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German Pages 184 Year 2023
Stefanie Jung Nikita Rolsing
Die Bereitstellung digitaler Produkte
Die Bereitstellung digitaler Produkte
Stefanie Jung • Nikita Rolsing
Die Bereitstellung digitaler Produkte
Stefanie Jung TUM School of Management Technische Universität München München, Deutschland
Nikita Rolsing TUM School of Management Technische Universität München München, Deutschland
ISBN 978-3-658-41959-2 ISBN 978-3-658-41960-8 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Catarina Gomes de Almeida Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Das Papier dieses Produkts ist recyclebar.
Vorwort
Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Daher ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die EU mit der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (EU) 2019/770 nun einen europaweit einheitlichen Rahmen für solche Verträge geschaffen hat. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäischen Vorgaben in den §§ 327 ff. BGB umgesetzt. Dieses Werk beschäftigt sich mit Blick auf die deutschen Umsetzungsvorschriften mit dem zentralen Begriff der Bereitstellung. Denn die Bereitstellung ist der vorgegebene Modus der Erfüllung für drei unterschiedliche Pflichten: 1. Die Hauptleistungspflicht; 2. die Aktualisierungspflicht und 3. die Abwicklungspflicht. Das Verständnis der Natur und der rechtlichen Behandlung der Bereitstellung ist daher ein Schlüssel für das Verständnis von Verträgen über digitale Dienstleistungen und Inhalte. Konkret werden in diesem Buch die verschiedenen Bereitstellungsformen sowie ihr sachlicher Umfang und die Form der Erfüllung erläutert. Da sich im Zusammenhang mit den Bereitstellungsformen zudem viele Fragen zum zeitlichen Ablauf stellen, wird dieser Aspekt ebenfalls detailliert erörtert. Ergänzend werden die Konsequenzen einer unterbliebenen und durchgeführten Bereitstellung sowie das Zusammenspiel der Bereitstellung mit den Gefahrübergangsregelungen des teilweise angepassten Kauf- und Werkvertragsrechts diskutiert. Die §§ 327 ff. BGB zeichnen sich im Ergebnis durch ein hohes Maß an Komplexität aus, weshalb die Autoren den Austausch mit anderen Forschenden als äußerst bereichernd empfunden haben. Unser besonderer Dank gilt insofern Prof. Dr. iur. Peter Krebs (Universität Siegen) und Tobias Kircher (TUM) für ihre wertvollen Anregungen und Hinweise. Außerdem bedurfte die technische Aufbereitung des Manuskripts eines hohen Aufwands. Insofern bedanken wir uns vor allem bei Alan Khoja (TUM) und Zeynep Güzel (TUM) für ihre Unterstützung. Ziel des Werks ist es, zur Diskussion um die Bereitstellung beizutragen und bezüglich einiger bislang nicht bzw. kaum beleuchteter Aspekte eine Debatte anzustoßen. Wir würden uns daher über einen Austausch über die verschiedenen Fragestellungen mit interessierten Leserinnen und Lesern freuen. Heilbronn, Deutschland
Stefanie Jung Nikita Rolsing V
Einleitung
Die Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen, wie etwa eines Standardsoftwareprogramms, eines E-Books oder eines Streamingdienstes, war vor Einführung der §§ 327 ff. BGB in Deutschland nicht gesondert normiert.1 Die Verwertung digitaler Inhalte und Dienstleistungen erfolgte daher mit Hilfe ganz unterschiedlicher Vertragstypen (z. B. Kauf-, Werk- und Mietverträgen) und deren spezifischer Leistungs- und Gewährleistungsregeln. Die Einzelheiten wurden bisher vorwiegend vertraglich durch ausdifferenzierte AGB zwischen Unternehmern und Verbrauchern geregelt.2 Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (EU) 2019/770 (im Folgenden: Richtlinie (RL)) in das deutsche Recht mit Wirkung zum 01. Januar 2022 haben sich insofern nun bedeutende Änderungen ergeben. Denn es gelten jetzt die Bestimmungen der §§ 327 ff. BGB, die die Leistungs- und Gewährleistungspflichten für digitale Inhalte und Dienstleistungen regeln. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, die europäischen Vorgaben in einem neuen Titel 2a im dritten Abschnitt des zweiten Buchs des BGB umzusetzen. Die Vorschriften sind darauf ausgelegt, die Leistungspflichten und Gewährleistungsregeln bei Verträgen über digitale Inhalte und Dienstleistungen vertragstypenunabhängig zu konkretisieren. Insofern fokussieren sich die neuen Vorgaben auf die Pflichten des Unternehmers3 und die damit korrespondierenden Rechtsbehelfe des Verbrauchers.4 Die Pflichten
Siehe aber den bisherigen § 312f Abs. 3 BGB zur „Lieferung“ von digitalen Inhalten. Die dortige Legaldefinition von digitalen Inhalten entfällt nach Art. 1 Nr. 3 des Umsetzungsgesetzes, BGBl. 2021 I, S. 2123. 2 Siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 24; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 5, § 327b Rn. 3; Metzger, JZ 2019, 577, 579 f.; Boosfeld, GPR 2022, 70, 71; siehe auch die Studie des Fraunhofer-Instituts für angewandte Informationstechnik (FIT) von Sänn et al., Status quo digitaler Inhalte in Deutschland – Eine Untersuchung vor dem Hintergrund der Leistungsstörungen beim Online-Erwerb, 2017; S. 17: „Bereitstellung und ihre sehr verschiedenen Konkretisierungen“. Für Beispiele von Softwareverträgen vgl. Lehmann/Spindler in: Loewenheim (Hrsg.), UrhR-HdB, 3. Aufl. 2021, § 82 Rn. 30 f., 52 f. 3 Metzger, JZ 2019, 577, 577, 584. 4 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 62 (Rn. 158). 1
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des Verbrauchers bleiben hingegen i. R. d. §§ 327 ff. BGB weitgehend unberücksichtigt.5 Sie folgen weiterhin fast ausschließlich aus den unterschiedlichen Vertragstypen. Unabhängig vom gewählten Vertragstyp zeichnen sich Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen insb. dadurch aus, dass der Unternehmer dem Verbraucher das digitale Produkt bereitstellen muss. Der zentrale Begriff der §§ 327 ff. BGB ist daher die „Bereitstellung“, die der Gesetzgeber detailliert regelt. Eine konkrete Bereitstellung war im BGB bisher nur vereinzelt in den §§ 312f Abs. 3 (a. F.); 632a Abs. 1 S. 6; 651q Abs. 1 Nr. 1 und 675f Abs. 4 BGB vorgegeben.6 Die Bereitstellung ist insofern Teil der Anforderungen an die Beistandspflicht des Reiseveranstalters (in Form einer Informationsbereitstellung und hier damit unerheblich) bzw. definiert den Zahlungsvorgang im Zahlungsdienstevertrag7 oder erweitert die Anwendbarkeit der Abschlagszahlungsregel bei Werkverträgen. Lediglich in § 312f Abs. 3 (a. F.) BGB war die Bereitstellung schon mit digitalen Inhalten verknüpft. Der Terminus „Bereitstellung“ spielte somit im BGB bislang fast keine Rolle.8 Dies hat sich durch die Einführung der §§ 327 ff. BGB jedoch geändert und der bisher kaum verwendete Begriff hat eine exponierte Stellung erhalten.9 Die Bereitstellung des digitalen Inhalts bzw. der digitalen Dienstleistung stellt gem. Erwägungsgrund 41 RL die „wichtigste Vertragspflicht des Unternehmers“10 dar. Dies darf allerdings nicht missverstanden werden. Denn die Hauptleistungspflicht des Unternehmers ergibt sich auch weiterhin aus dem konkreten Vertragstyp. Die Bereitstellung ist vielmehr der vorgegebene Modus für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht. Im Rahmen der §§ 327 ff. BGB ist die Bereitstellung als Form der Erfüllung allerdings nicht nur für die Hauptleistungspflicht vorgeschrieben, sondern auch für die Aktualisierungspflicht und die Abwicklungspflicht. Das macht jeweils eine gesonderte Betrachtung der Bereitstellung für die unterschiedlichen Pflichten notwendig. Ergänzend wird in den §§ 327 ff. BGB ein entsprechendes Gewährleistungssystem für den Fall einer fehlenden
Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 62 (Rn. 159); Metzger, JZ 2019, 577, 577, 584. Siehe auch Rosenkranz, ZUM 2021, 195, 199; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 2; auf die Verwendung des Begriffs außerhalb des BGB hinweisend Schneider, ITRB 2021, 182, 184. 7 Obwohl es dadurch zumindest eine begriffliche Überschneidung dieser Regelungen mit den neuen §§ 327 ff. BGB gibt, soll dieses Werk nicht untersuchen, ob auch inhaltliche Überschneidungen dieser Bereitstellungsbegriffe bestehen. 8 Schneider, ITRB 2021, 182, 184 („für das BGB bisher neutral/nicht besetzt“). 9 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 2 stellt fest, dass der Begriff nun mit Leben gefüllt wird. Als „unbelastet“ sehen diesen Begriff auch Sattler, NJW 2020, 3623, 3626 und Rosenkranz, ZUM 2021, 195, 199 f. an. Zum Ursprung der Bezeichnung siehe Zoll in: Schulze (Hrsg.), Common European Sales Law (CESL) – Commentary, 2012, Art. 91 Rn. 6 f. 10 Die englische Fassung („the main contractual obligation“) spricht eher von einer „Hauptvertragspflicht“. Sprachvergleich: Spanisch: „la principal obligación contractual del empresario“; Französisch: „la principale obligation contractuelle du professionnel“; Italienisch: „l’obbligo contrattuale principale dell’operatore economico“; Niederländisch: „de voornaamste contractuele verbintenis is van de handelaar“; Bulgarisch: „основното договорно задължение на търговеца“. 5 6
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oder mangelhaften Bereitstellung vorgegeben. Auch wenn die neuen §§ 327 ff. BGB größtenteils nur für B2C-Verhältnisse gelten und nicht generell analogiefähig sind,11 dürfte allerdings gerade die Erfüllungshandlung durch die Bereitstellung auch für B2B- Geschäfte bei digitalen Dienstleistungen und Inhalten von zentraler Bedeutung sein.12 Denn Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Geschäften lassen sich ggf. bei Einzelaspekten begründen, ergreifen wohl aber nicht die Bereitstellung als Gesamtsystem. Das Verständnis der Natur und der rechtlichen Behandlung der Bereitstellung ist also geradezu ein Schlüssel für das Verständnis von Verträgen über digitale Dienstleistungen und Inhalte insgesamt. Da die Bereitstellung vollständig neu geregelt wurde, stellen sich insofern zahlreiche Rechtsfragen und – wie in diesem Buch zu zeigen sein wird – haben weder der Richtliniengeber noch der deutsche Gesetzgeber alle Probleme vollumfänglich im Blick gehabt. Dies scheint zumindest auch daran zu liegen, dass weder die Richtlinie noch die Umsetzungsvorschriften anhand der verschiedenen Fallkonstellationen durchdacht wurden.13 Im Ergebnis verbleiben daher zahlreiche ausfüllungsbedürftige Lücken im europä ischen bzw. im nationalen Recht. Nach einer kurzen Erläuterung des Anwendungsbereichs und des Regulierungsansatzes der §§ 327 ff. BGB (siehe Punkt 1) fokussiert sich dieses Werk auf die neu normierte Bereitstellungspflicht (siehe Punkte 2 bis 5). Zunächst sollen die verschiedenen Bereitstellungsformen erläutert werden (siehe Punkt 2), bevor dann ihr sachlicher Umfang (siehe Punkt 3) und die Form der Erfüllung (siehe Punkt 4) näher diskutiert werden. Da sich im Zusammenhang mit den Bereitstellungsformen viele Fragen zum zeitlichen Ablauf stellen, wird dieser Aspekt im Anschluss getrennt (siehe Punkt 5) behandelt. Nach dem Aufzeigen der Konsequenzen einer unterbliebenen (siehe Punkt 6) und durchgeführten (siehe 7.1) Bereitstellung widmet sich dieses Werk dem Zusammenspiel der in §§ 327 ff. BGB geregelten Bereitstellung mit den Gefahrübergangsregelungen des teilweise angepassten Kauf- und Werkvertragsrechts (siehe 7.2). Zum Schluss folgt eine kritische Reflexion der neu geregelten Bereitstellung (siehe Punkt 8).
Stiegler, MMR 2021, 753, 753 f. Eine Ausnahme bildet § 327u BGB, der den Regress zwischen den Unternehmern in der Lieferkette regelt, siehe zu dieser über die Richtlinie hinausgehenden Regelung Bittner, VuR 2022, 9, 10; vgl. auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 3. 12 Den Einfluss der neuen §§ 327 ff. BGB auch auf B2B-Beziehungen konstatierend Schreiber, MMR 2021, 601, 601; Schneider, ZD 2021, 458, 462; Stiegler, MMR 2021, 753, 754; J. Schneider, ITRB 2023, 104, 105 ff. (aus lizenzrechtlicher Perspektive). 13 Das Durchdenken von Standardfällen i. R. d. Gesetzgebungsprozess wird mit Blick auf die Gesetzgebungsmethodik teils generell empfohlen. Siehe Krebs/Jung in: Baldus/Theisen/Vogel (Hrsg.), „Gesetzgeber“ und Rechtsanwendung, 2013, S. 125, 143. 11
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1 Anwendungsbereich und Regulierungsansatz der §§ 327 ff. BGB. . . . . . . . . 1 2 D ie Bereitstellung als Form der Erfüllung für unterschiedliche Verpflichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.1 Überblick über die unterschiedlichen Bereitstellungen������������������������������ 5 2.2 Unterscheidung von selbstständigen und unselbstständigen Informationspflichten���������������������������������������������������������������������������������� 8 3 D er sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.1 Hauptleistungsbereitstellungspflicht ���������������������������������������������������������� 11 3.1.1 Die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts als Anknüpfungspunkt für den Bereitstellungsumfang������������������������ 11 3.1.2 Bereitstellungsobjekt���������������������������������������������������������������������� 14 3.1.3 Installation des digitalen Produkts�������������������������������������������������� 14 3.1.4 Herstellung des digitalen Produkts ������������������������������������������������ 15 3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht���������������������������������������������������������� 17 3.2.1 Bedeutung �������������������������������������������������������������������������������������� 17 3.2.2 Überblick���������������������������������������������������������������������������������������� 18 3.2.3 Die Vertragsmäßigkeit als Anknüpfungspunkt für den Bereitstellungsumfang�������������������������������������������������������������������� 19 3.2.4 Installation der Aktualisierung und Installationsanleitungen���������� 22 3.2.5 Herstellung der Aktualisierung ������������������������������������������������������ 24 3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht�������������������������������������������������������������� 25 3.3.1 Überblick���������������������������������������������������������������������������������������� 25 3.3.2 Verlangen des Verbrauchers������������������������������������������������������������ 27 3.3.3 Herauszugebende bzw. nicht herauszugebende Daten�������������������� 27 3.3.4 Speicherung der Daten�������������������������������������������������������������������� 30 4 D ie Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die Hauptleistungsbereitstellung���������������������������������������������������������������������� 34 4.1.1 Die Bereitstellung digitaler Inhalte (§ 327b Abs. 3 BGB)�������������� 34 XI
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4.1.1.1 Bereitstellungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4.1.1.2 Erfüllungswirkung �������������������������������������������������������� 35 4.1.1.3 Schuldtypus und Gefahrübergang���������������������������������� 39 4.1.1.3.1 Anwendbarkeit nationalen Rechts��������������� 39 4.1.1.3.2 Bereitstellung als Holschuld ���������������������� 40 4.1.1.3.3 Bereitstellung als Schick- oder Bringschuld ������������������������������������������������ 41 4.1.1.3.4 Zwischenfazit���������������������������������������������� 42 4.1.2 Die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen (§ 327b Abs. 4 BGB)��������������������������������������������������������������������������������� 43 4.1.3 Einflussnahmemöglichkeiten auf den Erfüllungsmodus�������������� 44 4.1.3.1 Wahl des Erfüllungsmodus ������������������������������������������ 44 4.1.3.2 Wahl einer Einrichtung und Rechtsfolgen einer unterbliebenen Wahl����������������������������������������������������������� 47 4.1.3.2.1 Wahl einer Einrichtung������������������������������� 47 4.1.3.2.2 Rechtsfolgen einer unterbliebenen Wahl ���� 49 4.2 Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht durch Bereitstellung – Die Aktualisierungsbereitstellung ������������������������������������������������������������������ 51 4.2.1 Überblick�������������������������������������������������������������������������������������� 52 4.2.2 Unterscheidung der selbstständigen und unselbstständigen Informationspflicht������������������������������������������������������������������������ 53 4.2.3 Erfüllung der selbstständigen Informationspflicht������������������������ 55 4.2.4 Praktische Aspekte der Erfüllung der Aktualisierungspflicht ������ 57 4.2.5 „Installationsfreiheit“ und die Zulässigkeit automatischer Updates ���������������������������������������������������������������������������������������� 59 4.2.5.1 Generelle Zulässigkeit automatischer Updates�������������� 60 4.2.5.2 Vereinbarungen über automatische Updates nach Vertragsschluss������������������������������������������������������������������� 62 4.2.6 Installationsobliegenheit des Verbrauchers und die Problematik der aufeinander aufbauenden Aktualisierungen���������������������������� 65 4.3 Die Erfüllung der Abwicklungspflicht durch Bereitstellung – Die Abwicklungsbereitstellung ���������������������������������������������������������������������� 67 4.3.1 Erfüllungsoptionen und Erfüllungsmodalitäten���������������������������� 67 4.3.2 Durchsetzung der Abwicklungspflicht������������������������������������������ 69 5 Z eitliche Aspekte der Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5.1 Hauptleistungsbereitstellung�������������������������������������������������������������������� 73 5.2 Aktualisierungsbereitstellung ������������������������������������������������������������������ 75 5.2.1 Zeitraum der Aktualisierungspflicht �������������������������������������������� 75 5.2.2 Bereitstellungszeitpunkt der Aktualisierung �������������������������������� 79 5.2.3 Verfügbarhaltung der Aktualisierungen���������������������������������������� 80 5.3 Abwicklungsbereitstellung ���������������������������������������������������������������������� 81
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5.3.1 Frist für die Erfüllung ������������������������������������������������������������������ 81 5.3.2 Frist für die Geltendmachung des Anspruchs ������������������������������ 82 5.3.2.1 Anwendbarkeit nationalen Rechts ������������������������������� 83 5.3.2.2 Gesetzliche Anknüpfungsmöglichkeiten der Frist��������� 83 5.3.3 Verfügbarhaltung der Daten���������������������������������������������������������� 86 6 F olgen unterbliebener Bereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung �������������������������������������������� 89 6.1.1 Rechte des Verbrauchers �������������������������������������������������������������� 89 6.1.1.1 Anwendungssituationen des § 327c BGB��������������������� 90 6.1.1.2 Voraussetzungen und Rechtsfolge des § 327c BGB����� 93 6.1.2 Unternehmerregress���������������������������������������������������������������������� 94 6.1.2.1 Anwendungsbereich des § 327u BGB ������������������������� 94 6.1.2.2 Anwendbarkeit der Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB��������������������������������������������������������� 95 6.1.2.2.1 Anwendbarkeit auf die Hauptleistungspflicht��������������������������������� 96 6.1.2.2.2 Anwendbarkeit auf die Aktualisierungspflicht ������������������������������� 96 6.2 Unterbliebene Aktualisierungsbereitstellung�������������������������������������������� 98 6.3 Unterbliebene Abwicklungsbereitstellung������������������������������������������������ 100 6.4 Abgrenzungsprobleme zwischen der Hauptleistungsbereitstellungspflicht und der Aktualisierungsbereitstellungspflicht������������������������������������������ 101 7 F olgen der Bereitstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 7.1 Grundsätzliche Auswirkungen������������������������������������������������������������������ 105 7.2 Hauptleistungsbereitstellung und Gefahrübergang���������������������������������� 106 8 Kritische Reflexion der Bereitstellung als Form der Erfüllung. . . . . . . . . . 109 9 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 ICHTLINIE (EU) 2019/770 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND R DES RATES vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen. . . . . . . . . . . 121 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Abkürzungsverzeichnis1
Abb. Abbildung Artt. Artikel (Plural) B2B Business-to-Business B2C Business-to-Consumer BT-Drs. Bundestagsdrucksache bspw. beispielsweise bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CESL Common European Sales Law DCD Digital Content Directive ders. derselbe DSGVO Datenschutz-Grundverordnung et al. und andere etc. et cetera EUDA European Union Data Act ff. und die folgenden gem. gemäß ggf. gegebenenfalls HK Handkommentar i. R. d. im Rahmen der/des i. R. v. im Rahmen von i. S. d. im Sinne der/des i. S. e. im Sinne einer/eines i. V. m. in Verbindung mit insb. insbesondere Lit. Literatur
Dieses Werk verwendet Abkürzungen grundsätzlich gem. Kirchner (Begr.), Das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Aufl. 2021. Abweichend verwendete Abkürzungen werden im Folgenden gelistet. 1
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NFT Non-Fungible Token P2P Peer-to-Peer st. Rspr. ständige Rechtsprechung sog. sogenannt/sogenannte(n)/sogenannter u. a. unter anderem u. U. unter Umständen
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Anwendungsbereich und Regulierungsansatz der §§ 327 ff. BGB
Vereinfacht ausgedrückt finden die Vorgaben der §§ 327 ff. BGB und damit die Regeln zur Bereitstellung immer dann Anwendung, wenn ein Unternehmer sich gegenüber einem Verbraucher in einem Verbrauchervertrag nach § 310 Abs. 3 BGB zur Bereitstellung eines digitalen Inhalts oder einer digitalen Dienstleistung verpflichtet und der Verbraucher dafür eine Pflicht zur Preiszahlung eingeht.1 Dieser Anwendungsbereich2 wird von der zugrunde liegenden Richtlinie in Art. 3 Abs. 1 UAbs. 1 RL vorgegeben und war für den deutschen Gesetzgeber bindend, da die Richtlinie generell eine Vollharmonisierung vorschreibt (Art. 4 RL). Die §§ 327 ff. BGB nutzen zur Umsetzung einen „vertragstypenunabhängigen Regulierungsansatz“,3 d. h. die neuen Vorschriften unterscheiden nicht nach den Dabei kann diese Preiszahlung auch in Form der Bereitstellung personenbezogener Daten durch den Verbraucher an den Unternehmer erfolgen, vgl. Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 RL, § 327 Abs. 3 BGB; siehe dazu ausführlich Ehlen/Möllnitz-Dimick, CR 2023, 455, 456 ff.; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 232, 232 ff.; Klink-Straub, NJW 2021, 3217, 3217 ff.; Schmitz/Buschuew, MMR 2022, 171, 171 ff.; Nikol/Rust, NJW 2022, 975, 977 ff.; Hessel/Leffer/Potel, ZD 2022, 537, 539; Szilágyi, EuCML 2022, 154, 158; zur Besteuerung Bieg, ZD 2022, 487, 487 ff. Zur dogmatischen Einordnung der „Preiszahlung“ mit personenbezogenen Daten vgl. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327 Rn. 45 ff.; zur analogen Anwendung der §§ 327 ff. BGB bei nicht-monetärer Gegenleistung vgl. Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327 Rn. 8 f.; Wendehorst, NJW 2021, 2913, 2915 (Rn. 15). 2 Der Anwendungsbereich wird durch die Ausnahmen in § 327 Abs. 6 Nr. 1 bis 8 BGB eingeschränkt. Zu den einzelnen Problematiken, die sich in Bezug auf den Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB ergeben, siehe statt vieler Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 64 (Rn. 162 ff.). 3 Gansmeier/Kochendörfer, ZfPW 2022, 1, 2; Bach, NJW 2019, 1705, 1706 (zur Richtlinie); vgl. auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 61 (Rn. 155); Boosfeld, GPR 2022, 70, 70; Peters, NJW 2023, 559, 559 (Rn. 5). Siehe auch Riehm/Abold, ZUM 2018, 82, 83 (zur Richtlinie); Stiegler, Verbraucherschutz im E-Commerce, 2022, S. 19 und Kramme, RDi 2021, 20, 20 (Rn. 1). Hervorhebung durch die Verfasser vorgenommen. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_1
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1 Anwendungsbereich und Regulierungsansatz der §§ 327 ff. BGB
v erschiedenen Vertragstypen, sondern geben vielmehr ein einheitliches Konzept für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder Dienstleistungen vor. Durch die §§ 327 ff. BGB wird somit kein eigener Vertragstyp normiert4 (dafür spricht bspw. die systematische Verortung5), sondern die Vorschriften konkretisieren und ergänzen vielmehr die vertragstypischen Pflichten. Daher ist es auch bei einem Vertrag über die Bereitstellung eines digitalen Inhalts oder einer digitalen Dienstleistung weiterhin erforderlich, diese den Vertragstypen zuzuordnen,6 weil die §§ 327 ff. BGB die diesbezüglich ggf. bestehenden speziellen Vorgaben lediglich modifizieren, konkretisieren und ergänzen.7 Allerdings werden digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen in den §§ 327 ff. BGB weitgehend einheitlich behandelt, weshalb der deutsche Gesetzgeber für beide Aspekte den Oberbegriff „digitales Produkt“8 verwendet. Eine Differenzierung zwischen digitalen In-
Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 2; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327 Rn. 5; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 123 (Rn. 276); Klink-Straub, NJW 2021, 3217, 3217 (Rn. 2); Wendehorst, NJW 2021, 2913, 2913 (Rn. 3); Schippel, K&R 2021, 151, 151; Legner, NJOZ 2022, 353, 358; Biermann, DAR 2022, 134, 135; Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 388; Schneider, ITRB 2021, 182, 183 f.; Bosch/Meurer, IPRB 2022, 193, 194; Jaensch, jM 2022, 96, 97; Stieper, CR 2022, 325, 328 (Rn. 11); Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 4 f.); Bittner, VuR 2022, 9, 9; Brockmann, DVP 2022, 401, 401; Buchmann/ Panfili, K&R 2022, 73, 76; Erdelt, K&R 2022, 803, 804; Grüneberg, BRJ 2022, 77, 77 (der allerdings die Möglichkeit sieht, dass sich ein neuer Vertragstyp entwickelt); anders Hoffmann, NZI 2022, 505, 506; nicht eindeutig Schneider/Streitz, CR 2022, 141, 143 (Rn. 13). 5 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 2; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 2; Gansmeier/Kochendörfer, ZfPW 2022, 1, 19; Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 67 (Rn. 171 ff.); Tamm/Tonner in: Brönneke/Föhlisch/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2022, S. 36 (Rn. 14); Schulze, EuCML 2022, 192, 193; Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 5); Kramme, RDi 2021, 20, 20 (Rn. 1); Grüneberg, BRJ 2022, 77, 77; Brockmann, DVP 2022, 401, 401. 6 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 20; Gansmeier/Kochendörfer, ZfPW 2022, 1, 19; Wendehorst, NJW 2021, 2913, 2913 (Rn. 3); Riehm, RDi 2022, 209, 211 (Rn. 10); vgl. auch Kindl in: Kindl/Arroyo Vendrell/Gsell (Hrsg.), Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen, 2018, S. 63, 68 (zur Richtlinie); Grüneberg, BRJ 2022, 77, 77; Brockmann, DVP 2022, 401, 401; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 73, 76. Schöttle, DSRITB 2021, 431, 434 sieht „die Grenzen zwischen den einzelnen Vertragstypen mehr und mehr“ verschwimmen. Nach Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 123 (Rn. 277) bedarf es keiner vertragstypologischen Einordnung einzelner Verträge; so auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327 Rn. 12; vermittelnd Kramme, RDi 2021, 20, 29 (Rn. 43 f.). 7 Zur ergänzenden bzw. partiell verdrängenden Anwendung der §§ 327 ff. BGB: Gansmeier/Kochendörfer, ZfPW 2022, 1, 19; Schöttle, DSRITB 2021, 431, 434. Vgl. auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 61 (Rn. 155 f.); Schulze, EuCML 2022, 192, 192; Roth-Neuschild, ITRB 2021, 210, 213; auch Kindl in: Kindl/Arroyo Vendrell/Gsell (Hrsg.), Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen, 2018, S. 63, 68 f. (zur Richtlinie). 8 Diesen Oberbegriff verwendet die Richtlinie selbst nicht. Vgl. dazu auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 65 (Rn. 164); Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 6; Bittner, VuR 2022, 9, 10; Kramme, RDi 2021, 20, 21 (Rn. 4); Brockmann, DVP 2022, 401, 401 f. 4
1 Anwendungsbereich und Regulierungsansatz der §§ 327 ff. BGB
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halten und digitalen Dienstleistungen erfolgt daher nur dort, wo der Gesetzgeber sie für notwendig hält.9 Zu digitalen Inhalten zählen Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden (vgl. § 327 Abs. 2 S. 1 BGB). Digitale Dienstleistungen sind solche Dienstleistungen, die die inhaltliche Einwirkung auf die digitalen Inhalte oder jede andere Interaktion mit ihnen ermöglichen (vgl. § 327 Abs. 2 S. 2 BGB).10 Eine trennscharfe Unterscheidung wird in der Praxis wohl schwerfallen und ein Teil der Verträge dürfte zudem beide Elemente enthalten.11 Die Vorschriften regeln sowohl einmalige als auch dauerhafte Bereitstellungen von digitalen Produkten, was zur Komplexität der Vorschriften beiträgt und an verschiedenen Stellen auch zu Auslegungsschwierigkeiten führt.12 Im Zusammenspiel verdeutlicht die Richtlinie zudem, dass der Anwendungsbereich der neuen Vorgaben und damit auch der Bereitstellungspflicht güterbezogen möglichst weit gefasst wurde.13 Denn zu den digitalen Produkten zählen gem. Erwägungsgrund 19 RL u. a. „Computerprogramme, Anwendungen, Videodateien, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher und andere elektronische Publikationen und auch digitale Dienstleistungen erstrecken, die die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form sowie den Zugriff auf sie ermöglichen, einschließlich Software-as-a-Service, wie die gemeinsame Nutzung von Video- oder Audioinhalten und andere Formen des Datei-Hosting, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud-Computing-Umgebung und in sozialen Medien angeboten werden.“ Die §§ 327 ff. BGB finden damit auf ein breites Spektrum an Verträgen Anwendung.14
Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327 Rn. 16; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 6; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 13; Kramme, RDi 2021, 20, 21 (Rn. 4) betont, dass „es nur selten auf die Differenzierung ankommt“. Insofern kann die Tatsache, dass sich digitale Inhalte und Dienstleistungen nicht trennscharf abgrenzen lassen, zu Problemen führen. Siehe dazu bspw. die Einschränkung der Bereitstellungsmodi bei digitalen Dienstleistungen im Vergleich zu digitalen Inhalte (vgl. 4.1.1 und 4.1.2) sowie die unter 6.4 dargestellte Problematik. 10 Vgl. Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 9 ff. für eine feingliedrige Unterscheidung verschiedener Kategorien von digitalen Dienstleistungen. 11 Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327 Rn. 21 ff.; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 8; Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 4); Klümper, MPR 2023, 50, 52. Zu Unterscheidungsmöglichkeiten Pech, MMR 2022, 348, 348 f.; ders., MMR 2022, 516, 517; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327 Rn. 12. Vgl. Jung/Rolsing, Die Folgen der unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts, 2023, Abschnitt B., S. 2 (im Erscheinen) für die Janusköpfigkeit von bestimmten digitalen Dienstleistungen. 12 Siehe z. B. näher unter 3.1.1 (Verbrauchererwartungen), 4.1.1.2 (Erfüllungswirkung), 5.2.1 (Aktualisierungspflicht) sowie 6.4 (Abgrenzung zwischen Mängelgewährleistung und Aktualisierung). 13 Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327 Rn. 6; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327 Rn. 3; Stierle, IPRB 2021, 66, 66; Pech, GRUR-Prax 2021, 509, 509. 14 Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327 Rn. 15; Ehle/Kreß, CR 2019, 723, 723 (Rn. 4); Gsell, ZUM 2018, 75, 76; Spindler, MMR 2016, 147, 148 („fast schon extrem zu nennenden Anwendungsbereich“) Gsell in: Kindl/Arroyo Vendrell/Gsell (Hrsg.), Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen, 2018, S. 85, 97: „extremst weit“ (zur Richtlinie); Grüneberg, BRJ 2022, 77, 78. 9
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1 Anwendungsbereich und Regulierungsansatz der §§ 327 ff. BGB
Allerdings erfahren die Vorschriften eine formal nicht unerhebliche Einschränkung durch die Tatsache, dass für Verbraucherverträge (§ 327a Abs. 3 BGB) über Waren, die digitale Produkte enthalten oder damit verbunden sind (Waren mit digitalen Elementen), die §§ 475a ff. BGB Anwendung finden, sofern das digitale Produkt für das Funktionieren der Ware erforderlich ist.15
Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327a Rn. 7; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327a Rn. 5; ausführlich zum Kriterium der Erforderlichkeit: Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327a Rn. 22 ff. 15
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Die Bereitstellung als Form der Erfüllung für unterschiedliche Verpflichtungen
Die §§ 327 ff. BGB statuieren die Bereitstellung als Form der Erfüllung für unterschiedliche Verpflichtungen. Eine allgemeine Definition des Begriffs ist allerdings weder in der Richtlinie noch in den deutschen Umsetzungsvorschriften enthalten. Je nach zugrunde liegender Verpflichtung ergeben sich aus den §§ 327 ff. BGB abweichende Vorgaben für die Bereitstellung, weshalb die verschiedenen Formen der Bereitstellung strikt auseinanderzuhalten sind. Insgesamt sehen die §§ 327 ff. BGB drei Ausprägungen der Bereitstellung vor. Da jede Form der Bereitstellung jeweils mit einer konkreten Pflicht verbunden ist, sollen sie im Folgenden entsprechend benannt werden: 1. Hauptleistungsbereitstellung, 2. Aktualisierungsbereitstellung und 3. Abwicklungsbereitstellung.
2.1 Überblick über die unterschiedlichen Bereitstellungen Die Hauptleistungsbereitstellung bezieht sich auf die Hauptleistung, zu der sich der Unternehmer verpflichtet hat. Es geht insofern darum, dass der Unternehmer dem Verbraucher das vertraglich vereinbarte digitale Produkt zugänglich macht bzw. zur Verfügung stellt. Die Hauptleistungsbereitstellungspflicht1 charakterisiert das Vertragsverhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer. Durch die Hauptleistungsbereitstellung wird diese Hauptleistungspflicht erfüllt. Die Hauptleistungsbereitstellung ist sowohl für digitale Inhalte als auch digitale Dienstleistungen vorgegeben, wobei § 327b Abs. 3 und
Die Begriffe „Hauptleistungsbereitstellungspflicht“ und (kurz) „Hauptleistungspflicht“ werden im Folgenden synonym verwendet. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_2
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2 Die Bereitstellung als Form der Erfüllung für unterschiedliche Verpflichtungen
4 BGB beide Aspekte getrennt behandeln.2 § 327b BGB statuiert die Hauptleistungspflicht nicht selbst, sondern regelt ausschließlich die Hauptleistungsbereitstellung als Form der Erfüllung.3 Die Vorschrift geht daher davon aus, dass eine entsprechende Pflicht besteht.4 Die Hauptleistungspflicht ergibt sich somit weiterhin aus dem individuellen Vertrag und den entsprechenden Vorgaben zu den einzelnen Vertragstypen.5 Die §§ 327 ff. BGB konkretisieren dann vertragstypenunabhängig diese Hauptleistungspflicht und geben einen Modus für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht in Form der Hauptleistungsbereitstellung vor. Die §§ 327 ff. BGB sehen darüber hinaus noch an anderen Stellen die Bereitstellung als Form der Erfüllung vor. So ist der Unternehmer gem. § 327f Abs. 1 BGB zur Aktualisierung seiner digitalen Produkte für einen (un-)bestimmten Zeitraum6 verpflichtet.7 § 327f Abs. 1 BGB regelt, dass diese Aktualisierungen dem Verbraucher bereitgestellt werden müssen. Die Aktualisierungspflicht wird somit wiederum durch die Bereitstellung erfüllt. Die Aktualisierungsbereitstellungspflicht8 kann den Unternehmer unabhängig davon treffen, ob er mit dem Verbraucher einen Vertrag über digitale Inhalte oder einen Vertrag über digitale Dienstleistungen geschlossen hat. Die Pflicht greift zudem unabhängig davon, ob es sich originär um einen einmaligen Leistungsaustausch oder um ein
Ebenfalls auf die getrennte Regelung hinweisend Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 84 (Rn. 216); Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327 Rn. 16; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 6. 3 Für eine Erfüllung durch die Hauptleistungsbereitstellung auch Rieländer, GPR 2021, 257, 261 (Fn. 53); Pech, MMR 2022, 348, 350; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen). 4 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 47; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 2; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 2; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 2; Kirchhefer-Lauber, JuS 2021, 1125, 1126. 5 In diese Richtung auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 26; vgl. zudem Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2021, § 327b Rn. 2; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 4; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 2; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen); Kirchhefer-Lauber, JuS 2021, 1125, 1126; Jaensch, jM 2022, 96, 98; Stieper, CR 2022, 325, 329 (Fn. 47). 6 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 58; zu Unklarheiten über die Dauer dieser Bereitstellungspflicht bei einmaliger Bereitstellung vgl. Riehm/Abold, CR 2021, 530, 535 (Rn. 29); Schreiber, MMR 2021, 601, 602; Spindler, MMR 2021, 451, 455. 7 Zur Diskussion, ob § 327f BGB eine Aktualisierungspflicht begründet, siehe Felsch/Kremer/Wagener, MMR 2022, 18, 21 (im Ergebnis bejahend); a. A. Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 161; für eine Übersicht zur Rechtsnatur bzw. der Diskussion, ob die Vorschrift eine Anspruchsgrundlage darstellt, vgl. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4 ff. 8 Die Begriffe „Aktualisierungsbereitstellungspflicht“ und (kurz) „Aktualisierungspflicht“ werden im Folgenden synonym verwendet. 2
2.1 Überblick über die unterschiedlichen Bereitstellungen
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Dauerschuldverhältnis handelt.9 Der einmalige Leistungsaustausch wird durch § 327f Abs. 1 BGB somit zwingend um eine „Dauerschuldkomponente“ ergänzt,10 d. h. das Schuldverhältnis wird dadurch partiell dauerschuldähnlich.11 Denn bei der Aktualisierungspflicht handelt sich um eine Dauerpflicht des Unternehmers, die die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts (§ 327e Abs. 3 Nr. 5 BGB) und so der Hauptleistung sicherstellen soll. Durch diese dienende Funktion kann sie allerdings als Nebenleistungspflicht12 eingeordnet werden.13 Das wiederum rechtfertigt es, bzgl. der Hauptleistung ggf. weiterhin von einem einmaligen Leistungsaustausch sprechen zu können. Die Bereitstellung der Aktualisierung könnte daher alternativ als „Nebenleistungsbereitstellung“ bezeichnet werden. Einprägsamer erscheint jedoch der Begriff „Aktualisierungsbereitstellung“, der daher im Folgenden genutzt werden soll. Schließlich sieht § 327p Abs. 3 S. 1 BGB nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine weitere Bereitstellungspflicht des Unternehmers vor. Nach dieser Vorschrift muss der Unternehmer dem Verbraucher auf dessen Verlangen im Anschluss an die Vertragsbeendigung bestimmte Inhalte, die in § 327p Abs. 2 BGB genauer definiert werden, bereit-
Dazu auch Stierle, IPRB 2021, 66, 69; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 1; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 1; Weiß, ZVertriebsR 2021, 208, 211; Kramme, RDi 2021, 20, 25 (Rn. 23). 10 Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 1; Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 98 f. (Rn. 258); Pech, GRUR-Prax 2021, 547, 548; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 159; Seegel, ITRB 2023, 131, 133 (auch zu Auswirkungen des § 327f BGB im Insolvenzrecht); weitergehend Gesmann-Nuissl/Kanert, BB 2022, 1603, 1604: „im Prinzip [wird] jeder Vertrag über die einmalige Bereitstellung eines digitalen Produkts kraft Gesetzes zu einem Dauerschuldverhältnis“; ähnlich auch Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 1 und Kramme, RDi 2021, 20, 25 (Rn. 23); noch weitergehend Erdelt, K&R 2022, 803, 806. 11 Es besteht im Hinblick auf die Aktualisierungspflicht nur eine partielle Ähnlichkeit mit echten Dauerschuldverhältnissen, da die Aktualisierung im Gegensatz zu diesen nicht regelmäßig wiederkehrend fällig wird, sondern nur dann, wenn der Erhalt der Mangelfreiheit des digitalen Produkts dies konkret erfordert. Zudem steht der wiederkehrenden Leistung des Unternehmers keine wiederkehrende Gegenleistung des Verbrauchers gegenüber. 12 Nebenleistungspflichten sind in Abgrenzung zu Hauptleistungspflichten solche, „die nicht vertragstypusbestimmender, sondern nur dienender Natur sind“ (Bachmann in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 241 Rn. 35). Daneben könnte die Aktualisierungspflicht auch als Sekundärpflicht eingeordnet werden, da sie die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts sichert (vgl. Bachmann in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 241 Rn. 32: Relevanz bei der „‚programmwidrigen‘ Störung von Primärpflichten“). 13 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 102 (Rn. 272) sieht hingegen die „Aktualisierungspflichten des Unternehmers nur als Modifikationen oder Erweiterungen der allgemeinen Pflicht zur Bereitstellung eines mangelfreien digitalen Produkts“ an. Dem widersprechend Felsch/Kremer/Wagener, MMR 2022, 18, 20 („Die Aktualisierungspflicht geht schon in ihrer Bezeichnung über die Pflicht des Unternehmers hinaus, zu einem bestimmten Zeitpunkt mangelfrei zu leisten.“). 9
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2 Die Bereitstellung als Form der Erfüllung für unterschiedliche Verpflichtungen
stellen.14 Konkret bezieht sich die Regelung auf vom Verbraucher während der Nutzung des digitalen Produkts bereitgestellte oder erstellte Inhalte. In der Regel dürften solche Inhalte nur bei der Nutzung digitaler Dienstleistungen vorkommen, sodass die Abwicklungspflicht in der Praxis nur in diesem Zusammenhang tatsächlich relevant wird. Denn nach der Legaldefinition des § 327 Abs. 2 S. 2 BGB dienen digitale Dienstleistung gerade der Inhaltserstellung. Bei der Abwicklungspflicht handelt es sich um eine Pflicht zur Bereitstellung von Daten, die eine selbstständige, nachvertragliche Nebenpflicht des Unternehmers und eine sekundäre Leistungspflicht i. S. e. Abwicklungspflicht darstellt.15 Sie verfolgt einen eigenen, der Hauptleistungspflicht untergeordneten Zweck, indem sie den Unternehmer verpflichtet, bestimmte vom digitalen Produkt unabhängige Inhalte nach Vertragsbeendigung an den Verbraucher herauszugeben. Erfüllt wird diese Pflicht wiederum in Form der Bereitstellung. In diesem Buch wird insofern von Abwicklungsbereitstellungspflicht16 und korrespondierend damit von der Abwicklungsbereitstellung gesprochen.
2.2 Unterscheidung von selbstständigen und unselbstständigen Informationspflichten In Bezug auf Aktualisierungen besteht für Unternehmer zudem explizit eine Informationspflicht, wonach der Unternehmer den Verbraucher über Aktualisierungsoptionen informieren muss (§ 327f Abs. 1 S. 1 BGB: „(…) und der Verbraucher über die Aktualisierungen informiert wird“17). Es handelt sich bei der Informationspflicht um eine gegenüber der
Verblüffenderweise qualifiziert die Begründung des Regierungsentwurfs die Abwicklungsbereitstellungspflicht nicht konsequent als Bereitstellungspflicht (siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 25), sondern teilweise auch als bloße Informationspflicht (siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 32) oder vermeidet die Bezeichnung als Bereitstellungsanspruch gewissenhaft (siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 74 f.). Erwägungsgrund 71 RL und Art. 16 RL hingegen sprechen ebenso wie der Wortlaut von § 327p Abs. 3 BGB, der Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL umsetzt, vom Bereitstellen der Inhalte. Daneben besteht zusätzlich eine Informationspflicht. Dazu sogleich im Folgenden unter 3.3.3. Die Unterscheidung zwischen Informations- und Bereitstellungspflicht kann eine Rolle bei den Erfüllungsmodalitäten der Pflicht spielen, bspw. bei den Anforderungen an die Strukturierung und Klarheit der Inhalte, die für eine hinreichende, verständliche Information notwendig ist. Zu den Erfüllungsmodalitäten der Abwicklungsbereitstellungspflicht vgl. 4.3.1. 15 Vgl. zu „Abwicklungspflichten“ Bachmann in: MüKo BGB, Bd. 2, 8. Aufl. 2019, § 241 Rn. 28; Schuster in: ders./Grützmacher (Hrsg.), IT-Recht, 2020, § 241 BGB Rn. 33 ff. zu Datenherausgabepflichten in der IT-Praxis nach bisherigem Recht. 16 Die Begriffe „Abwicklungsbereitstellungspflicht“ und (kurz) „Abwicklungspflicht“ werden im Folgenden synonym verwendet. Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327p Rn. 10 verwendet den Begriff „,Rück‘-Bereitstellung“. 17 § 327f Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB beruht auf Art. 8 Abs. 2 RL. Sprachvergleich: Englisch: „that the consumer is informed of […] updates“; Spanisch: „por que se comuniquen […] al consumidor las actualizaciones“; Französisch: „que le consommateur soit informé des mises à jour“; Italienisch: „che al consumatore siano notificati […] gli aggiornamenti“; Niederländisch: „dat de updates […] aan de consument worden gemeld“; Bulgarisch: „че потребителят е информиран […] актуализации“. 14
2.2 Unterscheidung von selbstständigen und unselbstständigen Informationspflichten
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Aktualisierungspflicht selbstständige Verpflichtung für den Unternehmer (dazu näher unter 4.2).18 Von dieser gesonderten Informationspflicht i. R. d. Aktualisierung zu unterscheiden sind die notwendigen Informationen für den Verbraucher, die mit den drei erörterten Pflichten und den damit korrespondierenden Bereitstellungen je nach Bereitstellungsmodus verbunden sein können.19 Insofern handelt es sich jeweils nicht um eine selbstständige Informationspflicht, sondern diese Information des Verbrauchers ist vielmehr Teil der jeweiligen Bereitstellungspflicht und wird vom Gesetzgeber auch nicht gesondert geregelt. Denn zumeist ist dies auch nicht notwendig, da die Information i. R. d. Bereitstellung (d. h. die unselbstständige Informationspflicht) nur in wenigen Situationen relevant wird. Dies ist in Bezug auf die Hauptleistungsbereitstellung z. B. dann der Fall, wenn das digitale Produkt als Download auf der Webseite des Unternehmens angeboten wird (ohne dass dem Verbraucher ein Downloadlink zugesandt wird). Die Bereitstellung umfasst dann auch die Information des Verbrauchers über die Downloadoption auf der Webseite des Unternehmens. Dies kann in Bezug auf die Vorgaben der Richtlinie mit dem effet utile-Grundsatz20 begründet werden und wirkt sich dann über die richtlinienkonforme Auslegung auf die deutschen Umsetzungsvorschriften aus. Ohne diese (unselbstständige) Informationspflicht könnte die Hauptleistungsbereitstellung ins Leere laufen. Diese Interpretation ist erforderlich, um die praktische Wirksamkeit der europäischen Vorgaben zu gewährleisten.21 Eines Rückgriffs auf nationales Recht bedarf es zur Begründung somit nicht. Mit Blick auf Aktualisierungen und die Datenübertragung i. R. d. Abwicklungspflicht stellt sich die Situation vergleichbar dar, weshalb die vorgeschriebene Bereitstellung in diesem Fall ebenfalls bereits die Information über die Downloadmöglichkeit auf der Homepage umfassen würde. Dass der Gesetzgeber darüber hinaus noch eine selbstständige Informationspflicht über die Updateverfügbarkeit mit Blick auf die Aktualisierungspflicht vorgeschrieben hat, liegt daran, dass der Verbraucher insofern generell weitergehender informiert werden muss. So muss der Unternehmer ihn bspw. in diesem Zusammenhang auch über die tatsächlichen und rechtlichen Folgen einer unterlassenen Installation informieren, d. h. insb. über den möglichen Verlust der Mängelrechte (vgl. § 327f Abs. 1 und 2 BGB) (siehe näher unter 4.2.1 und 4.2.2).
So auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 19. Zu den verschiedenen Bereitstellungsmodi vgl. 4.1. 20 In der Rechtsprechung des EuGH wird der effet utile-Grundsatz auf Deutsch teils mit der Formulierung „(größtmögliche) praktische Wirksamkeit“ beschrieben. Vgl. z. B. EuGH Rs. C-63/00 (Schilling), ECLI:EU:C:2002:296 = BeckRS 2004, 77639 (Rn. 24); EuGH Rs. C-92/00 (HI/Stadt Wien), ECLI:EU:C:2002:379 = BeckRS 2004, 77900 (Rn. 52). 21 Beim effet utile-Grundsatz geht es darum, dass eine Auslegung gefunden werden soll, die das Regelungsziel bestmöglich erreicht. EuGH Rs. C-63/00 (Schilling), ECLI:EU:C:2002:296 = BeckRS 2004, 77639 (Rn. 24); EuGH Rs. C-223/98 (Adidas), ECLI:EU:C:1999:500 = NJW 2000, 2337, 2338 (Rn. 24). 18 19
3
Der sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten
Die drei gerade aufgezeigten und eingeordneten Pflichten, die jeweils durch eine Bereitstellung zu erfüllen sind, unterscheiden sich zunächst in ihrem sachlichen Umfang. Es geht im Folgenden somit darum, zu ermitteln, was konkret bereitgestellt werden muss, bevor unter Punkt 4 diskutiert wird, wie, d. h. in welcher Form, die Bereitstellung erfolgen kann. Der Umfang der Bereitstellungspflichten ergibt sich aus den jeweiligen Vertragstypen sowie aus den verschiedenen Normen der §§ 327 ff. BGB.
3.1 Hauptleistungsbereitstellungspflicht 3.1.1 Die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts als Anknüpfungspunkt für den Bereitstellungsumfang Die Hauptleistungsbereitstellungspflicht wird insb. durch § 327b BGB i. V. m. §§ 327e und 327g BGB geregelt. Aus § 327b Abs. 1 und 2 BGB ergibt sich, dass die §§ 327 ff. BGB die Art und Weise der Bereitstellung sowie den Leistungszeitpunkt regeln.1 Die primäre Leistungspflicht selbst wird – wie bereits angemerkt – durch § 327b BGB nicht
Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 47; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 1; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 1; Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 1 f.; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, Einleitung zu BGB, § 327b; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 1; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen). Zur rein deklaratorischen Natur und damit Redundanz von § 327b Abs. 1 BGB: Kramme, RDi 2021, 20, 23 (Rn. 13) und Rosenkranz, ZUM 2021, 195, 204. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_3
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statuiert.2 Auch den Umfang der Hauptleistungsbereitstellungspflicht gibt § 327b BGB nicht vor. Dieser ergibt sich entsprechend der Regelung in Art. 8 Abs. 6 RL vielmehr aus den objektiven Anforderungen an das digitale Produkt, die in § 327e Abs. 3 BGB festgelegt sind, sowie den subjektiven Anforderungen, die § 327e Abs. 2 BGB regelt.3 § 327e BGB enthält Vorgaben zum Produktmangel und beschreibt insofern die Anforderungen an ein vertragsgemäßes Produkt, welches der Unternehmer – der nicht notwendigerweise auch der Hersteller des digitalen Produkts sein muss –4 dem Verbraucher bereitstellen muss. An dieser Stelle soll nicht auf die Einzelheiten der subjektiven und objektiven Anforderungen an digitale Produkte eingegangen werden.5 Beispielhaft lässt sich jedoch festhalten, dass dem Verbraucher – sofern nicht anders vereinbart – u. a. die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neuste verfügbare Version des digitalen Produkts (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BGB) mit erwartbaren Anleitungen und Zubehör (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB) bereitgestellt werden und sich das digitale Produkt für die gewöhnliche Verwendung eignen muss (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB).6 Nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB gehören zu den objektiven Anforderungen zudem die Verbrauchererwartungen an das digitale Produkt im Hinblick auf seine „Beschaffenheit, einschließlich der Menge, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Zugänglichkeit, der Kontinuität und der Sicherheit“.7 Insofern nimmt die Vorschrift Bezug auf die Üblichkeit bei Produkten derselben Art. Die i. R. d. Bereitstellung geschuldete Beschaffenheit bezieht sich bei kaufähnlichen Situationen auf den Zeitpunkt der ursprünglichen, einmaligen Hauptleistungsbereitstellung und
Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 47; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 2; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327b Rn. 1; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 2; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 2; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 144 (Rn. 337); Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen); Kirchhefer-Lauber, JuS 2021, 1125, 1126; Ring, ZAP 2021, 1005, 1010. 3 So auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327d Rn. 3. Zur Problematik von nicht kompatiblen objektiven und subjektiven Anforderungen siehe u. a. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 5; Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 81 (zur Richtlinie); Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 6 DCD Rn. 30 (zur Richtlinie); Schöttle, DSRITB 2021, 431, 437 f.; Schneider/Streitz, CR 2022, 141, 146 (Rn. 36 ff.). 4 Siehe zu dieser Konstellation sogleich im Folgenden unter 3.1.4 und 3.2.5. 5 Dazu siehe bspw. Riehm/Abold, ZUM 2018, 82, 82 ff. (zur Richtlinie); Kumkar, ZfPW 2020, 306, 313 ff.; Stürner, Jura 2017, 171, 174 f. (zur Richtlinie); Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 73 ff. (zur Richtlinie); Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 6 DCD Rn. 18 ff. (zur Richtlinie). 6 Siehe zu den Anforderungen ausführlich Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 26-30; Pech, GRUR-Prax 2021, 509, 510. Siehe auch Riehm/Abold, ZUM 2018, 82, 85 f. (zur Richtlinie). 7 § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB. 2
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im Fall einer fortlaufenden Bereitstellung auf den gesamten Bereitstellungszeitraum (§ 327e Abs. 1 S. 2 und 3 BGB).8 In Verbindung mit den Verbrauchererwartungen stellt sich insofern die Frage, ob die Vorschrift somit insb. bei Dauerschuldverhältnissen einen dynamischen Standard vorgibt9 oder ob die Verbrauchererwartungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen statischen Maßstab bilden.10 Denn Verbrauchererwartungen können sich im Laufe der Zeit, d. h. auch innerhalb des vereinbarten Bereitstellungszeitraums bei einer dauerhaften Bereitstellung, ändern.11 Zu bedenken ist, dass es für Unternehmer durchaus eine erhebliche Belastung darstellen könnte, über den gesamten Bereitstellungszeitraum die womöglich gestiegenen Erwartungen des Verbrauchers aufgrund von Weiterentwicklungen bei Konkurrenzprodukten zu erfüllen. Andererseits werden Verbraucher gewisse Erwartungen hegen, dass gerade digitale Produkte, die ihnen über einen gewissen Zeitraum zugänglich gemacht werden, angemessen weiterentwickelt werden. § 327e Abs. 1 S. 3 BGB nimmt für den gesamten Bereitstellungszeitraum Bezug auf die objektiven Anforderungen und § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB macht gleichzeitig keine spezielleren oder gar einschränkenden Angaben zum zeitlichen Bezugspunkt der Verbrauchererwartungen. Es ließe sich jedoch überlegen, ob § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BGB als ebenfalls speziellere Ausnahmeregel einen Hinweis darauf darstellen könnte, dass auch bei einer Dauerbereitstellung generell keine Verbesserungen des Produkts geschuldet sind (auch wenn vergleichbare Produkte verbessert werden).12 Denn die (dispositive) Vorschrift regelt, dass lediglich die neuste Version des digitalen Produkts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereitgestellt werden muss. Nach Vertragsschluss entwickelte Versionen müssen dem Verbraucher also auch bei Dauerbereitstellungen nicht verfügbar gemacht werden (wobei der Unternehmer allerdings nicht daran gehindert ist, dies z. B. für einen bestimmten Zeitraum zu versprechen), sofern die neue Version nicht als Aktualisierung zu qualifizieren ist.13 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 95 (Rn. 250) weist (zu Recht) darauf hin, dass die Regelungen zur Bestimmung des Zeitpunkts der Vertragsmäßigkeit „nur schwer nachvollziehbar ausgestaltet“ sind. 9 Für einen dynamischen Standard Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327e Rn. 25; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 25; wohl auch Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 60 (zur Richtlinie) und Kumkar, ZfPW 2020, 306, 312, 318. Baier/Sänn, ZUM 2018, 92, 92 ff. untersuchen die Verbrauchererwartungen beim Erwerb digitaler Inhalte empirisch. 10 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 38, 30. 11 Die besondere Dynamik des Marktes digitaler Produkte betonend: Kirchhefer-Lauber, JuS 2021, 1125, 1128; Kumkar, ZfPW 2020, 306, 312, 318; Rieländer, GPR 2021, 257, 266. 12 Gesmann-Nuissl/Kanert, BB 2022, 1603, 1606; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 5 (Rn. 25); Schöttle, MMR 2021, 683, 685. 13 Dies folgt umgekehrt aus § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BGB, der die Bereitstellung der bei Vertragsschluss neusten Version verlangt, vgl. auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 51; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 37; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 30; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 44; Gelbrich/Timmermann, NJOZ 2021, 1249, 1255. Zur 8
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§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BGB könnte daher als Argument dafür genutzt werden, dass die Verbrauchererwartungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich sind. Dies würde eine gewisse Dynamik dennoch nicht ausschließen, da Verbraucher eben durchaus erwarten können, dass digitale Produkte in gewissem Umfang weiterentwickelt werden. Diese Erwartungen sind jedoch in ihrem Umfang begrenzt und ändern sich vor allem im Laufe der Zeit nicht. Die Grundregel des § 327e Abs. 1 S. 3 BGB und § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB sprechen allerdings aufgrund ihres uneingeschränkten Wortlauts wohl eher für einen dynamischen Standard. Zudem verdeutlicht § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 6 BGB dass der Gesetzgeber sich seiner Regelungsmöglichkeiten durchaus bewusst war. Daher lässt sich durchaus annehmen, dass es sich bei der Bezugnahme auf den gesamten Bereitstellungszeitraum um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelt und er die möglichen praktischen Schwierigkeiten für den Unternehmer somit in Kauf nehmen möchte. Die Entscheidung für eine der genannten Auslegungsoptionen fällt an dieser Stelle nicht leicht. Im Ergebnis sprechen die etwas überzeugenderen Argumente wohl dafür, von einem dynamischen Standard mit Blick auf die Verbrauchererwartungen auszugehen.
3.1.2 Bereitstellungsobjekt Das digitale Produkt muss nicht zwingend identisch mit dem Bereitstellungsobjekt sein.14 Das bedeutet, dass nicht zwingend das Produkt selbst bereitgestellt werden muss. Im Falle des digitalen Inhalts kann das Bereitstellungsobjekt bspw. auch lediglich ein geeignetes Mittel für den Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts sein (vgl. § 327b Abs. 3 BGB), sodass der Verbraucher nur mittelbar Zugriff auf den digitalen Inhalt erhält. Das Bereitstellungsobjekt (z. B. ein Downloadlink oder Product Key) und das digitale Produkt (z. B. eine Videodatei) sind somit ggf. zu unterscheiden. Auf die verschiedenen Formen der Erfüllung der Hauptleistungsbereitstellungspflicht wird im Folgenden näher unter 4.1 eingegangen.
3.1.3 Installation des digitalen Produkts Eine Installation des digitalen Produkts schuldet der Unternehmer i. R. d. Hauptleistungsbereitstellung grundsätzlich nicht, was sich bereits aus der Formulierung des § 327b Abs. 3, 4 BGB schließen lässt. Denn die Vorschrift bezieht sich allein auf eine
neuen Version als Aktualisierung vgl. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 44; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327e Rn. 35; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 37; Schneider, ITRB 2021, 182, 187. 14 Siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 6; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 11; Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 16.
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Zugänglichmachung bzw. Zurverfügungstellung, was auf eine bloße notwendige Interaktionsmöglichkeit und nicht den tatsächlichen Zugriff hinweist. Zudem sind Installationsanleitungen gem. Art. 7 lit. c) RL (§ 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB) Teil der subjektiven Anforderungen an das digitale Produkt.15 Gleichzeitig stellen sie auch eine objektive Anforderung dar (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB; Art. 8 Abs. 1 lit. c) RL). Diese Regelungen wären nicht erforderlich, wenn den Unternehmer stets eine Installationspflicht treffen würde. Eine solche Installationspflicht kann aber vertraglich zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher vereinbart werden. Die §§ 327 ff. BGB erfassen diesen Aspekt zwar nicht explizit. Allerdings ist die weitreichendere Integration16 i. S. d. § 327e Abs. 4 BGB (Artt. 9, 2 Nr. 4 RL) explizit geregelt. Ausweislich des Art. 9 lit. a) RL und § 327e Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB kann die Integration durch den Unternehmer durchgeführt werden und umfasst dann auch die In stallation.17 Allein die Vereinbarung einer Installation muss daher ebenfalls möglich sein. Die reine Installationspflicht sowie die Integrationspflicht sind allerdings gerade nicht originärer Bestandteil der Bereitstellungspflicht, sondern diese wird ggf. um eine Installations- bzw. Integrationspflicht ergänzt, wie auch die Formulierung des § 327e Abs. 4 S. 1 BGB nahelegt.18 Damit erfordert die Hauptleistungsbereitstellungspflicht ohne entsprechende vertragliche Regelung weder eine Installation noch eine Integration.
3.1.4 Herstellung des digitalen Produkts Im Rahmen der Hauptleistungsbereitstellung stellt sich zudem die Frage, ob der Unternehmer das digitale Produkte auch selbst herstellen muss. Dies ist insb. für Intermediäre relevant. § 327b BGB befasst sich jedoch nur mit der eigentlichen Verfügbarmachung des Der deutsche Gesetzgeber verwendet in § 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB den weiteren Begriff „Anleitungen“ unter den richtlinienkonform auch Installationsanleitungen zu verstehen sind, so auch Lejeune, ITRB 2023, 18, 25. 16 Vgl. die Legaldefinition der Integration in § 327e Abs. 4 S. 2 BGB, die die Installation als Integration in die Software als Teil der digitalen Umgebung des Verbrauchers erfasst. Zum Verhältnis von Installation und der weiterreichenden Integration vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60; siehe zudem Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 32: „Integration […] durch die Softwareinstallation“; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 64; Lejeune, ITRB 2023, 18, 25. 17 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 48; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 32: „Integration […] durch die Softwareinstallation“; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 64; Kaesling in: jurisPK- BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327e Rn. 32 ff.; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327e Rn. 39. 18 So auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 49; Gelbrich/Timmermann, NJOZ 2021, 1249, 1255. 15
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digitalen Produkts für den Verbraucher und trifft keine Aussage zur vorgeschalteten Herstellung. Dies stellt einen Unterschied zu § 327f Abs. 1 BGB dar, der sich mit der Aktualisierungspflicht befasst.19 § 327f Abs. 1 BGB verlangt im Ergebnis lediglich, die Bereitstellung von Aktualisierungen sicherzustellen. Der Unternehmer ist daher nicht dazu verpflichtet, die Aktualisierung eigenhändig herzustellen.20 Die Herstellung des digitalen Produkts ist daher im Wege eines Erst-recht-Schlusses noch fernliegender. Der Intermediär kann das digitale Produkt vielmehr selbst vom Hersteller bereitgestellt bekommen. Dies verdeutlicht auch dessen Regressmöglichkeit nach § 327u Abs. 1 S. 1 BGB im Falle einer unterbliebenen Bereitstellung durch den Hersteller als Vertriebspartner.21 Anders ist dies nur im Fall des Verbrauchervertrages über die Herstellung digitaler Produkte (§ 650 BGB).22 Die spezielle Regelung zeigt im Umkehrschluss, dass bei der Bereitstellung grundsätzlich keine Herstellung geschuldet ist. Darüber hinaus muss der Unternehmer dem Verbraucher die Leistung wohl auch nicht selbst bereitstellen. Vielmehr dürfte es genügen, wenn der Unternehmer sicherstellt, dass die Hauptleistungsbereitstellung z. B. durch den Hersteller erfolgt. Auch wenn die Formulierung des § 327b Abs. 1 BGB nicht so explizit ist wie in § 327f Abs. 1 S. 1 BGB, so gilt auch insofern der allgemeine Grundsatz des § 267 BGB. Im Ergebnis muss der Unternehmer, der ein Intermediär sein kann, somit das digitale Produkt weder selbst herstellen noch selbst dem Verbraucher bereitstellen. Diese Aufgabe kann vielmehr der Hersteller für ihn übernehmen. Das Verhalten des Herstellers ist dem Intermediär dabei nur über § 278 BGB zuzurechnen, soweit es sich um die eigentliche Bereitstellungshandlung handelt. Denn die Bereitstellung liegt im originären Pflichtenkreis des Unternehmers. Soweit der Hersteller i. R. d. Programmierung des digitalen Produkts Fehler unterlaufen, sind sie dem Intermediär hingegen nicht zuzurechnen. Vergleichbar mit der Ansicht der h. M. im Kaufrecht23 liegt die Herstellung bzw. Programmierung des digitalen Produkts nicht im Pflichtenkreis des Intermediärs als Händler.
§ 327f Abs. 1 S. 1 BGB verwendet die Formulierung: „Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass dem Verbraucher […] Aktualisierungen […] bereitgestellt werden“. § 327b BGB besagt hingegen: „Ist der Unternehmer […] verpflichtet, dem Verbraucher ein digitales Produkt bereitzustellen […]“. 20 Vgl. dazu 3.2.5. 21 Vgl. dazu 6.1.2. 22 Vgl. auch Gansmeier/Kochendörfer, ZfPW 2022, 1, 22, 33 f.; Boosfeld, GPR 2022, 70, 71. 23 BGH NJW 2014, 2183, 2183 (2. Ls.); BGH NJW 2008, 2837, 2840; BGH NJW 1967, 1903, 1903; Lorenz in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 278 Rn. 27; Seichter in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 278 Rn. 27; Cording in: Schuster/Grützmacher (Hrsg.), IT-Recht, 2020, § 278 BGB Rn. 6; Ulber in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 278 Rn. 61; a. A. Grundmann in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 278 Rn. 31. 19
3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht
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3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht 3.2.1 Bedeutung Die Aktualisierungspflicht und die damit verbundene Aktualisierungsbereitstellung werden insb. durch § 327f BGB geregelt, wo diese Pflicht auch statuiert wird (§ 327f Abs. 1 BGB). Die Aktualisierungspflicht ist einer der zentralen Punkte, der zu Unterschieden bei digitalen und analogen Produkten führt.24 Bei Letzteren ist gerade keine Aktualisierungspflicht vorgesehen. Bei digitalen Produkten erscheint sie jedoch besonders notwendig, da sich digitale Produkte und die sie betreffende digitale Umgebung wesentlich schneller verändern als dies bei analogen Produkten der Fall ist.25 Anpassungen sind zudem bei digitalen Produkten relativ betrachtet oftmals leichter und kostengünstiger möglich,26 auch wenn es insofern Ausnahmen geben mag. Dennoch ist der Aufwand für Unternehmer, der aus der Aktualisierungspflicht resultiert, nicht zu unterschätzen.27 Aktualisierungen entsprechen aber trotzdem bereits heute oftmals der gängigen Praxis (z. B. der Erhalt der Kompatibilität von Smartphone-Apps bei Änderungen des Smartphone-Betriebssystems). Insofern erhebt die Vorschrift lediglich das übliche Geschäftsgebaren zur rechtlichen Pflicht.28 Trotzdem ist § 327f BGB von großer Bedeutung. Denn auch wenn viele Unternehmen bereits freiwillig bestimmte Aktualisierungen anbieten, so zeigt sich doch, dass fehlende Updates ein reales Problem darstellen.29 Außerdem regelt § 327f BGB die Rahmenbedingungen, die bei der Bereitstellung der Aktualisierungen zu berücksichtigen sind. Gedacht sind die Regeln wohl prinzipiell aus Sicht eines Unternehmers, der zugleich Hersteller der Aktualisierung (und des digitalen Produkts) ist. Aus der Perspektive eines Intermediärs, der das Update gerade nicht selbst herstellt und bereitstellt (siehe 3.2.5), stellen die Vorschriften hingegen ggf. durchaus eine nicht zu unterschätzende Belastung bzw. ein durchaus erhebliches Risiko dar.30
Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 5. Vgl. z. B. auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 1; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 1. 26 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 5 erläutert, dass der Unternehmer daher in bestimmten Situationen der„superior risk bearer“ ist. 27 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 6; zu dem geschätzten Erfüllungsaufwand der neuen Aktualisierungspflicht siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 29-31. 28 Ähnlich Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 4; vgl. auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 6; Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 7); Schneider, ITRB 2021, 182, 186. Zum Verhältnis des § 327f BGB zur zuvor geltenden Rechtslage siehe Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 3. 29 Vgl. mit einem empirischen Ansatz Baier/Sänn, ZUM 2018, 92, 94 ff. 30 So auch Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 167; Tillmanns/Fuderer, MPR 2023, 88, 93; Lejeune, ITRB 2023, 18, 24. 24 25
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3.2.2 Überblick § 327f BGB ist im Ergebnis komplex ausgestaltet und ruft vor allem auch im Zusammenspiel mit den anderen Vorgaben Interpretationsschwierigkeiten auf.31 Prinzipiell muss der Unternehmer gem. § 327f BGB sicherstellen, dass alle Aktualisierungen, die zum Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts nach §§ 327e, 327g BGB erforderlich sind, bereitgestellt und der Verbraucher über die Aktualisierungen informiert32 wird.33 Zu den geschuldeten Aktualisierungen gehören ausdrücklich auch Sicherheitsaktualisierungen (§ 327f Abs. 1 S. 2 BGB),34 wobei es einer gesonderten Regelung durch den Verweis auf § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB nicht bedurft hätte.35 Kosten dürfen dem Verbraucher durch die Aktualisierungen nicht entstehen.36 Der Unternehmer darf somit z. B. keine Gebühren für die Aktualisierung verlangen. Ggf. anfallende Kosten in der Sphäre des Verbrauchers (z. B. für eine Internetverbindung oder für Hilfe bei der Installation) muss der Unternehmer allerdings nicht tragen. Die Aktualisierungen müssen dem Verbraucher unaufgefordert zur Verfügung gestellt werden, sobald sie für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit erforderlich sind.37 Die Vorschrift erwähnt die Herstellung der Aktualisierung nicht explizit.38 Auch diese Pflicht müsste jedoch i. S.d. effet utile-Grundsatzes39 mit Blick auf die europäischen Vorgaben erfasst sein und die deutschen Regeln daher entsprechend ausgelegt werden.40 Denn nur existierende Aktualisierungen können überhaupt bereitgestellt werden. Kritisch z. B. Rieländer, GPR 2021, 257, 267: „Ihre defizitär-lückenhafte Ausgestaltung wirft eine Vielzahl komplexer Auslegungs- und Rechtsfragen auf, zu deren Lösung der deutsche Gesetzeber nichts beigetragen hat“. 32 Zur Unterscheidung zwischen der eigenständigen Informationspflicht und der bereitstellungsimmanenten Informationspflicht i. R. d. Aktualisierung siehe näher unter 2.2 und 4.2.2. 33 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 57; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 7 f.; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 1; Föhlisch in: BeckOK IT- Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 3 ff., 8 ff. Siehe zur Aktualisierungspflicht auch Spindler, MMR 2021, 451, 455; Schöttle, MMR 2021, 683, 686 f.; Schippel, K&R 2021, 151, 151 ff. 34 Diese Bereitstellungspflicht soll andere im Unionsrecht oder nationalen Recht festgelegten Bereitstellungspflichten für Sicherheitsaktualisierungen unberührt lassen, siehe Erwägungsgrund 47 RL, Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60. 35 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 5; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 5 bezeichnen die Formulierung daher als klarstellend. 36 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 7. Eine gesetzliche Anbindung der Kostenfreiheit besteht mittelbar darüber, dass Aktualisierungen Bestandteil der objektiven Anforderungen an ein mangelfreies digitales Produkt sind (§§ 327d, 327f BGB). Die Mangelfreiheit als Teil der Hauptleistung ist mit der Preiszahlung des Verbrauchers als Gegenleistung schon abgegolten. 37 Zu zeitlichen Aspekten der Aktualisierungspflicht vgl. 5.2. 38 Dazu, dass Intermediäre die Updates nicht selbst erstellen müssen, siehe sogleich unter 3.2.5. 39 Siehe Nachweise in 2.2 Fn. 20. Die Aktualisierung selbst muss jedoch nicht den subjektiven und objektiven Anforderungen entsprechen, da diese ausdrücklich nur das digitale Produkt als Bezugspunkt haben. 40 Im Ergebnis auch Schippel, ITRB 2023, 126, 128: „Implizierte Erstellungspflicht“. 31
3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht
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3.2.3 Die Vertragsmäßigkeit als Anknüpfungspunkt für den Bereitstellungsumfang Da der Bereitstellungsumfang der Aktualisierungspflicht ebenso wie jener der Hauptleistungsbereitstellungspflicht in Bezug zur Vertragsmäßigkeit bestimmt wird, sind somit auch mit Blick auf die geforderten Aktualisierungen kumulativ die subjektiven und objektiven Anforderungen an das digitale Produkt entscheidend (vgl. § 327e Abs. 1 S. 1 BGB).41 Da sich sowohl die Hauptleistungsbereitstellungspflicht als auch die Aktualisierungsbereitstellungspflicht auf § 327e BGB beziehen, stellen sich bei beiden Themenkomplexen ähnliche Probleme. Es ist daher vor allem von Bedeutung, eine möglichst einheitliche Interpretation mit Blick auf die beiden Bereitstellungspflichten zu finden. Denn gerade bei Dauerschuldverhältnissen, z. B. bei Abos von Streamingdiensten, mag es in der Praxis schwerfallen, die dauerhafte Hauptleistungsbereitstellungspflicht von der Aktualisierungspflicht abzugrenzen (dazu näher unter 6.4). Bei Aktualisierungen stellt sich die Frage nach der Dynamisierung durch die Bezugnahme auf die Verbrauchererwartungen, die bereits mit Blick auf die Hauptleistungsbereitstellungspflicht diskutiert wurde (siehe 3.1.1), nicht nur in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse, sondern auch mit Blick auf einmalige Bereitstellungen.42 Wie bereits unter 2.1 ausgeführt, greift diese Pflicht zur Aktualisierung unabhängig davon, ob es sich originär um einen einmaligen Leistungsaustausch oder um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Dennoch ist es auch im Zusammenhang mit Aktualisierungen entscheidend, welcher Zeitpunkt für die Bestimmung der Mangelfreiheit maßgeblich ist. Insofern fällt zunächst auf, dass die Regelung der maßgeblichen Zeit in § 327e Abs. 1 S. 2 BGB allein auf die Bereitstellung nach § 327b BGB und damit gerade nicht auf die Bereitstellung von Aktualisierungen abzustellen scheint. Die Bezugszeitpunkte sollten jedoch nach hier vertretener Ansicht entsprechend denen der Hauptleistungsbereitstellungspflicht bestimmt werden, um insofern ein stimmiges Zusammenspiel zu erleichtern. Bei einer einmaligen Bereitstellung ist dies daher der Zeitpunkt der Bereitstellung, bei einer dauerhaften Bereitstellung der gesamte Bereitstellungszeitraum (§ 327e Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Bei einer einmaligen Bereitstellung müssen somit die im Zeitpunkt der Bereitstellung bestehenden Verbrauchererwartungen gem. § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB durch die Aktualisierungen erhalten werden. Der Bezugszeitpunkt ist in diesem Fall der mit dem Ausgangsversprechen verbundene Bereitstellungszeitpunkt. Auch bei einer einmaligen Bereitstellung können sich allerdings bestimmte dynamische Erwartungen ergeben, da Verbraucher eine gewisse Fortentwicklung erwarten. Dieser Dynamik ist die Als Bezugspunkt ebenfalls die Vertragsmäßigkeit nennend Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 5; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 8; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 4 f.; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 12; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 5; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2; Riehm/Abold, CR 2021, 530, 538 (Rn. 49); anders Schöttle, DSRITB 2021, 431, 439, der den Aktualisierungsumfang in Abgrenzung zu § 327r BGB bestimmen will. 42 Zu dieser Problematik auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 96 f. (Rn. 253). 41
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3 Der sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten
Aktualisierungspflicht gerade geschuldet. Dies gilt z. B. mit Blick auf Sicherheitsaktualisierungen, auf die der Gesetzgeber durch die Klarstellung in § 327f Abs. 1 S. 2 BGB ein besonderes Augenmerk legt. Ein Unternehmen kann sich daher wohl nicht darauf berufen, dass bei Vertragsabschluss vergleichbare Produkte eine gewisse Sicherheitslücke aufwiesen, um der möglichen und bei anderen Produkten üblichen Schließung dieser Sicherheitslücke durch eine Aktualisierung zu entgehen. Es ließe sich insofern vielmehr argumentieren, dass der Verbraucher bereits im Zeitpunkt der (einmaligen) Bereitstellung die berechtigte Erwartung hegte, dass das Sicherheitskonzept des digitalen Produkts an die aktuellen Gegebenheiten angepasst wird und für neu entdeckte, behebbare Sicherheitslücken Aktualisierungen bereitgestellt werden, um die weitere reibungslose Nutzung zu gewährleisten. Mit Blick auf dauerhafte Bereitstellungen ergeben sich die unter Punkt 3.1.1 bereits beschriebenen Interpretationsschwierigkeiten in Bezug auf die Verbrauchererwartungen auch in Bezug auf Aktualisierungen. Es kann insofern auf die obige Argumentation verwiesen werden. Generell ist allerdings zu bedenken, dass der Unternehmer keine absolute Sicherheit des digitalen Produkts gewähren muss (weder i. R. d. Hauptleistungs- noch der Aktualisierungsbereitstellungspflicht), da dies prinzipiell nicht möglich ist.43 Unternehmer müssen sich daher im Ergebnis bei der Hauptleistungs- und Aktualisierungsbereitstellung am Marktstandard für die Art ihres Produkts orientieren und dabei auch die objektiv legitimen Verbrauchererwartungen an ihre Produktklasse miteinbeziehen.44 Aufgrund der Herausforderungen bei der Bestimmung der Referenzgruppe eines digitalen Produkts45 und den regelmäßig wohl nicht leicht festzustellenden Verbrauchererwartungen (insb. in Bezug auf die soeben angesprochene Dynamisierung) können insofern Unsicherheiten über die i. R. d. Hauptleistungs- und Aktualisierungsbereitstellungpflicht tatsächlich zu er-
So auch Riehm/Abold, CR 2021, 530, 538 (Rn. 49). Sicherheitslücken basieren auf Programmfehlern, die nicht vermieden werden können. Pro 1000 Zeilen Code sind statistisch drei bis zehn Programmfehler enthalten, vgl. Rockstroh/Peschel, NJW 2020, 3345, 3345 (Rn. 1); Deusch/Eggendorfer, DSRITB 2015, 833, 833; Schmidt in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), HdB IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 1 Rn. 270; Sohr/Kemmerich in: Kipker (Hrsg.), Cybersecurity, 2. Aufl. 2023, Kap. 3 Rn. 155; Peter, CR 2005, 404, 409 (Fn. 55); auch Heussen, CR 2004, 1, 1 ff. 44 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 40 ff.; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 21. 45 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 27 plädiert z. B. für eine „nicht zu enge“ Referenzgruppe. A.A. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 29 und Riehm/Abold, CR 2021, 530, 535 (Rn. 26). Vgl. auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327e Rn. 22. Für die Möglichkeit der Heranziehung des Kriteriums der Substituierbarkeit plädierend Spindler, MMR 2021, 451, 454. Zum Abstellen auf die Preisgestaltung als referenzgruppenbildendes Merkmal siehe Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 28; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 29, Schneider, CR 2022, 1, 7 (Rn. 36); Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 163. Dazu, dass bei der Bestimmung der Referenzgruppe entsprechend § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB verfahren werden können soll vgl. bspw. Faust in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 434 Rn. 63 ff. 43
3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht
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bringende Leistung entstehen.46 Zwar findet sich eine ähnliche Bezugnahme auf die Produktart und die Verbrauchererwartungen auch in § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, S. 2 und 3 BGB.47 Durch die dauerhafte Bereitstellung des digitalen Produkts (dazu bereits unter 3.1.1) bzw. die fortlaufend notwendigen Aktualisierungen, auch bei einmaligen Bereitstellungen, sind diese Anforderungen nun jedoch über einen viel längeren Zeitraum zu erfüllen, was die Komplexität erhöht. Um die Unsicherheiten i. R. d. (Hauptleistungsbereitstellungs- und) Aktualisierungspflicht zumindest etwas zu reduzieren, hat der Unternehmer insofern die Möglichkeit, sein Produkt von anderen Produkten abzugrenzen,48 sowie die Option, Verbrauchererwartungen und die übliche Beschaffenheit mithilfe öffentlicher Äußerungen zu steuern (§ 327e Abs. 3 S. 2 BGB).49 Die Einflussnahme auf die Verbrauchererwartungen erfolgt insofern durch Äußerungen in der Werbung oder durch Produktbeschreibungen auf Websites.50 Wie bei dauerhaften Hauptleistungsbereitstellungen ist auch mit Blick auf Aktualisierungen festzuhalten, dass Upgrades51 und Optimierungen vom Unternehmer generell nicht geschuldet sind.52 D.h., der Unternehmer muss das digitale Produkt nur insoweit aktualisieren, wie es die Vertragsmäßigkeit verlangt.53 Gemeint sind damit wohl vor allem die Be-
So auch Riehm/Abold, CR 2021, 530, 540 (Rn. 60). Spindler, MMR 2021, 451, 454 stellt fest, dass weder die Richtlinie noch die Umsetzungsvorschriften Hilfestellungen zur Vergleichsgruppenbestimmung bieten und schlägt das Kriterium der Substituierbarkeit als Abgrenzungshilfe vor. 47 So auch Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327e Rn. 7. 48 Zu diesem Vorgehen Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 27; Riehm/Abold, CR 2021, 530, 535 (Rn. 26); Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 89 (zur Richtlinie); Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 29. 49 Dazu näher Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 43 f.; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 36 f.; zur ähnlichen Situation i. R. d. § 434 BGB vgl. Faust in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 434 Rn. 104 ff. 50 Saenger in: Schulze et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 434 Rn. 28; Faust in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 434 Rn. 83. 51 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 58 verwendet – wohl etwas missverständlich – Aktualisierungen als Oberbegriff für „Upgrades“ und „Updates“ (und als Synonym zu „Verbesserungen“). Erwägungsgrund 74 der Richtlinie hingegen nutzt „Verbesserungen“ als Synonym für „Upgrades“. Buchmann/ Panfili, K&R 2022, 159, 159 bezeichnen die Verwendung als Oberbegriff daher als „verfehlt“. 52 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 5; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 4; Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 114 (zur Richtlinie); Wendehorst in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 111, 123 (zur Richtlinie); Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2; Felsch/Kremer/Wagener, MMR 2022, 18, 21; Erdelt, K&R 2022, 803, 804; Kramme, RDi 2021, 20, 25 (Rn. 23). Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 58 ist nach hier vertretener Ansicht wohl nur etwas missverständlich formuliert und fordert wohl keine weiterreichenden Verbesserungen. Schneider/Streitz, CR 2022, 141, 145 (Rn. 31 f.) nehmen an, dass i. R. v. von Updates sogar Verschlechterungen zulässig sein können. 53 Zur Dynamik aufgrund der Bezugnahme auf die Verbrauchererwartungen siehe näher unter 3.1.1. 46
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3 Der sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten
hebung von „Fehlern“, Anpassungen an technische Änderungen und Sicherheitsupdates.54 Inwieweit das digitale Produkt umgekehrt über Aktualisierungen hinaus geändert werden darf, regelt § 327r BGB.55 Die Abgrenzung zwischen notwendigen Aktualisierungen zum Erhalt der Vertragsmäßigkeit und darüber hinausgehenden Optimierungen wird im Einzelfall jedoch aufgrund der Unbestimmtheit des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB schwerfallen,56 was bereits das angeführte Beispiel zu den Sicherheitsupdates andeutet. Eine Unterscheidung zwischen Aktualisierungen und Änderungen des digitalen Produkts ist aber notwendig, da beide Aspekte unterschiedlich geregelt werden.57 Mit Blick auf die Kompatibilität ist bspw. explizit eine Grenzziehung durch den Unternehmer anhand des Maßstabs von „in der Regel“58 erforderlich. Es besteht z. B. kein Kompatibilitätserfordernis mehr mit ganz alten Betriebssystemversionen, die die Mehrheit der Verbraucher am Markt nicht mehr nutzt, oder Betriebssystemänderungen wie von iOS zu Android.
3.2.4 Installation der Aktualisierung und Installationsanleitungen Eine Installationspflicht des Unternehmers für die Aktualisierung passt – wie auch bei der Hauptleistungsbereitstellungspflicht (siehe 3.1.3) – nicht in das System des § 327f Abs. 2 BGB.59 Bestünde eine solche Installationspflicht der Aktualisierung, dann wäre die in § 327f Abs. 2 BGB geregelte Haftungserleichterung für den Unternehmer im Fall des Nichtzugriffs auf die Aktualisierung durch den Verbraucher obsolet. Denn der Unternehmer könnte die Mangelfreiheit selbst erreichen, indem er die Aktualisierung beim digitalen Produkt installiert. Wie bei der Hauptleistungsbereitstellung des digitalen Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 5; Schöttle, MMR 2021, 683, 686; Schippel, K&R 2021, 151, 151; Erdelt, K&R 2022, 803, 805. 55 Siehe dazu näher Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327r Rn. 1; Möllnitz, MMR 2021, 116, 116 ff.; Schöttle, DSRITB 2021, 431, 441 ff.; Legner, NJOZ 2022, 353, 358. Zum Zusammenspiel von § 327f BGB und § 327r BGB vgl. Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 317 ff. und Schneider, CR 2022, 1, 9 (Rn. 54 ff.). 56 Hunzinger, CR 2022, 349, 351 (Rn. 13) hält in vielen Fallgestaltungen beide „Auslegungsvarianten“ für vertretbar. Braun, CR 2022, 727, 731 (Rn. 41 f.) weist darauf hin, dass „Zwangsaktualisierungen als einseitige Änderung nach § 327r BGB durchgesetzt werden könnten, so auch Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 18 ff.). Schöttle, DSRITB 2021, 431, 442 sieht die bisherige „Praxis des Umgangs mit Software-Updates“ in Frage gestellt. Bosch/Meurer, IPRB 2022, 193, 195 merken an, dass bei digitalen Medizinprodukten die Unterscheidung zwischen Änderung und Aktualisierung eine erforderliche Neuzertifizierung zur Folge haben kann. 57 Zur Frage, ob Aktualisierungen mit Änderungen verbunden werden dürfen, siehe näher unter 4.2. 58 § 327e Abs. 2 S. 3 BGB. 59 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 21; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 20; Spindler, MMR 2021, 451, 455: „Den Unternehmer treffen Erstellungs-, Informations- und Bereitstellungspflichten, jedoch keine Installationspflichten.“; Schneider, ITRB 2021, 182, 187; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 6 (Rn. 35). Zur „Installationsfreiheit“ des Verbrauchers siehe 4.2.5. 54
3.2 Aktualisierungsbereitstellungspflicht
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Produkts sollte es dem Unternehmer und dem Verbraucher jedoch auch mit Blick auf Aktualisierungen möglich sein, eine Integrationspflicht zu vereinbaren. Insofern kann auf die Ausführungen zur Hauptleistungsbereitstellung unter 3.1.3 verwiesen werden. Dabei muss jedoch unterschieden werden, ob die Integrations- bzw. Installationspflicht ein einzelnes, kompliziert zu installierendes Update betrifft oder ob eine Installationspflicht für alle Updates vereinbart wird. Letzterer Fall entspricht den automatischen Updates, wodurch die Anforderungen des § 327h BGB gewahrt werden müssen (vgl. dazu 4.2.5). Es ist nicht explizit vorgeschrieben, dass der Unternehmer Installationsanleitungen bereitstellen muss.60 § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB kann zur Begründung einer solchen Pflicht nicht herangezogen werden, denn § 327e BGB beschreibt lediglich die Anforderungen, die ein mangelfreies digitales Produkt erfüllen muss.61 Zu Anleitungen i.d.S. gehören nur solche, die für den Zugang und den Gebrauch des digitalen Produkts erforderlich sind.62 Ggf. müssen Installationsanleitungen für das digitale Produkt somit aktualisiert werden. Daraus ergibt sich jedoch keine Pflicht, eine Installationsanleitung für Aktualisierungen bereitzustellen. § 327f Abs. 2 Nr. 2 BGB befasst sich wiederum mit den Rechtsfolgen einer mangelhaften Installationsanleitung. Die Vorschrift regelt die Pflicht zur Bereitstellung zwar ebenfalls nicht,63 verdeutlicht aber, dass es Fälle gibt, in denen der Unternehmer dem Verbraucher eine solche Anleitung zur Verfügung stellen muss.64 Die Pflicht, eine Installationsanleitung bereitzustellen, könnte aber ggf. Teil der (unselbstständigen) Informationspflicht65 sein und somit in Bezug auf die europäischen Vorgaben ebenfalls auf dem effet utile-Grundsatz66 beruhen. Die deutschen Umsetzungsvorschriften
Die Frage nach der Erforderlichkeit von Installationsanleitungen aufwerfend: Kramme, RDi 2021, 20, 25 (Rn. 23). Begründet werden kann diese Lücke wohl mit der geringen praktischen Relevanz von Installationsanleitungen für Aktualisierungen, vgl. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 21. 61 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 20 lehnen unter Verweis darauf eine Pflicht zur Bereitstellung einer Installationsanleitung ab. Vgl. auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 21, der § 327f Abs. 2 Nr. 2 BGB als Pflichtenquelle für die Verfügbarmachung einer Installationsanleitung sieht. 62 Schulze in: ders. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 28; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 47; Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 77 (zur Richtlinie); Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 35; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 174 (Rn. 433) empfehlen, die Zielgruppe von Personen ohne digitale Erfahrung statt digital natives bei der Formulierung von Anleitungen vor Augen zu haben. 63 So auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 20; implizit auch Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2. 64 A.A. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 20. Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 4 (Rn. 23) leiten hingegen eine Pflicht zur Verfügbarmachung von Installationsanleitungen unmittelbar aus § 327f Abs. 2 BGB ab. 65 Zur Unterscheidung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Informationspflicht siehe 2.2. 66 Siehe Nachweise in 2.2 Fn. 20. 60
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3 Der sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten
müssten dann entsprechend richtlinienkonform ausgelegt werden.67 Allerdings muss nicht jede Aktualisierung um eine Installationsanleitung ergänzt werden.68 Dies wird regelmäßig nur dann notwendig sein, wenn die Installation einer Aktualisierung aufgrund besonderer Umstände etwas komplizierter ausgestaltet ist. Nach hier vertretener Ansicht sollte eine Installationsanleitung somit immer dann gegeben werden, wenn der durchschnittliche Verbraucher mit herkömmlichen IT-Kenntnissen die Aktualisierung nicht ohne die Anleitung installieren kann und die Aktualisierungspflicht dadurch ins Leere laufen würde. Diese dogmatische Anbindung an die (unselbstständige) Informationspflicht bietet im Ergebnis die notwendige Flexibilität, damit je nach Einzelfall festgestellt werden kann, ob eine Pflicht zur Verfügbarmachung einer Installationsanleitung für Aktualisierungen besteht.
3.2.5 Herstellung der Aktualisierung Bei der Aktualisierungspflicht (ebenso wie bei der Hauptleistungsbereitstellungspflicht) ist zu beachten, dass der Unternehmer, den die Pflicht trifft, nicht notwendigerweise zugleich der Hersteller des digitalen Produkts oder des Updates sein muss. Er kann auch ein Intermediär (d. h. ein Händler) sein.69 Wenn etwa ein Vertrag über die Bereitstellung eines Textverarbeitungsprogramms zwischen einem solchen Intermediärsunternehmer (Händler) und einem Verbraucher geschlossen wird, so muss der Unternehmer sicherstellen, dass die Aktualisierungen, insb. bei Sicherheitsaktualisierungen, den richtigen Umfang haben (§ 327f Abs. 1 BGB). Die Formulierung des § 327f Abs. 1 S. 1 BGB und die Regelung des § 327u Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB zeigen, dass der Unternehmer das für die Aktualisierung bspw. notwendige Update jedoch nicht selbst herstellen und auch nicht selbst bereitstellen muss.70 Er muss lediglich dafür sorgen, dass die Aktualisierung erstellt und dem Verbraucher bereitgestellt wird. In der Praxis wird es wohl meist so sein, dass der Intermediär für die Aktualisierung nicht unmittelbar selbst sorgen kann, indem er z. B. ein Update für das Textverarbeitungsprogramm programmiert oder von Dritten programmieren und einpflegen lässt. Denn dazu müsste er auf das in der Regel rechtlich und tatsächlich geschützte Programm einwirken, was ihm nicht möglich sein wird. In der Praxis muss der Die Annahme einer externen Lücke in der Richtlinie würde hingegen zu Rechtszersplitterung führen, auch wenn für das deutsche Recht überlegt werden könnte, den Unternehmer gem. Treu und Glauben (§ 242 BGB) zur Bereitstellung einer Installationsanleitung zu verpflichten. 68 So auch Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 34; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 14; anders Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2. 69 Für die Darstellung verschiedener Übertragungskonstellationen gebrauchter Software mittels Intermediären vgl. Gesmann-Nuissl/Kanert, BB 2022, 1603, 1604 ff. 70 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 29; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 9; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2. 67
3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht
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Intermediär daher wohl grundsätzlich den Hersteller zur Erstellung und ggf. auch zur Bereitstellung veranlassen.71 Ohne ihn kann der Unternehmer somit regelmäßig seine Pflicht nicht erfüllen. Entwickelt der Hersteller trotz Aufforderung kein notwendiges Update, so kann der Unternehmer allerdings gem. § 327u Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB den Hersteller als Vertriebspartner (§ 327u Abs. 1 S. 1 BGB) in Regress nehmen. Dennoch stellt die Aktualisierungspflicht für Intermediäre eine Herausforderung dar,72 die ggf. einen Teil der Intermediäre aus dem Markt drängen könnte. Die Lage ist insofern durch das Urheberrecht teils schwieriger als bei Kauf- und Mietverträgen über analoge Güter.73 Denn dort ist der Intermediär zumindest bei bestimmten Produkten selbstständiger und weniger vom in der Lieferkette vorgeschalteten Hersteller abhängig. Er kann den vertragsgemäßen Zustand u. U. auch durch Dritte (Reparateur beim Kaufvertrag, Handwerker beim Wohnungsmietvertrag) tatsächlich herstellen lassen und nicht alleine durch den Hersteller des Vertragsgegenstands.
3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht 3.3.1 Überblick Der sachliche Umfang der letzten selbstständigen Bereitstellungspflicht ist in § 327p Abs. 3, 2 BGB geregelt. Die Vorschrift gewährt dem Verbraucher ein Recht auf Datenbereitstellung durch den Unternehmer spiegelbildlich dazu, wie dies in Art. 20 DSGVO vorgesehen ist.74 Hintergrund der Vorschrift ist, dass der Verbraucher nicht durch den Verlust bestimmter Inhalte davon abgehalten werden soll, sein Recht auf Vertragsbeendigung auszuüben (so ausdrücklich Erwägungsgrund 70 RL). Generell trägt die Regelung im Interesse der Verbraucher somit dazu bei, einen Anbieterwechsel zu er-
Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 7 überlegt daher, ob die Aktualisierungspflicht auf den Hersteller übertragen werden sollte. Bittner, VuR 2022, 9, 12 und Kirchhefer-Lauber, JuS 2021, 918, 923 rekurrieren auf die allgemeine Regelung des § 267 Abs. 1 BGB, was jedoch aufgrund der Formulierung des § 327f Abs. 1 S. 1 BGB nicht notwendig erscheint und zudem im Hinblick auf den erforderlichen Willen des Herstellers, die für ihn fremde Verpflichtung des Intermediärunternehmers gegenüber dem Verbraucher zu tilgen, problematisch sein kann. 72 So auch Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 393; Reinking, DAR 2021, 185, 190; Bosch/Meurer, IPRB 2022, 193, 195: „Dilemma“; Stieper, CR 2022, 325, 327 ff.; Lejeune, ITRB 2023, 18, 24; Gelbrich/ Timmermann, NJOZ 2021, 1249, 1253 (in Bezug auf Waren mit digitalen Elementen). 73 Vgl. § 23 bzw. § 69c Nr. 2 UrhG. Dazu auch Bosch/Meurer, IPRB 2022, 193, 195 f.; Sattler, NJW 2020, 3623, 3624 ff.; Stieper, CR 2022, 325, 327 (Rn. 6 ff.) sowie im Hinblick auf Waren mit digitalen Elementen J. Hoffmann/Löffler, ZfPW 2023, 1, 9 f. 74 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 74. Zum Verhältnis der DSGVO zu dem Regelungsgegenstand der Richtlinie vgl. Erwägungsgrund 37 und 38 RL, sowie Buchmüller/Roos, ZD 2022, 8, 8 ff.; Klink- Straub, NJW 2021, 3217, 3220 f.; Schmitz/Buschuew, MMR 2022, 171, 171 ff.; Nikol/Rust, NJW 2022, 975, 978 f. 71
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leichtern und dadurch den Wettbewerb unter den Anbietern zu sichern.75 Sie greift daher auch nur im Fall der Vertragsbeendigung.76 Vor Vertragsbeendigung hat der Verbraucher gem. § 327p Abs. 3, 2 BGB somit keinen Anspruch auf Bereitstellung bestimmter Inhalte.77 Weder die Richtlinie noch das deutsche Umsetzungsgesetz geben vor, dass der Unternehmer den Verbraucher über sein Recht auf Datenbereitstellung informieren muss. Eine entsprechende Pflicht scheint damit für den Unternehmer nicht zu bestehen. Der Verbraucher muss sein Recht somit kennen, um es geltend machen zu können. Derzeit dürfte den meisten Verbrauchern die Möglichkeit allerdings noch nicht bekannt sein. Vorgegeben ist zudem, dass die Bereitstellung der Inhalte für den Verbraucher kostenlos erfolgen muss (§ 327p Abs. 3 BGB). D.h., der Unternehmer darf bspw. keine Gebühren für die Abwicklungsbereitstellung verlangen.78 Sie hat zudem ohne Behinderung durch den Unternehmer zu erfolgen.79 In diesem Sinn gibt die Regelung bspw. bereits konkret vor, dass für die Bereitstellung ein gängiges Format gewählt werden muss (§ 327p Abs. 3 BGB). Aufgrund der hier angestrebten einheitlichen Auslegung des Bereitstellungsbegriffs über alle drei Bereitstellungspflichten hinweg umfasst die Bereitstellung zur Erfüllung der Abwicklungsbereitstellungspflicht grundsätzlich ebenso wenig eine Integrations- oder Installationspflicht des Unternehmers. Die Vorgaben zur Abwicklungspflicht sind allerdings wiederum aus Sicht eines Herstellers durchdacht worden, der gleichzeitig der Unternehmer ist, mit welchem der Verbraucher den Vertrag schließt. Die Situation wird komplizierter, wenn ein Intermediär den Vertrag mit dem Verbraucher abschließt, dabei aber auf den Hersteller angewiesen ist, um seine Pflicht zu erfüllen. Insoweit muss sich der Intermediär um vertragliche Vereinbarungen bemühen, damit entweder der Hersteller dem Intermediär die Inhalte herausgibt, der sie dann wiederum dem Verbraucher bereitstellt. Oder der Intermediär verpflichtet den Hersteller dadurch, dem Verbraucher die Inhalte direkt i. R. d. Abwicklungspflicht bereit75 Zur Vermeidung dieses sog. Lock in-Effekts siehe Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 29; Metzger, JZ 2019, 577, 583; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 2. Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 73, wonach die Regelung dem Verbraucher mehr Selbstbestimmung ermögliche. 76 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 1 f., 10; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 1; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. Dabei greift die Abwicklungsbereitstellung nach hier vertretener Ansicht in jedem Fall des Vertragsendes, vgl. Jung/Rolsing, Die Abwicklungspflicht des § 327p BGB, 2023, Abschnitt C.II., S. 8 f. (im Erscheinen). 77 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 10; Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 51 (zur Richtlinie); Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 4. 78 Die ggf. anfallenden Kosten in der Sphäre des Verbrauchers (z. B. für eine Internetverbindung) muss der Unternehmer allerdings nicht erstatten (Erwägungsgrund 71 RL; Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75). Siehe auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 13; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 10. 79 Siehe dazu näher unter 4.3.1.
3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht
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zustellen. Da die Bereitstellung von Inhalten im Rahmen der Abwicklungspflicht originär dem Pflichtenkreis des Unternehmers, d. h. z. B. des Intermediärs, zuzuordnen ist, greift auch in diesem Fall die Zurechnung nach § 278 BGB.80
3.3.2 Verlangen des Verbrauchers Im Gegensatz zu den Aktualisierungen, die dem Verbraucher auch ohne sein Verlangen zur Verfügung gestellt werden müssen, ist mit Blick auf die Abwicklungsbereitstellungspflicht ein Verlangen des Verbrauchers erforderlich. Das bedeutet, dass der Verbraucher mit Hilfe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung81 gegenüber dem Unternehmer zum Ausdruck bringen muss, von seinem Anspruch gem. § 327p Abs. 3, 2 BGB Gebrauch machen zu wollen. Die Regelung enthält keine Vorgaben zur Form des Verlangens.82 Muss die Datenbereitstellung vom Verbraucher allerdings gerichtlich durchgesetzt werden, so sind die sich in Bezug auf die Konkretisierung der herausverlangten Daten ergebenden Schwierigkeiten zu bedenken (siehe dazu unter 4.3.2). Eine Frist für das Verlangen des Verbrauchers sieht § 327p BGB ebenfalls nicht explizit vor (dazu näher unter 5.3.2).
3.3.3 Herauszugebende bzw. nicht herauszugebende Daten Gem. § 327p Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 BGB ist der Unternehmer nach der Vertragsbeendigung nur verpflichtet, solche Inhalte herauszugeben, die keine personenbezogenen Daten sind83 und vom Nutzer selbst erstellt oder bereitgestellt wurden, als er das digitale Produkt nutzte. Art. 2 Nr. 8 RL gibt vor, dass der Begriff „personenbezogene Daten“ so zu verstehen ist, wie er in Art. 4 Nr. 1 DSGVO definiert wird. Der Verbraucher kann somit im Ergebnis sowohl seine personenbezogenen Daten als auch die nicht-personenbezogenen Daten, die vom Nutzer aber selbst erstellt oder bereitgestellt wurden, herausverlangen,
Dies gilt jedoch nicht für vorgeschaltete Maßnahmen wie bspw. die Disaggregierung von Inhalten. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 12; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. Vgl. näher zum Verbraucherverlangen Jung/Rolsing, Die Abwicklungspflicht des § 327p BGB, 2023, Abschnitt C.III., S. 11 (im Erscheinen). 82 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 12; Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 52 (zur Richtlinie). 83 Den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt weiterhin die DSGVO. Danach hat der Verbraucher z. B. ein Recht darauf, dass das Unternehmen seine personenbezogenen Daten löscht (Art. 17 DSGVO) oder diese Daten an ihn herausgibt (Art. 20 DSGVO). Die Ausnahme von personenbezogenen Daten engt den Anwendungsbereich der Abwicklungsbereitstellungspflicht stark ein, vgl. Jung/Rolsing, Die Abwicklungspflicht des § 327p BGB, 2023, Abschnitt C.I., S. 6 (im Erscheinen). 80 81
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3 Der sachliche Umfang der drei Bereitstellungspflichten
wenn auch nach unterschiedlichen Vorschriften.84 Da die Anforderungen in beiden Fällen relativ niederschwellig ausgestaltet sind, dürften daher Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis wohl nicht zu besonderen Problemen führen. Schwierigkeiten dürften sich nur ergeben, sofern die Datenbereitstellung gerichtlich durchgesetzt werden muss (siehe dazu 4.3.2). Grundvoraussetzung für den Anspruch gem. § 327p Abs. 3 S. 1 BGB ist durch die Bezugnahme auf die Erstellung bzw. Bereitstellung des Inhalts im Ergebnis eine aktive Handlung des Verbrauchers.85 Dabei fällt auf, dass sowohl Art. 16 Abs. 3, 4 RL als auch der sie umsetzende § 327p Abs. 2 BGB von „Inhalten“ und nicht von den enger zu verstehenden „digitalen Inhalten“ sprechen.86 Die Vorschrift könnte bewusst umfassend formuliert sein und daher auch nicht-digitale Inhalte erfassen. Relevant erscheint die Erfassung nicht-digitaler Inhalte bspw. i. R. d. Nutzung eines 3D-Druckprogramms eines Unternehmers mit vom Verbraucher auf dem unternehmereigenen Server erstellten 3D-Druckdateien.87 Der Unternehmer dürfte diese vom Verbraucher erstellten 3D- Druckdateien als digitale Inhalte nicht weiternutzen, wenn der etwa mit einer dauerhaften Bereitstellung ausgestaltete Vertrag beendet wurde. Findige Unternehmer könnten jedoch die 3D-Druckdatei zuvor per Druck materialisieren. Diese materialisierte Datei wäre dann kein digitaler Inhalt mehr. Sie fällt jedoch ebenfalls unter § 327p Abs. 2, 3 BGB, da sich die Vorschrift nicht auf digitale Inhalte beschränkt.88 Nach der dargestellten Grundregel darf der Unternehmer vom Verbraucher bei der Nutzung des digitalen Produkts erstellte oder bereitgestellte Inhalte nach Vertragsbeendigung nicht weiter nutzen und muss sie dem Verbraucher nach der Vertragsbeendigung auf dessen Verlangen bereitstellen. Es gibt aber ausnahmsweise auch Inhalte, die der Unternehmer nach der Vertragsbeendigung weiternutzen kann und die er dem Verbraucher auch
Zukünftig werden in dem Bereich der Datenportabilität auch die Bestimmungen des EU Data Act (EUDA) zu beachten sein. Zum einen müssen danach bei datenerzeugenden Produkten oder mit ihnen verbundenen Softwarediensten dem Nutzer die erzeugten Daten unabhängig von ihrer Art zugänglich gemacht werden (Artt. 3, 4 EUDA). Zum anderen muss es dem Nutzer auch möglich sein, die Daten an Dritte freizugeben (Art. 5 EUDA). Das Verhältnis des EU Data Act und der §§ 327 ff. BGB wird zu klären sein, da der Anwendungsbereich sich teilweise überschneidet und mit der Bereitstellung sogar dieselbe Begrifflichkeit verwendet wird. Nach Erwägungsgrund 74 des EU Data Act sollen die Rechte des Verbrauchers nach § 327p BGB allerdings unberührt bleiben. 85 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 7; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 12; Brockmann, DVP 2022, 401, 404. 86 So auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 73. Die Richtlinie hält diese Erweiterung jedoch nicht ausnahmslos durch. Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL handelt wieder von digitalen Inhalten. 87 In diese Richtung auch Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 5; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 10; Spindler, MMR 2021, 528, 529. 88 Anders pauschal Ring, ZAP 2021, 1005, 1008: „Die mittels digitaler Produkte hergestellten Sachen selbst unterfallen hingegen nicht der RL.“. 84
3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht
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nicht i. R. d. Abwicklung bereitstellen muss. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis wird durch die Formulierung „dies gilt nicht“ in § 327p Abs. 2 S. 2 BGB verdeutlicht, die der Gesetzgeber häufiger im BGB einsetzt. Entsprechend dürfte eine widerlegbare Vermutung für die Bereitstellungsfähigkeit eines Inhalts vorliegen.89 Dabei ist eine restriktive Interpretation der genannten Ausnahmen angezeigt,90 denn die Vorschrift dient dazu, Hürden für den Verbraucher, der den Vertrag beenden will, zu senken.91 Die Regel verknüpft damit die untersagte weitere Nutzung der Inhalte durch den Unternehmer und die Bereitstellung dieser Inhalte an den Verbraucher. Zu den nicht bereitzustellenden Inhalten gehören etwa bestimmte Spielelemente, die im Shop des Unternehmers erworben werden können und Oberflächen von Ausrüstungsgegenständen der Spielfigur (sog. skins), die die Spielfigur individualisieren.92 Denn außerhalb des Spiels haben diese Individualisierungen im Regelfall keinen Nutzen,93 sodass grundsätzlich § 327p Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 BGB einschlägig sind. Zwar nicht dem Nutzungsverbot, jedoch der Abwicklungspflicht in Form der Bereitstellung unterliegen Inhalte, die, wie etwa ein digitales Kunstwerk, gemeinsam von mehreren Verbrauchern erstellt wurden und die den übrigen Verbrauchern auch nach Beendigung der Vertragsbeziehung mit dem Unternehmer, in dessen digitaler Dienstleistung sich das Kunstwerk befindet, erhalten bleiben sollen. In diesen Fällen könnte zumindest eine Kopie an den Verbraucher, der den Vertrag beendet hat, herausgegeben werden und die anderen Nutzer könnten weiter von dem gemeinsam erstellten Inhalt profitieren. Insoweit wandelt sich der Inhalt der Abwicklungsbereitstellungspflicht. Umfasst ist dann nicht mehr der „originale“ Inhalt, sondern lediglich eine Kopie. Dies erscheint insb. dann sinnvoll, wenn die Daten aus rechtlicher und technischer Sicht kopierbar sind. Schließlich sollen Inhalte nicht bereitgestellt werden müssen, die so mit anderen Daten
Ein entsprechendes Verständnis wird bspw. auch mit Blick auf § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zugrunde gelegt, der dieselbe Formulierung verwendet. Siehe z. B. Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 280 Rn. 15; Ulber in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 280 Rn. 125. Damit wird durch diese Vermutung die Darlegungs- und Beweislast des Unternehmers für die fehlende Bereitstellungsfähigkeit geregelt (vgl. auch § 292 Abs. 1 ZPO). 90 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 73; Erwägungsgrund 70 RL; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327p Rn. 9; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 8; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 7; zumindest teilweise auch Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 8. 91 Erwägungsgrund 70 RL; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 8; Bernzen/ Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 1. 92 Ein weiteres Beispiel findet sich mit einem vom Verbraucher aus einer unternehmerischen Vorselektion ausgewählten Profilbild in der Begründung des Regierungsentwurfs, Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 73. 93 Das kann sich ändern, wenn diese skins oder besonderen Ausrüstungsgegenstände im Web 3.0 als NFT ausgestaltet werden und über Spiele hinweg transportiert und genutzt werden können. Vgl. zu NFT: Hoeren/Prinz, CR 2021, 565, 565 (Rn. 4 ff.); aus sachenrechtlicher Perspektive Guntermann, RDi, 2022, 200, 200 ff. 89
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verbunden sind, dass eine Disaggregierung nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist (§ 327p Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BGB). Dazu können als Extrembeispiel einzelne Elemente (hashs) einer Blockchain des Unternehmers gehören, die ein Verbraucher erzeugt hat, bei der eine Disaggregierung allerdings sogar technisch nicht möglich ist.
3.3.4 Speicherung der Daten Um die Bereitstellungspflicht gem. § 327p Abs. 3 S. 1 BGB erfüllen zu können, müssen die Inhalte, die der Verbraucher während der Nutzung des digitalen Produkts erstellt oder bereitgestellt hat, gespeichert werden und auch nach Vertragsbeendigung weiterhin gespeichert bleiben.94 Eine solche Speicherpflicht für den Unternehmer für die Zeit nach der Vertragsbeendigung ist aber weder in der Richtlinie noch in den deutschen Umsetzungsvorschriften explizit geregelt. Sie wird jedoch in der bisher zu § 327p Abs. 3 BGB erschienen Literatur wohl zumindest implizit angenommen.95 Gleichzeitig wird teilweise für ebenjene Inhalte eine Löschpflicht des Unternehmers aus dem in § 327p Abs. 2 S. 1 BGB normierten Nutzungsverbot abgeleitet,96 da die Speicherung auch eine Nutzungsform sei.97 Erfüllte der Unternehmer diese postulierte Löschpflicht unmittelbar nach Vertragsbeendigung, so würde er den Bereitstellungsanspruch des Verbrauchers gem. § 327p Abs. 3 S. 1 BGB verhindern und sich dadurch sogar schadensersatzpflichtig machen.98 Der deutsche Gesetzgeber sieht als Lösung somit scheinbar eine Speicherpflicht des Unternehmers für eine angemessene Frist mit einer daran anschließenden Löschpflicht vor,99 ohne aber eine angemessene Speicherfrist zu regeln.
Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 54, der dies als notwendige Voraussetzung für die Abwicklungsbereitstellung sieht, mit dem Hinweis, das eine entsprechende Regelung in der Richtlinie fehlt; Tamm/Tonner in: Brönneke/Föhlisch/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2022, S. 95 (Rn. 215). 95 Denn es wird regelmäßig auf die möglichen Schadensersatzansprüche i. R. e. zu frühen Löschung oder auf die Frist für das Herausgabeverlangen hingewiesen. Vgl. Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327p Rn. 4; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 18 (implizit); Metzger in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 12 (implizit); Schulze in: HK-BGB, 11. Aufl. 2021, § 327p Rn. 10 (implizit); Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15 (implizit; trotz Löschpflicht). 96 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 13; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 7 (Fn. 10); Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 7; gegen eine Löschpflicht Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 39. 97 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 128 (Rn. 345), der sich dabei am Verarbeitungsbegriff des Art. 4 Nr. 1 DSGVO orientiert. 98 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75. 99 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75; so auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 128 (Rn. 345) und Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. 94
3.3 Abwicklungsbereitstellungspflicht
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Gesetzliche Anknüpfungspunkte für die nachvertragliche Speicherpflicht des Unternehmers könnten zum einen der effet utile-Grundsatz der Bereitstellungspflicht aus Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL i. V. m. einer richtlinienkonformen Auslegung des § 327p Abs. 3 S. 1 BGB und zum anderen auch die Pflicht des Unternehmers aus § 327p Abs. 3 S. 3 BGB (Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL), dem Verbraucher die Inhalte „ohne Behinderung“100 bereitzustellen, sein. Gegen eine Verortung der Speicherpflicht in § 327p Abs. 3 S. 3 BGB (Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL) spricht vor allem die Systematik der Normen. Denn Satz 2 der Vorschrift (UAbs. 2 der RL) regelt die Bereitstellungsmodalitäten, mit denen der Bereitstellungsanspruch erfüllt werden muss, wie die Bezugnahme auf die Kostenfreiheit oder zulässige Formate zeigt (siehe dazu 4.3.1). Es geht somit darum, was vom Unternehmer verlangt wird, wenn bereits feststeht, was bereitgestellt werden muss. Die Regelung bezieht sich somit nicht auf die vorgeschaltete Frage, was das Bereitstellungsobjekt ist und daher zu diesem Zweck gespeichert werden muss. Dies ist vielmehr die Regelungsmaterie des § 327p Abs. 3 S. 1 BGB (Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL). Im Ergebnis sprechen daher nach hier vertretener Ansicht die besseren Argumente für eine Verankerung der Speicherpflicht gem. dem effet utile-Grundsatz in Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL (den § 327p Abs. 3 S. 1 BGB umsetzt). Ohne eine der Bereitstellungspflicht korrespondierende Speicherpflicht des Unternehmers würde Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL seiner Wirksamkeit beraubt. Schließlich kann ein Inhalt, der nicht gespeichert ist, weil er bspw. unmittelbar nach Vertragsbeendigung vom Unternehmer gelöscht wurde, nicht mehr bereitgestellt werden. Aufgrund der Ratio der Norm, den beendeten Vertrag abzuwickeln und die Parteien endgültig von ihrer vertraglichen Verbindung zu lösen,101 darf die so begründete Speicherpflicht für Inhalte nicht auf eine lange, unbestimmte Dauer angelegt sein. Erforderlich ist eine Speicherpflicht für einen im Einzelfall angemessenen Zeitraum.102 Dieser entspricht dabei dem Zeitraum, der dem Verbraucher zur Verfügung steht, den Anspruch aus § 327p Abs. 3 S. 1 BGB geltend zu machen (vgl. hierzu 5.3.2).
Sprachvergleich: Englisch: „without hindrance“; Spanisch: „sin impedimentos“; Französisch: „sans que le professionnel y fasse obstacle“; Italienisch: „senza impedimenti“; Niederländisch: „zonder belemmeringen“; Bulgarisch: „без да бъде възпрепятстван“. 101 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 1. 102 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75; so auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 128 (Rn. 345) und Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327p Rn. 4 nimmt eine „Mindestgrenze“ von einem Monat für die Speicherpflicht an. 100
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Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
Bereits die Ermittlung des jeweiligen sachlichen Bereitstellungsumfangs („was“) der verschiedenen Pflichten kann eine Herausforderung darstellen. Sicherlich ebenso he rausfordernd ist die Feststellung der jeweiligen Bereitstellungsmodi („wie“) je nach Art der Bereitstellungspflicht.1 Hinsichtlich der Hauptleistungsbereitstellungspflicht ist z. B. § 327b Abs. 3 und 4 BGB umständlich formuliert.2 Die ggf. bestehende Unter scheidung zwischen dem digitalen Produkt und dem Bereitstellungsobjekt (dazu be reits unter 3.1.2) trägt zu dieser Komplexität bei. Gleiches gilt für den von der vollhar monisierenden Richtlinie verfolgten Grundsatz der Medienneutralität.3 Dieser Ab schnitt konzentriert sich daher zunächst auf die verschiedenen Erfüllungsmöglichkeiten der drei inhaltlichen Bereitstellungspflichten und beleuchtet jeweils im Anschluss, wie zwischen ihnen gewählt wird. Soweit sie nicht zum Verständnis der Ausführungen zur Erfüllung der Bereitstellungspflichten erforderlich sind, werden die zeitlichen Aspekte der Erfüllung getrennt davon nachfolgend unter Punkt 5 diskutiert.
Entsprechend stellt bspw. Klümper, MPR 2023, 50, 53 fest: „In der Praxis wird die Frage, wann eine Bereitstellung ordnungsgemäß erfolgt ist, sicherlich einer der Kernpunkte der Rechtspre chung sein.“ 2 Auch Fellner, MDR 2021, 976, 982 (Rn. 31) attestiert Teilen des Gesetzes umständliche Regelun gen und schwer verständliche Formulierungen. Weiß, ZVertriebsR 2021, 208, 216 sieht das als „mit gliedsstaatliche Zivilrechtssystem an seine Grenzen“ gebracht. 3 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 85 (Rn. 219); Schulze, ZEuP 2019, 695, 705; Kumkar, ZfPW 2020, 306, 310. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_4
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die Hauptleistungsbereitstellung Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung hängt von dem digitalen Pro dukt als Vertragsgegenstand ab und davon, ob es sich um eine einmalige oder eine dauer hafte Bereitstellung handelt (§ 327b Abs. 3, 4 BGB). Die folgende Betrachtung differen ziert daher zwischen der Bereitstellung digitaler Inhalte (siehe 4.1.1) und digitaler Dienst leistungen (siehe 4.1.2) und geht im Anschluss auf bestehende Wahlmöglichkeiten ein (siehe 4.1.3). Wie bereits unter Punkt 1 angedeutet, besteht insofern allerdings das Pro blem, dass die Abgrenzung zwischen digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen im Einzelfall nicht immer leichtfallen dürfte bzw. digitale Produkte auch beide Elemente ver einen können.4
4.1.1 Die Bereitstellung digitaler Inhalte (§ 327b Abs. 3 BGB) 4.1.1.1 Bereitstellungsoptionen Der Unternehmer kann alternativ den digitalen Inhalt selbst oder das geeignete Mittel für den Zugang zu diesem oder das Herunterladen desselben dem Verbraucher unmittelbar oder mittelbar über eine vom Verbraucher bestimmte Einrichtung (bspw. einen Cloudspei cher seiner Wahl)5 bereitstellen (§ 327b Abs. 3 BGB). Diese Bereitstellung kann durch eine Zurverfügungstellung oder eine Zugänglichmachung erfolgen. Dabei ist die Zurverfügungstellung eine direkte Form des Zugriffs, denn sie bedeutet die Einräumung einer verbrauchereigenen, selbstständigen Zugriffsmacht über den digitalen Inhalt.6 Die Über sendung einer Datei dürfte daher jedenfalls eine Form der Zurverfügungstellung darstel len, obwohl die Bereitstellung nicht stets eine Übermittelung des digitalen Inhalts erfor dert.7 Hingegen stellt die Zugänglichmachung nur die Gewährung einer Nutzungsmög lichkeit unter fremder Kontrolle (d. h. der Kontrolle des Unternehmers oder eines Dritten) dar.8 Das Einloggen auf einer Streamingplattform des Unternehmers, um einen dort Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327 Rn. 21 ff.; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327 Rn. 8; Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 4); zu Unterscheidungsmöglich keiten Pech, MMR 2022, 348, 348 f.; ders., MMR 2022, 516, 517; Grüneberg, BRJ 2022, 77, 78. 5 Siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48. 6 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48; Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 5 DCD Rn. 27 (zur Richtlinie); Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 10; vgl. auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 6. 7 Pauschal eine Übermittlung für nicht erforderlich haltend: Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 10; Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 15. 8 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 6; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 12; Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 5 DCD Rn. 27 (zur Richtlinie). 4
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die …
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gekauften und bereitgestellten Film anzusehen, ist dafür ein Beispiel.9 Eine Abgrenzung der sich daraus ergebenden acht unterschiedlichen Bereitstellungsmodi gestaltet sich im Einzelfall wohl äußerst diffizil. In diesem Zusammenhang stellt sich bspw. die Frage, ob eine webbasierte E-Mail-Adresse (wie gmx.de oder googlemail.com) eine „Einrichtung“ darstellt oder nicht. Nach hier vertretener Ansicht handelt es sich bei nicht-selbstgehoste ten E-Mail-Postfächern um digitale Einrichtungen, die dem Empfang von digitalen Inhal ten in Form von E-Mails dienen und von einem anderen Unternehmer, bspw. Google im Falle von googlemail.com, betrieben werden.10 Erwägungsgrund 41 RL verdeutlicht, dass in jedem Fall auch clouds als „Einrichtung“ gelten. In der unten stehenden Grafik werden entsprechende Beispiele für die einzelnen Modi aufgelistet, wobei nicht alle praxisrele vant erscheinen. Aus Sicht des Gesetzgebers ist die Praxisrelevanz der einzelnen Bereit stellungsmodi jedoch wohl nicht entscheidend. Denn es ging dem Richtliniengeber viel mehr darum, Unternehmen und Verbrauchern ein breites Spektrum an Bereitstellungs modi zu eröffnen und die Regelungen möglichst technologieneutral und damit offen für zukünftige technische Entwicklungen zu halten. Da daher alle genannten Formen der Bereitstellung zulässig sind, erscheint die Problematik ihrer Abgrenzung an dieser Stelle auch nicht so dringlich und soll hier nicht versucht werden.11 Die Auflistung ist aber auf grund ihrer Formulierung wohl als abschließend anzusehen.12 Darauf weist zumindest der Wortlaut hin sowie die Tatsache, dass die Bereitstellungsmodi in § 327b Abs. 3 und 4 BGB bewusst unterschiedlich gefasst sind. In praktischer Hinsicht dürfte die Fragestellung auf grund der umfassenden Formulierung des § 327b Abs. 3 BGB nicht so entscheidend sein. Mit Blick auf digitale Inhalte bestehen im Ergebnis theoretisch acht Modi für die Be reitstellung (siehe Abb. 4.1).
4.1.1.2 Erfüllungswirkung Unabhängig von den Bereitstellungsmodi ist es wichtig, den Erfüllungszeitpunkt zu be stimmen (zu weiteren zeitlichen Aspekten siehe näher unter Punkt 5). Dafür ist zwischen der einmaligen und der dauerhaften Bereitstellung zu unterscheiden. Bei einer d auerhaften
Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 8; Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 5 DCD Rn. 27; ders. in: ders. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 11. 10 Für eine Qualifikation als Einrichtung auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 7. Gleichzeitig handelt es sich bei nicht-selbstgehosteten E-Mailpostfächern um eine digitale Dienstleistung, die dem Verbraucher von einem Unternehmer zugänglich gemacht wird. 11 Wie hier Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 9. Auch Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 150 (Rn. 356) erkennen bei der Untersuchung der Bereitstellungsmodi die Abgrenzungsschwierigkeiten. 12 Zur Frage, ob diese abschließend sind vgl. Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 85 (Rn. 218) (im Ergebnis dies wohl befürwortend). Vgl. auch die Beispiele für einzelne Bereitstel lungsoptionen bei Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 148 ff. und Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 7 ff. 9
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung Bereitstellung digitaler Inhalte
Bereitstellung eines geeigneten Mittels für den Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts
Bereitstellung des digitalen Inhalts
Unmittelbar an den Verbraucher
Mittelbar an vom Verbraucher bestimmte Einrichtung
Unmittelbar an den Verbraucher
Mittelbar an vom Verbraucher bestimmte Einrichtung
Zugänglichmachung (Bsp.: Musiktitel auf einer Musikstreamingplattform)
Zugänglichmachung (Bsp.: Freischaltung eines sog. mod für eine virtuelle Spielwelt eines Dritten)
Zugänglichmachung (Bsp.: Freischaltung für digitales Konzert, das über eine Digital Concert Hall erlebt wird)
Zugänglichmachung (Bsp.: Zusendung eines Downloadmanager per E-Mail)
Zurverfügungstellung (Bsp.: Zusendung eines Videos auf einem P2P-Netzwerk)
Zurverfügungstellung (Bsp.: Hochladen eines E-Books auf eine fremde Cloud*)
Zurverfügungstellung (Bsp.: P2P-Zusendung eines Downloadlinks für ein Programm)
Zurverfügungstellung (Bsp.: Zusendung eines Product Key per E-Mail)
* Bsp. nach RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48.
Abb. 4.1 Bereitstellungsmodi für digitale Inhalte (eigene Darstellung)
Bereitstellung bedeutet dies, dass der Unternehmer das digitale Produkt über den gesam ten vereinbarten Zeitraum bereitstellen muss (Bereitstellungszeitraum). Er hat seine Pflicht daher erst mit Ablauf dieses Zeitraums erfüllt. Bei einer einmaligen Bereitstellung stellt sich ebenfalls die Frage, wie lange das digitale Produkt für den Verbraucher zugriffs bereit gehalten werden muss (Bereitstellungsdauer).13 Dieser Umstand ist bei einem di gitalen Produkt relevant, da der Verbraucher über den tatsächlichen Zugriff auf das Pro dukt und den Beginn der Nutzung des digitalen Produkts bei einer einmaligen Bereitstel lung selbstständig entscheiden können soll14 (was sich aus den bisherigen Ausführungen zur Zugänglichmachung/Zurverfügungstellung ergibt) und der Unternehmer nach § 327b Abs. 2 BGB sofort leisten darf (was z. B. auch zu einer Bereitstellung in der Nacht führen kann). Das stellt einen wesentlichen Unterschied zur Situation bei analogen Pro dukten dar. Am Beispiel eines elektronischen Buches, das dem Verbraucher per Down loadlink bereitgestellt wird, stellt sich daher die Frage, wie viel Zeit dem Verbraucher ver bleibt, das E-Book herunterzuladen. Entsprechend lang müsste der Downloadlink aktiv und funktionsfähig gehalten werden. Wie lang dieser Zeitraum ist, hängt jedoch davon ab, wie man die Pflicht des Unternehmers einordnet, dem Verbraucher den Zugriff auf das Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformu larbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen) und Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 13 weisen zu Recht darauf hin, dass § 327b Abs. 5 BGB diesen Aspekt nicht regelt. 14 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48. Vgl. z. B. auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 14. 13
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die …
37
digitale Produkt zu gewähren. Weder die §§ 327 ff. BGB, noch die Begründung des Um setzungsgesetzes, noch die Richtlinie selbst geben hierzu explizit Auskunft. Daher sind grundsätzlich drei verschiedene Interpretationen vorstellbar. Zum einen ist denkbar, dass der Erhalt der Zugriffsmöglichkeit einen Teil der Hauptleistungsbereitstellungpflicht des Unternehmers darstellt. Die Bereitstellung wäre in die sem Fall bspw. allein durch die Übersendung eines Downloadlinks nicht erfüllt, sondern eine ordnungsgemäße Erfüllung würde voraussetzen, dass der Link auch angemessen lange aktiv gehalten wird.15 Bei dieser Auslegung würden sich dann zahlreiche Anschluss fragen stellen. So wäre z. B. zu erörtern, wie der Zeitraum der Aktivhaltung des Links zu bestimmen ist.16 Noch weitergehend könnte auch gefordert werden, dass die Erfüllungs wirkung erst dann eintritt, wenn der Verbraucher das Produkt tatsächlich herunterlädt. In diesem Fall würde die Erfüllung der Bereitstellung (auch) von einer Handlung des Ver brauchers abhängen.17 Der Verbraucher könnte gem. dieser Interpretation zudem nach Ab lauf einer angemessenen Frist in Annahmeverzug geraten.18 Außerdem ist zu bedenken, dass diese Auslegung wohl zu einer relativ kurzen Frist führen würde, da es für den Unter nehmer eine erhebliche Belastung darstellt, seine Bereitstellungspflicht nicht endgültig er füllen zu können. Das liegt vor allem an den einschneidenden Konsequenzen einer Nicht bereitstellung. Denn die Qualifizierung einer nicht lange genug aufrechterhaltenen einma ligen Bereitstellung als unterbliebene Bereitstellung würde dazu führen, dass die strikten Rechtsfolgen des § 327c BGB eintreten. Die bis zu dem Zeitpunkt erbrachten Leistungs handlungen des Unternehmers würden ihn vor diesen erheblichen negativen Konsequen zen nicht schützen. Dies ist bereits deshalb nicht unproblematisch, da die Bestimmung der erforderlichen Bereitstellungsdauer wohl eine Herausforderung darstellen würde.19 Zum anderen ließe sich vertreten, dass die Hauptleistungsbereitstellung bereits erfüllt ist, wenn der Downloadlink dem Verbraucher zugegangen ist. Das führt spiegelbildlich zur Problematik, dass der Verbraucher ggf. keine reelle Chance erhält, die bereitgestellte Leistung tatsächlich zu nutzen und vielmehr sofort auf die Mängelrechte verwiesen wird. Diese Situation kann eintreten, wenn z. B. der Unternehmer dem Verbraucher einen Down loadlink zusendet, der jedoch nur für eine kurze Zeit (z. B. zwei Stunden in der Nacht)
In diese Richtung wohl Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 14. 16 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 14 führen aus, dass insofern § 242 BGB zu berücksichtigen wäre. 17 So wohl Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4. 18 Wie hier gegen die Möglichkeit eines Annahmeverzuges: Ernst in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 293 Rn. 6; ähnlich Rieländer, GPR 2022, 28, 31 (Fn. 40). Für die Möglichkeit eines An nahmeverzuges: Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4 und Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341). 19 Der Unternehmer kann sich dabei lediglich an die im Folgenden unter 5.1 erläuterte Höchstfrist halten, um die Anwendung des § 327c BGB zu vermeiden. 15
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
aktiv ist. Die Situation wäre dann nicht gem. § 327c BGB zu lösen,20 sondern der Verbrau cher müsste gem. § 327e BGB vorgehen. Denn § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB gibt vor, dass die Zugänglichkeit des digitalen Produkts zu den objektiven Anforderungen an die Ver tragsmäßigkeit zählt. Ein Vorteil dieses dogmatischen Begründungsweges läge allerdings darin, dass mit der erwartbaren Zugänglichkeit ein gewisser Maßstab für die Beurteilung der angemessenen Bereitstellungsdauer bestünde.21 Aus Unternehmersicht böte diese In terpretation den Vorteil, dass die Mängelrechte des § 327i BGB insb. die Nacherfüllung eröffnen und somit die ursprünglich erfüllte Bereitstellungshandlung honorieren. Aus Ver brauchersicht wurde bereits angemerkt, dass der Verweis auf die Mängelrechte nicht un bedingt vorteilhaft ist. Allerdings könnte der Verbraucher so nicht in Annahmeverzug ge raten.22 Zudem ließe sich insofern wohl ein längerer Zeitraum der Zugänglichkeit vertre ten, da dies dem Unternehmer in dieser Situation eher zumutbar erscheint. Das wiederum käme Verbrauchern zugute. Zuletzt besteht noch die Option, von einer Regelungslücke innerhalb der Richtlinie auszugehen. Sie bedürfte dann entweder einer internen Schließung (innerhalb der Richtli nie) oder einer externen Ausfüllung (durch das nationale Recht). Nach Erwägungsgrund 58 RL soll es den Mitgliedstaaten unbenommen bleiben, Verjährungsfristen auf nationaler Ebene zu regeln, solange es sich nicht um Fristen für die in § 327i BGB aufgelisteten Rechtsbehelfe handelt. Es ließe sich daher theoretisch vertreten, dass in diesem Fall eine externe Lücke vorliegt, die somit auf mitgliedstaatlicher Ebene gefüllt werden muss. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch keine speziellen Vorgaben bzgl. des Zeitrahmens der Be reitstellung gemacht. Zudem ist die Frage der Bereitstellungsdauer rechtstechnisch nicht identisch mit der Verjährung des Anspruchs. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus aber vor allem, dass die Lösung dieser Problematik eine Stellschraube i. R. d. Interpretation der §§ 327 ff. BGB darstellt, da sie das Verhältnis von Bereitstellung, Nacherfüllung und Fol gen einer unterlassenen Bereitstellung betrifft. An dieser Stelle von einer externen Lücke auszugehen würde daher zu einer erheblichen Rechtszersplitterung und einem fragmen tierten Verbraucherschutzniveau in der EU führen. Daher wird hier vertreten, dass trotz der genannten Probleme die Argumente für die zweitgenannte Interpretation etwas stärker sind. Deshalb ist bei einer einmaligen Bereit stellung generell lediglich eine Zugänglichmachung oder eine Zurverfügungstellung des digitalen Inhalts oder des geeigneten Mittels für den Zugang geschuldet und der Bereit stellungserfolg tritt bereits durch das Verschaffen der Zugriffsmöglichkeit für den So aber Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327c Rn. 3 und Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 152 (Rn. 367). 21 In diese Richtung scheinbar Auer-Reinsdorff, MMR 2023, 6, 10. 22 Nach hier vertretener Ansicht kann i. R. d. Bereitstellung als Erfüllungshandlung generell kein Annahmeverzug eintreten, denn § 327b Abs. 2 BGB dürfte eine insb. dem § 300 BGB vorgehende Spezialregelung sein, vgl. Ernst in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 293 Rn. 6, ähnlich Rieländer, GPR 2022, 28, 31 (Fn. 40). Die Möglichkeit eines Annahmeverzugs jedoch annehmend: Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4 und Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341). 20
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die …
39
erbraucher ein. Eine gewisse Bereitstellungsdauer bzw. ein tatsächlicher Zugriff sind V somit für eine Erfüllungswirkung nicht erforderlich.23
4.1.1.3 Schuldtypus und Gefahrübergang Bei der Bereitstellung des digitalen Inhalts oder des geeigneten Mittels an den Verbrau cher handelt es sich nach bisher wohl überwiegender Auffassung unter Verweis darauf, dass die Schaffung einer Zugriffsmöglichkeit für den Verbraucher ausreicht,24 um eine Holschuld i. S. d. deutschen Rechts.25 Die Richtlinie selbst enthält jedoch keine explizite Aussage zum Schuldtypus oder zum Gefahrübergang, die einen Rückschluss auf den Schick-, Bring- oder Holschuldcharakter der Bereitstellungspflicht erlauben würde.26 Dabei ist diese Unterscheidung etwa i. R. d. § 377 HGB, der auch im Anwendungsbereich des Umsetzungsgesetzes gilt, wichtig.27 Im Folgenden soll daher untersucht werden, wel chem Schuldtypus die verschiedenen Bereitstellungssituationen zugeordnet wer den können. 4.1.1.3.1 Anwendbarkeit nationalen Rechts Möglich wäre zunächst, dass die Richtlinie selbst eine neue Kategorie vorgibt und der deutsche Gesetzgeber durch die Vollharmonisierung daran gebunden ist (Art. 4 RL). Dafür könnte sprechen, dass die Bereitstellung bereits eine neue Form der Erfüllung darstellt, die entsprechend eines eigenständigen Schuldtypus bedarf und eine EU-weite Harmonisie rung daher wünschenswert erschiene. Die Richtlinie thematisiert diesen Aspekt – wie so eben erwähnt – jedoch nicht. Die Problematik ist auch nicht so eng mit einem anderen geregelten Aspekt verbunden, dass eine einheitliche Handhabung i. S. e. europäischen internen Lückenschließung28 zwingend notwendig erscheint. Wie im Folgenden zu Anders scheinbar Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4 und Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341), die einen Annahmever zug für möglich erachten. Wie hier Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327b Rn. 4. 24 Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleis tungsrecht, 2019, S. 63, 70; Spindler/Sein, MMR 2019, 415, 419. 25 Spindler/Sein, MMR 2019, 415, 419; Ehle/Kreß, CR 2020, 723, 725 (Rn. 14); Rosenkranz, GPR 2018, 28, 34. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 8 gibt an, dass es der Hol schuld ähnelt. Anders Imhof, CR 2023, 565, 569 („regelmäßig eine Bringschuld“). 26 Faust, Digitale Wirtschaft – Analoges Recht: Braucht das BGB ein Update? Gutachten zum 71. Deutschen Juristentag, S. 17; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 206 (Rn. 533) stellen fest, dass die §§ 327 ff. BGB keine Regelungen zum Erfüllungsort vorsehen und verweisen auf die Anwendbarkeit von § 269 BGB. 27 Vgl. etwa Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 2, 5. Aufl. 2021, § 377 Rn. 24 ff.; Steimle/Dornieden in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas (Hrsg.), HGB, 6. Aufl. 2023, § 377 Rn. 27. 28 Interne Lücken sind innerhalb des europäischen Rechts zu füllen. Externe Lücken bedürfen hinge gen einer Schließung durch nationales Recht. Zur Unterscheidung im europäischen Privatrecht siehe Riesenhuber in: FS Canaris, 2017, S. 181, 191; zur Unterscheidung im europäischen Gesellschafts recht Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 153 ff.; zur Unterscheidung im internationalen Einheitsrecht schon Kropholler, Internationales Einheits recht, 1975, S. 301 ff.; Gruber, Methoden des Internationalen Einheitsrechts, 2004, S. 280 ff. 23
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
z eigen sein wird, müsste das europäische Recht zudem nicht nur einen neuen Schuldtypus vorgeben, sondern vielmehr ein ganzes System. Das liegt daran, dass die Bereitstellung in unterschiedlicher Form erfolgen kann, was eine differenzierte Betrachtung notwen dig macht. Es ist daher nach hier vertretener Ansicht anzunehmen, dass statt einer internen, d. h. europäisch zu schließenden Lücke in der Richtlinie vielmehr eine externe Lücke vorliegt, die durch das deutsche Recht zu füllen ist. In diese Richtung weist auch Erwägungsgrund 14 RL, der den Mitgliedstaaten freistellt, „die Folgen einer nicht erfolgten Bereitstellung […] zu regulieren, wenn diese […] auf ein Hindernis zurückzuführen ist, auf das der Un ternehmer keinen Einfluss hat und das oder dessen Folgen der Unternehmer nicht vermei den oder beseitigen konnte, beispielsweise im Fall höherer Gewalt.“ Damit umschreibt der europäische Gesetzgeber die Gefahrtragung und führt einen Teilaspekt dessen explizit als Beispiel an.29 Es ist der wohl h. M. daher insofern zuzustimmen, als dass sich der Schuld typus nach dem deutschen Recht bestimmt. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass bei der Bereitstellung immer eine Holschuld vorliegen muss. Im Folgenden sollen nicht alle, sondern vielmehr ausgewählte Konstellationen diskutiert und eingeordnet werden. Es geht insofern darum zu zeigen, dass die Bereitstellung zwar wohl häufig, aber nicht immer, eine Holschuld darstellt. Maßgeblich für die Einordnung als Hol-, Bring- und Schickschuld sind der Leistungs- und der Erfolgsort der Schuld. 4.1.1.3.2 Bereitstellung als Holschuld Die Bereitstellung digitaler Produkte kann im Ergebnis in der Tat als Holschuld ausgestal tet werden. Bei einer Holschuld fallen Leistungs- und Erfolgsort am Schuldnerort zusam men.30 In der analogen Welt bedeutet dies, dass der Unternehmer das Produkt aussondert, zur Abholung abstellt und den Verbraucher entsprechend informiert, woraufhin dieser das Produkt am Schuldnerort abholt.31 In der digitalen Welt wäre das Pendant bspw. ein E-Book, das auf der Website des Unternehmers zum Download bereitgestellt ist und die Information des Verbrauchers über die Downloadmöglichkeit.32 Insofern tritt die Erfül lung der Hauptleistungspflicht des Unternehmers mit dem Freischalten des Links auf sei ner Homepage und kumulativ der Information des Verbrauchers darüber ein. Die Bereit stellung in Form der Zurverfügungstellung kann somit in der Tat als Holschuld ausge staltet werden.33
So auch Semmelmayer, MMR 2022, 1048, 1048 f. Krüger in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 269 Rn. 5. 31 Emmerich in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 243 Rn. 29. 32 Zur mit der Hauptleistungsbereitstellung verbundenen unselbstständigen Informationspflicht siehe bereits näher unter 2.2. 33 Dass eine Bereitstellung nur innerhalb der Sphäre des Verbrauchers erfolgen kann, will Erwä gungsgrund 41 RL im Ergebnis wohl nicht vorschreiben, auch wenn die Formulierung so verstanden werden könnte. 29 30
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die …
41
Bei der Bereitstellung durch Zugänglichmachung wird sogar regelmäßig eine Hol schuld vorliegen.34 Denn sie bedeutet die Gewährung einer Nutzungsmöglichkeit des Ver brauchers unter fremder Kontrolle. Muss ein digitales Produkt, bspw. ein Film als digitaler Inhalt, bereitgestellt werden, so kann dies mittels der Zugänglichmachung auf der Platt form des Unternehmers durch die Freischaltung des Films geschehen. Dann tritt der Er folg durch diese Freischaltung auf der Plattform ein, da der Verbraucher sich nur noch ein loggen muss, um den digitalen Inhalt zu nutzen. Damit liegen der Leistungs- und der Er folgsort auf der Plattform des Unternehmers und eine Holschuld wäre anzunehmen. Auch in anderen Fällen der Zugänglichmachung eines digitalen Produkts dürfte eine Holschuld gegeben sein, sofern – wie wohl regelmäßig – die Zugänglichmachung auf einer zum Un ternehmer oder einem Dritten gehörenden Plattform, d. h. unter für den Verbraucher frem der Kontrolle, erfolgt. 4.1.1.3.3 Bereitstellung als Schick- oder Bringschuld Statt einer Mitteilung über die Downloadmöglichkeit auf der Homepage des Unterneh mers kann dieser dem Verbraucher i. R. d. Zurverfügungstellung aber auch direkt den Downloadlink zusenden. Dies ist als Bereitstellung eines geeigneten Mittels zum Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts zu qualifizieren, wodurch der digitale Inhalt und das Bereitstellungsobjekt nicht mehr übereinstimmen. In diesem Fall ist zur Einord nung des Schuldtypus auf das Mittel als alternatives gesetzliches Bereitstellungsobjekt ab zustellen. Dadurch liegt eine Einordnung als Schick- oder Bringschuld über das geeig nete Mittel nahe. Dann scheidet eine Einordnung als Holschuld aus. Geht man von einer Schickschuld aus, so erfüllt der Unternehmer mit dem Absenden dieses Mittels seine Be reitstellungspflicht. Der Erfolg würde eintreten, wenn der (freigeschaltete) Link die Sphäre des Verbrauchers (bspw. sein E-Mail-Postfach) erreicht. Denn erst damit entsteht eine echte Zugriffsmöglichkeit für den Verbraucher. Der Verbraucher könnte sofort auf den Downloadlink zugreifen, indem er ihn anklickt. Dass er dies tatsächlich macht, stellt je doch keine Voraussetzung für den Erfolgseintritt dar, wie unter 4.1.1.2 allgemein erörtert wurde.35 Dass der Link funktioniert, ist hingegen schon eine Voraussetzung. Wählt man hingegen das digitale Produkt und nicht das Bereitstellungsobjekt als Bezugspunkt, so könnte hier doch auch eine Einordnung als Holschuld naheliegen. Hier wird allerdings eine Schickschuld befürwortet, da dies die maßgebliche Handlung i. R. d. Bereitstellung darstellt. Statt eines Downloadlinks kann der Unternehmer dem Verbraucher allerdings auch di rekt die digitale Datei selbst (bspw. ein Foto) über ein P2P-Netzwerk zusenden. In diesem
So stets für den Fall der Zugänglichmachung Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 147 (Rn. 346). 35 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 8; Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/ Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 70; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 10. Anders wohl Ernst in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 293 Rn. 6. 34
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
Fall erfolgt eine Bereitstellung des digitalen Inhalts an den Verbraucher, d. h. der digitale Inhalt und das Bereitstellungsobjekt unterscheiden sich nicht. Eine Holschuld liegt auch hier nicht nahe, sondern vielmehr eine Schick- oder Bringschuld. Wie im zuvor genannten Beispiel könnte hier ggf. eine Schickschuld angenommen werden. Außerdem besteht gem. § 327b Abs. 3 BGB die Möglichkeit, dass der digitale Inhalt dem Verbraucher mit Hilfe einer von ihm bestimmten Einrichtung, wie etwa einem Cloudspeicher, zur Verfügung gestellt wird.36 In diesem Fall muss der Unternehmer sich bei dem Cloudspeicher anmelden und dort den digitalen Inhalt hochladen, ohne dass der Verbraucher neben der Bestimmung der Einrichtung eine weitere digitale (Abhol-)Hand lung erbringen müsste. Das würde wiederum eher der Bringschuld entsprechen, jeden falls nicht der Holschuld, sofern nicht eine weitere irgendwie geartete Freischaltung not wendig ist.37 Eine Bringschuld ist zudem mit Blick auf eine ggf. notwendige Integration des digi talen Produkts anzunehmen. Wie bereits angeführt, ist jedoch generell keine Integration (und auch keine Installation) geschuldet (siehe 3.1.3). Allerdings kann eine Integrations pflicht des Unternehmers vereinbart werden. Bzgl. der Integrationspflicht liegen dann so wohl der Leistungs- als auch der Erfolgsort am Verbrauchersitz,38 was eine Bringschuld zur Folge hätte. Denn dann müssen die digitalen Inhalte in die Hardwareumgebung des Verbrauchers integriert werden, was wohl in der Regel eine Erfüllung an seinem Wohnsitz notwendig macht. Das gilt allerdings nur für die Integrationspflicht und nicht zwangsläu fig für die Erfüllung der Hauptleistungsbereitstellungspflicht an sich, wobei praktisch eine einheitliche Vereinbarung einer Bringschuld naheliegt. 4.1.1.3.4 Zwischenfazit Maßgeblich für die Zuordnung zu einem Schuldtypus sind somit die unterschiedlichen Bereitstellungsmodi für digitale Inhalte nach § 327b Abs. 3 BGB (siehe Abb. 4.1 oben). Es handelt sich im Ergebnis je nach dem gewählten Bereitstellungsmodus um eine Schick-, Bring- oder Holschuld. Generell lässt sich jedoch feststellen, dass die Zugänglichmachung eine Holschuld nahelegt. Bei der Zurverfügungstellung sind hingegen unterschiedliche Schuldtypen vorstellbar. Entscheidend für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht ist in allen Fällen, dass der Verbraucher durch die Bereitstellungsobjekte das digitale Produkt ohne weitere Unternehmerhandlungen nutzen kann.39 Ob der Verbraucher letztlich
Siehe Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48. Ähnlich generell für den Fall der Zurverfügungstellung Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 147 (Rn. 346). 38 Das ist insb. der Fall, wenn der Unternehmer eine Integration mit Hardwareprodukten schuldet. Denn diese werden sich grundsätzlich physisch am Verbrauchersitz befinden. 39 Siehe Erwägungsgrund 41 RL. So auch Schulze, ZEuP 2019, 695, 705; Pech, GRUR-Prax, 2021, 509, 510. Anders Faber in: Stabentheiner/Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 68 f. 36 37
4.1 Die Erfüllung der Hauptleistungspflicht durch Bereitstellung – Die …
43
tatsächlich auf das digitale Produkt zugreift, spielt für die Erfüllung der Bereitstellungs pflicht hingegen keine Rolle.40
4.1.2 Die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen (§ 327b Abs. 4 BGB) Im Fall einer Vereinbarung über die Bereitstellung einer digitalen Dienstleistung sind die nutzbaren Bereitstellungsmodi im Verhältnis zur soeben beschriebenen Situation bei digi talen Inhalten eingeschränkter (siehe Abb. 4.2).41 Die Dienstleistung kann dem Verbraucher gem. § 327b Abs. 4 BGB nur direkt oder über eine Einrichtung zugänglich gemacht werden. Die Zurverfügungstellung der di gitalen Dienstleistung stellt somit keine Option dar. Der Verbraucher erhält damit keine eigene, vom Unternehmer unabhängige Zugriffsmöglichkeit auf die digitale Dienst leistung, sondern nur eine Nutzungsmöglichkeit unter Kontrolle des Unternehmers (Zu Bereitstellung digitaler Dienstleistungen
Bereitstellung der digitalen Dienstleistung
Unmittelbar an den Verbraucher
Zugänglichmachung (Bsp.: Freischaltung von YouTube Premium)
Mittelbar an vom Verbraucher bestimmte Einrichtung
Zugänglichmachung (Bsp.: Cloud Computing)
Abb. 4.2 Bereitstellungsmodi für digitale Dienstleistungen (eigene Darstellung)
Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48; Erwägungsgrund 41 RL; Spindler/Sein, MMR 2019, 415, 420; wohl auch Pech, MMR 2022, 348, 350. 41 An dieser Stelle wird die teilweise schwierige Abgrenzung zwischen digitalem Inhalt und digitaler Dienstleistung virulent, vgl. Jung/Rolsing, Die Folgen der unterbliebenen Bereitstellung eines digi talen Produkts, 2023, Abschnitt B. und D.II., S. 2 und 8 (im Erscheinen). 40
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
gänglichmachung). Auch die Nutzung eines alternativen Bereitstellungobjekts (bspw. in Form eines geeigneten Zugangsmittels) ist in der Regelung nicht vorgesehen.42 Im Fall der direkten Zugänglichmachung für den Verbraucher dürfte es sich generell um eine Holschuld handeln, da der Leistungs- und der Erfüllungsort bspw. auf der Webseite des Un ternehmers liegen.43 Am Beispiel der Bereitstellung eines Cloudspeichers bedeutet das, dass der Unternehmer dem Verbraucher ein Konto mit dem vereinbarten Speicherplatz be reithalten und ihm die Zugangsdaten dafür übermitteln muss. Damit wird dem Verbrau cher direkt die Nutzung dieser digitalen Dienstleistung zur Speicherung von digitalen In halten ermöglicht (§ 327b Abs. 4 1. Alt. BGB). Bei einem Streamingdienst (z. B. für Filme und Serien) würde der Verbraucher ebenfalls Zugangsdaten erhalten und könnte dadurch die Dienste nutzen, indem er die Website des Unternehmers besucht und den Streaming dienst dort mittels Login aufruft (Holschuld). Die Bereitstellung einer digitalen Dienstleistung mittelbar an eine vom Verbraucher bestimmte Einrichtung wird weder in den Erwägungsgründen der Richtlinie noch in der Gesetzesbegründung des Umsetzungsgesetzes näher erläutert. In der Tat fällt es nicht leicht, dafür ein alltägliches Beispiel zu finden. Jedoch dürfte das Cloud Computing ein Anwendungsfall der Zugänglichmachung einer digitalen Dienstleistung mittelbar an eine vom Verbraucher bestimmte Einrichtung sein. Dabei wird bspw. ein rechenintensives Online-Multiplayer-Computerspiel als digitale Dienstleistung nicht an den Verbraucher selbst, sondern an einen von ihm bestimmten Anbieter von Cloud Computing (bspw. Ama zon Web Services) bereitgestellt. Der Verbraucher greift über diese Einrichtung auf die Spielwelt der digitalen Dienstleistung zu, die auf den Servern des Unternehmers läuft, so dass die Bereitstellung i. S. d. Zugänglichmachung unter Kontrolle des Unternehmers er folgt. Auch hier liegt eine Einordnung als Holschuld nahe.
4.1.3 Einflussnahmemöglichkeiten auf den Erfüllungsmodus 4.1.3.1 Wahl des Erfüllungsmodus Es besteht damit eine große Bandbreite an potenziellen Bereitstellungsmodi. Wie die Ent scheidung getroffen wird, welche dieser Möglichkeiten genutzt wird, regelt die Richtlinie jedoch nicht explizit. Es handelt sich insofern nach hier vertretener Ansicht allerdings um eine interne Lücke, also um einen Aspekt, der in den Anwendungsbereich des Rechtsakts fällt, obwohl er dort nicht explizit geregelt wird. Denn nach hier vertretener Ansicht ist es unwahrscheinlich, dass der europäische Gesetzgeber diesen wichtigen und eng verbunde nen Teilaspekt des Kernpunkts der Regelungsmaterie bewusst aussparen und der eigenver antwortlichen Regelung der Mitgliedstaaten überlassen wollte. Die dadurch erwartbare Rechtszersplitterung wäre nicht mit dem vollharmonisierenden Charakter der Richtlinie 42 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 9; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 14; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 12; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 17. 43 Siehe dazu schon soeben unter 4.1.1.3.2.
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vereinbar. Diese interne Lücke der Richtlinie muss somit auf unionaler Ebene geschlossen werden und die nationalen Umsetzungsvorschriften entsprechend richtlinienkonform aus gelegt werden. Denkbar ist insoweit, dass jeweils der Unternehmer oder der Verbraucher alleine über die Bereitstellungsform entscheiden können. Zu überlegen ist auch, inwiefern ggf. die Marktüblichkeit maßgeblich ist und die Entscheidungsmöglichkeit einschränkt sowie, ob dieser Punkt zur vertraglichen Disposition der Parteien steht. Dass der Verbraucher alleine vollständig über die Art und Weise der Bereitstellung be stimmen können soll, erscheint bereits aus wirtschaftlichen und technischen Gesichts punkten nicht naheliegend. Denn für den Unternehmer würde ein Wahlrecht des Verbrau chers durch den Wegfall der economics of scale and scope zu einem wesentlich höheren innerbetrieblichen Aufwand und damit zu hohen Kosten führen (die dann wohl an den Ver braucher in Form höherer Preise weitergereicht werden müssten). Dass der europäische Gesetzgeber solche wirtschaftlichen Aspekte bei der Regelung und Reichweite von Ver braucherrechten auch in der digitalen Welt berücksichtigt, ergibt sich z. B. aus § 327p Abs. 2 S. 2 Nr. 3 2. Alt. BGB (Art. 16 Abs. 3 lit. c) RL), in dem bestimmte nach vertragliche Verbraucherrechte aufgrund des unverhältnismäßigen Aufwands ausgeschlos sen werden.44 Zudem hat der Unternehmer mehr Erfahrung mit seinem digitalen Produkt und dessen problemloser Bereitstellung. Er kann somit bspw. gut einschätzen, ob eine be stimmte Bereitstellungsoption technisch sinnhaft erscheint oder nicht. Entsprechend wei sen auch die gesetzlichen Regeln nicht auf ein Wahlrecht des Verbrauchers hin. Dagegen spricht zudem die explizite Regelung des freien Bestimmungsrechts des Verbrauchers hin sichtlich der Einrichtung zur Bereitstellung (§ 327b Abs. 3 BGB, Art. 5 UAbs. 2 lit. a) RL). Denn eine entsprechende Vorschrift wäre nicht nötig, wenn der Verbraucher alleine über die Art der Bereitstellung entscheiden dürfte und nicht nur über diesen Teilaspekt. Auch Erwägungsgrund 41 RL kann als Argument gegen ein Wahlrecht des Verbrauchers ange führt werden. Denn der Erwägungsgrund erläutert, dass nicht davon auszugehen ist, dass der Verbraucher das genannte Bestimmungsrecht ausgeübt hat, wenn vom Unternehmer nur eine einzige Einrichtung zur Bereitstellung angeboten wurde. Erwägungsgrund 41 RL weist somit vielmehr umgekehrt darauf hin, dass dem Unternehmer grundsätzlich das Wahlrecht zusteht. Erwägungsgrund 41 S. 1 der Richtlinie ent hält insofern noch einen weiteren Anhaltspunkt:45 Denn es wird zu Anfang ausgeführt, dass der Unternehmer „einem Verbraucher digitale Produkte auf verschiedene Weise bereitstellen“46 kann. Von einem Wahlrecht des Unternehmers scheint auch der deutsche Zu diesem Regelungskomplex i. R. d. Abwicklungsbereitstellung siehe schon 3.3. Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 5 DCD Rn. 24 (zur Richtlinie). 46 Sprachvergleich: Englisch: „There are various ways for the trader to supply digital content or di gital services to consumers.“; Spanisch: „Para el empresario, existen varias maneras de suministrar los contenidos o servicios digitales al consumidor.“; Französisch: „Les contenus numériques ou les services numériques peuvent être fournis par le professionnel aux consommateurs par divers moy ens.“; Italienisch: „L’operatore economico può fornire i contenuti digitali o i servizi digitali ai consumatori attraverso diversi canali.“; Niederländisch: „Er zijn verschillende manieren waarop de 44 45
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Gesetzgeber auszugehen, wenn er in der Gesetzesbegründung erklärt, dass „der Unterneh mer einen gewissen Spielraum bei der Wahl des Mittels“ hat.47 Die Formulierung „gewis sen Spielraum“ könnte allerdings so verstanden werden, dass der Unternehmer bei seiner Entscheidung nicht völlig frei ist.48 Es ließe sich insofern überlegen, ob die Bereitstel lungsform marktüblich sein muss. Dies könnte sich aus § 327b Abs. 3 und 4 BGB i. V. m. § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB („Zugänglichkeit“) ergeben. Das Produkt ist danach nur mangelfrei, sofern die Zugänglichkeit zu diesem i. R. d. Üblichen liegt und der Verbrau cher sie unter Berücksichtigung der Art des digitalen Produkts erwarten kann. Der Regie rungsentwurf führt insofern aus, dass die Zugänglichkeit darauf abzielt, „die Zugriffsmög lichkeiten auf das digitale Produkt (insb. bei digitalen Dienstleistungen) sicherzustel len“.49 Es ließe sich daher vertreten, dass dadurch der Wahlfreiheit des Unternehmers gewisse Grenzen gesetzt werden und er sich an die für diese Produktart üblichen Bereit stellungsmodi, die der Verbraucher auch erwarten kann, halten muss.50 Darüber hinaus ruft diese Verbindung von Mangelfreiheit und Bereitstellung allerdings Abgrenzungsprobleme hervor. Zu Recht wurde diesbezüglich in der Literatur angemerkt, dass dadurch fraglich erscheint, „wann es sich bei Störungen der Zugänglichkeit um einen Mangel des digitalen Produkts handelt und wann es an der Bereitstellung gem. § 327b Abs. 4 fehlt“.51 Im Er gebnis bestimmt aber somit grundsätzlich der Unternehmer, wie er seine Hauptleis tungspflicht erfüllt, solange er die Bereitstellung als Ziel erreicht,52 wobei insofern § 327b Abs. 3 und 4 BGB i. V. m. § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB gewisse Grenzen setzt. Im Rahmen der deutschen Umsetzung dürfte es sich bei § 327b Abs. 3 und 4 BGB daher
handelaar digitale inhoud of digitale diensten aan consumenten kan leveren.“; Bulgarisch: „Съществуват различни начини, по които търговецът може да предоставя цифровото съдържание или цифровите услуги на потребителите.“ 47 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 49; dazu auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 1; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 8; Wendland/So ritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 16; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 146 (Rn. 345); Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Er scheinen). 48 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 6 verweist auf die Beachtung des § 242 BGB. 49 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 56. 50 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 6 sieht die Grenze in § 242 BGB. 51 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 35; kritisch zu dieser Trennung auch Fervers, NJW 2021, 3681, 3681 (Rn. 4 ff.). 52 So auch Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 8; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 6; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 8; Lapp, ITRB 2021, 244, 245; anderer Ansicht Martens, Schuldrechts digitalisierung, 2022, S. 84 (Rn. 216 f.).
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um eine gesetzliche Wahlschuld i. S. d. §§ 262, 263 BGB handeln,53 da nach Wahl des Wahlberechtigten nur eine der gleichrangigen, feststehenden acht bzw. zwei Leistungsal ternativen getätigt werden muss, um die Bereitstellungspflicht zu erfüllen.54 Es bleibt dem Unternehmer als Ausfluss der Vertragsfreiheit aber unbenommen,55 auf sein Wahlrecht zu verzichten und sich mit dem Verbraucher vertraglich auf einen Bereitstel lungsmodus zu einigen56 oder diesem das Wahlrecht zu überlassen. Denn Art. 22 Abs. 2 RL, der durch § 327s Abs. 1, 3 BGB umgesetzt wird, stellt klar, dass der Unternehmer dem Ver braucher abweichend von dem vorgesehenen Schutzstandard noch vorteilhaftere Bedin gungen anbieten kann. Insofern ist es auch denkbar, dass der Unternehmer den Verbraucher bspw. zwischen zwei Optionen wählen lässt.57
4.1.3.2 Wahl einer Einrichtung und Rechtsfolgen einer unterbliebenen Wahl 4.1.3.2.1 Wahl einer Einrichtung Hat der Unternehmer den grundsätzlichen Bereitstellungsmodus gewählt, verbleibt dem Verbraucher nur noch ein eingeschränkter Einfluss auf die Bereitstellungsmodi. Ihm wird explizit nur auf der nachgelagerten Stufe das Recht gewährt, ggf. eine Einrichtung seiner Wahl zu bestimmen, die das digitale Produkt für ihn i. S. e. Leistung an Dritte (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB) entgegennimmt.58 Dem Verbraucher wird in diesem Punkt gem. § 327b Abs. 3, 4 BGB ein echtes Wahlrecht in Form einer Wahlschuld nach den §§ 262,
Dagegen spricht nicht, dass das Wahlrecht durch das Erfordernis der Marktüblichkeit einge schränkt ist. Denn das Wahlrecht steht „unter dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB“ (vgl. BGH NJW-RR 2003, 45, 45 f.). Dieses Gebot kann durch die Marktüblichkeit im Falle der Be reitstellung digitaler Produkte konkretisiert werden. Lehnt man die hier vorgeschlagene Interpreta tion ab, so könnte i. S.d. § 315 BGB von einem Leistungsbestimmungsrecht ausgegangen werden. 54 Zur Wahlschuld vgl. Krüger in: MüKo BGB, Bd. 2, 8. Aufl. 2019, § 262 Rn. 2. Anders Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 84 (Rn. 216 ff.). Auf die Zweifelsregelung des § 262 BGB muss nach hier vertretener Ansicht im Ergebnis nicht zurückgegriffen werden, da die Zuweisung des Wahlrechts an den Unternehmer als Schuldner sich schon aus der Auslegung ergibt. 55 Zur Vertragsfreiheit auf unionaler Ebene: Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 117 f.; Busche in: MüKo BGB, Bd. 1, 9. Aufl. 2021, vor § 145 Rn. 4; Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, 2000, S. 171; Knobel, Wand lungen im Verständnis der Vertragsfreiheit, 2000, S. 201. 56 Vgl. auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 6 (der wohl häufig eine kon kludente Vereinbarung annehmen würde); Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 84 (Rn. 216 f.) nimmt an, dass vertragliche Vereinbarungen nicht nur möglich sind, sondern dass bei Fehlen einer solchen die ergänzende Vertragsauslegung herangezogen werden soll, um die Form der Bereitstellung zu ermitteln. 57 Denn dies ist ebenfalls für den Verbraucher vorteilhafter, als gar keine Wahl zu besitzen. 58 Spindler/Sein, MMR 2019, 415, 419; Grüneberg, BRJ 2022, 77, 79. 53
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263 BGB zugestanden.59 Der Verbraucher hat das ihm zugestandene Wahlrecht allerdings auch auszuüben, da andernfalls die Bereitstellung durch den Unternehmer nicht durchge führt werden kann.60 Der Unternehmer kann dem Verbraucher im Ergebnis nicht nur eine Einrichtung „zur Wahl“ stellen (Erwägungsgrund 41 RL). Der Verbraucher muss sich somit zumindest zwischen zwei Einrichtungen entscheiden können. Erwägungs grund 41 RL scheint insofern allerdings etwas zu weit gefasst zu sein. Denn dort wird aus geführt: „Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher die kör perliche oder virtuelle Einrichtung bestimmt hat, wenn sie vom Unternehmer kontrolliert wird oder mit dem Unternehmer vertraglich verbunden ist […]“.61 Erwägungsgrund 41 RL schließt danach scheinbar die Möglichkeit aus, dass der Unternehmer seine eigene Einrichtung zumindest als eine Option unter mehreren erfüllungswirksam anbietet. Für diese – gerade für den Unternehmer nachteilige – Einschränkung findet sich allerdings kein Anknüpfungspunkt in der Richtlinie und sie lässt sich auch nicht mit dem Telos des § 327b BGB rechtfertigen. Dem Verbraucher soll gerade eine Wahl eröffnet werden. Diese Wahl würde jedoch eingeschränkt, wenn er eine Einrichtung von vornherein nicht er füllungswirksam wählen dürfte. Entgegen Erwägungsgrund 41 RL62 kann der Unter
Auf dieses Wahlrecht des Verbrauchers könnte die Zweifelsregelung des § 262 BGB zwar theore tisch anwendbar sein, da erneut zwischen zwei gleichwertigen, feststehenden Alternativen der Leis tung zu wählen ist, jedoch nur eine erfüllt werden muss. Für die Anwendung der Zweifelsregelung ist an dieser Stelle jedoch kein Raum, da das Wahlrecht durch das Gesetz ausdrücklich dem Verbrau cher zugewiesen wird. 60 Übt der Verbraucher das in Form einer Obliegenheit bestehende Wahlrecht nicht aus, so ist auf grund der bestehenden externen Lücke § 264 Abs. 2 BGB anwendbar, sodass das Wahlrecht an den Unternehmer zurückfällt. 61 Sprachvergleich: Englisch: „However, the physical or virtual facility cannot be considered to be chosen by the consumer if it is under the trader‘s control or is contractually linked to the trader […]“; Spanisch: „No obstante, no puede considerarse que el consumidor haya elegido la instalación física o virtual si está sometida al control del empresario o vinculada contractualmente a él […]“; Franzö sisch: „Toutefois, le lieu physique ou virtuel ne saurait être considéré comme choisi par le consom mateur si ce lieu est sous le contrôle du professionnel ou est contractuellement lié au professionnel […]“; Italienisch: „Tuttavia, non si può ritenere che l’impianto fisico o virtuale sia stato scelto dal consumatore se tale impianto è controllato dall’operatore economico o è contrattualmente collegato all’operatore economico […]“; Niederländisch: „De fysieke of virtuele faciliteit kan evenwel niet worden beschouwd als door de consument gekozen indien zij door de handelaar wordt beheerd of bij overeenkomst met de handelaar is verbonden […]“; Bulgarisch: „При все това, физическият или виртуален инструмент не може да се счита за избран от потребителя, ако този инструмент е под контрола на търговеца или е договорно обвързан с търговеца […]“. 62 Erwägungsgründe haben keinen Normcharakter. Sie sind für die Auslegung aber von relativ hoher Bedeutung. Bei Erwägungsgrund 41 RL stellt sich die Frage, ob es sich um einen tatbestandskonkre tisierenden Erwägungsgrund oder sogar einen eigenständig weiterreichenden Erwägungsgrund han delt. Selbst im ersteren Fall bleibt ein abweichendes Verständnis im Fall einer guten Begründung möglich. Im konkreten Fall spricht bspw. der Sinn und Zweck der Norm gegen die von Erwägungs grund 41 RL vorgegebene Interpretation. Siehe zur Bedeutung von Erwägungsgründen Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 118 f. 59
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nehmer daher auch seine eigene Einrichtung als Option anbieten. Es kommt allein darauf an, dass er dem Verbraucher eine echte Wahl ermöglicht. 4.1.3.2.2 Rechtsfolgen einer unterbliebenen Wahl Erwägungsgrund 41 UAbs. 2 RL befasst sich sodann mit den Rechtsfolgen einer unterblie benen Wahl durch den Verbraucher. Die Richtlinie selbst und entsprechend auch die §§ 327 ff. BGB sehen hingegen nicht explizit Rechtsfolgen für eine Bereitstellung des digitalen Produkts auf eine nicht als vom Verbraucher gewählt geltende Einrichtung vor. Dies ist nicht unproblematisch, da Erwägungsgründe keinen Normcharakter i. S.e. Norm befehls mit Tatbestand und Rechtsfolgen besitzen.63 Sie sind jedoch integraler Bestandteil der Richtlinie und spielen daher eine zentrale Rolle bei der Auslegung des Rechtsakts.64 Im Folgenden ist daher zunächst zu erörtern, wie der Erwägungsgrund zu verstehen ist, bevor überlegt werden kann, ob sich für die Inhalte Anknüpfungspunkte in den einschlä gigen Vorschriften finden lassen. Sollte sich kein Anknüpfungspunkt finden lassen, so muss die vom Erwägungsgrund vorgegebene Rechtsfolge hingegen unberücksichtigt bleiben. Wenn der Verbraucher letztlich keine Einrichtung gewählt hat, soll gem. Erwägungs grund 41 UAbs. 2 RL das digitale Produkt als nicht bereitgestellt gelten, falls „die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zwar in der körperlichen oder virtuellen Einrich tung bereitgestellt werden, der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleis tungen jedoch nicht gemäß dieser Richtlinie empfangen oder auf diese zugreifen kann.“65 Unter dieser fehlenden Wahl des Verbrauchers sind nach hier vertretener Ansicht all jene Fälle zu verstehen, in denen der Verbraucher aufgrund einer Unternehmerhandlung keine Wahl ausüben konnte. Nicht erfasst sind hingegen Situationen, in denen der Verbraucher aus anderen Gründen, bspw. aus bloßer Trägheit, keine Wahl getroffen hat. In diesen Fällen kann von einer externen Lücke in der Richtlinie ausgegangen werden, die durch die An wendung nationalen Rechts und daher mit Blick auf Deutschland durch § 264 Abs. 2 BGB geschlossen werden kann. Dann fällt das Wahlrecht an den Unternehmer zurück, der an eine der zur Wahl gestellten Einrichtungen leisten kann. Denn die dann von Erwägungs grund 41 UAbs. 2 RL vorgesehenen Rechtsfolgen, die u. a. § 327c BGB umfassen, wären in diesen Fällen nicht angemessen. Erwägungsgrund 41 RL arbeitet insofern mit einer Fiktion. Dem Verbraucher stehen dann alle Rechte zu, die ihm auch bei einer unterbliebenen Bereitstellung zustünden (siehe dazu näher unter 6.1).66 Die Ausführungen des Erwägungsgrunds werfen jedoch bzgl. der konkreten Ausgestaltung Fragen auf. Denn die Fiktion soll nur dann eintreten, wenn der Verbraucher das digitale Produkt „nicht gemäß dieser Richtlinie empfangen oder auf die Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 110. Vgl. Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 110 ff. 65 Erwägungsgrund 41 UAbs. 2 S. 1 RL. 66 Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 10; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 11. 63 64
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se[s] zugreifen kann“.67 Allein die fehlende Wahl der Einrichtung soll somit für die Fiktion nicht genügen. Der Erwägungsgrund scheint vielmehr zusätzlich zwischen einer Bereit stellung und der Möglichkeit des Empfangs der Leistung durch den Verbraucher zu unter scheiden. Nach hier vertretener Ansicht kann allerdings nicht von einer ordnungsgemäßen Bereitstellung ausgegangen werden, wenn der Verbraucher nicht auf das digitale Produkt zugreifen kann. Dann kommt es nicht darauf an, ob der Verbraucher sein Wahlrecht aus üben konnte. Es bleibt daher zu überlegen, unter welchen Umständen es im Fall einer un terbliebenen Wahl gleichzeitig das digitale Produkt zwar verfügbar gemacht wurde, je doch kein Zugriff gem. den Vorgaben der Richtlinie erfolgt. Denkbar ist eine entspre chende Konstellation im Ergebnis wohl nur, wenn es einen anderweitigen Empfang bzw. Zugriff auf das digitale Produkt gibt, welcher jedoch keine Bereitstellung i. S. d. Richt linie darstellt. Theoretisch erscheint es vorstellbar, bei einer unterbliebenen Wahl von einer Nichtbereitstellung i. S. d. Richtlinie auszugehen. Die fehlende Wahl der Einrich tung würde dann ausreichen, um von einer unterbliebenen Bereitstellung auszugehen, ob wohl der Verbraucher auf das digitale Produkt zugreifen kann. Möglich erscheint aller dings auch, zwar im Fall einer unterbliebenen Wahl grundsätzlich eine Nichtbereitstellung anzunehmen, aber nur, solange der Verbraucher nicht tatsächlich auf das digitale Produkt zugreift. Wenn der Verbraucher das digitale Produkt trotzdem nutzt, könnte i. S. e. Heilung von einer Bereitstellung gem. der Richtlinie ausgegangen werden. Letzteres erscheint nach hier vertretener Ansicht vorzugswürdig. Stellt der Unternehmer dann dennoch das Produkt auf einer Plattform bereit und der Verbraucher greift darauf zu, so erscheint es durchaus gerechtfertigt, von einer Bereitstellung auszugehen, da eine Zugriffsmöglichkeit tatsächlich besteht und sich die fehlende Wahlmöglichkeit faktisch nicht auswirkt. Wird der gerade dargestellten Interpretation des Erwägungsgrundes nicht gefolgt, so kann seine faktische Anwendbarkeit verneint und dem Erwägungsgrund so entgegen der Intention des Richtliniengebers wohl jede Wirkung aberkannt werden. Denn hat der Ver braucher – unabhängig von seiner Wahl – Zugriff auf das digitale Produkt, so könnte die Fiktion nach der Formulierung des Erwägungsgrundes nicht gelten. Hat er hingegen kei nen Zugriff auf das digitale Produkt, so soll nach der Fiktion die Bereitstellung keine Er füllungswirkung gehabt haben, was aber schon der Grundregelung der Bereitstellung in § 327b BGB (Art. 5 Abs. 2 RL) entspricht. Um den gerade aufgezeigten Unwägbarkeiten zu entgehen, besteht für den Unter nehmer in der Praxis die Möglichkeit, dass er den Verbraucher keine Einrichtung wählen Sprachvergleich: Englisch: „but the consumer cannot receive or access the digital content or digital service in accordance with this Directive“; Spanisch: „pero el consumidor no puede recibir o acceder al contenido digital o al servicio digital de conformidad con la presente Directiva“; Französisch: „mais que le consommateur ne peut le recevoir ou y accéder conformément à la présente directive“; Italienisch: „ma il consumatore non può accedere al contenuto digitale o al servizio digitale o non può riceverlo a norma della presente direttiva“; Niederländisch: „maar de consument de digitale in houd of digitale dienst overeenkomstig deze richtlijn niet kan ontvangen of daar geen toegang toe kan krijgen“; Bulgarisch: „но потребителят не може да получи или няма достъп до цифровото съдържание или цифровата услуга в съответствие с настоящата директива“. 67
4.2 Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht durch Bereitstellung – Die …
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lässt, indem er einen Bereitstellungsmodus ohne Einrichtung nutzt, um seiner Hauptleis tungspflicht nachzukommen. Dadurch kann die dargestellte Problematik umgangen und so die Rechtssicherheit erhöht werden.
4.2 Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht durch Bereitstellung – Die Aktualisierungsbereitstellung Die Aktualisierungsbereitstellungspflicht des Unternehmers stellt sich als ganzes Pflichtenpaket dar, das neben der vorgeschalteten Erstellung der Aktualisierung68 auch die Infor mation des Verbrauchers über die verfügbare Aktualisierung sowie über die Folgen einer Nichtaktualisierung69 und schließlich die Bereitstellung der Aktualisierung als solche (die wiederum mit Informationspflichten verbunden sein kann70) enthält (§ 327f Abs. 1 BGB).71 Im Fall von Intermediären (Händlern) müssen diese lediglich sicherstellen, dass dem Ver braucher die Aktualisierungen bereitgestellt werden.72 Wie bereits erwähnt (siehe 3.2.5), muss der Intermediär somit das für die Aktualisierung notwendige Update weder selbst herstellen und noch selbst bereitstellen. Der Intermediär kann daher die Aktualisierung bspw. durch den Hersteller des digitalen Produkts ausführen lassen. Agiert der Hersteller insofern mit Wissen und Wollen – i. d. R. auf vertraglicher Basis – im Pflichtenkreis des Intermediärs, so ist er als Erfüllungsgehilfe des Intermediärs i. S. v. § 278 BGB anzuse hen.73 Dabei kann auf die Ausführungen zur Hauptleistungsbereitstellung unter 3.1.4 ver wiesen werden. D. h., dass § 278 BGB nur i. R. d. Bereitstellung der Aktualisierung und der Erfüllung der selbstständigen Informationspflicht anwendbar ist. Denn nur diese sind originäre Pflichten des Intermediärs. Jedoch ist der Hersteller in Bezug auf Schwie rigkeiten, die sich aus der Herstellung des Updates ergeben, nicht als Erfüllungsgehilfe i. S. v. § 278 BGB anzusehen.
Siehe dazu bereits unter 3.2.2. Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 57 f.; Spindler, MMR 2021, 451, 455; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 4 (Rn. 20 ff.). 69 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 14; Schöttle, MMR 2021, 683, 687; Schneider, ITRB 2021, 182, 187. 70 Siehe zu dieser Unterscheidung zwischen selbstständiger und unselbständiger Informationspflicht näher unter 4.2.2. 71 Spindler, MMR 2021, 451, 455; Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 57 f.; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 4 (Rn. 20 ff.). 72 Zu der damit verbundenen Problematik vgl. schon Abschn. 3.2.5. 73 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 58 f.; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 7; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 2; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 5 (Rn. 31); Hessel/Potel, RDi 2022, 25, 27 (Rn. 15); Ring, ZAP 2021, 1005, 1015; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 162. Das widerspricht auch nicht dem Dogma, dass der Hersteller nicht Erfüllungs gehilfe des Verkäufers ist (vgl. st. Rspr. seit BGH NJW 1967, 1903, 1903 f.). Denn im Gegensatz zur Herstellung bei einem Kaufvertrag sind die Informationen über Updates und Updates selbst schon originär im Pflichtenprogramm des Unternehmers bei einem Vertrag über digitale Produkte enthalten. 68
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4.2.1 Überblick Mit der Erfüllung des Pflichtenpakets rund um die Aktualisierungen in Form der Bereitstel lung kommt der Unternehmer seinem Pflichtenprogramm aus § 327f BGB nach.74 Genauere Vorgaben, wie die Informations- und die Aktualisierungspflicht zu erfüllen sind, macht das Gesetz nicht.75 Da die Hauptleistungs- und die Aktualisierungsbereitstellung starke Parallelen aufweisen und das Gesetz insofern auch denselben Begriff verwendet, erscheint es nahelie gend, bzgl. der Bereitstellungsoptionen die Vorgaben des § 327b Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden.76 Das entschärft zugleich die Problematik, die daraus resultiert, dass beide Bereitstellungspflichten und die damit verbundenen Bereitstellungsformen teilweise nur schwer voneinander abzugrenzen sind (siehe dazu näher unter 6.4). Der Verweis allein auf § 327b Abs. 3 BGB (und nicht auf Abs. 4) ergibt sich daraus, dass Aktualisierungen als Daten in digitaler Form erstellt und bereitgestellt und somit grundsätzlich als digitale Inhalte und nicht als digitale Dienstleistung angeboten werden. Es gelten daher die unter 4.1.1 gemachten Ausführungen. Problematischer erscheint allerdings die entsprechende Anwendung der Frist. Dies wird im Folgenden gesondert unter 5.2 diskutiert. Insb. kann damit der Unternehmer auch bei Aktualisierungen grundsätzlich den Bereitstellungsmodus wählen (dazu und zu den möglichen Einschränkungen siehe 4.1.3). Auch der Erfüllungszeitpunkt der Aktualisie rungsbereitstellung ist für eine einheitliche Auslegung des Bereitstellungsbegriffs entspre chend der Hauptleistungsbereitstellung zu bestimmen (vgl. 4.1.1.2). Der Bereitstellungser folg i. R. d. Aktualisierungsbereitstellung tritt somit bereits dann ein, wenn der Verbraucher eine Zugriffsmöglichkeit auf die Aktualisierung erlangt und er über die Verfügbarkeit des Updates informiert worden ist. Ein tatsächlicher Zugriff auf die Aktualisierung ist damit in entsprechender Anwendung des § 327b Abs. 3 BGB für die Erfüllung nicht erforderlich. Die nachgelagerte Frage, wie lange die Zugriffsmöglichkeit auf die Aktualisierung aufrechterhal ten werden muss (Bereitstellungsdauer), wird unter 5.2.3 behandelt.
Die Aktualisierungen finden sich in Art. 8 Abs. 2 RL, der die objektiven Anforderungen an die Ver tragsmäßigkeit beschreibt. Entsprechend ordnet § 327d BGB die Aktualisierungen nach § 327f BGB zu. 75 Näher zur Information über Aktualisierungen: Schöttle, MMR 2021, 683, 687. Vgl. auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 99 (Rn. 261 f.). 76 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 7; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 170 (Rn. 420); Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 5 (Rn. 31); Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 20; wohl auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 13 und Schippel, ITRB 2023, 126, 128. 74
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4.2.2 Unterscheidung der selbstständigen und unselbstständigen Informationspflicht Neben der Bereitstellung des Updates ist es erforderlich, den Verbraucher über die Verfüg barkeit der Aktualisierung zu informieren. Diese Informationspflicht des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher i. R. d. Aktualisierungspflicht ist dabei rechtlich von den in den Bereitstellungsformen enthaltenen Informationspflichten zu trennen (vgl. 2.2), die jedoch grundsätzlich ebenso einschlägig sein können. Entgegen der teilweise in der Lite ratur vertretenen Interpretation handelt es sich nach hier vertretener Ansicht bei der in § 327f Abs. 1 BGB explizit normierten Informationspflicht somit nicht um die Pflicht des Unternehmers, den Verbraucher über die Bereitstellung, also die Erfüllungshandlung, zu informieren.77 Die Information über die Bereitstellung ist – falls notwendig – vielmehr eine unselbstständige Informationspflicht i. R. d. Aktualisierungspflicht (begründet mit dem effet utile-Grundsatz, siehe 2.2), die für eine Erfüllungswirkung der Aktualisie rungsbereitstellung bei einzelnen Bereitstellungsmodi erforderlich sein kann. Die in § 327f Abs. 1 S. 1 BGB explizit und selbstständig geregelte Informationspflicht ist der Information über die Bereitstellung vielmehr vorgeschaltet bzw. erfolgt gleichzeitig mit ihr.78 Sie verlangt vom Unternehmer u. a., den Verbraucher darüber zu informieren, dass überhaupt eine Aktualisierung für einen bestimmten Mangel verfügbar, also „in der Welt“, ist. Die zeitliche Frage wird sich in der Praxis aber wohl nicht signifikant auswirken. Denn ist eine Aktualisierung „in der Welt“, muss sie dem Verbraucher auch unverzüglich bereit gestellt werden (siehe dazu näher unter 5.2.2), weshalb die Information damit zeitlich zu sammenfallen kann. Relevant wird die Unterscheidung allerdings dadurch, dass i. R. d. selbstständigen Informationspflicht auch eine Erläuterung über die Folgen einer unterlas senen Installation, d. h. insb. über den möglichen Verlust der Mängelrechte (vgl. § 327f Abs. 1 und 2 BGB), notwendig ist.79 § 327f Abs. 1 BGB nennt zwar lediglich allge mein die Information über die Aktualisierung. Die Information über die Folgen i. R. d. mög lichen Haftungsausschlusses des Unternehmers ergibt sich jedoch aus § 327f Abs. 2 BGB. Der Inhalt dieser Informationspflicht über die Folgen wird unter 4.2.3 näher erläutert. Über die Bereitstellung der Aktualisierung (unselbstständige Informationspflicht) und die Folgen einer Nichtinstallation (selbstständige Informationspflicht) muss nach hier vertretener Dieser Ansicht bspw. Ehle/Kreß, CR 2019, 723, 727 (Rn. 27); Schippel, K&R 2020, 117, 121 (je weils zur Richtlinie); ders., K&R 2021, 151, 151 ff.; ders. ITRB 2021, 219, 219; Jaensch, jM 2022, 96, 99; Pech, GRUR-PRax 2021, 547, 548; Rieländer, GPR 2021, 257, 267; Ring, ZAP 2021, 1005, 1015; missverständlich auch Lapp, ITRB 2021, 244, 246; Riehm/Abold, CR 2021, 530, 538 und Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 393 f. 78 So auch Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 12; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327f Rn. 12; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 26. 79 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 20; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 23; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 25; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 14. 77
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Ansicht wiederum gemeinsam informiert werden.80 Über die (technischen und rechtli chen) Folgen darf somit nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt informiert werden, da der Verbraucher sich sonst im Zeitpunkt der Entscheidung über die Installation der Aktualisie rung nicht umfassend über alle mit der Aktualisierung verbundenen Vor- und Nachteile in formiert für oder gegen sie entscheiden kann. Auch wenn es auf den ersten Blick kompliziert erscheint, die zwei Informationspflichten bei der Aktualisierung zu unterscheiden, so finden sich dafür jedoch gleich mehrere Argumente. Für diese Unterscheidung spricht zunächst die hier angestrebte einheitliche Auslegung der drei Bereitstellungspflichten. Die Bereitstellung sollte im Rahmen aller drei hier behandelten Bereitstellungspflichten einheitlich ausgelegt werden, um eine Sys tematisierung zu erreichen und Widersprüchen vorzubeugen. Entsprechend werden die Vorgaben des § 327b Abs. 3 BGB auch auf die Aktualisierungsbereitstellung angewandt.81 Da nach hier vertretener Ansicht die Bereitstellung in bestimmten Formen schon mit einer Informationspflicht einhergeht (vgl. 2.2), käme es jedoch im Falle der Aktualisierungs pflicht zu einer doppelten Regelung der Information, sofern man annähme, dass es sich dabei um die Information über die Bereitstellung handele. Die Regelung der expliziten, eigenständigen Informationspflicht i. R. d. Aktualisierung wäre dann redundant. Umge kehrt betrachtet bliebe unklar, weshalb der Gesetzgeber nur bei einer der drei Bereitstel lungspflichten die Information über die Bereitstellung geregelt haben sollte, wenn grund sätzlich im Rahmen aller hier gegenständlichen Bereitstellungspflichten bei bestimmten Bereitstellungsformen die Information i. R. d. Erfüllungshandlung erforderlich sein kann. Die Annahme einer eigenständigen Informationspflicht über die Verfügbarkeit der Ak tualisierung lässt sich auf den Wortlaut der maßgeblichen Normen stützen. Denn sowohl Art. 8 Abs. 2 RL als auch der die Vorschrift umsetzende § 327f Abs. 1 S. 1 BGB erfordern eine Aktualisierung und eine Information.82 Auch die deutsche Gesetzesbegründung stützt das hier vertretene Verständnis, da danach der Verbraucher über „das Erscheinen einer neuen Aktualisierung informiert werden“ muss.83 Die Unterscheidung zwischen
So wird der Obliegenheit, die den Haftungsausschluss zur Folge hat, einfacher und weniger fehler anfällig genügt. Ähnlich Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 20; anders Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 28, der eine gesonderte Information fordert. 81 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 7; Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 5 (Rn. 31); wohl auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 13. 82 Sprachvergleich: Deutsch: „dass der Verbraucher über Aktualisierungen […] informiert wird und dass diese ihm bereitgestellt werden“; Englisch: „that the consumer is informed of and supplied with updates“; Spanisch: „por que se comuniquen y suministren al consumidor las actualizaciones“; Französisch: „que le consommateur soit informé des mises à jour […] et les reçoive“; Italienisch: „che al consumatore siano notificati e forniti gli aggiornamenti“; Niederländisch: „dat de updates […] aan de consument worden gemeld en geleverd“; Bulgarisch: „че потребителят е информиран и му се предоставят актуализации“. 83 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327f Rn. 11: „Information über das Bestehen einer neuen Aktualisierung“. 80
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erfügbarkeit der Aktualisierung und ihrer Bereitstellung an den Verbraucher findet sich V zudem in Erwägungsgrund 44 der RL und in Art. 8 Abs. 3 lit. a) RL bzw. in § 327f Abs. 2 Nr. 1 BGB.84 Denn die Tatsache, dass der Unternehmer über die Folgen einer unterlassenen Aktualisierung informieren muss, lässt sich als Argument dafür werten, dass die Informationspflicht i. R. d. Aktualisierungspflicht speziell ausgestaltet ist, da sich eine vergleichbare Verpflichtung bei den anderen Bereitstellungen nicht findet. Obwohl die selbstständige Informationspflicht damit nach hier vertretener Ansicht aus rechtlicher Perspektive klar von der unselbstständigen Informationspflicht zu trennen ist, können sie in tatsächlicher Hinsicht zusammengefasst erfüllt werden. Die Information über die Verfügbarkeit und die Folgen einer unterlassenen Aktualisierung sowie die ggf. notwendige Information i. R. d. Bereitstellung des Updates können somit in einem Zuge an den Verbraucher gegeben werden.85
4.2.3 Erfüllung der selbstständigen Informationspflicht Die Folgen einer Unterlassung der Aktualisierung, über die der Verbraucher informiert werden muss, sind gem. den obigen Ausführungen somit Teil der selbstständigen Informa tionspflicht gem. § 327f Abs. 1 BGB. Der Verbraucher muss nicht nur über für ihn nachteilige rechtliche Folgen informiert werden, obwohl Erwägungsgrund 47 der Richtlinie dies scheinbar nahelegt.86 Art. 8 Abs. 3 lit. a) RL spricht jedoch allgemein von „Folgen“,87 über die informiert werden muss, was auch der deutsche Gesetzgeber entsprechend umge setzt hat (§ 327f Abs. 2 Nr. 1 BGB). Um den Sinn und Zweck der Norm zu erfüllen, soll ten dem Verbraucher daher auch die wesentlichen technischen Folgen einer unterlasse nen Aktualisierung für die Benutzbarkeit des digitalen Produkts bekannt sein.88 Es kann Da sich digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen ständig weiterentwickeln, können Unterneh mer mit Verbrauchern vereinbaren, Aktualisierungen (Updates) automatisch bereitzustellen, sobald sie zur Verfügung stehen. Zur Zulässigkeit automatischer Updates vgl. 4.2.5. 85 Ähnlich Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 13; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6; ders., ZEuP 2019, 695, 713. Zu den Anforderungen an die Formulierung der Information über die Aktualisierung siehe sogleich unter 4.2.4. 86 Erwägungsgrund 47 S. 5 RL: „Der Unternehmer sollte den Verbraucher darüber informieren, dass sich die Entscheidung des Verbrauchers, Aktualisierungen nicht zu installieren, die für die Aufrecht erhaltung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen erforderlich sind, einschließlich der Sicherheitsaktualisierungen, auf die Haftung des Unternehmers für die Ver tragsmäßigkeit dieser Merkmale der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die durch die betreffenden Aktualisierungen gewahrt werden soll, auswirkt.“. 87 Sprachvergleich: Englisch: „consequences“; Spanisch: „consecuencias“; Französisch: „consé quences“; Italienisch: „conseguenze“; Niederländisch: „gevolgen“; Bulgarisch: „последиците“. 88 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 20; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 32; Braun, CR 2022, 727, 729 (Rn. 15 f.); Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 164. A.A. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 84
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i nsofern nicht vom Unternehmer verlangt werden, über alle theoretisch denkbaren Folgen zu informieren, insb. nicht über solche, die sehr stark von der technischen Umgebung des Verbrauchers abhängen. Im Ergebnis muss dem Verbraucher aber nach hier vertretener Ansicht vermittelt werden, welchen Zweck das Update verfolgt und wie es sich prinzipiell auf das digitale Produkt auswirkt, wenn die Aktualisierung nicht vorgenommen wird (z. B. Ausfall bestimmter Funktionen oder Veränderung des user interface). Begründen lässt sich diese weite Interpretation des Begriffs „Folgen“ mit dem Ziel der Vorschrift, dass der Verbraucher selbstbestimmt darüber entscheiden soll, ob er eine Aktualisierung installieren möchte (zu dieser „Installationsfreiheit“ näher unter 4.2.5).89 Daher muss über die Bereitstellung der Aktualisierung (unselbstständige Informationspflicht) und die Folgen (Element der selbstständigen Informationspflicht) auch gemeinsam informiert werden (so bereits unter 4.2.2). Die Art und Weise, wie die selbstständige Informationspflicht erfüllt wird, hängt vom Einzelfall ab und muss wohl umso eindringlicher sein, je einschneidender die Folgen einer unterlassenen Installation sein können.90 Gerade bei größeren Sicherheitslücken muss daher die Dringlichkeit hervorgehoben werden. Der Information kommt somit auch eine Warnfunktion zu.91 Damit die Vorschrift ihr Ziel erreichen kann, müssen die Informatio nen zudem in einer auch für Laien verständlichen Form gegeben werden.92 Schließlich ist zu beachten, dass die Erfüllungsmöglichkeiten im Hinblick auf die selbständige Informa tionspflicht im Verhältnis zur Bereitstellung der Aktualisierung eingeschränkt sein könnten. So ist z. B. nicht klar, ob es ausreicht, dass der Unternehmer dem Verbraucher lediglich eine E-Mail mit einem Link zu einer landing page, auf der die Aktualisierungen erläutert werden, zusendet oder ob er die Informationen direkt übermitteln muss.93 Für die Notwen digkeit einer direkten Übermittlung spricht die Schutzfunktion der Vorschrift. Außerdem 2023, § 327f Rn. 25; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 15. Vgl. zudem Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 13, wonach nicht „sämtliche Auswirkungen einer unterbliebenen Installation abzuschätzen und zu kommunizieren“ sind. 89 Erwägungsgrund 47 S. 3 RL: „Es sollte den Verbrauchern freistehen, die bereitgestellten Aktuali sierungen zu installieren.“. 90 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60. In der Richtlinie sind verschiedene Informationsintensitäten in Erwägungsgrund 76 RL angedeutet. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 20; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 5; Kühner/Piltz CR 2021, 1, 5 (Rn. 27); Ring, ZAP 2021, 1005, 1015; Braun, CR 2022, 727, 728 f. (Rn. 14 f.). Die Unterscheidung nach der Intensität spricht ebenfalls dafür, dass über die tatsächlichen Folgen zu informieren ist. Denn die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Installation sind immer dieselben (unabhängig vom bereitgestell ten Update). 91 Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 14; Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60. 92 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 20. Vgl. auch Martens, Schuldrechtsdi gitalisierung, 2022, S. 99 (Rn. 262). 93 Dazu auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 25; Schöttle, MMR 2021, 683, 687; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 172 (Rn. 426).
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verwendet § 327f BGB in Bezug auf die notwendige Information des Verbrauchers gerade nicht die Formulierung „bereitstellen“, was eine Zugriffsmöglichkeit ausreichen lässt, sondern „informiert werden“. Nach hier vertretener Ansicht ist daher eine direkte Information notwendig, die dem Verbraucher unmittelbar zugehen muss.94
4.2.4 Praktische Aspekte der Erfüllung der Aktualisierungspflicht Bei der Nutzung digitaler Produkte mit Internetverbindung scheinen Erfüllungslö sungen praxisnah zu sein, bei denen der Verbraucher durch ein Popup-Fenster im digita len Produkt mit den gesetzlich erforderlichen Informationen (im Rahmen der selbststän digen und unselbstständigen Informationspflicht) versorgt wird.95 Dort könnten dann gleichzeitig ein Downloadlink sowie eine ggf. notwendige Installationsanleitung für die Aktualisierung (als Teil der unselbstständigen Informationspflicht) angeboten werden. Zu Dokumentationszwecken erscheint es für Unternehmen vor dem Hintergrund des § 327f Abs. 2 BGB zudem sinnvoll, sich per Checkbox die Information vom Verbraucher bestätigen zu lassen.96 Alternativ könnten die erforderlichen Informationen und die Be reitstellung der Aktualisierung über ein produktinternes elektronisches Postfach97 oder eine hinterlegte E-Mail-Adresse erfolgen. Im letzteren Fall erscheint wiederum die An forderung einer Lesebestätigung sinnvoll. Problematischer ist die Bereitstellung von Aktualisierungen und die damit verbundene Erfüllung der Informationspflichten hingegen bei ausschließlich offline verwendeten digitalen Produkten, wie dies etwa bei digitalen Spielen oder elektronischen Büchern mög lich ist.98 Der beschriebene Weg direkt über das digitale Produkt besteht bei offline genutz ten digitalen Produkten mangels Internetverbindung nicht. Es bietet sich für den Unter nehmer daher an, etwa über die Speicherung von Kontaktdaten (insb. die E-Mail-Adresse) Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 14; Braun, CR 2022, 727, 729 (Rn. 21) in diese Richtung auch Spindler, MMR 451, 456. Siehe auch Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 25. Vgl. auch den Ansatz bei Stiegler, Verbraucherschutz im E-Commerce, 2022, S. 20, der die Durchführung der Information an §§ 312j Abs. 2, 312k Abs. 2 S. 4 BGB orientieren will. 95 Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 8; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 10; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 24; zur DSGVO-Konformität solcher Benachrichtigungen Schippel, ITRB 2021, 219, 219 ff. Die Informa tion wird in solchen Fällen daher auch grundsätzlich vom Hersteller übernommen werden. 96 Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 5 (Rn. 27). Allg. die Notwendigkeit der Dokumentation betonend Matutis, GRUR-Prax 2022, 195, 196. 97 Zu möglichen Problemen im Zusammenhang mit der Informationspflicht bei Produkten ohne sonstige Benutzerschnittstelle Schöttle, MMR 2021, 683, 686; ders., DSRITB 2021, 431, 442 (zur gleich gelagerten Problematik bei Änderungen i. S. d. § 327r BGB). 98 Bei Produkten ohne Benutzerschnittstelle kann sich die Information des Verbrauchers und seine Zustimmung zur Aktualisierung besonders schwierig darstellen, vgl. Schöttle, MMR 2021, 683, 686. 94
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des Verbrauchers, über die Laufzeit der Aktualisierungspflicht eine Kommunikationsmög lichkeit mit diesem herzustellen.99 Da die Richtlinie und ihr deutsches Umsetzungsgesetz die datenschutzrechtliche Aspekte unberührt lassen,100 ist bei der datenschutzrechtlichen Bewertung der Speicherung personenbezogener Daten des Verbrauchers zu seiner Infor mation vor allem die DSGVO zu berücksichtigen. Diese erfordert für die Speicherung der Kontaktdaten als Datenverarbeitung i. S.d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO insb. das Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes nach Art. 6 DSGVO. Neben der Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO kommen auch Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) und c) DSGVO in Betracht. Da die Aktualisierungspflicht und die selbstständige Informationspflicht gem. § 327f Abs. 1 S. 1 BGB jeweils eine Rechts pflicht des Unternehmers darstellen (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) DSGVO), sowie für die Vertragsdurchführung, insb. bei dauerhaften Bereitstellungen, erforderlich sind (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO), kann der Unternehmer die Speicherung der Kon taktdaten für die Laufzeit der Aktualisierungspflicht alternativ auf einen dieser drei Rechtfertigungsgründe stützen.101 Im Fall der einmaligen Bereitstellung ergibt sich der maßgebliche Zeitraum der Aktua lisierungsbereitstellungspflicht jedoch nicht eindeutig aus dem Gesetz (dazu auch noch sogleich unter 5.2.1).102 Die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit setzt sich auch im Datenschutzrecht fort. Denn da der Aktualisierungszeitraum u. U. nicht eindeutig im Vo raus bestimmbar ist, kann ebenso schwer festgestellt werden, wann die Erforderlichkeit der Speicherung der Kontaktdaten für die Vertragsdurchführung oder die Erfüllung einer Rechtspflicht entfällt und die Datenverarbeitung rechtswidrig wird. In Anbetracht der Sanktionen, die die DSGVO in Art. 83 bereithält, sollte sich der Unternehmer um die Einwilligung des Verbrauchers in die Speicherung seiner personenbezogenen Daten nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) DSGVO unter Beachtung des Kopplungsverbots (Art. 7 Abs. 4 DSGVO) für eine mindestens den maßgeblichen Zeitraum abdeckende Zeit und einen zeitlichen Puffer bemühen.103 Der Verbraucher kann die Einwilligung zwar Für diesen Kommunikationsweg allgemein Braun, CR 2022, 727, 729 (Rn. 15); Schöttle, MMR 2021, 683, 687 schlägt diesen Weg für Waren mit digitalen Elementen ohne Benutzerschnittstelle vor. BT-Drs. 19/31116, S. 7 schlägt dafür die Unterhaltung eines Newsletters vor, der wohl zwangs läufig mit der Speicherung der E-Mailadresse einhergeht. 100 Zum Zusammenspiel zwischen DSGVO und den §§ 327 ff. BGB siehe auch Spindler, MMR 2021, 451, 453 ff. (schon zum RegE); Klink-Straub, NJW 2021, 3217, 3220 f.; Buchmüller/Roos, ZD 2022, 8, 9 ff.; Schmitz/Buschuew, MMR 2022, 171, 171 ff. 101 Ähnlich Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 8; Kühner/Piltz CR 2021, 1, 5 (Rn. 27); Schippel, ITRB 2021, 219, 220 ff.; Schreiber, ITRB 2022, 114, 115. Vgl. auch Jung/Rolsing, ZfDR 2023, Heft 4 (im Erscheinen). 102 Die Kritik am unbestimmten Zeitraum zusammenfassend Felsch/Kremer/Wagener, MMR 2022, 18, 22 m. w. N. Die Autoren sehen die Sorgen jedoch als unbegründet an. 103 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 8. Allgemein zum Erfordernis des Ein klangs der Datenverarbeitung mit der DSGVO: Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 11; Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60. 99
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jederzeit gem. Art. 7 Abs. 3 S. 1 DSGVO widerrufen. In diesem Fall erkennt der Unternehmer jedoch eindeutig, wann die Datenspeicherung ggf. rechtswidrig wird und kann entsprechend reagieren.104
4.2.5 „Installationsfreiheit“ und die Zulässigkeit automatischer Updates Wie bei der Hauptleistungsbereitstellung des digitalen Produkts selbst tritt die Erfüllung der Aktualisierungspflicht für den Unternehmer unabhängig vom tatsächlichen Zugriff des Verbrauchers auf die Aktualisierung ein. Bei der Aktualisierungspflicht ergibt sich dies nicht nur aus der entsprechenden Anwendung des § 327b Abs. 3 BGB, sondern auch kon kret aus § 327f Abs. 2 BGB. Dazu passt, dass eine Installationspflicht gerade nicht zu dem genannten Pflichtenpaket des Unternehmers um die Aktualisierungsbereitstellung gehört (so bereits unter 3.2.4).105 Gleichzeitig bedeutet die Aktualisierungspflicht umgekehrt auch, dass der Unternehmer ihr nicht durch eine eigenmächtige, d. h. ohne das Einver ständnis des Verbrauchers durchgeführte, Installation nachkommen darf.106 Erwägungs grund 47 der Richtlinie formuliert insofern eindeutig, dass es den Verbrauchern freistehen sollte, „die bereitgestellten Aktualisierungen zu installieren“.107 Verankert ist diese Idee in Art. 8 Abs. 2 und 3 RL (umgesetzt durch § 327f Abs. 1 und 2 BGB). Es trifft den Verbrau cher somit keine Installationspflicht.108 Es lässt sich aus Verbrauchersicht vielmehr Nach § 327q Abs. 1 BGB berühren datenschutzrechtliche Erklärungen des Verbrauchers die Wirk samkeit des Vertrages nicht. Der Unternehmer hat jedoch dann in bestimmten Fällen ein Vertragsbe endigungsrecht, vgl. § 327q Abs. 2 BGB. Vgl. dazu ausführlich Buchmann/Panfili, K&R 2022, 232, 232 ff. 105 So Spindler, MMR 2021, 451, 455. 106 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 16 („Zwangsaktualisierungen“); Zöchling-Jud, GPR 2019, 115, 124 (zur Richtlinie); Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 13 ff.); vgl. auch Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 99 (Rn. 260); Spindler, MMR 2021, 451, 456. A.A. Schöttle, MMR 2021, 683, 686 ff.; Erdelt, K&R 2022, 803, 806; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 13 hält die Zulässigkeit von Zwangsaktualisierungen für „eine Frage des Einzelfalls“. 107 Sprachvergleich: Englisch: „consumer should remain free to choose whether to install the updates provided“; Spanisch: „consumidor debe seguir siendo libre de decidir si instalar dichas actualizaci ones“; Französisch: „le consommateur devrait rester libre de choisir d’installer les mises à jour four nies“; Italienisch: „consumatore dovrebbe mantenere la facoltà di scegliere se installare gli aggior namenti forniti“; Niederländisch: „consument vrijstaan om de geleverde updates al dan niet te instal leren“; Bulgarisch: „Потребителят следва да запази правото да избере дали да инсталира предоставените актуализации“. 108 Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60: „Aktualisierungen [können] vom Verbraucher selbstbestimmt vorgenommen werden“; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 31; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 22; Schöttle, MMR 2021, 683, 687 f.; Spindler/Sein, MMR 2019, 488, 489; Staudenmayer, ZEuP 2019, 663, 684. 104
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4 Die Erfüllung der drei Pflichten durch Bereitstellung
u mgekehrt von einer „Installationsfreiheit“ sprechen.109 Systematisch passt dies dazu, dass der Verbraucher auch bei der Hauptleistungspflicht bspw. nicht verpflichtet ist, diese herunterzuladen.
4.2.5.1 Generelle Zulässigkeit automatischer Updates Es bleibt die Frage offen, ob Unternehmer und Verbraucher sich auf automatische Updates einigen können. Für die Beurteilung der Zulässigkeit automatischer Updates kommt es da rauf an, ob das Aktualisierungspflichtenbündel und damit zusammenhängend die in § 327f Abs. 2 BGB fußende Freiheit des Verbrauchers, sich bei jedem einzelnen neuen Update individuell für oder gegen das Update zu entscheiden, abdingbar ist. § 327s Abs. 1 und 2 BGB verbieten grundsätzlich das Absenken des Verbraucher schutzniveaus durch vertragliche Regelungen, die von den §§ 327 bis 327r BGB abweichen. § 327s Abs. 5 BGB sieht allerdings vor, dass § 327h BGB unberührt bleibt. § 327h BGB setzt Art. 8 Abs. 5 RL um und regelt wiederum als lex specialis die Zulässigkeit vertragli cher Abweichungen (i. S. v. Verschlechterungen) von den objektiven Anforderungen an digitale Produkte.110 Abweichungen von § 327f Abs. 1 BGB, der das Aktualisierungs pflichtenbündel statuiert, sind damit nur innerhalb der strengen Grenzen des § 327h BGB zulässig. Da § 327h BGB keinen direkten Bezug auf § 327f Abs. 2 BGB nimmt, stellt sich die Frage, ob diese Vorschrift auch abbedungen werden kann, ohne die strengen Anforde rungen des § 327h BGB zu erfüllen. Die darin geregelte Informationspflicht über die Fol gen einer unterlassenen Aktualisierung und die dabei zum Ausdruck kommende Installationsfreiheit des Verbrauchers sind im Ergebnis jedoch den Anforderungen des § 327h BGB zu unterwerfen, da sie als Teil der selbstständigen Informationspflicht und wesentlicher Grundgedanke der Aktualisierungspflicht bereits in § 327f Abs. 1 BGB ver ankert sind und in § 327f Abs. 2 BGB lediglich konkretisiert werden. Zudem verweist § 327h BGB mittelbar auch auf § 327f Abs. 2 BGB. Denn Teil der objektiven Anforderun gen ist nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB auch die Aktualisierung digitaler Produkte gem. § 327f BGB. Dieser Verweis ist umfassend und bezieht damit auch § 327f Abs. 2 BGB mit ein. Über § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB verweist § 327h BGB deshalb auch auf § 327 Abs. 2 BGB und unterwirft Abweichungen von der darin zum Ausdruck kommenden Installationsfrei heit den Anforderungen des § 327h BGB. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 327h BGB kann prinzipiell vollständig von der Aktualisierungspflicht abgewichen werden, d. h. der Unternehmer kann theoretisch wirksam mit dem Verbraucher vereinbaren, dass keine Aktualisierungen bereitgestellt Die jedoch mit einer Installationsobliegenheit belastet ist, vgl. 4.2.6 Vgl. zur Beeinträchtigung dieser Installationsfreiheit mittels wiederholter Updateanfragen Jung/Rolsing, ZfDR 2023, Heft 4 (im Erscheinen). 110 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327s Rn. 11; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327s Rn. 11; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327e Rn. 5; § 327h Rn. 1. Vgl. zum Zusammenspiel des § 327h BGB mit dem Urheberrecht Witte, CR 2023, 238, 238 ff. 109
4.2 Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht durch Bereitstellung – Die …
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werden.111 Allerdings sind auch insofern die Schranken zu beachten, die in Deutschland durch die AGB-Inhaltskontrolle gezogen werden.112 In der Literatur wird zwar teilweise davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 327h BGB aufgrund der Formulie rung „ausdrücklich und gesondert“ generell nicht durch AGB erfüllt werden könnten.113 Die Entscheidung an dieser Stelle ist von hoher Relevanz, da in der Praxis eine individu elle Aushandlung der Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher fernliegend scheint und entsprechende vertragliche Vereinbarungen somit praktisch aus geschlossen würden. Nach hier vertretener Ansicht kann allerdings im Ergebnis trotz der genannten Formulierung eine vorformulierte Vertragsklausel verwendet werden, um § 327h BGB zu erfüllen. Denn die Vereinbarung erfolgt auch dann „ausdrücklich und ge sondert“, wenn der Verbraucher seine Zustimmung bspw. auf einem gesonderten (vorfor mulierten) Formular ausdrücklich abgibt. In Zusammenhang mit der AGB-Inhaltskontrolle sollte dann jedoch bedacht werden, dass der europäische Richtliniengeber eine Vollharmo nisierung angestrebt hat und ihm wohl bewusst gewesen ist, dass in B2C-Verhältnissen abweichende Regelungen de facto nahezu ausschließlich in Form von AGB getroffen werden. Die deutsche AGB-Inhaltskontrolle sollte die europäische Entscheidung bzgl. der Dispositivität nicht konterkarieren. Insofern ist wohl eine gewisse Zurückhaltung geboten, sofern entsprechende Auslegungsspielräume bestehen. Im konkreten Fall kann aus der Möglichkeit des vollständigen Ausschlusses von Aktu alisierungen geschlossen werden, dass eine nur teilweise Abbedingung des Aktualisie rungspflichtenbündels – d. h. konkret eine Abweichung von der selbstständigen Informa tionspflicht und der Installationsfreiheit – gem. den Vorgaben des § 327h BGB ebenfalls möglich sein muss (argumentum a maiore ad minus). Dies gilt umso mehr, als die Instal lationsfreiheit durch automatische Aktualisierungen nicht vollständig abbedungen wird. Denn die Installationsfreiheit des Verbrauchers bzw. sein Einverständnis mit Aktualisie rungen wird zumindest teilweise durch die vorgeschaltete Einwilligung in Form der Ver einbarung automatischer Updates gesichert. Auch aus praktischen Gründen spricht einiges dafür, dass der Verbraucher automatische Updates wählen können muss, da diese durchaus in seinem Interesse liegen können. Zudem scheint auch die Richtlinie von entsprechenden Vereinbarungsmöglichkeiten auszugehen.114 Dafür müsste Art. 22 Abs. 2 RL allerdings Dazu, dass die vertragliche Abbedingung der Aktualisierungspflicht grundsätzlich § 327h BGB unterfällt: Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327h Rn. 5; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327h Rn. 3; Bittner, VuR 2022, 9, 12. Rieländer, GPR 2021, 257, 270 f. und Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 25 verweisen darauf, dass dies ein verkappter Haftungsausschluss i. S. d. § 327s BGB sein könnte. Wie hier Matutis, GRUR-Prax 2022, 195, 196. 112 So auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327h Rn. 9. Wie entsprechende Vereinbarun gen mit Blick auf die AGB-Inhaltskontrolle zu bewerten sind, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, vgl. dazu bspw. Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 322 (Rn. 26 ff.); Witte, CR 2023, 238, 241 f. 113 So Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327h Rn. 6 f. und Grüneberg, BRJ 2022, 77, 79. 114 Erwägungsgrund 57 RL: „[…] dass ein Antivirenprogramm ein Jahr lang genutzt werden kann und in diesem Zeitraum immer am Ersten jeden Monats automatisch aktualisiert wird“. Sich gegen 111
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weit verstanden werden. Die Vorschrift gestattet Vertragsklauseln, durch die der Unterneh mer Bedingungen anbietet, „die über den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz hinaus gehen“. Ein Wahlrecht des Verbrauchers zwischen automatischen Updates und individuel len Entscheidungen über Updates (bei dem sich der Verbraucher jederzeit wieder ument scheiden kann115), könnte insofern als vorteilhafte Regelung für den Verbraucher angesehen werden. Einen weiteren Hinweis auf eine zulässige Vereinbarung automatischer Updates gibt die subjektive Anforderung des § 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB, der Art. 7 lit. d) RL umsetzt. Denn die Vorschrift stellt sogar den Umfang der Aktualisierung des digitalen Produkts zur vertraglichen Disposition,116 wobei die Regelungsmöglichkeiten aller dings durch die §§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5, 327h BGB begrenzt werden und zusätzlich auch § 308 Nr. 4 BGB genügen müssen.117 Im Ergebnis kann der Verbraucher mit dem Unternehmer daher wirksam automatische Aktualisierungen vereinbaren und damit auf seine Rechte aus §§ 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 327f BGB verzichten, wenn automatische Updates zum einen ausdrücklich und gesondert im Vertrag als Abweichung von den genannten Vorschriften genannt werden und der Verbraucher vor Abgabe seiner zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung über die Abweichung informiert wurde (vgl. § 327h BGB).118
4.2.5.2 Vereinbarungen über automatische Updates nach Vertragsschluss Durch die dargestellte rechtliche Möglichkeit, vollständig von den Anforderungen des Ak tualisierungspflichtenbündels abzuweichen, können allerdings Verbraucherschutzpro bleme entstehen. Zum einen könnte demnach theoretisch gem. § 327h BGB vereinbart wer den, dass der Verbraucher keinerlei Informationen über Aktualisierungen erhält, son entsprechende vertragliche Vereinbarungen aussprechend Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 99 (Rn. 260). Für eine Zulässigkeit automatischer Updates Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 13; Ehle/Kreß, CR 2019, 723, 728 (Rn. 35); Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 17). Ewald/Schneider, MMR 2022, 709, 713 sehen automatische Updates alleine schon durch die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers über die Updateinstallation als erschwert an. 115 Daher muss die Information des Verbrauchers über die Updates bestehen bleiben. Nur so kann er verfolgen, wie der Unternehmer Aktualisierungen vornimmt und ob er diese weiterhin automatisch erhalten möchte. 116 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 55; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.03.2023, § 327e Rn. 34; Metzger in: MüKo BGB, Bd 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 19; Schneider, ITRB 2021, 182, 186. 117 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 19; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 18; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327e Rn. 34; Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 322 (Rn. 26 ff.) (zur AGB-Kontrolle). Zu den praktischen Anforde rungen des § 327h BGB: Schöttle, DSRITB 2021, 431, 440 f.; Schreiber, ITRB 2022, 114, 115 f.; Jaensch, jM 2022, 96, 100; Grüneberg, BRJ 2022, 77, 80. 118 Die Vereinbarung automatischer Updates befürwortend Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 31; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 13; Ehle/Kreß, CR 2019, 723, 728 (Rn. 35); Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 17).
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dern diese vielmehr automatisch und ohne Benachrichtigung über deren Verfügbarkeit und Folgen (d. h. die selbstständige Information, vgl. 2.2 und 4.2.2) installiert werden. Ob eine entsprechende Regelung in AGB der Inhaltskontrolle standhalten würde, ist allerdings offen. Wäre dem so, würde sich daraus die Problematik ergeben, dass der Verbraucher die Updates nicht mehr so leicht bewerten kann (z. B. ob sie eine unzulässige Änderung dar stellen). Durchaus plausibel erscheint es jedoch, dass Vereinbarungen von automatischen Updates zumindest in gewissen Ausgestaltungsformen auch der AGB-Inhaltskontrolle standhalten dürften. Wenn sie wirksam vereinbart sind, könnte aber der Verbraucher den Wunsch haben, zukünftig auf automatische Updates zu verzichten und so seine ursprüng liche Installationsfreiheit wiederherzustellen. Durch die rechtliche Ausgestaltung der Ab weichungsmöglichkeit von objektiven Anforderungen in § 327h BGB (Art. 8 Abs. 5 RL) als Vertragsänderung ist dem Verbraucher die Wiedererlangung seiner Installationsfreiheit jedoch nicht einseitig möglich. Vielmehr wird eine erneute Vertragsänderung, d. h. eine Willenserklärung beider Vertragsparteien, notwendig, um automatische Updates wieder abzubedingen. Mangels Ausgestaltung als Opt in- bzw. Opt out-Regelung für den Ver braucher kann dieser seine einmal vor Vertragsbeginn abbedungene Installationsfreiheit somit nicht mehr einseitig wiederherstellen. Dies erscheint besonders problematisch, wenn man bedenkt, dass für den Unternehmer durch die wohl regelmäßig mit automati schen Updates einhergehende Erleichterung des organisatorischen und technischen Ab laufs kein Anreiz besteht, die Installationsfreiheit des Verbrauchers durch eine Vertragsän derung wiederherzustellen. Zudem müsste er in diesem Fall dann erneut darauf achten, die Haftungserleichterung des § 327f Abs. 2 BGB zu erreichen. Im Ergebnis könnte der Ver braucher daher seine einmal getroffene Wahl für automatische Updates aufgrund der rechtlichen Konzeption des Gesetzgebers nicht mehr eigenständig rückgängig machen.119 Die Situation würde dann nach Vertragsschluss derjenigen von Zwangsupdates entspre chen, da die Updates automatisch gegen den Willen des Verbrauchers erfolgen können. Zwangsaktualisierungen werden jedoch regelmäßig als unzulässig erachtet.120 Die Pro blematik resultiert vermutlich daraus, dass der Gesetzgeber in Bezug auf § 327h BGB die Informationspflichten und die Installationspflichten nicht im Blick hatte. Gelöst werden kann die aufgezeigte Situation letztlich wohl vor allem durch den Gesetzgeber. Es könnte insofern zum einen die unabdingbare Unternehmerpflicht statuiert werden, den Verbraucher immer über (erfolgte) Updates zu informieren und dem Verbrau cher zum anderen eine Opt in- bzw. Opt out-Option für automatische Updates zu gewäh
Das Änderungsrecht des § 327r BGB für Änderungen des digitalen Produkts bei dauerhaften Be reitstellungen hilft in dieser Situation nicht weiter, da die Vorschrift nur ein Änderungsrecht des Un ternehmers bei dauerhaften Bereitstellungen vorsieht und kein Änderungsrecht des Verbrauchers. 120 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 16; Zöchling-Jud, GPR 2019, 115, 124 (zur Richtlinie); Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 13 ff.); vgl. auch Martens, Schuldrechts digitalisierung, 2022, S. 99 (Rn. 260); Spindler, MMR 2021, 451, 456; Braun, CR 2022, 727, 731 (Rn. 34 f.); Rieländer, GPR 2021, 257, 267 f.; Erdelt, K&R 2022, 803, 806. 119
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ren. Eine Lösung über eine Rechtsfortbildung erschiene zwar vorzugswürdig, ist aber auf grund der Formulierungen der Vorschrift schwierig. Ein weiteres, verwandtes Problem stellt die Vereinbarung automatischer Updates nach Vertragsschluss dar. Entscheidet sich der Verbraucher während des Aktualisie rungszeitraums für automatische Updates, so stellt dies erneut eine Abweichung von den objektiven Anforderungen an das digitale Produkt dar (§ 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB). Dies löst daher die Anwendbarkeit des § 327h BGB aus, wodurch dessen Anforderungen erfüllt werden müssten. Jedoch ist dies nach Vertragsschluss anscheinend überhaupt nicht mehr möglich, da § 327h BGB („vor Abgabe seiner Vertragserklärung“) und der zugrunde liegende Art. 8 Abs. 5 RL („bei Vertragsschluss“121) u. a. verlangt, dass der Verbraucher vor Vertragsabschluss über die Abweichung in Kenntnis gesetzt wird.122 Daher wäre eine Vereinbarung automatischer Updates nach Vertragsschluss rechtlich nicht mehr möglich. Gelöst werden könnte diese Problematik ggf. durch eine teleologische Reduktion123 des § 327h BGB bzw. Art. 8 Abs. 5 RL, indem auf die Wertung der betreffenden Vorschriften und des § 327s BGB bzw. Art. 22 Abs. 1 RL abgestellt wird.124 Dadurch könnte das Erfor dernis der Vereinbarung vor Vertragsschluss beseitigt werden, wodurch nur noch eine aus drückliche und gesonderte Vereinbarung notwendig wäre. Möglich erscheint die teleologi sche Reduktion aufgrund der Teloi der §§ 327h, 327s BGB bzw. Artt. 8 Abs. 5, 22 Abs. 1 RL, die den Verbraucher im Ergebnis vor nachteiligen Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften schützen wollen, nicht jedoch im Einzelfall im Interesse des Verbrauchers lie gende Abweichungen, wie automatische Updates es sein können, verhindern möchten. Es
Sprachvergleich: Englisch: „at the time of the conclusion of the contract“; Spanisch: „en el mo mento de la celebración del contrato“; Französisch: „au moment de la conclusion du contrat“; Itali enisch: „al momento della conclusione del contratto“; Niederländisch: „ten tijde van de sluiting van de overeenkomst“; Bulgarisch: „в момента на сключването на договора“. Darauf hinweisend, dass die Formulierung der Richtlinie unspezifischer ist als die des Umsetzungsgesetzes: Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327h Rn. 3. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327h Rn. 10 sehen darin eine bewusste Entscheidung des deutschen Ge setzgebers. 122 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 61 f.; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327h Rn. 15. Vgl. auch Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327h Rn. 4, der daher empfiehlt, dass Unternehmer diese Informationen schon in ihre invitatio ad offerendum einfügen sollten. Kramme, RDi 2021, 20, 26 (Rn. 27) sieht daher zu Recht hohe „Hürden für Abweichungen von objektiven Anforderungen“, die besonders für Start-ups eine Marktzutritts schranke bilden können. 123 Zur Zulässigkeit der teleologischen Reduktion in Form von ungeschriebenen Tatbestandsmerk malen im europäischen Sekundärrecht (auch wenn der entsprechende Begriff nicht verwendet wird) Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 174 f. 124 Diese Zusammenschau von § 327h BGB und § 327s BGB ist möglich, da die beiden Vorschriften sehr eng zusammenhängen. Sie müssen gar „als Einheit gelesen und verstanden werden“. So Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 141 (Rn. 383 f.); zustimmend Föhlisch in: BeckOK IT- Recht, 01.07.2023, BGB § 327h Rn. 21. 121
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ist jedoch wohl nur dann anzunehmen, dass keine Regelung zum Nachteil des Verbrau chers erfolgt, wenn der Unternehmer ihm gleichzeitig die Möglichkeit einräumt, jederzeit wieder zu seiner Installationsfreiheit zurückzukehren.
4.2.6 Installationsobliegenheit des Verbrauchers und die Problematik der aufeinander aufbauenden Aktualisierungen Wurden keine automatischen Updates vereinbart und macht der Verbraucher von einer be reitgestellten Aktualisierung keinen Gebrauch, gerät er dadurch nicht in Annahmeverzug.125 Denn eine Installationspflicht besteht für den Verbraucher nicht.126 Eine Mitwir kungshandlung des Verbrauchers ist auch nicht erforderlich, damit der Unternehmer seine Aktualisierungspflicht erfüllen kann. Dies ergibt sich zum einen aus der Parallelität der Hauptleistungsbereitstellung und der Aktualisierungsbereitstellung, da die Erfüllung bei der Bereitstellung ohne eine Mitwirkungshandlung des Verbrauchers erfolgt. Im Zusam menhang mit der Aktualisierung besteht allerdings eine Installationsobliegenheit des Verbrauchers innerhalb einer angemessenen Frist.127 Denn § 327f Abs. 2 BGB statuiert, dass der Verbraucher seine Mängelrechte hinsichtlich des Produktmangels, der allein auf der fehlenden Aktualisierung beruht, verliert (siehe dazu näher unter 3.2.4).128 Problematisch können sich Fälle gestalten, in denen eine nachfolgende, vom Verbrau cher gewünschte Aktualisierung auf die vorhergehende fehlende (da von ihm nicht ge wünschte) Aktualisierung aufbaut. Durch die technische Verbindung der Updates könn ten dem Verbraucher dadurch de facto Aktualisierungen aufgedrängt werden, die er nicht möchte. Denn die Ablehnung der Installation einer „Basisaktualisierung“ könnte faktisch zu einem völligen Verlust des Aktualisierungsrechts über die gesamte Laufzeit führen, wenn nachfolgende Aktualisierungen zwingend die Vorherige erfordern. Dadurch würde die selbstbestimmte und freie Entscheidung (siehe dazu unter 4.2.5) des Verbrauchers über die Installation einer jeden Aktualisierung aus praktischer Sicht eingeschränkt. Anderer seits kann es aus wirtschaftlicher Sicht des Unternehmers sowie aus technischer Sicht
§ 327b Abs. 2 BGB dürfte eine insb. dem § 300 BGB vorgehende Spezialregelung sein, vgl. Ernst in: MüKo BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2022, § 293 Rn. 6; ähnlich Rieländer, GPR 2022, 28, 31 (Fn. 40). 126 Vgl. auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 31; Schöttle, MMR 2021, 683, 687 f; Schippel, ITRB 2023, 126, 130. 127 Vgl. Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 21 f.; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 32; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 5; Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 103 (Rn. 275); Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 173 (Rn. 430); Kramme, RDi 2021, 20, 25 (Rn. 23); Jaensch, jM 2022, 96, 99. Zur angemessenen Frist siehe näher 5.2.3. 128 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60: „[Der Unternehmer soll] für den Fall, dass der Verbraucher in jeder Hinsicht vertragsgemäß zur Verfügung gestellte Aktualisierungen nach entsprechender In formation nicht installiert, aus seiner Haftung entlassen werden“. 125
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durchaus sinnvoll bzw. sogar notwendig erscheinen, bei Aktualisierungen auf vorherigen Aktualisierungen aufzubauen. Im Ergebnis wird es dem Unternehmer daher wohl möglich sein müssen, die erforderlichen Updates technisch aufeinander aufzubauen und abzustim men, um einen komplizierten, individuellen, technisch risikoreichen und damit unökono mischen Aktualisierungsprozess zu vermeiden.129 Nutzt ein Verbraucher dann eine Aktualisierungsmöglichkeit nicht, so greift gem. den Vorgaben des § 327f Abs. 2 BGB ein Haftungsausschluss für den Unternehmer (siehe dazu näher unter 3.2.4). Von aufeinander aufbauenden Updates noch einmal zu unterscheiden ist die Frage, ob der Unternehmer notwendige Aktualisierungen mit Änderungen gem. § 327r BGB verbin den darf. § 327r BGB regelt, inwieweit Änderungen bei dauerhaft bereitgestellten digita len Produkten vorgenommen werden dürfen, „die über das zur Aufrechterhaltung der Ver tragsmäßigkeit nach § 327e Absatz 2 und 3 und § 327f erforderliche Maß hinausgehen“ (§ 327r Abs. 1 BGB). Theoretisch erscheint eine technische Zusammenfassung von Aktu alisierungen und Änderungen möglich, sofern gleichzeitig auch die Voraussetzungen einer Änderung gem. § 327r BGB erfüllt werden.130 Allerdings ist aus Unternehmersicht zu be denken, dass Verbraucher bzgl. Updates eine „Installationsfreiheit“ genießen. Machen sie davon Gebrauch, wird die damit verbundene Änderung somit ebenfalls nicht vorgenom men. Änderungen scheint der Unternehmer im Gegensatz zu Aktualisierungen jedoch au tomatisch durchführen zu dürfen, da es sich i. R. v. § 327r BGB um „einseitige[], durch den Unternehmer initiierte[] Änderungen des digitalen Produkts“131 handelt.132 Denn § 327r BGB sieht insofern gerade keine Bereitstellung vor. Ist dem Unternehmer die Än derung daher wichtig, kann er sie unabhängig von der Aktualisierung durchführen oder Änderungen lediglich dann mit Aktualisierungen technisch verbinden, wenn er mit dem Verbraucher automatische Updates vereinbart hat.
So auch Hunzinger, CR 2022, 349, 349 (Rn. 1) i. R. d. § 327r BGB zum sog. „one to many“-Mo dell. Anders Reinking, DAR 2021, 185, 190, der sich sogar für weitergehende individualisierte Ak tualisierungen ausspricht. 130 So auch Grüneberg, BRJ 2022, 77, 80. 131 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 77; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327r Rn. 10. 132 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 77; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327r Rn. 10; im Umkehrschluss auch Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327r Rn. 19. Dafür, dass die Vorschrift für manuelle als auch für automatische Ände rungen gilt, siehe Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327r Rn. 4; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327r Rn. 12; Ehle/Kreß, CR 2019, 723, 730 (Rn. 43). Für die Möglich keit von Zwangsupdates bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 327r BGB vgl. Schreiber/Esser, RDi 2022, 317, 320 (Rn. 18); a. A. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327r Rn. 32. 129
4.3 Die Erfüllung der Abwicklungspflicht durch Bereitstellung – Die …
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4.3 Die Erfüllung der Abwicklungspflicht durch Bereitstellung – Die Abwicklungsbereitstellung 4.3.1 Erfüllungsoptionen und Erfüllungsmodalitäten Nach § 327p Abs. 3 S. 1 BGB muss der Unternehmer dem Verbraucher die in § 327p Abs. 2 BGB genauer bestimmten Inhalte bereitstellen (dazu bereits unter 3.3.3). Richtigerweise ist die direkte Übermittlung der Inhalte an den Verbraucher aber nur eine der Bereitstellungsoptionen des Unternehmers. Denn die Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL und § 327p Abs. 1 S. 1 BGB sprechen auch hier allgemein von der Bereitstellung und nicht konkret von der Notwendigkeit einer Übermittlung.133 Dabei wird derselbe Begriff ver wendet wie im Zusammenhang mit der Hauptleistungs- und Aktualisierungspflicht. Dies weist zunächst darauf hin, dass der Begriff auch einheitlich verstanden werden sollte. Es ließe sich daher argumentieren, dass dem Unternehmer bei der Abwicklungsbereitstellung grundsätzlich alle möglichen Bereitstellungsvarianten digitaler Inhalte gem. § 327b Abs. 3 BGB zustehen sollten.134 Demnach könnten die Vorgaben des § 327b Abs. 3 BGB entsprechend angewendet werden. Die Ausführungen zur Erfüllungswirkung der Hauptleistungspflicht gelten i. R. d. Abwicklungspflicht gleichermaßen (vgl. 4.1.1.2).135 Trotz der Verwendung desselben Begriffs ist allerdings eine funktionale Auslegung der Begrifflichkeit geboten. Zu überlegen ist, ob der Begriff der Bereitstellung in diesem Zu sammenhang aufgrund der abweichenden Teloi der Normen nicht doch etwas enger zu verstehen ist. Gemäß der Richtlinie soll der Verbraucher berechtigt sein, die Inhalte „wiederzuerlangen“136 (Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL).137 Nach hier vertretener Ansicht ist somit i. S. e. richtlinienkonformen Auslegung138 zu verlangen, dass der Verbraucher die Möglichkeit erhalten muss, die Inhalte in seine Herrschaftssphäre und seine Verfü gungsgewalt zu bringen. Danach reicht es nicht aus, wenn der Unternehmer dem Ver braucher lediglich unter fremder Kontrolle Zugang zu den Inhalten gewährt, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, die Inhalte bspw. herunterzuladen. Denn die Verbindung Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL: „stellt […] bereit“. Sprachvergleich: Englisch: „shall […] make avai lable“; Spanisch: „pondrá a disposición“; Französisch: „met à la disposition“; Italienisch: „mette a disposizione“; Niederländisch: „maakt […] beschikbaar“; Bulgarisch: „предоставя“. 134 Der Verweis allein auf § 327b Abs. 3 BGB (und nicht auf Abs. 4) ergibt sich daraus, dass die Datenüber tragung von vornherein nur in Form digitaler Inhalte und nicht als digitale Dienstleistung in Betracht kommt. 135 Vgl. dazu näher Jung/Rolsing, Die Abwicklungspflicht des § 327p BGB, 2023, Abschnitt D.I., S. 12 (im Erscheinen). 136 Sprachvergleich: Englisch: „retrieve“; Spanisch: „recuperar“; Französisch: „récupérer“; Italie nisch: „recuperare“; Niederländisch: „op te vragen“; Bulgarisch: „извлича“. 137 Siehe auch Erwägungsgrund 71 RL. 138 Zur Anerkennung der richtlinienkonformen Auslegung in Deutschland siehe statt vieler Roth/ Jopen in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 4. Aufl. 2021, § 13 Rn. 4 f., 25 ff.; Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung und nationale Auslegungsmethodik, 2011, S. 47 ff., 303; Canaris in: FS Bydlinsky, 2002, S. 47, 48 ff.; Auer, NJW 2007, 1106, 1106; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 399; Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 191. 133
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zwischen den Vertragsparteien muss endgültig beendet werden können und der Verbrau cher sollte gleichzeitig (dauerhaft) die Verfügung über seine Inhalte erhalten, um sie auch zu einem anderen Anbieter übertragen zu können. Nach hier vertretener Ansicht ist der Be griff „Bereitstellung“ an dieser Stelle somit etwas enger zu fassen, weshalb eine bloße Zugänglichmachung der Inhalte nicht ausreicht.139 Die ansonsten gewährte technische Neu tralität wird an dieser Stelle somit zur Erreichung eines höheren Verbraucherschutzes und einer endgültigen Beendigung des Vertragsverhältnisses eingeschränkt. Abgesehen davon kann jedoch auf die obigen Ausführungen zu den Bereitstellungsmodi (4.1.1.1) verwiesen werden. Insb. darf auch i. R. d. Abwicklungspflicht somit (innerhalb der aufgezeigten Grenzen) der Unternehmer den Bereitstellungsmodus wählen (dazu und zu möglichen Einschränkungen siehe 4.1.3). Sowohl die Bereitstellungsmodalitäten als auch der sachliche Umfang der Abwick lungsbereitstellungspflicht werden in § 327p Abs. 3 S. 3 BGB relativ genau beschrieben. Erforderlich ist danach die Bereitstellung aller Inhalte in einem gängigen, nicht- proprietären, maschinenlesbaren Format ohne Kosten und ohne rechtliche oder technische Hürden für den Verbraucher.140 Gem. § 327p Abs. 3 BGB muss die Bereitstellung „ohne Behinderung durch den Unternehmer“141 erfolgen. Dabei dürfte die Üblichkeit eines For mats von der Art der bereitzustellenden Daten, der Branche, den üblicherweise verwende ten Endgeräten und dem Markt des digitalen Produkts abhängen.142 Zur genaueren Be stimmung der in Art. 16 Abs. 4 S. 2 RL verwendeten Formulierung des „allgemein ge bräuchlichen und maschinenlesbaren“143 Formats nutzt das Umsetzungsgesetz das aus Art. 20 Abs. 1 DSGVO bekannte „gängige“ Format und will die Auslegung an dieser Vor Wie hier Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 16; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 10 ff. spricht von einem „Herausgabean spruch“ und scheint die Bereitstellung daher ebenfalls enger zu verstehen. Ebenso Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327p Rn. 21, der von einem Herausgabeanspruch spricht, der die „Übermittlung der Inhalte“ erfordere. Vgl. auch Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 12. 140 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. 141 § 327p Abs. 3 BGB setzt Artikel 16 Abs. 4 UAbs. 1 RL um, vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 74. Sprachvergleich: Englisch: „without hindrance from the trader“; Spanisch: „sin impedimentos por parte del empresario“; Französisch: „sans que le professionnel y fasse obstacle“; Italienisch: „senza impedimenti“; Niederländisch: „zonder belemmeringen van de kant van de handelaar“; Bul garisch: „без да бъде възпрепятстван от търговеца“. 142 Erwägungsgrund 50 RL zur Bestimmung des Formats. Vgl. auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 20; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 17. 143 Sprachvergleich: Englisch: „commonly used and machine-readable format“; Spanisch: „utilizado habitualmente y legible electrónicamente“; Französisch: „couramment utilisé et lisible par ma chine“; Italienisch: „di uso comune e leggibile da dispositivo automatico“; Niederländisch: „gang baar en machinaal leesbaar gegevensformaat“; Bulgarisch: „широко използван и машинночетим формат“. 139
4.3 Die Erfüllung der Abwicklungspflicht durch Bereitstellung – Die …
69
schrift orientiert wissen,144 obwohl sich in der Richtlinie keine entsprechende explizite Aussage finden lässt. Dass die Bereitstellung der Inhalte für den Verbraucher kostenlos er folgen muss (§ 327p Abs. 3 BGB), bedeutet vor allem, dass der Unternehmer bspw. keine Gebühren für die Bereitstellung verlangen darf.145
4.3.2 Durchsetzung der Abwicklungspflicht Wie bereits ausgeführt (siehe 3.3.2), kann der Anspruch auf Datenübertragung vom Ver braucher prinzipiell relativ unproblematisch angemeldet werden. Dies gilt allerdings nur, sofern der Unternehmer seiner Pflicht entsprechend nachkommt bzw. sich die Parteien au ßergerichtlich einigen können. Nicht unerhebliche Schwierigkeiten entstehen allerdings, wenn der Herausgabeanspruch gerichtlich durchgesetzt werden soll. Zu bedenken ist i. R. d. Abwicklungspflicht, dass diese am Ende einer möglicherweise jahrelangen Ver tragsbeziehung steht. Während dieser hat der Verbraucher ggf. unzählige Inhalte bereitge stellt oder erstellt, die ihm nun zur Verfügung gestellt werden müssen. Insofern könnte es dem Verbraucher u. U. nicht möglich sein, jeden einzelnen Inhalt i. S. v. § 327p Abs. 2, 3 BGB in hinreichender Bestimmtheit für einen Herausgabeantrag zu bezeichnen (§ 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Denn nicht alle dieser Inhalte sind notwendigerweise so abge speichert, dass der Verbraucher sie einsehen kann. Unternehmer besitzen diese Informa tion hingegen. Unternehmen wie Facebook behalten bspw. sogar nach der Löschdauer von 90 Tagen ein Backup bestimmter Daten, selbst wenn der entsprechende Account endgültig abgemeldet wurde.146 Es können daher u. U. Informationsasymmetrien zu Lasten des Ver brauchers bestehen, die ihm das Stellen eines korrekten Herausgabeantrags erschweren. Die Anforderungen an die Bestimmtheit von Herausgabeanträgen sind grundsätzlich wegen der Sicherheit der Zwangsvollstreckung relativ hoch.147 Die Herausgabegegen stände sind individualisiert zu bezeichnen.148 Nur in Ausnahmefällen sollen gewisse un Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75. Die ggf. anfallenden Kosten in der Sphäre des Verbrauchers (z. B. für eine Internetverbindung) muss der Unternehmer allerdings nicht erstatten (Erwägungsgrund 71 RL). Siehe auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 13; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 17; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327p Rn. 25. 146 Vgl. https://de-de.facebook.com/help/224562897555674 (zuletzt abgerufen am 09.03.2023). Zur Speicher- und Löschpflicht i. R.d. Abwicklungspflicht siehe näher unter 3.3.4. 147 BAG NJW 2021, 2379, 2379 (Ls.) zu Art. 15 DSGVO; LAG Baden-Württemberg ZD 2022, 571, 572 (Rn. 93 ff.); anders noch LAG Baden-Württemberg ZD 2019, 276, 276 (1. Ls.); umfassend zur Bestimmtheit von Klageanträgen im Zusammenhang mit der DSGVO: BAG NJW 2022, 960, 960 ff. 148 BGH NJW 1983, 1056, 1056; BGH NJW 2016, 317, 317 (Rn. 9 ff.) (Tonbänder); BGH NJW 2016, 1094, 1095 (Rn. 20 ff.) (Foto- und Filmdateien); Bacher in: BeckOK ZPO, Stand: 01.07.2023, § 253 Rn. 65.1; Becker-Eberhard in: MüKo ZPO, Bd. 1, 6. Aufl. 2020, § 253 Rn. 147; Foerste in: Musielak/Voit (Hrsg.), ZPO, 20. Aufl. 2023, § 253 Rn. 32. 144 145
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vermeidbare Unsicherheiten hinnehmbar sein.149 Im Fall von digitalen Inhalten scheint die bisher ergangene Rechtsprechung nicht ganz darin übereinzustimmen, wann ein hinrei chend genauer Antrag vorliegt.150 Daher empfiehlt es sich, die herausgeforderten Inhalte auch i. R. d. § 327p Abs. 3 BGB so genau wie möglich zu bezeichnen. Um die Abwicklungspflicht allerdings trotz dieser Schwierigkeiten der hinreichend ge nauen Bezeichnung des Klagegegenstands effektiv gerichtlich durchsetzen zu können, müsste sich der Verbraucher in solchen Fällen zudem auf eine Stufenklage nach § 254 ZPO stützen können.151 In der ersten Stufe könnte Auskunft über die noch gespeicherten Inhalte verlangt werden. Die zweite Stufe würde dann der Durchsetzung des Abwicklungsbereit stellungsanspruchs dienen. Voraussetzung dafür ist aber, dass § 254 ZPO auf die neue Be reitstellungspflicht Anwendung findet. Als erste Stufe nennt § 254 ZPO die Rechnungsle gung oder die Abgabe eines Vermögensverzeichnisses und als letzte Stufe nur die Heraus gabe. Die Herausgabe wird dabei weit bzw. untechnisch verstanden und umfasst neben einer Herausgabe u. a. auch die Zahlung eines Geldbetrags, die Abtretung oder die Ertei lung einer Bankgutschrift.152 Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Bereitstellung von Inhalten, bzgl. derer auch eine isolierte Leistungsklage erhoben werden kann, nicht erfasst sein sollte.153 Ein weites Verständnis gilt auch für die erste Stufe, die nach allgemeiner Meinung alle Informationsansprüche umfasst.154 Einen entsprechenden Auskunftsanspruch über die In halte, die der Verbraucher zurückverlangen kann, enthalten jedoch weder die Richtlinie noch die §§ 327 ff. BGB. Die Stufenklage erfasst allerdings auch auf § 242 BGB basie rende Auskunftsansprüche. Eine direkte Anwendung des § 242 BGB würde eine externe Lücke in der Richtlinie voraussetzen. Denkbar ist allerdings auch anzunehmen, dass ein solcher Auskunftsanspruch aufgrund des effet utile-Grundsatzes bereits durch die Richtli nie vorgegeben ist. § 242 BGB könnte in diesem Zusammenhang dann i. R. d. richtlinien BGH NJW 2003, 668, 669 (Gegenstände, die „im Eigentum“ des Beklagten sind); Becker- Eberhard in: MüKo ZPO, Bd. 1, 6. Aufl. 2020, § 253 Rn. 148. 150 So scheint teilweise die Bezugnahme auf den konkreten (semantischen) Inhalt von E-Mails nicht hinreichend konkretisiert zu sein (BAG NJW 2021, 2379, 2380 (Rn. 20)), während eine Bezug nahme auf digitale Fotos, auf denen eine Person „vor, während oder im Anschluss an den Ge schlechtsverkehr abgebildet ist“ (BGH NJW 2016, 1094, 1095 (Rn. 21)) für eine hinreichende Kon kretisierung ausreichend sein soll. Vgl. auch den Instanzenzug ArbG Stuttgart BeckRS 2019, 55432 (Rn. 49); LAG Baden-Württemberg NZA-RR 2021, 410, 410 (1. Ls.); BAG NJW 2022, 960, 960 ff. 151 Für E-Mails im Anwendungsbereich der DSGVO so auch BAG NJW 2021, 2379, 2380 (Rn. 20); vgl. auch BAG NJW 2022, 960, 964 (Rn. 31 ff.). 152 BGH NJW 2003, 2748, 2749; Saenger in: ders. (Hrsg.), HK-ZPO, 10. Aufl. 2023, § 254 Rn. 7; Becker-Eberhard in: MüKo ZPO, Bd. 1, 6. Aufl. 2020, § 254 Rn. 9. 153 Auch BAG NJW 2021, 2379, 2380 (Rn. 20) und BAG NJW 2022, 960, 964 Rn. 31 ff. gehen von der Einschlägigkeit der Stufenklage für digitale Inhalte (hier respektive E-Mails bzw. „Leistungsund Verhaltensdaten“) aus. 154 Becker-Eberhard in: MüKo ZPO, Bd. 1, 6. Aufl. 2020, § 254 Rn. 9 m. w. N.; Saenger, Zivilpro zessordnung, 10. Aufl. 2023, § 254 Rn. 4; Bacher in: BeckOK ZPO, Stand: 01.07.2023, § 254 Rn. 3; BGH NJW 2003, 2748, 2748. 149
4.3 Die Erfüllung der Abwicklungspflicht durch Bereitstellung – Die …
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konformen Auslegung herangezogen werden. Da beide Lösungswege zu einem Aus kunftsanspruch führen, kann die Entscheidung an dieser Stelle offenbleiben. Inhaltlich er scheint ein solcher Auskunftsanspruch nach hier vertretener Ansicht für den geschilderten Fall notwendig, da der Verbraucher in entschuldbarer Weise über den Umfang seiner Rechte aus § 327p Abs. 3, 2 BGB in Unkenntnis ist und der Unternehmer unschwer die erforderliche Auskunft erteilen könnte, da dieser für die Organisation und Speicherung der herauszugebenden Inhalte verantwortlich ist.155 Auf der folgenden Stufe der Klage kann schließlich die Bereitstellung der Inhalte nach § 327p Abs. 3 S. 1 BGB beantragt werden.
Zu den Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach Treu und Glauben aus § 242 BGB vgl. etwa BGH NJW 2007, 1806, 1807 (Rn. 13); Mansel in: Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 242 Rn. 21; Sutschet in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 242 Rn. 29, 53; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 242 Rn. 19; Pfeiffer in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 242 Rn. 49. 155
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Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
Im Zusammenhang mit den drei Bereitstellungspflichten stellen sich verschiedene Fragen bzgl. zeitlicher Aspekte. Denn nicht alle zeitlichen Aspekte sind explizit von den jeweiligen Vorschriften vorgegeben. Dies gilt insb. für die Aktualisierungspflicht (siehe 5.2) und die Abwicklungspflicht (siehe 5.3).
5.1 Hauptleistungsbereitstellung Sofern zwischen Unternehmer und Verbraucher nichts anderes vereinbart wurde, kann1 der Verbraucher „unverzüglich“ nach Vertragsschluss die Bereitstellung verlangen. Spiegelbildlich kann der Unternehmer die Bereitstellung „sofort“ bewirken (§ 327b Abs. 2 BGB). Bei einer dauerhaften Bereitstellung bedeutet dies, dass der Unternehmer ab den genannten Zeitpunkten das digitale Produkt über den gesamten vereinbarten Zeitraum bereitstellen muss (Bereitstellungszeitraum). Bei einer einmaligen Bereitstellung stellt sich die Frage, wie lange eine Bereitstellung zu erfolgen hat (Bereitstellungsdauer) (siehe dazu näher unter 4.1.1.2). Die Zeitpunkte werden jeweils mit Blick auf den Vertragsschluss bestimmt. Die Formulierung „unverzüglich“2 entstammt Art. 5 Abs. 1 S. 2 RL. Der Begriff ist daher richtli-
Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 86 (Rn. 222) weist zu Recht darauf hin, dass für den Verbraucher keine Obliegenheit besteht, sie unverzüglich zu verlangen. 2 Sprachvergleich: Englisch: „without undue delay“; Spanisch: „sin demora indebida“; Französisch: „sans retard injustifié“; Italienisch: „senza indebito ritardo“; Niederländisch: „onverwijld“; Bulgarisch: „без неоправдано забавяне“. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_5
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
nienkonform auszulegen3 und nicht einfach mit der deutschen Vorgabe „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) gleichzusetzen.4 Denn die Folge wäre, dass dadurch subjektive Elemente auf Unternehmerseite in die Beurteilung der Fälligkeit einflössen, die die Verbraucherposition schwächen würden.5 Die Formulierung zeigt jedoch, dass „unverzüglich“ nicht grundsätzlich mit „sofort“ gleichzusetzen ist, weshalb der deutsche Gesetzgeber eine von der Grundregel des § 271 Abs. 1 BGB abweichende Umsetzungsregelung erlassen musste.6 D.h., es steht dem Unternehmer ein gewisser (angemessener) Zeitraum zur Bereitstellung zur Verfügung. Nach Erwägungsgrund 41 RL soll die Bereitstellung „in Übereinstimmung mit den marktüblichen Praktiken und technischen Möglichkeiten und zur Sicherstellung einer gewissen Flexibilität unverzüglich“ erfolgen. Insb. bei digitalen Produkten, bei denen eine sofortige Bereitstellung unproblematisch möglich und üblich ist, könnte der Zeitraum allerdings regelmäßig sogar eine sofortige Leistung notwendig machen.7 Darauf lassen die Ausführungen in Erwägungsgrund 61 RL schließen, der sich
Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 5 und § 327c Rn. 14; Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 8; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 3 (die aber beide dennoch auf § 121 Abs. 1 S. 1 BGB rekurrieren); Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen); Fervers, NJW 2021, 3681, 3683; Jaensch, jM 2022, 96, 98; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 5; Buchmann/ Panfili, K&R 2022, 73, 76; eine objektive Auslegung fordernd: Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 5; gleichsetzend Ring, ZAP 2021, 1005, 1010. 4 So auch Grüneberg, BRJ 2022, 77, 79; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 73, 76; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341), anders jedoch auf S. 153 (Rn. 369). Daher stellt sich auch das Problem nicht, dass § 121 BGB verschuldensabhängig formuliert ist. Dazu Fervers, NJW 2021, 3681, 3683, der auch anmerkt, dass der Begriff europäisch anders verstanden werden kann. Wohl von einer Interpretation i. S. d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB ausgehend Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 5, der jedoch i. R. v. § 327c Abs. 1 BGB eine abweichende Interpretation bevorzugt (Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327c Rn. 13); ausdrücklich auf das Begriffsverständnis des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zurückgreifend Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 8. 5 Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 5; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341); Fervers, NJW 2021, 3681, 3683. 6 Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 86 (Rn. 222); Jaensch, jM 2022, 96, 98; anders Tamm/Tonner in: Brönneke/Föhlisch/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2022, S. 52 (Rn. 71); Metzger, JZ 2019, 577, 580 und Grüneberg, BRJ 2022, 77, 79. 7 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 5; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen); Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 145 (Rn. 341); Schulze, ZEuP 2019, 695, 704 (Fn. 46); Faber in: Stabentheiner/ Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 68; Jaensch, jM 2022, 96, 98; zurückhaltend Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 3; Kramme, RDi 2021, 20, 24 (Rn. 15) sieht darin zu Recht keine starke Belastung der Unternehmer. 3
5.2 Aktualisierungsbereitstellung
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allerdings auf Art. 13 Abs. 1 RL (der i. R. d. § 327c BGB umgesetzt wurde) bezieht.8 Dennoch dürften die dort angestellten Überlegungen auch in Bezug auf § 327b BGB greifen. Umgekehrt darf der Unternehmer allerdings nach der deutschen Vorschrift in jedem Fall „sofort“ leisten.9 Diese Vorgabe enthält die Richtlinie so nicht explizit,10 sie scheint allerdings richtlinienkonform zu sein, da dadurch das Verbraucherschutzniveau nicht gesenkt wird, sondern dies vielmehr wohl grundsätzlich im Interesse des Verbrauchers liegt. Den Parteien bleibt es jedoch gem. § 327b Abs. 2 BGB unbenommen, davon abweichende Vereinbarungen zum Leistungszeitpunkt in den Vertrag aufzunehmen.11 Die Leistungszeit ist somit dispositiv. Wird eine andere Leistungszeit i. R. v. AGB bestimmt, so unterliegt diese Klausel der AGB-Kontrolle gem. §§ 307 ff. BGB.12
5.2 Aktualisierungsbereitstellung 5.2.1 Zeitraum der Aktualisierungspflicht Im Rahmen der Aktualisierungspflicht stellen sich ebenfalls Fragen zum zeitlichen Ablauf. Dies betrifft u. a. den maßgeblichen Zeitraum i. S. v. § 327f Abs. 1 S. 1 BGB, in dem die Aktualisierungspflicht erfüllt werden muss. Es bleibt insofern zu konkretisieren, wie lange eine Updatepflicht des Herstellers besteht.13
Erwägungsgrund 61 RL: „Da digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen in digitaler Form bereitgestellt werden, sollte bei der Bereitstellung in den meisten Fällen keine zusätzliche Zeit erforderlich sein, um dem Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen. Daher sollte in solchen Fällen die Verpflichtung des Unternehmers zur unverzüglichen Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bedeuten, dass sie sofort bereitzustellen sind.“ 9 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 6; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 6; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 5. 10 Ebenfalls darauf hinweisend Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 4. 11 Zur Möglichkeit der vertraglichen Vereinbarung auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327b Rn. 5; Wendland/Soritz in: BeckOK BGB, Stand: 01.05.2023, § 327b Rn. 10; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 7; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 5; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 5; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen) mit einer Musterformulierung. 12 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 5; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327b Rn. 5; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen). Zum Einfluss der § 327 ff. BGB auf die AGB-Gestaltung: Lapp, ITRB 2021, 244, 244 ff.; Matutis, GRURPrax 2022, 195, 195 ff. 13 Schulze in: De Franceschi (Hrsg.), European Contract Law and the Digital Single Market, 2016, S. 138; Schwierigkeiten bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums sieht auch Schöttle, MMR 2021, 683, 687. 8
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
Bei der dauerhaften Bereitstellung erstreckt sich der maßgebliche Zeitraum für die Bereitstellung von Aktualisierungen (Aktualisierungszeitraum) gem. § 327f Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BGB über den gesamten Bereitstellungszeitraum des digitalen Produkts.14 Somit ist die Dauer der Aktualisierungspflicht für beide Vertragsparteien eindeutig feststellbar, denn er erstreckt sich über die gesamte vereinbarte Zeitspanne der dauerhaften Bereitstellung. Hat der Verbraucher bspw. einen Streamingdienst für einen Monat abonniert, so müssen Aktualisierungen während des gesamten Monats, aber auch gerade nur während dieses Zeitraums bereitgestellt werden. Dies erscheint insofern konsequent, als der Verbraucher nach Beendigung der dauerhaften Bereitstellung das digitale Produkt nicht mehr nutzen darf (§ 327p Abs. 1 S. 1 BGB)15 und damit auch kein Interesse an einer darüber hinausgehenden Aktualisierung hat.16 Anders stellt sich die Situation im Fall der einmaligen oder bei einer Reihe von einzelnen Bereitstellungen (§ 327b Abs. 5 BGB) dar, die in § 327f Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB als „andere Fälle“ zusammengefasst sind.17 Dann erstreckt sich der maßgebliche Zeitraum so lange, wie der vernünftige Durchschnittsverbraucher es nach „der Art und des Zwecks des digitalen Produkts und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann“ (§ 327f Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB).18 Die Erwartungen des Verbrauchers sind objektiv zu bestimmen.19 Der Unternehmer muss daher den Markt der vergleichbaren di Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 59; Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 lit. b) RL; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4; Schöttle, MMR 2021, 683, 687; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 159, 163; Erdelt, K&R 2022, 803, 806. Der nachfolgend erörterte Aktualisierungszeitraum betrifft nur die Aktualisierungspflicht nach § 327f Abs. 1 BGB und keine anderweitigen Aktualisierungspflichten z. B. für Sicherheitsupdates anderen Ursprungs. Denn Erwägungsgrund 47 S. 6 RL stellt klar, dass die Richtlinie im Unionsrecht und im nationalen Recht festgelegte Pflichten zur Bereitstellung von Sicherheitsaktualisierungen unberührt lassen will. Solche Pflichten können sich in Zukunft aus der neuen Produkthaftungsrichtlinie (zehn Jahre) oder dem Cyber Resilience Act der EU (fünf Jahre) ergeben. Insofern werden dann auch das Zusammenspiel der Normen und die praktischen Auswirkungen zu diskutieren sein. 15 Zum Zusammenspiel des Nutzungsverbots in § 327p Abs. 1 S. 1 BGB mit dem Mietrecht und dem Besitzschutzsystem des BGB vgl. Beurskens, RDi 2023, 1, 1 ff. 16 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 9; Schulze in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 131 (zur Richtlinie). 17 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 10. 18 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 59. Der in Art. 7 Abs. 3 RL zu findende Zusatz „vernünftigerweise“ wurde unter Verweis auf die ähnliche Entscheidung beim Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 14/6040, S. 214) bewusst nicht übernommen. Zum Abstellen auf einen objektiven Maßstab siehe u. a. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 10; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 17; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4. 19 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 18; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 10; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 19; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 14; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4; Buchmann/Panfili, K&R 2022, 73, 78; Kesisoglugil/Lang, NJW 2023, 1009, 1012 (Rn. 17 ff.). Vgl. auch Lejeune, ITRB 2023, 18, 26, der sich dazu an „den Eigenschaften digitaler Produkte, der Verkehrsanschauung, einer gewissen Branchenüblichkeit, sektorspezifischen Verhaltenskodizes und ggf. technischen oder sonstigen Normen/Standards (ISO/IEC, DIN, IEEE)“ orientieren will. 14
5.2 Aktualisierungsbereitstellung
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gitalen Produkte unter dem Aspekt des maßgeblichen Zeitraums für Aktualisierungen beobachten, um die rechtliche Unsicherheit zu verringern.20 Dennoch wird diese stark auslegungsbedürftige Vorschrift wohl zunächst zu erheblichen Unsicherheiten führen, die sich erst durch einschlägige, wohl an Produktgruppen orientierte Rechtsprechung signifikant reduzieren wird.21 Die Periode ist in jedem Fall nicht auf den Gewährleistungszeitraum beschränkt22 und kann daher im Verhältnis zu diesem sowohl kürzer als auch länger sein.23 Regelmäßig dürfte die objektive Bestimmung der Verbrauchererwartungen jedoch ergeben, dass der Aktualisierungszeitraum mindestens so lange wie der Gewährleistungszeitraum ist. Denn die Verbrauchererwartungen beziehen sich darauf, dass das digitale Produkt für einen gewissen Zeitraum fehlerfrei funktioniert. Die Erwartungen des vernünftigen Durchschnittsverbrauchers beziehen insofern nicht die rechtstechnische Sicherstellung – durch die Mängelgewährleistung oder die Aktualisierungspflicht – dieser Fehlerfreiheit mit ein. Dem Verbraucher kommt es vielmehr auf die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts als Ergebnis unabhängig vom rechtlichen Weg an. Würde der Aktualisierungszeitraum kürzer ausfallen als der Gewährleistungszeitraum, so könnten aufgrund der unterschiedlichen Anknüpfungspunkte der Aktualisierungspflicht und Mängelgewährleistung (vgl. 6.4.) Situationen auftreten, in denen der Produktmangel legal fortbestehen könnte, was jedenfalls nicht den Verbrauchererwartungen entspricht. Durch den regelmäßigen Gleichlauf der Zeiträume würde zudem die teilweise schwierige Abgrenzung entschärft. Hinzu kommt, dass dadurch die einmalige Bereitstellung und die dauerhafte Bereitstellung digitaler Produkte einheitlich behandelt würden und so die Rechtsanwendung vereinfacht wäre. Denn i. R. d. dauerhaften Bereitstellung sind der Mängelgewährleistungszeitraum und der Aktualisierungszeitraum im Grundsatz auf den Bereitstellungszeitraum beschränkt.24 Insb. aufgrund des Vertragszwecks, der die Verbrauchererwartungen beeinflusst, können Aktualisierungszeiträume entstehen, die kürzer sind Schöttle, MMR 2021, 683, 687; ders., DSRITB 2021, 431, 440: „Für Unternehmen bringt § 327f BGB eine erhebliche Unsicherheit mit sich.”; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327f Rn. 21; Pech, GRUR-Prax 2021, 547, 548; Paal/Wais, DStR 2022, 1164, 1168. 21 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 10; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 171 (Rn. 425); Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 139 (zur Richtlinie); Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 6; Pech, GRUR-Prax 2021, 547, 548; Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 394; Brockmann, DVP 2022, 401, 405. 22 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 58; Erwägungsgrund 47 RL; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 19; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4; Spindler, MMR 2021, 451, 455; Schöttle, MMR 2021, 683, 687; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 11; Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 102 (Rn. 271); Hessel/Potel, RDi 2022, 25, 26; Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 393 f.; Heydn, CR 2021, 709, 710 (Rn. 8) will auf den Zeitraum der steuerlichen Nutzungsdauer abstellen; vgl. auch Erdelt, K&R 2022, 803, 806. 23 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 11; Brockmann, DVP 2022, 401, 405; anders (ohne Begründung) Kumkar, ZfPW 2020, 306, 316 und Bittner, VuR 2022, 9, 12, die von einem Konflikt mit § 309 Nr. 8 lit. b) ff) BGB ausgeht. 24 Vgl. aber die Ablaufhemmungen des § 327j Abs. 2, 3 BGB, die faktisch zu einer längeren Verjährungsfrist führen können, so auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327j Rn. 5. 20
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
als der Gewährleistungszeitraum. Das kann der Fall sein, wenn das digitale Produkt nur für ein zeitlich begrenztes Ereignis, etwa ein Sportturnier, bestimmt ist.25 Darüber hinaus stellt § 327h BGB die §§ 327f Abs. 1, 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen (siehe dazu näher unter 4.2.) zur Disposition, wobei auch dann weiterhin bei AGB die Inhaltskontrolle zu beachten ist. Das bedeutet, dass der Unternehmer und der Verbraucher vor Vertragsschluss einvernehmlich einen abweichenden Aktualisierungszeitraum festlegen können. Dieser kann im Verhältnis zu den Vorgaben des § 327f Abs. 1 BGB sowohl länger als auch kürzer ausfallen.26 Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, welcher darauf abzielt, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten und den Verbraucher durch die Möglichkeit einer informierten Entscheidung vor nachteiligen Abweichungen zu schützen,27 könnten die Anforderungen des § 327h BGB allerdings nur dann zu beachten sein, wenn eine kürzere Dauer vereinbart wird, wie § 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB zeigt.28 Im Ergebnis könnte hier somit eine teleologische Reduktion der entsprechenden europarechtlichen Vorgabe29 in Betracht kommen, wie sie auch bereits für die automatische Updatepflicht vorgeschlagen wurde (siehe 4.2.5.2). Hier kann dafür allerdings nicht nur der Sinn und Zweck des § 327s BGB herangezogen werden, sondern eben auch die Regelung des § 327e Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB. Obwohl die §§ 327f Abs. 1, 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB von § 327h BGB zu dispositivem Recht erklärt werden, muss für eine wirksame Abweichung vom maßgeblichen Aktualisierungszeitraum der objektiv geltende Zeitraum zunächst bestimmt werden. Denn nur so kann der Unternehmer den Verbraucher entsprechend über die konkrete Abweichung präzise informieren.30 Daher kann selbst eine vertragliche Regelung die R echtsunsicherheit mit Blick auf einmalige Bereitstellungen lediglich geringfügig reduzieren, da sie nur bei
Erwägungsgrund 47 S. 2 RL; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 11. Das folgt aus der Privatautonomie der Vertragsparteien und Flexibilisierung der Vertragsbeziehung, die mit dieser Vorschrift gefördert wird, vgl. Erwägungsgrund 41 S. 1 RL; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327h Rn. 1; Föhlisch in: BeckOK IT- Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327h Rn. 1. 27 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327h Rn. 1; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327h Rn. 1. 28 So auch Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 19; Staudenmayer in: Schulze/ Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 7 DCD Rn. 59 (zur Richtlinie); Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 18; Jaensch, jM 2022, 96, 99. 29 Zur Zulässigkeit der teleologischen Reduktion in Form von ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen im europäischen Sekundärrecht (auch wenn der entsprechende Begriff nicht verwendet wird) Krebs/Jung in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 174 f. 30 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 62; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327h Rn. 5; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327h Rn. 6; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327h Rn. 5; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327h Rn. 4; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327h Rn. 6; Schneider/Streitz, CR 2022, 141, 143 (Rn. 17); Schreier/Michels, RDi 2022, 381, 383 (Rn. 13). 25 26
5.2 Aktualisierungsbereitstellung
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genauer Kenntnis und Benennung der Abweichung wirksam ist31 oder mit Sicherheit länger sein muss, als es die objektiven Anforderungen vorschreiben, wofür wiederum der Zeitraum (zumindest grob) bestimmt werden muss.
5.2.2 Bereitstellungszeitpunkt der Aktualisierung Darüber hinaus ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer dem Verlinkung das Update bereitstellen muss. Der Bedarf für eine Aktualisierung ergibt sich – wie unter 3.2.3 erläutert – daraus, dass die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts nach §§ 327e, 327g BGB nicht mehr gegeben ist und durch die Aktualisierung wiederhergestellt werden muss.32 Zunächst muss der Unternehmer daher eine Abweichung von der Vertragsmäßigkeit feststellen. Insofern trifft ihn eine Beobachtungspflicht, die wohl darauf hinausläuft, dass er solche Abweichungen unverzüglich feststellen muss. Für den Hersteller eines digitalen Produkts scheint diese Anforderung erfüllbar zu sein. Ein Intermediär wird hingegen oftmals nicht in der Lage sein, eine entsprechende Beobachtung durchzuführen. Dies ist für ihn insofern problematisch, als er zwar das Update nicht selbst herstellen und bereitstellen muss, aber sicherzustellen hat, dass der Hersteller dies vornimmt. Da der Intermediär jedoch wahrscheinlich die Notwendigkeit zur Erstellung eines Updates nicht unverzüglich erkennen wird, kann er insofern de facto auch nicht unverzüglich auf den Hersteller einwirken. In der Praxis wird der Intermediär sich daher bzgl. der Beobachtung ebenfalls auf den Hersteller verlassen müssen. Im Interesse des Intermediärs sollte er die Beobachtungspflicht ebenso wie die Herstellung und Bereitstellung durch eine vertragliche Regelung an den Hersteller übertragen können. Bzgl. der Aktualisierungsbereitstellung wurde ansonsten bislang § 327b BGB entsprechend angewandt (siehe 4.2.1). Für den Unternehmer würde dies bedeuten, dass er die Aktualisierung unverzüglich bereitstellen müsste, sobald er die Abweichung von der Vertragsmäßigkeit entdeckt. Insofern ist allerdings i. R. d. autonomen Auslegung zu bedenken, dass dem Unternehmer Zeit gewährt werden muss, die Aktualisierung zu entwickeln bzw. entwickeln zu lassen. Der Zeitpunkt muss sich daher bei der Haupt- und der Aktualisierungsbereitstellung unterscheiden. Denn gewöhnlich ist das digitale Produkt bei Vertragsabschluss bereits hergestellt und kann damit sofort bzw. sehr zeitnah bereitgestellt werden. Bei Aktualisierungen liegt es in der Natur der Sache, dass diese erst entwickelt werden müssen, sobald ein Aktualisierungsbedarf festgestellt wurde. Zur Bestimmung dieses Zeitraums können verschiedene Umstände des Einzelfalls berücksichtigt wer-
Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327h Rn. 6; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327h Rn. 5; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327h Rn. 4; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327h Rn. 6; Schneider/Streitz, CR 2022, 141, 143 (Rn. 17). 32 Zur Abgrenzung von Aktualisierungen und Nacherfüllungen siehe näher unter 6.4. 31
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
den.33 Davon umfasst sind etwa die Stärke der Abweichung von der Vertragsmäßigkeit, das Risiko, das von der Abweichung ausgeht, der mit der Aktualisierung verbundene technische Aufwand sowie der davon betroffene Personenkreis.34 Hat der Unternehmer die Aktualisierung allerdings entwickelt,35 so sollte diese dann dem Verbraucher auch unverzüglich (entsprechend § 327b Abs. 2 BGB) bereitgestellt werden.
5.2.3 Verfügbarhaltung der Aktualisierungen Fraglich ist zudem, für welchen Zeitraum der Unternehmer die Updates verfügbar halten muss (Bereitstellungsdauer). Eine absolute Obergrenze stellt in jedem Fall die Verjährungsfrist bzgl. der notwendigen Aktualisierungen dar. § 327f Abs. 2 BGB regelt zudem einen Haftungsausschluss des Unternehmers für den Fall, dass der Verbraucher die Aktualisierung nicht „innerhalb einer angemessenen Frist“ ab ihrer Verfügbarkeit vornimmt. Die Vorschrift bezieht sich jedoch nicht ausdrücklich auf den Zeitraum, für den das Update angeboten werden muss, sondern schützt den Unternehmer lediglich vor Ansprüchen von Verbrauchern, die notwendige Updates nicht installiert haben. Gleichwohl kann die Norm einen Hinweis auf eine Untergrenze geben und so dabei helfen, das Intervall zu bestimmen, in dem der Unternehmer die Aktualisierung bereithalten muss.36 Denn der Unternehmer muss die Aktualisierung mindestens so lange bereithalten, dass der Verbraucher sie überhaupt in einer angemessenen Frist vornehmen kann. Das bedeutet, dass die zeitliche Untergrenze für das Bereithalten der Aktualisierung durch den Unternehmer notwendigerweise mindestens so lange ist, wie die angemessene Installationsfrist für den Verbraucher. Es könnte überlegt werden, ob diese Mindestfrist gleichzeitig auch die Bereitstellungsdauer darstellen kann. Insofern rückt die Bestimmung der angemessenen Frist in § 327f Abs. 2 BGB in den Fokus. Dabei können die konkreten Umstände des Einzelfalls,37 wie bspw. die Auswirkungen der fehlenden Aktualisierung auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des digitalen Produkts und die digitale Umgebung sowie der Installationsaufwand, maßgeblich sein.38 Der Nachteil dieser Auslegung liegt jedoch darin, dass auf diesem Weg keine Lösung für aufeinander aufbauende Aktualisierungen be Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2022, § 327f Rn. 21; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 18. 34 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 21; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 18. 35 Dazu, dass der Unternehmer (z. B. der Intermediär) die Aktualisierung nicht selbst entwickeln muss, siehe bereits unter 3.2.5. 36 Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 4 fordert, dass die Aktualisierungen für einen „angem[essenen] Zeitraum bereitgestellt bleiben“. 37 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 22; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 5. 38 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 60; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 173 (Rn. 431); Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 5. 33
5.3 Abwicklungsbereitstellung
81
stimmt werden kann. Denn ohne einen längeren Zeitraum für das ursprüngliche Update würde das Aktualisierungsrecht des Verbrauchers in diesen Fällen faktisch erlöschen. Aufgrund dieser Schwäche soll dieser Lösung über die angemessene Installationsfrist zur Bestimmung der Bereitstellungsdauer von Aktualisierungen in diesem Punkt nicht gefolgt werden. Eine darüber hinausgehende analoge Anwendung des § 327f Abs. 2 BGB scheidet nach hier vertretener Ansicht aufgrund der unterschiedlichen Problemlage aus. Dennoch erscheint es naheliegend, dass die Richtlinie diesen für die Aktualisierung wichtigen Aspekt nicht ungeregelt lassen wollte und somit eine interne Lücke vorliegt. Der Sinn und Zweck der Normen kann insofern helfen, den Zeitraum zu bestimmen. Wird dem Verbraucher bspw. ein drittes Update angeboten, dass auf zwei vorangegangenen Aktualisierungen aufbaut, so lässt sich vertreten, dass der Unternehmer auch die zwei zuvor angebotenen Updates weiterhin bereithalten muss. Anderenfalls würde dies de facto dazu führen, dass sich der Verbraucher nicht für das dritte Update entscheiden kann. Da dem Verbraucher jedoch insofern die Aktualisierungsmöglichkeit eröffnet werden muss, hat der Unternehmer somit auch die vorherigen Updates (weiterhin) anzubieten. Bzgl. des dritten Updates sowie mit Blick auf voneinander unabhängige Aktualisierungen bleibt die Problematik der Bestimmung jedoch bestehen. Um die Handhabung durch Einheitlichkeit zu vereinfachen und den Verbraucherschutz zu gewährleisten, könnte auch in Erwägung gezogen werden, dass alle Aktualisierungen über den gesamten Aktualisierungszeitraum bereitstehen müssen. Diese Interpretation würde den Verbraucher weitreichend schützen, da eine ursprüngliche Entscheidung gegen eine Installation während des gesamten Zeitraums revidiert werden könnte. Für den Unternehmer würde dies gleichzeitig relativ wenig Aufwand bedeuten.
5.3 Abwicklungsbereitstellung 5.3.1 Frist für die Erfüllung In Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL wird dem Verbraucher das Recht zugestanden, die bezeichneten digitalen Inhalte „innerhalb einer angemessenen Frist […] wiederzuerlangen“.39 Die Frist bezieht sich auf die Zeit von der Geltendmachung des Bereitstellungsanspruchs durch den Verbraucher bis zur tatsächlichen Bereitstellung durch den Unternehmer. Damit ist eine Frist vorgeschrieben, in der der Anspruch in Form der Bereitstellung erfüllt werden muss. Das folgt aus der Formulierung des letzten Halbsatzes in Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL, der die Modalitäten der Abwicklungsbereitstellung schildert. § 327p Abs. 3 S. 3 BGB hat diese europäische Vorgabe entsprechend umgesetzt („innerhalb einer angemessenen Sprachvergleich: Englisch: „retrieve […] within a reasonable time“; Spanisch: „recuperar […], en un plazo razonable“; Französisch: „récupérer […] dans un délai raisonnable“; Italienisch: „recuperare […] entro un lasso di tempo ragionevole“; Niederländisch: „binnen een redelijke termijn […] op te vragen“; Bulgarisch: „извлича […] в разумен срок“. 39
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
Frist […] bereitgestellt werden“). Bei der Bestimmung der Angemessenheit sind bspw. der Umfang der herauszugebenden Inhalte, ihre Art und Form sowie die Frage, ob sie mit anderen Inhalten aggregiert wurden,40 zu berücksichtigen.41 Der deutsche Gesetzgeber geht davon aus, dass sich außerdem aus Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO eine Höchstdauer von einem Monat ergibt.42 Die Richtlinie gibt darauf jedoch keine Hinweise, weshalb dem Unternehmer i. S. e. richtlinienkonformen Auslegung auch ein kürzerer oder längerer Zeitraum zur Erfüllung zustehen kann.43 Unterschiede könnten sich insofern theoretisch aus Differenzen der Teloi beider Vorschriften ergeben.
5.3.2 Frist für die Geltendmachung des Anspruchs Wie lange dieser Anspruch auf Herausgabe der Daten besteht und somit geltend gemacht werden kann, ist eine vorgeschaltete Frage, die gesetzlich nicht explizit beantwortet wird.44 Denn in den §§ 327 ff. BGB ist keine Frist für die Geltendmachung des Anspruchs nach § 327p Abs. 3 S. 1 BGB festgelegt. Die Richtlinie macht dazu ebenfalls keine konkreten Vorgaben.45 Damit bleibt für den Unternehmer auch unklar, wie lange er die ggf. bereitzustellenden Daten nach Vertragsende vorhalten muss.46 Denn eine entsprechende Vorgabe zur verpflichtenden Speicherung der Daten für eine bestimmte Zeit kennen die §§ 327 ff. BGB ebenfalls nicht (vgl. dazu schon 3.3.4).47 Vorgeschlagen werden deshalb bisher eine analoge Anwendung der Frist von vier Monaten nach § 327j Abs. 4 BGB,48 entsprechend Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO eine Frist von einem Monat49 oder eine „reasonable Ein Herausgabeanspruch scheitert insofern nur, wenn die Inhalte „nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden“ können. Ist eine Disaggregation mit geringem Aufwand möglich, so hat der Verbraucher einen Anspruch darauf. 41 Vgl. auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 19. 42 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75 bezieht sich auf Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO, d. h. einen Monat nach Antragseingang. 43 So auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 19; a. A. Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 10 und Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327p Rn. 4, wonach dies eine Obergrenze sei. 44 So auch Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. 45 Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 53 (zur Richtlinie). 46 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75. 47 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 12; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327p Rn. 14 f.; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327p Rn. 9; Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 54 (zur fehlenden Regelung in der Richtlinie). 48 Spindler, MMR 2021, 528, 530 (zur entsprechenden Regelung des § 327j Abs. 3 BGB-RegE). 49 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327p Rn. 11; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 12; Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 54 (zur Richtlinie). 40
5.3 Abwicklungsbereitstellung
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time after exercising the right to terminate the contract“,50 wobei sich die insoweit angemessene Frist aus den Vertragsumständen ergeben soll.
5.3.2.1 Anwendbarkeit nationalen Rechts Bevor zu diesen Vorschlägen Stellung genommen werden kann, muss zunächst festgestellt werden, ob es sich um eine interne oder externe Lücke der Richtlinie handelt. Denn interne Lücken sind innerhalb des europäischen Rechts zu füllen. Externe Lücken bedürfen hingegen einer Schließung durch nationales Recht. Die Richtlinie regelt die Modalitäten der Erfüllung der Abwicklungspflicht detailliert. Sie zielt darauf ab, insofern einen EU- weit einheitlichen Verbraucherschutzstandard zu schaffen. Dieser wird auch maßgeblich davon beeinflusst, wie viel Zeit dem Verbraucher zur Geltendmachung seines Anspruchs zur Verfügung steht. Dies spricht dafür, eine Lösung innerhalb der Richtlinie zu suchen. Allerdings handelt es sich bei der Frage, wie lange der korrespondierende Anspruch bestehen soll, um einen Aspekt der Anspruchsverjährung. Abgesehen von der Verjährung der Mängelgewährleistungsrechte steht es den Mitgliedstaaten nach Erwägungsgrund 58 RL jedoch frei, diesen Punkt zu regeln.51 Dies gibt einen Hinweis darauf, dass die Richtlinie insofern eine externe Lücke aufweist. Denn die Mängelgewährleistungsrechte spielen hier keine Rolle mehr, da der Vertrag schon beendet ist, wenn die Abwicklungspflicht entsteht. Zudem handelt es sich bei der Abwicklungspflicht nicht um eine Haftung des Unternehmers für eine Vertragswidrigkeit. Es ließe sich somit ebenfalls argumentieren, dass die Richtlinie diesen Punkt nicht abschließend regelt und mitgliedstaatliches Recht somit zur Füllung der externen Lücke der Richtlinie genutzt werden kann.52 Da die Entscheidung an dieser Stelle nicht leichtfällt, sollen die verschiedenen Konstellationen durchdacht werden. 5.3.2.2 Gesetzliche Anknüpfungsmöglichkeiten der Frist Gegen den Vorschlag zur analogen Anwendung von § 327j Abs. 4 BGB spricht, dass es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine Verjährungsfrist handelt. Die Norm regelt ähnlich wie § 203 S. 2 BGB eine besondere Ablaufhemmung der Verjährung. § 327j Abs. 4 BGB hemmt die Verjährung der Mängelgewährleistungsrechte und führt dazu, dass die zweijährige Verjährungsfrist des § 327j Abs. 1 S. 1 BGB theoretisch um bis zu vier Monate verlängert werden kann, wenn der Verbraucher den Mangel erst unmittelbar vor Ablauf der
Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 53 (zur Richtlinie) nennt dies als eine Option und meint damit wohl eine analoge Anwendung des § 327p Abs. 3 S. 3 BGB. Alternativ sieht der Autor eine externe Lücke, die durch nationales Recht zu füllen sei. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15; indirekt wohl auch Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 18. 51 Dem Erwägungsgrund selbst kommt keine Gesetzesqualität zu. Er unterstreicht jedoch, dass der europäische Gesetzgeber die Lücke bewusst der Füllung durch nationales Recht überlassen hat. 52 Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 54 (zur Richtlinie) benennt diese Option. 50
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
Verjährungsfrist entdeckt.53 Beachtet man diese Ratio des § 327j Abs. 4 BGB, wird auch erkennbar, dass die Analogievoraussetzung einer vergleichbaren Interessenlage zur Situation des § 327p Abs. 3 S. 1 BGB nicht vorliegt. Denn die Vertragsbeendigung, die das Recht auf Datenübertragung auslöst, trifft den Verbraucher regelmäßig nicht ebenso überraschend und erschwert oder verhindert die Ausübung seiner Rechte nicht wie das Auffinden eines Mangels kurz vor Ende der Verjährungsfrist. Gegen die vorgeschlagene Anwendung des Art. 12 Abs. 3 DSGVO spricht ebenfalls die fehlende Vergleichbarkeit der Interessenlagen. Denn während Art. 12 Abs. 3 DSGVO den Schutz personenbezogener Daten betrifft, ist dies im Zusammenhang mit § 327p Abs. 3 S. 1 BGB nicht der Fall, da es sich bei den betroffenen Inhalten gerade nicht um personenbezogene Daten handelt. Zudem betrifft Art. 12 Abs. 3 DSGVO eine laufende Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten und fördert die Durchsetzung der Abwehransprüche gegen eine ggf. unrechtmäßige Datenverarbeitung aus Artt. 15 bis 22 DSGVO,54 was eine gewisse Eilbedürftigkeit impliziert. Eine solche Dringlichkeit besteht bei der Vertragsbeendigungssituation nach § 327p Abs. 3 S. 1 BGB regelmäßig nicht. Der Vorschlag der Ausübung des Abwicklungsbereitstellungsrechts innerhalb von einer „reasonable time“ bzw. einer angemessenen Frist soll die Vorgabe, die § 327p Abs. 3 S. 3 BGB bzw. Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL für den Unternehmer bzgl. der Bereitstellung der Daten vorsieht, aufgreifen.55 Konkret wird insofern wohl eine analoge Anwendung der Vorschrift, die auf einer entsprechenden Vorgabe des Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL beruht, gefordert.56 Dieser Ansatz ermöglicht Einzelfallgerechtigkeit. Die Kehrseite ist aber die Ungenauigkeit und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit für die Ausübung der Verbraucherrechte. Das Verbraucherschutzniveau würde dadurch sinken, denn Verbraucher können sich das Prozessrisiko schwerer leisten als Unternehmer. Dieses Ergebnis würde daher dem Zweck der Richtlinie, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten,57 zuwiderlaufen. Allerdings nimmt die Richtlinie die Nachteile von Rechtsunsicherheiten an mehreren Stellen selbst hin,58 weshalb eine entsprechende Interpretation nicht allein deshalb auszuschließen ist. Allerdings ist fraglich, ob die Analogievorausset Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 63 (zur vorher geplanten Regelung über zwei Monate in § 327j Abs. 3 BGB-E); Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327j Rn. 3. 54 Heckmann/Paschke in: Ehmann/Selmayr (Hrsg.), DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 12 Rn. 1; Quaas in: BeckOK DatenschutzR, Stand: 01.05.2023, DS-GVO Art. 12 Rn. 4; Franck in: Gola (Hrsg.), DS- GVO, 3. Aufl. 2022, Art. 12 Rn. 1. 55 Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 53 (zur Richtlinie). 56 In der Lit. wird dies teils nicht so klar benannt, vgl. Twigg-Flesner in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 16 DCD Rn. 53 (zur Richtlinie); Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15. 57 Art. 1 und Erwägungsgründe 2, 3, 8, 11 RL setzen ein hohes Verbraucherschutzniveau als Ziel. Siehe auch Pech, GRUR-Prax, 2021, 509, 509; Buchmüller/Roos, ZD 2022, 8, 9; Lunk/Meurer, BB 2022, 387, 387; Bosch/Meurer, IPRB 2022, 193, 193; Bittner, VuR 2022, 9, 9. 58 Siehe z. B. § 327f Abs. 2 BGB („innerhalb einer angemessenen Frist“), § 327p Abs. 3 S. 3 BGB. 53
5.3 Abwicklungsbereitstellung
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zungen vorliegen. Ginge man von einer internen Lücke der Richtlinie aus, so ließe sich wohl auch die Planwidrigkeit rechtfertigen. Schwieriger ist es, eine vergleichbare Interessenlage bzgl. der Geltendmachung und der Erfüllung des Anspruchs nachzuweisen. So muss dem Unternehmer u. U. genug Zeit gegeben werden, bestimmte Inhalte zu disaggregieren, wofür er auch einen angemessenen Aufwand betreiben können muss, wie sich im Umkehrschluss aus § 327p Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BGB ergibt. Hingegen wird von dem Verbraucher nur gefordert, eine einfache Nachricht mit dem Bereitstellungsverlangen an den Unternehmer zu senden.59 Die Beispiele verdeutlichen die Diskrepanzen bzgl. der benötigten Zeit zwischen der Geltendmachung des Anspruchs und seiner Erfüllung. Eine „angemessene Zeit“ erscheint zwar generell in beiden Fällen notwendig, allerdings wären diese Zeiträume unterschiedlich zu bestimmen und diesbezüglich auch unterschiedliche Kriterien heranzuziehen. Folgte man dieser Ansicht dennoch, wäre es zumindest wünschenswert, diesen Ansatz ausdrücklich als analoge Anwendung der zeitlichen Regelungen in §§ 327p Abs. 3 S. 3, 327f Abs. 2 BGB zu benennen und dann Kriterien für die nähere Bestimmung der Frist zur Geltendmachung zu erarbeiten. Es könnten insofern z. B. der Umfang der herauszugebenden Inhalte, deren Art, die Vertragsdauer und die Kenntnis des Verbrauchers über die Inhalte etc. Berücksichtigung finden.60 Alternativ könnte eine externe Lücke und damit die Anwendung nationalen Rechts angenommen werden. Denkbar ist es dann theoretisch, die Grundregel der §§ 194 Abs. 1, 195 BGB zu berücksichtigen und somit von einer dreijährigen Verjährungsfrist ab Vertragsbeendigung auszugehen. Zu diesem Ergebnis käme man, wenn man annimmt, dass der Regelungskomplex der §§ 327 ff. BGB keine spezifischere Vorschrift enthält und daher diese allgemeinen Regeln Anwendung finden. Problematisch ist insofern der sehr lange Zeitraum zur Geltendmachung des Anspruchs. Die Inhalte müssten entsprechend lange gespeichert werden, wo jedoch eine solche Pflicht nicht explizit geregelt ist (siehe dazu näher unter 3.3.4). Es würde auch eine hohe Belastung für die Unternehmen darstellen, für die sie keine Gegenleistung vom Verbraucher erhalten und die sie daher schon im Voraus einpreisen müssten. Zudem müssten damit auch bestimmte personenbezogene Daten über diesen langen Zeitraum gespeichert werden, da ansonsten die bereitzustellenden Inhalte nicht zugeordnet werden können.61 Gleichzeitig erscheint es dem Verbraucher zumutbar, seinen Anspruch zügiger geltend zu machen. Im Sinne einer endgültigen Beendigung des gegenseitigen Pflichtenverhältnisses erscheint daher eine kürzere Frist sinnvoll. Im Ergebnis führt keine der genannten Auslegungsoptionen zu einem gänzlich zufriedenstellenden Ergebnis. Wünschenswert wäre daher entweder eine Klarstellung durch
Die Probleme der Bestimmtheit des Herausgabeantrags (siehe dazu unter 4.3.2) entstehen nur, wenn der Verbraucher die Abwicklungsbereitstellung vor Gericht durchsetzen muss. Vorher kann er aber den Unternehmer pauschal auffordern, alle Inhalte i. S. d. § 327p Abs. 2 S. 1 BGB bereitzustellen. 60 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 15; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 18. 61 So auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327p Rn. 10. 59
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5 Zeitliche Aspekte der Bereitstellung
den europäischen oder deutschen Gesetzgeber. In Ermangelung dessen wird hier trotz der gewichtigen entgegenstehenden Argumente eine Geltendmachung innerhalb eines angemessenen Zeitraums (d. h. analog § 327p Abs. 3 S. 3 BGB) befürwortet. Je nach Umfang und damit Speicheraufwand der herauszugebenden Inhalte, deren Art, der Vertragsdauer und der Kenntnis des Verbrauchers über die Inhalte dürfte dieser Zeitraum regelmäßig, vor allem bei Standardfällen, wohl zwischen einem und zwei Monaten betragen.
5.3.3 Verfügbarhaltung der Daten Hat der Verbraucher den Abwicklungsbereitstellungsanspruch innerhalb des dargestellten Zeitraums geltend gemacht und der Unternehmer daraufhin die Inhalte nach § 327p Abs. 3 BGB innerhalb einer angemessenen Frist bereitgestellt, so tritt die Erfüllungswirkung entsprechend der Hauptleistungsbereitstellung (vgl. 4.1.1.2) i. S. e. einheitlichen Auslegung des Bereitstellungsbegriffs schon dann ein, wenn der Verbraucher eine Zugriffsmöglichkeit in Form der Zurverfügungstellung62 auf die Inhalte hat. Anschließend stellt sich aber auch bei der Abwicklungsbereitstellungspflicht die Frage, wie lange diese Zugriffsmöglichkeit aufrechterhalten werden muss (Bereitstellungsdauer). Explizit geregelt ist letzterer Aspekt nicht. Zur Schließung dieser internen Lücke kommen zwei auf der Richtlinie beruhende Anknüpfungspunkte in Betracht. Möglich erscheint es zum einen, die Bereitstellungsdauer erneut analog der Hauptleistungsbereitstellung zu bestimmen und damit die objektiven Anforderungen der Zugänglichkeit und Kontinuität des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB (Art. 8 Abs. 1 lit. b) RL) für maßgeblich zu erachten (vgl. 4.1.1.2). Zum anderen könnte wie auch bisher hinsichtlich zeitlicher Aspekte i. R. d. Anspruchs nach § 327p Abs. 3 BGB auf die angemessene Frist des § 327p Abs. 3 S. 3 BGB abgestellt werden. Gegen eine analoge Anwendung des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB spricht, dass die Vorschrift sich maßgeblich auf die Produktklassen sowie die Verbrauchererwartungen an die Zugänglichkeit und Kontinuität des digitalen Produkts bezieht. Hingegen betrifft § 327p Abs. 3 BGB gerade nicht nur digitale Inhalte, sondern die weiter gefassten Inhalte (siehe dazu 3.3.3). Für diese dürfte es keine entsprechenden Verbrauchererwartungen und mangels Markt für diese Inhalte und aufgrund ihrer Individualität auch keine entsprechende Üblichkeit geben. Es dürfte daher schwerfallen, die für digitale Produkte entwickelten Produktklassen und deren Eigenschaften zur Bestimmung der Bereitstellungsdauer heranzuziehen. Zudem blieben die Interessen des Unternehmers bei der Bestimmung der Bereitstellungsdauer über eine analoge Anwendung des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB weitestgehend außer Betracht. Denn maßgeblich sind nur die Marktüblichkeit und die Verbrauchererwartungen. Auf beides hat der Unternehmer nur begrenzten Einfluss (vgl. § 327e Abs. 3 S. 2 BGB). Hingegen können Unternehmerinteressen bei der Bestimmung Zu dieser Einschränkung auf den Erfüllungsmodus der Zurverfügungstellung siehe 4.3.1.
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5.3 Abwicklungsbereitstellung
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der angemessenen Bereitstellungsdauer über eine analoge Anwendung von § 327p Abs. 3 BGB ebenfalls berücksichtigt werden. Dies erscheint notwendig, da das Interesse des Unternehmers regelmäßig auf eine zügige nachvertragliche Abwicklung gehen dürfte, um die Vertragsbeziehung auch materiell zu beenden. Denn die Abwicklungsbereitstellung stellt eine einseitige Leistung des Unternehmers ohne direkte Verbrauchergegenleistung dar. Gegen die analoge Anwendung des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB sprechen schließlich auch die unterschiedlichen Teloi des § 327e BGB und der Abwicklungsbereitstellung. Dient die Abwicklungsbereitstellung einerseits dazu, die Vertragsbeziehung zu beendigen, so sollen die Anforderungen des § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB andererseits den unbehinderten Zugang und die störungsfreie Nutzung des Produkts ermöglichen. Im Ergebnis sprechen daher die besseren Argumente für die Anwendung der angemessenen Frist des § 327p Abs. 3 S. 3 BGB zur Bestimmung der Bereitstellungsdauer. Die Inhalte müssen daher so lange verfügbar gehalten werden, wie es im Einzelfall angemessen erscheint. Dabei können der Umfang der herauszugebenden Inhalte, deren Art, die notwendige Zeit sowie der Aufwand zum Download etc. Berücksichtigung finden.
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Folgen unterbliebener Bereitstellung
Je nachdem, welche der drei aufgezeigten Bereitstellungspflichten nicht erfüllt wurde, bestehen für den Verbraucher unterschiedliche Rechte und Rechtsfolgen, die im Folgenden nacheinander beleuchtet werden. Insofern geht es nicht um die Details der verschiedenen Rechte, sondern darum, die für die Bereitstellung spezifischen Probleme herauszuarbeiten und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.1
6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung 6.1.1 Rechte des Verbrauchers Werden dem Verbraucher die digitalen Produkte trotz Fälligkeit nicht bereitgestellt, stehen ihm nach § 327c BGB mit der Vertragsbeendigung, dem Schadensersatz bzw. Aufwendungsersatz nach den §§ 280 ff. BGB und dem allgemeinen Zurückbehaltungsrecht gem. § 320 BGB verschiedene Reaktionsmöglichkeiten offen.2 Im Fall der Schlechtleistung greifen hingegen die §§ 327d ff. BGB.3 Aufgrund der unterschiedlichen Folgen
Die Folgen einer mangelhaften Erfüllung der Hauptleistungsbereitstellungspflicht bleiben dabei außer Betracht. 2 Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327c Rn. 7; Pech, GRUR-Prax, 2021, 509, 510; Riehm/Abold, CR 2021, 530, 534 (Rn. 18); Paal/Wais, DStR 2022, 1164, 1167; Schulze, EuCML 2022, 192, 195; Reinking, DAR 2021, 185, 189. Für eine genauere Erläuterung insb. des neuen Vertragsbeendigungsmechanismus vgl. Riehm/Abold, CR 2021, 530, 533 (Rn. 9 ff.). Die Richtlinie lässt Zurückbehaltungsrechte unberührt, vgl. Sein/Spindler, ERCL 2019, 365, 384. 3 Kritisch zur Unterscheidung Fervers, NJW 2021, 3681, 3681. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_6
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
kann sich für Unternehmer u. U. eine Flucht in die Schlechtleistung lohnen, da ihnen insofern noch die Möglichkeit der Nacherfüllung offensteht (vgl. 6.4).4
6.1.1.1 Anwendungssituationen des § 327c BGB Bei einer einmaligen Bereitstellung greift § 327c BGB, wenn der Unternehmer das digitale Produkt trotz Fälligkeit überhaupt nicht bereitstellt.5 Wird das digitale Produkt hingegen bereitgestellt, ist jedoch mangelhaft, so greift das Mängelgewährleistungsrecht gem. §§ 327d ff. BGB.6 Das gilt auch, wenn das digitale Produkt nicht vollständig, d. h. nur teilweise, bereitgestellt wurde,7 wobei § 266 BGB insofern anwendbar bleibt.8 An dieser Stelle gewinnt daher wieder die Problematik an Bedeutung, wann ein Produkt als bereitgestellt gilt (siehe dazu bereits 4.1.1.2). Bei einer dauerhaften Bereitstellung verursacht die Abgrenzung zwischen Nicht- und Schlechtleistung mehr Schwierigkeiten. Eindeutig steht allerdings auch bei dauerhaften Bereitstellungen fest, dass § 327c BGB eingreift, wenn das digitale Produkt überhaupt nicht bereitgestellt wurde. Umgekehrt kommt bspw. bei Mängeln das Gewährleistungsrecht zum Zug. Fällt die Bereitstellung jedoch zeitweise aus, dürften dem Verbraucher in diesem Fall die Mängelgewährleistungsrechte nach den §§ 327d ff. BGB zustehen. Dafür spricht Erwägungsgrund 51 RL. Bricht die dauerhafte Bereitstellung irgendwann ab, d. h. hat der Unternehmer das digitale Produkt zwar zunächst bereitgestellt, beendet diese dauerhafte Bereitstellung dann jedoch für die Zukunft, ist die Situation zwar vergleichbar einer unterbliebenen Bereitstellung. Dennoch greift § 327c BGB wegen des klaren Wortlauts nicht. Auch mit Blick auf (sehr) kurze Unterbrechungen erscheinen die Rechtsfolgen des § 327c BGB unverhältnismäßig hart. Denn kurze Unterbrechungen würden bei der Anwendbarkeit des § 327c BGB die Vertragsbeendigung rechtfertigen. Insofern sollte bedacht werden, dass z. B. ein Jahresabonnement eine Bereitstellung im Umfang von 8760 Std. erfordert. Wird die Leistung bspw. zu 99,9 % erbracht, bedeutet dies, dass der Verbraucher im Jahr dennoch von ca. 8 h und 45 min Ausfall betroffen ist. Die Anwendung
Die insofern geltenden unterschiedlichen Fristen hervorhebend Fervers, NJW 2021, 3681, 3682. Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327c Rn. 3, 13. Vgl. zu § 327c BGB in Situationen, in denen der Verbraucher mit personenbezogenen Daten bezahlt Jung/Rolsing, Die Folgen der unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts, 2023, Abschnitt E.I.3., S. 16 ff. (im Erscheinen). 6 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327d Rn. 1; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327c Rn. 3, § 327e Rn. 12; Fervers in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 13 DCD Rn. 15 ff. (zur Richtlinie). 7 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 50; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327c Rn. 8. 8 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 50; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327c Rn. 8; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327c Rn. 12; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327d Rn. 2. 4 5
6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung
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von § 327c BGB bei sehr kurzen Unterbrechungen würde dem Verbraucher somit praktisch eine jederzeitige „Flucht“ aus dem Vertrag ermöglichen, was nicht dem Sinn und Zweck der Regelungen entspricht. Vielmehr ließe sich bei solchen kurzfristigen Unterbrechungen an die objektive Anforderung der Kontinuität des digitalen Produkts nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB anknüpfen.9 Entsprechend erläutert auch Erwägungsgrund 51 RL, dass solche Situationen als Fälle einer Vertragswidrigkeit behandelt werden und daher über die Mängelgewährleistung, d. h. z. B. über eine Minderung, gelöst werden sollen.10 Erwägungsgrund 51 RL gibt an, dass dabei darauf abgestellt werden soll, ob die Unterbrechung „mehr als vernachlässigbar“11 ist. Es soll somit die Bedeutsamkeit der Unterbrechung maßgeblich sein, bei der es dann u. a. auf die Zeit der Unterbrechung im Verhältnis zur Gesamtlaufzeit ankommen wird.12 Nach hier vertretener Ansicht werden dadurch die Verbrauchererwartungen i. R. d. § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB im Hinblick auf die Kontinuität des digitalen Produkts konkretisiert. Verbraucher müssen danach Unterbrechungen der Kontinuität hinnehmen, solange diese vernachlässigbar und nicht wiederkehrend sind. Sind sie jedoch wiederkehrend oder nicht mehr vernachlässigbar (d. h. „mehr als vernachlässigbar“13), besteht nach den so konkretisierten Verbrauchererwartungen ein Kontinuitätsmangel und die Gewährleistungsrechte greifen. Insofern sollte die Bedeutsamkeit der Unterbrechung relativ und nicht absolut bemessen werden, um einen angemessenen Interessenausgleich zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher zu erzielen. Zukünftig könnte sich insofern eine konkrete Quote (z. B. Bedeutsamkeit ab mehr als 1 %) herauskristallisieren. Nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB wird somit keine hundertprozentige Kontinuität geschuldet, sondern nur eine solche, die bei digitalen Produkten derselben Produktklasse
Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 64; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 37; Wendland in: BeckOK BGB, Stand: 01.08.2023, § 327e Rn. 46; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 8; Stieper, CR 2022, 325, 330; Rieländer, GPR 2021, 257, 261 f.; Kesisoglugil/Lang, NJW 2023, 1009, 1010 (Rn. 10); wohl auch Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 152 (Rn. 367). 10 Das Instrument der Minderung für diese Fälle als sinnvoll erachtet auch Faber in: Stabentheiner/ Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Das neue europäische Gewährleistungsrecht, 2019, S. 63, 100. Vgl. dazu auch Jung/Rolsing, Die Folgen der unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts, 2023, Abschnitt E.II., S. 21 (im Erscheinen). 11 Sprachvergleich: Englisch: „more than negligible“; Spanisch: „notables“; Französisch: „plus que négligeables“; Italienisch: „non sono trascurabili“; Niederländisch: „meer dan verwaarloosbaar zijn“; Bulgarisch: „не са незначителни“. Die spanische Fassung spricht somit abweichend von „bemerkbar“ oder „spürbar“. 12 Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 102 (zur Richtlinie); Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 8; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 27. 13 Der Wortlaut ist etwas unglücklich gewählt. Die abweichende spanische Fassung erscheint insofern verständlicher. 9
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
üblich ist und der Verbraucher erwarten kann. Kürzeste Unterbrechungen (von z. B. zwei Minuten) bei einer Internetverbindung dürften daher nach hier vertretener Ansicht nicht einmal Mängelrechte auslösen. Die Ausführungen beziehen sich daher nur auf solche Unterbrechungen, die über die von § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB tolerierten hinausgehen, also nicht mehr vernachlässigbar sind. Schwerwiegende Mängel, wie bspw. besonders lange und häufig wiederkehrende Unterbrechungen, können den Verbraucher allerdings nach hier vertretener Auffassung umgekehrt sogar gem. §§ 327m Abs. 1 Nr. 4, 327o BGB zur sofortigen Vertragsbeendigung berechtigen. Dies kommt im Ergebnis der Wirkung des § 327c BGB gleich. Die Richtlinie scheint daher von einem dreistufigen Verhältnis von Unterbrechungen auszugehen: 1. Kürzeste Unterbrechungen, die vernachlässigbar und nicht wiederkehrend sind und daher rechtsfolgenlos bleiben, 2. kurzfristige Unterbrechungen, die nicht mehr vernachlässigbar oder wiederkehrend sind und deshalb zur Mängelgewährleistung führen und 3. derart lange bzw. häufig wiederkehrende Unterbrechungen, die einen so schwer wiegenden Mangel darstellen, dass sie den Verbraucher nach § 327m Abs. 1 Nr. 4 BGB zur sofortigen Vertragsbeendigung gem. § 327o BGB berechtigen. Gem. Erwägungsgrund 51 RL soll allerdings nicht nur auf die Vernachlässigbarkeit der Unterbrechung abgestellt werden, sondern auch berücksichtigt werden, ob es sich um „wiederkehrend[e]“14 Unterbrechungen handelt. Hier entstehen ebenfalls Abgrenzungsschwierigkeiten. Gerade bei langfristigen Verträgen stellt sich die Frage, ab wann bei kurzen Unterbrechungen, ggf. mit längeren zeitlichen Abstand von „häufig wiederkehrend“ die Rede sein kann und damit dann tatsächlich § 327o BGB zur Anwendung gelangt. Darüber hinaus sind Situationen denkbar, in denen der Unternehmer das digitale Produkt ordnungsgemäß auf seiner Webseite zum Download bereithält, aber den Verbraucher darüber nicht informiert. Wie bereits unter 2.2 und 4.1.1.3.2 ausgeführt, ist der Unternehmer in diesem Fall seiner unselbstständigen Informationspflicht als Element der Bereitstellungspflicht nicht nachgekommen. Denn die Information über die Bereitstellung ist nicht in die Sphäre des Verbrauchers gelangt und dieser hat mangels Kenntnis des Bereitstellungsorts keine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf das digitale Produkt. Daher greift in solchen Situationen § 327c BGB.
Sprachvergleich: Englisch: „recur“; Spanisch: „recurrentes“; Französisch: „qu’elles sont récurrentes“; Italienisch: „sono ricorrenti“; Niederländisch: „vaker voorkomen“; Bulgarisch: „се повтарят“. 14
6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung
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6.1.1.2 Voraussetzungen und Rechtsfolge des § 327c BGB Die „Vertragsbeendigung“15 nach §§ 327c Abs. 1, 327o BGB ist ein mit dem im deutschen Recht bekannten Rücktritt gem. §§ 323 ff. BGB vergleichbares neues Vertragsbeendigungsinstrument, das jedoch durch leicht modifizierte Voraussetzungen und Rechtsfolgen auf die Schnelligkeit der digitalen Welt angepasst ist und auch die dauerhafte Bereitstellung als Dauerschuldverhältnis erfasst.16 So muss der Verbraucher bei der fehlenden, aber fälligen Bereitstellung des digitalen Produkts keine Frist setzen. Vielmehr ist eine bloße Leistungsaufforderung nach § 327c Abs. 1 S. 1 BGB ausreichend, der der Unternehmer nicht unverzüglich nachkommt, damit der Verbraucher den Vertrag beenden kann.17 Und auch diese ist gem. § 327c Abs. 3 S. 1 BGB unter teilweise geringeren Voraussetzungen als bei § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich.18 Es bedarf bspw. nur einer einfachen und keiner endgültigen Verweigerung der Bereitstellung durch den Unternehmer, um den Vertrag beenden zu können (§ 327c Abs. 3 Nr. 1 BGB). § 327c Abs. 3 Nr. 3 BGB erinnert an § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB.19 Sofern die Bereitstellung i. S. v. § 275 BGB unmöglich ist, findet das gewohnte Unmöglichkeitsregime Anwendung.20 Um den bisherigen weitgehenden Gleichlauf zwischen Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung auch bei digitalen Produkten beizubehalten, wird die Fristsetzung in § 281 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Leistungsaufforderung ersetzt (§ 327c Abs. 2 S. 2 BGB). Nach dieser Leistungsaufforderung kann abweichend von § 327b Abs. 2 BGB die Bereitstellungsfrist für das digi-
„kann der Verbraucher den Vertrag beenden“. Artikel 13 Abs. 1 RL formuliert es in den verschiedenen Sprachfassungen folgendermaßen: Englisch: „entitled to terminate the contract“; Spanisch: „derecho a resolver el contrato“; Französisch: „droit à la résolution du contrat“; Italienisch: „il diritto di recedere dal contratto“; Niederländisch: „recht de overeenkomst te ontbinden“; Bulgarisch: „право да развали договора“. 16 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 50; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327c Rn. 5 ff.; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327c Rn. 6; Spindler, MMR 2021, 451, 453; ders., MMR 2021, 528, 528; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK- BGB, 11. Aufl. 2022, § 327c Rn. 2; Heydn, CR 2021, 709, 712 (Rn. 16); Kramme, RDi 2021, 20, 23 (Rn. 15). 17 Kramme, RDi 2021, 20, 23 (Rn. 15); Spindler, MMR 2021, 451, 453. 18 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327c Rn. 9 ff.; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327c Rn. 8; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327c Rn. 10 ff. 19 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327c Rn. 11; Weiß, ZVertriebsR 2021, 208, 210; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327c Rn. 4. 20 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 50; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327c Rn. 1 f., 7; Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327c Rn. 6; kritisch Kramme, RDi 2021, 20, 23 (Rn. 14). Zur Unmöglichkeit i. R. d. §§ 327 ff. BGB: Fervers, NJW 2021, 3681, 3684; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327c Rn. 5; Jaensch, jM 2022, 96, 101; Semmelmayer, MMR 2022, 1048, 1048 ff.; zur teilweisen Europarechtswidrigkeit der Anwendung von § 275 BGB auf die Bereitstellung vgl. Kesisoglugil/Lang, NJW 2023, 1009, 1011 (Rn. 12 ff.) 15
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
tale Produkt nur noch ausdrücklich vereinbart werden. An dieser Stelle fällt auf, dass § 327c Abs. 1 S. 2 BGB von Art. 13 Abs. 1 RL abweicht, indem er den Begriff „Zeit“ anstelle von „Frist“21 verwendet. Inhaltlich dürfte dies wohl eine irrelevante Ungenauigkeit darstellen, die durch eine richtlinienkonforme Auslegung22 beseitigt werden kann. Mit der Vertragsbeendigungserklärung des Verbrauchers gem. § 327o Abs. 1 BGB entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis, das den §§ 327o, 327p BGB unterfällt.23
6.1.2 Unternehmerregress 6.1.2.1 Anwendungsbereich des § 327u BGB Nicht nur der Verbraucher hat im Falle einer unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts Rechte gegenüber dem Unternehmer. Auch der Unternehmer kann u. U. nach § 327u BGB Rückgriff bei seinem Vertriebspartner nehmen. Nach der Legaldefinition in § 327u Abs. 1 S. 1 BGB handelt es sich dabei um einen Dritten, der sich dem Unter nehmer gegenüber zur Bereitstellung des digitalen Produkts verpflichtet hat. Von diesem kann der Unternehmer Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er wegen der durch den Vertriebspartner verursachten unterbliebenen Bereitstellung des digitalen Produkts gegenüber dem Verbraucher tragen muss. § 327u Abs. 1 S. 2 BGB erfasst dann Aufwendungen, die aufgrund von Mängelgewährleistungsansprüchen des Verbrauchers entstanden sind. Es sind somit Situationen erfasst, in denen der Vertriebspartner das digitale Produkt dem Unternehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß bereitstellt und der Unternehmer es daher wiederum dem Verbraucher nicht oder nicht ordnungsgemäß bereitstellen kann. Falls der Vertriebspartner allerdings vertraglich verpflichtet ist, das digitale Produkt direkt dem Verbraucher bereitzustellen, so greift für diesen Fall der Durchlieferung bzw. des Strecken
Sprachvergleich: Englisch: „additional period of time“; Spanisch: „un período de tiempo adicional“; Französisch: „délai supplémentaire“; Italienisch: „un ulteriore termine“; Niederländisch: „aanvullende termijn“; Bulgarisch: „допълнителен срок“. 22 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327c Rn. 6; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327c Rn. 2; Fervers, NJW 2021, 3681, 3684 f. stellen „Zeit“ und „Frist“ gleich, ohne die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung zu benennen. Zur Anerkennung der richtlinienkonformen Auslegung in Deutschland siehe statt vieler Roth/Jopen in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 4. Aufl. 2021, § 13 Rn. 4 f., 25 ff.; Suhr, Richtlinienkonforme Auslegung und nationale Auslegungsmethodik, 2011, S. 47 ff., 303; Canaris in: FS Bydlinsky, 2002, S. 47, 48 ff.; Auer, NJW 2007, 1106, 1106; Grundmann, ZEuP 1996, 399, 399; Krebs/Jung in: Jung/ Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 2 Rn. 191. 23 Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327c Rn. 14, 16; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327c Rn 12 f.; Vgl. näher zu den Rechtsfolgen des § 327c BGB Jung/Rolsing, Die Folgen der unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts, 2023, Abschnitt E.I.3., S. 16 ff. (im Erscheinen). 21
6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung
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geschäfts § 327u BGB ebenfalls.24 Für Intermediäre, die mit einem Hersteller außerhalb der EU zusammenarbeiten und vertraglich nicht durchsetzen können, dass das Recht eines EU-Mitgliedstaats gilt, werden allerdings wohl erhebliche Probleme entstehen.25
6.1.2.2 Anwendbarkeit der Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB Der Unternehmerregress ist nach § 327u Abs. 4 BGB zwar nicht dispositiv, jedoch kann u. U. die Rügeobliegenheit des § 377 HGB anwendbar sein (§ 327u Abs. 5 BGB), was im Einzelfall zum Regressausschluss führen kann. Entsprechend sieht die Gesetzesbegründung vor, dass § 377 HGB selbst dann Anwendung findet, wenn die Bereitstellung des digitalen Produkts ausschließlich digital abläuft.26 Die Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB gilt auch für Kaufverträge über digitale Waren, bspw. Standardsoftware, unabhängig davon, ob sie rein digital oder auf einem Datenträger verkörpert sind.27 Entscheidend für die Anwendbarkeit der Rügeobliegenheit ist, ob ein Kaufvertrag oder zumindest ein kaufähnlicher Vertrag vorliegt, der ebenfalls darauf gerichtet ist, die Verfügungsgewalt über den Vertragsgegenstand dauerhaft dem Vertragspartner zuzuweisen.28 Dies ist bei kaufvertraglich geregelten Situationen der Bereitstellung digitaler Inhalte der Fall.29 § 327u Abs. 1 BGB erfasst daher auch die Situation des Streckengeschäfts bzw. der Durchlieferung an einen Verbraucher, weshalb in diesem Fall der Unternehmerregress gem. § 377 HGB ebenfalls Anwendung findet.30 Dies lässt sich aus § 327u Abs. 1 S. 1 BGB ableiten: „des vom Vertriebspartner bereitzustellenden digitalen Produkts“. Vgl. zum Unternehmerregress bei digitalen Produkten auch Grützmacher, ITRB 2021, 287, 287 ff. 25 Dieses Problem sieht auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327u Rn. 3. Vgl. dazu Artt. 3 f. Rom I-VO und die entsprechenden Ausführungen zum anwendbaren Recht bei Boosfeld, GPR 2022, 70, 70 ff. 26 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 82: „Dies kann insbesondere für die von § 327 Abs. 5 BGB erfassten digitalen Inhalte auf körperlichen Datenträgern relevant sein.“; ebenso Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 21; Schulze in: ders. et al. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327u Rn. 7. Ohne Einschränkung auf eine Bereitstellungsart auch Föhlisch in: BeckOK ITRecht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327u Rn. 9; Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327u Rn. 3; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 9. Aufl. 2020, § 327u BGB Rn. 6; Spindler, MMR 2021, 528, 533; Imhof, CR 2023, 565, 570. 27 BGH NJW 1990, 1290, 1291; OLG München Urt. v. 8.10.2009 – 23 U 1818/09, BeckRS 2009, 27252; Achilles in: Ebenroth et al. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Bd. 2, 4. Aufl. 2020, § 377 Rn. 5; Leyens in: Hopt (Hrsg.), HGB, 41. Aufl. 2022, § 377 Rn. 2; Koch in: Oetker (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 7. Aufl. 2021, § 377 Rn. 10 und vor § 373 Rn. 3; Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, vor § 373 Rn. 3. 28 Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, vor § 373 Rn. 7; Leyens in: Hopt (Hrsg.), HGB, 42. Aufl. 2023, § 377 Rn. 2; Koch in: Oetker (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 7. Aufl. 2021, § 377 Rn. 3. 29 So auch Kindl in: Kindl/Arroyo Vendrell/Gsell (Hrsg.), Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen, 2018, S. 63, 71 (zur Richtlinie); dagegen Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327u Rn. 16. 30 Zu § 377 HGB mit Blick auf Streckengeschäfte siehe u. a. Schwartze in: BeckOK HGB, Stand: 15.01.2022, § 377 Rn. 11, 16; Leyens in: Hopt (Hrsg.), HGB, 42. Aufl. 2023, § 377 Rn. 9. 24
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
6.1.2.2.1 Anwendbarkeit auf die Hauptleistungspflicht Da der Anwendungsbereich des § 377 HGB unberührt bleiben soll (§ 327u Abs. 5 BGB), ist die Vorschrift nur auf bestimmte Verträge über digitale Produkte anwendbar. In Betracht kommt § 377 HGB bspw. prinzipiell nur bei einmaligen Bereitstellungen oder bei Reihen von einzelnen Bereitstellungen digitaler Inhalte. Denn hier kann die Bereitstellung in Form der Zurverfügungstellung ablaufen, was für § 377 HGB genügen dürfte, da die Zurverfügungstellung letztlich das Ziel verfolgt, dem Verbraucher dauerhaft die Verfügungsgewalt über den digitalen Inhalt zu übertragen. Bei digitalen Dienstleistungen, die dem Verbraucher nur per Zugänglichmachung bereitgestellt werden können, ist § 377 HGB hingegen nicht anwendbar. Denn die Zugänglichmachung stellt eine bloße Nutzungsmöglichkeit unter fremder Kontrolle dar, die gerade nicht der für § 377 HGB erforderlichen dauerhaften Übertragung der Verfügungsgewalt gleichkommt. Bei der dauerhaften Bereitstellung digitaler Produkte, die nur mit einer Zugänglichmachung einhergeht, greift § 377 HGB ebenfalls nicht. Denn während die Zurverfügungstellung digitaler Inhalte kaufvertraglich geregelt werden kann, hat die dauerhafte Bereitstellung einen m ietähnlichen Charakter. Zudem geht sie lediglich mit der Zugänglichmachung des digitalen Produkts einher und ist daher nicht auf die dauerhafte Übertragung der digitalen Dienstleistung gerichtet. Innerhalb dieses eng begrenzten Anwendungsbereichs des § 377 HGB bleibt nach dem Umsetzungsgesetz jedoch unklar, zu welchem Zeitpunkt die Ablieferung i. S. v. § 377 HGB bei digitalen Produkten stattfindet. Denn maßgeblich für den Beginn der Rügefrist ist die erstmalige Möglichkeit der Untersuchung.31 Bei digitalen Produkten lässt sich dieser Zeitpunkt allerdings nicht pauschal feststellen, sondern es ist je nach Bereitstellungsmodus zu unterscheiden.32 Entscheidend ist dabei, ob nur ein Zugangsmittel oder das digitale Produkt direkt bereitgestellt wurde und um welchen Schuldtyp33 es sich handelt.34 Regelmäßig dürften jedoch die Ablieferung nach § 377 HGB und die Bereitstellung nach den §§ 327 ff. BGB zeitlich zusammenfallen. 6.1.2.2.2 Anwendbarkeit auf die Aktualisierungspflicht Daneben stellt sich auch die Frage, ob der Anwendungsbereich des § 377 HGB bei Ver trägen über die Bereitstellung digitaler Produkte noch weiterreicht. Denn neben der Hauptleistungspflicht der Bereitstellung des digitalen Produkts könnte die Rügeobliegenheit auch auf die Aktualisierungspflicht anwendbar sein. Dagegen spricht zwar, dass die Aktualisierungspflicht einen Dauerschuldcharakter aufweist,35 § 377 HGB jedoch auf Schwartze in: BeckOK HGB, Stand: 15.07.2021, § 377 Rn. 10; Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 377 Rn. 18; Leyens in: Hopt (Hrsg.), HGB, 42. Aufl. 2023, § 377 Rn. 5. 32 Siehe zu den Bereitstellungsmodi näher unter 4.1.1. 33 Siehe dazu näher unter 4.1.1.3. 34 Vgl. Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 377 Rn. 24 zur Ablieferung, wenn der Käufer die tatsächliche Sachherrschaftsmöglichkeit nicht ausübt. 35 Dazu schon unter 2.1. 31
6.1 Unterbliebene Hauptleistungsbereitstellung
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Dauerschuldverhältnisse wie bspw. Mietverhältnisse nicht anwendbar ist.36 Allerdings wird jede einzelne, i. R. d. Aktualisierungspflicht vom Unternehmer vorgenommene Aktualisierung als digitaler Inhalt dem Verbraucher gem. § 327b Abs. 3 BGB bereitgestellt.37 Es kann daher der Fall eintreten, dass die einzelne Aktualisierung dem Verbraucher zur Verfügung gestellt wird, sodass diese dauerhaft in dessen Verfügungsgewalt übergeht. Dies würde der Anwendungssituation des § 377 HGB i. R. d. Hauptleistungspflicht entsprechen. Für eine Anwendbarkeit der Rügeobliegenheit auf die Aktualisierungspflicht spricht auch die funktionale Parallelität dieser Pflicht mit der Sachmängelgewährleistung bei analogen Waren. Denn die Aktualisierungspflicht dient ebenso wie die Sachmängelgewährleistung dazu, die Vertragsmäßigkeit des Vertragsobjekts sicherzustellen.38 Dies gilt, obwohl bei digitalen Produkten zwischen der Sachmängelgewährleistung und der Aktualisierungspflicht zu unterscheiden ist.39 Beide beziehen sich jedoch auf die Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts. Im Rahmen der Sachmängelgewährleistung ist anerkannt, dass § 377 HGB auch auf die Nacherfüllungshandlung des Unternehmers anwendbar ist.40 Wird i. R. d. Nachlieferung wiederum eine mangelhafte Sache geliefert, so muss auch dieser Mangel gerügt werden.41 Entsprechend müsste nach hier vertretener Ansicht auch eine mangelhafte Aktualisierung gerügt werden, da diese Mängelgewährleistungsansprüche auslöst (siehe unter 6.2). Ein Vorteil dieser Interpretation bestünde darin, dass die problematische Unterscheidung zwischen der Hauptleistungs- und der Aktualisierungspflicht an dieser Stelle nicht relevant wird (dazu gleich unter 6.4), wenn § 377 HGB gleichermaßen auf beide Pflichten anwendbar ist. Schließlich ist der Rückgriff des Unternehmers nach § 327u Abs. 1 S. 2 BGB auch im Falle der Verletzung der Aktualisierungspflicht möglich. Es erschiene inkonsistent, wenn bei der Hauptleistungs-
Vgl. Steimle/Dornieden in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas (Hrsg.), HGB, 6. Aufl. 2023, § 377 Rn. 8 und Achilles in: Ebenroth et al. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Bd. 2, 4. Aufl. 2020, § 377 Rn. 6, vor § 373 Rn. 10 (zu den vergleichbaren Leasingverträgen). Das folgt aus der Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 377 HGB auf Kaufverträge und kaufähnliche Verträge, die jeweils durch einen einmaligen Leistungsaustausch charakterisiert sind, vgl. zum Anwendungsbereich: Leyens in: Hopt (Hrsg.), HGB, 42. Aufl. 2023, § 377 Rn. 2; Schwartze in: BeckOK HGB, Stand: 15.01.2023, § 377 Rn. 5; Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, vor § 373 Rn. 7. 37 Dazu schon unter 4.2.1. 38 Dazu schon unter 3.2.3. 39 Zur schwierigen Abgrenzung zwischen der Hauptleistungs- und der Aktualisierungspflicht siehe unter 6.4. 40 BGH NJW 2000, 1415, 1417 (zu Standardsoftware); OLG Hamm BeckRS 2015, 20815 (Rn. 25); OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 832, 833; Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 38; Roth in: Koller et al., HGB, 10. Aufl. 2023, § 377 Rn. 5, 18a; Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021 § 377 Rn. 95 f. 41 BGH NJW 2000, 1415, 1417 (zu Standardsoftware); OLG Hamm BeckRS 2015, 20815 (Rn. 25); OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 832, 833; Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 38; Roth in: Koller et al., HGB, 10. Aufl. 2023, § 377 Rn. 5, 18a; Grunewald in: MüKo HGB, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 377 Rn. 95 f. 36
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bereitstellungspflicht § 377 HGB anwendbar wäre, bei der Aktualisierungspflicht jedoch nicht. Gegen diese unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf § 377 HGB spricht auch die systematische Stellung des § 327u Abs. 5 BGB. Dadurch ist nach hier vertretener Ansicht die Rügeobliegenheit auch auf die Aktualisierungspflicht bei digitalen Produkten anwendbar. Theoretisch könnte dies eine nicht unerhebliche Belastung für Unternehmer darstellen, die als Intermediäre zwischen dem Verbraucher und bspw. dem Hersteller des digitalen Produkts agieren. Denn besonders bei Software ist die Mängeluntersuchung nicht trivial.42 Diesem Umstand kann jedoch begegnet werden, indem zum einen die Untersuchungs- und Rügefrist des § 377 HGB in diesem Fall großzügig bemessen wird43 und die Zumutbarkeit der nötigen Untersuchungsmaßnahmen besonders beachtet wird.44 Zum anderen kann die Modifikation der Rügeobliegenheit zwischen dem Intermediär und dem Erstverkäufer bzw. Hersteller vereinbart werden.45
6.2 Unterbliebene Aktualisierungsbereitstellung Wenn eine notwendige Aktualisierung nicht bereitgestellt wird, führt das zur Mangelhaftigkeit des gesamten Produkts, da die Updatepflicht nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB als Teil der objektiven Anforderungen an das digitale Produkt gilt.46 In der Folge kann der Verbraucher die in § 327i Nr. 1 bis 3 BGB in Bezug genommenen Mängelrechte in Anspruch nehmen. Die Rechte des § 327c BGB kann der Verbraucher hingegen nicht geltend machen. Die Regeln der §§ 327 ff. BGB unterscheiden somit bei den Rechtsfolgen mit Blick auf die Aktualisierungen nicht zwischen Nicht- und Schlechtleistung. In beiden Fällen greifen die Mängelgewährleistungsrechte. Auch auf eine fehlerhafte Aktualisierung
So auch BGH NJW 2000, 1415, 1417, der allerdings betont, dass dies bei technisch komplexen Anlagen nicht wesentlich anders ist. 43 Vgl. BGH NJW 2000, 1415, 1417; BGH NJW 1993, 461, 462; Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 87; Achilles in: Ebenroth et al. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Bd. 2, 4. Aufl. 2020, § 377 Rn. 137. 44 Vgl. für eine Übersicht der dabei zu berücksichtigenden Faktoren statt aller Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 64 ff.; für eine Einschränkung der Untersuchungspflicht bei unmittelbaren Weiterverkäufen bspw. Achilles in: Ebenroth et al. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Bd. 2, 4. Aufl. 2020, § 377 Rn. 106 ff. und OLG Nürnberg BeckRS 2010, 67. 45 Vgl. zur Diskussion, ob die Untersuchung durch den Intermediär im Fall des Streckengeschäfts generell untunlich ist i. S. d. § 377 Abs. 1 HGB einerseits: Höpfner in: BeckOGK HGB, Stand: 15.06.2023, § 377 Rn. 79 und andererseits Achilles in: Ebenroth et al. (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Bd. 2, 4. Aufl. 2020, § 377 Rn. 104; Koch in: Oetker (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, 7. Aufl. 2021, § 377 Rn. 52. Die Modifikation darf jedoch nicht so weit gehen, dass § 327u Abs. 1 BGB ausgeschlossen wird, vgl. § 327u Abs. 4 BGB. 46 Art. 8 Abs. 2, 3 RL; vgl. auch Kühner/Piltz, CR 2021, 1, 6 (Rn. 21); Paal/Wais, DStR 2022, 1164, 1167. 42
6.2 Unterbliebene Aktualisierungsbereitstellung
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finden die Mängelgewährleistungsrechte des § 327i BGB Anwendung, da sie letztlich zu einem digitalen Produkt führt, das den subjektiven und/oder objektiven Anforderungen gem. § 327e Abs. 2 bzw. 3 BGB nicht genügt. Der Unternehmer kann sogar erneut Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt sein, obwohl der Aktualisierungszeitraum schon abgelaufen ist. Diese Situation wird durch die Ablaufhemmung der Verjährung der Mängelgewährleistungsrechte in Bezug auf die Aktualisierungspflicht erreicht. Nach § 327j Abs. 3 BGB können Ansprüche wegen einer verletzten Aktualisierungspflicht noch bis zu zwölf Monate nach dem Ende des Aktualisierungszeitraums geltend gemacht werden.47 Bei der Bereitstellung von Aktualisierungen kann es vorkommen, dass das Update selbst zwar erstellt und bereitgestellt wird, jedoch die Information über die Verfügbarkeit des Updates, die Information über die Folgen einer unterlassenen Installation der Aktualisierung (als Teil der selbstständigen Informationspflicht) oder eine fehlerfreie Installationsanleitung (als Teil der unselbstständigen Informationspflicht)48 nicht bereitgestellt werden können. Dadurch wird die Aktualisierungspflicht trotz der Bereitstellung des Updates nicht vollständig erfüllt. Insofern stellt sich dann die Frage, welche Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen die selbstständige bzw. unselbstständige Informationspflicht eintreten. Wenn die unselbstständige Informationspflicht (d. h. die Information über die Bereitstellung, sofern erforderlich) nicht erfüllt ist, liegt letztlich keine ordnungsgemäße Bereitstellung der Aktualisierung vor (vgl. 4.2.1 und 4.2.3). Wurde hingegen über die Verfügbarkeit einer Aktualisierung nicht gesondert informiert, der Verbraucher aber über die Bereitstellung informiert, ihm das Update zugänglich gemacht und er auch über die Folgen unterrichtet, so ist dem Verbraucher im Endeffekt durch die unterlassene selbstständige Information über die Verfügbarkeit kein Nachteil entstanden. Dennoch liegt aufgrund von § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB prinzipiell ein Produktmangel vor.49 Zum einen könnte in dieser Situation jedoch von einer Heilung des auf der fehlenden Information fußenden Produktmangels durch die Installation der Aktualisierung als Erfüllung des § 327f Abs. 1 BGB i. V. m. § 327b Abs. 3 BGB ausgegangen werden. Zum anderen könnte der Fortbestand des Mangels angenommen werden. Der Mangel würde dann durch eine nachfolgende Information über die Verfügbarkeit der Aktualisierung beseitigt. Dies erscheint jedoch widersinnig, da der Verbraucher damit über ein Update informiert werden müsste, das er schon installiert hat. Nach hier vertretener Ansicht ist daher von einer Heilung des auf der fehlenden Information fußenden Produktmangels durch die Installation des Updates auszugehen. Im Ergebnis ist dies aber wohl ein rein theoretisches Problem, da in diesen Fällen dem Verbraucher kein Nachteil entsteht und er daher kein Bedürfnis haben wird, entsprechende Rechte geltend zu machen. Anders kann dies allerdings sein, wenn der Verbraucher
So auch Kramme, RDi 2021, 20, 26 (Rn. 25 f.). Siehe zu den unterschiedlichen Informationspflichten näher unter 4.2.1. 49 Anders Grüneberg in: ders. (Hrsg.), BGB, 82. Aufl. 2023, § 327f Rn. 3. 47 48
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
nicht über die Folgen einer unterlassenen Aktualisierung informiert wurde. Insofern greift § 327f Abs. 2 BGB. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für Unternehmer umso mehr, sich die Information über die Verfügbarkeit sowie die Folgen des Updates vom Verbraucher bestätigen zu lassen. Hingegen stellt eine erforderliche, aber fehlende Installationsanleitung50 zum Update keinen Produktmangel dar, da sie nicht unter die objektive Anforderung der vom Verbraucher erwarteten Anleitungen nach § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB fällt. Denn zu ihnen gehören regelmäßig nur solche, die für den Zugang und den Gebrauch des digitalen Produkts erforderlich sind.51 Die Installationsanleitung für Aktualisierungen ist aber i. R. d. entsprechenden Obliegenheit des § 327f Abs. 2 Nr. 2 BGB relevant und zieht die dortigen Haftungskonsequenzen nach sich. Fraglich ist, wie Situationen zu bewerten sind, in denen ein Verbraucher trotz unterbliebener Installationsanleitung die Aktualisierung korrekt installiert hat. Im Ergebnis hat der Unternehmer dann im Rückschluss aus § 327f Abs. 2 Nr. 2 BGB regelmäßig keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten, da dem Verbraucher dann grundsätzlich wohl keine Nachteile entstanden sind und im Falle der fehlenden Installationsanleitung für Aktualisierungen kein Produktmangel vorliegen kann.
6.3 Unterbliebene Abwicklungsbereitstellung Wenn der Unternehmer die in § 327p Abs. 3 S. 1 BGB bezeichneten Inhalte nach Vertragsende dem Verbraucher nicht zur Verfügung stellt, obwohl keine Unmöglichkeit i. S. v. § 275 BGB vorliegt,52 sieht das Umsetzungsgesetz keine unmittelbaren Folgen vor. Der Verbraucher hat daher keine besondere Handhabe gegen diese unterlassene Bereitstellung. Zurückbehaltungsrechte nach §§ 273, 320 BGB sind für den Verbraucher in der Regel nicht mehr hilfreich, wenn der Vertrag über das digitale Produkt beendet ist, zumal die Abwicklungsbereitstellungspflicht nicht im für § 320 Abs. 1 BGB erforderlichen Synallagma steht.
Siehe dazu näher unter 3.2.4. Schulze in: ders. (Hrsg.), HK-BGB, 11. Aufl. 2022, § 327e Rn. 28; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327e Rn. 47; Staudenmayer in: Schulze/Staudenmayer (Hrsg.), EU Digital Law, 2020, Art. 8 DCD Rn. 77 (zur Richtlinie); Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 35; Staudinger/Artz, Neues Kaufrecht und Verträge über digitale Inhalte, 2022, S. 174 (Rn. 433) empfehlen, die Zielgruppe von Personen ohne digitale Erfahrung statt digital natives bei der Formulierung von Anleitungen vor Augen zu haben. 52 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 74; Erwägungsgrund 17 RL; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 12; vgl. auch Jung/Rolsing, Die Abwicklungspflicht des § 327p BGB, 2023, Abschnitt C.I., S. 8 (im Erscheinen). 50 51
6.4 Abgrenzungsprobleme zwischen der Hauptleistungsbereitstellungspflicht und …
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Auf die über § 327p Abs. 3 S. 1 BGB bereitzustellenden Inhalte ist zudem die DSGVO nicht anwendbar, da es sich dabei gerade um nicht-personenbezogene Daten i. S. v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt. Das stellt § 327p Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 1 BGB ausdrücklich klar. Jedoch orientiert sich die Vorschrift an Art. 20 DSGVO, der spiegelbildlich das Recht auf Datenübertragbarkeit für personenbezogene Daten regelt.53 Letztlich bleibt dem Verbraucher im Fall der Nichtleistung wohl nur der Weg über eine Leistungsklage oder Stufenklage auf Bereitstellung der Inhalte (siehe dazu bereits oben unter 4.3.2) und ggf. Schadensersatz,54 um den Anspruch aus § 327p Abs. 3 S. 1 BGB effektiv durchzusetzen. Vergleichbares gilt auch im Fall der Schlechtleistung.
6.4 Abgrenzungsprobleme zwischen der Hauptleistungsbereitstellungspflicht und der Aktualisierungsbereitstellungspflicht Erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich zwischen der Hauptleistungs bereitstellung und der Aktualisierungsbereitstellung.55 Das gilt vor allem, wenn eine dauerhafte Bereitstellung vom Unternehmer geschuldet ist. Dann stellt sich z. B. die Frage, ob eine Anpassung des Produkts bereits eine Hauptleistungspflicht des Schuldners darstellt oder ob lediglich eine Aktualisierungspflicht vorliegt. Eng damit verknüpft ist die Unterscheidung zwischen einem Mangel und einer Aktualisierungspflicht. Denn wie bereits angerissen, greift das Mängelgewährleistungsrecht (vgl. § 327i BGB), sofern die Hauptleistungsbereitstellung nicht vertragsgemäß war, wobei sich die Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit aus § 327e BGB ergeben. Gleichzeitig werden auch die not wendigen Aktualisierungen am Maßstab des § 327e BGB gemessen. Bei einer einmaligen Bereitstellung könnte eine Unterscheidung zwischen ver schiedenen Zeitpunkten vorgenommen werden, um eine Abgrenzung zwischen einer mangelhaften Hauptleistungsbereitstellung und der Aktualisierungspflicht zu erzielen. Zeigt sich der Mangel bereits im Zeitpunkt der Hauptleistungsbereitstellung oder hatte er sich zu diesem Zeitpunkt zumindest schon manifestiert, so liegt danach eine mangelhafte Hauptleistungsbereitstellung vor.56 Tritt ein Mangel erst später ein, z. B. in Form Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 74; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 12; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327p Rn. 18, 20. 54 Zur Möglichkeit des Schadensersatzes auch: Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 75; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327p Rn. 18; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327p Rn. 18. 55 Ebenfalls Abgrenzungsprobleme erkennend: Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327f Rn. 9; Bernzen/Specht- Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 11. 56 Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327f Rn. 11; Brockmann, DVP 2022, 401, 404. 53
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6 Folgen unterbliebener Bereitstellung
einer später auftretenden Sicherheitslücke aufgrund der technischen Entwicklung, so macht dies hingegen eine Aktualisierung notwendig. Für diese zeitliche Abgrenzung spricht bspw. die Funktion der Aktualisierungspflicht, den „Erhalt der Vertragsmäßig keit des digitalen Produkts“ (§ 327f Abs. 1 S. 1 BGB) sicherzustellen. Nur wenn die Aktualisierung nicht bereitgestellt wird, greift wiederum das Gewährleistungsrecht auf grund von § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BGB.57 Bei einer dauerhaften Bereitstellung gestaltet sich die Abgrenzung hingegen schwieriger. Auch hier lässt sich aber wohl festhalten, dass Mängel, die bereits zu Beginn des Bereitstellungszeitraums vorliegen bzw. sich zu diesem Zeitpunkt zumindest schon manifestiert haben, zu einer mangelhaften Hauptleistungsbereitstellung führen.58 Fraglich ist jedoch, wie Mängel einzuordnen sind, die erst später auftreten. Da dauerhaft die Bereitstellung eines mangelfreien Produkts geschuldet ist, könnte grundsätzlich von einer mangelhaften Hauptleistungsbereitstellung ausgegangen werden. Das würde dann aber die Aktualisierung obsolet werden lassen. Es könnte somit umgekehrt immer von einer Aktualisierungspflicht ausgegangen werden,59 was jedoch dazu führen würde, dass nur selten eine mangelhafte Hauptleistungsbereitstellung vorläge. Eine Abgrenzung danach, ob die Mangelhaftigkeit aufgrund einer Entwicklungsdynamik eingetreten ist oder sich auf den ursprünglich vereinbarten Zustand bezieht, wäre eine dritte Interpretationsmöglichkeit. Allerdings müsste bei der Entwicklungsdynamik noch unterschieden werden, ob die daraus resultierende Pflicht eine Haupt- oder eine Nebenleistungspflicht darstellt. Im ersteren Fall läge ebenfalls eine mangelhafte Hauptleistungsbereitstellung vor. Diese Abgrenzung würde aber wohl wiederum zu (hoher) Rechtsunsicherheit führen. Da hier keine zufriedenstellende Abgrenzung vorgenommen werden kann, ist es besonders wichtig, dass aus der unterschiedlichen Einordnung möglichst wenig Unterschiede resultieren und somit eine einheitliche Interpretation gewählt wird.60 Ein Unterschied liegt aber bereits darin, dass es sich einmal um eine Hauptleistungspflicht und einmal um eine Nebenleistungspflicht handelt. Im Fall einer mangelhaften Haupt leistungsbereitstellung hat der Unternehmer zudem nur die Möglichkeit, nachzuerfüllen. Wird hingegen von einer Aktualisierungspflicht ausgegangen, so kann der Unternehmer zunächst versuchen, diese durchzuführen. Scheitert sie, so kann er immer noch versuchen,
Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 2; Pech, GRUR-Prax 2021, 547, 548. Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 4; wohl auch Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327e Rn. 7 und im Umkehrschluss Rieländer, GPR 2021, 257, 267. 59 So Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327e Rn. 10. 60 Bei dieser Abgrenzung sollte nach hier vertretener Ansicht die Unterscheidung der Richtlinie zwischen „Erhalt der Vertragsmäßigkeit“ (Art. 8 Abs. 2 RL) sowie der „Herstellung des vertragsgemäßen Zustands“ (Art. 14 Abs. 2 RL) nicht überinterpretiert werden. Wohl stärker auf den Wortlaut abstellend Buchmann/Panifili, K&R 2022, 159, 161 f.
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6.4 Abgrenzungsprobleme zwischen der Hauptleistungsbereitstellungspflicht und …
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nachzuerfüllen.61 Er ist somit günstiger gestellt. Nach hier vertretener Ansicht stellt die Aktualisierungspflicht gem. § 327f BGB auch im Fall einer dauerhaften Bereitstellung daher nicht „nur eine (überflüssige) spezielle Unterpflicht der allgemeinen Pflicht zur Erhaltung der Vertragsmäßigkeit“62 dar.
So auch Fries in: BeckOGK BGB, Stand: 01.07.2023, § 327f Rn. 20. Martens, Schuldrechtsdigitalisierung, 2022, S. 101 (Rn. 269); ähnlich Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327f Rn. 6, wonach die Abgrenzung zwischen Aktualisierung und Mängelrechten bei der dauerhaften Bereitstellung keine Rolle spiele. 61 62
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Folgen der Bereitstellung
Mit der Erfüllung der drei unterschiedlichen Bereitstellungsverpflichtungen des Unternehmers treten auch jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen ein. Insb. hinsichtlich der Erfüllung der Hauptleistungspflicht und des Gefahrübergangs lohnt sich im Folgenden eine genauere Erörterung.
7.1 Grundsätzliche Auswirkungen Durch die Bereitstellung des digitalen Produkts erfüllt der Unternehmer den Hauptleistungsanspruch des Verbrauchers entweder durch unmittelbare Leistung an ihn oder an einen Dritten (§ 362 Abs. 1, 2 BGB).1 Ab der Hauptleistungsbereitstellung kann der Verbraucher die Mängelgewährleistungsrechte des § 327i BGB (vgl. § 327e Abs. 1 S. 1, 2 BGB) nutzen und deren Verjährungsfrist beginnt zu laufen (§ 327j Abs. 1 S. 2 BGB). Je nach Art der Bereitstellung ist dieser Zeitpunkt auch Ansatzpunkt für die Beweislastumkehr gem. § 327k BGB, die mit § 477 Abs. 1 BGB (bzw. § 477 Abs. 2 BGB für Waren mit digitalen Elementen) vergleichbar ist.2 Das Recht des Unternehmers, Änderungen am dauerhaft bereitgestellten digitalen Produkt vorzunehmen, wird ab diesem Zeitpunkt nach § 327r BGB
Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 48; Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327b Rn. 3, 15; Föhlisch in: BeckOK IT-Recht, Stand: 01.07.2023, BGB § 327b Rn. 12; Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327b Rn. 7; Stiegler in: Schulze/Grziwotz/ Lauda (Hrsg.), BGB: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 5. Aufl. 2023, § 327b BGB (im Erscheinen); Rieländer, GPR 2021, 257, 261 (Fn. 53). 2 Bernzen/Specht-Riemenschneider in: Erman, BGB, Bd. 1, 17. Aufl. 2023, § 327k Rn. 7; Kaesling in: jurisPK-BGB, Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 327k Rn. 2 ff.; Spindler, MMR 2021, 528, 532; Bittner, VuR 2022, 9, 13. 1
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_7
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7 Folgen der Bereitstellung
begrenzt.3 Schließlich beginnt mit der Hauptleistungsbereitstellung auch die Aktualisierungspflicht (§ 327f Abs. 1 BGB). Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht in Form der Bereitstellung erhält die Mangelfreiheit des Produkts und schützt den Unternehmer dadurch vor Gewährleistungsansprüchen des Verbrauchers. Die Auswirkungen der Erfüllung der nachvertraglichen Abwicklungspflicht in Form der Bereitstellung sind geringfügig, da das eigentliche Vertragsverhältnis zu diesem Zeitpunkt schon beendet ist. Danach erlischt nur der Anspruch aus § 327p Abs. 3 S. 1 BGB. Weitere Rechtsfolgen treten nicht ein.
7.2 Hauptleistungsbereitstellung und Gefahrübergang Es wird deutlich, dass die Hauptleistungsbereitstellung die größten Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer hat. Das Gesetz regelt jedoch nicht explizit, wie sich die Bereitstellung des digitalen Produkts und der Gefahrübergang zueinander verhalten. Am Beispiel der einmaligen Bereitstellung eines digitalen Produkts in einer kaufvertraglichen Situation wird klar, dass die Gefahrübergangsregelungen im Umsetzungsgesetz stiefmütterlich behandelt wurden. Der deutsche Gesetzgeber hatte bei der Umsetzung freie Hand, da die Richtlinie keine Regelung zum Gefahrübergang enthält und der Richtliniengesetzgeber ausweislich des Richtliniengegenstands (Art. 1 RL) diesen Aspekt auch nicht regeln wollte, weshalb insofern eine externe Lücke vorliegt (siehe dazu schon 4.1.1.3). Nach Erlass der Richtlinie wurde festgestellt, dass die Regelungen zum Gefahrübergang zumindest teilweise modifiziert werden müssten.4 Das ist jedoch nicht geschehen. Obwohl zahlreiche Normen der §§ 433 bis 479 BGB in den Fällen des § 327 BGB für unanwendbar erklärt oder modifiziert wurden, betrifft das die Gefahrübergangsregelungen der §§ 446, 447 BGB nicht.5 Dennoch kann der Gefahrübergang auch bei digitalen Produkten zumindest noch theoretisch relevant werden, sofern das digitale Produkt zufällig untergeht oder sich verschlechtert, weil es z. B. von Hackerangriffen oder einem Virus getroffen wird. Es stellt
Metzger in: MüKo BGB, Bd. 3, 9. Aufl. 2022, § 327r Rn. 1; Möllnitz, MMR 2021, 116, 116 ff.; Schöttle, MMR 2021, 683, 687; ders., DSRITB 2021, 431, 441 ff.; Paal/Wais, DStR 2022, 1164, 1167; Hunzinger, CR 2022, 349, 349 ff. 4 Schulze in: De Franceschi (Hrsg.), European Contract Law and the Digital Single Market, 2016, S. 138: „Consequently, the traditional sales law rules on transfer of risk (in principle aimed at the moment of delivery to the buyer) and on the burden of proof have to be modified in accordance with these requirements for the supply of digital content.“. 5 Vgl. die Modifizierungen in §§ 445c, 453 Abs. 1 S. 2, 3, § 475a BGB. In § 475a BGB ist aber § 477 BGB ausgeschlossen, der sich ausdrücklich auf den Gefahrübergang bezieht. 3
7.2 Hauptleistungsbereitstellung und Gefahrübergang
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sich dann die Frage, wann der Gefahrübergang bei der Bereitstellung digitaler Produkte in kaufähnlichen Situationen stattfindet.6 Naheliegend erscheint, dass die (einmalige) Hauptleistungsbereitstellung und der Gefahrübergang regelmäßig identisch sind.7 Zu dieser Annahme verleitet, dass der Zeitpunkt der Hauptleistungsbereitstellung hinsichtlich seiner rechtlichen Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis eine zentrale Rolle einnimmt. Zudem ist er auch der zeitliche Ansatzpunkt für die Beurteilung des Produktmangels, den Beginn der Gewährleistung sowie der Aktualisierungspflicht und der Beweislastumkehr. Im „analogen“ Kaufrecht fallen diese Zeitpunkte regelmäßig mit dem Gefahrübergang zusammen. Insb. die Parallele zwischen § 327k Abs. 1 BGB und § 477 Abs. 1 BGB (bzw. § 477 Abs. 2 BGB für Waren mit digitalen Elementen) legt diese Auslegung nahe. Denn sie regeln den gleichen Inhalt respektive für die digitale und analoge Welt mit namentlich unterschiedlichen Anknüpfungspunkten. Für diese Interpretation spricht zudem auch § 650 Abs. 2 S. 3 BGB, in dem diese Problematik bemerkenswerterweise für das neue Werkvertragsrecht bei digitalen Produkten berücksichtigt wurde. In § 650 Abs. 2 S. 3 BGB wird angeordnet, dass in § 644 BGB die Bereitstellung nach § 327b Abs. 3 bis 5 BGB an die Stelle der Abnahme tritt. Dadurch wird klargestellt, dass die Hauptleistungsbereitstellung und der Gefahrübergang zeitlich zusammenfallen. Die Begründung, die der Regierungsentwurf insofern anführt, könnte ebenso für Bereitstellungen in Kaufsituationen gelten.8 Da der Gesetzgeber die Problematik im Werkvertragsrecht erkannt hat, bleibt unklar, warum er keine explizite Regelung für den Kauf digitaler Produkte geschaffen hat. Gegen das Zusammenfallen von Hauptleistungsbereitstellung und Gefahrübergang kann auch nicht angeführt werden, dass die in der Richtlinie fußenden Verbraucherrechte dadurch beschränkt würden: Zwar stünden dem Verbraucher dann die Rechte wegen unterbliebener Bereitstellung aus § 327c BGB nicht zu, wenn das mangelfreie digitale Produkt zufällig unmittelbar nach ordnungsgemäßer Bereitstellung, aber noch vor dem tatsächlichen Zugriff, unterginge, da die Bereitstellung selbst erfolgt ist (siehe dazu bereits unter 4.1.1.2). Vor derselben Problematik steht der Verbraucher nach hier vertretener Ansicht allerdings auch, wenn der Unternehmer bereitstellt, aber dann zum Beispiel kurz darauf den Downloadlink wieder deaktiviert. In beiden Fällen kann sich der Verbraucher aber auf die In praxi dürfte die Problematik in vielen Fällen zu vernachlässigen sein. Das gilt zumindest sofern digitale Produkte ohne Aufwand replizierbar sind und der Unternehmer das Produkt daher erneut bereitstellen kann. Die Situation kann sich aber bspw. bei digitalen Produkten, die mit Non Fungible Tokens (NFT) gekennzeichnet werden und so ihre Einmaligkeit bestätigen, anders darstellen. Näheres zu NFT: Hoeren/Prinz, CR 2021, 565, 565 (Rn. 4 ff.); aus sachenrechtlicher Perspektive Guntermann, RDi 2022, 200, 200 ff. 7 So wohl Felsch/Kremer/Wagener, MMR 2022, 18, 22, die vom Gefahrübergang im Zeitpunkt der „Überlassung“ des digitalen Inhalts ausgehen. 8 Begr. RegE, BT-Drs. 19/27653, S. 87: „Zudem würde § 644 BGB, nachdem der Unternehmer die Gefahrtragung bis zur Abnahme des Werks trägt, der im Rahmen der Bereitstellung digitaler Produkte zugrunde gelegten Annahmen widersprechen, dass der Unternehmer lediglich den Zugang beziehungsweise Zugriff des Verbrauchers ermöglichen muss“. 6
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Mängelrechte nach §§ 327e, 327i BGB berufen. Zwar hat der Unternehmer beim zufälligen Untergang des digitalen Produkts ursprünglich mangelfrei geleistet. Aber die objektiven Anforderungen in § 327e Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB zeigen durch die Bezugnahme auf die Zugänglichkeit und die Kontinuität, dass dieser Status erhalten werden muss. Das digitale Produkt ist in diesen Fällen somit mangelhaft. Im Ergebnis sollten daher – wie im Werkvertragsrecht ausdrücklich geregelt – die Hauptleistungsbereitstellung und der Gefahrübergang auch in kaufvertraglich zu beurteilenden Situationen zeitlich zusammenfallen.
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Kritische Reflexion der Bereitstellung als Form der Erfüllung
Die Bereitstellung ist eine neuartige Form der Erfüllung, die auf digitale Produkte zugeschnitten ist und deren Besonderheiten und Bedürfnisse berücksichtigt. In den §§ 327 ff. BGB finden sich insofern drei selbstständige Bereitstellungspflichten (zur Übersicht siehe 2.1). Die wichtigste ist die Pflicht zur Bereitstellung des digitalen Produkts selbst (Hauptleistungsbereitstellung, zum sachlichen Umfang siehe 3.1), wobei die Erfüllung der Pflicht nicht notwendigerweise durch den Unternehmer selbst erfolgen muss (siehe 3.1.4). Dem Unternehmer stehen dabei verschiedene Bereitstellungsmodi offen, um dieser Pflicht zu nachzukommen (siehe 4.1.1.1). Er kann i. S. e. Wahlschuld prinzipiell zwischen den verschiedenen vom Gesetz eröffneten, gleichwertigen Bereitstellungsmodi wählen (siehe 4.1.3). Die Aktualisierungsbereitstellung zur Erfüllung der Aktualisierungspflicht ist Teil eines Pflichtenbündels, das die Erstellung (die nicht notwendigerweise durch den Unternehmer selbst erfolgen muss, siehe 3.2.5) als auch die Bereitstellung der Aktualisierung und die Information des Verbrauchers über die verfügbare Aktualisierung und deren Folgen beinhaltet (siehe 3.2.2). Mit Blick auf die Information des Verbrauchers ist zwischen der selbstständigen und der unselbstständigen Informationspflicht zu unterscheiden (siehe 2.2), was eine Besonderheit im Verhältnis zu den anderen Bereitstellungen darstellt (bei denen es je nach Bereitstellungsmodus lediglich eine unselbstständige Informationspflicht gibt). Die nachvertragliche Abwicklungspflicht ist die am wenigsten bedeutsame selbstständige Bereitstellungspflicht. Sie ist im Vergleich zu ihrer Bedeutung relativ detailliert geregelt. Sie betrifft die vom Verbraucher bei der Nutzung des digitalen Produkts geschaffenen, gesetzlich definierten Inhalte, die der Unternehmer diesem nach Vertragsbeendigung in genau bestimmter Art und Weise bereitstellen muss (zum sachlichen Umfang siehe 3.3).
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_8
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8 Kritische Reflexion der Bereitstellung als Form der Erfüllung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der europäische Gesetzgeber eine umfassende, unionsweite Regelung für die Bereitstellung digitaler Produkte gefunden hat, was zunächst positiv zu bewerten ist. Denn durch die ständig wachsende Bedeutung von Verträgen über digitale Produkte scheinen Vorschriften, die die Besonderheiten dieser Produkte und ihrer tatsächlichen sowie rechtlichen Handhabung berücksichtigen, begrüßenswert. Der vollharmonisierte Standard weckt die Hoffnung, dass dadurch noch bestehende Barrieren im europäischen Markt tatsächlich abgebaut werden. Problematisch ist jedoch, dass der Gesetzgeber hyperkomplexe Regelungen geschaffen hat. Bereits innerhalb des neuen Regelungskomplexes ruft diese Ausdifferenzierung z. T. kaum aufzulösende Widersprüche hervor. Hinzu treten Schwierigkeiten in Bezug auf das Zusammenspiel mit anderen Regelungsbereichen wie z. B. dem Datenschutz oder handelsrechtlichen Regelungen. Innerhalb der §§ 327 ff. BGB ergeben sich zunächst zahllose einzelne Unklarheiten, da die Vorschriften entweder mehrdeutig gefasst sind oder bestimmte Aspekte nicht en détail geregelt wurden. Noch problematischer ist allerdings das Verhältnis der Vorschriften zueinander und der Versuch, grundlegend unterschiedliche Konstellationen gleichzeitig mit bestimmten Regelungen zu erfassen. Die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Standardfälle wurden dann jedoch wohl nicht systematisch vom Richtliniengeber bzw. deutschen Gesetzgeber anhand des Gesetzes durchdacht, was jedenfalls die zahlreichen Auslegungsschwierigkeiten erklären könnte. In diesem Zusammenhang erweist sich neben der vielfach mangelnden Berücksichtigung von Intermediären besonders die oftmals einheitliche Erfassung der einmaligen und der dauerhaften Bereitstellung als schwierig. Es scheint, dass viele Regelungen primär auf die einmalige Bereitstellung ausgelegt sind und daher nicht immer vollständig der dauerhaften Bereitstellung gerecht werden. Verkompliziert wird die Situation durch die teilweise notwendige Unterscheidung zwischen digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen. Die Vorschriften sind dadurch notwendigerweise komplex, wobei die Regelungen dennoch gleichzeitig viele Fragen unbeantwortet lassen. In Bezug auf das Zusammenspiel der Normen gestaltet sich vor allem das Verhältnis von der Bereitstellung des digitalen Produkts und der Aktualisierung sowie die weiterführenden Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Rechtsfolgen für eine Nicht- und Schlechtleistung ergeben, als schwierig. Es erschiene daher wünschenswert, zukünftig simplere oder zumindest leichter verständliche Vorschriften zu verfassen. Das käme nicht nur Unternehmern, sondern auch Verbrauchern zu Gute. Denn in ihrer jetzigen Ausgestaltung sind die Rechte des Verbrauchers für Laien in unterschiedlichen Konstellationen kaum zu überblicken. Unternehmen werden wiederum Mühe damit haben, die komplexen Vorgaben zuverlässig und kostengünstig zu erfüllen.
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Ergebnisse
1. Die §§ 327 ff. BGB normieren keinen eigenständigen Vertragstyp. Die Vorschriften konkretisieren, modifizieren und ergänzen die vertragstypischen Pflichten. Es bedarf daher auch bei einem Vertrag über die Bereitstellung eines digitalen Inhalts oder einer digitalen Dienstleistung weiterhin einer Einordnung nach den Vertragstypen (siehe 1). 2. Die Bereitstellung stellt eine neue Form der Erfüllung unterschiedlicher Verpflichtungen aus Verträgen über digitale Produkte dar (siehe 2). 3. Obwohl sich die Vorschriften nur auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern beziehen, werden sie auch für die Bereitstellung im B2B-Bereich richtungsweisend sein (siehe Einleitung). 4. Die §§ 327 ff. BGB sehen drei verschiedene, selbständige Bereitstellungspflichten mit unterschiedlichen Inhalten vor: die Hauptleistungsbereitstellungspflicht, die Aktualisierungsbereitstellungspflicht und die Abwicklungsbereitstellungspflicht (siehe 2). 5. Die Hauptleistungsbereitstellungspflicht ergibt sich aus dem generischen Vertragstyp. Durch die Hauptleistungsbereitstellung wird diese Hauptleistungspflicht erfüllt (siehe 2.1). 6. Der Unternehmer ist durch § 327f Abs. 1 BGB zur Aktualisierung seiner digitalen Produkte für einen (un-)bestimmten Zeitraum verpflichtet. Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht erfolgt dabei durch die Bereitstellung (sog. Aktualisierungsbereitstellung) (siehe 2.1). 7. § 327p Abs. 3 S. 1 BGB sieht nach dem Ende des Vertragsverhältnisses eine sog. Abwicklungsbereitstellung vor. Danach muss der Unternehmer dem Verbraucher auf dessen Verlangen im Anschluss an die Vertragsbeendigung bestimmte Inhalte bereitstellen, die in § 327p Abs. 2 BGB genauer definiert werden (siehe 2.1).
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8_9
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8. Im Rahmen der Bereitstellungspflichten ist zwischen selbständigen und unselbständigen Informationspflichten des Unternehmers zu unterscheiden (siehe 2.2). 9. Die Hauptleistungsbereitstellung umfasst in einigen Bereitstellungsmodi die unselbständige Informationspflicht, den Verbraucher über die Bereitstellung des digitalen Produkts als Erfüllungshandlung zu informieren (siehe 2.2). 10. Die Aktualisierungsbereitstellung umfasst als einzige Bereitstellungspflicht stets eine selbständige Informationspflicht des Unternehmers über die Verfügbarkeit einer Aktualisierung (§ 327f Abs. 1 S. 1 BGB) und die Folgen einer Nichtinstallation (§ 327f Abs. 2 Nr. 1 BGB). Wie die Hauptleistungsbereitstellung enthält sie bei manchen Bereitstellungsmodi auch eine unselbständige Informationspflicht (siehe 2.2). 11. Mit Blick auf die Datenbereitstellung i. R. d. Abwicklungsbereitstellungspflicht ist bei einigen Modi ebenfalls eine unselbständige Informationspflicht umfasst (siehe 2.2). 12. Der sachliche Umfang der Hauptleistungsbereitstellungspflicht ergibt sich vor allem aus § 327b i. V. m. den §§ 327e, 327g BGB. Demnach ist ein digitales Produkt bereitzustellen, das den subjektiven und objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit des Produkts genügt (siehe 3.1.1). 13. Der geschuldete sachliche Umfang der Hauptleistungsbereitstellungspflicht orientiert sich u. a. auch an Verbrauchererwartungen, die insb. bei der dauerhaften Bereitstellung einen dynamischen Maßstab vorgeben (siehe 3.1.1). 14. Anstelle des digitalen Produkts selbst kann im Fall der Hauptleistungsbereitstellung eines digitalen Inhalts auch bloß ein geeignetes Mittel für den Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts bereitgestellt werden, sodass der Verbraucher dadurch Zugriff auf den digitalen Inhalt erhält. Das Bereitstellungsobjekt und der digitale Inhalt sind in diesem Fall nicht identisch (siehe 3.1.2). 15. Eine Installation des digitalen Produkts ist nicht originärer Teil der Hauptleistungsbereitstellungspflicht des Unternehmers. Der Unternehmer schuldet sie nur dann, wenn eine zusätzliche Installationspflicht oder eine weitreichendere Integrationspflicht vertraglich vereinbart wurde (siehe 3.1.3). 16. Der Unternehmer schuldet i. R. d. Hauptleistungsbereitstellungspflicht nicht die Herstellung des digitalen Produkts. Anders ist dies nur im Fall des Verbrauchervertrages über die Herstellung digitaler Produkte (§ 650 BGB). Der Unternehmer muss das digitale Produkt zudem nicht eigenhändig bereitstellen. Intermediäre können daher sowohl die Bereitstellung als auch die Erstellung dem Hersteller überlassen. Das Herstellerverhalten wird dem Intermediär dabei nur insoweit über § 278 BGB zugerechnet, als es sich um die eigentliche Bereitstellungshandlung handelt (siehe 3.1.4). 17. Der Unternehmer muss gem. § 327f Abs. 1 S. 1 BGB sicherstellen, dass alle für die Vertragsmäßigkeit erforderlichen Aktualisierungen zunächst hergestellt sowie kostenlos und unaufgefordert bereitgestellt werden und der Verbraucher über die Aktualisierungen und Folgen einer Nichtinstallation informiert wird (siehe 3.2.2).
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18. Der Bereitstellungsumfang der Aktualisierungspflicht wird ebenso wie der Umfang der Hauptleistungsbereitstellungspflicht in Bezug zur Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts bestimmt. Es ist daher wichtig, eine möglichst einheitliche Interpretation für die beiden Bereitstellungspflichten zu finden (siehe 3.2.3). 19. Im Rahmen des sachlichen Umfangs der Aktualisierungspflicht stellen sich ähnliche Probleme aufgrund eines dynamischen Maßstabs in Folge sich wandelnder Verbrauchererwartungen wie i. R. d. Hauptleistungsbereitstellungspflicht. Eine spiegelbildliche Lösung für alle Bereitstellungsarten wird hier vorgeschlagen (siehe 3.2.3). 20. Die Aktualisierungspflicht verpflichtet den Unternehmer nicht zu Upgrades und Optimierungen. Das bedeutet, dass der Unternehmer das digitale Produkt nur in dem Umfang aktualisieren muss, wie es zur Wahrung der Vertragsmäßigkeit erforderlich ist (siehe 3.2.3). 21. Eine Installationspflicht des Unternehmers für einzelne Aktualisierungen passt nicht in das System des § 327f Abs. 2 BGB. Sie kann aber vertraglich zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher vereinbart werden. Wird hingegen eine Installationspflicht für alle Updates vereinbart, so entspricht dies automatischen Updates, wodurch die Anforderungen des § 327h BGB gewahrt werden müssen (siehe 3.2.4). 22. Eine Pflicht, Installationsanleitungen für Aktualisierungen bereitzustellen, kann sich im Einzelfall als Teil der unselbständigen Informationspflicht ergeben (siehe 3.2.4). 23. Der Unternehmer muss das für die Aktualisierung bspw. notwendige Update nicht selbst herstellen und auch nicht selbst bereitstellen. Er muss lediglich dafür sorgen, dass die Aktualisierung erstellt und dem Verbraucher bereitgestellt wird (z. B. vom Hersteller, siehe 3.2.5). 24. Die Abwicklungsbereitstellungspflicht greift im Fall der Vertragsbeendigung. Sie umfasst die nachvertragliche Bereitstellung von während der Vertragsdauer vom Verbraucher erstellten oder bereitgestellten Inhalten, die keine personenbezogenen Daten sind. Schließt ein Intermediär mit dem Verbraucher den Vertrag, so erscheint es am praktikabelsten, dass er mit Hilfe einer vertraglichen Vereinbarung sicherstellt, dass der Hersteller dem Verbraucher die relevanten Inhalte bereitstellt (siehe 3.3.1). 25. Die Abwicklungsbereitstellungspflicht umfasst keine Integrations- oder Installati onspflicht des Unternehmers. Er muss dem Verbraucher die Inhalte jedoch kostenlos, ohne Behinderung und in einem gängigen Format bereitstellen (siehe 3.3.1). 26. Die Abwicklungsbereitstellungspflicht erfordert zur Geltendmachung ein Verlangen in Form einer empfangsbedürftigen Willenserklärung des Verbrauchers, die an keine inhaltlichen oder formellen Vorgaben gebunden ist, solange der Anspruch nicht gerichtlich durchgesetzt werden muss (siehe 3.3.2). 27. Der sachliche Umfang der Abwicklungsbereitstellung wird durch § 327p Abs. 2 S. 1 BGB genauer bestimmt, wobei die dortigen Ausnahmen restriktiv auszulegen sind. Die der Abwicklungsbereitstellung unterfallenden Inhalte sind dabei weiter zu verstehen als digitale Inhalte (siehe 3.3.3).
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28. Inhalte, die von mehreren Verbrauchern gemeinsam erstellt wurden und die den anderen Verbrauchern auch nach Beendigung der Vertragsbeziehung mit dem Unternehmer erhalten bleiben sollen, unterliegen gem. dem Wortlaut der Vorschrift der Abwicklungsbereitstellung, nicht jedoch dem Nutzungsverbot des Unternehmers (siehe 3.3.3). 29. Um die Bereitstellungspflicht aus § 327p Abs. 3 S. 1 BGB erfüllen zu können, müssen die vom Verbraucher während der Nutzung des digitalen Produkts erstellten oder bereitgestellten Inhalte gespeichert werden und auch nach Vertragsbeendigung weiter gespeichert bleiben. Eine Speicherpflicht normiert das Gesetz zwar nicht explizit, sie kann jedoch für einen angemessenen Zeitraum gem. dem effet utile-Grundsatz aus der Abwicklungsbereitstellungspflicht abgeleitet werden (siehe 3.3.4). 30. Die drei selbständigen Bereitstellungspflichten werden jeweils durch die Bereitstellung als Leistungshandlung erfüllt: die Hauptleistungsbereitstellung, die Aktualisierungsbereitstellung und die Abwicklungsbereitstellung (siehe 4). 31. Die Hauptleistungsbereitstellung digitaler Inhalte ist auf acht verschiedene Arten (Bereitstellungsmodi) möglich (siehe Abb. 4.1). Die Bereitstellung erfolgt über die Zurverfügungstellung oder die Zugänglichmachung, die qualitativ unterschiedliche Zugriffsarten auf das digitale Produkt darstellen (siehe 4.1.1.1). 32. Für die Bestimmung des Erfüllungszeitpunkts der Hauptleistung ist zwischen einmaligen und dauerhaften Bereitstellungen von digitalen Inhalten zu unterscheiden. Bei einer dauerhaften Bereitstellung muss der Unternehmer das digitale Produkt über den gesamten vereinbarten Zeitraum bereitstellen (Bereitstellungszeitraum). Er hat seine Pflicht daher erst mit Ablauf dieses Zeitraums erfüllt. Bei einer einmaligen Bereitstellung stellt sich die Frage, wie lange das digitale Produkt für den Verbraucher zugriffsbereit gehalten werden muss (Bereitstellungsdauer). Im Ergebnis tritt der Bereitstellungserfolg insofern bereits durch das Verschaffen der Zugriffsmöglichkeit für den Verbraucher ein. Eine gewisse Bereitstellungsdauer bzw. ein tatsächlicher Zugriff sind somit für eine Erfüllungswirkung nicht erforderlich (siehe 4.1.1.2). 33. Für die Bestimmung des Schuldtyps und damit des Gefahrübergangs kann bei der Bereitstellung auf nationales Recht abgestellt werden, da eine externe Lücke vorliegt (siehe 4.1.1.3.1). Eine pauschale Einordnung als Holschuld scheidet aus (siehe 4.1.1.3.4). 34. Die Bereitstellung in Form der Zurverfügungstellung kann jedoch als Holschuld ausgestaltet werden. Bei der Bereitstellung durch Zugänglichmachung wird sogar regelmäßig eine Holschuld vorliegen (siehe 4.1.1.3.2). 35. Die Bereitstellung eines geeigneten Mittels zum Zugang oder das Herunterladen des digitalen Inhalts legt aber eine Einordnung als Schick- oder Bringschuld über das geeignete Mittel nahe. Gleiches gilt für die Übersendung des digitalen Inhalts selbst unmittelbar an den Verbraucher. Die Bereitstellung des digitalen Inhalts an eine vom Verbraucher bestimmte Einrichtung ist wohl als Bringschuld einzuordnen. Gleiches
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gilt regelmäßig für Bereitstellungen mit separater Integrationsverpflichtung des Unternehmers (siehe 4.1.1.3.3). 36. Die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen kann lediglich auf zwei Arten erfolgen. Ein alternatives Bereitstellungsobjekt oder die Zurverfügungstellung der digitalen Dienstleistung sind nicht vorgesehen. Der Unternehmer muss die digitale Dienstleistung zugänglich machen. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Holschuld (siehe 4.1.2). 37. Bzgl. des Rechts zur Wahl des Bereitstellungsmodus liegt eine interne Lücke in der Richtlinie vor, deren Füllung im Ergebnis dazu führt, dass dieses Recht dem Unternehmer zusteht. Im Rahmen der deutschen Umsetzung dürfte es sich um eine gesetzliche Wahlschuld i. S. d. §§ 262, 263 BGB handeln. Der Unternehmer ist bei seiner Wahl jedoch durch die „Zugänglichkeit“ des digitalen Produkts als objektive Anforderung an die Vertragsmäßigkeit eingeschränkt (siehe 4.1.3.1). 38. Die Vertragsparteien können sich abweichend vom Wahlrecht des Unternehmers auch vertraglich auf einen Bereitstellungsmodus einigen (siehe 4.1.3.1). 39. Dem Verbraucher wird auf der nachgelagerten Stufe das Recht gewährt, ggf. eine Einrichtung seiner Wahl zu bestimmen, die das digitale Produkt für ihn i. S. e. Leistung an Dritte (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB) entgegennimmt. Dabei handelt es sich um eine Wahlschuld gemäß den §§ 262, 263 BGB, da der Verbraucher zwischen den vom Unternehmer angebotenen Optionen wählt (siehe 4.1.3.2.1). 40. Erwägungsgrund 41 RL befasst sich mit den Konsequenzen einer fehlenden Wahl der Einrichtung durch den Verbraucher. Eine entsprechende gesetzliche Regel gibt es allerdings nicht und der Erwägungsgrund ist zudem äußerst unglücklich formuliert. In diesem Werk wird im Ergebnis vorgeschlagen, zwar im Fall einer unterbliebenen Wahl durch den Verbraucher grundsätzlich eine Nichtbereitstellung anzunehmen, aber nur, solange der Unternehmer dafür verantwortlich ist und der Verbraucher nicht auf das digitale Produkt zugreift. Nutzt der Verbraucher das digitale Produkt hingegen dennoch, so könnte i. S. e. Heilung von einer Bereitstellung gem. der Richtlinie ausgegangen werden (siehe 4.1.3.2.2). 41. Die Aktualisierungsbereitstellungspflicht des Unternehmers stellt sich als ganzes Pflichtenpaket dar, das neben der vorgeschalteten Erstellung der Aktualisierung auch die selbständige und unselbständige Informationspflicht sowie schließlich die Bereitstellung der Aktualisierung als solche umfasst (siehe 4.2). 42. Die Aktualisierungsbereitstellung orientiert sich an der Hauptleistungsbereitstellung von digitalen Inhalten. § 327b Abs. 3 BGB wird daher entsprechend angewendet, weshalb die Ausführungen zur Hauptleistungsbereitstellung auch entsprechend gelten (siehe 4.2.1). 43. Die selbständige Informationspflicht umfasst die Information darüber, dass eine Aktualisierung verfügbar, d. h. „in der Welt“ ist. Zudem verlangt sie die Information über die technischen und rechtlichen Folgen einer (unterlassenen) Installation der Aktualisierung. Die selbständige und unselbständige Informationspflicht können in tatsächlicher Hinsicht zusammen erfüllt werden (siehe 4.2.2).
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44. Die Art und Weise der Erfüllung der selbständigen Informationspflicht hängt vom Einzelfall ab und muss wohl umso eindringlicher sein, je einschneidender die Folgen einer unterlassenen Installation sein können. Denn sie erfüllt insofern auch eine Warnfunktion. Nach hier vertretener Ansicht ist dabei eine direkte Information notwendig, die dem Verbraucher unmittelbar zugehen muss (siehe 4.2.3). 45. Bei der Nutzung von digitalen Produkten mit Internetverbindung bieten sich im Zusammenhang mit der Informationspflicht im Rahmen der Aktualisierungspflicht praxisnahe Lösungen an, bei denen dem Verbraucher durch ein Popupfenster im digitalen Produkt die gesetzlich erforderlichen Informationen (im Hinblick auf die selbständige und unselbständige Informationspflicht) angezeigt werden und die durch eine Checkbox vom Verbraucher bestätigt werden (siehe 4.2.4). 46. Die Erfüllung der Informationspflicht i. R. d. Aktualisierungspflicht erfordert bei offline genutzten digitalen Produkten die DSGVO-konforme Speicherung personenbezogener Daten. Obwohl dafür verschiedene datenschutzrechtliche Rechtfertigungsgründe einschlägig sein können, ist praktisch wohl die Nutzung einer Einwilligungslösung nach Art. 6 Abs. 1. S.1 lit. a) DSGVO zu favorisieren (siehe 4.2.4). 47. Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht erfolgt unabhängig davon, ob der Verbraucher tatsächlich auf das Update zugreift oder es installiert. Den Verbraucher trifft keine Installationspflicht. Er hat vielmehr eine „Installationsfreiheit“ (siehe 4.2.5). 48. Im Ergebnis können sich Unternehmer und Verbraucher auf automatische Updates einigen, wenn sie die Vorgaben des § 327h BGB einhalten. Die Vorgaben des § 327h BGB schließen eine Vereinbarung mit Hilfe von AGB nicht aus (siehe 4.2.5.1). 49. Durch die rechtliche Ausgestaltung der Wahl automatischer Updates als Vertragsänderung kann der Verbraucher seine bei Vertragsschluss abbedungene Installationsfreiheit nicht einseitig wiederherstellen. Für Unternehmer fehlen jedoch Anreize, um bei der Wiederherstellung der Installationsfreiheit mitzuwirken. Zu lösen wäre die Problematik nach hier vertretener Ansicht durch den Gesetzgeber mittels einer Opt in- bzw. Opt out-Option für automatische Updates (siehe 4.2.5.2). 50. Die Vereinbarung automatischer Updates nach Vertragsschluss ist durch die Anwendbarkeit des § 327h BGB erschwert, da die Vorschrift eine Vereinbarung vor Vertragsschluss erfordert. Gelöst werden kann diese Problematik jedoch mittels einer teleologischen Reduktion des § 327h BGB (siehe 4.2.5.2). 51. Wurden keine automatischen Updates vereinbart und macht der Verbraucher von einer bereitgestellten Aktualisierung keinen Gebrauch, gerät er dadurch nicht in Annahmeverzug. Es besteht jedoch eine Installationsobliegenheit für den Verbraucher, da er seine Mängelrechte hinsichtlich des Produktmangels, der allein auf der fehlenden Aktualisierung beruht, verliert (siehe 4.2.6). 52. Problematisch können technisch aufeinander aufbauende Updates sein, da dem Verbraucher dadurch de facto Aktualisierungen aufgedrängt werden, die er nicht möchte oder sein Aktualisierungsrecht durch Ablehnung einer „Basisaktualisierung“ faktisch erlöschen könnte. Aufeinander aufbauende Aktualisierungen bleiben den-
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noch möglich, da der Verbraucher insoweit durch die Anforderungen des § 327r BGB geschützt wird (siehe 4.2.6). 53. Es ist dem Unternehmer gestattet, Aktualisierungen und Änderungen gem. § 327r BGB im Rahmen eines Updates zu verbinden (siehe 4.2.6). 54. Die Abwicklungsbereitstellung folgt grundsätzlich ebenfalls dem Verständnis der Hauptleistungsbereitstellung digitaler Inhalte, wodurch generell § 327b Abs. 3 BGB entsprechend angewendet werden kann. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung, die Vertragsbeziehung materiell zu beendigen, kann die Abwicklungsbereitstellung jedoch allein durch eine Zurverfügungstellung erfolgen. Die einzelnen Bereitstellungsmodalitäten beschreibt § 327p Abs. 3 S. 3 BGB detailliert (siehe 4.3.1). 55. Für eine ggf. notwendige gerichtliche Durchsetzung der Abwicklungsbereitstel lungspflicht müssen die bereitzustellenden Inhalte wegen der erforderlichen Bestimmtheit der Klageanträge möglichst genau bezeichnet werden. Wenn nach einer jahrelangen Vertragsbeziehung die Bezeichnung der einzelnen bereitzustellenden Inhalte dem Verbraucher nicht möglich sein sollte, kann die Abwicklungsbereitstellungspflicht gerichtlich über die Stufenklage gem. § 254 ZPO durchgesetzt werden (siehe 4.3.2). 56. Sofern zwischen Unternehmer und Verbraucher nichts anderes vereinbart wurde, kann der Verbraucher „unverzüglich“ nach Vertragsschluss die Bereitstellung des digitalen Produkts verlangen. Spiegelbildlich kann der Unternehmer die Bereitstellung des digitalen Produkts „sofort“ bewirken (§ 327b Abs. 2 BGB). Die Bedeutung von „unverzüglich“ ist im Rahmen einer unionsrechtlich autonomen Auslegung zu bestimmen. Aufgrund der Eigenheiten digitaler Produkte kann insofern die sofortige Bereitstellung erforderlich sein, es kann dem Unternehmer aber auch ein gewisser Zeitraum zur Verfügung stehen. Die Parteien können eine Leistungszeit vertraglich bestimmen (siehe 5.1). 57. Die Dauer der Aktualisierungspflicht ist nur im Falle der dauerhaften Bereitstellung konkret festgelegt. Der Aktualisierungszeitraum entspricht dann dem Bereitstellungszeitraum des digitalen Produkts (siehe 5.2.1). 58. Bei einzelnen Bereitstellungen und einer Reihe von Bereitstellungen sind die objektiven Verbrauchererwartungen für den Aktualisierungszeitraum maßgeblich, was zu großer Rechtsunsicherheit führt. Diese Unsicherheit kann durch die Vereinbarung eines abweichenden Aktualisierungszeitraums nicht vollständig reduziert werden, da erneut die Anforderungen von § 327h BGB berücksichtigt werden müssen. Die Vorschrift erfordert u. a. die präzise Information des Verbrauchers über die Abweichung, die wiederum die Bestimmung des objektiv geltenden Aktualisierungszeitraums erfordert (siehe 5.2.1). 59. Die Aktualisierungspflicht bedingt eine Produktbeobachtungspflicht des Unternehmers, der unverzüglich festzustellen muss, wann eine Abweichung von der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts vorliegt, die die Aktualisierungspflicht auslöst. Intermediäre können diese Pflicht vertraglich dem Hersteller überantworten. Aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 327b Abs. 3 BGB muss der Unternehmer
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die Aktualisierung unverzüglich bereitstellen. Im Rahmen der autonomen Auslegung von „unverzüglich“ ist aber zu bedenken, dass dem Unternehmer Zeit gewährt werden muss, die Aktualisierung zu entwickeln. Ist sie jedoch entwickelt, muss sie dem Verbraucher auch unverzüglich i. S. d. § 327b Abs. 3 BGB bereitgestellt werden (siehe 5.2.2). 60. Nicht geregelt ist, für welchen Zeitraum der Unternehmer die Updates verfügbar halten muss (Bereitstellungsdauer). Insb. im Hinblick auf aufeinander aufbauende Updates wird hier die Auffassung vertreten, dass alle Aktualisierungen über den gesamten Aktualisierungszeitraum bereitgestellt bleiben müssen (siehe 5.2.3). 61. Die Abwicklungsbereitstellung muss durch den Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist erbracht werden. Bei der Bestimmung der Angemessenheit ist z. B. der Umfang der herauszugebenden Inhalte, deren Art sowie deren Form und die Tatsache, ob sie mit anderen Inhalten aggregiert wurden, zu berücksichtigen. Eine feste Obergrenze von einem Monat wird hier nicht befürwortet (siehe 5.3.1). 62. Ungeregelt ist, wie lange der Abwicklungsbereitstellungsanspruch besteht. Im Ergebnis wird hier bis zur Klarstellung durch den Gesetzgeber eine Geltendmachung des Abwicklungsbereitstellungsanspruchs innerhalb eines angemessenen Zeitraums (d. h. analog § 327p Abs. 3 S. 3 BGB bzw. Art. 16 Abs. 4 UAbs. 2 RL) befürwortet. Zur Bestimmung des Zeitraums sind die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen, wobei regelmäßig ein Zeitraum von ein bis zwei Monaten angemessen sein dürfte. Entsprechend lange muss der Unternehmer die Inhalte speichern (siehe 5.3.2.2). 63. Auch bei der Abwicklungsbereitstellungspflicht stellt sich die Frage, wie lange die Zugriffsmöglichkeit auf die Inhalte aufrechterhalten werden muss (Bereitstellungsdauer). Explizit geregelt ist dieser Aspekt auch an dieser Stelle nicht. Zur Schließung dieser internen Lücke wird hier erneut auf die angemessene Frist des § 327p Abs. 3 S. 3 BGB abgestellt. Für die Beurteilung der Angemessenheit können die konkreten Umstände des Einzelfalls herangezogen werden (siehe 5.3.3). 64. Unterbleibt die ordnungsgemäße Hauptleistungsbereitstellung, stehen dem Verbraucher grundsätzlich die Mängelgewährleistungsrechte, die Vertragsbeendigung, ein Zurückbehaltungsrecht und der Schadensersatz offen (siehe 6.1.1). 65. Die Vertragsbeendigung nach § 327c BGB greift bei der einmaligen sowie der dauerhaften Bereitstellung nur, wenn der Unternehmer das digitale Produkt trotz Fälligkeit überhaupt nicht bereitstellt. Kommt der Unternehmer seiner unselbständigen Informationspflicht nicht nach, gilt ebenfalls § 327c BGB. Bei wiederkehrenden Unterbrechungen, die jeweils für sich genommen einen Mangel darstellen, oder bei bedeutsamen (i. S. v. nicht vernachlässigbaren) Unterbrechungen ist nach hier vertretener Ansicht nicht § 327c BGB, sondern das Mängelgewährleistungsrecht anzuwenden. Schwerwiegende Kontinuitätsmängel in Form von längeren Unterbrechungen können wiederum über §§ 327m Abs. 1 Nr. 4, 327o BGB zur Vertragsbeendigung führen. Kürzeste Unterbrechungen lösen nicht einmal Mängelrechte aus,
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sofern sie sich im Rahmen der objektiven Verbrauchererwartungen bewegen (siehe 6.1.1.1). 66. Die „Vertragsbeendigung“ nach §§ 327c Abs. 1, 327o BGB ist ein mit dem im deutschen Recht bekannten Rücktritt gem. §§ 323 ff. BGB vergleichbares neues Vertragsbeendigungsinstrument, das jedoch durch leicht modifizierte Voraussetzungen und Rechtsfolgen auf die Schnelligkeit der digitalen Welt angepasst ist und auch die dauerhafte Bereitstellung als Dauerschuldverhältnis erfasst (siehe 6.1.1.2). 67. Der Unternehmer kann im Fall einer unterbliebenen Bereitstellung eines digitalen Produkts u. U. nach § 327u BGB Rückgriff bei seinem Vertriebspartner nehmen. Es sind Situationen erfasst, in denen der Vertriebspartner das digitale Produkt dem Unternehmer nicht oder nicht ordnungsgemäß bereitstellt und der Unternehmer es daher wiederum dem Verbraucher nicht oder nicht ordnungsgemäß bereitstellen kann. Auch auf Streckengeschäfte ist § 327u BGB anwendbar (siehe 6.1.2.1). 68. Die Rügeobliegenheit des § 377 HGB ist auf kaufvertraglich geregelte Bereitstellungen digitaler Inhalte – einschließlich des Streckengeschäfts – anwendbar. Im Einzelfall kann dies zum Ausschluss des Regressanspruchs führen (siehe 6.1.2.2). 69. Im Hinblick auf die Hauptleistungspflicht ist prinzipiell nur bei einmaligen Bereitstellungen und für Reihen von einzelnen Bereitstellungen digitaler Inhalte denkbar, dass § 377 HGB greift. Denn hier kann die Bereitstellung in Form der Zurverfügungstellung ablaufen. Das genügt für die Anwendbarkeit des § 377 HGB, da dem Verbraucher dauerhaft die Verfügungsgewalt über den digitalen Inhalt übertragen werden soll. Bei digitalen Dienstleistungen, die dem Verbraucher nur per Zugänglichmachung bereitgestellt werden können, ist § 377 HGB hingegen nicht anwendbar (siehe 6.1.2.2.1). 70. Im Hinblick auf die Aktualisierungspflicht ist § 377 HGB trotz des Dauerschuldcharakters der Pflicht anwendbar. Denn die einzelne Aktualisierung wird dem Verbraucher als digitaler Inhalt gem. § 327b Abs. 3 BGB bereitgestellt. Der dadurch eintretenden erheblichen Belastung für Intermediäre kann begegnet werden, indem u. a. die Untersuchungs- und Rügefrist des § 377 HGB großzügig bemessen wird und die Zumutbarkeit der nötigen Untersuchungsmaßnahmen besonders beachtet wird (siehe 6.1.2.2.2). 71. Die Folge einer unterbliebenen Aktualisierungsbereitstellung ist die Mangelhaftigkeit des digitalen Produkts. Dasselbe gilt für die korrespondierende selbständige Informationspflicht. Letzterer Mangel kann nach hier vertretener Ansicht jedoch geheilt werden, wenn der Verbraucher die Aktualisierung installiert. Eine fehlende oder mangelhafte Installationsanleitung als Teil der unselbständigen Informationspflicht stellt hingegen keinen Mangel des digitalen Produkts dar. Sie ist nur i. R. d. Obliegenheit des § 327f Abs. 2 Nr. 2 BGB relevant (siehe 6.2). 72. Die §§ 327 ff. BGB enthalten keine Bestimmungen über die Folgen einer unterbliebenen oder mangelhaften Abwicklungsbereitstellung. Dem Verbraucher verbleibt nur der Weg über eine Klage auf Leistung oder Schadensersatz (siehe 6.3).
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73. Die Abgrenzung zwischen der Hauptleistungspflicht und der Aktualisierungspflicht gestaltet sich insb. bei der dauerhaften Bereitstellung schwierig. Im Rahmen der einmaligen Bereitstellung ließe sich der Zeitpunkt, in dem der Mangel zuerst auftritt, als Abgrenzungskriterium nutzen. Bei der dauerhaften Bereitstellung bieten sich mehrere Abgrenzungsmöglichkeiten an, die aber alle an Schwächen leiden (siehe 6.4). 74. Wird die Hauptleistungsbereitstellung erbracht, erlischt der Hauptleistungsanspruch durch Erfüllung. Die Bereitstellung hat auch die Anwendbarkeit der Mängelrechte, der Aktualisierungspflicht und den Verjährungsbeginn zur Folge. Ebenso tritt die Beweislastumkehr zu Lasten des Unternehmers und die Beschränkung des Änderungsrechts an digitalen Produkten ein (siehe 7.1). 75. Die Erfüllung der Aktualisierungspflicht in Form der Bereitstellung erhält die Mangelfreiheit des Produkts. Die Abwicklungsbereitstellung führt lediglich zum Erlöschen des Anspruchs auf Abwicklungsbereitstellung (siehe 7.1). 76. Das Verhältnis zwischen Hauptleistungsbereitstellung und Gefahrübergang wird durch die §§ 327 ff. BGB nicht geregelt. Die §§ 446 f. BGB bleiben anwendbar. Nach hier vertretener Ansicht fallen im Ergebnis die Hauptleistungsbereitstellung und der Gefahrübergang in kaufvertraglich geregelten Bereitstellungen digitaler Produkte zusammen (siehe 7.2).
ICHTLINIE (EU) 2019/770 DES EUROPÄISCHEN R PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Text von Bedeutung für den EWR) DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION – gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Absatz 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,1 gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,2 in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Das Wachstumspotenzial des elektronischen Handels in der Union ist noch nicht voll ausgeschöpft. Die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa zielt ganzheitlich auf die Beseitigung der größten Hindernisse für die Entwicklung des grenzüberschreitenden elektronischen Handels in der Union ab, um dieses Potenzial freizusetzen. Wenn die Verbraucher einen besseren Zugang zu digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen erhalten und Unternehmen digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen leichter bereitstellen können, kann dies dazu beitragen, die digitale Wirtschaft der Union und das Wachstum insgesamt anzukurbeln. (2) Artikel 26 Absatz 1 und 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sehen vor, dass die Union Maßnahmen erlässt, um den Binnenmarkt, der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst, in dem der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen gewährleistet ist, zu verwirklichen oder dessen Funktionieren zu gewährleisten. Artikel 169 Absatz 1 und Artikel 169 Absatz 2 Buchstabe a AEUV sehen vor, dass die Union durch die Maßnahmen, die sie im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts nach Artikel 114 AEUV erlässt, einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet. Mit dieser Richtlinie soll für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus und der ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 57. Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 26. März 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 15. April 2019. 1 2
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 S. Jung, N. Rolsing, Die Bereitstellung digitaler Produkte, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41960-8
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Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gesorgt werden. (3) Bestimmte Aspekte von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen sollten harmonisiert werden, wobei ein hohes Verbraucherschutzniveau grundlegende Voraussetzung ist, damit ein echter digitaler Binnenmarkt erreicht wird, für mehr Rechtssicherheit gesorgt wird und die Transaktionskosten, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), gesenkt werden. (4) Den Unternehmen, und insbesondere den KMU, entstehen häufig zusätzliche Kosten, die auf Unterschiede zwischen zwingenden nationalen Verbrauchervertragsvorschriften und auf die Rechtsunsicherheit beim Anbieten von grenzüberschreitenden digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen zurückzuführen sind. Zudem tragen Unternehmen die Kosten für die Anpassung ihrer Verträge an bestimmte zwingende Vorschriften für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, die in mehreren Mitglied staaten bereits angewendet werden und durch die Unterschiede in Anwendungsbereich und Inhalt der nationalen Vorschriften über solche Verträge entstehen. (5) Verbraucher sind bisweilen verunsichert, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten einkaufen, vor allem bei Online-Käufen. Ein wesentlicher Grund für das fehlende Verbrauchervertrauen ist, dass Unklarheit über ihre wichtigsten vertraglichen Rechte besteht und dass es keinen klaren vertragsrechtlichen Rahmen für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen gibt. Viele Verbraucher haben Probleme mit der Qualität digitaler Inhalte oder Dienstleistungen oder dem Zugang zu solchen Inhalten oder Dienstleistungen. Sie erhalten beispielsweise falsche oder fehlerhafte digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen oder sind nicht in der Lage, auf die betreffenden digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zuzugreifen. Dies führt dazu, dass Verbrauchern finanzielle und sonstige Nachteile entstehen. (6) Zur Behebung solcher Probleme sollten sich sowohl Unternehmer als auch Verbraucher auf vollständig harmonisierte vertragliche Rechte in bestimmten Kernbereichen, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen in der gesamten Union betreffen, verlassen können. Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen würde die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmen erheblich verbessern. (7) Harmonisierte Verbrauchervertragsvorschriften in allen Mitgliedstaaten würden es den Unternehmen, und insbesondere KMU, erleichtern, digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen unionsweit bereitzustellen. Durch sie würden die Unternehmen einen soliden vertragsrechtlichen Rahmen für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten erhalten. Außerdem würde dadurch eine Rechtsfragmentierung verhindert, die sonst durch neue nationale Regelungen speziell für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen entstehen würde. (8) Die Verbraucher sollten von harmonisierten Rechten für die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen profitieren, die ein hohes Schutzniveau
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gewährleisten. Sie sollten klare, obligatorische Rechte haben, wenn sie von einem beliebigen Ort in der Union digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen erhalten oder auf diese zugreifen. Wenn sie über solche Rechte verfügen, sollten sie sich bei der Erlangung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen sicherer fühlen. Zudem sollten sich hierdurch die gegenwärtigen Nachteile für die Verbraucher verringern, da es klare Rechte gäbe, auf deren Grundlage sie Probleme, die sich bei digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen stellen, bewältigen könnten. (9) Durch diese Richtlinie sollten bestimmte grundlegende, bisher noch nicht auf der Ebene der Union oder der Mitgliedstaaten geregelte Vorschriften vollständig harmonisiert werden. (10) Der Anwendungsbereich dieser Richtlinie sollte in ihr klar und eindeutig festgelegt werden und sie sollte klare materiellrechtliche Vorschriften für die in ihren Anwendungsbereich fallenden digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen enthalten. Sowohl der Anwendungsbereich dieser Richtlinie als auch ihre materiellrechtlichen Vorschriften sollten technologieneutral und zukunftssicher sein. (11) Diese Richtlinie sollte gemeinsame Vorschriften für bestimmte Anforderungen an Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen festlegen. Zu diesem Zweck sollten die Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, Abhilfen im Fall ihrer Vertragswidrigkeit oder nicht erfolgten Bereitstellung, und die Art und Weise der Inanspruchnahme dieser Abhilfen, sowie die Änderung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, vollständig harmonisiert werden. Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Elemente des Verbrau cher vertragsrechts würde es Unternehmen – und insbesondere KMU – einfacher machen, ihre Produkte in anderen Mitgliedstaaten anzubieten. Die Verbraucher würden aufgrund einer vollständigen Harmonisierung der wesentlichsten Vorschriften von einem hohen Verbraucherschutzniveau und Wohlfahrtsgewinnen profitieren. Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich dieser Richtlinie keine weiteren formalen oder materiellen Anforderungen vorschreiben. So sollten die Mitgliedstaaten beispielsweise keine Vorschriften über die Umkehr der Beweislast erlassen, die sich von den Bestimmungen dieser Richtlinie unterscheiden, oder auch keine Verpflichtung des Verbrauchers, den Anbieter innerhalb eines bestimmten Zeitraums über eine Vertragswidrigkeit zu informieren. (12) Diese Richtlinie sollte nationale Rechtsvorschriften unberührt lassen, soweit die betreffenden Angelegenheiten nicht durch diese Richtlinie geregelt sind, wie beispielsweise nationale Vorschriften über das Zustandekommen, die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Wirkungen von Verträgen oder über die Rechtmäßigkeit des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung. Auch die Rechtsnatur von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen sollte nicht durch diese Richtlinie bestimmt werden, und die Klärung der Frage, ob solche Verträge beispielsweise einen Kauf-, Dienstleistungs- oder Mietvertrag oder einen Vertrag sui generis darstellen, sollte dem nationalen Recht überlassen bleiben. Diese Richtlinie sollte nationale Vorschriften, die nicht speziell für Verbraucherverträge gelten und
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spezifische Abhilfen für bestimmte Arten von Mängeln, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags nicht offenbar waren, vorsehen, ebenfalls unberührt lassen, nämlich nationale Bestimmungen, die möglicherweise spezifische Vorschriften für die Haftung des Unternehmers für versteckte Mängel festlegen. Diese Richtlinie sollte nationale Vorschriften, die nicht speziell für Verbraucherverträge gelten und spezifische Abhilfen für bestimmte Arten von Mängeln, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags nicht offenbar waren, vorsehen, ebenfalls unberührt lassen, da in nationalen Bestimmungen möglicherweise spezifische Vorschriften für die Haftung des Unternehmers für versteckte Mängel festgelegt sind. Ebenso wenig sollte diese Richtlinie nationale Vorschriften berühren, die den Verbrauchern im Fall einer Vertragswidrigkeit des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung außervertragliche Rechtsbehelfe gegenüber Personen in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette oder anderen Personen, die die Pflichten solcher Personen erfüllen, ermöglichen. (13) Den Mitgliedstaaten steht es außerdem weiterhin frei, beispielsweise Haftungsansprüche eines Verbrauchers gegenüber einem Dritten zu regeln, bei dem es sich nicht um einen Unternehmer handelt, der die digitalen Inhalte liefert oder die digitale Dienstleistung erbringt, bzw. sich dazu verpflichtet, wie z. B. ein Entwickler, der nicht identisch mit dem Unternehmer nach dieser Richtlinie ist. (14) Ferner sollten die Mitgliedstaaten auch weiterhin die Möglichkeit haben, beispielsweise die Folgen einer nicht erfolgten Bereitstellung oder einer Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistung zu regulieren, wenn diese nicht erfolgte Bereitstellung oder Vertragswidrigkeit auf ein Hindernis zurückzuführen ist, auf das der Unternehmer keinen Einfluss hat und das oder dessen Folgen der Unternehmer nicht vermeiden oder beseitigen konnte, beispielsweise im Fall höherer Gewalt. (15) Den Mitgliedstaaten sollte es auch nach wie vor freistehen, beispielsweise die Rechte von Parteien auf Zurückhaltung der Erfüllung ihrer Verpflichtungen oder von Teilen davon, bis die andere Partei ihre Verpflichtungen erfüllt, zu regeln. Die Mitgliedstaaten sollten zum Beispiel weiterhin die Möglichkeit haben, zu regeln, ob ein Verbraucher im Fall einer Vertragswidrigkeit Anspruch darauf hat, die Zahlung des Preises oder eines Teils davon zurückzuhalten, bis der Unternehmer den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen hergestellt hat, oder ob der Unternehmer Anspruch darauf hat, eine dem Verbraucher bei Beendigung des Vertrags zustehende Erstattung zurückzuhalten, bis der Verbraucher seiner in dieser Richtlinie vorgesehenen Verpflichtung, den körperlichen Datenträger an den Anbieter zurückzugeben, nachgekommen ist. (16) Den Mitgliedstaaten sollte es zudem nach wie vor freistehen, die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie auf Verträge auszudehnen, die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind, oder derartige Verträge auf andere Weise zu regeln. So sollte es den Mitgliedstaaten zum Beispiel nach wie vor freistehen, den Schutz, der durch diese Richtlinie den Verbrauchern geboten wird, auch auf natürliche oder juristische Personen auszudehnen, die keine Verbraucher im Sinne dieser Richtlinie sind, beispielsweise Nichtregierungsorganisationen, neu gegründete Unternehmen oder KMU.
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(17) Die Definition des Begriffs „Verbraucher“ sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Jedoch sollte es den Mitgliedstaaten in dem Fall, dass der Vertrag teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke geschlossen wird (Verträge mit doppeltem Zweck) und der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend ist, nach wie vor freistehen, festzulegen, ob und unter welchen Bedingungen diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden sollte. (18) Diese Richtlinie sollte für alle Verträge gelten, auf deren Grundlage der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte oder eine digitale Dienstleistung bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Im Rahmen dieser Richtlinie könnten Plattformanbieter als Unternehmer gelten, wenn sie bei der Bereitstellung von digitalen Inhalten oder einer digitalen Dienstleistung für die Zwecke ihrer eigenen geschäftlichen Tätigkeit und als direkte Vertragspartner des Verbrauchers tätig sind. Den Mitgliedstaaten sollte es weiterhin freistehen, die Anwendung dieser Richtlinie auf Plattformbetreiber auszudehnen, die nicht den Anforderungen der Begriffsbestimmung für „Unternehmer“ im Sinne dieser Richtlinie entsprechen. (19) Mit der Richtlinie sollten die Probleme angegangen werden, die bei den verschiedenen Kategorien von digitalen Inhalten, digitalen Dienstleistungen und ihrer Bereitstellung auftreten. Um den rasanten technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass die Begriffe „digitale Inhalte“ und „digitale Dienstleistungen“ nicht schon bald überholt sind, sollte sich diese Richtlinie unter anderem auf Computerprogramme, Anwendungen, Videodateien, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher und andere elektronische Publikationen und auch digitale Dienstleistungen erstrecken, die die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form sowie den Zugriff auf sie ermöglichen, einschließlich Software-as-a-Service, wie die gemeinsame Nutzung von Video- oder Audioinhalten und andere Formen des Datei-Hosting, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud-Computing-Umgebung und in sozialen Medien angeboten werden. Da es zahlreiche Möglichkeiten für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen gibt, wie beispielsweise die Übermittlung auf einem körperlichen Datenträger, das Herunterladen auf Geräte des Verbrauchers, Streaming oder die Ermöglichung des Zugangs zu Speicherkapazitäten für digitale Inhalte oder zur Nutzung von sozialen Medien, sollte diese Richtlinie unabhängig von der Art des für die Datenübermittlung oder die Gewährung des Zugangs zu den digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen verwendeten Datenträgers gelten. Diese Richtlinie sollte jedoch nicht für Internetzugangsdienste gelten. (20) Die vorliegende Richtlinie und die Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates3 sollten einander ergänzen. Während in der vorliegenden Richtlinie Vorschriften über bestimmte Anforderungen an Verträge für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen festgelegt werden, enthält die Richtlinie (EU) 2019/771 Vorschriften über bestimmte Anforderungen an Verträge für den Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 (siehe Seite 28 dieses Amtsblatts). 3
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Warenhandel. Um den Erwartungen der Verbraucher zu entsprechen und einen klaren und einfachen Rechtsrahmen für Unternehmer, die digitale Inhalte anbieten, sicherzustellen, sollte diese Richtlinie deshalb auch für digitale Inhalte, die auf körperlichen Datenträgern wie DVDs, CDs, USB-Sticks und Speicherkarten bereitgestellt werden, sowie für den körperlichen Datenträger selbst gelten, sofern die körperlichen Datenträger ausschließlich als Träger der digitalen Inhalte dienen. Jedoch sollten anstelle der Bestimmungen dieser Richtlinie über die Lieferpflicht des Unternehmers sowie über Abhilfen, die dem Verbraucher bei nichterfolgter Lieferung zur Verfügung stehen, die Bestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates4 über Pflichten im Zusammenhang mit der Lieferung von Waren und über Abhilfen bei nicht erfolgter Lieferung gelten. Zusätzlich sollten auch die Bestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU z. B. über das Widerrufsrecht und die Art des Vertrags, nach dem diese Waren bereitgestellt werden, weiterhin für diese körperlichen Datenträger und die auf ihnen bereitgestellten digitalen Inhalte gelten. Diese Richtlinie lässt ferner das Verbreitungsrecht unberührt, das im Rahmen des Urheberrechts auf diese Waren anwendbar ist. (21) Die Richtlinie (EU) 2019/771 sollte für Verträge über den Verkauf von Waren gelten, einschließlich Waren mit digitalen Elementen. Der Begriff Waren mit digitalen Elementen sollte sich auf Waren beziehen, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen könnten. Digitale Inhalte oder Dienstleistungen, die in dieser Weise in Waren enthalten oder mit ihnen verbunden sind, sollten dann in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2019/771 fallen, wenn sie im Rahmen eines Kaufvertrags über diese Waren bereitgestellt werden. Ob die Bereitstellung enthaltener oder verbundener digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen Bestandteil des Kaufvertrags mit dem Verkäufer ist, sollte vom Inhalt dieses Kaufvertrags abhängen. Dies sollte enthaltene oder verbundene digitale Inhalte oder Dienstleistungen umfassen, deren Bereitstellung im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Dies umfasst auch Kaufverträge, die dahin gehend verstanden werden können, dass sie die Bereitstellung spezifischer digitaler Inhalte oder einer spezifischen digitalen Dienstleistung abdecken, weil diese bei Waren der gleichen Art üblich sind und der Verbraucher sie – in Anbetracht der Beschaffenheit der Waren und unter Berücksichtigung öffentlicher Erklärungen, die von dem Verkäufer oder im Auftrag des Verkäufers oder von anderen Personen in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette, einschließlich des Herstellers, abgegeben wurden – vernünftigerweise erwarten könnte. Würde beispielsweise in der betreffenden Werbung angegeben, dass ein Smart-TV eine bestimmte Video-Anwendung enthält, so würde diese Video- Anwendung als Bestandteil des Kaufvertrags angesehen werden. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob der digitale Inhalt oder die digitale Dienstleistung auf der Ware selbst Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/ EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64). 4
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vorinstalliert ist oder erst später auf ein anderes Gerät heruntergeladen werden muss und mit der Ware nur verbunden ist. Beispielsweise könnten auf einem Smartphone gemäß Kaufvertrag standardisierte vorinstallierte Anwendungen zu finden sein wie beispielsweise eine Alarmfunktion oder eine Kameraanwendung. Ein anderes mögliches Beispiel ist eine intelligente Armbanduhr (smart watch). In einem solchen Fall würde die Uhr selbst als die Ware mit digitalen Elementen gelten, die ihre Funktionen nur mittels einer Anwendung erfüllen kann, die gemäß Kaufvertrag bereitgestellt wird, aber vom Verbraucher auf ein Smartphone heruntergeladen werden muss. In diesem Fall wäre die Anwendung das verbundene digitale Element. Dies sollte auch gelten, wenn die enthaltenen oder verbundenen digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht vom Verkäufer selbst, sondern gemäß Kaufvertrag von einem Dritten bereitgestellt werden. Bestehen Zweifel, ob die Bereitstellung von digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen Teil des Kaufvertrags ist, sollte die Richtlinie (EU) 2019/771 gelten, um Unsicherheit sowohl bei den Händlern als auch bei den Verbrauchern zu vermeiden. Darüber hinaus sollte gegen die Feststellung, dass eine zweiseitige Vertragsbeziehung zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher besteht, zu der die Bereitstellung enthaltener oder verbundener digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen gehört, nicht allein der Umstand sprechen, dass der Verbraucher einer Lizenzvereinbarung mit einem Dritten zustimmen muss, um digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen nutzen zu können. (22) Im Gegensatz dazu sollte, wenn das Fehlen der enthaltenen oder verbundenen digitalen Inhalte oder Dienstleistungen die Ware nicht daran hindert, ihre Funktionen zu erfüllen, oder wenn der Verbraucher einen Vertrag über die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen abschließt, der nicht Bestandteil eines Kaufvertrags über Waren mit digitalen Elementen ist, dieser Vertrag als getrennt vom Vertrag über den Verkauf der Waren angesehen werden, selbst wenn der Verkäufer als Vermittler dieses zweiten Vertrags mit dem Drittanbieter fungiert, und dieser Vertrag könnte in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. Wenn der Verbraucher beispielsweise eine Spielanwendung aus einem App-Store auf ein Smartphone herunterlädt, ist der Vertrag über die Bereitstellung der Spielanwendung unabhängig vom Kaufvertrag für das Smartphone selbst. Daher sollte die Richtlinie (EU) 2019/771 nur für den Kaufvertrag für das Smartphone gelten, während die Bereitstellung der Spielanwendung unter die vorliegende Richtlinie fallen könnte, sofern deren Bedingungen erfüllt sind. Ein anderes Beispiel wären Fälle, in denen ausdrücklich vereinbart wurde, dass der Verbraucher ein Smartphone ohne ein bestimmtes Betriebssystem kauft, und der Verbraucher anschließend einen Vertrag über die Bereitstellung eines Betriebssystems durch einen Dritten abschließt. In einem solchen Fall wäre die Bereitstellung des getrennt erworbenen Betriebssystems nicht Bestandteil des Kaufvertrags und würde daher nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie (EU) 2019/771, könnte aber in den Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie fallen, sofern deren Bedingungen erfüllt sind. (23) Verbraucher verwenden digitale Darstellungen eines Werts wie elektronische Gutscheine oder E-Coupons, um für verschiedene Waren oder Dienstleistungen im digitalen Binnenmarkt zu bezahlen. Solche digitalen Darstellungen eines Werts
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gewinnen im Zusammenhang mit der Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen immer mehr an Bedeutung und sollten daher als Zahlungsweise im Sinne dieser Richtlinie betrachtet werden. Zu diesen digitalen Darstellungen eines Werts sollten auch virtuelle Währungen gezählt werden, soweit sie nach nationalem Recht anerkannt sind. Eine Differenzierung nach Zahlungsweisen könnte zu Diskriminierung führen und Unternehmen einen ungerechtfertigten Anreiz bieten, digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen vermehrt im Austausch gegen digitale Darstellungen eines Werts anzubieten. Da digitale Darstellungen eines Werts jedoch einzig und allein den Zweck haben, als Zahlungsmethode zu dienen, sollten sie selbst nicht als digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden. (24) Digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen werden häufig auch dann bereit gestellt, wenn der Verbraucher keinen Preis zahlt, sondern dem Unternehmer personenbezogene Daten zur Verfügung stellt. Solche Geschäftsmodelle treten in verschiedenen Formen in einem erheblichen Teil des Marktes auf. Obwohl in vollem Umfang anerkannt wird, dass der Schutz personenbezogener Daten ein Grundrecht ist und daher personenbezogene Daten nicht als Ware betrachtet werden können, sollte mit dieser Richtlinie sichergestellt werden, dass die Verbraucher im Zusammenhang mit solchen Geschäftsmodellen Anspruch auf vertragliche Rechtsbehelfe haben. Deshalb sollte diese Richtlinie für Verträge gelten, auf deren Grundlage ein Unternehmer einem Verbraucher digitale Inhalte oder eine digitale Dienstleistung bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet und ein Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt. Die personenbezogenen Daten könnten dem Unternehmer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt werden, z. B. wenn der Verbraucher dem Unternehmer seine Einwilligung zur Verwendung personenbezogener Daten erteilt, die der Verbraucher möglicherweise im Rahmen der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen hochlädt oder erzeugt. Das Unionsrecht zum Schutz personenbezogener Daten enthält eine erschöpfende Liste der Rechtsgrundlagen für die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten. Diese Richtlinie sollte für alle Verträge gelten, auf deren Grundlage ein Verbraucher einem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt. So sollte die vorliegende Richtlinie beispielsweise dann gelten, wenn ein Verbraucher ein Konto in sozialen Medien eröffnet und dem Unternehmer Namen und E-Mail-Adresse bereitstellt, die nicht ausschließlich zur Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen oder zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen verwendet werden. Diese Richtlinie sollte gleichfalls Anwendung finden, wenn der Verbraucher seine Einwilligung erteilt, dass Material, das als personenbezogene Daten zu betrachten ist, wie z. B. Fotos oder Textbeiträge, die der Verbraucher ins Internet hochlädt, von einem Unternehmer zu Marketingzwecken verarbeitet werden darf. Den Mitgliedstaaten sollte es jedoch weiterhin freistehen, festzustellen, ob die Anforderungen für das Zustandekommen, das Bestehen und die Gültigkeit eines Vertrags nach nationalem Recht erfüllt sind. (25) Wenn die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen nicht gegen Zahlung eines Preises erfolgt, sollte diese Richtlinie nicht für Fälle gelten, in denen der Unternehmer personenbezogene Daten ausschließlich zum Zwecke der
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Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen oder ausschließlich zur Erfüllung rechtlicher Anforderungen erhebt. Dazu können beispielsweise Fälle zählen, in denen die Registrierung des Verbrauchers zu Sicherheits- und Identifizierungszwecken durch anwendbare Gesetze vorgeschrieben ist. Diese Richtlinie sollte auch nicht in Fällen gelten, in denen der Unternehmer nur Metadaten wie Informationen zum Gerät des Verbrauchers oder zum Browserverlauf erhebt, es sei denn, der betreffende Sachverhalt gilt als Vertrag nach nationalem Recht. Ebenso wenig sollte sie in Fällen gelten, in denen der Verbraucher ausschließlich zwecks Erlangung des Zugangs zu digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen Werbung ausgesetzt ist, ohne mit dem Unternehmer einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Allerdings sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, die Anwendung dieser Richtlinie auf derartige Fälle auszudehnen oder derartige Fälle, die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind, auf andere Weise zu regeln. (26) Diese Richtlinie sollte für Verträge über die Entwicklung maßgeschneiderter digitaler Inhalte gemäß den Anforderungen des Verbrauchers gelten, auch für maßgeschneiderte Software. Diese Richtlinie sollte überdies für die Bereitstellung elektronischer Dateien im Rahmen des 3D-Drucks von Waren gelten, soweit solche Dateien unter die Begriffsbestimmung für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie fallen. Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit Waren, die unter Verwendung der 3D-Druck-Technologie hergestellt wurden, sollten jedoch nicht unter diese Richtlinie fallen. (27) Da diese Richtlinie für Verträge gelten sollte, deren Gegenstand die Bereit stellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen für Verbraucher ist, sollte sie nicht gelten, wenn der Hauptgegenstand eines Vertrags die Erbringung von freiberuflichen Dienstleistungen wie Übersetzungsleistungen, Dienstleistungen von Architekten, juristischen Dienstleistungen oder sonstigen Fachberatungsleistungen ist, die häufig vom Unternehmer persönlich erbracht werden, unabhängig davon, ob der Unternehmer digitale Mittel einsetzt, um das Ergebnis der Dienstleistung zu erzeugen oder es dem Verbraucher zu liefern oder zu übermitteln. Die vorliegende Richtlinie sollte ebenso nicht für öffentliche Dienstleistungen wie Dienstleistungen der sozialen Sicherheit oder öffentliche Register gelten, bei denen die digitalen Mittel lediglich genutzt werden, um dem Verbraucher die Dienstleistung zu übermitteln oder mitzuteilen. Diese Richtlinie sollte auch nicht für öffentliche Urkunden und andere notarielle Urkunden gelten, und zwar unabhängig davon, ob sie durch digitale Mittel erstellt, aufgezeichnet, wiedergegeben oder übermittelt werden. (28) Der Markt für nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste, die nicht mit öffentlich zugeteilten Nummerierungsressourcen verbunden sind, entwickelt sich rasch weiter. In den letzten Jahren hat das Aufkommen neuer digitaler Dienste, die eine interpersonelle Kommunikation über das Internet ermöglichen, wie z. B. webbasierte E-Mail-Dienste und Online-Mitteilungsdienste, eine wachsende Zahl von Verbrauchern dazu veranlasst, solche Dienste zu nutzen. Aus solchen Gründen ist es erforderlich, hinsichtlich solcher Dienste einen wirksamen Verbraucherschutz zu bieten. Die vorliegende Richtlinie sollte daher auch für nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste gelten.
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(29) Diese Richtlinie sollte nicht für die Gesundheitsversorgung im Sinne der Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates5 gelten. Der Ausschluss der Gesundheitsversorgung vom Geltungsbereich dieser Richtlinie sollte auch für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen gelten, die ein Medizinprodukt im Sinne der Richtlinien 93/42/EWG6 oder 90/385/EWG7 des Rates oder der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates8 darstellen, sofern ein solches Medizinprodukt von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe im Sinne der Richtlinie 2011/24/EU verschrieben oder bereitgestellt wird. Die vorliegende Richtlinie sollte jedoch für alle digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gelten, die ein Medizinprodukt darstellen, wie beispielsweise gesundheitsbezogene Anwendungen, die von dem Verbraucher erworben werden können, ohne dass es von einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs verschrieben oder bereitgestellt wird. (30) Das Unionsrecht über Finanzdienstleistungen enthält zahlreiche Verbrau cherschutzbestimmungen. Finanzdienstleistungen im Sinne der in diesem Bereich bestehenden Rechtsvorschriften, insbesondere der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates,9 sind auch digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen, die mit Finanzdienstleistungen in Verbindung stehen oder mit denen Zugang zu Finanzdienstleistungen gewährt wird, und sie fallen daher unter den durch das Unionsrecht über Finanzdienstleistungen gewährten Schutz. Verträge über digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen, die eine Finanzdienstleistung darstellen, sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden. (31) Die vorliegende Richtlinie sollte nicht für digitale Inhalte oder digitale Dienst leistungen gelten, die einem Publikum als Teil einer künstlerischen Darbietung oder sonstigen Ereignisses, wie z. B. einer digitalen Filmvorführung oder einer audiovisuellen Theateraufführung, bereitgestellt werden. Diese Richtlinie sollte jedoch gelten, wenn digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen einem Publikum durch Signalübertragung, wie etwa digitale Fernsehdienste, bereitgestellt werden. (32) Freie und quelloffene Software, bei der der Quellcode öffentlich geteilt wird und bei der die Nutzer frei über den Zugriff, die Verwendung, die Änderung und den Austausch der Software oder ihrer geänderten Versionen verfügen können, kann zu Forschung und Innovation auf dem Markt für digitale Inhalte und digitale Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (ABl. L 88 vom 4.4.2011, S. 45). 6 Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1). 7 Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17). 8 Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In- vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1). 9 Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/ EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. L 271 vom 9.10.2002, S. 16). 5
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Dienstleistungen beitragen. Um Hindernisse für solche Marktentwicklungen zu vermeiden, sollte die vorliegende Richtlinie auch nicht für kostenlose und quelloffene Software gelten, sofern sie nicht im Austausch gegen die Zahlung eines Preises bereitgestellt wird und die personenbezogenen Daten der Verbraucher ausschließlich zur Verbesserung der Sicherheit, Kompatibilität oder Interoperabilität der Software verwendet werden. (33) Digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen werden oft mit der Bereitstellung von Waren oder anderen Dienstleistungen kombiniert und dem Verbraucher in dem gleichen Vertrag, der in einem Paket unterschiedliche Elemente beinhaltet, angeboten, beispielsweise die Bereitstellung digitalen Fernsehens und der Kauf elektronischer Geräte. In solchen Fällen enthält der Vertrag zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer Elemente eines Vertrags über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder einer digitalen Dienstleistung, aber auch Elemente anderer Vertragsarten, beispielsweise von Verträgen über den Kauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. Diese Richtlinie sollte nur für die Elemente des Gesamtvertrags gelten, die die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen betreffen. Die übrigen Elemente des Vertrags sollten durch die Vorschriften geregelt werden, die für solche Verträge nach nationalem Recht oder gegebenenfalls anderem Unionsrecht für einen bestimmten Sektor oder einen bestimmten Gegenstand gelten. In gleicher Weise sollten die Auswirkungen, die die Beendigung eines Elements eines Paketvertrags auf die übrigen Elemente des Paketvertrags haben könnte, nach Maßgabe des nationalen Rechts geregelt werden. Um jedoch die Kohärenz mit den sektorspezifischen Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates10 für die Regulierung von Paketverträgen, bei denen ein Unternehmer im Sinne der genannten Richtlinie digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen in Verbindung mit einem nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdienst oder einem Internetzugangsdienst anbietet, sicherzustellen, sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Änderung digitaler Inhalte nicht für den Bestandteil des Pakets gelten, den die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ausmachen. Die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/1972 sollten stattdessen für alle Bestandteile des Pakets gelten, einschließlich der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen. (34) Die Bestimmungen dieser Richtlinie über Paketverträge sollten nur für Fälle gelten, in denen die verschiedenen Bestandteile des Pakets von ein und demselben Unternehmer im Rahmen eines einzigen Vertrags ein und demselben Verbraucher angeboten werden. Die vorliegende Richtlinie sollte nationale Rechtsvorschriften unberührt lassen, durch die geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen als verbunden mit oder akzessorisch zu einem anderen Vertrag betrachtet werden kann, den der Verbraucher mit demselben oder einem anderen Unternehmer geschlossen hat, welche Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36). 10
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Rechtsbehelfe für die jeweiligen Verträge vorgesehen sind und welche Auswirkungen die Beendigung eines der beiden Verträge auf den anderen Vertrag hat. (35) Die Geschäftspraxis der Bündelung von Angeboten für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen mit der Bereitstellung von Waren oder anderen Dienstleistungen unterliegt der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäfts verkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern.11 Eine solche Bündelung ist nach der Richtlinie 2005/29/EG für sich genommen nicht verboten. Sie ist jedoch verboten, wenn sie nach einer Einzelfallprüfung gemäß den in der Richtlinie festgelegten Kriterien für unlauter befunden wird. Das Wettbewerbsrecht der Union ermöglicht es auch, gegen Koppelungs- und Bündelungspraktiken vorzugehen, wenn diese den Wettbewerbsprozess beeinflussen und den Verbrauchern schaden. (36) Diese Richtlinie sollte anderes Unionsrecht, durch das ein bestimmter Sektor oder ein bestimmter Gegenstand wie z. B. die Telekommunikation, der elektronische Handel oder der Verbraucherschutz geregelt werden, unberührt lassen. Sie sollte auch Unionsrecht und nationales Recht über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte, einschließlich der Portabilität von Online-Inhaltediensten, unberührt lassen. (37) Die Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, könnte die Verarbeitung personenbezogener Daten umfassen. Das Unionsrecht bietet einen umfassenden Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten. Diese Richtlinie lässt insbesondere die Verordnung (EU) 2016/67912 und die Richtlinie 2002/58/EG13 des Europäischen Parlaments und des Rates unberührt. Dieser Rahmen gilt für alle personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit den von dieser Richtlinie erfassten Verträgen verarbeitet werden. Folglich sollten personenbezogene Daten nur im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie 2002/58/ EG erhoben oder auf andere Weise verarbeitet werden. Im Fall eines Widerspruchs zwischen der vorliegenden Richtlinie und dem Unionsrecht für den Schutz personenbezogener Daten sollte letzteres maßgeblich sein.
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22). 12 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1). 13 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37). 11
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(38) Die vorliegende Richtlinie sollte nicht die Voraussetzungen für die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten regeln, da diese Frage insbesondere durch die Verordnung (EU) 2016/679, geregelt wird. Eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit einem Vertrag, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, ist daher nur rechtmäßig, wenn sie mit den Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 über die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang steht. Stützt sich die Verarbeitung personenbezogener Daten auf eine Einwilligung, insbesondere nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/679, finden die spezifischen Bestimmungen der genannten Verordnung, auch in Bezug auf die Bedingungen für die Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erfolgt ist, Anwendung. Die vorliegende Richtlinie sollte nicht die Gültigkeit der gegebenen Einwilligung regeln. Die Verordnung (EU) 2016/679 enthält auch umfassende Rechte in Bezug auf die Löschung von Daten und die Datenübertragbarkeit. Die vorliegende Richtlinie sollte die Rechte unberührt lassen, die für alle personenbezogenen Daten gelten, die im Zusammenhang mit einem vom Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie erfassten Vertrag dem Unternehmer vom Verbraucher bereitgestellt werden oder vom Unternehmer erhoben werden, wenn der Verbraucher den Vertrag gemäß der vorliegenden Richtlinie beendet hat. (39) Das Recht auf Löschung personenbezogener Daten und das Recht des Ver brauchers auf Widerruf der Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten sollten auch im Zusammenhang mit den von dieser Richtlinie erfassten Verträgen uneingeschränkt gelten. Das Recht des Verbrauchers auf Beendigung des Vertrags gemäß der vorliegenden Richtlinie sollte das Recht des Verbrauchers auf Widerruf einer Einwilligung zur Verarbeitung der den Verbraucher betreffenden personen bezogenen Daten gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 unberührt lassen. (40) Diese Richtlinie sollte nicht die Folgen für die von ihr erfassten Verträge regeln, die sich ergeben, wenn der Verbraucher die Einwilligung zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten widerruft. Solche Folgen sollten weiterhin dem nationalen Recht unterliegen. (41) Der Unternehmer kann einem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen auf verschiedene Weise bereitstellen. Es ist angezeigt, einfache und klare Vorschriften für die Art und Weise und den Zeitpunkt der Erfüllung der Bereitstellungspflicht, die die wichtigste Vertragspflicht des Unternehmers darstellt, festzulegen, die darin besteht, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen für den Kunden verfügbar oder zugänglich zu machen. Die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sollten als für den Verbraucher verfügbar oder zugänglich angesehen werden, wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen oder etwaige Mittel, mit denen auf sie zugegriffen werden kann oder mit denen sie heruntergeladen werden können, die Sphäre des Verbrauchers erreicht haben und keine weiteren Handlungen vonseiten des Unternehmers erforderlich sind, damit der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vertragsgemäß nutzen kann. In der Erwägung, dass der Unternehmer grundsätzlich nicht für Handlungen oder Unterlassungen eines Dritten, der eine körperliche oder virtuelle Einrichtung – beispielsweise eine elektronische Plattform oder eine Einrichtung zur Cloud-Speicherung – betreibt, die
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der Verbraucher für den Empfang oder die Speicherung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen auswählt, haftbar ist, sollte es ausreichen, dass der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen diesem Dritten bereitstellt. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher die körperliche oder virtuelle Einrichtung bestimmt hat, wenn sie vom Unternehmer kontrolliert wird oder mit dem Unternehmer vertraglich verbunden ist oder wenn der Verbraucher diese körperliche oder virtuelle Einrichtung für den Empfang der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ausgewählt hat, diese Wahl aber vom Unternehmer als einzige angeboten wurde, um die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu empfangen oder Zugang zu ihnen zu erlangen. Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher die körperliche oder virtuelle Einrichtung ausgewählt hat, sollte die Verpflichtung des Unternehmers zur Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen als nicht erfüllt gelten, wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zwar in der körperlichen oder virtuellen Einrichtung bereitgestellt werden, der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen jedoch nicht gemäß dieser Richtlinie empfangen oder auf diese zugreifen kann. In diesen Fällen sollten dem Verbraucher dieselben Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen wie im Fall der nicht erfolgten Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen seitens des Unternehmers. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bereitstellung sollten die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen in Übereinstimmung mit den marktüblichen Praktiken und technischen Möglichkeiten und zur Sicherstellung einer gewissen Flexibilität unverzüglich bereitgestellt werden, sofern die Parteien keine andere Vereinbarung über sonstige Bereitstellungsmodelle treffen. (42) Die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sollten die Anforderungen erfüllen, die zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher vertraglich vereinbart worden sind. Insbesondere sollten sie der vertraglich vereinbarten Beschreibung, Menge (z. B. Anzahl der Musikdateien, auf die zugegriffen werden kann), Qualität (z. B. Bildauflösung), Sprache und Version entsprechen. Außerdem sollten sie die Sicherheit, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstigen Merkmale aufweisen, die vertraglich vereinbart wurden. Zu den vertraglichen Anforderungen sollten die Anforderungen gehören, die sich aus den vorvertraglichen Informationen ergeben, die gemäß der Richtlinie 2011/83/EU fester Bestandteil des Vertrags sind. Diese Anforderungen könnten auch in einer Leistungsvereinbarung festgelegt werden, wenn gemäß dem anwendbaren nationalen Recht eine solche Art von Vereinbarung Bestandteil der Vertragsbeziehung zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer ist. (43) Der Begriff der Funktionalität sollte so verstanden werden, dass er sich darauf bezieht, wie digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen verwendet werden können. Beispielsweise kann das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von technischen Beschränkungen wie der Schutz mittels digitaler Rechteverwaltung oder Regionalcodierung Auswirkungen darauf haben, ob die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen alle für ihren Zweck erforderlichen Funktionen erfüllen können. Der Begriff der Interoperabilität bezieht sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen mit einer anderen Hardware oder
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Software als derjenigen, mit denen digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art in der Regel genutzt werden, funktionieren. Das erfolgreiche Funktionieren könnte beispielsweise die Fähigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen umfassen, Informationen mit einer solchen anderen Software oder Hardware auszutauschen und die ausgetauschten Informationen zu nutzen. (44) Da sich digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen ständig weiterentwickeln, können Unternehmer mit Verbrauchern vereinbaren, Aktualisierungen (Updates) und Merkmale bereitzustellen, sobald sie zur Verfügung stehen. Die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sollte daher auch hinsichtlich der Frage geprüft werden, ob die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen auf die Art und Weise aktualisiert werden, die vertraglich festgelegt worden ist. Die nicht erfolgte Bereitstellung von vertraglich vereinbarten Aktualisierungen sollte als Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen betrachtet werden. Darüber hinaus sollten fehlerhafte oder unvollständige Aktualisierungen ebenfalls als Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen betrachtet werden, da dies bedeuten würde, dass solche Aktualisierungen nicht in der Weise durchgeführt werden, die im Vertrag festgelegt wurde. (45) Damit die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen vertragsgemäß sind und sichergestellt ist, dass den Verbrauchern ihre Rechte nicht vorenthalten werden, beispielsweise in Fällen, in denen der Vertrag sehr niedrige Standards festlegt, sollten die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht nur den subjektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit entsprechen, sondern darüber hinaus die in dieser Richtlinie festgelegten objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit erfüllen. Die Vertragsmäßigkeit sollte unter anderem anhand des Zwecks, für den digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art gewöhnlich genutzt werden, beurteilt werden. Sie sollten auch die qualitativen Merkmale aufweisen und die Leistungsmerkmale erfüllen, die bei digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen derselben Art normal sind und die die Verbraucher angesichts der Beschaffenheit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und unter Berücksichtigung etwaiger öffentlicher Aussagen zu den besonderen Merkmalen der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die von dem Unternehmer oder anderen Personen in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette oder in deren Namen gemacht wurden, vernünftigerweise erwarten können. (46) Der Standard für Vernünftigkeit bei allen Verweisen in dieser Richtlinie darauf, was eine Person vernünftigerweise erwarten kann, sollte objektiv und unter Berücksichtigung der Art und des Zwecks der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, der Umstände des Einzelfalls und der Gebräuche und Gepflogenheiten der Vertragsparteien bestimmt werden. Eine objektive Bestimmung ist insbesondere dann erforderlich, wenn es gilt, eine angemessene Frist für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen festzulegen, wobei der Art der Vertragswidrigkeit Rechnung zu tragen ist. (47) Während des Zeitraums, den der Verbraucher vernünftigerweise erwarten würde, sollte der Unternehmer dem Verbraucher Aktualisierungen, einschließlich Sicherheitsaktualisierungen, bereitstellen, damit die digitalen Inhalte oder digitalen
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Dienstleistungen in vertragsgemäßem Zustand bleiben und sicher bleiben. So sollte beispielsweise in Bezug auf digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen, deren Zweck zeitlich begrenzt ist, die Verpflichtung zur Bereitstellung von Aktualisierungen auf diesen begrenzten Zeitraum beschränkt sein, während bei anderen Arten digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen der Zeitraum, in dem dem Verbraucher Aktualisierungen bereitgestellt werden sollten, dem Gewährleistungszeitraum für Vertragswidrigkeit entsprechen könnte oder über diesen Zeitraum hinausgehen könnte, was insbesondere bei Sicherheitsaktualisierungen der Fall sein könnte. Es sollte den Verbrauchern freistehen, die bereitgestellten Aktualisierungen zu installieren. Entscheidet sich der Verbraucher dafür, die Aktualisierungen nicht zu installieren, sollte er jedoch nicht erwarten, dass die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gewahrt bleibt. Der Unternehmer sollte den Verbraucher darüber informieren, dass sich die Entscheidung des Verbrauchers, Aktualisierungen nicht zu installieren, die für die Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen erforderlich sind, einschließlich der Sicherheitsaktualisierungen, auf die Haftung des Unternehmers für die Vertragsmäßigkeit dieser Merkmale der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die durch die betreffenden Aktualisierungen gewahrt werden soll, auswirkt. Diese Richtlinie sollte die im Unionsrecht oder im nationalen Recht festgelegten Verpflichtungen zur Bereitstellung von Sicherheitsaktualisierungen unberührt lassen. (48) Die Verordnung (EU) 2016/679 oder andere Datenschutzvorschriften der Union sollten für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Verträgen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, in vollem Umfang gelten. Außerdem sollten die Rechte, Verpflichtungen und außervertraglichen Rechtsbehelfe gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 von dieser Richtlinie unberührt bleiben. Sachverhalte, die dazu führen, dass die Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/679, einschließlich wesentlicher Grundsätze wie Datenminimierung, Datenschutz durch Technik und datenschutzfreundliche Voreinstellungen, nicht eingehalten werden, können je nach den Umständen des Falls auch als fehlende Übereinstimmung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen mit den subjektiven oder objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit gemäß dieser Richtlinie betrachtet werden. Ein Beispiel könnten Fälle sein, in denen ein Unternehmer im Vertrag ausdrücklich eine Verpflichtung eingeht oder in denen der Vertrag entsprechend ausgelegt werden kann, und eine Verbindung mit den Verpflichtungen des Unternehmers nach der Verordnung (EU) 2016/679 besteht. In diesem Fall kann eine solche vertragliche Verpflichtung Teil der subjektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit werden. Ein zweites Beispiel könnten Fälle sein, in denen eine Nichteinhaltung der Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 zugleich dazu führen könnte, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht für den vorgesehenen Zweck geeignet sind, was bedeutet, dass die objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit, denen zufolge die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen für die Zwecke geeignet sein müssen, für die digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen desselben Typs normalerweise verwendet werden, nicht erfüllt werden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Unternehmer, der Datenverschlüs selungssoftware anbietet, die in der Verordnung (EU) 2016/679 vorgeschriebenen
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Maßnahmen nicht umsetzt, mit denen auf technischem Wege sichergestellt wird, dass personenbezogene Daten nicht an unbefugte Empfänger weitergegeben werden, wodurch die Verschlüsselungssoftware nicht für den beabsichtigten Zweck geeignet wäre, nämlich die sichere Übertragung von Daten durch den Verbraucher an den vorgesehenen Empfänger. Schließlich könnte es Fälle geben, in denen der Unternehmer seinen Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 nicht nachkommt und damit gleichzeitig die objektive Anforderung an die Vertragsmäßigkeit, demzufolge der digitale Inhalt oder die digitale Dienstleistung die Eigenschaften aufweisen muss, die für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen des gleichen Typs normal sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, nicht erfüllt. Wenn beispielsweise der Anbieter einer Anwendung für den Einkauf im Internet die in der Verordnung (EU) 2016/679 vorgesehenen Maßnahmen für die Sicherheit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Verbrauchers nicht ergreift und die Kreditkar teninformationen des Verbrauchers deshalb anfällig für Schadsoftware oder Spähsoftware sind, könnte dieses Versäumnis auch eine Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie darstellen, da der Verbraucher vernünftigerweise erwarten würde, dass eine solche Anwendung normalerweise Merkmale aufweist, die die Offenlegung von Zahlungsdaten verhindern. Wenn der Sachverhalt, der zu einem Verstoß gegen die Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/679 führt, gleichzeitig bedeutet, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen die subjektiven oder objektiven Anforderungen an die Ver tragsmäßigkeit gemäß dieser Richtlinie nicht erfüllen, so sollte der Verbraucher Anspruch auf die Abhilfen haben, die in dieser Richtlinie für den Fall der Vertragswidrigkeit vorgesehen sind, es sei denn, der Vertrag ist nach nationalem Recht ohnehin nichtig oder anfechtbar. (49) Um für ausreichende Flexibilität zu sorgen, sollten die Parteien die Möglichkeit haben, von den objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit abzuweichen. Eine solche Abweichung sollte nur möglich sein, wenn der Verbraucher ausdrücklich davon unterrichtet wurde und wenn er sie gesondert von anderen Erklärungen oder Vereinbarungen und durch sein aktives und eindeutiges Verhalten akzeptiert hat. Beide Bedingungen könnten beispielsweise durch Anklicken eines Kästchens, Betätigung einer Schaltfläche oder Aktivierung einer ähnlichen Funktion erfüllt werden. (50) Bei der Anwendung dieser Richtlinie sollten die Unternehmer unter anderem in Bezug auf das allgemein gebräuchliche und maschinenlesbare Format für die Abfrage der Inhalte, die vom Verbraucher bei der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erzeugt wurden, sofern es sich dabei nicht um personenbezogene Daten handelt, und in Bezug auf die Sicherheit von Informationssystemen und digitalen Umgebungen auf Standards, offene technische Spezifikationen, bewährte Verfahren und Verhaltenskodizes zurückgreifen, die auf internationaler Ebene, Unionsebene oder auf Ebene eines Industriezweigs festgelegt wurden. In diesem Zusammenhang könnte die Kommission die Entwicklung internationaler Normen und Unionsnormen ebenso verlangen wie die Erstellung eines Verhaltenskodex durch Branchenverbände und sonstige repräsentative Organisationen, die die einheitliche Anwendung dieser Richtlinie unterstützen könnten.
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(51) Viele Arten digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, wie der Zugriff auf Cloud-Dienste, werden über einen Zeitraum fortlaufend bereitgestellt. Daher muss dafür Sorge getragen werden, dass die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen während der Vertragslaufzeit gewahrt ist. Kurzfristige Unterbrechungen der Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen sollten dann als Fälle von Vertragswidrigkeit behandelt werden, wenn diese Unterbrechungen mehr als vernachlässigbar oder wiederkehrend sind. Da digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen häufig insbesondere durch Aktualisierungen verbessert werden, sollte außerdem die dem Verbraucher bereitgestellte Version der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen die aktuellste Version sein, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verfügbar war, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. (52) Digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen müssen sachgemäß in die Hardund Softwareumgebung des Verbrauchers integriert werden, damit sie ordnungsgemäß funktionieren. Eine Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die auf eine unsachgemäße Integration zurückzuführen ist, sollte als Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen selbst gelten, sofern sie vom Unternehmer selbst oder unter seiner Kontrolle oder aber vom Verbraucher anhand der auf die Integration bezogenen Anweisungen des Unternehmers integriert wurden und die unsachgemäße Integration auf Mängeln in den erforderlichen Integrationsanweisungen, wie beispielsweise Unvollständigkeit oder mangelnde Klarheit der Integrationsanweisungen, die dadurch von einem Durchschnittsverbraucher nur schwer zu nutzen sind, beruht. (53) Beschränkungen der Nutzung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen durch den Verbraucher im Einklang mit dieser Richtlinie könnten aufgrund von Einschränkungen entstehen, die vom Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums im Einklang mit den Rechtsvorschriften für geistiges Eigentum auferlegt wurden. Solche Beschränkungen können sich aus der Lizenzvereinbarung für Endnutzer ergeben, gemäß der die digitalen Inhalte oder die digitalen Dienstleistungen für den Verbraucher bereitgestellt werden. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn dem Verbraucher durch eine Lizenzvereinbarung für Endnutzer untersagt ist, bestimmte Merkmale im Zusammenhang mit der Funktionalität der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu nutzen. Eine solche Beschränkung könnte dazu führen, dass die digitalen Inhalte oder die digitalen Dienstleistungen die in dieser Richtlinie festgelegten objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit nicht erfüllen, sofern sie Merkmale betreffen sollte, die digitale Inhalte oder digitale Dienste desselben Typs für gewöhnlich aufweisen und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann. In solchen Fällen sollte der Verbraucher in der Lage sein, gegenüber dem Unternehmer, der die digitalen Inhalte oder die digitalen Dienstleistungen geliefert hat, die in dieser Richtlinie festgelegten Abhilfen für Vertragswidrigkeit geltend zu machen. Der Unternehmer sollte einer dementsprechenden Haftung nur entgehen können, wenn er die Bedingungen für Abweichungen von den in dieser Richtlinie festgelegten objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit erfüllt, was konkret bedeutet, dass der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss des Vertrags ausdrücklich darüber informiert, dass eine
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bestimmte Eigenschaft der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen von den objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit abweicht und dass der Verbraucher diese Abweichung ausdrücklich und gesondert akzeptiert hat. (54) Rechtsmängel sind bei digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen, die Rechten des geistigen Eigentums unterliegen, besonders erheblich. Beschränkungen der Nutzung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen durch den Verbraucher im Einklang mit dieser Richtlinie könnten ein Ergebnis von Verletzungen von Rechten Dritter sein. Ein solcher Verstoß könnte den Verbraucher wirksam an der Nutzung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen oder einiger ihrer Merkmale hindern beispielsweise wenn der Verbraucher überhaupt nicht oder nicht rechtmäßig auf die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zugreifen kann. Der Grund dafür kann darin liegen, dass der Dritte den Unternehmer rechtmäßig zwingt, die Verletzung dieser Rechte einzustellen und die betreffenden digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht mehr bereitzustellen, oder dass der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht nutzen kann, ohne gegen das Recht zu verstoßen. Im Fall einer Verletzung von Rechten Dritter, die zu einer Beschränkung führt, durch die die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Einklang mit den subjektiven und objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit verhindert oder eingeschränkt wird, sollte der Verbraucher Anspruch auf die Abhilfen bei Vertragswidrigkeit haben, es sei denn, nationale Rechtsvorschriften sehen die Nichtigkeit oder die Aufhebung des Vertrags vor, beispielsweise aufgrund eines Verstoßes gegen die gesetzliche Rechtsmängelhaftung. (55) Der Unternehmer sollte dem Verbraucher gegenüber bei einer Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und für die nicht erfolgte Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen haften. Da digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen den Verbrauchern im Rahmen einer oder mehrerer einzelner Bereitstellungen oder fortlaufend über einen Zeitraum bereitgestellt werden können, ist es angemessen, den maßgeblichen Zeitpunkt für die Feststellung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Arten der Bereitstellung festzulegen. (56) Digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen können den Verbrauchern im Rahmen einer einmaligen Bereitstellung bereitgestellt werden, beispielsweise wenn ein Verbraucher ein E-Book herunterlädt und auf seinem persönlichen Gerät abspeichert. Ähnlich kann die Bereitstellung aus einer Reihe solcher einzelnen Vorgänge bestehen, beispielsweise wenn der Verbraucher wöchentlich einen Link für das Herunterladen eines neuen E-Books erhält. Diese Kategorie digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verbraucher danach unbefristeten Zugang auf und unbefristete Nutzungsrechte für die digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen haben. In solchen Fällen sollte die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Bereitstellung geprüft werden, und daher sollte der Unternehmer nur für eine Vertragswidrigkeit haftbar sein, die zu dem Zeitpunkt besteht, zu dem die einmalige Bereitstellung oder jede einzelne Bereitstellung erfolgt. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, sollten sich Unternehmer und Verbraucher auf einen einheitlichen Mindestzeitraum stützen können, während der
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der Unternehmer für eine Vertragswidrigkeit haftbar gemacht werden sollte. In Bezug auf Verträge, die eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vorsehen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Unternehmer für nicht weniger als zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung haften, wenn sie gemäß dem jeweiligen nationalen Recht nur für eine Vertragswidrigkeit haften, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Bereitstellung offenbar wird. (57) Digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen könnten den Verbrauchern auch fortlaufend über einen Zeitraum bereitgestellt werden. Eine fortlaufende Bereitstellung kann Fälle erfassen, in denen der Unternehmer dem Verbraucher eine digitale Dienstleistung für einen bestimmten oder unbegrenzten Zeitraum zur Verfügung stellt, beispielsweise bei Zweijahresverträgen für eine Cloud-Speicherung oder bei einer unbefristeten Mitgliedschaft bei einer Plattform für soziale Medien. Diese Kategorie ist dadurch gekennzeichnet, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen dem Verbraucher nur so lange zur Verfügung stehen oder zugänglich sind, wie die festgelegte Vertragslaufzeit andauert oder der unbefristete Vertrag in Kraft ist. Daher ist es gerechtfertigt, dass der Unternehmer in solchen Fällen nur für eine Vertragswidrigkeit haften sollte, die während dieses Zeitraums offenbar wird. Fortlaufende Bereitstellung sollte nicht unbedingt bedeuten, dass es sich dabei um eine langfristige Bereitstellung handelt. Beispielsweise sollte das Streaming eines Videoclips unabhängig von der tatsächlichen Abspieldauer der audiovisuellen Datei als eine fortlaufende Bereitstellung über einen bestimmten Zeitraum betrachtet werden. Fälle, in denen bestimmte Elemente der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen während des Zeitraums, in dem die festgelegte Vertragslaufzeit andauert oder der unbefristete Vertrag in Kraft ist, regelmäßig oder wiederholt bereitgestellt werden, sollten ebenfalls als fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum betrachtet werden, beispielsweise wenn der Vertrag vorsieht, dass ein Antivirenprogramm ein Jahr lang genutzt werden kann und in diesem Zeitraum immer am Ersten jeden Monats automatisch aktualisiert wird oder dass der Unternehmer Aktualisierungen bereitstellt, wenn neue Merkmale eines Computerspiels verfügbar sind, und die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen dem Verbraucher nur so lange zur Verfügung stehen oder zugänglich sind, wie die festgelegte Vertragslaufzeit andauert oder der unbefristete Vertrag in Kraft ist. (58) Den Mitgliedstaaten sollte es weiterhin freistehen, die nationalen Verjährungs fristen zu regeln. Allerdings sollten solche Verjährungsfristen die Verbraucher nicht daran hindern, ihre Rechte während des gesamten Zeitraums, in dem der Unternehmer für eine Vertragswidrigkeit haftet, wahrzunehmen. Während mit dieser Richtlinie daher nicht der Beginn der nationalen Verjährungsfristen harmonisiert werden sollte, so sollte dennoch sichergestellt werden, dass solche Fristen es Verbrauchern ermöglichen, ihre Abhilfen für eine Vertragswidrigkeit auszuüben, die zumindest während des Zeitraums offenbar wird, in dem der Unternehmer für eine Vertragswidrigkeit haftet. (59) Aufgrund des besonderen und äußerst komplexen Charakters digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen und des Umstands, dass der Unternehmer über bessere Fachkenntnisse verfügt und Zugang zu Know-how, technischen Informationen und Unterstützung durch Hochtechnologie hat, kann der Unternehmer wahrscheinlich
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besser als der Verbraucher beurteilen, warum digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen nicht bereitgestellt werden oder vertragswidrig sind. Der Unternehmer kann wahrscheinlich auch besser beurteilen, ob die nicht erfolgte Bereitstellung oder die Vertragswidrigkeit auf die Unvereinbarkeit der digitalen Umgebung des Verbrauchers mit den technischen Anforderungen an die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zurückzuführen ist. Auch wenn es im Fall einer Streitigkeit zwar dem Verbraucher obliegt, die Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nachzuweisen, so sollte es ihm jedoch nicht obliegen, nachzuweisen, dass die Vertragswidrigkeit zum Zeitpunkt der Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen oder, im Fall einer fortlaufenden Bereitstellung, während der Vertragslaufzeit bestanden hat. Stattdessen sollte es dem Unternehmer obliegen, die zu dem entsprechenden Zeitpunkt oder während des entsprechenden Zeitraums bestehende Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nachzuweisen. Diese Beweislast sollte der Unternehmer tragen, wenn die Vertragswidrigkeit – im Fall eines Vertrags, in dem eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen vorgesehen ist – innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Bereitstellung offenbar wird und wenn die Vertragswidrigkeit – im Fall eines Vertrags, in dem die fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum vorgesehen ist – während der Vertragslaufzeit offenbar wird. Weist der Unternehmer jedoch nach, dass die digitale Umgebung des Verbrauchers nicht mit den technischen Anforderungen vereinbar ist, über die der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss des Vertrags in klarer und verständlicher Weise informiert hat, so sollte der Verbraucher nachweisen müssen, dass die Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen – im Fall eines Vertrags, in dem eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen vorgesehen ist – zum Zeitpunkt der Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bzw. im Fall eines Vertrags, in dem die fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum vorgesehen ist – während der Vertragslaufzeit vorlag. (60) Unbeschadet des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre, einschließlich der Vertraulichkeit der Kommunikation, und auf Schutz der personenbezogenen Daten des Verbrauchers sollte der Verbraucher mit dem Unternehmer im Hinblick darauf zusammenarbeiten, dass der Unternehmer unter Verwendung der zur Verfügung stehenden technischen Mittel, die die Privatsphäre des Verbrauchers am wenigsten beeinträchtigen, prüft, ob die Ursache für die Vertragswidrigkeit in der digitalen Umgebung des Verbrauchers liegt. Dies kann beispielsweise erfolgen, indem dem Unternehmer automatisch erzeugte Berichte über Zwischenfälle übermittelt werden, oder mittels Details der Internetverbindung des Verbrauchers. Nur in begründeten Ausnahmefällen, in denen es keine andere Möglichkeit gibt, obwohl alle anderen Mittel ausgeschöpft wurden, müssen Verbraucher möglicherweise virtuellen Zugang zu ihrer digitalen Umgebung gewähren. Arbeitet der Verbraucher jedoch nicht mit dem Unternehmer zusammen und wurde er über diese Folge mangelnder Zusammenarbeit unterrichtet, sollte nicht nur die Beweislast für die Vertragswidrigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen beim Verbraucher liegen, sondern auch die Beweislast dafür, dass die Vertragswidrigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen im
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Fall eines Vertrags, in dem eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen vorgesehen ist, zum Zeitpunkt von deren Bereitstellung bzw. – im Fall eines Vertrags, in dem die fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum vorgesehen ist – während der Vertragslaufzeit vorlag. (61) Hat der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht bereitgestellt, so sollte der Verbraucher den Unternehmer auffordern, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen. In solchen Fällen sollte der Unternehmer unverzüglich oder innerhalb einer von den Parteien ausdrücklich vereinbarten zusätzlichen Frist tätig werden. Da digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen in digitaler Form bereitgestellt werden, sollte bei der Bereitstellung in den meisten Fällen keine zusätzliche Zeit erforderlich sein, um dem Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen. Daher sollte in solchen Fällen die Verpflichtung des Unternehmers zur unverzüglichen Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bedeuten, dass sie sofort bereitzustellen sind. Stellt der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen dann nicht bereit, so sollte der Verbraucher zur Beendigung des Vertrags berechtigt sein. Unter bestimmten Umständen, beispielsweise wenn klar zu erkennen ist, dass der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht bereitstellen wird, oder wenn für den Verbraucher ein bestimmter Zeitpunkt für die Bereitstellung von grundlegender Bedeutung ist, sollte der Verbraucher berechtigt sein, den Vertrag zu beenden, ohne vorher den Unternehmer zur Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen aufzufordern. (62) Bei Vertragswidrigkeit sollten Verbraucher Anspruch auf unentgeltliche Her stellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, auf eine anteilsmäßige Preisminderung oder auf Beendigung des Vertrags haben. (63) Je nach den technischen Merkmalen der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sollte der Unternehmer entscheiden dürfen, wie er den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen herstellt, beispielsweise indem er aktualisierte Versionen übermittelt oder dem Verbraucher eine neue Kopie der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitstellt. (64) Angesichts der Vielfalt digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ist es nicht angemessen, feste Fristen für die Wahrnehmung der Rechte oder die Erfüllung der Pflichten im Zusammenhang mit diesen Inhalten oder Dienstleistungen festzulegen. Feste Fristen würden solcher Vielfalt nicht gerecht werden und könnten je nach Fall zu kurz oder zu lang ausfallen. Daher ist es sinnvoller, vorzuschreiben, dass der vertragsgemäße Zustand der digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen innerhalb einer angemessenen Frist hergestellt werden muss. Eine solche Vorschrift sollte die Parteien nicht daran hindern, eine bestimmte Frist für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu vereinbaren. Der vertragsgemäße Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sollte kostenfrei hergestellt werden. Insbesondere sollten dem Verbraucher keine Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung einer aktualisierten Version der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen entstehen.
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(65) Ist die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen rechtlich oder tatsächlich unmöglich oder weigert sich der Unternehmer, den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen herzustellen, da ihm dies unverhältnismäßige Kosten verursachen würde, oder hat der Unternehmer den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht innerhalb einer angemessenen Frist kostenlos und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher hergestellt, so sollte der Verbraucher Anspruch auf Abhilfe in Form einer Preisminderung oder einer Beendigung des Vertrags haben. In bestimmten Fällen ist es gerechtfertigt, dass der Verbraucher sofort Anspruch auf Minderung des Preises oder Beendigung des Vertrags haben sollte, beispielsweise wenn der Unternehmer bereits zuvor die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen erfolglos herzustellen versucht hat oder wenn aufgrund der schwerwiegenden Art der Vertragswidrigkeit vom Verbraucher kein weiteres Vertrauen in die Fähigkeit des Unternehmers, den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen herzustellen, erwartet werden kann. So sollte der Verbraucher beispielsweise das Recht haben, unmittelbar die Beendigung des Vertrags oder eine Preisminderung zu fordern, wenn ihm ein Antivirenprogramm bereitgestellt wird, das selbst mit Viren infiziert ist, da dies eine solche schwerwiegende Vertragswidrigkeit darstellen würde. Dasselbe sollte gelten, wenn klar zu erkennen ist, dass der Unternehmer den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistung nicht innerhalb einer angemessenen Frist bzw. nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher herstellen wird. (66) Hat der Verbraucher Anspruch auf eine Minderung des Preises, der für über einen Zeitraum bereitgestellte digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen gezahlt wird, so sollte bei der Berechnung der Preisminderung die Wertminderung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung sowohl aufgrund der Vertragswidrigkeit als auch aufgrund des Zeitraums, in dem der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht in vertragsgemäßem Zustand nutzen konnte, berücksichtigt werden. (67) Werden die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gegen Zahlung eines Preises bereitgestellt, so sollte der Verbraucher den Vertrag nur dann beenden können, wenn es sich nicht um eine geringfügige Vertragswidrigkeit handelt. Wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zwar nicht gegen Zahlung eines Preises bereitgestellt werden, der Verbraucher jedoch personenbezogene Daten bereitstellt, so sollte der Verbraucher das Recht haben, den Vertrag auch in Fällen einer geringfügigen Vertragswidrigkeit zu beenden, da ihm Abhilfe in Form einer Preisminderung nicht zur Verfügung steht. In Fällen, in denen der Verbraucher sowohl einen Preis zahlt als auch personenbezogene Daten bereitstellt, sollte der Verbraucher im Fall einer Vertragswidrigkeit Anspruch auf alle zur Verfügung stehenden Abhilfen haben. Insbesondere sollte der Verbraucher, sofern alle anderen Bedingungen erfüllt sind, Anspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, eine Minderung des für die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gezahlten Preises oder die Beendigung des Vertrags haben.
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(68) Beendet der Verbraucher den Vertrag, sollte der Unternehmer dem Verbraucher den gezahlten Preis erstatten. Werden digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen über einen Zeitraum bereitgestellt und entsprechen sie nur während eines Teils dieses Zeitraums dem Vertrag, so sollten die legitimen Interessen von Verbrauchern und Unternehmern gegeneinander abgewogen werden. Bei Beendigung des Vertrags sollte der Verbraucher daher nur Anspruch auf den Anteil des gezahlten Preises haben, der dem Zeitraum entspricht und zur Länge des Zeitraums im Verhältnis steht, in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vertragswidrig waren. Der Verbraucher sollte auch Anspruch auf den Anteil des Preises haben, den er im Voraus für den nach Beendigung des Vertrags verbleibenden Zeitraum gezahlt hat. (69) Stellt der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereit, so sollte der Unternehmer die Verpflichtungen der Verordnung (EU) 2016/679 einhalten. Solche Verpflichtungen sollten auch in jenen Fällen zu erfüllen sein, in denen der Verbraucher eine Geldzahlung leistet und personenbezogene Daten bereitstellt. Nach Beendigung des Vertrags sollte es der Unternehmer zudem unterlassen, Inhalte, die nicht personenbezogene Daten sind und die vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden, zu nutzen. Solche anderen Inhalte könnten digitale Bilder, Video- und Audiodateien oder auf mobilen Geräten erstellte Inhalte umfassen. Jedoch sollte der Unternehmer berechtigt sein, die vom Verbraucher bereitgestellten oder erstellten Inhalte weiter zu nutzen, wenn solche Inhalte außerhalb des Kontextes der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen keinen Nutzen haben, wenn sie ausschließlich mit der Aktivität des Verbrauchers zusammenhängen, wenn sie vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert wurden und nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden können oder wenn sie vom Verbraucher gemeinsam mit anderen erzeugt wurden und sie von anderen Verbrauchern weiter genutzt werden können. (70) Der Verbraucher könnte von der Inanspruchnahme von Abhilfen bei Vertragswidrigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen abgehalten werden, wenn ihm der Zugang zu anderem Inhalt als personenbezogenen Daten genommen wurde, den er durch die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt hat. Um sicherzustellen, dass der Verbraucher im Hinblick auf das Recht zur Beendigung des Vertrags wirksamen Schutz genießt, sollte der Unternehmer dem Verbraucher auf dessen Ersuchen diese Inhalte daher nach Beendigung des Vertrags zugänglich machen. (71) Der Verbraucher sollte das Recht haben, die Inhalte innerhalb einer angemessenen Frist, ohne Behinderung durch den Unternehmer, in einem gebräuchlichen, maschinenlesbaren Format und kostenfrei wiederzuerlangen; dies gilt nicht für Kosten wie Internetverbindungskosten, die durch die digitale Umgebung des Verbrauchers bedingt sind, da diese Kosten nicht spezifisch mit der Wiedererlangung der Inhalte zusammenhängen. Die Verpflichtung des Unternehmers zur Zugänglichmachung solcher Inhalte sollte jedoch nicht gelten, wenn die Inhalte nur im Kontext der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen von Nutzen sind, sie ausschließlich
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mit der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher zusammenhängen oder sie vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert wurden und nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden können. In diesen Fällen sind die Inhalte für den Verbraucher nicht von nennenswertem praktischen Nutzen oder von nennenswertem Belang, wobei auch die Interessen des Unternehmers zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus sollte die Verpflichtung des Unternehmers, dem Verbraucher nach Beendigung des Vertrags Inhalte bereitzustellen, die keine personenbezogenen Daten darstellen und die vom Verbraucher bereitgestellt oder erstellt wurden, unbeschadet des Rechts des Unternehmers gelten, im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften bestimmte Inhalte nicht offenzulegen. (72) Wurde der Vertrag beendet, sollte der Verbraucher nicht verpflichtet sein, für die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen für einen Zeitraum, in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vertragswidrig waren, zu zahlen, da dem Verbraucher hierdurch der wirksame Schutz entzogen würde. Jedoch sollte der Verbraucher auch die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und deren Zurverfügungstellung an Dritte unterlassen, beispielsweise indem er die digitalen Inhalte oder jede verwendbare Kopie löscht oder die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen auf andere Weise unzugänglich macht. (73) Der Grundsatz der Haftung des Unternehmers für Schäden ist ein wesentlicher Bestandteil von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen. Daher sollte der Verbraucher Anspruch auf Entschädigung für die Nachteile haben, die auf eine Vertragswidrigkeit oder eine unterlassene Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen zurückzuführen sind. Die Entschädigung sollte den Verbraucher so weit wie möglich in die Lage versetzen, in der er sich befunden hätte, wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ordnungsund vertragsgemäß bereitgestellt worden wären. Da ein solcher Schadensersatzanspruch bereits in allen Mitgliedstaaten besteht, sollte diese Richtlinie die nationalen Vorschriften über die Entschädigung von Verbrauchern für Schäden, die sich aus dem Verstoß gegen diese Vorschriften ergeben, unberührt lassen. (74) Diese Richtlinie sollte auch Änderungen wie etwa Aktualisierungen und Verbesserungen (Upgrades) erfassen, die von den Unternehmern an digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen, die dem Verbraucher über einen Zeitraum bereitgestellt oder zugänglich gemacht werden, vorgenommen werden. Da sich digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen rasch weiterentwickeln, können solche Aktualisierungen, Verbesserungen oder ähnliche Änderungen erforderlich sein; für den Verbraucher sind sie oftmals vorteilhaft. Einige Änderungen – etwa solche, die im Vertrag als Aktualisierungen festgelegt sind – können Bestandteil der Vertragspflichten sein. Andere Änderungen können zur Einhaltung der in dieser Richtlinie vorgesehenen objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen erforderlich sein. Anderen Änderungen wiederum, die von den objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit abweichen würden und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhersehbar sind, müsste der Verbraucher beim Abschluss des Vertrags ausdrücklich zustimmen.
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(75) Zusätzlich zu Änderungen, die der Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit dienen, sollte es dem Unternehmer unter bestimmten Umständen auch gestattet sein, Merkmale der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu ändern, sofern im Vertrag ein triftiger Grund für eine solche Änderung angegeben ist. Solche triftigen Gründe könnten Fälle umfassen, in denen die Änderung erforderlich ist, um die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen an eine neue technische Umgebung oder an eine erhöhte Nutzerzahl anzupassen, oder in denen sie aus anderen wichtigen betriebstechnischen Gründen erforderlich ist. Solche Änderungen sind häufig vorteilhaft für den Verbraucher, da sie die digitalen Inhalte bzw. digitalen Dienstleistungen verbessern. Daher sollten die Vertragsparteien entsprechende Klauseln in den Vertrag aufnehmen können, die es dem Unternehmer ermöglichen, Änderungen vorzunehmen. Um die Interessen von Verbrauchern und Unternehmen in Einklang zu bringen, sollte diese Möglichkeit für den Unternehmer mit einem Recht für den Verbraucher einhergehen, den Vertrag zu beenden, wenn sich solche Änderungen mehr als nur geringfügig negativ auf die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen oder den Zugang zu ihnen auswirken. Das Maß, in dem sich Änderungen negativ auf die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher oder seinen Zugang zu ihnen auswirken, sollte in Anbetracht von Art und Zweck der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und der Qualität, der Funktionalität, der Kompatibilität und anderer wesentlicher Merkmale, wie sie bei digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen derselben Art üblich sind, objektiv bestimmt werden. Die in der vorliegenden Richtlinie festgelegten Vorschriften für solche Aktualisierungen, Verbesserungen oder ähnliche Änderungen sollten jedoch nicht für Fälle gelten, in denen die Vertragsparteien beispielsweise infolge der Herausgabe einer neuen Version der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen einen neuen Vertrag über die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen schließen. (76) Verbraucher sollten über Änderungen in klarer und verständlicher Weise informiert werden. Wirkt sich eine Änderung für den Verbraucher mehr als nur geringfügig negativ auf den Zugang zu digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen oder deren Nutzung aus, so sollte der Verbraucher darüber auf eine Weise informiert werden, die die Speicherung dieser Informationen auf einem dauerhaften Datenträger ermöglicht. Ein dauerhafter Datenträger sollte es dem Verbraucher ermöglichen, Informationen so lange zu speichern, wie es für den Schutz der Interessen des Verbrauchers in seinen Beziehungen zum Unternehmer erforderlich ist. Diese dauerhaften Datenträger sollten insbesondere Papier, DVDs, CDs, USB-Sticks, Speicherkarten und Festplatten sowie E-Mails umfassen. (77) Wirkt sich eine Änderung für den Verbraucher mehr als nur geringfügig negativ auf den Zugang zu digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen oder deren Nutzung aus, so sollte der Verbraucher das Recht haben, den Vertrag infolge einer solchen Änderung kostenfrei zu beenden. Alternativ kann sich der Unternehmer dazu entscheiden, dem Verbraucher ohne zusätzliche Kosten weiterhin den Zugang zu den digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen ohne die Änderung und im Einklang mit dem Vertrag zu ermöglichen; in diesem Fall sollte der Verbraucher nicht das Recht haben, den Vertrag zu beenden. Stehen die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, zu denen der Unternehmer dem Verbraucher weiterhin den Zugang ermöglicht hat, jedoch
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nicht mehr mit den subjektiven und objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit im Einklang, so sollte der Verbraucher Anspruch auf die in dieser Richtlinie vorgesehenen Abhilfen bei Vertragswidrigkeit haben. Wenn die Anforderungen an eine solche Änderung gemäß dieser Richtlinie nicht erfüllt sind und die Änderung eine Vertragswidrigkeit zur Folge hat, so sollten die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte des Verbrauchers auf Herstellung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, auf Preisminderung oder auf Beendigung des Vertrags unberührt bleiben. Gleichermaßen gilt, dass der Verbraucher, wenn im Anschluss an eine Änderung eine Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen auftritt, die nicht durch die Änderung verursacht wurde, weiterhin Anspruch auf die in dieser Richtlinie bestimmten Abhilfen bei Vertragswidrigkeit in Bezug auf diese digitalen Inhalte bzw. digitalen Dienstleistungen haben sollte. (78) Die Vertragswidrigkeit der dem Verbraucher bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ist häufig auf ein Glied innerhalb der gewerblichen Vertragskette vom ursprünglichen Entwurf bis hin zur endgültigen Bereitstellung zurückzuführen. Obschon bei Vertragswidrigkeit der letzte Unternehmer gegenüber dem Verbraucher haften sollte, ist es wichtig, sicherzustellen, dass der Unternehmer zur Deckung dieser Haftung gegenüber dem Verbraucher angemessene Rechte gegenüber verschiedenen Personen in der Vertragskette hat. Diese Rechte sollten sich auf den Geschäftsverkehr beschränken und sollten daher nicht in Fällen gelten, in denen der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher wegen einer Vertragswidrigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen haftet, die sich aus einer Software zusammensetzen oder auf einer Software aufbauen, die ohne die Zahlung eines Preises im Rahmen einer freien und quelloffenen Lizenz von einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette bereitgestellt wurde. Allerdings sollte es den Mitgliedstaaten obliegen, die Personen in der Vertragskette, gegen die der letzte Unternehmer Ansprüche geltend machen kann, sowie die Regelungen und Modalitäten für die Geltendmachung dieser Ansprüche nach nationalem Recht festzulegen. (79) Personen oder Organisationen, die nach nationalem Recht ein berechtigtes Interesse daran haben, die vertraglichen Rechte und die Datenschutzrechte der Verbraucher zu schützen, sollten das Recht erhalten, sich an ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde, die über Beschwerden entscheiden oder geeignete gerichtliche Schritte einleiten kann, zu wenden, um sicherzustellen, dass die nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der vorliegenden Richtlinie angewendet werden. (80) Diese Richtlinie sollte die Anwendung der Vorschriften des internationalen Privatrechts, insbesondere der Verordnungen (EG) Nr. 593/200814 und (EU) Nr. 1215/201215 des Europäischen Parlaments und des Rates, unberührt lassen.
Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6). 15 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1). 14
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(81) Anhang I der Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates16 sollte zur Einfügung eines Verweises auf die vorliegende Richtlinie geändert werden, damit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Durchsetzung dieser Richtlinie erleichtert wird. (82) Anhang I der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates17 sollte zur Einfügung eines Verweises auf die vorliegende Richtlinie geändert werden, um zu gewährleisten, dass der Schutz der in dieser Richtlinie festgelegten Kollektivinteressen der Verbraucher gewährleistet ist. (83) Die Verbraucher sollten ihre gemäß dieser Richtlinie gewährten Rechte wahrnehmen können, sobald die entsprechenden nationalen Umsetzungsmaßnahmen gelten. Daher sollten diese nationalen Umsetzungsmaßnahmen auch für Verträge mit einer unbefristeten oder befristeten Laufzeit gelten, die vor dem Zeitpunkt des Anwendungsbeginns dieser Maßnahmen geschlossen wurden und in denen die fortlaufende Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen bzw. deren Bereitstellung im Wege einer Reihe einzelner Bereitstellungen über einen Zeitraum vorgesehen ist, jedoch nur in Bezug auf die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die ab dem Zeitpunkt der Anwendung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen bereitgestellt werden. Um die berechtigten Interessen von Verbrauchern und Unternehmen in Einklang zu bringen, sollten jedoch die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie zur Änderung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und zu Rückgriffsansprüchen nur auf Verträge angewandt werden, die nach dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Zeitpunkt der Anwendung geschlossen wurden. (84) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten18 haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 1). 17 Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30). 18 ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14. 16
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(85) Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates19 angehört und hat seine Stellungnahme am 14. März 2017 abgegeben.20 (86) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich einen Beitrag zum Funktionieren des Binnenmarkts zu leisten, indem unter Verhinderung einer Rechtsfragmentierung vertragsrechtliche Hindernisse für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen einheitlich angegangen werden, von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße erreicht werden kann, sondern sich zum Zwecke der Sicherstellung der Gesamtkohärenz der nationalen Rechtsvorschriften durch harmonisierte vertragsrechtliche Vorschriften, die auch koordinierte Durchsetzungs maßnahmen erleichtern würden, besser auf Unionsebene verwirklichen lässt, kann die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsgrundsatz in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus. (87) Diese Richtlinie wahrt die Grundrechte und Grundfreiheiten sowie die Grund sätze, wie sie unter anderem in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind, insbesondere in deren Artikel 16, 38 und 47 – HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: Artikel 1 Gegenstand und Zweck Ziel dieser Richtlinie ist es, zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen und dabei ein hohes Verbraucherschutzniveau herzustellen, indem gemeinsame Vorschriften über bestimmte Anforderungen an zwischen Unternehmern und Verbrauchern geschlossene Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen festgelegt werden, insbesondere die Regelungen über • die Vertragsmäßigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, • die Abhilfen bei Vertragswidrigkeit oder nicht erfolgter Bereitstellung und die Art und Weise der Inanspruchnahme dieser Abhilfen, und • die Änderung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen.
Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001 S. 1). 20 ABl. C 200 vom 23.6.2017, S. 10. 19
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Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck 1. „digitale Inhalte“ Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden; 2. „digitale Dienstleistungen“ a) Dienstleistungen, die dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen, oder b) Dienstleistungen, die die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen; 3. „Waren mit digitalen Elementen“ bewegliche körperliche Gegenstände, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen könnten; 4. „Integration“ die Verbindung und die Einbindung von digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen mit den bzw. in die Komponenten der digitalen Umgebung des Verbrauchers, damit die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gemäß den in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit genutzt werden können; 5. „Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder privater Natur ist, die in Bezug auf von dieser Richtlinie erfasste Verträge selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken handelt, die innerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen; 6. „Verbraucher“ jede natürliche Person, die in Bezug auf von dieser Richtlinie erfasste Verträge zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen; 7. „Preis“ Geld oder eine digitale Darstellung eines Werts, das bzw. die im Austausch für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen geschuldet wird; 8. „personenbezogene Daten“ personenbezogene Daten im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679; 9. „digitale Umgebung“ Hardware, Software und Netzverbindungen aller Art, die von dem Verbraucher für den Zugang zu oder die Nutzung von digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen verwendet werden; 10. „Kompatibilität“ die Fähigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, mit Hardware oder Software zu funktionieren, mit der digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art in der Regel genutzt werden, ohne dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen konvertiert werden müssen;
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11. „Funktionalität“ die Fähigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, ihre Funktionen ihrem Zweck entsprechend zu erfüllen; 12. „Interoperabilität“ die Fähigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, mit anderer Hardware oder Software als derjenigen, mit der digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art in der Regel genutzt werden, zu funktionieren; 13. „dauerhafter Datenträger“ jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht. Artikel 3 Anwendungsbereich (1) Diese Richtlinie gilt für alle Verträge, auf deren Grundlage der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher einen Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt. Diese Richtlinie gilt auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt, außer in Fällen, in denen die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten durch den Unternehmer ausschließlich zur Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen im Einklang mit dieser Richtlinie oder zur Erfüllung von vom Unternehmer einzuhaltenden rechtlichen Anforderungen verarbeitet werden und der Unternehmer diese Daten zu keinen anderen Zwecken verarbeitet. (2) Diese Richtlinie gilt auch, wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienst leistungen nach den Spezifikationen des Verbrauchers entwickelt werden. (3) Mit Ausnahme der Artikel 5 und 13 gilt diese Richtlinie auch für alle kör perlichen Datenträger, die ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dienen. (4) Diese Richtlinie gilt nicht für digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen, die im Sinne von Artikel 2 Nummer 3 in Waren enthalten oder mit ihnen verbunden sind und gemäß einem diese Waren betreffenden Kaufvertrag mit diesen Waren bereitgestellt werden, unabhängig davon, ob diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Verkäufer oder von einem Dritten bereitgestellt werden. Bestehen Zweifel, ob die Bereitstellung in einer Ware enthaltener oder mit ihr verbundener digitaler Inhalte oder in ihr enthaltener oder mit ihr verbundener digitaler Dienstleistungen Bestandteil des Kaufvertrags ist, so wird vermutet, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Kaufvertrag umfasst sind. (5) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge, die Folgendes zum Gegenstand haben:
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a) die Erbringung von Dienstleistungen, die keine digitalen Dienstleistungen sind, unabhängig davon, ob der Unternehmer digitale Formen oder Mittel einsetzt, um das Ergebnis der Dienstleistung zu generieren oder es dem Verbraucher zu liefern oder zu übermitteln; b) elektronische Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2018/1972, ausgenommen nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 7 der genannten Richtlinie; c) Gesundheitsdienstleistungen im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/EU; d) elektronisch oder mit jeder anderen Technologie, die eine Kommunikation ermöglicht, und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Glücksspiel dienstleistungen, also Dienstleistungen, die bei Glücksspielen wie Lotterien, Kasinospielen, Pokerspielen und Wetten, einschließlich Spielen, die eine gewisse Geschicklichkeit voraussetzen, einen geldwerten Einsatz erfordern; e) Finanzdienstleistungen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie 2002/65/EG; f) Software, die der Unternehmer im Rahmen einer freien und quelloffenen Lizenz anbietet, sofern der Verbraucher keinen Preis zahlt und die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten durch den Unternehmer ausschließlich zur Verbesserung der Sicherheit, der Kompatibilität oder der Interoperabilität dieser speziellen Software verarbeitet; g) die Bereitstellung digitaler Inhalte, wenn die digitalen Inhalte der Öffentlichkeit auf eine andere Weise als durch Signalübermittlung als Teil einer Darbietung oder Veranstaltung, wie einer digitalen Kinovorführung, zugänglich gemacht werden; h) digitale Inhalte, die gemäß der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates21 von öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten bereitgestellt werden. (6) Unbeschadet des Absatzes 4 dieses Artikels gilt diese Richtlinie bei einem einzigen Vertrag zwischen demselben Unternehmer und demselben Verbraucher, der in einem Paket neben der Bereitstellung digitaler Inhalte oder Dienstleistungen Elemente der Bereitstellung anderer Dienstleistungen oder Waren enthält, nur für die Elemente des Vertrags, die die digitalen Inhalte bzw. Dienstleistungen betreffen. Artikel 19 der vorliegenden Richtlinie gilt nicht, wenn ein Paket im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/1972 Elemente eines Internetzugangsdienstes im Sinne des Artikels 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des
Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 90). 21
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Rates22 oder nummerngebundener interpersoneller Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Richtlinie (EU) 2018/1972 umfasst. Unbeschadet des Artikels 107 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2018/1972 werden die Auswirkungen, die die Beendigung eines Elements eines Paketvertrags auf die übrigen Elemente des Paketvertrags haben kann, vom nationalen Recht geregelt. (7) Kollidiert eine Bestimmung dieser Richtlinie mit einer Bestimmung eines anderen Unionsrechtsakts, der einen bestimmten Sektor oder Gegenstand regelt, so hat die Bestimmung dieses anderen Unionsrechtsakts Vorrang vor dieser Richtlinie. (8) Das Unionsrecht betreffend den Schutz personenbezogener Daten gilt für alle personenbezogenen Daten, die im Zusammenhang mit Verträgen gemäß Absatz 1 verarbeitet werden. Insbesondere lässt diese Richtlinie die Verordnung (EU) 2016/679 und die Richtlinie 2002/58/EG unberührt. Im Fall von Widersprüchen zwischen Bestimmungen dieser Richtlinie und dem Unionsrecht zum Schutz personenbezogener Daten ist letzteres maßgeblich. (9) Diese Richtlinie lässt das Unionsrecht und das nationale Recht auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte, einschließlich der Richtlinie 2001/29/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates,23 unberührt. (10) Diese Richtlinie lässt die Freiheit der Mitgliedstaaten zur Regelung von Aspekten des allgemeinen Vertragsrechts, wie der Bestimmungen über das Zustandekommen, die Wirksamkeit, die Nichtigkeit oder die Wirkungen eines Vertrags einschließlich der Folgen der Vertragsbeendigung, soweit diese Aspekte nicht in dieser Richtlinie geregelt werden, oder zur Regelung des Rechts auf Schadensersatz unberührt. Artikel 4 Grad der Harmonisierung Sofern in dieser Richtlinie nichts anderes bestimmt ist, dürfen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht keine von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichenden Vorschriften aufrechterhalten oder einführen; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Vorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus. Artikel 5 Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitaler Dienstleistungen (1) Der Unternehmer stellt die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen dem Verbraucher bereit. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, stellt der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nach Vertragsschluss unverzüglich bereit.
Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zu Endkundenentgelten für regulierte intra- EU-Kommunikation sowie zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG und der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1). 23 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10). 22
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(2) Der Unternehmer hat die Verpflichtung zur Bereitstellung erfüllt, sobald a) die digitalen Inhalte oder jedes Mittel, die/das für den Zugang zu den digitalen Inhalten oder deren Herunterladen geeignet ist, dem Verbraucher oder einer von ihm zu diesem Zweck bestimmten körperlichen oder virtuellen Einrichtung zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht worden ist; b) die digitale Dienstleistung dem Verbraucher oder einer von ihm zu diesem Zweck bestimmten körperlichen oder virtuellen Einrichtung zugänglich gemacht worden ist. Artikel 6 Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen Der Unternehmer stellt dem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen bereit, die unbeschadet des Artikels 10 und soweit jeweils anwendbar, die Anforderungen der Artikel 7, 8 und 9 erfüllen. Artikel 7 Subjektive Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit Die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen sind vertragsgemäß, wenn sie, soweit zutreffend, insbesondere a) hinsichtlich der Beschreibung, Quantität und Qualität, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Interoperabilität und sonstiger Merkmale den Anforderungen entsprechen, die sich aus dem Vertrag ergeben; b) sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck eignen, den der Verbraucher dem Unternehmer spätestens bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht hat und dem der Unternehmer zugestimmt hat; c) den Anforderungen des Vertrags entsprechend mit sämtlichem Zubehör, sämtlichen Anleitungen – einschließlich zur Installation – und Kundendienst bereitgestellt werden und d) wie im Vertrag bestimmt aktualisiert werden. Artikel 8 Objektive Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit (1) Zusätzlich zur Einhaltung der subjektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit müssen die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen a) sich für die Zwecke eignen, für die digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art in der Regel genutzt werden, soweit anwendbar unter Berücksichtigung des geltenden Unions- und nationalen Rechts, technischer Normen oder, in Ermangelung solcher technischer Normen, anwendbarer sektorspezifischer Verhaltenskodizes; b) der Quantität, den Eigenschaften und den Leistungsmerkmalen – darunter Funktionalität, Kompatibilität, Zugänglichkeit, Kontinuität und Sicherheit – entsprechen, die bei digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen derselben Art üblich sind und die der Verbraucher aufgrund der Art der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und unter Berücksichtigung öffentlicher Erklärungen, die von dem Unternehmer oder anderen Personen in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette oder in deren Namen insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett abgegeben werden, vernünftigerweise erwarten kann, es sei denn, der Unternehmer weist nach, dass
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i) der Unternehmer die betreffende öffentliche Erklärung nicht kannte und vernünftigerweise nicht kennen konnte, ii) die öffentliche Erklärung bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder einer vergleichbaren Weise wie jener, in der sie abgegeben wurde, berichtigt worden ist, oder iii) die Entscheidung, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu erwerben, nicht durch die öffentliche Erklärung beeinflusst worden sein konnte; c) soweit zutreffend mit dem Zubehör und den Anleitungen, deren Erhalt der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, bereitgestellt werden und d) der durch den Unternehmer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Testversion oder Voranzeige der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen entsprechen. (2) Der Unternehmer stellt sicher, dass der Verbraucher über Aktualisierungen, einschließlich Sicherheitsaktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen erforderlich sind, informiert wird und dass diese ihm bereitgestellt werden, und zwar während des Zeitraums, a) in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Rahmen des Vertrags bereitzustellen sind, wenn der Vertrag eine fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum vorsieht, oder b) den der Verbraucher aufgrund der Art und des Zwecks der digitalen Inhalte oder digitale Dienstleistungen und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags vernünftigerweise erwarten kann, wenn der Vertrag eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen vorsieht. (3) Installiert der Verbraucher Aktualisierungen, die ihm vom Unternehmer in Übereinstimmung mit Absatz 2 bereitgestellt wurden, nicht innerhalb einer angemessenen Frist, so haftet der Unternehmer nicht für eine etwaige Vertragswidrigkeit, die allein auf das Fehlen der entsprechenden Aktualisierung zurückzuführen ist, sofern a) der Unternehmer den Verbraucher über die Verfügbarkeit der Aktualisierung und darüber, welche Folgen es hat, wenn der Verbraucher diese nicht installiert, informiert hat und b) die Tatsache, dass der Verbraucher die Aktualisierung nicht oder unsachgemäß installiert hat, nicht auf eine vom Unternehmer bereitgestellte mangelhafte Installationsanleitung zurückzuführen ist. (4) Sieht ein Vertrag die fortlaufende Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen über einen Zeitraum vor, so müssen die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen während des gesamten Zeitraums vertragsgemäß sein. (5) Es liegt keine Vertragswidrigkeit im Sinne der Absätze 1 oder 2 vor, wenn der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eigens darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen
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von den in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit abweicht, und er bei Vertragsschluss diese Abweichung ausdrücklich und gesondert akzeptiert hat. (6) Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, müssen digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neuesten verfügbaren Version bereitgestellt werden. Artikel 9 Unsachgemäße Integration der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen Jede durch die unsachgemäße Integration der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen in die digitale Umgebung des Verbrauchers verursachte Vertragswidrigkeit ist als Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen anzusehen, wenn a) die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Unternehmer oder unter seiner Verantwortung integriert wurden oder b) die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Verbraucher zu integrieren waren und die unsachgemäße Integration auf eine mangelhafte, vom Unternehmer bereitgestellte Anleitung zurückzuführen ist. Artikel 10 Rechte Dritter Wenn eine Beschränkung, die sich aus der Verletzung von Rechten Dritter – insbesondere von Rechten des geistigen Eigentums – ergibt, die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Sinne der Artikel 7 und 8 verhindert oder einschränkt, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Verbraucher Anspruch auf die Abhilfen bei Vertragswidrigkeit gemäß Artikel 14 hat, es sei denn, im nationalen Recht ist in solchen Fällen die Nichtigkeit oder Aufhebung des Vertrags über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen vorgesehen. Artikel 11 Haftung des Unternehmers (1) Der Unternehmer haftet für jede nicht in Übereinstimmung mit Artikel 5 erfolgte Bereitstellung der digitalen Inhalte oder Dienstleistungen. (2) Sieht ein Vertrag eine einmalige Bereitstellung oder eine Reihe einzelner Bereitstellungen vor, so haftet der Unternehmer unbeschadet des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe b für jede Vertragswidrigkeit im Sinne der Artikel 7, 8 und 9, die zum Zeitpunkt der Bereitstellung besteht. Ist der Unternehmer gemäß dem nationalen Recht nur für Vertragswidrigkeiten haftbar, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Bereitstellung offenbar werden, so beträgt dieser Zeitraum unbeschadet des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe b nicht weniger als zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Bereitstellung. Unterliegen die Ansprüche nach Artikel 14 gemäß dem nationalen Recht unter anderem oder ausschließlich einer Verjährungsfrist, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass es diese Verjährungsfrist dem Verbraucher ermöglicht, die Abhilfen nach Artikel 14 bei
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einer Vertragswidrigkeit, die zu dem in Unterabsatz 1 genannten Zeitpunkt besteht und innerhalb des in Unterabsatz 2 genannten Zeitraums offenbar wird, in Anspruch zu nehmen. (3) Sieht ein Vertrag eine fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum vor, so haftet der Unternehmer für eine Vertragswidrigkeit im Sinne der Artikel 7, 8 und 9, die während des Zeitraums, in dem die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen aufgrund des Vertrags bereitzustellen sind, eintritt oder offenbar wird. Unterliegen die Ansprüche nach Artikel 14 gemäß dem nationalen Recht unter anderem oder ausschließlich einer Verjährungsfrist, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass es diese Verjährungsfrist den Verbrauchern ermöglicht, die Abhilfen nach Artikel 14 bei einer Vertragswidrigkeit, die während des in Unterabsatz 1 genannten Zeitraums eintritt oder offenbar wird, in Anspruch zu nehmen. Artikel 12 Beweislast (1) Die Beweislast dafür, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Einklang mit Artikel 5 bereitgestellt wurden, trägt der Unternehmer. (2) In den Fällen nach Artikel 11 Absatz 2 trägt der Unternehmer bei einer Vertragswidrigkeit, die innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen offenbar wird, die Beweislast dafür, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu dem Zeitpunkt der Bereitstellung in vertragsgemäßem Zustand waren. (3) In den Fällen nach Artikel 11 Absatz 3 trägt der Unternehmer für eine Vertragswidrigkeit, die während des Zeitraums, in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen im Rahmen des Vertrags bereitzustellen sind, offenbar wird, die Beweislast dafür, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen während dieses Zeitraums in vertragsgemäßem Zustand waren. (4) Die Absätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer nachweist, dass die digitale Umgebung des Verbrauchers in Bezug auf die technischen Anforderungen der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht kompatibel ist, und wenn er den Verbraucher vor Vertragsschluss in klarer und verständlicher Weise von diesen Anforderungen in Kenntnis gesetzt hat. (5) Der Verbraucher arbeitet mit dem Unternehmer zusammen, soweit dies vernünftigerweise notwendig und möglich ist, um festzustellen, ob die Ursache für die Vertragswidrigkeit der digitalen Inhalte oder Dienstleistungen zu dem in Artikel 11 Absatz 2 oder Absatz 3 genannten Zeitpunkt in der digitalen Umgebung des Verbrauchers lag. Die Pflicht zur Zusammenarbeit ist auf die technisch verfügbaren Mittel beschränkt, die für den Verbraucher den geringsten Eingriff darstellen. Kommt der Verbraucher seiner Pflicht zur Zusammenarbeit nicht nach und hat der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss in klarer und verständlicher Weise von dieser Pflicht in Kenntnis gesetzt, trägt der Verbraucher die Beweislast dafür, dass die Vertragswidrigkeit zu dem in Artikel 11 Absatz 2 bzw. 3 genannten Zeitpunkt vorlag.
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Artikel 13 Abhilfe bei nicht erfolgter Bereitstellung (1) Hat der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht gemäß Artikel 5 bereitgestellt, so fordert der Verbraucher den Unternehmer auf, die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen bereitzustellen. Versäumt es der Unternehmer daraufhin, die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen unverzüglich oder innerhalb einer ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbarten zusätzlichen Frist bereitzustellen, so ist der Verbraucher zur Beendigung des Vertrags berechtigt. (2) Absatz 1 findet keine Anwendung und der Verbraucher ist zur sofortigen Beendigung des Vertrags berechtigt, wenn a) der Unternehmer erklärt hat oder aus den Umständen eindeutig zu erkennen ist, dass er die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen nicht bereitstellen wird; b) der Verbraucher und der Unternehmer vereinbart haben oder aus den den Vertragsschluss begleitenden Umständen eindeutig zu erkennen ist, dass für den Verbraucher ein bestimmter Zeitpunkt für die Bereitstellung von wesentlicher Bedeutung ist, und der Unternehmer es versäumt, die digitalen Inhalte oder Dienstleistungen bis zu oder zu diesem Zeitpunkt bereitzustellen. (3) Beendet der Verbraucher den Vertrag gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 des vorliegenden Artikels, so finden die Artikel 15 bis 18 entsprechend Anwendung. Artikel 14 Abhilfe bei Vertragswidrigkeit (1) Bei Vertragswidrigkeit hat der Verbraucher unter den in diesem Artikel genannten Bedingungen Anspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, auf eine anteilmäßige Preisminderung oder auf Beendigung des Vertrags. (2) Der Verbraucher hat Anspruch auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, es sei denn, dies wäre unmöglich oder würde dem Unternehmer Kosten verursachen, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unverhältnismäßig wären; zu diesen Umständen zählt Folgendes: a) der Wert, den die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen hätten, wenn keine Vertragswidrigkeit vorläge, und b) die Erheblichkeit der Vertragswidrigkeit. (3) Der Unternehmer hat den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gemäß Absatz 2 innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem er vom Verbraucher von der Vertragswidrigkeit in Kenntnis gesetzt wurde, kostenfrei und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher herzustellen, wobei die Art der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen und der Zweck, für den der Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen benötigt, zu berücksichtigen sind. (4) Der Verbraucher hat Anspruch entweder auf eine anteilmäßige Minderung des Preises gemäß Absatz 5, wenn die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen
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gegen Zahlung eines Preises bereitgestellt werden, oder auf Beendigung des Vertrags gemäß Absatz 6, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt: a) Die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ist gemäß Absatz 2 unmöglich oder unverhältnismäßig; b) der Unternehmer hat den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht gemäß Absatz 3 hergestellt; c) eine Vertragswidrigkeit tritt trotz des Versuchs des Unternehmers ein, den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen herzustellen; d) die Vertragswidrigkeit ist derart schwerwiegend, dass eine sofortige Preisminderung oder Beendigung des Vertrags gerechtfertigt ist; oder e) der Unternehmer hat erklärt oder es ist klar aus den Umständen zu erkennen, dass er den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht innerhalb einer angemessenen Frist bzw. nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher herstellen wird. (5) Die Preisminderung bemisst sich nach dem Verhältnis, in dem der verminderte Wert der dem Verbraucher bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen zu dem Wert steht, den die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gehabt hätten, wenn sie vertragsgemäß gewesen wären. Ist in dem Vertrag festgelegt, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen über einen Zeitraum gegen Zahlung eines Preises bereitgestellt werden, so gilt die Preisminderung für den Zeitraum, in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht in vertragsgemäßem Zustand waren. (6) Wurden die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gegen Zahlung eines Preises bereitgestellt, so ist der Verbraucher nur dann berechtigt, den Vertrag zu beenden, wenn die Vertragswidrigkeit nicht geringfügig ist. Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass die Vertragswidrigkeit geringfügig ist. Artikel 15 Ausübung des Rechts auf Beendigung des Vertrags Der Verbraucher übt sein Recht auf Vertragsbeendigung durch eine Erklärung an den Unternehmer aus, die seinen Entschluss zur Vertragsbeendigung zum Ausdruck bringt. Artikel 16 Pflichten des Unternehmers im Fall der Beendigung des Vertrags (1) Im Fall der Beendigung des Vertrags hat der Unternehmer dem Verbraucher alle im Rahmen des Vertrags gezahlten Beträge zurückzuerstatten. In Fällen, in denen der Vertrag die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gegen Zahlung eines Preises und über einen bestimmten Zeitraum vorsieht und in denen die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen während eines Zeitraums vor der Beendigung des Vertrags in vertragsgemäßem Zustand waren, hat der Unternehmer dem Verbraucher jedoch nur den Anteil des gezahlten Preises zurückzuerstatten, der dem Zeitraum entspricht, in dem die digitalen Inhalte oder
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digitalen Dienstleistungen nicht in vertragsgemäßem Zustand waren, sowie gegebenenfalls den Teil des Preises, den der Verbraucher im Voraus für den verbleibenden Zeitraum des Vertrags – wenn dieser nicht beendet worden wäre – gezahlt hat. (2) In Bezug auf personenbezogene Daten des Verbrauchers hat der Unternehmer die gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 geltenden Verpflichtungen einzuhalten. (3) Der Unternehmer darf Inhalte, die nicht personenbezogene Daten sind, und die vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden, nicht verwenden, es sei denn, diese Inhalte a) haben außerhalb des Kontextes der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen keinen Nutzen, b) hängen ausschließlich mit der Nutzung der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher zusammen, c) wurden vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert und können nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden oder d) wurden vom Verbraucher gemeinsam mit anderen erzeugt, und andere Verbraucher können die Inhalte weiterhin nutzen. (4) Mit Ausnahme der in Absatz 3 Buchstaben a, b oder c genannten Fälle stellt der Unternehmer dem Verbraucher auf dessen Ersuchen alle Inhalte, die nicht personenbezogen Daten sind, bereit, welche vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden. Der Verbraucher ist berechtigt, diese digitalen Inhalte kostenfrei, ohne Behinderung durch den Unternehmer, innerhalb einer angemessenen Frist und in einem allgemein gebräuchlichen und maschinenlesbaren Format wiederzuerlangen. (5) Der Unternehmer darf jede weitere Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher unterbinden, insbesondere indem er unbeschadet des Absatzes 4 den Zugang des Verbrauchers zu den digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen oder das Nutzerkonto des Verbrauchers sperrt. Artikel 17 Pflichten des Verbrauchers im Fall der Beendigung des Vertrags (1) Nach Beendigung des Vertrags hat der Verbraucher die Nutzung der digitalen Inhalte bzw. digitalen Dienstleistungen sowie deren Zurverfügungstellung an Dritte zu unterlassen. (2) Sofern die digitalen Inhalte auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt wurden, hat der Verbraucher auf Aufforderung und auf Kosten des Unternehmers den körperlichen Datenträger dem Unternehmer unverzüglich zurückzusenden. Beschließt der Unternehmer, die Rückgabe des körperlichen Datenträgers zu fordern, so muss diese Aufforderung innerhalb von 14 Tagen ab dem Tag erfolgen, an dem der Unternehmer über den Entschluss des Verbrauchers, den Vertrag zu beenden, in Kenntnis gesetzt wurde.
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(3) Der Verbraucher ist für die Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vor Beendigung des Vertrags in dem Zeitraum, in dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht in vertragsgemäßem Zustand waren, nicht zahlungspflichtig. Artikel 18 Fristen und Zahlungsmittel für die Erstattung durch den Unternehmer (1) Jede Erstattung, die der Unternehmer dem Verbraucher gemäß Artikel 14 Absatz 4 und 5 oder gemäß Artikel 16 Absatz 1 aufgrund einer Preisminderung oder der Beendigung des Vertrags schuldet, hat unverzüglich und in jedem Fall innerhalb von 14 Tagen ab dem Tag, an dem der Unternehmer über den Entschluss des Verbrauchers, sein Recht auf eine Preisminderung oder auf Beendigung des Vertrags in Anspruch zu nehmen, in Kenntnis gesetzt wurde, zu erfolgen. (2) Der Unternehmer nimmt die Erstattung unter Verwendung der gleichen Zahlungsmittel vor, die der Verbraucher zur Zahlung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen verwendet hat, es sei denn, der Verbraucher stimmt ausdrücklich einer anderslautenden Vereinbarung zu, und vorausgesetzt, dass für den Verbraucher infolge einer solchen Erstattung keine Gebühren anfallen. (3) Der Unternehmer berechnet dem Verbraucher für die Erstattung keine Gebühr. Artikel 19 Änderung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen (1) Über das zur Erhaltung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gemäß den Artikeln 7 und 8 erforderliche Maß hinausgehende Änderungen der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die dem Vertrag zufolge dem Verbraucher während eines Zeitraums bereitzustellen oder zugänglich zu machen sind, können vom Unternehmer vorgenommen werden, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: a) Der Vertrag gestattet eine solche Änderung und enthält einen triftigen Grund dafür; b) die Änderung ist für den Verbraucher nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden; c) der Verbraucher wird in klarer und verständlicher Weise von der Änderung in Kenntnis gesetzt und d) in den in Absatz 2 genannten Fällen wird der Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist im Voraus mittels eines dauerhaften Datenträgers über Merkmale und Zeitpunkt der Änderung und über sein Recht, den Vertrag gemäß Absatz 2 zu beenden, oder über die Möglichkeit, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gemäß Absatz 4 unverändert beizubehalten, unterrichtet. (2) Der Verbraucher ist berechtigt, den Vertrag zu beenden, falls durch die Änderung der Zugang des Verbrauchers zu den digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen oder deren Nutzung durch den Verbraucher beeinträchtigt wird, es sei denn, diese Beeinträchtigung ist nur geringfügig. In diesem Fall ist der Verbraucher berechtigt, den Vertrag innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Information oder nach dem Zeitpunkt kostenfrei zu beenden, zu dem die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen vom Unternehmer geändert wurden, je nachdem, welcher Zeitpunkt der spätere ist.
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(3) Beendet der Verbraucher den Vertrag auf der Grundlage von Absatz 2 dieses Artikels, so gelten die Artikel 15 bis 18 entsprechend. (4) Die Absätze 2 und 3 des vorliegenden Artikels finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ermöglicht hat, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen ohne zusätzliche Kosten unverändert beizubehalten, und wenn die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gewahrt bleibt. Artikel 20 Rückgriffsansprüche Haftet der Unternehmer dem Verbraucher für die nicht erfolgte oder die nicht vertragsgemäße Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen infolge eines Handelns oder Unterlassens einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette, ist der Unternehmer berechtigt, den oder die innerhalb der gewerblichen Vertragskette Haftenden in Regress zu nehmen. Welche Person der Unternehmer in Regress nehmen kann, sowie die diesbezüglichen Maßnahmen und Bedingungen für die Geltendmachung der Rückgriffsansprüche bestimmt das nationale Recht. Artikel 21 Rechtsdurchsetzung (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird. (2) Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Vorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den nationalen Rechtsvorschriften bestimmten Ein richtungen die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts anrufen können, um die Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen: a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter, b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, c) Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden, d) Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht, die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig sind, wie in Artikel 80 der Verordnung (EU) 2016/679 beschrieben. Artikel 22 Zwingender Charakter (1) Vertragsklauseln, die die Anwendung nationaler Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie zum Nachteil des Verbrauchers ausschließen, davon abweichen oder deren Wirkungen abändern, bevor der Verbraucher dem Unternehmer die nicht erfolgte Bereitstellung oder die Vertragswidrigkeit zur Kenntnis gebracht hat oder bevor der Unternehmer dem Verbraucher die Änderung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gemäß Artikel 19 zur Kenntnis gebracht hat, sind für den Verbraucher nicht bindend, es sei denn, diese Richtlinie bestimmt etwas anderes.
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(2) Diese Richtlinie hindert den Unternehmer nicht daran, dem Verbraucher Vertragsbedingungen anzubieten, die über den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz hinausgehen. Artikel 23 Änderungen der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG (1) Im Anhang der Verordnung (EU) 2017/2394 wird folgende Nummer eingefügt: „28. Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 1)“. (2) In Anhang I der Richtlinie 2009/22/EG wird folgende Nummer eingefügt: „17. Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 1)“. Artikel 24 Umsetzung (1) Bis zum 1. Juli 2021 erlassen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nach zukommen. Sie setzen die Kommission umgehend davon in Kenntnis. Sie wenden diese Vorschriften ab dem 1. Januar 2022 an. Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. (2) Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, die ab dem 1. Januar erfolgt mit Ausnahme der Artikel 19 und 20 dieser Richtlinie, die nur auf Verträge Anwendung finden, die ab diesem Tag geschlossen werden. Artikel 25 Überprüfung Die Kommission überprüft die Anwendung dieser Richtlinie spätestens am 12. Juni 2024 und legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht vor. In dem Bericht ist unter anderem zu prüfen, ob es einer Harmonisierung der Vorschriften für Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, die nicht von dieser Richtlinie erfasst sind, bedarf, einschließlich Verträge über die Bereitstellung gegen Erbringung einer Gegenleistung in Form von Werbung.
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Artikel 26 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Artikel 27 Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 20. Mai 2019. Im Namen des Europäischen Parlaments Der Präsident A. TAJANI Im Namen des Rates Der Präsident G. CIAMBA
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