9 I 1 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz); Art. 12 des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 4 II des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 48 OBG NW; § 4 II des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz); § 2 der saarländischen Polizeiverordnung über das Bestattungsund Leichenwesen; § 3 III-V des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichenund Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz). 57 OVG Lüneburg, OVGE 22, 495; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 42 Fn. 39. 4

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

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unterliegt die Genehmigung privater Bestattungsplätze strengen Anforderungen. In der Regel muß ein besonderes Bedürfnis für die Errichtung des privaten Bestattungsplatzes nachgewiesen werden und öffentliche Interessen oder schutzwürdige Belange Dritter dürfen nicht entgegenstehen. Darüber hinaus sind Aspekte der Bebauungsplanung und die Gewährleistung einer würdigen Gestaltung und Unterhaltung des Bestattungsplatzes während der Ruhezeit zu beachten. Die Genehmigung eines privaten Bestattungsplatzes ist in der Praxis nahezu ausgeschlossen58 und stellt keine reelle Ausweichmöglichkeit für diejenigen Nutzungsberechtigten dar, die sich den Beschränkungen eines kommunalen Bestattungsplatzes oder eines Friedhofs in kirchlicher Trägerschaft nicht unterwerfen wollen. Zur ernstzunehmenden Alternative könnte der private Bestattungsplatz allenfalls vor dem Hintergrund der angespannten Finanzlage vieler Kommunen werden, wenn Bürger - soweit dies überhaupt zulässig ist 59 über den Ausbau einzelner Friedhöfe 60 hinaus auch die Trägerschaft derselben übernehmen würden. Kirche und Staat fühlen sich für das Friedhofswesen gleichermaßen verantwortlich. Das Friedhofs- und Bestattungswesen stellt damit ein klassisches Beispiel der sogenannten res mixtae dar 61 . Als dem Kultbereich entstammender Akt 6 2 ist die Anlegung konfessioneller Friedhöfe nicht nur ein Recht 6j der Kir58

So auch Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 20. Einschränkend für Teile Niedersachsens: Sperling, DFK 1992, 232 (233). Einzelne Ausnahmemöglichkeiten nennt Ulrich Kahler, NVwZ 1983, 662 (663). Kritisch zur restriktiven Handhabung des Privatbegräbnisses äußert sich Westermann, FamRZ 1973, 614 (616). 59 Gegen eine solche Möglichkeit: Grasser, BayVBl 1972, 291 (292); Zagar, DFK 1997, 389 ff. Skeptisch auch: Gaedke, DFK 1997, 109. 60 Bestrebungen eines privaten Friedhofsausbaus unter Zurverfügungstellung der benötigten Fläche durch die Kommune bestehen zum Beispiel in Bonn, vgl. General Anzeiger vom 09.05.1995, S. 10. Allgemein zur Privatisierung im Bestattungsrecht: Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995; Gröpl, BayVBl 1995, 485 ff.; BayVerfGH, NVwZ 1997, 481 ff. ; Zagar, DFK 1997, 389 ff. 61 Bartlsperger, Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht 1973, 141; Sperling, ZevKR 24 (1979), 345 ff.; Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995, S. 58; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, ZevKR 36 (1991), 74 (78). Gegen das Vorliegen einer gemeinsamen Angelegenheit von Staat und Kirche spricht sich Ehlers, ZevKR 32 (1987), 158 (176) aus; kritisch auch: Morlok/Müller, JZ 1997, 549 (552). Vgl. insgesamt zur Einordnung v.Campenhausen, Staatskirchenrecht,31996, S. 207 ff. 62 Vgl. beispielsweise c. 1205 CIC, wonach der Gläubige auf einem geweihten Friedhof bestattet werden soll. Auch Luther bezeichnete den Friedhof als „fast heilige stete, weil on zweifei etliche heilige da liegen" (zitiert nach Grempel, in: EvStL, Sp. 768). 63 Vgl. jüngst Art.22 I des Vertrages des Freistaates Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15.03.1994 (GVB1 S. 509). Siehe ferner Art. 23 des Vertrages der evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen mit dem Lande Niedersachsen vom 19.03.1955 (GVB1 S. 159) (Loccumer Vertrag) und Art. 13 des Ergänzungsvertrages vom 04.03.1965 (GVB1 1966, S. 4); Art. 22 II des Vertrages zwischen

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Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

chen, das durch die Pflicht der politischen Gemeinden zur Einrichtung kommunaler Friedhöfe unberührt bleibt, sondern darüber hinaus eine Pflicht 64 in kirchlicher Hinsicht. Eine rechtliche Verpflichtung der Kirchen, auf die sich die Kommunen zwecks Delegierung der ihnen obliegenden Aufgaben berufen könnten, besteht indes nicht. Auch die Existenz eines konfessionellen Friedhofs am gleichen Ort bedeutet für die politischen Gemeinden nicht die Möglichkeit, auf diesen zu verweisen. Eine Pflicht der Kirchen zur Aufnahme verstorbener konfessionsfremder Einwohner der politischen Gemeinde besteht ausschließlich, sofern am gleichen Ort kein kommunaler Friedhof vorhanden ist, dem kirchlichen Friedhof somit eine Monopolstellung zukommt 65 . In diesem Fall handelt es sich bei dem kirchlichen Bestattungsplatz um einen sogenannten Simultanfriedhof. Der Zwang zur Aufnahme andersgläubiger Personen bewirkt die Zurechnung auch der konfessionellen Friedhöfe zu den öffentlichen Anstalten. Gerechtfertigt wird diese Feststellung auch aus dem Umstand, daß zunehmend hygienische Erfordernisse entscheidend für die Errichtung von Friedhöfen sind, wodurch der Aufgabenbereich staatlicher Tätigkeit tangiert wird 66 . Friedhöfe von Kirchengemeinden, denen nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 V WRV der verfassungsrechtlich garantierte Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zukommt, sind damit öffentliche Sachen im Kirchengebrauch und die hinsichtlich der Grabstätten begründeten Nutzungsverhältnisse sind öffentliche Rechtsverhältnisse 67.

dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in SchleswigHolstein vom 23.04.1957 (GVB1 S. 73); Art. 24 des Vertrages des Landes Hessen mit den evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 10.06.1960 (GVB1 S. 54); § 27 des Vertrages des Landes Rheinland-Pfalz mit den evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz vom 03.11.1962 (GVB1 S. 173). 64 So J. Breuer, Friedhof und Feuerbestattung, 1912, S. 32; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 32. 65 Vgl. nur Art. 22 II des Vertrages des Freistaates Thüringen mit den evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15.03.1994 (GVB1 S. 509); Theobald, Die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Sachen unter besonderer Berücksichtigung der öffentlichen Friedhöfe, Diss. Heidelberg 1912, S. 63; Bartlsperger, Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht 1973, 141 (142); Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 23; v.Campenhausen, Staatskirchenrecht, 31996, S. 211; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 1996, Art. 4 Rn. 103. Vollkommen unzutreffend insoweit die Ansicht Gröschners (Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995, S. 59), wonach der kirchliche Friedhof als eine der Allgemeinheit zur Verfügung gestellte Anstalt zur Bestattung aller Einwohner der politischen Gemeinde verpflichtet sein soll. Diese Auffassung mißachtet die den Religionsgesellschaften verfassungsrechtlich garantierten Rechte. 66 Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (83); Bartlsperger, Blätter für Grundstücks-, Bauund Wohnungsrecht 1973, 141 (142); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Band I, 1996, Art. 4 Rn. 103; BVerwG, DVB1 1997, 1238 (1240); vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, ZevKR 36 (1991), 74 (77). 67 OVG Nordrhein-Westfalen, ZevKR 36 (1991), 74 (77 ff.).

1. Abschnitt: Grundlagen des Friedhofsrechts

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Existieren am gleichen Ort ein konfessioneller und ein kommunaler Friedhof, so nimmt der erstgenannte keine Monopolstellung ein. Dies gilt indes nicht auch für den Friedhof in kommunaler Trägerschaft. Um zu verhindern, daß die Friedhofsverwaltungen einen Benutzer wechselseitig auf die Existenz des jeweils anderen Friedhofs verweisen und damit das Ausweichen letztlich unmöglich machen, und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Unterhaltung eines Friedhofes primär den politischen Gemeinden obliegt, nimmt der kommunale Friedhof trotz Vorhandenseins eines konfessionellen Friedhofes am gleichen Ort eine Monopolstellung ein 68 . Da neben konfessionellen und kommunalen Friedhöfen private Bestattungsplätze in der Praxis kaum vorkommen, haben demzufolge Friedhöfe in Trägerschaft der politischen Gemeinden wenn auch nicht notwendigerweise eine rechtliche, so doch zumindest eine faktische Monopolstellung inne. In der Bundesrepublik Deutschland besteht, da eine Bestattung auf privaten Friedhöfen praktisch ausgeschlossen ist, bereits ein faktischer Zwang zur Benutzung der öffentlichen Friedhöfe 69. Aber auch de iure ist der Friedhofszwang vorgeschrieben. Die Anordnung des Benutzungszwangs für Bestattungsplätze erfolgt in der Gemeindeordnung. Lediglich die Gemeindeordnungen von Baden-Württemberg 70, Bayern 71 , Niedersachsen 72, Sachsen73 und SachsenAnhalt 74 sehen explizit den Benutzungszwang für Einrichtungen des Bestattungswesens vor. In den anderen Ländern wird das Bestattungswesen durchweg zu den „ähnlichen der Volksgesundheit dienenden Einrichtungen" gerechnet, für die Benutzungszwang eingeführt werden kann 75 . Der ausdrückliche Hinweis auf die Existenz des Friedhofszwangs ist deshalb von Bedeutung, weil unter zusätzlicher Berücksichtigung der faktischen Monopolstellung kommunaler Friedhöfe eine Möglichkeit für den Bürger, den Gestaltungsvorschriften der kommunalen Friedhofssatzung zu entgehen und eine Grabgestaltung zu wählen, die uneingeschränkt den eigenen Vorstellungen entspricht, praktisch nicht existent ist.

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Vgl. Bachof, Rechtsgutachten, S. 14 f.; Sperling, ZevKR 24 (1979), 345 (352). Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, Band 4, 1983, S. 541. 70 § 11 I 2 GO. 71 Art.24 I Nr.2 GO. 72 § 8 S. 1 Nr.2 GO. 73 § 14 I GO. 74 § 8 S. 1 Nr.2 GO. 75 Wietkamp , Probleme des Anschluß- und Benutzungszwangs unter besonderer Berücksichtigung des Bestattungswesens, Diss. Münster 1962, S. 70 ff.; Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, Band 4, 1983, S. 541; Hermann Weber, NVwZ 1987, 641. Vgl. auch BVerwGE 45, 224 (228 ff.). 69

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Teil 1 : Die Grundlagen einer Bewertung

2. Abschnitt

Die allgemeinen Grenzen kommunaler Satzunggebung und ihre Relevanz für das Recht der Grabgestaltung A. Der Kompetenzbereich der Selbstverwaltung Die inhaltliche Ausgestaltung der Friedhofsordnung liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Friedhofsträgers. Als Bestandteil des Selbstverwaltungsrechts ist die Satzungsautonomie Ausfluß der der Selbstverwaltungsidee immanenten Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit 76. Das hieraus resultierende Satzungsermessen gibt der Verwaltung die Befugnis, einen komplexen Sachverhalt nach eigenen Vorstellungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben schöpferisch zu ordnen und zu gestalten77. Per se auf die Aufnahme von Vorschriften zur Grabgestaltung in die Friedhofssatzung kann der Satzunggeber jedoch nicht verzichten. Die notwendige Sicherung der Würde des Friedhofes bewirkt nach bislang unbestrittener Auffassung vielmehr eine Verpflichtung des Friedhofsträgers, auch Bestimmungen über die Gestaltung der Grabmale zu erlassen 78. Der Begriff der autonomen Satzunggebung ist selbstverständlich nicht gleichbedeutend mit rechtlich nicht rückgekoppelter, einzig mittels der Gestaltungsfreiheit des Satzunggebers determinierter und damit letztlich uneingeschränkt dem Willen der Exekutive überlassener Normsetzung. Satzungen als vom Staat abgeleitete Rechtsquellen sind autonomes Recht, weil sie von einem autonomen Willen getragen werden, der nicht durch Staatsorgane vorgeformt wird 79 . Dabei steht die administrative Normgebung nicht nur im Spannungsfeld zwischen legislativem Gestaltungsspielraum und Verwaltungsermessen 80, sondern auch und insbesondere im Spannungsfeld zwischen Gestaltungsspielraum und Grundrechtsbindung. Über die Rechte der Normunterworfenen hinaus gilt es zudem, die Kompetenzbereiche anderer Selbstverwaltungsträger zu wahren. Die vollkommene rechtliche Rückbindung der Exekutive an tatbestandlich eng umgrenzte Ermächtigungsgrundlagen und die Fixierung der exekutiven Handlungsformen durch sonstige Vorgaben wäre das Ende flexibler Handhabung dif-

76 Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 46; vgl. auch von Mutius, Gutachten E zum 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. 24. 77 Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 47. 78 Vgl. Laforet, in: Festschrift für Eduard Eichmann zum 70. Geburtstag, 1940, S. 491 ff. (513 f.); OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (240); BayVGH, VGHE 13, 52 (57); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 201. 79 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 22. 80 Vgl. hierzu Herdegen, AöR 114 (1989), 607 (609 ff.).

2. Abschnitt:

llgemeine Grenzen kommunaler Satzunggebung

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ferierender Sachverhalte durch die Verwaltung und würde die Exekutive auf bloßen Gesetzesvollzug minimieren. Das grundsätzliche Dilemma der Wahrung exekutiver Spielräume einerseits und rechtlicher Bindung sowie richterlicher Nachprüfbarkeit andererseits hat zu vielgestaltigen Lösungsansätzen von Seiten der Wissenschaft und Rechtsprechung angeregt. Anbindungen an das legislative Ermessen und strukturelle Übereinstimmungen zu dem der gerichtlichen Kontrolle nach Maßgabe des § 114 VwGO unterliegenden Verwaltungsermessen können über Teilaspekte hinaus keine generelle Erkenntnis bringen 81. Im Gefolge dieser problembehafteten dogmatischen Einordnung treten Schwierigkeiten insbesondere im Bereich der im Rahmen der Satzunggebung vorzunehmenden Abwägung als Schwerpunkt der Normgebung auf, wenn es um die Eingrenzung des Spielraums für den kommunalen Satzunggeber geht 82 . Während einerseits der normative Handlungsspielraum keine übermäßige Beschränkung erfahren darf, um eine Lähmung der Verwaltung zu vermeiden, müssen andererseits Rechtsverletzungen der Normadressaten durch hinreichende Bindungen der Verwaltung vermieden werden. Unstreitig ist zunächst, daß sich der Satzunggeber beim Satzungserlaß innerhalb des Kompetenzbereiches der Selbstverwaltung zu halten hat. Bewegt sich der Satzunggeber innerhalb des so umgrenzten Bereiches, so bedarf es grundsätzlich nicht des Rückgriffs auf eine spezielle gesetzliche Ermächtigung. Differenzierter muß die Betrachtung jedoch bei denjenigen Satzungen ausfallen, die in den Rechtskreis des Normaddressaten eingreifen. Die Ansicht, wonach die generelle Verleihung von Autonomie die Ermächtigung der Gemeinde zu Eingriffen auch in die verfassungsrechtlich verbürgte Freiheitssphäre des Bürgers darstellt 83, ist mit dem heutigen Grundrechtsverständnis nicht mehr vereinbar. Weder machen die Grundrechte im Bereich des Friedhofsrechts vor den Toren der Anstalt halt, noch bezeichnen die Sonderrechtsverhältnisse grundrechtsfreie Räume. Ebensowenig sind Grundrechte jedoch autonomiefest 84. Die Funktionsfähigkeit der Exekutive ließe sich in weiten Teilen nicht mehr sicherstellen, wenn die Grundrechte als absolute Grenze exekutiver Tätigkeit errichtet werden würden. Als Mittelweg bietet sich die vom Bundesverfassungsgericht im Facharztbeschluß 85 zur berufsständischen Satzungsautonomie getroffene Feststellung 81 Vgl. zu legislativer Gestaltungsfreiheit und Verwaltungsermessen im Verhältnis zur Verordnungsbefugnis: Ossenbühl, Richterliches Prüfungsrecht und Rechtsverordnungen, in: Recht als Prozeß und Gefüge, Festschrift für Hans Huber, 1981, 283 (286 ff.). Siehe auch Herdegen, AöR 114 (1989), 607 (609 ff.). 82 Dazu ausführlich unten, Teil 1, 2. Abschnitt, D. 83 Jakob, DÖV 1970, 666 ff.; Wolff/Bachof Verwaltungsrecht 1,91974, § 25 IX b) S. 138. A.A. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, I01994, § 25 Rn. 49. 84 So aber Köngen, DVB1 1955, 445 (448). 85 BVerfGE 33, 125 (157 ff.).

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Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

an, wonach die statusbildenden Normen dem Gesetzgeber vorzubehalten sind 8 6 . Die Entscheidung über die wesentlichen grundrechtsrelevanten Fragen obliegt damit einzig dem Gesetzgeber. Die Frage, welcher Regelungsgegenstand dem Bereich des Wesentlichen zuzuordnen ist, entzieht sich dabei jeder Katalogisierung. Der zu regelnde Sachbereich einerseits und die Eingriffsintensität der in Frage stehenden Regelung andererseits bilden erste Richtpunkte für die Einordnung. Auch im Rahmen einer an sich zulässigen Autonomie bleibt damit der Grundsatz bestehen, daß sich der Gesetzgeber seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluß auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen nicht gänzlich preisgeben darf 87 . Dies gilt besonders, wenn der Akt der Autonomieverleihung den autonomen Verband zu grundrechtsrelevanten Eingriffen ermächtigt 88. Die den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildenden kommunalen Grabgestaltungsvorschriften werden üblicherweise ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit als Grundlage des Rechts auf Grabgestaltung diskutiert. Die Grundrechtsbeschränkungen sind jedoch größeren Umfangs und größerer Intensität als bisher allgemein angenommen. Eine ausfuhrliche Prüfung der möglicherweise betroffenen Grundrechte erfolgt an anderer Stelle 89 ; hier sei nur soviel vorweggenommen, daß die die Grabgestaltung betreffenden Vorschriften über den Bereich des Art. 2 I GG hinaus Grundrechtsrelevanz aufweisen. Das Verbot bestimmter Materialien, Bearbeitungsarten und -formen kann in Kollision mit der Glaubens-, Gewissens-, Meinungs-, Kunst- und Eigentumsfreiheit treten. Insbesondere das Verbot bestimmter Inschriften muß sich anhand des Maßstabes des Art. 5 I 1 l.Hs GG messen lassen. Für die über Gestaltungsvorschriften gegebenenfalls mittelbar betroffenen Gewerbetreibenden können darüber hinaus Art. 12 I GG und Art. 14 I GG Bedeutung erlangen. Schließlich gilt es, allgemeine Verfassungsprinzipien wie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das Willkürverbot oder das aus dem Rechtsstaatsprinzip fließende Gebot der Normklarheit zu berücksichtigen. Die durch die Gestaltungsvorschriften betroffene Freiheitssphäre des Bürgers ist vielschichtig und keineswegs durch den Hinweis auf Art. 2 I GG 86 Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefuge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 8 f.; ders., in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 1. Abschnitt Rn. 95; Bethge, NVwZ 1983, 577 (578); Ossenbühl, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 6 Rn. 69; Schröder, in: Achterberg / Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht II, 1992, Kapitel 5/1 Rn. 81. 87 BVerfGE 33, 125 (158). 88 BVerfGE 33, 125 (158); BVerfG, DÖV 1997, 637 (638). Vgl. auch SchmidtJortzig, Kommunalrecht, 1982, Rn. 628 f.; ders., DVB1 1990, 920 (921); Schoch, NVwZ 1990, 801 (803); Schröder, in: Achterberg / Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht II, 1992, Kapitel 5/1 Rn. 81; Waechter, Kommunalrecht, 21995, Rn. 475; von Mutius, Kommunalrecht, 1996, Rn. 337 f. 89 Vgl. unten, Teil 2, 1. Abschnitt, B-G.

2. Abschnitt: Die allgemeinen Grenzen kommunaler Satzunggebung

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ausreichend erfaßt. Vor dem Hintergrund der mit den gestalterischen Vorgaben einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen bedarf die Kommune zum Erlaß der Gestaltungsklauseln einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage. Wenn mitunter davon die Rede ist, daß sich der Friedhofsbenutzer unter Beachtung und Erfüllung der für die Nutzungsgewährung notwendigen Voraussetzungen stillschweigend den Vorschriften der Anstaltsordnung unterwerfe und so auf seine ihm sonst garantierten Freiheitsrechte verzichte 90, so handelt es sich schlichtweg um eine Verkennung des anstaltlichen Nutzungsverhältnisses. Die Konstruktion einer Unterwerfung als Verzichtserklärung für das Erfordernis der Ermächtigungsgrundlage vermag allenfalls bei Freiwilligkeit der Anstaltsnutzung zu überzeugen. Sofern jedoch - wie im Fall der Bestattungsplätze - Benutzungszwang angeordnet wird, scheidet der Aspekt der Freiwilligkeit und damit die Möglichkeit der Unterwerfung als Ermächtigung für exekutives Handeln aus91. Für den Erlaß von die Grabgestaltung regelnden Vorschriften bedarf der kommunale Satzunggeber demnach einer speziellen Ermächtigungsgrundlage. Rechtsgrundlage für den Erlaß einer Benutzungsordnung für den Friedhof durch den kommunalen Anstaltsträger ist entweder eine positive gesetzliche Ermächtigung oder, bei deren Fehlen, die sogenannte Anstaltsautonomie92 als Normsetzungsmacht zur Bewältigung gemeindlicher Aufgaben. Nur wenige Bundesländer haben von ihrer Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Friedhofswesens dahingehend Gebrauch gemacht, den Gemeinden Rechtssetzungsmacht in Hinblick auf Benutzungsordnungen einzuräumen 93, so daß regelmäßig auf den Aspekt der Anstaltsautonomie abgestellt wird. Die allgemeinen, generalklauselartig gehaltenen landesrechtlichen Ermächtigungen zum Erlaß von Friedhofssatzungen vermögen ebensowenig wie die in den Kommunal-

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Dornseiff, FischersZ 65 (1930), 145 (193); Heß, Friedhof und Grabstätte im Privatrecht, 1935, S. 31 f.; Zeitler, SKV 1960, 10 (11); Franz Otto, DFK 1988, 211; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26. 91 Siehe Bachof AöR 78 (1952/53), 82 (85 f.). So im übrigen bereits Hatschek, Lehrbuch des deutschen und preussischen Verwaltungsrechts, 41924, S. 455. 92 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 73; Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (85); Jung, Staat und Kirche im kirchlichen Friedhofswesen, S. 20; VGH Baden-Württemberg, VwRspr 14 Nr. 5, S. 34. 93 Vgl. § 15 I des Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz) Baden-Württemberg; § 6 I des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen in der Freien Hansestadt Bremen; § 1 II 1 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen in Hessen; § 6 I 1 des Landesgesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz) Rheinland-Pfalz. In den neuen Bundesländern gilt insoweit über Art. 9 des Einigungsvertrages vom 31.08.1990 § 10 I der Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17.04.1980 (GBl. DDR S. 159) als Landesrecht weiter.

Teil 1 : Die Grundlagen einer Bewertung

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Ordnungen enthaltenen generellen Satzungsklauseln94 eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für Eingriffssatzungen abzugeben. Bindungen des kommunalen Satzunggebers speziell für den grundrechtsrelevanten Bereich der Grabgestaltung lassen sich den einschlägigen Friedhofs- und Bestattungsgesetzen der Länder damit kaum entnehmen. Aber auch die Anstaltsautonomie vermag, wie bereits angesprochen, als Ermächtigungsgrundlage für die Satzunggebung nur soweit zu dienen, als der Normerlaß keinen Eingriff in die Freiheitssphäre des Bürgers bewirkt. Satzungsrechtliche Klauseln, die sowohl in Form allgemeiner als auch zusätzlicher Gestaltungsvorschriften die Grabgestaltung limitieren, können daher nicht über den Hinweis auf die Satzungsautonomie gerechtfertigt werden. Die generelle Heranziehung der Anstaltsautonomie erweist sich für den Bereich der Grabgestaltungsvorschriften damit als vollkommen untauglich zur Rechtfertigung des exekutiven Handelns. Die Suche nach einer speziellen Ermächtigungsgrundlage für die kommunalen Grabgestaltungsvorschriften in den einschlägigen friedhofsrechtlichen Bestimmungen gestaltet sich als problematisch. In Baden-Württemberg besteht die Vorgabe, wonach die Gestaltung und Ausstattung der Grabstätten der Würde des Ortes entsprechen, und daß Grabausstattungen standsicher sein müssen95. Ferner werden als notwendiger Inhalt einer Friedhofssatzung diejenigen Bestimmungen festgelegt, die notwendig sind, Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren 96. Ähnliches ergibt der Normbefund in Bayern. Die in Art. 149 I 1 der Verfassung des Freistaates Bayern normierte Verpflichtung der Gemeinden, jedem Verstorbenen eine schickliche Beerdigung zu ermöglichen, wird in den einschlägigen Vorschriften des bayerischen Bestattungsgesetzes näher ausgestaltet97. Danach sind Friedhöfe den Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ihres Andenkens gewidmet 98 . Diesem Friedhofszweck, den Erfordernissen des Wasserhaushalts und der öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Gesundheit, müssen auch die einzelnen Grabstätten entsprechen99 . In Hessen finden sich Bestimmungen, wonach die Grabstättenbeschaffenheit Gefährdungen der menschlichen Gesundheit durch die Verwesung ausschließen muß 100 , und die Friedhöfe nach ihrer baulichen Gestaltung

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Vgl. Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefuge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 8 Fn. 18; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 31. Anderer Ansicht noch Dornseiff FischersZ 65 (1930), 145 (184). 95 § 14 S. 1 Gesetz über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz). 96 § 15 I 2 des Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz). 97 BayVerfGH, BayVBl 1980, 687 (688), BayVerfGH, BayVBl 1981, 207 (208). 98 Art. 8 I Bestattungsgesetz. 99 Art. 9 I 1 Bestattungsgesetz. 100 § 7 I des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen.

2. Abschnitt:

llgemeine Grenzen kommunaler Satzunggebung

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den kulturellen Belangen der Bevölkerung Rechnung tragen müssen101. In Sachsen werden die Gemeinden zur Regelung der Gestaltung von Grabstätten durch Satzung ermächtigt 102 . Einzig die sächsische Regelung stellt eine unzweifelhafte Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß von Grabgestaltungsvorschriften durch die Kommunen des Landes dar. Art. 8 I des bayerischen Bestattungsgesetzes und § 15 I 2 des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes können als hinreichende Ermächtigung für den Erlaß von Gestaltungsvorschriften allenfalls dann angesehen werden, wenn man den friedhofsrechtlichen Begriff der Würde mit der herrschenden Meinung für ausreichend bestimmt hält 103 . So sieht der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auch eine zusätzliche Gestaltungsvorschrift, nämlich das Gebot, nur einen Teil der Grabstätte zu bepflanzen, während der übrige Teil als Rasenfläche angelegt wird, als durch § 15 I 2 BestG BW gedeckt an. Bereits die landesrechtlichen Vorgaben in Hessen tragen jedoch gestalterische Vorgaben größtenteils nicht mehr. Möglich ist hier unter Umständen ein Verbot von steinernen Grababdeckplatten, sofern diese der Verwesung hinderlich sind, und es hierdurch zu Gefährdungen der menschlichen Gesundheit kommen kann. Soweit die Friedhöfe nach ihrer baulichen Gestaltung den kulturellen Belangen der Bevölkerung Rechnung tragen müssen, handelt es sich um eine Vorgabe zur Sicherstellung der Berücksichtigung regionaler Besonderheiten, nicht jedoch um die Eröffnung von Beschränkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Grabgestaltung. In den restlichen Bundesländern fehlt es gänzlich an einer entsprechenden Regelung. Weitgehend ungeklärt ist, ob sich die Kommune gegebenenfalls auf das Verunstaltungsverbot der jeweiligen Landesbauordnung stützen kann, wenn sie eine bestimmte Grabgestaltung untersagen will. Im Vergleich zur allgemein vertretenen friedhofsrechtlichen Ansicht einer kaum begrenzten kommunalen Regelungsbefugnis bieten die landesbauordnungsrechtlichen Verunstaltungsverbote dem kommunalen Satzunggeber zwar keinerlei zusätzliche Beschränkungsmöglichkeiten gegenüber der derzeitigen Praxis 104 , jedoch könnten sie zumindest eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für das kommunale Vorgehen in Fragen der Grabgestaltung darstellen. Bereits in § 66 I 8 ALR fand sich die Bestimmung, daß „zum Schaden oder zur Unsicherheit des gemeinen Wesens, oder zur Verunstaltung der Städte und öffentlichen Plätze, kein Bau und keine

101 102

wesen.

§ 6 II des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. § 7 I 1 des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungs-

103

Hierzu ausführlich unten, Teil 2, 1. Abschnitt, A.V.2. A.A. BayVGH, BayVBl 1980, 689(690); einschränkend Klingshirn, recht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 22. 104

Bestattungs-

Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

46

Veränderung vorgenommen werden" soll 1 0 5 . Auch heute noch bestimmen die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Weise der Bebauung, daß die baulichen Anlagen mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen sind, daß sie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nicht stören 106 . Der Baugestaltung ist jedoch der gesellschaftlich-soziale Bezug immanent, so daß die Sozialbindung des Eigentums wesentlich zum Tragen kommt. Das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot legitimiert sich damit einzig aus der Sozialbindung des Eigentums 107 , die im Falle des bloßen Nutzungsrechts an einer Grabstätte aber ohnehin nur insoweit beschränkte Bedeutung erlangt, als der Nutzungsberechtigte Eigentümer des Grabdenkmals bleibt 108 . Zudem fehlt es der Grabgestaltung, wie bereits dargetan, auch an dem stets behaupteten gesellschaftlich-sozialen Bezug. Ist somit bereits die bedenkenlose Übertragung des bauordnungsrechtlichen Verunstaltungsverbots auf die Situation des Friedhofsrechts unstatthaft, so verbietet sich erst recht dessen unmittelbare Anwendung auf Fragen der Grabgestaltung. Fraglich ist darüber hinaus, ob das Verbot einer bestimmten Grabgestaltung gegebenenfalls auf Vorschriften der jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetze gestützt werden kann. Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Dies ist zu bejahen, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen 109 . Baudenkmäler sind Denkmäler, die aus baulichen Anlagen oder Teilen baulicher Anlagen bestehen. Ebenso zu behandeln sind Friedhofsanlagen, wenn sie die Voraussetzungen der Denkmalseigenschaft erfüllen 110 . Denkbar ist damit sowohl, daß ein Friedhof als Gesamtanlage unter Denkmalschutz steht, als auch der Schutz einer Einzelgrabanlage oder eines Ensembles als Denkmal 111 . Wer in der näheren Umgebung von Baudenkmälern oder ortsfesten Bodendenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf, wenn hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, der Erlaubnis der zuständigen Denkmalbehörde. Die Erlaubnis ist nur dann zu erteilen, wenn Gründe des 105

Vgl. auch Krebs, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht; 101995, 4. Abschn., Rn. 196. 106 Vgl. nur § 12 MBO; § 12 II 1 BauO NW. 107 Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 III, Rn. 72; ähnlich Voßkuhle, BayVBl 1995,613 (616). 108 Dazu im einzelnen unten, Teil 2, 2. Abschnitt, B. 109 Vgl. nur § 2 I 1,2 DSchG NW. 110 So §2 II 1,2 DSchG NW. 111 König, DFK 1994, 421 ff.; Knauf, DFK 1996, 495 ff. Zu eng daher: Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 30.

2. Abschnitt:

llgemeine Grenzen kommunaler Satzunggebung

47

Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt 112 . Ob von einer bestimmten Grabgestaltung eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals ausgeht, hängt bereits von der Qualität des geschützten Denkmals ab. Steht der Friedhof als Gesamtanlage unter Denkmalschutz, wird beispielsweise eine einzelne Grababdeckplatte kaum in der Lage sein, das Erscheinungsbild zu beeinträchtigen. Ob und wann eine Häufung von Grabplatten diese Wirkung entfaltet, ist eine Frage des Einzelfalls 113 . Steht lediglich ein einzelnes Grab unter Denkmalschutz, so ist die Beeinträchtigung durch ein einzelnes angrenzendes außergewöhnliches Grab wahrscheinlicher. Doch auch hier läßt sich erne etwaige Beeinträchtigung des Denkmals durch die Gestaltung einer Grabstätte nur im Einzelfall ermitteln. Liegt jedoch einer der Versagungsgründe vor, so kann die Gestaltung eines Grabes - unabhängig von der Frage, ob dem Nutzungsberechtigten für diesen Fall eine Ausweichmöglichkeit angeboten werden muß 114 - aus denkmalschützerischen Gründen grundsätzlich untersagt werden. Die Versagung der beantragten Grabgestaltung kann allerdings nicht durch die Friedhofsverwaltung, sondern muß durch die zuständige Denkmalschutzbehörde erfolgen. Eine Ersetzungswirkung des Inhalts, daß nur eine Genehmigung erforderlich ist, besteht nur für das Verhältnis von Baurecht zum Denkmalschutzrecht, nicht aber für die Beziehung zum Friedhofsrecht 115. Unabhängig davon handelt es sich lediglich um die Möglichkeit, in wenigen Einzelfällen eine spezielle Grabgestaltung zu unterbinden. Keinesfalls stellen die einschlägigen Normen der Landesdenkmalschutzgesetze eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den generellen Erlaß von Gestaltungsvorschriften dar. In Erkenntnis der grundsätzlichen Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage und unter Attestierung der generellen Ermangelung einer formellgesetzlichen Ermächtigung rekuriert Bachof 116 auf die Ermächtigung kraft Gewohnheitsrechts. Unter Anerkennung des grundsätzlichen Geltungsanspruchs des Vorbehaltes des Gesetzes auch im Wirkungsbereich der Exekutive vermag der generelle Verweis auf Observanz 117 nicht zu überzeugen. Der Umstand der Übernahme einer Angelegenheit in den kommunalen Aufgabenrahmen ersetzt

112 1,3 114

(434).

Vgl. nur § 9 I lit. b), II DSchG NW. So auch König, DFK 1994, 421 (422). Bejahend König, DFK 1994, 421 ff.; a.A. Müller-Hannemann, DFK 1995, 433

115 So auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 342 (344); König DFK 1994, 421; zweifelnd Müller-Hannemann, DFK 1995, 433. 116 Bachof, Rechtsgutachten, S. 11 f. 117 Hierzu: Waechter, Kommunalrecht, 21995, Rn. 469.

Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

48

nicht das Erfordernis der Ermächtigung, sofern es um Grundrechtstangierungen der Normadressaten geht. Damit steht fest, daß es an der grundsätzlich unverzichtbaren Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß kommunaler Vorschriften zur Grabgestaltung weitestgehend fehlt. Es zeigt sich hier das Bild einer ausgedehnten rechtswidrigen Verwaltungspraxis. In Anlehnung an die früher im Bereich der Sonderverordnungen bestehende ähnliche Problemlage ist auch für den Bereich der in den kommunalen Friedhofssatzungen enthaltenen Vorschriften zur Grabgestaltung festzustellen, daß eine Auffüllung des Gesetzesvakuums nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung erreicht werden kann. Das von Bachof 118 als Ermächtigungsgrundlage bemühte Gewohnheitsrecht kann damit - trotz aller Unzulänglichkeiten - als Notbehelf herangezogen werden 119 , bis eine Regelung durch den Gesetzgeber erfolgt ist. Daß die Detailregelung auch im Friedhofsrecht weiterhin durch die Exekutive erfolgen muß, kann nicht bestritten werden. Gerade die Berücksichtigung örtlicher Gebräuche in Gestaltungsfragen, aber auch die lokalen Unterschiede der Bestattungsplätze selbst verhindern eine landeseinheitliche Regelung aller Einzelfragen. Das Erfordernis einer formellgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bleibt von dieser Feststellung indes unberührt.

B. Die Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben durch den Satzunggeber Die Inhaltsgebung durch den Satzunggeber erfolgt unter dem Gebot der Beachtung gesetzlicher Vorgaben. Hierbei wird man der Berechtigung einer inhaltlichen Ausformung und Spezifizierung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale durch den Satzunggeber kaum das Wort reden können. Der jeweilige Umfang dieser Einschätzungsprärogative entzieht sich einer generellen Festlegung und ist eine Frage des Einzelfalls 120 . Aufgrund des kargen textlichen Befundes auf landesrechtlicher Ebene ist diese Bindung des Satzunggebers in Fragen der Grabgestaltung jedoch von geringer Relevanz. Die einschlägigen Landesfriedhofs- und Bestattungsgesetze enthalten keine spezifischen Vorgaben in Hinsicht auf Gestaltungsfragen. Sofern sich Vorschriften finden, die die Würde des Friedhofs als zu beachtenden Maßstab nennen, so ist dies nichts weiter als die Kodifizierung der herrschenden friedhofsrechtlichen Meinung. Wann jedoch eine Grabgestaltung noch oder schon nicht mehr der Würde des Friedhofs entspricht, wird in den einschlägigen Friedhofs- und Bestattungsgesetzen nicht festgelegt. Die nähere Ausgestaltung dieses Maßstabs durch Schaffung ver-

118

Bachof, Rechtsgutachten, S. 11 f. Hierzu allgemein Wolff/Bachof Verwaltungsrecht I, 91974 § 25 VIII b) S. 136; Ossenbühl, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1992, § 7 Rn. 61. 120 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 48. 119

2. Abschnitt:

llgemeine Grenzen kommunaler Satzunggebung

49

schiedener Kriterien erfolgt hier seit jeher durch Rechtsprechung und friedhofsrechtliche Praxis, ohne daß Maßstab und Kriterien aber jemals einer kritischen Prüfung unterzogen worden wären. Das Vorgehen der Kommunen geht somit vollkommen konform mit den gesetzlichen Vorgaben, da letztere lediglich die ohnehin in der kommunalen Praxis vorgefundene Situation wiedergeben.

C. Der Vorrang des Gesetzes Unstreitig ist die Geltung des Vorrangs des Gesetzes für Satzungen121. Auch im Bereich des Friedhofsrechts wird in Fragen der Grabgestaltung stets die Bindung des Satzunggebers an höherrangiges Recht betont 122 . Die Einhaltung der Gesetze über das Normsetzungsverfahren ist eine im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht nachprüfbare Frage des Einzelfalls, und betrifft zudem nicht die Frage nach dem Umfang der Regelungsbefugnis des kommunalen Satzunggebers in Gestaltungsfragen. Landesrechtliche Vorschriften, die den gängigen Gestaltungsvorschriften entgegenstehen könnten, existieren nicht. Primäre Geltungsgrenze der kommunalen Friedhofssatzungen sind damit die Grundrechte. Hauptschauplatz der Auseinandersetzung um das Recht auf freie Grabgestaltung ist dabei das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 I GG. Erstaunlich ist diese Feststellung deswegen, weil Art.2 I GG Auffanggrundrecht gegenüber den speziellen Freiheitsgewährleistungen ist. Das Grundrecht aus Art. 2 I GG tritt damit hinter diese zurück, soweit deren Schutzbereiche reichen 123 . Diesem Grundsatz zuwider wird in Fragen der Grabgestaltung nahezu ungebrochen die Betrachtung auf die allgemeine Handlungsfreiheit beschränkt. Speziellere Freiheitsgrundrechte oder allgemeine Verfassungsprinzipien werden allenfalls am Rande erwähnt, jedoch nur um deren Anwendbarkeit - ohne nähere Begründung - sogleich zu verneinen. Diese Beschränkung der rechtlichen Betrachtung mag ihren Grund zwar auch in einer nicht hinreichend vertieften Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik der friedhofsrechtlichen Materie haben. Die dem weiten Schutzbereich korrespondierende starke Betonung der Grundrechtsschranken stellt aber wohl eher den Grund für den voreiligen Rückgriff auf Art. 2 I GG dar. Die dem Nutzungsberechtigten von kommunaler Seite auferlegten Beschränkungen vermögen so eher gerecht-

121 Hierzu nur Schmidt- Jor tzig, Kommunalrecht, 1982, Rn. 626 f.; Vogelsang/Lübking/Jahn, Kommunale Selbstverwaltung, 1991, Rn. 341; Schröder, in: Achterberg / Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht II, 1992, Kapitel 5/1 Rn. 81; von Mutius, Kommunalrecht, 1996, Rn. 341. 122 Vgl. nur Bachof, DÖV 1956, 60; von Busse, Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Kirche, 1978, S. 287; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, S. 59. 123 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 402; Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 2 I Rn. 9. 4 Spranger

Teil 1 : Die Grundlagen einer Bewertung

50

fertigt zu werden als anhand des Maßstabes spezieller Freiheitsgewährleistungen. Demzufolge liegt einer der Schwerpunkte der folgenden Darlegungen auf dem Aspekt des Vorrangs des Gesetzes, insbesondere soweit es die Geltung der Grundrechte im Bereich der Grabgestaltung betrifft.

D. Die Abwägung als Kern der Satzunggebung Den Kern der Satzunggebung bildet die Abwägung 124 . Im Grundsatz lassen sich als Orientierungspunkte die zum Planungsermessen entwickelten Vorgaben und Strukturen auf den Bereich administrativer Selbstprogrammierung übertragen 125 . Danach hat sich der Satzunggeber bereits im Vorfeld der Abwägung von der zu regelnden Materie zunächst ausreichende Kenntnis zu verschaffen. Die an konkret situationsgebundene Raumpläne gestellten Anforderungen vermögen hierbei jedoch keinen allgemeinen Maßstab abzugeben126 . Im Rahmen des eigentlichen Abwägungsvorgangs müssen alle Umstände Berücksichtigung finden, die nach der Sachlage als entscheidungsrelevant erachtet werden müssen. Hierbei besteht die Pflicht zu unvoreingenommener, distanzierter Abwägung, die dem Gewicht der betroffenen Belange Rechnung zu tragen versucht 127 . Die jeweilige Gewichtung bestimmt sich primär nach der inhaltlichen Eingrenzung der Ermächtigungsgrundlage oder nach denjenigen Rechtssätzen, die in übriger Weise den von der Satzung in Bezug genommenen Sachverhalt regeln 128 . In Ermangelung einer explizit normierten Ermächtigungsgrundlage kommt im Fall der Gestaltungsvorschriften wiederum der möglichen Grundrechtstangierung eine tragende Rolle zu. Im diskretionären Bereich der Abwägung schließlich muß sich aufgrund der Unbestimmtheit denkbarer rechtlicher Maßstäbe, wie z.B. des Gleichheitssatzes, die Einschätzung des Satzunggebers bis zur durch das Willkürverbot gezogenen Grenze durchsetzen 129.

124

Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 48. Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefuge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 11 ff.; ders., in: Maunz/Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 19 IV Rn. 217; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, §66 Rn. 48. 126 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 IV Rn. 217; vgl. allgemein BVerfGE 50, 50 (51); BVerfGE 56, 298 (319). 127 So Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefuge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 11; Vogelsang/Lübking/Jahn, Kommunale Selbstverwaltung, 1991, Rn. 453 ff. 128 Vgl. Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefuge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 12. 129 Vgl. dazu insgesamt: Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 48. 125

2. Abschnitt: Allgemeine Grenzen kommunaler Satzunggebung

51

E. Die Berücksichtigung struktureller und sachverhaltsbezogener Besonderheiten Diese an die Strukturen des Planungsermessens anknüpfenden Gedanken stellen jedoch allenfalls eine Leitlinie dar und dürfen nicht von dem Erfordernis zu differenzierter Betrachtung entheben. Die in Hinblick auf ihre formellgesetzliche Rückkopplung und Eingriffintensität höchst unterschiedlichen Varianten administrativer Rechtssetzung können, gerade soweit es die Gestaltungsbefügnis betrifft, nicht über einen Kamm geschoren werden. Der gesetzliche Rahmen administrativer Selbstprogrammierung ist im Fall der Anbindung an Art. 80 GG ohne Zweifel enger gezogen als bei der allgemein verliehenen Satzungsbefugnis 130 . Eine Umkehrung erfährt dieses Bild nun wiederum in der Konstellation der einer Ermächtigungsgrundlage ermangelnden Eingriffssatzung. Auch das jeweilige über die zu prüfende Satzung ausgestaltete Rechtsverhältnis wirkt sich auf den Bereich der Abwägung aus. Der qualitative Unterschied zwischen einer Satzung, die das Benutzungsverhältnis einer Einrichtung regelt, deren Benutzung dem Bürger frei steht, und einer Satzung, die für eine Einrichtung mit Benutzungszwang ergeht, muß unmittelbare Auswirkungen auf den Abwägungsvorgang zeitigen. Gleiches gilt für die sich im Friedhofswesen zeigende Konstellation des kumulativen Auftretens von Benutzungszwang und zumindest faktischer Monopolstellung kommunaler Bestattungsplätze. Es handelt sich hierbei um eine am jeweiligen Regelungsbezug festzumachende und damit sachverhaltsbezogene Besonderheit. Eine Typologie der Abwägungskontrolle ist damit nicht möglich. Die Vielfalt administrativer Rechtssetzung in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen sperrt sich gegen die Gewinnung idealtypischer Abwägungsmaßstäbe durch Orientierung an einem bestimmten Regelungsmodell131.

F. Ergebnis Eine konkrete Kontrolle einzelner Gestaltungsvorschriften, bzw. bestimmter Regelungskomplexe innerhalb kommunaler Friedhofssatzungen, ist nach den vorstehenden Ausführungen nur eingeschränkt möglich. Soweit es an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage für den Satzunggeber zum Erlaß gestalterischer Klauseln fehlt, ist mit dieser Feststellung alleine noch nicht eine individuelle Bewertung einzelner Gestaltungsvorschriften vorgenommen. Auch

130 131

4*

Vgl. Schmidt-Aß mann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 IV Rn. 217. Herdegen, AöR 114 (1989), 607 (639).

52

Teil 1 : Grundlagen einer Bewertung

existieren nur wenige gesetzliche Vorgaben in Fragen der Grabgestaltung, welche eine Beachtung durch den Satzunggeber erfordern, und damit eine Überprüfimg der Satzunggebung ermöglichen würden. Die konkrete situationsgebundene Abwägung verschließt sich in einem Großteil der Fälle jeglicher Überprüfung anhand des textlichen Befundes der Friedhofssatzungen, so daß sich anhand dieses Maßstabs gestalterische Vorgaben ebenfalls nicht bemessen lassen. Die Aus- und Bewertung der in kommunalen Friedhofssatzungen enthaltenen Gestaltungsvorschriften verlagert sich daher schwerpunktmäßig auf die Frage der Beachtung des Gesetzesvorrangs durch den kommunalen Satzunggeber beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung.

Teil 2

Rechtliche Bewertung ausnahmslos geltender Grabgestaltungsvorschriften 1. Abschnitt

Die allgemeine Gestaltungsklausel Gegenstand der folgenden Ausführungen ist die allgemeine Gestaltungsvorschrift, die zu Recht auch als Generalklausel des Grabgestaltungsrechts tituliert worden ist 1 . Zwar weichen die satzungsrechtlichen Formulierungen mitunter im jeweiligen Einzelfall geringfügig voneinander ab, doch handelt es sich hierbei lediglich um semantische Erscheinungen. In der Sache wird stets festgelegt, daß jede Grabstätte so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen ist, daß der Friedhofszweck sowie die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. Negativ formuliert: alle diejenigen Grabgestaltungen können untersagt werden, die mit dem Friedhofszweck - bzw. der Würde des Friedhofs als Teilelement des erstgenannten - nicht vereinbar sind. Eine Untersuchung kommunaler Grabgestaltungsvorschriften hat notwendigerweise zunächst an dieser Generalklausel anzusetzen, weil sie denjenigen Bereich umreißt, welcher den auf allen Abteilungen des Friedhofs zu beachtenden Mindeststandard ausmacht. Die allgemeine Gestaltungsvorschrift gilt damit gleichermaßen für die Gestaltung von Reihen- oder Wahl-, Urnen- oder Erd-, Kinder- oder Erwachsenengrabstätten.

A. Die Grabgestaltung als Fall der freien Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 I GG Das Recht, über die Grabgestaltung zu entscheiden, ist nach heute absolut herrschender Auffassung Ausprägung des Art. 2 I GG 2 . Demzufolge beschrän1

So Gaedke, DFK 1989, 185 (186). LVG Köln, DÖV 1956, 58 (59); LVG Hannover, NJW 1956, 1372 (1373); VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (500); Bay VGH VGHE, 13, 52 (53 ff.); Kokott, Der Städtetag 1961, 82 (84); BVerwGE 17, 119 (120); OVG Rheinland-Pfalz, rpOVGE 10, 60 (61); BVerwG, Gemeindetag 1969, 32 (33); VGH Baden-Württemberg, BWVB1 1969, 74 = DVB1 1969, 44; OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (241); VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160); Hamann/Lenz , Das Grundgesetz, ^1970, Art. 2, Anm. B.3.e); Dolho2

54

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

ken sich die Ausführungen zu den verschiedensten Fragen der Grabgestaltung in aller Regel auf die Frage nach der Vereinbarkeit der jeweiligen Satzungsklausel mit dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit. Diese Handhabung durch die mittlerweile unbestrittene herrschende Meinung verwundert unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Art. 2 I GG grundsätzlich als „Auffanggrundrecht" verstanden wird. Ist also der Schutzbereich eines spezielleren Grundrechts eröffiiet, so besteht für die Anwendung der allgemeinen Handlungsfreiheit grundsätzlich kern Raum mehr. Insofern ist es bereits mehr als bedenklich, wenn sich in nahezu sämtlichen Urteilen und Abhandlungen zu den Problemen der Grabgestaltung der fast schon generalklauselartig anmutende Hinweis auf Art. 2 I GG findet, ohne daß vorher auch nur ansatzweise untersucht worden wäre, ob vielleicht ein spezielleres Freiheitsgrundrecht zur Anwendung gelangen müßte. Trotz dieser offenkundigen aufbautechnischen und grundrechtsdogmatischen Ungenauigkeit sollen jedoch auch die folgenden Untersuchungen zunächst am Grundrecht des Art. 2 I GG anknüpfen, da es - bevor ein eigener Lösungsansatz entwickelt werden kann - primär um die Auseinandersetzung mit der herrschenden friedhofsrechtlichen Auffassung geht. Am konkreten Fall des polierten schwedischen schwarzen Granits entzündete sich in den 50er Jahren ein Streit, der sich als grundsätzliche Auseinandersetzung um das Verständnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erwies. Als Reaktion auf die grundlegenden Äußerungen Bachofs 3 und die sich diesen anschließenden Entscheidungen mehrerer Gerichte 4 wurden verschiedene Ansätze entwickelt, die eine Anwendbarkeit des Art. 2 I GG - unabhängig von der soeben angesprochenen Spezialitätsproblematik - für den Bereich der Grabgestal-

fer, Der Bayerische Bürgermeister 1971, 189 (192); VG Darmstadt, Gemeindetag 1976, 78 (79); von Busse, Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Kirche, 1978, S. 294 f.; Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153); OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1983, 477; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 60; Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (47); Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 73; BVerwG, NvWZ 1987, 679; VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505; Sperling, ZevKR 33 (1988), 35 (46); BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 14; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 = NVwZ-RR 1990, 308; OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423 (424) = NVwZ-RR 1991, 253 (254); BVerwG, BayVBl 1991, 220; Sperling, DFK 1991, 32; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 187; VG Arnsberg, NVwZ 1993, 704 (705); BayVerfGH, BayVBl 1994, 590 (591); VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1994, 793 (794); VG Freiburg/Breisgau, DVB1 1994, 873; Gaedke, NVwZ 1995, 451; OVG Koblenz, NVwZ 1995, 510; Spranger, Das Bestattungsgewerbe 1997, 689; VGH BadenWürttemberg, DVB1 1997, 1278; Franz Otto, DFK 1997, 321; Gaedke, DFK 1997, 479; Spranger, ZfSH/SGB 1998, 95 (96). 3 Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 ff. 4 LVG Köln, DÖV 1956, 58 ff.; LVG Hannover, NJW 1956, 1372 f.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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tung verneinen. Zunächst ist daher der Frage nachzugehen, ob Art. 2 I GG grundsätzlich auf das Recht der Grabgestaltung anwendbar ist.

I. Die Ansicht Scheuners: Grabgestaltung als unwesentliche menschliche Betätigung Ursprünglich vertrat Scheuner5 bei der Bewertung eines individuellen Grabgestaltungsrechts die Position der Persönlichkeitskerntheorie 6. Zu den mit dem Kern einer Persönlichkeit zusammenhängenden Rechten kann man seiner Auffassung nach die Frage der unbedingten Durchsetzung individueller Wünsche in der Gestaltung des Grabmals Verstorbener nicht rechnen7. Später wies Scheuner darauf hin, daß, auch wenn man in Abweichung zur Persönlichkeitskerntheorie die äußere und die wirtschaftliche Aktivität des Menschen in den Schutzbereich des Art. 2 I GG miteinbeziehen will, es doch stets notwendig bleiben wird, unter „Entfaltung der Persönlichkeit" wesentliche und für die Lebensführung zentrale Anliegen der menschlichen Betätigung zu verstehen8. Vor diesem Hintergrund sei mit allem Nachdruck die Frage zu erheben, ob die Möglichkeit, jeder individuellen Willkür in der Wahl von Material, Form und Bearbeitung des Grabmals zu folgen, ein mit dem Kern der Persönlichkeit, der Menschenwürde, in Beziehung zu setzendes grundrechtliches Gut sei9. Das individuelle Nutzungsrecht solle Bestandteil der bestehenden Gesamtordnung sein. Die im Friedhofsrecht gebräuchliche Figur des „gebildeten Durchschnittsmenschen", über die ermittelt werden soll, welche Maßstäbe der Friedhofsträger an die Grabgestaltung stellen darf, stellt nach seiner Auffassung die nicht haltbare Übertragung einer Konstruktion aus dem Bau- und Naturschutzrecht auf das Friedhofsrecht dar. In diesen Bereichen gehe es um Beschränkungen des Eigentums, so daß dem amtlichen Handeln stärkere Grenzen gezogen seien. Anders zeige sich hingegen die Situation im Friedhofsrecht: da das Nutzungsrecht nur innerhalb der Ordnung der öffentlichen Anstalt zur Entstehung gelangt, sei es bereits seiner Natur nach begrenzt 10. Den Versuch, im Rahmen der Baugestaltung entwickelte Grundsätze auf dieses begrenzte Nut-

5

Scheuner, Die Gemeinde 1956, 75 (76). Vgl. hierzu Peters, Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, Köln und Opladen 1963, S. 47 ff. 7 Scheuner, Die Gemeinde 1956, 75 (76). 8 Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). 9 Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). Zustimmend Göb, Der Landkreis 1965, 390 (392). 10 Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5. Ebenso Göb, Der Landkreis 1965, 390 (392). 6

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

zungsrecht zu übertragen, wertet Scheuner als Eingriff der Rechtsprechung in den verfassungsrechtlich geschützten Bereich der autonomen Gestaltung11. Als weiteres Argument gegen eine Anwendbarkeit des Art. 2 I GG führt Scheuner die Menschenwürde ins Feld. Ein individuelles Recht auf Grabgestaltung hat seiner Ansicht nach zur Konsequenz, daß Art. 2 I GG über die Vorschrift des Art. 1 GG gesetzt werden würde, der in der Würde der Persönlichkeit auch den Schutz der ausgleichenden Ruhe und Würde der Begräbnisstätten sichern soll 12 . Schließlich sei in diesem Zusammenhang Art. 20 GG zu berücksichtigen, der soziale Beschränkungen zulasse13. Als letzten Aspekt bemüht Scheuner eine Art Gewohnheitsrecht der Kommunen. Kraft eines festen Herkommens seien die Friedhofsverwaltungen berechtigt, im öffentlichen Interesse der Erhaltung eines geschlossenen Gesamtbildes den Friedhofsbenutzern gewisse Beschränkungen bei der Aufstellung von Grabmalen aufzuerlegen 14. Die von Scheuner vorgetragene Auffassung stellt zunächst einmal eine Vermischung aufbautechnisch streng voneinander zu trennender Aspekte dar. Die Frage nach der Reichweite der freien Entfaltung der Persönlichkeit betrifft den Schutzbereich des Art. 2 I GG. Die kritisierte Figur des „gebildeten Durchschnittsmenschen" kommt hingegen erst bei der Bestimmung der von dem Satzunggeber im Rahmen der Gestaltungsregelung zu beachtenden Grenzen ins Spiel. Eines Eingehens auf den Durchschnittsmaßstab bedarf es überhaupt nicht, wenn man bereits die Schutzbereichseröffhung des Art. 2 I GG verneint. Scheuners Auseinandersetzung mit diesem Bereich hat also eher den Charakter eines Hilfsgutachtens, kann jedoch keine Rolle bei der grundsätzlichen Frage spielen, ob denn der Schutzbereich des Art. 2 I GG eröffnet ist. Zu der von Scheuner im Ergebnis bemühten und spätestens seit dem ElfesUrteil des BVerfG 15 überholten Persönlichkeitskerntheorie ist anzumerken, daß auch bei deren Befolgung der Schutzbereich des Art. 2 I GG eröffnet wäre. Wenn der Gesamtgestaltung des Friedhofs - wie von den Gegnern eines individuellen Gestaltungsrechts betont wird - eine derart immense Bedeutung zukommt, so ist nicht einzusehen, warum die individuelle Grabgestaltung als Bestandteil dieses Erscheinungsbildes lapidar die Persönlichkeit nur am Rande betreffen soll. Diese Sichtweise würde die Errichtung des Friedhofs zum Selbstzweck erheben und die Ehrung und das Andenken des einzelnen Verstorbenen

11 12 13 14 15

(280).

Scheuner, Die Gemeinde Scheuner, Die Gemeinde Scheuner, Die Gemeinde Scheuner, Die Gemeinde BVerfGE 6, 32 (36); vgl

1957, 5. 1956, 75. 1956, 75. 1956, 75 (76). im übrigen

v.Mangoldt,

AöR 75 (1949), 273

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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vollkommen vernachlässigen 16. Die Totenehrung, deren unmittelbarer Ausfluß die Gestaltung der Grabstätte ist, stellt sich vielmehr als einer der wesentlichen Aspekte der Persönlichkeit dar. Die im übrigen vorgebrachten Argumente gegen eine Anwendbarkeit des Art. 2 I GG vermögen ebensowenig zu überzeugen. Der Vergleich zwischen Grabnutzungsrecht einerseits und Reichweite des Art. 14 I GG im Baurecht andererseits ist bereits von Bachof 17 eingehend kritisiert worden: wenn schon der ohnehin fragwürdige Vergleich zwischen Baugestaltungs- und Grabgestaltungsrecht angestellt werden soll, so ist eine Gegenüberstellung von Eigentum und Nutzungsrecht vollkommen verfehlt. In Parallele zueinander müssen vielmehr Eigentum und Persönlichkeitsrecht gesetzt werden. In diesem Fall kann aber nicht mehr von einer etwaigen Geringwertigkeit des Art. 2 I GG die Rede sein, vor allem weil die Grabgestaltung nicht den Rand-, sondern den Kernbereich dieses Grundrechts betrifft. Ein weiterer - von Bachof in diesem Zusammenhang nicht angeführter Gesichtspunkt - betrifft die besondere Situation, innerhalb derer sich das Grabgestaltungsrecht überhaupt nur entfalten kann. Kommunale Friedhöfe dienen der Aufnahme der Verstorbenen, die bei ihrem Ableben Einwohner der Gemeinde gewesen sind. Die Bestattung Auswärtiger ist hingegen in der Regel nicht möglich. Zudem nehmen kommunale Bestattungsplätze eine zumindest faktische Monopolstellung ein. Da zusätzlich Friedhofszwang besteht, zeigt sich friedhofsrechtlich folgende Situation: der Bürger ist nahezu zwangsläufig den Grabgestaltungsvorschriften seiner Gemeinde ausgesetzt. Abgesehen davon, daß die Grabgestaltung in nahezu allen Kommunen gleichermaßen restriktiv gehandhabt wird, ist ein Ausweichen auf eine andere Gemeinde ohnehin nicht möglich, weil diese lediglich ihre eigenen Einwohner bestattet. Anders die Situation bei der Baugestaltung. Wenn diese Möglichkeit auch gegebenenfalls mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden ist, oder familiäre und persönliche Gründe entgegenstehen, so kann der Bauherr aber zumindest tatsächlich baugestalterischen Vorgaben in einem gewissen Umfang ausweichen, indem er das Haus an anderer Stelle errichtet, welche ihm die Durchsetzung seiner Vorstellungen erlaubt. Die Unausweichlichkeit des Friedhofsrechts zeigt sich folglich nicht im Recht der Baugestaltung. Ein Vergleich zwischen beiden Materien verfängt auch aus diesem Grund nicht. Auch die Annahme, daß das Nutzungsrecht aufgrund seiner Entstehung innerhalb der Ordnung einer öffentlichen Anstalt bereits der Natur nach beschränkt sei, vermag nichts an der generellen Eröffnung des Schutzbereiches 16 Insoweit muß der in BVerfGE 50, 256 (263) getroffenen Feststellung, Fragen der Bestattung Verstorbener berührten die Handlungsfreiheit des Einzelnen nur geringfügig, mit allem Nachdruck widersprochen werden. 17 Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 21 f.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

des Art. 2 I GG zu ändern. Auch kann die bloße Möglichkeit einer Kollision mit Art. 1 I GG nicht von vornherein den Ausschluß des möglicherweise kollidierenden Grundrechts bewirken. Ganz unabhängig davon muß bei konsequenter Vertretung dieses Ansatzes aber auch der Frage nachgegangen werden, inwieweit es überhaupt Aufgabe des kommunalen Satzunggebers sein kann, nun seinerseits dem Art. 1 I GG den einseitigen Vorrang gegenüber dem individuellen Gestaltungsrecht einzuräumen. So oder so erweist sich Art. 1 GG jedoch als vollkommen untauglich, in der von Scheuner vertretenen Art und Weise eine Beschränkung der Grabgestaltungsfreiheit zu bewirken. Menschenwürde kommt dem einzelnen Subjekt zu und schützt dieses vor staatlichen Eingriffen in den geschützten Bereich. Die Menschenwürde jedoch umgekehrt als staatliche Eingriffsermächtigung auszugestalten, stellt die Grundrechtsfunktion vollkommen auf den Kopf. Noch deutlicher wird diese Verkehrung bei Berücksichtigung des letztlich anvisierten Ziels. Danach soll Art. 1 I GG eine Vereinheitlichung der Grabgestaltung verlangen. Die Menschenwürde stellt jedoch gerade die Grenze staatlich verordneter Uniformierung zu Lasten des Individuums dar. Der Hinweis auf die Möglichkeit sozialer Beschränkungen durch Art. 20 I GG, und damit die im Ergebnis erstrebte unmittelbare Grundrechtseinschränkung durch das Sozialstaatsprinzip, steht im Widerspruch zum Demokratieprinzip. Das Sozialstaatsprinzip stellt dem Staat die Aufgabe, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen 18. Ihm kommt Bedeutung bei der Auslegung von Grundrechten und für die Auslegung und verfassungsrechtliche Bewertung von grundrechtseinschränkenden Gesetzen zu, nicht jedoch ist es in der Lage, ohne eine nähere Konkretisierung durch den Gesetzgeber Grundrechte unmittelbar zu beschränken19. Die Heranziehung eines kommunalen Gewohnheitsrechtes zur Gestaltungsregelung ist als Argument für eine Beschränkung des Grabgestaltungsrechts ebenso ungeeignet. Der Umstand alleine, daß die Kommunen Fragen der Grabgestaltung regeln dürfen, sagt noch nichts über die Weite des den Kommunen in diesem Fall zustehenden Spielraums aus. Zum anderen gibt es aufgrund der eindeutigen Regelung des Art. 1 I I I GG kein grundrechtsfreies Betätigungsfeld der kommunalen Rechtsetzung. Stützt sich die Kommune demnach auf Gewohnheitsrecht, kann sie sich selbstverständlich dennoch nicht über die Geltung der Grundrechte hinwegsetzen.

18 BVerfGE 5, 85 (198); BVerfGE 22, 180 (204); BVerfGE 27, 253 (283); BVerfGE 35, 202 (235 f.); BVerfGE 59, 231 (263); BayVerfGH, NVwZ 1997, 481 (485). 19 BVerfGE 52, 283 (298); BVerfGE 59, 231 (262 f.). Vgl. auch Voßkuhle, BayVBl 1995, 613 (619 f.).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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IL Die Ansicht Liermanns: Grundrechtseinschränkung durch das Anstaltsverhältnis Auch die Auffassung Liermanns kommt der Persönlichkeitskerntheorie sehr nahe. Die zu weitgehende Berücksichtigung des Individuums müsse durch eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Gemeinschaft kompensiert werden, so daß eine der Vernunft entsprechende mittlere Linie herauskomme 20. Der Grund für die „inflationistische" Inanspruchnahme des Art. 2 I GG ist nach Liermann in einer vollkommenen, unberechtigten Gleichsetzung von „Persönlichkeit" und „Person" zu erblicken. Die im Grundgesetz einzig erwähnte „Persönlichkeit" werde vielfach angewendet, um ein „Sichaustoben des Grundrechtsträgers" als „Person" zu ermöglichen 21. Dieser seiner Ansicht nach übermäßigen Ausweitung des Persönlichkeitsbegriffs will Liermann durch die Heranziehung verschiedener Aspekte entgegenwirken. Zum einen soll Berücksichtigung finden, daß es sich im vorliegenden Fall um ein besonderes Gewaltverhältnis in der Gestalt eines Anstaltsverhältnisses handele. Dies bewirke letztlich, daß die Individualrechte gemeinschafisbezogen und gemeinschaftgebunden sein müssten22. Bei der Frage, warum das Anstaltsverhältnis als besonderes Gewaltverhältnis in der Lage sei, Grundrechte einzuschränken, kommt Liermann zu dem Ergebnis, daß hier der Anstaltszweck ausschlaggebende Wirkung entfalte. Unter Anschluß an die Definition des Reichsgerichts 23 soll es sich beim Anstaltszweck um die Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung und die dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechenden würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks handeln. Den entscheidenden Aspekt dieser Definition erblickt er in der „würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks". Liermann unternimmt hier nicht den weit verbreiteten Versuch einer Trennung von Würde und Schönheit, sondern geht ganz im Gegenteil gerade davon aus, daß sich die Würde nicht restlos von der Ästhetik scheiden läßt 24 . Als Beweis aus dem Juristischen Raum" wird auf das dem katholischen Kirchenrecht entlehnte Beispiel verwiesen, wonach ein Weihekandidat so gestaltet sein muß, daß er das Meßopfer würdig feiern kann. Unästhetisch wirkende körperliche Mängel stellten somit ein Weihehindernis dar. Diese Verbindung des Würdigen mit dem

20 21 22 23 24

Liermann, Kulturarbeit Liermann, Kulturarbeit Liermann, Kulturarbeit RGZ 157, 255 ff. Liermann, Kulturarbeit

1958, 111 (114). 1958, 111 (114). 1958, 111 (115). 1958, 111 (115).

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Ästhetischen müsse auch im Friedhofsrecht gelten, so daß die unschöne Gestaltung des Friedhofes zwangsläufig auch die Würde beeinträchtige 25 . Die sich nun notgedrungen stellende Frage, nach welchen Maßstäben schöne von unschönen Gestaltungen geschieden werden sollen, betrachtet Liermann ebenfalls als gelöst. Das breite Durchschnittspublikum soll als Richtlinie ausscheiden, weil dieses keinen Geschmack besitze, sondern der Geschmack dem Durchschnittspublikum vielmehr vorgegeben werde. Als zweites Extrem, und damit ebenso ungeeignet, zeige sich das überfeinerte Ästhetentum in Geschmacksfragen. Zwischen diesen beiden Polen soll als geeigneter Maßstab die im Baurecht entwickelte Figur des „interessierten verständnisvollen Betrachters" liegen26. Speziell für den Streitfall der glänzend polierten Grabsteine führt Liermann hierzu wie folgt aus: „Er ist weder Banause noch hochgezüchteter Ästhet. Diesem interessierten, verständnisvollen Betrachter werden die schwarzen glänzenden Steine nicht gefallen. Er wird sie, wie die Sachverständigen übereinstimmend immer wieder betonen, aufgrund seiner Allgemeinbildung in Kunstfragen, die keineswegs einer künstlerischen oder kunstgeschichtlichen Ausbildung gleichzusetzen ist, spontan als unschön bezeichnen."27 Auf diesen Überlegungen aufbauend soll schließlich die von Walter Jellinek begründete Schutzwürdigkeitstheorie Berücksichtigung finden, wonach das Individualrecht den Belangen der Allgemeinheit in Konfliktfällen dann weichen muß, wenn seine Schutzwürdigkeit nicht mehr bejaht werden kann 28 . Wiederum am Beispiel des polierten schwedischen schwarzen Granits kommt Liermann zu dem Ergebnis, daß das Begehren, entgegen den Forderungen des guten Geschmacks unter allen Umständen einen solchen Grabstein aufstellen zu wollen, nicht schutzwürdig ist 29 . Dies zeige auch der Blick auf die Materie des Baurechts: die im Friedhofsrecht zur Debatte stehenden Fragen seien im Baurecht sämtlich eindeutig entschieden. Dies soll umso bemerkenswerter sein, als sich der Bauherr sogar auf 14 I GG berufen könne, wohingegen dem Grabmalsbesitzer lediglich ein über Art. 2 I GG geschütztes Nutzungsrecht zustehe30. Zu Unrecht geht Liermann davon aus, daß der Anstaltszweck per se in der Lage sei, die Wirkung der Grundrechte zu beschränken. Daß es sich bei besonderen Gewaltverhältnissen, respektive Sonderrechtsverhältnissen, nicht um grundrechtsfreie Räume handelt, wurde durch das BVerfG bereits im sogenannten Strafgefangenen-Beschluß 31 geklärt. Wenig geglückt ist auch der Vergleich 25 26 27 28 29 30 31

Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). Liermann,, Kulturarbeit 1958, 111 (116). Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (116). BVerfGE 33, 1 (11).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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zum kirchenrechtlichen Fall des würdigen Weihekandidaten. Zum einen ist das Bestattungswesen heute säkularisiert und nicht mehr bekenntnismäßig motiviert 32 , so daß sich das kommunale Friedhofswesen nicht an kirchenrechtlichen Beispielen auszurichten hat. Zum anderen verfängt gerade im Grabgestaltungsrecht jegliches Beispiel aus dem kirchlichen Bereich schon deswegen, weil die kirchlichen Friedhofsträger aufgrund der grundsätzlichen Wahlmöglichkeit der Gemeindemitglieder zwischen dem kirchlichen und dem Kommunalfriedhof keinen Beschränkungen in der Regelungstätigkeit zur Grabgestaltung unterworfensind 33 . Liermanns Ausführungen zum interessierten verständnisvollen Betrachter sind nicht nur juristisch unfündiert, sondern auch insoweit bezeichnend, als er offensichtlich seinen persönlichen Geschmack zum Maßstab erhebt. Offenkundig sind zudem die Probleme, die sich bei Anwendung der Figur eines „interessierten verständnisvollen Betrachters" ergeben. Dessen Anschauungen ermittelt Liermann schließlich anhand der Meinung der Sachverständigen, so daß die ganze Konstruktion ad absurdum geführt wird. Inwieweit der Vergleich zwischen Nutzungsrecht des Grabstellenerwerbers und Eigentumsfreiheit des Bauherrn fehlgeht, ist bereits dargelegt worden.

III Die Ansicht Fechners: die Gemeinschaftsgebundenheit der Grabgestaltung Die stärkste Betonung erfährt der gemeinschaftsbezogene Aspekt der Grabgestaltung bei Fechner. Der Friedhof diene der Totenehrung durch eine Vielzahl von Personen, und dieser Gesamtheit der Friedhofsbenutzer könne nicht durch eine bloße Abwehr störender Einflüße Genüge geschehen. Infolge des besonderen Anstaltszwecks sei der Anstaltsträger verpflichtet, einer erhöhten Anforderung nach gesamtplanerischer Gestaltung nachzukommen34. Auch Fechner bemüht ein kirchliches Beispiel als Beleg für die Notwendigkeit, den Nutzungsberechtigten kein Gestaltungsrecht einzuräumen: „Niemand würde auf den Gedanken kommen, dem Einzelnen ohne Rücksicht auf den Gesamtcharakter einer Kirche das Recht auf freie Gestaltung seines Kirchenstuhles einzuräumen. Es ist nicht einzusehen, warum die Andachtsstätte des Friedhofs unter anderen Gesichtpunkten betrachtet werden soll." 35

32

BVerwGE 45, 224 (228). Etwas anderes gilt einzig im Fall des kirchlichen Monopolfriedhofes, vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 190 f. 34 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (2 und 9 f.); ders., Erwiderung, S. 69. 35 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (3). 33

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Als verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt seiner Meinung zieht Fechner das Sozialstaatsprinzip heran. Alle Angelegenheiten, die die Gesamtheit oder Gruppen innerhalb des Ganzen angehen, würden eine Betrachtung unter diesem Grundsatz fordern 36. Bei vornehmlich die Einzelperson betreffenden Angelegenheiten sei zuerst auf das individualistisch ausgelegte Rechtsstaatsprinzip zu achten. Hingegen sei vom Sozialstaatsprinzip auszugehen, sofern das in Frage stehende Verhältnis die Gesamtheit oder Teile derselben betreffe. Das dem einzelnen an der Grabstelle zustehende Gestaltungsrecht betrachtet Fechner als „verfehlt". Wenn wiederholt darauf hingewiesen worden sei, daß das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit seine Grenze in der verfassungsmäßigen Ordnung finde, so lasse diese Bemerkung außer Acht, daß diese Ordnung das Sozialstaatsprinzip verfassungsmäßig miteinschließe37. Die Sozialstaatserklärung soll den Behörden ein positives Handeln abverlangen. Dieses bestehe im Fall der Grabgestaltung in einer dem Anstaltszweck entsprechenden Gestaltung des Friedhofs als einer Stätte der Totenehrung, der inneren Sammlung und der Andacht 38 . Eine Beschränkung der Behörden auf die bloße Gefahrenabwehr betrachtet Fechner als -überholten - Ausfluß liberalistischen Denkens 39 . Als Konsequenz soll der Nutzungsberechtigte nicht nur kein Recht auf eine individuelle Grabgestaltung, sondern über die Einpassung an den einheitlichen Stil der Gesamtanlage hinaus die Verpflichtung haben, als Glied der Gemeinschaft der Friedhofsbenutzer positiv im Rahmen des Zumutbaren mitzuwirken, um den Anstaltszweck zu fördern 40. In der Bindung erlange die Persönlichkeit ihre Würde 41 . Zwar soll die Regelungsbefugnis des Anstaltsträgers durch das zur Erreichung des Anstaltszwecks Notwendige begrenzt sein, doch müsse der Anstaltszweck grundlegend anders definiert werden. Der Friedhof soll nicht nur der Leichenbestattung und individuellen Gestaltungswünschen dienen, sondern dem Gedenken an die Toten. Infolgedessen sei eine Gesamtgestaltung des Friedhofs als Andachtsstätte erforderlich, weshalb die Möglichkeit individueller, sich nicht dem Gesamtzweck einordnender Grabgestaltung ausscheide42. Ebenso wie Liermann sieht auch Fechner „Schönheit" und „Würde" eines Friedhofs als untrennbare Bestandteile des Friedhofszwecks an. Weiterhin stimmt er mit diesem darin überein, daß es sich bei der Figur der „Durchschnittsauffassung" um eine reine Fiktion handelt. Der Durchschnitts-

36 37 38 39 40 41 42

Fechner, Fechner, Fechner, Fechner, Fechner, Fechner, Fechner,

Friedhof und Denkmal Friedhof und Denkmal Friedhof und Denkmal Friedhof und Denkmal Friedhof und Denkmal Erwiderung, S. 74. Friedhof und Denkmal

1958, 1 (3 ff.); ders., Erwiderung, S. 74. 1958, 1 (3). 1958, 1 (4). 1958, 1 (4 und 5). 1958,1 (6). 1958, 1 (6 f.); ders., Erwiderung, S. 77.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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grundsatz habe seinen Ursprung im Bereich der Rechtsmoral. Auch dort sei schon erkannt worden, daß diese Formel bereits Wertentscheidungen desjenigen voraussetzt, der sie anwendet43. Als vollkommen unbrauchbar erweist sich die Formel laut Fechner auf dem Gebiet der Sachfragen. Da sich ästhetische Fragen konkret immer nur an Sachen erweisen, enthielten diese weitgehend sachgebundene Entscheidungen. Dies habe zur Folge, daß auch bei der Beantwortung ästhetischer Fragen der Maßstab der sogenannten Durchschnittsauffassung nicht angelegt werden könne. Anwendbar sei diese Konstruktion allenfalls in negativer Hinsicht, also bei der bloßen Abwehr geschmacklicher Ärgernisse. Anders als Liermann, der den interessierten verständnisvollen Betrachter heranzieht, traut Fechner jedoch die positive Ermittlung der richtigen Lösung eines ästhetischen Problems einzig und alleine den Sachverständigen zu 44 . Die Stärke der dem Friedhofsträger zustehenden Eingriffsmöglichkeit soll schließlich in Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht im sogenannten Apotheken-Urteil 45 zu Art. 12 I GG entwickelten Stufenlehre ermittelt werden. Das Verbot, den Friedhof zum Zwecke der Totenehrung zu betreten und das Grab zu schmücken, erachtet er demnach als Verletzung des Totenehrungsrechtes als solches, wohingegen Regelungen in Bezug auf die Art der Ausschmükkung das Recht auf Totenehrung nicht im Kern berührten. Je mehr es sich um die bloße Art und Weise handele, wie das Recht auf Totenehrung ausgeübt wird, um so stärker werde die Eingriffsmöglichkeit 46 . Bereits die Prämisse der Überlegungen Fechners kann nicht unreflektiert übernommen werden. Auch wenn davon ausgegangen wird, daß es sich bei der Bestattung Verstorbener um eine Materie mit starkem sozialen Bezug handelt 47, so vermag diese Feststellung alleine dem Gemeinschaftsgedanken aber noch nicht den Vorrang gegenüber den Individualinteressen einzuräumen. Dem für den Fall seines Todes Vorsorge Treffenden und den jeweiligen Angehörigen geht es im Gegenteil wohl unstreitig primär um die individuelle Situation48. Die Vorstellung, der Nutzungsberechtigte denke bei der Gestaltung des Grabes seines verstorbenen Angehörigen vor allem an die Ehrung aller anderen auf dem Friedhof Bestatteten, ist vielmehr gekünstelt und vollkommen wirklichkeitsfremd. Daß die Sozialstaatsklausel aus Art. 20 I GG nicht in der Lage ist, die Grundrechtsausübung unmittelbar zu beschränken, wurde bereits dargelegt.

43 44 45 46 47 48

Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (8). Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (9); ders., Erwiderung, S. 71. BVerfGE 7, 377 ff. Fechner, Erwiderung, S. 75 f. Vgl. BVerfGE 50, 256 (263). So auch Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 6.

Teil : Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Daß der kommunale Satzunggeber hinsichtlich der Behandlung von Normunterworfenen, die Nutzer einer mit Benutzungszwang versehenen, eine Monopolstellung innehabenden Anstalt sind, stärkeren Bindungen unterworfen ist als eine Glaubensgemeinschaft bei der Behandlung ihrer Mitglieder, liegt offen zu Tage. Ob also ein Anspruch auf individuelle Gestaltung des Kirchenstuhls besteht oder nicht, ist vollkommen irrelevant für die Beurteilung der kommunalen Grabgestaltungsvorschriften. Dieser Vergleich ist vielmehr ein weiteres Beispiel für die mitunter mehr als zweifelhafte Argumentation in Fragen der Grabgestaltung. Die unmittelbare Anwendung der Stufenlehre auf das Persönlichkeitsrecht stellt eine unzulässige Schrankenübertragung dar, die allenfalls für den Bereich schrankenloser Grundrechte diskutiert wird, aber im Ergebnis auch dort jeglicher Berechtigung entbehrt. Zudem ist die besondere Situation des Art. 12 I GG, in dessen Anwendungsbereich es um die Verfolgung wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Ziele unter Einräumung eines weiten Prognosespielraums für den Gesetzgeber geht, nicht annähernd auf die Grabgestaltung als Akt der persönlichen Totenehrung und des individuellen Andenkens übertragbar. Um eine Fehlbewertung wesentlicher Grundprinzipien des Verfassungsrechts handelt es sich auch bei der Behauptung, die Persönlichkeit erlange ihre Würde in der Bindung. Liegt eine Verletzung der Würde unzweifelhaft noch nicht in jeder Beeinträchtigung des Individuums durch den Staat, so kann andererseits keinesfalls behauptet werden, daß die staatliche Bindung und Beschränkung des Individuums in irgendeiner Konstellation Voraussetzung für die Würde dieses Menschen ist. Dem Nutzungsberechtigten kann nicht das Recht auf Grabgestaltung mit dem Hinweis darauf abgesprochen werden, daß diese Verweigerung seiner Würde zugutekomme.

IV. Ergebnis Die verschiedenen Versuche, einer Anwendbarkeit des Art. 2 I GG das Wort zu reden, erweisen sich sämtlich als untauglich. Auch bei Befolgung der Persönlichkeitskerntheorie ist der Schutzbereich des Art. 2 I GG für die Nutzungsberechtigten an der Grabstelle eröffnet. V. Grundlagen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung die Friedhofssatzung als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung Jede Regulierung der Grabgestaltung stellt grundsätzlich einen Eingriff in das Gestaltungsrecht dar. Dieser Eingriff soll nach allgemeiner Auffassung dann

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

gerechtfertigt sein, wenn durch die fragliche Regelung der Anstaltszweck nicht überschritten wird 49 . Diese Formulierung ist indes sachlich unkorrekt. Der Anstaltszweck als solcher kann nicht als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne der Schrankentrias erachtet werden. In der weiten Auslegung, die sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfahren hat, erfaßt die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung alle formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehenden Normen 50 . Lediglich der Friedhofssatzung als solcher kann diese Qualität zukommen, und deren Einordnung als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung - oder anders ausgedrückt: ihre Verfassungsmäßigkeit - bestimmt sich nun wiederum danach, ob sie sich im Rahmen des Anstaltszwecks hält oder nicht. Letztlich kommt es somit doch allerdings nur mittelbar - auf den Anstaltszweck an 51 , so daß Regelungen untersagt sind, die der Verfolgung anstaltsfremder oder anstaltswidriger Zwecke dienen sollen 52 , da in diesem Fall die Satzung nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung ist.

1. Zum Grad der Zweckdienlichkeit kommunaler Grabgestaltungsklauseln Im Rahmen der Zweckdienlichkeit kommunaler Grabgestaltungsvorschriften fragt sich, ob die vom Friedhofsträger erstrebten Regelungen unter dem Vorbehalt stehen, daß sie zur Erreichung des Friedhofszwecks notwendig sein müssen oder ob vielmehr auch diejenigen Bestimmungen als zulässig erachtet werden sollen, die sich lediglich als der Erreichung des Friedhofszwecks förderlich erweisen. Fechner 53 will dem Friedhofsträger - vornehmlich unter Berufung auf den Gemeinschaftscharakter des Friedhofs - die Regelungsbefugnis auch für dem Friedhofszweck bloß förderliche Beschränkungen zugestehen. Auch Bachof will dem Anstaltszweck lediglich förderliche Regelungen unter Einräumung eines gewissen Ermessensspielraums für den Anstaltsträger zulassen54, schränkt die Zulässigkeit freiheitsbeschränkender Regelungen aber auf das zur Erreichung des Anstaltszwecks notwendige ein, sofern es sich um einen Fried49 Vgl. nur BVerwGE 17, 119 (121); VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 186. 50 Vgl. BVerfGE 6, 32 (37 f.); BVerfGE 9, 3 (11); BVerfGE 19, 253 (257); BVerfGE 63, 88 (108 f.); BVerfGE 80, 137 (153). 51 Fundiert hierzu die Ausführungen des VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 f., und des Bay VGH, BayVBl 1991, 205 (206). 52 BGH, NJW 1956, 548 (549); BVerwGE 7, 125 (137); Kokott, Der Städtetag 1961, 82 (83); VG Freiburg, BWVB1 1963, 189 (190); BayVGH, VGHE 21, 47 (49); VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160); BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8; Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 41 Rn. 13. 53 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 ff. 54 Bachof, Rechtsgutachten, S. 13. 5 Spranger

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

hof mit rechtlicher oder tatsächlicher Monopolstellung handelt55. Die Rechtsprechung erweist sich unter Ermangelung einer expliziten Auseinandersetzung mit diesem Punkt als uneinheitlich. Mitunter wird von der Zulässigkeit derjenigen Gestaltungsvorschriften ausgegangen, die zur Sicherstellung der Würde des Ortes erforderlich sind 56 , teilweise wird lediglich auf die Geeignetheit zur Vermeidung störender Einflüsse 57 oder allgemein auf die Zweckmäßigkeit der getroffenen Regelungen58 abgestellt. Regelt der kommunale Satzunggeber einen in seinen Aufgabenbereich fallenden Aspekt, so ist er zwar an die gesetzlichen Vorgaben gebunden, kann aber den zu regelnden Komplex im Rahmen dieser Vorgaben nach eigenen Vorstellungen schöpferisch ordnen und gestalten59. Stellt man somit einzig auf die Wahrung exekutiver Ermessensspielräume ab, so muß die Gestaltungsvorschrift nicht notwendig zur Erreichung des Friedhofszwecks sein. Vielmehr steht es dem Satzunggeber grundsätzlich frei, auch solche Gestaltungsvorschriften in die Friedhofssatzung aufzunehmen, die dem Friedhofszweck bloß förderlich sind. Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen muß aber sein, daß für die kommunalen Friedhöfe rechtlicher oder tatsächlicher Benutzungszwang besteht. Zudem nehmen die Kommunalfriedhöfe eine zumindest faktische Monopolstellung ein. Praktisch kann der seinen Bestattungsanspruch wahrnehmende und zur Grabgestaltung berechtigte Bürger seine Wünsche und Vorstellungen damit ausschließlich im Rahmen des Benutzungsverhältnisses und unter Geltung der jeweiligen Benutzungsordnung umsetzen. Vor diesem Hintergrund ist es unbillig, den Nutzungsberechtigten den gestalterischen Gehversuchen der Kommune auszusetzen. Bereits dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, den Nutzungsberechtigten nur diejenigen Beschränkungen ihrer Gestaltungsfreiheit aufzuerlegen, die zur Erreichung des Anstaltszwecks absolut notwendig sind. Dies muß umso mehr für die Bundesländer gelten, in denen es an einer nach Inhalt, Zweck und Ausmaß umschriebenen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt 60 . Sämtliche Gestaltungsvorschriften müssen daher erforderlich sein, um den Anstaltszweck zu verwirklichen.

55

Bachof, Rechtsgutachten, S. 14. BayVGH, BayVBl 1991, 205 (206). 57 VGH Baden-Württemberg, BWVB1 1969, 74 f. In dieselbe Richtung gehen die Ausführungen des Bay VGH, VGHE 13, 52 (57), der Vorschriften für zulässig hält, „mit denen sonstwie vermieden werden soll, was nach Form, Stoff, usw. aufdringlich wirkt, was unruhig oder effektheischend oder sonstwie geeignet ist, Ärgernis zu erregen und den Grabbesucher im Totengedenken zu stören." 58 VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160). 59 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg), HStR III, 1988, § 66 Rn. 47. 60 Vgl. hierzu VGH München, DVB1 1960, 528 (529); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 187. 56

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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2. Der Friedhofszweck Entscheidende Bedeutung kommt demnach der Bestimmung und inhaltlichen Reichweite des Anstaltszwecks zu. Richtungsweisend in dieser Frage wurde eine Entscheidung des Reichsgerichts vom 25.04.193861. Hiernach besteht die Zweckbestimmung der Friedhöfe „in der Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung und in der dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechenden würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks" 62. Dieser Definition schließen sich Literatur und Rechtsprechung einhellig an 63 . Zumindest dem Wortlaut nach abweichende Definitionen des Friedhofszwecks finden sich auf landesrechtlicher Ebene. Nach Art. 8 I des bayerischen Bestattungsgesetzes sind Friedhöfe den Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ihres Andenkens gewidmet. Nach § 2 I 2 des Gesetzes über die landeseigenen Friedhöfe Berlins ermöglichen Friedhöfe die Ehrung der Toten und die Pflege des Andenkens. In Hessen hingegen bestimmt § 3 I des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen, daß Friedhöfe der Bestattung und der Pflege der Gräber im Andenken an die Verstorbenen dienen. Eine Neubestimmung in der Sache wird durch diese Definitionen aber nicht erreicht. Zum Kernbestand des Friedhofszwecks gehört weiter die angemessene und geordnete Leichenbestattung sowie eine dem Gedanken an die Verstorbenen entsprechende würdige Gestaltung der Grabstätten 64. Unabhängig von der jeweiligen landesrechtlichen Formulierung wird in der Sache weiterhin - und sei es auch nur, um die gesetzliche Vorschrift näher einzugrenzen - uneingeschränkt die Definition des Reichsgerichts herangezogen. Bei Zugrundelegung der allgemeinen Definition des Friedhofszwecks erlangt die Frage besondere Bedeutung, ob der Begriff der Würde von dem der Schön-

61

RGZ 157, 246 ff. RGZ 157, 246 (255). 63 Vgl. nur OLG München, DVB1 1952, 529 (531); Bachof, Rechtsgutachten, S. 13 und 19; LVG Köln, DÖV 1956, 59 ff.; Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (115); BayVGH, VGHE 13, 52 (56); OVG Münster, DÖV 1967, 170 (171); Rüttgers, VR 1979, 304 (305); Battis , Gewerbearchiv 1982, 145 (146); Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 19; Gaedke, in: Staatslexikon (hrsg. von der GörresGesellschaft), Zweiter Band, 71986, Sp. 761; Franz Otto, DFK 1990, 90; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 18; Diefenbach, Friedhof und Denkmal 1992, 84 (85). 64 So der VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 f. Interessanterweise stellt der VGH in dieser Entscheidung zunächst klar, daß § 3 I HessFriedhofsG die Festlegung des Friedhofszwecks in normativ verbindlicher Weise vorgebe, im unmittelbaren Anschluß bedient er sich dann jedoch wieder - ohne dies klarzustellen - der im Wortlaut abweichenden althergebrachten Definition des Reichsgerichts. 62

5*

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

heit zu trennen ist 65 . Bei klarer Trennung der Schönheit als ästhetischem Begriff von der Würde als sittlichem Maßstab66 ergibt sich anscheinend eine Beschränkung des Anstaltsträgers. Die Regelungsbefugnis des Anstaltsträgers erscheint umgekehrt gleichsam weiter, wenn man Würde und Schönheit als untrennbare Komponenten eines übergeordneten Ganzen wertet 67 , so daß der Anstaltsträger auch ästhetische Anschauungen zum allgemein verbindlichen Maßstab erheben darf. Diese theoretisch bedeutsame Unterscheidung findet in der friedhofsrechtlichen Judikatur seit der durchgehenden Anwendung des Zwei-Felder-Systems keine Berücksichtigung mehr. Fragen der „Schönheit", also der Ästhetik, dürfen demnach ausschließlich auf Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ein Motiv des Satzunggebers sein 68 , da der Nutzungsberechtigte in diesem Fall den ästhetischen Anschauungen des Friedhofsträgers durch ein Ausweichen auf Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften entgehen kann. Allgemeine Gestaltungsvorschriften haben sich hingegen einzig an der Würde als relevantem Maßstab zu orientieren. Dennoch läßt sich diese theoretisch klare Trennung der Rechtsprechung in der Praxis nicht stringent durchführen, da die Frage nach der Würde einer Grabgestaltung letztlich zumindest auch danach beantwortet wird, ob diese schön oder unschön wirkt. Demgemäß ermittelt die herrschende Meinung die Würde einer Grabgestaltung auch anhand ästhetischer Durchschnittsauffassungen 69 . Gegenseitige Berührungen und Beeinflussungen der Begriffe lassen sich nicht ausschließen70. Im Ergebnis macht es auch keinen Unterschied, ob die Begriffe synonym verwendet werden. In der Sache geht es stets um die äußere Erscheinung einer Grabstätte. Entscheidende Bedeutung kommt ausschließlich der Frage zu, wessen Vorstellungen von Würde oder Schönheit den Ausschlag für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Grabgestaltung geben sollen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Klarheit geschaffen, als der Friedhofsträger seine eigenen Anschauungen von Würde oder Schönheit nur in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zum entscheidenden Maßstab erheben darf. Wenn durchgehend versucht wird, den Begriff der Schönheit in der gestaltungsrechtlichen Diskussion zu umgehen, dann ausschließlich wegen des emphatischen Charakters des Würde-Begriffs. Bei dem für die Frage der Grabgestaltung wesentlichen Aspekt des Friedhofszwecks handelt es sich um die „würdige Ausgestaltung und Ausstattung des 65

Vgl. zu diesem Streit einerseits Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (7); ders., Erwiderung, S. 68 f.; und andererseits Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 15. 66 So verfährt Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 15. 67 Vgl. Fechner, Friedhof und Denkmal 1958,1 (7); ders., Erwiderung, S. 68 f. 68 St. Rspr. seit BVerwGE 17, 119(121). 69 Hierzu im folgenden. 70 So auch Bay VGH, VGHE 13, 52 (59).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks" 71. Regelungsbefugnis steht dem Friedhofsträger also auch auf Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften insoweit zu, als die Beschränkungen der Wahrung der Würde des Friedhofs oder seiner einzelnen Teile zu dienen bestimmt sind. Dabei soll der Friedhofsträger durch das Erfordernis der würdigen Ausgestaltung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks auch gehalten sein, auf den gewollten Gesamtcharakter des Bestattungsplatzes hinzuwirken 72 und damit solche Grabgestaltungen zu verhindern, die andere Friedhofsbesucher in ihrer Andacht stören könnten73. Aus diesem Umstand erklärt sich die in vielen Friedhofssatzungen zu findende Bestimmung, wonach sich die Grabgestaltung in den Charakter des Friedhofs und seiner Teile einzufügen hat. Die Gestaltung eines Grabdenkmals, die sich nicht in die Umgebung einfügt, verstößt daher nach herrschender Meinung gegen die Würde des Friedhofs und kann durch die Friedhofsverwaltung ausnahmslos auf allen Teilen des Friedhofs untersagt werden.

a) Kriterien

zur Ermittlung würdiger

Grabgestaltung

Ist somit die Grundlage bestimmt, anhand derer eine Grabgestaltung untersagt werden darf, so fehlt es dennoch an einer näheren Eingrenzung der Merkmale, die ihrerseits die Würde einer Grabgestaltung und damit deren Zulässigkeit definieren. Anhand welcher Kriterien der Aspekt der Würde zu ermitteln ist, entscheidet letztlich über die Reichweite der Regelungsbefugnis des Satzunggebers auf dem Gebiet der Grabgestaltung und gehört demgemäß zu den im Detail umstrittensten Fragen des Friedhofsrechts.

aa) Der gebildete Durchschnittsmensch und seine „Verwandten" Zur Klärung der Frage, was auf dem Friedhof als störend und damit die Würde des Ortes beeinträchtigend angesehen werden könnte, stellte erstmals

71

Nicht entscheidend ist der Aspekt der Würde nur insoweit, als gestalterische Aspekte ausnahmsweise durch die angemessene und geordnete Leichenbestattung betroffen sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn aufgrund der Bodenbeschaffenheit ein Verbot von Grababdeckplatten zur Erreichung einer ordnungsgemäßen Verwesung notwendig ist. 72 Schultz, Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht, XXV. (1915/16), 369 (381); RGZ 157, 246 (255); Bay VGH, VGHE 13, 52 (56); Fechner, Erwiderung, S. 70; Göb, Der Landkreis 1965, 390 (391); Gaedke, Der Landkreis 1981, 687 f. 73 BVerwGE 17, 119 (121); VG Arnsberg, NVwZ 1993, 704 (705); vgl. auch Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 15; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 187 f.

0

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Bachof 74 auf das aus dem Bereich des Baurechts stammende Kriterium durchschnittlicher Ansichten ab. Allerdings findet sich schon bei ihm keine einheitliche Anwendung dieser Terminologie, da zum einen von den „Durchschnittsauffassungen der Allgemeinheit" 75 oder auch einfach nur dem „Durchschnittsempfinden" 76, zum anderen von „der durchschnittlichen Auffassung der Mehrheit der Grabstelleninhaber" 77 oder der „Mehrzahl der Friedhofsbesucher" 78 die Rede ist. Dennoch stellt heute die absolut herrschende Meinung auf das Durchschnittskriterium als wesentlichen Maßstab für die Ermittlung einer unwürdigen Grabgestaltung ab. Zu einer Eingrenzung der terminologischen Vielfalt hat dieser Umstand allerdings nicht beigetragen. Als weitere Varianten finden sich daher in Rechtsprechung und Literatur das durchschnittliche Empfinden der Bevölkerung 79 , der Durchschnittsmensch im Sinne der überwiegenden Mehrheit der Friedhofsbenutzer, wobei dieser Durchschnittsmensch den Problemen der Friedhofsgestaltung aufgeschlossen gegenüberstehen muß 80 , der Durchschnittsmensch, verstanden als der für ästhetische Eindrücke offene Betrachter 81, das durchschnittliche Empfinden der Friedhofsbenutzer 82, das ästhetische Durchschnittsempfinden 83, der gebildete Durchschnittsmensch 84, der für ästhetische Eindrücke offene Besucher 85, der erhebliche Teil der Friedhofsbesucher 86 und schließlich der gebildete, für neuartige ästhetische Eindrücke offene Betrachter, der auf dem Friedhof das Andenken Verstorbener pflegen will 8 7 .

74 Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (87 f.); ders., Rechtsgutachten, S. 23 f.; ders., Anmerkung, DÖV 1956, 60; ders., Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 16 f. 75 Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (87). Diese Terminologie findet sich auch bei Klöpping, DFK 1994, 60 (62). 76 Bachof AöR 78 (1952/53), 82 (87 f.); so im übrigen auch Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 188. 77 Bachof, Rechtsgutachten, S. 33. 78 Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 17. 79 Engelhardt, HdbStKirchR II, S. 796. 80 Gaedke, Der Landkreis 1981, 687 f.; ders., in: Staatslexikon (hrsg. von der GörresGesellschaft), Zweiter Band,71986, Sp. 763. 81 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 60; VGH BadenWürttemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). Decher, DFK 1986, 254, stellt schlicht auf das „ästhetische Durchschnittsempfinden" ab. 82 LVG Köln, DÖV 1956, 58 (59); VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (500); VG Darmstadt, Gemeindetag 1976, 78 (79). 83 Decher, DFK 1986, 254. 84 Sperling, DFK 1986, 33; ders., ZevKR 33 (1988), 35 (46); VGH Kassel, NVwZRR 1989, 505 (506); Franz Otto, DFK 1990, 90. 85 Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 9. 86 VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160). 87 VG Arnsberg, NVwZ 1993, 704 (705).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

1

(1) Kritik am Durchschnittsmaßstab zur Ermittlung würdevoller Grabgestaltung Bedenken gegenüber einem wie auch immer genauer definierten Durchschnittsempfinden als Maßstab der Friedhofsgestaltung sind bereits sehr frühzeitig 88 unter dem Gesichtspunkt seiner Übertragung aus dem Baurecht erhoben worden. Die mangelnde Vergleichbarkeit der bauordnungsrechtlichen Situation mit dem friedhofsrechtlichen Grabgestaltungsrecht ist bereits dargelegt worden 89 , so daß auf diesen Punkt nicht nochmals eingegangen werden muß. Die Kritik hat aber nicht nur an der mangelnden Übetragbarkeit aus dem Baurecht, sondern darüber hinaus an der uneinheitlichen Anwendung des Durchschnittsmaßstabes im Bereich des Friedhofsrechts anzusetzen. Gerade im Kern selbst, in der Maßstäblichkeit des Maßstabes also, herrscht eine heillose Verwirrung 90 . Die Frage, an welche Gruppe zur Ermittlung des Durchschnittsempfindens angeknüpft werden soll, ist keineswegs nur akademischer Natur, sondern zeitigt wesentlich verschiedene Folgen. Die Relevanz dieses Aspektes scheint in Anbetracht des leichtfertigen Umgangs mit den Begrifflichkeiten in diesem Bereich oftmals nicht bewußt zu sein. Bereits die Entscheidung darüber, ob man die Menschen, die Bevölkerung, die Besucher oder die Benutzer 91 zur relevanten Gruppe erklärt, aus deren Ansichten der Durchschnitt ermittelt werden soll, vermag wesentliche Unterschiede im Ergebnis zu zeitigen. Soweit auf das Durchschnittsempfinden der Friedhofsbesucher abgestellt wird, kommt es damit für Fragen der Grabgestaltung auch auf den Geschmack von Spaziergängern an. Zum Kreis der Friedhofsbesucher gehören nämlich auch alle diejenigen Personen, die den Friedhof in seiner bauplanungsrechtlichen Funktion als Grünfläche im Sinne der §§ 5 I I Nr.5, § 9 I Nr. 15 BBauG nutzen wollen 92 . Die ästhetischen Anschauungen desjenigen, der gegebenenfalls überhaupt keine Beziehung zu dem betreffenden Friedhof aufweist, weil er selbst aus einer ganz anderen Gemeinde stammt und zudem kein Grab eines Angehörigen auf diesem Friedhof zu pflegen hat, der also nur aus Gründen der Erholung den Friedhof betritt, um dem Lärm der Stadt zu entfliehen, und der sich folglich auch kaum Gedanken um Fragen einer würdevollen Grabgestaltung machen wird, sollen

88

Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5; vgl. ferner Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 17; Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (10). Dazu im einzelnen oben, Teil 2, 1. Abschnitt, A. I.-IV. 89 Vgl. oben, Teil 2, 1. Abschnitt, Α. I. 90 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (10); ders. Erwiderung, S. 72. 91 Bedenken gegen die ausschließliche Relevanz der Ansichten der Benutzer finden sich bei LVG Hannover, NJW 1956, 1372 (1373) (im Ergebnis jedoch offengelassen). 92 Vgl. Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146).

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

mitentscheidend sein fur die Grabgestaltung desjenigen, dem ein Nutzungsrecht auf dem Friedhof zusteht ? Diese Einschätzung würde nicht nur die Bedeutung und den Stellenwert des Rechts auf Grabgestaltung verkennen, sondern zugleich auf eine Nivellierung regionaler Besonderheiten hinwirken. Man denke nur an einen Friedhof, auf dem sich das Grab eines Prominenten befindet, und der deshalb Anziehungspunkt für eine große Anzahl von Touristen ist 93 . Diese zählen zweifelsohne zum Kreis der Friedhofsbesucher, so daß deren Geschmack folglich auch Bedeutung für die Grabgestaltung hätte. Die gleichen Bedenken müssen gegenüber dem Kriterium des für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters erhoben werden. Der Begriff des Betrachters ist sogar noch weiter gefaßt als der des Besuchers. Betrachter kann auch derjenige sein, der den Friedhof überhaupt gar nicht betritt, sondern von außerhalb, beispielsweise im Vorbeifahren aus dem Auto heraus, die Grabstellen beschaut. Gleiches gilt, soweit auf das Durchschnittsempfinden „der Allgemeinheit" oder „der Bevölkerung" abgestellt wird. Der vom individuellen Nutzungsberechtigten zu beachtende Maßstab wird in diesen Fällen anhand der Anschauungen größtenteils Unbetroffener und womöglich gar vollkommen Uninteressierter ermittelt. Persönliche Anschauungen in Fragen der Totenehrung oder regionale Besonderheiten im Bestattungsbrauchtum kommen im Durchschnittsbrei der Durchschnittsauffassungen hingegen unter die Räder. Das Kriterium des „gebildeten Durchschnittsmenschen" trägt seinen Widerspruch bereits in sich selbst. „Der" Durchschnittsmensch als unbestimmte Rechtskategorie soll weder gebildet noch ungebildet, politisch interessiert oder gesellschaftlich aktiv, sondern eben gerade durchschnittlich sein 94 . Unabhängig von der Frage, anhand welcher Kriterien heutzutage die Bildung eines Menschen ermittelt wird, ist es also vollkommen widersinnig, den Maßstab des durchschnittlichen Menschen an bestimmte weitere Fähigkeiten oder Eigenschaften, wie beispielsweise die Bildung, zu koppeln. Die größte Sachlichkeit kann damit das Kriterium des Durchschnittsempfindens der Friedhofsbenutzer für sich verbuchen. Die Friedhofsbenutzer, also die Nutzungsberechtigten an der Grabstelle, und nicht etwaige Spaziergänger oder Gewerbetreibende, stellen die einzig relevante Gruppe in Fragen der Grabgestaltung dar. Praktikabilität läßt aber auch dieser Maßstab vermissen. Der Begriff des Durchschnittsempfin93 Hierbei handelt es sich keineswegs um eine bloße Fiktion. Sogenannte „Prominentengräber" oder gar „Prominentenfriedhöfe" haben sich zu einem Anziehungspunkt für Touristenfahrten entwickelt. Vgl. zum Wiener Zentralfriedhof, auf dem sich auch das Grab Ludwig van Beethovens befindet, Recklinghäuser Zeitung vom 16.08.1995; Handelsblatt vom 24./25.01.1997, S. G8. Zum Anteil der Spaziergänger an der Gruppe der Friedhofsbesucher vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 43. 94 Dahingehende Bedenken klingen auch an bei Bay VGH, VGHE 13, 52 (58).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

dens stellt unabhängig von der für wesentlich erklärten Bezugsgruppe geradezu den Prototypen einer Fiktion 95 dar. Bachof 96 hat versucht, den Vorwurf der Fiktion mit dem Hinweis darauf zu entkräften, daß es nicht um die Ermittlung eines positiven Geschmacks gehe. Vielmehr drehe es sich darum, zwecks Feststellung der zur Wahrung der Würde des Friedhofs erforderlichen Beschränkungen zu ermitteln, was von der Mehrzahl der Friedhofsbesucher als unangemessen abgelehnt werde 97 . Indes stellt diese Argumentation den Versuch dar, die Existenz einer Fiktion durch Zuhilfenahme einer zweiten Fiktion zu retten. Ebensowenig, wie es „die" durchschnittliche Auffassung darüber gibt, was ästhetisch ansprechend ist, läßt sich eine Durchschnittsauffassung in Hinsicht auf abzulehnende gestalterische Elemente herbeizaubern. Dieser auch im Baurecht beliebte Hinweis, wonach es in der Sache nicht um aktive staatliche Einflußnahme, sondern um die Abwehr von Verunstaltungen geht, stellt nicht mehr als ein semantisches Ablenkungsmanöver dar 98 . Letztlich kann auch Bachof an dem von ihm in die Diskussion um die Grabgestaltung eingeführten Begriff des Durchschnittsempfindens nicht bis zur letzten Konsequenz festhalten, so daß er deshalb den Gerichten sein Vertrauen in die Ermittlung der durchschnittlichen Anschauungen ausspricht, weil diese ihrer Rechtsprechung strengere Auffassungen als durchschnittlich zugrundelegen 99 . Der Durchschnitt soll also anhand überdurchschnittlicher Auffassungen festgelegt werden. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung einer allgemeingültigen Richtlinie in Fragen der Ästhetik ergeben, hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner grundlegenden Entscheidung zum bauordnungsrechtlichen Ver-

95

Zur Brauchbarkeit der Allgemeinheit als Maßstab in Geschmacksfragen Kant, Kritik der Urteilskraft, Erster Theil, Erster Abschnitt, Erstes Buch, Zweites Moment, § 8: „Das Geschmacksurtheil selbst postulirt nicht jedermanns Einstimmung (denn das kann nur ein logisch allgemeines, weil es Gründe anführen kann, thun); es sinnt nur jedermann diese Einstimmung an, als einen Fall der Regel, in Ansehung dessen es die Betätigung nicht von Begriffen, sondern von anderer Beitritt erwartet. Die allgemeine Stimme ist also nur eine Idee . " 96 Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 17. 97 Vgl. Bachof Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 17. So im Ergebnis auch Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (9 f.); ders., Erwiderung, S. 71. 98 Voßkuhle, BayVBl 1995, 613 (614). 99 Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 18. Abgesehen davon erbringt auch nicht die Einschaltung der Gerichte die Gewähr für die Objektivität der Betrachtung. So bemerkt schon Kant, Kritik der Urteilskraft, Erster Theil, Erster Abschnitt, Erstes Buch, Erstes Moment, § 2: „Ein jeder muß eingestehen, daß dasjenige Urtheil über Schönheit, worin sich das mindeste Interesse mengt, sehr parteilich und kein reines Geschmacksurtheil sei. Man muß nicht im mindesten für die Existenz der Sache eingenommen, sondern in diesem Betracht ganz gleichgültig sein, um in Sachen des Geschmacks den Richter zu spielen."

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

unstaltungsverbot 100 gesehen: „...; denn wie die Erfahrung zeigt, sind die Anschauungen darüber, was ästhetisch befriedigend ist, innerhalb der Bevölkerung ganz verschieden, ohne daß eine allgemein gültige Richtschnur zu finden wäre, an der diese Anschauungen gewertet werden könnten" 101 . Im unmittelbaren Anschluß an diese Feststellung vergißt das Gericht freilich seine eigenen Bedenken und hebt die Figur des gebildeten Durchschnittsmenschen aus der Taufe. Daß „der" gebildete Durchschnittsmensch nicht existent und damit eine Fiktion ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Ebenso dürfte unstreitig sein, daß die Exekutive zur effektiven Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben auf die Kategorie der unbestimmten Rechtsbegriffe angewiesen ist. Andererseits bietet ein derart extensiv gefaßter Begriff wie das Durchschnittsempfinden vermehrt Möglichkeit zu Meinungsverschiedenheiten und differierenden Auslegungen. Einen Beitrag zur erhöhten Normsicherheit leisten auch im Bereich der unbestimmten Rechtsbegriffe möglichst präzise Formulierungen, denen eher die Fähigkeit zur Konsensbildung zukommt 102 . Zu unbestimmte Formulierungen erweisen sich zur Erreichung des Normzwecks daher geradezu als abträglich 103 . Hinzu tritt im konkreten Fall, daß der unbestimmte Rechtsbegriff „Durchschnittsempfmden" seinerseits zur inhaltlichen Umgrenzung des unbestimmten Rechtbegriffs „Würde des Friedhofs" herangezogen wird. In beiden Fällen handelt es sich um normative Begriffe, die jeder für sich - im Gegensatz zu empirischen Begriffen - schon Unsicherheiten bei der Auslegung dadurch in sich bergen, daß sie Wertungen und Einschätzungen in die Rechtsordnung inkorporieren, die sich nicht schon aus der Norm selbst ergeben 104. Indem nun im vorliegenden Fall ein normativer Begriff mittels eines weiteren bestimmt werden soll, kommt es konträr zum angestrebten Ergebnis zur unerträglichen Kumulierung der Unbestimmtheit. Zu welchen argumentativen Kunststücken der Maßstab des Durchschnittsempfindens einlädt, läßt sich auch anhand eines Judikats des Verwaltungsgerichtshofs Kassel 105 exemplifizieren. In der Entscheidung findet sich die Bemerkung, daß selbst unter der Annahme, daß die Mehrheit der Bevölkerung eine gärtnerische Gestaltung der Grabstätten bevorzugt und für erforderlich hält, 100

BVerwGE 2, 172 ff. BVerwGE 2, 172 (176). Hingewiesen werden soll in diesem Zusammenhang auch auf Kant, Kritik der Urteilskraft, Erster Theil, Erster Abschnitt, Erstes Buch, Erstes Moment, § 1 : „Das Geschmacksurtheil ist also kein Erkenntnißurtheil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjectiv sein kann." 102 So auch Groschupf, DVB1 1970, 401 (408). 103 Vgl. Groschupf, DVB1 1970, 401 (408). 104 Hierzu Erichsen, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 91992, § 10 Rn. 7. 105 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 f. 101

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

abweichende Gestaltungen dem Schutz des Art. 2 I GG unterliegen, solange dadurch keine Verunstaltung des Friedhofs bewirkt wird. Eine Störung könne nicht bereits bei einer Abweichung von ästhetischen Durchschnittsvorstellungen angenommen werden 106 . Zugleich wird jedoch behauptet, daß für die Entscheidung über das zur Erhaltung der Würde Notwendige und Zulässige das Empfinden des sogenannten gebildeten Durchschnittsmenschen maßgebend sein soll 1 0 7 . Im Falle der Grababdeckplatten ist eine erhebliche Abweichung von den Durchschnittsauffassungen damit anscheinend nicht gleichbedeutend mit einer Unvereinbarkeit der Würde des Friedhofes - so daß der Friedhofsträger Grababdeckplatten nicht generell verbieten darf -, wohingegen es bei allen anderen Gestaltungsformen auf eben diese Durchschnittsauffassungen ankommen soll mit der Folge, daß eine von diesen abweichende Gestaltung durch den Friedhofsträger untersagt werden kann. Die durchschnittlichen Auffassungen der Friedhofsbenutzer in grabgestalterischen Fragen ließen sich im übrigen auch nicht mittels umfangreicher Untersuchungen und Befragungen ermitteln. Zum einen gehört es zu den grundlegenden Erkenntnissen der Statistik, daß das Ergebnis solcher Umfragen stark von der jeweiligen Fragestellung abhängt. So können vollkommen gegenläufige Ergebnisse zustande kommen, je nachdem ob der Befragte darüber urteilen soll, welche Gestaltung er für sein eigenes Grab wünscht, oder ob er allgemein darlegen soll, welche Friedhofsgestaltung ihm zusagt oder nicht 108 . Zum anderen gibt es eben keine durchschnittlichen Auffassungen, sondern nur mehrheitliche Ablehnung oder Zustimmung zu einer Frage. Wenn 60% der Befragten eine bestimmte Grabgestaltung ablehnen und 40% diese befürworten, so kann nicht die Rede davon sein, daß der durchschnittliche Friedhofsbenutzer die Gestaltung nicht wünscht. Letztlich ließen sich demnach ausschließlich Mehrheitsentscheidungen herbeiführen, die im Bereich der Grundrechtsausübung dem notwendigen Minderheitenschutz jedoch nicht gerecht werden können.

(2) Kritik an der Betonung des Gemeinschaftsgedankens als Leitprinzip einer würdevollen Grabgestaltung Eine kritische Auseinandersetzung mit der hergebrachten Definition und Auslegung des Friedhofszwecks muß zudem am Erfordernis der Anpassung der Grabgestaltung an den Friedhof in seiner Gesamtheit und seinen einzelnen Tei-

106 Vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); Gaedke, Handbuch des Friedhofsund Bestattungsrechts, S. 204 f. 107 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 202. 108 Beispiel nach BayVGH, VGHE 13, 52 (58).

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

len ansetzen. Die Würde des Friedhofs als wesentliches Element des Friedhofszwecks soll es erfordern, den gemeinschaftsgebundenen Charakter des Friedhofs zu berücksichtigen und Grabgestaltungen zu unterbinden, die vom durchschnittlichen Erscheinungsbild abweichen. Inwieweit aber der Gedanke einer Gemeinschaft der Toten überhaupt das Wesen des kommunalen Bestattungsplatzes tatsächlich prägt, bleibt unerörtert. Die Überzeugung, daß die Bestattung nicht eine Privatangelegenheit, sondern eine Angelegenheit der Gemeinschaft sei, beruht auf der christlichen Lehre von der Gemeinschaft aller Gläubigen 109 und ist damit eindeutig konfessioneller Prägung. Vor Verbreitung des Christentums waren im römischen Herrschaftsgebiet gemeinsame Begräbnisstätten, sogenannte polyandria, einzig fur Sklaven und Fremde bestimmt 110 . Die im 19. Jahrhundert einsetzende Zentralisation des Friedhofswesens durch die politischen Gemeinden hatte hingegen viel pragmatischere Gründe 111 . Zum einen fand mehr und mehr eine Inanspruchnahme konfessioneller Friedhöfe durch Andersgläubige statt, so daß die Kirchengemeinden deren Aufnahme schließlich zunehmend verweigerten. Diese Ablehnung betraf allerdings vornehmlich die minderbemittelten Bevölkerungskreise, die nicht die Möglichkeit hatten, über den Einsatz entsprechender finanzieller Mittel dennoch ein Grab auf einem konfessionellen Friedhof zu erwerben. Die Änderung dieses Zustandes wurde also wegen sozialer Erwägungen erforderlich. Zum anderen existierten unverhältnismäßig viele Friedhöfe der verschiedenen religiösen Gemeinschaften, die oftmals inmitten der Verkehrszentren lagen. Zum sozialen Aspekt traten damit städtebauliche Erwägungen. Schließlich ergaben sich zunehmend Probleme aus dem Umstand, daß die Toten inmitten bewohnter Gegenden in und um die Kirche begraben wurden, so daß die Notwendigkeit einer Zusammenfassung der Begräbnisse auf kommunalen Friedhöfen auch aus hygienischen Gründen bestand. Die Einrichtung kommunaler Begräbnisplätze war somit vielfältig motiviert, beruhte aber keinesfalls auf dem dem christlichen Glauben entstammenden Gemeinschaftsgedanken. Zur Klarstellung: daß dieser Gedanke zum Anknüpfungspunkt für die Kirchengemeinde bei Errichtung eines konfessionellen

109

Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 16 f.; Dornseiff, FischersZ 65 (1930), 145 (148); Lauche, VR 1977, 104 ff.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 3. Im übrigen wurde dieser Gedanke auch im Christentum erst im Laufe der Zeit beherrschend für die gemeinschaftliche Bestattung. So hatte beispielsweise die Entstehung der römischen Katakomben keinen spezifisch religiösen Grund. Die Anlage dieser riesigen unterirdischen Friedhöfe stellte vielmehr die Lösung eines Raumproblems dar; vgl. Deckers, Das unterirdische Museum Roms, in: Archäologie in Deutschland, 1987, Heft 4, S. 22. 110 Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 13. 111 Vgl. zum folgenden Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 32 und S. 43; Dornseiff, FischersZ 65 (1930), 145 (150 f.); Lauche, VR 1977, 104 ff.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Friedhofs wird, ist nicht nur wünschenswert 112, sondern geradezu zwingend erforderlich. Die Konfessionsgemeinden können gar nicht anders, als der ihnen zu Grunde liegenden Überzeugung gemäß zu handeln 113 . Unter keinen Umständen kann den Kirchen das Recht abgesprochen werden, dem Gemeinschaftsaspekt als grundlegenden Gedanken des Christentums bei der Frage der Friedhofsgestaltung wesentliche Bedeutung zukommen zu lassen. Für die politischen Gemeinden jedoch ist er als Leitgedanke zur Bestimmung des Friedhofszwecks wenn überhaupt - nur sehr eingeschränkt brauchbar. Den Gemeinschaftsgedanken auf die Ebene des kommunalen Friedhofs zu transponieren bedeutet, religiös motivierte Anschauungen unreflektiert zum Maßstab für die Grabgestaltung zu erheben. Indes muß auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen werden, daß das Friedhofswesen heute säkularisiert und nicht mehr bekenntnismäßig motiviert ist 114 . Das Grundgesetz hat die Bundesrepublik Deutschland als weltanschaulich neutralen Staat konstituiert und verbietet es grundsätzlich, die Ansichten von Kirchen und Religionsgesellschaften über ihren eigenen Auftrag und ihre Funktion zur Grundlage für die Auslegung staatlicher Vorschriften zu machen115. Der Friedhofszweck kommunaler Friedhöfe ist damit unabhängig vom christlich determinierten Gemeinschaftsgedanken zu bestimmen, so daß dieser auch nicht geeignet sein kann, Beschränkungen der individuellen Grabgestaltung zu bewirken. Bereits diese Feststellung führt dazu, daß dem Nutzungsberechtigten nicht abverlangt werden kann, die Gestaltung der betreffenden Grabstelle am Gesamtcharakter der Friedhofsanlage, seiner einzelnen Teile oder der näheren Umgebung auszurichten und damit dieser anzupassen. Die Schlußfolgerung, daß eine sich nicht entsprechend einfügende Grabgestaltung bereits alleine aufgrund dieses Umstandes nicht der Würde des Ortes entspricht, kann zwar ohne weiteres auf kirchlichen Friedhöfen gezogen werden, entbehrt jedoch auf kommunalen Bestattungsplätzen jeder Grundlage. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf einen weiteren historischen Aspekt, der zumindest nachdenklich stimmen sollte. Die Betonung des bei kommunalen Friedhöfen angeblich zu berücksichtigenden Gemeinschaftsgedankens diente in der Vergangenheit Deutschlands totalitären Systemen stets zur Umsetzung bestimmter politischer Vorstellungen auch auf den Bestattungsplätzen. So wie der Reichsminister des Innern 1937 das Ideal des Soldatenfriedhofs anstrebte 116 und deshalb verordnete, den Gedanken der Volksgemeinschaft auf den Friedhöfen stärker als bisher zum Ausdruck zu bringen 117 ,

1,2

So i.E. Sperling., ZevKR 33 (1988), 35 (45). J. Breuer, Friedhof und Feuerbestattung, 1912, S. 32. 114 BVerwGE 45,224 (228). 1,5 Vgl. BVerfGE 24, 236 (247 f.). 116 Steckner, Museum Friedhof, 1984, S. 9. 117 Nr. 14 III der Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs, MBliV 1937, Sp. 116. 113

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

wurde auch in der DDR daraufhingewiesen, daß zur Entwicklung einer der Gesellschaftsordnung enstprechenden Friedhofskultur das Gemeinsame in der Gesamtgestaltung der Grabfelder und bei den Einzelgrabstellen in den Vordergrund zu stellen sei 118 . Die sozialistischen Lebensauffassungen sollten auch in der Gestaltung der Friedhöfe zum Ausdruck kommen 119 . In einer unglückseligen Tradition stehen daher die heutigen Bemühungen, überaus aufwendige oder auffallend von der Norm abweichende Grabdenkmäler als „protzerisch" zu titulieren und über den Hinweis auf den Gemeinschaftsgedanken zu verbieten. Im übrigen erweist sich die Vorgehensweise vieler Kommunen in Bezug auf den Gemeinschaftsgedanken nicht als konsequent. In zahlreichen Friedhofssatzungen ist die Vergabe sogenannter Ehrengrabstätten für verdiente Bürger oder Persönlichkeiten vorgesehen 120. Dabei erfolgt die Zuerkennung durch Beschluß des Stadtrates, und die Bestimmung der örtlichen Lage, die Anlage und die Unterhaltung obliegen der Stadtverwaltung. Der ohnehin fälschlicherweise auf kommunalen Bestattungsplätzen angewandte Grundsatz der Gemeinschaft der Toten und des Gesamtcharakters des Friedhofs erfährt also eine gewichtige Ausnahme im Falle solcher Personen, die sich nach Ansicht der kommunalen Vertretungskörperschaft um die Gemeinde verdient gemacht haben. Während also dem Nutzungsberechtigten als Normunterworfenem die Grabgestaltung mit dem Hinweis auf die Gleichheit aller Verstorbenen vorgegeben wird, macht die Kommune zugunsten ihrer Ehrenbürger Ausnahmen von diesem Grundsatz 121. Die Verpflichtung des einzelnen Nutzungsberechtigten, das Grab unter Berücksichtigung der genannten Kriterien zu gestalten, bindet diesen zudem unweigerlich an die vorgefundene Situation, so daß von einem individuellen Gestaltungsrecht allenfalls sehr eingeschränkt die Rede sein kann. Der jeweilige Nutzungsberechtigte wird vielmehr an die Vorstellungen anderer Grabstelleninhaber gebunden, die mit seinen eigenen Wünschen gegebenenfalls keinerlei

118 Vgl. die Präambel der Friedhofsordnung für die kommunalen Friedhöfe der Stadt Schwerin vom 22.05.1968. 119 So Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 10. Allgemein zur Rechtslage im Bestattungs- und Friedhofswesen in den neuen Bundesländern auch Gaedke, DFK 1990, 466 f. 120 Vgl. § 36 II der Friedhofssatzung der Stadt Bamberg; § 19 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 28 der Friedhofssatzung der Stadt Coburg; § 18 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 16 der Friedhofssatzung der Stadt Daun; § 17 II der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 17 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf; § 19 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt; § 8 Nr. 4 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz; § 13 der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 19 der Friedhofssatzung der Stadt Köln; § 18 der Friedhofssatzung der Stadt Landau/Pfalz; § 21 I, III der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 17 der Friedhofssatzung der Stadt Norden/Ostfriesland; § 16 der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken; § 28 der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart; § 16 der Friedhofssatzung der Stadt Trier; § 15 der Friedhofssatzung der Stadt Wiesbaden. 121 Zur Privilegierung der Ehrengräber auch Steckner, Museum Friedhof, 1984, S. 5.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Übereinstimmungen aufweisen. Das Erfordernis der Anpassung an den Gesamtcharakter des Friedhofs führt darüber hinaus dazu, daß Rücksicht auf Friedhofsteile genommen werden muß, die von der jeweiligen Grabstelle sehr weit entfernt und noch nicht einmal einsehbar sind. Der Gemeinschaftsgedanke und das hieraus resultierende Anpassungsgebot werten auch nicht in ausreichendem Maße die Tatsache, daß die Grabgestaltung keine statische Einheit ist, sondern wie alle Geschmacksfragen einem steten Wandel unterliegt 122 . Das Erfordernis, wonach sich alle neuen Grabstätten in ihrer Gestaltung dem bereits existierenden Zustand anzupassen haben, stellt folglich die Schaffung eines status quo dar. Durch diese Manifestierung einer bestimmten Gestaltungsrichtung wird die Durchsetzung neuerer gestalterischer Richtungen faktisch zunichte gemacht, da jede neue Gestaltungsform zwangsläufig der bisherigen Gestaltung zuwiderlaufen muß. Dem Gesamtcharakter des Friedhofs und dem Charakter der einzelnen Friedhofsteile kommt daher weder für die Bestimmung des Friedhofszwecks eine Rolle zu, noch erfordert der Friedhofszweck eine Anpassung der Grabstelle an diesen Charakter. Im Falle des kommunalen Friedhofs von einer „Schicksalsgemeinschaft" 123 der Toten zu sprechen, ist daher vollkommen verfehlt.

bb) Das Sachverständigen-Urteil Im Gegensatz zu der vermittelnd ausgerichteten Position der Durchschnittsauffassung findet sich vor allem bei Fechner 124 das Bestreben, die Differenzierung zwischen Würde einerseits und störender Verunstaltung andererseits dem Urteil Sachverständiger zu überlassen, da nur der Fachmann „von dieser Gestaltung etwas versteht" 125 . Daß Fechner das Sachverständigenurteil für maßgeblich hält, erklärt sich aus der von ihm betonten Gemeinschaftsbezogenheit des Friedhofs 126 , und der daraus resultierenden Verpflichtung des Nutzungsberechtigten, Individualinteressen zugunsten der Gemeinschaft aufzugeben.

122 Das zeigt schon ein Blick auf ältere, oftmals unter Denkmalschutz stehende Friedhöfe, und wird im übrigen auch nicht von den Vertretern der herrschenden Meinung in Abrede gestellt, vgl. beispielsweise Darmstadt/Doose, Der Städtetag 1966, 295 ff. 123 So Sörries, Friedhof und Denkmal 1992, 82 (83). 124 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (9); ders, Erwiderung, S. 71. 125 Fechner, Erwiderung, S. 71; ähnlich Wiese, Friedhof und Grabmal 1955, 23 (25). 126 Fechner, Friedhof und Denkmal 1958, 1 (2 und 9 f.); ders., Erwiderung, S. 69. Hierzu bereits Teil 2, 1. Abschnitt, A. III.

0

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Das Urteil der Fachleute zum entscheidenden Maßstab zu erheben bedeutet indes, das individuelle Recht auf Grabgestaltung als solches in Frage zu stellen. Die Entscheidung über die Würde einer Grabgestaltung Sachverständigen zu übertragen, ist daher mit den Grundrechten des Nutzungsberechtigten unvereinbar. Zudem würde über diesen Umweg letztlich doch dem Anstaltsträger - da dieser über die Auswahl der Sachverständigen zu entscheiden hätte - die Möglichkeit eingeräumt, eigenen ästhetischen Anschauungen auch auf Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften zum Durchbruch zu verhelfen. Unabhängig davon besteht gerade auf dem Gebiet des Friedhofsrecht die immense Schwierigkeit, Sachverständige von selbsternannten Kennern der Materie zu scheiden, die letztlich vornehmlich eigene Interessen verfolgen.

cc) Die Maßgeblichkeit kraft Repräsentation Der Ansatz der Maßgeblichkeit kraft Repräsentation erhebt die Ansichten der gewählten Vertreter der politischen Gemeinde zum entscheidenden Faktor bei der Bestimmung der würdevollen Grabgestaltung 127. Für die Frage der Gültigkeit einer Gestaltungsvorschrift kommt es jedoch einzig auf deren objektiven Gehalt und nicht darauf an, welche Bevölkerungskreise an dem Zustandekommen der Vorschrift beteiligt waren 128 . Außerdem ist dieser Ansatz - ebenso wie der Versuch, Sachverständigen die Entscheidung zu überlassen - gleichzusetzen mit der völligen Aufgabe eines Grabgestaltungsrechts als Fall der Grundrechtsausübung. Die politische Gemeinde ist an gesetzliche Vorgaben gebunden, und kann diese nicht über den Hinweis auf die Maßgeblichkeit kraft Repräsentation selbst kreieren. Der satzunggebende Gemeinderat ist Teil der Exekutive, nicht der Legislative.

dd) Das Kriterium der offenkundigen Störung Unter Ablehnung des Durchschnittsmaßstabes unternimmt von Busse129 den jüngsten Versuch einer eigenständigen Bestimmung des Würdebegriffs zur Eingrenzung des Friedhofszwecks. Als Ausgangspunkt seiner Überlegungen sieht er die grundsätzliche Notwendigkeit, die persönlichen Wünsche des Grabinhabers zu respektieren. Diese individuellen Gestaltungswünsche sollen nur dann gegenüber den insoweit berechtigten Empfindungen der anderen Friedhofsbe-

127

Dornseiff FischersZ 65 (1930), 145 (213); BayVGH, VGHE 13, 52 (58). BayVGH, VGHE 12, 51 (54); so auch Bachof Rechtsgutachten, S. 21; ders., Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 20. 129 von Busse, Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Kirche, 1978, S. 294 f. 128

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

1

nutzer zurückstehen, wenn es sich um eine offenkundige Störung in dem Sinne handelt, „daß ein unvoreingenommener Betrachter - und damit letztlich ein mit der Sache befaßtes Gericht - sie als solche qualifiziert" 130 . Mit diesem Ansatz ist jedoch in der Sache nichts gewonnen. Die Figur des unvoreingenommenn Betrachters ist für sich betrachtet ebenso unbestimmt wie die verschiedenen Varianten des Durchschnittsempfindens und stellt letztlich nur eine weitere Spielart dieses Kriteriums dar. Auch wenn man das mit der Sache befaßte Gericht als unvoreingenommenen Betrachter bemüht, so ist damit noch keine Feststellung darüber getroffen, welche Maßstäbe das Gericht seinerseits der Entscheidung zugrundelegen kann. Mehr als eine nicht weiterführende Paraphrasierung stellt der Ansatz von Busses daher letztlich nicht dar.

ee) Eigener Ansatz Sowohl der von der herrschenden Meinung vertretene Maßstab des Durchschnittsempfindens als auch die hierzu kritisch ausgerichteten weiteren Auffassungen erweisen sich somit als unbrauchbar zur Ermittlung der Würde einer Grabgestaltung und damit auch zur näheren Eingrenzung des Friedhofszwecks. Ist zur Bestimmung des Friedhofszwecks - soweit dieser die Frage der Grabgestaltung betrifft - auf den Aspekt der „Würde" abzustellen, so kann diese weder anhand eines etwaigen Durchschnitts, Sachverständiger oder der Anschauungen der Vertretungskörperschaften ermittelt werden. Als normativer und damit wertausfüllungsbedürftiger Begriff sind bei dessen Konkretisierung vielmehr die Wertungsvorgaben der Verfassungsordnung zu beachten131. Dabei überrascht zunächst die gängige Praxis, nicht von der Würde der Verstorbenen, sondern der Würde des Friedhofs, bzw. der Würde des Ortes zu sprechen 132, und diese zum verbindlichen Maßstab zu erheben. Daß Satzunggeber, Friedhofsverwaltungen und - im pathologischen Fall - die Gerichte zur Unterbindung unerwünschter Grabgestaltungen immer wieder auf die Verletzung der Würde des Friedhofs verweisen, läßt eine Verkennung des grundgesetzlichen Würdebegriffes, wenn nicht sogar eine Verkehrung grundgesetzlicher Maßstäbe und Grundentscheidungen offenbar werden. Art. 1 I 1 GG stellt das Postulat der Unverletzlichkeit menschlicher Würde auf. Würde kommt nur dem 130 131

Rn. 7.

von Busse, Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Kirche, 1978, S. 295. Vgl. Erichsen, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 91992, § 10

132 Hierzu nur VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505; Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 4; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 201; VG Freiburg, DVB1 1994, 873; Sperling, DFK 1994, 149; Gaedke, LKV 1995, 424; Franz Otto, DFK 1997, 321; VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278. 6 Spranger

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Menschen, also natürlichen Personen zu. Der Friedhof als nicht-rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts hat selbstverständlich keine eigene Würde. Wenn die Würde des Friedhofs genannt wird, kann demnach nicht die Würde des der Bestattung der irdischen Reste von Menschen einer bestimmten politischen Gemeinschaft dienenden Grundstücks gemeint sein. Anderenfalls könnte es auch zu einer gefährlichen Verkehrung des Verhältnisses von Personenwert zu Sachgüterwert 133 kommen. Ist also - insoweit bereits sprachlich ungenau von der Würde des Friedhofs die Rede, so kann damit nur die Summe aller Aspekte der menschlichen Würde gemeint sein, die auf dem Friedhof zum Tragen kommen. Die wichtige Rolle der Totenbestattung und -ehrung als Ausdruck der Würde des Verstorbenen kumuliert auf dem Friedhof derart, daß dem Friedhof die besondere Bedeutung zukommt, die mit dem Hinweis auf die Würde desselben ausgedrückt werden soll. Der grundgesetzlichen Bewertung der Menschenwürde wird diese Sichtweise jedoch ebensowenig gerecht. Folge einer derartigen Betrachtung ist ein WürdePotpourri, indem aus der jeweiligen Würde jedes einzelnen Verstorbenen eine Art Gesamtwürde aller auf dem betreffenden Friedhof Bestatteten konzipiert wird. Die Achtung der geistig-seelischen Identität 134 , der individuellen Existenz 135 ist jedoch ein wesentlicher Bereich des grundgesetzlichen Würdeschutzes. Es kann nicht aus der sich anhand des sich am jeweiligen Einzelfall manifestierenden Würde des Verstorbenen auf eine „Durchschnittswürde" oder „Gesamtwürde" geschlossen werden, die in irgendeiner Weise dem Bestattungsplatz zukommt. Hierdurch würde der einzelne Verstorbene gerade grundrechtswidrig seiner Identität beraubt und zum Teilelement einer staatlicherseits verordneten Gesamtheit gemacht werden. Die „Würde des Friedhofs" ist damit in keiner Weise existent. Über die sprachliche Ungenauigkeit mag man sich ärgern oder nicht, Vorsicht ist jedoch geboten, wenn über den Hinweis auf eben diese Würde des Friedhofs die Grundrechtsausübung der Nutzungsberechtigten beschränkt wird. Wenn also von der „Würde des Friedhofs" oder auch schlicht der „Würde des Ortes" die Rede ist, so kann damit einzig der Hinweis auf die Würde jedes einzelnen auf dem jeweiligen Friedhof Bestatteten gemeint sein. Die althergebrachte Definition des Friedhofszwecks bedarf also einer inhaltlichen Neubestimmung. Es kommt nicht auf die dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechende würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks als Folge einer angeblichen „Würde des Friedhofs" an, sondern auf die der Würde der Verstorbenen entsprechende Gestaltung der jeweiligen Grabstelle mittels Durchsetzung der individuellen Gestaltungswünsche als Ausdruck individueller Grundrechtsverwirklichung. 133 134 135

Vgl. hierzu Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 I Rn. 33. Vgl. Pieroth/SchlinK Staatsrecht II, 111995, Rn. 392. So BVerfGE 45, 187 (228).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Der Unterschied zwischen der Würde des Friedhofs und einer der Würde der Verstorbenen gemäße Gestaltung des Friedhofs ist nur auf den ersten Blick rein sprachlicher Natur. Während die bislang unbestrittene Auffassung die Würde des Friedhofs als einen vom einzelnen Verstorbenen losgelösten eigenständigen Wert versteht, zu dessen Gunsten die individuellen Gestaltungsrechte beschränkt werden dürfen, schließt die Rückführung des Würdebegriffs auf seine eigentliche verfassungsrechtliche Bedeutung diese Möglichkeit aus. Dabei versteht es sich von selbst, daß die Gestaltung der Gräber keineswegs grenzenlos sein kann. Die Aufzeichnung der notwendigen Grenzen ist jedoch nicht von Bedeutung für die generelle Bestimmung des Friedhofszwecks und erfolgt deshalb in anderem Zusammenhang. Getragen wird dieses Ergebnis im übrigen auch durch eine exakte Betrachtung der vom Reichsgericht zum Begriff des Friedhofszwecks entwickelten Formel. Nach dieser gängigen Definition besteht der Friedhofszweck - soweit er die Frage der äußeren Gestaltung betrifft - in der dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechenden würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks 136. Die würdige Ausgestaltung und Ausstattung des Grundstücks muß also dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechen und nicht umgekehrt 137 . Das pietätvolle Totengedenken ist folglich Maßstab für die Würde der Gestaltung. Gerade das Gedenken an den Verstorbenen ist aber primär eine Frage des Individuums: wer den Friedhof zum Zwecke der Totenehrung aufsucht, der besucht und kümmert sich primär um das Grab seines Angehörigen oder Freundes. Diese Feststellung kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Wäre die Totenehrung tatsächlich kollektiv ausgerichtet, müßte dem einzelnen auch ein Recht auf Ausschmückung eines fremden Grabes zustehen. Ein solches Recht wird jedoch gerade nicht anerkannt 138 . Die Verehrung der Toten ist individuell 139 und in keiner Form ein kollektiver Akt. Die einzige Ausnahme bilden insoweit die Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Der gemeinschaftliche Charakter dieser Anlagen aufgrund des gemeinsamen Schicksals der hier Bestatteten ist auch den Hinterbliebenen bewußt und wird von diesen respektiert. Im Bereich der Soldatenfriedhöfe gibt es daher auch keinerlei Auseinandersetzungen um die Grab136

So RGZ 157, 246 (255). In diese Richtung weist zumindest sprachlich auch eine neuere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz 408.2 Nr. 14), wonach der Friedhofszweck auf eine würdige, die Todesandacht nicht störende Grabgestaltung zielt. Primär geht es damit um die Grabgestaltung; indes bleiben über den Hinweis auf die Todesandacht als zu beachtende Grenze die bisherigen Beschränkungen auch weiterhin möglich. 138 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 193 weist sogar darauf hin, daß es in einem derartigen Fall „durchaus dem Gedanken einer guten Ordnung hinsichtlich der Benutzung der Friedhofsanstalt entsprechen kann, eine solche Ausschmückung durch die Friedhofsordnung zu untersagen." 139 OVG Berlin, DÖV 1964, 557 (558). 137

6*

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

gestaltung, obwohl die Grabdenkmäler in Form schlichter Kreuze vollkommen einheitlich gestaltet sind. Für den Fall des kommunalen Friedhofs fehlt es an einem solchen gemeinsamen Schicksal der Verstorbenen, an einer wahren Schicksalsgemeinschaft der Toten. Die Totenehrung ist eine Frage des Individuums, nicht der Masse 140 . Diesem Verständnis des Friedhofszwecks steht auch nicht entgegen, daß als Folge der stetig wachsenden Bedeutung von Friedhöfen in ökologischer Hinsicht vereinzelt die Anreicherung des Friedhofszwecks um einen „ökologischen Bestandteil" diskutiert wird 1 4 1 . Dabei mag unstreitig sein, daß die Friedhöfe - im Rahmen der kommunalen Planungen - als Grünfläche und Erholungsgebiet eine zusätzliche Zweckbestimmung erhalten haben 142 . Dieser Umstand vermag jedoch nicht darüber hinwegzutäuschen, daß die individuelle Totenehrung nach wie vor den Friedhofszweck schwerpunktmäßig bestimmt, so daß die Frage nach der Zulässigkeit von Grabgestaltungen durch die Grünflächenfunktion von Bestattungsplätzen grundsätzlich nicht beeinträchtigt wird. Die ökologische Bedeutung zahlreicher städtischer Bestattungsplätze läßt sich so eher als Folge der spezifischen Erfordernisse eines Ortes fur die angemessene Totenehrung sehen. Daß der Friedhof oftmals zur „grünen Lunge" insbesondere der Großstädte geworden ist, stellt also nicht das Ergebnis der Verfolgung eines ökologischen Ziels durch die Kommunen dar, sondern ist lediglich eine Konsequenz umfangreicher Grabbepflanzungen und verschiedenartiger Grabgestaltungen als Ausdruck und wesentliches Element der Totenehrung. Im übrigen ist es auch mit der überragenden Bedeutung der Ehrung der Verstorbenen unvereinbar, die individuelle Grabgestaltung der Verstorbenen und Hinterbliebenen den Interessen von Spaziergängern und Erholungssuchenden unterzuordnen 143, was aber letztlich die Folge einer verstärkten Berücksichtigung der Rolle kommunaler Bestattungsplätze als Erholungsgebiete wäre. Das Leid der Hinterbliebenen und die Ehrung der Verstorbenen durch Angehörige und Freunde sind insoweit die bestimmenden Faktoren für die Beantwortung der Frage, was auf den Friedhof gehört und was nicht. Auch unter diesem weiteren Gesichtspunkt kann und darf die Einordnung des Friedhofs als Erholungsgebiet keinerlei Auswirkungen auf die Frage der Zulässigkeit bestimmter Grabdenkmäler, Einfassungen, farblicher Gestaltungen usw. zeitigen. 140

Auch in den Vereinigten Staaten, deren Parkfriedhöfe einst den Anstoß für die ersten deutschen Grabgestaltungsvorschriften gaben, wird mittlerweile eingesehen, daß die Gestaltung des Grabes jedem einzelnen selbst überlassen bleiben muß. Demzufolge wird inzwischen in zahlreichen US-Bundesstaaten nahezu jede Grabgestaltung erlaubt. Vgl. hierzu USA TODAY vom 14.02.1996, S. 1 und 2. Ähnlich zeigt sich die neuere Entwicklung in Schweden: hier kann sich beispielsweise ein Jäger die Abbildung eines Hirschkopfes auf seinem Grabstein wünschen; vgl. Erman, DFK 1995, 199. 141 Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153). 142 Vgl. Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153). I.E. ähnlich VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). 143 I.E. ähnlich Klöpping, DFK 1994, 60 (62).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Unabhängig davon würden sich den Kommunen aber selbst dann, wenn man Grünflächen- und Erholungsfunktion als vollkommen gleichwertigen Friedhofszweck erachten würde 144 , keine zusätzlichen Gestaltungsspielräume eröffnen. Diese Feststellung resultiert aus dem Umstand, daß die ökologische Bedeutung der Friedhöfe zunimmt, je mehr auf monotone Gestaltung verzichtet wird 1 4 5 . Nur eine möglichst abwechslungsreiche Grabgestaltung schafft die für die erwünschte ökolgische Vielfalt unabdingbare Vielzahl verschiedenster ökologischer Nischen. Eine verstärkte Berücksichtigung der ökologischen Funktion der Bestattungsplätze bei der Ermittlung des Friedhofszwecks müßte also zwangsläufig die Gestaltungsspielräume der Nutzungsberechtigten, nicht aber die Beschränkungsmöglichkeiten der Kommunen erweitern. Vielmehr wären die politischen Gemeinden gehalten, im Interesse einer größeren Artenvielfalt aus Flora und Fauna der zunehmenden Monotonie auf den Bestattungsplätzen entgegenzuwirken, was sich effektiv jedoch nur über eine weitgehende Freigabe individueller Grabgestaltung erreichen ließe.

b) Zwischenergebnis Weder rechtfertigt der Hinweis auf die würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit, noch kann die Würde einer Grabgestaltung anhand eines wie auch immer zu ermittelnden Durchschnittsempfindens bestimmt werden. Würde erlangt im Bereich des Bestattungswesens lediglich insoweit Geltung, als über die Grabgestaltung des jeweiligen Verstorbenen gedacht werden soll. Eine Grabgestaltung ist würdevoll und steht demzufolge auch mit dem Friedhofszweck in Einklang, wenn und soweit sie den Wünschen des Verstorbenen, bzw. seiner Angehörigen entspricht.

3. Beschränkung der Grabstättengestaltung durch subjektive Rechte Dritter Auch subjektive Rechte Dritter können als mit der Verfassung formell und materiell in Einklang stehende Normen, und somit als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung, die allgemeine Handlungsfreiheit begrenzen 146. In Betracht kommen hier Rechtspositionen der anderen Nutzungsberechtigten, sofern 144

So weit geht im übrigen auch Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153) nicht. 145 Öko-Information der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten / Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen vom 20.04.1996; i. E. ähnlich Eigner, DFK 1991, 47; hierzu im einzelnen Teil 5, 2. Abschnitt, B. 146 Vgl. Pieroth/Schlink,, Staatsrecht II, 111995, Rn. 422.

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

diesen die Qualität subjektiver Rechte zukommt. Grundlage solcher Rechte könnte neben bürgerlichrechtlichen Bestimmungen und Grundrechten auch der Bestattungsanspruch sein.

a) Keine Vermittlung subjektiver Rechte durch den Bestattungsanspruch Aus dem mit dem Bestattungsanspruch verbundenen Recht auf ein „ehrliches Begräbnis" will Gaedke 147 einen Anspruch der Hinterbliebenen bzw. Nutzungsberechtigten darauf ableiten, nicht durch die unwürdige Gestaltung anderer Grabstätten gestört zu werden. Der Bestattungsanspruch korrespondiert der faktischen Monopolstellung kommunaler Friedhöfe und der Anordnung des Benutzungszwanges148. Abgesehen davon, daß der Begriff des ehrlichen Begräbnisses seinen Ursprung im Recht der konfessionellen, nicht aber der kommunalen Friedhöfe hat, ist das Recht auf ein solches, verstanden als der Anspruch auf Zuweisung einer Grabstätte, die nicht aufgrund ihrer Lage und Umgebung unwürdig ist, einzig und allein gegen den Friedhofsträger und somit die Kommune gerichtet. Ein Verstoß gegen dieses Recht ist beispielsweise dann zu attestieren, wenn den Nutzungsberechtigten eine Grabstelle unmittelbar neben den Abfallcontainern 149 oder Toilettenhäuschen zugewiesen wird, ohne daß diese Belegung erforderlich gewesen wäre. Ein subjektives Recht gegen andere Nutzungsberechtigte oder gar ein subjektiv-öffentliches Recht gegen den Friedhofsträger auf Einschreiten gegen andere Nutzungsberechtigte läßt sich aus dem Bestattungsanspruch aber nicht ableiten.

b) Bürgerlichrechtliche

Bestimmungen als subjektive Rechte

Auch subjektive private Rechte vermögen als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung der allgemeinen Handlungsfreiheit Grenzen zu setzen. In Betracht kommt im Fall der Grabgestaltung beispielsweise die Geltendmachung einer Besitzstörung nach § 862 I BGB, wenn sich ein Nutzungsberechtigter durch die Gestaltung eines anderen Grabes in der Ausübung seines Nutzungsrechtes beeinträchtigt sieht. Auch der Tatbestand der Kreditgefährdung gemäß § 824 BGB ist von der Rechtsprechung im konkreten Fall einer anstößigen Grabinschrift zugunsten des durch die Inschrift Angesprochenen bejaht worden 150 . 147

Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 186. Vgl. auch Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 7. 149 So schon Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 42. 150 Vgl. Humbert, JW 1925, 2108 f. 148

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Subjektive Rechte eröffnen dem Willen des Berechtigten in der durch seinen Inhalt bestimmten Richtung aber auch dann freie Bahn, auch wenn dieser im Einzelfall gar kein Interesse an seiner Ausübung hat. Der Gesetzgeber erteilt das subjektive Recht, weil die Berechtigten typischerweise ein Interesse an dem Inhalt der Berechtigung haben 151 . Von der bloßen Existenz eines subjektiven Rechts kann also nicht per se auf eine Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit geschlossen werden. Der kommunale Anstaltsträger ist hier nicht berechtigt, sich als Sachwalter privater und individueller Interessen zu gerieren und unter Hinweis auf diese bestimmte Gestaltungen zu unterbinden. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß für den Fall der tatsächlichen Geltendmachung eines subjektiven privaten Rechts durch einen anderen Nutzungsberechtigten vor den Zivilgerichten die vornehmlich im Grundrechtsteil des Grundgesetzes errichtete objektive Wertordnung zum Tragen kommt. Wie das Bundesverfassungsgericht erstmals im sogenannten Lüth-Urteil 152 entschieden hat, muß dieses Wertsystem als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts gelten mit der Folge, daß jede bürgerlich-rechtliche Vorschrift in seinem Geiste ausgelegt werden muß. Den Mittelpunkt dieses Wertsystems bilden die sich frei entfaltende menschliche Persönlichkeit und ihre Würde 153 , die auch den Kernbereich der Totenehrung und fürsorge definieren. Vor diesem Hintergrund steht zu bezweifeln, inwieweit ein Nutzungsberechtigter erfolgreich gegen die Gestaltung eines anderen Grabes vorgehen könnte 154 .

c) Die Grundrechte Dritter als subjektive Rechte Die den anderen Nutzungsberechtigten zustehenden Grundrechte vermögen als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung das Recht auf Grabgestaltung nur insoweit unmittelbar zu beeinträchtigen, als eine Drittwirkung der Grundrechte im vorliegenden Fall bejaht werden kann. Die klassische Ausrichtung der Grundrechte als Abwehrrechte gegen Eingriffe von staatlicher Seite steht der Annahme einer solchen unmittelbaren Drittwirkung entgegen. Die Grundrechte Dritter erlangen daher allenfalls Bedeutung im Bereich der Grundrechtskollision.

151

So Radbruch, Einführung in die Rechtswissenschaft, 91952, S. 94. BVerfGE 7, 198 (205). 153 BVerfGE 7, 198 (205). 154 Die absolute Entfernung eines anstößigen Wortes vom Grabdenkmal könnte als unverhältnismäßig erachtet werden. Gegebenenfalls genügt auch eine Verhüllung des Wortes; vgl. Humbert, JW 1925, 2108 f. 152

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

4. Die weiteren Elemente der Schrankentrias Unter dem Begriff des Sittengesetzes sind die allgemein anerkannten Wertvorstellungen - gute Sitten, Treu und Glauben - unserer Rechtsgemeinschaft zu verstehen 155. Da diese Rechtsbegriffe ihrerseits einer grundrechtskonformen Auslegung bedürfen, erlangt die Schranke des Sittengesetzes als Grundlage für Freiheitsbeschränkungen keine praktische Bedeutung156. Zudem erfordert der Vorbehalt des Gesetzes, daß die genannten allgemeinen Wertvorstellungen in einer Rechtsnorm ihren Niederschlag gefunden haben müssen, so daß dem Sittengesetz neben der Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung keine selbständige Bedeutung mehr zukommt 157 . Der Vorbehalt der Rechte anderer fordert über bloße Interessen hinaus subjektive Rechte 158 . Damit geht auch diese Schranke in der weiten Auslegung der verfassungsmäßigen Ordnung auf und entfaltet keine eigenständige Bedeutung mehr.

VI. Ergebnis Die freie Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet das Recht auf individuelle Grabgestaltung. Private subjektive Rechte vermögen das Gestaltungsrecht zwar unter Umständen und unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung des Grundgesetzes zu begrenzen, jedoch ist es grundsätzlich nicht die Aufgabe des kommunalen Satzunggebers, mit dem Hinweis auf derartige subjektive Rechte bestimmte Gestaltungen zu untersagen. Die Friedhofssatzung kann der allgemeinen Handlungsfreiheit nur dann Beschränkungen auferlegen, wenn sie durch den Anstaltszweck gedeckt ist. Im Gegensatz zur herrschenden Meinung muß der für die Bestimmung des Anstaltszwecks bestimmende Faktor der „Würde des Friedhofs" jedoch individualistisch ausgelegt werden. Soweit er die Frage der Grabgestaltung betrifft, ist der Anstaltszweck daher in der weitestgehenden Ermöglichung individueller Grabgestaltung zu erblicken. Als unzulässig erweist sich daher auch die Forderung, daß sich die Gestaltung der Grabstelle in den Gesamtcharakter des Friedhofes, seiner einzelnen Teile und der näheren Umgebung einzufügen habe 159 . 155

Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 2 I Rn. 16; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 425; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, 31995, Art. 2 Rn. 16. 156 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 425. 157 Vgl. Schnapp, JuS 1978, 729 (730 f.); Degenhart, JuS 1990, 161 (164), Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz,31995, Art. 2 Rn. 16. 158 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 422; Jarass, in: ders./Pieroth, Grund3 gesetz, 1995, Art. 2Rn. 15. 159 Zur Bewertung dieser Vorgabe anhand von Art. 3 I GG: Teil 2, 1. Abschnitt, C.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

Bereits die gängige allgemeine Gestaltungsvorschrift erweist sich folglich als unvereinbar mit Art. 2 I GG.

B. Grabgestaltung und Menschenwürde Nahezu unbeachtet blieb bisher die Frage, inwieweit die in Art. 1 I GG verbürgte Menschenwürde eine Reglementierung der Grabgestaltung beeinflußt. Das Bundesverwaltungsgericht hat lediglich am Rande auf die Beachtlichkeit der Menschenwürde des Verstorbenen 160 bei Fragen der Grabgestaltung hingewiesen 161 . Ohne explizite Erörterung blieb hingegen die Frage der Vereinbarkeit konkreter Gestaltungsvorschriften mit Art. 1 I GG. Es ist zu vermuten, daß das Gericht in der Sache nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung 162 abweichen und Art. 1 I GG damit lediglich die Bedeutung beimessen wollte, daß die Vorsorge des noch Lebenden für die Zeit nach seinem Tod gewährleistet wird. In einem Urteil des VG Hannover 163 findet sich ferner die Feststellung, daß die Gestaltungsvorschrift, wonach nur ein Teil des Grabes bepflanzt werden darf, während der übrige Teil als für jedermann betretbare Rasenfläche erhalten bleiben muß, nicht gegen die Menschenwürde verstößt, wenn der Nutzungsberechtigte andere Friedhöfe oder Friedhofsteile ohne derartige Gestaltungsvorschriften wählen kann. Als zusätzliche Gestaltungsvorschrift soll diese einschneidende Bestimmung, die zumindest einen Teil des Grabes zur frei betretbaren Fläche erklärt, vor Art. 1 I GG dennoch Bestand haben.

/. Gestaltungsvorschriften

als Eingriff

in die Menschenwürde

Die Attestierung eines Eingriffs in die Menschenwürde bereitet spezifische Schwierigkeiten aufgrund der inhaltlichen Ausgestaltung des Würdebegriffs. Die verschiedenen Präzisierungsversuche des Würdebegriffs konnten keine allgemeingültige Definition hervorbringen. Unklar ist zudem die für einen Eingriff zu fordernde Qualität der staatlichen Maßnahme. Zuzustimmen ist jedoch dem abweichenden Votum zum sogenannten Abhörurteil 164 des Bundesverfassungsgerichts insoweit, daß es für einen Eingriff nicht auf die jeweilige Motivation ankommen kann, sondern daß vielmehr auch ein Akt der öffentlichen Gewalt

160 161 162 163 164

Hierzu im folgenden. BVerwG, BayVBl 1991, 220. BVerwGE 45, 224 (226); hierzu auch BVerfGE 50, 256 (262). VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160). BVerfGE 30, 1 (40).

0

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

ausreicht, der in guter Absicht geschieht165. Der die Menschenwürde verletzende Sachverhalt kann demnach nur negativ vom Verletzungsvorgang her definiert werden, indem eine Abgrenzung von Bereichen typischer Eingriffe erfolgt 166 . Der durch den Begriff der Menschenwürde umrissene Bereich findet seine Grenze nicht in dem Bezug auf menschenverachtende körperliche Mißhandlungen oder Beeinträchtigungen. Vielmehr kann die Menschenwürde auch durch solche Akte der öffentlichen Gewalt tangiert sein, die die geistige Identität eines Menschen nivellieren oder einschränken. Das Recht des einzelnen Menschen, sein eigenes Grab noch zu Lebzeiten nach den persönlichen Vorstellungen individuell zu gestalten, ist unmittelbarer Ausdruck dieser geistigen Identität 167 . Eine Beeinträchtigung erfährt diese Identität zum einen durch bestimmte gestalterische Mindestanforderungen und zum anderen durch die Vorgabe, die Grabgestaltung vorgefundenen Gestaltungsstrukturen auf dem Bestattungsplatz anzupassen. Ob die Intensität dieser Beeinträchtigungen aber die Schwelle der Eingriffsintensität erreicht oder sogar überschreitet, ist damit freilich noch nicht gesagt. Die Menschenwürde schützt nicht vor jeder Beeinträchtigung durch die staatliche Gewalt, und allzu oft wird Art. 1 I GG zur „kleinen Münze" gemacht und vorschnell herangezogen, ohne daß ernsthaft ein Verstoß angenommen werden könnte 168 . Im Fall der Anordnung des Friedhofszwangs für Urnen hat das Bundesverfassungsgericht 169 eine Verletzung der Menschenwürde verneint. Dieses Urteil erklärt sich jedoch aus der besonderen Situation des Friedhofszwangs, dem hygienische und soziale Aspekte - Rücksichtnahme auf die Scheu weiter Bevölkerungskreise vor Bestattungen auf Privatgrundstücken - zugrundeliegen. Tatsache bleibt allerdings, daß dem Einzelnen durch die Anordnung des Friedhofszwangs zugleich verwehrt wird, die Bestattung an einem Ort seiner Wahl durchführen zu lassen. Dem Wunsch nach Bestattung außerhalb des Friedhofs, also auf einem Privatgelände, wird durchweg nicht entsprochen. Weder reicht der Besitz eines eigenen Grundstücks und die Verbundenheit des

165 Zustimmend zuletzt auch Höfling, JuS 1995, 857 (860); Spranger, Das Bestattungsgewerbe 1997, 689. 166 Vgl. Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Rn. 28; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 389; Höfling, JuS 1995, 857 (859). 167 Vgl. auch BVerwG, BayVBl 1991, 220. 168 Vgl. Pieroth/Schlink,, Staatsrecht II, 111995, Rn. 395; gegen die vorschnelle Annahme eines Verstoßes gegen Art. 1 I GG auch Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Rn. 29 Fn. 1; Höfling JuS 1995, 857 (859). 169 BVerfGE 50, 256 (262).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

1

Verstorbenen mit diesem als Begründung aus 170 , noch kann erfolgreich darauf verwiesen werden, daß der Verstorbene einer Religionsgemeinschaft angehörte, die über keinen eigenen Friedhof verfügt 171 . Mag ein derart strikter Vollzug des Friedhofszwangs auch noch durch hygienische Aspekte, also Erwägungen der Volksgesundheit, gerechtfertigt sein, so darf doch nicht vergessen werden, daß den Betroffenen hiermit eine Situation aufgezwungen wird, die diese sich weder gewünscht haben, noch aussuchen konnten. Wenn nun dem Betroffenen bereits vorgeschrieben wird, sich auf einem dafür vorgesehenen Bestattungsplatz beisetzen zu lassen, und sich dieser folglich an bestimmte vorgefundene äußere Umstände auch hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten anpassen muß, so erfährt diese Beschränkung nun noch eine Intensivierung dadurch, daß auf dem vorgegebenen Bestattungsplatz bestimmte Gestaltungsvorschriften als gestalterischer Mindeststandard zu beachten sind. Für diese allgemeinen Gestaltungsvorschriften gilt nun wiederum, daß die Möglichkeit eines Dispenses nicht besteht. Gerade mit dem Verweis auf das enge Nebeneinander der Grabstellen und der sich hierin angeblich manifestierenden „Schicksalsgemeinschaft zum Tode" 1 7 2 wird den Betroffenen der zusätzliche Zwang auferlegt, die Grabgestaltung an die Umgebung, also an die Grabstätten von ihnen zumeist vollkommen unbekannter Personen anzupassen. Zwar ist das verfassungsrechtliche Menschenbild nicht das eines isolierten souveränen Individuums, und das Grundgesetz hat das Spannungsfeld zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und gebundenheit entschieden173. Aus dieser Feststellung kann jedoch nicht gefolgert werden, daß jegliche Beschränkung des Individuums mit dem Hinweis auf eine etwaige Gemeinschaftsgebundenheit zulässig ist. Gemeint ist vielmehr die Notwendigkeit einer Beschränkung der persönlichen Freiheitssphäre zur Vermeidung einer Mutierung des Selbstbestimmungsrechts zur Fremdbestimmungsmacht. Mag es demzufolge aufgrund hygienischer Erwägungen auch gerechtfertigt sein, den Benutzungszwang für Friedhöfe aufrechtzuerhalten, so müssen alle darüber hinausgehenden, sich aus dieser Situation ergebenden Beschränkungen weitestgehend vermieden werden. Geradezu widersinnig ist es daher, dem Bürger die Pflicht zur Benutzung kommunaler Friedhöfe aufzuerlegen, und ihn dann in der Grabgestaltung, die nichts anderes als unmittelbarer Ausfluß der

170 Siehe BVerwGE 45, 224 (229 ff.); BVerfGE 50, 256 (263); Ulrich Kahler, NVwZ 1983, 662 (663); Klingshirn,, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVII (Stand: Januar 1996), Rn. 5. 171 Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVII (Stand: Januar 1996), Rn. 5. 172 Sörries, Friedhof und Denkmal 1992, 82 (83). 173 So bereits vo« Mangoldt, AöR 75 (1949), 273 (279); BVerfGE 4, 7 (15 f.).

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Totenehrung ist, mit dem Hinweis auf die Gemeinschaft mit den anderen Grabstätten zu beschränken. Art. 1 I GG wird demzufolge keineswegs zur kleinen Münze gemacht, wenn man das Regime der Grabgestaltungsvorschriften als Verstoß gegen die Menschenwürde wertet. Gestützt wird dieses Ergebnis im übrigen auch und gerade durch Berücksichtigung der überragenden Bedeutung, welche der Totenehrung in allen Kulturen seit jeher zukommt. Die Ehrung des Andenkens derjenigen, die einmal unter uns oder vor uns waren, gehört zur eigenen, wechselseitig anzuerkennenden Identität und Selbstachtung174. Eine angemessene Totenehrung wird aber vor allem durch die Grabgestaltung gewährleistet. Kommunale Vorgaben in diesem überaus sensiblen Bereich stellen ohnehin eine zweifelhafte Ausübung des Satzungsermessens dar, die derzeitigen Ge- und Verbote der kommunalen Friedhofssatzungen aber verkennen die Rolle der Grabgestaltung für die Totenehrung in weitestem Umfang. Gestaltungsvorschriften können folglich zwar nicht in die Würde der ihnen unterworfenen Hinterbliebenen, jedoch in die Würde des noch Lebenden eingreifen, der sein eigenes Grab seinen eigenen Vorstellungen gemäß gestalten will. Damit stellt sich zugleich die weitere Frage, inwieweit Grabgestaltungsvorschriften in die Rechte der Verstorbenen eingreifen können, so etwa, wenn dem letzten Willen des Verstorbenen bezüglich der Gestaltung seines Grabes aufgrund kommunaler Vorgaben nicht entsprochen werden kann.

II Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht

des Verstorbenen

1. Stand der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat sich für den Bereich des Friedhofsrechts nur vereinzelt mit der postmortalen Geltung von Grundrechten auseinandergesetzt, ohne jedoch diese Frage dezidiert zu behandeln oder gar zu einer einheitlichen Linie zu finden. Für die Frage der Bestimmung des Beisetzungsortes haben das Bundesverfassungsgericht 175 und das Bundesverwaltungsgericht 176 die Anwendbarkeit des Art. 2 I GG bejaht. Dennoch wurde eine postmortale Wirkung dem Grundrecht in diesen Entscheidungen nicht attestiert. Vielmehr sei es die Vorsorge des noch Lebenden für die Zeit nach seinem Tod, die zur allgemeinen Handlungsfreiheit des Menschen gehöre. In einer weiteren Entscheidung hatte

174 Hofmann, AöR 118 (1993), 353 (375); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, Band I, 1996, Art. 1 I Rn. 55. 175 BVerfGE 50, 256 (262). 176 BVerwGE 45, 224 (226).

. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Errichtung eines Grabmals auf dem Friedhof einer Religionsgesellschaft zu beschäftigen 177. Es wird zunächst allgemein festgestellt, daß die Pflege des Andenkens Verstorbener in der Form von Grabdenkmälern Ausfluß der durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützten Totenfürsorge ist. Aus diesem Grund sind nach Auffassung des Gerichts die Menschenwürde des Verstorbenen und das von der allgemeinen Handlungsfreiheit umfaßte Bestimmungsrecht der Angehörigen bei der Ausgestaltung des Grabes unterschiedslos klagebewehrt, und zwar auch für den Fall, daß der Verstorbene auf einem kommunalen Friedhof ruht. In neueren Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes 178 und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg 179 wird zwar das Recht des Verstorbenen angesprochen, über Bestattungsart, Gestaltung und Pflege der Grabstätte zu entscheiden, und dieses als Ausfluß der allgemeinen Handlungsfreiheit gewertet, die weiteren Ausführungen beziehen sich allerdings ausschließlich auf die Angehörigen als Grundrechtsträger. Das Oberlandesgericht Köln 1 8 0 schließlich hatte über die Problematik der Pfändbarkeit von Grabsteinen zu entscheiden und stellte dabei am Rande fest, daß für die Gestaltung der Grabstätte in erster Linie der Wille des Verstorbenen entscheidend sei.

2. Analyse und Lösungsvorschlag Ein Hauptproblem der verwendeten Begrifflichkeiten besteht offensichtlich in der Gleichsetzung des „Verstorbenen" mit dem ursprünglich „noch Lebenden", der dann aber zum Zeitpunkt der Streitentscheidung mittlerweile verstorben ist. Besonders deutlich wird diese Schwierigkeit anhand der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, wonach über die Grabgestaltung in erster Linie der Wille des Verstorbenen entscheiden soll. Da die Willenskundgebung durch einen Verstorbenen unmöglich ist, kann mit dieser Formulierung ausschließlich der noch zu Lebzeiten geäußerte Wille des später Verstorbenen gemeint sein 181 . Auf derselben Linie bewegen sich offensichtlich auch die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes Baden· Württemberg. Ist also vom Gestaltungsrecht des Verstorbenen die Rede, so soll damit nicht das Postulat einer postmortalen Grundrechtsgeltung errichtet werden. Gemeint ist vielmehr, wie es auch bereits das Bundesverwaltungsgericht ausgedrückt hat, die Vorsorge des noch Lebenden für die Zeit nach seinem

177 178 179 180 181

BVerwG, BayVBl 1991, 220. BayVGH, BayVBl 1991, 205 (206). VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 f. OLG Köln, OLGZ 1993, 113 (115). Ähnlich Kießling, NJW 1969, 533 (536).

Teil : Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Tod. Eine wirkliche postmortale Geltung wird in Hinsicht auf die Grabgestaltung einzig Art. 1 I GG zugesprochen. Soweit es die Aussage zu Art. 1 I GG betrifft, ist die Lage im Ergebnis verhältnismäßig182 unproblematisch. Schon frühzeitig hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß die in Art. 1 I GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem Tode endet 183 . Wenn somit die staatlichen Schutzpflichten über den Tode des Grundrechtsträgers hinaus bestehen, ist es dem Staat erst Recht aufgetragen, sich selbst etwaiger Eingriffe in die Menschenwürde auch nach dem Tode zu enthalten. So wie Grabgestaltungsvorschriften in die Würde des noch Lebenden und Vorsorge Treffenden eingreifen können, ist in diesem Bereich auch eine Verletzung der postmortalen Würde des Verstorbenen 184 möglich. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich der Verstorbene nicht mehr „wehren" kann. In einer solchen Situation ist der Staat in besonderer Weise gehalten, die sich aus der Garantie der Menschenwürde für den Leichnam ergebenden Verpflichtungen ernstzunehmen 185. Wenig überzeugend ist hingegen die Argumentation, mittels derer im Bestattungsrecht eine postmortale Wirkung des Art. 2 I GG abgelehnt wird. Dem noch Lebenden soll über Art. 2 I GG das Recht zustehen, Vorkehrungen hinsichtlich der Gestaltung seines Grabes zu treffen. Zumindest im Regelfall des Reihenbegräbnisses läuft dieses Recht jedoch vollkommen leer, da ein Reihengrab erst mit Eintritt des Todesfalls vergeben, und zu diesem Zeitpunkt auch erst das für

182 Höchst umstritten ist jedoch die Begründung einer solchen postmortalen Geltung der Menschenwürde. Hierzu ausführlich Bizer, NVwZ 1993, 653 (654 f.); Hofmann, AöR 118 (1993), S. 353 ff.; Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995. 183 Vgl. BVerfGE 30, 173 (194). Dem folgt auch die h.M.; vgl. nur Jehle, ZfF 1966, 34; Dolhofer, Der Bayerische Bürgermeister 1971, 189 (191); Sperling, DFK 1991, 32; Kunig. in: von Münch/Kunig, 41992, Art. 1, Rn. 15; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, 1995, Art. 1 Rn. 5; Zippelius, in: Bonner Kommentar, Art. 1 Rn. 53; Model/Müller, 111996, Art. 1 Rn. 6; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 1996, Art. 1 I, Rn. 52; Ehmann, JuS 1997, 193 (201); BayVerfGH, NVwZ 1997, 481 (484); Spranger, SuP 1997, 619; ders., ZfSH/SGB 1998, 95 (96); Brohm, JuS 1998, 197 (200). Hierzu allgemein Kübler, Verfassungsrechtliche Aspekte der Organentnahme zu Transplantationszwecken, 1977, S. 67 ff.; Hofmann, AöR 118 (1993), S.353 (373 ff). Abweichend insoweit die neuere rechtsphilosophisch begründete Kritik Gröschners (Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995, S. 26 ff., insbesondere S. 35), der eine Nachwirkung der Menschenwürde verneint, hingegen eine postmortale Wirkung des Persönlichkeitsrechts annimmt. 184 Auf die unbefangene Anschauung des Nicht-Juristen, der nicht nur den Angehörigen, sondern vielmehr dem Verstorbenen selbst das Recht auf ein ehrliches Begräbnis einräumt, weist bereits W. Jellinek (Verwaltungsrecht, 31948, S. 162) hin. 185 So ausdrücklich Maurer, DÖV 1980, 7 (10) für den Bereich der Organtranplantation.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

die Errichtung des Grabmals erforderliche Genehmigungsverfahren durchlaufen wird. Zu diesem relevanten Zeitpunkt soll die allgemeine Handlungsfreiheit aber keinerlei Wirkung mehr entfalten. Damit darf sich der noch Lebende zwar einen Grabstein seiner Wahl aussuchen, die tatsächliche Errichtung des Grabdenkmals ist damit aber in keiner Weise gewährleistet. Daß hier gegebenenfalls Art. 1 I GG zu beachten ist, hilft nicht entscheidend weiter, wenn man die hohe Schwelle bedenkt, die eine staatliche Maßnahme überschreiten muß, damit ein Eingriff in die Menschenwürde attestiert werden kann. Der Gedanke einer postmortalen Wirkung auch des Art. 2 I GG ist daher keinesfalls abwegig. Eine bei näherem Betrachten vergleichbare Situation zeigt sich bei der Problematik der Zulässigkeit von Organentnahmen bei Toten. Hat der noch Lebende für den Fall seines Todes sein Nicht-Einverständnis mit dem Eingriff erklärt, so wird durch die Respektierung dieser Entscheidung dem Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen Rechnung getragen 186. Dieser Ansatz ist auch auf den Bereich des Friedhofsrechts übertragbar. Hat der noch Lebende sich hinsichtlich der von ihm gewünschten Grabgestaltung geäußert, wird Art. 2 I GG Rechnung getragen, indem die Friedhofsverwaltung diesen Gestaltungswünschen entspricht. Gestützt wird dieser Gedanke nicht zuletzt durch rechtspraktische Erwägungen, die auf Besonderheiten des Friedhofsrechts beruhen. Handelt es sich beim Erwerber der Grabstätte zugleich um die später zu bestattende Person, könnte der Friedhofsträger bei Negierung einer postmortalen Wirkung, sofern keine Hinterbliebenen vorhanden sind, , die Gestaltung des belegten Grabes nahezu nach Belieben ändern. Während die Menschenwürde nicht jedwede Veränderung der Grabgestaltung, sondern erst eine solche mit einer die Menschenwürde verletzenden Intensität verbieten würde, gewährleistet eine Fortgeltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, daß von der individuellen Grabgestaltung bereits als Ausfluß der Persönlichkeit nicht abgewichen werden darf 187 . Dieses Ergebnis muß auch im Sinne der Rechtsprechung sein, wenn von der Vorsorge des noch Lebenden für den Fall seines Todes die Rede ist. Letztlich läuft ein derartiges Bestimmungsrecht des noch Lebenden vollkommen leer, solange und soweit nicht gewährleistet ist, daß der Wille nach Eintritt des Todes auch tatsächlich beachtet wird. Ist der Wille des Verstorbenen hinsichtlich der Gestaltung der Grabstätte zu beachten, so kann man auch unproblematisch von einer postmortalen Wirkung der allgemeinen Handlungsfreiheit sprechen: Im

186 Vgl. Kühler, Verfassungsrechtliche Aspekte der Organentnahme zu Transplantationszwecken, 1977, S. 62 ff.; Maurer, DÖV 1980, 7 (10 f.); Brohm, JuS 1998, 197 (200). Kritisch: Westermann, FamRZ 1969, 561 (566). 187 Für eine Nachwirkung des Persönlichkeitsrechts auch Werther/Gipp, Friedhofsund Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 16; Gröschner, Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung, 1995, S. 35.

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

übrigen sind die soeben angestellten Überlegungen in letzter Konsequenz auch auf andere spezielle Freiheitsrechte, wie etwa die Religions- oder die Meinungsfreiheit übertragbar 188. Diese Grundrechte sind im folgenden gesondert Gegenstand der Erörterung, wobei allerdings nicht erneut auf den Aspekt der postmortalen Geltung eingegangen werden soll. An dieser Stelle bleibt somit festzuhalten, daß eine Weitergeltung von Grundrechten nach dem Tod des Grundrechtsträgers - verstanden als Pflicht zur Beachtung der noch zu Lebzeiten geäußerten Wünsche und Vorstellungen - nicht alleine auf Art. 1 I GG beschränkt sein muß. C. Das Erfordernis der Anpassung der Grabgestaltung an die Umgebung und der allgemeine Gleichheitssatz nach Art. 3 I GG

I. Die Bindung des Nutzungsberechtigten

an den Status quo

Der Nutzungsberechtigte wird durch die Vorgabe, wonach sich die Gestaltung seiner Grabstätte so an die Umgebung anzupassen hat, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird, an die bereits bestehende und von ihm vorgefundene gestalterische Situation gebunden. Gehört der Nutzungsberechtigte hingegen zu den ersten Beiegern eines Grabfeldes oder eines neu errichteten Friedhofs, so ist er hinsichtlich der Grabgestaltung freier, da es an zu beachtenden Vorlagen in Form von bereits vorhandenen Grabstätten fehlt. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat sich mit einer solchen Anpassungsklausel beschäftigt 189, die allerdings zusätzlich zu der Anforderung der harmonischen Anpassung an das Gesamtbild das Gebot beinhaltete, wonach die Grabmäler in den einzelnen Grabfeldern in Form und Material nur geringe Abweichungen aufweisen dürften. Im konkreten Fall hatte der Anstaltsträger mit Hinweis auf die genannte Klausel die Erlaubnis für eine Grababdeckplatte in einem Grabfeld mit Grabsteinen abgelehnt. Das Gericht erachtete die Satzungsklausel zumindest in der ihr vom Anstaltsträger gegebenen Auslegung in Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 I GG für rechtlich nicht haltbar 190 , da sie den Erstbelegern eines Grabfeldes weitgehende Gestaltungsfreiheit lasse, wodurch die weitere Gestaltung eines Grabfeldes von reinen Zufälligkeiten abhängig gemacht werde. Die gängige allgemeine Gestaltungsvorschrift ist nun weniger deutlich als die in der Entscheidung zu beurteilende formuliert. Üblicherweise wird nicht aus188

Für eine postmortale Wirkung des Art.4 GG: Werther/Gipp, stattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 17. 189 OVG Saarland, saOVGE 11, 239 ff. 190 Vgl. OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (244).

Friedhofs- und Be-

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

drücklich gefordert, in Form und Material nur unwesentlich von den vorhandenen Grabdenkmälern abzuweichen, sondern nur das allgemeine Gebot aufgestellt, daß sich die Gestaltung der Grabstätte so an die Umgebung anzupassen hat, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und seiner Gesamtanlage gewahrt wird. Diese Formulierung kann in verschiedener Weise gedeutet werden. Entweder besagt die Klausel, daß die Würde des Friedhofs und seiner einzelnen Teile nur unter der Voraussetzung gewahrt wird, daß sich das Grabmal in die Umgebung einfügt, oder es handelt sich um eine Bekräftigung des allgemeinen Grundsatzes, wonach der Nutzungsberechtigte aufgrund des Nebeneinanders vieler Grabstätten Beschränkungen in seiner Gestaltungsfreiheit unterworfen ist 191 . Die Frage ist also, ob dem Anpassungsgebot lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt, oder ihm vielmehr eine eigenständige Rolle neben der allgemeinen Gestaltungsklausel beigemessen wird. Die friedhofsrechtliche Praxis hat sich für letzteres entschieden. Tatsächlich wird ungewöhnlichen, sich nicht in die Umgebung einfügenden Grabdenkmälern die Vereinbarkeit mit der Würde des Friedhofes regelmäßig abgesprochen 192 , so daß „Erstbeleger" im Vergleich zu nachfolgenden Bestattungen in ihrer Gestaltungsfreiheit weniger starken Bindungen ausgesetzt sind. An das Gebot der Anpassung der Grabgestaltung an die Umgebung muß demzufolge auch der Maßstab des Art. 3 I GG angelegt werden. Die Regelung privilegiert diejenigen Nutzungsberechtigten, die zu den ersten Beiegern eines neuen Grabfeldes oder eines neuen Friedhofs gehören. Für diese entfaltet das Gebot der Bindung an den Status quo entweder gar keine oder nur eingeschränkte Bedeutung. Von einer zumindest partiellen Auswirkung des Anpassungsgebotes kann bei der Erstbelegung eines neuen Grabfeldes gesprochen werden. In diesem Fall muß sich die Gestaltung zwar immer noch in den Gesamteindruck des Friedhofes, also das Erscheinungsbild der älteren Grabfelder einfügen. Diese Bindung ist jedoch nicht so stark wie das Erfordernis der Anpassung an das einzelne Grabfeld, weil der Friedhof aus einer Vielzahl von Grabfeldern besteht, die Vorgabe der Anpassung an den Friedhof daher eine größere Bandbreite von Vergleichsmöglichkeiten bietet. Auf jeden Fall sind die Erstbeleger eines neuen Grabfeldes oder Friedhofs in weniger intensivem Maße Gestaltungsbeschränkungen unterworfen als diejenigen Nutzungsberechtigten, die sich einem bereits größtenteils belegten Gräberfeld anpassen müssen.

191

Vgl. hierzu nur Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 201. Vgl. Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 61 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423 (424); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 201. 192

7 Spranger

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

IL Die Möglichkeiten einer Rechtfertigung Es fragt sich, unter welchen Gesichtspunkten eine derartige Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat dazu festgestellt, daß die Pflicht zur Anpassung an die Umgebung mit Art. 3 I GG vereinbar wäre, wenn die Anbringung der im konkreten Fall vorgesehenen Grabplatte die Zweckbestimmung des Friedhofs gefährden würde 193 . Dies sei jedoch bei Zugrundelegung des maßgeblichen Standpunkts eines Durchschnittsbesuchers nicht der Fall. Diese Argumentation ist in sich inkonsequent. Der entscheidende Maßstab zur Ermittlung einer unwürdigen Grabgestaltung wird, worauf auch das Gericht verweist, im Durchschnittsempfinden erblickt. Auf diesen Gedankengang aufbauend hat sich jedoch auch das Erfordernis der Anpassung an die Umgebung entwickelt 194 . Wer also das Kriterium des Durchschnittsempfindens als maßgebliche Größe erachtet, der muß gleichzeitig zu dem Ergebnis kommen, daß ein sich nicht in die Umgebung einfugendes Grabmal mit der Würde des Ortes unvereinbar ist. Diesem Ergebnis kann dann nur noch über eine variable Handhabung des Begriffs der Einfügung entgangen werden. Freilich kann bei der Errichtung einer Grabplatte auf einem Grabfeld mit Grabsteinen nur schwerlich davon die Rede sein, daß sich die Grabplatte in die nähere Umgebung einfügt, so daß das Gericht die Verwendung einer Grababdeckplatte in einer Abteilung mit Grabsteinen konsequenterweise hätte untersagen müssen. Die gegenüber dem Kriterium der durchschnittlichen Empfindungen vorzubringende Kritik war bereits ausführlich Gegenstand der Darlegungen. Doch sogar bei Zugrundelegung des Durchschnittskriteriums müssen Zweifel an den Auswüchsen dieser Begrifflichkeit geäußert werden. Warum der Durchschnittsbesucher oder -betrachter nur eine in bestimmten Grenzen einheitliche Friedhofsanlage für würdig halten sollte, läßt sich in keiner Weise belegen und stellt eine Schöpfung der sich berufen fühlenden Friedhofsgestalter dar. Um einen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der zu untersuchenden Ungleichbehandlung handelt es sich bei derartigen Erwägungen jedenfalls nicht. Die Anpassungsklausel, die einigen wenigen Nutzungsberechtigten „das Glück des Erstbelegers" beschert und die nachfolgenden Nutzungsberechtigten an deren Vorgaben bindet, läßt sich daher mit Art. 3 I GG nicht vereinbaren.

D. Die Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 I, I I GG Das Grundrecht der freien Religionsausübung erfaßt auch die kirchliche Tätigkeit auf Friedhöfen in kommunaler Trägerschaft insoweit, als der Fried193 194

OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (244). Vgl. Teil 2, 1.Abschnitt, Α. V. 2. a.aa. (2).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

hofsträger die religiöse Bestattungsfeier dulden muß. Dies wird bereits durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 141 WRV gefordert, weil es sich bei Friedhöfen um „sonstige öffentliche Anstalten" im Sinne dieser Vorschrift handelt 195 . Berechtigt werden jedoch nur die Religionsgesellschaften und zudem auch nur soweit, als die in Frage stehenden Handlungen liturgischen oder seelsorgerischen Charakter aufweisen. Gleichen Inhalts ist die Berechtigung, die sich für die Religionsgemeinschaften aus Art. 149 I 2 und Art. 148 der Verfassung des Freistaates Bayern ergibt 196 . Die Religionsfreiheit macht aber auch zugunsten des einzelnen Nutzungsberechtigten nicht vor den Toren des kommunalen Friedhofs halt. Die Säkularisierung des Bestattungswesens197 bedeutet zwar die Loslösung des Staates aus den Bindungen an die Kirche. Sie hat jedoch nicht die Ausgrenzung privater religiöser Betätigung aus dem Bereich öffentlicher Einrichtungen zur Folge. Das Grundrecht des Art. 4 I, II GG bindet den Staat im weitesten Sinne, also Legislative, Exekutive und Judikative in ihren jeweiligen Erscheinungsformen 198. Die allgemeinen Gestaltungsvorschriften ermöglichen die Errichtung eines Grabkreuzes, sofern dieses sich innerhalb der allgemein vorgegebenen Größenbeschränkungen bewegt. Als allgemein übliche Grabmalform darf ein Kruzifix keinem durchgehenden Verbot auf kommunalen Bestattungsplätzen unterworfen werden 199 . Unklar ist die Lage hingegen, was sonstige Ausgestaltungen und Ausschmückungen religiösen Charakters betrifft. So kann die Darstellung einer testamentarischen Szene in Form einer Skulptur nach den derzeit vorzufindenden Beschränkungen durchaus auf allen Grabfeldern verboten werden, weil sich diese nicht in die Umgebung einfügt und - bei entsprechendem Umfang - angeblich protzerisch wirkt und damit zugleich unwürdig sein soll. Auch die Aufstellung einer Grablaterne, bzw eines Ewigen Lichts ist nicht in jedem Fall gestattet. Dies gilt erst Recht für Gestaltungen, die nicht dem Christentum entspringen und ihren Ursprung beispielsweise im Buddhismus haben.

I. Grabgestaltung als Glaubensbetätigung Der über die Religionsfreiheit geschützte Bereich erfaßt nicht nur kultische Handlungen, sondern auch die Beachtung und Ausübung religiöser Gebräuche. 195 196

259.

197

Sperling, ZevKR 24 (1979), 345 (354). Vgl. von Busse, Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Kirche, 1978, S.

Vgl. BVerwGE 45, 224 (228); Spranger, Das Bestattungsgewerbe 1997, 689. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4 Rn. 107. 199 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrecht, S. 203. Zur Rolle des Grabkreuzes als religiösem Symbol: Merten, in: Verfassungsstaatlichkeit, Festschrift für Klaus Stern zum 65. Geburtstag, 1997, 987 ff. (991). 198

7*

100

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Das Bundesverfassungsgericht hat der Religionsausübungsfreiheit jedoch eine extensive Auslegung beigegeben und festgestellt, daß zur Klärung der Frage, was zur freien Religionsausübung zu rechnen sei, in erheblichem Maße auf das Selbstverständnis der Kirchen zurückgegriffen werden müsse200. Für die Frage der Grabgestaltung würde sich für den Nutzungsberechtigten über diesen Rückgriff im Ergebnis nicht allzuviel ändern. Als Träger konfessioneller Friedhöfe sind die Kirchen, sofern es sich nicht um einen Friedhof mit Monopolcharakter handelt, berechtigt, durchgehend erhöhte Anforderungen an die Grabgestaltung zu stellen. Im Falle christlicher Friedhöfe kommt zudem der Gedanke der Gemeinschaft aller Gläubigen zum Tragen, so daß auch das Gebot einer Anpassung an den Charakter der Anlage ohne weiteres zulässig ist. Das sich aus diesen Umständen ergebende Selbstverständnis der Kirchen würde also, zumindest soweit es christliche Friedhöfe betrifft, dazu führen, daß der Nutzungsberechtigte keine weitergehenden Gestaltungsmöglichkeiten hat, weil er auf konfessionellen Friedhöfen sogar noch stärker beschränkt werden kann. Das Kriterium des kirchlichen Selbstverständnisses hat unter allgemeinen Gesichtspunkten erhebliche Kritik erfahren. Tatsächlich besteht in Zeiten zunehmend auftretender Sektierer und dubioser Vereinigungen, die als Religionsgesellschaften firmieren, die Gefahr einer Verlagerung der KompetenzKompetenz, indem alle nur denkbaren Handlungen hinter die schützende Grenze des Art. 4 I, II GG gezogen werden 201 . Ein weiterer Aspekt, der bisher kaum Beachtung gefunden hat, betrifft die Frage, inwieweit es „das" kirchliche Selbstverständnis überhaupt gibt. Unstreitig dürfte dessen Existenz beispielsweise bei der karitativen Betätigung der christlichen Kirchen sein, die auch Gegenstand der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 202 war. Bei vielen anderen Fragen besteht jedoch auch innerhalb der Kirchen keine einheitliche Auffassung. Sofern Glaubensüberzeugungen auftreten, die von den offiziellen Lehren der Kirchen abweichen, werden also auch diese von Art. 4 GG geschützt203. Letztlich ist der Glaube eine höchst persönliche Erfahrung, die sich nicht aus dem kirchlichen Selbstverständnis ableiten oder auch nur schwerpunktmäßig bestimmen läßt. Umgekehrt bietet das kirchliche Selbstverständnis aber natürlich zu beachtende Grenzen. So kann ein Christ nicht unter dem Schutz der Religionsfreiheit Selbstjustiz üben unter Hinweis auf den alttestamentarischen Satz „Auge um Auge" und mit der Behauptung, daß es sich dabei seiner Überzeugung nach um die Kernaussage des christlichen Glaubens handele. 200 Vgl. BVerfGE 24, 236 (247 f.); BVerfGE 46, 73 (85 f.); hierzu auch Frowein, Zur verfassungsrechtlichen Lage der Privatschulen, 1979, S. 32 f.; VGH München, NVwZ 1997, 1016(1018); MorlokJMüller, JZ 1997, 549 (550 f.). 201 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4 Rn. 104. 202 BVerfGE 24, 236 ff. 203 BVerfGE 33, 23 (28f.); Zippelius, in: Bonner Kommentar, Art. 4 Rn. 31.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

101

Die Gefahr, daß sich die Religionsfreiheit bei extensiver Auslegung zu einer die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 I GG verdrängenden lex specialis entwickeln könnte 204 , besteht, soweit es die Frage der Grabgestaltung betrifft, nicht ohne weiteres. Zwar weist das kommunale Friedhofswesen keinen kultischen Bezug mehr auf, sondern wird vor allem durch hygienische und städtebauliche Aspekte bestimmt. Dem einzelnen Begräbnis kann jedoch über die Bestattungsfeier hinaus durch eine bestimmte Ausschmückung des Grabes, insbesondere durch Errichtung eines bestimmten Grabdenkmals, z.B eines Grabkreuzes, oder dessen Beschriftung und Symbolik 205 eindeutig kultische Bedeutung zukommen 206 . Keineswegs gefolgt werden kann der Ansicht Scheuners 207, wonach die Glaubensfreiheit im Bereich der Grabgestaltung dadurch „vollauf geschützt" sei, daß dem Einzelnen bei Nichtvorhandensein eines kommunalen Friedhofs das Anrecht auf eine würdige Stätte auch auf dem örtlichen konfessionellen Friedhof zusteht. Wie die Erörterung des Würdebegriffs für den Bereich des Bestattungswesens gezeigt hat, ist das Recht auf eine würdige Grabstätte keineswegs gleichbedeutend mit dem Recht auf Errichtung eines religiös inspirierten und motivierten Grabdenkmals. Der Maßstab der Friedhofswürde in seiner derzeit vertretenen Form kann dem Errichten einer religiösen Skulptur gerade entgegenstehen. Zudem interpretiert Scheuner Art. 4 GG zu eng, wenn er das Anrecht auf eine würdige Stätte als seinen einzigen Inhalt in Bezug auf gestalterische Fragen erachtet. Der Bestattunsganspruch resultiert bereits aus dem allgemeinen Friedhofszwang und ist in keiner Weise Ausfluß der Religionsfreiheit. Art. 4 I, II GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln 208 . Jenseitsvorstellungen waren schon in der Antike Gegenstand vielfältiger Betrachtungen und stellen zusammen mit der Totenehrung insgesamt auch heute noch einen der Kernpunkte der Weltreligionen dar. Das Friedhofswesen und insbesondere die Gestaltung der Grabstätte berührt demnach unmittelbar elementare Glaubensfragen, so daß auch nicht das generelle Risiko besteht, daß die Religionsfreiheit lediglich als Ersatz für Art. 2 I GG herhalten muß.

204

Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4 Rn. 105. Vgl. Bachof Rechtsgutachten, S. 17. Im folgenden setzt sich Bachof allerdings nicht ausführlicher mit der Glaubensfreiheit auseinander. Ebenso Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (113 f.). Ferner: Spranger, ZfSH/SGB 1998, 95 (96). 206 Zu weitgehend und heute nicht mehr vertretbar die Ansicht von Goetze, PrVwBl 22 (1900), 125 (127), wonach der Friedhof durch Errichtung des Kruzifixes als ein katholischer Begräbnisplatz bezeichnet und in Anspruch genommen wird. 207 Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). 208 BVerfGE 32, 98(106). 205

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Damit ist jedoch nicht die Gefahr gebannt, daß im Einzelfall dennoch versucht werden könnte, unter der Titulierung als Religionsausübung spezifische Grabgestaltungen durchzusetzen. Der in Bezug auf die Rechtsfolgen extensiven Interpretation 209 des Art. 4 GG korrespondiert deshalb die Notwendigkeit, die tatsächlichen Voraussetzungen strengeren Anforderungen zu unterwerfen 210. Verlangt wird damit der Rang einer Glaubensentscheidung und ein gewisses Maß an Nachprüfbarkeit 211. Die Nachprüfimg der Tatsachenseite stellt allerdings eine reine Einzelfallfrage dar und vermag damit nichts an der generellen Feststellung zu ändern, daß Art. 4 I, II GG eine an religiösen Überzeugungen ausgerichtete Grabgestaltung auch auf kommunalen Friedhöfen grundsätzlich gewährleistet. Die Versagung der angestrebten Gestaltung durch den Friedhofsträger stellt einen Eingriff in diesen durch die Religionsausübungsfreiheit gewährleisteten Bereich dar.

II. Grundrechtsschranken der Religionsfreiheit ihre Auswirkungen auf die Grabgestaltung

und

Die Religionsausübungsfreiheit wird vorbehaltlos gewährleistet. Da das in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 III 1 WRV genannte „für alle geltende Gesetz" ausschließlich den Fall der Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten durch die Religionsgesellschaften erfaßt, und eine Schrankenübertragung aus Art. 2 I GG und Art. 5 II GG nicht zulässig ist, andererseits aber gerade die Ausübung des Glaubens im Gegensatz zum bloßen forum internum Konfliktsituationen herbeiführen kann, verbleibt als Grundrechtsschranke einzig kollidierendes Verfassungsrecht 212. Praktisch läßt sich für den Bereich der Grabgestaltung aber nahezu kein Fall denken, in dem diese Konstellation Bedeutung erlangen könnte. Wenn ein religiöses Grabdenkmal die Würde eines Dritten oder seinerseits die Glaubensfreiheit eines weiteren Nutzungsberechtigten tangiert, etwa indem eine andere Religion verächtlich gemacht wird, so sind zwar die Grundrechte Dritter betroffen. In einem derart gelagerten Fall ist jedoch bereits der Schutzbereich der Religionsfreiheit nicht eröffnet, denn es gehört wohl kaum zur Religionsausübung, die Rechte und Empfindungen Dritter

209

Die Gründe für diese extensive Auslegung sind darin zu erblicken, daß die Religionsfreiheit anders als in Art. 135 WRV keinem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt mehr unterliegt, nicht mehr im Zusammenhang mit den staatsrechtlichen Artikeln steht, nicht nach Art. 18 GG verwirkt werden kann, und zudem durch verfassungsrechtliche Sonderregelungen geschützt ist, vgl. BVerfGE 24, 236 (246). 2.0 Vgl. BVerwGE 45, 224 (234). 2.1 BVerfGE 12, 45 (55); BVerfGE 34, 165 (195); BVerwGE 45, 224 (234); Gaedke, Städte- und Gemeindebund 1974, 305 (307). 212 Vgl. Spranger, RiA 1997, 173 (174 f.).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

10

zu verletzen. Auch eine Kollision mit den Verfassungsprinzipien des Art. 20 GG ist unter diesem Gesichtspunkt ausgeschlossen. Unter keinen Umständen zugestimmt werden kann der Überlegung, Schranken der Religionsfreiheit könnten nach dem Empfinden des gebildeten Durchschnittsmenschen bestimmt werden 213 . Der - ohnehin verworrene und unbrauchbare - Maßstab des Durchschnittsempfindens ist, wie bereits dargestellt 214, im Rahmen der Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit in die friedhofsrechtliche Diskussion eingeführt worden und dient dort zur Ermittlung einer würdevollen Gestaltung als wesentlichem Merkmal des Friedhofszwecks. Ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht wie die Religionsfreiheit jedoch kann unter keinen Umständen über den blanken Hinweis auf ein angebliches durchschnittliches Empfinden eines für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters eingeschränkt werden.

III Zur Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses Die soeben getroffenen Feststellungen gelten grundsätzlich auch für die areligiöse Sinndeutung von Welt und Mensch 215 . Lediglich im Bereich der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines Eingriffs ergeben sich Besonderheiten. Während bei einer Grundrechtskollision der Religionsausübungsfreiheit bereits die Eröffnung des Schutzbereiches fraglich ist, kann ein weltanschauliches Bekenntnis auf eine Grundrechtskollision geradezu ausgerichtet sein oder die Grundrechtsberechtigung Dritter schlichtweg negieren. Für diesen Fall bleibt zwar der Schutzbereich des Art. 4 I, II GG grundsätzlich eröffnet, jedoch erweist sich der Schutz der individuellen Grundrechte Dritter im Falle einer Kollision als vorrangig.

IV. Die Gestaltung der Gräber Angehöriger des moslemischen Glaubens als Sonderfall kommunaler Vorgaben Von zunehmender Relevanz sind in jüngster Zeit 2 1 6 die Bestattungen von Angehörigen moslemischen Glaubens. Der Koran verbietet die Bestattung von 213

Dies aber ist die Konsequenz der Ansicht Gaedkes (Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 202), der, da es in religiösen Fragen keine einheitliche Meinung gibt, für die Entscheidung über das zur Erhaltung der Würde Notwendige und Zulässige das Empfinden des sogenannten gebildeten Durchschnittsmenschen maßgebend sein lassen will. 214 Vgl. oben, Teil 2, 1.Abschnitt, A V 2. 215 Begriff nach BVerwGE 89, 368 (370). 216 Vgl. zuletzt das Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Ausländer vom 30.05.1996 an die Ausländerbeauftragten der Länder und Kommunen, in dem auf die Ausstellung „Nach Mekka gewandt - Türkisches Bestattungsbrauch-

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Moslems unter Nichtmoslems und schreibt darüber hinaus die Ausrichtung der Grabstellen in Richtung Mekka 2 1 7 vor. Aus diesen Glaubenssätzen und der konfessionellen Neutralität der Bundesrepublik Deutschland wird deshalb die Verpflichtung der politischen Gemeinden abgeleitet, bei Vorliegen eines entsprechenden Bedürfnisses besondere Grabfelder für Moslems anzulegen218. Bereits die Ausrichtung der Grabstelle in eine bestimmte Himmelsrichtung beeinflußt das äußere Erscheinungsbild und ist letztlich eine gestalterische Frage, die damit religiös begründet ist. Auch die Gestaltung des Grabdenkmals eines Verstorbenen moslemischen Glaubens weist religiös bedingte Besonderheiten auf. So darf beispielsweise die Steinabdeckung einer Grabstätte nach dem Koran nicht so vollständig sein, daß dem Verblichenen die Verbindung zum Himmel versagt bleibt 219 . Hingegen ist die in Deutschland nicht nur übliche, sondern auch satzungsmäßig vorgeschriebene intensive Grabpflege den Muslimen eher fremd 220 . Die Inschriften auf den Grabstelen geben nicht nur die Lebensdaten an, sondern berichten über die Taten des Verstorbenen 221. Während sich vielfältige Bemühungen feststellen lassen, vornehmlich moslemischem Bestattungsbrauchtum, aber auch den Sitten und Gewohnheiten anderer Religionen in Deutschland222 auch bei der Gestaltung des Friedhofs und des einzelnen Grabdenkmals zu entsprechen, sind derartige Ansätze für den Fall christlicher Grabgestaltungen nur bedingt zu registrieren. Als ergänzender Beleg für die überraschende Offenheit mancher Kommunen gegenüber auch noch so extremen Wünschen von Angehörigen verschiedener Minderheiten mag hier das folgende Beispiel dienen: die Stadt Bonn genehmigte jüngst den Hinterbliebenen eines verstorbenen Roma die Anlage eines 100 qm großen „KönigsHains". Dieser umfaßt nicht nur eine lebensgroße Statue des Verstorbenen, sondern auch einen kleinen Tempel nach griechischem Vorbild, ein schneeweißes Heiligenhäuschen mitsamt Madonnenfigur, einen steinernen Tisch mit zwei

tum in Deutschland" im Museum für Sepulkralkultur in Kassel hingewiesen wird; Gert Otto, DFK 1996, 260 ff.; Fischer, DFK 1996, 404 ff.; Siruchtemeier,, DFK 1996, 489. 217 Behrens, DFK 1995, 57 (58); Gert Otto, DFK 1996, 260 (262). 218 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 172; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 24; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XI (Stand: Januar 1996), Rn. 6, verneint ein Verpflichtung der Gemeinden, auf ihren Friedhöfen gesonderte Bestattungsplätze für Verstorbene einer bestimmten Glaubenszugehörigkeit einzurichten, stellt die Entscheidung darüber jedoch in das Ermessen der Gemeinden. 2,9 Vgl. Behrens, DFK 1995, 57 (58). 220 Fischer, DFK 1996, 404; Struchtemeier, DFK 1996, 489. 221 Struchtemeier, DFK 1996, 489. 222 Zur Anlage eines yezidischen Gräberfeldes sowie einer buddhistischen Urnengrababteilung: Fischer, DFK 1996, 404 ff.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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Bänken, eine überdimensionale schwarze Königskrone mit vergoldeten Kugeln an den zehn Zacken sowie ein schmiedeeisernes Tor 2 2 3 . Überraschend ist, daß sich die Kommune bei der Genehmigung dieses Grabmals in keiner Weise an ihre eigene Friedhofssatzung gebunden gefühlt hat. Es bedarf in diesem Zusammenhang des ausdrücklichen Hinweises, daß es hier in keiner Weise um ein gegenseitiges Ausspielen der verschiedenen Bekenntnisse, sondern vielmehr um deren Gleichbehandlung durch den Satzunggeber geht. Es steht zu befürchten, daß etwa den Gestaltungswünschen moslemischer Nutzungsberechtigter entsprochen wird, um sich nicht des Vorwurfs der Diskriminierung auszusetzen und weitergehende Konflikte zu vermeiden, den weitaus zahlreicheren Angehörigen anderer Religionen diese Rechte aber in Erwartung mangelnden Widerstands verwehrt werden. Eine derartige Handhabung durch die Kommunen kann aber weder dem Gleichbehandlungsgebot, noch der Religionsausübungsfreiheit genügen. Eine Verpflichtung zur Anlage gesonderter Grabfelder für Angehörige des moslemischen Glaubens soll im übrigen auch für konfessionelle Friedhöfe mit Monopolcharakter bestehen224. Diese Feststellung ist in der Tat prekär 225 . Zwar sah bereits Art. 189 ALR vor, daß auch die im Staat aufgenommenen Kirchengesellschaften der verschiedenen Religionsparteien einander wechselweise in Ermangelung eigener Kirchhöfe das Begräbnis nicht versagen dürfen 226 . Auch liegt die beschriebene Pflicht auf der Linie der allgemein im Falle kirchlicher Monopolfriedhöfe angenommenen Beschränkungen. Dennoch ergibt sich eine besondere Konfliktsituation aus der vollkommenen Andersartigkeit moslemischer Begräbnisse. Während sich beispielsweise katholisches und protestantisches Bestattungsbrauchtum kaum voneinander unterscheiden, kann diese Gleichartigkeit bei christlichen und moslemischen Begräbnissen nicht behauptet werden. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß auch konfessionelle Monopolfriedhöfe ihre religiöse Zweckbestimmung nicht einbüßen 227 , eröffnet sich ein weites Spannungsfeld. Auch wenn eine rechtliche Verpflichtung der politischen Gemeinden, bei Vorliegen einer solchen Konstellation Abhilfe zu schaffen, nicht attestiert werden kann, empfiehlt sich doch die Einrichtung entspre-

223

S. 12.

Bonner Rundschau vom 29.10.1997; General-Anzeiger vom 01./02.11.1997,

224 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 172; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 24. 225 So auch Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 24. 226 Zu den Auseinandersetzungen um diese Vorschrift Kohl, Das Friedhofs- und Begräbnisrecht in Preußen, 1908, S. 35 ff; Jellinek, Grabreden auf kirchlichen Friedhöfen, in: Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, 1929, S. 124 ff. 227 Gaedke, DFK 1997, 478.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

chender Bestattungsplätze durch die Kommunen 228 zur Vermeidung gegebenenfalls ausufernder Konflikte.

E. Die Gewissensfreiheit nach Art. 4 I GG Auch die Gewissensfreiheit blieb im Rahmen der bisherigen Auseinandersetzung um das Recht der Grabgestaltung nahezu unerörtert. Einzig Scheuner 229 bejaht die grundsätzliche Anwendbarkeit der Gewissensfreiheit auf Fragen der Grabgestaltung in einem Atemzug mit der Glaubensfreiheit und erachtet diese ebenso wie jene als „vollauf geschützt", solange bei nicht vorhandenem kommunalem Friedhof jedem das Anrecht auf eine würdige Grabstätte auch auf dem örtlichen konfessionellen Bestattungsplatz gesichert ist. Das Gewissen als ethische Kategorie 230 erfaßt jede ernste sittliche, also an den Kategorien von „Gut" und „Böse" orientierte Entscheidung231. Bei einer Bewertung nach den Kategorien „schön / häßlich" ist eine Gewissensentscheidung demnach nicht gegeben 232 . Der Nutzungsberechtigte dringt demnach weder mit der Behauptung durch, daß eine bestimmte Grabgestaltung mit seinem Gewissen unvereinbar ist, noch kann er behaupten, daß sein Gewissen eine besondere Grabgestaltung erfordere. Anders verhält es sich jedoch bei der Verweigerung ganzer Normkomplexe aus Gewissensgründen, wie dies etwa bei der Kriegsdienstverweigerung der Fall ist 2 3 3 . Übertragen auf das Gebiet des Friedhofsrechts würde dies bedeuten, daß ein Nutzungsberechtigter die Befolgung der Gestaltungsvorschriften unter Berufung auf die Gewissensfreiheit verweigern könnte. Abgesehen davon, daß diese Konstellation einen krassen Ausnahmefall darstellt und hier eine Geltendmachung der Gewissensfreiheit zudem wenig glaubwürdig erscheint, muß zur Vermeidung der uferlosen Inanspruchnahme der Gewissensfreiheit verlangt werden, daß die betreffenden Behörden bzw. Gerichte von der Richtigkeit und 228

Dieser Notwendigkeit der Einrichtung getrennter Bestattungsplätze für Moslems entspricht neuerdings § 3 II des Gesetzes über die landeseigenen und nichtlandeseigenen Friedhöfe Berlins (Friedhofsgesetz), wonach gemeinnützige Religionsgesellschaften, die nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, mit dem hoheitlichen Bestattungsrecht beliehen werden können, wenn sie in der Lage sind, den sachlichen und ideellen Bedarf sowie das langfristige wirtschaftliche Leistungsvermögen nachzuweisen. Auch im Kreis Unna soll ein getrennter muslimischer Bestattungsplatz eingerichtet werden, vgl. Westfälische Rundschau vom 03.07.1996, S. 18. 229 Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). 230 Vgl. von Münch, in: ders./Kunig, Grundgesetz, 41992, Art. 4 Rn. 25. 231 BVerfGE 12, 45 (55); Model/Müller, Grundgesetz, u 1996, Art. 4 Rn. 3; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band I, 1996, Art. 4 Rn. 57. 232 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 11 1995, Rn. 574. 233 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4 Rn. 139.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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Wahrhaftigkeit der Behauptung überzeugt sind oder daß die Behauptung zumindest glaubhaft gemacht worden ist 234 . Ein vollkommener Verzicht auf jegliche Anforderungen ist hingegen gerade im Bereich der Verweigerung von Normkomplexen nicht möglich. Liegt tatsächlich eine Unvereinbarkeit kommunaler Grabgestaltungsvorschriften mit der Gewissensfreiheit vor, so stellt dies im übrigen nicht die generelle Gültigkeit dieser Vorschrift in Frage, sondern führt lediglich zur Freistellung des Nutzungsberechtigten im Einzelfall 235 .

F. Die Grabgestaltung als durch Art. 5 11 l.Hs GG geschützte Meinungsäußerung Die in Art. 5 11 l.Hs GG gewährleistete Meinungsfreiheit, insbesondere in der Erscheinung als Meinungsäußerungsfreiheit, ist auf dem Gebiet des Friedhofswesens bisher nahezu unbeachtet geblieben. In der einschlägigen Judikatur spielt sie durchgehend keine Rolle 236 . Auch die Literatur hat diesen Aspekt der verfassungsrechtlichen Implikationen bislang größtenteils unberücksichtigt gelassen. Der verfassungsrechtliche Begriff der Meinung wird geprägt durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung. Es kommt dagegen nicht auf den vermeintlichen Wert, die Richtigkeit oder die Vernünftigkeit der Äußerung an 237 . Über derartige Werturteile hinaus werden auch Tatsachenmitteilungen erfaßt, weil und soweit sie Voraussetzung der Bildung von Meinungen sind 238 . Die bewußte Behauptung unwahrer Tatsachen fällt nicht unter den Schutzbereich 239. Im Bereich des Friedhofswesens vermag die Meinungsäußerung zunächst Bedeutung zu erlangen, soweit es um bestimmte über die Wiedergabe reiner Daten hinausgehende Erscheinungsformen einer Grabinschrift geht. Aber auch die Gestaltung des Grabdenkmals selbst kann unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit betrachtet werden.

234 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 4 Rn. 167 f. So lehnt auch das Bundesverfassungsgericht E 34, 165 (195) eine Verletzung der Gewissensfreiheit ab, weil die zu bewertende Entscheidung nicht den Rang einer Gewissensentscheidung habe. 235 Hierzu BVerwGE 45, 224 (227). 236 Einzig in LVG Hannover, NJW 1956, 1372 (1373) findet sich der knappe Hinweis, daß Art.5 I GG dem Friedhofsbenutzer im Bereich der Totenehrung zustehen kann. 237 BVerfGE 61,1 (8); BVerfGE 65, 1 (41). 238 BVerfGE 61,1 (8); BVerfGE 65, 1 (41); BVerfGE 66, 116 (136); Degenhart, in: Bonner Kommentar, Art. 5 Rn. 138. 239 BVerfGE 61,1 (8); BVerwGE 55, 232 (241).

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

L Die Grabinschrift

als Meinungsäußerung

Ein wesentliches Element der Grabgestaltung ist die Grabinschrift. Diese kann, soweit sie über die bloße Angabe der Lebensdaten und gegebenenfalls des Berufes des Verstorbenen hinausgeht, die schriftliche Äußerung einer Meinung darstellen. Scheuner vertritt hingegen die Ansicht 240 , daß das Grundrecht der Meinungsfreiheit ausschließlich auf die Äußerung politischer, sozialer und ähnlicher Ansichten gerichtet sei. Für die Grabinschriften zieht er daraus die Konsequenz, daß die Kundgabe derartiger Meinungen „ganz grundsätzlich mit der Totenehrung so stark im Widerspruch steht, daß schon der äußerlichste Grundsatz guter Ordnung den Mißbrauch der Grabgestaltung zu Meinungsäußerungen unterbinden darf, ja hier sogar eine Pflicht der Friedhofsverwaltung zur Verhütung solcher „Kundgebungen" anzunehmen sein dürfte." 241 Dieser Ansatz Scheuners geht von einem älteren und viel zu engen Verständnis des Schutzbereiches des Art. 5 11 1 .Hs GG aus, welches die Nähe zwischen Demokratieprinzip und Art. 5 GG zur Grundlage hat. Eine Beschränkung auf politische, soziale und ähnliche Äußerungen kommt einer Differenzierung zwischen qualitativen und „wertlosen" Meinungen gleich und verkennt die fur ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen konstituierende Bedeutung 242 der Meinungsfreiheit. Ob mit der Meinung öffentliche, insbesondere politische, oder private Zwecke verfolgt werden, ist irrelevant 243 . Der von Scheuner bemühte und worin auch immer sich äußernde „Grundsatz guter Ordnung" ist darüber hinaus keine zulässige Schranke der Meinungsfreiheit. Über das Medium der Grabinschrift können daher auch Meinungen geäußert werden, wie es im übrigen auf deutschen Friedhöfen vor Einzug der kommunalen Grabgestaltungsvorschriften häufig der Fall war. Zahlreiche historische Bestattungsplätze zeugen nicht nur von dem Einfallsreichtum der Nutzungsberechtigten, sondern auch von der früher verbreiteten Toleranz vieler Stadtväter. 244

240

Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). Scheuner, Die Gemeinde 1957, 5 (7). 242 Vgl. BVerfGE 62, 230 (247); BVerfGE 71, 206 (220); BVerfGE 76, 196 (208 f.). 243 Wendt, in: von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Art. 5 Rn. 8; Hoffmann-Riem, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, 21989, Art. 5 Rn. 22; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, 31995, Art. 5 Rn. 2; Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 55 e; BVerfGE 25, 296 (307) (bezogen auf die Pressefreiheit); BVerfGE 35, 202 (222 f.) (bezogen auf die Rundfunkfreiheit). 244 Beispiele finden sich bei Humbert, JW 1925, 2108 f.; Hansing, Hier liegen meine Gebeine, ich wollt'es wären Deine, 1996. 241

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

II Formgebung und Materialwahl

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als Meinungsäußerung

Als komplexer erweist sich hingegen die Beantwortung der Frage, ob auch durch die Formgebung des Grabdenkmals, bzw. bereits durch die Auswahl eines bestimmten Materials eine Meinung geäußert werden kann. Soweit es die Auswahl des Materials betrifft, wird für die Grabgestaltung eine Anwendbarkeit des Art. 5 11 l.Hs GG für den Fall bejaht, daß ein Künstler im Ringen mit Stoff und Form mit dem Material eine künstlerische Idee äußern will. Der Stoff alleine sei hingegen nicht geeignet, eine Meinung zu transportieren 245. Ebenfalls um eine Meinungsäußerung soll es sich handeln, wenn die Geschmackswahl ausgesprochenen Bekenntnischarakter hat, also beispielsweise ein Grabstein aus heimatlichem Material gewählt wird, um der besonderen Heimatverbundenheit des Verstorbenen zum Ausdruck zu verhelfen 246 . Als weitere Anwendungsfälle der Meinungsfreiheit wird die Gestalt und Symbolik des Grabsteins 247 sowie der Fall genannt, daß jemand seine juristische Meinung im Streit um Gestaltungsvorschriften dadurch äußern will, daß er dem Verbot einer Friedhofsordnung zum Trotz einen bestimmten Grabstein setzen läßt 248 . Diese in der Literatur angeführten Beispiele lassen Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Grundrechten erkennen. Der Bekenntnischarakter einer bestimmten Geschmackswahl wird wohl eher unter Art. 4 I, II GG zu fassen sein, ebenso wie das verbotswidrige Aufstellen eines Grabdenkmals einen Fall der Ablehnung eines Normkomplexes 249 darstellt und damit dem Anwendungsbereich der Gewissensfreiheit unterfällt. Die Verbindung von Form und Material als Ausdruck einer künstlerischen Idee stellt hingegen einen Anwendungsfall der spezielleren Vorschrift der Kunstfreiheit nach Art. 5 III 1 GG dar. Somit zeigt sich, daß vom einzelnen Beispiel her die Reichweite der Meinungsfreiheit in Bezug auf die Formgebung und Materialwahl nicht hinreichend definiert werden kann. Ausgegangen werden muß daher von allgemeinverbindlichen Maßstäben zur Meinungsfreiheit. Formgebung und Materialwahl können, wenn man auf die in Art. 5 11 l.Hs GG genannten Medien der Meinungsäußerung abstellt, die Äußerung einer Meinung mittels eines Bildes darstellen. Unter „Bild" in diesem Sinne wird jedoch nur das mit der Unterlage verbundene Zeichen verstanden 250, so daß allenfalls die auf dem Grabdenkmal eingravierte Darstellung der Kategorie des Bil-

245 246 247 248 249 250

Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (114). Bachof Rechtsgutachten, S. 18. Bachof Rechtsgutachten, S. 18. Liermann, Kulturarbeit 1958, 111 (114). Hierzu bereits Teil 2, 1.Abschnitt, E. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 72.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

des zufallen kann. Die in Art. 5 I GG genannten Modalitäten der Meinungsäußerung und -Verbreitung stellen jedoch keine abschließende Aufzählung dar. Auch solche Methoden der Äußerung und Verbreitung einer Meinung werden von dem Schutzbereich der Vorschrift erfaßt, die sich auch bei weitestem Verständnis nicht als Wort, Schrift oder Bild darstellen 251. Auch durch die bloße Auswahl eines bestimmten Materials, eine spezifische Formgebung des Grabdenkmals, oder eine Verbindung dieser beiden Komponenten kann eine Meinung geäußert werden. Eine Meinungsäußerung in Form der Grabgestaltung ist damit in vielfacher Hinsicht denkbar.

III Die Genehmigungspflicht für Grabmale und Grabinschriften als Eingriff in die Freiheitssphäre Als durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung verbotener staatlicher Eingriff erweist sich auch die rechtliche Beseitigung, also das Verbot bestimmter Äußerungsmöglichkeiten 252. Ebenso unzulässig ist jede Form von Erlaubnispflichtigkeiten für eine Meinungsäußerung 253. Bereits die generelle Genehmigungspflicht für Grabinschriften stellt daher - entgegen der herrschenden Meinung 254 - einen Eingriff in die durch Art. 5 1 1 Hs.l GG verbürgte Freiheitssphäre dar. Das Zensurverbot gemäß Art. 5 I 3 GG zieht eine absolute Grenze dahingehend, daß das Abhängigmachen einer Kommunikationsmöglichkeit von der vorherigen Kontrolle ihres Inhalts definitiv verboten ist 255 . Um nichts anderes handelt es sich aber bei der generellen Genehmigungspflicht jeglicher Grabmalsgestaltung inklusive der Grabinschrift. Verdeutlicht wird dies bei besonderer Betrachtung der Grabinschriften. Ziel der Genehmigungspflicht ist es, solche Inschriften von vornherein zu unterbinden, die mit dem Friedhofszweck, bzw. der Würde des Ortes 256 nicht vereinbar sind. Die weite Bedeutung, die diesem Begriff von der herrschenden Meinung beigelegt wird, führt zu einer extensiven Regelementierung der Grabinschriften. 251 Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 73. A.A. Wendt, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz, 41992, Art. 5 Rn. 15 f., der jedoch im Gegenzug den Begriff des Bildes wesentlich weiter versteht. 252 Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI, 1989, § 141 Rn. 26; Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 76. 253 Vgl. Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI, 1989, § 141 Rn. 26. 254 Sperling, DFK 1986, 33 (34); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 196; Klingshirn,, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 16 ff. 255 Vgl. Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI, 1989, § 141 Rn. 44. 256 So § 38 II der Friedhofssatzung der Stadt Coburg; § 23 II 1 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 22 III Nr.3 der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 4 II der Grabmalordnung der Stadt Passau; § 27 I 3 lit. d) der Friedhofssatzung der Stadt Wiesbaden.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

11

Bereits ausführlichere Texte oder Inschriften, die den Lebensweg des Verstorbenen detailliert darstellen oder diesen übermäßig loben, sind unzulässig, weil sie angeblich „ungewöhnlich" oder „protzig" sind, damit der Würde des Ortes zuwiderlaufen und folglich zugleich gegen den Friedhofszweck verstoßen. Demgemäß sehen einige Friedhofssatzungen auch explizit vor, daß die Grabinschriften hinsichtlich Größe und Ausführung in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des Grabmals stehen257 oder in einer bestimmten Art und Weise gearbeitet sein sollen 258 . Ebenso findet sich das Verbot provokativ wirkender Symbole und Zeichen oder von Grabinschriften mit den religiösen Frieden störendem Inhalt 259 . Als unzulässig erachtet wird daher beispielsweise die folgende Inschrift: „Macht hier das Leben gut und schön / kein Jenseits gibt's, kein Wiedersehn", da sie unter Berücksichtigung christlicher Glaubensinhalte die religiösen Gefühle Dritter verletzen könnte 260 . Noch eindeutiger ist die Situation bei Vorgaben, wonach die Schriftanordnung und die verwendeten Sinnzeichen klar auf die Aussage des Grabmals bezogen sein sollen 261 , oder daß die Schrifttexte klare, schlichte Aussagen über den Toten, bzw. zusammenfassend über die in der Grabstätte bestatteten Personen enthalten sollen 262 . Dahingehende Satzungsklauseln stellen die rechtliche Beseitigung, nämlich das Verbot bestimmter Äußerungsmöglichkeiten, dar. Bei der generellen Genehmigungspflicht für Grabinschriften und Grabdenkmale handelt es sich, soweit diese eine Meinungsäußerung enthalten oder darstellen, um einen Verstoß gegen das Verbot der Vorzensur. Ist dem Nutzungsberechtigten die Verwendung all der Inschriften versagt, die über die geforderten knappen Aussagen - wie z.B. den Namen des Verstorbenen oder das Geburts- und Sterbedatum - hinausgehen, so ist die positive Meinungsfreiheit betroffen. Ob die Grabinschrift oder die Grabmalgestaltung beleidigenden Charakter hat, ist für die Einordnung als Meinungsäußerung irrelevant. Auch beleidigende Äußerungen können Inhalt eines Werturteils sein 263 . Soweit mit diesen Vorschriften der Inhalt der möglichen Grabinschriften

257

§ 38 I der Friedhofssatzung der Stadt Coburg. § 23 II 2 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 22 I 2 und 3 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 259 Für zulässig erachtet werden deratige Verbote von Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 62, und Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 9. Auch Bachof {Rechtsgutachten, S. 21) befürwortet ein Zurücktreten der Wünsche des einzelnen vor dem religiösen Empfinden der Gesamtheit. Zutreffend hingegen die Einschränkung von Peters (Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 138), der Verstöße gegen die Grundgedanken einer Konfession offensichtlich nur auf bekenntnismäßig gebundenen Friedhöfen unterbunden sehen will. 260 So Josef JW 1925, 2109 (2110). 261 § 18 XXI 1 der Friedhofssatzung der Stadt Magdeburg. 262 § 22 I 1 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 263 So BVerfGE 33, 1 (14 f.); Gornig, JuS 1988, 274 (277); Schmidt-Jortzig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI, 1989, § 141 Rn. 5. 258

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

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auf bestimmte Aussagen und Sinninhalte gerichtet und der Nutzungsberechtigte gezwungen wird, über bloße Tatsachenmitteilungen hinaus bestimmte Äußerungen zu tätigen, handelt es sich um einen Eingriff in die negative Meinungsfreiheit. Ebenfalls der Bereich der negativen Meinungsfreiheit ist betroffen, wenn der Friedhofsbenutzer gezwungen wird, Ornamente oder Symbole zu benutzen 264 . Der Begriff des Symbols 265 impliziert bereits, daß dem Zeichen ein bestimmter Sinngehalt zueigen ist. Dies gilt generell auch für die Ornamente, denen im Bereich des Friedhofswesens typischerweise ebenfalls ein spezifischer Sinn und damit Aussagegehalt zukommt. Durch die Verpflichtung, Ornamente oder Symbole als Element der Grabgestaltung zu nutzen, ist der Nutzungsberechtigte gezwungen, den jeweiligen Sinngehalt des Zeichens zu übernehmen. Daß ihm dabei grundsätzlich die Auswahl zwischen einer Vielzahl von verschiedenen Symbolen offenstehen wird, ändert nichts an der generellen Feststellung, daß der Nutzungsberechtigte gezwungen wird, sich überhaupt zu äußern, und damit ein Eingriff in die negative Meinungsfreiheit vorliegt.

IV. Insbesondere das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt In einigen Friedhofssatzungen findet sich die Besonderheit, daß das Verbot bestimmter Inschriften 266 oder Materialien unter Erlaubnisvorbehalt steht. Danach kann der Friedhofsträger, soweit er es unter Beachtung der allgemeinen Gestaltungsgrundsätze für vertretbar hält, Ausnahmen von dem Verbot zulassen. Ohne daß es auf die sonst bei Grundrechtsbeeinträchtigungen durch Verbote mit Erlaubnisvorbehalt relevante Unterscheidung zwischen repressiven und präventiven Verboten, sowie freiem und gebundenem Vorbehalt ankommt 267 , vermag die bloße Möglichkeit einer Erlaubniserteilung im Bereich der Meinungsfreiheit die Unzulässigkeit des Verbots keinesfalls zu beseitigen. Dies ist die Folge des Zensurverbots in Art. 5 I 3 GG, welches die Fälle der sogenannten Vor- oder Präventivzensur erfaßt. Indem Art. 5 I 3 GG jede erdenkliche durch Rechtsnorm, Verwaltungsakt oder Gerichtsentscheidung angeordnete Regelung verbietet, mittels derer eine Meinungsäußerung oder Meinungsverbreitung von einer vorherigen staatlichen Regelung abhängig gemacht werden 264

Diese Verpflichtung findet sich beispielsweise in § 29 II Nr.5 der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart. Nach § 18 XXI 3 der Friedhofssatzung der Stadt Magdeburg ist es erwünscht, auch die Rückseiten stehender Grabmale durch Symbole, Ornamente oder prägnante Inschriften zu gestalten. 265 Zur Definition und Wirkungsweise des Symbols: Heckmann, JZ 1996, 880 (881 f.). 266 § 23 VI der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 22 II der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 267 Vgl. dazu allgemein Friauf, JuS 1962, 422 ff.; Ossenbühl, DÖV 1968, 618 ff.; Schwabe , JuS 1973, 133 ff.; Gusy, JA 1981, 80 ff.

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

11

soll 2 6 8 , stellt er geradezu den klassischen Fall der Unzulässigerklärung eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dar 269 .

V. Die Grundrechtsschranken

des Art. 5 II GG

1. Das allgemeine Gesetz Das Bundesverfassungsgericht versteht unter allgemeinen Gesetzen in ständiger Rechtsprechung und unter Kombination der Kriterien sowohl der Sonderrechtslehre als auch der Abwägungslehre solche Gesetze, die sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgutes dienen 270 . Nicht nur formelle, sondern auch materielle Gesetze können allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 II GG sein, so daß auch kommunale Satzungen der Meinungsfreiheit wirksame Grenzen aufzeigen können. Die einschlägigen Gestaltungsge- oder verböte der Friedhofssatzungen richten sich zwar nicht gegen eine Meinung als solche, sondern gegen schlichtweg alle Auffassungen, die nicht den engen Vorgaben des Satzunggebers entsprechen. Diffiziler erweist sich hingegen die Bewertung des zweiten Elements der kombinierten Formel des Bundesverfassungsgerichts.

a) Die Würde des Friedhofs

als zu schützendes Rechtsgut

Es fragt sich, welchem schlechthin zu schützenden Rechtsgut die betreffenden Gestaltungsvorschriften zu dienen bestimmt sind. Die Friedhofssatzungen stellen hier wiederum auf den Aspekt der Würde des Friedhofs 271 ab. Die Problematik, die sich aus der Formulierung derartiger Gemeinschaftsgüter ergibt, ist umfassender Gegenstand der verfassungsrechtlichen Erörterung 272 . Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades derartiger Begrifflichkeiten kann von diesen ausgehend die Meinungsfreiheit nicht beschränkt werden. Es bedarf damit einer differenzierenderen Formulierung der Gemeinschaftsgüter, bei der möglichst auf die hinter diesen stehenden Individualrechtsgüter durchgegriffen wird 2 7 3 . 268 269

Vgl. BVerfGE 33, 52 (72); BVerfGE 47, 198 (236). BVerfGE 47, 198 (236); Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn.

78.

270 271 272 273

BVerfGE 7, 198 (209 f.); BVerfGE 62, 230 (243 f.); BVerfGE 71, 162 (175). So auch Fechner, Erwiderung, S. 77. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 269 ff. Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 273.

8 Spranger

1

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Die Probleme, die sich bei der Konkretisierung des Begriffes der „Würde des Friedhofs" ergeben, sind bereits ausführlich behandelt worden. Bei der „Friedhofswürde" handelt es sich um einen Begriff mit außerordentlich hohem Abstraktionsgrad, was durch seine Ermittlung anhand des Durchschnittskriteriums noch verstärkt wird. Hinzu tritt die Schwierigkeit, daß individuelle Grabgestaltungen, und damit Individualinteressen im kommunalen Friedhofswesen nicht nur nahezu unbeachtet bleiben, sondern vielmehr gerade ausgeschlossen werden sollen. Ein Durchgreifen auf etwaige hinter dem Begriff der Würde stehenden Individualinteressen ist damit unmöglich. Der vereinzelt unternommene Versuch, die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit gerade als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu konstruieren 274, verfängt bereits aus diesem Grund nicht. Die räumliche Nähe zahlreicher Bestattungen zueinander sowie die verschiedensten Individualinteressen Hinterbliebener derart zur Grundlage und Rechtfertigung freiheitsbeschränkender Regelungen zu machen , verkennt die Bedeutung der Grundrechte als Individualrechte und stellt im Ergebnis eine Aushebelung der Schrankensystematik des Grundgesetzes dar. Die Würde des Friedhofs kann demgemäß nicht als zu schützendes Rechtsgut herangezogen werden. Selbst wenn aber eine inhaltliche Eingrenzung des Begriffs dahingehend gelänge, daß er einen brauchbaren Maßstab abgeben würde, kann von einer „schlechthin" bestehenden Schutzbedürftigkeit nicht die Rede sein. Ein solcher genereller Vorrang wird der überragenden Rolle, die der Meinungsfreiheit im geistigen Kampf der Meinungen zukommt, sowie ihrer für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen konstituierenden Bedeutung 275 nicht gerecht. Die Meinungsfreiheit ist vielmehr schon thematisch-inhaltlich und funktionell auf Ausstrahlung in die Öffentlichkeit 276 , und damit auch auf die Möglichkeit der Schaffung einer Konfliktsituation angelegt. Wer die Meinungsfreiheit mit dem Hinweis auf mögliche Konflikte beschränken will, verkennt folglich die Intention dieses Grundrechts.

b) Individualrechte anderer Grabnutzungsberechtigter als zu schützendes Rechtsgut Bei der Frage nach inhaltlichen Grenzen einer Grabgestaltung könnte als weiteres auf die Grundrechte Dritter, hier insbesondere anderer Nutzungsberechtigter, als zu schützendes Rechtsgut abgehoben werden. Aus dem Erfordernis des allgemeinen Gesetzes ergibt sich, daß der Schutz von Individualrechtsgütern nur dann eine die Meinungsfreiheit beschränkende Norm rechtfer274 275 276

Fechner, Erwiderung, S. 77. Vgl. BVerfGE 62, 230 (247); BVerfGE 76, 196 (208 f.). Ossenbühl, DÖV 1981, 1 (6).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

115

tigen kann, wenn diese nicht nur vereinzelt in Ausnahmen betroffen sind. Nur eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle, in denen die Meinungsäußerung die Rechte Dritter tangieren würde, erhebt Individualinteressen zu einem schlechthin zu schützenden Gut. Besondere Anforderungen sind zudem an den Aspekt der Gefahrenintensität zu stellen. Als Ausdruck des Erforderlichkeitsprinzips ist ein Gesetz um so eher „allgemein" im Sinne des Art. 5 I I GG, je wahrscheinlicher die Verletzung des geschützten Rechtsgutes ist 2 7 7 . Übertragen auf die hier zu untersuchende Materie erweist sich schon das Kriterium der Vielzahl betroffener Individualinteressen als problematisch. Eine charakteristische Formgebung kann allenfalls bei den Nutzungsberechtigten der unmittelbar angrenzenden Grabstätten auf Ablehnung stoßen. Noch deutlicher tritt dieser Umstand bei den Grabinschriften hervor. Nur wer unmittelbar vor das Grab tritt, um die Inschrift zu lesen, kann auch Anstoß an dieser nehmen. Bereits die Nutzungsberechtigten, deren Grabstellen auf der Rückseite der fraglichen Grabstätte liegen, werden eine ungewöhnliche Grabinschrift in der Regel gar nicht erst registrieren. Der Kreis der von einer auf dem Friedhof getätigten Meinungsäußerung betroffenen Grundrechtsträger ist damit sehr gering. Die weitere Frage nach der Gefahrenintensität weist Überschneidungen zu dem soeben erörterten Aspekt insoweit auf, als die geringe Anzahl der durch eine Meinungsäußerung negativ betroffenen Fälle nach dem Prinzip kommunizierender Röhren nun eine stärkere Intensität der Beeinträchtigung erfordert. Von Bedeutung ist hier wiederum die bereits angesprochene, der Meinungsfreiheit immanente Ausstrahlung in die Öffentlichkeit. Konfliktsituationen werden im Rahmen der Meinungsfreiheit bewußt in Kauf genommen, kommt ihnen doch wesentliche Bedeutung im Willensbildungsprozeß und im Kampf der Meinungen zu. An das Kriterium der Gefahrenintensität sind also erhöhte Anforderungen zu stellen, weil nur wenige Grundrechtsträger von der Meinungsäußerung auf dem Friedhof betroffen sind. Eine starke Beeinträchtigung von Individualrechtsgütern ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn eine bestimmte Person durch eine Inschrift konkret und individuell angegriffen wird. Als Beispiel mag hier eine alte Grabinschrift zitiert werden, welche von Angehörigen ausgesucht worden ist, die sich über die angewiesene Grabstelle geärgert haben: „Hier in diesem letzten Winkel / Lieg'ich gut und sorgenfrei / Durch des Küsters Eigendünkel / Bleib' ich diesem Spruch getreu" 278 . Das Verbot einer derartigen Äußerung ist jedoch über die Schranke der persönlichen Ehre gerechtfertigt 279. Eine Inschrift, die hingegen niemanden persönlich angreift, sondern beispielsweise einen allgemeinen hetzerischen Inhalt aufweist, wird regelmäßig den ein-

277

Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5, Rn. 275. Zitiert nach: Hansing, Hier liegen meine Gebeine, ich wollt'es wären Deine, Bremen 1996, S. 99. 279 Hierzu im folgenden. 278

8*

1

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

schlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches als allgemeinem Gesetz unterfallen. Für die extreme Gestaltung eines Grabdenkmals kann grundsätzlich nichts anderes gelten. In diesen Konstellationen bedarf es folglich nicht erst des Rückgriffs auf Individualinteressen als schlechthin zu schützendes Rechtsgut. In Bezug auf Individualinteressen kommt der Schranke der allgemeinen Gesetze in Fragen der Grabgestaltung folglich keine eigenständige Bedeutung zu. Die Individualrechtsgüter Dritter stellen aufgrund der geringen Anzahl der möglichen Betroffenen und der geringen Intensität der Beeinträchtigung kein schlechthin zu schützendes Rechtsgut dar, zugunsten dessen eine generelle Einschränkung der über Art. 5 11 1 .Hs GG verbürgten Meinungsfreiheit gerechtfertigt wäre. Die kommunalen Friedhofssatzungen genügen somit nicht den im Rahmen des Art. 5 II GG an ein allgemeines Gesetz zu stellenden Anforderungen, sofern und soweit sie den Inhalt von Grabinschriften zwingend vorschreiben oder bestimmte Äußerungen, sei es durch Inschriften oder auch die Materialwahl selbst, verbieten.

2. Das Recht der persönlichen Ehre Keinem Zweifel unterliegt die Feststellung, daß für einen betroffenen Dritten die Möglichkeit bestehen muß, sich gegen beleidigende Grabinschriften oder gestaltungen zur Wehr zu setzen. Der nachträgliche Ehrschutz wird durch die einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuches, insbesondere der §§185 ff. StGB, gewährleistet. Geht es um erst noch bevorstehende Ehrverletzungen, so hat das Verbot der Vorzensur zur Folge, daß deren Verhinderung nicht der Exekutive übertragen werden kann, sondern vielmehr den Gerichten obliegt, die im Wege der einstweiligen Verfügung vorgehen können 280 . Die Kommunen sind daher grundsätzlich daran gehindert, sich mittels entsprechender Klauseln in den Friedhofssatzungen um den Ehrschutz Privater zu kümmern. Welche materiellrechtlichen Möglichkeiten dem durch die Grabgestaltung Beleidigten selbst offenstehen, um sich zur Wehr zu setzen, blieb in der bisherigen friedhofs- und damit öffentlich-rechtlichen Diskussion nahezu unerörtert. Ausführungen finden sich fast ausschließlich zu der Konstellation, daß Angehörige eine Grabinschrift gewählt haben, deren Berichtigung oder Beseitigung nun nachträglich von den übrigen Hinterbliebenen verlangt wird 2 8 1 . Kernpunkt dieser Problematik ist die Frage, wem das Bestimmungsrecht über die Grabinschrift zusteht, und in welcher Weise Konflikte zwischen mehreren Bestimmungsberechtigten zu lösen sind. Hierdurch unberührt bleibt die Frage, wie ein 280

Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5; Rn. 291. Specovius, JW 1925, 344 f.; Josef, JW 1925, 2109 f.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 125. 281

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

11

betroffener Dritter gegebenenfalls gegen eine ihn nachteilig berührende Grabinschrift vorgehen kann. Einschlägige Judikate zu dieser Konstellation sind in der jüngeren Vergangenheit nicht ergangen. Da die Kommunen sich sämtliche Grabinschriften zur Genehmigung vorlegen lassen, und viele Friedhofssatzungen zudem die Bestimmung enthalten, daß die Grabinschrift lediglich kurze, sachliche, auf die Person des Verstorbenen bezogene Angaben enthalten darf, werden auf diesem Wege solche Inschriften, die über die bloße Angabe von Geburts- und Sterbedatum hinausgehen, ohnehin größtenteils von vornherein unterbunden. Streitigkeiten treten dann allenfalls zwischen Anstaltsträger und Nutzungsberechtigtem, nicht jedoch zwischen verschiedenen Privaten auf.

a) Die beleidigende Grabgestaltung als Fall der Kreditgefährdung nach § 824 BGB Vor mittlerweile mehr als 70 Jahren hat sich Humbert 282 in einem Beitrag der Frage gewidmet, inwieweit ein Privater die Beseitigung einer für ihn nachteiligen Grabinschrift verlangen kann. Grundlage seiner Untersuchungen war ein Urteil des Landgerichts Landsberg a. W., das sich mit folgendem Fall zu beschäftigen hatte: ein Junge aus der Stadt besucht seine Verwandten auf dem Land. Der Sohn des Hauses lehrt den Besucher, mit alten Schußwaffen umzugehen. Bei Zielübungen kommt eines der Kinder ums Leben. Die Mutter des Getöteten setzt diesem ein Grabkreuz, in dessen längerer Inschrift es u. a. heißt: „In der Blüte Deiner Jugend / Schmückt Dich schon der Totenkranz / Ruchlos getrennt wurde unser enges Band / Entrissen wurdest Du uns durch Menschenhand". Der gesetzliche Vertreter des Unglücksschützen klagte daraufhin auf Entfernung des Wortes „ruchlos". Humbert kommt zu dem Ergebnis, daß eine Grabinschrift, die sich an die Öffentlichkeit wendet, und jedem Beschauer ihren Inhalt täglich neu präsentiert, der täglich sich wiederholenden Verbreitung ihres Inhalts gleichsteht. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen könne der Betroffene daher gemäß § 824 BGB die Unterlassung dieser Verbreitung fordern 283 . Auch wenn § 824 BGB mehrere Tatbestände als Äußerungsdelikte zusammenfaßt und so den Menschen gegenüber unwahren oder maßlosen Äußerungen schützt 284 , wird der Tatbestand der Kreditgefährdung in einem Großteil der Fälle jedoch ungeeignet sein, die Beseitigung einer Grabgestaltung zu erreichen. Zum einen setzt § 824 BGB die Behauptung einer Tatsache voraus. Diese

282

Humbert, JW 1925, 2108 f. Humbert, JW 1925,2108. 284 So Deutsch, Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz und Schmerzensgeld,31995, Rn. 301. 283

1

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

steht aber im Gegensatz zu Urteilen, Stellungnahmen oder Meinungsäußerungen 285 . Um eine Tatsachenäußerung handelt es sich unzweifelhaft bei Namensangabe und Berufsbezeichnung des Verstorbenen, sowie der Nennung von Geburts- und Sterbedatum. Derartige Angaben werden aber kaum den Anlaß für Streitigkeiten bilden. Sonstige Grabgestaltungen mit Aussagecharakter werden regelmäßig keine Behauptung einer Tatsache darstellen. Zum anderen muß die Tatsachenbehauptung geeignet sein, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessem Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Gefordert wird also eine spezifische Folge der Behauptung, die zudem eine gewisse Intensität erreichen muß. Die Grabinschrift muß daher beispielsweise einen anderen des Mordes bezichtigen 286 . Grundsätzlich ist § 824 BGB daher anwendbar, einen Großteil der denkbaren Fälle vermag er jedoch nicht zu erfassen.

b) Beleidigende Grabgestaltungen und der Beseitigungsanspruch nach § 823 BGB In seinen Voraussetzungen allgemeiner gefaßt ist § 823 I BGB. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger widerrechtlicher Verletzung eines der in § 823 I BGB genannten Rechtsgüter ist der Schädiger dem Geschädigten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Ein „sonstiges Recht" im Sinne der Vorschrift ist auch das Persönlichkeitsrecht 287, welches auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit gerichtet ist 2 8 8 . Beleidigende oder diffamierende Äußerungen stellen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar 289 . Auch hinsichtlich der anderen Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich keine besonderen Schwierigkeiten. Von haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität sowie einem zumindest fahrlässigen Verhalten des Schädigers kann im Falle beleidigender Grabgestaltungen zumeist ausgegangen werden. Auch Rechtfertigungsgründe werden dem Nutzungsberechtigten, der sich für eine beleidigende oder diffamierende Grabgestaltung entschieden hat, regelmäßig nicht zur Verfügung stehen.

285

Deutsch, Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz und Schmerzensgeld, 31995, Rn. 303; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, § 824 Rn. 2. 286 Vgl. Humbert, JW 1925, 2108 (2109). 287 Deutsch, Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz und Schmerzensgeld, 31995, Rn. 202 ff.; Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, § 823 Rn. 175 ff.; Ehmann, JuS 1997, 193 (201). 288 BGHZ 13, 334 (338); Thomas, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, § 823 Rn. 176. 289 Vgl. BGH, NJW 1975, 1882 (1884); BGH, WM 1977, 653 (655); OLG Frankfurt/Main, NJW 1990, 2002; OLG Hamburg, ZIP 1992, 117 (118 f.).

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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Als Rechtsfolge der Haftung ist der Schädiger dem Geschädigten zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Bei dem durch eine Grabgestaltung hervorgerufenen Schaden wird es sich regelmäßig um einen Nichtvermögensschaden handeln. Die Beseitigung der durch den Betroffenen erlittenen Einbuße wird in einem solchen Fall am ehesten über die Naturalrestitution gemäß § 249 BGB erreicht 290 . Die Gestaltung der Grabstelle stellt hier eine stetig sich erneuernde Quelle der Ehrverletzung dar. Der Geschädigte kann vor den ordentlichen Gerichten im Wege der Beseitigungsklage die Entfernung einzelner Passagen einer Grabinschrift oder die Entfernung einzelner Gestaltungselemente verlangen, die gegebenenfalls sogar nahezu die gesamte Grabgestaltung ausmachen können. Dasselbe Ergebnis läßt sich auch über § 823 II BGB herleiten. Um ein Schutzgesetz iSd. § 823 I I 1 BGB handelt es sich auch bei den die privaten Interessen des Geschädigten schützenden §§ 185 ff StGB 291 . Zudem ist § 823 II BGB im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen unproblematisch neben § 823 I BGB anwendbar 292. Bei Vorliegen der verbleibenden tatbestandlichen Voraussetzungen kann sich ein privater Dritter, der sich durch eine Grabgestaltung negativ beeinträchtigt fühlt, in seinem Begehren sowohl auf § 823 I BGB als auch auf § 823 II BGB stützen. Die Grenze des grundsätzlich gerechtfertigten Anspruchs wird durch den von ihm zu erstrebenden Erfolg gezogen293. Ist beispielsweise die Verwendung eines bestimmten Wortes in einer Grabinschrift streitbefangen, so muß der fragliche Begriff den Blicken der Öffentlichkeit entzogen werden. Humbert geht für diesen Fall davon aus, daß nicht auf absolute Entfernung des Wortes, sondern nur auf seine Verhüllung vor der Öffentlichkeit erkannt werden kann 294 . Eine solche Lösung erscheint jedoch wenig praktikabel. Um dem Anspruch des Geschädigten zu genügen, muß die Verhüllung jedenfalls dauerhaft sein. Qualitativ stellt die dauerhafte Verhüllung aber nicht unbedingt ein milderes Mittel gegenüber der Entfernung dar, so daß die Entfernung beispielsweise einer Textpassage keine unbillige Belastung des Schädigers darstellt. Anderenfalls wird es auch zumeist Streit darüber geben, ob die gewählte Form der Verhüllung, beispielsweise durch einen immergrünen Kranz, ausreicht oder nicht 295 . Es erscheint auch vor diesem Hintergrund nicht unangemessen, auf Entfernung der fraglichen Textpassage oder des Gestaltungselements zu erkennen.

290 Vgl. Deutsch, Unerlaubte Handlungen, Schadensersatz und Schmerzensgeld, 1995, Rn. 466. 291 BGHZ 13, 334 (337); BGHZ 95, 212 (214). 292 Vgl. BGHZ 95,212(214). 293 So Humbert, JW 1925, 2108 (2109) für § 824 BGB. 294 Vgl. Humbert, JW 1925, 2108 (2109). 295 So verhielt es sich auch in dem von Humbert, JW 1925, 2108 (2109) geschilderten Fall. 3

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

VI. Ergebnis Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt auch im Bereich der Grabgestaltung eine gewichtige Rolle zu, die jedoch durch die restriktiven Anschauungen im Friedhofsrecht nahezu in Vergessenheit geraten ist. Grabgestaltungen, die Meinungsäußerungen darstellen, dürfen dann satzungsrechtliche Grenzen aufgezeigt werden, wenn sie gegen die einschlägigen Strafgesetze verstoßen. Die derzeit bestehende Genehmigungspflicht für Grabgestaltungen und Grabinschriften stellt hingegen eine Verletzung der Meinungsfreiheit dar. Fühlt sich ein anderer Nutzungsberechtigter durch eine Grabgestaltung oder -inschrift beleidigt, so hat er den Weg vor die ordentlichen Gerichte zu suchen. Darf die Zulässigkeit einer Grabinschrift demnach nicht von dem Erfordernis einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht werden, so wird dieses Ergebnis auch durch einen historischen Vergleich gestützt. In Sachsen ist mit der Verordnung über Grabinschriften vom 19.09.1922296 bestimmt worden, daß, wo in Ordnungen kirchlicher Gottesäcker für Anbringung von Grabinschriften die Genehmigung einer kirchlichen Stelle erfordert wird, diese Vorschrift nur für die Mitglieder der Religionsgesellschaft gilt. Andersdenkende sind danach hingegen nicht verpflichtet, den Wortlaut der Grabinschriften den kirchlichen Stellen vorher mitzuteilen. Als Grenze der Äußerungsfreiheit wird darauf hingewiesen, daß die Grabinschriften jedoch nicht die nach allgemeiner Auffassung berechtigten Empfindungen Andersdenkender verletzen und sich nicht gegen das Ansehen der Friedhofsinhaber richten dürfen 297 . Für kommunale Friedhöfe bestand zu diesem Zeitpunkt bereits keine Verpflichtung mehr, den Inhalt der Grabinschriften zur Nachprüfimg vorzulegen 298 . Es bedarf im folgenden keiner weiteren Auseinandersetzung mit der Frage, ob und in welchem Rang die Verordnung über Grabinschriften vom 19.09.1922 als vorkonstitutioneller Rechtssatz gegebenenfalls gemäß Art. 123 I GG fortgilt 2 9 9 , da Gegenstand der Verordnung einzig die in kirchlichen Friedhofsordnungen enthaltene Genehmigungspflicht ist, die vorliegende Arbeit jedoch die Untersuchung kommunaler Friedhofssatzungen zum Gegenstand hat. Beachtung sollte jedoch finden, daß unter Geltung des Bonner Grundgesetzes ein Handeln des Friedhofsträgers ohne weiteres für verfassungsgemäß gehalten wird, wel-

296 297

S. 557. 298

Sächsisches Gesetzblatt 1922, S. 557. Verordnung über Grabinschriften vom 19.09.1922, Sächsisches Gesetzblatt 1922,

Vgl. Brunner, FischersZ 60 (1927), 329 (390 f.). Dies wäre nach der hier vertretenen Ansicht übrigens zu bejahen, da die Verordnung im Bereich des Friedhofswesens gerade den Schutz der Meinungsfreiheit sicherstellt. 299

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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ches zur Zeit der Weimarer Republik als unvereinbar mit Herkommen und Gebrauch 300 erachtet wurde.

G. Die Grabgestaltung als Gegenstand der Kunstfreiheit nach Art. 5 I I I GG Ebenfalls noch nicht Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung oder gerichtlicher Entscheidungen301 auf dem Gebiet der Grabgestaltung war die Kunstfreiheit nach Art. 5 III GG. Dies erstaunt umso mehr, als in zahlreichen Friedhofssatzungen explizit eingeräumt wird, daß Grabdenkmälern künstlerische Bedeutung zukommen kann und diese oftmals durch die Friedhofsverwaltung besonders geschützt werden 302 . Zudem stehen mittlerweile ältere Friedhöfe teilweise komplett unter Denkmalschutz. Für die rechtliche Einordnung einer Mehrheit von Sachen als Denkmal erlangen aber auch künstlerische Gründe entscheidende Bedeutung 303 . Obwohl also die Existenz sepulkraler Kunst auch für die Kommunen grundsätzlich durchaus denkbar ist, hat die Rechtsprechung zahlreiche Gelegenheiten einer dezidierten Beschäftigung mit diesem Punkt ungenutzt gelassen. So fuhrt das Verwaltungsgericht Freiburg in einem Gerichtsbescheid vom 09.02.1994 304 zwar aus, daß die Darstellung eines Motorrads in reliefartiger Ausführung auf einem weißen Grabstein nicht effektheischend und marktschreierisch ist, und deshalb nicht gegen die Gestaltungsbestimmungen einer Friedhofssatzung verstößt, die lediglich der Würde des Ortes angemessene Darstellungen auf Grabsteinen zuläßt. Jedoch stützt sich die Entscheidung einzig und alleine auf die zu Art. 2 I GG entwickelten Grundsätze, obwohl eine Bewertung der gewünschten Grabgestaltung unter Berücksichtigung von Art. 5 III GG auf der Hand gelegen hätte. Nichts anderes gilt für ein Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg 305 . In der Sache ging es um die Errichtung einer einschließlich des Sockels 2,10 m 300

So Brunner, FischersZ 60 (1927), 329 (390). BVerfG, NJW 1987, 1397 f. und OVG Koblenz, NJW 1990, 2016 betreffen jeweils die szenische Darstellung des Brecht-Gedichts „Legende vom toten Soldaten" auf dem Soldatenfriedhof Bitburg-Kolmeshöhe. Die Kunstfreiheit in Bezug auf die Gestaltung eines Grabes spielt in diesen Entscheidungen keine Rolle. 302 Vgl. § 42 der Friedhofssatzung der Stadt Bamberg; § 26 VIII der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 23 III der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 27 III der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 39 der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 18 XII der Friedhofssatzung der Stadt Magdeburg; § 40 II der Friedhofssatzung der Stadt München; § 25 IV der Friedhofssatzung der Stadt Norden/Ostfriesland; § 9 der Grabmalordnung der Stadt Passau. 303 Vgl. nur § 2 I 2 DSchG NW. 304 VG Freiburg, DVB1 1994, 873. 305 VG Arnsberg, NVwZ 1993, 704 f. 301

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

hohen unbekleideten männlichen Gestalt. Diese war aus weißlichem Polyester und Glasfasern angefertigt, wobei über die Vorder- und Rückseite der Figur in ihrer gesamten Höhe zwei mehrfach verwinkelte, mit blauer Glasfaser beschichtete Stahlrohre verliefen. Die Skulptur war einer Plastik von Michelangelo nachempfunden, die heute im Louvre in Paris zu sehen ist, und ursprünglich Teil eines Grabdenkmals für Papst Julius II. (1503 - 1513) hatte werden sollen. Das Gericht setzt sich ausschließlich mit der Frage auseinander, ob die Errichtung einer solchen Skulptur mit Art. 2 I GG vereinbar ist. Art. 5 III GG wird hingegen mit keinem Wort erwähnt. Vor dem Hintergrund dieser leider recht undifferenzierten Rechtsprechung bedarf es zunächst einer allgemeinen Annäherung an den verfassungsrechtlichen Kunstbegriff. Der Versuch, den weitgehend offenen und definitorisch relativen 306 verfassungsrechtlichen Kunstbegriff im Interesse einer Abgrenzung in der Rechtsanwendung inhaltlich zu fassen und damit definitorisch eindeutig festzulegen, ist zum Scheitern verurteilt. Die verschiedenen Ansätze einer relativierenden Begriffsdefinition 307 stellen letztlich ebenso wie die Definitionsversuche des Bundesverfassungsgerichtes 308 die verzweifelten Versuche dar, einen grundsätzlich außerrechtlichen Sachverhalt der juristischen Überprüfung zugänglich zu machen. Es ist damit unmöglich, Kunst generell zu definieren 309 . Unabhängig von diesen Problemen einer begrifflichen Katalogisierung können an der grundsätzlichen Möglichkeit der Einordnung eines Grabdenkmals als Kunstwerk keine ernsthaften Zweifel bestehen. Sofern es sich nicht um ein in industrieller Massenproduktion hergestelltes Grabmal handelt 310 , kann man einem Grabdenkmal bei entsprechender Intention durchaus den Status eines Kunstwerks zusprechen. Rein konstruktiv gelänge sogar die Bewertung der gesamten Grabgestaltung als Gesamtkunstwerk, doch sollen sich die folgenden Ausführungen auf das künstlerisch gestaltete Grabdenkmal als dem wohl relevantesten Fall beziehen. Der Ausschluß der Kunstfreiheit aus dem Bereich der Grabgestaltung gelänge einzig über eine generelle Einordnung von Grabdenkmälern als Nicht-Kunst. Daß eine solche generelle Einstufung jedoch eklatant gegen die Kunstfreiheit verstößt, braucht nicht näher dargetan zu werden. Grabdenkmäler können damit unproblematisch dem Schutzbereich des Art. 5 III GG unterfallen.

306

Vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5 III Rn. 23. Von einem Definitionsverbot geht hingegen Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, 1967, S. 214 ff. aus. 308 BVerfGE 30, 173 (188 f.); BVerfGE 31, 229 (238 f.). 309 Vgl. BVerfGE 67, 213 (225); Ossenbühl, DÖV 1983, 785 (789). 310 Grundsätzlich spricht allerdings weder die industrielle noch die massenhafte Herstellung eines Objektes gegen eine Einordnung als Kunstwerk, wie das Beispiel einer Litographie in limitierter Auflage zeigt. Im Falle derartig produzierter Grabdenkmäler fehlt es jedoch gänzlich an einem personalen Element, das den Grabstein zum Produkt künstlerischer Betätigung werden läßt. 307

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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Der auf objektivrechtlicher Seite in Art. 5 III GG enthaltene Auftrag und die Ermächtigung des Staates zur Pflege und Förderung der Kunst sind Ausfluß der Verfassungsentscheidung für den Kulturstaat, gewähren jedoch kein Individualrecht auf eine wie auch immer geartete Kunstförderung 311. Die Kunstfreiheit verbietet staatlichen Kunstdirigismus unabhängig von dessen Fundierung auf rationalen Erwägungen oder ästhetischen Anschauungen. Die Ausgestaltung als Jedermanngrundrecht bewirkt, daß sich neben dem Künstler auch auch der Nutzungsberechtigte, der nicht selbst Schöpfer des fraglichen Werkes ist, auf die Kunstfreiheit berufen kann, wenn er ein Grabdenkmal errichten läßt. Die künstlerische Betätigung, verstanden als das geformte Ergebnis einer freien schöpferischen Gestaltung, in welcher der Betroffene seine Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu unmittelbarer Anschauung bringt 312 , kann in diesem Fall in der Errichtung selbst, aber beispielsweise auch in der Verbindung eines bestimmten Materials mit einer besonderen Bearbeitungsart als Ausdruck bestimmter Lebenserfahrungen gesehen werden. Insgesamt wäre es müßig, alle nur denkbaren Variationen einer Grabgestaltung als Kunstwerk durchzuexerzieren. Klarheit kann insoweit nur der jeweilige Einzelfall bringen. Entscheidend ist jedoch, daß sich auch auf dem Friedhof ein Anwendungsbereich für die Kunstfreiheit auftut.

I. Der Schrankenvorbehalt

des besonderen Gewaltverhältnisses

Als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht unterliegt die Kunstfreiheit den spezifischen sich bei einer derartigen Konstellation ergebenden Schwierigkeiten. Es findet sich in diesem Zusammenhang die Bemühung, die Figur des besonderen Gewaltverhältnisses - oder auch Sonderrechtsverhältnisses - als verfassungssystematische Grundrechtsschranke zu konstruieren 313. Die verfassungssystematische Qualifizierung dieses Schrankenvorbehalts ergebe sich aus der prinzipiellen Anerkennung des besonderen Gewaltverhältnisses durch das Grundgesetz in Art. 17a, 33 V, 7 I und 104 GG 3 1 4 . Der Gesetzesvorbehalt stelle das besondere Gewaltverhältnis als verfassungsrechtlich legitimen Beschränkungsanlaß nicht in Frage 315 . Der Ansatz, den besonderen Gewaltverhältnissen die Fähigkeit unmittelbarer Grundrechtseinschränkung zuzusprechen, entbehrt

311 312

2661 f.

Model/Müller, Grundgesetz, 111996, Art. 5 Rn. 27. Vgl. BVerfGE 30, 173 (188 f.); BVerfGE 67, 213 (226); BVerfG NJW 1987,

313 So Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5 III Rn. 64; von MangoldtKlein, GG Art. 5 Anm. X 6e. 314 Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5 III Rn. 64. 315 Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 5 III Rn. 64.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

spätestens seit dem sogenannten Strafgefangenen-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 316 jeder Grundlage. Auch für die besonderen Gewaltverhältnisse ist die umfassende Geltung des Gesetzesvorbehalts zu beachten317. Die Etikettierung als verfassungsrechtlich legitimer Beschränkungsanlaß stellt insoweit lediglich den untauglichen Versuch einer Umgehung dieses Grundsatzes dar, ändert aber nichts an dem Erfordernis der Berücksichtigung des Gesetzesvorbehalts auch im Geltungsbereich eines Sonderrechtsverhältnisses.

II Die Schranken der Baukunst als Maßstab der Friedhofsgestaltung Für den Bereich der Baukunst sind besondere Beschränkungen zu beachten, die ihren Ausdruck im Verunstaltungsverbot 318 der jeweiligen Landesbauordnung gefunden haben. Auch die Verunstaltungsvorschriften des Baurechts sollen grundsätzlich geeignet sein, die Errichtung verunstaltender Grabdenkmäler zu unterbinden 319. Die Ermittlung des verunstaltenden Charakters erfolgt dann wiederum mittels des Maßstabs des für ästhetische Eindrücke offenen Durchschnittsbetrachters. Die bereits im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit aufgezeigte Problematik der Übertragbarkeit baurechtlicher Beurteilungsmaßstäbe auf das Gebiet des Friedhofsrechts besteht auch in den Fragen der Kunstfreiheit. Das generelle Kollisionsproblem der Baukunst entwickelt sich im Spannungsfeld zwischen Art. 5 III 1 GG und Art. 14 GG unter besonderer Berücksichtigung der Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 II GG. Das Bauen und insbesondere die Baukunst berührt nahezu zwangsläufig die Rechtssphäre der Nachbarn. Der Baukunst ist damit der gesellschaftlich-soziale Bezug immanent, so daß ihr Wesen durch die Sozialbindung des Eigentums mitgeprägt wird 3 2 0 . Das Verunstaltungsverbot der Landesbauordnungen legitimiert sich damit einzig aus der Sozialbindung des Eigentums 321 . Es ist jedoch offensichtlich, inwieweit die sich im Friedhofswesen offenbarende Situation wesensverschieden von der der Baukunst ist. Eine Kollision mit den Eigentumsrechten anderer Grabstelleninhaber scheidet aufgrund der fehlenden Qualifizierbarkeit des Nutzungsrechts als Eigentum von vornherein aus. Da im Rahmen des Widmungszwecks die aus dem

316

BVerfGE 33, 1 ff. So BVerfGE 33, 1 (11); BVerfGE 40, 276 (283); Ronellenfitsch, DÖV 1984, 781 (783); Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 15 Rn. 16. 318 Vgl. z.B. § 12ILBONW. 319 Vgl. BayVGH, BayVBl 1980, 689 (690). 320 Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 III Rn. 72. 321 Scholz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 III Rn. 72; ähnlich Voßkuhle, BayVBl 1995,613 (616). 317

1. Abschnitt: Die allgemeine Gestaltungsklausel

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Eigentum fließenden Rechte weitgehend suspendiert werden 322 , ist eine Kollision von Art. 5 III 1 GG mit Art. 14 I GG im Friedhofsrecht ohnehin weitgehend ausgeschlossen. Über die Figur des Gemeinschaftscharakters des Friedhofs vermag keine Quasi-Sozialbindung begründet zu werden. Die faktische Monopolstellung der kommunalen Friedhöfe sowie die Anordnung des Benutzungszwangs untermauern den Befund, daß die Ablehnung eines Grabdenkmales argumentativ nicht auf die Verunstaltungsvorschrift der jeweiligen Landesbauordnung gestützt werden kann. Die Grabgestaltung unterliegt demnach eindeutig nicht den der Baukunst immanenten Beschränkungen.

III. Verfassungsimmanente

Schranken im Bereich sepulkraler Kunst

Unter dem Aspekt des kollidierenden Verfassungsrechts muß wiederum auf die Rechte der anderen Nutzungsberechtigten, und hierbei insbesondere auf das Persönlichkeitsrecht, abgestellt werden. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob sich der Dritte, der in der betreffenden Grabgestaltung eine ihn abstoßende Art des Totengedenkens sieht, sich dem in einer Weise entziehen könnte, daß ihm unter Respektierung seiner Auffassung das Verbleiben auf dem Friedhof zugemutet werden könnte 323 . Alle diejenigen Personen, die sich lediglich im Vorbeigehen von einer Grabgestaltung negativ berührt fühlen, können sich ohne weiteres diesem für sie unangenehmen Eindruck entziehen. Etwas anderes gilt einzig für die Nutzungsberechtigten, deren Gräber unmittelbar an das fragliche Grab angrenzen, da diese im Gedenken an ihrer Grabstätte gegebenenfalls permanent dem Eindruck des benachbarten Grabes ausgesetzt sind. Die hier im Einzelfall möglicherweise auftretenden Konfliktlagen sind jedoch nicht geeignet, ein generelles Verbot zu rechtfertigen. Vielmehr wird von der Ausnahme eines „störenden" Grabdenkmals auf den Regelfall geschlossen. Fühlt sich ein Nutzungsberechtigter tatsächlich durch die Grabgestaltung eines Dritten gestört, so hat er auf zivilrechtlichem Wege gegen diesen vorzugehen. Neben dem Fall der Grundrechtskollision sind zudem Konflikte zwischen der Kunstfreiheit und Gemeinschaftsgütern auf Verfassungsebene denkbar. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Friedhofsträger, sollte sich einmal ein Nutzungsberechtigter auf Art. 5 III 1 GG berufen, seinerseits auf den Friedhofszweck verweisen wird, um so eine Beschränkung der künstlerischen Betätigung zu rechtfertigen. Zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang bereits, ob es sich beim Friedhofszweck um ein Gemeinschaftsgut auf Verfassungsebene handelt. Diese Konstruktion gelingt allenfalls dann, wenn mit der herrschenden Meinung

322

Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 41. So OVG Koblenz, NJW 1990, 2016 (2017), allerdings bezogen auf den Fall der szenischen Darstellung eines Gedichtes auf einem Soldatenfriedhof. 323

Teil : Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

der Gemeinschaftscharakter des Friedhofs, gleichsam als Summe der Würde aller Bestatteten, bemüht und diesem zugleich Verfassungsrang zugesprochen wird. Daß die Aneinanderreihung verschiedener Grabstellen auf einem Kommunalfriedhof demselben jedoch gerade keinen Gemeinschaftscharakter verleiht, wurde bereits dargelegt. Aber auch bei Befolgung der herrschenden Ansicht ist zu bedenken, daß über die bloße Möglichkeit hinaus eine tatsächliche schwerwiegende Beeinträchtigung des kollidierenden Rechtsgutes vorliegen muß 324 . Die Gestaltungsvorschriften sollen aber lediglich eine solche Möglichkeit ausschließen, so daß von der geforderten schweren Beeinträchtigung des Friedhofszwecks nicht die Rede sein kann. Auch aus diesem Grund scheitert ein Hinweis auf den Friedhofszweck als vorrangiges Rechtsgut.

IV. Ergebnis Kunst auf dem Friedhof ist eine durchaus denkbare Erscheinungsform der Grabgestaltung und Totenehrung. Die derzeitigen Grabgestaltungsvorschriften stehen der Umsetzung eines Kunstwerks jedoch entgegen. Eine Rechtfertigung hierfür läßt sich weder aus dem Hinweis auf zu schützende Individualgüter, noch auf den Friedhofszweck als Rechtsgut von Verfassungsrang herleiten.

H. Das rechtsstaatliche Gebot der Normklarheit Grabgestaltungsvorschriften müssen sich auch an dem rechtsstaatlichen Gebot der Normklarheit messen lassen325. Eine Vorschrift entspricht nur dann rechtsstaatlichen Grundsätzen, wenn und soweit sich aus ihr mit ausreichender Bestimmbarkeit ermitten läßt, was von den Pflichtigen Personen verlangt wird 3 2 6 . Schutzzweck dieses Verfassungsgebots ist die gegenüber dem Bürger gewährleistete Dispositionssicherheit, wonach die Rechtsordnung dem Normadressaten eine verläßliche Grundlage für sein Verhalten liefert 327 . Erst präzise oder zumindest eindeutig präzisierbare Tatbestände versetzen den Norm324

Vgl. BVerfGE 67, 213 (228); Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, 1994, S. 147. 325 Vgl. VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 (143). 326 BVerwGE 2, 172 (175); BVerwGE 96, 110 (111); Hamann, NVwZ 1997, 753. Vgl. ferner zum rechtsstaatlichen Prinzip der Normklarheit BVerfGE 9, 137 (147 f.); BVerfGE 17, 306 (314); BVerfGE 20, 150 (158); BVerfGE 21, 73 (79 f.); BVerfGE 45, 400 (420 f.); KreisG Gera-Stadt, NVwZ 1992, 92; VGH Mannheim, NVwZ 1994, 1024 (1025 f.); BVerwG, NVwZ-RR 1995, 311 f. 327 Vgl. Degenhart, Staatsrecht 1,71991, Rn. 303.

. Abschnitt:

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adressaten in die Lage, die Konsequenzen seines Verhaltens abzuschätzen und sein Verhalten dementsprechend auszurichten. Wenn somit die Forderung nach einer hinreichend klaren Formulierung der Norm erhoben wird, ist nicht nur die sprachliche Ausgestaltung der einzelnen Vorschrift angesprochen. Auch das wechselseitige Zusammenspiel einzelner Normen innerhalb eines Normengeflechtes, also eines Regelungskomplexes, vermag aufgrund in sich widersprüchlicher Formulierungen oder angeordneter Verhaltensweisen gegen das Gebot der Normklarheit zu verstoßen.

I. Die Normklarheit

der allgemeinen Gestaltungsanforderung

Nicht nur einzelne Verweisungs- oder Regelungstechniken der kommunalen Satzunggeber müssen sich auf den rechtsstaatlichen Prüfstand begeben. Zweifel sind auch an der - durchgehend bedenkenlos hingenommenen - Klausel der allgemeinen Gestaltungsvorschrift anzumelden. Abgesehen von sprachlichen Unterschieden enthalten alle Friedhofssatzungen als allgemeine gestalterische Anforderung die Bestimmung, daß die Gestaltung des Grabes der Würde des Friedhofs nicht widersprechen darf. Nun versteht es sich von selbst, daß die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Würde" die Vorschrift an sich noch nicht gegen das Gebot der Normklarheit verstoßen läßt 328 . Die Notwendigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe im Interesse einer hinreichend flexiblen Rechtsanwendung ist unbestritten. Die grundsätzliche Zulässigkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe entbindet den Normgeber jedoch nicht davon, die Vorschrift dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit entsprechend zu fassen 329. Die Bedeutung des Begriffs muß sich deshalb entweder aus dem Kontext der gesetzlichen Regelung ergeben 330 oder zumindest in steter Praxis der Rechtsprechung hinreichende Konkretisierung erfahren haben 331 . Aus dem Kontext der Friedhofssatzungen läßt sich eine genauere Bestimmung der „Würde" nicht herleiten. Insbesondere erweisen sich die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften als unzureichende Möglichkeit einer näheren Eingrenzung. Da der Friedhofsträger die in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften verbotenen Materialien und Bearbeitungsarten auf Grabfeldern mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften zuläßt, erachtet er diese gerade nicht als generell unvereinbar mit der Würde des Friedhofs. Anhand der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften kann der Nutzungsberechtigte daher nicht exempelhaft

328 Zur Zulässigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe: BVerfGE 21, 73 (79 f.); BVerwG, NVwZ-RR 1995,311 (312). 329 BVerfGE 21, 73 (79). 330 Vgl. BVerfGE 21, 73 (80); BVerfGE 45, 400 (420 f.). 331 Degenhart, Staatsrecht I, 111995, Rn. 303.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

ermitteln, welche Gestaltungen der Satzunggeber fur würdig, und welche er fur unwürdig hält. Ein Rückgriff auf den in einigen Friedhofssatzungen explizit genannten Friedhofszweck scheidet ebenfalls aus, da der Friedhofszweck selbst an den Begriff der Würde anknüpft. Wenn sich aus der Friedhofssatzung eine nähere begriffliche Eingrenzung nicht ableiten läßt, verbleibt die Möglichkeit einer hinreichgenden Konkretisierung des Würdebegriffs durch die Judikative. Es liegt die Annahme nahe, daß der Begriff der Würde in friedhofsrechtlichem Sinne durch die stete Praxis der Rechtsprechung präzise ausgestaltet worden ist. Tatsächlich existiert seit nahezu 40 Jahren eine umfangreiche Verwaltungsrechtsprechung zu den Fragen der Grabgestaltung. Von deren Einheitlichkeit kann indes nur bei oberflächlicher Betrachtung die Rede sein. Bereits die Hinzunahme des Durchschnittsmaßstabes zur Ermittlung einer unwürdigen Grabgestaltung bewirkt getrennt betrachtet keine Konkretisierung der Anforderungen, sondern ist selbst wieder ein konkretisierungsfähiger und -bedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff. So wie die Kombination von unbestimmtem Rechtsbegriff und weitem Ermessen auf der Rechtsfolgeseite unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht unbedenklich ist 3 3 2 , kann auch die Konkretisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffs durch einen weiteren rechtsstaatlichen Ansprüchen nur schwerlich genügen. Dies gilt umso mehr, als die Würdeklausel im Rahmen der allgemeinen Gestaltungsvorschrift eine Eingriffsermächtigung im Bereich der Grundrechtsausübung darstellt. Grabgestaltungen, die diesem Maßstab nicht entsprechen, müssen durch den Nutzungsberechtigten wieder entfernt werden. Aufgrund der weitreichenden Folgen für die Grundrechtsausübung des Nutzungsberechtigten, aber auch unter Berücksichtigung der Grundrechte des Verstorbenen ergeben sich weitere Konsequenzen für die Ausgestaltung der Norm durch den Satzunggeber. In grundrechtswesentlichen Fragen sind generell die Anforderungen an die bestimmte Fassung der Norm stringenter 333. Wie gezeigt, berühren Fragen der Grabgestaltung verschiedene, teils vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte nicht nur am Rande. Auch wenn man wie die hergebrachte Anschauung den Blick auf den Bereich der allgemeinen Handlungsfreiheit verengt, ist die Grundrechtsrelevanz der Grabgestaltungsvorschriften nicht zu leugnen. Gegen eine hinreichende Konkretisierung des Würdebegriffes durch die Verwaltungsrechtsprechung spricht zudem die uneinheitliche Anwendung des Durchschnittsmaßstabes. Welche verschiedenen Varianten in den einschlägigen Judikaten sowie der zugänglichen Literatur zu finden sind, und daß die Differenzen nicht nur akademischer Natur sind, sondern erhebliche Unterschiede in der praktischen Anwendung des Maßstabes zeitigen, war bereits ausführlich Gegenstand der Darstellung. Bereits die in den Friedhofssatzungen zur allge332 333

Degenhart, Staatsrecht I, 111995, Rn. 304. Degenhart, Staatsrecht I, 111995, Rn. 305.

. Abschnitt:

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meinen Gestaltungsanforderung auf sämtlichen Friedhofsabteilungen enthaltene Formel genügt daher nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Normklarheit.

II. Die zweifache Ausgestaltung des Zwei-Felder-Systems Nahezu alle kommunalen Friedhofssatzungen gehen auf die Unterteilung zwischen Abteilungen mit allgemeinen und solchen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zweifach ein. Zum einen werden die Anforderungen an Grabstätten des jeweiligen Gestaltungstyps festgelegt. Zum anderen wird speziell hinsichtlich der Grabbepflanzung nochmals auf den Unterschied zwischen Abteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften hingewiesen. Diese doppelte Trennung erweist sich jedoch als vollkommen überflüssig, da die Grabbepflanzung lediglich ein Teilelement der gesamten Grabstättengestaltung darstellt. Die gängige Handhabung ist zudem für den Nutzungsberechtigten deshalb verwirrend, weil bezüglich aller anderen Grabgestaltungselemente nicht nochmals auf das Zwei-Felder-System verwiesen wird. Einzig konsequent ist es daher, die Bestimmungen hinsichtlich der Grabbepflanzung in die allgemeinen Vorschriften zur Grabstättengestaltung zu integrieren.

J. Exkurs: Die Auswirkungen der allgemeinen Gestaltungsvorschrift auf die Gestaltung von Urnengräbern Weitere Besonderheiten, die sich in die üblichen Kategorien von allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften nicht ohne weiteres einordnen lassen, ergeben sich im Fall der Urnenbegräbnisse. Die Zahl der Feuerbestattungen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen334. Dementsprechend kommt auch der Frage wachsende Bedeutung zu, nach welchen Kriterien die Gestaltung von Urnengrabstätten zu erfolgen hat. Kommunale Friedhofssatzungen enthalten durchweg die Bestimmung, wonach die Vorschriften für Reihengrabstätten und Wahlgrabstätten entsprechend auch für Urnenreihengrabstätten und Urnenwahlgrabstätten gelten, soweit sich nicht aus der Friedhofssatzung etwas anderes ergibt. Demnach darf ein für die Gestaltung eines Urnenreihen- oder Urnenwahlgrabes vorgesehenes Grabmal nicht annähernd die Größe eines Grabdenkmals erreichen, welches auf einer Sarggrabstätte gleichen Typs errichtet werden soll. Dieses Ergebnis ist stets das gleiche, wenn sich auch seine Herleitung von Fall zu Fall unterscheidet. Entweder die Größenbeschränkungen für Grabdenkmäler sind von vornherein Bestandteil allgemeiner Gestaltungs-

334

Einäscherungen 1995, Ergebnisse einer Umfrage des Deutschen Städtetages, Der Städtetag 1996, 783 (784). 9 Spranger

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Vorschriften und sehen wesentlich kleinere Abmessungen für Urnen-Grabmale vor 3 3 5 . In diesem Fall gelten für alle Erweber einer Urnengrabstätte die erheblichen Größenbeschränkungen ohne Ausweichmöglichkeit. Doch auch wenn die die Grabmalsabmessungen betreffenden Vorgaben Bestandteil zusätzlicher Gestaltungsvorschriften sind, ändert sich nichts an der generellen Feststellung, daß Urnengrabdenkmäler stets kleiner sind als Grabmal auf Sarggrabstätten des jeweils entsprechenden Typs. Dies ist das Resultat der relativ unscheinbaren satzungsrechtlichen Feststellung, wonach die Vorschriften für Sarggrabstätten grundsätzlich auch für Urnengrabstätten gelten. Demnach finden nämlich auch das Zwei-Felder-System und die zu diesem entwickelten Grundsätze Anwendung auf die Gestaltung eines Urnengrabes. Der Grundsatz jeglicher Grabgestaltung besteht in der Vereinbarkeit mit der Würde des Friedhofs. Diese Voraussetzung ist nach bislang unbestrittener Ansicht im Fall einer angeblich protzigen Grabgestaltung nicht erfüllt. Aus diesem Grund soll dem Friedhofsträger auch das Verbot eines übergroßen Grabdenkmals erlaubt sein. Wann jedoch ein Grabmal als übergroß einzustufen ist, wird primär anhand der Grabstättengröße ermittelt 336 . Zwar sehen die Friedhofssatzungen auch absolute Grenzen vor, als Grundsatz läßt sich jedoch bestimmen, daß mit zunehmender Größe der Grabstätte auch ein entsprechend größeres Grabdenkmal errichtet werden darf. Die besonderen Auswirkungen dieser allgemeinen Feststellungen auf die Gestaltung der Urnengrabstätten ergibt sich aus dem Umstand, daß diese stets deutlich kleiner sind als Reihengrabstätten. Während die Größe einer Sarg-Einzelgrabstätte 337 etwa 240 χ 120 cm beträgt 338 , weist eine Urnen-Einzelgrabstätte lediglich eine Größe von 80 χ 80 cm 3 3 9 bis 100 χ 100 cm 3 4 0 auf. Eine Sarg-Einzelgrabstätte hat demnach die fast dreifache bis zu viereinhalbfache Fläche eines Urnen-Einzelgrabes. Dementsprechend dürfen auch Grabmale auf Sarggrabstätten wesentlich größer sein als solche auf Urnengrabstätten des entsprechenden Typs. Auch wenn die Friedhofssatzung explizite Größenbeschränkungen lediglich als Bestandteil der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ausweist, ermöglicht es das herrschende Verständnis vom Friedhofszweck dennoch, extreme Größenbeschränkungen für Grabmale auf sämtlichen Urnengrabstätten zu rechtfertigen,

335

So § 22 I der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt; § 21 IV der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach; § 29 II iVm Anlage 2 Nr.2 der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart; § 26 I lit. e), f) der Friedhofssatzung der Stadt Wiesbaden. 336 Vgl. nur § 1 II der Grabmals- und Bepflanzungsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen. 337 Für Personen, die ab vollendetem 5. Lebensjahr gestorben sind. 338 So § 14 III Nr.2 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 339 § 16 IV Nr. 1 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 340 So § 16 I 5 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt.

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ie allgemeine G e s t a l t u n g s e

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ohne daß dem Nutzungsberechtigten eine Ausweichmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden müßte. Praktisch kann dies zur folgenden Situation führen: eine Größenbeschränkung wird als zusätzliche Gestaltungsvorschrift gekennzeichnet und legt als zulässige Maximalhöhe eines Grabmals auf einem UrnenEinzelgrab 65 cm fest. Der Nutzungsberechtigte macht daraufhin von seinem ihm im Rahmen des Zwei-Felder-Systems zustehenden Wahlrecht Gebrauch und wählt eine Urnengrabstätte in einer Abteilung mit lediglich allgemeinen Gestaltungsvorschriften. Ein wesentlich größeres Grabdenkmal darf er aber auch hier nicht errichten, weil dieses nicht in einer angemessenen Relation zur Größe der Grabstätte stehen und damit dem Friedhofszweck zuwiderlaufen würde. Auch die Möglichkeit, sich für eine Urnenwahlgrabstätte zu entscheiden, die aufgrund ihrer größeren Ausmaße auch die Möglichkeit der Errichtung eines größeren Grabdenkmals bietet, stellt keine echte Ausweichmöglichkeit für den Nutzungsberechtigten dar, da es sich bei der Inanspruchnahme eines Wahlgrabes aufgrund der hierfür zu entrichtenden Gebühren um ein Privileg für Finanzkräftige handelt, welches weniger Begüterten nicht zugänglich ist 3 4 1 .

I. Zur Zulässigkeit der Beschränkung der Grabstättengröße Erster möglicher Ansatzpunkt für eine kritische Bewertung dieser Situation ist die Beschränkung der Grabstättengröße selbst. Ist bereits diese unzulässig, würden sich unmittelbare Konsequenzen auch für die Beschränkungen der Grabmalsgröße ergeben. Erd- und Feuerbestattung sind einander grundsätzlich gleichgestellt. Dies bestmimte bereits § 1 des Reichsgesetzes über die Feuerbestattung vom 15.05.1934342, welches entsprechend der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes als Landesrecht weitergilt, soweit keine dahingehende landesrechtliche Regelung existiert 343 . Die Gleichstellung der beiden Bestattungsarten verbietet es dem Gesetzgeber, die Feuerbestattung in ihrer freien Entwicklung durch Sondervorschriften zu hemmen 344 . Eine in jeglicher Beziehung zu erzielende Gleichstellung von Erd- und Feuerbestattung ist hingegen nicht intendiert 345 .

341

Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48). RGBl I, S. 380. 343 Vgl. Wolter, ZevKR 7 (1958/59), 188; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 158; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 237. Zur Weitergeltung des § 1 des Reichsgesetzes über die Feuerbestattung in NordrheinWestfalen: OVG Münster, NVwZ-RR 1997, 99 (100). 344 Waldemar Kahler, Das Reichsgesetz über die Feuerbestattung, 1935, S. 39; ähnlich Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.VI (Stand: Oktober 1995), Rn. 9. 345 Hierzu Waldemar Kahler, Das Reichsgesetz über die Feuerbestattung, 1935, S. 39 f. 342

*

132

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Die geringeren Abmessungen für Urnengrabstätten resultieren jedoch nicht aus Bemühungen einer Diskriminierung der Feuerbestattung durch den kommunalen Satzunggeber. Die Abmessungen der Grabstätten für Urnen ergeben sich vielmehr aus der im Vergleich zum Sarg wesentlich geringeren Größe dieser Behältnisse. Insofern spielen kapazitätsbedingte Überlegungen des Friedhofsträgers eine entscheidende Rolle. Als unzulässig erweist sich eine solche Beschränkung der Grabstättengröße lediglich dann, wenn sie den Hinterbliebenen keine hinreichende Möglichkeit individueller Grabgestaltung mehr läßt. Bei einer Grabstättengröße von 80 χ 80 bis zu 100 χ 100 cm ist diese Grenze noch nicht überschritten, da eine ausreichende Grabbepflanzung und auch die Errichtung eines Grabdenkmals grundsätzlich noch möglich ist. Wird hingegen die Größe des Urnengrabes der Größe der Urne dergestalt angepaßt, daß eine ansprechende Gestaltung aufgrund der minimalen Ausmaße unmöglich gemacht wird, so liegt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Menschenwürde als wesentliche Grundlagen der Totenehrung unzweifelhaft vor.

IL Die Beschränkung der Grabmalsgröße Ist somit die Beschränkung der Grabstättengröße für Urnen- begräbnisse in ihrer derzeitigen Form unbedenklich, kann allerdings die Verknüpfung von Grabmalsgröße und Grabstättengröße und die hieraus resultierende Beschränkung der Grabmalsgestaltung anders zu bewerten sein. Warum eine kleinere Grabstätte einzig von einem kleineren Grabstein geziert werden darf, läßt sich sachlich nicht begründen. Es wird im einzelnen noch zu erörtern sein, daß Größenbegrenzungen für Grabdenkmäler einzig aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zulässig sind, und daß die kommunale Praxis, sogenannte übergroße Grabmale aufgrund mangelnder Einfügung in das Gesamtbild zu untersagen, nicht haltbar ist 3 4 6 . Dieselben Erwägungen des Satzunggebers bestimmen jedoch auch die Verknüpfung von Grabstättengröße und Grabmalsgröße. Dahinter steht die Bemühung, ein möglichst einheitliches und damit angeblich harmonisches Erscheinungsbild des Bestattungsplatzes zu schaffen. Dem Satzunggeber hier Grenzen aufzuzeigen erscheint umso notwendiger, als gesetzliche Vorschriften, die die Maße der Grabstätten festlegen, kaum existieren 347. So werden auch Urnengrabstätten mit einer Abmessung von 50 χ 65 cm - also nahezu einem neuntel der Fläche eines durchschnittlichen Erdreihengrabes - noch für zulässig erachtet 348. Mag die zur Verfügung stehende Fläche auch noch eine individuelle Grabbepflanzung zulassen, so wird der bei der346 347 348

Teil 3, 3.Abschnitt, G. Vgl. auch Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 164. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 164.

. Abschnitt:

ie allgemeine G e s t a l t u n g s e

133

artigen Abmessungen durch die Friedhofsverwaltung zugelassene Grabstein nahezu Miniaturformat annehmen. Als unzulässig ist es daher zu erachten, wenn der Satzunggeber die Größe der Urnengrabstätten derart minimiert, daß eine ansprechende Bepflanzung sowie die Errichtung eines Grabdenkmals nicht mehr möglich sind. Ebenso unzulässig ist die derzeitige kommunale Praxis der Verknüpfung von Grabmalsgröße mit der Grabstättengröße, da sie einen Verstoß gegen Art. 3 I GG begründet. Zwar ist die geringe Grabstättengröße für Urnen durch deren wesentlich geringeren Ausmaße im Vergleich zu Särgen gerechtfertigt, doch läßt sich diese Rechtfertigung nicht auf die Grabmalgestaltung übertragen. Die Möglichkeiten der Totenehrung müssen unabhängig von der jeweiligen Bestattungsart gleichermaßen gewährleistet sein.

III. Urnengemeinschaftsanlagen Weitere Besonderheiten ergeben sich im Fall der Urnengrabstätten aus dem Umstand, daß Urnenwahlgrabstätten grundsätzlich auch in Mauern, Terrassen und Hallen, sogenannten Kolumbarien, eingerichtet werden können 349 . Findet ein solches Angebot kumulativ statt, wird die Auswahlmöglichkeit des Nutzungsberechtigten erweitert. Bietet der Friedhofsträger nur einen der Grabstättentypen an, werden die Rechte des Nutzungsberechtigten grundsätzlich nicht beschnitten, da es sich um Wahlgräber handelt. Etwas anderes gilt insoweit für die sogenannten Urnengemeinschaftsanlagen. Bei diesen handelt es sich um „gestalterisch anspruchsvolle Belegungsflächen des Friedhofs, in denen unter Verzicht auf Einzelgrabstätten eine bestimmte Anzahl von Urnen gemeinschaftlich beigesetzt" 350 wird. Aus dem besonderen Charakter dieser Anlage ergeben sich mitunter spezifische Beschränkungen der Rechte der Hinterbliebenen. Eine besonders schwerwiegende Einschränkung findet sich in der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt: „Zur Wahrung des Beisetzungscharakters und der Interessen der Hinterbliebenen dürfen die bepflanzten Beisetzungsflächen nicht betreten werden. Blumengebinde, Kränze und sonstiger Grabschmuck sind in jedem Fall an den dafür ausgewiesenen und angelegten Ablagemöglichkeiten niederzulegen." 351 Sinn der Urnengemeinschaftsanlagen ist die Aufnahme der Asche Verstorbener, die eine anonyme Beisetzung

349

§ 16 IV der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 16 III 2 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 350 § 18 I der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 351 § 18 III der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

gewünscht haben 352 . Daraus folgt, daß die Beisetzung gegen den Willen des Verstorbenen oder der sonstigen Bestimmungsberechtigten unzulässig ist. Umgekehrt werden die Rechte des Verstorbenen nicht tangiert, da dieser die beschriebene Form der Beisetzung selbst gewünscht hat. Anders beurteilt sich die Frage, inwieweit Rechte der Hinterbliebenen betroffen werden. Auf das Recht der Hinterbliebenen, das Grab zu schmücken, können nur diese selbst verzichten. Haben sich die Hinterbliebenen in Ermangelung einer Bestimmung durch den Verstorbenen selbst für die Bestattung in einer Gemeinschaftsanlage entschieden, liegt ein solcher Verzicht vor. Das Einverständnis des Verstorbenen mit der Bestattung in einer Gemeinschaftsanlage vermag das Recht der Hinterbliebenen auf Totenehrung hingegen nicht zu beeinträchtigen, so daß die Verpflichtung zur Benutzung zentraler Ablagemöglichkeiten für Grabschmuck grundsätzlich in das Recht auf Totenehrung eingreift. Die Lösung ergibt sich hier aus dem Umstand, daß die Stelle der Beisetzung bei einer namenlosen Bestattung nicht mitgeteilt wird 3 5 3 . Hat der Verstorbene eine anonyme Beisetzung verlangt, so ist die Friedhofsverwaltung zu dieser Vorgehensweise verpflichtet. Im Falle der durch den Verstorbenen noch zu Lebzeiten selbst festgelegten Bestattung in einer anonymen Gemeinschaftsanlage ist es den Hinterbliebenen daher nicht möglich, die Stelle der Beisetzung zu ermitteln, so daß Kränze oder Grabschmuck auch nicht auf dem Grab des Verstorbenen niedergelegt werden können. Unter diesem Gesichtspunkt ist es folglich zweckmäßig, zentrale Ablagemöglichkeiten für den Grabschmuck zu schaffen. Eine Beschränkung des Gestaltungsrechts oder des Rechts auf Totenehrung geht aufgrund der auch gegenüber den Hinterbliebenen herrschenden Anonymität damit nicht einher.

K. Die Vereinbarkeit mit Bundesrecht Kommunale Satzungen sind nicht nur auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht hin zu überprüfen. Selbstverständlich bilden auch höherrangiges Bundes- und Landesrecht vom kommunalen Satzunggeber zu beachtende Maßstäbe. Bedeutung können in diesem Zusammenhang auch die Normen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 erlangen. Die Menschenrechtskonvention gewährleistet Grundrechte, die innerstaatlich als Bundesrecht anwendbar sind 354 .

352 353 354

(428).

Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 163. Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 16. Gesetz vom 07.08.1952, (BGBl. II S. 685). Vgl. auch Hesse, EuGRZ 1978, 427

. Abschnitt:

ie allgemeine G e s t a l t u n g s e

135

Hinsichtlich des gesetzlich festgelegten grundsätzlichen Friedhofszwangs auch für Feuerbestattungen ist bereits Art. 9 EMRK in die friedhofsrechtliche Diskussion eingeführt worden 355 . Auch in Fragen der Grabgestaltung können Normen der EMRK als Maßstab dienen. In Betracht kommen Art. 9 und 10 der Konvention, die die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie die Freiheit der Meinungsäußerung gewährleisten. Nach dem zu Art. 4, 5 GG Gesagten kann den inhaltlich gleich ausgerichteten Artikeln der EMRK allerdings keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen. Die in Art. 9 II, 10 II EMRK beigefügten ausdrücklichen Schrankenvorbehalte konturieren die geschützten Freiheitsbereiche sogar schwächer aus, als dies die entsprechenden Artikel des Grundgesetzes tun.

L. Die Vereinbarkeit mit Landesrecht Dem verhältnismäßig kargen Bestand landesrechtlicher Regelungen zum Friedhofsrecht lassen sich etwaige Beschränkungen des kommunalen Satzunggebers in Fragen der Grabgestaltung kaum entnehmen. Einzig § 6 II des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen macht insoweit eine Ausnahme, als bestimmt wird, daß Friedhöfe nach ihrer baulichen Gestaltung den kulturellen Belangen der Bevölkerung Rechnung tragen müssen. Weder Individualinteressen, noch Fragen des persönlichen Geschmacks bilden die zu beachtende Richtlinie. Gleichzeitig können trotz der insoweit offenen Formulierung keine allgemeinen kulturellen Belange gemeint sein, da es die Besonderheiten des Begräbnisses zu berücksichtigen gilt. Der Begriff der kulturellen Belange der Bevölkerung ist daher gleichzusetzen mit der Terminologie des regionalen Bestattungsbrauchtums Muß diesem bei der baulichen Gestaltung der Friedhöfe Rechnung getragen werden, dürfen Grabgestaltungen, die hergebrachtem Brauchtum entsprechen, durch den Anstaltsträger nicht, bzw. - bei Berücksichtigung des Zwei-Felder-Systems - nicht ausnahmslos verboten werden. Der praktische Anwendungsbereich der Norm ist jedoch relativ gering. Aufgrund der mittlerweile nahezu 90-jährigen Einflußnahme der Kommunen auf die Grabgestaltung ist regionales Bestattungsbrauchtum auf deutschen Friedhöfen nahezu verschwunden 356, so daß ein den Friedhofsträger bindendes Bestattungsbrauchtum nahezu nicht mehr existiert. Faktisch kann somit von einer dahingehenden Bindung hessischer Kommunen nicht die Rede sein.

355 356

BVerwGE 45, 224 (235). Vgl. auch von Köckritz, Friedhof und Denkmal 1995, 18(19).

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

M. Rechtsstaatliche Anforderungen im Bereich der Abwägung als Kern der Satzunggebung Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf einzelne Satzungsklauseln und deren rechtliche Bewertung. Schwieriger gestaltet sich eine Bewertung der Faktoren, welche beim Zustandekommen einzelner Vorgaben eine Rolle gespielt haben. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Abwägung als Kern der Satzunggebung, da es sich insoweit um Fragen des Einzelfalls und zudem verwaltungsinterne Entscheidungsabläufe handelt. Eine generelle Bewertung läßt sich daher nicht vornehmen. Möglich ist einzig die Betrachtung einzelner Zugriffsmöglichkeiten auf die Entscheidungsabläufe. Im Rahmen des Abwägungsvorgangs besteht die Pflicht des Satzunggebers zu unvoreingenommener und distanzierter Abwägung 357 . Zweifel an der gebotenen Neutralität und Objektivität kommen auf, wenn Fachkreise entscheidend Einfluß auf den Abwägungs- und damit auch den Normsetzungsprozeß nehmen können. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn zur Beratung der Verwaltung in grundsätzlichen Fragen der Grabstättengestaltung ein Beirat gebildet wird, der aus Vertretern des Steinmetz- und Bildhauerhandwerks, der Friedhofsgärtner, der Staatlichen Akademie der bildenden Künste, der Holzbildhauer, der Kunstschmiede und Metallgestalter, der freien Garten- und Landschaftarchitekten, sowie der evangelischen und katholischen Kirche besteht358. Zu kritisieren ist insbesondere, wenn derartige Beiräte nicht nur eine beratende Funktion gegenüber der Friedhofsverwaltung wahrnehmen, sondern darüber hinaus zum Erlaß von Richtlinien über Werkstoffe, Maße und Bearbeitung der Grabmale sowie die Bepflanzung der Grabstellen ermächtigt werden, und diese Richtlinien durch die Friedhofsverwaltung an die ortsansässigen Bildhauer, Steinmetzbetriebe und Friedhofsgärtner weitergeleitet werden 359 . Hierbei handelt es sich nicht mehr um eine über den Gedanken der Systemgerechtigkeit grundsätzlich gerechtfertigte 360 Aktivierung gesellschaftlicher Kräfte bei der sachkundigen Regelung von Angelegenheiten, die einen spezifischen Bezug zu diesem Personenkreis aufweisen. Vielmehr besteht die Gefahr, daß wirtschaftliche Interessen 357 Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 11. 358 So § 30 I, II der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart. Ähnlich § 2 der Grabmalsund Bepflanzungsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen. 359 So § § 3 I, 4 I der Grabmals- und Bepflanzungsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen. Wertungs- und Entscheidungsvorgänge dürfen jedoch nicht aus dem Gemeinderat auf Private übertragen werden, vgl. Waechter, Kommunalrecht, 2 1995, Rn. 481. Ferner zur Grenze der Entscheidungsbefugnisse derartiger Gremien: Ossenbühl, in: Lukes (Hrsg.), Reformüberlegungen zum Atomrecht, 1991, S. 42 f. 360 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 24. Umfassend zur sachverständigen Beratung des Staates: Brohm, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II, 1987, § 36.

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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einiger weniger selbsternannter Fachleute sowie konfessionell bedingte Vorstellungen und Anschauungen entscheidenden Einfluß gerade auf die grundsätzlichen Weichenstellungen des Satzunggebers nehmen können. Wird jedoch insbesondere von den Vertretern der herrschenden Meinung immer wieder betont, daß nicht das Urteil Sachverständiger, sondern vielmehr das ästhetische Durchschnittsempfmden über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Grabgestaltung entscheidet, so ist es nicht nur widersinnig, sondern vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung zur Grabgestaltung schlichtweg unzulässig, Beiräten oder ähnlichen ohne hinreichende Legitimation agierenden Institutionen derart weitgehende Kompetenzen einzuräumen.

2. Abschnitt

Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte In einem Großteil der kommunalen Friedhofssatzungen finden sich Beschränkungen, die jeden Nutzungsberechtigten ausnahmslos treffen, und dennoch weder als allgemeine noch als zusätzliche Gestaltungsvorschriften gekennzeichnet werden. Die Zielsetzung dieser Vorschriften liegt trotzdem einzig und alleine auf gestalterischem Gebiet. Es handelt sich hierbei zum einen um Vorgaben, die den Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage des Grabes zwingen, und zum andern um Klauseln, welche die Verfügungsmöglichkeiten des Nutzungsberechtigten über die Grabbepflanzung und das Grabdenkmal betreffen.

A. Die Pflicht des Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage Nahezu sämtliche kommunalen Friedhofssatzungen statuieren die Pflicht des Nutzungsberechtigten, die Grabstelle gärtnerisch anzulegen. Dabei darf der Begriff der gärtnerischen Anlage nicht so eng gefaßt werden, daß nur Beete mit in der Erdoberfläche wurzelnden Pflanzen den Anforderungen genügen. Vielmehr handelt es sich auch dann um eine gärtnerische Anlage, wenn Pflanzen in gesonderten Behältern auf die Beetoberfläche gestellt werden 361 . Trotz dieses weiten Verständnisses erscheint die Verpflichtung zur gärtnerischen Anlage unter zweierlei Gesichtspunkten bedenklich. Dem Nutzungsberechtigten wird zum einen eine besondere Form der Grabgestaltung - nämlich die wie auch immer geartete Bepflanzung - zwingend vorgeschrieben, ohne daß es Ausweichmöglichkeiten für diejenigen Grabstätteninhaber gäbe, die keinerlei Bepflan361

VGH Baden-Württemberg, BWVB1 1969, 74 (75); OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (245).

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

zung der Grabstätte wünschen. Zum anderen bedeutet die Verpflichtung zur gärtnerischen Anlage nahezu zwangsläufig, daß der Nutzungsberechtigte pekuniäre Aufwendungen in Kauf nehmen muß. Die mit der Pflicht zur Bepflanzung notwendigerweise verbundenen Ausgaben zur eigenen oder unter Beauftragung eines Friedhofsgärtners erfolgenden Anschaffung der notwendigen Gewächse bedeuten einen Eingriff in das Vermögen. Letztlich handelt es sich um eine Geldleistungspflicht des Nutzungsberechtigten, die als Eingriff in das Vermögen als solches nicht anhand des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes über Art. 14 GG zu messen ist. Jedoch gewährleistet das Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit einen allgemeinen Vermögensschutz 362. Art. 2 I GG garantiert die Freiheit von ungesetzlichen und nicht verfassungsgemäßen Auferlegungen öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten und sonstiger Vermögensopfer 363.

I. Die Bepflanzung als Element der Grabgestaltung Daß es sich bei der Bepflanzung der Grabstätte um ein Element der Grabgestaltung handelt, wird durchgängig nicht bestritten 364 . Gleichwohl werden die zum Zwei-Felder-System entwickelten Grundsätze nur eingeschränkt auf die Grabbepflanzung angewendet. So sollen zwar Art und Maß der Bepflanzung nur in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften einer näheren Festlegung zugänglich sein 365 . Auf die Pflicht zur Grabbepflanzung selbst werden die Regeln des Zwei-Felder-Systems jedoch nicht angewendet mit der Folge, daß ein ausnahmslos geltendes Gebot der gärtnerischen Anlage für zulässig erachtet wird 3 6 6 . Die Verpflichtung des Friedhofsträgers, bei Durchsetzung bestimmter ästhetischer Anschauungen an anderer Stelle die Möglichkeit für den Nutzungsberechtigten zu schaffen, das Grab den eigenen Wünschen entsprechend zu gestalten, gilt demnach nicht für die Grabbepflanzung. Eine Rechtfertigung für diese ausnahmslose Pflicht des Nutzungsberechtigten läßt sich nur dann finden, wenn bei Fehlen einer gärtnerischen Anlage automatisch und in je362

Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 161. Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 161 und 174. 364 Vgl. nur VGH Baden-Württemberg, BWVB1 1969, 74 f.; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 63; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 23; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 191; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 34. 365 Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 23. 366 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 62 geht davon aus, daß die Bepflanzung mit Blumen nicht allgemein zur Pflicht gemacht werden kann. Damit ist jedoch nicht über die allgemeine Pflicht zur gärtnerischen Anlage gesagt, die sich gerade nicht auf eine bestimmte Art der Bepflanzung (Blumen, Sträucher, Gras usw.) festlegt. 363

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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dem Fall von einer unwürdigen Grabgestaltung ausgegangen werden muß. Eine Grabgestaltung, die störend wirkt, darf nach ständiger Rechtsprechung auch nicht auf einem Grabfeld mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften bestehen367. Wirkt also ein Grab ohne gärtnerische Anlage stets störend, muß der Friedhofsträger dem Nutzungsberechtigten auch keine Ausweichmöglichkeit zur Verfugung stellen. In diesen Sinnzusammenhang wird die Grabbepflanzung offensichtlich gestellt, wenn es bei Gaedke heißt: „Zur würdigen Gestaltung einer Grabstätte gehört die ständige angemessene Grabpflege. Die Nutzungsberechtigten sind daher verpflichtet, die Grabstätte vom Zeitpunkt des Erwerbs an gärtnerisch in Ordnung zu halten. (...) Die Gestaltung und Bepflanzung der einzelnen Grabstätten ist mitbestimmend für die Wirkung der Grabfelder und damit auch des ganzen Friedhofs. Sie sollten sich daher der Gesamtanlage anpassen."368 Diese Ausführungen vermögen in ihrer Allgemeinheit nicht zu überzeugen. Um zu einem sachgerechten Ergebnis zu gelangen, bedarf es einer getrennten Betrachtung. Ist ein Grab bereits gärtnerisch angelegt worden, und hat sich der Nutzungsberechtigte im weiteren Verlauf der Zeit nicht mehr um die Pflege des Grabstätte gekümmert, so daß das Grab einen „verwilderten" Eindruck macht, kann bei Zugrundelegung der herrschenden Ansicht ein unwürdiger Eindruck entstehen. Aber auch wenn man in einem solchen Fall die Würde der Grabgestaltung noch bejaht, kann ein Einschreiten der Friedhofsverwaltung unter Gesichtspunkten der öffentlichen Sicherheit geboten sein, etwa wenn wildwuchernde Pflanzen in Wege hinein- oder auf andere Grabstätten hinüberwachsen. Existiert demnach eine gärtnerische Anlage, kann durchaus von einer Pflicht des Nutzungsberechtigten ausgegangen werden, diese auch im folgenden in Ordnung zu halten. Vollkommen anders zeigt sich jedoch die Situation, wenn es gerade um die hier interessierende Frage geht, ob die Grabstätte überhaupt gärtnerisch angelegt werden soll. Daß nur eine gärtnerisch gestaltete Grabstätte den an eine würdevolle Grabgestaltung zu stellenden Anforderungen genügt, läßt sich in keiner Weise belegen. Dies ergibt sich bereits durch einen Vergleich mit Satzungsvorgaben, nach denen nur ein Teil des Grabes bepflanzt werden darf, während der übrige Teil als für jedermann betretbare Rasenfläche erhalten bleiben muß. Die Zulässigkeit derartiger Vorschriften wird mit dem Argument begründet, daß es zur würdigen Totenbestattung gerade nicht gehört, daß das Grab

367

Vgl. nur BVerwGE 17, 119 (121). Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 191 f. Ähnlich auch Jehle, ZfF 1966, 34 (35); Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 63; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 93. 368

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

bepflanzt werden darf und so das Betreten der Grabstelle unmöglich gemacht oder zumindest erschwert wird 3 6 9 . Mit anderen Worten: geht es um die Beurteilung der Bepflanzungspflicht, so soll sich diese als unerläßlicher Bestandteil einer würdigen Totenbestattung erweisen. Wird hingegen die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten überprüft, einen bestimmten Teil des Grabes nicht zu bepflanzen, soll das Recht auf Bepflanzung nicht zur würdigen Totenbestattung gehören. In Befolgung der „Rosinentheorie" wird zugunsten des Friedhofsträgers und zu Lasten des Bürgers die Bepflanzung einmal als Element der würdigen Totenbestattung gewertet und ein andermal nicht. Einzig konsequent ist es somit, die Grabbepflanzung als Element der Grabgestaltung uneingeschränkt dem Schutzbereich des Art. 2 I GG zu unterstellen, so daß der Nutzungsberechtigte weder zur gärtnerischen Anlage noch zu deren Unterlassung gezwungen werden kann. Die gärtnerische Anlage der Grabstätte ist kein konstitutives Merkmal einer würdevollen Gestaltung und damit des Friedhofszwecks auch in der Ausprägung, die ihm die herrschende Meinung gegeben hat. Ebensowenig wie die Aufstellung von Grabmalen allgemein zur Pflicht gemacht werden kann 370 , ist es dem Friedhofsträger erlaubt, die gärtnerische Anlage zur von jedermann zu beachtenden Pflicht zu erheben. Die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage der Grabstätte stellt damit auch bei weitem Verständnis des Begriffs einen Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit dar. Um der ständigen Rechtsprechung zum Zwei-Felder-System zu genügen, muß der Friedhofsträger daher Ausweichmöglichkeiten für diejenigen Nutzungsberechtigten zur Verfügung stellen, die eine gärtnerische Gestaltung ihrer Grabstätte ablehnen.

II. Der allgemeine Vermögensschutz über Art. 21 GG Da Art. 2 I GG einen allgemeinen Vermögensschutz gewährleistet, sind auch die mit der Pflicht zur gärtnerischen Anlage verbundenen Kosten an diesem Maßstab zu messen. Daß sich die dem Nutzungsberechtigten entstehenden Kosten in einem geringen Rahmen halten können, und die Gestaltung des Grabes so oder so mit Ausgaben verbunden ist, muß bei der verfassungsrechtlichen

369

VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160). Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 62. Daß keine Pflicht zur Errichtung eines Grabmals besteht, zeigt sich auch in der in vielen Friedhofssatzungen vorgesehenen Möglichkeit der anonymen Bestattung; vgl. § 22 X der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 16a der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 16 V der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 370

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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Bewertung einer durch den Friedhofsträger auferlegten Pflicht außer Betracht bleiben. Von Bedeutung ist alleine der Umstand, daß durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit auch die Freiheit von ungesetzlichen und nicht verfassungsgemäßen Auferlegungen öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten und sonstiger Vermögensopfer garantiert wird 3 7 1 . Die mit Art. 2 I GG unvereinbare generelle Pflicht zur gärtnerischen Anlage ist fur den Nutzungsberechtigten notwendigerweise mit einem Vermögensopfer verbunden, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt gegen die allgemeine Handlungsfreiheit verstoßen wird 3 7 2 .

B. Beschränkungen der Verfügungsmöglichkeiten des Nutzungsberechtigten und Art. 14 GG Ebenfalls ohne Erörterung ist bisher die Frage geblieben, inwieweit Grabgestaltungsvorschriften, soweit sie die Verfügungsmöglichkeiten des Nutzungsberechtigten über die Grabbepflanzung oder das Grabdenkmal einschränken, in Kollision zur Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG treten können. Hierbei ist zunächst allgemein die Frage zu klären, inwieweit dem Nutzungsberechtigten im Friedhofsrecht eigentumsrechtliche Positionen zustehen können.

I. Die Eigentumsverhältnisse

an der Grabstätte selbst

Eine Abwehr gestalterischer Vorgaben unter Hinweis auf die Eigentumsfreiheit des Art. 14 I GG ist nur dann möglich, wenn dem Inhaber einer Grabstätte ein dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterfallendes Recht zusteht. Auf die sogenannten Erbbegräbnisrechte, eine Sonderform der Wahlgräber, die ursprünglich „auf ewig" eingeräumt wurden, ist Art. 14 I GG vereinzelt angewendet worden 373 . Dem sind Rechtsprechung und herrschende Lehre entgegengetreten. Hiernach begründet die Überlassung eines Wahlgrabes ein Sondernut-

371

So Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 161 und 174. Dieses Ergebnis gilt nur für die finanziellen Aufwendungen als Folge der Pflicht zur gärtnerischen Anlage, nicht für die sonstigen Bestattungskosten; vgl. hierzu Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 59 ff. 373 So Bachof, JZ 1962, 433 (437); ders., Die Unzulässigkeit der Entziehung von Erbbegräbnisrechten, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 642 ff. (657). Auch Beyer (NJW 1958, 1813 (1814)) will das Nutzungsrecht an Wahlgräbern einem Vermögenswerten Recht praktisch gleichstellen. Ähnlich für Urnenwahlgräber Fink, JuS 1968, 83 (87 f.). Vgl. allgemein zum Erbbegräbnisrecht: Jäckel, DÖV 1954, 141 ff. 372

142

Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

zungsrecht 374. Im Verhältnis zum Nutzungsrecht an einer Reihengrabstätte soll das Sondernutzungsrecht kein aliud, sondern ein mit gewissen Besonderheiten ausgestattetes gleichartiges Recht darstellen 375. Diese Überlegungen treffen jedenfalls für die Wahlgräber in ihrer heutigen Erscheinungsform zu. Ob für ältere Erbbegräbnisse etwas anderes gelten könnte, kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung unbeantwortet bleiben, da Erbbegräbnisse mittlerweile nahezu verschwunden sind. Erhält der Berechtigte einer Wahlgrabstätte demnach ein subjektiv-öffentliches Recht auf ausschließliche Benutzung durch sich und seine Angehörigen 376 , wird dieses durch die Zahlung einer gegenüber Reihengrabstätten erhöhten Gebühr noch nicht zu einem Vermögenswerten Recht iSd Art. 14 I GG. Das Benutzungsrecht an der Grabstelle gehört damit grundsätzlich nicht zu den in Art. 14 GG geschützten Rechten377.

II Die Eigentumsverhältnisse

am Grabstein und der Grabbepflanzung

Das Grabmal ist keine res extra commercium. Die Verbindung des Grabmals mit dem Grund und Boden erfolgt ausschließlich für die Dauer des Nutzungsrechts. Das Grabmal, aber auch die Grabeinfassung, wird damit kein wesentlicher Bestandteil des Friedhofsgrundstücks nach §§ 93, 94 BGB, sondern bleibt eine selbständige bewegliche Sache, und steht daher als sogenannter Scheinbestandteil nach § 95 I 1 BGB weiterhin im Eigentum des Nutzungsberechtigten 378 . Zu demselben Ergebnis gelangt man über erne Anwendung des § 95 I 2

374 BVerwGE 11, 68 (71 f.); Gladen, DÖV 1960, 337 (338); Stengl, Der Bäuerische Bürgermeister 1963, 114 ff.; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 1984, § 12 Rn. 3; Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 41 Rn. 12; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XV (Stand: Januar 1996), Rn. 8; Gaedke, DFK 1997, 479 (480). Die Qualifizierung des Erbbegräbnisrechts als Sondernutzungsrecht findet sich im übrigen bereits bei Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 1911, S. 293 f. 375 BVerwGE 11, 68 (72); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XV (Stand: Januar 1996), Rn. 8. 376 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, § 12 Rn. 3; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 174; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XV (Stand: Januar 1996), Rn. 8. 377 A.A. ohne Begründung VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160). 378 Weimar, MDR 1963, 985; König, VersR 1971, 111; BGH, JR 1977, 367 (368); Haase, JR 1977, 369; Dilcher, in: Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, Erstes Buch, Allgemeiner Teil, 131995, Vorbemerkung zu § 90, Rn. 40; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 65; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 209; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26; OLG Köln, OLGZ 1993, 113 (117). A.A. Lehmann, PrVwBl 50, 600 (602); Baur, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 1, Allgemeiner Teil, 111978, § 94 Rn. 5.

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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BGB 3 7 9 , da die Aufstellung des Grabdenkmals auf einem kommunalen Friedhof in Ausübung des dem Nutzungsberechtigten an der Grabstelle zustehenden Nutzungsrechts erfolgt. Im Gegensatz dazu sollen Pflanzen, die auf den Grabstätten gepflanzt werden, ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks gemäß § 94 I 2 BGB werden 380 . Im Eigentum des Nutzungsberechtigten sollen lediglich jahreszeitliche Wechselbepflanzungen bleiben, die nur zu einem vorübergehenden Zweck eingesetzt werden 381 . Diese Trennung zwischen Grabbepflanzung einerseits und Grabdenkmal und -einfassung andererseits ist sachlich nicht gerechtfertigt. Sie ist nur dann angemessen, wenn von vornherein feststeht, daß der Friedhofsträger nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses die Bepflanzung übernehmen soll. Hierüber kann eine ausdrückliche Vereinbarung geschlossen werden, den Regelfall kann diese Konstellation aber nicht bilden. Es erscheint daher angezeigt, auch auf die Grabbepflanzungen regelmäßig die Vorschrift des § 95 I 1 BGB anzuwenden. Die Verbindung oder Einfügung im Sinne dieser Norm geschieht dann zu einem vorübergehenden Zweck, wenn der Wegfall der Verbindung von vornherein beabsichtigt oder nach der Natur des Zwecks sicher ist 3 8 2 . Diese Voraussetzung trifft auch auf die Grabbepflanzung zu, da die vorhandene Bepflanzung nach Ablauf der Ruhefrist, bzw. des Nutzungsrechts notgedrungen entfernt wird, um eine Neubelegung der Grabstelle zu ermöglichen 383 . Der Wegfall der Verbindung tritt damit nach Ablauf des Nutzungsrechts auf jeden Fall ein. Grabbepflanzungen stellen damit ebenso wie Grabdenkmäler und -einfassungen Scheinbestandteile gemäß § 95 I 1 BGB dar. Getragen wird dieses Ergebnis auch von rechtspraktischen Erwägungen. Zum einen findet sich in den meisten Friedhofssatzungen die Pflicht des Nutzungsberechtigten verankert, die Gräber innerhalb einer bestimmten Frist zu bepflanzen 384 . Tritt diese Pflicht kumulativ zum automatischen Eigentumsübergang zugunsten der Gemeinde auf, ergeben sich erhebliche verfassungsrechtliche Probleme 385 . Zum anderen hat die Anwendung des § 94 I 2 BGB zur Folge, daß ein 379 So auch Gaertner, PrVwBl 31 (1909/10), 372 für Erbbegräbnisse; Weimar, MDR 1963, 985; Müller-Hannemann MDR 1975, 796 (799); OLG Köln, OLGZ 1993, 113 (117). 380 Weimar, MDR 1963, 985 f.; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 2 1984, S. 65; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 192. 381 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 192. 382 RGZ 63, 416 (421); Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 551996,§ 95 Rn. 2. 383 So sind auch die vom Gärtner in ein Pachtgrundstück gepflanzten und zum Verkauf bestimmten Gewächse lediglich ein Scheinbestandteil gemäß § 95 I 1 BGB, vgl. RGZ 105, 213 (215). 384 Vgl. nur § 43 I 1 der Friedhofssatzung der Stadt Bamberg; § 25 I 1 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 33 I der Friedhofssatzung der Stadt Chemnitz; § 27 I 1 der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 40 I 1 der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 385 Siehe im folgenden Teil 2, 2.Abschnitt, Β. II. 2. b.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

Nutzungsberechtigter die Grabbepflanzungen ohne Genehmigung der Kommune als Eigentümerin noch nicht einmal jahreszeitlich bedingt beschneiden, geschweige denn eine ihm nicht mehr genehme Bepflanzung entfernen dürfte, sofern sich nicht in der Satzung eine Bestimmung findet, die dem Nutzungsberechtigten derartige Tätigkeiten ausdrücklich erlaubt 386 . Ratio der durch die herrschende Meinung vorgenommenen Differenzierung scheint daher auch vielmehr zu sein, dem Nutzungsberechtigten als Eigentümer des Grabdenkmals unproblematisch die kostenintensive Pflicht der Entfernung des Grabdenkmals und der Einfassungen nach Ablauf des Nutzungsrechts aufbürden zu können. Bei Nicht-Befolgung dieser Pflicht und Verstreichenlassen einer entsprechenden Frist kann das Grabdenkmal auf Kosten des Verpflichteten entfernt werden 387 . Bei Grabbepflanzungen stellen sich derartige kostenintensive Probleme nicht, so daß hier § 94 I 2 BGB herangezogen wird. Die Anwendung des § 94 I 2 BGB auf die Grabbepflanzung ist somit unzulässig und rechtspraktisch wenig sinnvoll. Da die Unterscheidung zwischen Grabdenkmälern und Grabbepflanzungen jedoch die satzungsrechtliche Praxis bestimmt, soll auch im folgenden eine getrennte Bewertung erfolgen.

1. Bewertung der Rechtsverhältnisse an Grabsteinen Gemäß § 95 I 1 BGB verbleiben Grabdenkmäler und -einfassungen im Eigentum des Nutzungsberechtigten. Nahezu alle Friedhofssatzungen legen aber gleichzeitig fest, daß jede Änderung, Erneuerung, Instandsetzung oder Auswechslung von Grabmälern oder Einfassungen der vorherigen schriftlichen Genehmigung der Friedhofsverwaltung bedarf. Die Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn die beabsichtigte Anlage den gesetzlichen Vorschriften sowie den Vorgaben der Friedhofssatzung entspricht. Zum verfassungsrechtlichen Inhalt des Privateigentums gehört aber grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand388. Die satzungsrechtliche Genehmigungspflicht für jegliche Veränderung des Grabdenkmals beschränkt die Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers und greift daher in die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG ein. Zwar wird dem Nutzungsberechtigten keine konkrete Eigentumsposition entzogen, doch muß er sich eine in generell-abstrakter Form gefaßte Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten gefallen lassen. Die Genehmigungspflicht stellt sich somit dar als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14

386 Ähnliche Bedenken finden sich bei Faber (NJW 1956, 1480 (1481)) für Grabdenkmäler. 387 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 210; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26. 388 So BVerfGE 26, 215 (222); BVerfGE 38, 348 (370).

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

145

I 2 GG, indem die Befugnisse des Eigentümers über eine abstrakte und generelle Gestaltung des Schutzbereichs beschnitten werden 389 .

a) Die Zweckbestimmung des Friedhofs als verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Eigentumsfreiheit Eine Rechtfertigung der einschlägigen Vorschriften ergibt sich nach überwiegender Auffassung aus der Zweckbestimmung des Friedhofs. Die Eigentumsrechte sollen durch die Zweckbestimmung als Grabschmuck wie auch durch die Friedhofssatzung eingeschränkt sein, so daß sie gegenüber den zur Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung und Förderung des Anstaltszwecks gebotenen Erfordernissen zurücktreten müssen390. Nach Aufstellung des Grabmals soll sich die Verfügungsbefugnis nur noch innerhalb der durch Pietät und Zweckbestimmung gezogenen Grenzen bewegen391. Noch schärfer prononciert ist die Feststellung, daß ohne die Zustimmung des Friedhofsträgers durchgeführte Maßnahmen der Zweckbestimmung des Friedhofs zuwiderlaufen 392. Anders ausgedrückt: alleine der Umstand, daß die Veränderung eines Grabsteins nicht durch die Friedhofsverwaltung genehmigt worden ist, stellt eine Unvereinbarkeit mit der Zweckbestimmung des Friedhofs dar. Der nahezu schablonenhafte Verweis auf den Friedhofszweck kann in dieser Undifferenziertheit nicht überzeugen. Tatsache ist zunächst, daß die Befugnisse der Normsetzungsgewalt im Rahmen des Art. 14 12 GG umso weiter sind, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht 393 , da in dieser Konstellation die Regelung des Art. 14 II GG verstärkt an Bedeutung gewinnt. Die herrschende Ansicht vermag einen solchen sozialen Bezug aus der von ihr definierten Zweckbestimmung des Friedhofs abzuleiten, indem die Gemeinschaftsbezogenheit und demnach der „Gesamteindruck" und ebenso die „Gesamtgestaltung" als wesentliche Richtpunkte einer würdevollen Gestaltung 389

864.

Zu diesen Aspekten der Inhalts- und Schrankenbestimmung Lege, NJW 1990,

390

Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 209; ähnlich Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 66; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26. 391 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 209. Die dort zitierte Entscheidung des LG Koblenz enthält allerdings keine dahingehende Aussage. Lediglich die Anmerkung von Faber (NJW 1956, 1480) weist auf diese Beschränkung hin, jedoch stellt Faber auf die Zweckbestimmung des Grabdenkmals und nicht des Friedhofs ab. 392 So Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26. 393 St. Rspr.: BVerfGE 50, 290 (340 f.); BVerfGE 68, 361 (368); BVerfGE 70, 191 (201); BVerfGE 79, 292 (302); BVerfGE 84, 382 (385); BSGE 60, 158 (162). 10 Spranger

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

des Friedhofs und damit der Verwirklichung des Friedhofszwecks markiert werden. Daß eine solche gemeinschaftbezogene Definition nicht zu überzeugen vermag, vielmehr die Würde der Grabgestaltung anhand individueller Maßstäbe zu ermitteln ist, war bereits an anderer Stelle ausführlich Gegenstand der Erörterung 394 . Eine - von ihrem Grundgedanken her ohnehin zweifelhafte - Förderung des Anstaltszwecks kann demnach zur Rechtfertigung einer Beschränkung der Eigentümerbefugnisse nicht herangezogen werden. Ebensowenig kann davon ausgegangen werden, daß ungenehmigte Arbeiten per se und auf jeden Fall der Zweckbestimmung des Friedhofs zuwiderlaufen. Die Vereinbarkeit ergibt sich nicht erst aus dem formellen Akt der Genehmigung. Die Eigenart des Vermögenswerten Gutes „Grabstein" rechtfertigt die Inhalts- und Schrankenbestimmung folglich nicht. Dennoch kann ein sozialer Aspekt der Veränderung oder Instandsetzung bereits bestehender Grabmäler nicht gänzlich geleugnet werden. Durch die Anordnung des Benutzungszwangs und dem daraus resultierenden Nebeneinander vieler Grabstätten auf einem Friedhof ergibt sich notwendig ein Kontakt nach außen, also ein Inbeziehungtreten verschiedener Grabstätten zueinander. Ohne daß dieser Umstand in der Lage wäre, eine Rechtfertigung für Grabgestaltungsvorschriften abzugeben, muß er doch Berücksichtigung finden, soweit es um die von Grabdenkmälern ausgehenden Gefährdungen geht. Bringt die Veränderung eines Grabdenkmals beispielsweise die Gefahr mit sich, daß dieses umstürzt, ergibt sich hieraus ein großes Risiko für andere Friedhofsbesucher und die Nutzungsberechtigten der umliegenden Grabstellen. Unter diesem Aspekt können Änderungen an Grabdenkmälern einer Genehmigungspflicht unterworfen werden. Betrifft die Änderung des Grabmals hingegen die farbliche Gestaltung der Grabinschrift, so ist das Erfordernis einer vorher einzuholenden Genehmigung nicht gerechtfertigt.

b) Die Zweckbestimmung des Grabmals als verfassungsrechtliche Rechtfertigung Die Ansicht, wonach die Eigentümerbefugnisse wirksam durch den Friedhofszweck begrenzt werden, nimmt ihren Ursprung erstaunlicherweise im Zivilrecht 395 . Eine Beschränkung der Eigentümerbefugnisse wird hier aufgrund der Zweckbestimmung des Grabmals für zulässig erachtet. Als res religiosae, also 394

Vgl. Teil 2, 1.Abschnitt, Α. V. 2. a. aa. (2). Interessant ist hier bereits die „Verweis-Kette": Gaedke, Handbuch des Friedhofsund Bestattungsrecht, S. 209 Fn. 104, und Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 26, verweisen auf die Urteilsanmerkung von Faber, NJW 1956, 1480 f., der sich zur Stützung seiner Ansicht auf Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, vor § 90, und RGZ 100, 213 (214) beruft. 395

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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den Bestattungszwecken gewidmeten Sachen, seien Grabdenkmäler und alles, was nach Sitte, Religionsgebrauch und Herkommen der Würde der Bestattung dient, in ihren Gebrauchsmöglichkeiten beschränkt 396. Auch hier findet sich die Aussage, daß das Eigentum entsprechend der Zweckbestimmung begrenzt sei, jedoch wird nun auf die Zweckbestimmung des Grabdenkmals und nicht des Friedhofs abgestellt397. Vom Grabdenkmal dürfe deshalb nur derjenige Gebrauch gemacht werden, der der Pietät entspricht. Eine anderweitige Ausübung des Eigentumsrechts würde gegen die guten Sitten verstoßen und nach § 138 BGB nichtig sein 398 . Ihren Ausgangspunkt findet diese Auffassung in einer Entscheidung des Reichsgerichts vom 15.11.1920399. Die Entscheidung betrifft eine gegenüber Leichenbestattern ausgesprochene Untersagung, die städtischen Friedhöfe einer Kommune zwecks Ausübung ihres Gewerbes zu betreten. Der Grund der Untersagung liegt darin, daß sich die Betroffenen für das Gewerbe als ungeeignet erwiesen haben. Das Gericht geht dezidiert der Frage nach, inwieweit das Eigentumsrecht der beklagten Kommune bestimmte Grenzen zu respektieren hat. Dazu wird festgestellt: „An den umschlossenen Friedhöfen besteht zwar kein „Gemeingebrauch", wie das Berufungsgericht einen solchen anzunehmen scheint, wohl aber ist das Eigentumsrecht der Beklagten durch den öffentlichen Friedhofszweck insoweit unterbunden und öffentlich-rechtlich beschränkt, als es diese Zweckbestimmung erfordert. Als allgemeine Richtschnur muß aber bei Bestattungen gelten, daß diese öffentliche Zweckbestimmung alles umfaßt, was zum eigentlichen Bestattungsapparate notwendig ist, einschließlich dessen, was nach Sitte, Religionsgebrauch und Herkommen üblich ist und der Würde der Bestattung Rechnung trägt. Insoweit darf die Beklagte in keiner Weise kraft ihres Eigentumsrechts in die Vorgänge der Bestattung verbietend eingreifen." 400 Gegenstand der Entscheidung ist folglich die Beschränkung der Befugnisse des Friedhofsträgers durch den Friedhofszweck, jedoch nicht die Beschränkung der Eigentümerrechte des Grabstelleninhabers aufgrund der Zweckbestimmung des Grabmals 401. Es erscheint fraglich, ob den genannten Feststellungen zu Lasten der Nutzungsberechtigten überhaupt weitergehende allgemeingültige Aus396

Heinrichs, in: Palandt,571998, Überblick vor § 90, Rn. 9 f. So Faber, NJW 1956, 1480. Auch Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 209 weist auf die „Zweckbestimmung als Grabschmuck" hin. Ähnlich Holch, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, 31993, § 90 Rn. 29. 398 Faber, NJW 1956, 1480. 399 RGZ 100, 213 ff. 400 RGZ 100, 213 (214 f.). 401 So aber Faber, NJW 1956, 1480. Zutreffend hingegen Dilcher, in: Staudinger, Bürgerliches Gesetzbuch, Erstes Buch, Allgemeiner Teil, 131995, Vorbemerkung zu § 90, Rn. 37. 397

10*

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

sagen entnommen werden können. Die Ausführungen des Gerichts sind bezogen auf das Eigentumsrecht der Kommune am Friedhofsgrundstück. Ausdrücklich hingewiesen wird auf die Verpflichtung des Friedhofsträgers, alles zuzulassen, was nach Sitte, Religionsgebrauch und Herkommen bei der Bestattung üblich ist. Angesprochen wird damit ein gegen den Anstaltsträger gerichteter Anspruch des Nutzungsberechtigten auf Gestattung aller Bestattungselemente, die der Würde der Bestattung Rechnung tragen 402 . Deutlich wird der aufgezeigte interpretative Widerspruch gerade am Beispiel der Instandsetzung: die Instandsetzung eines Grabdenkmals bedeutet nichts anderes, als den bisherigen Zustand zu erhalten. War also eine Grabinschrift mit schwarzer Farbe gestaltet und ist diese Farbe im Laufe der Jahre abgeblättert, so wird sie im Falle der Instandsetzung durch den Nutzungsberechtigten erneuert. Der bisherige Zustand, der auch nach Ansicht des Friedhofsträgers mit der Würde des Friedhofes vereinbar war - anderenfalls wäre das Grabmal nicht genehmigt worden - wird aufrechterhalten. Inwieweit durch die Instandsetzung eine unwürdige Grabgestaltung entstehen kann, die aus der Sicht des Friedhofsträgers die Genehmigungspflicht rechtfertigen würde, ist demzufolge in keiner Weise ersichtlich. Geht die Modifizierung des Grabmals durch den Nutzungsberechtigten hingegen über den bisherigen Zustand hinaus, so handelt es sich auch nicht mehr um eine bloße Instandsetzung, sondern bereits um eine Veränderung des Grabdenkmals. Doch auch im Falle der Veränderung eines Grabdenkmals darf unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht automatisch zu Lasten des Hinterbliebenen davon ausgegangen werden, daß die Vorname der beabsichtigten Handlung die Gefahr einer Unvereinbarkeit mit der Würde in sich birgt. Daran ändert auch nichts der Verweis auf § 138 BGB 4 0 3 , der auf den zu beurteilenden Sachverhalt überhaupt nicht anwendbar ist. Die Regelung des §138 BGB betrifft das sittenwidrige Rechtsgeschäft. Die Veränderung eines Grabsteins durch den Nutzungsberechtigten stellt jedoch kein Rechtsgeschäft, sondern einen Realakt dar. Zusammenfassend läßt sich damit festhalten, daß das Eigentum des Nutzungsberechtigten am Grabmal durch dessen Zweckbestimmung nicht beschränkt 404 , sondern vielmehr strukturell gestärkt ist. Diese Stärkung gilt zum einen gegenüber dem Friedhofsträger, der zur Beachtung von Sitte, Religionsgebrauch und Herkommen verpflichtet ist 4 0 5 , aber auch gegenüber privaten Dritten. Ein Indiz für letzteres findet sich in der Regelung der Unpfändbarkeit

402

Vgl. RGZ 100, 213 (214). Faber, NJW 1956, 1480. 404 So aber Faber, NJW 1956, 1480; Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, Überblick vor § 90 Rn. 9 f. 405 Vgl. RGZ 100,213(214). 403

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

149

der zur unmittelbaren Verwendung für die Bestattung bestimmten Gegenstände gemäß §811 Nr. 13 ZPO 4 0 6 .

c) Weitere Anforderungen

einer Inhalts- und Schrankenbestimmung

Auch den weiteren an eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zu stellenden Anforderungen wird mit dem bloßen Hinweis auf den Friedhofszweck oder die Zweckbestimmung der Grabgestaltungselemente als Grabschmuck zur Rechtfertigung des Genehmigungserfordernisses nicht entsprochen. Es ist allgemein anerkannt, daß der Normgeber bei Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren hat 407 . Die generelle und ausnahmslose Genehmigungspflicht jeder Form von Veränderung und Instandsetzung eines Grabmals kann mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht in Einklang gebracht werden. Der Hinterbliebene, der die abgeblätterte Farbe einer Grabinschrift erneuern oder ein Grabdenkmal von Moos oder Flechten befreien möchte, muß ebenso die Genehmigung der Friedhofsverwaltung einholen, wie der Nutzungsberechtigte, der ein vollkommen neues Grabdenkmal errichten möchte. Eine derart umfassende Genehmigungspflicht würde nur dann den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen, wenn es sich bei der einheitlichen Gestaltung der Gräber um eine legitime Zielsetzung handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Als legitimer Zweck kann somit nur die Verhinderung etwaiger von Veränderungen des Grabdenkmals ausgehenden Gefährdungen angesehen werden. Zur Erreichung dieses Ziels ist es jedoch nicht erforderlich, sämtliche Veränderungen oder Instandsetzungen eines Grabdenkmals der Genehmigungspflicht zu unterwerfen, sondern nur solche, die über das bloße äußere Erscheinungsbild hinaus Fragen der Standsicherheit und Stabilität des Grabmals betreffen.

2. Bewertung der Rechtsverhältnisse an den Grabbepflanzungen Die herrschende friedhofsrechtliche Meinung betrachtet Grabbepflanzungen als einen wesentlichen Bestandteil des Friedhofsgrundstücks iSd. § 94 I 2 BGB, so daß das Eigentum an diesen mit dem Einpflanzen auf die Kommune überge-

406

Zur Frage, ob ein Grabstein unpfändbar nach § 811 Nr. 13 ZPO ist, vgl. die Besprechung von Schmidt, JuS 1993, 514 (515); Pauly, JuS 1996, 682 ff. 407 Vgl. BVerfGE 52, 1 (29); BVerfGE 79, 174 (198); BVerfGE 87, 114 (138); Papier. in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 307; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 1995, Rn. 996.

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

hen soll. Gleichzeitig sieht der Großteil der kommunalen Friedhofssatzungen die Pflicht des Nutzungsberechtigten vor, die Grabstelle gärtnerisch anzulegen. Häufig findet sich sogar die explizite satzungsrechtliche Bestimmung, wonach Dauergewächse mit dem Einpflanzen Eigentum der Stadt werden 408 . Der Eintritt einer finanziellen Einbuße des Nutzungsberechtigten ist damit auf jeden Fall vorprogrammiert. Es trifft ihn die Pflicht, das Grab zu bepflanzen, gleichzeitig steht fest, daß er das Eigentum an den Pflanzen verliert.

a) Die Verpflichtung

zur gärtnerischen Anlage des Grabes

Bereits die satzungsrechtliche Verpflichtung des Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage selbst muß sich am Maßstab des Art. 14 GG messen lassen. Die bloße Statuierung einer Bepflanzungspflicht betrifft jedoch als Auferlegung einer Geldleistungspflicht das Vermögen des Nutzungsberechtigten als solches. Eigentum iSd. Art. 14 GG kann aber nur die zur Rechtsstellung erhobene und verdichtete Vermögensposition sein 409 . Die konkrete Auswahl der Pflanzenarten sowie der Umfang der Bepflanzung bleibt im einzelnen der Entscheidung des Nutzungsberechtigten überlassen, so daß die Pflicht zur gärtnerischen Anlage keine hinreichend verdichtete Vermögensposition trifft. Der durch das Grundgesetz gewährleistete allgemeine Vermögensschutz wird vielmehr durch das Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG gewährleistet 410.

b) Die satzungsrechtliche Statuierung eines Eigentumsübergangs hinsichtlich der Grabbepflanzung nach § 94 BGB Im Gegensatz zur bloßen Festlegung einer Bepflanzungspflicht wird jedoch über die satzungsrechtliche Bestimmung eines Eigentumsübergangs an der Grabbepflanzung bei Einsetzen in den Boden Zugriff auf eine konkrete Eigentumsposition genommen. Nimmt der Nutzungsberechtigte die Bepflanzung selbst vor, so wird er die Gewächse regelmäßig bei einer Gärtnerei erworben und dort Eigentum an den Pflanzen nach § 929 BGB erlangt haben. Beauftragt der Nutzungsberechtigte einen Friedhofsgärtner mit der Bepflanzung, und hat noch keine Übereignung der Gewächse stattgefunden, verliert der Gewerbetreibende mit dem Einpflanzen sein Eigentum. Die satzungsrechtliche Festle408

§ 4 II der Grabpflegeordnung der Stadt Bamberg; § 27 VI 1 der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 28 IV der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 40 VIII 1 der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 409 Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 160. 410 Hierzu soeben Teil 2, 2.Abschnitt, Α. II.

2. Abschnitt: Weitere allgemeine Gestaltungsge- oder -verböte

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gung des Eigentumsübergangs betrifft folglich so oder so Fahrniseigentum, nämlich die konkrete Eigentumsposition an den Pflanzen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, daß es sich bei den entsprechenden Satzungsklauseln keineswegs lediglich um eine Wiederholung der bereits in § 94 I 2 BGB festgelegten Rechtsfolge handelt. Wie bereits dargelegt 411, erweist sich § 94 I 2 BGB als unanwendbar, soweit es um die rechtliche Einordnung von Grabbepflanzungen geht. Aus diesem Grund stellen die hier interessierenden kommunalen Vorgaben hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an den Grabbepflanzungen originär satzungsrechtliche Anordnungen der eigentumsrechtlichen Folgen dar. Es ist daher durchaus gerechtfertigt, von einer satzungsrechtlichen Statuierung des Eigentumsübergangs zu sprechen. Die satzungsrechtliche Anordnung des vollständigen Eigentumübergangs bereitet in ihrer Einordnung im Rahmen des Art. 14 GG Schwierigkeiten. Es könnte sich sowohl um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 1412 GG als auch um eine Enteignung gemäß Art. 14 III GG handeln. Das Eigentum an den Gewächsen ist schon bei seiner Entstehung mit der einschlägigen satzungsrechtlichen Verpflichtung belastet. Hiermit wird jedoch nicht in genereller und abstrakter Weise eine Naturalleistungspflicht begründet 412, da die Pflicht zur Eigentumsübertragung nicht auf einem Teil der Gesamtheit ruht, sondern die Gesamtheit selbst betrifft. Grundsätzlich ist die Enteignung durch die vollständige oder teilweise Entziehung über Art. 14 11 GG gewährleisteter konkreter subjektiver Rechtspositionen gekennzeichnet413. Die Enteignung ist damit konkret, individuell und entzieht das Eigentum 414 . Die fragliche Satzungsklausel bewirkt einen vollständigen Übergang der konkreten Eigentumsposition auf den von der Enteignung Begünstigten, nämlich die Kommune. Das Eigentum des Nutzungsberechtigten an der Grabbepflanzung wird diesem vollständig entzogen. Der in den kommunalen Friedhofssatzungen statuierte Eigentumsübergang stellt sich daher grundsätzlich als Enteignung dar. Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit kommen bereits auf, soweit es um die Beachtung des Gesetzmäßigkeitsprinzips nach Art. 14 III 2 GG geht. Einzig in Art. 13a des bayerischen Bestattungsgesetzes findet sich die Bestimmung, wonach zur Schaffung oder Änderung von Bestattungseinrichtungen nach den Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung enteignet werden kann. Die Schaffung oder Änderung von Bestattungseinrichtungen betrifft jedoch den Fall der Neuanlage oder Erweiterung ei411

Teil 2, 2. Abschnitt, Β. II. Vgl. hierzu BVerfGE 58, 137 (144). 413 BVerfGE 52, 1 (27); BVerfGE 72, 66 (76); Lege, NJW 1990, 864; Papier, NWVB1 1990, 397 (398). 414 Kempen, Der Eingriff des Staates in das Eigentum, 1991, Rn. 159; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 990. 412

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Teil 2: Ausnahmslos geltende Grabgestaltungsvorschriften

nes Bestattungsplatzes. Art. 13a Bestattungsgesetz erlangt damit einzig Relevanz für die durch die planerische Standortentscheidung der Gemeinde betroffenen Grundeigentümer 415. Auch die einschlägigen Landesenteignungs- und entschädigungsgesetze bieten keine ausreichende gesetzliche Grundlage, weil der Entzug des Eigentums an der Grabbepflanzung keinen der dort genannten Zwecke verfolgt 416 . Ist somit bereits dem Gesetzmäßigkeitsprinzip des Art. 14 III 2 GG nicht genüge getan, liegt also dem hoheitlichen Handeln kein Gesetz zugrunde, so handelt es sich auch nicht um eine Enteignung iSd. Art. 14 III GG 4 1 7 . Darüber hinaus fehlt es an der Junktim-Klausel gemäß Art. 14 III 2 GG, welche die Entschädigungspflicht zum Begriffsmerkmal der Enteignung macht 418 . Schließlich wird auch dem Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 III 1 GG nicht entsprochen, da dem nur ein besonders schwerwiegendes, dringendes öffentliches Interesse genügt 419 . Warum aber die Grabbepflanzung - insoweit im Gegensatz zum Grabdenkmal - zum Wohle der Allgemeinheit in das Eigentum der Kommune übergehen muß, ist nicht ersichtlich. Die satzungsrechtliche Vorgabe, wonach die Grabbepflanzung automatisch in das Eigentum der Kommune übergeht, hält einer Überprüfung anhand von Art. 14 GG damit nicht stand. Die weitere Frage, auf welcher Grundlage der Nutzungsberechtigte gegebenenfalls Schadensersatz verlangen kann, ist für diesen Befund ohne Bedeutung.

415

Rn. 10. 416

Vgl. auch Klingshirn,

Bestattungsrecht in Bayern, Erl. XI (Stand: Januar 1996),

Siehe nur § 2 I EEG NW. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 41991, S. 189; vgl. auch Kempen, Der Eingriff des Staates in das Eigentum, 1991, Rn. 169. 4.8 Hierzu BVerfGE 45, 63 (75 f.). 4.9 So BVerfGE 74, 264 (289); Papier, NWVB1 1990, 397 (401). 417

Teil 3

Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften Die bisherigen Ausführungen bezogen sich sämtlich auf die allgemeinen Gestaltungsvorschriften als dem auf allen Friedhofsteilen zu beachtenden Mindeststandard. Strengere Anforderungen an die Grabgestaltung sind nach herrschender Auffassung mit den Grundrechten der Nutzungsberechtigten nur unter der Voraussetzung vereinbar, daß auf anderen Friedhofsteilen eine freiere Gestaltung ermöglicht wird. Bereits in seiner grundlegenden Entscheidung vom 08.11.1963 stellte das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Aspekt des ZweiFelder-Systems fest: „ W i l l der Anstaltsträger eine einheitliche Anlage schaffen (z.B. einen sogenannten Waldfriedhof), für welche er einengende Bestimmungen für die Gestaltung der Grabdenkmäler erläßt, so muß er an anderer Stelle die Möglichkeit gewähren, daß ein Friedhofsbenutzer ein Grabdenkmal aufstellt, welches seinen Wünschen entspricht, sofern es nicht störend wirkt." 1 . Dieser Gedanke hat in Rechtsprechung und Literatur uneingeschränkten Zuspruch erfahren. Mehr als die grundsätzliche Möglichkeit des Anstaltsträgers zum Erlaß derartiger besonderer oder auch zusätzlicher Gestaltungsvorschriften bei Schaffung einer Ausweichmöglichkeit für den Nutzungsberechtigten wird hierdurch jedoch nicht attestiert. Die im Bereich der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auftretenden Probleme sind vielgestaltig. Zum einen fehlt eine eindeutige Festlegung der Grenzen, denen der Anstaltsträger auch im Bereich strengerer gestalterischer Anforderungen unterworfen sein muß. Da die in Art. 1 III GG postulierte Bindung auch der Exekutive an die Grundrechte lückenlos sowohl für die Eingriffs- als auch für die Leistungsverwaltung gilt 2 , kann die Durchsetzung eigener ästhetischer Anschauungen des Anstaltsträgers in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften nicht grenzenlos sein. Aufgrund der generellen Möglichkeit des Anstaltsträgers, den Nutzungsberechtigten auf Abteilungen ohne derartige Vorschriften zu verweisen, fehlt es weitgehend an einer Auseinandersetzung von Literatur und Rechtsprechung mit dieser Frage. Auch extrem freiheitsbeschränkende Regelungen, die unter keinem Gesichtspunkt mehr einen Bezug zur Verwirklichung des Friedhofszwecks aufweisen, werden bedenkenlos hingenommen, sofern bloß der Nutzungsberechtigte auf andere Abteilungen ausweichen kann. 1 2

BVerwGE 17, 119(121). Vgl. Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art.l III Rn. 108 ff.

154

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

1. Abschnitt

Die allgemeinen Grenzen der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften Abteilungen mit zusätzlichen gestalterischen Vorgaben erfüllen nach überkommenem Verständnis den Zweck, dem Satzunggeber die Durchsetzung eigener ästhetischer Anschauungen zu ermöglichen. Auch sofern und soweit er Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung stellt, kann dem Satzunggeber in Hinsicht auf die Abteilungen mit zusätzlichen oder besonderen GestaltungsVorschriften jedoch keine grenzenlose Gestaltungsfreiheit eingeräumt werden. Satzungmäßige Beschränkungen der Freiheitssphäre des Normadressaten erfüllen keinen Selbstzweck, sondern müssen sich ihrerseits an einem außerhalb der Norm liegenden Zweck orientieren 3. Die über Art. 1 III GG gewährleistete Bindung der Exekutive an die Grundrechte erfährt auch in diesem Bereich keine Ausnahme. Das grundsätzliche Problem zusätzlicher Gestaltungsvorschriften liegt in der oftmals vorgenommenen Umdeutung dieser Satzungsklauseln in einen Freibrief für kommunale Experimentierfreude zu Lasten des dem Benutzungszwang ausgesetzten Bürgers. Es muß daher auf die allgemeinen Grenzen hingewiesen werden, die der Satzunggeber in jedem Fall zu beachten hat. Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit der Frage etwaiger Bindungen des Satzunggebers beim Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften auseinandergesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung4 zur Grabgestaltung ein generelles Verbot ästhetischer Anschauungen als alleinigem

3

Vgl. W. Jellinek, Verwaltungsrecht, 31948, S. 516; BGH, NJW 1956, 548 (549); BVerwGE 7, 125 (137); Kokott, Der Städtetag 1961, 82 (83); VG Freiburg, BWVB1 1963, 189 (190); BayVGH, VGHE 21, 47 (49); VG Hannover, Gemeindetag 1970, 159 (160); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 420; BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8; Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, §41 Rn. 13. 4 BVerwGE 17, 119 ff. Zwar hatte sich das Bundesverwaltungsgericht in einer neueren Entscheidung (BVerwG, NVwZ 1987, 679 f.) mit dem in einer zusätzlichen Gestaltungsvorschrift ausgesprochenen Verbot von Aluminiumgrabmalen auseinanderzusetzen, doch wurde das Gericht hier an allgemeineren Aussagen zur Zulässigkeit zusätzlicher Gestaltungsvorschriften aufgrund einer prozessualen Besonderheit gehindert. Wegen der fehlenden parzellenscharfen Bezeichnung der Grabfelder mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften in der Satzung selbst hielt das Berufungsgericht diejenigen Normen der Satzung, die die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften regeln, nicht in vollem Umfang für anwendbar. Das Bundesverwaltungsgericht hält diese Bemerkungen zwar in ihrer Bedeutung für „nicht sonderlich klar", geht aber aufgrund dessen zugunsten des Klägers im Revisionsverfahren davon aus, daß der angefochtene Bescheid ausschließlich am Maßstab der die allgemeinen Gestaltungsvorschriften regelnden Norm zu messen ist.

1. Abschnitt: Die allgemeinen Grenzen

155

Beweggrund für Gestaltungsvorschriften ausgesprochen, hat jedoch zugleich die Berechtigung ästhetischer Vorstellungen als einen von mehreren Beweggründen für eine Reglementierung anerkannt. Explizit findet sich diese eindeutige Feststellung zwar nicht, doch ergibt sie sich unmittelbar aus der für alle Gestaltungsvorschriften geltenden Bemerkung, daß es sich bei den das Benutzungsverhältnis regelnden Gemeindesatzungen um objektives Recht handelt, welches sich innerhalb des Anstaltszwecks halten muß5. Auch die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften müssen somit dem Zweck dienen, dem Friedhof durch besondere Gestaltung ein würdiges Aussehen zu geben6. Der Friedhofsträger darf demnach das Recht des Grabstellenberechtigten zur Grabmalgestaltung nur soweit beschränken, als dies der Verwirklichung des Friedhofszwecks dient7. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof stellt zum Umfang der kommunalen Regelungsbefugnis betreffend zusätzlicher Gestaltungsvorschriften fest: „Auch wenn die Gemeinde Friedhofsteile ohne besondere Gestaltungsvorschriften zur Verfügung stellt, dürfen die besonderen Gestaltungsvorschriften in den davon erfaßten Friedhofsteilen die Handlungsfreiheit der Benutzer nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen. Die besonderen Gestaltungsvorschriften dürfen nicht von unsachlichen Erwägungen getragen sein und nicht im Widerspruch zum Friedhofszweck stehen"8. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof geht damit zunächst von der Pflicht zur Beachtung des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Über diesen hinaus sind zudem das Willkürverbot sowie der Friedhofszweck als generelle Grenze zu beachten. In ähnlicher Form werden die Grenzen des Zulässigen durch das Oberverwaltungsgericht NordrheinWestfalen 9 gezogen. Der Ausschluß bestimmter Materialien für Grabmale soll grundsätzlich möglich und in dem durch den Anstaltszweck gezogenen Rahmen, eine würdige Totenruhe zu gewährleisten, gerechtfertigt sein. Diesem Zweck könne auch dadurch entsprochen werden, daß der Spielraum des Nutzungsberechtigten für die Herstellung der Grabstätte bezüglich des zu verwendenden Materials beschränkt wird, um eine Grabgestaltung, die von Nutzungsberechtigten anderer Gräber oder von Friedhofsbesuchern als unpassend und störend empfunden werden kann, zu vermeiden. Dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit sei durch die Einräumung einer Wahlmöglichkeit zwi-

5 Vgl. BVerwGE 17, 119 (120); vgl. auch Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, °1973, S. 420. Zur Bindung an den Anstaltszweck femer: Salzwedel, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 41 Rn. 13. 6 BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8. 7 BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8; BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 14. 8 BayVerfGH, BayVBl 1985, 461 (462). 9 OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 1991, 253 (254) = NWVB1 1990, 423 (424).

156

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

sehen Abteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften Genüge getan10. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 11 schließlich weist auf einen weiteren Aspekt hin. Allgemeine Gestaltungsvorschriften müßten durch den Verfügungsberechtigten eines Grabes hingenommen werden, weil sie durch den Friedhofszweck geboten seien. Darüber hinaus sei der Friedhofsträger befugt, im Rahmen des ihm zustehenden normativen Ermessens zusätzliche Gestaltungsvorschriften zu erlassen, um bestimmte ästhetische Vorstellungen zu verwirklichen und eine mehr oder weniger einheitliche Gesamtanlage zu schaffen. Voraussetzung sei allerdings, daß rechtlich und tatsächlich gewährleistet sei, daß auf anderen Friedhöfen oder Friedhofsteilen Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften zur Verfügung stehen12. Über die bereits angesprochene Ausweichmöglichkeit des Nutzungsberechtigten geht der Verwaltungsgerichtshof hier nochmals ausdrücklich auf das Erfordernis der Beachtung der Grenzen des normativen Ermessens ein. Irreführend wirken die Entscheidungen jedoch insoweit, als der Eindruck erzeugt wird, der Friedhofsträger sei beim Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften nicht an den Friedhofszweck gebunden. Das Gericht geht auf den Friedhofszweck ausschließlich im Rahmen der allgemeinen Gestaltungsvorschriften ein. Die darüber hinausgehende Befugnis des Friedhofsträgers zum Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften scheint ihre Berechtigung ausschließlich aus dem Wunsch nach Durchsetzung ästhetischer Anschauungen zu erlangen 13. Gestützt wird dieser Befund durch ein weiteres Judikat desselben Gerichts 14. Danach stellen Regelungen über die Grabmalsgestaltung, die nicht aus gestalterischen Gründen erlassen sind, sondern die der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienen, allgemein zulässige Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit dar 15 . Die Formulierung legt damit den Schluß nahe, daß die 10

(424).

OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 1991, 253 (254) = NWVB1 1990, 423

11 VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 = NVwZ-RR 1990, 308; VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 12 VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 = NVwZ-RR 1990, 308; VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 13 Diese Sichtweise entspricht auch der tatsächlichen Vorstellung der Kommunen. 14 VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1994, 793 f. 15 VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1994, 793 (794). Ebenso Franz Otto, DFK 1990, 90. In dieselbe Richtung weist die Entscheidung des VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506): „Da es sich mithin bei § 26 III 1 FriedhofsO um eine zur Wahrung der Würde des Friedhofs nicht erforderliche besondere Gestaltungsbestimmung handelt, wäre sie nur dann mit Art. 2 I GG vereinbar, wenn die Bekl. in einer anderen Abteilung desselben oder eines anderen Friedhofs in zumutbarer Weise die Möglichkeit eingeräumt hätte, Grabstätten mit Steinplatten voll abzudecken." (Hervorhebung durch den Verfasser).

1. Abschnitt: Die allgemeinen Grenzen

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zusätzlichen Gestaltungsvorschriften im Gegensatz zu den allgemeinen Gestaltungsvorschriften nicht der Verwirklichung des Anstaltszwecks dienen. In der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu dieser Thematik bestätigt sich der bislang gewonnene Eindruck nicht nur, sondern verfestigt sich schließlich zur Gewißheit: das Gericht spricht ausdrücklich von „besonderen, bzw. zusätzlichen, d.h. nicht durch den Friedhofszweck gebotenen Gestaltungsvorschriften" 16. Ähnlich mutet auch ein Ansatz der Literatur an, wonach die Kommunen mittels der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften „keine übertriebenen ästhetischen Anschauungen durchsetzen" sollen 17 . Die ratio der besonderen gestalterischen Anforderungen liege vielmehr in der Verhinderung solcher Gestaltungen, die zwar noch nicht die Würde des Friedhofes verletzen, „aber der heutigen geläuterten Auffassung entgegenstehen, daß der Friedhof nicht eine einfache Aneinanderreihung von Grabstätten, sondern eine einheitliche Gesamtanlage ist" 18 . Da es sich offenkundig nicht nur um eine sprachliche Ungenauigkeit handelt, muß dieser Einordnung mit allem Nachdruck widersprochen werden 19. Der Friedhof als Anstalt des öffentlichen Rechts ist auf die Erreichung eines besonderen öffentlichen Zwecks gerichtet 20. Die Zweckerreichung ist damit die dem Friedhofsträger vorgegebene Richtlinie. Regelungen des Anstaltsverhältnisses müssen sich an diesem ausrichten, es besteht für den Anstaltsträger nicht die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Anstaltsverhältnisses letztlich auf Kosten der Normunterworfenen selbst zu verwirklichen. Folgerichtig dürfen zusätzliche Gestaltungsvorschriften nicht erlassen werden, wenn sie ihren eigentlichen Zweck, dem Friedhof durch besondere Gestaltung ein würdiges Aussehen zu geben, nicht erfüllen können 21 . Zusammengefaßt sind damit die dem Friedhofsträger aufgezeigten Grenzen im Zweck der Anstalt, dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip, sowie dem Willkürverbot zu erblicken. Im folgenden sollen diese Maßstäbe jeweils Gegenstand getrennter Untersuchung sein.

16 VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279); dem folgend: Franz Otto, DFK 1997, 321. 17 Darmstadt/Doose, Der Städtetag 1966, 295 (296); Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, Band 4, 1983, S. 542. 18 Darmstadt/Doose, Der Städtetag 1966, 295 (296); Doose, in: Püttner (Hrsg.), HdbdkWP, Band 4, 1983, S. 542. 19 Vgl. auch die Kritik bei Spranger, VB1BW 1998, 454 ff. 20 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 420; Wolff /Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 51987, § 98 Rn. 24; Rudolf, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 53 Rn. 15. 21 So im Ergebnis auch BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 189.

158

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

2. Abschnitt

Zum Friedhofszweck als Grenze zusätzlicher Gestaltungsvorschriften Nach der hier vertretenen Auffassung wird der Friedhofszweck nicht nur inhaltlich falsch gefaßt, sondern darüber hinaus anhand unzureichender Kriterien ermittelt. Wie bereits dargetan worden ist, besteht der Zweck des Friedhofes zwar in der Ermöglichung einer würdigen Bestattung und Totenehrung, jedoch wird diese Würde vornehmlich durch das Recht auf individuelle Gestaltung der Grabstätte und nicht durch den Gedanken möglichst einheitlicher Gestaltung determiniert. Doch auch bei konsequenter Befolgung der herrschenden Meinung kann bei genauerem Hinsehen eine Berechtigung des Satzunggebers zum Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften mitunter nur schwerlich hergeleitet werden. Der Friedhofszweck wird nach überkommenem Verständnis in der Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung und in der dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechenden würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks gesehen22. Diesem Erfordernis müssen sämtliche Grabstätten Rechnung tragen. Auch Grabstätten in Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften genügen dem Friedhofszweck in diesem Sinne. Die besonderen Gestaltungsvorschriften stellen nun aber keinesfalls eine „bessere", sondern allenfalls eine andere Verwirklichung des Friedhofszwecks dar. Die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften sind damit Ausdruck des grundsätzlich weiten Spielraums, der den Gemeinden hinsichtlich dessen zusteht, was sie zur Verwirklichung des Anstaltszwecks für notwendig oder erforderlich halten dürfen 23. Damit sind die Kommunen nicht von der Verpflichtung entbunden, auch bei Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften auf die Verwirklichung des Anstaltszwecks hinzuwirken. Bei einer Vielzahl der zusätzlichen gestalterischen Anforderungen erscheint jedoch zweifelhaft, inwieweit diese überhaupt der Verwirklichung des Friedhofszwecks dienen können. Das „besondere" an ihnen, eben ihr „zusätzlicher" Inhalt sind vielmehr Verbote, die offensichtlich einzig und alleine der Durchsetzung ästhetischer Anschauungen des Satzunggebers zu dienen bestimmt sind, unabhängig davon, ob hierdurch eine ansprechendere Friedhofsgestaltung erreicht wird oder nicht. Derartige Bedenken äußert übrigens auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof 24 : es sei fraglich, „ob einzelne Gestaltungsvorschriften nicht unge22 23 24

RGZ 157, 246 (255); seitdem st. Rspr. und h.L. Vgl. zu diesem Spielraum BayVGH, VGHE 13, 52 (53). Hessischer VGH, ES VGH 35, 45 ff.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

159

rechtfertigt erscheinen und die Handlungsfreiheit der Friedhofsbenutzer zu stark durch perfektionistische Reglementierung einschränken" 25. Der Bereich des Satzungermessens ist damit verlassen. Zwar muß dem Satzunggeber eine Ermessenspielraum notwendigerweise eingeräumt werden, doch geht es im vorliegenden Fall überhaupt nicht mehr um eine von mehreren geeigneten Methoden zur Erreichung des angestrebten Ziels. Ist Grundlage jeder Norm die Erreichung eines legitimen Zwecks, so ist die Durchsetzung ästhetischer Anschauungen um ihrer selbst willen hiervon nicht mehr gedeckt. Das Argument, wonach auch die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften der Würde des Friedhofs dienlich sind, verfängt nicht. Weder ein bestimmtes Material noch eine bestimmte Bearbeitungsart als solche ist würdig oder unwürdig 26 . Diese Feststellung gilt auch unabhängig davon, nach welchen Kriterien man den Maßstab der Würde bestimmt. Einzig im konkreten Fall ist eine Grabgestaltung denkbar, die aufgrund einer bestimmten Formgebung, gegebenenfalls in Verbindung mit einer speziellen farblichen Gestaltung, die Bezeichnung als unwürdig verdienen mag. Letztlich ist damit aber wiederum die Frage nach der Verhältnismäßigkeit derartiger Verbote angesprochen. Ob dem Nutzungberechtigten eine Ausweichmöglichkeit angeboten wird oder nicht, ist hingegen nicht von Relevanz. Sind die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften - zumindest größtenteils - nicht durch den Zweck der Anstalt gedeckt, kann dieses Manko nicht mit dem Hinweis darauf entkräftet werden, daß sich der Satzunggeber an anderer Stelle rechtmäßig verhalten und sein Handeln am Friedhofszweck ausgerichtet hat.

3. Abschnitt

Das Willkürverbot Mit dem Hinweis, daß die besonderen Gestaltungsvorschriften nicht von unsachlichen Erwägungen getragen sein dürfen, mahnt der Bayerische Verfassungsgerichtshof 27 die Beachtung des Willkürverbotes an. Die Begrenzungsmöglichkeit des Nutzungsrechts findet ihre Schranke dort, wo sie nicht mehr durch den Anstaltszweck legitimiert wird und somit einen Akt der Willkür darstellt 28 . Das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG resultierende Willkürverbot gilt für ein Handeln der Verwaltung in gleichem Maß, ohne daß

25

Hessischer VGH, ES VGH 35, 45 (46). Erste dahingehende Bedenken finden sich bereits bei Haferland, DJZ 1931, 1379. 26 Dazu im einzelnen Teil 3, 4.Abschnitt. 27 BayVerfGH, BayVBl 1985, 461 (462). 28 Kaiisch, DVB1 1952, 620 (623).

160

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

es darauf ankommt, ob die Verwaltung auf Grund eines Gesetzes oder ohne gesetzliche Ermächtigung tätig wird 2 9 . Die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften weisen ein nahezu unerschöpfliches Repertoire einzelner verbotener Materialien und Bearbeitungsarten auf. Untersagt werden beispielsweise30 als Materialien für die Grabgestaltung Beton, Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder, Gold, Silber und Farben. Als Bearbeitungsarten sind Politur und Feinschliff nur für bestimmte Teile des Grabmals zulässig, Spalten, Sprengen und Bossieren stellen verbotene Bearbeitungsarten dar. Paradigmatisch auch die folgenden alternativ oder kumulativ auftretenden Vorgaben: die Grabmale müssen aus einem Stück hergestellt sein und dürfen keinen Sockel haben; Schriften, Ornamente und Symbole dürfen nur aus demselben Material wie dem des Grabmals bestehen und dürfen nicht serienmäßig hergestellt sein. Die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften variieren jedoch von Kommune zu Kommune in erheblichem Maße. So finden sich auch Verbote von bemaltem Holz, Kunststeinen, Tropf- und Lavakrotzensteinen, Porzellan, Steingut und Blechschildern 31, Findlingen, findlingsähnlichen bruchrohen Steinen, grellweißem Material, Laasamarmor, reinweißem Carrara- und Cristallinomarmor, Marterl, Bronze, Faksimileschrift, Kastenschriften, Beschriftungen außerhalb des Grabmals, Freiplastiken, Einfassungen 32, Abdeckplatten aus Naturoder Betonwerkstein 33, Kantensteinen, grellfarbigen Schriften 34, liegenden Grabmalen 35 oder Leichtmetallen36. Soweit nicht der Weg ausdrücklicher Verbote gegangen wird, bestehen explizite Vorgaben über die ausschließlich zulässigen Gestaltungen37, also Gebote. Ein sachlicher Grund für derartige Regelungen kann in der Berücksichtigung regionaler Unterschiede in der Grabgestaltung gesehen werden. Die örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse, vornehmlich auch Herkommen und Brauchtum 29

Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 3 I Rn. 465. Vgl. zum folgenden § 21 I der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. 31 § 22 II der Friedhofssatzung der Stadt Bonn. 32 § 21 II, III Nr. 6 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 33 § 23 I Nr. 9 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 34 § 22 I Nr. 1, 3 der Friedhofssatzung der Stadt Kiel. 35 § 23 III lit. a) der Friedhofssatzung der Stadt Landau/Pfalz. 36 Abschnitt A. 1. (2) des Anhangs zur Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 37 Vgl. nur § 19 II der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken: „Für Grabmale sind nur die nachfolgenden Natursteine zugelassen. Feste Sandsteine in jeder Farbe, Muschelkalk, helle Granite, Travertin, farbiger Marmor, heller Blauberg, farbiger Dolomit, Findlinge nur an geeigneter Stelle. Außerdem sind Schmiedeeisen, massive Bronze und geeignete Holzarten in werkgerechter Bearbeitung zugelassen." In Hinblick auf die Materialien handelt es sich hierbei jedoch noch um eine verhältnismäßig freiheitliche Vorgabe. Im Vergleich dazu § § 22 II der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach: „Für Grabmäler dürfen nur Natursteine verwendet werden." 30

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

161

vermögen den konkreten Inhalt der jeweiligen Friedhofssatzung zu beeinflussen38. Ist ein bestimmtes Bestattungsbrauchtum Ausdruck einer regionalen Besonderheit der Totenehrung, gebietet es schon die Achtung und Wahrung der Menschenwürde dem Satzunggeber, die Beachtung dieses Brauchtums durch Nutzungsberechtigte und Hinterbliebene zu beachten und nicht mit einem Verbot zu belegen39. Zwar leben im Rheinland bei weitem nicht mehr nur Rheinländer, und auch Berlin ist nicht mehr fest in der Hand der Berliner. Aus diesem Umstand alleine kann jedoch auf die Erhaltung und Förderung regionalen Brauchtums auch im Bereich des Friedhofswesens nicht verzichtet werden. Vielmehr ist umgekehrt in einer derartigen Situation eine Förderung regionaler Besonderheiten als integrativer Faktor vonnöten40. Auf die zulässigen Beweggründe für den Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften im Rahmen der Verfolgung des Friedhofszwecks ist auch das Oberverwaltungsgericht NordrheinWestfalen eingegangen41. Der Friedhofsträger sei befugt, mittels derartiger Gestaltungsvorschriften Einschränkungen auch in Hinblick auf die Verwendung bestimmter Materialien, insbesondere solcher auszusprechen, die - wie im konkret zu beurteilenden Fall Aluminium 42 - als Werkstoff für Grabmale nicht überkommen seien und sich auch auf Feldern ohne Gestaltungsvorschriften nicht durchgesetzt hätten. Dies gelte umso mehr bei Grabmalen, die nicht nur aus ungewöhnlichem Material, sondern zudem in unüblicher Ausführung gefertigt seien43. Das Oberverwaltungsgericht knüpft damit zunächst auch an Herkommen und Brauchtum, nämlich an die überkommenen Gestaltungen an. Darüber hinaus stellt das Gericht aber auch darauf ab, ob sich bestimmte Materialien bereits auf Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften durchgesetzt haben oder nicht. Wenn und soweit die Kommunen Herkommen und Brauchtum als Anknüpfungspunkt für spezifische Gestaltungsvorschriften wählen, ist dem Erfordernis der sachlichen Erwägung durchaus Rechnung getragen. Eindeutig erkennbar stellen jedoch die wenigsten zusätzlichen Gestaltungsvorschriften tatsächlich auf derartige regionale Bräuche ab. Ein Beleg hierfür ist beispielsweise die

38

So auch ausdrücklich S. 2 der Einführung zur Mustersatzung des Deutschen Städte· und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. 39 Dazu auch im folgenden. 40 Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 160, weist zutreffend daraufhin, daß die Wahrung solcher Traditionen Würde in sich birgt, die der Totenehrung gemäß ist. 41 OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 1991, 253 (254) = NWVB1 1990, 423 (424). 42 Gegen die Zulässigkeit eines Aluminium-Grabmals auch: Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 75 f. 43 OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 1991, 253 (254) = NWVB1 1990, 423 (424). 11 Spranger

162

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

vollkommen unreflektierte Übernahme diverser Mustersatzungen 44, an deren Zustandekommen oftmals die einschlägigen Fach- und Interessenverbände mitgewirkt haben45, deren Anschauungen aber nach ständiger Rechtsprechung gerade ohne jede Bedeutung für die zu stellenden gestalterischen Anforderungen sein sollten. Zu diesem auch aus dem Prinzip der Arbeitsverdrängung resultierenden Problem stellte Bachof bereits im Jahre 1958 fest: „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß manche Friedhofsträger beim Erlaß neuer Friedhofsordnungen (auch für schon bestehende Friedhöfe) allzu schematisch und unüberlegt, nicht selten auch einfach aus Bequemlichkeit, die im Jahre 1937 bekanntgegebenen Musterfriedhofsordnungen des Reichsministers des Innern zugrundegelegt oder gar wörtlich übernommen haben, welche ihre Entstehung u.a. sehr seltsamen nationalsozialistischen Auffassungen verdanken, wie sie in dem gleichzeitig herausgegebenen Merkblatt der „Reichskammer der bildenden Künste" besonders deutlich zutage treten..." 46. Das Charakteristikum jeglicher Mustersatzungen besteht gerade in der intendierten möglichst weitgehenden Allgemeinverbindlichkeit. Regionale Besonderheiten müssen notgedrungen unberücksichtigt bleiben, um eine Übernahme von Kiel bis Konstanz zu gewährleisten. Stattdessen finden Gestaltungsvorschriften Aufnahme in die Mustervorgaben, die nach Meinung diverser Fachleute notwendig zur Erreichung eines sogenannten „geläuterten Friedhofsbildes" sind. Wenn Mustersatzungen auch eine wichtige Hilfestellung für viele Kommunen sind, verbietet sich doch eine unreflektierte Übernahme ganzer Regelungskomplexe oder gar der Mustersatzung als solcher durch die Kommune. Der Satzunggeber steht im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens in der Pflicht, das regionale Bestattungsbrauchtum beim Erlaß gestalterischer Vorgaben zu berücksichtigen. Die Übernahme der „üblichen" gestalterischen Verbote durch die meisten Gemeinden hat hingegen dazu geführt, daß viele Gestaltungs44 So auch Meinel, DFK 1996, 74 (78); dies., DFK 1997, 168 (170 f.). Zur faktischen Determinierung der Ratsentscheidungen durch Mustersatzungen und der daraus resultierenden Minimierung der realen Entscheidungsfreiheit der kommunalen Vertretungskörperschaften angesichts faktischer Zwänge vgl. Schock, NVwZ 1990, 801 (804). Auf den Verlust der Vielfalt in der Gemeindelandschaft als Folge der Verwendung von Satzungsmustern geht Waechter, Kommunalrecht,21995, Rn. 480 ein. 45 Darauf weist beispielsweise die Einführung der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen ausdrücklich hin. Vgl. auch Klöpping, DFK 1994, 60. 46 Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 5. Auf die weitgehende Übernahme der Musterfriedhofsordnung von 1937 durch die bundesdeutschen Kommunen weisen im übrigen auch Wolter, ZevKR 7 (1958/59), 188 und Klöpping, DFK 1994, 60 f. hin. Die Schlußfolgerung, die Regelung des Reichsinnenministers zeige, daß es um den Friedhof schon seit Jahrzehnten arg bestellt gewesen sein müsse (so Straube, in: Friedhof und Grabmal, Jahrbuch 1955, S. 13), verfangt demgegenüber nicht. Die bloße Existenz einer Regelung enthebt nicht von der Pflicht, deren Berechtigung zu erforschen und kritisch zu hinterfragen.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

163

Vorschriften ein Eigenleben entwickelt haben. Sie werden zwar in jede neue Friedhofssatzung aufgenommen, Sinn und Zweck dieser Vorschriften vermögen die kommunalen Entscheidungsträger jedoch nicht zu benennen. Insbesondere im Friedhofsrecht ist es daher unangezeigt, Gestaltungsvorschriften nicht anhand der örtlichen Gegebenheiten abzustimmen, sondern aus Mustersatzungen zu übernehmen 47. Zweifel an der Motivation des Satzunggebers für den Erlaß gestalterischer Vorgaben finden sich vereinzelt auch in der Rechtssprechung. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel48 äußert sich dahingehend, daß eine Vielzahl der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften weder zur Wahrung der Würde des Friedhofs noch zur Sicherstellung einer geordneten Bestattung, einschließlich des Aspekts der Gefahrenabwehr erforderlich ist, und bezweifelt, ob die Gestaltungsvorschriften überhaupt diesen Zielen zu dienen bestimmt sind. Der Satzunggeber macht sich im Falle zusätzlicher Gestaltungsvorschriften offensichtlich allzu häufig keine eigenen Gedanken mehr über Sinn und Zweck einzelner Ge- oder Verbote, sondern übernimmt in lemminghaftem Herdentrieb die allgemein üblichen Voschriften. Ganz im Gegenteil führen die zusätzlichen gestalterischen Anforderungen damit gerade zur Verhinderung von in Befolgung regionalen Brauchtums entstandenen Grabgestaltungen, indem die Gestaltung des Grabes in die Bahnen weniger erlaubter Materialien und Bearbeitungsarten gepreßt wird 49 . Bestätigt wird dieser Befund auch durch die Existenz einiger weniger sogenannter „Leitfriedhöfe" 50 . Bei den Leitfriedhöfen handelt es sich um Dauerausstellungen, die Bürgern, kommunalen und kirchlichen Friedhofsträgern als Anschauungsobjekte zur Grabgestaltung dienen sollen 51 . Die Gestaltung dieser Friedhöfe wird jedoch bestimmt durch die interessierten Fachverbände und die kommunalen Spitzenverbände 52. Folge der Vorbildfunktion dieser Einrichtungen ist die Nivellierung regionaler Unterschiede. Wenig verwundert daher auch die Äußerung eines Verfechters der Leitfriedhöfe, daß zu hoffen sei, daß sich

47

A.A. Gaedke, Der Landkreis 1981, 687. Ähnlich OVG Koblenz, NVwZ 1995, 510 (511): zwar bestehe keine rechtliche Bindung des Ortsgesetzgebers an Mustersatzungen, bei Abweichungen von derartigen Regelungen soll es jedoch Anlaß zur besonderen Prüfung geben. 48 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989. 505 (506). Gaedke, DÖV 1985, 355, weist auf den „gestalterischen Elan" vieler Satzunggeber hin, der oftmals negative Folgen zeitige. 49 Vgl. nur § 22 II der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach, wonach in Grabfeldern mit besonderen Gestaltungsvorschriften für Grabmäler ausschließlich Natursteine verwendet werden dürfen. Dem regionalen Brauchtum ist diese Bestimmung wohl kaum verhaftet. 50 Hierzu Boehlke, Der Landkreis 1981, 688 f.; Stadt Nürnberg (Hrsg.), Leitfriedhof Nürnberg. 51 Vgl. Boehlke, Der Landkreis 1981, 688. 52 Boehlke, Der Landkreis 1981, 688 (689). 11*

164

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

auch die Grabbepflanzung bald einem Leitbild einfüge 53. Eine sachliche Motivation für die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften läßt sich damit im Großteil der Fälle nicht ermitteln. Zur Verdeutlichung dieses Befundes, aber auch zwecks Berücksichtigung etwaig zu machender Ausnahmen, sollen im folgenden die gängigsten zusätzlichen Gestaltungsvorschriften gesondert Gegenstand der Untersuchung sein.

A. Insbesondere das Verbot ausländischer Steine, bzw. Gebot der Verwendung heimischer Natursteine In einer Vielzahl von Friedhofssatzungen findet sich die Bestimmung, wonach bei der Grabmalgestaltung heimische Gesteinsarten vor anderen Steinen den Vorzug verdienen 54. Die Geschichte dieser Vorgabe ist alt und nicht unproblematisch. In den „Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen" des Reichsministers des Innern vom 18.01.193755 wird als Ziel genannt, „den Gedanken der Volksgemeinschaft stärker als bisher zum Ausdruck zu bringen" 56 . So sollen auch nur bodengebundene Pflanzen „dem Charakter des Friedhofs als deutscher Kulturstätte entsprechen" 57. In dem sogenannten „Merkblatt für die bei Beschaffung und Aufstellung eines Grabmals sowie der Ausgestaltung der Grabstätte zu beachtenden Gesichtspunkte" der an der Schaffung der Richtlinien beteiligten Reichskammer der bildenden Künste wird schließlich in Weiterführung dieser Gedanken der „der deutschen Erde entnommene Naturstein" empfohlen, weil „nur echtes Wesen deutscher Art entspricht" 58 . Der Ursprung des Gebots der Verwendung deutschen Gesteins ist demnach im Bereich des völkischen Gedankenguts zu suchen.

/. Die Bewertung der Klausel nach nationalem Recht Die heute anzutreffende Ausgestaltung der Vorschrift erfolgt nicht eindeutig als Muß-Bestimmung und stellt im Reigen der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften insofern bereits eine Besonderheit dar. Die relative Offenheit der For53

So Boehlke, Der Landkreis 1981, 688 (689). Vgl. nur § 23 I der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 22 I der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. So auch Nr. 1 a) der Beilage 1 zur - mittlerweile nicht mehr gültigen - Friedhofsordnung für die kommunalen Friedhöfe der Stadt Schwerin vom 22.05.1968. 55 MBliV 1937, Sp. 113 ff. 56 Nr. 14 (3) der Richtlinien, MBliV 1937, Sp. 116. 57 Nr. 16 der Richtlinien, MBliV 1937, Sp. 116. 58 Zitiert nach Bachof, AöR 78 (1952/53), 82 (89 f.). 54

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

165

mulierung erweckt den Eindruck, daß die Verwendung heimischer Gesteinsarten nicht zwingend vorgeschrieben wird. Andererseits legt die Aufnahme in den Bereich der zusätzlichen gestalterischen Anforderungen den Schluß nahe, daß der Friedhofsträger eine Verwendung heimischer Gesteinsarten erstrebt und insoweit nur in Ausnahmefällen Abweichungen zulassen wird. Das Verbot der Verwendung ausländischer Gesteine und das Gebot der Verwendung nur heimischer Gesteine sind als statthaft anerkannt 59. Es stellt sich erneut die Frage, ob der Friedhofsträger mit einer derartigen Vorschrift noch die Verwirklichung des Friedhofszwecks anstrebt oder sich von unsachlichen Erwägungen leiten läßt. Eine Berechtigung für das faktische Verbot fremder Gesteine läßt sich - vorausgesetzt, man akzeptiert die von der herrschenden Meinung erstrebte Einheitlichkeit der Grabgestaltung als legitimes Ziel - allenfalls darin erblicken, daß sich heimische Gesteinsarten am besten in das Landschaftsbild und vor allem in das Erscheinungsbild des Friedhofs selbst einfügen. Dieses scheinbare Argument läßt sich indes relativ leicht wieder entkräften, wenn man bedenkt, wieviele Gesteinsarten - je nach der geographischen Lage - bereits innerhalb einer einzigen Gemeinde oder Region vorkommen können. Der Einsatz heimischen Gesteins als Mittel der Grabgestaltung kann sich daher bereits auf einem weiter entfernten Friedhof derselben Gemeinde als vollkommen ungeeignet erweisen, sich in das Landschaftsbild einzufügen. Auch die Verwendung heimischer Gesteinsarten rechtfertigt daher - unabhängig davon, ob man unter heimischen Gesteinen nur solche regionaler Herkunft oder deutsche Gesteinsarten insgesamt versteht - keineswegs die Annahme, daß auf diese Weise über die Berücksichtigung des genius loci ein „harmonisches" Erscheinungsbild des Friedhofs erzeugt werden kann. Jeglicher Sachlichkeit entbehrt auch der Versuch, ein Verbot fremder Gesteine mit dem Hinweis auf Hochmut und Geltungsbedürfnis als Motivation für die Wahl fremder Steine zu rechtfertigen 60. Es gehört nicht zum Aufgabenbereich des kommunalen Satzunggebers, mittels Erlasses gestalterischer Vorschriften auf die Beweggründe der Nutzungsberechtigten dahingehend einzuwirken, daß eine vermeintlich „gesunde Gesinnung" das Ergebnis der staatlichen Beeinflussung ist. Auch im Baugestaltungsrecht, welches den Grundsätzen des Grabgestaltungsrechts Pate gestanden hat, existieren keinerlei Versuche, eine Baugestaltung mit dem Hinweis auf ein angebliches Geltungsbedürfnis des Bauherrn zu beschränken. Es steht somit zu befürchten, daß es sich bei derartigen Gestaltungsvorschriften entweder um Relikte altvorderen Gedankenguts oder um den

59

So Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 206. Dieser aus juristischer Sicht bedauernswerte Versuch findet sich bei Straube, in: Friedhof und Grabmal, Jahrbuch 1955, S. 13 ff. 60

166

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Versuch einer Protektion der heimischen Gesteinsindustrie handelt, die unter überregionaler oder internationaler Konkurrenz zu leiden hat 61 . So oder so ist das Verbot ausländischer Gesteine nicht am Friedhofszweck ausgerichtet und folglich unzulässig.

IL Das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen

nach Art. 30 EG V

Bedeutsam für die Bewertung dieser friedhofsrechtlichen Vorgabe ist zudem Gemeinschaftsrecht. Art. 30 EGV stellt für den Bereich des freien Warenverkehrs den Grundsatz des Verbots mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung auf, wobei die letzte Alternative Bedeutung für den vorliegenden Fall erlangt. Der Europäische Gerichtshof hat dem Grundsatz des Art. 30 EGV mit Schaffung der sogenannten DassonvilleFormel 62 sowie der Cassis des Dijon-Rechtsprechung 63 zu hinreichender Konturierung verholfen. Nach der Dassonville-Formel ist unter einer Maßnahme gleicher Wirkung grundsätzlich jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten zu verstehen, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern 64. Der Begriff der „Handelsregelung" ist dabei keineswegs ausschließlich im formalen Sinne zu verstehen 65, mit der Folge, daß auch den Warenverkehr betreffende Rahmenbedingungen Art. 30 EGV unterliegen können. Der Grad der Handelsbeeinträchtigung ist somit gleichgültig 66 . Auch Verwendungsverbote oder Verwendungsbeschränkungen bezüglich eingeführter Waren, bzw. Verwendungsgebote zugunsten inländischer Waren 67 können sich folglich als Absatzhemmnisse auswirken und daher Maßnahmen gleicher Wirkung sein 68 .

61

Vgl. zur Konkurrenz durch Auslandsimporte aus der Europäischen Union und dem früheren Ostblock sowie durch Fertigsteine aus Indien: Grabesstimmung bei der Granitindustrie, in: Nordbayerischer Kurier vom 10./11.06.1995, S. 7. 62 Rs. 8/74, Dassonville, Urteil vom 11.07.1974, Slg. 1974, S.837 (852). 63 Rs. 120/78, Cassis des Dijon, Urteil vom 20.02.1979, Slg.l 979, S. 649 ff. 64 Rs. 8/74, Dassonville, Urteil vom 11.07.1974, Slg. 1974, S. 837 (852); Rs. 119/78, SA des Grandes Distilleries Peureux gegen Directeur des Services fiscaux de la HauteSaône et du territoire de Beifort, Urteil vom 13.03.1979, Slg. 1979, S. 975 (985). 65 Moench, NJW 1982, 2689 (2690). Exakter ist daher auch die Bezeichnung als „Handelshemmnis", so zutreffend Arndt, JuS 1994, 469 (470 f.). 66 Streinz, Europarecht, 31996, Rn. 678; Schweitzer/Hummer, Europarecht, 51996, Rn. 1117. 67 Hierzu Rs. 261/85, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Urteil vom 04.02.1988, Slg. 1988, S. 547 ff. 68 Müller-Graff in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWGVertrag, 41991, Art. 30 Rn. 50; vgl. auch Moench, NJW 1982, 2689 (2697).

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

167

Im weiteren gilt es die seit dem Cassis de Dijon-Urteil durch den Europäischen Gerichtshof vorgenommene begrenzte Einschränkung des Grundkriteriums der Dassonville-Formel bei unterschiedslos anwendbaren Regelungen zu berücksichtigen 69, die aus zwingenden Erfordernissen gerechtfertigt sind 70 und für die keine Gemeinschaftsregelung besteht. Findet sich demnach eine lex specialis zur fraglichen Materie im Gemeinschaftsrecht, scheidet die Möglichkeit eines nationalen Alleingangs von vornherein aus. Für den Komplex des Friedhofsrechts fehlt es an einer solchen gemeinschaftsrechtlichen Regelung, womit Raum für eine Behandlung der Materie durch die Mitgliedstaaten verbleibt. Art. 30 EGV erfaßt jedoch ausschließlich staatliche Maßnahmen, so daß ein Handeln von Unternehmen oder Privatpersonen grundsätzlich nicht genügt. Es reicht hingegen aus, daß eine Maßnahme einem Träger öffentlicher Gewalt zuzurechnen ist, weshalb auch Satzungen als Handlungsformen der Gemeinden erfaßt werden 71. Das kommunale Gebot der Verwendung heimischer Gesteine als Element der Grabgestaltung hat sich demzufolge an Art. 30 EGV messen zu lassen. Die fragliche Klausel schließt eine Verwendung von Gesteinen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Grabsteine aus. Sie stellt damit eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, so daß ein Verstoß gegen Art. 30 EGV grundsätzlich festgestellt werden kann. Dabei kommt dem Umstand, daß die kommunalen Friedhofssatzungsklauseln den Warenfluß lediglich mittelbar beeinträchtigen, in Anbetracht des bereits dargestellten weiten Verständnisses der „Maßnahme gleicher Wirkung" keine Bedeutung zu. Die Möglichkeit einer Rechtfertigung aufgrund der im Cassis de Dijon-Urteil genannten zwingenden Erfordernisse scheidet aufgrund der unterschiedlichen Geltung der Regelung für heimische Gesteine und Gesteine aus Mitgliedstaaten aus. Eine Rechtfertigung der kommunalen Satzungklausel kann damit ausschließlich über Art. 36 EGV erfolgen, der eine abschließende Aufzählung 72 verschiedener Schutzgüter enthält. Für den vorliegenden Fall kommt als Recht-

69

Ohne Bedeutung für die vorliegende Problematik ist hingegen das Urteil im Fall Keck (verbundene Rs. C-267/91 und C-268/91 - Keck und Mithouard - Urteil vom 24.11.1993, Slg. 1993, S. 6097 ff.), weil es sich bei den fraglichen Grabgestaltungsvorschriften nicht um Verkaufsmodalitäten handelt, die den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. 70 Rs. 120/78, Cassis de Dijon, Urteil vom 20.02.1979, Slg. 1979, S. 649 (662). 71 Lux, in: Lenz, Kommentar zu dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, 1994, Art. 30 Rn. 17 f.; vgl. auch Moench, NJW 1982, 2689 (2690); Arndt, JuS 1994, 469 (470). 72 Müller-Graff, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWGVertrag, 41991, Art. 36 Rn. 67; Lux, in: Lenz, Kommentar zu dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, 1994, Art. 36 Rn. 3; i.E. ähnlich Streinz, Europarecht,31996, Rn. 681.

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

fertigungsgrund einzig der Schutz des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert in Betracht 73, der im allgemeinen ausschließlich auf das Verbot mengenmäßiger Ausfuhrbeschränkungen in Art. 34 EGV angewandt wird 74 . Doch auch bei Anwendung auf die über Art. 30 EGV erfaßten Einfuhrbeschränkungen kann die friedhofsrechtliche Satzungsklausel nicht gerechtfertigt werden. Zwar scheint es grundsätzlich möglich, daß ein denkmalgeschützter Friedhof durch die Verwendung bestimmter Gesteine in seiner Denkmalseigenschaft beeinträchtigt wird. Nicht denkbar ist es aber, daß diese Störung einzig durch ausländische Gesteine hervorgerufen wird, zumal zahlreiche der in Deutschland vorkommenden Gesteinsarten auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu finden sind. Die Möglichkeit einer Rechtfertigung über Art. 36 EGV ist damit nicht gegeben.

III. Ergebnis Das Verbot ausländischer Gesteine, bzw. Gebot der Verwendung deutscher Gesteine orientiert sich nicht am Anstaltszweck und ist bereits aus diesem Grund unzulässig. Darüber hinaus handelt es sich bei der entsprechenden Satzungsklausel um eine mit Art. 30 EGV unvereinbare „Maßnahme gleicher Wirkung".

B. Insbesondere das Politurverbot und das Verbot schwarzer und weißer Steine Nahezu sämtliche kommunalen Friedhofssatzungen enthalten als zusätzliche Gestaltungsvorschrift ein Verbot der Politur von Grabsteinen, oder ein Verbot grellweißer oder tiefschwarzer Steine. In zahlreichen Friedhofssatzungen werden diese beiden Verbote kombiniert, weil die ohnehin unerwünschten weißen oder schwarzen Steine durch die Politur angeblich noch stärker auf den Betrachter einwirken und umgekehrt die Politur insbesondere bei einfarbigen Gesteinen eine besonders intensive Spiegelungswirkung entfaltet. Dunkle polierte Grab73 Gründe der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit scheiden hingegen aus. Hierbei handelt es sich um hoheitlich festgelegte Grundregelungen, die wesentliche Interessen des Staates berühren; vgl. Rs. 30/77, Bouchereau, Urteil vom 27.10.1977, Slg. 1977, S. 1999 (2013); Geiger, EG-Vertrag, 1993, Art. 36 Rn. 6; Schweitzer/Hummer, Europarecht,51996, Rn. 1129. Die Verwendung heimischer oder ausländischer Gesteine als Grabsteine berührt jedoch keine wesentlichen Interessen des Staates. Darüber hinaus kann die Verwendung ausländischer Gesteine weder als unsittlich oder anstößig, noch als die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdend eingestuft werden. 74 So Müller-Graff, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 41991, Art. 36 Rn. 53; Geiger, EG-Vertrag, 1993, Art. 36 Rn. 10.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

169

steine bildeten den konkreten Gegenstand, an dem sich in den 50er Jahren ein umfassender Streit über Wesen und Umfang des Grabgestaltungsrechts entzündete. Die eigentliche Frage ist jedoch, warum polierte schwarze oder weiße Steine durch den Friedhofsträger untersagt werden müssen. Zum einen werden im Rahmen der Diskussion soziale Aspekte angeführt. Durch das Politurverbot soll die durch polierte Grabsteine vermittelte Hervorhebung von Klassenunterschieden vermieden werden 75. Dem ist entgegenzuhalten, daß Kriterien wie Lage und Größe eines Grabmals eher als die Politur eines Grabsteins geeignet wären, Klassenunterschiede zu manifestieren 76. Wahlgräber jedoch, die gegen Entrichtung einer entsprechenden - meistens mehrfachen Gebühr an den Friedhofsträger dem Nutzungsberechtigten gerade die Möglichkeit einräumen, ein größeres Grabmal an der Stelle seiner Wahl 77 zu errichten, werden von den Kommunen ausdrücklich zur Verfugung gestellt. Die Bereitstellung der Wahlgräber durch den Friedhofsträger stellt damit gerade eine Förderung sozialer Unterschiede dar. Will sich die Exekutive somit nicht dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt sehen, kann sie sich zur Rechtfertigung des Politurverbots zumindest nicht auf den sozialen Aspekt berufen. Neben diesen rechtlichen Bedenken müssen auch tatsächliche Zweifel angebracht werden. Der Friedhof ist letztlich ein Spiegelbild der Gesellschaft. Diesem Umstand, der vor Erlaß der Gestaltungsvorschriften stärker hervorgetreten ist, verdanken wir die aus heutiger Sicht kulturhistorisch bedeutsamsten Grabmale 78. Der Versuch der Nivellierung sozialer Unterschiede steht einer anspruchsvollen Grabgestaltung folglich gerade entgegen. Zudem kann es auch nicht die Aufgabe der Kommune sein, ihren begüterten Einwohnern zu verwehren, sich ein den finanziellen Verhältnissen entsprechendes Grabmal auszusuchen. Schließlich muß in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Aspekt hingewiesen werden, welcher das Klassenargument gänzlich ad absurdum führt. Die Politur eines Grabmals erfordert, soweit man sie in Beziehung zu den Gesamtkosten einer Bestattung setzt, keine übermäßigen Ausgaben, und ist somit grundsätzlich für jedermann erschwinglich. Ein polierter Grabstein stellt demnach kein begehrtes Statussymbol dar und ist folglich überhaupt nicht geeignet, soziale Unterschiede auf dem Friedhof zu manifestieren. Desweiteren wird vorgebracht, die „hygienische Glätte, die intensive Farbigkeit" polierter Grabsteine wirke im Friedhofsbereich aufdringlich und störend.

75

So Scheuner, Die Gemeinde 1956, 75; vgl. auch VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501); ähnlich auch Eppler, Friedhof und Denkmal 1992, 104 (106); Baumann, DFK 1997,414. 76 So auch VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501). 77 Wahlgräber werden meist „in bevorzugter Lage" eines Friedhofs zur Verfügung gestellt: Gaedke, DFK 1997, 479 (480). 78 Sörries, DFK 1994, 208 (211).

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Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Zudem verhindere die Spiegelung einer Flächenpolitur ein Einfügen in die Natur. Auch wird auf den erhöhten Aufwand für polierte Grabmale verwiesen. Diese bedürfen angeblich ständiger Pflege, „da sich an ihnen eine Patina nur ungleichmäßig in Form häßlicher Flecken ansetzt, die dann mit dem Glanz der Politur kontrastieren" 79. Auch Grabmale sollten aber - wie der Mensch - in Würde altern können 80 . Daß sich ein poliertes Grabmal nicht in die Natur einfügt, kann nicht in Abrede gestellt werden. Mit diesem Argument könnte jedoch jegliche Grabgestaltung unterbunden werden, da sich ein schmiedeeisernes Kreuz, eine Grabstele oder auch ein matt geschliffener Grabstein als klar erkennbares Werk von Menschenhand kaum wesentlich mehr in die Natur einfügen. Diese Voraussetzung wird allenfalls von Findlingen erfüllt, deren Verwendung aber in den zusätzlichen Gestaltungsvorschriften der meisten kommunalen Friedhofssatzungen zumeist ebenso untersagt wird 81 . Auf ein möglichst reibungsloses Einfügen des Grabdenkmals in die Natur scheint es der Satzunggeber daher überhaupt nicht abgesehen zu haben. Auch die Gefahr ungleichmäßiger Patina besteht nicht nur bei polierten Grabmalen, denn auch der Bewuchs zugelassener Grabmale mit Moos oder Flechten wird wohl kaum generalstabsmäßig erfolgen, so daß sich auch hier ein uneinheitlicher Eindruck ergeben kann. Unabhängig davon ist auch nicht ersichtlich, warum die uneinheitliche Patinierung eines Grabmals das Totengedenken stören sollte. Geradezu absurd mutet auch die Bemerkung an, Grabmale sollten in Würde altern können. Beim Grabmal handelt es sich um eine Sache, die zum Zweck der angemessenen Totenehrung von den Hinterbliebenen errichtet wird. Weder kann einem Gegenstand selbst Würde zukommen, noch darf das „würdige" Altern eines Grabsteins über die individuellen Gestaltungswünsche des Verstorbenen und seiner Angehörigen gestellt werden. Das in fast allen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften vorzufindende Verbot von Politur und Schliff als Bearbeitungsarten ist daher sachlich kaum begründbar. Das grobe bis feine Schleifen - hin bis zur Politur - stellt vielmehr eine seit rund 3 Jahrtausenden nahezu unveränderte Art der Oberflächenbearbeitung von Natursteinen 82, und zudem eines der über die Jahrhunderte gebräuchlichsten Grabgestaltungselemente dar.

79 Eppler, Friedhof und Denkmal 1992, 104 (106); vgl. zu dieser Argumentation auch VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 80 Meinet, DFK 1994, 415; dies., DFK 1996, 74 (76). 81 Vgl. nur § 21 I lit. a) S.2 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 20 II der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 82 Vgl. Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 166.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

171

Schließlich wird auch auf Spiegelungswirkung polierter Grabsteine und hiervon ausgehende Störungen als Grund für ein Politurverbot verwiesen 83. Die „aufdringlich spiegelnden schwarzen Steine" sind danach störende Elemente auf dem Friedhof, „nicht nur, weil sie mit ihrem Reklamecharakter mangelnden Gemeinschaftssinn ihrer Ersteller verraten, sondern weil sie bei entsprechendem Sonneneinfall durch ihre Spiegelreflexe den Andacht Suchenden stören können und ihr tristes Schwarz nicht gerade tröstlich wirkt" 8 4 . Zumindest dem christlichen Glauben stehe diese Hoffnungs- und Trostlosigkeit nicht an 85 . Grabmale, die das Spiegelbild des trauernden Grabstättenbesuchers auf ihn zurückwerfen, könnten ihn irritieren 86 , weil er sich unversehens seinem Spiegelbild gegenübersieht 87. Der Grabbesucher sieht sich angeblich plötzlich selbst dort, wo er eigentlich den Verstorbenen sehen wollte 88 . Die sachliche Qualität der Äußerung, polierte Steine ließen mangelnden Gemeinschaftssinn ihrer Ersteller erkennen, spricht bereits für sich. Daß dem Gemeinschaftsaspekt auf dem kommunalen Friedhof aber sowieso keine entscheidende Rolle zukommen darf, wurde bereits ausführlich dargestellt. Gleiches gilt, soweit auf die Ausdruckskraft insbesondere schwarzer polierter Steine eingegangen wird. Ob die Farbe Schwarz in der christlichen Symbolik eine Rolle spielt oder nicht, hat den kommunalen Friedhofsträger grundsätzlich nicht zu interessieren. Abgesehen davon stellt die Äußerung aber auch eine tatsächliche Verkennung der Lage dar. Die Symbolik des Schwarzen kommt auch im christlichen Glauben sehr wohl zum Tragen 89. Warum schließlich ein spiegelnder Grabstein Hinterbliebene in ihrem Totengedenken stören könnte, wird über die bloße Behauptung hinaus nirgendwo näher ausgeführt oder gar fundiert dargelegt. Mit demselben schablonenhaften Hinweis könnte in baugestalterischer Hinsicht gegebenenfalls gegen die Fensterscheiben benachbarter Wohnhäuser vorgegangen werden, die bei entsprechendem Sonneneinfall auch spiegeln und die Friedhofsbenutzer stören könnten. Ebenso bleibt im Unklaren, warum der auf das Gedenken an seine Toten konzentrierte Grabbesucher irritiert wird, wenn er sich unversehens seinem Spiegelbild gegenübersieht. Selbst wenn aber

83

Vgl. Straube, in: Friedhof und Grabmal, Jahrbuch 1955; BayVGH, Urteil vom 20.07.1960 Nr.89 IV 58 (nicht veröffentlicht, zitiert nach Schweiger, BayVBl 1960, 348 f.); Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 158; vgl. ferner VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501); BVerwGE 17, 119 (121); VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 ff. 84 Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 158. 85 Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 158. 86 Eppler, Friedhof und Denkmal 1992, 104 (106). 87 Vgl. BayVGH, VGHE 13, 52 (57). 88 Meinel, DFK 1994, 415; dies., DFK 1996, 74 (76). 89 Vgl. Bachof Ergänzendes Rechtsgutachten, S. 14 unter Berufung auf die Äußerungen von Pastor Hans Looff.

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

ein Grabbesucher derart sensibilisiert ist, daß ihn sein eigener Anblick irritiert, so fragt sich doch, wie dieser überhaupt sein Spiegelbild soll wahrnehmen können. Befindet sich der Trauernde am Grab des Verstorbenen, so ist es aufgrund der reihenmäßigen Anordnung der Grabstellen tatsächlich nahezu ausgeschlossen, daß er sein eigenes Spiegelbild erblickt. Hierzu müßte der Betreffende unmittelbar vor ein poliertes Grabmal treten und dieses frontal betrachten. Störungen durch die Spiegelungswirkung polierter Grabsteine sind daher grundsätzlich ausgeschlossen. Daß durch die Friedhofsbenutzer sehr häufig polierte Grabsteine gewünscht werden, spricht eher dafür, daß ein unangenehmer Effekt von derartigen Gestaltungen nicht ausgeht90. Vor diesem Hintergrund stellt die Haltung der Rechtsprechung wenig zufrieden. Zwar ist wiederholt festgestellt worden, daß die Spiegelung eines polierten Steines weder aufdringlich noch unangenehm wirke, so daß von einer Störung des Totengedenkens durch Politur nicht die Rede sein könne 91 . Allerdings wird aus dieser Feststellung nicht der Schluß gezogen, daß ein Politurverbot in jedem Fall unzulässig sei, sondern nur, daß kein ausnahmsloses Politurverbot durch den Friedhofsträger ausgesprochen werden dürfe 92 . Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Zusammenhang weiter aus: „Davon abgesehen ergibt sich nach der Überzeugung des Senats aus dem häufigen Meinungsstreit über die störende Wirkung des Spiegelungseffekts der tiefdunklen polierten Grabsteine (siehe auch die von beiden Seiten angeführten und vorgelegten Gutachten und Stellungnahmen) jedenfalls das eine, daß eine nicht unerhebliche Minderheit der Bevölkerung sich durch solche Grabmäler - nicht nur aus ästhetischen Empfindungen heraus - sehr unangenehm berührt fühlt; daß es eine Mehrheit wäre, würde unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der „Rechte anderer" also der Rechte von Einzelpersonen, nicht verlangt werden können". 93 Die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stellen eine Verkehrung der Tatsachen dar. Zwar kann ein häufiger Meinungsstreit über die störende Wirkung des Spiegelungseffekt attestiert werden, doch wird dieser Streit nicht zwischen verschiedenen Nutzungsberechtigten ausgetragen. Vielmehr sind es stets Grabstelleninhaber, die eine polierte Ausführung des Grab-

90

Ansatzweise so bereits LVG Köln, DÖV 1956, 58 (59); VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501). 91 Vgl. LVG Köln, DÖV 1956, 58 (59); VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501); BVerwGE 17, 119 (121 f.); BayVGH, BayVBl 1980, 689 (690); VGH BadenWürttemberg, DVB1 1997, 1278 ff. Zustimmend auch Hamann/Lenz , Das Grundgesetz, 3 1970, Art. 2, Anm. B.3.e). 92 VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279); dem folgend: Franz Otto, DFK 1997, 321. Diese Differenzierung verkennt offensichtlich Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 420. 93 BayVGH, Urteil vom 20.07.1960 Nr. 89 IV 58 (nicht veröffentlicht, zitiert nach Schweiger, BayVBl 1960, 348 f.).

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

173

steins wünschen, und Kommunen und Fachverbände, die sich gegen eine solche Politur aussprechen. Aus den bestehenden Auseinandersetzungen kann also keinesfalls auf eine nicht unerhebliche Minderheit „der Bevölkerung" geschlossen werden, die sich gegen polierte Grabsteine ausspricht. Selbst wenn man aber von der durch den Verwaltungsgerichtshof gezeichneten Lage ausgeht, müssen die Interessen von Bevölkerungsmehrheit und -minderheit in einen gerechten Ausgleich gebracht werden. Das Verbot polierter Steine in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften - die tatsächlich den Großteil aller Grabstellen ausmachen - verkehrt den Minderheitenschutz in einer Mehrheitsdiskriminierung. Gegen die Verwendung grellweißer oder tiefschwarzer Steine wird - unabhängig von der Frage der Politur - weiter vorgebracht, daß sie sich nicht in die gewünschte Harmonie eines Gräberfeldes einordnen 94. Als Dauerzustand gebe es in der Landschaft kein reines Weiß oder Schwarz. Das Nebeneinander von Weiß und Schwarz wirke in die freie Landschaft hinaus und bleibe von weitem gesehen eine grobe Störung der Natur 95 . Das pseudo-Argument des Künstlichen läßt sich, wie bereits angesprochen, gegen jede Form der Grabgestaltung einwenden. Auch Bronze, geschnitztes Holz oder jeder andere Grabstein kommt so in der Natur nicht vor. Erst die handwerkliche Bearbeitung bringt ein Grabdenkmal hervor. Auch von einer negativen Beeinflussung des Landschaftsbildes kann aufgrund der üblichen Abgrenzung des Bestattungsplatzes von der Umgebung nicht ausgegangen werden. Schließlich ist die Harmonie des Gräberfeldes nach der hier vertretenen Auffassung im übrigen kein durch den Friedhofszweck gedecktes Ziel der Satzunggebung. An sachlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Verbotes grellweißer oder tiefschwarzer Steine - ob in matter oder polierter Ausführung - mangelt es somit. Der Friedhofszweck fordert keines der genannten Verbote, auch sind diese Vorgaben dem Friedhofszweck noch nicht einmal förderlich. Die Untersagung der Verwendung grellweißer oder tiefschwarzer Steine sowie polierter Gesteine ist damit willkürlich. Wiederum findet sich jedoch in der Rechtsprechung die These, wonach der Friedhofsträger an einem solchen Verbot nur in allgemeiner Form verhindert sei. An der Untersagung der fraglichen Gesteine auf Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften hat die Judikative hingegen nichts auszusetzen96. Über den Hinweis auf die Möglichkeiten des Zwei-Felder-

94

Straube, in: Friedhof und Grabmal, Jahrbuch 1955, S. 13 (14 f.); Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 167. 95 Straube, in: Friedhof und Grabmal, Jahrbuch 1955, S. 13 (15). 96 Vgl. nur VGH Stuttgart, DÖV 1958, 498 (501); BVerwGE 17, 119 (121); BayVGH, BayVBl 1980, 689 (691). So auch die h.L.: Seeger, Bestattungsrecht in Baden· Württemberg, 21984, S. 62; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 206.

174

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Systems wird der Exekutive somit erneut unzulässigerweise die Möglichkeit zweckfreien Handelns eingeräumt.

C. Insbesondere das Verbot von Lichtbildern Die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften untersagen fast ausnahmslos die Verwendung von Lichtbildern als Element der Grabgestaltung 97. Mitunter wird es sogar fur zulässig erachtet, ein Lichtbilder-Verbot als allgemeine Gestaltungsvorschrift zu erlassen 98. In weiten Teilen Deutschlands war es früher durchaus üblich, eine Fotografie des Verstorbenen in das Grabdenkmal zu integrieren. Mittlerweile findet sich diese Gestaltungsform aufgrund der restriktiven Vorschriften nicht mehr. Als Begründung für das durchgehende Verbot wird angegeben, daß ein Foto lediglich Ausdruck momentaner Befindlichkeit sei, weshalb von ihm weder Trost noch Hoffnung ausgehe99. Bei einer Fotografie handele es sich immer nur um die Wiedergabe einer äußeren Erscheinung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Für das Wesentliche, nämlich das Charakteristische dieses Menschen oder der Beziehung zu diesem, solle vielmehr ein Text oder Symbol gefunden werden. Als Aufnahme aus dem vollen Leben habe eine Foto zudem anklagenden Charakter. Es enthalte den Vorwurf, warum gerade der eigene Angehörige, so jung und vielversprechend, bereits verstorben sei 100 . Ein Verbot der Verwendung von Lichtbildern vermögen diese Behauptungen nicht zu tragen. Bereits die Äußerungen über die von Fotografien ausgehenden Wirkungen sind rein spekulativ. Keinesfalls kann behauptet werden, von einem Foto gehe weder Trost noch Hoffnung aus. Wäre dies tatsächlich der Fall, so würden die Hinterbliebenen wohl kaum diese Form der Gestaltung wählen. Auch können die Charakteristika eines Menschen oder die Beziehung der Hinterbliebenen zu diesem sehr wohl mittels einer Fotografie zum Ausdruck gebracht werden. Verwendung bei der Grabgestaltung wird lediglich ein Bild finden, das den Verstorbenen so zeigt, wie ihn die Hinterbliebenen gerne in Erinnerung behalten möchten 101 . Hierbei handelt es sich auch nicht um den Ausdruck momentaner Befindlichkeit. Vollkommen unsachlich ist auch die Unterstellung, die Hinterbliebenen wollten mit der Verwendung eines Lichtbildes

97 Vgl. nur § 21 I lit. b) Nr.6 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 20 III lit. f) der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 98 So z. B. § 14 II des Satzungsmusters des Gemeindetags Baden-Württemberg; hierzu auch: Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 75. 99 Meinel, DFK 1996, 74 (78). 100 Vgl. Meinel, DFK 1996, 74 (78). 101 Hierzu Behrens, DFK 1992, 70.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

175

Anklage erheben. Auch im Fall besonders jung Verstorbener besteht für die Angehörigen keinerlei Veranlassung eines solchen Vorgehens. Es erscheint lebensfremd, die Verwendung eines Fotos auf eine derartige Motivation zurückzuführen. Können die zur Rechtfertigung des Lichtbild-Verbots vorgebrachten Behauptungen daher bereits tatsächlich nicht überzeugen, gilt dies auch bei Hinzuziehung des Friedhofszwecks. Erneut stellt sich die Frage, inwieweit sich das satzungsmäßige Verbot als zur Erreichung des Friedhofszwecks förderlich oder gar notwendig erweist. Die dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechenden würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks soll durch Fotografien eben dieser Verstorbenen beeinträchtigt oder sogar gestört werden ? Eine solche Bewertung hieße, die Grundsätze der Totenehrung ad absurdum zu führen. Bildnisse der Verstorbenen können weder das Gedenken an diese beeinträchtigen, noch liegt eine Gefährdung des Friedhofszwecks vor. Auch beim Lichtbild-Verbot handelt es sich damit um eine vom Friedhofszweck vollkommen losgelöste, und damit nichtige Satzungsklausel.

D. Insbesondere das Verbot von Grababdeckplatten Auch das Verbot der Verwendung von Grababdeckplatten als gestalterischem Element wird von Rechtsprechung und Literatur als Bestandteil zusätzlicher Gestaltungsvorschriften durchgehend für zulässig erachtet 102. Ein allgemeines Verbot von Grababdeckplatten soll demnach unzulässig sein. Nur wenn der Friedhofsträger die Vollabdeckung von Grabstätten auf Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften gestattet, handelt er rechtmäßig 103. Diese Ausführungen sind ein Beleg für die unreflektierte Anwendung der einmal zum Zwei-Felder-System aufgestellten Grundsätze in der Praxis. Gerade im Fall der Grabvollabdeckungen kann es vielmehr durchaus gerechtfertigt sein, daß der Friedhofsträger ausnahmslos auf allen Grabfeldern die Abdeckung der Grabstellen untersagt. Die Vorschrift stellt eine Besonderheit dahingehend dar, daß bei deren Bewertung nicht ausschließlich Erwägungen der Ästhetik, sondern zusätzlich auch Aspekte der Hygiene, und damit einer geordneten Lei102 Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 ff.· BayVerfGH, BayVBl 1980, 687; Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 1984, S. 62; VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 206; VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840; VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 342 (344). 103 Vgl. VG Darmstadt, Gemeindetag 1976, 78 (80); BayVerfGH, BayVBl 1980, 687 (689); VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840; VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 342 (344).

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

chenbestattung eine gewichtige Rolle spielen. In den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften findet sich zumeist die Bestimmung, daß Grabstätten ihrer Beschaffenheit nach eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch die Verwesung ausschließen müssen104. Durch die Verwendung von Grabvollabdeckungen kann es unter Umständen zu einer Beeinträchtigung des natürlichen Verwesungsprozesses kommen, wenn durch die Abdeckung eine ausreichende Durchlüftung und Bewässerung des darunterliegenden Erdreiches nicht mehr gewährleistet ist. In einer solchen Konstellation ist das Verbot von Grababdeckplatten oder vergleichbaren Grabvollabdeckungen erforderlich, um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden und damit eine ordnungsgemäße Bestattung sicherzustellen 105. Die Erforderlichkeit des Abdeckungsverbotes darf jedoch nicht auf Mutmaßungen des Friedhofsträgers beruhen. Vielmehr hat die Kommune vor Erlaß der betreffenden Regelung durch Einholung eines hydrogeologischen Gutachtens die Auswirkungen der Abdeckungen auf den Verwesungsprozeß unter Berücksichtigung der Bodenbeschaffenheit der einzelnen Friedhöfe feststellen zu lassen106 . Weitere Bindungen des Satzunggebers ergeben sich daraus, daß der Friedhofsträger grundsätzlich zur Bereitstellung ausreichender Friedhofsflächen verpflichtet ist. Der Friedhoftsräger muß aufgrunddessen gegebenenfalls die Ruhezeiten in angemessener Höhe verlängern, und zudem die Möglichkeit einer Friedhofserweiterung oder gar einer Neuanlage in Betracht ziehen 107 . Wenn die Bodenverhältnisse und sonstigen Einflüsse auf dem Gebiet einer Gemeinde durchgehend so beschaffen sind, daß eine Grababdeckung die ordnungsgemäße Verwesung der Leichen verhindern würde, und zudem die Möglichkeit einer Verlängerung der Ruhefrist oder Erweiterung des Friedhofs ausscheidet, ist der Friedhofsträger selbstverständlich befugt, auf allen Friedhöfen und Friedhofsteilen derartige Abdeckungen zu untersagen. Das Recht des einzelnen auf Grabgestaltung tritt in diesem Fall aus Gründen der Volksgesundheit zurück. Gründe des optischen Erscheinungsbildes vermögen hingegen ein all-

104

Vgl. nur Art. 9 I 1 des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 7 I des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. 105 Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153); VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 342 (344); Albrecht/Schulze-Wolf, DFK 1996, 286 (288). 106 Vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841); Franz Otto, DFK 1994, 417; König, DFK 1994, 478 (479). A.A. offenbar Meinel, DFK 1994, 415; dies., DFK 1996, 74 (76). In Nordrhein-Westfalen ist eine geologisch-bodenkundliche Untersuchung vor Anlage eines Friedhofs zwingend vorgeschrieben, vgl. Hygiene-Richtlinien ftir die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen Nr. 1.3 vom 21.08. bzw. 25.10.1979. In Niedersachsen finden diese Richtlinien entsprechend Anwendung, hierzu: Albrecht/Schulze-Wolf, DFK 1996, 286. 107 So auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 505 (506); König, DFK 1994, 478 (479); a.A. VGH Mannheim, NVwZ 1994, 793 (794).

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

177

gemeines Verbot von Grababdeckplatten nicht zu rechtfertigen 108. Die Gefahr, daß sich Friedhöfe durch die übermäßige Verwendung derartiger Abdeckungen in Steinwüsten109 verwandeln könnten, ist nicht gegeben. Auch wenn die Grababdeckplatte gegenüber einem ausgefallenen Grabdenkmal die billigere Variante darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich ein überragender Anteil der Nutzungsberechtigten für eine Grabplatte entscheiden wird. Es erscheint wenig wahrscheinlich, daß die konkrete Form der Totenehrung vornehmlich von finanziellen Erwägungen abhängig gemacht wird. Zum anderen gibt es zahlreiche Möglichkeiten einer Grabgestaltung, die nicht annähernd so kostenintensiv sind wie eine Grababdeckplatte, so z.B. die Errichtung eines kleinen Grabkreuzes. Schließlich steht es dem Nutzungsberechtigten auch frei, von einer Grabgestaltung komplett abzusehen. Sollte also ein Nutzungsberechtigter den Umfang der Grabgestaltung tatsächlich primär von finanziellen Erwägungen abhängig machen, so wird er sich eher für eine dieser Varianten, nicht jedoch für eine Grababdeckplatte entscheiden. Einzig Gründe der Volksgesundheit vermögen daher eine taugliche Rechtfertigung für das Verbot von Grababdeckplatten abzugeben. Bestehen derartige Notwendigkeiten, so kann der Friedhofsträger im äußersten Falle sogar alle Grabfelder ausnahmslos mit einem Abdeckungsverbot belegen. Fehlt es hingegen an einer hydrogeologisch problematischen Verdichtung der Grabfelder durch Ganzabdeckungen und einer dadurch nicht mehr sichergestellten ordnungsgemäßen Verwesung, so sind Grababdeckungen ausnahmslos, und nicht nur auf Grabfeldern mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften, zuzulassen. Dies ergibt sich wiederum aus dem Umstand, daß Grababdeckungen per se weder besonders würdevoll noch würdelos sind. Das Verbot der Vollabdeckung von Grabstellen kann sich auf keinen sachlichen Grund stützen, dient auch nicht der Verwirklichung des Friedhofszwecks und ist demgemäß willkürlich. Ist die ordnungsgemäße Verwesung trotz Grababdeckung gewährleistet, ist dem Friedhofsträger der Erlaß eines Verbotes auf jeden Fall versagt. Rüttgers 110 unternimmt den Versuch, ein Verbot von Grababdeckplatten über die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwesung hinaus durch den Verweis auf eine in jüngerer Zeit zu beobachtende Neubestimmung des Friedhofszwecks zu rechtfertigen. Neben ihrer Funktion als Bestattungsort haben die Friedhöfe laut Rüttgers im Rahmen der kommunalen Planungen eine zusätzliche Zweckbestimmung als Grünfläche und Erholungsgebiet erhalten. Da durch ein Verbot von Grababdeckplatten dieser weitere Zweckbereich gesichert werden solle,

108

I. E. ebenso: Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 83. 109 Vgl. Decher, DFK 1986, 254 (256); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 204. 110 Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 ff. 12 Spranger

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

halte sich eine dahingehende Gestaltungsvorschrift schon aus diesem Grund im Rahmen des Anstaltszwecks 111. Die zunehmende Rolle der Bestattungsplätze als Grünfläche ist unbestritten. Dennoch führt dieser Umstand zu keiner Neubestimmung des Friedhofszwecks. Dient der Friedhof als Grünfläche, so handelt es sich allenfalls um einen Nebenzweck. Es stellt eine eklatante Verkennung der Bedeutung von Bestattung und Totenehrung dar, wenn man diesen zentralen Fragen der menschlichen Würde die planerische Grünflächenfunktion als gleichwertigen Friedhofszweck zur Seite stellt. Keinesfalls darf das verfassungsrechtlich garantierte Grabgestaltungsrecht des Verstorbenen und der Hinterbliebenen den Interessen von Spaziergängern untergeordnet werden. Nicht in den Grababdeckplatten als Ausprägung individueller Grabgestaltung, sondern in einem derartigen Ansatz liegt die Gefahr für die Würde des Friedhofs. Im übrigen muß auch bei Fortführung des Ansatzes Rüttgers' hinterfragt werden, warum die Verwendung von Grababdeckplatten die Grünflächenfunktion eines Friedhofs negativ beeinflussen sollte. Zum einen wird es immer eine große Zahl von Nutzungsberechtigten geben, die ihr Grab nicht mit einer Abdeckplatte belegen, sondern bepflanzen wollen. Zum anderen wird ein Großteil der Bepflanzung eines Friedhofs nicht durch die Summe der Grabbepflanzungen ausgemacht, sondern durch die gärtnerische Gestaltung nicht-belegbarer Freiflächen durch den Friedhofsträger.

E. Insbesondere das Kombinationsverbot Eine Vielzahl kommunaler Friedhofssatzungen weist die Bestimmung auf, wonach Schriften, Ornamente und Symbole nur aus demselben Material wie dem des Grabmals bestehen dürfen 112 . Mitunter wird das Verbot der Verwendung von Verzierungen und Zutaten aus einem anderen Material als dem des Grabmals auf Steingrabmale begrenzt 113 , oder es wird bestimmt, daß auch die Montage verschiedener Holz- oder Metallarten untereinander unzulässig ist 1 1 4 . In Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ist also nicht nur die Verwendung der meisten Materialien verboten, zusätzlich wird auch noch die Kombination der verbliebenen Möglichkeiten unterbunden. Das allgemeine Verbot der Kombination verschiedener Materialien hat beispielsweise zur Folge, daß auf einem Holzkreuz keine Christus-Figurine aus

111

So Rüttgers, Städte- und Gemeindebund 1979, 151 (153). § 21 I lit. b) Nr. 5 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 20 III lit. e) der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 113 § 36 V lit. c) der Friedhofssatzung der Stadt München. 1,4 § 21 VI 2 der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund. 112

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

179

Bronze angebracht werden darf. Ebenso unzulässig ist - auch wenn die Verwendung der einzelnen Materialien getrennt gestattet sein sollte - die Anbringung eines Emaille-Schildes an einem schmiedeeisernen Grabkreuz. Aus der Sicht der Satzunggeber verstößt die Kombination verschiedener Materialien gegen den in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erstrebten einheitlichen Gesamteindruck. Insoweit gibt es den bereits vorgebrachten Argumenten nichts neues hinzuzufügen: ebensowenig wie ein einzelnes Material per se dem Friedhofszweck zuwiderläuft, kann diese Aussage für die Kombination zweier Materialien Geltung beanspruchen. Bedeutungsvoll - da es sich insoweit um einen zusätzlichen Aspekt handelt ist in diesem Zusammenhang der ursprünglich mit dem Kombinationsverbot verfolgte Zweck. Das Verbot richtete sich einst gegen den Sockel, der das Grabmal angeblich zu einem herausragenden Monument stilisierte 115 . Wie weit sich die Friedhofsverwaltungen von diesem Entwicklungsstand mittlerweile entfernt haben, zeigt bereits der Umstand, daß der Grabmalsockel zumeist Gegenstand eines eigenen Verbotes ist, so daß es des zusätzlichen Kombinationsverbotes eigentlich gar nicht mehr bedürfte. Doch auch bei restriktiver Auslegung des Kombinationsverbotes und Rückführung auf den diesem Verbot ursprünglich beigelegten Sinn ist eine Rechtfertigung nicht möglich. Über die Verhinderung „herausragender Monumente" will der Satzunggeber die Manifestierung sozialer Unterschiede auf dem Friedhof unterbinden. Daß der Anstaltsträger derartige Unterschiede durch die Bereitstellung von Wahlgräbern selbst fordert, war bereits Gegenstand der Darstellung 116 . Unabhängig davon fällt es übrigens auch nicht in den Aufgabenbereich der Kommune, soziale Unterschiede durch eine Reglementierung der Grabgestaltung zu kaschieren. Zudem verspricht ein solches Vorgehen ohnehin kaum, von Erfolg beschieden zu sein. Jede Einebnung gesellschaftlicher Unterschiede schafft neue Vergleichsrelationen und vergrößert das Neidpotential 117 .

F. Insbesondere das Verbot serienmäßiger Ware In verschiedenen Variationen findet sich für Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften das Verbot sogenannter Massenware. Entweder dürfen Schriften, Ornamente und Symbole nicht serienmäßig hergestellt sein 118 , oder

115

Sörries, Friedhof und Denkmal 1992, 82. Vgl. oben. 1,7 Vgl. Isensee, Der Staat 19 (1980), 367 (375). 118 So § 21 I lit. b) Nr. 4 2.Hs. der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 20 III lit. e) S. 2 der Mu116

1*

180

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

das Verbot bezieht sich darüber hinaus auch auf die Grabdenkmäler selbst. Dieser Bestimmung kommt die Vorgabe gleich, daß bei Gestaltung und Bearbeitung des Grabmals jede handwerkliche Ausführung möglich ist 1 1 9 , da die Verwendung industriell gefertigter Ware auf diesem Wege ausgeschlossen wird. Die Verbote wären dem Friedhofszweck zumindest förderlich, wenn im Falle eines industriell gefertigten Grabsteins regelmäßig von einer Unvereinbarkeit mit dem Friedhofszweck ausgegangen werden könnte. Daß ein sogenanntes Industrie-Grabmal jedoch nicht a priori niveaulos sein muß, wird mittlerweile sogar von den entschiedensten Verfechtern kommunaler Grabgestaltungsvorschriften eingeräumt 120. Es finden sogar Versuche statt, den Stellenwert des in die wirtschaftliche Krise geratenen industriell gefertigten Grabmals zu heben 121 . Der Umstand der massenhaften Herstellung eines Gegenstandes gibt diesem noch keinen unwürdigen Charakter. Mit dem gleichen Argument ließe sich die Bepflanzung eines Grabes mit Gewächsen aus der Gärtnerei verbieten, weil diese massenhaft gezüchtet werden. Ebenso könnte das Abbrennen einer Grabkerze untersagt werden, weil diese aus industrieller Produktion stammt. Abzustellen ist vielmehr auf die Intention des Nutzungsberechtigten, der sich eines solchen Produkts bedient. Zudem ist auch die handwerkliche Herstellung eines Grabdenkmals keine Gewähr für die Vereinbarkeit mit dem Friedhofszweck im herkömmlichen Sinne, wie sich aus den vielfältigen Vorgaben hinsichtlich der gestatteten Bearbeitungsarten ergibt. Interessant ist in diesem Zusammenhang schließlich auch, daß sogenannte „zeittypische Massenware" früherer Epochen mittlerweile sogar unter Denkmalschutz gestellt wird 1 2 2 . Des weiteren muß auf eine eklatante Ungenauigkeit der bezeichneten Vorgaben aufmerksam gemacht werden. Schließt das Gebot der handwerklichen Ausführung eines Grabmals auch die Verwendung industriell vorgefertigter Ware aus, welche anschließend weiter bearbeitet wird, oder bezieht sich die Vorschrift lediglich auf industriell gefertigte Ware, also Endprodukte ? Gleiches gilt für das Verbot der Verwendung serienmäßig hergestellter Schriften, Ornamente und Symbole. Nimmt die handwerkliche Modifizierung einer Applikation dieser den angeblichen Makel der Serienmäßigkeit? In bezug auf Schriften, Ornamente und Symbole wird regelmäßig auf die Serienmäßigkeit der Herstellung abgestellt. Ob nachträglich eine handwerkliche Veränderung erfolgt, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift folglich unbeachtlich. Wird hingegen bei Grabdenkmälern lediglich auf deren handwerkliche Ausführung abgestellt, so erfaßt sterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages; § 21 I Nr. 3 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 119 So § 23 II der Friedhofssatzung der Stadt Frankfurt a.M. 120 Siehe Boehlke, Der Landkreis 1981, 688; Decher, DFK 1986, 254 ff. 121 Vgl. Eppler, Friedhof und Denkmal 1995, 3. 122 Knauf, DFK 1996, 495 ff.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

181

dies auch die weitere Bearbeitung eines industriell vorgefertigten Grabmals. Damit wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, daß mittlerweile 70% aller Grabzeichen auf industrieller, also maschinengerechter Vorfertigung beruhen 123 . Es handelt sich demnach um eine gängige Erscheinung, die folglich per se auch nicht den Gesamteindruck des Friedhofs stören kann. Reicht aber bereits eine verhältnismäßig geringfügige Bearbeitung durch einen Handwerker aus, so fragt sich, warum reine Industrie-Grabmale ohne geringfügige Modifizierung unzulässig sein sollen. Überspitzt ausgedrückt müßte es sich beim Industrie-Grabmal eigentlich um das Idealbild der kommunalen Satzunggeber handeln, deren oberstes Prinzip ja die Einheitlichkeit der Gesamtanlage ist. Doch letztlich muß es auch hier wieder auf die noch zu Lebzeiten geäußerten Wünsche des Verstorbenen, bzw. die Vorstellungen der Hinterbliebenen ankommen. Halten diese ein Industrie-Grabmal für die angemessene Form der Totenehrung, so steht es dem Staat grundsätzlich nicht zu, dies in Zweifel zu ziehen. Bedacht werden muß auch, daß industriell gefertigte Ware zumeist wesentlich erschwinglicher als ein entsprechendes handwerkliches Produkt ist. Finanziell schwächer gestellte Nutzungsberechtigte können über das Gebot der Verwendung handwerklicher Ware folglich gezwungen sein, auf eine ihren Vorstellungen enstprechende Grabgestaltung zu verzichten, um sich nicht finanziell zu sehr zu verausgaben. Der von Seiten der Befürworter gestaltungsrechtlicher Vorgaben immer wieder vorgegebenen lauteren Motivation der Vermeidung von Klassenunterschieden auf dem Friedhof wird durch ein Verbot industrieller Ware gerade nicht entsprochen. Der finanzkräftigere Nutzungsberechtigte kann die gewünschte Grabgestaltung auch durch einen Handwerker ausführen lassen. Befürchtet der Friedhofsträger durch eine uneingeschränkte Gestattung industrieller Grabmale eine zu weitgehende Vereinheitlichung der Grabgestaltung, so ist dem entgegenzuhalten, daß in Anbetracht der umfassenden zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auch die handwerkliche Fertigung keinerlei Gewähr für eine unterschiedliche Grabgestaltung bietet. Zudem ist aufgrund des auch und insbesondere im Friedhofswesen vertretenen Wunsches nach Individualität auch bei Verwendung industrieller Grabmale von einer entsprechenden Variationsbreite auszugehen. Sachliche Erwägungen für ein Verbot sogenannter IndustrieGrabmale lassen sich daher nicht anfuhren. Sind jedoch industriell gefertigte oder vorgefertigte Grabmale auch auf Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zulässig, so muß unwillkürlich die Frage nach der Berechtigung eines Verbotes serienmäßig hergestellter Schriften, Ornamente und Symbole erhoben werden. Es ist wenig einsichtig, warum in dieser Hinsicht für ein verhältnismäßig unscheinbares Symbol etwas anderes gelten soll als für das Grabdenkmal, das den äußeren Eindruck der 123

Boehlke, Der Landkreis 1981, 688 (689).

182

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Grabstätte schwerpunktmäßig bestimmt. Der Aspekt der serienmäßigen Herstellung vermag daher auch der Verwendung einer Applikation nicht entgegenzustehen.

G. Insbesondere Größenbeschränkungen Eine Sonderstellung nehmen die Größenbeschränkungen ein, also die Vorgaben innerhalb der Friedhofssatzung, die die zulässige Höhe, Breite, Stärke und gegebenenfalls auch den Rauminhalt des Grabmals betreffen. Von einer Sonderstellung muß deswegen gesprochen werden, weil keine einheitliche Bewertung als allgemeine oder zusätzliche Gestaltungsvorschrift erfolgt. Während in vielen Friedhofssatzungen die Größenbeschränkungen ausdrücklich als zusätzliche Gestaltungsvorschriften bezeichnet werden 124 oder sich diese Charakterisierung zumindest aus dem Kontext ergibt 125 , sind die Größenbeschränkungen in anderen Satzungen expliziter Bestandteil der allgemeinen Gestaltungsvorschriften 126 . Ihren Ursprung hat diese uneinheitliche Rechtslage in der Widersprüchlichkeit der Rechtsprechung. In seiner Grundsatzentscheidung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, daß der Anstaltsträger bei Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften an anderer Stelle die Möglichkeit gewähren muß, daß ein Friedhofsbenutzer ein seinen eigenen Wünschen entsprechendes Grabdenkmal aufstellen kann, sofern es nicht störend w i r k t 1 2 7 . Schon kurze Zeit später setzte sich das Bundesverwaltungsgericht dann speziell mit der Frage der zulässigen Größe von Grabdenkmälern auseinander 128. In Fortführung der zum ZweiFelder-System entwickelten Grundsätze stellt das Gericht fest, daß die Sorge des Anstaltsträgers für eine würdige Totenbestattung in gewissem Umfang Vorschriften über die Größe der Grabdenkmäler rechtfertigt, insbesondere zur Verhinderung unwürdiger oder durch ihre Übergröße störender Grabmäler 129. 124 Vgl. § 21 V der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 21 V der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf; § 23 IV der Stadt Frankfurt/Main; § 23 III der Friedhofssatzung der Stadt Landau/Pfalz; Abschnitt VII A 1 (5) der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 19 V der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken. 125 So § 22 VIII iVm dem dazugehörenden Anhang der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 23 der Friedhofssatzung der Stadt Köln; § 18 XIX der Friedhofssatzung der Stadt Magdeburg. 126 § 22 I der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt; § 21 der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach; § 29 II iVm Anlage 2 der Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart; § 26 der Friedhofssatzung der Stadt Wiesbaden. 127 BVerwGE 17, 119(121). 128 BVerwG, Gemeindetag 1969, 32 f. 129 Ebenso Decher, DFK 1986, 254. Diese Begrifflichkeit ist verwirrend. Ein Grabdenkmal kann nicht unwürdig oder störend sein. Stört ein Grabdenkmal, so verstößt es nach der herrschenden Ansicht gegen die Würde des Ortes und ist damit zugleich unwürdig.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

183

Eine die Grabmalsgröße beschränkende Vorschrift soll dabei nicht schon dann mit dem Grundgesetz vereinbar sein, wenn sie gerade noch vom Friedhofszweck gedeckt ist, sondern nur dann, wenn der freien Gestaltung der Grabstelleninhaber Raum gelassen ist, soweit das Grabmal nicht durch seine Übergröße störend wirkt 1 3 0 . Stellt ein Grabdenkmal damit aufgrund seiner Größe eine Störung dar, so soll der Friedhofsträger zur Untersagung seiner Errichtung ausnahmslos befugt sein. Ein übergroßes Grabdenkmal muß in Befolgung dieser Rechtsprechung weder in einer Abteilung mit zusätzlichen noch auf einem Grabfeld mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften durch den Anstaltsträger geduldet werden. Während also ein ausnahmsloses Verbot von schwarzen oder rotbraunen polierten Grabsteinen 131, Grababdeckplatten 132, vollständigen Grabbepflanzungen 133 und Grabeinfassungen 134 unzulässig ist, soll der Friedhofsträger nicht gehindert sein, übergroße Grabdenkmäler durchgehend zu verbieten, weil die Übergröße notwendigerweise zu einer Störung führt und dadurch mit der Würde des Friedhofs unvereinbar ist. Man fragt sich natürlich zwangsläufig, wann denn ein Grabdenkmal Übergröße aufweist. Während das Grabmal auf einer einstelligen Reihengrabstätte für Erwachsene in Erfurt eine Höhe von 70-80 cm aufweisen darf 135 , beträgt die Höhenbegrenzung für denselben Grabmalstyp in Lörrach 80-120 cm 1 3 6 , in Stuttgart maximal 130 cm 1 3 7 und 85-120 cm in Wiesbaden 138 . Bereits die unterschiedliche Ausgestaltung der jeweiligen Größenbeschränkungen - Angabe eines engen oder weiten Spielraums für den Nutzungsberechtigten oder Angabe einer zulässigen Maximalhöhe - macht deutlich, daß den betreffenden Vorgaben unterschiedliche individuelle Auffassungen des jeweiligen Satzunggebers zugrundeliegen. Ausgangspunkt der Größenvorgaben ist folglich des Wunsch des Friedhofsträgers nach Schaffung eines einheitlichen Erscheinungsbildes, welches seinen Vorstellungen entspricht. Demzufolge lassen sich die Größenbeschränkungen ausschließlich in Form zusätzlicher Gestaltungsvorschriften in die Friedhofssatzung aufnehmen. Für eine solche Bewertung sprechen zudem die engen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht 139 an die Zulässigkeit einer Größenbeschränkung geknüpft hat. Das Ge-

130 131 132 133 134 135 136 137 138 139

BVerwG, Gemeindetag 1969, 32 (33). Vgl. BVerwGE 17, 119 (121 f.); BayVGH, BayVBl 1980, 689. VGH Kassel, NVwZ-RR 1994, 342 (344). VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475). BayVGH, BayVBl 1983, 627. § 22 I der Friedhofssatzung. § 21 IV der Friedhofssatzung. § 29 II der Friedhofssatzung iVm Nr. 2.22 der Anlage 2 zur Friedhofssatzung. § 26 I a) der Friedhofssatzung. BVerwG, Gemeindetag 1969, 32 f.

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Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

rieht geht in seiner Feststellung, daß übergroße Grabdenkmäler störend wirken könnten, erkennbar von seiner eigenen ständigen Rechtsprechung zur allgemeinen Gestaltungsvorschrift aus, wonach nur störende und damit die Friedhofswürde verletzende Grabgestaltungen ausnahmslos verboten werden dürfen. Wertet die Friedhofsverwaltung ein Grabmal als übergroß, kann sie es folglich bereits aufgrund der allgemeinen GestaltungsVorschrift verbieten. Diese im jeweiligen Einzelfall zu prüfende Frage sperrt sich einer zentimetergenauen Festlegung. Derartige Beschränkungen der Grabmalsgröße dürfen demzufolge ncht ausnahmslos für alle Abteilungen des Friedhofs gelten. Diesem Umstand tragen auch die meisten Satzunggeber Rechnung und nehmen Größenbeschränkungen allenfalls in besondere Gestaltungsvorschriften auf. Doch auch als Bestandteil besonderer Gestaltungsvorschriften stellen Größenbeschränkungen eine willkürliche Beschränkung des Gestaltungsrechts dar. Als Element zusätzlicher gestalterischer Anforderungen schwanken die Vorgaben - wiederum demonstriert anhand der Höhenbegrenzungen bei einstelligen Reihengrabstätten für Erwachsene - von 60-80 cm 1 4 0 über 90 cm 1 4 1 , 80-100 cm 1 4 2 , 120 cm 1 4 3 bis hin zu 80-199 cm 1 4 4 . Die zulässige Höhe variiert damit für denselben Grabtypus zwischen 80 cm und nahezu 2 Metern. Weshalb in Düsseldorf ein Grabdenkmal mit einer Höhe von 81 cm unwürdig sein soll, in Saarbrücken hingegen ein 199 cm großes Grabdenkmal der Würde des Ortes entspricht, läßt sich auch nicht mit dem Hinweis auf regionale Besonderheiten begründen, da sich eklatante Abweichungen bereits zwischen in unmittelbarar Nachbarschaft gelegenen Kommunen feststellen lassen. Weder erfordert der Friedhofszweck derartige Beschränkungen, noch sind diese Vorgaben dem Friedhofszweck in irgendeiner Weise forderlich. Gaedke vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß die Frage, inwieweit hinsichtlich der Grabmalgrößen Toleranzgrenzen zugestanden werden, nach den jeweiligen Bestimmungen zu beantworten ist 1 4 5 . Anders ausgedrückt: zulässig sollen diejenigen Beschränkungen sein, welche Eingang in die Friedhofssatzung gefunden haben. Daß sich die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung jedoch nicht dadurch ermitteln läßt, daß diese Bestandteil der Friedhofssatzung ist, bedarf keiner weitergehenden Auseinandersetzung.

140

Bei Grabmalen mit waagerechter Oberkante, § 21 V der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 141 § 21 V der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 23 IV a) der Friedhofssatzung der Stadt Frankfurt/Main. 142 Abschnitt VII A 1 (5) a) der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 143 § 23 IV d) der Friedhofssatzung der Stadt Landau. 144 § 19 V der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken. 145 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 206.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

I. Die öffentliche

185

Sicherheit als Grenze der Grabmalsgröße

Ein Grabdenkmal ist demzufolge auch aufgrund seiner Größe weder per se würdig noch unwürdig 146 . Dennoch gilt es bei der Größe der Grabdenkmäler spezifische Aspekte zu berücksichtigen, die aus Erwägungen der Sicherheit resultieren. Umstürzende Grabsteine vermögen aufgrund ihres hohen Gewichts entsprechende Schäden anzurichten und können eine Gefahr für Leib und Leben der Friedhofsbesucher darstellen. Hat der Friedhofsträger durch Eröffnung oder Zulassung des öffentlichen Verkehrs auf dem Friedhofsgrundstück sowie durch die Gestattung der Grabmalerrichtung einen Zustand geschaffen, aus dem Gefahren erwachsen können, so hat er die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Schädigungen Dritter zu vermeiden 147 . Diese Verkehrssicherungspflicht auf Friedhöfen obliegt der Friedhofsverwaltung 148. Die Sicherheit der Friedhofsbesucher löst die unabdingbare 149 Pflicht des Friedhofseigentümers aus, nicht nur die Friedhofswege selbst verkehrssicher auszugestalten und zu erhalten, sondern auch keine Grabdenkmäler zu dulden, die eine besondere Gefährdung für die Besucher mit sich bringen 150 . Der Friedhofsträger ist daher verpflichtet, die aufgestellten Grabmale laufend mittels der sogenannten Rüttelprobe auf ihre Standfestigkeit hin zu untersuchen 151. Die Verkehrssicherungspflicht besteht jedoch nicht hinsichtlich der Gefahren, die von einem Grabmal gegenüber dem Inhaber der Grabstelle oder dessen Angehörigen ausgehen, weil der Nutzungsberechtigte durch Errichtung des Grabdenkmals selbst eine Gefahrenquelle geschaffen hat 152 . Begrenzungen der Abmessungen eines Grabdenkmals können folglich zur Abwehr von Gefährdungen geboten sein. In einem solchen Fall vermag sich der Friedhofsträger zur Begründung seines Verbots auf einen sachlichen Grund zu berufen. Die einschlägigen, vorgehend aufgeführten Bestimmungen dienen je-

146

So i.E. bereits Haferland, DJZ 1931, 1379. BGHZ 34, 206 (208). 148 Krebs, VersR 1959, 877; BGH, VersR 1963, 1144; Weimar, MDR 1963, 985 (986); Koenig, VersR 1971, 111; Müller-Hannemann MDR 1975, 796; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 83 f.; Neumann, DFK 1996, 469. 149 Vgl. Koenig, VersR 1971, 111(112); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 85. 150 Koenig, VersR 1971, 111. Unerheblich ist es, ob die Grabdenkmäler an den Wegen liegen (so aber Koenig, aaO.). Auch andere Grabmäler können Grabpflege betreibende Personen schädigen. 151 Weimar, MDR 1963, 985 (986); Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 79 f.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 88 f. ; Neumann, DFK 1996, 469. 152 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 90. 147

186

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

doch, abgesehen von den Vorgaben zur Mindeststärke der Grabmale 153 , eindeutig nicht der Abwehr etwaiger durch übergroße Grabdenkmäler ausgehender Gefahren. Für diese Feststellung spricht zunächst das systematische Argument, wonach die Größenbeschränkungen stets Bestandteil der Gestaltungsvorschriften sind, und damit vornehmlich auf die Verfolgung ästhetischer Ziele ausgerichtet sind. Vor allem aber die von Gemeinde zu Gemeinde auftretenden erheblichen Abweichungen zeigen, daß Sicherheitserwägungen beim Erlaß von Größenvorgaben keine Rolle spielen, denn ein nahezu 2 Meter großes Grabdenkmal ist in Saarbrücken nicht standsicherer als in Düsseldorf. Darüber hinaus existieren in nahezu allen Friedhofssatzungen Bestimmungen über die bei der Fundamentierung und Befestigung zu beachtenden Standards. Mitunter erfolgt in diesem Zusammenhang auch eine Bezugnahme auf die vom Bundesinnungsverband des deutschen Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerks herausgegebenen Versetzrichtlinien. Bereits über diese Vorgaben ist eine hinreichende Standsicherheit der Grabdenkmäler gewährleistet, so daß es keiner zusätzlichen Festlegung im Rahmen der Gestaltungsvorschriften bedarf. Dennoch sind Größenbeschränkungen sachlich nur dann gerechtfertigt, wenn sie der Verhinderung von Gefahren für Sicherheit und Ordnung dienen. So können große Grabdenkmäler aus einem besonders weichen oder spröden Material die Gefahr in sich bergen, daß sich einzelne Teile ablösen und Schäden verursachen. Den Eintritt derartiger Folgen vermag der Friedhofsträger jedoch im vornherein durch Festlegung von bei der Errichtung zu beachtenden Sicherheitsstandards zu verhindern. Auch kann er Einzelheiten der Fundamentierung und Befestigung gleichzeitig mit der Genehmigung zur Aufstellung eines Grabmals bestimmen 154 . Als unzulässig erweist sich hingegen die kommunale Praxis, ästhetisch motivierte Größenbeschränkungen in die Friedhofssatzung aufzunehmen. II. Keine Neubewertung des Ergebnisses durch die Ausgestaltung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Eine abschließende Typologie zusätzlicher Gestaltungsvorschriften läßt sich nicht herleiten. Dennoch fällt auf, daß in zahlreichen Friedhofssatzungen zusätzliche Gestaltungsvorschriften an die Möglichkeit eines Dispenses gekoppelt sind. Dessen Erteilung wird teilweise daran geknüpft, daß die Gesamtgestaltung des Grabfeldes nicht gestört wird 1 5 5 , oder die Friedhofsverwaltung unter Berücksichtigung künstlerischer Anforderungen die Erteilung einer Ausnahme für 153 Vgl. König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 6; Gaedke, DFK 1989, 185 (186); Eppler/Sörries, DFK 1995, 439. 154 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 87. 155 Vgl. § 21 IX der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund.

3. Abschnitt: Das Willkürverbot

187

vertretbar hält 156 . Allgemeiner ist beispielsweise auch die Rede davon, daß „asymmetrische Formen und Aufteilungen ... nur ausnahmsweise zugelassen werden" können 157 , oder die Verwendung von ortsfesten Pflanzbecken und Kübeln „nur bedingt genehmigt werden" kann 158 . Der vom Satzunggeber intendierte Regelfall soll folglich mittels eines repressiven Verbots durchgesetzt werden, welches mit einem Erlaubnisvorbehalt gekoppelt ist. Zahlreiche Abhandlungen haben sich detailliert der verschiedenen Varianten des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt angenommen159. Im folgenden interessiert aber ausschließlich die Frage, ob die Existenz eines Erlaubnisvorbehalts die Bewertung der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften in eine andere Richtung lenkt. Die Antwort auf diese Fragestellung fällt eindeutig aus. Die Tatsache, daß sich die dargelegten Gestaltungsvorgaben nicht am Friedhofszweck orientieren, und der Satzunggeber damit den Bereich der von ihm zu regelnden Materie eindeutig verlassen hat, läßt sich durch die Beifügung eines wie auch immer gearteten Erlaubnisvorbehalts nicht umkehren. Das kommunale Vorgehen bleibt auf jeden Fall rechtswidrig, weil die zusätzlichen GestaltungsVorschriften - ob nun mit oder ohne Erlaubnisvorbehalt - nicht der Verfolgung des Friedhofszwecks dienen. Doch auch bei getrennter Betrachtung der verschiedenen Ausgestaltungen des Erlaubnisvorbehalts im Bereich zusätzlicher Gestaltungsvorschriften können diese keinen Bestand haben. Die Voraussetzungen der Zulassung oder Versagung einer Ausnahme müssen in der Friedhofssatzung ausreichend unter Verwendung von Rechtsbegriffen umschrieben sein 160 . Diesem Erfordernis genügen die vorzufindenden Erlaubnisvorbehalte durchweg nicht. Entweder die Voraussetzungen für die Erteilung eines Dispenses werden überhaupt nicht genannt, oder es wird an unbestimmte Kategorien wie z.B. „künstlerische Gründe" 1 6 1 angeknüpft. Aber auch wenn die Voraussetzungen einer Erlaubnis im Ausnahmeweg genannt werden, ist den Antragstellern keinerlei Anspruch darauf eingeräumt, daß bei Vorliegen dieser Voraussetzungen eine Ausnahme auch wirklich zugelassen wird 1 6 2 . Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, daß die gebräuchlichen Formulierungen zur Markierung eines Erlaubnisvorbehalts rechts-

156

So - unter zusätzlicher Nennung der Berücksichtigung der Gesamtgestaltung Abschnitt A 1. VII des Anhangs zur Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 157 § 21 VII der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 158 § 23 I Nr. 9 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 159 Vgl. nur Friauf, JuS 1962, 422 ff.; Ossenbühl, DÖV 1968, 618 ff.; Schwabe, JuS 1973, 133 ff.; Gusy, JA 1981, 80 ff. 160 BayVGH, VGHE 13, 52 (61); v.d. Beeck, DFK 1994, 59 (60) (unter Hinweis auf König); vgl. allgemein auch BVerfGE 9, 137 (151 f.). 161 Hierzu BayVGH, VGHE 13, 52 (61). 162 Vgl. auch BayVGH, VGHE 13, 52 (61).

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

staatlichen Anforderungen durchweg nicht genügen163, aber auch bei rechtsstaatlich einwandfreier Ausgestaltung die Existenz eines Erlaubnisvorbehalts die zweckwidrige Motivation zusätzlicher Gestaltungsvorschriften nicht zu beheben vermag.

4. Abschnitt Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und das Verhältnismäßigkeitsprinzip Wenn .bei der Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften auch mitunter auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Verfolgung eines legitimen Zwecks, Geeignetheit des Mittels zur Zweckerreichung und Notwendigkeit des Eingriffs - verwiesen worden ist, so findet sich in Rechtsprechung und Literatur dennoch keine eingehende Auseinandersetzung mit diesem Maßstab. Verhältnismäßig unproblematisch ist einzig die Suche nach dem legitimen Zweck der administrativen Normsetzung auf dem Gebiet der Grabgestaltung, soweit man als Motivation auch im Falle zusätzlicher Gestaltungsvorschriften die Verwirklichung des Anstaltszwecks annimmt. Anhand der bereits eingehend dargelegten Vorgaben zeigt sich jedoch bereits, daß eine Vielzahl der Regelungen einzig die Anschauungen des Satzunggebers, bzw. solche einschlägiger Fachverbände wiedergibt, die vom Anstaltsträger aus welchen Gründen auch immer übernommen werden. Die Durchsetzung ästhetischer Anschauungen des Satzunggebers stellt jedoch kein legitimes Ziel dar. Selbst wenn man aber entgegen der eindeutigen Intention zahlreicher zusätzlicher Gestaltungsvorschriften einen legitimen Zweck annehmen wollte, so ergeben sich darüber hinaus Schwierigkeiten, soweit es das Kriterium der Geeignetheit betrifft. Geeignetheit bedeutet, daß der Zustand, der durch den Eingriff geschaffen wird, und der Zustand, in dem der verfolgte Zweck als verwirklicht zu betrachten ist, in einem durch bewährte Hypothesen über die Wirklichkeit vermittelten Zusammenhang stehen164. Kein Material und keine Bearbeitungsart stellt jedoch per se einen Verstoß gegen den Friedhofszweck dar, so daß ein generell ausgesprochenes Verbot bestimmter Materialien oder Bearbeitungen auch nicht geeignet ist, unwürdige Gestaltungen zu verhindern. Auch unter Verwendung der ausdrücklich zulässigen Stoffe und Bearbeitungen kann es zu Gestaltungen kommen, durch die sich andere Grabstelleninhaber in ihrem Totengedenken gestört fühlen 165 , und die folglich nach herrschendem Verständnis unwürdig sind. So kann auch unter Beachtung der in den besonderen Gestaltungsvorschriften enthaltenen

163 164 165

So auch v.d. Beeck, DFK 1994, 59 (69) (unter Hinweis auf König). Vgl. Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 111995, Rn. 304. So auch BayVGH, VGHE 13, 52 (59).

4. Abschnitt: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip

189

Vorgaben für Materialien und Bearbeitungsformen beispielsweise eine pornographische Skulptur oder ein nationalsozialistisches Symbol geschaffen werden. Die Unvereinbarkeit derartiger Gestaltungen mit dem Friedhofszweck bedarf keiner weiteren Erörterung. Erst die konkrete Ausgestaltung im jeweiligen Einzelfall vermag folglich ein Ergebnis hervorzubringen, welches der Würde des Friedhofes im überkommenen Sinne widerspricht 166 . Nochmals verdeutlicht sei dies am Beispiel zweier im Rahmen zusätzlicher Gestaltungsvorschriften besonders häufig anzutreffender Verbote. Einem für die Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ausgesprochenen Verbot unterfällt häufig Glas als Material für die Grabgestaltung 167. Es kann wohl nicht ernsthaft behauptet werden, daß ein Material wie Glas, das eine Fülle von farblichen Gestaltungen und Bearbeitungsarten bietet, und zudem in der Formgebung nahezu unbegrenzte Möglichkeiten bereitstellt, die Gestaltung eines Grabes notwendigerweise unwürdig werden läßt. Ebenso unzulässig ist oftmals die - früher weit verbreitete - Verwendung eines Lichtbildes, also einer Fotografie als Element der Grabgestaltung 168. Dieses Verbot stellt geradezu eine Verkehrung des Anstaltszwecks dar, der auch nach herrschendem Verständnis die Totenehrung umfaßt. Das Bildnis des Verstorbenen auf dem Grabdenkmal stellt die wohl intensivste Form der Totenehrung dar, indem dem Besucher des Grabes stets das Antlitz des Toten vor Augen gehalten wird. Nun mag es durchaus eine Frage des persönlichen Geschmacks sein, ein solches Lichtbild im Rahmen der Grabgestaltung zu verwenden, unwürdig wird die Grabgestaltung hierdurch

166

Zu diesem Ergebnis gelangt auch Bachof, Rechtsgutachten, S. 26. Eine ähnliche Auffassung findet sich sogar bei Gaedke (Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 202 f.): „Wenn auch glänzend polierte Grabsteine, insbesondere solche dunkler Farbe, wie auch Gold- und Silberschrift in Sachverständigenkreisen und bei Mitgliedern der einschlägigen Gewerbe zunehmend auf Ablehnung stoßen, so kann doch andererseits nicht behauptet werden, daß die Aufstellung derartiger Steine oder die Verwendung von Gold- und Silberschrift in jedem Falle als aufdringlich und der Würde des Ortes abträglich oder als störend und stimmungslos bezeichnet werden muß." Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß zumindest einige der in den zusätzlichen Gestaltungsvorschriften verbotenen Gestaltungen offensichtlich nur in den einschlägigen Fachkreisen auf Ablehnung stoßen. Freilich zieht Gaedke nicht die notwendige Konsequenz, die Berechtigung der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften als solche zu hinterfragen. 167 Vgl. nur § 21 I lit. b) Nr. 6 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 36 III der Friedhofssatzung der Stadt Coburg; § 21 III Nr. 6 der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf; § 22 I lit. f) der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt; § 22 III Nr. 1 der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 19 III lit. d) der Friedhofssatzung der Stadt Trier. 168 Vgl. nur § 21 I lit. b) Nr.6 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 22 III Nr. 1 der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 21 II lit. e) der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach; § 19 III lit. d) der Friedhofssatzung der Stadt Trier. Kritisch zu diesem Verbot äußern sich einzig von Köckritz, Friedhof und Denkmal 1995, 18(19), und Behrens, DFK 1992, 70.

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Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

aber jedenfalls nicht. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nur die juristische Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Friedhofszweck Relevanz besitzt, hingegen nicht die Frage persönlichen Geschmacks. Ein generelles Verbot bestimmter gestalterischer Elemente ist demnach vollkommen ungeeignet, der Verwirklichung des Friedhofszwecks zu dienen, auch wenn man den Zweck des Bestattungsplatzes in herkömmlicher Weise bestimmt. Fehl geht aus diesem Grund auch der Ansatz Boehlkes 169 . Speziell zum sogenannten Kunststein - der in nahezu allen Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften verboten ist - äußert sich Boehlke dahingehend, daß nicht der Werkstoff als solcher, sondern wegen seiner auf dem Grabmalsektor bisher ausschließlich unsachgemäßen Verwendung abzulehnen sei. Nur „in der Hand des mit ihm vertrauten künstlerischen Bildhauers" stelle der Kunststein ein künstlerisch formbares Gußmaterial dar, bei der Nutzung durch berufsfremde Grabmallieferanten handele es sich hingegen um das „kulturlose Treiben einer würdelosen Grabmalherstellung" 170. Kunststein sei deshalb als Grabmalwerkstoff abzulehnen. Dieser Ansatz verfängt aus zweierlei Gründen nicht. Zum einen bedürfen Gewerbetreibende für ihre Tätigkeit auf dem Friedhof der Zulassung, wobei das Zulassungserfordernis seinen Grund gerade im Ausschluß unzuverlässiger Gewerbetreibender hat. Zum anderen - und das ist entscheidend - bedarf auch die Errichtung und jegliche Veränderung eines Grabdenkmals in durchgehend allen Kommunen der Genehmigung. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens sind detaillierte Skizzen und gegebenenfalls sogar Modelle des gewünschten Grabdenkmals einzureichen 171. Diese Genehmigungspflicht soll gerade die Aufstellung von Grabdenkmälern verhindern, die nicht mit den für die Grabmalgestaltung erlassenen Bestimmungen in Einklang stehen oder sonst geeignet sind, die Würde des Ortes zu verletzen und andere Benutzer in ihren berechtigten Empfindungen zu stören 172 . Wenn bereits im Genehmigungsverfahren die Aussonderung von nach dem Empfinden des Friedhofsträgers unwürdigen Grabgestaltungen möglich ist, so bedarf es nicht mehr des zusätzlichen Verbotes bestimmter Materialien, zumal ein solches generelles Verbot, wie bereits erörtert, unzulässigerweise von der generellen Ungeeignetheit spezifischer Materialien und Bearbeitungsarten ausgeht.

169

Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 167. Boehlke, Der Gemeindefriedhof, 21973, S. 167. 171 Vgl. nur § 22 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 22 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 172 Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 197. 170

4. Abschnitt: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip

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Die Frage nach der Notwendigkeit zusätzlicher Gestaltungsvorschriften, also der Möglichkeit eines milderen Mittels zur Erreichung des anvisierten Ziels, ist ebenso eindeutig zu beantworten. Der Satzunggeber geht selbst davon aus, daß sich auch die allgemeinen Gestaltungsvorschriften als ausreichend zur Erreichung und Umsetzung des Friedhofszwecks erweisen. Gegenüber den zusätzlichen Gestaltungsvorschriften stellen die allgemeinen gestalterischen Anforderungen auch unzweifelhaft den schwächeren Eingriff in die Rechte der Friedhofsbenutzer dar. Bezieht man als weiteren zu beachtenden Aspekt die grundsätzliche Gestaltungsfreiheit des Satzunggebers mit ein, so ist diese über die weitreichenden Interpretationsmöglichkeiten des Würde-Begriffs im Rahmen der allgemeinen Gestaltungsvorschrift bereits auf allgemeinen Abteilungen hinreichend gewährleistet. Gerechtfertigt ist diese Feststellung auch unter Berücksichtigung der dem Benutzungszwang korrespondierenden Beschränkung der kommunalen Regelungsbefugnis. Da sich eine echte Ausweichmöglichkeit in Bezug auf gestalterische Vorgaben dem Bürger nicht eröffnet, verbietet sich die Nutzung von Grabfeldern mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften als Experimentalfelder der Friedhofsträger. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang jedoch die Feststellung Königs 173 . Anhand des konkreten Beispiels des Verbotes von Aluminium-Grabmalen 174 verneint König zunächst einen Rechtsanspruch der Grabmalberechtigten darauf, daß der Friedhofsträger nur bestimmte Materialien für die Herstellung von Grabmalen zuläßt, und stellt im Anschluß daran fest, daß die Entscheidung über die Zulassung bestimmter Materialien zum Kernbereich des Regelungsspielraums des Friedhofsträgers gehöre 175 . Hier werden verschiedene voneinander klar abzugrenzende Fragen unzulässigerweise vermischt. Zum einen geht es bei der Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften generell nicht um den Anspruch der Nutzungsberechtigten auf Zulassung eines bestimmten Materials als Element der Grabgestaltung, also um einen positiven Anspruch. Entscheidend ist vielmehr die Frage, inwieweit ein solches für bestimmte Abteilungen ausgesprochenes Verbot mit den Grundrechten, vor allem aber dem Friedhofszweck und allgemeinen Verfassungsprinzipien vereinbar ist. Zum anderen kann man die Zulassung oder Nicht-Zulassung einzelner Materialien wohl kaum dem Kernbereich des Regelungsspielraums des Friedhofsträgers zurechnen, da Richtpunkt des exekutiven Handelns in Fragen der Grabgestaltung stets der Friedhofszweck ist. Diese Zweckgebundenheit des Verwaltungshandelns kann nicht durch einen Hinweis auf den generellen Regelungsspielraum des Friedhofsträgers unterlaufen werden.

173

König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 6. Hierzu auch: Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 75 f. 175 König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 6. 174

192

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

5. Abschnitt Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und die Wesensgehaltsgarantie Auch in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften muß eine Grundrechtsverwirklichung durch den Nutzungsberechtigten grundsätzlich noch möglich sein. Fehlt es an dieser Voraussetzung, erscheint ein Eingriff in den Wesensgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit möglich. Unabhängig von den verschiedenen zu Art. 19 II GG vertretenen Theorien 176 rechtfertigen die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften in ihrer derzeitigen Erscheinungsform jedoch nicht die Annahme eines solchen Verstoßes. Auch die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Nutzungsberechtigten auf eine einziges Material stellt noch keinen Eingriff in den Wesensgehalt des Gestaltungsrechtes dar. Verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bleiben - wenn auch in engen Grenzen - auch in einem solchen Fall noch erhalten. Erst wenn die Möglichkeit individueller Grabgestaltung gänzlich ausgeschlossen wird - so, wenn der Friedhofsträger die Verwendung eines bestimmten Grabsteins und einer bestimmten Grabbepflanzung bis ins Detail vorschreibt, oder jegliche Grabgestaltung schlichtweg verbietet und einen Standard-Grabstein zur Verfügung stellt - liegt ein Eingriff in den Wesensgehalt vor. Nehmen kommunale Bestattungsplätze die Erscheinung von Soldatenfriedhöfen an, ist die Grenze des Art. 19 II GG überschritten.

6. Abschnitt Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und das rechtsstaatliche Gebot der Normklarheit Das bereits im Rahmen der allgemeinen Gestaltungsvorschriften behandelte Gebot der Normklarheit ist auch bei der Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften zu berücksichtigen. Im Rahmen kommunaler Grabgestaltungsvorschriften finden sich die verschiedensten Varianten einer Ausgestaltung der Regelungskomplexe durch den Satzunggeber, die dem Erfordernis der Normklarheit nicht durchgehend entsprechen. Dies gilt zunächst für Regelungen, die eine Vermischung von allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften darstellen. Im Normalfall finden sich unter dem Stichwort der allgemeinen Gestaltungsvorschriften Formulierungen, die den Nutzungsberechtigten darauf hin-

176

Vgl. ausführlich Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 II Rn. 3 ff.

6. Abschnitt: Das rechtsstaatliche Gebot der Normklarheit

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weisen, daß bei der Gestaltung eines jeden Grabes die Würde des Friedhofs zu wahren ist. Mitunter firmieren unter der Bezeichnung als allgemeine Gestaltungsvorschriften jedoch auch Verbote einzelner Bearbeitungsarten oder bestimmter Materialien, bei denen es sich unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung um zusätzliche Gestaltungsvorschriften handelt. Die einschlägigen Normen sind bereits deshalb verfassungswidrig, weil sie der Satzunggeber zu den allgemeinen Gestaltungsvorschriften rechnet und demgemäß auch nicht die nach ständiger Rechtsprechung anderenfalls erforderliche Ausweichmöglichkeit für den Nutzungsberechtigten zur Verfügung stellt. Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit ergeben sich jedoch auch aus Gründen der Normklarheit. Wenn sich unter der Bezeichnung als allgemeine Gestaltungsvorschriften solche Vorgaben finden, die im Sinne üblichen Sprachgebrauchs zusätzliche Gestaltungsvorschriften darstellen, ist es für den Laien schwerlich erkennbar, ob und in welchem Umfang seine Freiheit bei der Grabgestaltung zulässigerweise allgemein beschränkt ist 1 7 7 . Auch die Bestimmung, wonach das Garten- und Friedhofsamt für bestimmte Grabfelder zusätzliche Gestaltungsvorschriften festlegen darf, kann unter diesem Gesichtspunkt keinen Bestand haben 178 . Weitere Bedenken ergeben sich bei Vorgaben im Rahmen der Grabbepflanzung. Nach bisher unbestrittener Ansicht geht das Eigentum an der Grabbepflanzung mit dem Einpflanzen gemäß § 94 I 2 BGB auf den Friedhofsträger über. Daß richtigerweise § 95 I 1 BGB anzuwenden wäre, ist bereits an anderer Stelle dargetan worden 179 . Vom Eigentum des Friedhofsträgers ausgehend bestimmen nun zahlreiche Friedhofssatzungen, daß jede Veränderung oder Entfernung von Bäumen und Sträuchern nur mit Genehmigung der Stadt, respektive der Friedhofsverwaltung erfolgen darf. Innerhalb derselben Vorschrift findet sich dann aber zumeist auch die Bestimmung, wonach alle Grabstätten gärtnerisch dauernd instandgehalten werden müssen180. Die Veränderung eines Strauches stellt beispielsweise das Abschneiden abgestorbener oder umgeknickter Äste, oder das jahreszeitlich bedingte Rückschneiden neuer Triebe dar. Derartige Tätigkeiten dienen der Instandhaltung der gärtnerischen Anlage und gehören damit zum satzungsrechtlich festgelegten Pflichtenkreis des Nutzungsberechtigten. Es ist widersinnig, wenn der Nutzungsberechtigte die Grabstätte einerseits gärtnerisch dauernd instandhalten muß, andererseits jedoch bestimmt wird, daß für die meisten der anfallenden Tätigkeiten - mögen sie auch noch so minimal sein - eine Genehmigung eingeholt werden muß. Auch diese satzungsrechtliche

177

So VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 (143). Vgl. VGH Baden-Württemberg, VB1BW 1990, 142 (143). 179 Teil 2, 2.Abschnitt, Β. II. 180 § 27 I 1, VI 2 der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 28 I 2, IV der Friedhofssatzung der Stadt Kiel; § 28 II 1, IX 1 der Friedhofssatzung der Stadt Lörrach; § 26 I 1, IV 1 der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken. 178

13 Spranger

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Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Konstruktion umgrenzt den einen Nutzungsberechtigten betreffenden Pflichtenkreis nicht hinreichend genau. Allzu undeutlich ist auch das bereits angesprochene Gebot der Verwendung heimischen Gesteins. Aus den fraglichen Satzungen wird in keiner Weise deutlich, ob unter heimischem Gestein nur solches aus dem Gebiet der jeweiligen Gemeinde, oder auch der Region oder schlicht Gestein aus Deutschland zu verstehen ist. Unabhängig von der bereits attestierten Unvereinbarkeit dieser Klausel mit Gemeinschaftsrecht sowie ihrer Unzulässigkeit vor dem Hintergrund des Willkürverbots erweist sich die Klausel daher auch als zu unbestimmt.

7. Abschnitt Zusätzliche Gestaltungsvorschriften als Eingriff in die Grundrechte der Gewerbetreibenden Gestalterische Vorgaben durch den Anstaltsträger betreffen insbesondere in Form der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auch die einschlägigen Gewerbezweige. Die Tätigkeit der Friedhofsgärtner wird entscheidend bestimmt durch Vorschriften zur Grabbepflanzung, und das Verbot bestimmter Bearbeitungsarten oder Materialien betrifft Steinmetzbetriebe und Granitindustrie in teils existenzgefährdender Weise 181 . Zahlreiche Gutachten wurden von den betroffenen Wirtschaftszweigen oder deren Interessenvertretungen in Auftrag gegeben, was von den Befürwortern gestalterischer Vorgaben als Beleg für ein rücksichtsloses Gewinnstreben und fehlendes Verständnis für die Aufgaben der Friedhofsgestaltung gewertet wurde. Tatsächlich geht es um enorme Summen: alleine die laufenden Grabpflegekosten belaufen sich pro Jahr auf drei Milliarden DM, das gesamte Bestattungswesen weist ein Umsatzvolumen von jährlich 13 bis 16 Milliarden D M auf 182 . In jüngerer Zeit wird die Diskussion zwar sachlicher geführt, doch bezieht sie sich vornehmlich auf die für die Frage der Grabgestaltung irrelevante Zulässigkeit der Genehmigungspflicht gewerblicher Tätigkeit auf kommunalen Friedhöfen 183 . Nur vereinzelt wird die hiervon zu trennende Frage behandelt, ob Gestaltungsvorschriften die Grundrechte von Gewerbetreibenden beeinträchtigen 184.

181 Vgl. den Beitrag „Grabesstimmung bei der Granitindustrie", in: Nordbayerischer Kurier vom 10./11.06.1995, S. 7. 182 Zagar, DFK 1997, 389 (390). 183 Battis , Gewerbearchiv 1982, 145 ff.; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XIII (Stand: Februar 1986), Rn. 39 ff.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 262 ff. 184 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361 f.); Kopp, VwGO, l01994, § 47 Rn. 28. Offengelassen in BayVerfGH, BayVBl 1981, 207 (209).

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

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A. Zusätzliche Gestaltungsvorschriften und die Berufsfreiheit Die auf den Nutzungsberechtigten ausgerichteten Gestaltungsvorschriften zeitigen mittelbare Wirkungen für die Gewerbetreibenden. Die Verbote oder Beschränkungen hinsichtlich der Verwendung von Grabeinfassungen, bestimmter Gesteinsarten oder Abdeckplatten, aber auch bestimmte Bearbeitungsvorschriften haben mittelbare Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage von Betrieben der einschlägigen Industriezweige 185. Die Situation gleicht derjenigen von Planfestsetzungen in Bebauungsplänen, die nur mittels der Verwendung bestimmter Materialien zu realisieren sind, wodurch die Absatzchancen von Gewerbetreibenden geschmälert werden 186 . Grabdenkmäler, Einfassungen, Steinsockel und Abdeckplatten müssen zur Gewährleistung fachgerechter Ausführung und zur Vermeidung von Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit notwendigerweise bei den entsprechenden Betrieben in Auftrag gegeben werden. Verbietet der Friedhofsträger Grababdeckplatten oder Einfassungen aus einem bestimmten Material, liegt zumindest eine reflexartige Betroffenheit der einschlägigen Gewerbebetriebe vor, die allerdings für sich betrachtet die Annahme einer Verletzung der Berufsfreiheit noch nicht trägt 187 . Gegen die generelle Anwendbarkeit des Art. 12 I GG bei Fragen des Erlasses von Grabgestaltungsvorschriften kann nicht eingewendet werden, die Berufsfreiheit gewähre kein Recht zur Gewerbeausübung auf fremden Grundstücken und innerhalb von öffentlichen Anstalten 188 . Zum einen werden die Eigentumsverhältnisse an dem Friedhofsgrundstück durch die öffentlich-rechtliche Widmung überlagert 189. Zum anderen schließt die rechtliche Qualifikation als öffentliche Anstalt nicht die Grundrechtsgeltung aus. Etwas anderes würde nur bei der Annahme gelten, daß öffentliche Anstalten einen grundrechtsfreien Raum begründen. Schließlich gilt es, die Monopolstellung kommunaler Friedhöfe zu berücksichtigen. In diesem Fall kann einem auf die Tätigkeit auf dem Friedhof angewiesenen Gewerbebetrieb die Vornahme der Handlungen nicht mit dem Hinweis auf eigentumsrechtliche Positionen der Kommune versagt werden. Au-

185 Vgl.: Grabesstimmung bei der Granitindustrie, in: Nordbayerischer Kurier vom 10./11.06.1995, S. 7. 186 Vgl. hierzu Ziekow, Gewerbearchiv 1990, 387 (391). 187 So auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361). 188 Derartige Bedenken finden sich bei Kokott, Der Städtetag 1961, 82 (83); BayVGH, VGHE 21, 47 (49); Grasser, BayVBl 1972, 291 (292); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XIII (Stand: Juli 1990), Rn. 42. 189 Vgl. Dornseiff, FischersZ 65 (1930), 145 (215); Bachof AöR 78 (1952/53), 82 (84 f.); Hurst, in: Peters (Hrsg.), HdbdkWP, 1957, Band 2, S. 892; Krebs, VersR 1959, 877. Ähnlich bereits RGZ 100, 213 (214). Einschränkend Gaedke, LKV 1995, 424.

13*

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Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

ßerdem setzen die Auswirkungen der Gestaltungsvorschriften auf die Gewerbetreibenden bereits bei der Herstellung des Grabschmucks ein, also zu einem Zeitpunkt, in dem es überhaupt nicht um das Betreten des Friedhofsgrundstücks geht. Ein möglicher Verstoß gegen Art. 12 I GG ist daher nicht von vornherein aufgrund der Tatsache ausgeschlossen, daß die fragliche Tätigkeit naturgemäß Überschneidungen mit den Interessen der Kommune aufweist.

I. Die mittelbare Grundrechtsbetroffenheit

der Gewerbetreibenden

Probleme ergeben sich jedoch aufgrund der allgemein bekannten Thematik einer lediglich tatsächlichen Grundrechtsbetroffenheit von Gewerbetreibenden. Die Gestaltungsvorschriften sind an die Adresse der Nutzungsberechtigten gerichtet und betreffen die einschlägigen Betriebe lediglich mittelbar. Nach allgemeiner Anschauung vermögen jedoch auch mittelbare, bloß tatsächliche Beeinträchtigungen einen Eingriff in die Berufsfreiheit darzustellen 190. Ob kommunale Grabgestaltungsvorschriften eine in diesem Sinne hinreichende mittelbare Beeinträchtigung begründen, ist Gegenstand einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Kassel 191 . Das Gericht stützt sich zur Herleitung seines wesentlichen Gedankengangs auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Arzneimittel-Transparenzlisten 192. Bei der nur mittelbare, nämlich möglicherweise wirtschaftlich nachteilige Wirkungen entfaltenden Maßnahme muß es sich demnach um eine solche handeln, mit der der Staat zielgerichtet Rahmenbedingungen verändert, um zu Lasten bestimmter Unternehmen einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeizuführen. Im Gegensatz zur Veränderung sozialer Bedingungen als bloße reflexartige Maßnahme soll es sich hierbei um Maßnahmen handeln, die auf einen auf Seiten des Unternehmens eintretenden nachteiligen Effekt abzielen und diesen nicht lediglich als Begleiterscheinung mit sich bringen 193 . Für den Fall eines Steinmetzbetriebes, der sich durch das Inkrafttreten einer neuen Friedhofssatzung außerstande sah, die ihm nach eigenen Angaben erteilten und bereits bezahlten Aufträge auszuführen, hat der Verwaltungsgerichtshof Kassel das Vorliegen einer derartigen berufsregelnden Zielsetzung durch die Gestaltungsvorschriften verneint 194 . 190

BVerfGE 13, 181 (185 f.); BVerfGE 47, 1 (21); BVerwGE 71, 183 (191 ff.); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 15 und 23 ff.; BVerfGE 82, 209 (223 f.); BVerwGE 87, 37 (42 ff.); Voßkuhle, BayVBl 1995, 613 (616); Albers, DVB1 1996, 233 (234); Merten, in: Verfassungsstaatlichkeit, Festschrift für Klaus Stern zum 65. Geburtstag, 1997, 987 ff. (998). 191 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 ff. 192 BVerwGE 71, 183 ff. 193 So BVerwGE 71, 183 (193 f.); VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361). 194 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361). Offengelassen in BayVerfGH, BayVBl 1981,207 (209).

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

197

Einzige Zielsetzung sei im vorliegenden Fall eine Verkürzung der Verwesungsdauer durch das Verbot von Grababdeckungen gewesen. Selbst wenn man dem Friedhofsträger gestalterische Zielsetzungen unterstellen wollte, ergebe sich hieraus kein berufsregelnder Charakter der Gestaltungsvorschriften 195. Anderer Ansicht ist Kopp 1 9 6 . Wegen der Auswirkungen auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit handelt es sich seiner Ansicht nach bei den Beschränkungen, die ein gewerblich mit der Herstellung und/oder Aufstellung von Grabdenkmälern befaßter Steinmetz durch die Satzung einer Gemeinde erleidet, durch die Anforderungen für die Gestaltung der Grabdenkmäler auf einem Friedhof eingeführt werden, auf dem er Grabdenkmäler aufstellt, um einen Nachteil gemäß § 47 II 1 VwGO. Kopp geht folglich davon aus, daß die genannten Steinmetzbetriebe mehr als bloß reflexartig betroffen werden und die Berufsfreiheit somit verletzt ist. Dabei differenziert er nicht weiter danach, ob der Betreffende bereits Aufträge entgegengenommen hat. Genügen soll vielmehr, daß der Steinmetz auf dem fraglichen Friedhof Grabdenkmäler aufstellt, also bereits einmal tätig geworden ist und noch die Zulassung zu dieser Tätigkeit besitzt. Zu dem gleichen Ergebnis wie Kopp gelangt man auch über eine konsequente Anwendung der vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof 197 zur Verordnung über das Leichenwesen der Stadt Nürnberg vertretenen Auffassung. Zwar hatte sich das Gericht mit einer Vorschrift zu beschäftigen, nach der Größe und Gewicht der Särge bestimmte Maße nicht überschreiten dürfen, doch lassen sich die Ergebnisse unproblematisch auf die Situation der Gestaltungsvorschriften übertragen. Der Verfassungsgerichtshof führt aus: „Die angefochtene Regelung wirkt sich darüber hinaus auf die gewerbliche Betätigung von Sargherstellern und Bestattungsunternehmen aus, denen es dadurch verwehrt ist, für eine Bestattung in der Stadt Nürnberg Särge zu verkaufen, die nach Maß und Gewicht über den festgelegten Grenzen liegen. Auch insoweit ist der Schutzbereich des Art. 101 BV berührt, da das Grundrecht der Handlungsfreiheit den Bereich der beruflichen und gewerblichen Betätigung umfaßt (...)." 198 Das Gericht mißt die fragliche Regelung jedoch nicht nur am Maßstab der allgemeinen Handlungsfreiheit, sondern ausdrücklich auch an der Berufsfreiheit der Bestattungsunternehmen und Sarghersteller 199. Nichts anderes kann aber für die durch kommunale Grabgestaltungsvorschriften betroffenen Gewerbetreibenden gelten. So wie Vorschriften über Grö195

Vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361). Kopp, VwGO, 101994, § 47 Rn. 28. Kritisch offensichtlich auch Voßkuhle, BayVBl 1995,613 (616), Fn. 37. 197 BayVerfGH, BayVBl 1994, 590 ff. 198 BayVerfGH, BayVBl 1994, 590 (591). 199 BayVerfGH, BayVBl 1994, 590 (592 f.). 196

198

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

ße und Gewicht der Särge die Berufsfreiheit der Bestattungsunternehmen und Sarghersteller tangieren, betreffen Vorgaben über Größe und Beschaffenheit der Grabsteine die Berufsfreiheit der Steinmetze. Im Gegensatz zu den Sargherstellern sind Steinmetze jedoch nicht unmittelbare Adressaten der kommunalen Norm, sondern lediglich mittelbar betroffen. Daß der Verfassungsgerichtshof die fragliche Regelung für verfassungsrechtlich gerechtfertigt hält, ist hingegen für die hier interessierenden Gestaltungsvorschriften irrelevant, da die Beschränkung von Größe und Gewicht der Särge vor allem durch Erwägungen des Arbeitsschutzes, sowie der Sicherheit und Ordnung beim Aushub der Gräber legitimiert wird 2 0 0 , also durch Gesichtspunkte, die bei Fragen der Grabstättengestaltung grundsätzlich keine Rolle spielen. Tatsächlich kann das Vorliegen eines Eingriffs in die Berufsfreiheit nicht derart pauschal negiert werden, wie es der Verwaltungsgerichtshof Kassel in seiner Entscheidung getan hat. Das Gericht erachtet für die Attestierung einer berufregelnden Tendenz nur solche Maßnahmen für ausreichend, mit denen der Staat zielgerichtet Rahmenbedingungen verändert, um zu Lasten bestimmter Unternehmen einen in öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeizuführen 201 . Gefordert wird damit - um sich einer strafrechtlichen Terminologie zu bedienen - dolus directus der staatlichen Organe oder sogar absichtliches Handeln im Sinne eines zielgerichteten Erfolgswillens. Es fragt sich, ob diese Forderung dem Verständnis der berufsregelnden Tendenz einer Maßnahme gerecht wird. Tatsächlich findet sich eine derart einseitige Ausrichtung auf die subjektive Zielsetzung der Rechtssetzungsgewalt in anderen Entscheidungen - auf die der Verwaltungsgerichtshof nicht näher eingegangen ist, und die teilweise zeitlich nachfolgend ergangen sind - nicht.

II. Die objektive Erkennbarkeit

der berufsregelnden

Tendenz

Das Bundesverfassungsgericht hat Art. 12 I GG als Maßstab für steuerrechtliche Vorschriften dann anerkannt, wenn diese infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und - objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen202. Welche Absicht der Gesetzgeber mit der zu bewertenden Maßnahme verfolgt hat, spielt demnach für die Feststellung der berufsregelnden Tendenz keine Rolle. Am Erfordernis einer objektiven Erkennbarkeit der berufsregelnden Tendenz hält das Bundesverfassungsgericht auch in einer späteren Entscheidung zu abgaberechtlichen Vor-

200 201 202

Vgl. BayVerfGH, BayVBl 1994, 590 (591). Vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361). BVerfGE 13, 181 (186).

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

199

Schriften fest 203 . Darüber hinaus findet sich die ausdrückliche Feststellung, daß rechtliche Normierungen auch dann Art. 12 I GG berühren können, wenn sie nicht gezielt in die Berufsfreiheit eingreifen. In diesem Fall muß sich jedoch konkret feststellen lassen, wer von den Auswirkungen der Norm in seiner Berufsfreiheit betroffen wird 2 0 4 . Die genannten Voraussetzungen werden von kommunalen Grabgestaltungsvorschriften sämtlich erfüllt. Beim Erlaß eines Verbots von Grababdeckungen, Grabeinfassungen, Sockeln für Grabdenkmäler oder bestimmten Bepflanzungen sind die Auswirkungen derartiger Regelungen auf die betroffenen Gewerbebetriebe objektiv eindeutig erkennbar. Die subjektive Zielsetzung des Satzunggebers ist für diese Feststellung irrelevant. Zudem läßt sich konkret feststellen, wer von den Auswirkungen der Norm in seiner Berufsfreiheit betroffen wird. Bei national oder international strukturierten Märkten ist ein Bezug des Anbieters nicht konstatierbar 205. Eine solche Konstellation ergibt sich jedoch im Bereich der Grabgestaltung trotz massenhaften Importes industriell vorgefertiger Grabsteine nicht. Die Bestimmbarkeit des betroffenen Personenkreises ergibt sich unmittelbar aus dem Erfordernis der Erlaubnis gewerblicher Betätigung auf kommunalen Friedhöfen. Da Gewerbetreibende zur Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit auf den Friedhofen einer Zulassung durch den Friedhofsträger bedürfen 206 , läßt sich der Kreis der durch die Norm Betroffenen ohne weiteres bestimmen. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat das Vorliegen einer berufsregelnden Tendenz damit zu Unrecht verneint 207 .

III. Die Erläßlichkeit

der berufsregelnden

Tendenz

Doch auch wenn man dem Verwaltungsgerichtshof Kassel insoweit folgen will, kann dennoch von einem Eingriff in die Berufsfreiheit ausgegangen werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer neueren Entscheidung208 zu behördlichen Warnungen vor mit Diethylenglykol kontaminierten Weinen ausdrücklich festgestellt, daß es in dem benannten Urteil zu den ArzneimittelTransparenzlisten keine abschließende Bewertung dahin vorgenommen hat, wonach nur bei Vorliegen einer berufsregelnden Tendenz das Grundrecht aus Art. 12 I GG beeinträchtigt sein kann. Auch mit staatlicher Autorität vorge203

BVerfGE 47, 1 (21). Vgl. BVerfGE 47, 1 (21). 205 So Ziekow, Gewerbearchiv 1990, 387 (392) für den vergleichbaren Fall der baurechtlichen Planfestsetzungen. 206 Vgl. nur VG Freiburg, BWVB1 1963, 189; OVG Münster, DÖV 1967, 170; König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 1; VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1987, 723; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 96. 207 In diesem Sinne wohl auch Voßkuhle, BayVBl 1995, 613 (616), Fn. 37. 208 BVerwGE 87, 37 (43 f.). 204

200

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

nommene Handlungen, die als nicht bezweckte, aber voraussehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirken, sind demnach am Schutz der Berufsfreiheit zu messen209. Ausreichend ist damit - um wiederum eine Anleihe bei der strafrechtlichen Terminologie zu nehmen - dolus eventualis der Rechtssetzungsgewalt hinsichtlich der Betroffenheit der beruflichen Betätigungsfreiheit. Die Auswirkungen der Vorschriften zur Grabgestaltung auf die wirtschaftliche Betätigung der betroffenen Gewerbezweige sind hinlänglich bekannt. Bereits in den 50er Jahren wurde die wirtschaftliche Betroffenheit einschlägiger Unternehmen durch Gestaltungsvorschriften diskutiert 210 . Wenn der Satzunggeber auch nicht auf eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit abzielt, so nimmt er diese bei Erlaß einschlägiger gestalterischer Vorschriften dennoch als Nebenfolge billigend in Kauf. Vor diesem Hintergrund vermag auch die undifferenzierte Ansicht Königs 211 nicht zu überzeugen. Auch König geht in seinen Erwägungen von der Frage aus, ob ein Nachteil des Gewerbetreibenden iSd. § 47 II 1 VwGO gegeben ist, fur den er die Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen im Gegensatz zu bloß wirtschaftlichen Einbußen verlangt. Daß jedoch ein eigenes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse des Handwerkers durch Grabgestaltungsvorschriften nicht beeinträchtigt sein kann, leitet König aus dem Umstand ab, daß der Gewerbetreibende an der Rechtsstellung des Grabmalberechtigten nur mittelbar teilnimmt 212 . Diese Auffassung beruht auf einem gleich mehrfachem Fehlverständnis der friedhofsrechtlichen Beziehungen. Die Tatsache, daß es sich bei Gewerbetreibenden nicht um Nutzungsberechtigte - Grabmalberechtigte in der Wortwahl Königs - handelt, schließt nicht aus, daß sich aufgrund anderer, nicht unmittelbar das Benutzungsverhältnis betreffender Umstände eigene Rechtsbeziehungen zwischen Friedhofsträger einerseits und Gewerbetreibenden andererseits ergeben können. Die von den Gewerbetreibenden durchgeführten Arbeiten verwirklichen den Friedhofszweck, weshalb die rechtliche Stellung der Gewerbetreibenden als anstaltsrechtliches Sonderrechtsverhältnis zu qualifizieren ist, welches den Betroffenen eigene Rechte und Pflichten einräumt 213 . Diesen Umstand verkennt König, wenn er sogleich davon ausgeht, daß der Gewerbetreibende auf dem Friedhof eine ausschließlich derivative Rechtsstellung einnimmt. Bereits die

209 210

S. 2 f.

So BVerwGE 87, 37 (43 f.); vgl. auch Albers, DVB1 1996, 233 (235). Vgl. nur Fechner, Erwiderung, S. 78; Bachof, Ergänzendes Rechtsgutachten,

211

König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 6 f. König, Aktuelles Friedhofsrecht, S. 7. 213 So Battis, Gewerbearchiv 1982, 145 (146); vgl. auch Wolff/Bachof recht II/1976, §99 III a), S. 385. 212

Verwaltungs-

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

201

Prämisse seiner Auffassung geht damit fehl. Aber auch die Konklusion ist keineswegs zwingend. Selbst wenn man von einer ausschließlich mittelbaren Teihabe an der Rechtsstellung des Nutzungsberechtigten ausgeht, steht diese Aussage nicht im Widerspruch zur Annahme einer unmittelbaren Grundrechtsbetroffenheit der Gewerbetreibenden. Auch außerhalb eines Anstaltsbenutzungsverhältnisses stehende Personen können in ihren Grundrechten betroffen sein. Dieser Umstand kann insbesondere dann Anlaß einer verfassungsrechtlichen Prüfung sein, wenn bestimmte Personenkreise von der Benutzung der Anstalt durch den Anstaltsträger ausgeschlossen werden. Es ist folglich sachlich ungerechtfertigt, aus der fehlenden Stellung als Anstaltsbenutzer auf die Unmöglichkeit einer Betroffenheit in eigenen Rechten zu schließen. Letztlich läuft die Ansicht Königs auf die Fehleinschätzung des Nachteilsbegriffs im Sinne des § 47 II 1 VwGO und eine Verkennung der Möglichkeit mittelbarer Grundrechtsbetroffenheit hinaus.

IV. Keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Gewerbetreibenden Fragt man nach der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, so müssen die kommunalen Grabgestaltungsvorschriften zunächst einen legitimen Zweck verfolgen. Die Wahrung der Würde des Bestattungsplatzes ist ein solcher legitimer Zweck, sofern unter der Würde des Friedhofs die hier vorgeschlagene Ermöglichung einer primär individuell ausgerichteten Grabgestaltung als vornehmlicher Ausfluß der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts verstanden wird. Die Aufoktroyierung gestalterischer Vorgaben, um den in Gestaltungsfragen nahezu entmündigten Bürger zu einem vermeintlich guten Geschmack zu erziehen, der seinerseits von selbsternannten Kennern der Materie festgelegt worden ist, stellt hingegen keine legitime Zielsetzung des Satzunggebers dar. Ebensowenig ist die derzeitige Handhabung geeignet, eine würdige Grabgestaltung herbeizuführen. Davon kann lediglich dann die Rede sein, wenn man Würde mit Uniformität, bzw. weitgehender Gleichschaltung der Grabgestaltung gleichsetzt. Wer Würde im Sinne des Grundgesetzes, also individuell versteht, kann diesen Begriff nicht in einem Atemzug mit der angestrebten „Gesamtgestaltung", „Gesamtanlage" oder auch „Einheitlichkeit" des Friedhofs nennen. Die derzeitige Vorgehensweise ist ausschließlich geeignet, der Würde der Grabgestaltung entgegenzuwirken. Auch fehlt es an der Notwendigkeit der fraglichen Maßnahmen. Bei Zugrundelegung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten sogenannten DreiStufen-Lehre handelt es sich bei den kommunalen Grabgestaltungsvorschriften um Regelungen, die die Berufsfreiheit in ihrem Ausübungsaspekt betreffen.

202

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

Nach überkommenem Verständnis werden derartige Berufsausübungsregelungen durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert 214 . Dient ein Verbot von Grababdeckplatten erwiesenermaßen der ordnungsgemäßen Verwesung des Leichnams oder wird ein Grabdenkmal aufgrund mangelnder Standsicherheit und hieraus resulierender Gefährdungen für andere Friedhofsbesucher untersagt, ergeben sich keine Probleme. Durch Fragen der Hygiene geforderte Maßnahmen dienen der Volksgesundheit und stellen damit ebenso wie Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls dar. Bei Vorliegen derartiger Konstellationen können nicht nur dem Gestaltungsrecht der Nutzungsberechtigten, sondern selbstverständlich auch der Berufsfreiheit der Gewerbetreibenden wirksame Grenzen gezogen werden. Ästhetische Anschauungen des Friedhofsträgers, die zudem weder dem Friedhofszweck dienen noch zu dienen bestimmt sind, stellen allerdings keine Erwägungen des Gemeinwohls, sondern die Interessenverwirklichung des Satzunggebers dar. Daran ändert auch nichts die immer wieder vorgetragene Pseudo-Argumentation, die gestalterischen Vorschriften kämen letztlich doch den Nutzungsberechtigten über ein würdiges Erscheinungsbild des Friedhofs zugute 2 1 5 . Daß sich die Betroffenen größtenteils in die ihnen aufgezwungenen Vorgaben fügen, läßt die individuellen Anschauungen des Friedhofsträgers nicht zu Erwägungen des Gemeinwohls mutieren. Ist die Würde der Grabgestaltung anhand individueller Maßstäbe zu ermitteln 216 , vermag eine zentralistische Steuerung der Grabgestaltung ohnehin keine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls abzugeben. Kommunale Grabgestaltungsvorschriften stellen folglich verfassungswidrige Berufsausübungsregelungen dar 217 , sofern sie lediglich der Durchsetzung ästhetischer Anschauungen des Satzunggebers dienen. Etwas anderes gilt insoweit für kommunale Vorgaben, die den Gewerbetreibenden aus Gründen der öffentlichen Sicherheit die Beachtung gewisser Sicherheitsstandards etwa bei der Verdübelung von Grabsteinen - auferlegen.

B. Zusätzliche Grabgestaltungsvorschriften und die Eigentumsfreiheit der Gewerbetreibenden Inwieweit für die Gewerbetreibenden über Art. 12 I GG auch Art. 14 I GG Bedeutung erlangen kann, erscheint bereits vor dem Hintergrund der Trennung

214

Vgl. BVerfGE 7, 377 (405 ff.); BVerfGE 65, 116 (125); BVerfGE 70, 1 (28); BVerfGE 78, 155 (162). 215 So Fechner, Erwiderung, S. 77; ähnlich Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 201. 216 Dazu bereits Teil 2, 1.Abschnitt, Α. V. 2. a. ee. 217 I.E. wohl auch Kopp, VwGO, 101994, § 47 Rn. 28.

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

203

von Erwerb und Erworbenem 218 fraglich. Geht es dem Gewerbetreibenden ausschließlich darum, in Zukunft Grababdeckplatten oder Einfassungen herstellen und angemessen vertreiben zu können, ist Art. 12 I GG alleiniger Prüfungsmaßstab. Verfügt jedoch beispielsweise ein Steinmetzbetrieb über ein umfangreiches Lager an bestimmten Materialien, die er nach Erlaß gestalterischer Vorschriften nicht mehr oder nur noch unter erheblich erschwerten Umständen zur Grabgestaltung verwenden kann, oder wird ein Betrieb gar in seiner Substanz getroffen, dreht sich die Betrachtung über die unternehmerische Betätigung hinaus um den Bestand, und somit den Eigentumsschutz aus Art. 14 GG. Besonderes Augenmerk muß dabei der Figur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes geschenkt werden.

I. Die einzelnen Elemente der Sach- und Rechtsgesamtheit Bevor jedoch vorschnell auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb abgestellt wird 2 1 9 , muß bedacht werden, daß bereits die einzelnen Elemente dieser Sach- und Rechtsgesamtheit220 selbständig verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz genießen221. Wird der Warenbestand eines Betriebes aufgrund gestalterischer Anforderungen nahezu wertlos, ist damit eine konkrete Eigentumsposition betroffen. Können einzelne Warenposten nicht wie beabsichtigt verwertet werden, der Betrieb als solcher wird aber in seinem ungestörten Funktionieren nicht beeinträchtigt, so handelt es sich regelmäßig um eine Inhalts· und Schrankenbestimmung nach Art. 14 I 2 GG 2 2 2 . Bringt die Verschärfung gestalterischer Anforderungen derartige Probleme mit sich, gebietet das Rechtsstaatsprinzip dem Satzunggeber die Beachtung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes. Kann der Gewerbetreibende seine Warenposten nicht wie beabsichtigt verwerten, müssen die Auswirkungen dieser unechten Rückwirkung durch entsprechende ÜberleitungsVorschriften abgefedert werden 223 . Darf ein betroffener Steinmetzbetrieb bereits erteilte Aufträge über später untersagte Grabvollabdeckungen für die Dauer einer Übergangszeit von neun Monaten noch ausführen, ist dem Erfordernis der entsprechenden Überleitung Genüge

218

Vgl. hierzu BVerfGE 30, 292 (334 f.); BVerfGE 38, 61 (102). So VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361); Kopp, VwGO, 101994, § 47 Rn. 28. 220 BVerfGE 1, 264 (277); BGH, NJW 1967, 1857; BGH, JZ 1991, 36 (37). 221 Vgl. BVerfGE 51, 193 (221 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 41991, S. 137. 222 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 41991, S. 137. 223 Vgl. BVerfGE 43, 242 (288); BVerfGE 71, 137 (144); Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 318; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 11 1995, Rn. 1005. 219

204

Teil 3 : Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

getan 224 . Ein etwaiger eigentumsrechtlicher Vertrauensschutz ist allerdings zu verneinen, wenn die einschlägigen Gestaltungsvorschriften schon vor Gründung des betroffenen Betriebes existierten. In einem solchen Fall unterliegen die Produktionsmöglichkeiten von vornherein den Schranken der Gestaltungsvorschrif-

II. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Die Ausweitung des Eigentumsschutzes auf die gesamte Vermögenssphäre des Bürgers und die damit einhergehende wirtschaftliche Betrachtungsweise hat dazu gefuhrt, daß auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb den Eigentumsschutz des Art. 14 I GG genießt 226 . Über die einzelnen Rechtspositionen hinaus erlangt dieser Gesichtspunkt verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes dann Bedeutung, wenn ein Betrieb durch den Erlaß von Grabgestaltungsvorschriften in seiner Substanz betroffen ist. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel 227 verneint einen solchen Eingriff in die Substanz mit dem Hinweis darauf, daß ausschließlich der konkrete Bestand an Rechten und Gütern, nicht aber zukünftige Chancen und Verdienstmöglichkeiten vom Schutzbereich des Art. 14 I GG umfaßt werden. Die Annahme, daß durch die flächenmäßig nur noch beschränkt mögliche Abdeckung von Gräbern mit Steinplatten der betreffende Steinmetzbetrieb in seiner Substanz betroffen sein könnte, liegt nach Ansicht des Gerichts wegen der relativen Geringfügigkeit der möglicherweise eintretenden Verdiensteinbußen fern 228 . Aufgrund der fehlenden Betroffenheit des konkreten Bestandes sowie der Geringfügigkeit der Einbußen soll der Betrieb also nicht in seiner Substanz betroffen sein. Diese Feststellungen des Gerichts sind wenig überzeugend. Zur Abgrenzung des verfassungsrechtlich geschützten Bestandes gegenüber bloßen Chancen und Erwartungen führt Ossenbühl229 zutreffend aus, daß sich der durch

224 So i.E. auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (362). Offengelassen in BayVerfGH, BayVBl 1981, 207 (209). 225 Vgl. hierzu BGH, JZ 1991 36 (38) -KakaoVO-. 226 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 41991, S. 136. St. Rspr. und h.M., vgl. BVerfGE 1, 264 (277); BVerfGE 13, 225 (229); BGH, NJW 1967, 1857; BVerwGE 62, 224 (226); BVerfGE 77, 84 (118); BGHZ 92, 34 (37); BGH, JZ 1991, 36 (37); Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 43; Papier, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 95; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 11 1995, Rn. 972. 227 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 f. 228 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 360 (361 f.). 229 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 45.

7. Abschnitt: Die Grundrechte der Gewerbetreibenden

205

behördliche Einwirkung verursachte und intendierte Nachfrageverlust am Markt für den Unternehmer, der auf seinen Produkten sitzenbleibt oder/und die weitere Produktion drosseln oder ganz einstellen muß, als Substanzeingriff auswirkt. Dieser Eingriff schlägt sich unmittelbar in roten Zahlen nieder und ist nicht etwa als bloßer Verlust von Gewinnchancen zu werten 230 . Verbietet der Friedhofsträger auf Grabfeldern mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften - die in der Regel den Großteil aller Grabfelder ausmachen - die Verwendung von Grababdeckplatten als Element der Grabgestaltung, und muß ein Betrieb hierauf die Produktion drosseln, wird in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Anderer Ansicht bezüglich einer Beeinträchtigung der Verwertbarkeit einzelner Warenposten ist der Bundesgerichtshof 231. Nach seiner Auffassung ist die Substanz eines Gewerbebetriebes dann berührt, wenn in die den Betrieb darstellende Sach- und Rechtsgesamtheit als solche, in den Betrieb als wirtschaftlichen Organismus eingegriffen und damit das ungestörte Funktionieren dieses Organismus unterbunden oder beeinträchtigt, wenn mit anderen Worten der „Eigentümer" gehindert wird, von dem Gewerbebetrieb als der von ihm aufgebauten und aufrechterhaltenen Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen 232 . Kann lediglich ein einzelner Warenposten infolge einer behördlichen Maßnahme nicht wie beabsichtigt verwertet werden, oder wird im Rahmen der die Produktionsverhältnisse regelnden Normen nur auf die Ausgestaltung eines einzelnen Produktes Einfluß genommen, wird der Betrieb als solcher in seinem ungestörten Funktionieren nicht berührt 233 . Anderes soll gelten, wenn der gewerbliche Tätigkeitsbereich in fühlbarer Weise betroffen ist 2 3 4 . Auf die Inkonsequenz dieser Auffassung hat Maurer zu Recht hingewiesen 235 . Bereits bei staatlicher Einflußnahme auf die Ausgestaltung eines einzelnen Produkts wird dem Betriebsinhaber die optimale Nutzung seiner Anlage verwehrt. In einem solchen Fall ist die Produktion und damit zugleich die funktionsgemäße Nutzung der Produktionsbasis, nämlich der Gewerbebetrieb betroffen. Maurer gibt ferner zu bedenken, daß eine verfassungswidrige Beschränkung der gewerblichen Betätigung im Sinne des Art. 12 I GG zugleich eine Beeinträchtigung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums darstellt,

230

Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 45. 231 BGH, NJW 1967, 1857; BGH, JZ 1991, 36 (37). 232 BGH, NJW 1967, 1857; BGH, JZ 1991, 36 (37). 233 BGH, NJW 1967, 1857; BGH, JZ 1991, 36 (37). 234 BGH, NJW 1967, 1857. Ob in diesem Fall jedoch Art. 14 I GG und nicht vielmehr Art. 12 I GG einschlägig ist, erscheint fraglich. 235 Vgl. Maurer, JZ 1991, 38 (39).

206

Teil 3: Rechtliche Bewertung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften

wenn und weil die Beschränkung der gewerblichen Betätigung zugleich eine Nutzungsbeschränkung des Gewerbebetriebs involviert 236 . Der Ansatz Maurers ist in der Anwendung der vom Bundesgerichtshof zur Feststellung eines Eingriffs in die Substanz eines Betriebes entwickelten Formel konsequent. Das ungestörte Funktionieren des Betriebes als Organismus ist bereits dann nicht mehr gewährleistet, wenn über die die Produktionsverhältnisse regelnden Normen ausschließlich auf ein einziges Produkt Einfluß genommen wird. Ebenso kann der Gewerbetreibende in einem solchen Fall keinen uneingeschränkten bestimmungsgemäßen Gebrauch mehr von seinem Gewerbebetrieb machen. Folglich kann sich die nachträgliche Verschärfung gestalterischer Anforderungen aufgrund ihrer Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb grundsätzlich auch als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erweisen. Entscheidend ist insoweit die Lage des jeweiligen Einzelfalls.

III. Ergebnis Entgegen der bislang herrschenden Auffassung können die Grundrechte Gewerbetreibender durch den Erlaß kommunaler Grabgestaltungsvorschriften berührt werden. Wenn es auch entscheidend auf die Gestaltung des Einzelfalls ankommt, so bleibt jedenfalls festzuhalten, daß eine Verletzung der Berufs- oder Eigentumsfreiheit keinesfalls abwegig ist.

236

So Maurer, JZ 1991, 38 (39); ähnlich Albers, DVB1 1996, 233 (236).

Teil

4

Die Rechtmäßigkeit der praktischen Ausgestaltung und tatsächlichen Folgen des Zwei-Felder-Systems Nicht nur die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften selbst müssen sich am Verhältnismäßigkeitsprinzip messen lassen, sondern auch die sich aus der Umsetzung des Zwei-Felder-Systems für den betroffenen Bürger im konkreten Einzelfall darüber hinaus ergebenden Folgen, bzw. die tatsächliche Handhabung des Zwei-Felder-Systems durch die friedhofsrechtliche Praxis. Es ist offensichtlich, daß der mit dem Zwei-Felder-System üblicherweise in Verbindung gebrachte Grundrechtsschutz nicht nur eingeschränkt, sondern schlichtweg ausgeschaltet wird, wenn die dem Bürger zu gewährleistende Ausweichmöglichkeit nur auf dem Papier existiert oder sonstigen Hindernissen augesetzt wird. Als Problem insbesondere größerer Städte und Gemeinden erweist sich in diesem Kontext die Quote der jeweiligen Gestaltungstypen. Unterhält die Kommune mehrere Bestattungsplätze, so soll es nicht erforderlich sein, daß der Friedhofsträger auf jedem dieser Friedhöfe Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften einrichtet. Vielmehr soll es dem Friedhofsträger gestattet sein, hierfür einen oder mehrere Friedhöfe zu bestimmen1 . Probleme ergeben sich hierdurch in Hinblick auf das zahlenmäßige Verhältnis der Grabstellen, die lediglich den allgemeinen gestalterischen Anforderungen unterliegen, zu solchen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften. Genügt der Friedhofsträger seiner Verpflichtung zur Bereitstellung hinreichender Ausweichmöglichkeiten für den Bürger, der ein Grab ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften wünscht, wenn lediglich für einen Bruchteil der gesamten Grabstellen die allgemeinen Gestaltungsvorschriften gelten, hingegen der ganz überwiegende Teil dem Regime zusätzlicher Gestaltungsvorschriften unterworfen wird ? Unter zweierlei Gesichtspunkten erlangt diese Frage praktische Relevanz. Zum einen geht es um den Verstorbenen selbst. Ist es unter dem Aspekt der Zumutbarkeit noch hinnehmbar, wenn lediglich auf einem von mehreren Friedhöfen Grabstellen ohne zusätzlich Gestaltungsvorschriften angeboten werden, so daß derjenige, der ein solche Grab für sich wünscht, sich gegebenenfalls auf einem weit entfernten Friedhof bestatten lassen muß ? Es geht hier um die persönliche Bindung des Autochthon an „seinen" Stadtteil. Zum anderen muß untersucht werden, inwieweit den oftmals älteren Hinterbliebenen und Nutzungsberechtigten in solchen

1 BayVGH, BayVBl 1965, 169; BayVGH, BayVBl 1973, 382; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 189.

208

Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Fällen wege- oder verkehrsmäßige Erschwernisse zugemutet werden können. Im folgenden stellt sich über das rein quantitative Verhältnis hinaus die weitere Frage, inwieweit die Friedhöfe und Grabfelder mit und ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften „gleichwertig", also in Hinsicht auf Lage und Umgebung vergleichbar sein müssen, ob demnach mittelbarer Zwang zur Benutzung einer bestimmten Abteilung ausgeübt wird. Ungeklärt ist zudem, ob eine parzellenscharfe Präzisierung der einzelnen Friedhofsfelder nach unterschiedlichen gestalterischen Anforderungen unterliegenden Abteilungen in der Friedhofssatzung selbst erfolgen muß, oder ob eine satzungsrechtliche Delegation dieser Einteilung auf die Friedhofsverwaltung zulässig ist. Ebenso ist fraglich, ob der Anstaltsträger den Nutzungsberechtigten auf seine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Abteilungen hinweisen muß, und ob er bei Nichtausübung der Wahlmöglichkeit automatisch eine Grabstelle mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zuweisen darf. Schließlich muß nach der Befugnis des Satzunggebers zum nachträglichen Zugriff auf bereits erworbene Nutzungsrechte in Form der nachträglichen Verschärfung von Gestaltungsvorschriften gefragt werden.

1. Abschnitt Das zahlenmäßige Verhältnis der Friedhofsabteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften Die Existenz zusätzlicher Gestaltungsvorschriften rechtfertigt sich einzig aus der Überlegung, daß der Nutzungsberechtigte gegebenenfalls auf Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften ausweichen kann. Vor diesem Hintergrund mutet es verwunderlich an, daß erst in jüngster Zeit gegen die in zahlreichen Kommunen geübte Praxis 2, nahezu alle vorhandenen Friedhöfe dem Regime zusätzlicher Gestaltungsvorschriften zu unterwerfen, und den Bürger, der eine Grabgestaltung ohne derartige Beschränkungen wünscht, auf wenige Ausweichmöglichkeiten zu verweisen, gewichtige Bedenken vorgebracht werden 3. Die von Literatur und Rechtsprechung formulierte Kritik wird geprägt durch

2 Vgl. § 19 II der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf, der zusätzlich bestimmt, daß auf neu anzulegenden Friedhöfen nur Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften angelegt werden. Vgl. ferner § 22 I der Friedhofssatzung der Stadt Landau/Pfalz; § 18 I der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken. 3 Vgl. Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 61; Gaedke, DÖV 1985, 355; BayVerfGH, BayVBl 1985, 461 (462); Gaedke, Handbuch des Friedhofsund Bestattungsrechts, S. 190; Diefenbach, Friedhof und Denkmal 1992, 84 (87 f.); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279).

2. Abschnitt: Unzumutbare Entfernung

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Zumutbarkeits- und Verhältnismäßigkeitserwägungen 4. Die Aussage, daß die Auswahl fur Flächen ohne besondere Gestaltungsvorschriften im planerischen Ermessen der Kommune als Ausfluß ihres Selbstverwaltungsrechts liegt 5 , kann deshalb zumindest in dieser Allgemeinheit nicht unbesehen bleiben.

2. Abschnitt Unzumutbare Entfernung als Resultat des Zwei-Felder-Systems Die Verweisung des Bürgers auf einen weiter entfernten Bestattungsplatz kann zunächst erhebliche Erschwernisse für die Hinterbliebenen mit sich bringen, indem diese eine längere Anreise auf sich nehmen müssen, wenn sie das Grab - beispielsweise aus Gründen der Totenehrung oder auch nur, um ihrer satzungsrechtlich verankerten Pflicht zur regelmäßigen Grabpflege nachzukommen - aufsuchen wollen. Das Verwaltungsgericht Minden hält weder ein Ausweichen auf einen 8 km entfernt liegenden Friedhof, zu dem nur zweimal täglich eine Buslinie verkehrt und außerdem noch ein zusätzlicher Fußweg von 3 km erforderlich ist, noch ein Ausweichen auf einen nur 1 km entfernten Friedhof, bei dem aber bei einer Steigung von 16 % ein Höhenunterschied von ca. 200 Metern überwunden werden muß, für zumutbar 6. Die dem Bürger mit dem Hinweis auf einige wenige Ausweichmöglichkeiten gegebenenfalls aufgebürdete Wegstrecke war auch Gegenstand einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes 7. Als Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip wertet es das Gericht, wenn die Verweisung auf einen entfernter liegenden Friedhof erhebliche wegemäßige Erschwernisse mit sich bringt 8 . Berücksichtigung muß in diesem Zusammenhang auch finden, daß es sich bei den Nutzungsberechtigten häufig um ältere Personen handelt, von denen viele nicht

4 VG Darmstadt, Gemeindetag 1976, 78; Seeger, Bestattungsrecht in BadenWürttemberg, 21984, S. 61; Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (47 ff.); Gaedke, DÖV 1985, 355; Franz Otto, DFK 1991, 344; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 190; VG Braunschweig, Beschluß vom 18.03.1991 - 1 A 1068/90 (nicht veröffentlicht, zitiert nach Gaedke, aaO, Fn. 69); Diefenbach, Friedhof und Denkmal 1992, 84 (87 f.); VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 5 So noch BayVerfGH, BayVBl 1980, 687 (689). 6 VG Minden, Urteil vom 30.01.1991 - Az.: 10 Κ 611/90 -, zitiert nach Franz Otto, DFK 1991, 344. Kritik hierzu klingt an bei Sperling, DFK 1992, 95 (97). Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hegt grundsätzliche Zweifel, ob das Ausweichen auf einen 4 km entfernten Friedhof zugemutet werden kann. Das Gericht sieht den entscheidenden Aspekt aber letztlich in der Bindung des Bürgers an „seinen" Ortsteil; hierzu im folgenden. 7 Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 ff. 8 Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48). So auch Gaedke, DÖV 1985, 355; ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 190. 14 Spranger

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

oder nicht mehr motorisiert sind9. Vor diesem Hintergrund kann auch eine längere Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln bereits einen eindeutigen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darstellen. Voraussetzung für eine unverhältnismäßige Belastung ist freilich, daß die größere Wegstrecke tatsächlich das Resultat der durch die Kommune vorgenommenen Aufteilung unter gestalterischen Gesichtspunkten ist, denn daß die Entfernung zu einem Friedhof neben seiner Lage auch von seiner Größe und damit von seinem Einzugsbereich abhängt, ist eine logische Konsequenz. Je größer ein Friedhof ist, umso größer ist auch sein Einzugsbereich und desto längere Wege zu ihm hin müssen die Hinterbliebenen in Kauf nehmen10. Aspekte der Friedhofsplanung können hier größere Wegstrecken rechtfertigen, ohne daß dies eine unverhältnismäßige Belastung des Bürgers zur Folge haben muß. Zudem soll der Verweis auf einen weiter entfernten Friedhof unter Umständen dann gerechtfertigt sein, wenn das Handeln des Satzunggebers nicht einzig durch ästhetische Überlegungen bestimmt wird, sondern weitere sachliche Gründe hinzutreten, wie zum Beispiel Erwägungen des Landschaftsschutzes, des Ortsbildes oder sonstige planerische Erwägungen 11. Zutreffend ist diese Feststellung für den soeben angesprochenen Komplex der Friedhofsplanung. Die Anlage von Gräbern für Erdbestattungen und der damit verbundene Verwesungsprozeß führen aus hygienischen Gründen zu konkreten Standortanforderungen für einen Friedhof. Dies gilt zum einen für die Beschaffenheit des Bodens, der eine rasche und vollständige Zersetzung des Leichnams gewährleisten soll. Zum anderen bedarf es zur Verhinderung von Grundwasserverunreinigungen und daraus resultierenden Trinkwassergefährdungen einer hinreichenden Filterschicht unter der Grabsohle 12. Diese in die Friedhofsplanung einzustellenden Erwägungen können, wenn es an ausreichenden Flächen fehlt, die den genannten Kriterien entsprechen, dazu führen, daß an einer bestimmten Stelle ein großer Bestattungsplatz angelegt wird, der aufgrund seines größeren Einzugsbereiches auch größere Wegstrecken mit sich bringt. Probleme zeigen sich allerdings, soweit Erwägungen des Ortsbildes weitere Wegstrecken rechtfertigen sollen. Der Friedhof soll grundsätzlich in gebühren-

9

Vgl. Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (25); Sperling, DFK 1988, 112. Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (26). 11 Vgl. Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48); Gaedke, DÖV 1985, 355; ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 190. So wohl auch VGH BadenWürttemberg, DVB1 1997, 1278 (1279); Franz Otto, DFK 1997, 321. Vgl. darüber hinaus Art. 9 I 2 des bayerischen Bestattungsgesetzes, wonach sich Friedhöfe in das Ortsund Landschaftsbild einfügen müssen. 12 Steensberg, Bundesgesundheitsblatt 1972, 241 (243 ff.); Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (25); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 164; Albrecht/Schulze-Wolf, DFK 1996, 286 ff.; Hymmen, DFK 1996, 402 f. 10

2. Abschnitt: Unzumutbare Entfernung

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dem Abstand zu Wohngebäuden errichtet werden 13. Den Satzunggeber bindende Abstandsvorschriften finden sich in zahlreichen landesrechtlichen Bestimmungen14. Doch auch wenn es an expliziten Abstandvorschriften fehlt, erfordert es die Totenruhe, daß eine Schutzzone um den Friedhof geschaffen wird, die den Abstand der Grabstätten zu den Anliegern bestimmt15. Der Bestattungsplatz ist zudem aus praktischen und symbolischen Gründen gegen die Außenwelt abzugrenzen und zu schützen. Eine der Umgebung angepaßte Umfriedung - am zweckmäßigsten in Form einer Mauer - trägt dabei wesentlich zum Zusammenhang mit dem Landschafts- und Ortsbild bei 16 . Demzufolge treten die einzelnen Grabmale nicht mehr in direkten optischen Kontakt zur sonstigen Bebauung. Der Bestattungsplatz ist vielmehr nach außen hin gegen die Umgebung abzugrenzen, so daß er hinreichend gegen Sicht abgeschirmt ist. Daher erscheint es mehr als bedenklich, daß Erwägungen des Ortsbildes den Verweis eines Nutzungsberechtigten auf einen weiter entfernten Friedhof rechtfertigen sollen. Wenn die einzelnen Grabdenkmäler von außen her nicht einsehbar sind, eine optische Wechselwirkung zwischen Ortsbebauung und Grabmälern folglich kaum möglich ist, so können sie auch nicht das Ortsbild verunstalten und brauchen demgemäß auch nicht mit diesem in Einklang gebracht zu werden. Nichts anderes gilt im Ergebnis für Erwägungen des Landschaftsschutzes: auch sie vermögen es nicht zu rechtfertigen, einen Nutzungsberechtigten auf einen weiter entfernten Friedhof zu verweisen. Zusammenfassend ist damit festzustellen, daß Belastungen der Nutzungsberechtigten und Hinterbliebenen durch übermäßige Wegstrecken weitestmöglich zu vermeiden sind. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung des durchschnittlich höheren Alters der zu diesen Gruppen gehörenden Personen. Gestalterische Überlegungen des Friedhofsträgers können es nicht rechtfertigen, einen Nutzungsberechtigten auf einen weiter entfernten Friedhof zu verweisen. Eignet sich lediglich ein bestimmtes Gelände innerhalb des Gemeindegebietes als Be13

Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (25). Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 46, empfiehlt, die Umgebung eines Friedhofs auf eine angemessene Entfernung mit einem Bauverbot zu belegen, da sich Bauten in unmittelbarer Nähe von Friedhöfen sowohl im Hinblick auf deren Würde als auch aus hygienischen Gründen verbieten. Vgl. auch Gaedke, DFK 1988, 133 f. 14 Vgl. nur §§ 3, 8 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz); § 5 des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz); vgl. ferner VGH Baden· Württemberg, ESVGH 36, 197 ff. zur Beachtung und Berücksichtigung von Abstandsvorschriften im Rahmen von § 1 VII BBauG. 15 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 31; Gaedke, DFK 1988, 133. 16 So Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 47. Vgl. ferner Nr. 1.4 der nordrhein-westfälischen Hygiene-Richtlinien für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen, wonach Friedhöfe gegenüber Nachbargrundstücken durch Bäume, Sträucher oder Mauern hinreichend gegen Sicht abzuschirmen sind. 14*

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

stattungsplatz, so sind wegemäßige Erschwernisse aus Gründen der Volksgesundheit notgedrungen hinzunehmen. In einem solchen Fall wird es sich im übrigen aber zumeist um den einzigen Bestattungsplatz der Kommune handeln, so daß dem Nutzungsberechtigten ohnehin keine Ausweichmöglichkeit verbleibt. Erwägungen des Orts- und Landschaftsbildes sind hingegen aufgrund der einzuhaltenden Mindestabstände zwischen Friedhof und Ortsbebauung sowie der gängigen Umfriedung des Friedhofs durch Mauern oder geeignete Bepflanzung regelmäßig keine hinreichenden Gründe für einen Verweis des Bürgers auf einen weiter entfernten Friedhof.

3. Abschnitt Die Bindung an den Ortsteil als vom Satzunggeber zu würdigender Aspekt Ein ebenfalls erst in jüngster Zeit in die Diskussion aufgenommener Aspekt betrifft die Bindung des Bürgers an „seinen" Ortsteil 17 . Daß ein Bedürfiiis der Bürger nach Bestattungsmöglichkeiten in der näheren Umgebung besteht, zeigt die in den letzten Jahren zunehmende Tendenz zu orts- und stadtteilbezogenen Friedhöfen und die damit einhergehende Abkehr von den sogenannten Zentralfriedhöfen 18. Kleinere und überschaubare Bestattungsplätze fördern den direkten emotionalen Bezug der örtlichen Gemeinschaft zu diesen, und die Vertrautheit auch mit den Namen der Verstorbenen ist vor allem im ländlichen Raum eine Stütze zur Erhaltung der sich in vielen Bereichen auflösenden Gesellschaft 19. Die oft geübte Praxis, den Bürger auf einen weit entfernten Friedhof zu verweisen, muß sich auch vor diesem Hintergrund beurteilen lassen.

17

Vgl. VG Darmstadt, Gemeindetag 1976, 78 (80); BayVerfGH, BayVBl 1985, 461 (462); Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48); Gaedke, DÖV 1985, 355; ders., DFK 1989, 185 (186); ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 45 und S. 190; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 35; VG Minden, Urteil vom 30.01.1991, Az.: 10 Κ 611/90 (zitiert nach Franz Otto, DFK 1991, 344); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14; VGH BadenWürttemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). Vgl. auch § 18 I 2 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen: „Bei einzelnen Friedhöfen ist die ausschließliche Geltung der Bestimmungen für Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zulässig, wenn dort bereits vor Inkrafttreten dieser Satzung ausschließlich Abteilungen mit zusätzlichen (früher: besonderen) Gestaltungsvorschriften eingerichtet waren und wenn der Erwerb einer Grabstätte mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften auf einem anderen Friedhof im Gebiet der Ge meinde/Stadt zugemutet werden kann(Hervorhebung durch den Verfasser). 18 Zu dieser Entwicklung Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (26); Richter, DFK 1991, 354 (355). 19 Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (26).

3. Abschnitt: Die Bindung an den Ortsteil

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Der Bayerische Verfassungsgerichtshof 20 hält es für zweifelhaft, ob unter Berücksichtigung der Bindung der Bürger an ihren Ortsteil - einschließlich des Friedhofs - ein Ausweichen auf einen ca. 4 km entfernten Friedhof zugemutet werden darf, läßt die Frage letztlich jedoch unbeantwortet, weil in dem zu entscheidenden Fall der fragliche Friedhof selbst Ausweichmöglichkeiten für den Betroffenen bot. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof sieht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dann als verletzt an, wenn die Bindung der Einwohner an den örtlichen Friedhof als herkömmliche Begräbnisstätte der ortsansässigen Familien so stark ist, daß sie respektiert werden muß 21 . Das Gericht hält dabei derartige Bindungen grundsätzlich auch dann noch für denkbar, wenn früher selbständige Gemeinden mit eigenen Friedhöfen seit mittlerweile 3 Jahren in eine andere Gemeinde eingegliedert worden sind 22 . In der jüngsten Entscheidung zu diesem Bereich hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zwar ausdrücklich auf die jeweils zu beachtenden Besonderheiten des Einzelfalls hingewiesen23. Jedoch hat er zugleich ausgesprochen, daß die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips regelmäßig dazu führt, daß die Wahlmöglichkeit auf dem betreffenden Friedhof selbst bestehen muß 24 . Weniger problematisch dürfte vor diesem Hintergrund der Fall eines Bürgers sein, der erst vor kurzem in den betreffenden Ortsteil gezogen ist. Weist der Betreffende auch sonst keine besondere Bindung an den Ortsteil auf - etwa weil er früher einmal für längere Zeit dort gelebt hat -, so wird der Verweis auf einen ortsteilfremden Friedhof dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in aller Regel genügen. Mehr als eine allgemein gehaltene Richtlinie läßt sich jedoch vor dem Hintergrund heutzutage häufig vorgenommener Wohnortwechsel nicht aufstellen, so daß es bei dem Erfordernis detaillierter Einzelfallprüfung bleibt. Selbstverständlich ist in diesem Fall jedoch zusätzlich zu prüfen, ob die Verweisung auf den ortsteilfremden Friedhof gegebenenfalls unter Aspekten der hierdurch für Nutzungsberechtigte und Hinterbliebene eintretenden wegemäßigen Erschwernisse hinnehmbar ist. Von der UnVerhältnismäßigkeit exekutiver Vorgehensweise ist umgekehrt regelmäßig dann auszugehen, wenn ein ortsansässiger Bürger, der sein ganzes Leben in einem bestimmten Ortsteil verbracht hat, aufgrund gestalterischer Erwägungen auf einen ortsteilfremden Bestattungsplatz verwiesen wird. Es ist daher inkonsequent, wenn häufig einerseits auf die Bindung der Einwohner an einen bestimmten Friedhof hingewiesen, andererseits aber gleichzeitig attestiert wird, daß der Friedhofsträger bei Existenz mehrerer 20

BayVerfGH, BayVBl 1985, 461 (462). Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48); ähnlich auch Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 190, nach dem örtliche Friedhöfe herkömmlich Bezugsfriedhof für einen bestimmten Ortsbereich sind. 22 Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48). 23 VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 24 VGH Baden-Württemberg, DVB1 1997, 1278 (1279). 21

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Friedhöfe nicht gehalten ist, auf jedem Friedhof Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften bereitzuhalten 25. Wer die Bindung des Bürgers als einen vom Friedhofsträger im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigenden Aspekt einstuft, kann nicht gleichzeitig auf eine etwaige Befugnis des Friedhofsträgers hinweisen, nur auf einigen Friedhöfen oder gar nur einem einzigen Bestattungsplatz Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften einzurichten. In den seltensten Fällen bestehen mehrere Friedhöfe in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Wenn der Friedhofsträger also nicht auf jedem der verschiedenen kommunalen Friedhöfe Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften zur Verfügung stellt, so kommen nahezu zwangsläufig die soeben angesprochenen wegemäßigen Erschwernisse, und damit Verhältnismäßigkeitserwägungen zum Tragen. Der Friedhofsträger kann allenfalls auf einen in zumutbarer, bequem erreichbarer Entfernung liegenden anderen Friedhof als Ausweichmöglichkeit verweisen 26. Unter Berücksichtigung des Alters vieler Nutzungsberechtigter und Hinterbliebener wird diese Voraussetzung aber nur in wenigen Ausnahmefällen erfüllt werden können. Regelmäßig muß daher gefordert werden, daß der Friedhofsträger bei Betrieb mehrerer Bestattungsplätze auch auf jedem einzelnen Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungs Vorschriften zur Verfügung stellt, um so die Bindung der Bürger an „ihren" Ortsteil hinreichend zu würdigen.

4. Abschnitt Die A r t der Ausweichmöglichkeit und die Gefahr des faktischen Zwangs Auch mit der Einrichtung von Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften auf allen Friedhöfen einer Kommune ist noch keinesfalls gewährleistet, daß der Anstaltsträger mit seiner Vorgehensweise durchgehend den Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt. Die unzureichende Anzahl allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegender Abteilungen sowie die Gleichwertigkeit der Grabfelder sind relevante Schlagworte, wenn es um die Art und Qualität der vom Friedhofsträger angebotenen Ausweichmöglichkeiten geht.

25

Dieser Widerspruch findet sich bei Gaedke, in: Staatslexikon (hrsg. von der Görres-Gesellschaft), Zweiter Band, 71986, Sp. 764; ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 188 f. und S. 205; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 35 und S. 37 (Fall 7); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14. Zweifelnd hingegen Gaedke, DFK 1989, 185 (186). 26 Vgl. Diefenbach, Friedhof und Denkmal 1992, 84 (87).

4. Abschnitt: Ausweichmöglichkeit und faktischer Zwang

215

Die Möglichkeit, eine Grabstätte zu erwerben, die nur den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterworfen ist, muß nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich bestehen. Der Friedhofsträger könnte ansonsten bei Einrichtung einiger weniger Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften stets auf deren Existenz verweisen, wäre jedoch bei Erschöpfung dieser geringen Kapazitäten nicht zur Anlegung weiterer Grabfelder mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften verpflichtet. Unzureichend ist es somit, wenn der Friedhofsträger zwar auf jedem Friedhof derartige Abteilungen anlegt, diese aber vom Umfang her nur einen minimalen Bruchteil aller Grabstätten ausmachen. Bedenken ergeben sich so bereits gegenüber einer Quote, nach der 75 % der zur Belegung zur Verfügung stehenden Friedhofsflächen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften unterworfen werden 27. Bedacht werden muß in diesem Zusammenhang, daß es sich nach der Intention des Zwei-Felder-Systems bei Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften um den Regelfall, nicht jedoch um die Ausnahme handelt 28 . Ein festes Quorum der einzelnen Gestaltungstypen wird sich allerdings nur schwerlich festmachen lassen. Wenn insoweit ein angemessenes Verhältnis zwischen Abteilungen mit allgemeinen und solchen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zu fordern ist, muß zunächst auf die Erfordernisse der kommunalen Vergabepraxis zurückgegriffen werden. Bei der Frage, zu welchem Anteil jeweils welcher Gestaltungstypus verlangt wird, handelt es sich um Erfahrungswerte der Exekutive, die von Kommune zu Kommune stark variieren können. Auch innerhalb einer Gemeinde kann sich eine Entwicklung weg von dem einen Typus und hin zu dem anderen abzeichnen. In diesem Fall ist der Friedhofsträger aufgrund seines planungsrechtlichen Spielraums nicht gehalten, die Anzahl der Abteilungen stets dem aktuellen Bedarf anzupassen. Eine solche unmittelbare Anpassung ist auch rein tatsächlich nicht möglich. Sollten jedoch zu große Differenzen auftreten, insbesondere mit der Folge, daß ein Nutzungsberechtigter wegen mangelnder Kapazitäten ungewollterweise auf ein Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften oder einen weiter entfernten Friedhof verwiesen werden muß, so ist ein Tätigwerden der Exekutive zwingend erforderlich. Gefordert werden muß ferner die Gleichwertigkeit der weniger streng reglementierten mit den übrigen Abteilungen 29 . Die vom Friedhofsträger für eine freie Grabgestaltung zur Verfügung gestellten Grabfelder dürfen beispielsweise

27

Vgl. Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48). So auch Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632); Klingshim, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 11. 29 So auch Gaedke, in: Staatslexikon (hrsg. von der Görres-Gesellschaft), Zweiter Band, 71986, Sp. 764; ders., DFK 1987, 185 (187); ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 205; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14. Der Gedanke der Gleichwertigkeit aller Grabstätten findet sich bereits bei Schultz, Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht, XXV. (1915/16), 369 (381). 28

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nicht die einzigen sein, auf denen sich Lärmimmissionen von benachbarten Betrieben 30 auswirken. Auch dürfen nicht solche Grabfelder, die nach der Erfahrung des Friedhofsträgers aufgrund optischer Unzulänglichkeiten nicht in normalem Umfang von den Bürgern gewünscht werden, oder die an einem abseitigen Ort des Friedhofs liegen 31 , zu Abteilungen ohne zusätzliche gestalterische Vorgaben erklärt werden. Die verschiedenen Anforderungen unterliegenden Grabfelder müssen damit nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ gleichwertig sein. Anderenfalls würde der Friedhofsträger mittelbaren Zwang auf den Entscheidungsprozeß des Nutzungsberechtigten ausüben. Eine freie Auswahl 32 zwischen den unterschiedlichen Grabfeldern wäre damit nicht mehr gewährleistet. Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang auch der jeweilige Grabtypus, auf den der Friedhofsträger als Ausweichmöglichkeit verweist. Denkbar ist die Konstellation, daß von Seiten des Friedhofsträgers ausschließlich Wahlgräber den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterworfen werden, für alle anderen Gräber aber strengere Reglementierungen bestehen33. Wahlgräber - mitunter findet sich auch die Bezeichnung als Sonder-, Familien-, Vorzugs- oder Kaufgräber - unterscheiden sich zunächst durch ihre Größe und bevorzugte Lage von den Reihengräbern und bieten infolgedessen die Möglichkeit zur Errichtung größerer Grabmäler und Aufnahme mehrerer verstorbener Angehöriger 34. Wahlgräber werden für eine längere Benutzungsdauer eingeräumt, die nach Ablauf gegen Entrichtung einer weiteren Gebühr verlängert werden kann 35 . Den regelmäßig höheren Aufwendungen des Anstaltsträgers für die Bereitstellung von Wahlgräbern korrespondiert in aller Regel die Erhebung wesentlich höherer Gebühren vom Erwerber einer solchen Grabstelle. Aufgrund dieser verhältnis30

Auch wenn landesrechtliche Vorgaben häufig Abstandsvorschriften für störende Betriebe vorsehen (vgl. §§ 3, 8 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz)), so wird ein Dauerschallpegel von 65 dB (A) dennoch für zulässig erachtet; vgl. Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (25). 31 Es handelt sich um einen begreiflichen Wunsch des Hinterbliebenen, den Verstorbenen nicht an einem abseitigen Ort des Friedhofs zu beerdigen, vgl. OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (243); Spranger, SuP 1997, 691 (692). Ähnlich Gaedke, DFK 1987, 185 (187). 32 Das Erfordernis der freien Auswahl findet sich auch bei Gaedke, in: Staatslexikon (hrsg. von der Görres-Gesellschaft), Zweiter Band,71986, Sp. 764; ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 205. 33 So z.B. § 22 IX der Friedhofssatzung der Stadt Bonn. 34 Vgl. BVerwGE 11, 68 (70); Bachof, Die Unzulässigkeit der Entziehung von Erbbegräbnisrechten, in: Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 642; Eichleiter, Friedhofsund Bestattungsrecht in Bayern; 1968, S. 28; Seeger, Bestattungsrecht in BadenWürttemberg, 1984, S.52; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 173 ff. 35 Vgl. BVerwGE 11, 68 (70); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 174 f.

4. Abschnitt: Ausweichmöglichkeit und faktischer Zwang

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mäßig hohen Kosten 36 bieten gestaltungsfreie Wahlgräber in der Regel keine ausreichende Ausweichmöglichkeit für Friedhofsbenutzer, die eine Grabstätte ohne Bestattungszwang wünschen37. Ist der pekuniäre Aufwand nur einem beschränkten Personenkreis möglich, so daß die Inanspruchnahme der Ausweichmöglichkeit als ein Privileg für Finanzkräftige erscheint, kann von einer Gewährleistung der Grabgestaltung nach eigenen Wünschen im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit nicht mehr die Rede sein 38 . Auch über erhöhte finanzielle Belastungen darf somit kein mittelbarer Zwang auf den Nutzungsberechtigten zur Meidung solcher Grabfelder ausgeübt werden, die lediglich allgemeinen Anforderungen zu genügen haben. Umgekehrt stellt sich darüber hinaus die Frage, ob Wahlgräber ausnahmslos zusätzlichen Gestaltungsvorschriften unterworfen werden dürfen. Bei grundsätzlicher Anerkennung des Zwei-Felder-Systems sind zunächst einmal keine Gründe ersichtlich, warum Wahlgräber von dem Diktat gestalterischer Vorgaben ausgenommen sein sollten. Der Umstand alleine, daß der Nutzungsberechtigte die Lage der Grabstätte aussuchen darf und zudem eine höhere Gebühr zu entrichten hat, enthebt diesen noch nicht vom Risiko zusätzlicher Gestaltungsvorschriften. Der Erwerb des Wahlgrabes liegt im freien Ermessen des Benutzers. Entscheidet er sich für eine Wahlgrabstätte, so begibt er sich freiwillig in ein besonderes Unterordnungsverhältnis und unterwirft sich damit den diesbezüglichen Bestimmungen der Friedhofssatzung 39. Die ausnahmslose Anwendung zusätzlicher Vorgaben auf Wahlgräber begegnet jedoch Einwänden. Wenn der Friedhofsträger Wahlgräber zur Verfügung stellt, so trifft ihn auch die Verpflichtung 40 , beide Gestaltungstypen zur Verfügung zu stellen. Wenn das ZweiFelder-System der Wahrung der allgemeinen Handlungsfreiheit dienen soll, muß eine Ausweichmöglichkeit des Nutzungsberechtigten unabhängig vom jeweiligen Grabtypus bestehen. Folgerichtig hat auch das Bundesverwaltungsgericht nicht nach verschiedenen Gräbertypen differenziert, sondern die Pflicht des Friedhofsträgers zur Schaffung einer Ausweichmöglichkeit in genereller

36 Die für den Erwerb einer Wahlgrabstätte zu entrichtenden Gebühren variieren von Kommune zu Kommune ganz erheblich. Im Vergleich zu den Kosten für eine Reihengrabstätte handelt es sich jedoch in den meisten Fällen um einen mehrfachen Betrag. 37 Vgl. Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (47). 38 Vgl. Hessischer VGH, ESVGH 35, 45 (48). 39 Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 176 f. Im Gegensatz zum allgemeinen Rechtsverhältnis zwischen Anstaltsträger und Friedhofsbenutzer, das durch den Benutzungszwang und damit Unfreiwilligkeit geprägt ist, handelt es sich bei der Auswahl eines Wahlgrabes tatsächlich um ein freiwilliges Vorgehen des Nutzungsberechtigten und damit um einen Fall der Unterwerfung. 40 Anderer Ansicht ist offensichtlich Gaedke (Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 207), der es lediglich für empfehlenswert hält, daß der Friedhofsträger Wahlgräber mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften bereithält.

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Form apostrophiert 41. Macht der Anstaltsträger also von seinem Ermessen dahingehend Gebrauch, daß er Wahlgräber anbietet, so hat er auch die sich aus höherrangigem Recht, dem Anstaltszweck und allgemeinen Rechtsgrundlagen ergebenden Bindungen zu berücksichtigen 42. Folglich dürfen auch Wahlgräber nicht ausnahmslos mit zusätzlichen GestaltungsVorschriften belegt werden 43.

5. Abschnitt Die Delegation der Grabfeld-Einteilung auf die Friedhofsverwaltung Die Einteilung der Grabfelder in Abteilungen mit allgemeinen und solche mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt nicht immer in der Friedhofssatzung selbst. Oftmals findet sich bloß die Bestimmung, wonach eine exakte Einteilung der Grabfelder durch die Friedhofsverwaltung erfolgt 44 . Häufig existiert auch der lediglich deklaratorische 45 Hinweis, daß Friedhöfe mit und ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften eingerichtet werden 46. In diesem Fall ist, da es an einer expliziten Regelung in der Satzung selbst fehlt, ebenfalls von einer Einteilung durch die Friedhofsverwaltung auszugehen. Es fehlt an einer einheitlichen Bewertung, inwieweit eine solche satzungsrechtliche Delegation der Einteilung von Friedhöfen in Abteilungen mit und ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften auf die Friedhofsverwaltung zulässig ist. Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, der ursprünglich für das Friedhofsrecht zuständig war, hat in mehreren Judikaten die Forderung nach einer parzellenscharfen Präzisierung der Feldereinteilung in der Friedhofssatzung selbst erhoben 47. Das Gericht ist der Anschauung, daß eine 41 42 43

S. 61. 44

Vgl. BVerwGE 17, 119(121). VGH Kassel, NVwZ 1995, 509. So im Ergebnis auch Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984,

Vgl. § 22 IX 2 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 31 II der Friedhofssatzung der Stadt Coburg; § 18 I der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 20 der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. 45 So Gaedke, DFK 1989, 185 (186); ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 189. 46 Vgl. § 26 II 1 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz; § 21 der Friedhofssatzung der Stadt Köln. 47 OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 29.08.1984 Az.: 2 A 1820/83 und 2270/83; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.12.1984, Az.: 2 A 2594/83; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.04.1986, Az.: 2 A 267/85 (nicht veröffentlicht, zitiert nach OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423 und Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 189 Fn. 66). Ähnlich auch BayVerfGH, BayVBl 1981,207 (209).

5. Abschnitt: Delegation der Grabfeld-Einteilung

219

Friedhofssatzung den dem Rat der Gemeinde etwa geboten erscheinenden Ausgleich zwischen Gestaltungsfreiheit und Anstaltszweck nur dann schafft, wenn sie genau festlegt, auf welchen Feldern eines Friedhofs oder mehrerer Friedhöfe bestimmte - zulässige - Beschränkungen gelten sollen 48 . Weitere Bedenken gegen satzungsrechtliche Delegationen der Parzellen-Einteilung seien angebracht, weil in diesen lediglich die Möglichkeit der Bereitstellung von Feldern ohne Gestaltungsvorschriften durch die Stadtverwaltung vorgesehen, die tatsächliche Zur-Verfügung-Stellung hingegen nicht sichergestellt sei 49 . Der nunmehr für das Friedhofsrecht zuständige 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vermag dieser Ansicht nicht mehr zu folgen und hält demgemäß die satzungsrechtliche Delegation der Einteilung von Bestattungsplätzen in Bereiche mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auf die Friedhofs Verwaltung jedenfalls dann für zulässig, wenn der Friedhofsverwaltung diese Unterteilung nicht nur überlassen, sondern aufgegeben und dadurch die Bereitstellung von Grabstellen mit nur allgemeinen Gestaltungsvorschriften gewährleistet wird 5 0 . Bei einem in Form einer nicht rechtsfähigen Anstalt betriebenen Bestattungsplatz, dessen Entstehung lediglich eines Organisationsaktes des Anstaltsträgers bedarf, soll dieser Träger grundsätzlich befugt sein, die Organisation der Anstalt im Rahmen der Gesetze und des Anstaltszwecks nach eigenem Ermessen zu gestalten51. Bei Anerkennung der Richtigkeit dieser Prämisse muß nach Ansicht des Gerichts zu dieser Befugnis folgerichtig auch das Recht gehören, den Erlaß bestimmter Vorschriften für die Benutzung, und selbst den Erlaß der gesamten Benutzungsordnung der Verwaltung zu übertragen 52. Die Entscheidung des 9. Senats ist zunächst in sich widersprüchlich. Wenn der Erlaß der gesamten Benutzungsordnung auf die Verwaltung übertragen werden darf, so wird in diesem Fall der Verwaltung auch die Entscheidung darüber übertragen, ob und in welchem Umfang sie Grabstellen mit und ohne Ge48

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.08.1984, Az.: 2 A 2270/83, (UA S. 7) (zitiert nach OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423). 49 OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.04.1986, Az.: 2 A 267/85 (UA S. 9 f.), sowie das - vom Bundesverwaltungsgericht aufgehobene - Urteil vom 05.12.1984, Az.: 2 A 2594/83 (UA S. 7) (zitiert nach OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423). 50 OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423. Dem folgend Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 34. Allerdings muß der Verwaltung diese Unterteilung gar nicht erst aufgegeben werden. Die Pflicht, bei Schaffung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften für die Nutzungsberechtigten auch Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, ergibt sich bereits unmittelbar aus der Geltung der Grundrechte,vgl. BVerwGE 17, 119 (121), seitdem st. Rspr. 51 OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423 f. unter Berufung auf BayVGH, BayVBl 1970, 70. Im Ergebnis ähnlich Battis , Gewerbearchiv 1982, 145 (146). 52 OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423 (424) unter Berufung auf Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II,51987, § 99 I Rn. 2.

220

Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

staltungsvorschriften zur Verfugung stellt. Bei vollständiger Übertragung des Erlasses der Benutzungsordnung auf die Verwaltung kann dieser also gerade nicht mehr - wie es der Senat zugleich fordert - aufgetragen werden, die Friedhöfe in Bereich mit und ohne Gestaltungsvorschriften aufzuteilen 53. Bestehen im Fall einer Delegation der Verwaltung gegenüber jedoch bestimmte Vorgaben, so handelt es sich auch nicht mehr um die vollständige Übertragung des Erlasses der Benutzungsordnung, sondern allenfalls um eine partielle, bzw. mit Einschränkungen versehene. Unabhängig davon muß darüber hinaus festgestellt werden, daß sogar vor dem Hintergrund der inhaltlich weiter gefaßten Rechtsprechung des 9. Senats viele der vorzufindenden satzungsrechtlichen Delegationen keinen Bestand haben können. Die bloße Bestimmung, daß die Einteilung in die jeweiligen Bereiche durch die Friedhofsverwaltung vorzunehmen ist, gewährleistet noch nicht die tatsächliche Einteilung 54 . Vielmehr wird lediglich festgestellt, daß für den Fall einer Einteilung diese durch die Friedhofsverwaltung vorgenommen wird. Eine Verpflichtung der Friedhofsverwaltung, diese Einteilung tatsächlich vorzunehmen, und dabei auch die gebotene qualitative und quantitative Gleichwertigkeit der Grabstätten zu gewährleisten, läßt sich hingegen nicht ableiten. Auch unter allgemeinen verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten vermag die neuere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen nicht zu überzeugen. Zwar weist das Gericht zu Recht auf die Befugnis des Anstaltsträgers hin, die Organisation der Anstalt im Rahmen der Gesetze und des Anstaltszwecks nach eigenem Ermessen zu gestalten. Auch gehört nicht die Verwaltung der Anstalt, sondern nur ihre Beaufsichtigung einschließlich der Erteilung sachlicher Weisungen zu den laufenden Geschäften des Trägers 55. Dennoch wird man an dem Erfordernis einer parzellenscharfen Einteilung der jeweiligen Grabfelder in der Friedhofssatzung selbst festhalten müssen. Emen ersten Hinweis geben - soweit vorhanden - die einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über die Regelung des Benutzungsverhältnisses kommunaler Bestattungsplätze. Darin wird explizit gefordert, daß für Gemeindefriedhöfe eine Friedhofsordnung als Satzung zu erlassen ist 56 . In den betreffenden Ländern

53

Ähnlich Gaedke, DFK 1991, 192. So auch Gaedke, DFK 1987, 214; ders., DFK 1989, 185 (186). 55 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II,51987, § 98 Rn. 8. 56 § 15 I 1 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz); § 1 II 2 des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 6 I 1 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über das Friedhofsund Bestattungswesen (Bestattungsgesetz); § 7 I 1 des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz). Die in Art. 17 II, III des bayerischen Bestattungsgesetzes den Kommunen eingeräumte Möglichkeit, Verordnungen zu erlassen, betrifft spezielle Fälle wie zum Beispiel die Beschaffenheit der Särge und Sargausstattungen oder die Regelung des Verhaltens auf dem 54

5. Abschnitt: Delegation der Grabfeld-Einteilung

221

ist damit der vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für zulässig erachtete Erlaß der gesamten Benutzungsordnung durch die Verwaltung bereits de lege lata unmöglich. Fehlt es an einer expliziten Verbindlichkeitserklärung der Satzung als zu wählender Rechtsform, so muß nach den Folgen einer Delegation auf die Friedhofsverwaltung gefragt werden. Werden die innere Ordnung und das Funktionieren eines Anstaltsverhältnisses durch die Friedhofsverwaltung geregelt, handelt es sich bei in dieser Sphäre ergehenden einschlägigen Vorschriften um Sonderverordnungen, deren rechtliche Problematik weitgehend der der Verwaltungsvorschriften gleicht 57 . Es trifft zu, daß die Detailregelung von Sonderstatusverhältnissen im Ergebnis der Verwaltung überlassen bleiben muß 58 , doch wird diesem rechtspraktischen Erfordernis bereits durch den Erlaß einer Satzung durch den Gemeinderat als Bestandteil der Exekutive entsprochen. Das Augenmerk muß zudem auf die besondere Situation des Friedhofsrechts gerichtet werden. Die Einteilung der Grabfelder in Abteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ist unmittelbare Folge der Grundrechtsgeltung auch im Bereich von Anstaltsverhältnissen. Bereits die allgemeine Handlungsfreiheit macht bei Einführung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften die Schaffung von Ausweichmöglichkeiten für die Nutzungsberechtigten erforderlich 59 . Soll das Recht der Friedhofsbenutzer, auf einen Friedhofsteil ohne zusätzliche gestalterische Anforderungen auszuweichen, nicht unzumutbar eingeschränkt werden, bedarf es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten der Regelung unmittelbar durch die Satzung, die als verbindliches, objektives Recht auch die Gemeinde selbst bindet 60 . Hinreichend gewährleistet ist die rechtliche und tatsächliche Existenz ausreichender Ausweichmöglichkeiten für den Nutzungsberechtigten folglich nur, wenn bereits in der Friedhofssatzung selbst eine parzellenscharfe Einteilung der verschiedenen Friedhofsbereiche erfolgt. Zu diesem Ergebnis gelangt man auch durch den Hinweis darauf, daß zumindest die grundsätzlichen Fragen des Benutzungsverhältnisses durch eine Satzung zu regeln sind 61 . Sonderverordnungen sollten sich hingegen auf interne

Friedhof. Die Befugnis, das gesamte Benutzungsverhältnis per Verordnung zu regeln, wird damit nicht erteilt. 57 Vgl. hierzu Ossenbühl, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 6 Rn. 58 f. 58 So Ossenbühl, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 91992, § 7 Rn. 62. 59 St. Rspr. seit BVerwGE 17, 119 (121). 60 So im Ergebnis auch Gaedke, DFK 1987, 214; ders., DFK 1991, 192; ähnlich Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 6. 61 So Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 41 f.; Maurer, Allgemeines Verwal-

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Ordnungsvorschriften des Anstaltsalltags beschränken 62. Bei der Einteilung des kommunalen Bestattungsplatzes handelt es sich um eine der zentralen Fragen des Friedhofsrechts. Auch nach der herrschenden Auffassung sind die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ausschließlich unter der Voraussetzung der Existenz eines Zwei-Felder-Systems gerechtfertigt. Besteht keine Ausweichmöglichkeit, so sind zusätzliche gestalterische Anforderungen unzulässig. Welche überragende Bedeutung der tatsächlichen Verteilung der einzelnen Grabfelder zudem unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zukommt, war bereits eingehend Gegenstand der Erörterung. Werden den Nutzungsberechtigten Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften nur in unzureichender Zahl oder auf weiter entfernten Friedhöfen oder an abgelegenen Stellen eines Friedhofès zur Verfügung gestellt, so sind die hieraus für den Nutzungsberechtigten resultierenden Konsequenzen unverhältnismäßig. Die Aufteilung des Friedhofs in die jeweiligen Bereich ist somit von überragender Bedeutung für die Grundrechtsverwirklichung der Nutzungsberechtigten, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt eine Aufteilung der Grabfelder in der Satzung selbst gefordert werden muß. Eine solche Vorgehensweise empfiehlt sich im übrigen für die Gemeinden alleine schon zur Vermeidung etwaiger Rechtsstreitigkeiten 63. Die satzungsrechtliche Delegation der Einteilung des Bestattungsplatzes in Abteilungen mit allgemeinen und solche mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auf die Friedhofsverwaltung ist nach alledem unzulässig.

6. Abschnitt Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten hinsichtlich der Gestaltungsart Dem Nutzungsberechtigten steht es grundsätzlich offen, sich unter das Regime zusätzlicher Gestaltungsvorschriften zu begeben, oder sich für die im Verhältnis dazu freiere Gestaltung auf Grabfeldern mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften zu entscheiden. Innerhalb des Zwei-Felder-Systems hat der Nutzungsberechtigte als dessen notwendige Folge damit die freie Wahl zwischen

tungsrecht, 101995, § 9 Rn. 34. Der Gedanke klingt zudem in § 15 I 2 des badenwürttembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz) mit an. Als zwingender Inhalt werden hier die Bestimmungen genannt, die notwendig sind, um Tote geordnet und würdig zu bestatten, beizusetzen und zu ehren sowie die Ordnung auf dem Friedhof aufrechtzuerhalten. 62 So Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 9 Rn. 34, der allerdings von Allgemeinverfügungen redet, da er dem Institut der Sonderverordnung die Existenzberechtigung abspricht. 63 Schmidt-Aßmann, Die kommunale Rechtsetzung im Gefüge der administrativen Handlungsformen und Rechtsquellen, 1981, S. 41.

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

223

den verschiedenen Gestaltungsvorschriften unterliegenden Abteilungen. Als problematisch erweist sich die Wahlmöglichkeit des Nutzungsberechtigten dann, wenn dieser von dem ihm zustehenden Recht keinen Gebrauch macht und infolgedessen zwangsweise auf ein Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften verwiesen wird. Die Nicht-Ausübung des Wahlrechts kann zum einen darauf beruhen, daß dem Nutzungsberechtigten das Wahlrecht bekannt gewesen ist, und er dennoch auf dessen Ausübung verzichtet hat. Möglich ist jedoch zum anderen auch, daß der Nutzungsberechtigte keine Kenntnis von seinem Recht hatte und durch den Friedhofsträger auf das Bestehen dieser Möglichkeit auch nicht hingewiesen worden ist. Erfreulicherweise finden sich in neueren Friedhofssatzungen - vornehmlich in den Kommunen der neuen Bundesländer - in zunehmendem Maße Bestimmungen, wonach die Friedhofsverwaltung die Pflicht trifft, die Angehörigen über die sich aus den allgemeinen und den besonderen Gestaltungsvorschriften ergebenden Möglichkeiten und Verpflichtungen zu beraten 64. Zur Zeit stellen derartige Pflichten der Friedhofs Verwaltung jedoch noch die Ausnahme dar. Die Crux ist demnach, ob den Bürger eine Informationspflicht hinsichtlich der ihm zustehenden Möglichkeiten trifft, oder ob der Anstaltsträger den Nutzungsberechtigten bei Nichtkenntnis des Wahlrechts und dessen Konsequenzen eingehend zu beraten hat.

A. Der fehlende Hinweis des Friedhofsträgers auf die Wahlmöglichkeit Ob der Friedhofsträger über das tatsächliche Vorhandensein der verschiedenen Gestaltungstypen hinaus auch dazu verpflichtet ist, den betroffenen Bürger über sein Wahlrecht zu belehren 65 und ihm eine Grabstätte, die lediglich allgemeinen gestalterischen Anforderungen unterliegt, ausdrücklich anzubieten, war Gegenstand einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes 66. Das Gericht lehnt die Herleitung einer Verpflichtung des Friedhofsträgers, die Ausweichmöglichkeit ausdrücklich anzubieten, ab. Sowohl aus dem bayerischen Bestattungsgesetz als auch aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ergebe sich keine derartige Pflicht. Von einer gegenüber der Ausweichmöglichkeit errichteten Zugangssperre soll jedoch dann die Rede sein, wenn der Zugriff auf die den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegen64 Vgl. § 26 II 2 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz; § 30 III der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 65 So § 18 II 2 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen: „Die Friedhofsverwaltung hat auf diese Wahlmöglichkeit vor dem Erwerb eines Nutzungsrechtes hinzuweisen." Vgl. auch Meinel, DFK 1997, 168 (170 f.). 66 BayVGH, BayVBl 1983, 627 f.; bestätigt durch BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8.

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

den Grabfelder durch den Friedhofsträger verhindert wird. Eine solche Sperre liegt nach Auffassung des Gerichts aber jedenfalls dann nicht vor, wenn der Bürger bei Äußerung eines dahingehenden Wunsches ein Grab erhält, welches keinen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften unterliegt 67. Ebensowenig geht das Gericht von einer Belehrungspflicht des Friedhofsträgers aus. In Ermangelung einer allgemeinen Belehrungspflicht 68 soll auf die Umstände abgestellt werden, insbesondere darauf, ob sich der Bürger über die rechtlichen Gegebenheiten unschwer informieren kann 69 . Bei gestalterischen Anforderungen des Friedhofsrechts soll es sich aber nicht um eine abgelegene, vielschichtige Materie, sondern vielmehr um Probleme der örtlichen Gemeinschaft handeln, die den Bürgern vor Augen stehen und durch Friedhofsbesuche oder Gespräche bekannt sind. Bei solchen einfachen Fragen sei die Behörde nicht gehalten, von sich aus zu ermitteln, ober der Betroffene Kenntnis von der Sach- und Rechtslage hat 70 . Über die Einsichtnahme in die Satzung könne sich der Bürger bei Erwerb der Grabstätte ohne Schwierigkeiten über die gestalterischen Anforderungen unterrichten. Schließlich geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß der Friedhofsträger durch die konkrete Situation - so, wenn der Bürger hilfsbedürftig ist, oder auf die Klärung dieser Frage besonderen Wert gelegt hat - zu einer Belehrung gezwungen sein könnte, lehnt das Vorliegen einer derartigen Ausnahme für den zu behandelnden Fall jedoch ab 71 . Diese Feststellungen liegen auf der Linie des Bundesverwaltungsgerichtes, das bereits in mehreren Entscheidungen allgemein darauf hingewiesen hat, daß sich der Erwerber einer Grabstelle die Grundlage für seine Entscheidung, in welchem Teil des Friedhofs er eine Grabstelle erwerben will, durch geeignete Beratung selbst verschaffen muß 72 . Eine kritische Betrachtung dieser Entscheidung erfolgt einzig durch Gaedke73. Dieser verneint zunächst ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof die Existenz einer allgemeinen Auskunfts- und Belehrungspflicht. Er gibt jedoch im weiteren zu bedenken, daß sich aus spezialgesetzlichen Regelungen weitergehende Aufklärungs-, Beratungs- und Belehrungspflichten der Behörden ergeben 67

Vgl. BayVGH, BayVBl 1983, 627. Insoweit auch § 25 VwVfG. 69 So BayVGH, BayVBl 1983, 627 f. unter Hinweis auf BVerwGE 16, 323 (330); BVerwGE 52, 76 (79). 70 BayVGH, BayVBl 1983, 627 (628). 71 BayVGH, BayVBl 1983, 627 (628). So im Ergebnis auch Seeger; Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 61; VG Minden, Urteil vom 07.11.1984, Az.: 10 Κ 2644/83 (zitiert nach Gaedke, BayVBl 1985, 631 Fn.l); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 14; BVerwG, Beschluß vom 23.01.1984, Az.: 7 Β 86.83 (zitiert nach Klingshirn, aaO.). 72 Vgl. BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 3; BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 8. 73 Gaedke, BayVBl 1985, 631 f.; vgl. auch ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 207 Fn. 99. I.E. ähnlich Meinel, DFK 1996, 74 (77); dies., DFK 1997, 168 (170 f.). 68

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

225

können, und daß auch die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang bestimmte Fallgestaltungen entwickelt hat. So kann sich eine Auskunftspflicht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ergeben. Eine Belehrungspflicht kann dann bestehen, wenn der Betroffene aus von der Behörde erkannter Unkenntnis oder Unerfahrenheit droht, seiner Rechte verlustig zu gehen74. Besonderes Augenmerk legt Gaedke auf die Auskunftspflicht als Resultat einer vorhandenen öffentlich-rechtlichen Beziehung. Insbesondere bei Vorliegen eines öffentlichrechtlichen Benutzungsverhältnisses stelle sich die Auskunftspflicht als Nebenpflicht des Rechtsverhältnisses dar, zumal wenn der Bürger infolge einer Monopolstellung zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung gezwungen sei 75 . Diese Grundsätze hält Gaedke für auf die dem Benutzungszwang unterliegenden Friedhöfe uneingeschränkt übertragbar. Auch wenn sich die Grabstättenerwerber die Grundlagen für ihre Entscheidung in aller Regel selbst zu verschaffen hätten, solle diese Anforderung nicht überspannt verstanden werden. Insbesondere sei zu berücksichtigen, daß sich der Betroffene aufgrund des Todes eines Angehörigen oftmals in einer psychischen Ausnahmesituation76 befinde, die es ihm nahezu unmöglich mache, die sich aus seiner Entscheidung ergebenden Folgen in ihrer ganzen Tragweite zu erfassen. Den Friedhofsträger trifft nach Ansicht Gaedkes damit gegenüber dem dem Friedhofszwang unterworfenen Bürger eine vom Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit unabhängige eigene Fürsorgepflicht, aufgrund derer der Friedhofsträger zur Unterrichtung über die jeweils geltenden Gestaltungsvorschriften verpflichtet ist 77 . Den Ausführungen Gaedkes ist im Ergebnis beizupflichten. In seiner Ablehnung einer sich aus den Umständen ergebenden Belehrungspflicht geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits von einer unzutreffenden Prämisse aus, indem er unterstellt, daß es sich bei den gestalterischen Anforderungen nicht um eine abgelegene, vielschichtige Materie handele, sondern um Probleme, die den Bürgern vor Augen stehen, also um „einfache Fragen" 78 . Diese Behauptung des Gerichts entbehrt jeder Grundlage 79. Die oftmals sehr umfangreichen gestalterischen Anforderungen stellen keineswegs eine einfache Materie dar. Auch bei den mit dem Friedhofsrecht befaßten Gerichten kommt es immer wieder zu Verständnisschwierigkeiten und, daraus resultierend, inhaltlich

74 Vgl. Gaedke, BayVBl 1985, 631 unter Hinweis auf den Hessischen VGH, DÖV 1962, 757. 75 Gaedke, BayVBl 1985, 631 f. unter Berufung auf BVerwGE 10, 274. 76 Auf diese psychische Ausnahmesituation der Hinterbliebenen weist in anderem Zusammenhang auch Grasser, BayVBl 1972, 291 (293) hin. 77 Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632). Eine vergleichbare Auffassung findet sich im Ergebnis bei OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (243), wo das Gericht den fehlenden Hinweis des Friedhofsträgers auf die Ausweichmöglichkeit rügt. 78 Vgl. BayVGH, BayVBl 1985, 627 (628). 79 Zweifelnd auch Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 6. 15 Spranger

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

schlichtweg falschen Äußerungen 80. Streitigkeiten um die Grabgestaltung gehen häufig durch alle Instanzen und werden dabei keineswegs stets einheitlich bewertet. Auch kann wohl kaum erwartet werden, daß der Grabstellenerwerber die Bedeutung vieler Vorgaben zu begreifen imstande ist. Verdeutlicht sei dies am Beispiel der allgemeinen Gestaltungsvorschrift, wonach die Grabgestaltung der Würde des Ortes entsprechen muß. Es ist keinewegs fernliegend, wenn der Nutzungsberechtigte davon ausgeht, daß er zur Bestimmung einer würdevollen Gestaltung seine eigenen Anschauungen zugrundelegen darf. Daß sich diese Frage jedoch nach dem Maßstab eines wie auch immer näher bezeichneten Durchschnittsempfindens beantwortet, ist aus der Satzung selbst in keiner Weise ersichtlich, und gehört wohl kaum zum Wissenstand eines normalen Friedhofsbenutzers. Mag der Nutzungsberechtigte also auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Satzung haben, verständlich wird diese hierdurch noch lange nicht. Zuzustimmen ist damit Gaedke, der zutreffend auf die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis sowie dem Benutzungszwang ergebende Beratungspflicht verweist. Hinsichtlich des Umfangs einer solchen Beratungspflicht versteht es sich von selbst, daß sie sich ausschließlich auf die Bedeutung des Wahlrechts und die sich aus der jeweiligen Entscheidung ergebenden Konsequenzen erstreckt, nicht jedoch auf alle nur denkbaren Fragen der Grabgestaltung. Ob und wie sich beispielsweise ein Grabstein unter Witterungseinflüssen in seinem Erscheinungsbild verändern kann, ist nicht Gegenstand der behördlichen Beratungspflicht 81. Relevanz besitzt in diesem Kontext allerdings auch eine Konstellation, auf die Gaedke nur am Rande hinweist, ohne sie jedoch näher zu erörtern. Es handelt sich um die für den Bürger bestehende Gefahr nachteiliger Folgen aufgrund mangelnder Belehrung. Den Beamten82 trifft eine Aufklärungs- und Belehrungspflicht, wenn er bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkennt oder erkennen muß, daß ein „belehrungsbedürftiger" Staatsbürger, der bei der Behörde ein Gesuch anbringt, Maßnahmen beabsichtigt, die für ihn nachteilige Folgen haben oder zumindest mit dem Risiko des Eintritts solcher Folgen behaftet sind 83 . Äußert der Grabstellenerwerber nicht ausdrücklich den Wunsch nach 80

So findet sich beispielsweise immer wieder die Formulierung „Grabstellen ohne Gestaltungsvorschriften" (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB1 1990, 423). Diese Aussage ist schlichtweg falsch, da derartige Grabstellen auf deutschen Friedhöfen nicht existieren. Gemeint sind Grabstellen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften. 81 So zutreffend auch BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 3. Allerdings geht es nicht darum, daß den Bediensteten des städtischen Friedhofes eine solche Erklärung nicht zuzumuten ist (so aber BVerwG, aaO.). Entscheidend ist vielmehr, daß die Erkundigung über Materialeigenschaften einzig in den Pflichtenkreis desjenigen fällt, der auch den Grabstein aussucht. 82 Hier zu verstehen im haftungsrechtlichen Sinne. 83 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 41991, S. 43 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Badura, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 37 Rn. 21.

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

227

einer lediglich den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegenden Grabstelle, so wird ihm nahezu zwangsläufig 84 eine Grabstelle zugewiesen, für die zusätzliche gestalterische Anforderungen gelten. Für den Betroffenen geht mit diesem Geschehensablauf aufgrund der restriktiven Gestaltungsmöglichkeiten notwendigerweise eine Beschränkung zumindest seiner allgemeinen Handlungsfreiheit einher. Fehlt es damit an einer expliziten Äußerung des Grabstellenerwerbers, daß er eine Grabstelle ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften wünscht, ist der Eintritt der nachteiligen Folge programmiert. Der Friedhofsträger als Schöpfer dieser satzungsrechtlichen Vorgabe kann sich nicht darauf berufen, der Eintritt der negativen Folge sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Eine Auskunfis- und Belehrungspflicht besteht damit nicht nur aufgrund des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses, sondern auch aufgrund des Risikos des Eintritts negativer Folgen für den Grabstellenerwerber. Eine Einschränkung erfahren die soeben getroffenen Feststellungen für nicht schutzwürdige Nutzungsberechtigte. Die Belehrungspflicht des Friedhofsträgers beruht vor allem auf Schutzwürdigkeitserwägungen. Demnach vermag weder das Risiko des Eintritts negativer Folgen noch die besondere durch den Tod des Angehörigen bedingte Situation einen Beratungsanspruch desjenigen Grabstellenerwerbers zu begründen, der nachweislich85 detaillierte Kenntnis von den unterschiedlichen gestalterischen Anforderungen und deren Konsequenzen in der Gestaltungspraxis hatte.

B. Die Folge der Nicht-Ausübung des Wahlrechts Die Folge der Nicht-Ausübung des Wahlrechts besteht regelmäßig darin, daß die Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt 86 . Findet sich in der Friedhofssatzung gleichzeitig eine umfassende Belehrungspflicht verankert 87, bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen einen automatischen Verweis auf die den strengeren Anforderungen unterliegenden Abteilungen des Bestattungsplatzes. Eine umfassende Belehrung wird regelmäßig auch die Folgen zum Inhalt haben, die sich aus der Nicht-Ausübung des

84 Die meisten Friedhofssatzungen sehen eine dahingehende Regelung vor. Zu deren Zulässigkeit im folgenden. 85 Vgl. hierzu OVG Saarland, saOVGE 11, 239 (243). 86 Vgl. nur § 18 II 3 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 19 II 2 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages; § 21 II 2 der Friedhofssatzung der Stadt Frankfurt/Main; § 26 II 3 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz; § 18 II der Friedhofssatzung der Stadt Saarbrücken. 87 Eine solche Kombination findet sich beispielsweise in § 26 II 2, 3 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz.

15*

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Wahlrechts ergeben. Der Grabstellenerwerber ist dann in keiner Hinsicht schutzwürdig, da ihm die Konsequenzen seines Handelns bewußt sind oder zumindest bewußt sein müssen. Ist der Nutzungsberechtigte auf sein Wahlrecht hingewiesen worden, und macht er davon keinen Gebrauch, so bietet sich die Annahme eines Verzichts 88 des Grabstellenerwerbers auf das ihm zustehende Recht an.

I. Die Voraussetzungen des Verzichts im Verwaltungsrechtsverhältnis Beim anstaltlichen Benutzungsverhältnis handelt es sich um ein Verwaltungsrechtsverhältnis. Innerhalb dessen kann ein Verzicht von Seiten des Bürgers durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung erfolgen 89. Verzichtbar sind zunächst alle Rechte und Rechtsstellungen90. Das Wahlrecht des Grabstellenerwerbers erfüllt diese Voraussetzung der Verzichtbarkeit. Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verzichtserklärung ist selbstverständlich die Dispositionsbefugnis des Verzichtenden 91. Dispositionsbefugt ist ausschließlich der Grabstellenerwerber. Läßt sich also der Grabstellenerwerber beispielsweise von einem seiner Angehörigen begleiten, entfaltet die Verzichtserklärung von Sohn oder Tochter keinerlei Wirkung. Fraglich ist, in welcher Form der Verzicht erklärt werden muß. In den einschlägigen Bestimmungen der Friedhofssatzungen ist die Rede davon, daß die Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt, wenn von der Wahlmöglichkeit kein Gebrauch gemacht wird 92 . Die mit dem Verzicht verbundenen Folgen sollen demnach unabhängig davon eintreten, wie sich der Verzicht auf das Wahlrecht im konkreten Fall geäußert hat. Nicht nur eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung, sondern auch bloßes Schweigen von Seiten des Grabstellenerwerbers vermag demnach die Verzichtsfolgen herbeizufuhren. Einer solchen Handhabung ge88

Ohne die Voraussetzungen und Folgen näher zu erörtern, spricht auch Gaedke (Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 206) von einem Verzicht des Grabstellenerwerbers. 89 BVerwG, NVwZ 1982, 196 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 1987, 1964 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 1985, 644; Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1984, S. 181; Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 11 Rn. 50. Die Frage nach der Möglichkeit eines Grundrechtsverzichts geht damit nicht einher, weil der Grabstellenerwerber mit der Zuweisung einer den zusätzlichen Gestaltungsvorschriften unterliegenden Grabstelle seiner grundrechtlich garantierten Gestaltungsfreiheit nicht vollkommen verlustig geht. 90 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 288; VGH BadenWürttemberg, NVwZ 1983, 229; Illian, Der Verzicht Privater im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn 1993, S. 16. 91 VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1983, 229; Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 11 Rn. 50. 92 Vgl. nur § 21 II 2 der Friedhofssatzung der Stadt Frankfurt/Main.

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

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genüber müssen starke Bedenken erhoben werden in Anbetracht der Tatsache, daß die Verzichtserklärung eine Willenserklärung 93 des Bürgers darstellt.

II. Die ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung Unproblematisch ist zunächst die ausdrückliche Verzichtserklärung in Wort oder Schrift. Bei der konkludenten Erklärung hingegen wird menschlichem Verhalten ein bestimmter Erklärungs- und Regelungsgehalt beigelegt, ohne daß dieser in sprachlicher Form zum Ausdruck kommt 94 . Im Falle konkludenter Erklärungen des Bürgers ist fur die Anforderungen an den Erklärungsgehalt danach zu unterscheiden, ob diese auf die Herbeiführung begünstigender oder belastender Rechtsfolgen gerichtet sind. Für nachteilige rechtsgeschäftliche Handlungen verschärfen sich die an die Eindeutigkeit der Willenserklärung zu stellenden Anforderungen 95. Die Annahme einer konkludenten Verzichtserklärung ist daher nur dann zulässig, wenn das Verhalten des Bürgers eindeutig diese Annahme zuläßt96. An die Bejahung einer konkludenten Verzichtserklärung sind bei Eintritt belastender Rechtsfolgen damit strenge Anforderungen zu stellen. Angenommen werden kann eine konkludente Verzichtserklärung des Grabstellenerwerbers beispielsweise dann, wenn dieser sich zwar nicht ausdrücklich des Begriffs „Verzicht" oder ähnlich eindeutiger Formulierungen bedient, aus dem Gesamtkontext seiner Äußerungen aber dennoch deutlich wird, daß er an der Bestattung in einer Abteilung mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften keinerlei Interesse hat. So ist denkbar, daß der Grabstellenerwerber vernehmen läßt, daß ihm die Gestaltung des Grabes - und damit auch die Frage nach der Zuweisung eines Grabes mit allgemeinen oder zusätzlichen Gestaltungsvorschriften - vollkommen egal ist. Doch auch in einer solchen Konstellation folgt aus der Betreuungspflicht 97 der Verwaltung die Verpflichtung der Behörde, sich im Zweifelsfall nicht mit der bloßen Auslegung einer Erklärung zu begnügen, sondern den wahren Willen 93

Vgl. zur Qualifizierung einer Verzichtserklärung als Willenserklärung Krause, VerwArch 61 (1971), 297 (304); VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1983, 229; Kluth, NVwZ 1990, 608 (609); Illian, Der Verzicht Privater im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn 1993, S. 17. 94 Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 22 Rn. 3. 95 Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (324). 96 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 101973, S. 289; Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 22 Rn. 3. Krause (VerwArch 61 (1970), 297 (324 f.)) hält die konkludente Erklärung eines Verzichts im allgemeinen nicht für ausreichend. 97 Die Betreuungspflicht der Verwaltung findet ihren besonderen Ausdruck in §§ 13, 14, 15, 16 III SGB I und § 25 VwVfG; vgl. Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 22 Rn. 14.

230

Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

des Bürgers aufzuklären 98. Die Behörde hat demzufolge nicht nur aufklare und eindeutige Erklärungen hinzuwirken. Sie muß sich darüber hinaus dafür einsetzen, daß der Bürger solche Erklärungen abgibt, die seine Rechte optimal wahren 99 . Indes ist der Verzichtserklärung die Beschneidung der Rechtssphäre des Erklärenden immanent. Es besteht daher zumindest die Pflicht der Herbeiführung eindeutiger Erklärungen. Verbleibt Raum für die Auslegung, so ist neben den genannten strengen Anforderungen an die Annahme einer konkludenten Willenserklärung das Prinzip der Meistbegünstigung des Bürgers zu beachten 100 . Hat sich der Grabstellenerwerber demnach mehrdeutig geäußert, so hat die Friedhofsverwaltung auf eine Klärung dieser Unstimmigkeit hinzuwirken. Ist der Grabstellenerwerber zwischenzeitlich verstorben, oder ist eine Klärung des Sachverhalts aufgrund anderer Umstände nicht mehr möglich, so ist in dubio pro liberiate davon auszugehen, daß die Bestattung in einer Abteilung ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften gewünscht war, zumal es sich hierbei um den Regelfall 101 der Bestattung handelt.

III. Das Schweigen des Grabstellenerwerbers

als Verzichtserklärung

Von der konkludenten Willenserklärung zu trennen ist das Schweigen als Willenserklärung. Indem eine Beisetzung auf einem Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auch bei bloßem Nicht-Gebrauch des Wahlrechts stattfindet, zeitigt bereits das bloße Schweigen des Nutzungsberechtigten Rechtsfolgen. Bloßes Schweigen aber ist in der Regel keine Willenserklärung, sondern das genaue Gegenteil. Wer schweigt, setzt im allgemeinen keinen Erklärungstatbestand und bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck 102 . Nur in seltenen Ausnahmen gilt etwas anderes. Schweigen kann dann eine Erklärungshandlung darstellen, wenn es als Erklärungszeichen vereinbart ist. In diesem Fall des sogenannten beredten Schweigens sind alle Voraussetzungen einer Willenserklärung erfüllt und das Schweigen ist ein echter Erklärungsakt 103. Voraussetzung der Vereinbarung ist jedoch das beiderseitige Einverständnis mit einer derartigen Handhabung. Diese Voraussetzung könnte allenfalls dann erfüllt sein, wenn sich der Grabstellenerwerber nun wiederum ausdrücklich oder konkludent damit einverstanden erklärt, daß sein Schweigen als 98

Vgl. Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (322); Kluth, NVwZ 1990, 608 (611). Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (323); ähnlich Kluth, NVwZ 1990, 608 (611). 100 Vgl. Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (323). 101 Vgl. Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632); Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 11. 102 Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, Einf. vor § 116 Rn. 7; Medicus, Bürgerliches Recht, 171996, Rn. 52; Taupitz, JuS 1997, 203 (204).' 103 Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, Einf. vor § 116 Rn. 7. 99

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

231

Willenserklärung aufgefaßt wird. Die Komplexität dieser Konstruktion - eine zumindest konkludente Willenserklärung des Grabstellenerwerbers dahingehend, daß sein Schweigen als Willenserklärung verstanden wird mit der Folge, daß die Beisetzung auf einem Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt - macht bereits deutlich, daß ein solcher Fall in der Praxis nicht vorkommen wird. Ohne tatbestandlich eine Willenserklärung zu sein, vermag das Schweigen die Wirkungen einer Willenserklärung auch dann zu entfalten, wenn der Schweigende verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen 104 . Diese Pflicht kann die Folge einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift sein oder auf dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte beruhen 105. An einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung fehlt es im hier interessierenden Fall. Die satzungsrechtliche Statuierung einer Äußerungspflicht des Nutzungsberechtigten reicht insoweit nicht aus. Gefordert werden muß vielmehr ein formelles Gesetz. Der Grundsatz, daß Schweigen in der Regel keine Willenserklärung ist, gehört nicht nur zu den wesentlichen Prinzipien des Privatrechts 106, sondern ist auch ein wesentlicher zu beachtender Gesichtspunkt bei der Bewertung einer verwaltungsrechtlichen Willenserklärung. So wie dieser Grundsatz im Privatrecht gemäß § 10 Nr. 5 AGBGB grundsätzlich unantastbar ist und nicht zum Gegenstand allgemeiner Geschäftsbedingungen gemacht werden darf, kann auch der Satzunggeber dem normunterworfenen Bürger gegenüber die Ausnahme nicht einseitig zur faktisch unausweichbaren Regel erheben. Enthält die Friedhofssatzung eine dahingehende Klausel, so ist diese nichtig. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben vermag keine Pflicht des Bürgers zu begründen, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen, weil dieser privatrechtliche Grundsatz insoweit einer verwaltungsrechtlichen Modifizierung bedarf. Zwar gilt der Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich auch im öffentlichen Recht 107 . In Fragen der Grabgestaltung sieht sich der Bürger jedoch einseitig von der Verwaltung gesetzten und oftmals schwer durchschaubaren Regelungen gegenüber. Er kann sich diese Vorschriften nicht aussuchen, sondern muß sich ihnen aufgrund des Benutzungszwangs für Friedhöfe fügen. Wenn schon auf den Grundsatz von Treu und Glauben rekuriert wird, ergibt sich in dieser Situation keine Pflicht des Bürgers, seinen gegenteiligen Willen zu äußern, sondern allenfalls die bereits attestierte Beratungspflicht der Fried-

104

Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch,571998, Einf. vor § 116 Rn. 8. Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, Einf. vor § 116 Rn. 9 f. 106 So Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch,571998, § 10 AGBGB Rn. 26. 107 Vgl. Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1984, S. 183; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 3 Rn. 28 f.; Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 11 Rn. 51. 105

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

hofsverwaltung. Das Verhältnis von Treu und Glauben wird durch die Betreuungspflicht der Verwaltung erheblich modifiziert 108 . Sogar wenn im Einzelfall wirklich eine Pflicht des Grabstellenerwerbers angenommen werden könnte - so zum Beispiel, wenn der Betroffene über die Folgen seines Schweigens ausführlich belehrt worden wäre - müßte im übrigen ferner bedacht werden, daß es sich hier nicht um die Konstellation des Schweigens als Erklärungshandlung, sondern um den Fall des Schweigens mit Erklärungswirkung handelt. Es liegt hier keine Willenserklärung vor, sondern lediglich deren Folgen treten ein. Ob aber auf eine tatsächliche Willenserklärung im Verwaltungsrechtsverhältnis - zumal im Rahmen eines mit Benutzungszwang versehenen Anstaltsverhältnisses verzichtet und diese durch die bloße Erklärungswirkung ersetzt werden kann, erscheint unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten äußerst zweifelhaft. Der stillschweigende Verzicht des Grabstellenerwerbers auf sein Wahlrecht ist damit unmöglich. Äußert sich der Betroffene somit überhaupt nicht, ist es der Friedhofsverwaltung auch versagt, daraufhin die Bestattung auf einem Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften herbeizuführen 109. Satzungsbestimmungen, die an das Schweigen des Erwerbers derartige Folgen knüpfen, sind unzulässig. Neben der ausdrücklichen Verzichtserklärung vermag allenfalls ein konkludentes Handeln des Grabstellenerwerbers bei hinreichender Deutlichkeit als Verzicht aufgefaßt zu werden. Schon aus Beweisgründen empfiehlt es sich daher für die Friedhofsverwaltung, auf eindeutige Erklärungen der Nutzungsberechtigten hinzuwirken und sich die Verzichtserklärung in schriftlicher Form aushändigen zu lassen.

IV. Widerruflichkeit

und Anfechtbarkeit

der Erklärung

In den einschlägigen Bestimmungen der Friedhofssatzungen fehlt es an einer Aussage darüber, ob der Verzicht des Nutzungsberechtigten auf sein Wahlrecht widerrufen oder unter Umständen angefochten werden kann. Grundsätzlich wird für Willenserklärungen, die in ihrem Schwerpunkt nicht verfahrensrechtlicher Natur sind, in analoger Anwendung des § 130 BGB eine Bindung mit Zugang der Erklärung angenommen110. Spätestens jedoch mit Erteilung der Zustimmung zur Errichtung des Grabmals durch die Friedhofsverwaltung ist von einer Unwiderruflichkeit auszugehen. Getragen wird diese Feststellung nicht durch den Hinweis, daß der ehemals Berechtigte grundsätzlich die Gewährung einer der 108 109

S. 207. 110

Krause, VerwArch 61 (1970), 297 (322). Anderer Ansicht ist Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts,

Vgl. OVG Saarlouis, BRS 33, Nr. 178; OVG Münster, NJW 1985, 644 (645); Kluth, NVwZ 1990, 608 (612); Illian, Der Verzicht Privater im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn 1993, S. 121 f.

6. Abschnitt: Das Wahlrecht des Nutzungsberechtigten

233

aufgegebenen Rechtsstellung entsprechende Rechtsposition jederzeit wieder neu beantragen könnte 111 . Derartige Erwägungen greifen im Friedhofsrecht nicht durch, weil mit erfolgter Bestattung die Totenruhe der positiven Bescheidung eines erneut gestellten Antrags - dieses Mal gerichtet auf Bestattung in einem Grabfeld mit anderen Gestaltungsvorschriften - grundsätzlich entgegensteht. Eben diese Totenruhe als unmittelbarer Ausfluß der Menschenwürde 112 rechtfertigt jedoch auch die Unwiderruflichkeit des einmal wirksam erklärten Verzichts. Demgegenüber wird die Anfechtbarkeit der Willenserklärung des Bürgers im Verwaltungsrechtsverhältnis durchgehend bejaht, streitig sind jedoch die im einzelnen zu beachtenden spezifischen Einschränkungen des öffentlichen Rechts 113 . Zu bedenken ist hierbei, daß es - sollte die Friedhofsverwaltung ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht in hinreichendem Maße nachgekommen sein - in aller Regel an einem Anfechtungsgrund fehlen wird. Ist der Grabstellenerwerber ordnungsgemäß über sein Wahlrecht aufgeklärt und beraten worden, kann er sich kaum noch auf einen Irrtum darüber berufen. Sofern eine Anfechtung möglich ist, kann eine dahingehende Erklärung ebenfalls ausschließlich durch den Grabstellenerwerber erfolgen. Handelt es sich beim Grabstellenerwerber gleichzeitig um den später Verstorbenen und zu Bestattenden, so ist es auf die Wirksamkeit der Verzichtserklärung im übrigen ohne Einfluß, daß der Erklärende nach Abgabe der Verzichtserklärung verstorben ist. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 130 II BGB 1 1 4 .

V Die Folgen des wirksamen Verzichts des Grabstellenerwerbers Folge eines wirksam erklärten Verzichts ist zunächst das völlige und endgültige Erlöschen des Wahlrechts des Nutzungsberechtigten, so daß nunmehr der Verwaltung die alleinige Entscheidung darüber zufällt, ob die Bestattung in einer Abteilung mit allgemeinen oder mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt, und sich der Betroffene dem zu fügen hat. Von der Betrachtung des Übergangs dieser Entscheidungskompetenz jedoch zu trennen ist die Frage, nach welchen Kriterien die Friedhofsverwaltung nun vorzugehen hat. Mit anderen Worten: Berechtigt der Verzicht des Grabstellenerwerbers auf sein Wahlrecht die Friedhofsverwaltung dazu, für die Bestattung eine Abteilung mit zu1.1

So Illian, Der Verzicht Privater im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn 1993, S. 122. BVerwGE 45, 224 (230). 113 Vgl. dazu im einzelnen Kluth, NVwZ 1990, 608 (613 f.), Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 22 Rn. 15 f., jeweils mit weiteren Nachweisen; Illian, Der Verzicht Privater im Verwaltungsrecht, Diss. Bonn 1993, S. 118 ff. 114 Vgl. hierzu Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1984, S. 182. 1.2

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

sätzlichen Gestaltungsvorschriften zu wählen, oder muß die Bestattung in einem solchen Fall regelmäßig in einem Grabfeld erfolgen, welches den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegt ? Für die letztgenannte Möglichkeit spricht die Überlegung, daß es sich bei Grabfeldern mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften um den Regelfall, bei solchen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften hingegen um die Ausnahme handelt 115 . Fehlt es demnach an einer speziellen Regelung durch den Nutzungsberechtigten, sollte die Verwaltung den Regelfall, also die Bestattung auf einem Grabfeld mit allgemeinen Anforderungen, eintreten lassen. Ist aber der Eintritt der für ihn günstigeren Lage automatische Folge des Verzichts des Grabstellenerwerbers, wird dessen Zweck verfehlt und die Konstruktion eines Verzichts aus Sicht der Friedhofsverwaltung obsolet. Genügt die Verzichtserklärung den hier vertretenen Anforderungen, so ist der Friedhofsträger auch berechtigt, als Folge des Verzichts die Geltung strengerer gestalterischer Vorgaben anzuordnen. Hat sich der Grabstellenerwerber hingegen nicht positiv geäußert, fehlt es bereits am Verzicht, so daß schon aus diesem Grund eine Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften nicht ohne weiteres erfolgen darf.

7. Abschnitt Die nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit Hat der Grabstellenerwerber von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und sich infolgedessen für eine Grabstelle entschieden, die lediglich den allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegt, so ist er damit noch nicht gegen eine Verschärfung der Gestaltungsvorschriften gefeit, die ihm nachträglich Beschränkungen seiner gestalterischen Freiheit auferlegt. Vertrauensschutzgesichtspunkten116 kommt die entscheidende Rolle bei der Bewertung der Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise der Kommune zu. Die rechtliche Bewertung einer solchen nachträglichen Beschränkung der Gestaltungsfreiheit muß danach differenzieren, ob das Grab bereits in einer bestimmten Weise gestaltet worden ist und diese Gestaltung nun nachträglich untersagt wird, oder ob bestimmte Gestaltungen verboten werden und dem Inhaber des Nutzungsrechts nun die Möglichkeit genommen wird, die Grabstätte in einer bestimmten Weise neu zu gestalten. Ferner ist zu berücksichtigen, ob zusätzliche Gestaltungsvorschriften nochmals verschärft werden, oder ob der Friedhofsträger Abteilungen

115

Vgl. Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632). In diese Richtung weisen auch die Ausführungen bei Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 11. 1,6 Hierzu auch: Gaedke, DFK 1997, 479 (480).

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit

235

mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften nachträglich zusätzlichen gestalterischen Anforderungen unterwirft.

A. Die Unterwerfung unter die jeweils geltenden Bestimmungen der Friedhofssatzung Als entscheidendes Argument für die grundsätzliche Zulässigkeit einer jederzeitigen nachträglichen Verschärfung der gestalterischen Anforderungen durch den Friedhofsträger wird die Unterwerfung des Grabstellenerwerbers unter die jeweils geltenden Bestimmungen der Friedhofssatzung angeführt 117. Eine solche Unterwerfungserklärung des Erwerbers findet sich in aller Regel in der den Erwerb der Grabstätte regelnden Urkunde. Nutzungsrechte jeder Art sollen daher nur mit denjenigen Einschränkungen zur Entstehung gelangen, die sich aus der jeweils geltenden Friedhofsordnung ergeben 118. Anders ausgedrückt: wenn der Bürger ein Grabnutzungsrecht erlangt hat, so muß er in der Erkenntnis, daß die bei der Begründung seines Nutzungsrechts geltende Friedhofsordnung abgeändert werden kann, von Anfang an damit rechnen, daß auch sein subjektives Recht abänderbar ist. Diese Paraphrasierung ist von Rupp 119 gewählt worden, um die Situation bei nachträglicher Beschränkung eines ursprünglich unbegrenzten Grabnutzungsrechts zu kennzeichnen, doch läßt sie sich ebenso auf die Situation bei den Grabgestaltungsrechten anwenden, da auch die Beschränkung des Gestaltungsrechts einen Eingriff in ein subjektives Recht bedeutet. Wenn aber jede subjektive Rechtsposition aufgrund der Wandelbarkeit des objektiven Rechts schon bei ihrer Begründung mit dem Vorbehalt der nachträglichen Modifizierung zu Ungunsten des Berechtigten belastet ist, zeitigt dies immense Folgen. Letztlich kommt es zur völligen Relativierung aller subjektiven Rechte 1 2 0 . Eine nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Nutzungsberechtigten kann daher nicht mit dem Hinweis auf die Anerkennung der jeweils geltenden Friedhofsordnung gerechtfertigt werden. Im übrigen ist in diesem Kontext wiederum zu bedenken, daß eine Unterwerfung des Nutzungsberechtig-

117 So VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 13; VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). Vgl. auch Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 54; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 191; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Mai 1992), Rn. 14. 1,8 VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475). 119 Rupp, DÖV 1960, 796 (797). Ähnlich zudem Boehmer, FischersZ 71 (1935), 185 (207); Fink, JuS 1968, 83 (87) und Fn. 38. 120 So Rupp, DÖV 1960, 796 (797). Weniger scharf Fink, JuS 1968, 83 (87) und Fn.

38.

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

ten im Fall der mit Benutzungszwang und faktischer Monopolstellung versehenen Bestattungsplätze ohnehin nicht in Betracht kommen kann 121 .

B. Die Verschärfung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften Das Unterwerfungs-Argument könnte allenfalls dann überzeugen, wenn und soweit eine Grabstelle bereits in einem Grabfeld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erworben worden ist. In diesem Fall sieht sich der Grabstellenerwerber von vornherein mehr oder minder starken gestalterischen Vorgaben ausgesetzt. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse kann es dem Erwerber daher bewußt sein, daß der Friedhofsträger im fraglichen Bereich des Friedhofs ein besonderes Gestaltungsziel verfolgt 122 . Diese Argumentation vernachläßigt allerdings einen wesentlichen Aspekt. Zwar ist dem Nutzungsberechtigten, der eine Grabstelle in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erwirbt, in aller Regel bewußt, daß der Friedhofsträger einem besonderen gestalterischen Ziel nachgeht. Aus diesem Umstand alleine ist es dem Nutzungsberechtigten jedoch in keiner Weise ersichtlich, in welcher Weise der Friedhofsträger dieses Ziel zu erreichen gedenkt. Verbieten also die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften beispielsweise die Verwendung von Beton, Terrazzo, Kork und Glas, so kann der Nutzungsberechtigte aus diesen Verboten nicht erkennen, ob der Friedhofsträger demnächst zusätzlich die Verwendung von Emaille, Bronze oder Eisen verbieten wird. Mit dem Hinweis darauf, daß sich der Nutzungsberechtigte der Verfolgung eines gestalterischen Ziels durch den Friedhofsträger bewußt sein muß, wird daher letztlich jeglicher Vertrauensschutz des Nutzungsberechtigten verneint. Die Gewährleistung hinreichenden Schutzes der Nutzungsberechtigten erscheint umso dringlicher, wenn die Vorgehensweise des Satzunggebers anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung von Normen überprüft wird. Bei der Verschärfung von Grabgestaltungsvorschriften handelt es sich um die Einwirkung auf eine gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehung für die Zukunft und damit um einen Fall der sogenannten unechten oder retrospektiven Rückwirkung. Zur Bestimmung der verfassungsrechtlichen Grenze für eine Norm mit unechter Rückwirkung ist das Vetrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Re-

121 Dazu bereits Teil 1, 2.Abschnitt, A. Auch wenn den kommunalen Bestattungsplätzen keine Monopolstellung zukommen würde, müßte sich die Unterwerfungklausel aufgrund sittenwidriger Beschränkung der Freiheit des Vertragspartners und Auslieferung an die Willkür des Vertragsgegners am Maßstab des § 138 BGB messen lassen; vgl. hierzu Boehmer, FischersZ 71 (1935), 185 (208). 122 Vgl. VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475).

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit

237

gelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abzuwägen123. Welche Bedeutung das Anliegen des Satzunggebers für das Wohl der Allgemeinheit hat, ist nach der hier vertretenen Auffassung eindeutig zu beantworten, da die zusätzlichen Gestaltungsvorschriften weder dazu bestimmt noch geeignet sind, den Friedhofszweck zu verwirklichen. Doch auch wenn man davon ausgeht, daß über den Erlaß zusätzlicher gestalterischer Anforderungen der Friedhofszweck zumindest gefördert wird, kann daraus nicht auf einen Vorrang gegenüber dem Vertrauensschutz des Nutzungsberechtigten gefolgert werden. Die Motivation für den Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften ist vornehmlich in dem Wunsch des Satzunggebers nach Schaffung einer einheitlichen Anlage zu erblicken 124 . Prononciert ausgedrückt: das Wohl der Allgemeinheit tritt im Fall zusätzlicher Gestaltungsvorschriften gegenüber dem Wunsch des Satzunggebers nach einheitlicher Grabgestaltung in den Hintergrund. Derartige Erwägungen sind ungeeignet, den Vertrauensschutz als nachrangig erscheinen zu lassen. Dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes kann der Satzunggeber damit nur unter der Voraussetzung genügen, daß die Verschärfung der Gestaltungsvorschriften durch zusätzliche Umstände gefordert wird 1 2 5 . Dies würde beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich eine bestimmte Form der Grabgestaltung als Gefährdung für andere Friedhofsbesucher oder die Allgemeinheit erwiesen hat, und dem über eine Novellierung der Gestaltungsvorschriften entgegengewirkt werden soll. Besteht zum Beispiel der Verdacht, daß entgegen den bisherigen Erfahrungen und Kenntnissen die Verwendung von Grababdeckplatten aufgrund der Bodenverhältnisse ein Hindernis für die ordnungsgemäße Verwesung darstellt, und erstarkt dieser Verdacht nach Einholung hydrogeologischer Gutrachten zum Faktum, so können die Gestaltungsvorschriften nachträglich um ein Verbot von Grabvollabdeckungen erweitert werden. Unzulässig ist hingegen die nachträglich eingeführte Bestimmung, wonach anstelle von Eisen- nur noch Bronzekreuze errichtet werden dürfen.

C. Die Verschärfung allgemeiner Gestaltungsvorschriften Widersprüche in der Argumentation der Unterwerfung tun sich auch dann auf, wenn dem Erwerber einer Grabstätte ohne zusätzliche Gestaltungsvor123

BVerfGE 14, 288 (300); BVerfGE 22, 241 (249); BVerfGE 24, 220 (230 f.); BVerfGE 25, 142(154). 124 Dies wird im übrigen auch von der herrschenden Meinung nicht bestritten, vgl. nur BVerwGE 17, 119(121). 125 A.A. Gaedke, DFK 1989, 185 (187).

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

schrifiten vorgehalten wird, er habe sich mit der Änderung der Gestaltungsvorschriften einverstanden erklärt 126 . Rechtstechnisch ist es der Friedhofsverwaltung zunächst ohne weiteres möglich, dem Grabstellenerwerber zur Wahrung seiner Grundrechte eine Wahlmöglichkeit einzuräumen und sich bei Auswahl einer Grabstätte ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften dann anschließend eine Unterwerfungserklärung unter die jeweils geltende Fassung der Friedhofssatzung aushändigen zu lassen. Bei getrennter Betrachtung der einzelnen Schritte der Verwaltung hat allerdings die Kritik anzusetzen. Das Wahlrecht des Grabstellenerwerbers zwischen einer Abteilung ohne zusätzliche und einer solchen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ist nach herrschender Auffassung Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Der Bürger kann von seinem Wahlrecht in der einen oder anderen Weise Gebrauch machen oder auf dessen Ausübung wirksam verzichten mit der Folge, daß die Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften erfolgt. Hat sich der Berechtigte aber ausdrücklich für ein Grab entschieden, das keinen zusätzlichen Gestaltungvorschriften Rechnung zu tragen hat, so ist von einem eindeutigen dahingehenden Willen des Erwerbers auszugehen127. Führt der Friedhofsträger das ZweiFelder-System ein, weist aber tatsächlich keine Abteilungen ohne zusätzliche Anforderungen aus, verstößt er gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Berechtigten. Dieser Situation kommt aber die nachträgliche Verschärfung der gestalterischen Anforderungen gleich. Wählt der Grabstellenerwerber eine Grabstätte mit lediglich allgemeinen Gestaltungsvorschriften und ändert der Friedhofsträger im Anschluß an den Erwerb die Friedhofssatzung, so daß im folgenden zusätzliche Gestaltungsvorschriften zu beachten sind, fehlt es an einer echten Wahlmöglichkeit des Grabstellenerwerbers, womit ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit vorliegt 128 . Auch rein praktisch leuchtet es nicht ein, warum sich der Grabstellenerwerber unmittelbar anschließend damit einverstanden erklären sollte, daß die Grabstelle jederzeit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften unterworfen werden kann. Hat der Erwerber der Grabstelle von seinem Wahlrecht in der Weise Gebrauch gemacht, daß er die Geltung zusätzlicher gestalterischer Anforderungen für seine Grabstelle ablehnt, wird er wohl kaum mit einer jederzeitigen Änderungsmöglichkeit durch den Friedhofsträger einverstanden sein. 126

So offensichtlich BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 13. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, daß eine Bestattung in einer Abteilung ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften ausschließlich dann erfolgt, wenn sich der Grabstellenerwerber ausdrücklich dahingehend geäußert hat. Fehlt es an einer expliziten Äußerung, so erfolgt die Bestattung nach der gängigen Praxis unter Geltung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften. 128 So im Ergebnis auch BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 1; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrecht, S. 191, allerdings nur für den Fall, daß sich der jeweilige Nutzungsberechtigte nicht mit der Anwendung der neuen zusätzlichen Gestaltungsbestimmungen ausdrücklich einverstanden erklärt hat. 127

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit

239

Eine so gelagerte Handhabung durch den Friedhofsträger oder die Friedhofsverwaltung kommt einer Irreführung des Normunterworfenen gleich. Dennoch läßt sich eine allgemeingültige Aussage nicht treffen, da es insoweit auf die Ausgestaltung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall ankommt. Entscheidende Bedeutung kommt insoweit - falls man die Möglichkeit einer Unterwerfung mit der herrschenden Meinung bejaht - der dem Bürger vorgelegten Urkunde zu. Die Folgen seiner Erklärung müssen sich bereits aus dieser selbst mit hinreichender Deutlichkeit ergeben. Da die Erklärung des Bürgers einer faktischen Aushöhlung seines ihm eingeräumten und grundrechtlich verbürgten Wahlrechts gleichkommt, muß zudem ebenso wie bei der Ausübung des Wahlrechts selbst eine eingehende Aufklärung und Beratung des Grabstellenerwebers über die Folgen seiner Erklärung gefordert werden. Unterbleibt diese Beratung oder ist die Unterwerfungserklärung mißverständlich ausgedrückt, ist das Vorgehen der Gemeinde rechtswidrig und die Erklärung nichtig.

I. Die Wahrung der Anstaltsautonomie als Rechtfertigung einer nachträglichen Verschärfung der Anforderungen Für die Möglichkeit einer nachträglichen Verschärfung der gestalterischen Anforderungen wird mitunter auch auf die Anstaltsautonomie rekuriert. Um die Anstaltsautonomie des Friedhofsträgers nicht unvertretbar zu beschränken, sei das Nutzungsrecht im öffentlichen Interesse nicht uneingeschränkt in seinem Bestand geschützt129. Die Berechtigung dieser Erwägung ist in ihrer Allgemeinheit nicht bestreitbar. Sie wird jedoch den besonderen Anforderungen des Friedhofsrechts - insbesondere soweit es um die Grabgestaltung geht - nicht gerecht. Der Autonomiegedanke selbst ist nicht nur politisch sinnvoll, sondern auch verfassungskonform 130. Die hinreichende Gewährleistung der Anstaltsautonomie des Friedhofsträgers ist jedoch bereits durch das Zwei-Felder-System selbst erreicht. Nach herrschender Auffassung ist der Anstaltsträger zur Durchsetzung eigener ästhetischer Anschauungen berechtigt, sofern und soweit er den Nutzungsberechtigten Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Die Möglichkeit der Durchsetzung eigener gestalterischer Vorstellungen sichert den aus der Anstaltsautonomie resultierenden Gestaltungsspielraum in ausreichender Weise. Die dem Bürger zur Verfügung zu stellenden Ausweichmöglichkeiten werden bereits durch die allgemeine Handlungsfreiheit gefordert und dienen deren

129 Vgl. VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). In diesem Sinne auch BVerwG, Buchholz 408.2 Nr. 13; Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 71. 130 Ossenbühl, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 101995, § 6 Rn. 64.

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Verwirklichung im Bereich der Grabgestaltung. Die Möglichkeit der Bestattung auf einem Grabfeld ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften muß jedoch nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich bestehen, wenn die Regelung vor Art. 2 I GG Bestand haben soll. Der Anstaltsautonomie werden durch die Grundrechte wirksame Grenzen aufgezeigt. Der Exekutive ist es unmöglich, sich über den Hinweis auf diese Autonomie der Grundrechtsbindung zu entziehen. Die nachträglich Unterwerfung unter zusätzliche Gestaltungsvorschriften kann durch den Hinweis auf die Anstaltsautonomie nicht gerechtfertigt werden. Keine Relevanz besitzt daher auch die Frage, ob über die Grabstelle schon verfugt und diese bereits benutzt worden ist 1 3 1 . Die Gewährleistung der Grundrechtsverwirklichung findet ihren Ansatzpunkt in der Ausübung des Wahlrechts. Mit der Ausübung selbst findet dieser Vorgang auch bereits sein Ende. Hat der Bürger das Grab aufgrund der von ihm getroffenen Entscheidung erworben, ist es für die Frage der Grundrechtsbetroffenheit ohne Bedeutung, wann genau nach diesem Zeitpunkt die Verschärfung der Gestaltungsvorschriften erfolgt. Der einzige Unterschied besteht in der verhältnismäßig stärkeren Belastung des Betroffenen, wenn die Grabstelle bereits benutzt worden ist, da in einem solchen Fall die Umbettung und die damit verbundene Störung der Totenruhe 132 die einzige Möglichkeit ist, der Geltung der zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auszuweichen. Das Recht auf Gestaltung ist aber bereits Konsequenz des bloßen Erwerbs der Grabstelle. Zu erblicken ist ein Grundrechtsverstoß damit auch in der Schaffung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften fur Grabstellen, die bereits erworben, aber noch nicht benutzt worden sind. Gleiches gilt für den sogenannten überwirkenden Bestandsschutz. Die Rechtsprechung verneint einen Anspruch darauf, daß die Gestaltungsvorschriften bis zum Ablauf des Nutzungszeitraums unverändert bleiben und dem Nutzungsberechtigten, nachdem er seine Gestaltungsbefugnis ausgeübt hat, auch noch nicht ins Werk gesetzte nachträgliche Änderungen - potentielle Gestaltungsrechte offengehalten werden. Sei bereits das ausgeübte Benutzungsrecht im öffentlichen Interesse in seinem Bestand nicht uneingeschränkt geschützt, so solle dies erst Recht für potentielle Gestaltungsrechte gelten 133 . Die Bedenken, denen sich jedoch eine Einschränkung des ausgeübten Benutzungsrechts ausgesetzt sieht, sind soeben dargelegt worden. Bereits der Rückschluß von den bereits ausgeübten auf die potentiellen Gestaltungsrechte ist deshalb nicht ohne weiteres mög-

131

So aber Gaedke, DFK 1989, 185 (187); ders., Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 191. Wie hier König, DFK 1994, 475. 132 Zur Umbettung als Angebot der Friedhofsverwaltung an den Nutzungsberechtigten siehe VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475). Dazu im folgenden Teil 4, 7.Abschnitt, C. IV. 133 VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). Ähnlich Gaedke, DFK 1989, 185 (187).

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der G e s t a l t u n g s f r e i h e i t 2 4 1

lieh. Auch sind die Grenzen zwischen schon ausgeübten und potentiellen Gestaltungsrechten mitunter fließend, was wiederum auf die Spezifika der Grabgestaltung zurückzuführen ist. Zur Verdeutlichung mag das folgende Beispiel dienen: Ein Nutzungsberechtigter bepflanzt die Grabstelle und gestaltet die Grabinschrift farblich. Es handelt sich hierbei um die erstmalige Gestaltung nach Erwerb der Grabstelle, so daß er sein Gestaltungsrecht ausgeübt hat. Im Anschluß daran ändert der Friedhofsträger die Gestaltungsvorschriften dahingehend, daß eine derartige Bepflanzung und Farbgestaltung nicht mehr zulässig sind. In diesem Fall wird das bereits ausgeübte Gestaltungsrecht beeinträchtigt. Wie verhält es sich jedoch, wenn die Pflanzen vor Erlaß der neuen Vorgaben eingegangen sind und die Farbe abgeblättert ist ? Handelt es sich nun, wenn der Nutzungsberechtigte dieselbe Gestaltung auch weiterhin wünscht, ihm dies jedoch untersagt wird, um die Beschränkung eines schon ausgeübten Gestaltungsrechts - weil dieselbe Gestaltung bereits bestand - oder wird lediglich ein potentielles Gestaltungsrecht eingeschränkt, weil die Erneuerung der Bepflanzung und Bemalung einer gestalterischen Neuanlage gleichkommt ? Gerade das Beispiel der Grabbepflanzung verdeutlicht die Schwierigkeiten, die sich bei einer Abgrenzung von potentiellen zu ausgeübten Gestaltungsrechten ergeben. Die gärtnerische Gestaltung von Gräbern kann von Jahreszeit zu Jahreszeit variieren 134 . Werden im Frühjahr die GestaltungsVorschriften so geändert, daß die anstehende Sommerbepflanzung nicht mehr zulässig ist, sind grundsätzlich nur potentielle Gestaltungsrechte betroffen. Das im Frühjahr erlassene Verbot einer Sommerbepflanzung stellt also lediglich die Beschränkung potentieller Gestaltungsrechte dar ? Dies erscheint widersinnig, da gerade die Wechselbepflanzung eine angemessene und ansehnliche Grabgestaltung, und damit auch die hinreichende Totenehrung gewährleistet. Die Wechselbepflanzung stellt sich dar als die fortwährende Ausübung ein und desselben Gestaltungsrechts, nicht hingegen als permanente Neugestaltung der Grabstätte. Die Differenzierung nach ausgeübten und potentiellen Gestaltungsrechten erweist sich somit als wenig praktikabel. Zudem spielen Vertrauensschutzerwägungen auch beim Ausschluß potentieller Gestaltungsrechte eine gewichtige Rolle. Sicherlich erlangen sie nicht eine derartige Relevanz wie im Falle bereits ausgeübter Gestaltungsrechte. Andererseits kann dem Nutzungsberechtigten aber auch nicht schlechterdings abverlangt werden, an einer einmal getroffenen Entscheidung hinsichtlich der Grabgestaltung für die gesamte Dauer des Nutzungsrechts festzuhalten. Bereits nach kurzer Zeit kann der Nutzungsberechtigte eine andere als die ursprünglich ge-

134 Vgl. zu den jahreszeitabhängigen Grabbepflanzungen: FriedhofsgärtnerGenossenschaft Köln eG (Hrsg.), Der Friedhof als Lebensraum; Centrale Marketinggesellschaft der Deutschen Agrarwirtschaft mbH (Hrsg.), Falthefte zur Grabpflege im Früh ling, Sommer, Spätsommer, Herbst/Winter. 16 Spranger

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

wählte Grabgestaltung für angemessen halten. Gegebenenfalls stehen ihm mittlerweile ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung, an deren Mangel die ursprünglich gewünschte Grabgestaltung anfänglich gescheitert ist. In diesen Fällen ist der Nutzungsberechtigte in seinem Vertrauen auf den Fortbestand der Gestaltungsvorschriften in ihrer ursprünglichen Fassung schützenswert. Warum den gestalterischen Interessen des Anstaltsträgers in einer solchen Situation der Vorrang gegenüber den beschriebenen Individualinteressen eingeräumt werden sollte, ist nicht ersichtlich, und wird auch in keiner Weise näher dargelegt.

IL Die Forderung durch den Anstaltszweck Ferner wird die Befugnis des Anstaltsträgers zur Verschärfung von Gestaltungsvorschriften angenommen, wenn und soweit der Anstaltszweck solche Änderungen erfordert. Die Zielsetzung der Erhaltung von Grünbereichen und die Vermeidung der hydrogeologisch problematischen Verdichtung des Bodens durch Grabvollabdeckungen soll sich dabei im Rahmen des Friedhofszwecks halten 135 . Bei Zugrundelegung des herrschenden weiten Verständnisses des Anstaltszwecks wird das Zwei-Felder-System durch diese Konstruktion letztlich obsolet und die Grundrechtsverwirklichung der Anstaltsbenutzer mehr als fraglich. Der Friedhofszweck erfordert nach der durchweg vertretenen Auffassung auch eine Einfügung des Einzelgrabes in das Gesamterscheinungsbild des Friedhofs. Der Rückgriff auf den Durchschnittsmaßstab zur Bestimmung der Würde einer Grabgestaltung ermöglicht dem Friedhofsträger weitere Beschränkungen in gestalterischen Fragen. Ist es folglich dem Anstaltsträger gestattet, zur Begründung einer nachträglichen Verschärfung der Gestaltungsvorschriften auf den Friedhofszweck zu verweisen, so können sämtliche Abteilungen mit lediglich allgemeinen Gestaltungsvorschriften unproblematisch unmittelbar nach dem Erwerb der Geltung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften unterworfen werden. Den Grundrechten des Nutzungsberechtigten wäre bei einer solchen Vorgehensweise des Satzunggebers über die bloße Einräumung der Wahlmöglichkeit genüge getan. Daß nach erfolgter Wahl aufgrund der Änderung der Gestaltungsvorschriften eine tatsächliche Ausübung des Gestaltungsrechts nicht mehr möglich wäre, scheint nicht zu interessieren. Eine solche Vorgehensweise stellt sich als krasser Gegensatz zu den vom Bundesverwaltungsgericht 136 zur Grabgestaltung aufgestellten Grundsätzen dar. Die Schaffung zusätzlicher Gestaltungsvorschriften soll dem Satzunggeber nur dann möglich sein, wenn Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen, also auch tatsächlich vorhanden 135 136

So VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). Seit BVerwGE 17, 119 ff.

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit

243

sind. Die Definition des Friedhofszwecks muß demnach nach ihren jeweiligen Bestandteilen getrennt herangezogen werden. Scheidet der Hinweis auf die dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechende würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks als Rechtfertigung nachträglicher Verschärfung gestalterischer Anforderungen aus, verbleibt die Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung als das in diesem Zusammenhang relevante Element der Zweckbestimmung der Friedhöfe. Ist es für die Aufrechterhaltung einer geordneten Leichenbestattung unerläßlich, so kann der Satzunggeber auch im nachhinein zusätzliche Gestaltungsvorschriften erlassen. Eine Beeinträchtigung der geordneten Leichenbestattung kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn ein Grabdenkmal aufgrund seiner Abmessungen die Benutzung eines angrenzenden Weges unmöglich macht. Auch die Verhinderung einer hydrogeologisch problematischen Verdichtung des Erdreiches ist vor diesem Hintergrund ein legitimes Ziel, zu dessen Verfolgung ein nachträgliches Verbot von Grababdeckungen erlassen werden darf. Voraussetzung bleibt allerdings, daß aufgrund entsprechender Gutachten auch tatsächlich nachgewiesen ist, daß Grababdeckungen eine solche Verdichtung des Erdreiches bewirken. Bloße Befürchtungen des Friedhofsträgers erweisen sich als unzureichend. Nicht der Friedhofszweck, wie er bislang verstanden wird, sondern lediglich der Aspekt der Ermöglichung einer ordnungsgemäßen Bestattung kann damit vom Friedhofsträger zur Rechtfertigung einer nachträglichen Verschärfung der gestalterischen Anforderungen herangezogen werden.

III. Sonstige legitime Zielsetzungen Auch sonstige, außerhalb des Friedhofszwecks in seiner herkömmlichen Bestimmung liegende Umstände sollen den nachträglichen Erlaß von gestalterischen Vorgaben rechtfertigen können, sofern sie nicht auf eine Aushöhlung des Gestaltungsrechts des Nutzungsberechtigten hinauslaufen. Auf eine überragende Bedeutung dieser Ziele oder ähnliche ein Übergewicht 137 ausdrückende Aspekte abzustellen, erscheint in Anbetracht der herrschenden friedhofsrechtlichen Auffassung wenig praktikabel. Da sämtliche Gestaltungsvorschriften letztlich der Vereinheitlichung der Grabgestaltung dienen, und der „Gesamtcharakter" des Friedhofs als „Gemeinschaftsanlage" angeblich den Vorrang gegenüber den Individualinteressen verdient, ließe sich ein Übergewicht der gestalterischen Interessen des Satzunggebers gegenüber den Individualinteressen eines Nutzungsberechtigten stets begründen. Daher muß gewährleistet sein, daß die Motivation des Satzunggebers nicht im gestalterischen Bereich zu suchen ist. Die 137

16*

So jedoch Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 191.

244

Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

Zielsetzung des Satzunggebers, Grünbereiche zu erhalten, soll damit legitim sein, wenn über sie der wachsenden Bedeutung des Friedhofs in ökologischer Hinsicht Rechnung getragen wird 1 3 8 . Die Berechtigung dieses Ansatzes muß bezweifelt werden. Geht es dem Friedhofsträger lediglich um die Erhaltung von Grünbereichen, um dem Friedhof einen besonderen parkähnlichen Charakter zu verleihen, sind die Erwägungen ästhetischer Natur und damit ungeeignet, eine nachträgliche Änderung der Gestaltungsvorschriften zu Lasten der Nutzungsberechtigten zu tragen. Außerdem erscheint es auch unter rein praktischen Erwägungen zweifelhaft, inwieweit die wachsende ökologische Bedeutung der Bestattungsplätze eine nachträgliche Verschärfung gestalterischer Vorgaben erforderlich macht. Es muß davor gewarnt werden, in jede Bepflanzung einer Friedhofsfläche ökologische Erwägungen hineinzuprojizieren, und so zum Beispiel das nachträgliche Verbot von Grababdeckplatten zu rechtfertigen, weil auf diesem Weg die bepflanzbare Fläche vergrößert wird. Der ökologische Wert eines Friedhofs wird gerade durch die vielen verschiedenen Mauern, Einfassungen, Materialien und Bepflanzungen ausgemacht. Gestalterische Vielfalt entspricht der Ökologie daher eher als die durch Gestaltungsvorschriften verursachte monotone Einheitlichkeit. Bedenkt man zudem die überragende Bedeutung der Totenehrung, so bleibt als Ergebnis festzuhalten, daß ökologische Erfordernisse eine nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit regelmäßig nicht rechtfertigen können.

IV. Das Angebot der Umbettung als nachträglich eingeräumte Wahlmöglichkeit Hat der Satzunggeber eine Abteilung nachträglich zusätzlichen Gestaltungsvorstellungen unterworfen, ohne daß er zu diesem Vorgehen legitimiert gewesen ist, stellt sich die weitere Frage nach der Notwendigkeit einer mit diesem Vorgehen verbundenen Sanktion. Oder genauer: vermag der Satzunggeber gegebenenfalls dem Stigma der Rechtswidrigkeit seiner Regelung zu entgehen ? Unter Umständen kann der Friedhofsträger den Gestaltungswünschen der Nutzungsberechtigten im Falle einer nachträglichen Änderung der gestalterischen Vorgaben dadurch Rechnung tragen, daß er den Betroffenen eine kostenfreie Umbettung in einen anderen Friedhofsteil anbietet, in dem diese ihre Vorstellungen durchzusetzen vermögen 139 . Eine Umbettung ist jedoch zwangsläufig mit einer Störung der Totenruhe verbunden. Nach religiöser und sittlicher Anschauung der Allgemeinheit und nach allgemeinem Pietätsempfinden darf ein Toter, der einmal beigesetzt worden ist, in seiner Ruhe nicht mehr gestört wer138

Vgl. VGH Baden-Württemberg, DÖV 1992, 840 (841). Von einer solchen Möglichkeit geht der VGH Baden-Württemberg, (DÖV 1988, 474 (475)) aus. 139

7. Abschnitt: Nachträgliche Beschränkung der G e s t a l t u n g s f r e i h e i t 2 4 5

den 140 . Die Totenruhe ist Ausfluß der Menschenwürde 141 und wird strafrechtlich durch § 168 StGB geschützt. Das an den Nutzungsberechtigten gerichtete Angebot einer kostenfreien Umbettung des Verstorbenen ist daher nur dann zulässig, wenn sich zugleich die mit der Umbettung notwendigerweise einhergehende Störung der Totenruhe rechtfertigen läßt. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Totenruhe ist nur dann zulässig, wenn sie durch wichtige Gründe gerechtfertigt ist 142 . Diese Gründe müssen nicht ebenfalls auf sittlichem Gebiet liegen 143 . Auch zwingende öffentliche Gründe können eine Umbettung gebieten, so beispielsweise, wenn ein Friedhofsteil dringend anderen öffentlichen Zwecken dienstbar gemacht werden soll, bevor die Ruhezeit der dort befindlichen Gräber abgelaufen ist 144 . Inwieweit eine Umbettung allerdings aus gestalterischen Gründen gerechtfertigt werden kann, ist größtenteils ungeklärt. Der Umstand, daß sich ein bestimmungsberechtigter Angehöriger bei der Auswahl der Grabstätte irrig davon leiten ließ, für diesen Teil des Friedhofs würden keine zusätzlichen Gestaltungsvorschriften gelten, soll das Verlangen nach einer Umbettung nicht rechtfertigen 145 . Unbeantwortet ist hingegen, ob gestalterische Gründe aufgrund einer planerischen Neukonzeption des Friedhofs eine Umbettung rechtfertigen können 146 . Reine betriebstechnische Gründe, wie zum Beispiel die Anlegung neuer Wege oder die Erweiterung der Friedhofskapelle, sollen als Grund für die Umbettung jedenfalls nicht ausreichen 147. Ist anderenfalls der ordnungsgemäße Betrieb des Friedhofs nicht mehr sicherzustellen, muß jedoch auch der Hinweis auf rein betriebstechnische Gründe ausreichen und eine Umbettung rechtfertigen. Derartige Konstellationen werden aber in der Praxis kaum anzutreffen sein. Im Gegensatz zu den genannten planerischen Erwägungen kann es nicht hingenommen werden, wenn der Anstaltsträger zur Rechtfertigung einer Umbettung auf gestalterische Erwägungen verweist. Die Totenruhe darf nicht einer

140 VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 219. 141 BVerwGE 45, 224 (230); Gaedke, Städte- und Gemeindebund 1974, 305 (306); BVerwG, BayVBl 1978, 642; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.X (Stand: Oktober 1995), Rn. 10. 142 OVG Berlin, DÖV 1964, 557 (558); LG Kiel, FamRZ 1986, 56 (58); VGH Baden· Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); OLG Oldenburg, FamRZ 1990, 1273 (1274); OVG Koblenz, NVwZ 1995, 510 (512). 143 So aber Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 219; vgl. aber auch ders., aaO, S. 223. 144 VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475); Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 223. 145 Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.X (Stand: Oktober 1995), Rn. 11. 146 Offengelassen von VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475). 147 Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 223.

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Teil 4: Ausgestaltung und Folgen des Zwei-Felder-Systems

etwaigen gestalterischen Sturm-und-Drang-Phase des Friedhofsträgers zum Opfer fallen. Zu bedenken ist hier vor allem die postmortale Wirkung der Menschenwürde. Die postmortale Herabwürdigung oder Erniedrigung in diesem allgemeinen Achtungsanspruch ist mit dem verfassungsverbürgten Verbot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde unvereinbar 148. Was aber anderes als eine Verobjektivierung des Toten ist es, wenn eine Umbettung zwecks Durchsetzung ästhetischer Anschauungen des Friedhofsträgers erfolgt ? Eine Umbettung aus gestalterischen Gründen stellt einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar und ist daher keine Möglichkeit, auf die der Friedhofsträger bei nachträglichem Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften verweisen darf 449 . Die Frage der Kostentragungspflicht für die Umbettung 150 ändert nichts an dieser Beurteilung. Umgekehrt müssen gestalterische Gründe eine Umbettung rechtfertigen können, wenn es um die Berücksichtigung der Wünsche des Verstorbenen geht. Die Grabgestaltung ist Ausfluß der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen. Ist der Verstorbene irrigerweise auf einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften beigesetzt worden, so stellt die anschließende Umbettung zwar eine Beeinträchtigung der Totenruhe dar, dient aber gleichzeitig auch der tatsächlichen Geltung der Menschenwürde, da so dem letzten Willen des an falscher Stelle Bestatteten entsprochen wird. Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch den Grundsatz, daß ein die Umbettung rechtfertigender wichtiger Grund vorrangig in dem Willen des Verstorbenen zu erblicken ist 1 5 1 . Ebenso wie die abweichende Bestimmung des Bestattungsortes durch den Verstorbenen eine Umbettung rechtfertigt, kann die Umbettung zulässig sein, wenn der Verstorbene entgegen einem einmal geäußerten Willen in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften beigesetzt worden ist.

148

So BVerfGE 30, 173 (194). Einschränkend Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 23. 150 Dieser Aspekt wird betont durch VGH Baden-Württemberg, DÖV 1988, 474 (475). 151 LG Kiel, FamRZ 1986, 56 (58); OLG Oldenburg, FamRZ 1990, 1273 (1274). 149

Teil

Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften Die kommunalen Friedhofssatzungen enthalten vielfach mittelbare Gestaltungsvorschriften. Unter diesen Begriff müssen alle diejenigen Satzungsklauseln gefaßt werden, deren unmittelbarer Bezugspunkt nicht die Erscheinung der Grabstätte, also deren Gestaltung ist, sondern die vielmehr einen vollkommen anderen Zweck verfolgen 1, sich aber dennoch mittelbar auf die Grabgestaltung auswirken. Derartige Vorgaben werden von der friedhofsrechtlichen Praxis nicht durchgehend den Gestaltungsvorschriften zugerechnet. Eine Darstellung der mittelbaren gestalterischen Vorgaben im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist aufgrund der von diesen ausgehenden gravierenden Folgen für die äußere Erscheinung der Grabstätte dennoch angezeigt.

7. Abschnitt Der Ausschluß der Grabgestaltung für Tot- oder Fehlgeburten Vollkommen uneinheitlich zeigt sich die friedhofsrechtliche Lage im Fall der Bestattung von Tot- oder Fehlgeburten. Gemäß § 29 I, II der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes handelt es sich um eine Totgeburt, wenn sich nach der Scheidung vom Mutterleib keine Lebenszeichen - Herzschlag, Pulsieren der Nabelschnur, natürliche Lungenatmung - gezeigt haben, das Gewicht der Leibesfrucht jedoch mindestens 500 Gramm beträgt. Gemäß § 29 III PStV ist die Frucht eine Fehlgeburt, wenn sich keines der Merkmale des Lebens gezeigt hat, und das Gewicht der Leibesfrucht weniger als 500 Gramm beträgt. Sofern die einschlägigen landesrechtlichen Friedhofs- und Bestattungsgesetze auf Tot- und Fehlgeburten eingehen, haben sie diese Unterscheidung übernommen2. Schwierigkeiten treten auf, sobald es um die Frage der Zulässigkeit einer Bestattung von Tot- und Fehlgeburten geht. 1 Dies ist insoweit der entscheidende Unterschied zu den nicht ausdrücklich deklarierten Gestaltungsvorschriften, die aber dennoch gestalterische Ziele verfolgen. Vgl. hierzu oben, Teil 2, 2. Abschnitt. 2 Vgl. Art. 6 I des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 9 I des sächsischen Gesetzes über das Friedhofs- Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz). Vgl. ferner die amtliche Begründung zu § 8 II 2 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz), abgedruckt bei: Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, 1984, S. 17.

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Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

Grundsätzlich unterliegen Fehlgeburten nicht dem Bestattungszwang. Es fragt sich, ob die Eltern sich dennoch für eine Bestattung einsetzen können, um auf diesem Wege die Möglichkeit zu erlangen, eine der Totenehrung angemessene Grabstätte anzulegen. In Sachsen besteht die Vorgabe, daß auf Wunsch eines Elternteils auch Fehlgeborene zur Bestattung zuzulassen sind, sofern die Fehlgeburt später als zwölf Wochen nach der Empfängnis stattgefunden hat3. Totgeborene gelten hingegen als menschliche Leiche und unterliegen damit der Bestattungspflicht 4. Gleich zeigt sich neuerdings die rechtliche Lage in Bayern 5. In den übrigen Bundesländern kann die Bestattung einer Fehlgeburt durch die Friedhofssatzung oder im Einzelfall zugelassen werden 6. Anderenfalls sind Fehlgeburten unverzüglich hygienisch einwandfrei und dem sittlichem Empfinden entsprechend zu beseitigen, soweit und solange sie nicht medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen oder als Beweismittel von Bedeutung sind7. Soweit die Fehlgeburten nicht experimentalen Zwecken dienen, besteht die geforderte „dem sittlichen Empfinden entsprechende" Beseitigung regelmäßig in der gemeinsamen Verbrennung mit Krankenhausmüll 8. In der friedhofsrechtlichen Praxis stellt die Zulassung der Bestattung durch die Friedhofssatzung eine seltene Ausnahme dar, so daß Fehlgeburten in aller Regel zu beseitigen sind, sofern nicht die Friedhofsverwaltung ausnahmsweise doch die Bestattung genehmigt. Tatsächlich wird sogar bezweifelt, ob für die Bestattung von Fehlgeburten überhaupt ein Bedürfnis besteht9. Im Personenstandsrecht mag die Unterscheidung zwischen Tot- und Fehlgeburten angehen. Im Friedhofsrecht jedoch führt die Übertragung dieser Differenzierung zu schier unerträglichen Konsequenzen, indem eine Gewichtsgrenze über den Umfang des Rechts auf Totenehrung entscheidet. Es ist daher unzutreffend, den Grund für die fehlende Möglichkeit einer würdigen Bestattung im Nicht-Vorhandensein

3

§ 18 II 1 des sächsischen Bestattungsgesetzes. §§ 9 I 3 Nr. 2, 18 I 1 des sächsischen Bestattungsgesetzes; vgl. auch Tröndle, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 481997, vor § 211 Rn. 2. 5 Art. 6 I des bayerischen Bestattungsgesetzes. 6 Vgl. Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 21984, S. 95; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 113. 7 § 30 II des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes; Art. 6 III des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 10 II 1 des hamburgischen Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen. Vgl. auch Seeger, Bestattungsrecht in BadenWürttemberg, 21984, S. 95; Ullmann, FamRZ 1991, 898 (901, Fn. 27). 8 Rheinischer Merkur vom 09.11.1990, abgedruckt in: Das Bestattungsgewerbe 1991, 75 f.; Donau-Kurier vom 11.02.1991, abgedruckt in: Das Bestattungsgewerbe 1991, 156; Stollwerk-Brauers, DFK 1994, 33. 9 So Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.I (Stand: Oktober 1995), Rn. 4. Offenbar derselben Ansicht sind auch Ullmann, FamRZ 1991, 898 (901, Fn. 27); ders., NJW 1994, 1575; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 43. 4

1. Abschnitt: Grabgestaltung für Tot- oder Fehlgeburten

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entsprechender Kleinkindersärge zu erblicken 10 . Die nötigen Behältnisse ließen sich schnell und unproblematisch herstellen, wenn die Kommunen die Bestattung von Fehlgeburten genehmigen würden.

A. Die Würde des ungeborenen Lebens als Leitgedanke für die Bestattung von Fehlgeburten Die im Rahmen der Abtreibungsdiskussion geführte Auseinandersetzung um den Schutz ungeborenen Lebens soll und kann an dieser Stelle nicht eingehend dargestellt werden. Es bedarf jedoch einer kurzen Auseinandersetzung mit den wesentlichen Aspekten, soweit sie Auswirkungen auf den Bereich des Friedhofsrechts zeigen. Ein Teil der verfassungsrechtlichen Literatur will den Lebensschutz einzig personalen Wesen zusprechen, die das Bewußtsein ihrer Identität im Zeitablauf haben11. Ebenso soll die Menschenwürde nur geborenen Menschen zukommen12. Die gegen diese Ansicht vorzubringenden Argumente sind hinlänglich bekannt. Zum einen verbieten es die in der Zeit des Dritten Reichs gemachten Erfahrungen, eine Unterscheidung zwischen wertem und unwertem Leben vorzunehmen. Zum anderen beinhaltet jede Form der Ausnahme vom Grundrechtsschutz die Gefahr weiterer Ausnahmen in sich. Schließlich läßt sich jede Zäsur im Grundrechtsschutz - egal, an welchem Entwicklungsstadium diese ansetzt - sachlich nicht begründen, zumal auch Kinder mit geringsten Geburtsgewichten aufgrund der technischen Weiterentwicklungen im Bereich der Geburtshilfe zunehmend Überlebenschancen haben13. Die Grundrechtsträgerschaft des Menschen beginnt folglich bereits mit der Befruchtung der Eizelle 14 , spätestens jedoch mit der Nidation 15 . Auch das sich entwickelnde Leben nimmt an dem Schutz teil, den Art. 1 I 2 GG der Menschenwürde gewährt; denn wo menschliches Leben existiert, kommt ihm auch Menschenwürde zu 16 .

10

So jedoch Zagar, DFK 1995, 159. Dieses Argument pervertiert, wenn man bedenkt, daß sogar für Haustiere Särge in verschiedenen Größen angeboten werden; vgl. „Ewige Ruhe in der Lautsprecherbox", in: Stern vom 10.10.1996, S. 198. 11 Wernicke , in: Bonner Kommentar, Art. 2 GG, Abschn. II 2 b); Hoerster, JZ 1991, 503. 12 Ehmke, in:Arndt/Erhard/Funcke, Der § 218 StGB vor dem Bundesverfassungsgericht, 1979, S. 180; Hoerster, JuS 1989, 172 (173); Frommel, Das Parlament 1990, Beilage 14, S. 13; Wernicke , in: Bonner Kommentar, Art. 2 GG, Abschn. II 2 b). 13 Ullmann, FamRZ 1991, 898 (901). 14 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III, 1. Halbband, S. 1057; Spann, Justitia und die Ärzte, 1979, S. 14. 15 BVerfGE 39, 1 (37); Leisner, Das Recht auf Leben, 1976, S. 22; BVerfGE 88, 203 (252); Brohm, JuS 1998, 197 (200 f.). 16

BVerfGE 39, 1 (41); BVerfGE 88, 203 (252).

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Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

Verfügt bereits das ungeborene Leben über menschliche Würde, und ist die angemessene Totenehrung deren unmittelbarer Ausdruck, so muß durchgehend die Möglichkeit gewährleistet sein, auch eine Fehlgeburt zu bestatten, da nur für diesen Fall eine Grabstätte angelegt und entsprechend geschmückt werden kann. Es ist inkonsequent, einerseits die Möglichkeit einer Zäsur bei der Bewertung menschlicher Würde zu verneinen, andererseits aber die Totenehrung vom Gewicht des Fötus abhängig zu machen . Zudem stellt es einen eklatanten Widerspruch zum grundgesetzlichen Würdeschutz dar, wenn die „Beseitigung" mag sie auch entgegen der momentanen Handhabung dem sittlichen Empfinden entsprechend erfolgen - zum Regelfall erhoben wird, hingegen ein Anspruch der Eltern auf Bestattung der Frühgeburt und damit einhergehender Grabgestaltung und Totenehrung nicht besteht. Es kann nicht angehen, daß der mit menschlicher Würde versehene Fötus zunehmend ohne Benachrichtigung und Einwilligung der Eltern medizinischen Institutionen zu experimentellen Zwecken übergeben wird und dort verbleibt 17 , und anschließend regelmäßig als Sondermüll „entsorgt" wird 18 . Somit steht es nicht im Ermessen der Gemeinde, die Bestattung einer Frühgeburt zu erlauben. Vielmehr handelt es sich um eine unmittelbar aus Art. 1 12 GG resultierende Pflicht des Friedhofsträgers.

B. Das Recht der Eltern auf Totenehrung Verstößt die derzeit gängige Praxis bereits gegen die Würde des noch ungeborenen Lebens, soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit Rechte der Eltern betroffen sind. Menschenwürde und allgemeine Handlungsfreiheit gewährleisten eine angemessene Totenehrung. Diese besteht nicht nur im stillen Gedenken an den Verstorbenen, sondern auch und gerade in der Anlage und Pflege einer Grabstätte. Bereits die ohne Benachrichtigung der Eltern erfolgende Übergabe von Fehl- oder Totgeburten an medizinische Einrichtungen 19 schließt eine Totenehrung größtenteils aus und stellt einen Eingriff in die elterlichen Rechte dar. Gleiches muß aber für die kommunale Friedhofspraxis gelten, wonach für Fehlgeburten die Möglichkeit einer Bestattung grundsätzlich nicht zur Verfügung gestellt wird. Den durch den Tod des Babys ohnehin enorm belasteten Eltern 20 wird keine Möglichkeit des Abschiednehmens gegeben, das Totengedenken am Grab des Kindes wird vollkommen aus17

Vgl. Rheinischer Merkur vom 09.11.1990, abgedruckt in: Das Bestattungsgewerbe 1991, 75 f.; Sperling, DFK 1985, 296. 18 Vgl. Stollwerk-Brauers, DFK 1994, 33. 19 Vgl. Sperling, DFK 1985, 296. 20 So auch Schanzmann, DFK 1985, 249 (250); Sperling, DFK 1985, 296; StollwerkBrauers, DFK 1994, 33; Zagar, DFK 1995, 159 (160). Vgl. ferner VG Augsburg, ZfF 1971,37(38).

1. Abschnitt: Grabgestaltung für Tot- oder Fehlgeburten

251

geschlossen. Das Recht auf Totenehrung mit der herrschenden friedhofsrechtlichen Ansicht im Falle der Fehlgeburten schlicht nicht anzuerkennen bedeutet entweder, den Fötus unzulässigerweise nicht als Menschen einzuordnen, oder aber den Eltern für den Fall einer Fehlgeburt vollkommen realitätsfremd das Gefühl der Trauer abzusprechen.

C. Die Bestattung von Fehlgeburten und das grundgesetzliche Eltern- und Familienrecht In einer Rundverfügung der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover wird die Auffassung vertreten, daß eine formlose Beseitigung von Totgeburten ohne Wissen der Eltern gegen das in Art. 6 GG garantierte Elternrecht verstößt, welches auch bereits die Fürsorge für das totgeborene Kind umfasse und ein Verfügungsrecht über den Leichnam einschließe21. Auch die herrschende Meinung geht allgemein - allerdings unter Verneinung der Möglichkeit dinglicher Rechte am Leichnam - von einem aus dem Familienrecht als ganzem herrührenden, dem Zivilrecht zugeordneten Verfügungsrecht der Angehörigen aus, dessen wichtigste Befugnis darin bestehe, den Leichnam angemessen zu bestatten 22 . Die Veranlassung der Bestattung des Verstorbenen wird sogar als aus der Totenfürsorge resultierende Pflicht apostrophiert 23. Gleichwohl werden diese allgemeinen Aussagen nicht auch auf Fehlgeburten übertragen. Diese zwiegespaltene Interpretation des Totenfürsorgerechts als Ausfluß des Eltern- und Familienrechts ist unter keinen Gesichtspunkten gerechtfertigt. Für die weitere Beurteilung ist es bedeutungslos, ob man die Totenfürsorge aus Art. 6 GG ableitet, oder diese als über Art. 2 I GG geschützte Nachwirkung des familienrechtlichen Verhältnisses begreift 24. Von Relevanz ist einzig die Feststellung, daß eine selbständig neben dem Recht auf Totenehrung stehende Pflicht zur Totenfürsorge existiert, die es den Hinterbliebenen aufgibt, den Verstorbenen zu bestatten. Warum diese Pflicht im Falle der Totgeburten bestehen soll, im Falle abgetriebener Kinder oder Fehlgeburten jedoch nicht, ent-

21

Vgl. Sperling,, DFK 1985, 296. Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 96; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 120; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 46; Klingshirn., Bestattungsrecht in Bayern, Erl.VI (Stand: Oktober 1995), Rn. 14a; Edenhofer, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 571998, vor § 1922 Rn. 9; Stokkert, BtPrax 1996, 203 (205). Vgl. ferner: Kießling, NJW 1969, 533 (534 und 537); Westermann,, FamRZ 1973, 614 (616). 23 So Kießling, NJW 1969, 533 (535); Westermann,, FamRZ1973, 614 (616); Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 46. 24 So Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.VI (Stand: Oktober 1995); Rn. 14a; Brohm, JuS 1998, 197 (200). 22

252

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

behrt jeder Grundlage. Wer die Existenz menschlichen Lebens ab Befruchtung der Eizelle oder Nidation bejaht, der kann die Totenfürsorge für totgeborene Kinder mit einem Gewicht unter 500 Gramm nicht ausschließen. Eine Rechtfertigung für die Übernahme personenstandsrechtlicher Standards in das Friedhofs- und Bestattungsrecht läßt sich nicht herleiten. Auf einfachrechtlicher Ebene gilt es schließlich zu bedenken, daß aus dem Recht der Totenfürsorge auch ein Recht zum Besitz am Leichnam resultiert. Als Inhaber eines absoluten Familienrechts können die Eltern einer Fehlgeburt daher die Herausgabe des Leichnams von jedem Dritten verlangen, der Ihnen den Leichnam widerrechtlich vorenthält 25. Als Eingriff in dieses Recht erweist sich insbesondere die derzeitige Handhabung26, Fehlgeborene ohne elterliche Einwilligung an medizinische Einrichtungen zwecks Vornahme experimenteller Handlungen zu übergeben. Soweit sich in einigen landesrechtlichen Bestimmungen der Hinweis findet, daß Fehlgeburten zu beseitigen sind, soweit und solange sie nicht medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen27, kann hierin keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage erblickt werden. Unter Berücksichtigung der bereits getroffenen Feststellungen zur Würde des ungeborenen Lebens sowie zu den elterlichen Rechten erweisen sich die entsprechenden Regelungen insoweit als unvereinbar mit höherrangigem Recht.

D. Ergebnis Die Würde des ungeborenen Lebens verbietet die derzeitige friedhofs- und bestattungsrechtliche Behandlung von Fehlgeburten. Die generelle Versagung der Zulassung zur Bestattung erweist sich als eklatant verfassungswidrig. Die Menschenwürde, aber auch das Recht auf Totenehrung sowie die Pflicht zur Totenfürsorge verlangen die Ermöglichung einer pietätvollen Bestattung auch von Fehlgeburten durch die politischen Gemeinden. Wünschen also die Eltern eine Bestattung ihres Kindes, so trifft die Gemeinden die Pflicht, eine enstprechende Grabstätte zur Verfügung zu stellen. Einhergehend mit diesem Bestattungsanspruch erlangen die Eltern das Recht, die Grabstätte entsprechend zu gestalten und auszuschmücken.

25 Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg,21984, S. 96; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 118; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 52; Stocken, BtPrax 1996, 203 (205); Edenhofer, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch,571998, vor § 1922 Rn. 9. 26 Vgl. Sperling, DFK 1985, 296. 27 § 30 II des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes; Art. 6 III des bayerischen Bestattungsgesetzes; § 10 II 1 des hamburgischen Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen. Vgl. auch Ullmann, FamRZ 1991, 898 (901, Fn. 27).

2. Abschnitt: Das allgemeine Kunststoff-Verbot

253

2. Abschnitt

Das allgemeine Kunststoff-Verbot Daß der Umweltschutz auch auf den Friedhöfen bereits Einzug gehalten hat, zeigt sich in der Untersagung des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Unkrautbekämpfungsmitteln bei der Grabpflege sowie - insoweit fur Fragen der Grabgestaltung von Interesse - dem mittlerweile fast durchgehend ausgesprochenen Verbot der Verwendung von Kunststoffen in sämtlichen Produkten der Trauerfloristik 28 . Dieses Verbot läßt sich nicht über einen Hinweis auf den Friedhofszweck begründen 29, allerdings auch nicht als Problem der Abfallbeseitigung 30, sondern ausschließlich der Abfallvermeidung kategorisieren. Dient das Verbot der Verwendung von künstlichem Grabschmuck nicht der Verwirklichung des Friedhofszwecks, sondern orientiert es sich an einem anderen Ziel, so handelt es sich auch nicht um eine Gestaltungsvorschrift im engeren Sinn, sondern um eine satzungsrechtliche Vorgabe, die mittelbar auf die Grabgestaltung Einfluß nimmt.

A. Die abfallrechtliche Kollisionsproblematik Inwieweit der kommunale Satzunggeber befugt ist, Vorschriften zur Abfallvermeidung und Abfallbeseitigung zum Gegenstand der Friedhofssatzung zu machen, wird nicht einheitlich beantwortet. Ein Teil der in diesem Kontext geführten Diskussion erlangt auch für gestalterische Fragen Bedeutung. Für den Bereich der Grabgestaltung interessieren insbesondere satzungsrechtliche Bestimmungen zur Abfallvermeidung, da diese die Verwendung bestimmter Produkte der Trauerfloristik sowie sonstigen Grabschmucks ausschließen. In der kommunalen Friedhofssatzung enthaltene Vorgaben zur Abfallbeseitigung - wie etwa die Bestimmung, wonach alle Abfälle von den Nutzungsberechtigten selbst außerhalb des Friedhofs zu entsorgen sind - haben hingegen auf die Grabgestaltung keinen Einfluß und sind demzufolge auch nicht Gegenstand der folgenden Ausführungen.

28

Vgl. nur § 27 Vili, IX der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 27 VIII der Friedhofssatzung der Stadt Norden. 29 So auch Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 23; Wohlfartk, VR 1991, 391 (396); König DFK 1995, 102 (103); a.A. Gaedke, DFK 1989, 213 (216). Vgl. im einzelnen die folgenden Ausführungen. 30 Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn. 23.

254

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

I. Die Ansicht Königs - keine Berechtigung der Kommune zum Erlaß der Abfallvermeidungsklausel König 31 geht bei seiner Bewertung der Problematik 32 zunächst von § la I AbfG aus, der als unmittelbare Gebotsnorm die allgemeinverbindliche Pflicht festlegt, „Abfälle nach Maßgabe von Rechtsverordnungen auf Grund des § 14 Abs. 1 Nr. 3, 4 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bis 5 zu vermeiden". Diese auf der Kompetenznorm des Art. 74 Nr. 11 GG beruhende Vorschrift schließe fur den von ihr erfaßten Bereich landesgesetzliche Regelungen aus. Der Landesgesetzgeber könne nicht mehr tätig werden, soweit die Ermächtigungen in § 14 AbfG reichen, auch wenn eine bundesrechtliche Rechtsverordnung noch nicht ergangen ist. Dies gelte auch fur Gemeindesatzungen33. Abfälle, die bei innerbetrieblichen Vorgängen entstehen und dort vermieden werden können, also auch Abfälle auf dem Friedhof, sollen von den bundesrechtlichen Ermächtigungen in § 14 I Nr. 3, 4, II 3 Nr. 2 bis 5 AbfG aber nicht erfaßt werden. Es handele sich hierbei nicht um den Bereich des Rechts der Wirtschaft gemäß Art. 74 Nr. 11 GG, so daß nach Maßgabe von Art. 30, 70 GG die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gegeben sei. Aus dieser landesrechtlichen Kompetenz ergebe sich nun das Problem, ob die einschlägigen Bestimmungen in einem formlichen Landesgesetz, dem Abfallgesetz, enthalten sein müssen, oder ob eine Gemeindesatzung auf Grundlage der allgemeinen kommunalrechtlichen Ermächtigung zur Regelung der „Benutzung gemeindlicher Einrichtungen" ausreiche. König gelangt unter Heranziehung der Wesentlichkeitstheorie zu folgendem Ergebnis: die in Frage stehende generelle Verbotsnorm stelle zwar keinen Eingriff in die Berufsfreiheit der Gewerbetreibenden dar, jedoch sei die allgemeine Handlungsfreiheit der Nutzungsberechtigten betroffen. Da eine besondere gesetzliche Ermächtigung der Gemeinden zum Erlaß einer Abfallvermeidungsklausel fehle, der Friedhofszweck die Vermeidung derartiger Abfallstoffe nicht fordere und eine gesetzliche Pflicht für jedermann insoweit nicht bestehe, könne die generalklauselartige Ermächtigung in der jeweiligen Gemeindeordnung insoweit nicht ausreichen 34. Eine Berechtigung der Kommune zum Erlaß der Abfallvermeidungsklausel soll damit nicht gegeben sein.

31

König, DFK 1995, 102 f. Die hier interessierenden Satzungsklauseln wurden schwerpunktmäßig noch unter Geltung des Abfallgesetzes vom 27. 8. 1986 geschaffen, so daß auch im folgenden von dieser rechtlichen Grundlage ausgegangen werden soll. Im übrigen enthalten jedoch auch §§ 23, 24 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. 9. 1994 ähnliche Verordnungsermächtigungen wie ehemals § 14 Abfallgesetz; vgl. BVerwG, NuR 1998, 90. 33 So König, DFK 1995, 102. 34 König, DFK 1995, 102 f. 32

2. Abschnitt: Das allgemeine Kunststoff-Verbot

255

II Die Auffassung Müller-Hannemanns - keine Kollision der Satzungsklausel mit Bundes- oder Landesrecht Müller-Hannemann 35 verweist zunächst darauf, daß die Abfallbeseitigung nach Art. 74 Nr. 24 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehöre. Die Bindungswirkung des Bundesgesetzes bestehe aber nach Art. 72 I GG nur insoweit, wie der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht habe. Lediglich wenn dem Gesetz per Auslegung eine erschöpfende Regelung der Materie beigelegt werden könne, trete die Sperrwirkung der Vorschrift ein. Das Abfallgesetz habe jedoch zu viele Lücken - wie z.B. die fehlende Erfassung mit dem Boden verbundener oder mit Erdschichten abgedeckter und bewachsener Schadstoffe - um kodifikatorischen Charakter anzunehmen. Der Bundesgesetzgeber habe deshalb seine Kompetenz nicht voll ausgeschöpft, so daß Raum für satzungsrechtliche Regelungen verbleibe. Darüber hinaus legt MüllerHannemann dar, daß die Abfallvermeidungsklausel nicht allein dem Umweltschutz im weiteren Sinne diene, sondern auch das Ziel verfolge, eine Verbringung des Umweltmülls auf den Friedhof zu vermeiden, und die damit entstehenden Belastungen vom Friedhof fernzuhalten. Wenn also das KunststoffVerwendungsverbot ins Vorfeld der Friedhofsbenutzung falle, empfehle sich dennoch eine gesetzliche Regelung. Zwar stelle die fragliche Klausel keinen Eingriff in die allgemeine Gestaltungsfreiheit dér Hinterbliebenen dar, da Stützelemente der Kränze und Gestecke nach außen hin überhaupt nicht erkennbar seien. Betroffen soll aber die Berufsfreiheit der Gärtner sein. Wenn und soweit diese ihre Waren außerhalb des Friedhofs verkaufen, genüge ein Verbot in der Friedhofsordnung nicht 36 .

III Problemaufriß

und eigene Stellungnahme

Die um das friedhofsrechtliche Verbot der Verwendung von Kunststoffen bei der Grabgestaltung geführte Diskussion spiegelt die allgemeine abfallrechtliche Problematik kommunaler Handlungspotentiale im Bereich der Abfallvermeidung wider. Im einzelnen geht es um verschiedene Fragen. Zunächst ist zu klären, inwieweit sich die betreffenden bundesrechtlichen Regelungen auf eine der Kompetenzzuweisungen des Art. 74 GG stützen lassen. Sodann muß untersucht werden, ob und inwieweit diese Regelungen abschließend nach Maßgabe des Art. 72 GG sind, und deshalb Sperrwirkung entfalten, also landesrechtliche Vorschriften ausschließen. Die angesprochenen Problemkreise waren und sind

35 36

Müller-Hannemann, DFK 1995, 429 ff. Müller-Hannemann, DFK 1995, 429.

256

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

Gegenstand ausführlichster Darstellungen 37, auf die insoweit verwiesen werden kann. Im folgenden wird daher auf die Problematik nicht in ihrer ganzen Bandbreite, sondern lediglich in ihrer friedhofsrechtlichen Bedeutung und Konsequenz eingegangen. Umstritten ist zunächst, ob sich eine Zuständigkeit für die Materie der Abfallvermeidung aus dem Sachzusammenhang mit der Abfallbeseitigung nach Art. 74 Nr. 24 GG 3 8 , oder aber nach Art. 74 Nr. 11 GG 3 9 , dem Recht der Wirtschaft, ergibt. Gegen eine Anwendbarkeit des Art. 74 Nr. 24 GG spricht der insoweit eindeutige Wortlaut, da von „Abfallbeseitigung" die Rede ist. Demnach wird das Vorhandensein von Abfall vorausgesetzt, wobei dessen Entstehen mittels der Abfallvermeidung gerade verhindert werden soll. Abfallvermeidungsregelungen kann der Bundesgesetzgeber daher einzig auf der Grundlage von Art. 74 Nr. 11 GG treffen. Sind das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung nicht betroffen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer landesrechtlichen Normierung 40 . Die weitere Frage nach der Sperrwirkung des Art. 72 I GG stellt sich daher nur dann, wenn Inhalt und Zielrichtung der zu untersuchenden Regelung dem Begriff „Recht der Wirtschaft" unterfallen 41. Der Begriff „Recht der Wirtschaft" im Sinne des Art. 74 Nr. 11 GG wird weit verstanden. Darunter fallen „alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnde Normen, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen"42.

37 Siehe nur Wohlfarth, VR 1991, 391 ff.; Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, 1991; Haaß, Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts, 1992; Abel-Lorenz/Brönneke/Schiller, Abfall Vermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, 1994. 38 So Salzwedel, NVwZ 1989, 820 (822); Wohlfarth,, VR 1991, 391 (394); Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, 1991, S. 27; Müller-Hannemann, DFK 1995, 429. 39 So BayVerfGH, BayVBl 1990, 367 (368); BayVGH, BayVBl 1992, 337 (339); Haaß, Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitk am Beispiel des Abfallrechts, 1992, S. 129 ff.; Abel-Lorenz/Brönneke/Schiller, Abfallvermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, 1994, S. 38; König,, DFK 1995, 102. 40 So auch Haaß, Handlungsspielräume gemeindlicher Umweltpolitik am Beispiel des Abfallrechts, 1992, S. 131; Abel-Lorenz/Brönneke/Schiller, Abfallvermeidung Handlungspotentiale der Kommunen, 1994, S. 38. 41 Vgl. auch Abel-Lorenz/Brönneke/Schiller, Abfallvermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, 1994, S. 39. 42 BVerfGE 8, 143 (148 f.); BVerfGE 26, 246 (254); BVerfGE 28, 119 (146); BVerfGE 29, 402 (409); BVerfGE 55, 274 (308); BVerfGE 68, 319 (330); Ossenbühl/Cornils, Hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz zum Erlaß eines Nichtraucherschutzgesetzes ?, 1994, S. 46.

2. Abschnitt: Das allgemeine Kunststoff-Verbot

257

König 43 geht davon aus, daß im Rahmen der Bewertung kommunaler Abfallvermeidungsvorschriften im Friedhofsrecht mittelbare Auswirkungen auf die Berufsausübungsfreiheit der Gärtner verfassungsrechtlich nicht zu würdigen sind, da diese Gewerbetreibenden insoweit nicht vom Schutzbereich des Art. 12 I GG erfaßt werden. Hingegen sieht Müller-Hannemann 44 die Berufsausübungsfreiheit als durch das Kunststoffverwendungsverbot berührt an. Soweit es die Frage der mittelbaren Grundrechtsbetroffenheit Gewerbetreibender durch friedhofsrechtliche Materialgebote oder -verböte betrifft, kann auf die bereits getroffenen Feststellungen45 verwiesen werden mit der Folge, daß von einem Eingriff in die Berufsfreiheit der durch das Kunststoffverbot betroffenen Gewerbetreibenden ausgegangen werden muß. Diese Feststellung alleine hat jedoch noch nicht zur Konsequenz, daß es sich bei den fraglichen satzungsrechtlichen Vorgaben um Regelungen zum Recht der Wirtschaft handelt. Die mittelbare oder unmittelbare Grundrechtsbetroffenheit Gewerbetreibender alleine vermag diese Qualifizierung nicht zu bewirken. Vielmehr muß die Norm nach überkommenem Verständnis in irgendeiner Weise auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs gerichtet sein. Die auf dem Prüfstand befindlichen Normen der kommunalen Friedhofssatzungen geben dem Nutzungsberechtigten zwingend vor, bei der Grabgestaltung auf Kunststoffprodukte zu verzichten. Das Verhalten der Friedhofsbenutzer soll dahingehend beeinflußt werden. Die wirtschaftliche Betätigung der Friedhofsgärtner ist hingegen lediglich indirekt betroffen. Ist auch von einem mittelbaren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit auszugehen, handelt es sich alleine aus diesem Grund aber noch nicht um eine Regelung im Bereich des Rechts der Wirtschaft. Nahezu alle Lebensbereiche stehen mit der Wirtschaft in irgendeiner direkten oder indirekten Beziehung46. Gegenstand der Abfallvermeidungsklausel ist das Verhalten der Nutzungsberechtigten in Fragen der Grabausschmückung. Die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern soll dementgegen nicht geregelt werden. Die Materie steht damit einer Normierung auf Landesebene grundsätzlich offen. Bei Friedhöfen handelt es sich um öffentliche Einrichtungen, in denen Abfallvermeidung per Einwegverbot sinnvollerweise betrieben werden kann 47 . Zu demselben Ergebnis gelangt man im übrigen über die Anwendung der vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof 48 vertretenen 43

König, DFK 1995, 102. Müller-Hannemann,, DFK 1995, 429. 45 Vgl. Teil 3, 7. Abschnitt. 46 Ossenbühl/Cornils, Hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz zum Erlaß eines Nichtraucherschutzgesetzes ?, 1994, S. 45. 47 So auch Abel-Lorenz/Brönneke/Schiller, Abfallvermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, 1994, S. 79; weniger deutlich Wohlfarth, VR 1991, 391 (396). 48 BayVerfGH, BayVBl 1990, 367 (369); zustimmend König,, DFK 1995, 102. I.E. ähnlich Salzwedel, NVwZ 1989, 820 (827). 44

17 Spranger

258

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

Auffassung, wonach die Länder Regelungen zur Abfallvermeidung treffen dürfen, wenn und soweit sie kraft ihrer Zuständigkeit gemäß Art. 30, 70 GG regelungsbefugt sind. Mit Ausnahme der Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft nach Art. 74 Nr. 10a GG handelt es sich beim Friedhofswesen um den Bereich der Landeszuständigkeit, so daß landesrechtliche Regelungen zur Abfallvermeidung im Bereich des Friedhofswesens auch aus diesem Grund zulässig sind. Da es ohnehin an einer Kollisionslage mangelt, bedarf es allerdings keiner dezidierten Auseinandersetzung mit der Auffassung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Fest steht damit, daß Fragen der Abfallvermeidung auf den Friedhöfen einer kommunalen Regelung zugänglich sind. Doch auch wenn auf diesem Gebiet ein unabweisbarer Regelungsbedarf gesehen wird, dürfen die rechtsstaatlichen Anforderungen an den Satzungserlaß nicht vernachläßigt werden 49. Insbesondere bedarf es aufgrund der mit dem KunststoffVerwendungsverbot einhergehenden Grundrechtstangierungen einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage. Es geht insoweit fehl, einen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Nutzungsberechtigten mit dem Hinweis darauf zu verneinen, daß die Stützelemente der Kränze und Gestecke nach außen hin überhaupt nicht sichtbar wären 50. Für die Attestierung eines Grundrechtseingriffs ist es zunächst vollkommen irrelevant, ob dieser nach außen hin sichtbar wird oder nicht. Abgesehen davon erstreckt sich ein allgemeines KunststoffVerwendungsverbot aber auch nicht nur auf die Stützelemente der Kränze und Gestecke, sondern auch auf Kränze und Gestecke selbst, soweit diese - gegebenenfalls auch jahreszeitlich bedingt - aus Kunststoff hergestellt sind, sowie auf Grableuchten, Blumenbehältnisse und andere Elemente des Grabschmucks, die in Kunststoff-Ausfertigung angeboten werden. Muß folglich die Forderung nach einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage erhoben werden, so bietet sich insoweit das in den Gemeindeordnungen verankerte Recht der Gemeinden an, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln. Die Anwendbarkeit dieser allgemeinen Satzungsbefiignis setzt jedoch voraus, daß es sich bei der fraglichen Vorgabe um eine Benutzungsregelung handelt51. Bereits Vorgänge im Vorfeld der Benutzung sind einer derartigen Regelung nicht mehr zugänglich52. Übertragen auf die hier interessierende friedhofsrechtliche Konstellation zeigt sich, daß die Abfallvermeidung durch den Friedhofszweck nicht gefordert wird 53 . Die würdige Ausgestaltung und 49

So BayVGH, BayVBl 1992, 337 fur das gemeindliche Verbot von Einwegverpakkungen. 50 So aber Müller-Hannemann, DFK 1995, 429. Insoweit zutreffend hingegen Wohlfarth, VR 1991, 391 (396); König, DFK 1995, 102. 51 Vgl. BayVGH, BayVBl 1992, 337 (338). 52 So auch BayVGH, BayVBl 1992, 337 (338). 53 Ebenso - allerdings ohne weitere Begründung - Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Juli 1990), Rn.23; Wohlfarth, VR 1991, 391 (396); Klöpping,

2. Abschnitt: Das allgemeine Kunststoff-Verbot

259

Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks wird durch die Verwendung von Kunststoffen in keiner Weise beeinträchtigt, was sich bereits in der jahrzehntelangen problemlosen Verwendung dieser Materialien zeigt. Auch die Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung fordert keine Regelung zur Abfallvermeidung. Diese Konstellation wäre allenfalls bei Unbenutzbarkeit des Bestattungsplatzes aufgrund vollkommener Verschmutzung gegeben. Die Vermeidung von Kunststoffabfällen liegt damit außerhalb des Friedhofszwecks, so daß eine besondere gesetzliche Ermächtigung verlangt werden muß 54 , an der es insoweit fehlt. Die einzige Ausnahme stellt hier § 9 III 1 des Gesetzes über die landeseigenen und nichtlandeseigenen Friedhöfe Berlins dar, in dem die Verwendung von nicht biologisch abbaubaren Materialien bei den Bestattungen sowie von nicht kompostierbaren Materialien bei der gärtnerischen Gestaltung von Grabstätten und der Trauerfloristik untersagt wird.

B. Die Staatsaufgabe Umweltschutz Eine verfassungsrechtliche Anknüpfung für das Kunststofifverwendungsverbot findet sich für den Satzunggeber gegebenfalls in Art. 20a GG. Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27.10.199455 fand mit Art. 20a GG die Staatszielbestimmung Umweltschutz Eingang in das Grundgesetz. Bereits vor dieser expliziten Formulierung bestand jedoch der Umweltschutz als ungeschriebene Staatsaufgabe als Ausfluß der grundrechtlichen Schutzpflichten 56 . Während sich aus den grundrechtlichen Schutzpflichten aber gegebenenfalls subjektive Rechte ableiten lassen, zeitigt die Staatszielbestimmung Umweltschutz keine unmittelbaren Rechtsfolgen für den Bürger 57 . Die Bestimmung des Art. 20a GG ist verfassungsrechtlich nicht unproblematisch. Die einschränkende Formulierung, der Schutz soll „im Rahmen der verfassungsmäßigen Ord-

DFK 1994, 196 (198); König, DFK 1995, 102 (103). A.A. - ebenfalls ohne Begründung - Gaedke, DFK 1989, 213 (216); Eigner, DFK 1991, 47 (51); Abel-Lorenz/Brönneke/ Schiller, Abfallvermeidung - Handlungspotentiale der Kommunen, 1994, S. 79; Vach, DFK 1994, 207; Müller-Hannemann, DFK 1995, 429. Die Darlegungen des OVG Schleswig, Urteil vom 17.02.1994, Az.: 2 L 8/92 (zitiert nach Vach, aaO.) betreffen die Friedhöfe der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, und dürfen daher nicht unbesehen auf die bei kommunalen Friedhöfen auftretende Kollisionsproblematik übertragen werden (so aber Vach, aaO.). 54 So auch Wohlfarth, VR 1991, 391 (396); König, DFK 1995, 102 (103). 55 BGBl. I, S. 3146. 56 Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 1992, § 111 Rn. 1; ders., NJW 1993, 2583 (2585). 57 Meyer-Teschendorf, ZRP 1994, 73 (77); Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, Art. 20a Rn. 3; Jarass, in: ders./Pieroth, Grundgesetz, 1995, Art. 20a Rn. 1. 17'

260

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

nung durch die Gesetzgebung" stattfinden, ist vollkommen ungeeignet, das anvisierte Ziel der Entmachtung von Exekutive und Judikative zu erreichen 58. Zudem besteht die Gefahr, daß die Bestimmung wie jede Verfassungsnorm eine Eigendynamik entwickelt und ihr ein irgendwie unmittelbar geltender Normgehalt beigelegt wird 5 9 . Die Norm kann sich daher bei falscher Handhabung geradezu als „verfassungsrechtlicher Sprengstoff 4 erweisen. Art. 20a GG enthält folglich keine Verfassungsvorgaben, die sich nicht schon aus den staatlichen Schutzpflichten ergeben würden, und stellt auch keine unmittelbare Grundrechtsschranke dar 60 . Das kommunale KunststoffVerwendungsverbot auf Friedhöfen läßt sich daher unter keinen Umständen auf Art. 20a GG stützen. Entbehren die kommunalen KunststoffVerwendungsverbote einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigung, so soll im folgenden dennoch abrißartig das dringende Bedürfnis nach einer solchen Regelung dargelegt werden. Friedhöfe gewinnen auf dem Gebiet des Umweltschutzes immer mehr an Bedeutung. Insbesondere die älteren Stadtfriedhöfe haben sich zu wichtigen Rückzugsgebieten für Pflanzen und Tiere entwickelt 61 und werden oft als die „grüne Lunge" vieler Städte bezeichnet. Friedhöfe mit ihren Vegetationsflächen üben einen positiven Einfluß auf das Kleinklima einer Siedlung aus62. Da sie ein kleinflächiges engverzahntes Netz unterschiedlicher Lebensbereiche darstellen, sind Friedhöfe in der Regel erheblich artenreicher als Grünanlagen vergleichbarer Größe. Das Vorkommen einzelner Tier- und Pflanzenarten variiert jedoch aufgrund verschiedener Faktoren, wie z.B. Lage, Größe, Anlagetyp, Pflegeintensität und Alter der Anlage. Demzufolge wurden auf Friedhöfen in Köln 459, in Essen 511 und in West-Berlin 690 wildwachsende Farn- und Blütenpflanzen gefunden 63 . Die ökologische Bedeutung der Friedhöfe nimmt zu, je mehr auf intensi-

58

Vgl. Ossenbühl, NuR 1996, 53 (57); siehe auch Papier, NJW 1997, 2841 (2843). So Ossenbühl, NuR 1996, 53 (57). 60 Ossenbühl, NuR 1996, 53 (58). 61 Öko-Information der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen vom 20.04.1996; Pirmasenser Zeitung vom 15.06.1996, S. 13. So auch ausdrücklich Abschnitt V. C. der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. Vgl. darüber hinaus: Der Friedhof als Lebensraum, herausgegeben von der Friedhofsgätner-Genossenschafi Köln eG; Der Friedhof blüht nicht im Verborgenen, herausgegeben von der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH; Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (26); Klöpping, DFK 1994, 196 (198); Romantische Friedhöfe im Einklang mit der Natur, Ostfriesischer Kurier vom 01.04.1996, S. 5; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 91. 62 Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (26); Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 91. 63 Vgl. dazu insgesamt: Öko-Information der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen vom 20.04.1996; Eigner, DFK 1991, 47 (49). 59

3. Abschnitt: Provisorische Grabmale

261

ve Pflege, Versiegelung durch Pflasterung und Asphaltierung, aber auch auf monotone Gestaltung verzichtet wird 6 4 . Soweit es die Grabbepflanzung als Teilaspekt der Gesamtgestaltung betrifft, ist die Beziehung zum Bereich des Umweltschutzes unverkennbar. Umgekehrt können sich Beschränkungen für den Nutzungsberechtigten ergeben, indem aus Umweltschutzgründen ein Verwendungsverbot für Kunststoffe bei der Grabausschmückung ausgesprochen wird. Zur Erhaltung der überragenden Bedeutung vieler Friedhöfe im Bereich des Umweltschutzes muß eine spezielle gesetzliche Ermächtigung für den Erlaß kommunaler Kunststoffverwendungsverbote dringend angemahnt werden.

C. Ergebnis Besteht auch unverkennbar ein Bedürfnis, den Friedhof als Rückzugsraum seltener Pflanzen und Tiere, und damit als „grüne Lunge" vieler Städte zu bewahren, fehlt es - mit Ausnahme einer hinreichenden Normierung in Berlin - für den Erlaß einer kommunalen Abfallvermeidungsklausel dennoch an der zu fordernden Ermächtigungsgrundlage.

3. Abschnitt

Satzungsrechtliche Vorgaben hinsichtlich provisorischer Grabmale Als problematisch erweist sich die Einordnung derjenigen Vorgaben, welche die Gestaltung der unmittelbar nach der Beisetzung errichteten provisorischen Gedenkzeichen betreffen. Derartige provisorische Gedenkzeichen haben in der Regel eine begrenzte Zulassungsdauer von wenigen Monaten bis zu zwei Jahren 65 und sind in ihren Gestaltungsmöglichkeiten extrem beschränkt. In aller Regel dürfen kleine Holzplatten und/oder Holzkreuze verwendet werden. Die zulässigen Abmessungen für die Holztafeln liegen beispielsweise bei 15 χ 30 cm 66 oder 25 χ 30 cm 67 , Holzkreuze dürfen eine Höhe bis zu 50 68 , 60 6 9 oder 70 64

Öko-Information der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten/Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen vom 20.04.1996; i.E. ähnlich Eigner, DFK 1991, 47. Das Erfordernis einer differenzierten Pflegeintensität wird ausdrücklich auch in Abschnitt V. C. der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig erwähnt. 65 So § 22 III der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt; § 24 IV 2 der Friedhofssatzung Frankfurt/Main; § 34 VI der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 31 S. 4 der Friedhofssatzung der Stadt München. 66 § 24 IV der Friedhofssatzung der Stadt Köln. 67 § 22 III der Friedhofssatzung der Stadt Bonn.

262

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

cm 70 haben. Mitunter wird auch die Holzart vorgeschrieben. So findet sich die Vorschrift, daß als provisorische Grabmale nur naturfarbene Eichenholzbehelfszeichen mit naturfarbener eingeschnitzter Schrift zulässig sind 71 . In seltenen Fällen wird ein weißer Anstrich der Holztafeln gestattet72. Der Sinn dieser Provisorien besteht in der Errichtung eines Gedenkzeichens bis zu dem Zeitpunkt, da sich die Hinterbliebenen für ein endgültiges Grabmal entschieden haben und dieses errichtet worden ist. Lediglich einige wenige Friedhofssatzungen sehen - insoweit als krasse Ausnahme zur gängigen friedhofsrechtlichen Praxis für den Nutzungsberechtigten die Möglichkeit vor, nach Durchlaufen eines eigenständigen Genehmigungsverfahrens auch anspruchsvollere Grabmale als provisorische Gedenkzeichen zu errichten 73.

A. Qualifizierung als Gestaltungsvorschriften eigener Art Die Vorschriften über die Gestaltung der provisorischen Gedenkzeichen werden in den Friedhofssatzungen mitunter als Bestandteil der allgemeinen Gestaltungsvorschriften ausgewiesen. Diese Einordnung erscheint allenfalls unter dem Aspekt überzeugend, daß die Gestaltungsvorschriften für Provisorien ausnahmslos für alle derartigen Gedenkzeichen Geltung beanspruchen. Die ausnahmslose Geltung einer gestalterischen Vorgabe ist jedoch gerade nicht entscheidend für deren Einordnung als allgemeine oder zusätzliche Gestaltungsvorschrift. Die Qualifikation erfolgt nicht aufgrund der Ermittlung der Reichweite der Vorgabe, sondern anhand ihrer Intention. Anderenfalls könnte der Satzunggeber das Regime zusätzlicher Gestaltungsvorschriften auf den ganzen Friedhof erstrecken, wobei diesen anschließend aufgrund ihrer ausnahmslosen Geltung die Qualifizierung als allgemeine Gestaltungsvorschriften zukäme. Nur die Gestaltungsvorschrift hat als allgemeine zu gelten, welche einzig der Sorge für eine würdige Totenbestattung Rechnung trägt 74 , und ansonsten keine weiteren Ziele verfolgt. Die Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Nutzungsberechtigten hinsichtlich provisorischer Grabmale - denn nichts anderes sind Gedenkzeichen - geht aufgrund ihres äußerst restriktiven Charakters jedoch weit über dieses Ziel hinaus. Gegen eine Einordnung als allgemeine Gestaltungsvor68

§ 22 III der Friedhofssatzung der Stadt Erfurt. § 34 VI der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig; § 24 IV der Friedhofssatzung der Stadt Köln. 70 § 22 III 1 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn. 71 § 20 VI der Friedhofssatzung der Stadt Düsseldorf. 72 § 24 IV der Friedhofssatzung der Stadt Köln. 73 Anlage 2 der Friedhofssatzung der Stadt Chemnitz; § 22 I 3 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem. 74 Vgl. BVerwGE 17, 119(121). 69

3. Abschnitt: Provisorische Grabmale

263

schrift spricht auch der Umstand, daß die an die provisorischen Grabmale gestellten Anforderungen weitreichendere Folgen für den Berechtigten zeitigen, als dies sogar zusätzliche Gestaltungsvorschriften vermögen. Die Beschränkung auf ein einziges Material und maximal zwei verschiedene Gestaltungsformen kann daher auch bei weitestem Verständnis des Begriffs nicht mehr als allgemeine gestalterische Vorgabe qualifiziert werden. Im Gegenzug gestaltet sich aber auch die Einordnung als zusätzliche Gestaltungsvorschrift schwierig. Gegen eine derartige Qualifizierung ist einzuwenden, daß Ausweichmöglichkeiten in den jeweiligen Satzungen nicht vorgesehen werden. Eine zusätzliche gestalterische Vorgabe hat jedoch nur dann Bestand, wenn der Satzunggeber dem Nutzungsberechtigten eine solche Ausweichmöglichkeit geschaffen hat 75 . Nun kann von der fehlenden Möglichkeit des Ausweichens nicht automatisch auf die Unmöglichkeit einer Qualifizierung als zusätzliche Gestaltungsvorschrift gefolgert werden, da der Satzunggeber die Schaffung einer solchen irrigerweise unterlassen haben könnte. Als Indiz ist dieser Aspekt jedoch durchaus berücksichtigenswert. Bedeutsamer ist der Umstand, daß der Satzunggeber mit der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit im Falle provisorischer Gedenkzeichen offensichtlich keinerlei bestimmte ästhetische Anschauungen durchsetzen will. Die Schaffung einer einheitlichen Anlage ist regelmäßig das Motiv des Satzunggebers für den Erlaß zusätzlicher Gestaltungsvorschriften 76. Dieses Ziel kann durch eine gestalterische Reglementierung der Provisorien jedoch in keinem Fall erreicht werden. Zum einen handelt es sich eben gerade um bloß vorübergehende Grabgestaltungen, so daß nach verhältnismäßig kurzer Zeit 7 7 die provisorische Gestaltung sowieso durch eine endgültige ersetzt werden muß. Notgedrungen stellt sich daher ein neu angelegtes Grabfeld innerhalb weniger Jahre in Hinblick auf die Provisorien keinefalls mehr einheitlich dar. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß neue Grabstätten größtenteils inmitten bereits bestehender Abteilungen angelegt werden. Zwischen Grabdenkmälern aus Stein findet sich so plötzlich ein Provisorium aus Holz. Wenn man mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, daß ein von der Umgebung abweichendes Grabdenkmal einen störenden Einfluß auf die Gesamtgestaltung hat, so wird dieser Einfluß also eher von dem provisorischen Gedenkzeichen ausgehen. Gestalterische Anforderungen an nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtete Grabmäler zielen also nicht auf die Schaffung eines einheitlichen Bildes ab, sondern beeinträchtigen dieses gerade. Die fraglichen Vorgaben sind daher

75

St. Rspr. seit BVerwGE 17, 119 (121). So BVerwGE 17, 119(121). 77 Die Provisorien dürfen maximal 2 Jahre auf der Grabstätte verbleiben, während die Nutzungsdauer an der Grabstelle bis zu 50 Jahre betragen kann. 76

264

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

weder allgemeine noch zusätzliche Gestaltungsvorschriften. Bestätigt wird dieser Befund durch den Umstand, daß sich Bestimmungen zur Gestaltung provisorischer Gedenkzeichen auch regelmäßig nicht in dem Abschnitt der Friedhofssatzung finden, welcher die Gestaltung der Grabstätten zum Gegenstand hat. Vielmehr wird dieser Punkt häufig im Zusammenhang mit dem Zustimmungserfordernis fur Grabmale behandelt78. Die Tatsache, daß es sich wesensmäßig dennoch um GestaltungsVorschriften handelt, kann jedoch nicht angezweifelt werden. Entscheidend ist insoweit vor allem die den fraglichen Bestimmungen zukommende tatsächliche Wirkung. Unzweifelhaft wird auf das Gestaltungsrecht der Nutzungsberechtigten Bezug genommen und dieses in erheblicher Weise beschränkt. Es soll einzig und alleine die Gestaltung des provisorischen Gedenkzeichens in einer bestimmten Art und Weise beeinflußt werden. Der Satzunggeber will aber kein gestalterisches Ziel erreichen, sondern verfolgt offenkundig einen über die Reglementierung der Gestaltung provisorischer Grabmale hinausgehenden Zweck, den es im folgenden zunächst zu ermitteln gilt.

B. Rechtliche Folgen dieser Qualifizierung Grundlage einer Bewertung gestalterischer Anforderungen an provisorische Grabmäler muß zunächst die Ermittlung des mit den fraglichen Vorgaben verfolgten Zwecks sein. In einem zweiten Schritt ist sodann der Frage nachzugehen, inwieweit dieser Zweck eine Einschränkung der einschlägigen Grundrechte zu rechtfertigen vermag.

/. Die Zielsetzung des Satzunggebers Weder Rechtsprechung noch Literatur haben sich bisher mit den provisorischen Gedenkzeichen, sowie deren Sinn und Zweck auseinandergesetzt. Als Motivation für die genannten Beschränkungen provisorischer Gedenkzeichen ist die mit kleineren Grabmalen gegebenenfalls einhergehende Arbeitserleichterung denkbar. Kennzeichnend für die provisorischen Gedenkzeichen ist deren leichte Entfernbarkeit. Kleine Holzkreuze, bzw. Holzplatten besitzen ein geringes Eigengewicht und bedürfen daher keiner Fundamentierung oder ähnlich starken Befestigung. Sie können einfach in den Boden gesteckt oder, im Falle der Platten, auf das Grab gelegt werden. Ebenso problemlos können die Ge-

78

Vgl. nur § 22 I 3 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem; § 22 VI der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund; § 24 IV 1 der Friedhofssatzung der Stadt Frankfurt/Main; § 30 I 2 der Friedhofssatzung der Stadt Görlitz.

3. Abschnitt: Provisorische Grabmale

265

denkzeichen im Falle der Errichtung des endgültigen Grabmals dann wieder entfernt werden. Ein sich aus diesem Umstand ergebender Vorteil liegt darin, daß die provisorischen Gedenkzeichen im Gegensatz zu fundamentierten Grabmalen etwaige erforderliche Arbeiten an dem noch frischen Grab, wie z.B. die erste Aufhügelung oder die erste Bepflanzung, nicht behindern. Allerdings wird das erste Grabmal - auch ein provisorisches - wohl kaum auf dem Grab angebracht werden, wenn diese Arbeiten noch nicht durchgeführt worden sind. Darüber hinaus würde auch ein schlichtes Metallkreuz oder eine kleine Steinplatte keine Behinderung von Tätigkeiten der Friedhofsverwaltung darstellen, so daß sich ein Verbot dieser Gestaltungsformen unter dem Aspekt der Entfernbarkeit als überflüssig erweist. Ebensowenig ist ersichtlich, inwieweit ein solcher Gesichtspunkt die Beschränkung des Nutzungsberechtigten auf eine einzelne Holzart oder auf die Verwendung naturbelassenen Holzes rechtfertigen könnte. Erwägungen der leichten Entfernbarkeit stehen somit in keinem Zusammenhang mit den in Frage stehenden Vorgaben. Räumt man dem Satzunggeber altruistische Erwägungen ein, so kann die Zielsetzung der gestalterischen Anforderungen an die provisorischen Gedenkzeichen in einer Entlastung des Nutzungsberechtigten gesehen werden. Dem Erwerber der Grabstelle wird die Möglichkeit gegeben, sich in aller Ruhe für ein Grabmal zu entscheiden, welches seinen Wünschen und Erfordernissen entspricht. Um in der Zwischenzeit dennoch die Möglichkeit der angemessenen Totenehrung zu haben, wird dem Nutzungsberechtigten die Errichtung eines Provisoriums gestattet. Wie wenig aber diese Überlegungen der tatsächlichen Motivation des Satzunggebers entsprechen, liegt offen zutage. Von einer angemessenen Totenehrung kann im Falle der gestalterisch über die Maßen beschränkten Provisorien kaum noch die Rede sein. Will der Satzunggeber den Hinterbliebenen tatsächlich entgegenkommen, so bedarf es keiner derart extremen Beschränkung des Erscheinungsbildes provisorischer Gedenkzeichen. Ein weiterer Vorteil der derzeitigen Handhabung provisorischer Gedenkzeichen und damit ein möglicher Beweggrund des Satzunggebers liegt jedoch für die Friedhofsverwaltung in der Begrenzung des Verwaltungsaufwandes. Derart schlichte Grabgestaltungen, wie sie die Provisorien darstellen, sind genehmigungsfrei 79. Erforderlich ist damit in der Regel 80 nur ein einziges Genehmigungsverfahren, nämlich bei Errichtung des endgültigen Grabmals. Würde dem Nutzungsberechtigten bei der Errichtung eines provisorischen Grabmals ein größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt, so könnte es zu Gestaltungsformen kommen, die mit den Vorstellungen des Friedhofsträgers unvereinbar wären. 79

So ausdrücklich § 22 III 1 der Friedhofssatzung der Stadt Bonn; § 34 VI der Friedhofssatzung der Stadt Leipzig. 80 Jede Veränderung des später errichteten endgültigen Grabmals bedarf allerdings wiederum der Genehmigung durch die Gemeinde.

266

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

Um solchen Auswirkungen vorzubeugen, wäre der Satzunggeber gezwungen, auch die Provisorien dem Genehmigungserfordernis zu unterwerfen. Aus der Sicht des Friedhofsträgers ist die Durchführung zweier Genehmigungsverfahren für eine Grabstätte wenig wünschenswert. Um ungewollte Grabgestaltungen durch provisorische Gedenkzeichen zu unterbinden, müßte im Rahmen des hierdurch erforderlichen Genehmigungsverfahrens derselbe Aufwand getrieben werden wie im Fall der Genehmigung des endgültigen Grabmals. Da provisorische Grabmäler jedoch höchstens zwei Jahre auf der Grabstätte verbleiben dürfen, erscheint der durch das zusätzliche Genehmigungsverfahren entstehende Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig hoch. Der für den Friedhofsträger leichter gangbare Weg liegt daher in der satzungsmäßigen Unterbindung jeglicher Gestaltungsformen, die das Genehmigungserfordernis für ein bloßes Provisorium auslösen könnten. Positiv ausgedrückt: erlaubt werden als provisorische Gedenkzeichen ausschließlich die denkbar einfachsten Gestaltungen, also eine Holzplatte oder ein kleines Holzkreuz, da diese das Erfordernis eines eigenständigen Genehmigungsverfahrens ausschließen. Die extreme gestalterische Beschränkung provisorischer Gedenkzeichen resultiert also aus dem Wunsch des Friedhofsträgers, der Notwendigkeit zweier voneinander getrennter Genehmigungsverfahren zu entgehen, weshalb die Regelung der Gestaltung von Provisorien auch zumeist im Zusammenhang mit der Satzungsklausel erfolgt, welche das Zustimmungserfordernis der Friedhofsverwaltung für die Errichtung von Grabdenkmälern apostrophiert.

II Rechtliche Überprüfung der Zielsetzung Soll die Zielsetzung des Satzunggebers anhand der bisher entwickelten Maßstäbe und Kriterien überprüft werden, so bedarf es zunächst einer Klärung der Frage, ob überhaupt, bzw. in welchem Umfang diese auf die provisorischen Gedenkzeichen übertragbar sind. Gibt es also ein Gestaltungsrecht des Nutzungsberechtigten als Grundrechtsausübung nur für das endgültig errichtete Grabmal, oder steht dem Grabstellenerwerber ein Recht auf Gestaltung auch hinsichtlich bloßer Provisorien zu ? Gegen ein umfangreiches Gestaltungsrecht des Nutzungsberechtigten auch hinsichtlich provisorischer Gedenkzeichen könnte gerade deren provisorischer Charakter sprechen. Dem Gestaltungsrecht des Grabstellenerwerbers kann auch dann in ausreichendem Maße entsprochen werden, wenn er seine Wünsche im Falle der endgültigen Grabgestaltung verwirklichen kann. Ein lediglich zu vorübergehenden Zwecken errichtetes Grabmal müßte dehalb keinerlei Variationsmöglichkeiten bieten. Zudem - und dies erscheint bedeutsamer - ist der Nutzungsberechtigte keineswegs dazu verpflichtet, ein provisorisches Gedenkzeichen zu errichten. Er kann sich vielmehr auch unmittelbar für die Errichtung des endgültigen Grabmals entscheiden, welches dann die bekannten Gestaltungs-

3. Abschnitt: Provisorische Grabmale

267

möglichkeiten aufweist. Selbst wenn ein Gestaltungsrecht auch hinsichtlich nur vorübergehend errichteter Grabmale bestehen sollte, so könnte eine Beeinträchtigung dieses Rechts in Anbetracht der Tatsache gerechtfertigt sein, daß das Provisorium ohnehin innerhalb einer mehr oder minder kurzen Frist wieder entfernt werden muß mit der Kosequenz, daß eine solch geringfügige Beeinträchtigung des Gestaltungsrechts als verhältnismäßig erscheint. Die angestellten Überlegungen vermögen allenfalls auf den ersten Anschein zu überzeugen. Zwar besteht tatsächlich keine Verpflichtung des Nutzungsberechtigten zur Errichtung eines provisorischen Grabdenkmals, so daß er den äußerst restriktiven gestalterischen Vorgaben dadurch entgehen kann, daß er sich sogleich für die Errichtung des endgültigen Grabmals entscheidet. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Argumentation jedoch der Umstand, daß hiermit ein unzulässiger Druck auf die Berechtigten ausgeübt wird, unmittelbar das endgültige Grabmal zu errichten. Dem Nutzungsberechtigten, der sich durch den Todesfall ohnehin in einer psychischen Ausnahmesituation befindet 81, soll ausreichend Zeit für die Entscheidung darüber gelassen werden, welches Grabdenkmal die Grabstätte letztlich schmücken soll. Aus diesem Grund sehen die Friedhofssatzungen auch vor, daß die Herrichtung der Grabstätten nicht unmittelbar, sondern innerhalb von 6 Monaten nach der Bestattung, bzw. nach Erwerb des Nutzungsrechts zu erfolgen hat 82 . Wird dem Nutzungsberechtigten eine solche Frist eingeräumt, kann im Gegenzug die Ausübung mittelbaren Drucks, die Frist nicht auszuschöpfen, nicht hingenommen werden. Will oder muß aber der Nutzungsberechtigte die ihm zustehende Frist ausnutzen, ohne sich gleichzeitig den strengen Gestaltungsvorschriften für provisorische Grabmale zu unterwerfen, müßte er anderenfalls in der Zwischenzeit bis zur Errichtung des endgültigen Grabdenkmals das Grab ohne jegliches Gedenkzeichen lassen. Zu bedenken ist ferner, daß gerade in der Zeit unmittelbar nach Versterben des Angehörigen der Wunsch der Hinterbliebenen nach der Möglichkeit einer angemessenen Totenehrung am stärksten ausgeprägt sein wird. Diejenigen Nutzungsberechtigten, die von der ihnen eingeräumten Frist Gebrauch machen und die sich mit der Auswahl des endgültig zu errichtenden Grabmals Zeit lassen, durch das Regime exorbitanter Gestaltungsvorschriften quasi zu bestrafen, erscheint geradezu geschmacklos. Zudem kommt eine hinreichende Abwägung durch den Grabstellenerwerber auch der Friedhofsverwaltung zugute. Wird nämlich der Beschluß über die Wahl eines Grabdenkmals voreilig gefaßt, und wünscht der Nutzungsberechtigte deshalb später eine Änderung des voreilig errichteten endgültigen Grabmals, so ist für die Durchführung dieser Änderung

81

Gaedke, BayVBl 1985, 631 (632). Vgl. nur § 27 VI der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen. 82

268

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

ebenfalls das Durchlaufen eines erneuten Genehmigungsverfahrens erforderlieh 83 . Das wohl schwerwiegendste Argument gegen das Einsetzen des Gestaltungsrechts erst mit Errichtung des endgültigen Grabmals ergibt sich aus dem Recht auf Ehrung der Verstorbenen. Die Totenehrung stellt sich wie die Totenruhe 84 dar als unmittelbarer Ausfluß menschlicher Würde und kann daher ebensowenig wie das Recht, das Grab zu gestalten, zu schmücken und zu pflegen 85, ausgeschlossen werden. Dabei unterliegt die Totenehrung keinerlei zeitlicher Zäsur. Unmittelbar mit Eintritt des Todesfalls haben die Hinterbliebenen das Recht, den Toten zu ehren, unmittelbar nach der Bestattung des Verstorbenen haben die Hinterbliebenen auch das Recht, dieser Ehrung mittels der Gestaltung des Grabes Ausdruck zu verleihen. Die zur Grabgestaltung entwickelten Grundsätze haben damit auf jede Form der Grabgestaltung Anwendung zu finden, ohne daß es darauf ankäme, ob das Grabmal provisorischen oder finalen Charakter hat. Ist also die Gestaltung eines Provisoriums ebenso Ausdruck der Menschenwürde und des Persönlichkeitsrechts, so vermag der Hinweis auf die Arbeitserleichterung der Friedhofsverwaltung die gestalterische Beschränkung provisorischer Gedenkzeichen zumindest in der derzeitigen Form nicht zu rechtfertigen. Die ohnehin in Hinsicht auf die Meinungsfreiheit aus Art. 5 I l.Alt. GG problematische Genehmigungspflicht 86 stellt sich dar als ein durch den Satzunggeber gegenüber der Gestaltungsfreiheit errichtetes Hindernis. Entsprechen die mit diesem Hindernis verbundenen Anforderungen an die exekutive Leistungsfähigkeit nicht den Erwartungen des Satzunggebers, kann der Nutzungsberechtigte einer Grabstätte aufgrund dessen nicht erneut belastet werden. Zwar ist zu bedenken, daß sich der Aufwand bezüglich der Genehmigungsverfahren für Grabdenkmäler bei einer Erweiterung gestalterischer Möglichkeiten für Provisorien zahlenmäßig nahezu verdoppeln würde, wenn man davon ausgeht, daß für fast jede Grabstätte zuerst ein Provisorium, und anschließend die endgültige Gestaltung genehmigt werden müßte. Andererseits darf der mit der Duchführung eines Genehmigungsverfahrens verbundene Aufwand auch nicht überbewertet werden. Die von Rechtsprechung und Lehre zum Recht der Grabgestaltung entwickelten Prinzipien haben seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vor mehr als 30 Jahren 87 nahezu keine Veränderung

83

§ 22 I 1 der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen; § 22 I 1 der Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages. 84 Vgl. BVerwGE 45, 224 (230). 85 Vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 186; Bongartz, Ihr Recht auf dem Friedhof, 1995, S. 8. 86 Siehe Teil 2, 1. Abschnitt, F. III. 87 BVerwGE 17, 119 ff

3. Abschnitt: Provisorische Grabmale

269

mehr erfahren. Aus dem Genehmigungsantrag und den mit diesem einzureichenden Unterlagen ergibt sich für die Friedhofsverwaltung daher relativ unproblematisch, ob dem Antrag entsprochen werden kann oder nicht. Demgemäß bestimmen auch die wenigen Friedhofssatzungen, die dem Nutzungsberechtigten auch bei provisorischen Gedenkzeichen die Möglichkeit einer ausführlicheren Grabgestaltung einräumen, daß es der Durchführung eines getrennten Genehmigungsverfahrens für das Provisorium bedarf 88. Offensichtlich kann von einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand bei Durchführung zweier Genehmigungsverfahren also keine Rede sein. Der Nutzungsberechtigte hat demnach hinsichtlich provisorischer Gedenkzeichen die gleichen Gestaltungsrechte, wie sie ihm in Bezug auf die endgültige Grabgestaltung zustehen. Die Möglichkeit einer Beschränkung dieses Gestaltungsrechts unter Hinweis auf die damit verbundene Arbeitserleichterung für die Friedhofsverwaltung besteht unter keinem Gesichtspunkt.

III Folgen dieser Bewertung für die Gestaltung provisorischer Gedenkzeichen Es fragt sich, nach welchen Kriterien bei konsequenter Fortführung des Zwei-Felder-Systems die provisorischen Gedenkzeichen zu bewerten sind. Bei Zugrundelegung der derzeitigen gestaltungsrechtlichen Grundsätze können an provisorische Gedenkzeichen nicht ausschließlich die Maßstäbe der allgemeinen Gestaltungsvorschrift angelegt werden. Folge eines solchen Vorgehens wäre bei einem Grabmal auf einem Feld mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften, daß das Provisorium freier gestaltet werden könnte als das später zu errichtende endgültige Grabdenkmal. Wer also an den Prinzipien des Zwei-Felder-Systems festhält, der muß auch auf die provisorischen Gedenkzeichen die Gestaltungsvorschriften der jeweiligen Abteilung anwenden. Auf einem Grabfeld mit allgemeinen GestaltungsVorschriften ist daher jedes provisorische Gedenkzeichen zulässig, welches der allgemeinen Gestaltungsvorschrift genügt. Ebenso muß sich ein Provisorium in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften den dortigen Vorgaben anpassen. Folgt man der hier vertretenen Ansicht, so ist das Zwei-Felder-System in seiner derzeitigen Erscheinungsform mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar. Ebensowenig wie die Gestaltung der endgültigen Grabdenkmäler durch ästhetisch motivierte satzungsrechtliche Vorgaben beschränkt werden darf, kann der Satzunggeber die Gestaltung provisorischer Gedenkzeichen auf ein Minimum reduzieren. Die bisherigen Ergebnisse gelten daher uneingeschränkt auch für provisorische Grabmale.

88

Anlage 2 der Friedhofssatzung der Stadt Chemnitz; § 22 I 3 der Friedhofssatzung der Stadt Cochem.

270

Teil 5: Die Auswirkungen mittelbarer Gestaltungsvorschriften

IV. Satzungen ohne Vorgaben hinsichtlich provisorischer

Gedenkzeichen

Ein beachtlicher Teil der kommunalen Friedhofssatzungen enthält keine explizite Regelung hinsichtlich provisorischer Gedenkzeichen. Folge dieser fehlenden Auseinandersetzung kann entweder die Unzulässigkeit jeglicher Provisorien, oder aber die Anwendung der allgemeinen Grundsätze auch auf die nur vorübergehend errichteten Grabmale sein. Gegen eine generelle Unzulässigkeit sämtlicher Provisorien spricht der Umstand, daß den Nutzungsberechtigten auch in den Satzungen, die sich nicht ausdrücklich mit den Gestaltungsgrenzen bei provisorischen Gedenkzeichen auseinandersetzen, eine Frist von durchschnittlich 6 Monaten bis zur endgültigen Gestaltung der Grabstätte eingeräumt wird 8 9 . Will der Nutzungsberechtigte diese Frist ausschöpfen, so muß für ihn in der Zwischenzeit dennoch die Möglichkeit einer angemessenen Totenehrung bestehen. Deren unerläßlicher Bestandteil ist jedoch zumindest die Bezeichnung des in der jeweiligen Grabstätte Bestatteten 90 . Ist die Errichtung eines provisorischen Gedenkzeichens demnach zu gestatten, und fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung dieser Materie, so können auf die Provisorien einzig die allgemein für die Grabgestaltung geltenden Regelungen Anwendung finden. Die zu einem vorübergehenden Zweck errichteten Gedenkzeichen unterliegen dann ausnahmslos dem Zustimmungserfordernis und müssen sich in die für die jeweilige Abteilung geltenden Gestaltungsvorgaben einfügen.

89 90

§ 24 IV der Friedhofssatzung der Stadt Daun. Sofern sich dieser nicht selbst für eine anonyme Bestattung entschieden hat.

Teil 6

Eigener Lösungsvorschlag Wenn eingangs die These vom verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Nachholbedarf des Friedhofsrechts genannt worden ist, so ist diese Behauptung nicht nur bestätigt, sondern bei weitem noch übertroffen worden. Das Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes vor mittlerweile nahezu 50 Jahren hat an den eingefahrenen Strukturen des Friedhofsrechts nichts geändert. Stellt die Beständigkeit bestimmter Rechtsprinzipien sowie des Rechts insgesamt aufgrund der daraus resultierenden Rechtssicherheit für den Normadressaten grundsätzlich einen Gewinn dar, verkehrt sich dieser Grundsatz in sein Gegenteil, soweit der bewahrte Zustand schlichtweg rechts- bzw. verfassungswidrig ist. Dies jedoch ist die Situation, wie sie sich auf dem Gebiet des Friedhofsrechts zeigt. Der Versuch einer Lösung der Problematik wird geprägt durch die nowendigerweise zu wahrenden Entscheidungs- und Beurteilungsspielräume des kommunalen Satzunggebers. Es gilt das Spannungsfeld zwischen Ermessen der Verwaltung einerseits und der Gewährleistung von Freiheit des Bürgers andererseits zu berücksichtigen. Unabhängig von Erwägungen der Praktikabilität und hinreichenden Flexibilität ist es auch unter Beachtung der Satzungsautonomie vollkommen unmöglich, den Satzunggeber an bestimmte exakt umrissene Vorgaben zu binden. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erlaubt das Satzungsermessen der Verwaltung, die in Frage stehende Materie nach eigenen Vorstellungen zu ordnen und zu gestalten1. Andererseits gilt es zu bedenken, daß es nicht der freiwilligen Entscheidung des Bürgers überlassen bleibt, ob er die Anstalt benutzt oder nicht. Aus dem Umstand des Benutzungszwangs sowie der faktischen Monopolstellung kommunaler Bestattungsplätze ergibt sich eine wesentliche Einschränkung der kommunalen Regelungsbefugnis 2. Es kann daher kein Katalog von Materialien oder Bearbeitungsarten erstellt werden, deren Verwendung stets zu genehmigen oder umgekehrt in jedem Fall zu verweigern ist. Wie bereits mehrfach angesprochen, kommt es für die Wirkung eines spezifischen Materials zudem auch immer auf die Ausgestaltung im konkreten Einzelfall an. Vor diesem Hintergrund bieten sich im einzelnen drei Lösungswege an: die Anerkennung subjektiver Grundrechtsgehalte und der daraus abzuleitende Anspruch des Nutzungsberechtigten auf freie Grabgestaltung, die Schaffung eines Drei-Felder-Systems oder die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems unter 1 2

Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR III, 1988, § 66 Rn. 47. So auch BayVGH, VGHE 13, 52 (53).

272

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

Bindung des Satzunggebers an allgemeine, im einzelnen dann noch näher zu präzisierende Rechtsgrundsätze oder Termini.

1. Abschnitt

Auswirkungen der jüngeren Grundrechtsdiskussion subjektive Grundrechtsdimensionen im Friedhofsrecht ? Gegenstand der jüngeren Grundrechtsdiskussion 3 ist die zunehmende Abkehr von der ausschließlichen Ausrichtung auf den als klassisch titulierten status negativus der Grundrechte hin zu neuen oder zumindest wiederentdeckten Grundrechtsdimensionen. In der Sache geht es um die Anerkennung von über die Grundrechte gewährleisteten Leistungs- und Teilhaberechten, um staatliche Schutzpflichten zugunsten des einzelnen, um grundrechtlich geforderte organisationsrechtliche Maßstäbe - insbesondere im Bereich des Rundfunks - und schließlich auch um eine dem Stellenwert der Grundrechte gerecht werdende Ausgestaltung staatlicher Genehmigungsverfahren. Folgt man der hier vertretenen Auffassung einer weitgehend verfassungswidrigen friedhofsrechtlichen Praxis in Fragen der Grabgestaltung, so läßt sich ein wie auch immer geartetes, subjektivistisch ausgerichtetes Grundrechtsverständnis fur eine Erweiterung der Befugnisse der Nutzungsberechtigten nicht fruchtbar machen. Da sich die kommunalen Grabgestaltungsvorschriften als grundrechtswidrig erweisen, ist der klassische status negativus betroffen. Der Anspruch des Nutzungsberechtigten ist gerichtet auf Abwehr des staatlichen Eingriffs, das durch die Grundrechte geschützte Verhalten ist die individuelle Gestaltung der Grabstätte. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit ein grundrechtlicher subjektiver Anspruch des Nutzungsberechtigten einen darüber hinausgehenden Erfolg zeitigen könnte. Etwas anderes gilt insoweit bei Befolgung der herrschenden friedhofsrechtlichen Auffassung, die eine Grundrechtsverletzung des Nutzungsberechtigten über die Geltung des Zwei-Felder-Systems grundsätzlich fur ausgeschlossen, und die zu beachtenden Bindungen für gerechtfertigt hält. Bei Anerkennung grundrechtlich verbürgter Leistungs- oder Teilhabe-

3

Vgl. nur Friauf, DVB1 1971, 674 ff.; Martens, VVDStRL 30 (1972), 5 ff.; Hesse, EuGRZ 1978, 427 ff.; Rüdiger Breuer, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, 1978, S. 89 ff.; Ossenbühl, DÖV 1981, 1 ff.; J.P. Müller, Soziale Grundrechte in der Verfassung ?, 21981, S. 152 ff.; Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, 1982; Bethge, Der Staat 1985, 351 ff.; Alexy, Der Staat 1990, 49 ff.; Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, 1992; Isensee, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 1992, § 111; Dreier, Jura 1994, 505 ff.; Heintschel von Heinegg/Haltern, JA 1995, 305 ff. und 333 ff.; Jeand'Heur, JZ 1995, 161 ff.

1. Abschnitt: Subjektive Grundrechtsdimensionen

273

ansprüche läßt sich unter Umständen eine Pflicht des Anstaltsträgers zur Ermöglichung vorgabenfreier Grabgestaltung herleiten. Es ist nicht Aufgabe der vorliegenden Untersuchung, die einzelnen und mittlerweile überaus zahlreichen Theorien zu den subjektiven Grundrechtsgehalten, oder gar die hierbei verwendete verworrene und vollkommen uneinheitliche Terminologie detailliert darzustellen 4. Allen Ansätzen gemeinsam ist jedoch die an ihnen geübte gewichtige Kritik, die aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz sowie dem Demokratieprinzip resuliert. Als der gerichtlichen Überprüfung zugängliche subjektive Rechte würden grundrechtliche Leistungsrechte den Gesetzgeber seiner politischen Verantwortung entheben. Die parlamentarische Willensbildung müßte den erforderlichen Spielraum einbüßen und würde als Grundbestandteil einer offenen demokratischen Gesellschaft entscheidend eingeengt werden 5. Die von den Gerichten getroffenen Entscheidungen könnten zudem in die Haushaltshoheit des Gesetzgebers eingreifen 6. Die Verschiebung der Gewichte im Gewaltenteilungssystem weg von der Legislative und hin zur Judikative wäre die notwendige Folge des richterlichen Vollzugs vager Sozialprogramme 7. Das Bedürfnis nach einer Erweiterung der Grundrechtsgehalte wird somit rigide vom Himmel der vorgeblichen sozialen Gerechtigkeit zurückgeholt auf den Boden der verfassungsrechtlichen Tatsachen. Verbietet sich demnach die generelle Umdeutung der Grundrechte in soziale Leistungsverschaffungsansprüche, so kann andererseits die zunehmende Abhängigkeit des einzelnen von staatlichen Leistungen, Planungen und Lenkungsmaßnahmen nicht geleugnet werden. Es besteht somit die Notwendigkeit, für jedermann die Voraussetzungen der Grundrechtsausübung zu schaffen. Diese steht jedoch nicht in Zusammenhang mit der Grundrechtsauslegung, sondern stellt sich dar als eine sozialstaatliche Aufgabe 8. Die Aufstellung und Verwirklichung dieses sozialstaatlichen Programms fällt in die primäre Zuständigkeit des Gesetzgebers9. Für das Gebiet des Friedhofsrechts ergibt sich damit auch dann eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung der Voraussetzungen einer

4

Dies ist bereits an anderer Stelle getan worden, vgl. nur Murswiek, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 1992, § 112. 5 Hesse, EuGrZ 1978, 427 (434); von Münch,, in: ders./Kunig, GG, Band I, 41992, Vorb. Art. 1-19 Rn. 20. 6 Vgl. Ossenbühl, NJW 1976, 2100 (2105); Rüdiger Breuer, Grundrechte als Anspruchsnormen, in: Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, 1978, S. 89 ff (93); Murswiek,, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 1992, § 112 Rn. 95. 7 So Rüdiger Breuer, Grundrechte als Anspruchsnormen, in: Festgabe aus Anlaß des 25-jährigen Bestehens des Bundesverwaltunsgerichts, 1978, S. 89 ff (93); Isensee, Der Staat 19 (1980), 367 (379). 8 Ossenbühl, NJW 1976, 2100 (2105). 9 Martens, VVDStRL 30 (1972), 5 (31). 18 Spranger

274

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

größtmöglichen Grundrechtsverwirklichung, wenn mit der herrschenden Meinung davon ausgegangen wird, daß die kommunalen Grabgestaltungsvorschriften verfassungskonform sind.

2. Abschnitt

Die Schaffung eines Drei-Felder-Systems Die Notwendigkeit einer dem Nutzungsberechtigten einzuräumenden größeren Gestaltungsfreiheit ergibt sich aus der bislang verkannten oder unterschätzten Reichweite der Grundrechte und allgemeinen Verfassungsprinzipien auch auf dem Gebiet des Friedhofsrechts. Die derzeit geltenden Friedhofssatzungen beschränken die Gestaltungsfreiheit der Betroffenen in einem unerträglichen Maße und stützen sich zur Rechtfertigung dieser Begrenzungen auf vollkommen ungeeignete Maßstäbe und Grundsätze. Andererseits kann und darf dem Friedhofsträger nicht jegliche Berechtigung zur Regelung der Gestaltungsvorschriften abgesprochen werden, da diese über den rein ästhetischen Zweck hinaus etwa im Falle der Grababdeckplatten - auch auf Erwägungen der Hygiene, und damit der Volksgesundheit beruhen können. Soll der Kommune darüber hinaus ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleiben, so kann die bestehende Situation nicht von Grund auf, sondern lediglich eingeschränkt geändert werden. Die geringste Modifizierung würde die derzeitige friedhofsrechtliche Praxis bei Schaffung eines Drei-Felder-Systems erfahren. Das Zwei-Felder-System würde in diesem Fall in seinen Ausgestaltungen auch weiterhin bestehen bleiben. Der Friedhofsträger wäre jedoch gehalten, zusätzlich zu den Abteilungen mit allgemeinen und den Grabfeldern mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften auch solche Abteilungen anzubieten, die keinerlei gestalterischen Anforderungen unterliegen. Zwingende Gründe, die gerade fur ein Zwei-Felder-System sprechen, stehen diesem Ansatz nicht gegenüber. Vielmehr kann heute nicht mehr eindeutig eruiert werden, warum die Aufteilung der Friedhöfe in zwei verschiedene Gestaltungsgruppen und nicht drei oder mehr erfolgte 10. Bedenken gegenüber einer solchen Lösung ergeben sich jedoch zunächst unter Gesichtspunkten der bestehenden Kapazitäten sowie der Einwirkungen solcher Abteilungen auf die restlichen Grabfelder. Grundsätzlich trifft den Friedhofsträger die Pflicht, ausreichende Bestattungsflächen zur Verfügung zu stellen 11 , so daß das Kapazitäts-Argument keinen generellen Freibrief für eine etwaige Weigerung der Kommunen abzugeben vermag. Unabhängig von dieser allgemeinen Überlegung zeigt sich aber auch 10 11

(452).

Vgl. Diefenbach, Friedhof und Denkmal 1992, 84 (85). Vgl. nur Art. 7 des bayerischen Bestattungsgesetzes; Gaedke, NVwZ 1995, 451

2. Abschnitt: Die Schaffung eines Drei-Felder-Systems

275

bei der Betrachtung im Detail, daß die bestehenden Möglichkeiten nicht voll ausgenutzt werden. Das Argument des Platzmangels ist von den Kommunen bereits vor einem Vierteljahrhundert vorgebracht worden 12 . Schon damals zeigte sich jedoch, daß bei den Ausschreibungen für Friedhofsplanungswettbewerbe eine Belegungsdichte von höchstens 20% gefordert wurde, obwohl eine Nutzungs- und Belegungsdichte von 30 bis 40% durchaus möglich gewesen wäre 13 . In jüngerer Zeit wird als Mittelwert für nicht belegbare Frei- und sonstige Flächen eines Friedhofes etwa 60% der gesamten Friedhofsfläche angegeben14. Der Grund für dieses Übergewicht unbelegbarer Flächen liegt in der heute dominierenden landschaftlich-parkartigen Gestaltung der Friedhöfe 15, also in einem Zustand, den die Kommunen durch ihr Einwirken auf die Friedhofsgestaltung selbst hervorgerufen haben. Die Rate belegbarer Friedhofsflächen kann somit durchschnittlich mit 40% angegeben werden, wobei diese Belegungsdichte jedoch fast nie voll ausgeschöpft wird. Verzichtet der Friedhofsträger zumindest in einigen Teilen des Friedhofes auf das Konzept der parkartigen Anlage, so stehen weitere belegbare Flächen zur Verfügung. Mit dem Hinweis auf fehlende Kapazitäten kann der Einführung eines Drei-Felder-Systems also in der Regel nicht entgegengetreten werden. Ein anderes Argument, das von der herrschenden Meinung wohl mit stärkerer Vehemenz gegen die Schaffung eines Drei-Felder-Systems vorgetragen werden wird, betrifft dessen optische Einwirkungen auf die übrigen Abteilungen des Friedhofes. Es ist immer wieder die Rede davon, daß der Friedhof „kein Tummelplatz für Materialsammlungen" ist 16 und bereits die Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften die Gefahr in sich tragen, als „Schreckensabteilungen" zu wirken 17 . Daß das Erfordernis der Anpassung der Grabstätten an die jeweilige Umgebung jedoch mit dem individuellen Recht auf Grabgestaltung unvereinbar und verfassungswidrig ist, war bereits ausführlich Gegenstand der Erörterung 18. Zudem kann bei entsprechender Friedhofsplanung eine Einwirkung von Abteilungen ohne jegliche gestalterische Vorgaben auf die anderen Grabfelder durch eine entsprechende räumliche Trennung nahezu ausgeschlossen werden. Praktische Erwägungen vermögen daher der Einführung eines Drei-FelderSystems nicht entgegengesetzt zu werden. Dennoch kann eine solche Lösung nicht befriedigen. Die attestierten Unzulänglichkeiten der derzeitigen friedhofs12 13 14 15 16 17 18

18*

Vgl. Menzel, Der Landkreis 1972, 403 (404). So Menzel, Der Landkreis 1972, 403 (404). Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (24). Kunkel, Der Landkreis 1984, 23 (24). So Werkmeister, Der Landkreis 1969, 396; Baumann, DFK 1997, 414. Gaedke, Der Landkreis 1981, 687 (688). Vgl. Teil 2, 1. Abschnitt, Α. V. 2. a. aa. (2) und C.

276

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

rechtlichen Situation werden über die Schaffung des Drei-Felder-Systems nicht abgestellt. Kann ein Nutzungsberechtigter auf ein Grabfeld ohne Gestaltungsvorschriften ausweichen, ändert dies nichts an dem Umstand, daß sich der Satzunggeber bei Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften durch Erwägungen leiten läßt, die durch den Anstaltszweck in keiner Weise gedeckt sind. Ebensowenig kann eine Änderung des Zwei-Felder-Systems die unter dem Gesichtspunkt der Normklarheit oder die gegen die Regelung der provisorischen Gedenkzeichen erhobenen Bedenken beseitigen. Die bloße Ermöglichung der Grundrechtsverwirklichung durch die Nutzungsberechtigten kann die Verfassungswidrigkeit der satzungsrechtlichen Gestaltungspraxis nicht beheben. Es bedarf daher einer grundlegenden Reform des Grabgestaltungsrechts, und nicht lediglich einer rein kosmetischen Auffrischung.

3. Abschnitt

Die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems Die Existenzberechtigung des Zwei-Felder-Systems beruht letztlich auf der Ewägung, daß dem Friedhofsträger in Form der Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften als zweitem Feld die Durchsetzung eigener ästhetischer Anschauungen ermöglicht werden soll. Die aufgezeigten Unzulänglichkeiten der derzeitigen friedhofsrechtlichen Praxis können einzig durch die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems, bzw. eine auf dieses Ergebnis hinauslaufende Novellierung der Friedhofssatzungen behoben werden. Die Forderung muß sogar noch weitergehen: letztlich dürfen die kommunalen Friedhofssatzungen keinerlei Gestaltungsvorschriften im überkommenen Sinn mehr enthalten. Die extensive Auslegung der vom Reichsgericht entwickelten Formel zum Friedhofszweck 19 und deren nähere Bestimmung anhand des dem Baurecht entliehenen Maßstabes des durchschnittlichen Betrachters oder Besuchers steht unter Berücksichtigung der hierzu aufgezeigten Bedenken einer weiteren Verwendung auch der allgemeinen Gestaltungsvorschrift entgegen. Die Grabgestaltung als wesentliches Element der Totenehrung und des Gedächtnisses an die Verstorbenen steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Würde des Verstorbenen, ist direkter Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Nutzungsberechtigten, und wird - je nach Gestaltung des konkreten Einzelfalls - durch spezielle Freiheitsrechte geschützt. Insbesondere die Wahrung der Menschenwürde als oberstes Prinzip unserer Verfassung verbietet eine staatlicherseits verordnete Reglementierung der Grabgestaltung, deren Motivation auf ästhetischen Anschauungen beruht.

19

RGZ 157, 246 (255).

3. Abschnitt: Die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems

277

Nun versteht es sich von selbst, daß die Grabgestaltung dennoch nicht grenzenlos gestattet werden kann. Die Grundlage des Verbotes einer spezifischen Grabgestaltung, so z.B. die Untersagung der Verwendung eines bestimmten Materials, darf ihren Ursprung jedoch keinesfalls in den Fragen der Ästhetik nehmen. Im Fall der Baugestaltung mögen derartige Erwägungen noch angehen 20 . Anders als bei der vornehmlich durch Art. 14 GG geprägten baugestaltungsrechtlichen Diskussion handelt es sich jedoch bei der Grabgestaltung um den wesentlichen Aspekt der Totenehrung, so daß bei allen Überlegungen zu diesem Bereich Art. 1 I GG die wesentliche Rolle zufallen muß. Soll also ein Grabmal oder eine sonstige Ausschmückung der Grabstätte unterbunden werden, müssen die über das Verbot geschützten Rechte und Rechtsgüter an der Bedeutung vornehmlich dieses Grundrechts gemessen werden. Zudem gilt es, die Schwierigkeiten zu bedenken, die sich in der derzeitigen friedhofsrechtlichen Situation aus der Unbestimmtheit des Durchschnittskriteriums als wesentlichem Maßstab zur Ermittlung einer würdevollen Grabgestaltung ergeben. Die Erschaffung neuer Formeln, deren Bestimmtheit gegebenenfalls hinter der des Durchschnittskriteriums noch zurückbleibt, ist daher zur Lösung ungeeignet. Vielmehr bietet sich der Rückgriff auf Prinzipien an, die durch Rechtsprechung und Lehre hinreichende Präzisierung erfahren haben und dem Mißbrauch durch übereifrige Satzunggeber oder der Einflußnahme diverser Interessenverbände nicht Tür und Tor öffnen. Ausgangspunkt aller Überlegungen muß der Friedhofszweck als Grenze der Gestaltungsfreiheit des kommunalen Satzunggebers sein. Die von der herrschenden Meinung zur Bestimmung des Friedhofszwecks verwendete Formel ist hierbei auch weiterhin zweckdienlich, sofern sie in ihrer näheren Ausgestaltung die notwendigen Modifizierungen erfährt. Zweck der Anstalt ist danach zum einen die dem pietätvollen Gedenken der Verstorbenen entsprechende würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks21, wobei die Würde der Ausgestaltung und Ausstattung jedoch eine Frage der individuellen Anschauungen des jeweiligen Nutzungsberechtigten und nicht der durchschnittlichen Auffassungen irgendeiner Gruppe oder gar vorgeblicher Sachverständiger ist. Unzulässig ist daher erne Grabgestaltung, die nicht der Ehrung des Verstorbenen dient. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Nutzungsberechtigte die Beschriftung des Grabdenkmals nutzt, um eine von ihm befürwortete allgemeinpolitische Aussage zu tätigen, die in keinerlei Zusammenhang zu der Person des Verstorbenen steht. Hingegen kann auch eine angeblich „protzige" Grabgestaltung der Ehrung des Toten dienen. Es entscheiden insoweit persönlicher Geschmack und individuelle Vorstellungen. Die Un-

20 21

Vgl. hierzu jüngst Voßkuhle, BayVBl 1995, 613 ff. RGZ 157, 246 (255).

278

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

tersagung einer Grabgestaltung wegen mangelnder Ehrung des Toten wird jedoch eher die Ausnahme darstellen. Den zweiten Bestandteil des Friedhofszwecks bildet die Ermöglichung einer angemessenen und geordneten Leichenbestattung22. Eine abschließende Regelung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Leichenbestattung angemessen und geordnet ist, findet sich weder in den vorhandenen landesrechtlichen Regelungen, noch ist dieser Aspekt durch Rechtsprechung und Lehre geklärt worden. Unstreitig dürfte jedoch sein, daß die Angemessenheit der Bestattung auch bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung keinen Aspekt darstellt, der gegen eine bloß ungewöhnliche Grabgestaltung vorgebracht werden kann, da in diesem Fall dem Kriterium der angemessenen und geordneten Leichenbestattung neben dem der würdigen Ausgestaltung und Ausstattung des Bestattungsplatzes keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen würde. Eine Bestattung ist daher unangemessen oder ungeordnet, wenn sie gegen hergebrachte Maßstäbe der Hygiene verstößt und so eine Gefährdung der Volksgesundheit darstellt, wenn der Friedhofsträger die Grabstätten nicht zuweist, so daß Konflikte um die wegen ihrer Lage beliebtesten Grabstätten entstehen, oder wenn einem Verstorbenen das sogenannte „ehrliche Begräbnis" 23 verwehrt wird, so daß die Beisetzung auf einem abgelegenen Teil des Friedhofs erfolgt.

A. Die öffentliche Sicherheit als Grenze der Grabgestaltung Die genannten Beispiele zeigen, daß es bei der näheren Eingrenzung des Begriffs der angemessenen und geordneten Bestattung letztlich um Fragen der öffentlichen Sicherheit geht. Der Herleitung einer besonderen „Ordnungsbewahrungspflicht" aus der Anstaltsgewalt des Friedhofsträgers 24 bedarf es daher nicht. Auch die aus der Anstaltsgewalt resultierenden Befugnisse des Anstaltsträgers müssen sich an den Erfordernissen des Friedhofszwecks messen lassen, so daß der Hinweis auf die Anstaltsgewalt als „Relaisstation" überflüssig ist. Unzutreffend ist daher auch die Formulierung des Art. 9 I 1 des bayerischen Bestattungsgesetzes, wonach die Friedhöfe und die einzelnen Grabstätten so beschaffen sein müssen, daß sie dem Friedhofszweck, den Erfordernissen des Wasserhaushalts und der öffentlichen Sicherheit, insbesondere der Gesundheit entsprechen. Werden durch die Beschaffenheit einzelner Grabstätten die Erfordernisse des Wasserhaushalts oder die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt, so kann auch nicht die Rede von einer geordneten Bestattung sein, so daß in die-

22

RGZ 157, 246 (255). Ausführlich Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 152 ff. 24 So OVG Münster, Urteil vom 30.07.1974 - VIII A 530/74 -, zitiert nach Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 69. 23

3. Abschnitt: Die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems

279

sem Fall auch dem Friedhofszweck nicht entsprochen wird. Eine kumulative Aufzählung der zu beachtenden Aspekte ist insoweit unnötig. Erfreulich an der Formulierung des Art. 9 I 1 des bayerischen Bestattungsgesetzes ist jedoch die mit ihr einhergehende Folge, wonach das Augenmerk auf den Aspekt der öffentlichen Sicherheit gelenkt wird. Umgekehrt inhaltlich zu eng ist daher § 7 I des hessischen Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen, wonach Grabstätten so beschaffen sein müssen, daß die menschliche Gesundheit durch die Verwesung nicht gefährdet werden kann. Daß Gefährdungen für die menschliche Gesundheit nicht nur von einer unzureichenden Verwesung ausgehen, zeigt bereits die umfangreiche Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht auf Friedhöfen in Bezug auf umstürzende Grabsteine 25. Grabstätten müssen daher so beschaffen sein, daß jegliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder anderer wichtiger Rechtsgüter durch diese ausgeschlossen ist. Als unzureichend erweist sich vor diesem Hintergrund im übrigen auch die Bestimmung in § 20 II der Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen, wonach an Grabmale und bauliche Anlagen weitergehende Anforderungen gestellt werden können, wenn dies aus Gründen der Standsicherheit erforderlich ist. Gefahrdungen können von Grabmalen und baulichen Anlagen auch dann ausgehen, wenn die Standsicherheit gewährleistet ist. Bedenklich ist zudem die Ausklammerung von Grabbepflanzungen und sonstigen Ausschmückungen. Auch bestimmte Pflanzenarten, wie z.B. Feuerdorn, können eine Gefahr für die Friedhofsbesucher darstellen. Gleiches gilt für besonders große Grablaternen oder Töpfe, die zur Ausschmückung auf das Grab gestellt werden 26. Soweit es die öffentliche Sicherheit erfordert, kann daher jede Form der Grabgestaltung mit einem Verbot belegt werden. Zu Recht kann daher die Festlegung der maximalen Höhe eines Grabdenkmals unter dem Gesichtspunkt der gegebenenfalls magelhaften Sicherheit erfolgen 27. Ebenso stellen Grabdenkmäler aus einem extrem instabilen Material oder in einer Bearbeitung, die scharfe Spitzen und Kanten hervorstehen läßt, ein Sicherheitsrisiko dar und können aufgrund dessen durch den Satzunggeber untersagt werden. Gleiches gilt für Bepflanzungen und alle sonstigen Elemente des Grabschmucks, sofern von diesen Gegenständen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Unzulässig ist hingegen die gängige Friedhofspraxis, sogenannte übergroße Grabdenkmäler als effektheischend und protzig, und

25

Vgl. nur BGHZ 34, 206 ff.; OLG Stuttgart, MDR 1966, 50; BGH, NJW 1971, 2308 f.; OLG Hamm, NVwZ 1982, 333. 26 Derartige Gefährdungen berücksichtigt § 14 des baden-württembergischen Gesetzes über das Friedhofs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz), wonach Grabausstattungen - also nicht lediglich Grabmale - standsicher sein müssen. 27 BayVGH, Urteil vom 12.06.1972 - Nr. 72 IV 69; BayVGH, Urteil 12.10.1983 Nr. 4B 81 A 2636, zitiert nach Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 9.

280

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

somit als unwürdig und dem Friedhofszweck zuwiderlaufend einzustufen und zu verbieten. Der Maßstab der öffentlichen Sicherheit 28 als Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit von Grabgestaltungen gewährleistet nicht nur die grundsätzliche Wahrung des individuellen Gestaltungsrechts, sondern genügt darüber hinaus den durch das Prinzip der Normklarheit gestellten Anforderungen. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit hat im Laufe seiner Existenz eine hinreichend präzise Ausgestaltung durch Rechtsprechung und Lehre erfahren und bietet so einen für Friedhofsverwaltung und Nutzungsberechtigten gleichermaßen handhabbaren Maßstab.

B. Die öffentliche Ordnung als Grenze der Grabgestaltung Handelt es sich demzufolge bei der öffentlichen Sicherheit um einen geeigneten Maßstab zur Regulierung der Grabgestaltung, kann diese Aussage unter Umständen auch für den Begriff der öffentlichen Ordnung gelten29. Nach überkommenem Verständnis wird unter öffentlicher Ordnung die Gesamtheit derjenigen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerläßliche Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird 30 . Mehrere Aspekte sprechen jedoch gegen eine Heranziehung des Maßstabes der öffentlichen Ordnung zur Ermittlung einer Regelungsbefugnis des Satzunggebers. Zum einen gilt es die allgemein gegen den Begriff der öffentlichen Ordnung vorgebrachten Bedenken zu berücksichtigen. Das Abstellen auf die jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen erscheint bedenklich unter Berücksichtigung des grundgesetzlich verbürgten Minderheitenschutzes. Darüber hinaus handelt es sich bei den genannten Anschauungen um zumeist ungeschriebene Regeln31, so daß sich Probleme bezüglich der Beachtung des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ergeben. Schließlich muß bedacht wer28 Zu weitgehend Westermann, FamRZ 1973, 614 (616 f.), der als Grenze für Grabgestaltungen offensichtlich einzig auf gesundheitspolizeiliche Interessen abstellen will. Hygienische Erwägungen alleine erfassen jedoch nicht alle Gefahrenbereiche, die von einer Bestattung ausgehen können. 29 Josef, PrVwBl 44 (1923), 485 (486) erachtet beleidigende Grabinschriften als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. 30 BVerfGE 69, 315 (352); OVG Münster, NJW 1988, 787 (789); Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 91986, S. 245; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 121995, Rn. 122; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 1992, E 25; Friauf in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 39. 31 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 91986, S. 245; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 1992, E 25.

3. Abschnitt: Die Abschaffung des Zwei-Felder-Systems

281

den, daß ein Grundrechtsträger durch die Ausübung eines ihm zustehenden Grundrechts nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen kann 32 . Stellt die zu bewertende Handlung eine Grundrechtsausübung dar, ist vielmehr zu prüfen, ob diese durch die Schutzobjekte der polizeilichen Generalklausel beschränkt wird 33 . Es entscheidet somit wiederum die Frage, ob die fragliche Handlung gegen die öffentliche Sicherheit verstößt. Aber auch bei Ausschaltung der vorgebrachten Bedenken kann es dem Friedhofsträger nicht gestattet werden, Grabgestaltungen aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zu untersagen. Der Grund hierfür liegt in der inhaltlich weitgehenden Übereinstimmung des Begriffs mit dem Maßstab des Durchschnittsempfindens. Über ein Abstellen auf die herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen vermögen alle diejenigen Grabgestaltungen untersagt zu werden, die auch dem Empfinden des durchschnittlichen, für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters widersprechen. In der Sache würde sich daher allzu wenig ändern.

C. Insbesondere: Beleidigende Grabgestaltungen als Gefahrdung der öffentlichen Sicherheit ? Unproblematisch kann der Satzunggeber danach in die Friedhofssatzung eine Klausel aufnehmen, wonach alle diejenigen Grabgestaltungen untersagt sind, von denen Gefährdungen für Leib oder Leben vornehmlich Dritter, aber auch des Nutzungsberechtigten selbst ausgehen. Diffizil gestaltet sich hingegen die Bewertung beleidigender Grabgestaltungen. In Betracht kommen hier vor allem beleidigende Grabinschriften, aber auch Skulpturen, welche in anstößiger Weise bestimmte Personen karikieren oder verächtlich machen. Schwierigkeiten bereitet dabei weniger die Erkenntnis, daß solche Gestaltungen nicht geduldet werden können34, als die Frage, auf welcher Grundlage und in welchem Verfahren derartige Gestaltungen zu untersagen sind. Im einzelnen bieten sich zwei Möglichkeiten an. Entweder man erachtet beleidigende Grabgestaltungen als Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit, so daß der Satzunggeber auf diesem Wege vorgehen kann, oder man überläßt das Einschreiten dem jeweils betroffenen Dritten unter Beschreitung des Zivilrechtsweges. Hingegen rechtfertigt es der Umstand des beleidigenden Inhalts einer Grabinschrift alleine noch nicht, diese als dem Friedhofszweck zuwiderlaufend zu bewerten. Vielmehr ist auch 32

Friauf in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 42. 33 Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 42. 34 Vgl. hierzu bereits die Verordnung über Grabinschriften vom 19.09.1922, Sächsisches Gesetzblatt 1922, S. 557; Josef, PrVwBl 44 (1923), 485 (486).

282

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

die fur andere beleidigende Grabgestaltung zunächst einmal Ausdruck eines individuellen Gestaltungswunsches und somit ein Akt der Grundrechtsausübung. Auch die Gestaltung eines Grabes, durch die sich Dritte unangenehm berührt fühlen, ist grundsätzlich entweder Ausdruck der individuellen Vorstellungen des Verstorbenen oder aber des Gestaltungsrechts der Nutzungsberechtigtes ten . Die spezifische Schwierigkeit beleidigender Grabgestaltungen als Fallgestaltung einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit basiert auf der regelmäßig geringen Zahl der möglichen Betroffenen. Während von einem einsturzgefährdeten Grabdenkmal eine Gefahr für eine unbestimmte Anzahl von Personen ausgeht, ist Adressat einer Beleidigung zumeist eine Einzelperson oder im Falle der Kollektivbeleidigung eine abgrenzbare Gruppe von Personen. Es fragt sich, ob in einem solchen Fall von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gesprochen werden kann. Wenn man mit der im Polizeirecht traditionell vertretenen Formel davon ausgeht, daß unter öffentlicher Sicherheit die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen der Bürger einerseits sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen andererseits zu verstehen ist 36 , und ferner bedenkt, daß es sich bei staatlichen Einrichtungen auch um die öffentlichen Anstalten handelt 37 , könnte unter diesem Gesichtspunkt die öffentliche Sicherheit tangiert sein. Von einer bestimmten Grabgestaltung wird aber kaum eine derart intensive Behinderung ausgehen, daß die Unversehrtheit der öffentlichen Anstalt in Frage steht. Allenfalls im Falle tumultartiger Szenen vor einem besonders provokativen Grab könnte der Friedhofsbetrieb so gravierend gestört werden, daß unter diesem Gesichtspunkt von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gesprochen werden kann. Betroffen ist jedoch auch die Ehre des oder der Beleidigten. Im Falle einer Beeinträchtigung derartiger Individualgüter kann von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aber nur dann die Rede sein, wenn die konkrete Gefahrenlage Ausstrahlungswirkungen in die Öffentlichkeit erzeugt und damit ein öffentliches Interesse an ihrer Abwehr besteht38. Auch am Vorliegen dieses Erfordernisses wird es regelmäßig fehlen. Zwar kann eine in diesem Sinne negativ wirkende Grabgestaltung grundsätzlich von jedem Friedhofsbesucher wahrgenommen werden, so daß eine gewisse Ausstrahlung in die Öffentlichkeit er35

Anders die herrschende Meinung: Specovius, JW 1925, 344; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, S. 125; Klingshirn, Bestattungsrecht in Bayern, Erl.XVI (Stand: Januar 1996), Rn. 9. 36 Vgl. Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 33; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 1995, Rn. 89. 37 So Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltunesrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 36; Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 1995, Rn. 118. 38 Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 101995, 2. Abschnitt, Rn. 35.

4. Abschnitt: Thesenartige Zusammenfassung

283

folgt 39 . Jedoch darf nicht vergessen werden, daß insbesondere Grabinschriften wohl kaum derart auf die Öffentlichkeit einwirken, daß ein über das private Interesse des Betroffenen hinausgehendes öffentliches Interesse an deren Abwehr besteht. Lediglich in extremen Ausnahmefällen kann diese Voraussetzung erfüllt sein. Schließlich gilt es zu bedenken, daß im Falle der Gefahr der Verletzung privater Rechte durch andere Private die Gefahrenabwehraufgabe hinter dem zivilrechtlichen und zivilprozessualen Rechtsschutz, welchen der Gefährdete gegenüber dem Störer in Anspruch nehmen kann, zurücktritt 40 . Das Subsidiaritätsprinzip hat demnach zur Folge, daß der staatliche Schutz privater Rechte vor Verletzung durch private Dritte primär der ordentlichen Gerichtsbarkeit und ihren Zwangsvollstreckungsorganen obliegt 41 . Fühlt sich also ein Nutzungsberechtigter oder Friedhofsbesucher durch eine Grabgestaltung persönlich angegriffen oder sonstwie tangiert, so hat er grundsätzlich - notfalls im Wege der einstweiligen Verfügung - den Gang vor die Zivilgerichte zu suchen. Eine Satzungsklausel, wonach die öffentliche Sicherheit gefährdende Grabgestaltungen unzulässig sind, wird demnach beleidigende Grabgestaltungen nur in wenigen Ausnahmefällen erfassen können. Eine präventive Kontrolle des Friedhofsträgers auf derartige Meinungsäußerungen hin erweist sich als Fallgestaltung einer Vorzensur ebenfalls als unmöglich 42 . Vielmehr ist es die Aufgabe des betroffenen Privaten, sich unter Einschaltung der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegen Grabgestaltungen zu wehren, durch welche er sich beleidigt fühlt. Zusammenfassend läßt sich damit festhalten, daß eine Möglichkeit des Satzunggebers, etwaige beleidigende Grabinschriften präventiv zu unterbinden, nicht besteht.

4. Abschnitt

Thesenartige Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1.- Die allgemeine Gestaltungsklausel verstößt in ihrer derzeitigen Auslegung gegen Art. 2 I GG. Die würdige Ausgestaltung und Ausstattung des der Totenbestattung gewidmeten Grundstücks muß anhand eines individuellen Maßstabs und nicht unter Zugrundelegung eines angeblichen Gesamtcharakters des Friedhofs ermittelt werden. Bei dem von der herrschenden Meinung zur Ermittlung der Würde einer Grabgestaltung bemühten Durchschnittsmaßstab 39 40 41 42

Vgl. auch Humbert, JW 1925, 2108. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, I21995, Rn. 94. So Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 121995, Rn. 94. Vgl. Teil 2, 1. Abschnitt, F. III.

284

Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

handelt es sich um ein aus dem Bereich des Baurechts übertragenes, als Fiktion zu betrachtendes Kriterium, welches zudem den Besonderheiten des Friedhofsrechts in keiner Weise gerecht wird. 2.- Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß den mit Benutzungszwang versehenen kommunalen Bestattungsplätzen eine faktische Monopolstellung zukommt, eine Ausweichmöglichkeit für den Nutzungsberechtigten damit grundsätzlich nicht existiert, erweisen sich die herkömmlichen Grabgestaltungsvorschriften darüber hinaus als unvereinbar mit Art. 1 I GG. 3.- In Hinblick auf die Rechtsstellung der Verstorbenen ist im Bereich des Friedhofsrechts nicht nur Art. 1 I GG, sondern auch Art. 2 I GG postmortale Wirkung zuzusprechen. Verstanden als Pflicht der Lebenden zur Achtung der Wünsche und Vorstellungen des Verstorbenen ist das Potantial einer postmortale Geltung letztlich allen speziellen Freiheitsrechten zueigen. 4.- Das Erfordernis der Anpassung der Grabgestaltung an die nähere Umgebung, bzw. an den Friedhof in seiner Gesamtheit und in seinen einzelnen Teilen, verstößt gegen Art. 3 I GG. Die Erstbeleger eines Grabfeldes sind im Gegensatz zu den späteren Beiegern nicht an den Status quo gebunden und damit wesentlich freier in Fragen der Grabgestaltung. 5.- Die Grabgestaltung als Akt der Religionsausübung ist nicht nur auf konfessionellen, sondern auch auf kommunalen Friedhöfen möglich. Kritisch zu bewerten ist hierbei insbesondere die jüngst zu registrierende Tendenz, Angehörigen moslemischen Glaubens gegenüber in Gestaltungsfragen weniger restriktiv zu verfahren als gegenüber Angehörigen anderer Religionen. 6.- Die Gewissensfreiheit erlangt in Fragen der Grabgestaltung nur im Falle mangelnder Akzeptanz der Gesamtheit der Gestaltungsvorschriften als Normenkomplex Bedeutung. Bei einer solchen Geltendmachung der Gewissensfreiheit muß diese Behauptung allerdings glaubhaft gemacht werden und führt allenfalls zu einer Freistellung des Nutzungsberechtigten im Einzelfall. 7.- Die Grabgestaltung - hierbei insbesondere die Grabinschrift - kann eine über Art. 5 I 1 GG geschützte Meinungsäußerung darstellen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Genehmigungspflicht für jegliche Form der Grabgestaltung um eine Verletzung der Meinungsfreiheit. Die Untersagung einzelner spezifischer Äußerungen, versehen mit einem Erlaubnisvorbehalt, verstößt gegen das Zensurverbot. Ein Dritter, der sich durch eine bestimmte Grabgestaltung negativ berührt fühlt, kann sich hiergegen über §§ 823, 824 BGB vor den ordentlichen Gerichten wehren. 8.- Grabgestaltung kann Kunst iSd. Art. 5 III 1 GG sein. Auf sepulkrale Kunst finden weder die Schranken der Baukunst Anwendung, noch werden ihr durch einen etwaigen Schrankenvorbehalt des besonderen Gewaltverhältnisses oder verfassungsimmanente Schranken Grenzen aufgezeigt.

4. Abschnitt: Thesenartige Zusammenfassung

285

9.- Die allgemeine Gestaltungsklausel verstößt gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Normklarheit, da sich der friedhofsrechtliche Würdebegriff weder aus dem Kontext der jeweiligen Friedhofssatzung noch unter Heranziehung der Verwaltungsrechtsprechung eindeutig konkretisieren läßt. Dem Prinzip der Normklarheit wird ebensowenig entsprochen, wenn in Friedhofssatzungen die allgemeine Gestaltungsklausel zum einen hinsichtlich des Grabdenkmals, der Grabeinfassung und der sonstigen Grabausschmückung, zum anderen hinsichtlich der Grabbepflanzung nochmals gesondert manifestiert wird. Eine solche getrennte Regelung der zulässigen Grabbepflanzung läßt sich sachlich nicht rechtfertigen. 10.- Es ist zulässig, die Größe von Urnengrabstätten gegenüber Sarggrabstätten zu reduzieren. Es verbietet sich jedoch, die Größe von Grabsteinen auf Urnenbegräbnissen an die Grabstättengröße zu koppeln, und damit die Möglichkeiten einer angemessenen Totenehrung zu minimieren. 11.- Die Beteiligung von Interessenverbänden am Erlaß gestalterischer Vorgaben ist unzulässig, soweit diese über eine Aktivierung gesellschaftlicher Kräfte bei der sachkundigen Regelung von Angelegenheiten hinausgeht. Eine solche unzulässige Beteiligung im Bereich der kommunalen Normgebung liegt vor, wenn durch Interessenvertreter gestellte Beiräte Richtlinien erlassen dürfen, die für den Nutzungsberechtigten unmittelbare ΒindungsWirkung entfalten. 12.- Die durchweg statuierte Pflicht des Nutzungsberechtigten zur gärtnerischen Anlage der Grabstätte läßt sich unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten nicht mit Art. 2 I GG vereinbaren. Zu kritisieren ist zum einen, daß diese Verpflichtung auf allen Abteilungen der kommunalen Bestattungsplätze besteht, das Zwei-Felder-System also keine Anwendung findet. Der jeweilige Friedhofsträger geht daher unzutreffend davon aus, daß es sich bei der gärtnerischen Anlage um ein konstitutives Merkmal der würdevollen Grabgestaltung handelt. Ebenso wenig wie der Nutzungsberechtigte jedoch gezwungen werden kann, einen Grabstein zu errichten, kann ihm zwingend die gärtnerische Gestaltung der Grabstätte vorgeschrieben werden. Zum anderen sind mit der genannten Pflicht notwendigerweise bestimmte Ausgaben des Nutzungsberechtigten verbunden, was mit dem über Art. 2 I GG gewährleisteten allgemeinen Vermögensschutz nicht vereinbar ist. 13.- Die ausnahmslose Genehmigungspflicht für jede Form von Veränderung und Instandsetzung des - auch nach Aufstellung weiterhin im Eigentum des Nutzungsberechtigten stehenden - Grabdenkmals stellt eine unzulässige Inhaltsund Schrankenbestimmung dar. 14.- Die Grabbepflanzung ist kein wesentlicher Bestandteil des Friedhofsgrundstücks nach § 94 I 2 BGB, sondern vielmehr ein Scheinbestandteil nach § 95 I 1 BGB. Bei dem satzungsrechtlich festgelegten, mit der Einpflanzung zwingend einhergehenden Eigentumsübergang der Grabbepflanzung vom Nut-

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Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

zungsberechtigten auf den Friedhofsträger handelt es sich um eine verfassungswidrige Enteignung. 15.- Auch zusätzliche Gestaltungsvorschriften müssen sich am Anstaltszweck orientieren und bestehen nicht um ihrer selbst willen. Der Großteil der gängigen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften genügt diesem Kriterium nicht. 16.- Das Verbot ausländischer, bzw. Gebot der Verwendung heimischer Gesteine verstößt gegen das aus Art. 3 I GG resultierende verfassungsrechtliche Willkürverbot. Die Satzungsklausel stellt darüber hinaus eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung dar und ist folglich unvereinbar mit Art. 30 EGV. 17.- Das Politurverbot und das Verbot schwarzer und weißer Steine läßt sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen und ist damit willkürlich. Ebensowenig am Friedhofsweck orientiert ist das in nahezu allen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ausgesprochene Verbot der Verwendung von Lichtbildern als Element der Grabgestaltung. Gleiches gilt für das Verbot serienmäßiger Ware, sowie das Verbot der Kombination verschiedener Materialien bei der Gestaltung eines Grabdenkmals. 18.- Das Verbot von Grababdeckplatten ist nur dann gerechtfertigt, wenn es der ordnungsgemäßen Verwesung des Leichnams und somit der Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen dient. Widrigkeiten bei der Verwesung müssen von der Gemeinde jedoch mittels eines hydrogeologischen Gutachtens nachgewiesen werden. 19.- Kommunale Größenbeschränkungen der Grabdenkmäler sind nur aus Gründen der Standsicherheit, also zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, zulässig. Ästhetische Erwägungen oder der Versuch einer posthumen Nivellierung sozialer Unterschiede sind keine legitimen Zwecke, welche mit derartigen Beschränkungen verfolgt werden dürfen. 20.- Der Großteil zusätzlicher Gestaltungsvorschriften kann einer Überprüfung anhand des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht standhalten. Dieser Befund beruht auf der Überlegung, daß weder ein bestimmtes Material, noch eine bestimmte Bearbeitung per se würdig oder unwürdig ist, ein allgemeines Verbot also nicht ergehen darf. 21.- Nimmt der kommunale Satzunggeber in die als allgemeine Gestaltungsvorschrift titulierte Norm Bestimmungen auf, die ihrem Charakter nach zusätzliche Gestaltungsvorschriften darstellen, so verstößt er gegen das Prinzip der Normklarheit. Gleiches gilt für die in sich widersprüchliche Bestimmung, wonach der Nutzungsberechtigte das Grab gärtnerisch dauernd instandzuhalten hat, gleichzeitig jedoch jede Veränderung der Bepflanzung der Genehmigung durch die Kommune bedarf. Ebenso verstößt das Gebot der Verwendung heimischer Gesteine gegen den Grundsatz der Normklarheit, da sich für den Nutzungsberechtigten in keiner Weise ergibt, ob der Begriff des „heimischen" Gesteins lokal, regional oder national zu verstehen ist.

4. Abschnitt: Thesenartige Zusammenfassung

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22.- Zusätzliche Gestaltungsvorschriften greifen in Gestalt mittelbarer Beeinträchtigungen in die Berufsfreiheit der betroffenen Gewerbetreibenden ein. 23.- Zusätzliche Gestaltungsvorschriften können - entscheidend ist insoweit der jeweilige Einzelfall - einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit der betroffenen Gewerbetreibenden darstellen. 24.- Bei der Umsetzung des Zwei-Felder-Systems hat der kommunale Satzunggeber die Bindung des Gemeindeeinwohners an den jeweiligen Ortsteil zu berücksichtigen. Der Bürger darf deshalb nicht auf einen weiter entfernten Friedhof mit dem Hinweis verwiesen werden, daß es nur dort Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften gibt. Hieraus folgt zugleich die Pflicht des Friedhofsträgers, auf jedem einzelnen von mehreren Friedhöfen Abteilungen mit und ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften anzubieten. 25.- Durch die Umsetzung des Zwei-Felder-Systems bedingte Bestattungen auf weiter entfernten Friedhöfen führen oftmals zu unzumutbaren Wegstrecken für die Hinterbliebenen, die das Grab aufsuchen wollen, und sind in diesem Fall unverhältnismäßig. 26.- Die vom Friedhofsträger angebotenen Flächen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften müssen sowohl qualitativ als auch quantitativ gleichwertig sein. Anderenfalls könnte der Nutzungsberechtigte in dem ihm zustehenden Wahlrecht mittels faktischen Zwangs beeinträchtigt werden. 27.- Die satzungsrechtliche Delegation der Einteilung des Bestattungsplatzes in Flächen mit und ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften auf die Friedhofsverwaltung ist unzulässig. Die notwendige Regelung muß in der Friedhofssatzung selbst erfolgen. 28.- Der Friedhofsträger hat den Nutzungsberechtigten auf sein Wahlrecht bezüglich der unterschiedlichen Friedhofsabteilungen hinzuweisen und ihn ausführlich über die jeweiligen Konsequenzen seiner Entscheidung zu beraten. 29.- Der Verzicht des Nutzungsberechtigten auf Ausübung seines Wahlrechts und die damit einhergehende Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften ist stillschweigend nicht, und konkludent nur ausnahmsweise zulässig. Die Verzichtserklärung ist gegebenenfalls anfechtbar. 30.- Die nachträgliche Verschärfung von Grabgestaltungsvorschriften durch den kommunalen Satzunggeber ist auch dann unzulässig, wenn dem Nutzungsberechtigten eine kostenfreie Umbettung angeboten wird, um den verschärften Vorschriften zu entgehen. 31.- Der Ausschluß der Bestattung von Fehlgeburten ist in eklatanter Weise verfassungswidrig. Dahingehende Satzungsklauseln verletzen zum eine die Würde des ungeborenen Lebens, zum anderen das Recht der Eltern auf Totenehrung. Darüber hinaus sind die Eltern daran gehindert, ihrer Pflicht zur Totenfürsorge nachzukommen.

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Teil 6: Eigener Lösungsvorschlag

32.- Ein allgemeines KunststoffVerbot für Produkte der Grabgestaltung kann grundsätzlich nicht in die Friedhofssatzung aufgenommen werden. Hierzu fehlt es in der Regel an der zu fordernden Ermächtigungsgrundlage. 33.- Die Vorschriften hinsichtlich der Gestaltung provisorischer Gedenkzeichen dienen einzig der Begrenzung des Verwaltungsaufwandes und sind in Anbetracht der überragenden Relevanz der Totenehrung nicht zu rechtfertigen. 34.- Da die Schaffung eines Drei-Felder-Systems die geäußerten Bedenken nicht im wesentlichen zu erschüttern vermag, muß die vollständige Abschaffung des bisherigen Zwei-Felder-Systems unter gleichzeitiger Bindung an den Grundsatz der öffentlichen Sicherheit als Regulativ gefordert werden.

Teil 7

Anhang Der folgende Anhang gibt im 1 .Abschnitt zunächst einen kurzen Überblick über die relevanten Marksteine kommunaler Grabgestaltungsvorschriften. Wiedergegeben werden die entscheidenden Passagen der Münchener Waldfriedhofsordnung von 1907 sowie der Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 18.01.1937. Kurz eingegangen wird zudem auf die Friedhofsordnung für die kommunalen Friedhöfe der Stadt Schwerin vom 22.05.1968 als Beispiel kommunaler Grabgestaltung in der früheren DDR. Der 2.Abschnitt des Anhangs stellt verbreitete Musterfriedhofssatzungen dar, deren gestalterische Vorgaben in weitem Umfang von vielen Kommunen übernommen worden sind. Der 3.Abschnitt schließlich befaßt sich mit den relevanten Teilen aktueller kommunaler Friedhofssatzungen als dem eigentlichen Gegenstand der Untersuchung. Dabei wurde die recht unübersichtliche optische Gestaltung der Satzungen zur Verdeutlichung der sich dem Bürger auch in dieser Hinsicht stellenden Probleme bewußt beibehalten. Die Auswahl der Städte erfolgte einzig nach dem Aspekt, Friedhofssatzungen aus dem gesamten Bundesgebiet, und damit dem Einflußbereich aller etwaig vorhandenen Friedhofs- und Bestattungsgesetze zusammenzutragen, um so ein möglichst umfassendes Bild der Situation im Bereich kommunaler Grabgestaltungsvorschriften zu erhalten.

1. Abschnitt

Historische Friedhofssatzungen und Vorgaben A. Die Münchener Waldfriedhofsordnung von 19071: § 1. Zur Vermeidung der gegenseitigen Beeinträchtigung der Grabdenkmäler und zur Erzielung eines guten Eindruckes der Friedhofgesamtanlage wird bestimmt, daß bei Errichtung von allen Grabdenkmälern auf Kaufgrabstätten in obengenannten Friedhöfen Vorschriften, ähnlich wie bei den unentgeltlichen Gräbern, einzuhalten sind. Nach den vorliegenden Verteilungsplänen dürfen 1 Zitiert nach Grassel, in: Brix/Lindemann/Most/Preuss/Südekum, Handwörterbuch der Kommunalwissenschaften, Zweiter Band, 1922, S. 90. 19 Spranger

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Teil 7: Anhang

demgemäß in den hierfür bestimmten Abschnitten nur Grabdenkmäler bestimmter Art errichtet werden, teils stehende oder liegende Steine, teils Denkmäler in Holz oder aus Eisen. § 3. Jede steinerne, hölzerne oder metallene Einfriedung der Grabstätten ist verboten. Dieselben zerstören den schönen Eindruck der zusammenhängenden Rasendecke des Friedhofes. § 4. Die im Anhang aufgeführten Richtpunkte sind von allen Grabbesitzern zu beachten. Im weiteren fanden sich Vorschriften zur Regulierung der Abmessungen des Grabdenkmales sowie zur Form des Grabhügels. Auch wurde bestimmt, daß für alle auf Kaufgrabstätten zu errichtenden Grabdenkmäler die vorherige Einholung der Genehmigung unter Vorlage von Plänen oder Modellen erforderlich ist. Die eigentlichen Gestaltungsvorschriften waren jedoch Inhalt der in § 4 genannten „Richtpunkte zur Erzielung guten Grabschmuckes". Diese lauten: a) Der Wert eines Denkmales liegt nicht in dessen hohen Kosten, sondern in seinem harmonischen Zusammenwirken mit der Umgebung. b) Besonders geeignete Materialien zu Steindenkmälern sind Tuffstein, Muscheltraß, Muschelkalk, Sandstein, Granit und körniger Kalkstein. Grell weiße, dunkle und schwarze sowie polierte Steine können nur in Ausnahmefällen zugelassen werden und ist in dieser Beziehung die Lage des Grabplatzes maßgebend. c) Geeignete Materialien zu Grabdenkmälern sind ferner: farbig gehaltenes Schmiedeeisen, bemaltes Eichen- oder Lärchenholz und Bronzeguß in Verbindung mit Stein. d) Durch farbige Behandlung und Vergoldung lassen sich hohe künstlerische Wirkungen erreichen. e) Die Grabsteinschrift soll als zierende Beigabe wirken, daher insbesondere gut verteilt und nicht in aufdringlichen Farben gehalten sein. Glas-, Druck- und Sandgebläseinschriften sind unzulässig. f) Es ist beim Entwurf eines Grabdenkmales darauf zu sehen, daß innerhalb der einzelnen Gräberfelder kein zu großer Wechsel der Grabmalformen stattfindet. Gruppenweise und je nach ihrer Lage sollen die zu errichtenden Denkmäler eine künstlerische Einheit bilden und gegenseitig aufeinander Rücksicht nehmen. Durch die Einzelformen kann der Individualität vollständig Rechnung getragen werden. Tropfsteine, nachgeahmtes Mauerwerk, Porzellanarbeiten, schablonenhafte Dutzendware usw. sind ausgeschlossen. Felsendenkmale sind nur ausnahmsweise, auf geeignetem Platze, mit künstlerischem Motiv und in einwandfreier Ausarbeitung zulässig.

1. Abschnitt: Historische Friedhofssatzungen und Vorgaben

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B. Die Richtlinien für die Gestaltung des Friedhofs und Musterfriedhofsordnungen des Reichs- und Preußischen Ministers des Inneren vom 18.01.19372 Unter Abschnitt Β der Richtlinien finden sich die folgenden Bestimmungen:

I. Die Grabstätte 35. Die Gestaltung und Bepflanzung der einzelnen Grabstätten ist bestimmend für die Wirkung der Grabfelder und der Grabstättengruppen. Die Anlage von hohen Grabhügeln ist zu vermeiden, weil eine harmonische Gesamtwirkung der Grabfelder und Grabstättengruppen und eine gute gärtnerische Ausschmükkung der Grabstätten am besten ohne die störenden Hügel erreicht werden. Die einzelnen Grabstellen können in durchaus genügender Weise durch flache Grasbeete oder Pflanzenbeete angedeutet werden. Solche Grabbeete bieten größere Pflanzenflächen und lassen sich leichter unterhalten. Wo aber althergebrachte Sitte die Anordnung von Grabhügeln fordert, sollten sie nicht höher als 20 cm angelegt werden. In Gegenden, in denen nach alter Überlieferung höhere Grabhügel üblich sind, ist darauf weitgehend Rücksicht zu nehmen. 36. Bei der gärtnerischen Ausstattung der Gräber ist durch die Auswahl der Pflanzen eine einheitliche Wirkung des Grabfeldes oder der Grabstättengruppe anzustreben. Auf jeder Grabstätte sollten nur wenige Pflanzenarten, die mit der sie umgebenden Pflanzung in Einklang stehen und deren Fortkommen durch Besonnung und Bodenverhältnisse gewährleistet ist, Verwendung finden. 37. Einfassungen der Einzelgräber aus Stein, Holz und Eisen sind in den Grabfeldern zu vermeiden. Wo örtliche Gepflogenheiten diese in einer geschmacklich guten Form eingebürgert haben oder wo besondere Boden- und Geländeverhältnisse solche erwünscht erscheinen lassen, muß gewährleistet werden, daß häßliche Erzeugnisse ausgeschaltet werden. Bei größeren Grabstätten sollten Stein-, Holz- und Eiseneinfriedungen nur genehmigt werden, wenn sie in künstlerischer Hinsicht mit der Gesamtanlage der Grabstätte, des Grabmals und des ganzen Friedhofsteiles im Einklang stehen oder notwendige architektonische Teile der Gesamtanlage darstellen. 38. Heckeneinfassungen einzelner Grabstätten sind nur dort zu gestatten, wo sie von vornherein im Belegungsplan der Abteilung vorgesehen sind. Die Art der für die Hecken zu verwendenden Pflanzen bestimmt die Friedhofsverwaltung. Am besten werden die Hecken schon bei der Anlage der Abteilung ausgeführt. Verschiedenartige Heckenpflanzen in unmittelbar nebeneinander liegenden Grabstätten sind zu vermeiden. 2

19*

MBliV 1937, Sp. 113 ff.

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Teil 7: Anhang

39. Die Verwendung rasenbildender oder bodenbedeckender Pflanzen, wie Efeu, Sedum, Immergrün, Evonymus radicans, Sagina u. dgl. fur die Bedeckung der Grabstätten ist wegen der stimmungsvollen Wirkung in späteren Jahren, in denen erfahrungsgemäß die Ausstattung und Pflege der Gräber weniger gründlich gehandhabt wird, zu begünstigen. 40. Sind Einzelgräber mit Steinplatten abgedeckt, ist der Pflanzenschmuck auf die Umrahmung der Grabstätten zu beschränken. Die Aufstellung von Pflanzen in Kübeln und Vasen wirkt unschön. Die Durchbrechung dieser Steinplatten mit Öffnungen zur Bepflanzung ist zu vermeiden. Alle auf einer Grabstätte angeordneten Pflanzen sollen tunlichst in den Erdboden gepflanzt werden; die Anbringung von Pflanzenbecken am Grabmal ist unpraktisch und meist auch unschön. 41. Der Erwerber einer Grabstelle ist zu verpflichten, die Grabstätte vom Tage der Erwerbung an gärtnerisch in Ordnung zu halten. 42. Als Grabschmuck eignen sich besonders Kränze und Schnittblumen. Der Kranz, das Blumenkreuz oder die Blumenranke sollen stets aus lebenden Pflanzen hergestellt sein. Schmuck aus künstlichen Stoffen (Draht, Metall, Blech, Metallimitationen, Papier u. dgl.) ist zu verbieten, wenn er nicht eine geschmacklich zulängliche Gestaltung zeigt. 43. Bänke und Stühle auf Grabstätten sind für das Gesamtbild störend und deshalb in der Regel nicht zu gestatten. Die Aufstellung kann nur in besonderen Ausnahmefällen - bei größeren Familienstätten - besonders genehmigt werden. Es ist jedoch dafür zu sorgen, daß auf den Friedhöfen genügend öffentliche Bänke vorhanden sind. II. Das Grabmal 44. Das Grabmal muß in Form und Werkstoff künstlerisch und gut gestaltet sein und sich in das Gesamtbild des Friedhofs einordnen. Gute Grabmalkunst läßt sich nicht allein durch Vorschriften über Form, Werkstoff und Größenverhältnisse der Grabmäler schaffen. Das einzelne Mal, so wertvoll es in künstlerischer Beziehung sein mag, wirkt nur gut, wenn es sich dem Gesamtbild harmonisch anpaßt. Benachbarte und zueinander in Beziehung tretende Grabmäler müssen deshalb nach Form und Farbe aufeinander abgestimmt sein. Grabmalreihen befriedigen nur, wenn sie rhythmisch gegliedert sind, Grabmalgruppen, wenn sie zusammen einen günstigen Gesamteindruck ergeben. Deshalb muß sich jedes Grabmal den bei der Aufstellung des Belegungsplanes festgelegten Grundgedanken unterordnen. In dem Bebauungsplan jeder Abteilung muß die Lage der Grabmäler im Grundrisse dargestellt sein. 46. (1) Sehr wichtig sind die allgemeinen Höhenbestimmungen für Grabmäler. Durch solche Bestimmungen soll ein möglichst ruhiger, befriedigender Eindruck der einzelnen Friedhofsteile erreicht werden.

1. Abschnitt: Historische Friedhofssatzungen und Vorgaben

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(2) Für die größeren Reihenfelder genügt es, um eine befriedigende Wirkung des einzelnen Grabfeldes zu erreichen, Höchstmaße für die Grabmäler festzusetzen. Um die Übersichtlichkeit der Grabfelder mit Reihengräbern nicht zu stören, sind die Höhen der Grabmäler besonders bei den kleinen Friedhöfen tunlichst unter Augenhöhe zu halten, unbeschadet der abweichenden Gewohnheiten in einzelnen Landesteilen. (3) Maßfestsetzungen für die Grabmäler beziehen sich in der Regel auf die Kernmaße des Males. (4) Schlichte Kreuze, welche die Kreuzform in freiem Umriß klar zum Ausdruck bringen, können höher sein. (5) Beschränkung der Höhen für Grabmäler auf Reihengräbern für Erwachsene unter Im, auf Kindergräbern unter 0,60 m ist aus künstlerischen Gründen nicht erforderlich. (6) In Gegenden, in denen nach alter Überlieferung auch auf Reihengräbern höhere Grabmäler üblich sind, ist bei der Festsetzung von Höhenbestimmungen in weitgehendem Maße auf diese Sitten Rücksicht zu nehmen. (7) Allgemeine Höhenbestimmungen für Grabmäler sollen auch bei Wahlgräbern aus den gleichen Gründen festgesetzt werden. Doch muß über die zulässigen Abmessungen von Fall zu Fall entschieden werden. Dies gilt besonders für Grabmäler an bevorzugt gelegenen Stellen (Endpunkte von Wegen usw.). Bei Grabmälern für besonders wichtige Stellen empfiehlt sich die vorherige Aufstellung von Größenschablonen, um die Frage der zulässigen oder erwünschten Abmessungen örtlich prüfen zu können. 47. Grabgebäude (Mausoleen) dürfen nur an den hierfür im Belegungsplan vorgesehenen Stellen errichtet werden. Durch richtige Verteilung dieser Grabstätten im Gesamtbelegungsplan kann der Friedhof eine hervorragende künstlerische Bereicherung erfahren. Andererseits stören solche Hochbauten die Wirkung ganzer Grabstättengruppen, wenn sie planwidrig errichtet oder im Belegungsplan unzweckmäßig angeordnet werden. 48. Die Anlage von Grabgewölben (Grüften) darf nur bei entsprechend angeordneten Grabstätten gestattet werden und immer nur dann, wenn die für die Ausmauerung erforderliche Vergrößerung der Grabstätte möglich ist. Es empfiehlt sich, die Grabgewölbe derart anzuordnen, daß ihre Oberkanten 50 cm unter Geländehöhe liegen, also mit Rasen bedeckt und mit Blumenschmuck bepflanzt werden können. 49. (1) Das Grabmal erhält seinen Wert und seine Wirkung: a) durch Güte und werkgerechte Bearbeitung des Werkstoffes, b) durch schöne Form sowie Verwendung guter Schrift- und Schmuckformen.

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Teil 7: Anhang

(2) Auch kleine und bescheidene Grabmäler müssen diesen Forderungen genügen. Je kleiner ein Grabmal ist, desto einfacher muß seine Form sein. 50. (1) Der zur Herstellung von Grabmälern zu verwendende Werkstoff muß wetterbeständig sein. Zu beachten ist aber, daß nicht jeder zur Ausführung in einem bestimmten Werkstoff gedachte Entwurf sich auch zur Ausführung in einem anderen Werkstoff eignet. (2) Bei der Wahl des Werkstoffs ist ferner auch auf die Einordnung in die Farbenharmonie des Friedhofs zu achten. 51. (1) Die Verwendung von tiefschwarzen und diesen gleichzuachtenden dunklen Werkstoffen in spiegelnd polierter Bearbeitung sowie von grellweißen Werkstoffen ist nicht gestattet. (2) Mit Rücksicht darauf, daß sich der Farbgrad der Hartgesteine je nach der Bearbeitungsart (Stocken, Schleifen, Polieren) ändert, ist folgendes zu beachten: a) Zu bevorzugen ist zur Erzielung eines guten Eindruckes die gleichartige Bearbeitungsweise aller Seiten des Grabmales. b) Im anderen Falle dürfen geschliffene oder polierte Flächen nicht unmittelbar in seitlich anstoßende rauhe Flächen übergehen, sondern müssen von einem Kantenschlag, Falz oder anderer Umrahmung, die vermittelt, umgeben sein. Rohbossierte oder gesprengte Flächen sind im Zusammenhang mit feiner bearbeiteten Seiten unzulässig. c) Bei Grabmälern aus tiefschwarzem Werkstoff ist als äußerster Bearbeitungsgrad Mattschliff zulässig. Diesem Werkstoff sind auch diejeingen dunklen Werkstoffe gleichzuachten, die, wenn auch um Schattierungen heller, im Friedhofsbild und im Vergleich zu ihrer Umgebung ein dem Tiefschwarz ähnliches Aussehen haben, wie z.B. Schwedisch Neugrün Dunkler Blauberg Dunkler Labrador Deutscher dunkler Syenit (Nixdorfer, Odenwälder, Spremberg) Hessischer Grünstein u. a. m. Bei diesen Gesteinen dürfen nur einzelne Teile der mattgeschliffenen Oberfläche durch Politur hervorgehoben werden, wenn damit eine Erhöhung der Wirkung erzielt wird und die polierten Flächenteile einen Bruchteil der Gesamtfläche ausmachen. 52. Betonwerkstein (Kunststein) darf nur verwendet werden bei Herstellung aus zerkleinerten reinen Natursteinkörnungen. Auch der Kernbeton muß gebrochenes Natursteinmaterial bei sachgemäßer Kornzusammenstellung enthalten.

1. Abschnitt: Historische Friedhofssatzungen und Vorgaben

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Die Oberfläche des Betonwerksteines ist nicht geschliffen sondern handwerksgerecht zu behandeln. 53. Wo von örtlichen Verwaltungen bisher Glasplatten zugelassen wurden, verbleibt es dabei. Jedoch kommt auch für diese spiegelnde Oberfläche nicht in Frage, sondern nur matte Oberfläche oder polierte Schrift auf mattem Grund. 54. Die Wirkung eines Grabmals wird neben der guten Form durch die Einheitlichkeit des Werkstoffs bedingt. Bei Schmuck oder Schrift aus Metall oder anderem Werkstoff sowie bei sonstigen Zutaten ist deren künstlerischer Wert Voraussetzung für ihre Verwendung. 55. Bei allseitig sichtbaren Grabmälern sind auch Rückseiten und Seitenflächen gleichwertig zu bearbeiten. 56. Nicht zu gestatten sind a) Natursteinsockel aus anderem Werkstoff, als er zum Grabmal selbst verwendet wird. b) Kunststeinsockel unter Natursteingrabmalen. c) Grabmäler und Einfassungen aus gegossener oder nicht gemäß Nr. 52 behndelter Zementmasse. d) Terrazzo oder schwarzer Kunststein. e) In Zement aufgetragener ornamentaler oder figürlicher Schmuck. f) Ölfarbenanstrich auf Steingrabmälern. g) Inschriften, die der Weihe des Ortes nicht entsprechen. h) Lichtbilder. 57. Die vorstehenden Richtlinien beruhen auf der übereinstimmenden Überzeugung aller bei der Herausgabe beteiligten Stellen. Die Richtlinien sollen daher nicht durch weitergehende Anordnungen verschärft werden. Strengere Vorschriften können nur ausnahmsweise bei Friedhöfen von ausgeprochen künstlerischer Eigenart als zulässig angesehen werden. Zuvor ist in jedem Falle darüber, ob die Voraussetzung ausgesprochen künstlerischer Eigenart vorliegt, ein Gutachten des Präsidenten der Reichskammer der Bildenden Künste einzuholen, der seinerseits die Entscheidung des Reichs- und Preußischen Wirtschaftsministers herbeiführt. 58. Vorschriften, die nur am Ort hergestellte oder bearbeitete Grabzeichen zur Aufstellung zulassen, sind unzulässig.

Diese in den Richtlinien aufgeführten Vorgaben erfuhren ihre entsprechende Umsetzung auch in der beigefügten Musterfriedhofsordnung. Nahezu die glei-

Teil 7: Anhang

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chen Regelungen waren zudem Bestandteil der „Richtlinien fur die Gestaltung des Friedhofes auf dem Lande", die als Anlage b. beigefugt waren.

C. Friedhofsordnung für die kommunalen Friedhöfe der Stadt Schwerin vom 22.05.1968 Präambel: In der sozialistischen Gesellschaft kann der Friedhof nicht allein eine Stätte der hygienischen Bestattung sein, sondern dient der Ehrung der Toten und der Pflege ihres Andenkens. Die Gestaltung des Friedhofs ist außerdem eine kulturelle Aufgabe. Der Friedhof soll wohl verschiedene Bestattungsformen aufweisen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen. Das Gemeinsame in der Gesamtgestaltung der Grabfelder und bei den Einzelgrabstellen ist jedoch in den Vordergrund zu stellen. Zur Entwicklung ener unserer Gesellschaftsordnung entsprechenden Friedhofskultur und im Interesse der gesamten Bevölkerung sowie zur Wahrung der Würde auf den Friedhöfen, ergeben sich sowohl für den einzelnen als auch für den Rechtsträger und die an der Friedhofsgestaltung Beteiligten folgende Gestaltungsgrundsätze :

Beilage 1 zur Friedhofsordnung: Grabmalgestaltung 1. Die Grabmale müssen folgenden Anforderungen entsprechen: a) Das Material muß wetterbeständig sein. Zu bevorzugen sind einheimische Natursteine. Bei der Materialauswahl ist die Farbenharmonie der Grabfelder zu beachten. f) Die Schrifttexte sollen klare, schlichte Aussagen über den Toten enthalten.

2. Abschnitt

Aktuelle Mustersatzungen A. Die Musterfriedhofssatzung des Deutschen Städtetages vom 13.06.1983 § 16 Urnenreihengrabstätten, Urnenwahlgrabstätten, Gemeinschaftsgrabstätten

2. Abschnitt: Aktuelle Mustersatzungen

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(3) Urnenwahlgrabstätten können außer in Grabfeldern auch in Mauern, Terrassen und Hallen eingerichtet werden.

§ 18 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze Jede Grabstätte ist - unbeschadet der besonderen Anforderungen der §§20 und 28 für Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften - so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. § 19 Wahlmöglichkeit (1) Auf den Friedhöfen werden Abteilungen mit und Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften eingerichtet. (2) Es besteht die Möglichkeit, eine Grabstätte in einer Abteilung mit oder in einer Abteilung ohne besondere Gestaltungsvorschriften zu wählen. Wird von dieser Wahlmöglichkeit (bei Anmeldung der Bestattung) kein Gebrauch gemacht, hat die Beisetzung in einer Abteilung mit besonderen Gestaltungsvorschriften zu erfolgen. § 20 Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale müssen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung erhöhten Anforderungen entsprechen. (2) Für Grabmale dürfen nur Naturgesteine (außer Findlingen), Holz, Schmiedeeisen sowie geschmiedete oder gegeossene Bronze verwendet werden. (3) Bei der Gestaltung und der Bearbeitung sind folgende Vorschriften einzuhalten: a) Jede handwerkliche Bearbeitung außer Politur und Feinschliff ist möglich. Alle Seiten müssen gleichmäßig bearbeitet sein. b) Grabmale aus Naturgestein müssen aus einem Stück hergestellt sein und dürfen keinen Sockel haben. c) Flächen dürfen keine Umrandung haben. d) Schriftrücken und Schriftbossen für weitere Inschriften können geschliffen sein. e) Schriften, Ornamente und Symbole dürfen nur aus demselben Material wie dem des Grabmals bestehen. Sie müssen gut verteilt und dürfen nicht aufdringlich groß und nicht serienmäßig hergestellt sein. f) Nicht zugelassen sind alle nicht aufgeführten Materialien, Zutaten, Gestaltungs- und Bearbeitungsarten, insbesondere Beton, Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder, Gold, Silber und Farben.

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Teil 7: Anhang

(4) Nach näherer Bestimmung der Belegungspläne sind stehende oder liegende Grabmale zulässig. Stehende Grabmale sind allseitig gleichwertig zu entwickeln und sollen in Form und Größe unterschiedlich sein. Liegende Grabmale dürfen nur flach auf die Grabstätte gelegt werden. (5) Auf Grabstätten für Erdbeisetzungen sind stehende Grabmale aus Naturgestein bis zu folgenden Größen zulässig: a) auf Reihengrabstätten bis 0,30 qm Ansichtsfläche b) auf einstelligen Wahlgrabstätten bis 0,40 qm Ansichtsfläche c) auf zwei- und mehrstelligen Wahlgrabstätten bis 0,50 qm Ansichtsfläche d) auf Wahlgrabstätten in besonderer Lage bis zu den von der Friedhofsverwaltung nach der Örtlichkeit besonders festzulegenden Abmessungen. Stehende Grabmale aus Naturgestein müssen mindestens 18 cm stark sein. In den Belegungsplänen können liegende Grabmale bis zur Größe der Grabbeete zugelassen oder vorgeschrieben werden. Liegende Grabmale sind nicht in Verbindung mit stehenden Grabmalen zulässig. (6) Auf Urnengrabstätten sind Grabmale aus Naturgestein bis zu folgenden Größen zulässig:

§ 21 Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen besonderen Anforderungen. § 22 Zustimmungserfordernis (1) Die Errichtung und jede Veränderung von Grabmalen bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung. Sie soll bereits vor der Anfertigung oder der Veränderung der Grabmale eingeholt werden. Auch provisorische Grabmale sind zustimmungspflichtig, sofern sie größer als 15 cm χ 30 cm sind. (2) Den Anträgen sind zweifach beizufügen: a) der Grabmalentwurf mit Grundriß und Seitenansicht im Maßstab 1:10 unter Angabe des Materials, seiner Bearbeitung, der Anordnung der Schrift, der Ornamente und der Symbole sowie der Fundamentierung; b) Zeichnungen der Schrift, der Ornamente und der Symbole im Maßstab 1:1 unter Angabe des Materials, seiner Bearbeitung, des Inhalts, der Form und der Anordnung. Ausfuhrungszeichnungen sind einzureichen, soweit es zum Verständnis erforderlich ist. In besonderen Fällen kann die Vorlage eibnes Modells im Maßstab 1:5 oder das Aufstellen einer Attrappe in natürlicher Größe auf der Grabstätte verlangt werden.

2. Abschnitt: Aktuelle Mustersatzungen

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(3) Die Errichtung und jede Veränderung aller sonstigen baulichen Anlagen bedarf ebenfalls der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend. (5) Die nichtzustimmungspflichtigen provisorischen Grabmale sind nur als naturlasierte Holztafeln oder -kreuze zulässig und dürfen nicht länger als 2 Jahre nach der Beisetzung verwendet werden.

§ 27 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 18 hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. Dies gilt entsprechend für den übrigen Grabschmuck. Verwelkte Blumen und Kränze sind unverzüglich von den Grabstätten zu entfernen und an den dafür vorgesehenen Plätzen abzulegen. (2) Die Höhe und die Form der Grabhügel und die Art ihrer Gestaltung sind dem Gesamtcharakter des Friedhofs, dem besonderen Charakter des Friedhofsteils und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen. § 28 Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabstätten müssen bepflanzt werden und in ihrer gärtnerischen Gestaltung und in ihrer Anpassung an die Umgebung besonderen Anforderungen entsprechen. (2) In den Belegungsplänen können für die Bepflanzung der Grabstätten kleinere Flächen als die Grabstättengröße vorgeschrieben und nähere Regelungen über die Art der Bepflanzung und die Gestaltung der Grabstätten getroffen werden. Nicht zugelassen sind insbesondere Bäume und großwüchsige Sträucher, Einfassungen jeder Art, Grabgebinde aus künstlichem Werkstoff und das Aufstellen von Bänken. § 29 Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Herrichtung der Grabstätten unterliegt keinen besonderen Anforderungen.

B. Die Mustersatzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 08.02.1989: § 16 Urnengrabstätten (4) Urnenwahlgrabstätten können außer in Grabfeldern auch in Mauern, Terrassen und Hallen eingerichtet werden.

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Teil 7: Anhang

§ 18 Abteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (1) Auf den Friedhöfen werden Abteilungen mit allgemeinen und Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften eingerichtet. Bei einzelnen Friedhöfen ist die ausschließliche Geltung der Bestimmungen für Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zulässig, wenn dort bereits vor Inkrafttreten dieser Satzung ausschließlich Abteilungen mit zusätzlichen (früher: besonderen) Gestaltungsvorschriften eingerichtet waren und wenn der Erwerb einer Grabstätte mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften auf einem anderen Friedhof im Gebiet der Gemeinde/Stadt zugemutet werden kann. (2) Es besteht die Möglichkeit, eine Grabstätte in einer Abteilung mit allgemeinen oder zusätzlichen Gestaltungsrichtlinien zu wählen. Die Friedhofsverwaltung hat auf diese Wahlmöglichkeit vor dem Erwerb eines Nutzungsrechtes hinzuweisen. Wird von dieser Wahlmöglichkeit nicht bei der Anmeldung der Bestattung Gebrauch gemacht, erfolgt die Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungs Vorschriften. § 19 Allgemeine Gestaltungsvorschriften (1) Jede Grabstätte ist - unbeschadet der Anforderungen für Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften (§§21 und 29) - so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß der Friedhofszweck und der Zweck dieser Satzung sowie die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. (2) Die einzelnen Abteilungen werden im Belegungsplan, der Bestandteil dieser Satzung ist, ausgewiesen. (3) Der Baumbestand auf den Friedhöfen steht unter besonderem Schutz. Es gilt die Satzung zum Schutze des Baumbestandes der Gemeinde/Stadt (Baumschutzsatzung) in der jeweils gültigen Fassung. § 20 Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale und baulichen Anlagen in Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegen unbeschadet der Bestimmungen des § 19 in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen zusätzlichen Anforderungen. Die Mindeststärke der Grabmale beträgt ab 0,40 m - 1 m Höhe 0,14 m, ab 1,00 m - 1,50 m Höhe 0,16 m und ab 1,5 m Höhe 0,18 m. (2) Die Friedhofsverwaltung kann weitergehende Anforderungen verlangen, wenn dies aus Gründen der Standsicherheit erforderlich ist. § 21 Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale in Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften müssen in ihrer Gestaltung und Bearbeitung nachstehenden Anforderungen entsprechen:

2. Abschnitt: Aktuelle Mustersatzungen

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a) Für Grabmale dürfen nur Natursteine, Holz und geschmiedetes oder gegossenes Metall verwendet werden. Findlinge, findlingsähnliche, unbearbeitete bruchrauhe, grellweiße und tiefschwarze Grabmale sind nicht zugelassen. b) Bei der Gestaltung und Bearbeitung sind folgende Vorschriften einzuhalten: 1. Die Grabmale müssen allseitig und gleichmäßig bearbeitet sein. 2. Die Grabmale dürfen nicht gespalten, gesprengt oder bossiert sein. 3. Politur und Feinschliff sind nur zulässig als gestalterisches Element für Schriften, Ornamente und Symbole, die nur eine der Größe des Grabmals angemessene Fläche einnehmen dürfen. 4. Schriften, Ornamente und Symbole dürfen nur aus demselben Material wie dem des Grabmals bestehen; sie dürfen nicht serienmäßig hergestellt sein. 5. Die Grabmale müssen aus einem Stück hergestellt sein und dürfen keinen Sockel haben. 6. Nicht zugelassen sind alle vorstehend nicht aufgeführten Materialien, Zutaten, Gestaltungs- und Bearbeitungsarten, insbesondere Beton, Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder, Gold, Silber und Farben. (2) Auf Grabstätten für Erdbestattung sind Grabmale mit folgenden Maßen zulässig: a) Auf Reihengräbern für Verstorbene bis zu 5 Jahren: 1) stehende Grabmale: Höhe 0,60 bis 0,80 m, Breite bis 0,45 m, Mindeststärke 0,14 m; 2) liegende Grabmale: Breite bis 0,35 m, Höchstlänge 0,40 m, Mindeststärke 0,14 m; b) Auf Reihengrabstätten für Verstorbene über 5 Jahren 1) stehende Grabmale: Höhe bis 1,20 m, Breite bis 0,45 m, Mindeststärke 0,16 m; 2) liegende Grabmale: Breite bis 0,50 m, Höchstlänge 0,70 m, Mindeststärke 0,14 m; c) Auf Wahlgrabstätten: 1) stehende Grabmale: aa) bei einstelligen Wahlgräbern im Hochformat: Höhe 1,00 m bis 1,30 m, Breite bis 0,60 m, Mindeststärke 0,18 m; bb) bei zwei- und mehrstelligen Wahlgräbern sind auch folgende Maße zulässig: Höhe 0,80 m bis 1,00 m, Breite bis 1,40 m, Mindeststärke 0,22 m; 2) liegende Grabmale:

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Teil 7: Anhang

aa) bei einstelligen Grabstätten: Breite bis 0,50 m, Länge bis 0,90 m, Mindesthöhe 0,16 m; bb) bei zweistelligen Grabstätten: Breite bis 1,00 m, Länge bis 1,20 m, Mindesthöhe 0,18 m; cc) bei mehr als zweistelligen Grabstätten: Breite bis 1,20 m, Länge bis 1,20 m, Mindesthöhe 0,18 m. Es darf nicht mehr als ein Drittel der Grabstätte durch Stein abgedeckt werden. (3) Auf Urnengrabstätten sind Grabmale bis zu folgenden Größen zulässig: (4) Soweit es der Friedhofsträger unter Beachtung des § 19 für vertretbar hält, kann er Ausnahmen von den Vorschriften der Abs. 1 bis 3 und auch sonstige bauliche Anlagen als Ausnahme im Einzelfall zulassen. § 22 Zustimmungserfordernis (1) Die Errichtung und jede Veränderung von Grabmalen bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung. Auch provisorische Grabmale sind zustimmungspflichtig, sofern sie größer als 0,15 m χ 0,30 m sind. (2) Den Anträgen sind zweifach beizufügen: a) Der Grabmalentwurf mit Grundriß und Seitenansicht im Maßstab 1:10 unter Angabe des Materials, seiner Bearbeitung, der Anordnung der Schrift, der Ornamente und der Symbole sowie der Fundamentierung. b) Soweit es zum Verständnis erforderlich ist, Zeichnungen der Schrift, der Ornamente und der Symbole im Maßstab 1:1 unter Angabe des Materials, seiner Bearbeitung, des Inhalts, der Form und der Anordnung. In besonderen Fällen kann die Vorlage eines Modells im Maßstab 1:10 oder das Aufstellen einer Attrappe in natürlicher Größe auf der Grabstätte verlangt werden. (3) Die Errichtung und jede Veränderung aller sonstigen baulichen Anlagen bedürfen ebenfalls der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend. (5) Die nichtzustimmungspflichtigen provisorischen Grabmale sind nur als naturlasierte Holztafeln oder Holzkreuze zulässig und dürfen nicht länger als 2 Jahre nach der Beisetzung verwendet werden.

§ 27 Herrichtung und Unterhaltung (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 19 hergerichtet und dauernd in Stand gehalten werden. Dies gilt entsprechend für den Grab-

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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schmuck. Verwelkte Blumen und Kränze sind unverzüglich von der Grabstätte zu entfernen. (2) Die Gestaltung der Gräber ist dem Gesamtcharakter des Friedhofes, dem besonderen Charakter des Friedhofsteiles und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen. (6) Reihengrabstätten/Urnenreihengrabstätten müssen innerhalb von 6 Monaten nach der Bestattung, Wahlgrabstätten/ Urnenwahlgrabstätten innerhalb von 6 Monaten nach dem Erwerb des Nutzungsrechtes hergerichtet werden. § 28 Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften In Abteilungen ohne zusätzliche Gestaltungsvorschriften unterliegt die gärtnerische Herrichtung und Unterhaltung der Grabstätten unbeschadet der Bestimmungen der §§ 19 und 27 keinen zusätzlichen Anforderungen. § 29 Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabstätten müssen in ihrer gesamten Fläche bepflanzt werden. (2) Unzulässig ist a) das Pflanzen von Bäumen oder großwüchsigen Sträuchern b) das Einfassen der Grabstätte mit Hecken, Steinen, Metall, Glas oder ähnlichem, c) das Errichten von Rankgerüsten, Gittern oder Pergolen, d) das Auftsellen einer Bank oder sonstigen Sitzgelegenheit. (3) Soweit es die Friedhofs Verwaltung unter Beachtung der §§27 und 19 für vertretbar hält, kann sie Ausnahmen von den Vorschriften der Abs. 1 und 2 im Einzelfall zulassen.

3. Abschnitt

Kommunale Friedhofssatzungen A. Bestattungs- und Friedhofssatzung der Stadt Bamberg vom 17.04.1980 in der Fassung vom 16.08.1985 § 36 (2) Für besonders verdiente Bürger werden besondere Grabstätten bereitgestellt; sie werden auf Kosten der Stadt unterhalten. § 38 Errichtung und Pflege der Grabmäler (1) Für die Grabmäler gelten die Bestimmungen der Grabmalordnung (Anhang 1) als Bestandteil dieser Satzung.

Teil 7: Anhang

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§ 42 Künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Grabmäler Künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Grabmäler oder solche, die als besondere Eigenart des Friedhofes aus früheren Zeiten gelten, werden vom Friedhofsamt besonders geschützt. Diese Grabmäler dürfen nur mit besonderer Genehmigung entfernt oder umgeändert werden. § 43 Grabbepflanzung (1) Die Gräber sind vom Grabberechtigten oder den Angehörigen spätestens sechs Monate nach der Beisetzung würdig herzurichten, zu bepflanzen - sofern keine Liegeplatte verwendet wird - und ordnungsgemäß instandzuhalten. (2) Beim Anlegen des Grabhügels und des sonstigen gärtnerischen Grabschmucks sind vom Verpflichteten nach Abs.l oder von dessen Beauftragten die Bestimmungen des Anhangs II zu dieser Satzung (Grabpflegeordnung) zu beachten. Die Grabpflegeordnung ist Teil dieser Satzung.

§ 48 Gewerbliche Arbeiten (1) Gewerbsmäßige oder gelegentlich gegen Entgelt zu verrichtende Arbeiten dürfen in den Friedhöfen nur mit besonderer Genehmigung des Friedhofsamtes durchgeführt werden. Hierbei ist auf die Ruhe und Würde des Friedhofes Rücksicht zu nehmen.

Grabmalordnung zur Bestattungs- und Friedhofssatzung (Anhang I zu § 38) § 4 Größe und Maße der Grabmäler 3 Für Grabmäler gelten folgende Höhen und Mindeststärken: (2) Reihengräber: zulässige Gesamthöhe von Oberkante Einfassung gemessen 75 cm, Mindeststärke 16 cm. § 5 Material und Gestaltung der Grabmäler (1) Zugelassen sind Grabmäler aus Naturstein, Kunststein, Metall und Holz in werkgerechter Bearbeitung.

3 Es wird hier und auch im folgenden exemplarisch nur auf die zulässigen Größen und Maße der Reihengräber für Erwachsene eingegangen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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(2) Das Anmalen von Grabsteinen ist nicht gestattet. Ausgenommen sind Beschriftungen oder Ornamente in unaufdringlichen Farben. (3) Grabmäler aus Holz dürfen nicht mit Farbe gestrichen werden, sondern nur mit farblosem Luftlack. (4) Bei Wandgrüften müssen sich Gedenktafeln oder Wandverkleidungen auf die Wandfläche oder Mauernische beschränken. Die Mauervorsprünge und die Mauerabdeckungen müssen erhalten bleiben und dürfen von Steinverkleidungen nicht überdeckt werden. Die farbliche Behandlung der Gruftrückwände durch Farbe oder Verputz hat in hellen Pastellfarben zu erfolgen, die sich den Nachbargrüften einfügen. (7) Firmennamen dürfen am Grabmal nur seitlich unten und unauffällig angebracht werden. § 7 Gestaltung und Größe der Grabeinfassungen (1) Zugelassen sind Grabeinfassungen aus Natur- oder Kunststein, wenn keine pflanzliche Einfassung gewünscht wird. Nicht zugelassen sind Grabeinfassungen aus Beton, Ziegelsteinen, synthetisch gefertigten Materialien, Welleternit, Blech, Flaschen, Krügen oder Holz. (2) Die Ausmaße für Grabeinfassungen betragen

Grabpflegeordnung zur Bestattungs- und Friedhofssatzung (Anhang I I zu § 43) § 1 Grabpflege (1) Alle Gräber müssen spätestens 6 Monate nach der Belegung in einer der Würde des Friedhofes entsprechenden Weise ausgestaltet sein und bis zum Ablauf der Ruhefrist, der Verschonungszeit oder Nutzungszeit gepflegt werden. § 4 Bepflanzung (1) Die Bepflanzung der Gräber ist flächig zu halten unter Bevorzugung der bodendeckenden, niedrigen und insbesondere der immergrünen ausdauernden Pflanzen, wobei die gegebenen Standortverhältnisse zu berücksichtigen sind. Die Pflanzung soll sich der umgebenden Bepflanzung anpassen und sich in die Friedhofsanlage einfügen. Angrenzende Grabstätten dürfen nicht beeinträchtigt werden. (2) Bäume und Sträucher (Gehölz) dürfen nur gepflanzt werden, wenn ihre Höhe nicht als störend empfunden wird. Sie gehen mit der Pflanzung in das Eigentum der Stadt über. 20 Spranger

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Teil 7: Anhang

(3) Wenn die Friedhofsbelange es erfordern, sind Bäume und Sträucher auf Verlangen des Friedhofsamtes zurückzuschneiden oder zu entfernen. § 5 Umpflanzung liegender Grabmäler Liegende Grabmäler dürfen nur mit polsterartigen oder kriechenden immergrünen Gewächsen umpflanzt werden, wobei die Grabgröße unbedingt einzuhalten ist.

§ 7 Unzulässiger Grabschmuck (1) Unzulässig ist die Verwendung von Dosen und Büchsen aus Blech, Plastik und sonstigen Kunststoffen; Flaschen; Dauerkränzen aus Metall, Kunststoff oder perlenartigem Material; Gebilden aus Gips, Zement, Dachpappe, Baumrinde, Glas, Kork, Tropfstein, Schlacke oder nachgeahmtem Mauerwerk; Porzellan·, Glas- und Emailleschildern; spiegelnden Glasplatten und gerahmten Bildern jeder Art; Formen und Streifen aus Blech, Eternit oder ähnlichen Kunststoffen; Porzellanfiguren; Lichtbildern in allen Ausführungen; Gestellen jeder Art zur Anbringung von Kränzen (ausgenommen Kranzgestelle anläßlich einer Beisetzung); Gebinden aus Kunststoffblumen. (2) Bänke und Stühle dürfen an Grabstätten nicht aufgestellt werden. (3) Unzulässiger Grabschmuck ist auf Verlangen des Friedhofsamtes sofort zu entfernen. § 8 Zusätzlicher Grabschmuck (1) Auf die Gräber dürfen Pflanzen und Schnittblumen in Töpfen, Schalen oder Vasen aufgestellt werden, wenn diese Gefäße in Material, Form und Größe in einem richtigen Verhältnis zur Grabstätte stehen. Das gleiche gilt für die Anbringung von Grablampen und Weihwasserkesseln. (2) Sofern nicht für einzelne Grabfelder die Verwendung von Abdeckplatten oder eine Teilabdeckung mit Steinplatten aufgrund der Grabmalordnung untersagt ist, kann dieser zusätzliche Grabschmuck angebracht werden. Material und Farbe müssen mit dem Denkmal harmonisieren.

B. Satzung über das Friedhofs- und Begräbniswesen der Stadt Bonn vom 03.03.1994 § 7 Ausführung gewerblicher Arbeiten (1) Gewerbliche Arbeiten dürfen auf den Friedhöfen nur mit Genehmigung, bzw. aufgrund einer Konzession der Stadt ausgeführt werden.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 19 Ehrengräber Gräber von Verstorbenen, die sich besonders um die Stadt Bonn verdient gemacht haben, können durch den Rat der Stadt Bonn zu Ehrengräbern erklärt werden. § 21 Grundsätze (1) Jede Grabstätte ist so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in der Gesamtanlage gewahrt wird. § 22 Gedenkzeichen und Grabbegrenzungen (2) Es dürfen nur Gedenkzeichen aus Naturstein, Holz oder handwerklich bearbeitetem Metall verwendet werden. Das Holz muß im Naturton belassen werden. Der Schutzanstrich von schmiedeeisernen Gedenkzeichen darf nicht aus hochglänzenden Lacken bestehen. Unzulässig ist die Verwendung von Beton, Kunststeinen und Kunststoffen, Tropf- und Lavakrotzensteinen, Porzellan, Steingut, Glasplatten, Emaille- und Blechschildern sowie Lichtbildern. (3) Als provisorische Gedenkzeichen mit einer Zulassungsdauer von höchstens 6 Monaten ab Beisetzungstermin können Holtafeln ohne Glas- und Metallrahmen in der Größe von 0,25 m χ 0,30 m sowie Holzkreuze bis zu einer Höhe von 0,70 m genehmigungs- und gebührenfrei aufgestellt werden. Nach Ablauf dieser Frist können sie ohne besondere Aufforderung durch die Friedhofsverwaltung entfernt werden. (8) Gedenkzeichen und Plattenstreifen müssen die im Anhang, die Bestandteil dieser Satzung ist, aufgeführten Abmessungen haben. Bei Wahl- und Reihengräbern dürfen nicht mehr als 1/3 der Fläche mit Stein- oder Kiesmaterial abgedeckt werden. (9) Nach Möglichkeit werden auf allen Friedhöfen Abteilungen für Wahlgräber vorgehalten, die den Gestaltungsvorschriften dieser Satzung über Gedenkzeichen und Einfassungen nicht unterliegen (Sonderabteilung). Von der Friedhofsverwaltung sind diese Abteilungen festzulegen. (10) Auf einem Friedhof im Satdtgebiet Bonn wird ein als Rasenfläche angelegtes Urnengräberfeld unterhalten, das der Bestattung von Personen dient, deren Grabstätte nicht besonders kenntlich gemacht wird. Die Urnen werden unter Ausschluß der Angehörigen und sonstigen Personen der Reihe nach bestattet. Die Bestattungsstelle wird nicht bekanntgegeben (anonyme Bestattung). § 25 Gärtnerische Grabgestaltung (1) Die Grabstätten müssen 6 Monate nach der Bestattung gärtnerisch angelegt sein. 20*

Teil 7: Anhang

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(2) Die Bepflanzung darf nur innerhalb der Grabfläche erfolgen. Es dürfen nur Pflanzen verwendet werden, die andere Grabstätten oder die öffentlichen Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen und eine Überbauung mit Erdcontainern, Laufdielen und sonstigem Zubehör bei Bestattungen im Nachbargrab zulassen. (3) Bei der Bepflanzung der Grabstätten sollen die Richtlinien für gärtnerische Grabgestaltung - herausgegeben vom Bund Deutscher Friedhofsgärtner beachtet werden. (4) Bei der gärtnerischen Grabgestaltung soll nach Möglichkeit auf Torfprodukte verzichtet werden. (5) Die Verwendung von Pflanzenschutz- und Unkrautbekämpfungsmitteln ist nicht gestattet. § 26 Unterhaltung (8) Die Stadt ist berechtigt, bei Grabstellen von historischer oder künstlerischer Bedeutung nach Erlöschen des Nutzungsrechtes die Grabstätte und deren Unterhaltung zu übernehmen. Die zulässigen Abmessungen der Gedenkzeichen und Plattenstreifen ergeben sich über § 22 V I I I in Verbindung mit dem dort genannten Anhang. Für Reihengräber bei Verstorbenen ab dem 6. Lebensjahr dürfen stehende Steine die Abmessungen 100x70x12 cm (HxBxT) nicht überschreiten.

C. Friedhofsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen vom 18.12.1990 § 12 Anlage und Pflege der Grabstellen (1) Grabstellen sind in ihrer äußeren Gestaltung aufeinander und auf die Gesamtgestaltung des Friedhofs abzustimmen. (5) Kränze, Blumengebinde und dergleichen dürfen nur aus kompostierbaren Materialien bestehen.

§ 14 Gewerbliche Betätigung (4) Gewerbliche Arbeiten auf den Friedhöfen können von der Behörde untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende wiederholt gegen dieses Ortsgesetz oder die dazu erlassenen Bestimmungen verstoßen hat.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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Grabmals- und Bepflanzungsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen vom 05.04.1966 § 1 ( 1 ) Grabstellen sind in ihrer äußeren Gestaltung aufeinander und auf die Gesamtgestaltung des Friedhofes abzustimmen. § 2 ( 1 ) Der Senator für das Bauwesen beruft einen Ausschuß, der die Behörde bei ihren nach § 14 Abs.3 der Friedhofsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen zu treffenden Entscheidungen berät. (2) Der Ausschuß setzt sich zusammen aus Angehörigen der Berufe freischaffender Künstler, des Bildhauergewerbes, des Steinmetzgewerbes und des Friedhofsgärtnergewerbes. Im einzelnen besteht der Ausschuß aus einem Architekten und einem weiteren Architekten als Stellvertreter, zwei freiberuflichen Bildhauern oder Grafikern und zwei weiteren Bildhauern oder Grafikern als Stellvertreter, vier Steinmetzen, einem Vertreter der Gewerkschaft IG Bau, Steine und Erden, einem Vertreter der Behörde (je nach Lage der Grabstelle einem Vertreter des Gartenbauamtes oder der Gartenbauabteilung des Bauamtes Bremen-Nord). Für Fragen der Grabbepflanzung treten hinzu ein Gartenarchitekt und zwei Friedhofsgärtner. § 3 (1) Der Ausschuß kann für seine Tätigkeit Richtlinien über Werkstoffe, Maße und Bearbeitung der Grabmale und über die Bepflanzung der Grabstellen aufstellen. § 4 ( 1 ) Die nach § 3 aufgestellten Richtlinien werden von der Behörde den in Bremen ansässigen Bildhauern, Steinmetzbetrieben und den Friedhofsgärtnern schriftlich mitgeteilt.

§ 10(1) Auf neuangelegten und, soweit es die vorhandene Belegung zuläßt, auch auf alten Friedhöfen sind Gräberfelder vorzuhalten, für die die Gestaltungsvorschriften dieser Verordnung nicht gelten und auf denen die Nutzungsberechtigten Grabmale und Bepflanzung nach ihren Vorstellungen gestalten können. (2) Die Behörde darf auf diesen Gräberfeldern die Zustimmung nach § 14 III der Friedhofsordnung für die stadteigenen Friedhöfe in Bremen nur versagen, wenn Bedenken gegen die Standsicherheit des Grabmals bestehen oder wenn die Ornamente oder Inschrfiten geeignet sind, die Würde des Friedhofs zu verletzen.

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Teil 7: Anhang

D. Friedhofssatzung für die Stadt Chemnitz vom 15.06.1992 § 6 Gewerbliche Arbeiten (1) Bildhauer, Steinmetze, Friedhofsgärtner und sonstige Gewerbetreibende benötigen für die Tätigkeit auf den Friedhöfen eine Zulassungskarte des Garten·, Friedhofs- und Forstamtes.

§ 29 Errichtung und Pflege der Grabmäler (1) Für Grabmälker gelten die Bestimmungen der Grabmalordnung. Sie ist Bestandteil dieser Satzung. (2) Der Grabberechtigte, der Eigentümer des Grabmals und die Angehörigen sind verpflichtet, Grabmäler so zu erhalten und zu pflegen, daß die Würde des Friedhofes gewahrt bleibt und Dritte durch den Zustand der Grabmäler weder belästigt noch gefährdet werden können.

§ 33 Grabbepflanzung (1) Die Gräber sind vom Grabberechtigten oder den Angehörigen würdig herzurichten, zu bepflanzen und während der gesamten Laufzeit des Grabrechts instandzuhalten: - Urneneinzelgrabstellen bis spätestens 6 Monate nach der Beisetzung - Einzelgräber und Wahlgrabstellen bis 10 Monate nach der Bestattung. (2) Beim Anlegen des Grabhügels, der Grabbepflanzung und des sonstigen Grabschmucks sind vom Verpflichteten nach Abs. 1 und dessen Beauftragten die Bestimmungen der Grabpflegeordnung zu beachten. Die Grabpflegeordnung ist Teil dieser Satzung.

Anlage 2 Grabmalordnung Unter dem Stichwort 4 „Gestaltung der Grabstätten" (S.21) findet sich die folgende Bestimmung:

4 Die Grabmalordnung der Stadt Chemnitz ist nicht nur sehr unübersichtlich, sondern auch ohne Angabe von Paragraphen, Kapiteln oder Sachgebieten aufgebaut.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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(1) Jede Grabstätte ist so zu gestalten, daß der Friedhofszweck - würdige Ruhestätte, Pflege des Andenkens der Verstorbenen - gewahrt wird und eine Verletzung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeschlossen ist. (2) Einfassungen, Sockel und Abdeckplatten max. 1/3 der Grabfläche sind zulässig. Weiter wird unter dem Stichwort „Entfernung" (S.24 f.) folgendes bestimmt: (3) Die Friedhofsverwaltung ist berechtigt, ohne ihre Zustimmung aufgestellte Grabmale einen Monat nach der Anordnung der Beseitigung gegenüber dem Inhaber des Grabrechtes auf dessen Kosten entfernen zu lassen. Auf dem Städtischen Friedhof Chemnitz gelten in allen Abteilungen besondere Gestaltungsvorschriften. Durch die Vielzahl der unterschiedlichen gestalterischen Festlegungen kann der Bürger bei Erwerb eines Grabrechtes nach seinem Ermessen aus einer breiten Palette auswählen.

E. Friedhofssatzung der Stadt Coburg vom 12.09.1977 § 28 Besondere Grabstätten Grabstätten besonderer Persönlichkeiten und kulturell oder geschichtlich wertvolle Grabmale sind in ein vom Kulturamt im Benehmen mit der Friedhofsverwaltung aufzustellendes Verzeichnis aufzunehmen. § 29 Gestaltungsgrundsatz Die Grabstätten sind so zu gestalten und zu unterhalten, daß sie der besonderen Zweckbestimmung des Friedhofes Rechnung tragen und sich in den jeweiligen Friedhof sowie seine nähere Umgebung einfügen.

§31 Größe der Gräber (2) Die genaue Lage und die genauen Maße der einzelnen Grabstätten legt die Friedhofsverwaltung verbindlich fest.

§ 36 Gestaltung der Grabmäler (1) Jedes Grabmal muß den Grundsätzen des § 29 entsprechen und in seinen Abmessungen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Grabfläche stehen. Es ist so zu gestalten, daß es seiner Form, Größe, Farbe und Verarbeitung sowie seinem Werkstoff nach nicht verunstaltet wirkt. (2) Entsprechend den Grundsätzen des Abs.l sind als Material im allgemeinen zugelassen:

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Teil 7: Anhang

alle Natursteine sowie für Reihengräber und kleinere Urnenplätze zusätzliche Kunststeine aus zerkleinerten reinen Natursteinkornungen. (3) Nicht zugelassen sind, soweit sie den Grundsätzen des Abs.l widersprechen: Kunststeine mit eingelegten Natursteinplatten; Kunststoffe; Natursteinsockel aus anderem Werkstoff, als er zum Grabmal selbst Verwendung findet; Kunststeinsockel unter Natursteindenkmälern; Grabmäler aus gegossener Zementmasse; Terrazzo- oder schwarzer Kunststein; Tropfsteine; Backsteine oder nachgeahmtes Mauerwerk; Holzkreuze auf Grabstätten außer Reihengräbern; in Zement aufgetragener ornamentaler oder figürlicher Schmuck; Glas; Porzellan und Emaille; Ölfarbanstrich auf Steingrabmälern; Lichtbilder. (4) Firmenbezeichnungen sind nur in Ausnahmefällen zulässig. (5) Die Verwendung von tief schwarzen und diesen gleichzuachtenden dunklen Werkstoffen in spiegelpolierter Bearbeitung sowie von grellweißen Werkstoffen soll vermieden werden. (6) Die Friedhofsverwaltung kann für einzelne Friedhofsteile im Interesse einer einheitlichen Gestaltung besondere Anforderungen an Grabmäler und Bepflanzung stellen. § 37 Farbanstrich Aus Hartholz gefertigte Grabmale dürfen nicht mit Farbe, sondern nur mit farblosem, nicht glänzendem Wetterschutzlack gestrichen werden. Im übrigen gilt § 36 Abs.3. § 38 Grabinschriften (1) Grabinschriften sollen hinsichtlich Größe und Ausführung in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des Grabmals stehen. (2) Beschriftungen mit unwürdigem oder ärgerniserregendem Inhalt sind verboten. § 39 Grabeinfassungen (1) Grabeinfassungen sind nur auf dem Friedhof in Beiersdorf zulässig. (2) Sie müssen den Grundsätzen des § 36 entsprechen und dürfen daher insbesondere weder in einem Guß aus Zementstein noch aus Ziegelsteinen, Schlacken, Bruchsteinen, Flaschen, Krügen oder Holz hergestellt werden. § 40 Bepflanzung und Pflege der Grabstätten (1) Zur Bepflanzung der Grabstätten dürfen nur Gewächse verwendet werden, die die benachbarten Grabstätten und Friedhofsanlagen nicht beeinträchtigen. Sie dürfen nicht höher werden als das Grabmal und seitlich nicht über das Grabbeet hinausragen oder hinauswachsen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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F. Friedhofssatzung für die Stadt Cochem vom 04.06.1975 in der Fassung vom 24.02.1992 § 7 Gewerbetreibende (1) Gewerbliche Arbeiten auf dem Friedhof dürfen nur von den hierzu berechtigten Gewerbetreibenden nach vorheriger Zulassung durch die Stadtverwaltung ausgeführt werden.

§ 16a Anonyme Grabfelder (1) Auf dem Friedhof in Cochem-Brauheck wird ein Grabfeld für anonyme Reihengräber ausgewiesen. Das Grabfeld ist mit Rasen einzusäen. (2) Gedenkzeichen, Einfassungen, Blumen, Grablaternen und sonstiger Grabschmuck sind nicht gestattet.

§ 18 Ehrengräber Die Zuerkennung, die Anlage und die Unterhaltung von Ehrengräbern obliegt ausschließlich der Stadt Cochem. § 19 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze Jede Grabstätte ist gärtnerisch so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird.

§ 22 Zustimmungserfordernis (1) 3: Auch provisorische Grabmale sind zustimmungspflichtig, sofern sie größer als 15 χ 30 cm oder keine Beerdigungskreuze sind. § 23 Material, Form und Inschrift der Grabmale (1) Der Wert eines Denkmales liegt nicht in den hohen Kosten, sondern in der harmonischen Zusammenwirkung mit der Umgebung5. Deshalb dürfen nur Gedenkzeichen aus wetterbeständigem, würdigem, natürlichem Werkstoff in einwandfreier Bearbeitung in einer der Stimmung des Friedhofes angemessenen schönen Formgebung aufgestellt werden. Die Rückseiten und Seitenflächen sind ebenfalls gut auszubilden. Als Werkstoff sind zulässig: Naturstein und guter

5

So bereits § 4 a) der Münchener Waldfriedhofsordnung von 1907.

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Teil 7: Anhang

Kunststein, der dem Naturstein möglichst nahe kommt, sowie Holz und Metall in ruhiger farbiger Behandlung. Heimische Gesteinsarten verdienen den Vorzug. (2) Die Inschrift ist für die Wirkung der Grabstätte von besonderer Bedeutung; sie muß daher auf die Fläche gut verteilt, aus einfachen klaren Schriftzeichen zusammengesetzt sein und inhaltlich der Würde des Ortes entsprechen. Die eingemeißelte Schrift ist stets zu bevorzugen. (3) Entsprechend diesen für die würdige Gestaltung eines Grabmals gegebenen Grundsätzen sind unter anderem unzulässig: Grabmale aus Baustoffen, die nicht wetterbeständig sind und der Würde des Friedhofes nicht entsprechen (z.B. Gips); Grabmale aus nachgemachtem Mauerwerk und Betonwerkstein, soweit sie nicht Natursteincharakter haben und handwerksgerecht verarbeitet sind; Grabmale mit in Zement aufgesetztem figürlichem oder ornamentalem Schmuck; Grabmale mit Farbanstrich auf Stein; Grabmale mit Glas, Blech, Emaille, Porzellan und Kunststoffen in jeder Form sowie mit Lichtbildern. Außerdem sind Inschriften, deren Text der Weihe des Ortes nicht entspricht bzw. das Gefühl der Allgemeinheit verletzen kann, unzulässig. Ebenfalls unzulässig sind Ständer zum Aufhängen der Kränze, Schutzkästen, soweit sie nicht in besonderen Fällen zur Erhaltung vorhandener Gedenkzeichen von der Stadtverwaltung als notwendig anerkannt werden, Reklame· oder Firmenschilder jeder Art, ebenso derartige Aufschriften auf Gedenkzeichen oder Einfriedungen, wenn sie nicht in unauffälliger Weise angebracht sind. Grelle, weiße und schwarze ploierte Steine sowie Einfriedungsgitter können nur in Ausnahmefällen zugelassen werden; es sind in dieser Beziehung die künstlerischen Ausführungen und die Lage des Grabplatzes maßgebend. (4) Das Anbringen von Grababdeckplatten sowie das Abdecken mit Kies ist zulässig, mit Ausnahme des Friedhofes Cochem-Brauheck. Das Material der Grababdeckung muß mit dem des Grabmales übereinstimmen. (5) Es sind stehende oder liegende Grabmale zulässig. (6) Soweit es innerhalb der Gesamtgestaltung und Beachtung des § 19 und unter Berücksichtigung künstlerischer Anforderungen für vertretbar ist, kann die Stadtverwaltung Ausnahmen von den Vorschriften der Absätze 2 bis 4 und auch sonstige bauliche Anblagen zulassen. Sie kann für Grabmale und sonstige bauliche Anlagen in besonderer Lage über Abs. 1 bis 4 hinausgehende Anforderungen an Material, Entwurf und Ausführung stellen.

§ 24 Größe der Grabmale (1) Auf Grabstätten für Erdbestattungen sind Grabmale bis zu folgenden Höhen (einschl. Einfassung und Sockel) zulässig: 1. bei Einzelgräbern

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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1.2 Erwachsenengrabstätten 1,25 m hoch. Grabmale dürfen nicht über die Grenze des dazugehörigen Grabes hinausragen. (2) Das Verhältnis von Breite zu Höhe soll möglichst 1:1,5 bis 1:2,5 betragen. (4) Die Stadtverwaltung kann Ausnahmen zulassen. § 25 Grabeinfassungen (1) Grabeinfassungen sind bis zu einer Höhe von 0,10 m über dem Boden zulässig. (2) Grabeinfassungen - auch als Pflanzen - sind nicht gestattet, wenn die Stadtverwaltung die Grabzwischenräume im einzelnen Grabfeld mit Trittplatten belegt hat oder in absehbarer Zeit belegen will.

G. Friedhofssatzung der Stadt Daun vom 01.12.1988 § 6 Ausführung gewerblicher Arbeiten (1) Bildhauer, Steinmetze, Gärtner und sonstige mit der Gestaltung und Instandhaltung von Grabstätten befaßte Gewerbetreibende bedürfen für Tätigkeiten auf dem Friedhof der vorherigen Zustimmung durch die Friedhofsverwaltung, die gleichzeitig den Umfang der Tätigkeiten festlegt.

§ 16 Ehrengrabstätten Die Zuerkennung, die Anlage und die Unterhaltung von Ehrengrabstätten obliegt ausschließlich dem Friedhofsträger.

§ 18 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze Jede Grabstätte ist so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. § 19 Gestaltung der Grabmale (1) Liegende Grabmäler (Grabplatten, Abdeckung mit Kies) sind nur zugelassen, wenn ein Drittel der Grabfläche für gärtnerische Anlagen zur Bepflanzung freibleibt. Ganze Abdeckungen sind nicht zulässig. (2) Grabmale sind mit folgenden Maßen zulässig;

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Teil 7: Anhang

(3) Der Friedhofsträger kann Ausnahmen von den Vorschriften der Absätze 1 und 2 und auch sonstige bauliche Anlagen zulassen, soweit er es unter Beachtung des § 18 fur vertretbar hält.

§ 24 Herrichten und Instandhalten der Grabstätten (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 18 hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. Dies gilt entsprechend für den Grabschmuck. Verwelkte Blumen und Kränze sind unverzüglich von den Grabstätten zu entfernen. (4) Reihen- und Urnengrabstätten müssen innerhalb von sechs Monaten nach der Bestattung, Wahl- und Urnenwahlgrabstätten innerhalb von sechs Monaten nach der Verleihung des Nutzungsrechtes hergerichtet werden.

H. Die Satzung der Stadt Dortmund für die Friedhöfe vom 31.05.1990 § 17 Kriegsgräber, Ehrengrabstätten, Gemeinschaftsgrabstätten (2) Die Zuerkennung, die Anlage und die Unterhaltung von Ehrengrabstätten obliegt ausschließlich der Stadt Dortmund. § 18 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze (1) Jede Grabstätte ist - unbeschadet der besonderen Anforderungen der §§21 u. 29 für Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften - so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, daß der Friedhofszweck sowie die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt werden. Bei Reihengrabstätten darf der Hügel nicht entfernt werden. Der Standort der Grabmale wird von der Friedhofsverwaltung nach bestattungstechnischen Erfordernissen unter Berücksichtigung der folgenden Regelungen festgelegt: a) auf Wahlgrabstätten ist bei der Errichtung von Grabmalen (einschließlich deren Fundamentierungen), Grabeinrichtungen und der Verlegung von Trittplatten ein Abstand von 30 cm zu allen Grabgrenzen einzuhalten. Sind die Grabstätten an Plattenwegen gelegen, muß jedoch bei der Errichtung von Grabmalen ein Abstand von mindestens 50 cm zur Plattierung erhalten bleiben. b) Abweichend von Buchstabe a darf an der hinteren (nicht an einem Weg liegenden) Grenze von Wahlgrabstätten ohne Einhaltung eines Abstandes ein stehendes Grabmal errichtet werden. c) Bei Urnenwahlgräbern hat die Aufstellung eines Grabmales in der Mitte der Grabstätten zu erfolgen, wenn diese zweiseitig von Wegen, Plattenwegen oder Rasenzwischenstreifen begrenzt sind.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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(2) Firmenhinweise auf Grabstätten sind nur fur die gärtnerische Pflege in kleinen nach Form und Ausführung von der Friedhofsverwaltung festzulegenden Schildern zugelassen. Für Grabmale gilt § 22 Abs.5.

§ 20 Abteilung ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen besonderen Anforderungen, sofern die Vorschriften der §§ 18 und 27 gewahrt bleiben. § 21 Abteilung mit besonderen Gestaltungsvorschriften (6) 2: Die Montage verschiedener Materialien ist nicht zulässig, auch nicht verschiedener Holz- oder Metallarten untereinander. (9) Die Friedhofsverwaltung kann ausnahmsweise die Aufstellung figürlicher oder gegenständlicher Darstellungen zulassen, wenn dadurch die Gesamtgestaltung des Grabfeldes bzw. der Grababteilung nicht gestört wird (§ 18) und die Abmessungen den sich aus den Abs.4 und 5 ergebenden Proportionen entsprechen. Sonstige bauliche Anlagen sind ausgeschlossen. § 22 Zustimmungserfordernis (6) Die nicht zustimmungspflichtigen provisorischen Grabmale werden ausschließlich vom Bestatter als naturlasierte Holztafeln in von der Friedhofsverwaltung vorgeschriebenen Abmessungen geliefert und ein Jahr nach der Beisetzung entfernt.

§ 27 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 18 gärtnerisch hergerichtet und dauernd instand gehalten werden. Dies gilt entsprechend für den übrigen Grabschmuck. Verwelkte Blumen und Kränze, Unkraut und sonstiger Abraum sind unverzüglich von der Grabstätte zu entfernen und an den dafür vorgesehenen Plätzen abzulegen. (6) Bäume und Sträucher gehen in das Eigentum der Stadt Dortmund über. Sie dürfen nur mit deren Genehmigung verändert oder entfernt werden. § 28 Abteilung ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die gärtnerische Herrichtung der Grabstätte unterliegt keinen besonderen Anforderungen, sofern die Vorschriften der §§ 18 und 27 gewahrt bleiben.

Teil 7: Anhang

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I. Satzung für die Friedhöfe der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 08.05.1989 § 7 Gewerbetreibende (1) Bildhauer, Steinmetze, Friedhofsgärtner und sonstige Gewerbetreibende benötigen für ihre Tätigkeit auf den Friedhöfen eine Zulassungskarte des Friedhofsamtes.

§ 14 Sarg-Einzelgrabstätten (3) Die Sarg-Einzelgrabstätten haben folgende Maße: 2. 240 χ 120 cm (fertiges Grabbeet 180 χ 75 cm) für Personen, die ab vollendetem 5.Lebensjahr verstorben sind.

§ 16 Urnengrabstätten (4) Die Maße der Urnengrabstätten und der fertigen Grabbeete betragen 1. bei Urnen-Einzelgrabstätten 80 χ 80 cm 2. bei Urnen-Wahlgrabstätten 100 χ 100 cm. (5) Anonyme Urnengrabstätten sind als Rasenfläche angelegte Grabstätten, die für die Dauer der Ruhefrist zur Bestattung einer Urne bereitgestellt werden, wenn die anonyme Bestattung dem Willen des Verstorbenen entspricht. Die Urnen werden unter Ausschluß der Angehörigen und sonstiger Personen der Reihe nach bestattet. Die Bestattungsstelle wird nicht bekanntgegeben. Rechte und Pflichten an anonymen Urnengrabstätten und ihre Gestaltung und Pflege stehen nur der Friedhofsverwaltung zu. § 17 Ehrengrabstätten (2) Dauerehrengrabstätten können Personen, die sich um die Stadt besonders verdient gemacht haben, durch Ratsbeschluß zuerkannt werden. § 18 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze Jede Grabstätte ist so zu gestalten und der Umgebung anzupassen, daß die Würde und die historisch gewachsenen Strukturen des Friedhofes gewahrt werden. Es ist Rücksicht auf charakteristische Grabfelder und geschichtlich oder künstlerisch bedeutende Grabmale zu nehmen. § 19 Wahlmöglichkeit (1) Es kann eine Grabstätte mit oder ohne besondere Gestaltungsvorschriften gewählt werden.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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(2) Auf den Friedhöfen Eller, Gerresheim, Hassels, Stoffeln, Süd, Unterrath und auf neu anzulegenden Friedhöfen werden nur Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften angelegt. § 20 Allgemeines (1) Auf jeder Grabstelle darf nur ein Grabmal errichtet und gehalten werden. Das Recht hierzu steht nur dem Nutzungsberechtigten zu. (2) Grabmale dürfen nur aus Naturstein, Naturstein mit Bronze, Eisen, Bronze, Holz, Kunststoff oder Beton bestehen. Sie müssen allseitig gleichmäßig bearbeitet sein. Kunststoff- und Betongrabmale müssen werkstoffgerecht, andere Werkstoffe nicht imitierend, handwerklich einwandfrei hergestellt sein. (3) Alle Grabmale müssen in der Mittelachse der Grabstätte parallel zu der hinteren Grabstättengrenze stehen oder liegen. Stehende Grabmale sind höchstens 10 cm von der hinteren Grabstättengrenze entfernt aufzustellen. Liegende Grabmale müssen 30 cm von der hinteren Grabstättengrenze entfernt liegen. (4) Die Größe der Grabmale muß in einem angemessenen Verhältnis zur Größe der Grabstätten stehen. Die Grabmale müssen standsicher sein, das ist bei stehenden Grabmalen aus Stein in der Regel gewährleistet, wenn sie auf Einzelgrabstätten mindestens 12 cm und auf Wahlgrabstätten mindestens 15 cm stark sind. Die Mindeststärken erhöhen sich um etwa 3 cm , wenn die Grabmale auf einem Sockel stehen. Liegende Grabmale dürfen bei Wahlgrabstätten 1 qm Ansichtsfläche je Grabstelle und bei Einzelgrabstätten 0,50 qm Ansichtsfläche nicht überschreiten; sie müssen bündig verlegt werden. (5) Auf der linken Schmalseite der Grabmale ist 30 cm über dem Erdboden in einer Zeilenhöhe von 15 mm die Grabnummer einzuhauen; in gleicher Weise ist auf der rechten Schmalseite die Firmenbezeichnung anzubringen. (6) Als provisorische Grabmale sind nur Eichenholzbehelfszeichen mit eingeschnitzter Schrift, beides naturfarben, erlaubt. (7) Einfassungen bei Sarg-Einzelgrabstätten sind nicht erlaubt. Einfassungen für Sarg-Wahlgrabstätten an neu angelegten Grabfeldern läßt die Friedhofsverwaltung verlegen. Die Einfassung neu anzulegender Sarg-Wahlgrabstätten auf vor 1948 angelegten Grabfeldern soll 10 cm stark sein und 5 cm über dem gewachsenen Erdboden verlegt werden. Für die Einfassung der Urnen-Einzel- und Urnen-Wahlgrabstätten ist gesägter roter Sandstein von 3 cm Stärke bündig mit dem gewachsenen Boden zu verlegen; die Stücklänge beträgt bei Urnen-Einzelgrabstätten 40 cm, bei UrnenWahlgrabstätten 50 cm.

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Teil 7: Anhang

§ 21 Grabstätten mit besonderen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale müssen nach Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung erhöhten Anforderungen entsprechen. (2) Für Grabmale dürfen nur Natursteine (außer Findlingen, findlingsähnlichen bruchrohen Steinen, grellweißem Material, Laasamarmor, reinweißem Carrara- und Cristallinomarmor u.ä.), Holz (nur handwerklich bearbeitete Stelen) und Schmiedeeisen verwendet werden. (3) Für die Gestaltung und Bearbeitung gilt folgendes: 1. Jede handwerkliche Bearbeitung der Grabmale (außer Politur und Feinschliff) ist erlaubt. Alle Seiten müssen gleichmäßig bearbeitet sein. Symbole und Schriften können poliert sein. Die Rückseiten können durch Ornamente oder Symbole gestaltet sein. 2. Die Grabmale müssen aus einem Stück hergestellt sein, dürfen keinen Sockel u.ä. haben und müssen mit den Fundamenten unmittelbar verbunden sein. 3. Flächen dürfen keine polierte Umrandung haben. 4. Schriftbossen für weitere Inschriften müssen absolut matt sein. 5. Schriften dürfen nicht aufdringlich groß sein. Ornamente und Symbole dürfen nur aus demselben Material wie das Grabmal bestehen. Sie müssen gut verteilt sein. Bei versenkt erhabenen Buchstaben darf die umrandende Nut eine Breite von 5 mm nicht überschreiten. Mit eingetriebenem Blei ausgelegte Schrift muß nutenformig ausgehauen sein. 6. Nicht zugelassen sind alle nicht aufgeführten Materialien, Zutaten, Gestaltungs- und Bearbeitungsarten wie z.B. Marterl, Beton, Bronze, Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder, Gold, Silber, Farben, Faksimileschrift, Kastenschriften, Beschriftungen außerhalb des Grabmals, Freiplastiken und Einfassungen. (5) Auf Grabstätten für Sargbestattungen sind Grabmale mit folgenden Maßen zulässig: 2.1 stehende Grabmale 2.1.1 mit waagerechter Oberkante Höhe 60 bis 80 cm Höchstbreite 45 cm Mindeststärke 12 cm (7) Asymmetrische Formen und Aufteilungen können nur ausnahmsweise zugelassen werden.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 22 Grabstätten ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen zusätzlichen Anforderungen.

J. Friedhofssatzung der Stadt Erfurt vom 21.11.1991 § 16 Urnenreihengrabstätten Die Größe der Urnenreihengrabstätten (Belegungsfläche) beträgt 1,00 χ

1,00 m.

§ 18 Urnengemeinschaftsanlagen (UGA) (1) Urnengemeinschaftanlagen sind gestalterisch anspruchsvolle Belegungsflächen des Friedhofes, in denen unter Verzicht auf Einzelgrabstätten eine bestimmte Anzahl von Urnen gemeinschaftlich beigesetzt werden. (3) Zur Wahrung des Beisetzungscharakters und der Interessen der Hinterbliebenen dürfen die bepflanzten Beisetzungsflächen nicht betreten werden. Blumengebinde, Kränze und sonstiger Grabschmuck sind in jedem Fall an den dafür ausgewiesenen und angelegten Ablagemöglichkeiten niederzulegen. § 19 Ehrenhaine und Sondergrabanlagen (1) Die Zuerkennung und Anlage von Ehrengrabstätten obliegt ausschließlich der Stadt Erfurt. § 20 Abteilungen mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (2) Es besteht die Möglichkeit, eine Grabstätte in einer Abteilung mit allgemeinen oder zusätzlichen Gestaltungsrichtlinien zu wählen. (3) Die Friedhofsverwaltung ist verpflichtet, auch Grabstätten in Sonderabmessungen und für andere Kulturkreise vorzuhalten und bei Bedarf bereitzustellen. § 21 Allgemeine Gestaltungsvorschriften (1) Jede Grabstätte ist, unbeschadet der Anforderungen für Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (§§ 23 und 31) so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß der Friedhofszweck und der Zweck dieser Satzung sowie die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. § 22 Abteilung mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale und baulichen Anlagen in Abteilungen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften unterliegen, unbeschadet der Bestimmungen des § 21, in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung den nachfol21 Spranger

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Teil 7: Anhang

gend ausgewiesenen Mindestanforderungen. Diese beinhalten Festlegungen über Material, Größe, Form, Bearbeitung, Schriftordnung sowie Hinweise über grundsätzliche Material- und Bearbeitungsverbote. Eine Verpflichtung zum Setzen eines Grabmals besteht nicht ! Allgemeine Anforderungen - Das Material muß wetterbeständig sein. Zu bevorzugen sind einheimische Natursteine; Holz- und Metallgrabmale sind zulässig. Holzgrabmale sollten und Metallgrabmale müssen mit Steingründung aufgestellt werden. - Allgemeine Maßangaben fur Grabmale Höhe (in mm) größte Breite Reihengrabstätten 700-800

450

Mindeststärke 140

- Liegende Grabmale können in allen Grabfeldern verwendet werden. Die zusätzliche Verwendung eines liegenden Grabmals in Verbindung zu einem bereits stehenden Denkmal ist nicht gestattet. - Die Form der Grabmale soll schlicht, klar und materialgerecht sein und sich in das jeweilige Grabfeld einfügen. Willkürlich asymmetrische Formen sind zu vermeiden. - Die Bearbeitung der Grabmale muß werkgerecht sein, wobei eine allseitige gleichwertige Bearbeitung angestrebt werden sollte. Zusammenhängende polierte Flächen sind, außer bei hellem Steinmaterial, nicht gestattet. - Die Schrifttexte sollen klare, schlichte Aussagen über den Toten bzw. zusammenfassend über die in der Grabstätte bestatteten Personen enthalten. Die Inschriften müssen ausreichend tief bzw. erhaben gearbeitet werden, so daß die Lesbarkeit auch ohne farbige Tönung möglich ist. Wo eine farbige Tönung unumgänglich ist, muß diese abgestimmt zur Materialfarbe erfolgen und sollte nicht im starken Kontrast zu dieser stehen. - Nur auf besonderen Grabfeldern und auf den Ortsteilfriedhöfen sind zugelassen: a) Findlinge, findlingsähnliche, unbearbeitete, bruchrauhe, grellweiße und tiefschwarze Grabmale, b) Betonwerkstein, c) Einfassungen aus festen Stoffen, Umzäunungen und Grabgitter. Ausgenommen sind einheitliche mit den Belegungsplänen vorgesehene Wege- oder Pflegekantensteine aus Natur- oder Betonwerksteinen, d) Silber- und Goldschrift, Farbanstriche an Holz- und Steingrabmalen einschließlich Unterlegen an zurückgesetzten Flächen,

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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e) Firmenbezeichnungen an Grabmalen anzubringen mit Ausnahme eingehauener Steinmetzzeichen, f) sonstige nicht aufgeführte Materialien, Zutaten, Gestaltungs- und Bearbeitungsarten, insbesondere Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder und Anbauten. (2) Soweit es der Friedhofsträger unter Beachtung des § 21 für vertetbar hält, kann er Ausnahmen von den Vorschriften des Abs.l und auch sonstige bauliche Anlagen im Einzelfall zulassen. (3) Für Namensschilder aus Holz, die als Provisorium aufgestellt werden, empfiehlt die Friedhofsverwaltung eine Größe von 350 χ 210 mm. Die Höhe über dem Erdniveau sollte 500 mm nicht überschreiten. Die Namensschilder oder Kreuze dürfen max. bis zu 2 Jahren nach dem Todesfall auf der Grabstätte verbleiben. Nach diesem Zeitraum kann eine Entfernung durch die Friedhofsverwaltung erfolgen. § 23 Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften

(1) - Bei der Gestaltung und Bearbeitung an Grabmalen für Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften sind folgende Richtlinien zu beachten: 1. Die Grabmale müssen allseitig und gleichmäßig handwerksgerecht bearbeitet sein. Sie dürfen nicht gespalten, gesprengt oder bossiert sein. 2. Politur und Feinschliff sind nur zulässig als gestalterisches Element für Schriften, Ornamente und Symbole, die nur eine der Größe des Grabmals angemessene Fläche einnehmen dürfen. 3. Schriften, Ornamnete und Symbole sind im gleichen Material wie dem des Grabmals zu arbeiten, wobei jegliche serienmäßige Fertigung im Interese einer hohen Individualität zu vermeiden ist. 4. Die Schriftordnung sowie die Verwendung von Sinnzeichen muß klar auf die Aussage des Grabmals sowie auf Größe und Form desselben bezogen sein. Rückseite und Seitenflächen des Grabmals können ebenfalls durch Schrift oder Sinnzeichen gestaltet werden. Bei stehenden Grabmalgruppen in Urnenwahlgrabfeldern ist eine individuelle Rückseitengestaltung grundsätzlich festgelegt. Die Schriftartengrößen und -typen sollten zum Gesamtbild des Grabmals passen. Im Interesse einer aussagekräftigen und denkmalsbezogenen Grabmalgestaltung ist die Verwendung von Großbuchstaben vorzuziehen. 7. Die Grabmale sollten aus einem Stück hergestellt sein und keinen Sockel haben. 9. Die Verwendung von Ganzabdeckungen (Abdeckplatten aus Natur- oder Betonwerkstein) ist nicht gestattet.

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Teil 7: Anhang

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§ 29 Herrichtung und Unterhaltung - Allgemeine Festlegungen (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 21 hergerichtet und dauernd instand gehalten werden. Dies gilt entsprechend für den Grabschmuck. (2) Die Gestaltung der Gräber ist dem Gesamtcharakter des Friedhofes, dem besonderen Charakter des Friedhofsteiles und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen. (14) Die Verwendung unwürdiger Gefäße sowie die Verwendung von Marmorkies ist nicht gestattet. Der Magistrat der Stadt ist berechtigt, auf Kosten des Inhabers der Grabnummernkarte oder des Nutzungsberechtigten diese Beigaben oder Anlagen zu entfernen, wenn er die Anlagen nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist beseitigt hat.

K. Friedhofsordnung der Stadt Frankfurt am Main vom 16.12.1993 § 20 Allgemeiner Gestaltungsgrundsatz Jede Grabstätte ist so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. § 21 Wahlmöglichkeit (1) Auf den Friedhöfen werden Gewanne mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften eingerichtet. (2) Es besteht die Möglichkeit, eine Grabstätte in einem Gewann mit allgemeinen oder zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zu wählen. Wird von dieser Wahlmöglichkeit bei der Anmeldung der Bestattung kein Gebrauch gemacht, hat die Bestattung in einem Gewann mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zu erfolgen. § 22 Gewann mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale und baulichen Gestaltungsvorschriften unterliegen unbeschadet der Bestimmungen des § 20 und des § 23 (2) in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen zusätzlichen Anforderungen. (2) Die Mindeststärke der Grabmale beträgt 12 cm bei bis zu 0,90 m Höhe, 16 cm bei 0,90 - 1,30 m Höhe und 18 cm ab 1,30 m Höhe. Die Friedhofsverwaltung kann weitergehende Anforderungen verlangen, wenn dies aus Gründen der Standsicherheit erforderlich ist. Das Volumen der Grabmale kann beschränkt werden.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 23 Gewanne mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (2) Bei der Gestaltung und der Bearbeitung ist jede handwerkliche Ausführung möglich. (4) Auf Grabstätten für Erdbestattungen sind Grabmale mit folgenden Maßen zulässig: a) Die Höhe (ab Oberkante Weg) bei Reihengräbern

bis 90 cm

§ 24 Zustimmungserfordernis (4) Provisorische Grabmale sind nur als naturlasierte Holzkreuze oder -tafeln zulässig. Se dürfen nicht länger als 2 Jahre nach der Bestattung verwendet werden.

§ 29 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen des § 20 hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. Dies gilt entsprechend für den übrigen Grabschmuck. Torf und Torfsubstrate sollen nicht verwendet werden. § 30 Grabhügel (1) Die Gräber sind spätestens 6 Monate nach der Bestattung provisorisch anzulegen. (2) Die Grabhügel dürfen bei Erdbestattungsgräbern nicht über 10 cm und bei Aschengräbern nicht über 5 cm hoch sein. § 31 Bepflanzung (1) Die Grabbeete sollen in ihrer gesamten Fläche fachgerecht bepflanzt und gepflegt werden. (2) Die Bepflanzung darf Nachbargräber nicht beeinträchtigen. (3) Nicht zugelassen sind Bäume und großwüchsige Sträucher. (4) Grabbeete dürfen nicht mit Kies bestreut werden. Dies gilt nicht für die Zwischenwege. Je Grab ist eine Trittplatte bis 30x30 cm zulässig.

L. Friedhofssatzung der Stadt Görlitz vom 25.11.1993 § 8 Arten von Grabstätten 4. Ehrengrabstätten

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Teil 7: Anhang

§ 26 Wahlmöglichkeit der Gestaltung (1) Jede Grabstätte ist so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß der Friedhofszweck und der Zweck dieser Satzung sowie die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. (2) Auf dem Friedhof stehen Reihengräber und Wahlgräber mit allgemeinen und zusätzlichen Gestaltungsvorschriften zur Verfügung, zwischen denen die Angehörigen frei wählen können. Die Friedhofsverwaltung berät die Angehörigen über die sich aus den allgemeinen und besonderen Gestaltungsvorschriften ergebenden Möglichkeiten und Verpflichtungen. Wird von der Wahlmöglichkeit nicht bei der Anmeldung der Bestattung Gebrauch gemacht, erfolgt die Bestattung in einer Abteilung mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften.

§ 29 Grabmale und bauliche Anlagen (1) Auf den Grabstätten dürfen im Rahmen des Gestaltungsrechtes Grabmale aufgestellt werden. Grabmale und Grabzubehör sind stand- und verkehrssicher aufzustellen. Bei stehenden Grabmalen dürfen folgende Mindeststärken nicht unterschritten werden: bis 0,80 m Höhe: 0,12 m 0,81-1,20 m Höhe: 0,14 m 1,21-1,50 m Höhe: 0,16 m über 1,51 m Höhe: 0,18 m Ausnahme: Holz- und Metallgrabmale (2) Urnenkammern, Mausoleen und Grabgewölbe dürfen nicht gebaut werden. (3) Für Grabmale können Verwendung finden: - Natursteine -Holz - geschmiedetes oder gegossenes Material (4) Die Verwendung von Kunststoffen, Glas, Porzellan, Blech, Zementschmuck, Lichtbildern sowie die Verwendung aufdringlicher Farben für die Beschriftung sind verboten. (5) Um den ausgewogenen Sauerstoff- und Wasserhaushalt im Boden nicht zu gefährden, ist die Anbringung von Grababdeckplatten, die mehr als die Hälfte der Grabfläche von der Sauerstoff- oder Wasserzufuhr ausschließen, unzulässig.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 30 Genehmigung (1) Grabmale, Einfassungen und bauliche Anlagen dürfen nur mit Genehmigung der Friedhofsverwaltung aufgestellt oder verändert werden. Provisorische Grabmale als naturlasierte Holztafeln oder Holzkreuze dürfen, sofern sie der Würde des Ortes entsprechen, ohne Zustimmung aufgestellt werden, müssen aber spätestens 1 Jahr nach dem Sterbefall entfernt werden. Andernfalls kann die Verwaltung die Entfernung vornehmen.

§ 36 Grabstellen mit allgemeinen Gestaltungsvorschriften (1) Gärtnerische Gestaltung Innerhalb der zur Bepflanzung freigegebenen Grabbeetfläche bestehen in gestalterischer Hinsicht keine Vorschriften. Die Bepflanzung darf jedoch die Grabbeetabmessung nicht überwachsen. (2) Grabmalgestaltung Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung unter Maßgabe der §§29 und 30 und unter dem Aspekt der Wahrung der Würde der Anlage sowie des Friedhofszweckes keinen besonderen Anforderungen.

M. Satzung für die städtischen Friedhöfe in Kiel vom 11.12.1984 § 13 Ehrengräber (1) Die Ratsversammlung kann Opfern von Kriegen und Opfern politischer Wirren sowie einzelnen Persönlichkeiten, die sich um die Allgemeinheit verdient gemacht haben, Ehrengräber zur Verfügung stellen und auch ihre einheitliche Anlage und Pflege beschließen.

§ 22 Gestaltungsvorschriften für Grabmalanlagen (1) Auf den Friedhöfen können besondere Grabfelder angelegt werden, für die die nachfolgend aufgezählten Vorschriften über Material, Gestaltung und Bearbeitung von Grabmalanlagen gelten und einzuhalten sind: 1. Es sind Natursteine sowie Materialien aus Massivholz, geschmiedetem Eisen oder aus geschmiedeter oder gegossener Bronze zulässig. Kantensteine oder andere Einfassungen jeglicher Art sind unzulässig. 2. Jede handwerkliche Bearbeitung außer Politur und Schliff ist möglich, Ansichtsflächen und Seiten des Grabdenkmales müssen jedoch gleich bearbeitet sein.

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Teil 7: Anhang

3. Schriften, Ornamente und Symbole können entweder vertieft oder erhaben aus demselben Material wie das Grabmal oder aus Bronze, Blei oder Aluminium in natürlichem Ton hergestellt werden. Schriftfarben müssen dem Farbton des Natursteines angepaßt werden; sie dürfen nicht grellfarbig sein. Bei Ornamenten und erhabenen Schriften ist der Schliff zur Gestaltung erlaubt. (3) Folgende Gestaltungen von Grabmalen und Grabeinfassungen (Kantensteine) sind im übrigen auf allen Grabfeldern unzulässig: 1. Materialien und Zutaten aus Beton, Blech, Glas, Emaille, Kunststoffe aller Art, Lichtbilder sowie sonstige Ersatzstoffe und Imitationen, 2. Ölfarbenanstriche sowie grellfarbige Schriftfarbe (Signalfarbe), die sich weithin abhebt, 3. Inschriften, die der Würde des Ortes abträglich sind, 4. Grabeinfassungen aus anderem Material als 6-8 cm starkem gesägten Natursandstein, die mehr als 5 cm über Geländeoberkante liegen. Nur die Grabvorderkante darf eingefaßt werden, bündig und fluchtgerecht.

§ 27 Entfernung von Grabanlagen und Zubehör (3) Künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Denkmäler oder solche, die eine besondere Eigenart des Friedhofes darstellen, dürfen ohne Genehmigung der Friedhofsverwaltung oder der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht entfernt oder verändert werden. § 28 Gestaltung und Pflege (1) Die Grabstätte muß innerhalb von 6 Monaten nach dem Erwerb vom Nutzungsberechtigten in würdiger Weise angelegt werden. Sie ist bis zum Ablauf der Ruhefrist zu pflegen. Das gilt auch für Grabanlagen. (3) Pflanzen und Gehölz sind so zu wählen, daß das Gesamtbild der Anlage gewahrt bleibt und benachbarte Gräber nicht beeinträchtigt werden. Nicht gepflanzt werden dürfen auf Urnengräbern Gehölze, die höher als 0,80 m werden, und auf Gräbern für Erdbestattungen Gehölze, die höher als 1,20 m werden. (4) Gehölz und Bäume gehen mit dem Einpflanzen in das Eigentum der Stadt über. Sie dürfen nur mit Genehmigung der Friedhofsverwaltung entfernt werden. (5) Die Friedhofsverwaltung kann nicht geeignete Pflanzen, unwürdige Gefäße (Blechdosen, Einmachgläser und dergleichen) auf Kosten des Nutzungsberechtigten entschädigungslos entfernen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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N. Bestattungs- und Friedhofssatzung der Stadt Köln vom 22.12.1992 § 19 Ehrengrabstätten (1) Es wird unterschieden zwischen - Grabstätten fur Ehrenbürger und Ehrenbürgerinnen - Grabstätten für verdienstvolle Bürger und Bürgerinnen.

§ 21 Gestaltung der Friedhöfe und Friedhofsfluren Es werden Friedhöfe bzw. Friedhofsfluren mit und ohne besondere Gestaltungsvorschriften eingerichtet. § 22 Gestaltung der Grabstätten Jede Grabstätte ist einschließlich des Grabmals und etwaiger sonstiger baulicher Anlagen so zu gestalten und zu unterhalten sowie an die Umgebung anzupassen, daß die Würde und der Charakter des Friedhofs in seiner Gesamtanlage gewahrt werden. § 23 Gestaltung der Grabmale und bauliche Anlagen (1) Bei Reihengrabstätten (§ 14) muß das Grabmal mindestens 0,15 m kleiner sein als die in § 29 (4) festgelegte Grabbeetbreite. Bei Wahlgrabstätten (§ 15) und Urnenwahlgrabstätten (§ 16) darf das Grabmal die in § 29 (4) jeweils festgelegte Beetbreite nicht überschreiten. (2) Steineinfassungen und Steinplattenumrandungen sind mit der Außenkante auf der Grenze des Grabbeetes zu verlegen. § 24 Zustimmungserfordernis (4) Das Aufstellen provisorischer Grabmale bedarf keiner Zustimmung, wenn es sich um naturfarbene oder weiße Holztafeln bis zu einer Größe von 0,15 m χ 0,30 m bzw. um Holzkreuze bis zu einer Höhe von 0,60 m handelt.

§ 29 Gestaltung der Grabbeete (1) Alle Grabbeete müssen im Rahmen der Regelungen des § 22 hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. (2) Die Höhe und die Form der Grabhügel und die Art ihrer Gestaltung sind dem Gesamtcharakter des Friedhofs, dem besonderen Charakter des Friedhofsteils und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. (4) Bei Grabstätten für Sargbestattungen dürfen die Beete nur bis zu 50% mit Platten oder sonstigen wasserundurchlässigen Materialien abgedeckt wer-

Teil 7: Anhang

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den; als abgedeckte Fläche ist auch die Grundfläche stehender und liegender Grabmale anzusehen. § 30 Pflege der Grabbeete (1) Kränze, Gestecke, Blumen oder sonstiger Grabschmuck dürfen nur aus verrottbarem und biologisch abbaubarem Material bestehen. (2) Die Verwendung von Torf und torfartigen Produkten zur Abdeckung der Grabbeete ist grundsätzlich nicht gestattet.

O. Friedhofssatzung der Stadt Landau/Pfalz vom 24.03.1987 § 18 Ehrengrabstätten Ehrengrabstätten sind Grabstätten, deren Anlage, Unterhaltung und Pflege ausschließlich der Stadt Landau i.d.Pf. obliegt. § 20 Allgemeines (1) Auf den Grabstätten können Grabmale errichtet werden. Diese sind so aufzustellen und instandzuhalten, daß die öffentliche Sicherheit auf den Friedhöfen nicht gefährdet wird. Auf jeder Grabstätte ist in der Regel nur ein Grabmal zulässig. (2) Es werden folgende Grabmalarten zugelassen: a) Grabkreuze, b) stehende Grabmale, c) liegende Grabmale, d) Pultsteine (liegende Steine, bei denen die abgeschrägte Oberfläche etwa 20° geneigt ist). § 21 Grabmalgestaltung (1) Die Grabmale sind so zu gestalten und instandzuhalten, daß sie der Würde des Friedhofs entsprechen und nach Größe, Form, Werkstoff, Farbe und Bearbeitung nicht verunstaltend wirken. Sie haben sich in das Gesamtbild des Friedhofs und die nähere Umgebung der Grabstätte einzufügen. (2) Nicht zulässig sind Grabmale und Schriftplatten aus Terrazzo, Beton, Porzellan, Glas, Blech, eloxiertem Metall, Tropfstein, echtem und nachgemachtem Mauerwerk, sowie Grabmale mit Farbanstrich. (3) Stehende Grabmale aus Stein - ausgenommen auf Urnen- und Kindergrabstätten - müssen mindestens 14 cm stark sein. Die Stärke des Materials muß in einem entsprechenden Verhältnis zur Höhe und Breite des Grabmals stehen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 22 Wahlmöglichkeit (1) Auf dem Hauptfriedhof werden Grabfelder mit und Grabfelder ohne besondere Gestaltungsvorschriften eingerichtet. § 23 Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften (3) Vorschriften fur die Grabfelder Ν und P: a) Es sind nur stehende Grabmale zulässig, die allseitig gleichwertig zu bearbeiten sind und in Form und Größe unterschiedlich sein sollen. d) Schriften, Ornamente und Symbole dürfen nur aus demselben Material wie dem des Grabmals bestehen. Sie müssen gut verteilt und dürfen nicht aufdringlich groß und nicht serienmäßig hergestellt sein. (4) Vorschriften für die Grabfelder 11, 12, 13 und für die Waldgürtel 11,12 und 13: d) Die stehenden Grabmale dürfen, ausgenommen sog. Stelen auf Grabstätten in den Waldgürteln, höchstens 1,20 m hoch sein. § 24 Grabfelder ohne besondere Gestaltungsvorschriften Grabmale in Grabfeldern ohne besondere Gestaltungsvorschriften unterliegen unbeschadet der §§20 und 21 in ihrer Gestaltung keinen besonderen Anforderungen.

§ 30 Allgemeines (1) Jede Grabstätte ist - unbeschadet der Vorschriften über Grabmale (§§ 2029) - so herzurichten und dauernd instandzuhalten, daß die Würde des Friedhofs gewahrt bleibt. Dies gilt entsprechend auch für anderen Grabschmuck. (2) Die Höhe und Form der Grabhügel und die Art ihrer Gestaltung sind dem Gesamtcharakter des Friedhofs, dem besonderen Charakter des Friedhofsteils und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten sowie öffentliche Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen. Bäume und großwüchsige Sträucher dürfen nicht angepflanzt werden. Grabgebinde aus Glas, Porzellen, Blech u.ä. sowie das Aufstellen von Bänken sind nicht gestattet. § 31 Einfassungen (1) Im Hauptfriedhof müssen die Einfassungen in der Regel eine Stärke von 6-8 cm aufweisen; die Höhe darf im Mittel 10 cm ab Erdgleiche nicht übersteigen. Die Einfassung darf die hintere Flucht des Grabmals nicht überschreiten. In Grabfeldern, in denen die Zwischenwege ganz oder teilweise mit Platten belegt sind, sind Einfassungen nicht erlaubt.

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Teil 7: Anhang

(2) In den Friedhöfen der Stadtteile richtet sich die Höhe und Stärke der Einfassungen nach den örtlichen Gegebenheiten. (3) Im übrigen gilt § 21 Abs.l und 2 entsprechend.

P. Friedhofssatzung der Stadt Leipzig vom 17./18.06.1992 § 21 Ehrengrabstätten, Grabstätten der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und besondere Grabstätten (1) Die Zuerkennung, die Anlage und die Unterhaltung von Ehrengrabstätten - einzeln oder in geschlossenen Feldern - obliegt ausschließlich dem Rat der Stadt Leipzig. (3) Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten der Stadt Leipzig werden in ein vom Friedhofs- und Bestattungsamt im Einvernehmen mit dem Kulturamt aufzustellendes und vom Rat der Stadt Leipzig zu beschließendes Verzeichnis aufgenommen. § 29 Planungs- und Gestaltungsvorschriften (2) Alle Grabstätten, Grabmale und gärtnerischen Anlagen sind - unbeschadet der besonderen Anforderungen der Ziffern 1. und 2. im Anhang für die Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften - so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. § 30 Wahlmöglichkeiten (3) Die Friedhofsverwaltung berät die Angehörigen über die sich aus den allgemeinen und den besonderen Gestaltungsvorschriften ergebenden Möglichkeiten und Verpflichtungen. § 34 Zustimmungsvorschriften (6) Als provisorische Grabmale können naturfarbene bzw. naturlasierte Holzkreuze bis zu einer Höhe von 0,60 m aufgestellt werden. Provisorische Grabmale dürfen nicht länger als 2 Jahre nach der Beisetzung verwendet werden. § 39 Schutz besonders wertvoller Grabmale Künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Grabmale, die für die Eigenart des Friedhofs von Bedeutung sind, unterstehen dem besonderen Schutz der Friedhofsverwaltung.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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§ 40 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 29 Abs.2 durch den Nutzungsberechtigten hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. (8) Dauergewächse werden mit dem Einsetzen Eigentum der Stadt Leipzig. Über die Entfernung oder sonst erforderliche Maßnahmen entscheidet die Friedhofsverwaltung.

§ 44 Zulassung und Pflichten der Gewerbetreibenden (1) Bildhauer, Steinmetze, Gärtner oder sonstige Gewerbetreibende bedürfen für die Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung, die gleichzeitig den Umfang der Tätigkeiten festlegt. V. Ordnung auf den kommunalen Friedhöfen der Stadt Leipzig C. Die Friedhöfe verkörpern in der Stadtlandschaft Leipzigs wichtige Biotopstrukturen, die aufgrund ihrer Naturausstattung bevorzugte und oftmals die letzten Rückzugsgebiete für bedrohte Tier- und Pflanzenarten darstellen. Es gilt vor allem, die auf den Friedhöfen vorhandene Arten- und Strukturvielfalt zu erhalten, indem eine Förderung des kleinflächigen und engverzahntebn Mosaiks von Rasen- und Wiesenflächen, Gehölzpflanzungen, Baumgruppen, Wegen und Wegerändern, von Efeugrabstätten und traditionellen Grabpflanzungen in breitem Spektrum, von Familiengrabstätten und Baulichkeiten sowie von Komposthaufen in entsprechenden Bereichen so erfolgt, daß eine differenzierte Pflegeintensität auf den Grabfeldern und den öffentlichen Anlagen möglich wird. In Abstimmung mit dem Naturschutzamt sind ökologisch verträgliche Naturschutzkonzeptionen für die kommunalen Friedhöfe zu erarbeiten, um folgende Belange zu berücksichtigen: - Ausweisung von Ruhezonen (z.B. über Zweifelderwirtschaft und Beruhigung von Randbereichen), - Ausweisung von zu schützenden Strukturen, - Erarbeitung von Pflegerichtlinien.

Anhang - Bestimmungen und Richtlinien für die Gestaltung der Grabstätten auf den kommunalen Friedhöfen der Stadt Leipzig A. Grabstätten mit besonderen Gestaltungsvorschriften 1. Grabmale

334

Teil 7: Anhang

(2) Für Grabmale dürfen Natursteine, Holz, Schmiedeeisen, Kupfer sowie geschmiedete und gegossene Bronze verwendet werden. In von der Friedhofsverwaltung festgelegten Abteilungen ist die Verwendung von Findlingen, Spaltfelsen und Kunststeinen zulässig. Grabmale aus Glas oder Kunststoff sowie Leichtmetallen oder Blechen dürfen nicht aufgestellt werden. (5) Auf Grabstätten fur Erdbeisetzungen sind stehende Grabmale aus Naturstein bis zu folgenden Größen zulässig: Höhe a) auf Reihengrabstätten

Breite

Mittelstärke

0,80 bis 0,40 bis ab 0,14 m 1,00 m

0,50 m

(7) Soweit es die Friedhofsverwaltung innerhalb der Gesamtgestaltung unter Beachtung der Ziffer 1. des Anhanges und unter Berücksichtigung künstlerischer Anforderungen für vertretbar hält, kann sie Ausnahmen von den Vorschriften der Abs.2 bis 6 und auch sonstige bauliche Anlagen zulassen. Sie kann für Grabmale und sonstige bauliche Anlagen in besonderer Lage über die Abs.2 bis 8 hinausgehende Anforderungen an das Material, den Entwurf und die Ausführung stellen. 2. Maße der Grabstätten und gärtnerische Gestaltung (6) Für die gärtnerische Herrichtung und Pflege sind folgende Maßgaben zu beachten a) Es dürfen nur Pflanzen in den Boden eingebracht werden, die die Nachbargrabstellen nicht beeinflussen. Das Pflanzen von Obstgehölzen ist nicht gestattet. c) Der Grabschmuck soll nur aus verkompostierbaren Materialien bestehen. B. Grabstätten ohne besondere Gestaltungsvorschriften 3. Grabmale und gärtnerische Gestaltung (1) Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung und Anpassung an die Umgebung keinen besonderen Anforderungen. Ausgenommen sind dabei die Vorschriften der Ziffer 1 Abs.2 Satz 3 des Anhangs. (2) Für die gärtnerische Gestaltung gelten als Mindestanforderungen die Vorschriften der Ziffer 2. Abs.6 Buchstabe a) und c) des Anhangs.

Q. Friedhofsordnung der Stadt Lörrach vom 03.02.1972 § 21 Allgemeine Gestaltungsvorschriften (1) Grabmäler und sonstige Grabausstattung müssen der Würde des Ortes entsprechen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

335

(2) Auf den Grabstätten sind insbesondere nicht zulässig: Grabmäler a) aus schwarzem Kunststein, Beton oder Gips, b) mit in Zement aufgesetztem figürlichem oder ornamentalem Schmuck, c) Farbanstrich auf Stein, d) mit Emaille, Porzellan oder Kunststoffen in jeder Form e) mit Lichtbildern, f) mit Firmenbezeichnungen; Firmenzeichen dürfen nur unauffällig und nicht auf der Vorderseite des Grabmales angebracht werden, (3) Abs. 2 gilt sinngemäß auch für sonstige Grabausstattungen. (4) Die Sockelhöhe des Grabmals darf 10 cm nicht übersteigen. Folgende Höhenbegrenzung der Grabmäler mit und ohne Sockel ist einzuhalten: a) Reihengräber 0,80-1,20 m (5) Liegende Grabmäler dürfen nur flach oder flach geneigt auf die Grabstätte gelegt werden; sie sind nicht in Verbindung mit stehenden Grabmälern zulässig. (6) Im Einzelfall können auf Antrag künstlerisch wertvolle Grabmäler ausnahmsweise zugelassen werden, auch wenn sie nicht den Anforderungen der Abs. 2-4 entsprechen; diesem Antrag ist außer den Unterlagen gemäß § 23 Abs.2 ein Modell beizufügen. (7) Grabeinfassungen jeder Art - auch aus Pflanzen - sind dann nicht zulässig, wenn die Grabfelder mit Flächengräbern angelegt werden. § 22 Grabfelder mit besonderen Gestaltungsvorschriften (2) Für Grabmäler dürfen nur Natursteine verwendet werden. § 28 Allgemeines (2) Alle Grabstätten müssen der Würde des Ortes entsprechend hergerichtet und dauernd gepflegt werden. Verwelkte Blumen und Kränze sind von den Gräbern zu entfernen und an den dafür vorgesehenen Plätzen abzulagern. (3) Die Höhe und die Form der Grabhügel und die Art ihrer Gestaltung sowie die Bepflanzung der Grabstätten sind dem Gesamtcharakter des Friedhofs, dem besonderen Charakter des Friedhofsteils und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. (4) Bei Plattenbelägen zwischen den Gräbern (Abs.l, § 21 Abs.7 und § 22 Abs.4) dürfen die Grabbeete nicht höher als die Platten sein. Die Grabstätten dürfen nur mit solchen Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die Platten oder Rasenflächen nicht beeinträchtigen.

Teil 7: Anhang

336

(9) Die auf den Gräbern angepflanzten Bäume dürfen nur mit Genehmigung des Bürgermeisteramts beseitigt oder verändert werden. Laub- und Nadelhölzer, die über 1,5 m hoch werden, dürfen auf Gräbern nicht gepflanzt werden.

R. Satzung über die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Stadt Magdeburg (Friedhofssatzung) vom 01.06.1991 § 16 Gestaltungsgrundsätze (1) Jede Grabstätte ist so zu gestalten und so der Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofs in seinen Einzelteilen und seiner Gesamtanlage gewahrt wird. (3) Grabstätten sind im Interesse eines würdigen Aussehens der Gesamtanlage zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu gestalten. Urnenstellen sind spätestens einen Monat nach der Beisetzung der Urne, Grabstätten, in denen Sargbestattungen vorgenommen wurden, spätestens 6 Monate danach würdig herzurichten. Diese Regelung trifft nicht für die Wintermonate zu, da in dieser Zeit Instandsetzungsarbeiten nur bedingt möglich sind. (5) Die Verwendung von Kunststoffen und sonstigen nicht verrottbaren Materialien in allen Produkten der Trauerfloristik und im Rahmen der Grabgestaltung sind zu vermeiden. (6) Für einzelne Grabfelder oder Friedhofsteile können besondere Gestaltungsvorschriften festgelegt werden. § 17 Gärtnerische Gestaltung (3) Auf den Pflanzflächen der Grabstätten dürfen keine Pflanzen verwendet werden, die sofort oder später benachbarte Grabstätten oder Wege beeinträchtigen. (4) Für die individuelle Ausgestaltung der Grabstätten wird auf folgende Grundsätze hingewiesen: - Vasen oder andere Gefäße für kurzlebigen Pflanzenschmuck sollen in Form, Material und Dekor der Würde des Ortes entsprechen, - die Verwendung von Konservengläsern, Blechdoesen u.a. friedhofsunwürdigen Materialien ist nicht statthaft, - das Ausgestalten der Grabflächen mittels Splitt, Kies o.ä. ist nicht gestattet, - Ausstattungselemente auf den Grabstätten sind ebenfalls zustimmungspflichtig, - Schutzhüllen über Grabmale sind untersagt, - verwelkte Blumen und anderer Abraum sind zu entfernen und auf ausgewiesenen Plätzen zu deponieren.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

337

§ 18 Grabmalbestimmungen (4) Zur Herstellung und Aufstellung von Grabmalen auf den städtischen Friedhöfen sind berechtigt: - Steinmetzbetriebe - Steinbildhauer - Holzbildhauer - Kunstschmiede - Bildende Künstler. Gewerbetreibende oder andere Personen, die nicht unter den § 6 6 dieser Friedhofsordnung einzuordnen sind, müssen eine Genehmigung bei der Friedhofsverwaltung beantragen. (12) Grabmale und bauliche Anlagen, die künstlerisch oder geschichtlich als wertvoll anerkannt wurden oder als besondere Eigenart des Friedhofs gelten, werden durch die Friedhofsverwaltung registriert. Sie dürfen ohne Zustimmung der Friedhofsverwaltung nicht entfernt oder verändert werden. (14) Pro Grabstätte ist nur ein Grabmal zulässig. Eine Vorlegeplatte ist nur in Ausnahmefällen auf Erdwahlstellen zulässig und bedarf ebenfalls der Zustimmung durch die Friedhofsverwaltung. (15) Für die Herstellung der Grabmale ist grundsätzlich wetterbeständiges Material zu verwenden. Dabei überwiegen traditionsgemäß Natursteine. Grabmale aus Holz oder Metall sind gestattet, wenn sie durch einen zugelassenen Kunsthandwerker bzw. Holzbildhauer angefertigt worden sind. (16) Aus gestalterischen Gründen sind Einschränkungen hinsichtlich des verwendeten Materials und der Gestaltung der Grabmalherstellung möglich. Sie werden in den Gestaltungsrichtlinien für Grabfelder festgelegt. (18) Die Grabmale sollen klare und damit zeitlose Formen aufweisen. Zu bevorzugen sind Rechtecksteine, Grabmale mit Rund- oder Korbbögen sowie Steine mit leichten Verjüngungen nach unten oder oben. Ihre Abmessungen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Grabfläche stehen. (19) Sockel für Grabmale sind nicht zulässig. Sie können zur Aufstellung des Grabmales bündig mit der Erdoberfläche gesetzt werden. Um einen möglichst optimalen Gestaltungseffekt zu erreichen, gelten folgende Richtwerte:

6 § 6 betrifft die gewerblichen Arbeiten auf dem Friedhof und sieht hierfür die vorherige Zulassung durch das Grünflächenamt vor. 22 Spranger

Teil 7: Anhang

338

Steinart

Stehende

Steine

Maße cm

Höhe

Breite

Liegende Steine

Grabstätte Ra

60-70

35-55

40-50

W

75-100

50-65

50-60

AR

/

/

30-40

AW

60-70

35-55

40-50

Die Mindeststärke bei liegenden Steinen sollte vorn 8 cm und hinten 12 cm und bei stehenden Steinen mindestens 12 cm betragen. Stehende Grabmale auf Aschenreihen sind nicht gestattet. (20) Die Bearbeitung der Grabmale soll werkgerecht, bei Weichgesteinen allseitig gleichwertig erfolgen. Bei Hartgesteinen ist die vorstehende Bearbeitung anzustreben, die Seitenflächen können in der nächstniedrigeren Bearbeitungsform, wie Ansichts- und Rückfläche gehalten werden. Einzelne Teile (Symbole, Ornament, erhabene Schrift) können durch gesteigerte Bearbeitung hervorgehoben werden. (21) Die Schriftanordnung und die verwendeten Sinnzeichen sollen klar auf die Aussage des Grabmales bezogen sein und dessen Größe und Form berücksichtigen. Auf dem Denkmalsantrag sind die Sinnzeichen anzugeben. Es ist erwünscht, auch die Rückseiten stehender Grabmale durch Symbole, Ornamente oder prägnante Inschriften zu gestalten. (22) Es wird empfohlen, alle Schriftarten und Sinnzeichen ausreichend tief bzw. erhaben zu arbeiten, so daß sie ohne farbige Tönung lesbar sind. Wenn dennoch gewünscht, ist sie passend zur Materialfarbe vorzunehmen. (23) Aus Gestaltungsgründen soll auf die nachstehend genannten Materialien, Formen und Bearbeitungsarten verzichtet werden: - grellweißes und schwarz poliertes Gestein - terrazzoartiger, geschliffener und schwarzer Betonwerkstein - zusätzliche bzw. aufgetragene Schmuckelemente - rohbossierte Flächen. Findlinge und Breitsteine sind nur an gesondert dafür ausgewiesenen Standorten aufzustellen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

339

S. Satzung über die Bestattungseinrichtungen der Landeshauptstadt München (Friedhofssatzung) vom 19.04.1990 § 26 Errichtung von Grabmalen (1) Der/die Nutzungsberechtigte an einem Familiengrab ist nur im Rahmen der Bestimmungen von Abschnitt V I dieser Satzung berechtigt, ein einzelnes Grabmal zu errichten. (3) Die Steinsockel und Namenszeichen an Urnenbestattungsplätzen mit Rahmenbepflanzung werden ausschließlich von der Friedhofsverwaltung angebracht. § 27 Gärtnerische Gestaltung der Gräber (1) In den städtischen Friedhöfen werden Grabstätten mit Grabhügeln, mit ebenerdigen Pflanzflächen und ohne Pflanzflächen ausgewiesen. Grabstätten ohne Pflanzflächen werden durch die Friedhofsverwaltung mit Rasen angesät. (2) Für Einzelgrabstätten in der Reihe gelten grundsätzlich folgende Höchstmaße einschließlich Grabdenkmal: a) Erdgrabstätten Länge

180 cm

Breite

75 cm

Höhe

15 cm

b) Urnengrabstätten Länge

120 cm

Breite

60 cm

Höhe

15 cm

Bei mehrfachen Grabstätten beträgt die Breite das Mehrfache der Einzelgrabstätten zusätzlich der Zwischenräume. (3) Jede Grabstätte muß spätestens 6 Monate nach einer Bestattung gärtnerisch in einer würdigen Weise angelegt und unterhalten werden. Die Gestaltung der Grabstätten ist dem Gesamtcharakter des Friedhofes, des Gräberfeldes und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Verwelkte Blumen und Kränze sowie Abfälle aus Kunststoff sind von den Gräbern zu entfernen und an den jeweils dafür vorgesehenen Plätzen getrennt abzulegen. (4) Benachbarte Gräber, öffentliche Anlagen und Wege dürfen durch die Anpflanzungen auf den Gräbern nicht beeinträchtigt werden. Anpflanzungen aller Art neben den Grabstätten dürfen nur von der Stadtgartendirektion ausgeführt werden. 2*

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Teil 7: Anhang

(5) Im Interesse der Würde des Friedhofes und einer harmonischen Gestaltung der Gräberfelder bzw. Urnennischen ist insbesondere nicht erlaubt: a) das Bestreuen der Grabstätten und der Räume zwischen den Grabstätten mit Sand, Kies und ähnlichem Material, das Auslegen von Platten aller Art; b) die Verwendung künstlicher Blumen und Pflanzen, das Abdecken von Grabstätten mit Folien oder Netzen; c) das Aufstellen von Blumenschalen mit einem Durchmesser von über 40 cm bzw. mehr als einem Viertel der Grabbreite; d) die Einfassung oder Einfriedung der Grabstätte in Gräberfeldern mit Gestaltungsvorschriften; e) das Schmücken von Urnennischen. Im übrigen gelten die „Hinweise zur Gestaltung der Grabanlage", die jedem Nutzungsberechtigten bei Erwerb des Nutzungsrechtes ausgehändigt werden. (6) Anpflanzungen mit Zwerggehölzen und anderen Gewächsen dürfen über die zulässigen Grabmaße und über die Höhe der Grabsteine nicht hinauswachsen. Größere Strauch- und baumartige Pflanzen und Bäume auf den Grabstätten drohen weitere Bestattungen zu beeinträchtigen, sie bedürfen der schriftlichen Bewilligung durch die Friedhofsverwaltung. (8) Die Pflege und Unterhaltung der Urnenbestattungsplätze mit Rahmenbepflanzung erfolgt ausschließlich durch die Friedhofsverwaltung. Eine zusätzliche Schmückung ist nicht gestattet.

§ 30 Gestaltungsgrundsätze für Grabanlagen Jedes Grabmal ist - unbeschadet der besonderen Anforderungen der §§ 35 und 36 - so zu gestalten, daß es der Umgebung entspricht und die Einheit der Gesamtanlage gewahrt bleibt. § 31 Provisorien Als vorläufiger Ersatz für ein Grabmal kann ein Provisorium aus Holz aufgestellt werden. Zugelassen sind nur die vom Grabmalamt vorgesehenen Grabzeichen. Diese werden von der Friedhofsverwaltung aufgestellt. Unansehnlich gewordene Provisorien werden von der Friedhofsverwaltung entfernt, frühestens jedoch 2 Jahre nach der Aufstellung.

§ 34 Abteilungen ohne Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale in den Abteilungen ohne Gestaltungsvorschriften unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen besonderen Anforderungen. Das Denkmal darf jedoch über die Grundfläche des

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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Grabhügels nicht hinausragen und die Durchführung von weiteren Erdbestattungen nicht behindern. § 36 Abteilungen mit zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (5) Für die Gestaltung von Steingrabmalen gelten folgende weitere Bestimmungen: c) Verzierungen und Zutaten aus einem anderen Material als dem des Grabsteines sind nicht zulässig. § 40 Wiederverwendung (2) An Grabstätten mit Grabmalen von geschichtlicher, künstlerischer, wissenschaftlicher oder volkskundlicher Qualität können im Interesse ihrer Erhaltung Nutzungsrechte mit Bedingungen und Auflagen neu vergeben werden, soweit die Friedhofsverwaltung über das Grabmal zu verfügen berechtigt ist.

T. Friedhofssatzung der Stadt Norden/Ostfriesland vom 17.12.1992 § 6 Gewerbliche Betätigung auf dem Friedhof (1) Steinmetze, Bildhauer, Gärtner und Bestatter bedürfen für die dem jeweiligen Berufsbild entsprechende gewerbliche Tätigkeit auf den Friedhöfen der vorherigen Zulassung durch die Friedhofsverwaltung. § 17 Ehrengrabstätten Die Zuerkennung, die Anlage und die Unterhaltung von Ehrengrabstätten (einzeln oder in geschlossenen Feldern) obliegt der Stadt Norden. § 19 Allgemeine Gestaltungsvorschriften (1) Jede Grabstätte ist - unbeschadet der Anforderungen für den Friedhof im Ortsteil Leybuchtpolder mit seinen zusätzlichen Gestaltungsvorschriften (§ 29) so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß der Friedhofszweck und der Zweck dieser Satzung sowie die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird. (2) Der Baumbestand auf den Friedhöfen steht unter besonderem Schutz, Bäume und Sträucher über 3 m Höhe dürfen nur beseitigt werden, wenn eine Gefährdung (absterbende Bäume oder ähnliches) von Grabstätten zu befürchten ist. Eine bloße Beeinträchtigung von Grabstätten durch Laub, Wurzelwerk, Schatteneinwirkung oder Früchte reicht fur einen Beseitigungsanspruch nicht

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Teil 7: Anhang

aus. Die Friedhofs Verwaltung kann den rechtzeitigen Schnitt von stark wucherndem Bewuchs auf den Grabstätten anordnen.

§ 21 Allgemeine Gestaltungsvorschriften (1) Die Grabmale und baulichen Anlagen unterliegen unbeschadet den Bestimmungen des § 19 in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen zusätzlichen Anforderungen. (2) Für die Grabmale und baulichen Anlagen dürfen nur solche Werkstoffe verwendet werden, die der Würde des Ortes und des Friedhofszweckes 7 entsprechen. Nicht zugelassen ist die Verwendung von Ersatzstoffen (z.B. Gips, Terrazzo), völlig ungewöhnlichen und völlig ungeeigneten Werkstoffen, sowie Kork, Tropf- und Grottensteine, Glas, Porzellan, Emaille, Blech, unbehandelte Metalle, Ölfarbenanstrich auf Grabsteinen und baulichen Anlagen sowie die Verwendung von aufdringlichen Farben. (4) Um eine Leichenverwesung innerhalb der Ruhezeit zu gewährleisten, ist eine vollständige Grababdeckung mit Platten oder anderen undurchlässigen Materialien unzulässig. (5) Die Mindeststärke der Grabmale beträgt ab 0,40-1,0 m Höhe 0,14 m, ab 1,00 m-1,50 m Höhe 0,16 m und ab 1,5 m Höhe 0,18 m.

§ 25 Unterhaltung (4) Künstlerisch oder historisch wertvolle Grabmale und bauliche Anlagen oder solche, die als besondere Eigenart eines Friedhofes erhalten bleiben sollen, werden in einem Verzeichnis gefuhrt.

§ 27 Herrichtung und Unterhaltung (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 19 hergerichtet und dauernd in Stand gehalten werden. Dies gilt entsprechend fur den Grabschmuck. Verwelkte Blumen und Kränze sind unverzüglich von den Grabstätten zu entfernen. (2) Die Gestaltung der Gräber ist dem Gesamtcharakter des Friedhofes und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflan-

7 Dies ist bereits eine gedankliche Fehlleistung: der Friedhofszweck als solcher besitzt keine Würde, allenfalls ist die Würde des Ortes Teil des Friedhofszwecks. Vgl. zur Problematik des Würdebegriffs im Friedhofsrecht: Teil 2, 1. Abschnitt, Α. V. 2. a. ee.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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zen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und Wege nicht beeinträchtigen. (8) Kunststoffe und sonstige nicht verrottbare Werkstoffe dürfen in sämtlichen Produkten der Trauerfloristik, insbesondere in Kränzen, Trauergebinden, Trauergestecken, im Grabschmuck und bei Grabeinfassungen sowie bei Pflanzenzuchtbehältern, die an der Pflanze verbleiben, nicht verwandt werden. Ausgenommen sind Grabvasen, Markierungszeichen und Gießkannen.

U. Satzung über das Bestattungswesen der Stadt Passau vom 31.03.1977 § 16 Pflege und Instandhaltung der Gräber (1) Grabplatz und Grabmal sind stets in einem sicheren und der Würde des Friedhofs entsprechenden Zustand zu erhalten. § 17 Errichtung von Grabmälern (1) Auf allen Grabplätzen dürfen Grabmäler nur im Rahmen der Bestimmungen der Grabmalordnung, die einen Bestandteil dieser Satzung bildet (Anlage 1 zu dieser Satzung) errichtet werden. § 19 Gestaltung der Gräber (2) Soweit Grabhügel zugelassen sind, (Friedhof Innenstadt, Ilzstadt, Hals) dürfen sie die in Abs. 1 genannten Höchstmaße nicht überschreiten. . Die Höhe der Grabhügel darf höchstens 30 cm betragen. (5) Jeder Grabhügel bzw. jedes Grabbeet muß auch gärtnerisch in einer würdigen Weise angelegt und unterhalten werden. Benachbarte Gräber dürfen durch Anpflanzungen nicht beeinträchtigt werden. (7) Das Anpflanzen ausdauernder Gehölze (überhohe Sträucher, baumartige Pflanzen, Bäume) auf den Gräbern bedarf der Genehmigung des Friedhofsamtes. Anlage 1 zur Satzung über das Bestattungswesen - Grabmalordnung für die von der Stadt verwalteten Friedhöfe § 4 Gestaltung (1) Jedes Grabmal muß für den betreffenden Grabplatz sowie zur Umgebung passen. Es darf den Friedhof nicht verunstalten, insbesondere nach Größe, Form, Stoff oder Farbe nicht aufdringlich, unruhig oder effektheischend wirken. Es darf nicht geeignet sein, Ärgernis zu erregen oder den Friedhofsbesucher im Totengedenken zu stören.

Teil 7: Anhang

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(2) Inhalt und Art der Inschrift müssen der Würde des Friedhofs voll entsprechen. Die Schrift muß gut eingeteilt und darf nicht aufdringlich sein.

§ 9 Schutz von wertvollen Denkmälern (1) Künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Grabdenkmäler stehen unter dem besonderen Schutz der Stadt und werden in einem Verzeichnis geführt.

V. Friedhofssatzung der Landeshauptstadt Saarbrücken vom 16.12.1975 in der Fassung der Änderung vom 16.02.1982 § 16 Ehrengrabstätten (1) Die Landeshauptstadt Saarbrücken kann Persönlichkeiten, die sich um sie besonders verdient gemacht haben, im Todesfall eine Ehrengrabstätte zuerkennen. § 17 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze Jede Grabstätte ist - unbeschadet der besonderen Anforderungen der §§ 19 und 27 für Abteilungen mit besonderen Gestaltungsvorschriften - so zu gestalten und so an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtlage gewahrt wird. § 18 Wahlmöglichkeit (1) Auf dem Hauptfriedhof, Waldfriedhof Burbach und dem Friedhof Dudweiler werden Abteilungen mit und Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften eingerichtet. (2) Es besteht die Möglichkeit, eine Grabstätte in einer Abteilung ohne besondere Gestaltungsvorschriften zu wählen. Wird von dieser Wahlmöglichkeit nicht bei der Anmeldung (§ 8 Abs.(l)) Gebrauch gemacht, hat die Beisetzung in einer Abteilung mit besonderen Gestaltungsvorschriften zu erfolgen. § 19 Abteilung mit besonderen Gestaltungsvorschriften (2) Für Grabmale sind nur die nachfolgenden Natursteine zugelassen. Feste Sandsteine in jeder Farbe, Muschelkalk, helle Granite, Travertin, farbiger Marmor, heller Blauberg, farbiger Dolomit, Findlinge nur an geeigneter Stelle. Außerdem sind Schmiedeeisen, massive Bronze und geeignete Holzarten in werkgerechter Bearbeitung zugelassen. (5) Im Rahmen nachstehender Höchst- und Mindestabmessungen werden in den Belegungsplänen für die Grabfelder jeweils die Höchst- und Mindestabmessungen für Grabmale besonders vorgeschrieben. A Reihengräber

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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Stehende Grabmale b) für Verstorbene über 5 Jahre: Höhe: 0,80 m bis 1,99 m, Breite: bis 0,55 m, Mindeststärke: 0,15 m. § 20 Abteilungen ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Grabmale unterliegen in ihrer Gestaltung, Bearbeitung und Anpassung an die Umgebung keinen besonderen Anforderungen. § 26 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 17 hergerichtet und dauernd instandgehalten werden. Dies gilt entsprechend für den übrigen Grabschmuck. (2) Die Höhe und Form der Grabhügel und die Art ihrer Gestaltung sind dem Gesamtcharakter des Friedhofes, dem besonderen Charakter des Friedhofsteiles und der unmittelbaren Umgebung anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und die Wege nicht beeinträchtigen. Aus den gleichen Gründen kann die Friedhofsverwaltung die vollständige oder teilweise Beseitigung von Pflanzen verlangen. (4) Die Herrichtung und jede wesentliche Veränderung - insbesondere das Entfernen von Bäumen und Sträuchern - bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Friedhofsverwaltung. Die Anträge sind durch die Verfügungsberechtigten zu stellen. Der Antragsteller hat bei Reihengrabstätten die Grabanweisung vorzulegen, bei Wahlgrabstätten sein Nutzungsrecht nachzuweisen. Soweit es zum Verständnis erforderlich ist, kann die Friedhofsverwaltung die Vorlage einer Zeichnung im Maßstab 1:20 mit den erforderlichen Einzelangaben verlangen. W. Friedhofssatzung der Stadt Stuttgart vom 19.12.1972 in der Fassung vom 14.12.1989 § 28 Besondere Grabstätten Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten und kulturell oder geschichtlich wertvolle Grabmale werden in ein vom Friedhofsamt im Einvernehmen mit dem Kulturamt aufzustellendes und vom Gemeinderat zu beschließendes Verzeichnis aufgenommen. § 29 Gestaltungsgrundsätze (1) Gräber und Grabmale sind so zu gestalten und zu unterhalten, daß sie sich in den jeweiligen Friedhof einfügen.

Teil 7: Anhang

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(2) Art, Größe und Aufstellung der Grabmale und der sonstigen Grabausstattungen sowie Art und Umfang der Grabbepflanzung richten sich nach den dieser Satzung als Anlage 2 beigefugten Bestimmungen und Richtlinien. Auf diesen Bestimmungen und Richtlinien fußen die für neue Grabfelder aufzustellenden Belegungs- und Grabmalpläne. (3) Um weitere Gestaltungsmöglichkeiten zu bieten, kann der Gemeinderat in Grabmal- und Bepflanzungsplänen besondere Bestimmungen über Art und Größe der Grabmale sowie über Art und Umfang der Grabbepflanzung erlassen. § 30 Beirat (1) Zur Beratung der Verwaltung in grundsätzlichen Fragen der Grabstättengestaltung ist ein Beirat zu bilden. (2) Der Beirat besteht aus je zwei Vertretern des Steinmetz- und Bildhauerhandwerks sowie der Friedhofsgärtner, ferner aus je einem Vertreter der freien Künstler, der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, der Holzbildhauer, der Kunstschmiede und Metallgestalter, der freien Garten- und Landschaftsarchitekten sowie der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche. Für jedes Mitglied wird ein Vertreter bestimmt. § 34 Grabeinfassungen (1) Grabeinfassungen und Grabeinfriedungen sind nicht zugelassen.

Anlage 2 zur Friedhofssatzung - Bestimmungen und Richtlinien für die Grabstättengestaltung 1. Allgemeines Die nachstehenden Bestimmungen und Richtlinien legen fest: 1.1 Art, Größe und Aufstellung der Grabmale sowie der sonstigen Grabausstattungen; 1.2 Art und Umfang der Grabbepflanzung. 2. Grabmale und Grabausstattungen 2.1 Grabmale müssen sich in die Art des Friedhofs bzw. des jeweiligen Gräberfeldes einordnen. Ihre Abmessungen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Grabfläche stehen. Die Grabmale sind allseitig gleichwertig zu entwickeln und körperhaft auszubilden. Es werden deshalb den einzelnen Grabmalarten entsprechende Rauminhalte für die Grabmale festgelegt. Aus bestattungstechnischen Gründen ist es erforderlich, einzelne Grabmalmaße zu begrenzen. Die Begrenzungen gelten auch für Grabmale aus Holz, Metall und anderen Werkstoffen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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2.2 Rauminhalte und Maßbegrenzungen 2.21-2.25 ... zu 2.21-2.25: Bei entsprechend gestalteten Grabmalen dürfen der Rauminhalt und die größte Ansichtsfläche um 5 % abweichen. Bei Grabsteinen auf mehr als zweistelligen Gräbern ist pro m 2 Fläche ein Zuschlag von 0,05 m 3 zum Rauminhalt zulässig. Die angegebenen Mindeststeinstärken müssen unbedingt eingehalten werden. Bei liegenden Grabmalen müssen 10 cm sichtbar bleiben. Die Grabmalhöhe wird vom Zwischenweg an gemessen. Für Erdbestattungsreihengräber können auch die Maße nach Nr. 2.21 gewählt werden. 2.3 Grabmale müssen mindestens 15 cm Abstand von den Grabkanten haben; bei mehrstelligen Gräbern verdoppeln sich die seitlichen Abstände. 2.4 Steingrabmale sollen stelenartig ausgebildet und mindestens 0,90 m hoch sein. 3. Werkstoff und Bearbeitung 3.1 Als Werkstoff für Grabmale sind vorzugsweise Naturstein, Holz oder Metall zu verwenden. Diese müssen einwandfrei beschaffen, materialgerecht verarbeitet, wetterbeständig und bruchsicher sein. Für ein Grabmal dürfen höchstens zweierlei Werkstoffe verwendet werden. 3.2 Steingrabmale sollen aus einem Stück hergestellt sein und dürfen keinen Sockel haben. 3.3 Felsbrocken sind nur bei entsprechender Bearbeitung möglich. Findlinge, d.h. durch Eis und Wasser geformte Natursteine, können im Rahmen der Tabelle 2.2 unverändert aufgestellt werden. 3.4 Grabmale sind, entsprechend der Werkstoffart, grundsätzlich wie folgt zu bearbeiten: Stein: rundum von Hand oder maschinell behauen. Dazu sind geschliffene oder feiner bearbeitete Flächen als Gestaltungsmittel möglich. Holz und Metall: In allen Bearbeitungsarten zulässig. Ein beständiger, materialgerechter Wetterschutz ist erforderlich, Lackanstriche sind nicht zulässig. 4. Form Die Form des Grabmals soll dem Material gerecht werden, einfach und ausgewogen sein. Die aufstrebende oder lagernde Grundform soll konsequent ausgebildet sein. Asymmetrische Formen ohne besondere Aussage sind zu vermeiden, eine Abstimmung des Grabmals auf die benachbarten Grabanlagen ist unerläßlich.

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Teil 7: Anhang

5. Schrift und Ornament 5.1 Schrift und Ornament sind als wesentliches Aussagemittel für die Gestaltung aller Flächen des Grabmals zu nutzen. Sie sind aus dem jeweils verwendeten Material zu entwickeln und in Größe und in Form auf die Flächen abzustimmen. 5.2 Schriften in Stein sind so zu bearbeiten, daß allenfalls eine leichte Tönung erforderlich ist. 5.3 Metallschriften eignen sich für alle Steinarten. Kupfer und dessen Legierungen können nur auf Hartgestein angewendet werden. 5.4 Aufgesetzte Metallschriften sollen zusammenhängend gefertigt sein. Einzelne Metallbuchstaben sind sorgfältig mit dem Schriftträger zu verbinden. 5.5 Bei Holz- oder Metallgrabmalen sind Schriften nur im oder aus dem Material möglich. 6. Sonstige Grabausstattungen 6.1 Grabausstattungen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zur Grabfläche stehen. Bis zu 0,25 m hohe Grablaternen und Weihwasserbecken können ohne Erlaubnis aufgestellt werden. 6.2 Einfassungen sind grundsätzlich nicht zulässig. Sofern Grababgrenzungen aus Platten nicht durch die Stadt verlegt werden, können die Grabnutzungsberechtigten entsprechende Arbeiten auf eigene Kosten durch Steinmetze und Bildhauer ausführen lassen. Dabei ist zu beachten: Material: Sandstein, rauhe Oberfläche; Plattenabmessungen: Mindeststärke 5 cm; mindestens 60 cm, höchstens 100 cm lang; in Querwegen 50 cm, in Längswegen 30 cm breit; Mähkanten: 5 cm stark, mindestens 20 cm hoch, Längen wie oben, bodeneben versetzt; Verlegung der Platten: 5 cm Sandbett (kein Betonfundament). Die Maße des Grabfeldes sind zu beachten. 9. Anlage und Bepflanzung der Grabstätten 9.3 Das Grabbeet ist ohne Hügel in der gleichen Höhe wie die umgebenden Wege bzw. das anschließende Gelände herzurichten. Bodenverbesserungsmittel sind in den Boden einzuarbeiten. Mit schwarzer Erde oder sonstigem Material bestreute Grabflächen gelten als nicht angelegt. 9.4 Grabstätten sind überwiegend flächenhaft zu bepflanzen. Größere Gehölze, Rosen und Stauden sind sparsam zu verwenden. Es sind nur Pflanzen zulässig, die durch ihre Breite und Höhe die Nachbargräber und den Betriebsablauf nicht beeinträchtigen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

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9.5 Rasen als Grabbepflanzung ist möglich, wenn dieser regelmäßig geschnitten und gepflegt wird. 9.7 Über 1,5 m hohe Gehölze dürfen die Grabnutzungsberechtigten, bei Reihengräbern die Angehörigen der dort bestatteten Toten nicht ohne Zustimmung der Stadt von den Grabstätten entfernen. Wenn solche Gehölze stören oder die Verkehrssicherheit gefährden, kann sie die Stadt ohne weiteres entfernen oder, wenn möglich, zurückschneiden. 9.9 Platten auf Einzelgräbern sind nur als Unterlage für Schalen zugelassen; sie müssen aus Naturstein sein. Auf mehrstelligen Gräbern sind bis zu drei Schrittplatten aus Naturstein möglich. 9.10 Gräber dürfen weder mit Kies oder Sand bestreut noch mit Hecken umgeben werden. 10. Pflege der Grabstätten 10.2 Die Wege dürfen nicht mit Kies, Splitt oder ähnlichem Material bestreut werden. 10.3 Gräber können mit Kränzen, bepflanzten Schalen, Topfpflanzen und Schnittblumen geschmückt werden. Störende Kunststoffteile können entfernt werden; Anspruch auf Ersatz besteht nicht.

X. Friedhofssatzung der Stadt Trier vom 25.09.1964 in der Fassung vom 02.07.1983 § 16 Ehrengrabstätten Ehrengrabstätten sind Grabstätten, welche für verdiente Personen vergeben werden. § 17 Allgemeine Gestaltungsvorschrift Jede Grabstätte ist so zu gestalten und an die Umgebung anzupassen, daß die Würde des Friedhofes in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird.

§ 19 Friedhofsteile mit besonderen Gestaltungsvorschriften für Grabmale (3) Bei der Gestaltung und Bearbeitung ist folgendes zu beachten: d) Nicht zugelassen sind alle nicht aufgeführten Materialien, Zutaten, Gestaltungs- und Bearbeitungsarten, insbesondere Kunststein, Glas, Emaille, Kunststoff, Lichtbilder, Gold, Silber und aufdringliche Farbigkeit.

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Teil 7: Anhang

§ 25 Allgemeines (1) Alle Grabstätten müssen im Rahmen der Vorschriften des § 17 hergerichtet und dauernd instand gehalten werden. Dies gilt entsprechend für den Grabschmuck. Verwelkte Blumen und Kränze sind unverzüglich von den Grabstätten zu entfernen und an den dafür vorgesehenen Plätzen abzulegen. (2) Die Höhe und die Form der Grabhügel sowie die Art ihrer Gestaltung sind dem Gesamtcharkter des Friedhofes, dem besonderen Charakter des Friedhofsteils und des jeweiligen Grabfeldes anzupassen. Die Grabstätten dürfen nur mit Pflanzen bepflanzt werden, die andere Grabstätten und die öffentlichen Anlagen und Wege in ihrer zweckentsprechenden Benutzung und Gestaltung nicht beeinträchtigen.

§ 27 Friedhofsteile ohne besondere Gestaltungsvorschriften Die Herrichtung der Grabstätten unterliegt nur den allgemeinen Anforderungen gemäß § 17.

Y. Ortssatzung über das Friedhofs- und Bestattungswesen in der Landeshauptstadt Wiesbaden (Friedhofssatzung) vom 03.09.1992 § 7 Ausführung von gewerblichen Arbeiten (1) Alle gewerblichen Arbeiten sind unter Wahrung der Ruhe und Würde des Friedhofes auszuführen.

§ 15 Ehrengräber Personen, die sich um die Landeshauptstadt Wiesbaden besonders verdient gemacht haben, können Ehrengräber zuerkannt werden.

§ 24 Aufstellung und Unterhaltung von Grabmalen und Grabanlagen (1) Grabmale und Grabanlagen sind nach den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik und des Handwerks so auszuführen und zu unterhalten, daß der Friedhofszweck sowie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleistet sind. § 25 Ausführung der Grabmale und Grabanlagen (1) Grabmale sind in Form und Werkstoff so zu gestalten, daß sie dem Friedhofszweck entsprechen und sich harmonisch in die Umgebung einfügen. Sie müssen den für die einzelnen Abteile festgelegten Gestaltungsbestimmungen entsprechen, die den folgenden allgemeinen Regelungen vorgehen.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

351

(2) Das Anbringen von Lichtbildern, Perlenkränzen, Glas-, Porzellan- und Blechgegenständen ist nicht zulässig. Gleiches gilt für Vorrichtungen zum Schutz gegen die Wegnahme von Grabmalen oder sonstigen Einrichtungen. (3) Nach der Bestattung wird den Nutzungsberechtigten eine Grablagenbescheinigung mit Hinweisen für die Grabgestaltung ausgehändigt. § 26 Abmessung von Steingrabmalen (1) Für Steingrabmale gelten die nachstehend (Höhenmaße ab Oberkante Zwischenweg):

aufgeführten

Maße

a) Erdreihengräber für Erwachsene Höhe

0,85 m-1,20 m

Breite

0,45 m-0,65 m

Stärke

0,12m-0,20m

e) einstellige, reihenweise angelegte Urnenwahlgräber Höhe

0,65 m-0,95 m

Breite

0,40 m-0,70 m

Stärke

0,10m-0,16m

Der Sockel darf die Grabmalbreite nicht mehr als 5 cm auf beiden Seiten, die Grabmalstärke nicht mehr als 5 cm nach vorn und 1 cm nach hinten überschreiten. f) sonstige Urnenwahlgräber Höhe

0,65 m-0,95 m

Breite

nach Grabbreite

Stärke

0,12m-0,20m

Der Sockel darf die Grabmalbreite nicht mehr als 10 cm auf beiden Seiten und die Grabmalstärke nicht mehr als 5 cm nach vorn und 1 cm nach hinten überschreiten. (2) Für Metall-, freistehende Steinkreuze und Stelen sowie Grabmale auf größeren Haingräbern gelten die vorstehenden Höhenmaße nicht. Freistehende Steinkreuze sind auf einem höchstens 0,50 m hohen Sockel anzubringen. Sie müssen ein dem Steinmaterial angemessenes Verhältnis zwischen Höhe und Stärke aufweisen. Stelen für einstellige Gräber sollen möglichst einen quadratischen Grundriß und nicht über 25 χ 25 cm Grundfläche haben. Für mehrstellige Gräber können die Maße entsprechend der Formgebung überschritten werden. (3) Das Grab darf nur bis zu 40 % seiner Fläche mit liegenden Grabmalen und Einfassungen, Steinplatten oder anderen luft- und wasserundurchlässigen Werkstoffen abgedeckt werden. Verbleibt zwischen dem liegenden Grabmal

352

Teil 7: Anhang

und der Einfassung ein Pflanzstreifen, so muß dieser mindestens 0,15 m betragen. Das liegende Grabmal muß aus einer Einheit bestehen. (4) Pultsteine als Grabmale, deren Schriftfläche sich in einem Winkel zwischen 30-50 Neugrad zur Bodenfläche befindet, dürfen eine Grundfläche von 0,25 χ 0,65 m und eine Höhe von 0,40 m bei einstelligen Gräbern nicht überschreiten. Pultsteine bei mehrstelligen Gräbern haben eine Grundfläche von bis zu 0,25 qm und eine Höhe bis zu 0,40 m. (5) Zusatzstücke dürfen 15 % der noch vorhandenen Grabfläche nicht überschreiten. Pultsteine und Schriftplatten sind als Zusatzstücke nicht vor liegenden Grabmalen zu verlegen. Liegende Grabplatten müssen mindestens 8 cm stark sein; im Schriftbild können sie ein leichtes Gefälle aufweisen. (7) Für Grabmale zwischen vorhandenen Wahlgräbern können Ausnahmen unter Größenanpassungen an die Grabmale und Einfassungen in unmittelbarer Nachbarschaft zugelassen werden. § 27 Material und Gestaltung von Grabmalen und Grabanlagen aus Stein (1) Als Material für Steingrabmale und sonstige Grabanlagen aus Stein sind wetterbeständiger, bearbeiteter Naturstein sowie Kunstwerkstein zugelassen, der aus reiner Natursteinkörnung hergestellt und handwerksmäßig bearbeitet ist. Rohe Felsen und Findlinge sind in Nachbarschaft bearbeiteter Steine nicht zugelassen; sie dürfen nur in den hierfür vorgesehenen Abteilen oder auf Grabstätten in Einzellage aufgestellt werden. Verboten sind insbesondere: a) die Verwendung von Tropfsteinen, Beton Terrazzo, Ziegelmauerwerk, Blech und Kunststoff; b) Porzellan- und Gipsfiguren sowie Glasplatten; c) jede nicht materialgetreue Bearbeitung von Steinen, eine Nachahmung von Mauer- und Steinfiigen, Quadern, Felsen und Holz sowie Farbanstrich; d) Inschriften, die der Würde des Friedhofs widersprechen; e) geblasene Schrift und Ornamente sowie Emaille- und Blechornamente; f) Wetterschutzvorrichtungen für Grabmale aus Stein und Metall. (2) Sockel und Grabmale müssen aus dem gleichen Werkstoff hergestellt sein; insbesondere dürfen unter Natursteingrabmalen keine Kunststeinsockel angebracht sein. § 28 Holz- und Eisenkreuze (1) Holz- und Metallkreuze sowie andere entsprechende Schmiedearbeiten dürfen auf Erdgräbern bis 1,4 m, auf Urnengräbern bis 1,00 m hoch sein. Auf einstelligen Gräbern darf die Breite 0,65 m nicht überschreiten.

3. Abschnitt: Kommunale Friedhofssatzungen

353

(2) Holzkreuze sind naturlasiert zu behandeln. (3) Eisenkreuze und sonstige Schmiedearbeiten dürfen nur in dunklen Tönen gehalten, insbesondere auch nicht gold- oder silberbronziert werden. Sie dürfen keine vorstehenden Spitzen und Haken aufweisen. § 29 Einfassungen (1) Einfassungen können aus bearbeitetem Naturstein oder Kunstwerkstein bestehen, nicht jedoch bei Harn- und Nischengräbern sowie bei sonstigen Gräbern in Einzellage. Nicht zulässig sind insbesondere Einfassungen aus polygonalen und losen Steinen (Felsbrocken), Betonkanten, Eternit, Ziegeln, Holz, Kunststoff, Eisengittern und Ketten. Ausnahmen für die Verwendung von losen Steinen (Felsbrocken) sind bei Wahlgräbern, für die Findlinge zugelassen werden, möglich. (2) Die Längen- und Breitenmaße der Gräber richten sich nach den Angaben in den Belegungsplänen. (3) Bei Erdreihengräbern können Einfassungen bis zu 8 cm, bei Erdwahlgräbern bis zu 10 cm stark, im Mittel über dem Boden bis zu 10 cm hoch sein. Abweichend hiervon dürfen die Einfassungen bei Kindergräbern jedoch ebenso wie bei Urnengräbern nicht stärker und höher als jeweils 5 cm sein. (5) Ausnahmen können insbesondere zugelassen werden a) bei größeren Wahlgrabstätten, wenn die Steineinfassung Bestandteil des Grabmales ist; b) bei Wahlgräbern mit Findlingen oder Quarzsteinen als Grabmalen; c) sofern sich die Grabstätte außerhalb der Reihe in besonderer Lage befindet. § 30 Bänke und Stühle Bänke und Stühle, auch sogenannte Pilze, dürfen auf Gräbern und in den Wegen nicht aufgestellt werden. Dies gilt jedoch nicht für Sitzgelegenheiten auf Wahlgrabstätten, die - insbesondere aufgrund ihrer Form- und Farbgebung - als ergänzende Bestandteile des Grabmals anzusehen sind und nicht auf der übrigen Grabfläche stehen. § 31 Gärtnerische Gestaltung (1) Alle Grabstätten, einschließlich unbelegter Wahlgräber, sind bis zum Ablauf der Nutzungsfrist in einer der Würde des Friedhofes angemessenen Weise und - falls die Friedhofsverwaltung solche erlassen hat - entsprechend besonderer Bepflanzungsvorschrifiten gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten. (3) Zur Bepflanzung sind nur geeignete, möglichst niedrig wachsende, perennierende Pflanzen zu verwenden, die zugleich durch ihre Höhe und Breite nicht die benachbarten Gräber beeinträchtigen. Bäume und Sträucher sind auf 2

Spranger

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Teil 7: Anhang

Anordnung der Friedhofsverwaltung fachgerecht zu schneiden oder zu beseitigen. Die Abdeckung der Grabbeete mit Kies, Splitt und Beton ist unzulässig. (6) Unwürdige Blumengefäße (Konservendosen usw.) dürfen nicht aufgestellt werden. Gießkannen und Werkzeuge sind an nicht sichtbarer Stelle unterzubringen. Verwelkte Blumen und Pflanzen sind unverzüglich zu entfernen. § 32 Zwischenwege (1) Zwischenwege befinden sich an den Seiten der Gräber, nicht vor und hinter diesen. Sie dürfen grundsätzlich nur mit Porphyrsplitt der Körnung 3/5 höhen- und anschlußgerecht versehen werden. (2) Zwischenwege dürfen unter folgenden Voraussetzungen auch mit Trittplatten befestigt werden: a) Das Einverständnis der Nutzungsberechtigten der Nachbargrabstätten liegt vor. b) Als Material werden nur rutschfeste Natur- oder Kunststeinplatten verwendet. c) Die Platten werden standfest ohne Stolperkanten auf Sand verlegt. d) Die Zwischenwege werden nur zu zwei Dritteln mit Trittplatten belegt und die Restflächen wasserdurchlässig mit Porphyrsplitt 3/5 abgedeckt. e) Weisen die Zwischenwege mehr als 7 % Gefälle auf, können die Trittplatten auch auf Beton Β 15 verlegt werden. (3) Bei Gräbern ohne Einfassung können die Zwischenwege auch ganz mit Trittplatten abgedeckt werden.

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beleidigende Äußerungen / Grabgestaltungen 111; 116; 117 ff.; 281 ff. Benutzungsdauer 216 Benutzungszwang 31 ; 39; 43; 51 ; 64; 66; 86; 91; 125; 146; 154; 191 Bepflanzung 164; 178; 180; 183; 192 ff.; 199 Beratungspflicht 224 ff.; 231 ; 233; 239 beredtes Schweigen 230 berufsregelnde Tendenz 196 ff. Berufsfreiheit 195 ff. Besitzstörung 86 besonderes Gewaltverhältnis 59; 60; 123 f. Bestandteil, wesentlicher 142 f. Bestattungsanspruch 66; 86 Bestattungsort / Beisetzungsort 92; 177 Bestimmtheitsgrundsatz 280 Betonwerkstein 160 Bildhauer 136; 186; 190 Bindung an den Ortsteil 207; 212 ff. Blechschilder 160 Bodenbeschaffenheit 176 Brauchtum 72; 104 f.; 135; 160 ff. Bronze 160; 173; 179 Buchsbaum 23 Buddhismus 99 Bundesrecht 134 f.; 254 f. Carraramarmor 160 Cassis des Dijon 166 f. Christentum 23; 76 f.; 99; 171 Cristallinomarmor 160

Sachverzeichnis

Daseinsvorsorge 30 Dassonville 166 f. Décret du 23 prairial XII sur les sépultures 27 f. Delegation der Grabfeldeinteilung 208; 218 ff. Denkmalschutz 46 f.; 168; 180 Deutsche Demokratische Republik 29 f.; 289 Dispens 91; 186 f. Drei-Felder-System 271 ; 274 ff. Drittwirkung der Grundrechte 87 Durchschnittsempfinden / Durchschnittskriterium 55 ff.; 69 ff.; 276 f.; 281

Efeu 23 Ehrengrabstätten 78 ehrliches Begräbnis 86 Eigentumsgarantie 141 Eigentumsverhältnisse - an der Grabstätte 141 f. - am Grabstein 142 ff. - an der Grabbepflanzung 142 ff. Einfassungen 84; 142 ff; 160; 183; 195; 199; 203; 244 Eingriffssatzung 51 Einigungsvertrag 29 Elternrecht 251 ff. EMRK 135 Enteignung 151 f. Entfernung zum Grab, unzumutbare 209 ff. Entfernung - einer Einfassung 144 - einer Inschrift 117 ff. - eines Baumes / Strauches 193 - eines Grabdenkmals 144 Entschädigung 151 f. Erbbegräbnis 36; 141 f. Erholungsgebiet 71; 84

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Erlaubnisvorbehalt s. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Ermächtigungsgrundlage 43 ff Ermessensspielräume 40; 156; 159; 250 Erstbelegung / Erstbeleger 96 ff. Europäisches Gemeinschaftsrecht 30; 166 ff. Fahrniseigentum 151 Faksimileschrift 160 faktischer Zwang 214 ff. Familienrecht 251 ff. Farbe / farbliche Gestaltung 84; 146; 148; 159 f.; 168 ff.; 189; 241; 262 Fehlgeburten 26; 247 ff. Feuerbestattung 129; 131 f.; 135 Feuerbestattungsgesetz 29 Förderung des Anstaltszwecks 145 f. Fötus 250 f. Formgebung 109 f.; 115; 159; 189 Fotografien s. Lichtbilder freie Persönlichkeitsentfaltung 49; 53 ff. Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses 103 Freiplastiken 160 Friedhof - Definition 35 f. - als öffentliche Einrichtung 35; 157 - als öffentliche Sache 35 - privater 36 f. - konfessioneller 37 f. Friedhofs- benutzer 32; 56; 61; 70; 153; 159; 171; 182; 191; 217; 221; 226 - besucher 69 ff.; 146; 155; 185; 202; 237 - engel 25 -gärtner 136 ff.; 150; 194 - planung 210 - grundstück 142; 148; 149; 185; 195 f. -Ordnung 31 f.; 109; 120; 162

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Sachverzeichnis

-träger 27 ff.; 31 ff.; 35 ff.; 40 ff.; 99 f.; 154 ff. -wege 185 -zweck 67 ff.; 110; 125; 128; 140;

Gemeinwohlerfordernis 152; 202 Genehmigungspflicht 110 f.; 120; 144; 146; 148 f.; 190; 193 f. genius loci 165

145 ff.; 153; 155 ff.; 158 ff. Friedhofssatzungen -Bamberg 303 ff. -Bonn 306 ff. -Bremen 308 ff. -Chemnitz 310 f. -Coburg 311 f. -Cochem 313 ff. -Daun 315 f. -Dortmund 316 ff. -Düsseldorf 318 ff. -Erfurt 321 ff.

Gesamtcharakter 61; 69; 77 ff.; 88 Gesetzgebungszuständigkeit 254 Gesetzmäßigkeitsprinzip 151 f. Gestaltungsvorschriften

- Frankfurt am Main 324 f. -Görlitz 325 ff. -Kiel 327 f. -Köln 329 f. -Landau/Pfalz 330 ff. - Leipzig 332 ff. -Lörrach 334 ff. - Magdeburg 336 ff. -München 339 ff. -Norden/Ostfriesland 341 ff. - Passau 343 f. - Saarbrücken 344 f. -Stuttgart 345 ff. -Trier 349 f. -Wiesbaden 350 ff. Fundamentierung 186; 264 f.

Gewerbetreibende 32 f.; 190; 194 ff. Gewissensfreiheit 106 f. ; 109 Gewohnheitsrecht 28; 36; 47; 48; 56; 58 Glaubensfreiheit s. Religionsfreiheit Gleichbehandlungsgrundsatz 96; 98; 105 Gleichheitssatz 96 ff. Gleichwertigkeit der Grabfelder -qualitative 214 ff. -quantitative 214 ff. Grab-

Gärtnerische Anlage 74; 137 ff.; 150 Garten- und Parkfriedhöfe 27; 244 Gebühren 131; 216 f. Geldleistungspflichten; öffentlich-rechtliche 138; 141; 150 Gemeinderat 80 Gemeinschaftsgebundenheit 76; 91 Gemeinschaftsgedanke 63; 75 ff.

- allgemeine 33; 53 ff. - besondere 33 -zusätzliche 33; 153 ff. Gestecke 255; 258 Gesteinsarten 164 ff.; 195 Gesundheitswesen 30 Gewerbebetrieb; eingerichteter und ausgeübter 203; 204 ff.

- abdeckplatten 45; 75; 96; 98; 175 ff.; 195; 197; 199; 202; 205 - bepflanzung 84; 129; 138 ff.; 149 ff.; 164; 178; 183; 192; 193; 241 - inschriften 86; 104; 107; 108 f.; 110 f.; 115 ff.; 146 -kreuz 99; 101; 117; 170; 177 ff. -leuchten 258 - malsgröße 131; 132 f.; 182 ff.; 185 -Stättengröße 130; 131 ff. - stelle /-Stätte 36 Gräbergesetz 30 Größenbeschränkungen 99; 129 ff.; 182 ff. Grünflächenfunktion 178; 260 f.

Sachverzeichnis

Grün- und Erholungsfläche 71 ; 84 f. ; 260 Grundrechtsdimensionen; subjektive 272 ff. Grundrechtskollision 87; 103; 125 Grundrechtsträgerschaft des Menschen 249 Heimischer Stein 164 ff. Herkommen 56; 121; 147 ff.; 160 f. Hinweis auf Wahlmöglichkeit 208 ff.; 218; 223 ff. Höhenbegrenzungen 183 f. hydrogeologisches Gutachten 176 f. Hygiene 28; 31; 38; 76; 90 f.; 101; 175; 202:210; 248; 274; 278 Immergrün 23 individuelle Totenehrung 82 ff. Industrie-Grabmal 180 f. ; 199 Inhalts- und Schrankenbestimmungen 144 f.; 149 ff.; 203 Inschriften 86; 104; 107; 108 f.; 110 f.; 115 ff.; 146 Instandhaltung 193 Instandsetzung 144; 146; 148 f. Interessenverbände 162; 194 Junktim-Klausel 152 juristische Personen als Nutzungsberechtigte 32 Kapazitäten 215 Kantenstein 160 Kastenschrift 160 Kaufgräber 216 Kenotaphien 23 Kirchen 59 ff.; 76 f.; 100; 105 Kleinkindersärge 249 Kolumbarien 133 Kombinationsverbot 178 f. Koran 103 f.

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Kränze 133 f.; 255; 258 Kreditgefährdung 86; 117 f. Kriegsgräber 29 Kruzifix 99 Kunstfreiheit 109; 121 ff. Kunststein 160; 190 Kunststoffverbot 160; 255 ff. Laasamarmor 160 Landesbauordnung 45 Landesrecht 67; 131; 135 Landeszuständigkeit 258 Landschaftsbild 165; 173; 212 Lavakrotzenstein 160 Leichenbestatter 147 Leichenbestattung, angemessene und geordnete 59; 62; 67; 158; 163; 175; 243;259 Leichtmetalle 160 Leitfriedhöfe 163 Lichtbilder 160; 174 f.; 189 Marterl 160 Maßgeblichkeit kraft Repräsentation 80 Material wähl 109; 116 Meinungsfreiheit 96; 107 ff. mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen 166 ff. Menschenwürde 89 ff.; 132; 161; 201; 233; 245; 246; 249 ff.; 268; 276 - des ungeborenen Lebens 249 ff. - des Verstorbenen 92 ff. Minderheitenschutz 75; 173 Mindeststärke 186 Mindeststandard 53; 91; 153 mittelbare Grundrechtsbetroffenheit 196 ff. Monopolfriedhof 105 Monopolstellung 57; 64; 66; 86; 125; 195; 225; 236 Moslems 103 ff.

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Münchener Waldfriedhofsordnung 28; 289 ff. Mustersatzungen 162 f.; 279; 296 ff. - des Deutschen Städtetages vom 13.6.1983 296 ff. - des Deutschen Städte- und Gemeindebundes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 8.2.1989 279; 299 ff. Nachträgliche Beschränkung der Gestaltungsfreiheit 206; 234 ff. Naidia 23 Naturalrestitution/Natural leistungspflicht 119;151 Naturstein 164; 170 Nordamerika 27 Normadressaten 126 f. ; 154 Normklarheit 126 ff.; 192 f. Normkomplexe, Verweigerung von 106 ff. Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers 144 Öffentliche Ordnung 280 ff. öffentliche Sicherheit 185; 195; 202; 278 ff.; 281 ff. öffentliche Wege 32 Ökologie 84 f.; 244; 260 f. ökologische Nische 85 offenkundige Störung 80 f. ordentliche Gerichte 119 f. ; 283 Ordnungsbewahrungspflicht 278 Organentnahme 95 Ornamente 112; 160; 178; 179; 180; 181 Parzellenscharfe Festlegung 218 ff. Persönlichkeitsentfaltung s. freie Persönlichkeitsentfaltung Persönlichkeitskerntheorie 55 ff. Persönlichkeitsrecht, zivilrechtliches 118 ff.

personenstandsrechtliche Standards 247 ff. Personenwert 82 Pfändbarkeit von Grabsteinen 93; 148 Pflanzen 137; 139; 143; 150 f.; 164; 241 Pflanzenschutzmittel 253 Pflichtaufgabe der Gemeinden 30 f. Pflicht zur regelmäßigen Grabpflege 209 Pietät 59; 67; 82 f.; 145; 147; 158; 175; 244;252 Planungsermessen 50 f. Plastik s. Kunststoffverbot Politur 34; 160; 168 ff. Porzellan 160 postmortale Wirkung von Grundrechten 92 ff. potentielle Gestaltungsrechte 240 f. provisorische Grabmale 261 ff. Rasenfläche 89; 139 Realakt 148 Recht der Wirtschaft 256 f. Rechtsstaatsprinzip 62; 126 ff.; 136 f.; 188 f.; 192; 203; 221; 232; 237; 258; 280 regionale Besonderheiten 72; 135; 160 ff.; 184 Reichsgericht 59; 147 Reihengrabstätte 36; 94; 129; 130; 132; 142; 183; 184;216 Religionsfreiheit 96; 98 ff.; 135 Religionsgesellschaft 77; 91; 93; 98 ff.; 120 res extra commercium 142 res mixtae 37 res religiosae 146 f. Rheinisch-französisches Recht 27 f. Richtlinien des Reichsministers des Innern für die Gestaltung des Friedhofs 29; 164; 291 ff. Rüttelprobe 185

Sachverzeichnis

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Ruhefrist 143; 176

statusbildende Normen 42

Sachgüterwert 82

Steinmetze 136; 186; 194; 196; 197; 198;203;204 subjektive Rechte Dritter 85 ff. Subsidiaritätsprinzip 31 Symbole 111 f.; 160; 174; 178 ff.; 189 Symbolik 101; 109; 171

Steingut 160 Sachverständigenurteil 60 ff.; 79 ff.; 137 Säkularisierung 61; 77; 99 Satzung 32 f.; s. auch Friedhofsordnung; Friedhofssatzung Satzungsautonomie 40; 44; 271 Satzungsermessen 92; 159; 271 Scheinbestandteil 142 f. schickliche Beerdigung 44 Schicksalsgemeinschaft der Toten 79; 84; 91 Schönheit 59; 62; 68 Schrankentrias 65; 88 Schutzpflichten, staatliche 94; 259 f. Schutzwürdigkeitstheorie 60 schwarze Steine 34; 54 ff.; 105; 168 ff. Selbstprogrammierung, administrative 50 f. Selbstverständnis der Kirchen 100 Selbstverwaltung / Selbstverwaltungsrecht 28; 40 ff.; 209 Sepulcra 23 sepulkrale Kunst 121; 125 serienmäßige Ware, Verbot 160; 179 ff. Simultanfriedhof 38 Sitte 104; 147 f. sittenwidriges Rechtsgeschäft 148 Skulptur 99; 101; 122; 189 Soldatenfriedhof 29; 77; 83; 192 Sondergräber 36 Sondermüll, Frühgeburt als 250 Sonderrechtsverhältnis 33; 41; 60; 123 f.; 200 Sonderverordnungen 221 f. Sozialbindung des Eigentums 46 Sozialstaatsprinzip 58; 62; 273 Spaziergänger 32; 71; 72; 84; 178 Spiegelung 168 ff. Standsicherheit 149; 186; 202

Totenehrung 27; 32; 57; 61 ff.; 72; 83 ff.; 92; 101; 108; 126; 132 ff.; 158; 161; 170; 175; 177; 178; 181; 189; 209; 241; 244; 248; 250 ff.; 265; 267; 268; 270 Totenfürsorge 87; 93. Totenruhe 155; 211; 233; 240; 244 ff. Totgeburten 247 ff. Trauerfloristik 253; 259 Treu und Glauben 88; 231 f. Tropfstein 160 Übergröße 182 f.; 279 überwirkender Bestandsschutz 240 f. Umbettung 240; 244 ff. Umgebung 46; 53; 69; 77; 86; 88; 91; 96 ff.; 173; 208; 211 f. Umweltschutz, als Staatsaufgabe 259 ff. Universalität der Gemeinden 30 Unpfändbarkeit s. Pfändbarkeit Unterordnungsverhältnis 217 Unterwerfung 43, 235 ff. unzumutbare Entfernungen s. Entfernung, unzumutbare Urnengemeinschaftsanlagen 133 f. Urnengräber 129 ff. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 112 f. ; 186 ff. Verdichtung des Bodens 177 Verhältnismäßigkeit 42; 148 f.; 155; 188 ff.; 207 ff.

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Sachverzeichnis

Verkehrssicherungspflicht 185 Vermögen 138; 140 ff.; 150 Vermögensschutz, allgemeiner 140 Verrichtungsgehilfe 32 Verschärfung - allgemeiner Gestaltungsvorschriftei 237 ff. - zusätzlicher Gestaltungsvorschriften 236 ff. Versetzrichtlinien 186 Versiegelung 261 Verunstaltung 73 ff.; 124 f. Verwaltungsaufwand 265 ff. Verwaltungsermessen 40 f. Verwesung 44 f.; 176 f.; 197; 202; 210; 237 Verzicht 134; 223; 228 ff. - ausdrücklicher 229 f. - durch Schweigen 230 ff. -konkludenter 229 f. Volksgemeinschaft 77 f.; 164 Volksgesundheit 91; 176 f.; 202; 212; 274; 278 vorkonstitutioneller Rechtssatz 120 Vorrang des Gesetzes 49 ff. Vorzensur 111; 116 Vorzugsgräber 36 Wahlgrabstätte 36; 129; 133; 141; 216 ff. Wahlrecht 131; 222 f. Waldfriedhof 28; 35; 153 Wasserhaushalt 44 Wechselbepflanzung 143 Weihe 59 ff.

Weimarer Republik 28 weißer Stein 168 ff. Weltanschauungsfreiheit 103 Wertordnung, objektive 87 f. Wesensgehaltsgarantie 192 wesentlicher Bestandteil s. Bestandteil, wesentlicher Wesentlichkeitstheorie 254 Widerruflichkeit 232 f. Widmung 35 f.; 195 Willkürverbot 42; 50; 155; 157; 159 ff.; 194 Wohlfahrt 28 Würde des Ortes / Friedhofs 34; 40; 44; 48; 53; 66; 69; 73 ff.; 81 ff.; 96 ff.; 110; 113 f.; 127; 130; 157; 159; 163; 178; 183; 184; 189; 190; 193; 201; 226 Zahlenmäßiges Verhältnis der Abteilungen 208 f. Zensurverbot s. Vorzensur Zivilgerichte 87; 283 Zivilrechtsweg 281 Zugangssperre 223 Zulassung - des öffentlichen Verkehrs 185 - von Gewerbetreibenden 32; 190; 197; 199 - von Materialien 191 - zur Bestattung 248; 252 Zweckdienlichkeit, Grad der 65 f. Zweckverband 30 Zwei-Felder-System 68; 129 ff.; 153; 173; 175; 182; 207 ff.; 269; 272; 274; 276 ff.