129 89 29MB
German Pages 258 Year 1975
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 269
Die Behandlung der sogenannten unverdienten Wertsteigerungen bei der Enteignungsentschädigung, insbesondere in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
Von
Joachim Bauer
Duncker & Humblot · Berlin
JOACHIM BAUER D i e B e h a n d l u n g der sogenannten u n v e r d i e n t e n Wertsteigerungen b e i d e r Enteignungsentschädigung, insbesondere i n d e r h ö c h s t r i c h t e r l i c h e n Rechtsprechung
Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 269
Recht
Die Behandlung der sogenannten unverdienten Wertsteigerungen bei der Enteignungsentschädigung, insbesondere i n der höchstrichterlichen Rechtsprechun g
Von
Dr. Joachim Bauer
D U N C K E R
& H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1975 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1975 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 03393 0 D 6
Grobgliederung
Kapitel
Kapitel
1:
II:
§ 1
Einleitung
1
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis zum I n krafttreten des Preußischen Enteignungsgesetzes von 1874 ..
3
Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes als Grundlage für den Wertsteigerungsausschluß in Deutschland
13
Die Ausrichtung der Entschädigung am Verkehrswert nach preußischem Hecht
13
§ 2
Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 PrEG
19
§ 3
§ 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses i n seiner Ausgestaltung durch Rechtsprechung und Lehre ..
31
§ 4
Anhang: Der Wertsteigerungsausschluß i n den außerpreußischen Landesrechten
72
Die Rechtsentwicklung in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bis zur Einführung des Preisstops; Ansätze zu einem generellen Ausschluß besonders mißbilligter Wertsteigerungen
74
Der zeitlich begrenzte Ausschluß kriegsbedingter Wertsteigerungen der Weimarer Zeit
74
Der Ausschluß von unverdienten Wertsteigerungen, insbesondere von Spekulationsgewinnen i m NS-Staat außerhalb des Preisrechts
86
Das Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses ..
99
Das nationalsozialistische Preisrecht i n der Enteignungsentschädigung
99
Kapitel
III:
§ 1 § 2
Kapitel § 1
IV:
§ 2
Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. W e l t krieg 112
§3
§41 Hessisches Aufbaugesetz
126
§ 4
§ 10 Baulandbeschaffungsgesetz
131
V I n h a l t s v e r z e i c h n i s Kapitel
V:
Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
149
§ 1
Die Leitgedanken insbesondere der Entschädigungsrechtsprechung und ihre Bedeutung für die unverdienten Wertsteigerungen 149
§ 2
Die Bewertungszeitpunkte
§ 2a
Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G ; insbesondere die Behandlung der Zwischenwertsteigerungen .. 184
§ 3
Das i n § 10 Abs. 2 PrEG enthaltene Prinzip seit Ende des 2. Weltkrieges 196
Kapitel
VI:
Schluß
159
218
Gliederung Einleitung
1 Kapitel
I
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis zum Inkrafttreten des Preußischen Enteignungsgesetzes von 1874 1.
Die Rolle der Entschädigung seit Ende des 18. Jahrhunderts
3
2.
Die frühe französische Gesetzgebung i n Deutschland
5
3. 3.1.
Das frühe deutsche Entschädigungsrecht bis 1874 K a u m nachweisbare Querverbindungen zum französischen Recht Gemeinsamkeiten des frühen Entschädigungsrechts Der Ausschluß enteignungsbedingter Wertsteigerungen Der Wertsteigerungsausschluß i m Rahmen der vollen Entschädigung bei Entschädigung des Verkehrswertes Entgangener Gewinn und Grundstücksverkehr Der Grundstücksverkehr bei der E r m i t t l u n g der Nutzungsfähigkeit K o r r e k t u r von Preisschwankungen Ansätze zum Wertsteigerungsausschluß bei Festsetzung des Bewertungszeitpunktes
6
3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.2.1. 3.2.2.2. 3.2.2.3. 3.2.3.
Kapitel
6 8 8 9 10 10 11 12
II
Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes als Grundlage für den Wertsteigerungsausschluß in Deutschland § 1 1. 1.1.
Die Ausrichtung der preußischem Recht
Entschädigung
am Verkehrswert
nach
Allgemeiner Entschädigungsumfang nach dem PrEG Der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage für den objektiven Wert
13 13 14
Vili
Inhaltsverzeichnis
1.2.
Wiederbeschaffungswert
15
2.
Bestimmung des Verkehrswertes
16
3.
Wertsteigerungen u n d Verkehrs wert
16
4. 4.1. 4.2.
Ausnahmen von der reinen Verkehrs Wertentschädigung Wert innerhalb der natürlichen Schwankungen Gesunder Grundstücksverkehr bei Zwischenstufenland
17 17 17
§ 2
Der Zeitpunkt
19
1.
Die Bedeutung des Zeitpunktes der Wertbemessung
19
2.
K e i n Zeitpunkt vor der Enteignung
20
3.
Die drei Hauptmeinungen zum Bewertungszeitpunkt
21
3.1. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4.
21 22 22 23 23
3.2.5. 3.2.6. 3.2.6.1. 3.2.6.2. 3.2.6.2.1. 3.2.6.2.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2.
Definitive Planfeststellung Entschädigungsfeststellungsbeschluß bzw. dessen Zustellung . . Begründung Vorbehalte Egers Keine Verschiebung durch Retaxation Die herrschende Meinung, insbesondere die ständige Rechtsprechung des R G Geltung desselben Zeitpunktes auch für das Fluchtliniengesetz Ausnahmen Beseitigung der Nachteile durch den Unternehmer Vorzeitige Inbesitznahme durch den Unternehmer Arten Verflechtung m i t Verzinsung Zustellung des Enteignungsbeschlusses Argumente dagegen Koffka
4.
Schluß
29
5.
Preisgefüge u n d Geldwert i n der Zeit 1919 - 1924
30
§3
§10 Abs. 2 PrEG als Kern des Wertsteigerungsausschlusses seiner Ausgestaltung durch Rechtsprechung und Lehre
der Wertbemessung
im Rahmen des § 8 PrEG
23 24 25 25 25 25 25 27 27 27
in 31
1.
Werterhöhungen des abzutretenden Grundstücks
32
2. 2.1. 2.2.
Werterhöhungen Arten Werterhöhungen i m Zeitablauf
32 32 32
3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.3.1.
„Infolge" der Anlage Der Gesetzeswortlaut vor dem Hintergrund der Materialien . . Verständnis i n Rechtsprechung und Lehre Kausale Verknüpfung zwischen Wertsteigerungen u n d Anlage Kausalitätsanforderung
32 32 34 35 35
Inhaltsverzeichnis 3.3.2. 3.4.
Allgemeine Werterhöhungen Inhaltliche Rechtfertigung des § 10 Abs. 2 PrEG
36 37
4. 4.1. 4.1.1. 4.1.2. 4.1.3. 4.2.
Begriff der Anlage Der Anlagebegriff bei Enteignungen nach dem P r E G Anlage als Enteignungsunternehmen Bestimmung der Anlage durch das Enteignungsrecht Bestimmung der Anlage durch den Planfeststellungsbeschluß Straßenanlage: Der Anlagebegriff bei Enteignungen zur H e r stellung von Straßen nach dem F L G Ständige Rechtsprechung Zusammenhang m i t der Enteignung V o r w i r k u n g der Enteignung bei Mietausfall Planung kausal für die Enteignung Ortsstatutarisches Bauverbot Hintergründe der ständigen Rechtsprechung Anlage und Wertsteigerungen Anlagebegriff bei allmählicher Ausführung des Planes Straßenanlage nach altem Recht
37 37 37 38 39
4.2.1. 4.2.2. 4.2.2.1. 4.2.2.2. 4.2.2.2.1. 4.2.3. 4.2.4. 4.2.5. 4.3.
Der Zeitpunkt, von dem ab Wertsteigerungen als anlagebedingt ausgeschlossen wurden (Zeitpunkt für § 10 Abs. 2 PrEG) 5.1. Das R G zu Enteignungen nach dem PrEG 5.2. Die L i t e r a t u r zu Enteignungen nach dem PrEG 5.3. Vor allem die Rechtsprechung zu Enteignungen nach dem F L G 5.3.1. Wertminderungen 5.3.1.1. Das Bauverbot gemäß § 11 F L G 5.3.1.1.1. Ein Zeitpunkt vor Festsetzung der Fluchtlinie 5.3.1.1.2. Möglichkeiten einer weiteren Vorverlegung der Bewertung . . 5.3.1.1.2.1. Keine ausdrückliche Stellungnahme der Rechtsprechung . . . . 5.3.1.1.2.2. Vorverlegung vor 2. Offenlegung nach der 1. Offenlegung 5.3.1.2. Ortsstatutarisches Bauverbot gemäß § 12 F L G 5.3.2. Wertsteigerungen 5.3.3. Zwischenwertsteigerungen 5.3.3.1. Die Berücksichtigung v o n Zwischenwertsteigerungen bis zur Vollenteignung nach der herrschenden Meinung 5.3.3.2. Abweichende Rechtsprechung: Fixierung der Wertverhältnisse 5.3.3.3. Das Entschädigungsgefüge des § 13 F L G und seine Auflösung durch das R G 5.3.3.3.1. Das Abgehen der Praxis v o m F L G bezüglich des Entschädigungsausschlusses für Bauverbote 5.3.3.3.2. Abgehen der Praxis v o m F L G auch hinsichtlich des Entschädigungszeitpunktes 5.4. RG zu den Plänen alten Rechts 5.4.1. Die Fixierung der Werte durch das Bauverbot alten Rechts; Ausschaltung des § 10 Abs. 2 PrEG bis zur Vollenteignung . .
40 40 40 41 42 42 44 46 46 48
5.
48 49 51 52 52 52 52 53 53 54 55 55 56 57 59 61 62 65 67 67
Inhaltsverzeichnis 5.4.2.
Unverdiente Wertsteigerungen bis zum Inkrafttreten des Bauverbotes 68 5.4.2.1. Veröffentlichte Pläne 68 5.4.2.2. Nicht veröffentlichte Pläne 69 5.4.2.2.1. Wirksamwerden 69 5.4.2.2.2. Unbeachtlichkeit des Planes 69 5.4.2.2.2.1. Allgemeine Wertsteigerungen 70 5.4.2.2.2.2. Besondere (anlagebedingte) Wertsteigerungen 70 5.4.3. Der Zwischenwertsteigerungsausschluß bis zur Vollenteignung und die Verzinsung der Entschädigung für die Teilenteignung 71 § 4
Anhang: Der Wertsteigerungsausschluß schen Landesrechten Kapitel
in den
außerpreußi72
III
Die Rechtsentwicklung in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bis zur Einführung des Preisstops; Ansätze zu einem generellen Ausschluß besonders mißbilligter Wertsteigerungen § 1 1. 1.1. 1.2. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 3.
§ 2
1. 1.1. 1.2. 1.2.1. 1.2.2.
Der zeitlich begrenzte Ausschluß rungen der Weimarer Zeit
kriegsbedingter
Wertsteige74
Angemessene Entschädigung i. S. der reichsrechtlichen Enteignungsvorschriften Verständnis i n L i t e r a t u r und Rechtsprechung Die gesetzgeberischen Vorstellungen Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen i n der Weimarer Zeit Unternehmensbedingte Wertsteigerung Die kriegsbedingten K o n j u n k t u r g e w i n n e A r t . 155 Abs. 3 S. 2 W R V und das Scheitern von Wertabschöpfungen
74 75 76 78 78 78 80
Die Rechtsprechung des R G zum PrEG vor dem Hintergrund der reichsrechtlichen Ansätze zum Ausschluß von K o n j u n k t u r gewinnen
82
Der Ausschluß von unverdienten dere von Spekulationsgewinnen Preisrechts
86
Wertsteigerungen, insbesonim NS-Staat außerhalb des
Wertsteigerungsausschluß durch Interpretation der angemessenen Entschädigung Die angemessene Entschädigung als flexibler Maßstab Die Elemente der angemessenen Entschädigung Der Ausschluß von Spekulationsgewinnen Die Entschädigung des Ertragswertes
86 87 87 87 90
Inhaltsverzeichnis 1.2.3. 1.3.
Die Berücksichtigung der Eigentümerbelange i m Einzelfall .. Vorbehalte gegenüber dem Wertsteigerungsausschluß
90 93
2.
§ 10 Abs. 2 Neugestaltungsgesetz
95
3.
Die volle Entschädigung bis zur Einführung des Preisstops . .
97
Kapitel
IV
Das Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses § 1 1. 1.1. 1.2.
Das nationalsozialistische schädigung
Preisrecht
in der Enteignung s ent99
Anwendung der Preis Vorschriften auf die Enteignungsentschädigung 99 Systematische Absicherung 100 Durchsetzen des Preisstops i n der Enteignungsentschädigung 100
2.
Gründe für die Einbeziehung der Enteignungsentschädigung i n das Preisrecht; Bedeutung des Grundstückspreisrechts 101
3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 3.5.1. 3.5.2. 3.5.3. 3.6.
Darstellung des bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung geltenden materiellen Preisrechts Bisherige Rechtsprechungsgrundsätze und Preisstop Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis Ausgangspunkt der Entschädigungsermittlung Baulandpreise Veränderung i n den den Wert bestimmenden Umständen Veränderungen i m Zustand des Grundstücks Unverdiente Wertgewinne, insbesondere Qualitätsänderungen Veränderungen von Preisgefüge und Geldwert Zusammenfassung, Zeitpunkte
103 103 104 105 105 106 106 108 109 110
4.
Praxis des Preisrechts
110
§ 2
Preisrecht krieg
und Enteignungsentschädigung
nach dem 2. Welt112
1.
Weitergeltung der Preisvorschriften nach dem 2. Weltkrieg .. 112
2.
Geltung der Preis Vorschriften auch i m Enteignungs verfahren 113
3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.4. 3.2.
Praxis des Preisstops 114 Berücksichtigung von Qualitätsänderungen 114 Rechtsprechung des B G H 114 Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte 116 Praxis der Behörden 117 Rechtsgrundlagen 117 Berücksichtigung von Änderungen des Geldwertes und des Preisgefüges 118
Inhaltsverzeichnis 3.3. 3.4. 3.4.1. 3.4.2.
Zeitpunkte Die Preisstop-Praxis i m Lichte der veränderten lichen Verhältnisse Geldwert- u n d Preisgefügeänderungen Qualitätsänderungen
4.
Gründe f ü r die Auflösung des Preisstops
119 wirtschaft-
Hessisches Aufbaugesetz
120 120 121 124
§3
§41
1.
Einleitung
126
126
2.
Mögliche Auslegung von § 41 H A G
127
3.
Rechtsprechung zu § 41 H A G
128
3.1. 3.2. 3.3.
Sachverhalte Untersuchung der Begründungen § 10 Abs. 2 PrEG i n der Rechtsprechung zu § 41 H A G
128 129 131
§4
§10
131
1.
Ziele des B a u l B G
132
2. 2.1.
Entschädigungsbemessung § 10 Abs. 1 S. 1 BaulBG: Ausgangspunkt der Entschädigungsbemessung Wertverhältnisse am 17.10.1936 E r m i t t l u n g der Wertverhältnisse am 17.10.1936 Berücksichtigung von Änderungen i n den Wertverhältnissen (§ 10 Abs. 1 S. 2 BaulBG) Begriff der Wertverhältnisse i. S. § 10 Abs. 1 S. 2 B a u l B G Sacheigenschaften Grundsatz § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 B a u l B G Änderungen der Qualität Änderungen i n der sonstigen Nutzung Z u berücksichtigende Nutzungsänderungen Geldwert Preisgefüge Zeitpunkte
133
2.1.1. 2.1.2. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.2.1. 2.2.2.2. 2.2.2.2.1. 2.2.2.2.2. 2.2.2.2.3. 2.2.3. 2.2.4. 2.3. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2.
Baulandbeschaffungsgesetz
Ablehnung des generellen Wertsteigerungsausschlusses durch Praxis u n d L i t e r a t u r Tendenzen i n der Rechtsprechung i m Hinblick auf § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 B a u l B G Verlautbarungen des B G H zu § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BaulBG § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 B a u l B G vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Preisstop und zu § 41 H A G § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 B a u l B G u n d § 10 Abs. 2 PrEG . . . . Die Entschädigung von Preisgefügeänderungen
133 133 134 134 134 135 135 136 136 137 139 140 140 141 142 143 143 144 144 145
Inhaltsverzeichnis 3.2.1.
3.2.2. 3.2.3.
Preisgefügeänderungen vor dem Hintergrund der Materialien zum Begriff Wertverhältnisse i. S. § 10 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BaulBG 145 Preisgefügeänderungen und § 10 Abs. 2 B a u l B G 146 Preisgefügeänderungen vor dem H i n t e r g r u n d der Ziele des Gesetzes 148
Kapitel
V
Der spezielle Wertsteigerungsausschluß § 1
1. 1.1. 1.2. 2.
Die Leitgedanken insbesondere chung und ihre Bedeutung für rungen
der Entschädigungsrechtspredie unverdienten Wertsteige149
Der allgemeine Umfang der Entschädigung i n der Rechtsprechung 149 Die Rolle des B G H bei Bestimmung des Entschädigungsu m f anges 149 Die Entschädigung des gemeinen Wertes 150
2.1. 2.2.
Abgehen von der reinen Verkehrswertentschädigung Rechtsprechung Die Interessenabwägung Der gesunde Grundstücksverkehr
3.
Das verfassungsrechtliche Schrifttum
4.
Die Verankerung der Verkehrswertentschädigung BBauG
i n der 152 152 153 155
durch das 158
§ 2
Die Bewertungszeitpunkte
1.
Übernahme der reichsgerichtlichen Rechtsprechung zum Bewertungszeitpunkt 159
2. 2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.2.1.
Weiterentwicklung der Zeitpunktrechtsprechung des R G Der für Geldwert und Preisgefüge maßgebliche Zeitpunkt Regelfall Erweiterung: Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung veränderter WährungsVerhältnisse (Umstellungsrechtsprechung) Berücksichtigung veränderter Preisverhältnisse Voraussetzungen Entschädigung unverdienter Gewinne Der für Sacheigenschaften maßgebliche Zeitpunkt Zeitpunkt bei förmlichen Vollenteignungen Vorwirkungen Allgemeines
2.1.2.2. 2.1.2.2.1. 2.1.2.2.2. 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.2.1.
159
160 160 160 161 161 162 163 165 167 167 168 168
V
Inhaltsverzeichnis
2.2.2.2. 2.2.2.2.1. 2.2.2.2.2. 2.2.2.2.2.1.
Vorverlegung des Bewertungszeitpunktes Vorzeitige Besitzeinweisung Herausnahme aus der k o n j u n k t u r e l l e n Weiterentwicklung Das grundlegende U r t e i l — Ausschluß von Zwischenwertsteigerungen 2.2.2.2.2.2. Weiterentwicklung der Rechtsprechung 2.2.3. Der Begriff Sacheigenschaften 2.2.4. Vereinbarkeit der Vorverlegung der Bewertung m i t den gesetzlichen Regelungen 2.2.5. Der Wertsteigerungsausschluß vor dem Hintergrund der V e r zinsungsrechtsprechung 2.2.5.1. Die Verzinsung als Ausgleich für die entzogene abstrakte Nutzungsmöglichkeit 2.2.5.2. Bemessung der Verzinsung 2.2.5.3. Verknüpfung des Wertsteigerungsausschlusses m i t der V e r zinsung i n der Rechtsprechung des RG und des B G H § 2a
Die Bewertungszeitpunkte besondere die Behandlung
1.
Beibehalten der unterschiedlichen Zeitpunkte unter des BBauG
2. 2.1. 2.2.
unter Geltung des BBauG; der Zwischenwertsteigerungen
170 170 171 171 172 175 176 177 178 179 181
ins. . . . 184
Geltung 184
Die Versuche einer Zusammenlegung der unterschiedlichen Bewertungszeitpunkte 186 Der Lösungsversuch von Dieterich 186 Der Lösungsversuch von Braun, Boele und K i m m i n i c h 189
3.
Die Einschränkung der Zwischenwertsteigerungsentschädigung durch Zurückdrängen der Verzinsung i n der Rechtsprechung des B G H 191
4.
Keine Entschädigung qualitätsmäßiger rungen wegen § 40 Abs. 5 S. 3 BBauG
Zwischenwertsteige192
5.
Die Entschädigung von Preissteigerungen i m Rahmen des § 40 Abs. 5 B B a u G 194
§ 3
Das in § 10 Abs. 2 PrEG 2. Weltkrieges
enthaltene
Prinzip
seit Ende des 196
1.
Anerkennung des Prinzips als allgemeiner Rechtfertigung
2. 2.1.
Umfang des Prinzips Ansätze zu einer Ausweitung durch die Aufbaugesetze
2.2.
Festlegung des Prinzips i n der vom RG vorgezeichneten Richtung Darstellung der Rechtsprechung bis einschließlich der Urteile zu § 95 Abs. 2 Nr. 1 B B a u G Verhältnis zum Zwischenwertsteigerungsausschluß Die Rechtsprechung als Ausdruck der herrschenden Meinung; abweichende Auffassungen
2.2.1. 2.2.2. 2.2.3.
Rechtsgrundsatz; 196 197 197 202 202 204 206
Inhaltsverzeichnis 2.3. 2.3.1. 2.3.1.1. 2.3.1.2. 2.3.1.3. 2.3.2. 2.3.2.1. 2.3.2.2. 2.3.2.2.1. 2.3.2.2.2.
Würdigung der Rechtsprechung Die zu erwartende Enteignung Die Rechtsprechung i n Zeiten zunehmender Planungen Barrieren durch das Gesetz: § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG Der Sozialstaatsgedanke bei Auslegung des § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG Die m i t Sicherheit zu erwartende Enteignung Möglichkeiten weitergehenden Wertsteigerungsausschlusses durch Abstellen auf die Erwartungen des Grundstücksverkehrs Der Grad der Sicherheit Nicht erforderlich ist eine sichere Enteignung Anwendung der BGH-Rechtsprechung auf außerenteignungsrechtliche Planungen
Kapitel
208 208 209 209 211 213 213 215 215 217
VI
Schluß 1.
Zusammenfassung
2.
Die Berücksichtigung der Belange der Allgemeinheit durch das BVerfG 221
3. 3.1.
Das Städtebauförderungsgesetz 221 Die Ausgestaltung des entschädigungsrechtlichen Wertsteigerungsausschlusses 222 Das aufeinander abgestimmte System von Vorschriften zur Wertgewinnabschöpfung 225
3.2.
Literaturverzeichnis
218
227
Abkiirzun gsVerzeichnis A a. A. a.a.O. AcP AG AG HH AKG ALR AöR Arch. f. i. Kol. AV Bad. BadEG BaulBG BauR Bay. BayZAG Bd. BehebVO Beil. BK BlfGBWR Bolze BR BT BWMB1. D. DIHT DNotZ DR Drucks. DV DWohnArch. DWW E EE EG Eger H A Einl. Ent/PrOVG
A n m e r k u n g i m Kommentar von Eger zum PrEG anderer Ansicht am angegebenen Ort A r c h i v für die zivilistische Praxis Aufbaugesetz Aufbaugesetz der Hansestadt Hamburg Allgemeines Kriegsfolgengesetz Allgemeines Landrecht f ü r die Preußischen Staaten Archiv des öffentlichen Rechts Archiv für innere Kolonisation Allgemeinverfügung, AusführungsVO Badisch Badisches Enteignungsgesetz Baulandbeschaffungsgesetz Baurecht Bayrisch Bayerisches Gesetz, die Zwangsabtretung von G r u n d eigentum f ü r öffentliche Zwecke betreffend Band VO zur Behebung der dringendsten Wohnungsnot Beilage Bonner Kommentar, s. Kommentar zum Bonner Grundgesetz Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Die Praxis des RG i n Zivilsachen, bearbeitet von Albert Bolze Bundesrat Bundestag Ministerialblatt des Bundesministeriums für Wirtschaft Deutsch Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht Drucksache Deutsche V e r w a l t u n g Deutsches Wohnungsarchiv Deutsche Wohnungswirtschaft Entscheidungssammlung Eisenbahnrechtliche Entscheidungen, herausgegeben von Eger Enteignungsgesetz Eger, Handausgabe Einleitung Entschädigungsgericht beim Preußischen Oberverwaltungsgericht
XVIII Ent/PrOVGE Erläut. FestungsEG FLG GruchBeitr. GrundE GS GS HA
H. A.
HAG Hambg. HH H. H. h. M. i. V. m. i. w. S. JA JurA JuS JustMinBl. Kap. KP I. LBG Legislatp. LS Mat. Mot. Ent. MtblRfP N. Nds. NdsAG NEC NeuG NRW NRWAG OAG ObTrib. Pr. od. Preuß. PrEG PrHM PrOLKA PrOVG PrVBl.
Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Entschädigungsgerichts i n der E n t scheidungssammlung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Erläuterungen Festungsenteignungsgesetz Gesetz, betreffend die Anlegung u n d Veränderung von Straßen und Plätzen . . . — Fluchtliniengesetz Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begr. von Gruchot Das Grundeigentum Großer Senat Gesetzsammlung s. Eger H A Haus der Abgeordneten (Preußen) Hessisches Aufbaugesetz Hamburgisch s. A G H H Herrenhaus (Preußen) herrschende Meinung i n Verbindung m i t i m weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter Juristische Analysen Juristische Schulung Justizministerialblatt Kapitel Kurzprotokoll links Landbeschaffungsgesetz: v. 29.3.1935 (RGBl. I S. 467) i n Kap. I I I bzw. v. 23. 2.1957 (BGBl. I S. 134) i n Kap. V Legislaturperiode Leitsatz nicht veröffentlichte Materialien zum Baulandbeschaffungsgesetz Motive zum E n t w u r f Mitteilungsblatt des Reichskommissars für die Preisbildung Randnummer i m Kommentar von Koffka zum PrEG Niedersächsisch Aufbaugesetz von Niedersachsen Neuester Expropriationscodex Neugestaltungsgesetz Nordrhein-Westfälisch Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen Oberamtsgericht Obertribunal Preußisch Preußisches Gesetz über die Enteignung von G r u n d eigentum Preuß. Minister für Handel und Gewerbe Preußisches Oberlandeskulturamt Preußisches Oberverwaltungsgericht Preußisches Verwaltungsblatt
Abkürzungsverzeichnis Pr. VereinfEG r. KAM RBewG Rdschr. RE RfP RHG RMdJ Rhld-Pf. Rhld-PfA G RSG S. s. oder S. SächsEG Sess. SeuffArch. Sond. Soz. Wohnungsbau Sp. StBFG Sten. Ber. st. Rspr. StriethArch. u. VereinfEG Verf. Verh. Verh. Verf. Dt. Nat. Vers. VerwArch. VOPR Wahlp. WarnRspr. WM WRV WürttEG ZAkDR ZfV ZfW
XIX
Preußisches Gesetz über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren rechts Reichsarbeitsminister Reichsbewertungsgesetz Rundschreiben Runderlaß des Reichskommissars für die Preisbildung Reichskommissar für die Preisbildung Reichsheimstättengesetz Reichsminister der Justiz Rheinlandpfälzisch Aufbaugesetz von Rheinland Reichssiedlungsgesetz Seite, Satz bei Paragraphen u. Zitaten siehe Sächsisches Enteigungsgesetz Session Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte Sonderbeilage Der Soziale Wohnungsbau i n Deutschland Spalte Städtebauförderungsgesetz Stenographische Berichte ständige Rechtsprechung Archiv für Rechtsfälle, hrsg. von Striethorst unten, und s. Pr. VereinfEG Verfassung Verhandlung Verhandlungen der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung Verwaltungsarchiv Verordnung auf dem Gebiete des Preisrechts Wahlperiode Rechtsprechung des Reichsgerichts, hrsg. von Warneyer Wertpapiermitteilungen Teil I V Weimarer Reichsverfassung Württembergisches Gesetz, betreffend die Zwangsenteignung von Grundstücken Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für Vermessungswesen Zeitschrift für Wohnungswesen Zur Zitierweise
Die Seitenangabe sowohl bei Literaturzitaten aus Zeitschriften w i e bei Entscheidungszitaten erfolgt durch einen Schrägstrich, bzw. zwei Schrägstriche: z. B. Hußla BauR 1971/82, bzw. BauR 1971//84 oder Β GHZ 39/198, bzw. Β GHZ 39//200. E i n Schrägstrich kennzeichnet die erste Seite der Entscheidung oder des Aufsatzes, während zwei Schrägstriche kenntlich machen, daß die angegebene Seite eine der auf die erste Seite folgende ist.
Einleitung Eines der z e n t r a l e n P r o b l e m e , welches i n d e n w e s t l i c h e n I n d u s t r i e staaten der L ö s u n g b e d a r f , ist d i e Bodenpreisfrage. I n j ü n g s t e r Z e i t h a t die H a u p t v e r s a m m l u n g des Deutschen Städtetages die gesamte P r o b l e m a t i k w i e d e r d e u t l i c h w e r d e n lassen 1 . B o d e n w e r t s t e i g e r u n g e n v o n beachtlichem A u s m a ß g e h ö r e n d a b e i z u r R e a l i t ä t i n der B u n d e s r e p u b l i k 2 . Was d e r a r t i g e W e r t g e w i n n e kennzeichnet u n d p r o b l e m a t i s c h macht, ist die Tatsache, daß sie d e n G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r n ohne A u f w a n d v o n A r b e i t oder K a p i t a l z u f a l l e n , daß sie „ u n v e r d i e n t " 3 sind. H i n z u k o m m t , daß diese W e r t s t e i g e r u n g e n auch m a r k t p o l i t i s c h k e i n e n S i n n haben, w e i l sie die E i g e n t ü m e r n i c h t zu einer h ö h e r e n „ P r o d u k t i o n " v o n B a u l a n d a n r e i z e n k ö n n e n . A l l e i n die G e m e i n d e n k ö n n e n B a u l a n d schaffen. A l s Ursachen f ü r das E n t s t e h e n u n v e r d i e n t e r W e r t steigerungen k o m m e n a u ß e r h a l b des Bodens liegende E i n w i r k u n g e n , insbesondere städtebauliche P l a n u n g e n , sonstige städtebauliche u n d auch andere M a ß n a h m e n w i e schon d i e bloße Aussicht h i e r a u f i n F r a g e 3 a . D a b e i spielt es k e i n e Rolle, ob der W e r t z u w a c h s u n m i t t e l b a r auf der M ö g l i c h k e i t e i n e r G r u n d s t ü c k s n u t z u n g s ä n d e r u n g i m Rechtssinne b e r u h t oder sich n u r m i t t e l b a r als R e f l e x aus einer Ä n d e r u n g i n der B e w e r t u n g w i r t s c h a f t l i c h e r F a k t o r e n e r g i b t 4 . Sie s i n d gleichermaßen u n v e r d i e n t . Schließlich e n t s p r i n g e n p r o b l e m a t i s c h e W e r t s t e i g e r u n g e n aus einer e r h ö h t e n Nachfrage nach b e s t i m m t e n G r u n d s t ü c k e n ( V e r knappungsgewinne). Gegenstand der A r b e i t sollen diese u n v e r d i e n t e n B o d e n w e r t s t e i g e r u n g e n sein, u n d z w a r i h r e B e h a n d l u n g i m R a h m e n der E n t e i g n u n g s entschädigung. Es s o l l u n t e r s u c h t w e r d e n , i n w i e w e i t die E n t s c h ä d i gungsbemessung W e r t s t e i g e r u n g e n berücksichtigte. D a b e i w e r d e n sich 1 Vgl. Frankfurter Rundschau vom 27. 5. 1971 S. 1 f., Der Spiegel 24/71 v o m 7. 6. 1971 S. 54 ff. 2 Ihre Höhe w i r d m i t ungefähr 100 M i l l i a r d e n D M seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges angegeben, wobei etwa die Hälfte dieser Summe durch Ackerlandhöherstufungen i n den letzten 10 Jahren entstanden sein soll: s. Der Tagesspiegel vom 12.4.1970 S. 50 zu einer M i t t e i l u n g der Geschäftsstelle öffentliche Bausparkassen i m Bundestag; Wohnreport '71, herausgegeben v o m Presse- u n d Informationsdienst der Bundesregierung, S. 28; vgl. auch Der Spiegel Nr. 35/69 v o m 25. 8.1969 S. 30 f. 3 Vgl. Ernst i n : Grundgedanken des B B a u G S. 23 und DöV 1961//562. s» Vgl. Ernst / Friede § 46, 1 a S. 277. 4 Vgl. Goldstein S. 29 f.
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Einleitung
die A u s f ü h r u n g e n n u r m i t der E n t e i g n u n g i m f ö r m l i c h e n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n befassen, da m i t Einsetzen der K o d i f i z i e r u n g a u f d e m Geb i e t e des E n t e i g n u n g s r e c h t s schon b a l d die K o n t u r e n der E n t s c h ä d i g u n g k l a r w u r d e n , w ä h r e n d die A u f o p f e r u n g s e n t e i g n u n g noch l a n g e Z e i t unscharf b l i e b . A l l e r d i n g s w i r d a u f l e t z t e r e F o r m der E n t e i g n u n g einzugehen sein, s o w e i t sie m i t der f ö r m l i c h e n E n t e i g n u n g i m Z u s a m m e n h a n g steht. A u s der N a t u r des T h e m a s e r g i b t sich d i e B e g r e n z u n g der U n t e r s u c h u n g auf die E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n Rechtsverlust. D i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r sonstige V e r m ö g e n s n a c h t e i l e (vgl. § 96 B B a u G ) ist unbeachtlich. D i e u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n w e r d e n aber n u r i n s o w e i t b e h a n d e l t , als sie das j e w e i l s a b z u t r e t e n d e G r u n d s t ü c k selbst b e t r e f f e n . N i c h t e r ö r t e r t w e r d e n also d i e j e n i g e n W e r t g e w i n n e , die b e i T e i l e n t e i g n u n g e n f ü r den — n i c h t e n t e i g n e t e n — G r u n d s t ü c k s r e s t e n t stehen u n d d e r e n B e r ü c k s i c h t i g u n g i m Wege einer A n r e c h n u n g b e i der Entschädigungsbemessung v o n B e d e u t u n g sein k a n n .
Kapitel
I
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis zum Inkrafttreten des Preußischen Enteignungsgesetzes von 1 8 7 4 1. D i e Rolle der Entschädigung seit Ende des 18. Jahrhunderts E n t e i g n u n g e n gab es i n v i e l e n Epochen der Geschichte seit d e m A l t e r t u m 1 . Ü b e r die A u s g e s t a l t u n g der E n t s c h ä d i g u n g l i e g e n jedoch n i c h t g e n u g I n f o r m a t i o n e n v o r , daß z u m P r o b l e m der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n Aussagen gemacht w e r d e n k ö n n t e n . I m a b s o l u t i s t i schen F r a n k r e i c h scheint öfters eine E n t s c h ä d i g u n g u n t e r b l i e b e n z u sein 2 , w o b e i aber der G e d a n k e e i n e r W e r t s t e i g e r u n g s a b s c h ö p f u n g k e i n e R o l l e gespielt h a b e n d ü r f t e . I n a n d e r e m L i c h t e ist w o h l die P r a x i s i n P r e u ß e n des 18. J a h r h u n d e r t s zu sehen, dergemäß Boden, w e l c h e r z u r A u s d e h n u n g der Städte g e b r a u c h t w u r d e , j e d e r z e i t z u m A c k e r w e r t entschädigt w e r d e n k o n n t e 3 . A u f die Z e i t bis z u m B e g i n n des 19. J a h r h u n d e r t s soll aber n i c h t n ä h e r eingegangen w e r d e n , da erst m i t der D u r c h s e t z u n g a u f k l ä r e r i s c h - n a t u r r e c h t l i c h e r G e d a n k e n i n Staat u n d W i r t s c h a f t i n der Folge der französischen R e v o l u t i o n die K o n s t e l l a t i o n e n t s t a n d e n w a r , die das Entschädigungsrecht bis z u r h e u t i g e n Z e i t bes t i m m t u n d die d u r c h die F o r m e l „ s t ä r k s t e Sicherung des E i g e n t u m s b e i steigenden A n f o r d e r u n g e n a n das E i g e n t u m " c h a r a k t e r i s i e r t w i r d : E i n m a l w a r m i t der E r k l ä r u n g der Menschen- u n d B ü r g e r r e c h t e v o m 26. 8. 1789 eine E n t w i c k l u n g e i n g e l e i t e t , die z u r G e w ä h r l e i s t u n g des E i g e n t u m s als „ u n v e r l e t z l i c h e s u n d heiliges R e c h t " ( A r t . 17 der E r k l ä r u n g , z u r A u s f o r m u n g des b ü r g e r l i c h e n E i g e n t u m s f ü h r t e 4 . D i e A u f 1 Vgl. Käser § 23 I, 3, S. 92; Grünhut S. 30 ff., S. 37 ff.; Meyer § 5, S. 130 ff.; Layer S. 101 ff., 128 f.; Ernst BBauBl. 1953/206 ff. 2 Layer S. 133. 3 Lampe S. 2. 4 Daß diese Entwicklung keineswegs die naturrechtlich allein denkbare und historisch einzige Tendenz war, weist Negro S. 71 ff. am Verfassungsentwurf Robespierres aus dem Jahre 1793 nach. Der E n t w u r f sah ein stark sozialgebundenes Eigentum vor. Nach dem Sturz Robespierres setzten sich jedoch andere Kräfte durch und schufen schließlich den Code c i v i l des Jahres 1804, der das Eigentum als nur ausnahmsweise beschränkbares Recht konzipierte (s. die Beratungen zum Französischen Enteignungsgesetz von 1810, mitgeteilt in: Neuester Expropriationscodex — NEC — S. 43). Dieses
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I : Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874
n ä h m e des Eigentumschutzes i n die deutschen V e r f a s s u n g e n des 19. J a h r h u n d e r t s b r i n g t diese Tatsache d e u t l i c h z u m A u s d r u c k 5 , w o b e i a l l e r d i n g s die K o n s o l i d i e r u n g des b ü r g e r l i c h e n E i g e n t u m s — z u m i n d e s t i n D e u t s c h l a n d — als l ä n g e r e r Prozeß v e r s t a n d e n w e r d e n m u ß , der e t w a erst m i t der P r i v a t e i g e n t u m s g a r a n t i e d u r c h A r t . 9 der P r e u ß i schen V e r f a s s u n g v o n 1850 abgeschlossen sein d ü r f t e 6 . Z u m a n d e r e n w u r d e n i m Z u g e des W a c h s t u m s d e r I n d u s t r i e p r o d u k t i o n u n d des sich a u s w e i t e n d e n H a n d e l s der B a u v o n Straßen, K a n ä l e n u n d E i s e n b a h n e n u n d damit i n zunehmendem Maße Enteignungen erforderlich 7. Z w i s c h e n d e m P r i n z i p der U n v e r l e t z t l i c h k e i t des E i g e n t u m s u n d d e n A n f o r d e r u n g e n a n das E i g e n t u m bestand n o t w e n d i g e r w e i s e e i n K o n f l i k t . I n d e n F ä l l e n , i n denen E n t e i g n u n g e n erfolgten, w a r dieser K o n f l i k t aber noch n i c h t v o n selbst z u L a s t e n des E i g e n t u m s entschieden. V i e l m e h r zeigte er sich e i g e n t l i c h erst b e i Bemessung der E n t s c h ä d i gung, b e i der F r a g e n ä m l i c h , w i e v o l l s t ä n d i g d e m E i g e n t ü m e r der V e r l u s t seines E i g e n t u m s ausgeglichen w e r d e n sollte. H i e r n u n ist folgendes f e s t z u h a l t e n : E n t e i g n u n g e n k o n n t e n g r u n d sätzlich n u r aus G r ü n d e n des ö f f e n t l i c h e n Wohles ausgesprochen w e r den 8 . B e i der Entschädigungsbemessung standen d a n n E i g e n t ü m e r interessen m i t d e m ö f f e n t l i c h e n W o h l i n K o n f l i k t , w o b e i u n t e r ö f f e n t l i c h e m W o h l das G e m e i n w o h l z u v e r s t e h e n w a r . A l l e r d i n g s d a r f n i c h t übersehen w e r d e n , daß sich i n v i e l e n F ä l l e n h i n t e r d e m ö f f e n t l i c h e n W o h l Privatinteressen verbargen, w e n n nämlich Enteignungen P r i v a t e n besonders z u g u t e k a m e n , e t w a Eisenbahngesellschaften b e i m B a u neuer L i n i e n 9 ' 1 0 . M i t a n d e r e n W o r t e n , b e i der EntschädigungsbemesVerständnis des Eigentums setzte sich allgemein i n Europa durch: vgl. § 903 B G B und A r t . 832 cod. civ. ital. Es stellt seither die Grundlage des privatkapitalistischen Wirtschaftssystems dar. 5 Vgl. Verfassung von Bayern v. 26. 5. 1818, Tit. IV, § 8, Baden v. 22. 8. 1818, Tit. I I , § 13, Kurhessen v. 5. 1. 1831, § 31, Sachsen v. 4. 9.1831, § 27, sämtlich abgedruckt bei Huber, Dokumente der deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 141 ff. 6 Kirchheimer S. 233 f. 7 Vgl. die Aufzählung der Enteignungszwecke i n A r t . I B a y Z A G von 1837 und A r t . I Sachs.-Mein. Expropriationsges. von 1845. 8 Präambel zum Dekret vom 26.12.1790 (s. Anm. 12), Präambel zum Großherzoglich-hessischen Gesetz v. 27. 5.1821 (s. Anm. 39), A r t . I BayZAG, vgl. § 1 PrEG; Thiel S. 3 f. 9 Welche Bedeutung den privaten Eisenbahngesellschaften zukam, mag aus der Tatsache erhellen, daß bis 1879 drei Viertel des i n Preußen für A k t i e n gesellschaften aufgebrachten Kapitals i n Eisenbahngesellschaften investiert wurde (Zunkel i n : Born, Moderne deutsche Wirtschaftsgeschichte S. 42). 10 Die Verquickung von privaten m i t öffentlichen Interessen w a r zumindest gegen Ende des 19. Jahrhunderts schon klar erkannt: s. Lay er S. 154. Diese Verquickung schließt nicht aus, ja es ist sogar kennzeichnend für sie, daß die privaten m i t den öffentlichen Interessen i n Teilbereichen parallel laufen.
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 sung k o l l i d i e r t e n die E i g e n t ü m e r b e l a n g e zusätzlich auch m i t d e n I n t e r essen a n d e r e r P r i v a t e r . So gesehen w u r d e die A u s g e s t a l t u n g der E n t schädigung e i n S p i e g e l b i l d der B e w e r t u n g der k o n k r e t e n Interessen, welche i n d e m gezeigten K o n f l i k t a b s t r a k t i h r e n A u s d r u c k fanden. Es w i r d sich zeigen, daß i n der R e c h t s e n t w i c k l u n g Deutschlands ganz ü b e r w i e g e n d die E i g e n t ü m e r b e l a n g e i m V o r d e r g r u n d standen, die E n t schädigung also einen w e i t e s t g e h e n d e n A u s g l e i c h f ü r d e n E i g e n t u m s v e r l u s t darstellte, w e s w e g e n d a n n auch f ü r eine N i c h t e n t s c h ä d i g u n g unverdienter Wertgewinne n u r begrenzter R a u m blieb. 2. D i e frühe französische Gesetzgebung i n Deutschland M e h r e r e J a h r z e h n t e v o r d e m B e g i n n einer G e s e t z g e b u n g s t ä t i g k e i t i n D e u t s c h l a n d zeigten sich A n s ä t z e z u e i n e r A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e i n der f r ü h e n französischen E n t e i g n u n g s g e s e t z g e b u n g 1 1 . Gemäß e i n e m D e k r e t v o m 26. 12. 1790, das die A u s t r o c k n u n g v o n S ü m p f e n z u m Gegenstand h a t t e 1 2 , k o n n t e der E i g e n t ü m e r v o n der öff e n t l i c h e n H a n d , w e n n diese die T r o c k e n l e g u n g u n t e r I n a n s p r u c h n a h m e des G r u n d s t ü c k e s d u r c h f ü h r t e , einen A u s g l e i c h i n G e l d f ü r d e n G r u n d s t ü c k s w e r t v o r der M a ß n a h m e f o r d e r n 1 3 . D i e W e r t e r h ö h u n g , d i e d u r c h die A u s t r o c k n u n g s m a ß n a h m e s t a t t f a n d , w u r d e n i c h t schon v o r h e r w e r t s t e i g e r n d berücksichtigt. A u c h die d u r c h A r t . 5 des Gesetzes v o r gesehene M ö g l i c h k e i t d e r E r h ö h u n g der E n t s c h ä d i g u n g bis z u m D o p p e l t e n des a k t u e l l e n B o d e n w e r t e s d ü r f t e n i c h t z u r Erfassung der d u r c h die A u s t r o c k n u n g b e d i n g t e n h ö h e r e n G r u n d s t ü c k s n u t z u n g s f ä h i g k e i t e i n g e f ü g t w o r d e n sein. Das Gesetz, b e t r e f f e n d d i e A u s t r o c k n u n g der Sümpfe, die A r b e i t e n f ü r die S c h i f f a h r t , die Wege, die B r ü c k e n , d i e Straßen, P l ä t z e u n d Quais i n d e n S t ä d t e n , die Deiche, die A r b e i t e n f ü r die G e s u n d h e i t i n d e n G e m e i n d e n , v o m 16. 9. 1807 1 4 v e r b o t ausd r ü c k l i c h j e d w e d e E r h ö h u n g des Schätzungspreises u n d stellte i m ü b r i gen ebenfalls a u f d e n G r u n d s t ü c k s w e r t „ v o r U n t e r n e h m u n g der A r b e i t e n " ab ( A r t . 49, A r t . 53 Abs. 2, v g l . A r t . 55 Abs. 2). Besonders zu erw ä h n e n ist die W e r t a b s c h ö p f u n g , die das Gesetz d u r c h seine A r t . 30 u n d 54 e r m ö g l i c h t e ; w a r e n die G r u n d s t ü c k s w e r t e d u r c h U n t e r n e h m u n gen d e r ö f f e n t l i c h e n H a n d i n e r h e b l i c h e m M a ß e gestiegen, so k o n n t e n 11 A u f diese Gesetze einzugehen rechtfertigt sich aus der Tatsache, daß i n den linksrheinischen Gebieten, die nach dem Wiener Kongreß als Rheinhessen, Rheinbayern und Rheinpreußen (Rheinprovinz) den deutschen Staaten zugewiesen wurden, noch längere Zeit französisches Recht galt. 12 Décret relatif au dessèchement des marais, abgedruckt bei Duvergier Bd. I I , S. 123 ff. 13 A r t . 5 „ . . . en payant . . . la valeur actuelle du sol du marais . . . " Statt der Geldleistung w a r auch ein Ausgleich i n trockengelegtem Land möglich. 14 Abgedruckt bei Kletke S. 445 ff.
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I : Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874
die E i g e n t ü m e r z u r Z a h l u n g eines Betrages bis z u r H ä l f t e des W e r t z u wachses v e r p f l i c h t e t w e r d e n ( A r t . 30). Dieser V e r p f l i c h t u n g k o r r e s p o n dierte bei Entschädigungen für Teilenteignungen ein Vorteilsausgleich bezgl. d e r W e r t s t e i g e r u n g e n des Restbesitzes: d a b e i k o n n t e sich die E n t s c h ä d i g u n g f ü r das g e n o m m e n e G e l ä n d e n i c h t n u r a u f N u l l r e d u z i e ren, e v e n t u e l l m u ß t e d e r E n t e i g n e t e sogar noch d a z u z a h l e n ( A r t . 54). Diesen w e i t g e h e n d e n Wertsteigerungsausschluß ü b e r n a h m aber das erste a l l g e m e i n e Enteignungsgesetz, das Gesetz ü b e r die E i g e n t u m s e n t z i e h u n g des ö f f e n t l i c h e n N u t z e n s v o m 8. 3. 1810 1 5 n i c h t m e h r . Es v e r zichtete sogar ganz auf e i n e n V o r t e i l s a u s g l e i c h 1 6 . B e z ü g l i c h der G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g b e i E r m i t t l u n g d e r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g ( „ j u s t e i n d e m n i t é " , A r t . 20 des Gesetzes i. V . m. A r t . 545 Code c i v i l ) b e s t i m m t e das Gesetz, daß a u f d i e vor der E n t e i g n u n g , jedoch i n j ü n g ster Z e i t ü b e r die b e t r o f f e n e n , b z w . ü b e r benachbarte G r u n d s t ü c k e abgeschlossenen P a c h t - oder K a u f v e r t r ä g e abzustellen sei ( A r t . 16). Zusammenfassend l ä ß t sich ü b e r die i n D e u t s c h l a n d geltende f r a n zösische Gesetzgebung folgendes sagen: Sie e n t h i e l t , w e n n auch n i c h t i n letzter K l a r h e i t , Bestimmungen zu mehreren Problemkreisen, u n d z w a r n e b e n der R e g e l u n g eines Vorteilsausgleichs V o r s c h r i f t e n z u m Ausschluß u n t e r n e h m e n s b e d i n g t e r G e w i n n e 1 7 , z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t 1 8 u n d ü b e r die A r t der W e r t e r m i t t l u n g 1 9 . I m R a h m e n dieser P r o b l e m k r e i s e b e w e g t e sich seither auch i n D e u t s c h l a n d die D i s k u s sion ü b e r die B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n b e i der E n t eignungsentschädigung. Z u d e m w e r d e n die f o l g e n d e n K a p i t e l dieser A r b e i t zeigen, daß selbst neueste Enteignungsgesetze u n d die sich d a r a n anschließende P r a x i s i m P r i n z i p k a u m w e s e n t l i c h w e i t e r g i n g e n als die f r ü h e n französischen B e s t i m m u n g e n aus d e r Z e i t , i n der der l i b e r a l i stische E i g e n t u m s b e g r i f f gerade erst G e l t u n g e r l a n g t h a t t e . 3. Das frühe deutsche Entschädigungsrecht bis 1874 3.1. Kaum nachweisbare Querverbindungen zum französischen Recht O b die f r ü h e deutsche Gesetzgebung v o n d e n französischen B e s t i m m u n g e n b e e i n f l u ß t w u r d e , l ä ß t sich k a u m feststellen. D e n n eine V i e l z a h l v o n Enteignungsgesetzen — als Folge der staatlichen Z e r s p l i t t e 15 Abgedruckt bei Kletke S. 454 ff.; es hob aber das Gesetz von 1807 nicht auf, vgl. Kletke S. 454. 18 Erst die Enteignungsgesetze vom 7. 7.1833 und vom 3. 5.1841 griffen dieses I n s t i t u t wieder auf, wobei letzteres Gesetz i m Gegensatz zu ersterem den Ausgleich bindend vorschrieb. Vgl. dazu Meyer S. 289. 17 A r t . 5 Dekret v. 26. 12. 1790, A r t . 49, 53 Abs. 2 Gesetz v. 16. 9. 1807. 18 A r t . 16 Gesetz v. 8. 3. 1810, w o h l auch A r t . 49, 53 Abs. 2 Gesetz v. 16. 9. 1807. 19 A r t . 17 Gesetz v. 8. 3.1810.
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 r u n g — befaßte sich j e w e i l s i n u n t e r s c h i e d l i c h e r I n t e n s i t ä t m i t d e n oben g e n a n n t e n P r o b l e m k r e i s e n . R e l a t i v g e r i n g e B e a c h t u n g scheint m a n z.B. i n B a y e r n bei den Beratungen z u m Zwangsabtretungsgesetz — Z A G 2 0 — d e n F r a g e n des Wertzuwachses geschenkt z u h a b e n 2 1 , w a s a n gesichts der G e l t u n g der französischen Gesetze v o m 16. 9. 1807 u n d v o m 8. 3. 1810 v e r w u n d e r t , aber d u r c h die ü b e r s t a r k e V e r t r e t u n g des G r u n d besitzes i n den b e i d e n K a m m e r n 2 2 e r k l ä r l i c h w i r d . A n d e r e r s e i t s w a r jedoch der Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n , der schon i m G e s e t z e s e n t w u r f e n t h a l t e n w a r u n d schließlich i n A r t . I X des Gesetzes z u m A u s d r u c k k a m , n i e z w e i f e l h a f t g e w e s e n 2 3 . B e i d e n z w e i Jahre f r ü h e r l i e g e n d e n B e r a t u n g e n des Badischen Enteignungsgesetzes v o m 28. 8.1835, i n d e r e n V e r l a u f m e h r f a c h u n d zu d e n verschiedensten F r a g e n die französische Gesetzgebung d i s k u t i e r t w u r d e 2 4 , s t a n d bezügl i c h der E n t s c h ä d i g u n g neben d e m B e m ü h e n u m e i n e n m ö g l i c h s t r e i c h l i c h e n A u s g l e i c h die Sorge u m die V e r h i n d e r u n g v o n T a x a t i o n s m i ß bräuchen, die i n f r ü h e r e n Z e i t e n z u ü b e r m ä ß i g e n Zuschlägen g e f ü h r t h a t t e n 2 5 . D a n e b e n spielte der Wertsteigerungsausschluß i m B e w u ß t s e i n der Gesetzgebungskörperschaften k e i n e Rolle. Selbst W e r t s t e i g e r u n g e n , die d u r c h die Aussicht a u f ζ. B . d i e U m w a n d l u n g einer G e m e i n d e i n eine F e s t u n g e n t s t a n d e n w a r e n , s o l l t e n b e i E n t e i g n u n g e n f ü r Festungsb a u t e n entschädigt w e r d e n , w e n n sie n u r einen Niederschlag i n den allgemeinen Grundstückspreisen gefunden hatten26. A l l e i n i m Rahmen der E n t s c h ä d i g u n g f ü r die W e r t m i n d e r u n g des G r u n d s t ü c k s w e r t s b e i T e i l e n t e i g n u n g e n schien m a n i n A n l e h n u n g an französisches Recht eine gewisse B e r e c h t i g u n g f ü r die A n r e c h n u n g der V o r t e i l e des E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n s a n z u e r k e n n e n , v e r w a r f jedoch einen d e r a r t i g e n A u s gleich, da er n u r die E n t e i g n e t e n , n i c h t jedoch auch die a n d e r e n E i g e n tümer getroffen hätte27. 20 Gesetz, die Zwangsabtretung von Grundeigentum für öffentliche Zwecke betreffend, vom 17.11. 1837 (GVB1. S. 109). 21 Ausgewertet wurden die Verhandlungen der Kammer der Reichsräte des Königreiches Bayern vom Jahre 1337, Bd. I (Protokolle), Bd. I V (Protokolle), Beilagen Bd. I, Beilage 1 (Gesetzentwurf m i t mündlicher Begründung), Beilagen Bd. I I . Beilage 20 (Rückäußerung der K a m m e r der Abgeordneten). 22 s. Tit. I V , §§ 2, 7 und 9 der Bayerischen Verfassung von 1818, abgedruckt bei Huber, Dokumente, Bd. I S. 149 f. 23 Vgl. Verhandlungen der Kammer der Reichsräte 1837, Bd. I, S. 111, 151 und 167; Beil. Bd. I I Beil. 20 S. 286. 24 Verhandlungen der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden 1835, Protokoll der 2. K a m m e r : 3. Beilagenheft, Beilage Nr. 1 zum Protokoll der 29. Sitzung v. 15.6.1835 — Kommissionsbericht —, S. 248; 5. Protokollheft, 38. Sitzung v. 6. 7.1935, S. 7. 25 Vgl. zu letzterer Frage Verhandlungen der 2. Kammer, 5. Protokollheft, 39. Sitzung v. 7. 7. 1835, S. 34. 26 Verhandlungen der 2. Kammer, 5. Protokollheft, 39. Sitzung v. 7.7. 1835, S. 38. 27 Kommissionsbericht (s. Anm. 24) S. 248 f.
Kap. I : Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 3.2. Gemeinsamkeiten des frühen Entschädigungsrechts W e n n auch z u d e n deutschen Gesetzen i m e i n z e l n e n u n t e r s c h i e d l i c h ausgeprägtes B e w u ß t s e i n h i n s i c h t l i c h der W e r t s t e i g e r u n g e n z u m A u s d r u c k k a m — diese Tatsache k ö n n t e auch noch a n a n d e r e n als den oben b e h a n d e l t e n Enteignungsgesetzen d a r g e s t e l l t w e r d e n 2 8 — so lassen sich doch insgesamt i n d e r Z e i t b i s z u m I n k r a f t t r e t e n des P r e u ßischen Gesetzes ü b e r die E n t e i g n u n g v o n G r u n d e i g e n t u m v o n 1874 — P r E G — G e m e i n s a m k e i t e n b e i d e r gesetzlichen A u s g e s t a l t u n g der E n t schädigung feststellen. 3.2.1. Der Ausschluß
enteignungsbedingter
Wertsteigerungen
A l s eine dieser G e m e i n s a m k e i t e n k a n n der Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n angesehen w e r d e n , der sich, s o w e i t e r sichtlich, z u m ersten M a l e u n d zugleich i n einer v o n Gesetzen auch aus j ü n g s t e r Z e i t m e h r oder w e n i g e r g l e i c h l a u t e n d v e r w e n d e t e n Fassung i n A r t . I X des B a y Z A G v . 17. 11. 1837 ausgedrückt f a n d : „ W e r t e r h ö h u n gen, welche d e m ganz oder t e i l w e i s e a b z u t r e t e n d e n Gegenstande erst i n f o l g e des d i e A b t r e t u n g veranlassenden U n t e r n e h m e n s zuwachsen oder zuwachsen k ö n n t e n , k o m m e n b e i der E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g nicht i n Anschlag." E i n e n d e r a r t i g e n Wertsteigerungsausschluß e n t h i e l t e n A r t . 13 E x propriationsgesetz S a c h s e n - M e i n i n g e n v. 28. 6. 1845 2 9 , § 12 E x p r o p r i a tionsgesetz d e r F r e i e n S t a d t F r a n k f u r t v. 11. 11. 1856 3 0 , § 140 P r e u ß i sches Berggesetz v . 24.6. 1856 3 1 , w e i t e r h i n 3 2 § 11 Weimarisches u n d Gothaisches E i s e n b a h n e x p r o p r i a t i o n s g e s e t z v o n 1842, A r t . 14 C o b u r g e r Gesetze v o n 1848 u n d 1855, A r t . 13 G o t h a e r Gesetz v o n 1857, A r t . 12 Reussisches E i s e n b a h n e x p r o p r i a t i o n s g e s e t z v o n 1856, A r t . 12 E x p r o priationsgesetz f ü r die W e r r a b a h n . D i e Rechtsprechung des preußischen O b e r t r i b u n a l s v/endet d e n G r u n d s a t z ebenfalls a n 3 3 . A u c h i n d e r L i t e r a t u r f a n d der Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n A n e r k e n n u n g , ohne daß dagegen, s o w e i t ersichtlich, V o r b e h a l t e g e l t e n d gemacht w u r den84. 28
Vgl. die Angaben i n den §§ 245 - 250 des Neuesten Enteignungscodexes. Sammlung der landesherrlichen Verordnungen i m Herzogtum SachsenMeiningen 1829 - 1867. 30 Gesetz- und Statutensammlung der Freien Stadt Frankfurt, 14. Bd., 1856 - 1861, S. 7 ff. 31 GS. S. 705. 32 Die folgenden Vorschriften sind zitiert nach Meyer S. 289 A n m . 1 und Grünhut S. 112 ff. 33 Erkenntnisse v. 1. 7. 1867, GruchBeitr. 14/909, v. 1. 7. 1870, StriethArch. 80//26. 34 Samhaber B a y Z A G A r t . I X , S. 48, Treichler, Zeitschrift f. deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft 1848//157, Meyer S. 289, Grünhut S. 106, i n späterer Zeit Layer S. 538 f. Vgl. NEC, § 248 S. 248, Thiel S. 27 u. Bis29
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 Seine R e c h t f e r t i g u n g l ä ß t jedoch gewisse U n k l a r h e i t e n b e i d e r E i n schätzung der W e r t s t e i g e r u n g e n e r k e n n e n , w e s h a l b w o h l der w i r k l i c h beabsichtigte U m f a n g des Ausschlusses n i c h t v ö l l i g e i n d e u t i g festzulegen ist. Es w u r d e a r g u m e n t i e r t , die e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n k ö n n t e n , da sie erst nach der E n t e i g n u n g e r f o l g e n w ü r d e n , n i c h t d e m zu e n t e i g n e n d e n E i g e n t ü m e r z u s t e h e n 3 5 . D a sich jedoch d i e d u r c h die E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n d e n G r u n d s t ü c k e n einer b e s t i m m t e n Geg e n d zuwachsenden V o r t e i l e o f t schon e r h e b l i c h v o r der E n t e i g n u n g i n d e n G r u n d s t ü c k s p r e i s e n niederschlagen, bestehen Z w e i f e l a n der E f f e k t i v i t ä t der A u s s c h l u ß r e g e l u n g . Diese Z w e i f e l beseitigt auch n i c h t eine m e h r i n h a l t l i c h e R e c h t f e r t i g u n g des Wertsteigerungsausschlusses, die h e r v o r h e b t , daß d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n n i c h t u n v e r d i e n t die V o r t e i l e zu L a s t e n des U n t e r n e h m e n s z u f a l l e n d ü r f t e n 3 6 . W e n n n ä m l i c h F o l g e des Wertsteigerungsausschlusses eine G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g i m A u g e n b l i c k der E n t e i g n u n g sein s o l l 8 7 , so b l e i b t gerade der G r o ß t e i l der unverdienten Gewinne dem Eigentümer erhalten. E n d g ü l t i g k l ä r t e n sich diese F r a g e n erst i m R a h m e n des § 10 Abs. 2 P r E G 3 8 . 3.2.2. Der Wertsteigerungsausschluß Entschädigung bei Entschädigung
im Rahmen der vollen des Verkehrswertes
Ü b e r d e n eben e r ö r t e r t e n G r u n d s a t z h i n a u s s i n d W e r t s t e i g e r u n g e n i n der f r ü h e n Phase des deutschen Entschädigungsrechts — w i e , das w e r d e n die späteren K a p i t e l zeigen, ü b e r h a u p t i n d e r gesamten Z e i t seither — n u r i n b e g r e n z t e m U m f a n g e v o n der E n t s c h ä d i g u n g ausgeschlossen w o r d e n . G r u n d d a f ü r w a r v o r a l l e m die als E n t s c h ä d i g u n g s maßstab ausnahmslos g e f o r d e r t e u n d auch gesetzlich n o r m i e r t e „ v o l l e " oder „ v o l l s t ä n d i g e E n t s c h ä d i g u n g " , die einen w e i t g e h e n d e n A u s g l e i c h m ö g l i c h s t a l l e r d u r c h die E n t e i g n u n g e i n g e t r e t e n e n N a c h t e i l e d a r s t e l l e n s o l l t e 3 9 . Z w i s c h e n E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g u n d Schadensersatz b e s t a n d k a u m e i n U n t e r s c h i e d 4 0 , z u m a l entgangener G e w i n n entschädigt wurde41. weilen wurde dieses Problem unrichtigerweise m i t dem Vorteilsausgleich vermischt. 35 Meyer S. 289. 36 Samhaber A r t . I X B a y Z A G S. 48, Grünhut S. 106. 37 So Grünhut S. 106. 39 s. Kap. I I § 3, 3. 39 A r t . 1 Großherzogl.-hess. Gesetz v. 27. δ. 1821 (Archiv der Großherzogl.hessischen Gesetze und Verordnungen 3. Bd., 1820 - 1822 S. 260 ff.), A r t . V BayZAG, A r t . 10 Sachs.-meiningisches Gesetz v. 28. 6. 1845 (s. Anm. 29), NEC §§ 238, 245 m i t weiteren Nachweisen, Samhaber A r t . V, S. 40 ff., Häberlin AcP 1856//181, Meyer S. 172, Thiel S. 22, Grünhut S. 99. 40 Vgl. die sog. Treichler'sche Formel: Treichler, Zeitschrift f. deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft 1848//153.
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Kap. I : Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 3.2.2.1. E n t g a n g e n e r G e w i n n u n d G r u n d s t ü c k s v e r k e h r
D i e B e r ü c k s i c h t i g u n g des e n t g a n g e n e n G e w i n n s t a n g i e r t e das P r o b l e m der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n , speziell der S p e k u l a t i o n s g e w i n n e , da es sich b e i l e t z t e r e n ebenfalls u m V e r m ö g e n s w e r t e h a n d e l t , deren E n t s t e h e n i n m e h r oder w e n i g e r n a h e r Z u k u n f t e r w a r t e t w i r d . N u n begrenzte z w a r die h. M . die E n t s c h ä d i g u n g e n t g a n g e n e n G e w i n n s a u f die i n n a h e r Z u k u n f t zu e r w a r t e n d e n V o r t e i l e 4 2 , so daß f e r n e r e S p e k u l a t i o n s g e w i n n e i n der E n t s c h ä d i g u n g n i c h t e n t h a l t e n gewesen w ä r e n . Z u m a n d e r e n aber richtete sich nach der ü b e r w i e g e n d e n Z a h l der Enteignungsgesetze u n d der A u f f a s s u n g der L i t e r a t u r die E n t s c h ä d i g u n g nach d e n P r e i s e n i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r 4 3 , w o d u r c h w i e d e r u m der S p e k u l a t i o n größere E i n w i r k u n g s m ö g l i c h k e i t e n a u f die H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g e i n g e r ä u m t w u r d e n 4 4 .
3.2.2.2. D e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r b e i der E r m i t t l u n g der N u t z u n g s f ä h i g k e i t D e r E i n f l u ß des G r u n d s t ü c k s v e r k e h r s a u f die E n t s c h ä d i g u n g , der, w i e sich aus A n m . 43 e r g i b t , schon sehr b a l d a n e r k a n n t w u r d e u n d der, d a r a u f sei schon an dieser S t e l l e h i n g e w i e s e n , i m 20. J a h r h u n d e r t ganz ü b e r w i e g e n d w e i t e r b e s t a n d , zeigte sich auch b e i d e r G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g , u n d z w a r b e i E r m i t t l u n g der N u t z u n g s f ä h i g k e i t des E n t e i g n u n g s o b j e k t e s i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g 4 5 . P r o b l e m a t i s c h w a r e n die F ä l l e , i n denen l a n d w i r t s c h a f t l i c h genutztes Gelände e n t e i g n e t w e r d e n sollte u n d die E i g e n t ü m e r i m H i n b l i c k auf eine z u k ü n f t i g e bessere N u t z u n g eine ü b e r d e m l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n N u t z u n g s w e r t liegende E n t s c h ä d i g u n g v e r l a n g t e n 4 6 . Schon sehr b a l d h a t t e sich die Rechtsprechung m i t diesen F ä l l e n z u befassen 4 7 . Das
41
Häberlin AcP 1856//187, Meyer S. 272. NEC § 249 S. 248, Häberlin AcP 1856//187, Meyer S. 272, vgl. Thiel S. 23. 43 A r t . 11 Großherzoglich-hessisches Gesetz v. 27. 5. 1821 (s. A n m . 39), A r t . V BayZAG, A r t . 10 Sachs.-meiningisches Gesetz v. 28. 6. 1845 (s. Anm. 29), § 1 1 Expropriationsgesetz der Freien Stadt F r a n k f u r t v. 11.11. 1856 (s. A n m . 30). Wegen weiterer Nachweise s. NEC § 246 S. 245. Samhaber A r t . V, S. 42, Grünhut S. 100, Layer S. 507. 44 Eger I 2. S. 186 geht m i t anderen Autoren für das preußische Recht nach 1874 sogar davon aus, daß der richtig verstandene entgangene Gewinn i n den Vergleichspreisen am Grundstücksmarkt enthalten sei. 43 Wegen des Zeitpunktes s. sogleich sub 3.2.3. 42
46 I m Unterschied zur Frage des entgangenen Gewinnes geht es hier u m den Eingriffsumfang. 47 s. das U r t e i l des O A G Lübeck SeuffArch. Bd. 3 Nr. 176 v. 23. 5. 1850.
Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 Preußische O b e r t r i b u n a l v o r a l l e m ließ n u r d a n n eine H ö h e r b e w e r t u n g zu, w e n n die bessere N u t z u n g z u r Z e i t der E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t b e g r ü n d e t erschien, es sich insgesamt u m bereits gesicherte E r w a r t u n gen h a n d e l t e , die die E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n b e r ü c k s i c h t i g t wissen w o l l t e n 4 8 . Ebenso w i e i n späterer Z e i t das R G u n d der B G H ließ das G e r i c h t die E i g n u n g eines Geländes f ü r eine bessere N u t z u n g n i c h t g e n ü g e n 4 9 , insbesondere n i c h t d i e Tatsache, daß die N u t z u n g nach B e b a u u n g s p l ä n e n zulässig gewesen w ä r e 5 0 . H i n z u k o m m e n m u ß t e , daß die künftige Verwertbarkeit vom Grundstücksverkehr erwartet wurde und sie sich s o m i t i n d e n V e r g l e i c h s p r e i s e n niedergeschlagen h a t t e 5 1 . Das E i n b e z i e h e n des G r u n d s t ü c k s v e r k e h r s i n die B e w e r t u n g schaltete n u n aber keineswegs sämtliche S p e k u l a t i o n s e l e m e n t e aus, s o n d e r n sicherte gerade die B e r ü c k s i c h t i g u n g solcher W e r t s t e i g e r u n g e n , die m a n als „ e r l a u b t e S p e k u l a t i o n e n " 5 2 v e r s t a n d . D e n E i n f l u ß , der d e m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r d a m i t e i n g e r ä u m t w a r , t a s t e t e n i n späterer Z e i t w e d e r das R G noch der B G H w e s e n t l i c h a n 5 3 . 3.2.2.3. K o r r e k t u r v o n P r e i s s c h w a n k u n g e n D i e V e r k n ü p f u n g der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g m i t d e m V e r k e h r s w e r t k o n n t e aber f ü r d e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n i n s o f e r n gewisse R i s i k e n b e i n h a l t e n , als die G r u n d s t ü c k s p r e i s e z u den verschiedenen Z e i t e n b i s w e i l e n auch fielen. Gesetzgebung u n d L i t e r a t u r w a r e n b e m ü h t , z u f ä l l i g e W e r t d i f f e r e n z e n abzufangen, jedoch, s o w e i t ersichtlich ü b e r w i e g e n d n u r i n d e m Bestreben, d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n eine m ö g l i c h s t hohe E n t s c h ä d i g u n g z u z u s i c h e r n 5 4 . K o n j u n k t u r b e d i n g t e s A u s schlagen der Preise nach oben e m p f a n d m a n n i c h t als k o r r e k t u r b e dürftig. 48
GruchBeitr. 14/909, StricthArch. 80732, 81//97, 86//78. GruchBeitr. 14/909, StriethArch. 80'/28 - 29, 81//96, 86/779; vgl. O A G L ü beck SeuffArch. Bd. 3 Nr. 176. 50 StriethArch. 80//28 - 29, 91//96, vgl. 86/V79 ; a. M. in späterer Zeit Layer S. 510. 51 GruchBeitr. 14/909, StriethArch. 86//79 Γ.; so auch schon O A G Lübeck SeuffArch. Bd. 3 Nr. 176. 32 Vgl. NEC § 249 f. S. 249. 5a Vgl. zu den Abmilderungsversuchen der Rechtsprechung Kap. I I , § 1, 4.2., Kap. V, § 1, 2.2. 54 s. insbesondere die Beratungen zu § 24 Bad. Gesetz v. 28. 8.1835, die zu einer Berücksichtigung der Vergleichspreise der letzten 6 Jahre n u r dann führten, wenn nicht i m Jahre vor der Enteignung die Preise gestiegen w a ren: Verhandlungen der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden, Protokolle der 2. Kammer, 5. Protokollheft, 38. Sitzung v. 6. 7.1835, S. 26 ff. Ebenso w o h l der E n t w u r f zum Württembergischen Gesetz (s. NEC § 246 S. 246), § 11 Gesetz der Freien Stadt F r a n k f u r t v. 11. 11. 1856 (s. A n m . 30), NEC § 246 S. 245, Grünhut S. 107; vgl. Layer S. 537 Anm. 1; w o h l neutraler 40
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Kap. I : Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen bis 1874 3.2.3. Ansätze zum bei Festsetzung des
Wertsteigerungsausschluß Bewertungszeitpunktes
V o n d e m eben e r ö r t e r t e n P r o b l e m , w e l c h e r V e r k e h r s w e r t b e i der Entschädigungsbemessung h e r a n z u z i e h e n w a r , ist e i n w e i t e r e s z u t r e n nen, n ä m l i c h die F r a g e nach d e m Z e i t p u n k t der W e r t e r m i t t l u n g des v o n der E n t e i g n u n g b e t r o f f e n e n G r u n d s t ü c k s . Z u diesem K o m p l e x s i n d U r t e i l e ergangen, die e i n gewisses P r o b l e m b e w u ß t s e i n h i n s i c h t l i c h der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n e r k e n n e n lassen. P r i n z i p i e l l maßgeb e n d f ü r die G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g w a r der Z e i t p u n k t der A b t r e t u n g , der E n t e i g n u n g 5 5 , w o b e i a l l e r d i n g s dieser G r u n d s a t z e i g e n t l i c h k e i n e k o n k r e t e A n g a b e ü b e r den Z e i t p u n k t b i e t e n k o n n t e . D e n n e i n m a l w a r e n die E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n der verschiedenen Gesetze u n t e r s c h i e d l i c h g e r e g e l t 5 6 , z u m a n d e r e n k o n n t e die B e w e r t u n g w e g e n des P r i n z i p s der v o r g ä n g i g e n E n t s c h ä d i g u n g 5 7 n i c h t erst m i t d e r E n t e i g n u n g e r f o l gen. A u f E i n z e l h e i t e n d e r Z e i t p u n k t f r a g e soll h i e r n i c h t w e i t e r eingegangen w e r d e n 5 8 ; festzustellen ist n u r , daß die Rechtsprechung v e r e i n zelt die B e w e r t u n g schon a u f d e n Z e i t p u n k t v o r v e r l e g t e , i n d e m d e m E i g e n t ü m e r — d u r c h B e s i t z e i n w e i s u n g des U n t e r n e h m e r s — die E i n w i r k u n g auf das G r u n d s t ü c k entzogen w a r , u n d z w a r m i t d e m Z i e l , d e m E i g e n t ü m e r die seit der B e s i t z e i n w e i s u n g e n t s t a n d e n e n W e r t s t e i gerungen vorzuenthalten 59.
Samhaber A r t . V, S. 42. Stets auf die Preise der neuesten Zeit stellt ab A r t . 11 Großherzogl.-hess. Gesetz v. 27. 5.1821 (s. Anm. 39). 55 Thiel S. 25 - 26, Grünhut S. 106, Meyer S. 289. 56 Vgl. Gierke § 128 X , 4, S. 503. 57 Vgl. NEC § 238. 58 s. ausführlicher unten Kap. I I § 2. 59 Erkenntnis des Rhein. Apellationsgerichtshofes v. 17. 3.1841, mitgeteilt von Kletke S. 495 ff., Erkenntnis des O A G Darmstadt v. 16. 2.1875, SeuffArch. 31 Nr. 130 S. 164 f.
Kapitel
II
Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes als Grundlage für den Wertsteigerungsausschluß in Deutschland D i e R e c h t s e n t w i c k l u n g i m A n s c h l u ß an das f r ü h e deutsche Entschäd i g u n g s r e c h t befaßte sich, w i e schon angedeutet, m i t denselben P r o b l e m k r e i s e n , die das vorangegangene K a p i t e l b e r ü h r t e . D e n n o c h ist es e r f o r d e r l i c h , die spätere Z e i t gesondert z u b e h a n d e l n , da m i t d e m P r e u ßischen Gesetz ü b e r die E n t e i g n u n g v o n G r u n d e i g e n t u m — P r E G — v o m 11. 6. 1874 (GS S. 221) das deutsche Entschädigungsrecht eine b e deutende A u s g e s t a l t u n g fand, die bis i n die h e u t i g e Z e i t u n m i t t e l b a r w i r k t . Z w a r zeichnet sich das P r E G selbst n i c h t d u r c h besondere F o r t s c h r i t t l i c h k e i t oder d a d u r c h aus, daß es e t w a die w i c h t i g e n E n t s c h ä d i g u n g s p r o b l e m e geregelt hätte. D o c h sein großer G e l t u n g s b e r e i c h f ü h r t e z u r Z u s t ä n d i g k e i t des R G b e i S t r e i t i g k e i t ü b e r die H ö h e der Entschäd i g u n g 1 u n d e r m ö g l i c h t e es d e m G e r i c h t , i n a u s f ü h r l i c h e r J u d i k a t u r E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d s ä t z e h e r a u s z u a r b e i t e n , w o d u r c h p r a k t i s c h eine gewisse R e c h t s v e r e i n h e i t l i c h u n g b e w i r k t w u r d e . N a c h d e m 2. W e l t k r i e g b i l d e t e n diese z u m P r E G e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e die G r u n d lage f ü r die entschädigungsrechtliche Rechtsprechung des B G H .
§ 1 D i e A u s r i c h t u n g der Entschädigung am V e r k e h r s w e r t nach preußischem Recht 1. Allgemeiner Entschädigungsumfang nach dem PrEG D i e F r a g e nach der B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n bet r i f f t e i n P r o b l e m der E n t s c h ä d i g u n g s b e s t i m m u n g . F ü r das P r E G s t e l l t e § 1 den G r u n d s a t z der v o l l s t ä n d i g e n E n t s c h ä d i g u n g auf, der i n d e n §§ 7 - 1 4 des Gesetzes i m e i n z e l n e n n ä h e r e r l ä u t e r t w u r d e . V o r a l l e m § 8 A b s . 1 P r E G — „ D i e E n t s c h ä d i g u n g besteht i n d e m v o l l e n W e r t e des a b z u t r e t e n d e n G r u n d s t ü c k s " — e r l a n g t e f ü r den E n t s c h ä d i 1 Vgl. zu § 511 ZPO vom 30. 1.1877 (RGBl. S. 83) — heute § 459 ZPO — § 1 Kaiserliche Verordnung betreffend die Begründung der Revision i n bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 28. September 1879 (RGBl. 299). § 30 PrEG i. V. m. § 15 Nr. 2 EGZPO vom 30. 1. 1871 (RGBl. S. 244).
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
g u n g s u m f a n g eine z e n t r a l e B e d e u t u n g . A n dieser B e s t i m m u n g e n t zündete sich der S t r e i t ü b e r die äußerst w i c h t i g e Frage, ob das Gesetz n e b e n d e m o b j e k t i v e n W e r t , d. h. d e n das G r u n d s t ü c k m i t a l l e n seinen Eigenschaften f ü r j e d e r m a n n h a t oder h a b e n k a n n 2 u n d d e r u n b e s t r i t t e n e r m a ß e n zu entschädigen w a r , auch noch den s u b j e k t i v e n W e r t , den das G r u n d s t ü c k gerade f ü r den E n t e i g n e t e n a u f w e i s t 3 , berücksicht i g t e 4 ' 5 . Dieses P r o b l e m h a t jedoch f ü r die h i e r v o r z u n e h m e n d e U n t e r suchung k e i n e B e d e u t u n g , da sich die u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n bereits i m o b j e k t i v e n G r u n d s t ü c k s w e r t niederschlugen. D i e B e h a n d l u n g des Wertzuwachses h i n g s o m i t w e s e n t l i c h d a v o n ab, w i e die E n t schädigung f ü r den o b j e k t i v e n G r u n d s t ü c k s w e r t ausgestaltet w u r d e . 1.1. Der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage für den objektiven Wert Z u r v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g gemäß § 8 A b s . 1 P r E G gehörte m i n d e s t e n s der Ersatz des v o l l e n o b j e k t i v e n W e r t e s 6 . A l s B e m e s s u n g s g r u n d l a g e f ü r diesen o b j e k t i v e n W e r t k a m , auch das w a r f ü r das P r E G n i e z w e i f e l haft u n d i n den Zeiten reiner M a r k t w i r t s c h a f t nicht verwunderlich, r e g e l m ä ß i g der V e r k e h r s w e r t i n Frage, also der W e r t , der d e m G r u n d stück nach seiner Beschaffenheit i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r a l l g e m e i n b e i gelegt w u r d e 7 . G l e i c h b e d e u t e n d m i t V e r k e h r s w e r t 8 v e r w a n d t e m a n ü b e r w i e g e n d den A u s d r u c k V e r k a u f s w e r t 9 , oder es w u r d e der V e r k e h r s w e r t m i t d e m Preis umschrieben, den der E i g e n t ü m e r b e i e i n e m u n t e r g ü n s t i g e n V e r h ä l t n i s s e n geschlossenen f r e i w i l l i g e n V e r k a u f e e r zielen k o n n t e 1 0 . A n der a m V e r k e h r s w e r t o r i e n t i e r t e n E n t s c h ä d i g u n g s 2
Hopf § 8, 1 S. 30. Hopf a.a.O. S. 31, Schach M D R 53//196 1. 4 So das RG i n st. Rspr. seit RGZ 32/298 ff. Dazu Eger A 46 I 2. S. 124 ff., 131 ff., I 3. S. 121 ff., S. 127 ff., Koffka § 8 Ν 2 ff. S. 63 ff., Ν 10 S. 69 ff., Ernst / Friede § 46, 1 a S. 276, Schack B B 59//1260 ff. 5 Die Unterscheidung zwischen der Entschädigung für den objektiven und der für den subjektiven Grundstücks wert findet sich i n neueren Enteignungsgesetzen durch die Gegenüberstellung der Entschädigung für den Rechtsverlust und für sonstige Vermögensnachteile wieder (s. § 9 Abs. 1 S. 3 BaulBG, § 93 Abs. 2 BBauG). 6 Koffka § 8 Ν 37 S. 89; wie das RG ersetzte Koffka daneben noch den subj e k t i v e n Wert. Nach Eger A 47 I 2. S. 139, I 3. S. 137 war nur der objektive Wert — reichlich bemessen — zu entschädigen. 7 Seydel § 8, l b S. 51; letztlich so w o h l auch Koffka § 8 Ν 2 S. 63, Ν 15 S. 73. 8 RG PrVBl. 29//72, Scydel § 8, 1 b S. 51; vgl. auch die unten zitierten U r teile. 9 RG JustMinBl. 1880//162, JW 1903'56 Nr. 35, Ζ 57//290, P r V B l . 29/130, 29Z/72, RGZ 66//313, J W 1908//285, Eger A 47 I 2. S. 139, I 3. S. 137, Hopf § 8, 2 S. 32, Seydel § 8 1 b S. 51. 10 RGZ 32/7301, 57//290, JW 1907/7720, 1912/94 Nr. 50, 37/3252, m i t Vorbehalten RGZ 797/298, JW 1938/1477. 3
§ 1 Die Ausrichtung der Entschädigung am Verkehrswert
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bemessung f ü r d e n o b j e k t i v e n W e r t h i e l t das Reichsgericht bis z u l e t z t fest 11. 1.2. Wiederbeschaffungswert I n Rechtsprechung u n d L e h r e t a u c h t e n i m Z u s a m m e n h a n g m i t der Entschädigungsbemessung i m m e r w i e d e r F o r m u l i e r u n g e n auf, die eine A u s r i c h t u n g nach d e m W i e d e r b e s c h a f f u n g s w e r t v e r m u t e n lassen. Doch w a r es u n b e s t r i t t e n , daß e i n A n s p r u c h a u f G e w ä h r u n g eines gleicha r t i g e n Ersatzgrundstückes n i c h t b e s t a n d 1 2 . D e r U n t e r n e h m e r schuldete n u r W e r t e r s a t z i n F o r m v o n G e l d 1 3 . Ebenso u n z w e i f e l h a f t w a r , daß der f ü r d e n E r w e r b eines E r s a t z g r u n d s t ü c k e s e r f o r d e r l i c h e B e t r a g auf j e d e n F a l l eine v o l l e E n t s c h ä d i g u n g i m S i n n e des § 8 A b s . 1 P r E G d a r s t e l l t e 1 4 . E i n e n A n s p r u c h auf diesen B e t r a g gestanden das R G u n d die h. L . d e m E n t e i g n e t e n g e n e r e l l aber auch n i c h t z u 1 5 . So b l i e b e n die b e i d e m E r w e r b eines n e u e n G r u n d s t ü c k s zu z a h l e n d e n G e b ü h r e n u n d sons t i g e n K o s t e n u n e n t s c h ä d i g t I ( \ B e i G r u n d s t ü c k e n , die einen den o b j e k t i v e n W e r t ü b e r s t e i g e n d e n i n d i v i d u e l l e n N u t z u n g s w e r t aufwiesen, w u r d e n die K o s t e n f ü r die W i e d e r b e s c h a f f u n g als solche ebenfalls n i c h t e r stattet, sie b i l d e t e n n u r die oberste Grenze der E n t s c h ä d i g u n g 1 7 . Z w a r h a t das R G i n d e r a r t i g e n F ä l l e n d e n Preis f ü r e i n E r s a t z g r u n d s t ü c k auch als M a ß s t a b f ü r die E n t s c h ä d i g u n g bezeichnet 1 8 , doch ließ es dabei schon e i n z u r M i e t e oder Pacht beschafftes G r u n d s t ü c k als v o l l e E n t schädigung g e l t e n 1 9 . A u s a l l d e m w i r d ersichtlich, daß die W i e d e r b e s c h a f f u n g selbständige B e d e u t u n g e t w a i m S i n n e eines E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p s n i c h t e r l a n g t e 2 0 . A n d e r e r s e i t s d ü r f t e n sich aber Wiederbeschaffungs- u n d V e r k e h r s w e r t , v o n den N e b e n k o s t e n e i n m a l abgesehen, h ä u f i g decken, so daß i m E i n z e l f a l l die gezahlte E n t s c h ä d i g u n g z u r Beschaffung eines g l e i c h w e r t i g e n
11 DR 1940/1848, 1943//313 r. o. Auch die Preisgesetzgebung seit 1936 änderte daran nichts. Vgl. DR 194072020, 1940/;1847 r. o. Näheres dazu Kap. I V §1,3.1. 12 RGZ 58/7423, Kojfka § 10 Ν 19 S. 157, Eger A 38 I 3. S. 331; vgl. auch die Nachweise Anm. 15. 13 RGZ 58//423. 14 RG GruchBeitr. 36/71108, JW 1898/629; s. auch § 10 Abs. 1 PrEG für den Fall, daß die bisherige Benutzungsart berücksichtigt wird. 13 RGZ 58//423, JW 1909/287, Recht 1914 Sp. 668, Seydel § 10, 1 S. 84, Koffka § 10 Ν 19 S. 157, Eger A 78 I 2. S. 320, I 3. S. 331. 10 RGZ 58//423. 17 § 10 Abs. 1 PrEG. RG JW 1909/287, Koffka § 10 Ν 19 S. 157. 18 RGZ 32//303. 19 RG a.a.O. und RGZ 5//253. 2Ü Vgl. RG JW 1909/287.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
G r u n d s t ü c k s a u s r e i c h t e 2 1 . D e n n es b l i e b , auch w e n n die E n t s c h ä d i g u n g des Wiederbeschaffungswertes nicht gewährt wurde, anerkannter Z w e c k der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g , Ausgleich, u n d z w a r ä q u i v a l e n t e r A u s g l e i c h f ü r die E n t e i g n u n g z u s e i n 2 2 .
2. Bestimmung des Verkehrswertes Z u r B e s t i m m u n g des V e r k e h r s w e r t e s d i e n t e n e i n m a l V e r g l e i c h s k ä u f e i n der b e t r e f f e n d e n U m g e b u n g 2 3 , z u m a n d e r e n der E r t r a g s w e r t des G r u n d s t ü c k e s 2 4 . L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung zogen aber auch d e n E r t r a g s w e r t z u r selbständigen E r m i t t l u n g des v o l l e n o b j e k t i v e n W e r t e s heran, w o b e i m a n a l l e r d i n g s b e z ü g l i c h des U m f a n g e s zwischen V e r k e h r s - u n d E r t r a g s w e r t k e i n e n Gegensatz a n e r k a n n t e 2 5 : B e i s t a r k e n A b w e i c h u n g e n b e i d e r Schätzungen v o n e i n a n d e r müsse eine Schätzung falsch sein. I n m e h r e r e n U r t e i l e n h a t jedoch das R G d a v o n a b w e i c h e n d j e w e i l s die d e m E n t e i g n e t e n g ü n s t i g e r e M e t h o d e zugelassen 2 6 , d a m i t aber keineswegs eine U n t e r s c h r e i t u n g des V e r k e h r s w e r t e s beabsicht oder b e w i r k t .
3. Wertsteigerungen und Verkehrswert D e r V e r k e h r s w e r t r i c h t e t e sich nach d e n j e w e i l i g e n G r u n d s t ü c k s eigenschaften — i m w e i t e s t e n S i n n e — , w o b e i die tatsächliche N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t eine besondere R o l l e s p i e l t e 2 7 . D a r ü b e r h i n a u s k a m e n aber i m V e r k e h r s w e r t auch E r w a r t u n g e n des M a r k t e s , H o f f n u n g e n a u f eine k ü n f t i g e h ö h e r e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t z u m A u s d r u c k . H i e r l i e g t das e i g e n t l i c h P r o b l e m a t i s c h e der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g . D e n n die O r i e n t i e r u n g der E n t s c h ä d i g u n g a m g e m e i n e n W e r t bedeutete e i n Einbeziehen unverdienter Wertsteigerungen i n erheblichem Maße28. 21 Vgl. RG EE II/301, RG JustMinBl. 1880//162 und Eger A 59 I 2. S. 195, 13. S. 212 u. 216-7. 22 Eger A 47 I 2. S. 139, I 3. A 59 S. 216-7, RG GruchBeitr. 37//1130. Vgl. auch Dittus / Zinkahn BaulBG, Vorb. vor § 9 S. 175. 23 RGZ 66//313, JW 1908//285, 1911/556 Nr. 47, RGZ 130//370, Seydel § 8 1 b S. 51. 24 RGZ 57//290, 66//313, Koffka § 8 Ν 37 a S. 90 f.: Unselbständiger Ertragswert. 25 Hopf § 8, 2, S. 32, Seydel § 8 1 b S. 52, Eger A 47 I 2. S. 142, I 3. S. 142, RG PrVBl. 29//72, JW 1907/719 - 20, EE V I I I / 5 5 : differenzierend. A . M . Koffka § 8 Ν 37 a S. 91. 26 RG JW 1911/556 Nr. 47, P r V B l . 31/162 und das bei Koffka a.a.O. S. 90 zitierte Urteil vom 24.9.1912, V I I 187/12, wohl auch RG EE V I I I / 5 5 ; ebenso Koffka a.a.O. S. 91. 27 Eger A 51 I 2. S. 156 ff. I 3. S. 156 f., Koffka § 8 Ν 15 ff. S. 73 ff., Loebell § 8, 5 f. jeweils m i t Nachweisen. 28 wegen der Ausnahmen s. sogleich sub 4. und später § 3 dieses Kapitels zu § 10 Abs. 2 PrEG.
§ 1 Die Ausrichtung der Entschädigung am Ver kehr swert
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S o b a l d sich H o f f n u n g e n a m G r u n d s t ü c k s m a r k t niedergeschlagen h a t t e n 2 9 , w a r der d u r c h sie b e s t i m m t e u n d auch V e r k n a p p u n g s m o m e n t e einschließende Preis i n der Regel z u entschädigen 3 0 . K o f f k a d r ü c k t e diesen S a c h v e r h a l t f o l g e n d e r m a ß e n aus: „ D i e S p e k u l a t i o n des G r u n d stücksmarktes, welche die z u k ü n f t i g e B e n u t z u n g s f ä h i g k e i t v o n G r u n d stücken e s k o m p t i e r t u n d diesen G r u n d s t ü c k e n d u r c h die P r e i s b i l d u n g e i n e n G e g e n w a r t s w e r t verschafft, w e l c h e n sie nach i h r e r z e i t i g e n N u t z u n g s f ä h i g k e i t noch n i c h t haben, b i l d e t e i n e n sehr w e s e n t l i c h e n F a k t o r f ü r d i e o b j e k t i v e W e r t b e m e s s u n g 3 1 . " U n d er e m p f a n d es als V o r t e i l der V e r k e h r s w e r t b e r e c h n u n g gegenüber d e m A b s t e l l e n a u f d e n E r t r a g s w e r t , daß d i e erste Bemessungsart die z u k ü n f t i g e N u t z u n g s f ä h i g k e i t , sprich Spekulationswertsteigerung, berücksichtigt 32.
4. Ausnahmen von der reinen Verkehrswertentschädigung 4.1. Wert innerhalb der natürlichen Schwankungen E i n e gewisse A b m i l d e r u n g der F o l g e n einer v ö l l i g a m V e r k e h r s w e r t ausgerichteten E n t s c h ä d i g u n g ergab sich d u r c h d i e V e r w e n d u n g e i n e r F o r m e l , die sich schon i n den Gesetzesmaterialien g e f u n d e n h a t t e 8 3 u n d d i e auch, z u m i n d e s t i n h a l t l i c h , der Z e i t v o r d e m P r E G n i c h t f r e m d gew e s e n w a r 3 4 : Innerhalb der natürlichen Schwankungen ist d i e z u l e i stende E n t s c h ä d i g u n g v o l l u n d r e i c h l i c h z u bemessen 3 5 . Z u f ä l l i g e aussergewöhnliche P r e i s s c h w a n k u n g e n s o l l t e n danach n i c h t b e s t i m m e n d sein. O b dieser G e d a n k e b e i der Entschädigungsbemessung i n der P r a x i s B e d e u t u n g e r l a n g t e , ist m i t Sicherheit n i c h t festzustellen. 4.2. Gesunder Grundstücksverkehr bei Zwischenstufenland E i n e gewisse B e d e u t u n g als K o r r e k t i v der r e i n e n V e r k e h r s w e r t e n t schädigung k a m der Rechtsprechung z u m sogenannten m e r k a n t i l e n B a u l a n d zu. U n t e r m e r k a n t i l e m oder auch w e r d e n d e m , s p e k u l a t i v e m B a u l a n d oder Z w i s c h e n s t u f e n l a n d v e r s t a n d m a n G r u n d s t ü c k e d e r Z w i 29 Fanden Hoffnungen keinen Niederschlag am M a r k t , so blieben sie als „entgangener Gewinn" i n der Entschädigung unberücksichtigt; vgl. dazu Knoll AöR 1956//171 - 172 und Schack B B 1959//1262 1. 30 RG GruchBeitr. 41//1004 f., 55V1177 und als beredtes Beispiel RG P r V B l . 29/1015. 31 Koffka § 8 Ν 43 S. 97. 32 Koffka a.a.O. S. 96; vgl. auch RG EE VIII/55. 33 Kommissionsbericht des Abgeordnetenhauses vom 19.12.1873: s. unten Anm. 153, Zitat nach Eger I 2. S. 203. 34 Kap. I, 3.2.2.3. 35 R G J W 1904/577, Eger A 59 I 2. S. 203 f., I 3. S. 218 f., a. M. Rohland , zitiert nach Eger I 2. S. 202.
2 Bauer
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
schenstufe zwischen A c k e r l a n d u n d L a n d i n e i n e r v o n der städtischen Bebauung u n m i t t e l b a r ergriffenen Gegend (Baustellenland)30. O b w o h l d e r a r t i g e s Z w i s c h e n s t u f e n l a n d eine g e g e n w ä r t i g e B e n u t z u n g s f ä h i g k e i t als B a u l a n d n i c h t a u f w i e s , w a r es herrschende A u f f a s s u n g , daß dieses L a n d u n t e r b e s t i m m t e n U m s t ä n d e n h ö h e r als reines A c k e r l a n d e n t schädigt w e r d e n m u ß t e 3 7 . Vorausgesetzt w u r d e zunächst, daß der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r die z u k ü n f t i g e bessere B e n u t z u n g s f ä h i g k e i t i n seine K a l k u l a t i o n einbezogen h a t t e , die G r u n d s t ü c k e also n i c h t als bloßes A c k e r land handelte38. Gerade b e i d e m Z w i s c h e n s t u f e n l a n d als d e m klassischen S p e k u l a t i o n s o b j e k t b e s t a n d aber die G e f a h r , daß der V e r k e h r s w e r t d u r c h r e i n e Spekulationskäufe bestimmt wurde. Eine am Verkehrswert orientierte Entschädigungsbemessung h ä t t e i n e r h e b l i c h e m U m f a n g u n v e r d i e n t e W e r t g e w i n n e e n t h a l t e n . U m d e m v o r z u b e u g e n , e n t w i c k e l t e das R G i m A n s c h l u ß a n das P r . O b e r t r i b u n a l 3 9 d e n G r u n d s a t z , daß noch n i c h t b e bautes Gelände n u r d a n n h ö h e r als A c k e r l a n d entschädigt w e r d e n k ö n n e , w e n n d i e B e b a u u n g f ü r absehbare Z e i t i n Aussicht stehe 4 0 . D e n n n u r u n t e r dieser V o r a u s s e t z u n g berücksichtige e r f a h r u n g s g e m ä ß der gesunde Grundstücksverkehr die k ü n f t i g e g ü n s t i g e r e N u t z u n g s f ä h i g k e i t v o n g e g e n w ä r t i g e m A c k e r l a n d 4 1 , u n d — so ist z u ergänzen — a l l e i n a u f d e n gesunden G r u n d s t ü c k s v e r k e h r k a m es d e m R G an. D a m i t w a r es möglich, m i t der E n t s c h ä d i g u n g u n t e r d e n i m f r e i e n V e r k e h r g e z a h l t e n P r e i s e n z u b l e i b e n . I n w i e w e i t dies geschah, ist a l l e r d i n g s n i c h t ersichtlich, da n u r i n w e n i g e n d e r oben z i t i e r t e n U r t e i l e die B a u l a n d q u a l i t ä t v e r n e i n t w u r d e 4 2 7 4 3 . W e n n auch i m ü b r i g e n der „gesunde G r u n d s t ü c k s v e r k e h r " e i n recht vages A b g r e n z u n g s k r i t e r i u m gewesen sein d ü r f t e , so k a n n n i c h t v e r k a n n t w e r d e n , daß sich d i e Rechtsprechung i n e i n e m w i c h t i g e n B e r e i c h b e m ü h t e , gewisser A u s w ü c h s e
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RG GruchBeitr. 55/1177; vgl. zu den Begriffen auch Koffka § 8 Ν 20 a S. 77 m i t weiteren Nachweisen. 37 Eger A 52 I 2. S. 165, I 3. S. 170 m i t Nachweisen älterer Literatur, Koffka § 8 Ν 19 f. S. 75 f., Seydel § 8 1 c S. 55, Hopf § 8, 4 S. 38, RG GruchBeitr. 41//1005. 38 RGZ 8//215, GruchBeitr. 31//880, 36//1106, Recht 1914 Sp. 115, 1915 Sp. 202, RGZ 128//26. 39 Vgl. RG GruchBeitr. 25//936, RGZ 8//216, Auszüge bei Eger A 52 I 2. S. 165 f., I 3. S. 170 f. 40 GruchBeitr. 25/Z936, RGZ 8V215, GruchBeitr. 31//880, 36//1107, 41//1105, Recht 1909 Sp. 486, GruchBeitr. 55//1177, Recht 1913 Sp. 809, 1914 Sp. 115, 1915 Sp. 202, RGZ 128//26, weitere Nachweise bei Eger A 52 I 3. S. 170 f. und Koffka § 8 Ν 20 S. 76. Ebenso Fuchs § 8 S. 31 für das BadEG. 41 RG GruchBeitr. 55//1177. 42/43 V g l RGZ 8//216, RG GruchBeitr. 55/71178, evtl. noch GruchBeitr. 41// 1004; vgl. auch die bei Eger A 52 I 2. S. 165, I 3. S. 170 f. zitierten Urteile des Preuß. Obertribunals.
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 PrEG
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der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g H e r r z u w e r d e n , i n d e m sie a l l e i n auf S p e k u l a t i o n b e r u h e n d e u n v e r d i e n t e W e r t g e w i n n e i n der E n t e i g n u n g s entschädigung v e r h i n d e r t e .
§ 2 D e r Z e i t p u n k t der Wertbemessung i m R a h m e n des § 8 P r E G 1. Die Bedeutung des Zeitpunkts der Wertbemessung Die Behandlung unverdienter Wertsteigerungen hängt wesentlich v o m Z e i t p u n k t ab, a u f d e n die W e r t e r m i t t l u n g des e n t e i g n e t e n G r u n d stücks bezogen ist, f ü r das P r E G also v o m Z e i t p u n k t , der f ü r d i e E r m i t t l u n g des v o l l e n W e r t e s (§ 8 A b s . 1 P r E G ) m a ß g e b l i c h ist. D e r v o l l e o b j e k t i v e W e r t k a m , w i e schon a u s g e f ü h r t , i m V e r k e h r s w e r t ( V e r kaufswert, gemeinen Wert) z u m Ausdruck. Die den gemeinen W e r t unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen bestimmenden Faktoren — Grundstückseigenschaften i m w e i t e s t e n S i n n e einschließlich B o d e n q u a l i t ä t , Preisgefüge u n d G e l d w e r t — w u r d e n i n Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r zu § 8 P r E G z w a r n i c h t so scharf unterschieden. Doch w a r m a n sich der B e d e u t u n g der d a m a l s v a r i a b l e n F a k t o r e n G r u n d s t ü c k s z u s t a n d u n d Preisgefüge f ü r den V e r k a u f s w e r t durchaus b e w u ß t 4 4 . H i n sichtlich der Grunstückseigenschaften interessierte v o r a l l e m d i e B e nutzungsfähigkeit 45. W e n n i m folgenden v o m Z e i t p u n k t für die W e r t bemessung die Rede ist, so h a n d e l t es sich präziser ausgedrückt u m d e n Z e i t p u n k t , auf d e n die E r m i t t l u n g d e r d e n V e r k e h r s w e r t b e s t i m m e n d e n F a k t o r e n bezogen w a r . W e i l f ü r das P r E G anders als b e i d e r Rechtsprechung des B G H f ü r a l l e U m s t ä n d e i m w e s e n t l i c h e n n u r derselbe Z e i t p u n k t i n F r a g e k a m , b r a u c h t e i m R a h m e n der A r b e i t d i e B e h a n d l u n g der e i n z e l n e n F a k t o r e n n i c h t g e t r e n n t d a r g e s t e l l t z u w e r d e n . Sow e i t es jedoch e r f o r d e r l i c h ist, w i r d auf die einzelnen F a k t o r e n gesond e r t einzugehen sein. D a das P r E G ü b e r Z e i t p u n k t e nichts e n t h ä l t , b l i e b es Rechtsprechung u n d L e h r e überlassen, i n A u s l e g u n g des Gesetzes R e g e l u n g e n z u f i n d e n 4 6 . Es w a r e n z w e i Z e i t p u n k t e zu unterscheiden: 1. D e r Z e i t p u n k t f ü r die W e r t b e m e s s u n g des zu e n t e i g n e n d e n G r u n d stücks, also der Z e i t p u n k t i m R a h m e n des § 8 A b s . 1 P r E G 2. D e r Z e i t p u n k t , v o n d e m ab W e r t s t e i g e r u n g e n als ausgeschlossen zu g e l t e n haben, also der Z e i t p u n k t i m R a h m e n des § 10 A b s . 2 P r E G . 44 Vgl. Koffka § 8 Ν 15 ff. S. 73 ff., RG JW 1902/549 (!), J W 1908//286, RG P r V B l . 29/1015. 45 Vgl. Koffka a.a.O. 40 Einen Zeitpunkt f i x i e r t Gesetz vom 12. 8. 1905 (GS S. 335) über Maßnahmen zur Oderregulierung, § 9 Abs. 1. 2*
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
H i e r i n K a p i t e l I I § 2 g e h t es n u r u m ersteren Z e i t p u n k t , w ä h r e n d die P r o b l e m a t i k des l e t z t e r e n i n K a p i t e l I I § 3, 5. n ä h e r z u e r ö r t e r n ist. D e r Z e i t p u n k t f ü r die W e r t b e m e s s u n g gemäß § 8 P r E G e r l a n g t e i n sofern f ü r die H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g besondere B e d e u t u n g , als sich das E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n ü b e r l ä n g e r e Z e i t hinzog, u n d i m L a u f e d i e ses V e r f a h r e n s ebenso w i e i m e v e n t u e l l v o r a n g e h e n d e n F l u c h t l i n i e n festsetzungsverfahren die G r u n d s t ü c k s w e r t e S c h w a n k u n g e n u n t e r w o r f e n w a r e n 4 7 . Je w e i t e r die B e w e r t u n g z e i t l i c h z u r ü c k v e r l e g t w e r d e n k o n n t e , desto sicherer w a r e n i n der E n t s c h ä d i g u n g k e i n e u n v e r d i e n t e n Wertsteigerungen enthalten. Unverdiente Werterhöhungen erreichten i n d e r Z e i t bis z u m ersten W e l t k r i e g b i s w e i l e n erhebliches A u s m a ß , w a s auch das R G sehr d e u t l i c h s a h 4 8 . A l l e r d i n g s scheint die d u r c h m ö g liche W e r t m i n d e r u n g e n h e r v o r g e r u f e n e G e f a h r , daß der E n t e i g n e t e z u r V e r s c h a f f u n g eines E r s a t z g r u n d s t ü c k s — eines „ Ä q u i v a l e n t s " 4 9 — n i c h t m e h r i n der L a g e sein k ö n n t e , w e n n T a x i e r u n g u n d A u s z a h l u n g der E n t s c h ä d i g u n g z u w e i t a u s e i n a n d e r l i e g e n w ü r d e n , b e i der Festl e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s m e h r i m V o r d e r g r u n d gestanden zu h a b e n als die W e r t e r h ö h u n g e n 5 0 . B e i d e n sich i m L a u f e des E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s zeigenden u n d h i e r interessierenden W e r t s c h w a n k u n g e n , insbesondere W e r t s t e i g e r u n g e n , h a n d e l t es sich aber, d a r a u f sei noch e i n m a l h i n g e w i e s e n , n i c h t u m solche, die i n u r s ä c h l i c h e m Z u s a m m e n h a n g m i t d e m — besonderen — E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n , d e r A n l a g e i. S. des § 10 A b s . 2 P r E G stehen. V i e l m e h r s i n d h i e r g e m e i n t die sogenannten „ a l l g e m e i n e n W e r t s t e i g e r u n g e n " , die aber ebenso u n v e r d i e n t sein k ö n n e n 5 1 . 2. K e i n Z e i t p u n k t vor der Enteignung I m L a u f e des sich i n d r e i H a u p t a b s c h n i t t e g l i e d e r n d e n E n t e i g n u n g s verfahrens k a m e n i m w e s e n t l i c h e n 5 2 d r e i Z e i t p u n k t e f ü r die W e r t b e messung i n F r a g e : D e r Z e i t p u n k t 1. der d e f i n i t i v e n P l a n f e s t s t e l l u n g (§ 21 P r E G ) , 47 Vgl. RGZ 27//2G4. Gemeint sind hier aber nicht Schwankungen auf Grund des generellen Preis- und Währungsgefüges; diese gab es damals nicht. 48 PrVBl. 29/1015: „Sollte die Spekulation einen Einfluß auf diesen . . . vorhandenen Wert geübt haben, . . . " ; JW 1908//286: „ . . . da gerade i n dem hier i n Betracht kommenden Zeitraum — (gemeint ist die Zeit von 1880 bis 1901) — die Grundstückswerte i n größeren Städten fast durchweg sehr wesentlich gestiegen sind . . . " 49 Eger A 59 I 2. S. 195, I 3. S. 212. •r>° Vgl. Eger a.a.O., RG EE VIII/364. 51 Wegen dieser Unterscheidung s. näher Kap. I I , § 3, 3.3.2. Vgl. weitere Zeitpunkte bei Eger A 59 I 2. S. 195, I 3. S. 212.
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 PrEG
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2. des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses (§ 29 P r E G ) und 3. des Ausspruches der E n t e i g n u n g u n d B e s i t z e i n w e i s u n g (§ 32 P r E G ) . E i n vor dem Enteignungsverfahren liegender Z e i t p u n k t w u r d e überw i e g e n d a b g e l e h n t 5 3 , w a s b e i E n t e i g n u n g e n nach d e m F L G z u r B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n W e r t s t e i g e r u n g e n i n e r h e b l i c h e m Maße f ü h r t e 5 4 . D i e B e g r ü n d u n g h i e l t sich ganz i m R a h m e n d e r Z w a n g s k a u f t h e o r i e : die E n t s c h ä d i g u n g als Ä q u i v a l e n t f ü r d i e A b t r e t u n g k ö n n e n a t u r g e m ä ß n u r i m Z e i t p u n k t der P e r f e k t i o n des i n der E n t e i g n u n g l i e g e n d e n K a u f geschäfts bemessen w e r d e n 5 5 , z u m i n d e s t aber i n e i n e m Z e i t p u n k t , w e l cher d e m T e r m i n , z u d e m die V e r p f l i c h t u n g z u r Entschädigungszahl u n g feststeht, z e i t l i c h a m nächsten l i e g e 5 6 . 3. Die drei Hauptmeinungen zum Bewertungszeitpunkt 3.1. Definitive Planfeststcllung D i e e n d g ü l t i g e P l a n f e s t s t e l l u n g w u r d e f r ü h e r v o m R G 5 7 als m a ß g e b l i c h angesehen, u n d z w a r m i t der B e g r ü n d u n g , es k ä m e a u f d e n Z e i t p u n k t an, i n d e m feststehe, daß die E n t e i g n u n g i m k o n k r e t e n F a l l s t a t t fände. Es bezog sich dabei a u f e i n U r t e i l des Preußischen O b e r t r i b u n a l s v o m 13. 7. 1877 5 8 . A b g e s t e l l t w u r d e d a m i t offensichtlich a u f die sogen a n n t e P e r f e k t i o n , die G e b u n d e n h e i t v o n U n t e r n e h m e r u n d E i g e n t ü mer, die m a n i m Z e i t p u n k t des Planfeststellungsbeschlusses als einget r e t e n a n s a h 5 9 . Diese A u f f a s s u n g e r f u h r i n späterer Z e i t aber ü b e r w i e gend A b l e h n u n g , da die P e r f e k t i o n n i c h t schon b e i der P l a n f e s t s t e l l u n g e i n t r e t e 6 0 ; die gegenseitige B i n d u n g erfolge v i e l m e h r m i t d e m E n t schädigungsfeststellungsbeschluß 6 1 , b z w . m i t dessen Z u s t e l l u n g . D a m i t w a r d a n n auch die W e r t b e m e s s u n g z u m gleichen Z e i t p u n k t v o r z u n e h men62. 53 Eger A 59 I 2. S. 196, I 3. S. 212, Seydel § 8, 3 S. 72, RG GruchBeitr. 37//1129, RGZ 7//260, EE VIII/364. 54 s. dazu I I , § 3, 5.3.3. — Zwischenwertsteigerungen. 55 RG GruchBeitr. 37//1130. 56 Eger A 59 I 2. S. 196, I 3. S. 212. 57 RGZ 7//260 f., i h m folgend Bendix und Loebell, zitiert nach Eger A 59 I 2. S. 196, I 3. S. 213, ebenso Gierke S. 503 unter A n f ü h r u n g zum Teil nicht zutreffender älterer Literatur. 58 StriethArch. 99/227. 59 So ausdrücklich Gierke S. 503 u. 496 f. sub Fußnote 155, O L G Celle vom 25.1. 1881, SeuffArch. 36 Nr. 202; vgl. Koffka § 8 Ν 46 S. 98. 60 RGZ 27//226 f., Eger A 59 I 2. S. 196 f. I 3. S. 212 f., Koffka § 8 Ν 46 S. 98, Seydel § 8, 3 S. 73. 61 RGZ 27//264 f., Eger A 59 I 2. S. 198, I 3. S. 214. 62 RG und Eger a.a.O.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes 3.2. Entschädigungsfeststellungsbeschluß bzw. dessen Zustellung 3.2.1.
Begründung
D i e V e r s c h i e b u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s a u f e i n e n späteren A b schnitt i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n e r f o l g t e i n der Rechtsprechung d u r c h R G Z 27//2Θ3 ff. W i e schon angedeutet, e r k a n n t e das G e r i c h t die B e d e u t u n g des Z e i t p u n k t e s i m H i n b l i c k a u f W e r t ä n d e r u n g e n 6 3 , doch b l i e b seine B e g r ü n d u n g , ebenso w i e die ü b e r e i n s t i m m e n d e A u f f a s s u n g Egers, a l l e i n v o n systematischen E r w ä g u n g e n getragen, w o d u r c h die e i g e n t liche W e r t u n g v e r d e c k t b l i e b . A u s g e h e n d v o n der N a t u r d e r E n t e i g n u n g als Ζ w a n g s k a u f 6 4 oder doch z u m i n d e s t als q u a s i - k o n t r a k t l i c h e s V e r h ä l t n i s 6 5 w u r d e abgestellt a u f d e n Z e i t p u n k t , i n d e m das O b j e k t der E n t e i g n u n g u n d die d a f ü r zu leistende E n t s c h ä d i g u n g feststanden, die P e r f e k t i o n e i n g e t r e t e n w a r 6 6 . Daß dies n i c h t der Z e i t p u n k t der P l a n f e s t s t e l l u n g sei, w u r d e d u r c h d e n H i n w e i s a u f § 42 b e g r ü n d e t 6 7 : v o r d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß k o n n t e der U n t e r n e h m e r v o m U n t e r n e h m e n z u r ü c k t r e t e n u n d b r a u c h t e n u r f ü r die d u r c h das E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n e n t s t a n d e n e n N a c h t e i l e z u h a f t e n (§ 42 A b s . 1 P r E G ) , w ä h r e n d b e i e i n e m R ü c k t r i t t nach d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß d e r E i g e n t ü m e r gem. § 42 A b s . 2 P r E G auch Ü b e r n a h m e des G r u n d s t ü c k s gegen E n t s c h ä d i g u n g v e r l a n g e n k o n n t e . E g e r 6 8 zog zur S t ü t z u n g seiner A u f f a s s u n g noch § 31 P r E G h e r a n : W e n n d u r c h diese B e s t i m m u n g f ü r nach d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß e r k e n n b a r w e r d e n d e Schäden e i n gesonderter E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h gew ä h r t w e r d e , so bedeute das, daß alle bis zu diesem T e r m i n e r k e n n b a r e n N a c h t e i l e z u demselben auch z u b e r ü c k s i c h t i g e n seien, s o m i t gen a n n t e r Z e i t p u n k t als der f ü r die B e w e r t u n g maßgebliche zu g e l t e n habe. — W e i t e r h i n erschien es E g e r a.a.O. „ganz n a t u r g e m ä ß " , daß v o n d e n T a x a t o r e n d e r Z u s t a n d z u r Z e i t der A b s c h ä t z u n g z u g r u n d e gelegt w e r d e . M i t diesem H i n w e i s s t e l l t e E g e r an sich a u f e i n e n v o r d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß l i e g e n d e n Z e i t p u n k t ab. Doch seiner M e i n u n g b e s t a n d — d a r i n ist i h m z u z u s t i m m e n — zwischen der Abschätzung i m E n t s c h ä d i g u n g s f e s t s t e l l u n g s v e r f a h r e n u n d d e m a n schließenden Beschluß k e i n z e i t l i c h e r U n t e r s c h i e d v o n B e d e u t u n g 6 9 . 63
RGZ Eger 65 RGZ ββ RGZ Nr. 305. 87 RGZ 68 A 59 69 Eger Zeitpunkt 64
27//264. A 59 I 2. S. 198, I 3. S. 214, RGZ 27//2Θ5. 27//2Θ5. 27//265; vgl. auch O A G Dresden v o m 18.9.1877, SeuffArch. 34 27//266, 267; Eger A 59 I 2. S. 199, vgl. I 3. S. 215. I 2. S. 199, I 3. S. 214 f. A 59 I 2. S. 198, I 3. S. 214; a. M. Seydel § 8, 3 S. 74, der auf den der Abschätzung abstellt.
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 PrEG 3.2.2. Vorbehalte
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Egers
Gewisse V o r b e h a l t e gegenüber seiner eigenen M e i n u n g ä u ß e r t e E g e r 7 0 f ü r d e n F a l l , daß der E n t s c h ä d i g u n g s b e t r a g n i c h t a l s b a l d nach der A b schätzung ausgezahlt w i r d , e t w a w e i l eine P a r t e i den Rechtsweg w e g e n der H ö h e der zu z a h l e n d e n E n t s c h ä d i g u n g b e s c h r i t t e n h a t (§ 30 P r E G ) . E r w i e s a u f die G e f a h r h i n , daß m ö g l i c h e r w e i s e b e i der E n t s c h ä d i g u n g s a u s z a h l u n g der B e t r a g n i c h t m e h r ausreichen w ü r d e , u m e i n G r u n d stück v o n der gleichen N u t z u n g s f ä h i g k e i t ( Ä q u i v a l e n t ) erstehen z u k ö n n e n . D i e V e r z i n s u n g der E n t s c h ä d i g u n g s s u m m e (§§ 36 - 38 P r E G ) entschädige n u r f ü r die N u t z u n g des entzogenen G r u n d s t ü c k s . D o c h seien gewisse N a c h t e i l e dieser A r t w e g e n des A b l a u f s des E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s n i c h t zu v e r m e i d e n . Sie seien e r t r ä g l i c h , w e n n e i n Z e i t p u n k t f ü r die W e r t b e s t i m m u n g g e w ä h l t w e r d e , der der A u s z a h l u n g sehr nahe läge. Das sei aber der Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses. 3.2.3. Keine
Verschiebung
durch
Retaxation
A n der M a ß g e b l i c h k e i t dieses Z e i t p u n k t e s sollte sich nach E g e r 7 1 auch d a n n nichts ändern, w e n n i m a d m i n i s t r a t i v e n oder i m späteren g e r i c h t l i c h e n A b s c h ä t z u n g s v e r f a h r e n (§ 30 P r E G ) eine e r n e u t e A b s c h ä t z u n g s t a t t f a n d 7 2 . O b w o h l auch h i e r das P r o b l e m des w e g e n gestiegener Preise n i c h t m e h r z u e r l a n g e n d e n ä q u i v a l e n t e n E r s a t z g r u n d s t ü c k s a u f taucht, s t e l l t e E g e r m i t d e m — e r s t a u n l i c h e n — A r g u m e n t , daß a n d e r n falls der S p e k u l a t i o n T ü r u n d T o r geöffnet w ä r e n , n i c h t a u f d i e z w e i t e A b s c h ä t z u n g ab. E r s t a u n l i c h insofern, als sonst i m R a h m e n des § 8 P r E G d e r Ausschluß v o n S p e k u l a t i o n s w e r t s t e i g e r u n g e n i m H i n t e r g r u n d b l i e b . A l l e r d i n g s sollte auch e i n S i n k e n der Preise seit d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß n i c h t zu L a s t e n des E n t e i g n e t e n gehen. 3.2.4. Die herrschende Meinung, die ständige Rechtsprechung
insbesondere des RG
D i e A u f f a s s u n g , daß m a ß g e b l i c h der Z e i t p u n k t des E n t s c h ä d i g u n g s feststellungsbeschlusses sei, k a n n als die herrschende A u f f a s s u n g angesehen w e r d e n 7 3 . Sie e n t s p r i c h t auch der s t ä n d i g e n Rechtsprechung des R G 7 4 . D a der Beschluß erst m i t Z u s t e l l u n g W i r k s a m k e i t erlangte, 70
A 59 I 2. S. 201 ff., I 3. S. 216 ff. A 59 I 2. S. 203, I 3. S. 218 f. 72 Ebenso RG Bolze 2/330 Nr. 1273. 7;i s. die zahlreichen Nachweise bei Eger A 59 I 2. S. 198, I 3. S. 214 und RGZ 27//266; Meyer § 8, 2 S. 80: so auch noch Koffka 1. Aufl. § 8 Ν 46 S. 32 f. 74 RGZ 27/7266. 71
Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
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w u r d e d e m z u n e h m e n d auch sprachlich R e c h n u n g getragen: m a n stellte a u f d e n Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses a b 7 5 . Diesen Z e i t p u n k t h a t das R G seit d e m U r t e i l v o m 17. 3. 1891 — R G Z 27/263, 264 — i n s t ä n d i g e r Rechtsprechung als m a ß g e b l i c h a n g e w e n d e t 7 6 . A u c h die B e g r ü n d u n g b l i e b , s o w e i t n i c h t n u r noch auf ä l t e r e U r t e i l e v e r w i e s e n w u r d e , gleich: A l s m a ß g e b l i c h w u r d e der Z e i t p u n k t der G e b u n d e n h e i t der P a r t e i e n , des Entstehens eines S c h u l d verhältnisses angesehen 7 7 . Diese B e g r ü n d u n g b e r u h t , w i e u n t e r 3.2.1. e r w ä h n t 7 8 , a u f der K o n s t r u k t i o n der E n t e i g n u n g als Z w a n g s k a u f oder doch als q u a s i - k o n t r a k t l i c h e s V e r h ä l t n i s , e i n e r A n n a h m e , d i e sich i n d e r L i t e r a t u r 7 9 n i c h t durchsetzen k o n n t e u n d die das R G selbst i n sein e m U r t e i l v o m 9. 6. 1905 8 0 s o w o h l f ü r das a l l g e m e i n e deutsche Recht w i e f ü r das preußische E n t e i g n u n g s r e c h t ablehnte. Das E r g e b n i s der Rechtsprechung h a t t e sich also v o n seiner B e g r ü n d u n g gelöst u n d sich d e r a r t v e r s e l b s t ä n d i g t , daß es als G e w o h n h e i t s r e c h t angesehen w e r d e n konnte. 3.2.5. Geltung desselben Zeitpunktes auch für das Fluchtliniengesetz A u c h f ü r E n t e i g n u n g e n nach d e m Preußischen F l u c h t l i n i e n g e s e t z — F L G 8 1 — , f ü r die d e n G e m e i n d e n g e n e r e l l d u r c h § 11 des Gesetzes das E n t e i g n u n g s r e c h t g e w ä h r t w o r d e n w a r , g a l t — v o r b e h a l t l i c h § 10 A b s . 2 P r E G — d e r Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses f ü r d i e W e r t b e m e s s u n g 8 2 , w i e auch sonst mangels besonderer R e g e l u n g e n ζ. Β . d i e §§ 7 f. P r E G 8 3 oder k r a f t V e r w e i s u n g i n § 14 F L G die §§ 24 ff. P r E G a u f F ä l l e nach d e m F L G a n z u w e n d e n w a r e n 8 4 .
75
Meyer § 8, 2 S. 80; ζ. B. RG JW 1902/233 Nr. 10. EE VIII/364, XIV/158, J W 1900/30 Nr. 56, 1902/233 Nr. 10, 1902/549 Nr. 23, Recht 1906 Nr. 3169, JW 1911/605 Nr. 65, Recht 1913 Sp. 530, 1915 Sp. 202, RGZ 102/193, 194, WarnRspr. 1925/213, 215, RGZ 131/125, 128, 155/61, 63, DR Ausg. A 1940/2019. 77 RGZ 155//63. 78 Vgl. auch Koffka Ν 46 D S. 100. 79 Seydel, Einleitung S. 3 f., Koffka § 1 Ν 3 f. S. 28 f. jeweils m i t Nachw.; vgl. auch die Zusammenstellung RGZ 61//105 Fußnote 2. 80 RGZ 61/102, 104 ff., 108 f. 81 Gesetz betreffend die Anlegung u n d Veränderung von Straßen u n d Plätzen i n Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. 7.1875 (GS S. 561). 82 R G GruchBeitr. 37//1129, 1130, Strauß u n d Torney § 14 a, 7 S. 175; i m übrigen dazu ausführlich Kap. I I , § 3, 5.3.3. Widersprüchlich Eger I 3.: ablehnend S. 220, zustimmend S. 366. 83 RGZ 31//276. 84 Vgl. Strauß und Torney § 14 a, 5 S. 175. 76
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 3.2.6.
PrEG
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Ausnahmen
3.2.6.1. B e s e i t i g u n g der N a c h t e i l e d u r c h d e n U n t e r n e h m e r V o n der g r u n d s ä t z l i c h e n G e l t u n g g e n a n n t e n Z e i t p u n k t e s ließ das R G n u r z w e i A u s n a h m e n zu. D i e eine b e w i r k t e eine V e r s c h i e b u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s i n das gerichtliche V e r f a h r e n w e g e n d e r H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g (§ 30 P r E G ) . Es h a n d e l t e sich u m Fälle, i n d e n e n der U n t e r n e h m e r nach d e m a d m i n i s t r a t i v e n A b s c h ä t z u n g s v e r f a h r e n e n d g ü l t i g u n d b i n d e n d d e m E n t e i g n e t e n entstandene N a c h t e i l e b e s e i t i g t oder v e r m i n d e r t h a t t e 8 5 . Diese V e r ä n d e r u n g e n w u r d e n auch nach der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses noch berücksichtigt. 3.2.6.2. V o r z e i t i g e I n b e s i t z n a h m e d u r c h den U n t e r n e h m e r 3.2.6.2.1. A r t e n E i n e w e i t e r e A u s n a h m e , die das R G zuließ, h a t t e eine Vorverlegung des Bewertungszeitpunktes z u r F o l g e u n d b e t r a f die F ä l l e der v o r z e i t i g e n I n b e s i t z n a h m e des zu e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s d u r c h den U n t e r n e h m e r , sei es d u r c h f r e i w i l l i g e E i g e n t u m s - 8 6 oder B e s i t z ü b e r t r a g u n g 8 7 gem. § 16 P r E G , sei es d u r c h v o r l ä u f i g e B e s i t z e i n w e i s u n g 8 8 . A l s maßgeb e n d f ü r die W e r t b e m e s s u n g w u r d e der Z e i t p u n k t der B e s i t z e r l a n g u n g , b e i E i n w e i s u n g gem. § 6 V e r e i n f E G der Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Beschlusses angesehen 8 9 . 3.2.6.2.2. V e r f l e c h t u n g m i t V e r z i n s u n g B e i E n t w i c k l u n g dieser Rechtsprechung h a t das R G o f f e n b a r auch d e n Ausschluß v o n W e r t s t e i g e r u n g e n i m A u g e gehabt. D e n n i m U r t e i l v o m 4. 2. 1908 9 0 b e g r ü n d e t e es sein A b s t e l l e n auf die Z e i t der A b t r e t u n g m i t d e m H i n w e i s , daß a n d e r n f a l l s der f r ü h e r e E i g e n t ü m e r W e r t s t e i g e r u n g e n entschädigt erhielte, d i e das G r u n d s t ü c k e r f u h r , n a c h d e m es n i c h t m e h r i n seinem E i g e n t u m stand; u n d i n d e m d e m U r t e i l v o m 13. 10. 1908 9 1 z u g r u n d e l i e g e n d e n S a c h v e r h a l t w a r e n zwischen B e s i t z ü b e r l a s s u n g u n d Entschädigungsfeststellungsbeschluß die G r u n d s t ü c k s 85 RG U r t e i l vom 21.4. 1896 I I 347/95, zitiert nach RG Recht 1906 Nr. 3169, RG Recht 1906 Nr. 3169, RGZ 155/61, 63 f.; vgl. auch Hopf § 8, 8 S. 47. 86 R G Recht 1908 Sp. 213. 87 RGZ 69//349, J W 1911/605, RGZ 131//128. 88 RGZ 102//194 f.: Einweisung gem. § 8 VO vom 11. 9. 1914 / 27. 3.1915; RGZ 130//369, 370: Einweisung gem. § 6 Pr. VereinfEG vom 26. 7. 1922. 89 St.Rspr. — vgl. die eben zitierten Entscheidungen — u n d die ganz h. M.: Koffka § 8 Ν 46 a, b S. 98 f., Hopf § 8, 8 S. 47, Meyer § 8, 2 S. 80, Seydel § 16, 1 d Fußnote 1, Eger A 59 I 3. S. 219. 90 Recht 1908 Sp. 213. S. zu Anm. 86. 91 RGZ 69/347.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
w e r t e der Gegend e r h e b l i c h gestiegen. H i e r sah das R G die W e r t s t e i g e rungen i m Zusammenhang m i t dem Zinsanspruch: W ü r d e m a n die Bew e r t u n g z u r Z e i t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses v o r n e h m e n u n d v o n der B e s i t z ü b e r l a s s u n g gemäß d e r Rechtsprechung des R G Z i n s e n g e w ä h r e n 9 2 , so m ü ß t e das z u d e m n i c h t t r a g b a r e n E r g e b n i s f ü h ren, daß Z i n s e n v o n e i n e m K a p i t a l t e i l ( W e r t s t e i g e r u n g ) g e z a h l t w ü r den, der d e m E i g e n t ü m e r n i c h t g e h ö r t e 9 3 . D i e l e t z t e r e n A u s f ü h r u n g e n lassen die V e r f l e c h t u n g zwischen d e m Z e i t p u n k t der W e r t e r m i t t l u n g u n d d e m B e g i n n der V e r z i n s u n g e r k e n n e n 9 4 u n d d e u t l i c h w e r d e n , daß das R G die W e r t e r m i t t l u n g n i c h t ohne Rücksicht a u f V e r z i n s u n g festlegen k o n n t e . Das R G h a t t e schon f r ü h e r als A u s g l e i c h f ü r die entgehende N u t z u n g v o m T a g der B e s i t z e i n r ä u m u n g (§ 16 P r E G ) gemäß § 36 A b s . 2 P r E G oder d e m i n § 109 T e i l I T i t e l 11 A L R , § 452 B G B z u m A u s d r u c k g e k o m m e n e n a l l g e m e i n e n G e d a n k e n , daß n i e m a n d e i n e n Gegenstand selbst u n d zugleich dessen G e g e n w e r t ( K a u f p r e i s , Entschädigung) n u t zen dürfe, Z i n s e n g e w ä h r t 9 5 . H ä t t e n u n das R G die V e r z i n s u n g w e i t e r h i n ab B e s i t z e i n w e i s u n g b e g i n n e n lassen, d i e W e r t e r m i t t l u n g aber a u f d e n Entschädigungsfeststellungsbeschluß gelegt, so h ä t t e es, w i e schon gesagt, die W e r t s t e i g e r u n g e n m i t v e r z i n s e n müssen. Dieses E r g e b n i s w ä r e n u r z u v e r m e i d e n gewesen d u r c h eine V e r l e g u n g des B e g i n n s der V e r z i n s u n g a u f später, w a s aber eine V e r r i n g e r u n g der Z i n s e n b e d e u t e t hätte. B e i d e n e g a t i v e n F o l g e n l i e ß e n sich v e r m e i d e n , i n d e m der Z e i t p u n k t der B e s i t z ü b e r t r a g u n g s o w o h l f ü r W e r t e r m i t t l u n g als auch B e g i n n d e r V e r z i n s u n g als m a ß g e b l i c h angesehen w u r d e . B r a u n 9 6 ist daher zuzugeben, daß das R G m i t seiner Rechtsprechung V e r z i n s u n g z u g u n s t e n des E n t e i g n e t e n sichern w o l l t e . D o c h w a r das n i c h t d e r ausschließliche G r u n d , es g i n g auch u m d e n Ausschluß v o n Wertsteigerungen. Die Wertsteigerungen sollten weder bei der V e r z i n s u n g b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n 9 7 , noch i n der E n t s c h ä d i g u n g a u f t a u c h e n 9 8 . Es ist d a h e r auch u n z u t r e f f e n d , w e n n B r a u n m e i n t , f ü r das R G habe sich w e g e n der s t a b i l e n W ä h r u n g u n d d e r festen Preise d a m a l s das P r o b l e m g a r n i c h t gestellt, ob n i c h t diese Rechtsprechung e v e n t u e l l zu 92
Siehe dazu die Ausführungen i m folgenden Absatz. Vgl. auch RG JW 1911/605 Nr. 65 und RGZ 102//194 u. 94 Dazu Eger A 60 I 2. S. 204 f., I 3. S. 220, RGZ 102//194 f., Braun N J W 63//1474 r. 95 R G GruchBeitr. 25//970, RGZ 31//280, GruchBeitr. 45//349 a. E., RGZ 47//313, s. auch JW 1914/844 Nr. 18, Recht 1915 Sp. 202; zustimmend Eger I 2. A 59 S. 206. I I 3. S. 413 m i t Nachw., Koffka § 36 Ν 6 S. 279, Seydel § 16 1 d Fußnote 1. 96 N J W 1963//1474 r. 97 RGZ 69/349, JW 1911/605, RGZ 102//194 f. 9S Recht 1908 Sp. 213. 93
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 PrEG
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einer Schädigung des E n t e i g n e t e n f ü h r e n k ö n n e : D i e eben d a r g e s t e l l t e n G r u n d s ä t z e des R G w a r e n keineswegs n u r g ü n s t i g f ü r d e n E n t e i g neten, w e i l eben die zwischen B e s i t z ü b e r l a s s u n g u n d E n t s c h ä d i g u n g s f e s t s t e l l u n g e n t s t a n d e n e n G r u n d s t ü c k s p r e i s ä n d e r u n g e n n i c h t entschädigt wurden". 3.3. Zustellung des Enteignungsbeschlusses F ü r die W e r t e r m i t t l u n g b o t sich als w e i t e r e M ö g l i c h k e i t der Z e i t p u n k t d e r E n t e i g n u n g , präziser die Z e i t der Z u s t e l l u n g des E n t e i g n u n g s b e schlusses (§ 32 P r E G ) a n 1 0 0 . 3.3.1. Argumente
dagegen
Gegen diesen Z e i t p u n k t h a t t e sich das R G i n seiner g r u n d l e g e n d e n E n t s c h e i d u n g v o m 17. 3. 1891 1 0 1 m i t der B e g r ü n d u n g ausgesprochen, daß w e g e n der A u s g e s t a l t u n g des E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s i n d e n §§ 29, 32 P r E G die A b s c h ä t z u n g v o r der E n t e i g n u n g v o r z u n e h m e n w a r u n d daß b e i einer W e r t e r m i t t l u n g f ü r die Z e i t der E n t e i g n u n g G u t a c h t e r m i t u n b e k a n n t e n F a k t o r e n zu rechnen h ä t t e n . A u ß e r d e m b e s t ü n d e die G e f a h r , daß d e r E n t e i g n e t e d u r c h V e r z ö g e r u n g des g e r i c h t l i c h e n V e r fahrens (§ 30 P r E G ) auch den Z e i t p u n k t der W e r t e r m i t t l u n g z u seinen G u n s t e n beeinflussen k ö n n e . N a c h E g e r 1 0 2 w ä r e der Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g f ü r die W e r t e r m i t t l u n g der günstigste gewesen, w e i l d a n n E n t eignung u n d Entschädigung hätten i n einem A k t zusammenfallen k ö n n e n . Das w a r aber seiner M e i n u n g w e g e n A r t . 9 V e r f a s s u n g v o n 1850 ( „ V o r g ä n g i g e E n t s c h ä d i g u n g " ) n i c h t möglich. 3.3.2. Koffka A n k n ü p f e n d a n die oben dargestellte Rechtsprechung des R G , die i n A u s n a h m e f ä l l e n die W e r t e r m i t t l u n g i m Z e i t p u n k t der B e s i t z ü b e r n a h m e v o r n a h m , w o l l t e K o f f k a 1 0 3 g e n e r e l l auf d e n Z e i t p u n k t des E i g e n t u m s e r w e r b s d u r c h den U n t e r n e h m e r , also auf d e n Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Enteignungsbeschlusses abstellen. Das R G 1 0 4 h a t t e aus § 1 P r E G gefolgert, daß die E n t s c h ä d i g u n g i m A u g e n b l i c k der E n t e i g n u n g 99 Vgl. als Beispiel RGZ 102//194 f., wo i n einem Zeitraum von fünf Monaten entstandene Preissteigerungen von 0,50 M a r k pro Quadratmeter über die Verzinsung nicht berücksichtigt wurden. 100 Koffka 2. Aufl. § 8 Ν 46 c S. 100 — Anders 1. Aufl. § 8 Ν 46 S. 82 f.; Hopf § 8, 8 S. 47. 101 RGZ 27/263, 268. 102 A 59 I 2. S. 198, I 3. S. 214. 103 § 8 Ν 46 a ff., S. 98 ff. 101 Recht 1908 Sp. 213.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
f ä l l i g sei. Es sah diesen G r u n d s a t z aber b e i m r e g e l m ä ß i g e n G a n g des E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s als d u r c h § 32 P r E G ( V o r g ä n g i g e E n t s c h ä d i gung) eingeschränkt an u n d k o n n t e i h m d a h e r n u r b e i der f r e i w i l l i g e n A b t r e t u n g gem. § 16 P r E G G e l t u n g verschaffen. K o f f k a f o r d e r t e auch f ü r die regelmäßige E n t e i g n u n g die G l e i c h z e i t i g k e i t v o n A b t r e t u n g u n d F ä l l i g k e i t der E n t s c h ä d i g u n g u n d d a m i t der W e r t e r m i t t l u n g u n d m e i n t e , das E r f o r d e r n i s v o r g ä n g i g e r Z a h l u n g spräche keineswegs gegen die G l e i c h z e i t i g k e i t 1 0 5 . Letzteres m a g z u t r e f f e n f ü r das D r i n g l i c h k e i t s v e r f a h r e n nach § 34 P r E G , b e i dem, anders als nach d e m gesetzlichen R e g e l v e r f a h r e n , der Enteignungsbeschluß schon v o r der B e s t a n d s k r a f t der E n t s c h ä d i g u n g s f e s t s t e l l u n g ergehen k o n n t e , sobald n u r die b e h ö r d l i c h festgestellte E n t s c h ä d i g u n g gezahlt w a r , so daß W e r t e r m i t t l u n g u n d E n t e i g n u n g sehr nahe b e i e i n a n d e r lagen. Dies g i l t noch m e h r f ü r V e r f a h r e n nach d e m Gesetz ü b e r e i n vereinfachtes E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n v o m 26. 7. 1922 1 0 6 — V e r e i n f E G — , welches das D r i n g l i c h k e i t s v e r f a h r e n i n der P r a x i s v e r d r ä n g t e 1 0 7 : Gemäß § 4 A b s . 1 S. 1 V e r e i n f E G w u r d e n E n t schädigungsfeststellungs- u n d Enteignungsbeschluß m i t e i n a n d e r v e r b u n d e n . B e i m gesetzlichen R e g e l v e r f a h r e n eine G l e i c h z e i t i g k e i t v o n F ä l l i g k e i t der E n t s c h ä d i g u n g u n d E i g e n t u m s a b t r e t u n g , also v o n E n t schädigungsfeststellung u n d E n t e i g n u n g a n n e h m e n zu w o l l e n , ist nicht möglich, da zwischen b e i d e n T e r m i n e n e i n e r h e b l i c h e r Z e i t r a u m l i e g e n k a n n . D i e B e d e n k e n des R G , daß die G u t a c h t e r m i t e i n e m W e r t i n der Z u k u n f t zu rechnen h ä t t e n , lassen sich i n n i c h t d r i n g l i c h e n V e r f a h r e n schwerlich m i t d e m A r g u m e n t K o f f k a s 1 0 8 aus d e m Wege r ä u m e n , die V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n w ü ß t e n ja, daß i m Rechtswege eine Ü b e r p r ü f u n g der Schätzung m ö g l i c h sei. D i e w e i t e r e n B e d e n k e n des R G wegen der m ö g l i c h e n G e f a h r e n b e i absichtlicher V e r z ö g e r u n g des Prozesses bleiben bei K o f f k a völlig unberücksichtigt. I m übrigen meint Koffka aus der Rechtsprechung des R G e n t n e h m e n zu k ö n n e n , daß diese selbst n i c h t m e h r a m Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses festhielt. Das ist u n z u t r e f f e n d , da das R G n u r i m F a l l e der B e s i t z ü b e r t r a g u n g v o n seinem G r u n d s a t z a b g i n g 1 0 9 . R i c h t i g ist n u r soviel, daß 105
Ν 46 b S. 99. GS S. 211. 107 Neufang § 34, 177. Beide Verfahren fanden für dringliche Fälle statt. Bis zum Inkrafttreten des VereinfEG wurde das Verfahren gemäß § 34 PrEG sehr oft, wenn nicht sogar i n der Regel angewandt: RGZ 71//204, Koffka § 8 Ν 46 e S. 101. 108 S. 101. 109 Die eben erwähnten dringlichen Verfahren gem. § 34 PrEG und VereinfEG änderten ebenfalls nichts an der Maßgeblichkeit des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses, da nur der Enteignungsbeschluß zeitlich v o r verlegt wurde. 106
§ 2 Der Zeitpunkt der Wertbemessung i m Rahmen des § 8 P r E G 2 9 das R G z u m i n d e s t seit d e m U r t e i l v o m 9. 6 . 1 9 0 5 1 1 0 die Z w a n g s k a u f t h e o r i e a b l e h n t e u n d daß s o m i t die K o n s t r u k t i o n v o n der gegenseitigen B i n d u n g , die d e n A u s g a n g s p u n k t f ü r die Rechtsprechung z u m Z e i t p u n k t b i l d e t e , h i n f ä l l i g w u r d e . D a r a u s Schloß n u n K o f f k a 1 1 1 , daß d a m i t auch e i n a n d e r e r Z e i t p u n k t f ü r die W e r t e r m i t t l u n g m a ß g e b l i c h sei, eine A n n a h m e , die d u r c h die ständige Rechtsprechung des R G w i d e r legt w i r d . D e r tiefere G r u n d f ü r die A u f f a s s u n g K o f f k a s u n d ebenso d e r v o n H o p f 1 1 2 ist das Bestreben, die W e r t ä n d e r u n g e n — aber w o h l n u r die W e r t s t e i g e r u n g e n — , die i m L a u f e eines l ä n g e r e n Rechtsstreites e n t standen, b e i der E n t s c h ä d i g u n g m i t z u berücksichtigen. Z u m i n d e s t f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n , die b e i Festsetzung der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g z w a r schon v o r h a n d e n w a r e n , aber noch k e i n e W i r k u n g e n a u f die Preise gezeigt h a t t e n , g l a u b t e K o f f k a sich auch auf die Rechtsprechung s t ü t z e n z u k ö n n e n 1 1 3 . E r b e r i e f sich a u f e i n U r t e i l des R G v o m 26. 5. 1909 1 1 4 , das erstens n u r W e r t m i n d e r u n g e n des Restgrundstücks u n d z w e i t e n s n u r W e r t m i n d e r u n g e n b e t r a f , d i e n i c h t erst i m L a u f e des Prozesses d e u t l i c h z u Tage g e t r e t e n w a r e n . S o w e i t die A u s f ü h r u n g e n des U r t e i l s e v e n t u e l l zu a l l g e m e i n e n E r w ä g u n g e n zu veranlassen scheinen, ist i h n e n w e g e n des b e g r e n z t e n Entscheidungsgegenstandes m i t V o r s i c h t zu begegnen. Sie r e c h t f e r t i g e n n i c h t die v o n K o f f k a gezogenen Konsequenzen, z u m a l auch i n späterer Z e i t ähnliche U r t e i l e , soweit ersichtlich, n i c h t m e h r ergingen. 4. Schluß D i e o b i g e n A u s f ü h r u n g e n h a b e n gezeigt, daß das P r o b l e m der W e r t steigerungen i m Zusammenhang m i t dem Bewertungszeitpunkt n u r b i s w e i l e n gesehen w u r d e u n d K o n s e q u e n z e n i m S i n n e eines W e r t s t e i gerungsausschlusses i n noch g e r i n g e r e m M a ß e e r f o l g t e n 1 1 5 . Schon i n seinem U r t e i l v o m 21. 9. 1882 1 1 6 w a r sich das R G der P r o b l e m a t i k u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n v o l l b e w u ß t , es n a h m jedoch an, daß n u r i m R a h m e n des § 13 P r E G 1 1 7 Schutz v o r s p e k u l a t i v e n W e r t s t e i g e r u n g e n 110
RGZ 61/102 ff. S. 100 f. 112 Ausdrücklich § 8 S. 47. 113 S. 104. 114 RGZ 71/203. 115 Vgl. auch O L G Celle vom 25. 1. 1881, SeufiArch. 36V304. 110 RGZ 7//261. 117 Danach blieben wertsteigernde Veränderungen am Grundstück, die in der Absicht vorgenommen worden waren, eine höhere Entschädigung zu erlangen, unentschädigt. Dieser Bestimmung entspricht heutzutage etwa § 95 Abs. 2 Nr. 4 BBauG. 111
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
m ö g l i c h sei. F ü r E g e r 1 1 8 schienen die G e f a h r e n ü b e r h ö h t e r E n t s c h ä d i g u n g s f o r d e r u n g e n ü b e r h a u p t d u r c h § 13 P r E G beseitigt. I n diesem Z u s a m m e n h a n g sei noch a n g e f ü h r t , daß d i e F r a g e des G e f a h r ü b e r g a n g e s — z u wessen L a s t e n g e h t die Z e r s t ö r u n g eines Hauses d u r c h E i n s t u r z 1 1 9 — w e i t m e h r B e a c h t u n g f a n d als der W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß120.
5. Preisgefüge und Geldwert in der Zeit 1919 - 1924 W e n n sich die Rechtsprechung b i s h e r m i t W e r t s t e i g e r u n g e n auf G r u n d verbesserter G r u n d s t ü c k s e i g e n s c h a f t e n oder steigenden G r u n d stückspreisniveaus z u befassen h a t t e , so s t e l l t e n s c h w i n d e n d e r G e l d w e r t u n d r ü c k l ä u f i g e s Preisgefüge d i e G e r i c h t e i n der Z e i t nach d e m ersten W e l t k r i e g v o r neue P r o b l e m e . D i e F o l g e d a v o n w a r eine gewisse M o d i f i z i e r u n g der h ö c h s t r i c h t e r l i c h e n Rechtsprechung f ü r d i e P e r i o d e b i s z u r E i n f ü h r u n g der R e i c h s m a r k i m J a h r e 1924 1 2 1 . Z w a r beließ es das R G f ü r die W e r t e r m i t t l u n g gemäß § 8 A b s . 1 P r E G b e i d e m Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses b z w . b e i m Z e i t p u n k t der v o r z e i t i g e n B e s i t z ü b e r n a h m e , doch s t e l l t e es b e z ü g l i c h des G e l d w e r t e s auf d e n Z e i t p u n k t des U r t e i l s 1 2 2 — präziser a u f d e n Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g i n der B e r u f u n g s i n s t a n z 1 2 3 7 1 2 4 — ab. Das G e r i c h t t r u g s o m i t der G e l d e n t w e r t u n g Rechnung, die seit d e m i n d e n entschiedenen F ä l l e n z u m T e i l noch vor dem Kriege liegenden maßgeblichen Bewertungszeitpunkt eing e t r e t e n w a r 1 2 5 . Z u r B e g r ü n d u n g w u r d e ausgeführt, es k ä m e a u f die i n n e r e K a u f k r a f t des Geldes z u r Z e i t des U r t e i l s a n 1 2 6 ; a n d e r n f a l l s e r h i e l t e der E n t e i g n e t e n i c h t d e n i h m zustehenden v o l l e n W e r t d e r e n t e i g n e t e n Sache 1 2 7 . D e r f ü r d e n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t ermittelte P a p i e r m a r k b e t r a g w u r d e also nach d e m G e l d s t a n d e z u r Z e i t des U r t e i l s
118
A 59 I 2. S. 196, I 3. S. 212. Vgl. RG EE IX/135. 120 s. Eger A 59 I 2. S. 201, I S. 101, RG EE IX/135. 121 Vgl. RGZ 130//374: keine Reichsmarkzeit. 122 RGZ 107//229, WarnRspr. 126, vgl. RGZ 120//176. 123/124 WarnRspr. Jg. 16/137 Nr. 119
125
3. S. 216, Hopf § 8, 8 S. 57, Koffka
§ 8 Ν 46 d
Umrechnung mehr bei Enteignungen i n der Jg. 16//138, RGZ 109//261, WarnRspr. Jg. 17// 112.
Vgl. auch die Novelle vom 8. 3.1925 zum Thüringischen Enteignungsgesetz, durch die die Entschädigungsbemessung bei Besitzeinweisungen v o m Zeitpunkt der Besitzeinweisung auf den Zeitpunkt des Enteignungstermines verlegt wurde (Sommer S. 25). 126 RGZ 107//229. 127 RG WarnRspr. Jg. 17//126.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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i n R e i c h s m a r k bemessen 1 2 8 . A l s A u f w e r t u n g w o l l t e m a n dieses V e r f a h r e n aber w o h l n i c h t v e r s t a n d e n wissen, obgleich es zu ä h n l i c h e n E r g e b nissen w i e eine A u f w e r t u n g f ü h r t e 1 2 9 . Gegen diese B e r e c h n u n g s a r t w ä r e b e i g l e i c h b l e i b e n d e m Preisgefüge a n sich nichts e i n z u w e n d e n gewesen; doch w a r e n nach d e m E n d e des K r i e g e s die G r u n d s t ü c k s p r e i s e z u m T e i l e r h e b l i c h g e f a l l e n 1 3 0 . Das F e s t h a l t e n a m W e r t z u r Z e i t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses b z w . der B e s i t z ü b e r t r a g u n g t r o t z s t a r k g e ä n d e r t e n P r e i s n i v e a u s r e t t e t e n u n aber u n v e r d i e n t e W e r t s t e i g e r u n g e n aus k o n j u n k t u r e l l g ü n s t i g e n V e r h ä l t n i s s e n i n eine Z e i t h i n ü b e r , i n d e r dieser W e r t z u w a c h s l ä n g s t w i e d e r v e r l o r e n gegangen w a r . D e m E i n w a n d , daß der E n t e i g nete s o m i t m e h r b e k ä m e als die enteignete Fläche g e g e n w ä r t i g w e r t sei u n d als er brauche, u m e i n g l e i c h w e r t i g e s E r s a t z g r u n d s t ü c k z u beschaffen, h a t t e das R G n i c h t v i e l entgegenzusetzen: E i n A b s t e l l e n a u f d e n f ü r e i n E r s a t z g r u n d s t ü c k e r f o r d e r l i c h e n B e t r a g w ü r d e entgegen § 8 P r E G u n d der s t ä n d i g e n Rechtsprechung d e n m a ß g e b l i c h e n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t a u f den Z e i t p u n k t des Urteilserlasses v e r s c h i e b e n 1 3 1 .
§ 3 § 10 Abs. 2 P r E G als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses i n seiner Ausgestaltung d u r c h Rechtsprechung u n d L e h r e I n K a p i t e l I 1 3 2 w a r a u s g e f ü h r t w o r d e n , daß als eine der G e m e i n s a m k e i t e n der f r ü h e r e n deutschen Enteignungsgesetze der Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n angesehen w e r d e n k a n n . A u c h das P r E G v o n 1874 b e f a n d sich i n dieser T r a d i t i o n u n d b e s t i m m t e i n sein e m § 10 A b s . 2: „ E i n e W e r t e r h ö h u n g , welche das a b z u t r e t e n d e G r u n d stück erst i n f o l g e der n e u e n A n l a g e e r h ä l t , k o m m t b e i d e r Bemessung der E n t s c h ä d i g u n g n i c h t i n A n s c h l a g . " Z u dieser V o r s c h r i f t e n t s t a n d eine a u s f ü h r l i c h e J u d i k a t u r , die z u s a m m e n m i t d e m S c h r i f t t u m den e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n Wertsteigerungsausschluß — w i e i n späteren K a p i t e l n nachzuweisen sein w i r d , sogar sehr n a c h h a l t i g — f o r m t e u n d § 10 A b s . 2 P r E G z u e i n e m E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p ausgestaltete. Z u d e m s t e l l t e § 10 A b s . 2 P r E G die einzige V o r s c h r i f t dar, die der Gesetzgeber i n das Gesetz a u f g e n o m m e n hatte, u m die E n t s c h ä d i g u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n zu v e r h i n d e r n . D e s h a l b r e c h t f e r t i g t es sich, die B e s t i m m u n g als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses zu bezeichnen. 128
RG WarnRspr. Jg. 17//126. R G a.a.O., RGZ 107/229, auch Β GHZ 0/91, 90. U n k l a r RGZ 109/253 ff. und Β G H Ζ 11//168. Zur A u f w e r t u n g vgl. Palandi / Heinrichs § 242, 7. 130 RGZ 109//261, RG WarnRspr. Jg. 17//126, Ponfick Arch. f. i. Kol. X V / / 130, Knoll AöR 1956//356; vgl. auch RGZ 120 /176 und Müller BlfGBWR 1954//99. m RGZ 109//261; vgl. WarnRspr. Jg. 17//126, RGZ 120//176. 182 sub 3.2.1. 129
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
1. Werterhöhungen des abzutretenden Grundstücks § 10 A b s . 2 P r E G b e t r a f n u r W e r t e r h ö h u n g e n des a b z u t r e t e n d e n G r u n d s t ü c k s b z w . des a b z u t r e t e n d e n T e i l s 1 3 3 , h a t t e also nichts z u t u n m i t der W e r t e r h ö h u n g des d e m E n t e i g n e t e n v e r b l e i b e n d e n Restes b e i der T e i l e n t e i g n u n g 1 3 4 .
2. Werterhöhungen 2.1. Arten W e r t e r h ö h u n g e n i m S i n n e des § 10 A b s . 2 P r E G u m f a ß t e n s o w o h l Qualitätsänderungen — ein bisher unbebaubares Grundstück w i r d zu B a u l a n d 1 3 5 — w i e auch a l l e sonstigen W e r t e r h ö h u n g e n , die i n P r e i s s t e i g e r u n g e n i h r e n Niederschlag f a n d e n 1 3 6 . 2.2. Werterhöhungen im Zeitablauf W e r t e r h ö h u n g e n k o n n t e n n u n a l l e r d i n g s zu ganz verschiedenen Z e i t p u n k t e n i m L a u f e eines U n t e r n e h m e n s e i n t r e t e n : V o m B e k a n n t w e r d e n , daß eine A n l a g e g e p l a n t i s t 1 3 7 , v o m A u g e n b l i c k der B e w i l l i g u n g des E n t eignungsrechts i n E r w a r t u n g der A u s f ü h r u n g a n 1 3 0 u n d n a c h B e g i n n d e r tatsächlichen A u s f ü h r u n g 1 3 9 bis z u r A u s f ü h r u n g eines T e i l s der A n l a g e 1 4 0 w a r e n W e r t e r h ö h u n g e n i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r festzustellen. D i e w e i t e r e n A u s f ü h r u n g e n , insbesondere sub 5., w e r d e n zeigen, w e l chen B e r e i c h § 10 A b s . 2 P r E G erfaßte.
3. „Infolge" der Anlage 3.1. Der Gesetzeswortlaut vor dem Hintergrund der Materialien D e r W o r t l a u t des § 10 A b s . 2 P r E G „ i n f o l g e " l e g t d e n Schluß nahe, daß n u r W e r t e r h ö h u n g e n b e t r o f f e n sein sollten, die sich nach oder aus V o l l e n d u n g der A n l a g e ergaben. Doch d e r a r t i g e W e r t s t e i g e r u n g e n k o n n t e n logisch gesehen b e i der Entschädigungsbemessung n i c h t b e r ü c k sichtigt w e r d e n , da sie erst nach der A b t r e t u n g zu e i n e m Z e i t p u n k t e n t 133
Eger A 81 I 2. S. 377, I 3. S. 349, Seijdel § 10, 2 S. 87, RG JW 1893/109. Das übersah das RG bisweilen, indem es i m Rahmen der Vorteilsausgleichung Entscheidungen zu § 10 Abs. 2 PrEG zitierte. Vgl. RG JW 1889// 177, wo fälschlicherweise JW 1884/227 und GruchBeitr. 28//1118 herangezogen wurden. 135 RG GruchBeitr. 28//1118, RG Recht 1914 Sp. 114, Hop/ § 8, 4. 13ß RG JW 1902/549, RG GruchBeitr. 28/71118, Hopf § 8, 1. 137 RG JW 1892//495, 1902/549, 1900//193. ™ RG JW 1892//495, 1902/549. 139 RG JW 1892//495. 140 RG GruchBeitr. 28//1118. 134
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u s s e s 3 3 standen, z u d e m das G r u n d s t ü c k d e m E n t e i g n e t e n n i c h t m e h r gehörte. § 10 A b s . 2 P r E G scheint d a m i t l e e r z u l a u f e n . D i e Gesetzesmaterialien scheinen diesen E i n d r u c k zunächst auch z u bestätigen. Schon i m ersten G e s e t z e n t w u r f aus d e m J a h r e 1864 1 4 1 f i n d e t sich als § 7 A b s . 2 fast w ö r t l i c h die später Gesetz g e w o r d e n e Fassung: W e r t e r h ö h u n g e n , welche d e m a b z u t r e t e n d e n G r u n d s t ü c k erst i n f o l g e des U n t e r n e h m e n s z u t e i l w e r d e n , k o m m e n b e i der E n t s c h ä d i g u n g n i c h t i n Anschlag. § 7 A b s . 2 des E n t w u r f e s v o n 1886 1 4 2 h i e l t m i t g e r i n g e n Ä n d e r u n g e n an d e r o b i g e n Fassung fest, d i e auch als E r g e b n i s der B e r a t u n g e n der 8. K o m m i s s i o n des Herrenhauses b e s t ä t i g t w u r d e 1 4 3 . D i e E n t w ü r f e v o n 1869 1 4 4 u n d 1871 1 4 5 b r a c h t e n e b e n s o w e n i g Ä n d e r u n g e n w i e d i e b e i d e n E n t w ü r f e v o n 1872 1 4 6 u n d 1873 1 4 7 . B e g r ü n d e t w u r d e n d i e j e weiligen Entwurfsbestimmungen i n den M o t i v e n m i t folgender i m m e r wiederkehrender E r w ä g u n g : B e i der Entschädigungsfeststellung k o m m e es auf d e n Z u s t a n d des z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s z u r Z e i t der E n t e i g n u n g an. E i n e W e r t e r h ö h u n g , w e l c h e das G r u n d s t ü c k d u r c h das U n t e r n e h m e n selbst erlange, t r ä t e erst nach der E n t e i g n u n g e i n u n d k ö n n e daher f ü r die W e r t b e s t i m m u n g des e n t e i g n e t e n G r u n d s t ü c k s n i c h t m a ß g e b e n d s e i n 1 4 8 . Diese B e g r ü n d u n g e n a l l e i n f ü h r e n n i c h t v i e l w e i t e r als der W o r t l a u t des § 10 A b s . 2 P r E G . D o c h ergeben sich aus d e n ü b r i g e n M a t e r i a l i e n A n h a l t s p u n k t e d a f ü r , daß § 10 A b s . 2 P r E G n i c h t als l e e r l a u f e n d e B e s t i m m u n g k o n z i p i e r t w u r d e . I m B e r i c h t der 10. K o m m i s s i o n des A b g e o r d n e t e n h a u s e s v o m 4. 3. 1872 1 4 9 f i n d e t sich eine F o r m u l i e r u n g , die § 10 A b s . 2 e i n e m s i n n v o l l e n V e r s t ä n d n i s ö f f n e t : „ . . . M e h r w e r t , w e l c h e r f ü r den G r u n d b e s i t z künftig aus der A n l a g e sich erwarten läßt, behufs d e r e n die E x p r o p r i a t i o n e r f o l g t , als W e r t e r h ö h u n g n i c h t i n A n r e c h n u n g gebracht w e r d e n d a r f . " 141
JustMinBl. 1864/337 ff. Sammig. Drucks. H. H., Sitzgsp. 1868/69, Bd. 1 Nr. 10. 14S Sammig. Drucks. H. H., Sitzgsp. 1868/69, Bd. 2 Nr. 37 u. 58. 144 Sammig. Drucks. H. H., Sitzgsp. 1869/70 Bd. 1 Nr. 11: § 7 Abs. 2. 145 Sammig. Drucks. H . A . , X I . Legislatp. 2. Sess. 1871/72 Bd. 1 Nr. 6: § 7 Abs. 2. 148 Anlagen Sten. Ber. Verhandlungen des Η . Α. X I . Legislatp. 3. Sess. 1872/73 Bd. I Nr. 8: § 9 Abs. 1. 147 Anlagen Sten. Ber. Verhandlungen des Η . Α. X I I . Legislatp. 1. Sess. 1873/74 Bd. I Nr. 18: § 9 Abs. 2. 148 Mot. Entw. 1864, JustMinBl. 1864//361; Mot. Entw. 1868, Sammig. Drucks. H . H . , Sitzgsp. 1868/69 Bd. 1 Nr. 10 S. 55; Mot. Entw. 1869, Sammig. Drucks. H . H . , Sitzgsp. 1869/70 Bd. 1 Nr. 11 S. 55; Mot. Entw. 1871, Sammig. Drucks. Η . Α., X I . Legislatp. 2. Sess. 1871/72 Bd. 1 Nr. 6 S. 52. Vgl. auch Regierungskommissar Jacobi i n der Schlußberatung des Herrenhauses, Sten. Ber. über die Verhandlungen der beiden Häuser, Η . H. Bd. 1 1873/74, 24. Sitzung v o m 18. 5. 1874 S. 392. 149 Sammig. Drucks. Η . Α., X I . Legislatp. 2. Sess. 1871/72 Bd. 3 Nr. 223 S. 13. 142
3 Bauer
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
A l s o der W e r t z u w a c h s , d e r als F o l g e der A n l a g e e r w a r t e t w i r d u n d sich aber schon b e i der E n t e i g n u n g i n d e n P r e i s e n niedergeschlagen h a t , s o l l n i c h t entschädigt w e r d e n . M a n k a n n t e durchaus d i e M e c h a n i s m e n a m G r u n d s t ü c k s m a r k t u n d w a r sich d a h e r d e r Tatsache b e w u ß t , daß a l l e i n das B e k a n n t w e r d e n einer n e u e n A n l a g e Preissteiger u n g e n h e r v o r r u f t u n d daß w e i t e r h i n d i e e i g e n t l i c h erst m i t A u s f ü h r u n g der A n l a g e tatsächlich e n t s t e h e n d e n W e r t g e w i n n e sich schon bis z u r E n t e i g n u n g i n E r w a r t u n g u n d V o r w e g n a h m e der A n l a g e k o n k r e t i s i e r t h a b e n k ö n n e n 1 5 0 . § 10 A b s . 2 sollte diese W e r t s t e i g e r u n g e n a b schöpfen, u n d z w a r a l l e d e r a r t i g e n G e w i n n e ohne A u s n a h m e 1 5 1 . I m ü b r i g e n ist § 10 A b s . 2 offensichtlich n i c h t u m s t r i t t e n gewesen; n u r e i n m a l noch sprach sich e i n A b g e o r d n e t e r aus G l e i c h h e i t s g r ü n d e n gegen die Bestimmung aus151a. 3.2. Verständnis in Rechtsprechung und Lehre V o n A n f a n g a n herrschte auch i n Rechtsprechung u n d L e h r e E i n i g k e i t d a r ü b e r , daß n u r so, w i e eben e r l ä u t e r t , § 10 A b s . 2 v e r s t a n d e n w e r d e n k ö n n e . B ä h r / L a n g e r h a n s 1 5 2 , die als B e r i c h t e r s t a t t e r b z w . V o r sitzender i n der 8. K o m m i s s i o n des A b g e o r d n e t e n h a u s e s 1 5 3 a n der V o r b e r a t u n g des P r E G b e t e i l i g t w a r e n , f ü h r t e n aus, daß § 10 A b s . 2 P r E G n i c h t d i e W e r t e r h ö h u n g e n beträfe, die das G r u n d s t ü c k d u r c h E i n b e z i e h u n g i n die neue A n l a g e als T e i l der l e t z t e r e n e r f a h r e n w ü r d e . G e m e i n t sei m i t d e m W o r t l a u t des Gesetzes n u r e i n Ausschluß d e r W e r t steigerungen, die d u r c h d i e A n l a g e f ü r die G r u n d s t ü c k e i n der b e t r e f f e n d e n G e g e n d h e r b e i g e f ü h r t w ü r d e n 1 5 4 , u n d die, so ist z u ergänzen, auch das enteignete G r u n d s t ü c k e r f a h r e n h ä t t e , w ä r e n i c h t es, sondern e i n anderes G r u n d s t ü c k f ü r die A n l a g e herangezogen w o r d e n 1 5 5 . D e n n ,
150 Plenarverhandlung des Herrenhauses vom 19.11.1869, Sten. Ber. über die Verhandlungen der beiden Häuser, H. H. Bd. 1 S. 86 r. u. ; Plenarverhandlung des Abgeordnetenhauses v o m 27. 4.1874, Sten. Ber. über die V e r handlungen der beiden Häuser, Haus der Abgeordneten Bd. 2 S. 1267 1. m. 151 Vgl. den abgelehnten Abänderungsantrag während der Beratungen der 8. Kommission des Herrenhauses (Sammig. Drucks. H. H., Sitzgsp. 1868/ 69 Bd. 2 Nr. 37 S. 11), der nur solche Werterhöhungen nicht entschädigt wissen wollte, welche ein Grundstück, wäre es nicht enteignet worden, dadurch erfahren hätte, daß es i n unmittelbarer Nähe der Anlage lag. 151a Sammig. Drucks. Η . Α., X I . Legislatp. 2. Sess. 1871/72 Bd. 3 Nr. 223 S. 13. 152 Anm. 3 zu § 10, S. 43. 153 Vgl. den Bericht der 8. Komm., Sammig. Drucks. Η . Α., X I I . Legislatp. 1. Sess. 1873/74 Bd. 2 Nr. 149 S. 6 ff. 154 Zustimmend Eger A 83 I 2. S. 342, I 3. S. 355, m i t der Begründung, daß der Wert eines Grundstücks als Teil der neuen Anlage sich k a u m feststellen ließe; weiterhin RG J W 1902/549. 155 Vgl. Eger A 83 I 2. S. 342, I 3. S. 355.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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so f ü h r t e das R G 1 5 6 v ö l l i g r i c h t i g aus, e i n v o n der A n l a g e betroffenes G r u n d s t ü c k w e r d e s c h w e r l i c h a n W e r t e r h ö h u n g e n t e i l n e h m e n , da an eine bessere V e r k a u f s - oder N u t z u n g s f ä h i g k e i t n i c h t z u d e n k e n sei. A l l e i n die S p e k u l a t i o n auf eine d e n w a h r e n W e r t übersteigende E n t schädigung, die jedoch nach d e m P r E G n i c h t z u e r w a r t e n sei, k ö n n e d e n W e r t des z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s selbst erhöhen. W e n n also b i s w e i l e n v o n d e n W e r t e r h ö h u n g e n i n f o l g e der A u s f ü h r u n g , H e r s t e l l u n g oder B e n u t z u n g der A n l a g e gesprochen w u r d e 1 5 7 , so k o n n t e n d a m i t n u r die E r h ö h u n g e n g e m e i n t sein, d i e der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r f ü r die G r u n d s t ü c k e d e r Umgeburxg f ü r die Z e i t nach der F e r t i g s t e l l u n g der Anlage erwartete und spekulativ vorausnahm 158. Werterhöhungen beim zu enteignenden Grundstück konnten i n Ausnahmefällen eintreten, ζ. B . w e n n zunächst noch u n g e w i ß w a r , welche G r u n d s t ü c k e d i e A n l a g e beanspruchen w ü r d e 1 5 9 , oder w e n n eine A n l a g e i n E t a p p e n a u s g e f ü h r t w ü r d e u n d sich die W e r t e r h ö h u n g schon nach A b s c h l u ß d e r ersten Etappe zeigte160. 3.3. Kausale Verknüpfung zwischen Wertsteigerungen und Anlage 3.3.1.
Kausalitätsanjorderungen
D i e V e r w e n d u n g des A u s d r u c k s „ i n f o l g e " s t e l l t e k l a r , daß es sich b e i d e m d u r c h § 10 A b s . 2 P r E G b e a b s i c h t i g t e n W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß auch u m e i n K a u s a l i t ä t s p r o b l e m h a n d e l t e . Z w i s c h e n A n l a g e einerseits u n d der W e r t s t e i g e r u n g andererseits m u ß t e eine ursächliche V e r k n ü p f u n g b e s t e h e n 1 6 1 , w o b e i a l l e r d i n g s der W e r t z u w a c h s n i c h t n o t w e n d i g e u n d u n m i t t e l b a r e F o l g e der n e u e n A n l a g e z u sein b r a u c h t e 1 6 2 . B e i diesen n i c h t sonderlich s t r e n g e n A n f o r d e r u n g e n an die K a u s a l v e r k n ü p f u n g e n k ö n n t e n schon sehr w e i t z u r ü c k l i e g e n d e Tatsachen — e t w a v o r b e r e i t e n d e P l a n u n g e n — als f ü r W e r t e r h ö h u n g e n ursächlich angesehen u n d d a m i t b e i der E n t e i g n u n g u n b e r ü c k s i c h t i g t gelassen w e r d e n . W i e w e i t das geschehen ist, w i r d sub 4. d a r z u l e g e n sein.
150 JW 1895/352 Nr. 78; vgl. auch JW 1900/576, PrVBl. 22/170, P r V B l . 29/ 1015. A. M. w o h l Koffka § 8 Ν 34 S. 86. 157 Koffka § 10 Ν 25 a S. 161 u., Seydel § 10 A n m . 2 S. 86, RG J W 1893/211 Nr. 68, JW 1900/198, JW 1902/549, RG Recht 1914 Sp. 115. 158 Vgl. R G JW 1900/198. 159 RG J W 1902/549. 160 RG GruchBeitr. 28//1118. 161 RGZ 8//240, 53//137. 162 RGZ 8//240, RG JW 1884/227 Nr. 40, 1886//364, Seydel § 10, 2 S. 86. Vgl. auch Koffka § 10 Ν 25 S. 160, der w o h l nur unmittelbare Gewinne ausschließen wollte.
3-
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes 3.3.2. Allgemeine
Werterhöhungen
V o n d e m i m ursächlichen Z u s a m m e n h a n g m i t einer A n l a g e stehend e n W e r t z u w a c h s w a r e n a l l e sonstigen W e r t s t e i g e r u n g e n z u u n t e r s c h e i den, denen diese K a u s a l v e r k n ü p f u n g f e h l t e 1 6 3 . L e t z t e r e bezeichnete das R G b i s w e i l e n als „ a l l g e m e i n e W e r t s t e i g e r u n g e n " 1 6 4 . Es w o l l t e d a m i t z u m A u s d r u c k b r i n g e n , daß sie n i c h t d u r c h eine „ b e s o n d e r e " A n l a g e b e d i n g t w a r e n , d a h e r n i c h t u n t e r § 10 A b s . 2 P r E G f i e l e n u n d g r u n d sätzlich z u entschädigen w a r e n 1 6 5 . Diese a l l g e m e i n e n W e r t s t e i g e r u n g e n k o n n t e n s o w o h l i n A n l e h n u n g a n eine P l a n u n g 1 6 6 w i e auch v ö l l i g losgelöst v o n P l a n u n g s m a ß n a h m e n , e t w a als F o l g e der E n t w i c k l u n g einer G e g e n d 1 6 7 , e n t s t a n d e n sein. S o w e i t sie sich i n der Z e i t zwischen e i n e r E n t e i g n u n g s - b z w . F l u c h t l i n i e n p l a n u n g u n d der d a r a u f f o l g e n d e n E n t e i g n u n g i n d e n G r u n d s t ü c k s p r e i s e n niederschlugen, sollen sie als „ Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n " bezeichnet w e r d e n 1 6 8 . So k l a r die eben g e t r o f f e n e U n t e r s c h e i d u n g i m P r i n z i p auch sein mag, so sehr w i r d sie p r o b l e m a t i s c h f ü r d e n E i n z e l f a l l : D i e gegenseitige A b h ä n g i g k e i t v o n P l a n u n g u n d W e r t s t e i g e r u n g l ä ß t eine e i n w a n d f r e i e T r e n n u n g des Wertzuwachses j e nach E n t s t e h u n g s g r u n d i l l u s o r i s c h e r s c h e i n e n 1 6 9 . Es e r f o l g t e ζ. B . die A u f s t e l l u n g eines B e b a u u n g s p l a n e s seltener u n a b h ä n g i g v o n der B a u t ä t i g k e i t i n einer G e g e n d 1 7 0 ; v i e l m e h r l e h n t e sich die F e s t s t e l l u n g v o n F l u c h t l i n i e n a n d i e schon i n der T e n denz v o r h a n d e n e B a u t ä t i g k e i t a n 1 7 1 . D a m i t rechnete der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r u n d es w a r d a n n n i c h t auszuschließen, daß der W e r t d e r G r u n d stücke schon v o r der P l a n u n g u n d A u s f ü h r u n g a n b a u f ä h i g e r Straßen, aber i m H i n b l i c k d a r a u f b e e i n f l u ß t w u r d e 1 7 2 . N i c h t m i n d e r p r o b l e m a tisch w a r auch die F e s t s t e l l u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n 1 7 3 . E i n e r seits w e g e n d e r A b g r e n z u n g s s c h w i e r i g k e i t e n z u d e n besonderen W e r t e r h ö h u n g e n , andererseits aber auch aus der K e n n t n i s , daß gerade diese allgemeinen Werterhöhungen i n erheblichem U m f a n g spekulative Ge183
Eger A 83 I 2. S. 347, I 3. S. 360. 104 p r V B l . 29/1015, 31/362; vgl. auch JW 1901/267. 165 JW 1900/30 Nr. 56, 1901/267, P r V B l . 29/1015, 31/262. 166 Der Umfang der Planung w a r aber sehr begrenzt und beschränkte sich mehr oder weniger nur auf Fluchtlinienfestsetzungen samt Bauverboten. 167 Vgl. RG J W 1901/267, P r V B l . 31/262. 168 I m einzelnen dazu sub 5.1. und insbesondere sub 5.3.3. 169 Ähnlich RG J W 1901/267, das aber dann doch eine Trennung vornahm und den Einfluß der Planung zugunsten des betroffenen Grundeigentümers negierte. 170 RG JW 1901/267 spricht von w i l l k ü r l i c h . 171 R G J W 1883/211 Nr. 86. 172 RG JW 1901/267. 173 Vgl. RG PrVBl. 29/1015 und 31/262.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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w i n n e e n t h i e l t e n 1 7 4 , l ä ß t d i e B e h a n d l u n g der a l l g e m e i n e n W e r t e r h ö h u n g e n als P r ü f s t e i n d a f ü r erscheinen, w i e w e i t m a n u n v e r d i e n t e G e w i n n e b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g n i c h t zu b e r ü c k s i c h t i g e n b e r e i t w a r . 3.4. Inhaltliche Rechtfertigung des § 10 Abs. 2 PrEG Schon i n K a p i t e l I 1 7 5 w a r gesagt w o r d e n , daß m a n d e n Ausschluß enteignungsbedingter Wertsteigerungen m i t der E r w ä g u n g rechtfertigte, d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n d ü r f t e n n i c h t u n v e r d i e n t die V o r t e i l e des U n t e r n e h m e n s zu dessen L a s t e n z u f a l l e n . Dieselbe Rechtfert i g u n g f i n d e t sich auch f ü r § 10 A b s . 2 P r E G . D i e a m t l i c h e n B e g r ü n d u n gen sahen diese V o r s c h r i f t z w a r n u r als logische K o n s e q u e n z d e r T a t sache, daß entscheidend d e r Z u s t a n d i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g s e i 1 7 6 . D o c h die L i t e r a t u r z u m P r E G e r l ä u t e r t e § 10 A b s . 2 P r E G i n d e m oben angegebenen S i n n e : d e m U n t e r n e h m e r k ö n n e n i c h t z u g e m u t e t w e r d e n , d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n auch noch die W e r t e r h ö h u n g z u v e r g ü t e n , d i e das G r u n d s t ü c k erst d u r c h das T ä t i g w e r d e n des U n t e r n e h m e r s , n i c h t des E n t e i g n e t e n , e r f a h r e n h a t t e 1 7 7 . D a v o n g i n g auch das Reichsgericht aus178.
4. Begriff der Anlage D e m B e g r i f f der „ A n l a g e " k a m i m R a h m e n des § 10 A b s . 2 P r E G eine z e n t r a l e B e d e u t u n g zu, da v o n seiner I n t e r p r e t a t i o n a b h i n g , i n w i e w e i t W e r t s t e i g e r u n g e n b e i der Entschädigungsbemessung z u b e r ü c k s i c h t i g e n w a r e n oder nicht. Doch beschäftigten Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r w e i t m e h r die n e g a t i v e n A u s w i r k u n g e n der E n t e i g n u n g 1 7 9 . So g i n g es v o r a l l e m b e i E n t e i g n u n g e n nach d e m F L G d a r u m sicherzustellen, daß d e m E n t e i g n e t e n die v o r h e r d u r c h das B a u v e r b o t gem. § 11 F L G eingetretene W e r t m i n d e r u n g des G r u n d s t ü c k s auch entschädigt wurde. 4.1. Der Anlagebegriff bei Enteignungen nach dem PrEG 4.1.1. Anlage
als Enteignung
sunt
ernehmen
Anlage w a r gleichbedeutend m i t dem Enteignungsunternehmen, w e l ches m i t der P r o j e k t i e r u n g , d e m E n t w u r f 1 8 0 begann. D a m i t s o l l t e z u m 174
s. Anm. 48. sub 3.2.1. 176 s. sub 3.1. zu A n m . 148. 177 Eger A 81 I 2. S. 338, I 3. S. 350 m i t weiteren Nachweisen, S. 106, Meyer S. 289. 178 Vgl. J W 1902/549. 179 Vgl. dazu unten 5.3.1. zum Zeitpunkt. 180 Eger A 83 I 2. S. 349, I 3. S. 355, RG PrVBl. 24/588. 175
Grünhut
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
A u s d r u c k gebracht w e r d e n , daß A n l a g e n i c h t sein k o n n t e i r g e n d e i n P r o j e k t , welches W e r t s t e i g e r u n g e n b e w i r k t e , sondern n u r e i n P r o j e k t , das w e s e n t l i c h v o n d e r D u r c h f ü h r u n g v o n E n t e i g n u n g e n a b h i n g 1 8 1 . F o l g e w a r , daß die W e r t ä n d e r u n g e n , die gemäß § 10 A b s . 2 P r E G ausgeschlossen w e r d e n k o n n t e n , i m H i n b l i c k a u f eine E n t e i g n u n g u n d d i e d a m i t z u s a m m e n h ä n g e n d e A u s f ü h r u n g des P r o j e k t e s e n t s t a n d e n sein m u ß t e n . Diese F e s t s t e l l u n g e r g i b t sich auch logisch aus d e n gesetzgeberischen V o r s t e l l u n g e n z u § 10 A b s . 2. W i e oben e r w ä h n t , b e r u h t e die V o r s c h r i f t a u f d e r E r w ä g u n g , daß n u r der Z u s t a n d des G r u n d s t ü c k s z u r Z e i t d e r E n t e i g n u n g m a ß g e b e n d sei u n d daß d a m i t d e r M e h r w e r t , d e n das G r u n d s t ü c k k ü n f t i g d u r c h das U n t e r n e h m e n , dessentwegen die E n t e i g n u n g erfolge, also erst nach der E n t e i g n u n g erfahre, n i c h t entschädigt w e r d e n k ö n n e . W e n n sich aber n u n dieser M e h r w e r t , w a s m a n b e i B e r a t u n g des Gesetzes durchaus e r k a n n t e , i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r v o r der E n t e i g n u n g niederschlägt, so b l e i b t doch w e i t e r h i n die V e r k n ü p f u n g m i t der E n t e i g n u n g : E i n nach der E n t e i g n u n g als F o l g e der E n t e i g n u n g u n d d e r A n l a g e e i n g e t r e t e n e r W e r t z u w a c h s erscheint i n d e r Z e i t v o r der E n t e i g n u n g als i m H i n b l i c k auf die E n t e i g n u n g e n t stehender G e w i n n , sofern, das m u ß d a n n h i n z u k o m m e n , d i e E n t e i g n u n g m i t e i n i g e r Sicherheit e r w a r t e t w i r d . Dazu, w i e sicher d i e E n t e i g n u n g zu e r w a r t e n sein m u ß t e , d a m i t W e r t ä n d e r u n g e n als i m H i n b l i c k auf die E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n angesehen w e r d e n k o n n t e n , f i n d e n sich i n Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r f ü r V e r f a h r e n nach d e m P r E G selbst keine Hinweise. 4.1.2. Bestimmung
der Anlage
durch das
Enteignungsrecht
I m ü b r i g e n scheint zunächst f ü r das P r E G d e r A n l a g e b e g r i f f u n p r o b l e m a t i s c h z u sein, als m a ß g e b e n d f ü r e i n U n t e r n e h m e n die V e r l e i h u n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s gemäß § 2 P r E G w a r u n d d a h e r r e g e l m ä ß i g als A n l a g e j e w e i l s n u r das U n t e r n e h m e n angesehen w u r d e , f ü r das das E n t e i g n u n g s r e c h t b e w i l l i g t w o r d e n w a r 1 8 2 . D o c h m i t d e m U m f a n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s w a r nach herrschender M e i n u n g der U m f a n g der A n l a g e i m S i n n e des § 10 A b s . 2 P r E G n i c h t identisch. A n l a g e k o n n t e z w a r n u r das U n t e r n e h m e n i. S. des § 2 P r E G sein, aber n i c h t jedes U n t e r n e h m e n s t e l l t e n u r eine A n l a g e dar. M a n sah die A n l a g e i. S. des § 10 Abs. 2 P r E G n i c h t i m m e r als d u r c h das E n t e i g n u n g s r e c h t h i n r e i c h e n d k o n k r e t i s i e r t an. D e n n s o w e i t i n d e m das E n t e i g n u n g s r e c h t v e r l e i h e n d e n S t a a t s a k t das zu e n t e i g n e n d e G r u n d e i g e n t u m n i c h t n ä h e r
181 Eger A 83 I 3. S. 357. H . A . S. 114 f.. Koffka § 10 Ν 25 a S. 161-162, Neufang § 10, 63, RGZ 49//317 ff., JW 1908/23 Nr. 31, RG Recht 1918 Sp. 164, vgl. auch WarnRspr. 3//Ö5 f. 182 RG JW 1892//495, Koffka § 10 Ν 25 a S. 160.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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b e s t i m m t w u r d e 1 8 8 , sondern eine a l l g e m e i n e V e r l e i h u n g f ü r e i n U n t e r n e h m e n erfolgte, w a r der U m f a n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s r ä u m l i c h w i e z e i t l i c h n i c h t e i n d e u t i g b e s t i m m t . A u ß e r d e m erstreckte sich das E n t eignungsrecht auch a u f spätere E r g ä n z u n g e n u n d E r w e i t e r u n g e n der u r s p r ü n g l i c h e n U n t e r n e h m e n s a u s f ü h r u n g , die sich e t w a a u f G r u n d der V e r k e h r s e n t w i c k l u n g oder einer steigenden G e f ä h r d u n g des B e t r i e b e s als n o t w e n d i g e r w i e s e n 1 8 8 a . 4.1.3. Bestimmung der Anlage durch Planjeststellungsb eschluß
den
Daß maßgebliche K r i t e r i u m f ü r d e n U m f a n g der A n l a g e w u r d e , sow e i t n i c h t a u f das E n t e i g n u n g s r e c h t a b z u s t e l l e n w a r , i m P l a n f e s t s t e l lungsbeschluß g e s e h e n 1 8 4 , so daß auch b e i A u s f ü h r u n g des U n t e r n e h m e n s i n m e h r e r e n z e i t l i c h g e t r e n n t e n A b s c h n i t t e n eine A n l a g e a n z u n e h m e n w a r , w e n n n u r d e r Planfeststellungsbeschluß diese A u s f ü h r u n g m i t u m f a ß t e 1 8 5 . A l l e r d i n g s k o n n t e nach K o f f k a a.a.O. auch e i n P l a n f e s t s t e l lungsbeschluß n i c h t die E i n h e i t l i c h k e i t einer A n l a g e f ü r d e n F a l l h e r stellen, daß d u r c h verschiedene K a b i n e t t s o r d e r n das E n t e i g n u n g s r e c h t zunächst f ü r den B a u eines Großschifffahrtsweges, anschließend f ü r den E r w e r b v o n w e i t e r e n m i t d e m K a n a l i n V e r b i n d u n g stehenden u n d f ü r staatliche Z w e c k e e r f o r d e r l i c h e n G r u n d s t ü c k e n v e r l i e h e n w u r d e . E r g i n g e n m e h r e r e Planfeststellungsbeschlüsse i n z e i t l i c h e n A b s t ä n d e n — selbst i n n e r h a l b desselben E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n s — , so h a n d e l t e es sich u m z w e i verschiedene A n l a g e n 1 8 6 . Dies w a r auch die M e i n u n g des R G , das i n seinem U r t e i l v o m 9. 11. 1906 1 8 7 die I n a n s p r u c h n a h m e eines Geländestreifens z u r E r w e i t e r u n g eines T r u p p e n übungsplatzes nach e r f o l g t e m g e s o n d e r t e m Planfeststellungsbeschluß als neue A n l a g e ansah u n d s o m i t W e r t s t e i g e r u n g e n i n f o l g e der E r r i c h t u n g des T r u p p e n ü b u n g s p l a t z e s entschädigte. Es b e r i e f sich d a b e i a u f § 13 Abs. 3 des d e m H e r r e n h a u s e 1868/69 v o r g e l e g t e n E n t w u r f e s : „ D e r P l a n . . . b i l d e t die G r u n d l a g e f ü r d i e F e s t s t e l l u n g des O b j e k t s u n d der E n t s c h ä d i g u n g . " Z w a r sei g e n a n n t e V o r s c h r i f t n i c h t a u s d r ü c k l i c h i n das Gesetz a u f g e n o m m e n w o r d e n , doch ergebe sich i h r e G e l t u n g aus 183 Seydel § 2, 2 S. 25; vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 2 a. E. PrEG, Meyer / Thiel / Frohberg § 2, 4 S. 63 f. issa Seydel § 2, 2 S. 25 - 26 m i t Nachweis zahlreicher ministerieller Rekursbescheide; ebenso Meyer / Thiel / Frohberg § 2, 6. 184 Koffka § 10 Ν 25 a S. 161, Seydel § 10, 2 S. 86/87, Meyer / Thiel / Frohberg § 10, 6, RG EE VIII//38, RGZ 64//264 f., a. M. Hopf § 10, 4 S. 58. 185 Koffka § 10 Ν 25 a S. 161. 186 Koffka § 10 Ν 25 a S. 161, Seydel § 10, 2 S. 87, Eger A 83 I 2. S. 348, I 3. S. 361. 187 RGZ 64/262; ebenso RG JW 1938//1478.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
d e m Z u s a m m e n h a n g der V o r s c h r i f t e n des P r E G , insbesondere aus §§ 15 ff. Es sei Sache des U n t e r n e h m e r s , sich v o r d e m A n t r a g a u f P l a n f e s t s t e l l u n g ü b e r die e r f o r d e r l i c h e n G r u n d s t ü c k e k l a r z u w e r d e n 1 8 8 . 4.2. Straßenanlage: Der Anlagebegriff bei Enteignungen zur Herstellung von Straßen nach dem F L G W i e schon e r w ä h n t , b e d e u t e t e A n l a g e E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n ; die W e r t ä n d e r u n g e n m u ß t e n i m H i n b l i c k a u f die Enteignung entstanden sein. F ü r das F L G e r f o l g t e d u r c h d i e Rechtsprechung des R G eine gewisse A u s w e i t u n g dieses A n l a g e b e g r i f f e s , die i m f o l g e n d e n dargelegt w e r d e n soll. 4.2.1. Ständige
Rechtsprechung
Das R G h a t i n s t ä n d i g e r Rechtsprechung die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g m i t der späteren E n t e i g n u n g z u r anschließenden A u s f ü h r u n g der Straße als einheitliches U n t e r n e h m e n , als A n l a g e i m S i n n e des § 10 A b s . 2 P r E G a n g e s e h e n 1 8 9 . Dies entsprach auch e i n h e l l i g e r A u f f a s s u n g i m Schrifttum 190. 4.2.2. Zusammenhang
mit der
Enteignung
Diese D e f i n i t i o n der A n l a g e v e r w u n d e r t insofern, als o f t recht große Z e i t r ä u m e zwischen F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g u n d E n t e i g n u n g l a g e n u n d es d a h e r f r a g l i c h erscheint, ob die W e r t ä n d e r u n g e n , die sich d u r c h die n e u e n F l u c h t l i n i e n ergaben, i n a l l e n F ä l l e n als i m H i n b l i c k a u f die spätere E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n angesehen w e r d e n k o n n t e n . F ü r das R G schien diese F r a g e k e i n P r o b l e m gewesen z u sein. I n seiner g r u n d l e genden E n t s c h e i d u n g v o m 18. 8. 1882 1 9 1 b e j a h t e es o h n e w e i t e r e s d e n Z u s a m m e n h a n g zwischen d e m B a u v e r b o t ( § 1 1 F L G ) u n d d e r E n t e i g nung. Allerdings lagen i n jenem F a l l Fluchtlinienfestsetzung u n d Ente i g n u n g n u r w e n i g e J a h r e auseinander. I m U r t e i l v o m 28. 10. 1893 1 9 2 s t e l l t e das G e r i c h t jedoch fest, daß f ü r d e n B e g r i f f der A n l a g e d i e Z e i t zwischen P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g v ö l l i g o h n e B e d e u t u n g sei.
188
RGZ 64//264; ablehnend Hopf § 10, 4 S. 58. RGZ 8//240, 28//274, J W 1892/494, RGZ 32//209, 53//137, 55//73, RGZ 101//149; vgl. auch J W 1903/7349. Weitere Rechtsprechungsnachweise bei Eger A 83 I 3. S. 359. 190 Koffka § 8 Ν 30 S. 81, § 10 Ν 26 S. 162, Eger A 83 I 3. S. 359, Eger H. A. § 10 S. 116, Hopf § 8, 4 S. 39, Seydel § 8, 3 S. 75/76. 191 RGZ 8//240. 192 RGZ 32//209. 189
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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4.2.2.1. V o r w i r k u n g der E n t e i g n u n g b e i M i e t a u s f a l l E i n g e h e n d h a t sich das R G z u d e r Frage, w a n n eine v o r b e r e i t e n d e P l a n u n g den B e g i n n eines a u f die E n t e i g n u n g gerichteten V e r f a h r e n s d a r s t e l l t , i n seinem U r t e i l v o m 19. 4. 1899 1 9 3 geäußert. D e r E n t s c h e i d u n g l a g f o l g e n d e r S a c h v e r h a l t z u g r u n d e : D e n K l ä n g e r n w a r e i n Mietausfall ihres später tatsächlich e n t e i g n e t e n G r u n d s t ü c k e s entstanden, als 1892/93 a u f G r u n d v o n P r e s s e m i t t e i l u n g e n b e k a n n t w u r d e , daß z u r S t r a ß e n v e r b r e i t e r u n g das G r u n d s t ü c k e n t e i g n e t w e r d e n w ü r d e . D e r F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g i m J a h r e 1894 f o l g t e 1895 die E n t e i g n u n g . Das R G e r k a n n t e d e n K l ä n g e r n e i n e n E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h f ü r die M i e t ausfälle v o m Z e i t p u n k t der ersten P l a n a u f s t e l l u n g i m F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g s v e r f a h r e n zu. Z u r B e g r ü n d u n g k n ü p f t e das R G a n eine f r ü h e r e E n t s c h e i d u n g 1 9 4 an, nach d e r gem. P r E G auch f ü r solche N a c h t e i l e E n t s c h ä d i g u n g zu l e i s t e n sei, die d e m E i g e n t ü m e r als F o l g e des a u f die E n t z i e h u n g des E i g e n t u m s g e r i c h t e t e n V e r f a h r e n s — n i c h t n u r der E n t z i e h u n g selbst — e n t s t a n d e n w a r e n . I n R G Z 31 h a n d e l t e es sich u m e i n V e r f a h r e n nach d e m P r E G ; i n R G Z 43 jedoch nach d e m F L G . D a m i t h i n g d i e A n e r k e n n u n g eines Entschädigungsanspruches d a v o n ab, ob das R G die F l u c h t l i n i e n festsetzung m i t nachfolgender E n t e i g n u n g als e i n „ a u f die E n t z i e h u n g des E i g e n t u m s gerichtetes V e r f a h r e n " 1 9 5 sah. A l l g e m e i n s t e l l t e das R G fest, daß n i c h t i n a l l e n F ä l l e n schon m i t der A u f s t e l l u n g des n e u e n F l u c h t l i n i e n p l a n e s d i e E i n l e i t u n g eines a u f E n t z i e h u n g g e r i c h t e t e n V e r fahrens z u sehen sei, da die I n a n s p r u c h n a h m e der G r u n d s t ü c k e e v t l . erst i n f e r n e r Z u k u n f t erfolge. W e n n jedoch die F l u c h t l i n i e z u r sofort i g e n A u s f ü h r u n g b e s t i m m t sei, w e n n also die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g zu d e m Z w e c k e erfolge, die f ü r das beschlossene U n t e r n e h m e n einer Straßenverbreiterung erforderliche Enteignung u n m i t t e l b a r herbeizuf ü h r e n , so müsse die E i n h e i t l i c h k e i t des V e r f a h r e n s b e j a h t w e r d e n (vgl. auch R G J W 1903//349), w a s das R G f ü r d e n z u r E n t s c h e i d u n g steh e n d e n F a l l auch t a t . D e r M i e t a u s f a l l sei s o m i t n i c h t d u r c h d i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g selbst, sondern d u r c h die n a h e u n d b e g r ü n d e t e A u s sicht a u f die E n t e i g n u n g b e w i r k t w o r d e n . Dieser A u f f a s s u n g ist das R G später f ü r d e n B e g r i f f der A n l a g e n i c h t gefolgt. Das U r t e i l v o m 19. 4. 1899 b e t r a f n i c h t W e r t m i n d e r u n g e n des zu e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s , s o n d e r n sonstige Nachteile, d i e i n „ V o r a u s w i r k u n g " 1 9 6 der E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n w a r e n . F ü r diese u n d n u r 193
RGZ 43/356 ff.; bestätigt durch RG PrVBl. 29//72. RGZ 31/214, 217 vom 1. 2. 1893. 195 RGZ 31//217. 196 RGZ 43//358. Wegen des Begriffes der Vorauswirkung oder V o r w i r k u n g s. näher sub 5.1. 194
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
f ü r diese V e r m ö g e n s e i n b u ß e n s o l l t e n die g e n a n n t e n G r u n d s ä t z e gelten. F ü r die W e r t m i n d e r u n g d u r c h das B a u v e r b o t nach § 11 F L G b l i e b es b e i der U n b e a c h t l i c h k e i t der zwischen F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g u n d E n t e i g n u n g liegenden Z e i t 1 9 7 . 4.2.2.2. P l a n u n g k a u s a l f ü r d i e E n t e i g n u n g D e r Z u s a m m e n h a n g zwischen F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g u n d E n t e i g n u n g i. S. einer A n l a g e w a r d a m i t nach der Rechtsprechung schon d a n n g e w a h r t , w e n n die E n t e i g n u n g i m E i n z e l f a l l tatsächlich auf d i e P l a n u n g z u r ü c k g i n g , l e t z t e r e also k a u s a l f ü r die spätere E n t e i g n u n g w a r . D a n n k o n n t e n auch d i e W e r t ä n d e r u n g e n , die sich schon d u r c h O f f e n l e g u n g des Planes ergeben h a t t e n , als d u r c h die A n l a g e b e d i n g t gem. § 10 A b s . 2 P r E G b e h a n d e l t w e r d e n 1 9 7 a . 4.2.2.2.1. Ortsstatutarisches B a u v e r b o t E i n ortsstatuarisches B a u v e r b o t ( § 1 2 F L G ) w u r d e ebenfalls als T e i l d e r A n l a g e angesehen, w e n n es sich i m E i n z e l f a l l als kausale V o r b e r e i t u n g der E n t e i g n u n g a u s g e w i r k t h a t t e . § 12 F L G e r m ö g l i c h t e d e n E r l a ß eines Ortsstatus f ü r Straßen, die noch n i c h t f e r t i g g e s t e l l t w a r e n . B e i d e r a r t i g e n S t r a ß e n w a r z u u n t e r s c h e i d e n zwischen schon p r o j e k t i e r t e n u n d noch n i c h t p r o j e k t i e r t e n , aber i n der E n t s t e h u n g b e g r i f f e n e n 1 9 8 . B e i d e n Gesetzesberatungen h a t t e m a n die projektierten Straßen — also solche, f ü r die schon F l u c h t l i n i e n d u r c h B e b a u u n g s - oder F l u c h t l i n i e n p l a n festgestellt w a r e n 1 9 9 — i m A u g e . D u r c h § 12 F L G u n d die d u r c h i h n gegebene E r m ä c h t i g u n g z u m E r l a ß v o n O r t s s t a t u t e n sollte das u n r e g e l m ä ß i g e B e b a u e n u n f e r t i g e r S t r a ß e n (sog. w i l d e s B a u en) v e r h i n d e r t w e r d e n u n d die G e m e i n d e n s o m i t der N o t w e n d i g k e i t e n t b u n d e n sein, w e g e n w e n i g e r H ä u s e r kostspielige S t r a ß e n a n z u l e g e n 2 0 0 . A u c h d i e h. M . sah diese E r w ä g u n g e n als t i e f e r e n G r u n d f ü r § 1 2 F L G a n 2 0 1 . O b d a n e b e n § 12 F L G noch z u r S i c h e r u n g v o n A n l i e g e r b e i t r ä g e n d i e n e n s o l l t e 2 0 2 , m a g h i e r d a h i n s t e h e n . § 12 F L G w u r d e auch als E r m ä c h t i g u n g s n o r m f ü r O r t s s t a t u t e angesehen, welche z w a r noch n i c h t p r o j e k t i e r t e , aber i n der Entstehung begriffene Straßen betra197 Vgl. RGZ 53//137, 55//73, 101//149; jedenfalls ist keine gegenteilige Ä u ßerung ersichtlich. 197a s. näher dazu sub 5.3.1.1.2.2. 198 Vgl. zu den letzteren Saran § 12, 11. i»9 PrOVGE 5/385, 390. 200
Vgl. Kommissionsbericht S. 1707 zitiert bei Saran § 12, 1. Saran § 12, 2 b, Strauß und Torney § 12, 1, Dieckmann § 12 S. 56. Ebenso RG GruchBeitr. 30//1039, J W 1901//268 und PrOVGE 3//304, 315. 202 Vgl. dazu Saran § 12, 2 a. 201
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses f e n 2 0 3 . B e i diesen S t r a ß e n b e s t a n d die G e f a h r , daß die G e m e i n d e n w e g e n der d e n bereits b e b a u t e n S t a d t t e i l e n b e n a c h b a r t e n L a g e d e r S t r a ß e n i n f o l g e des Ausbaues g e z w u n g e n w ü r d e , auch diese S t r a ß e n entgegen i h r e n eigenen V o r s t e l l u n g e n als O r t s s t r a ß e n h e r z u s t e l l e n 2 0 4 . Gemäß § 1 2 F L G s o l l t e n die G e m e i n d e n das aber gerade v e r h i n d e r n k ö n n e n 2 0 5 . F ü r beide F ä l l e , s o w o h l f ü r p r o j e k t i e r t e w i e n i c h t p r o j e k t i e r t e S t r a ßen, h a t das R G u n t e r A n k n ü p f u n g a n seine Rechtsprechung z u m B a u v e r b o t gem. § 11 F L G u n d u n t e r H i n w e i s a u f § 10 Abs. 2 P r E G das o r t s statutarische B a u v e r b o t b e i der Entschädigungsbemessung i n e i n e m späteren E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n zwecks A n l e g u n g der S t r a ß e n u n b e r ü c k s i c h t i g t gelassen 2 0 6 . D i e ortsstatutarische B a u b e s c h r ä n k u n g stehe m i t der demnächst z u r A u s f ü h r u n g g e l a n g e n d e n S t r a ß e n l a g e „ k l a r e r s i c h t l i c h " i n Z u s a m m e n h a n g , da § 12 F L G vorzeitiges B e b a u e n der p r o j e k t i e r t e n (oder noch zu p r o j e k t i e r e n d e n ) S t r a ß e n v e r h ü t e n s o l l e 2 0 7 . Das B a u v e r b o t stelle i n seiner tatsächlichen A n w e n d b a r k e i t i m E i n z e l f a l l eine v o r b e r e i t e n d e M a ß n a h m e f ü r die S t r a ß e n a n l a g e d a r 2 0 8 . W o r i n i n b e i d e n F ä l l e n d e r K a u s a l z u s a m m e n h a n g zu sehen ist, f ü h r t e n obige E n t s c h e i d u n g e n n i c h t b e f r i e d i g e n d aus. E i n gemäß § 12 F L G erlassenes O r t s s t a t u t , welches f ü r schon projektierte S t r a ß e n e i n B a u v e r b o t b e s t i m m t e , t r a f i m m e r m i t e i n e r v o r h e r i gen F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g zusammen. I n e i n e m späteren E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n zwecks A n l e g u n g der Straße i n der festgestellten F l u c h t l i n i e k o n n t e b e i E r m i t t l u n g der E n t s c h ä d i g u n g dieses ortsstatutarische B a u v e r b o t f ü r die a b z u t r e t e n d e n F l ä c h e n jedoch k e i n e B e d e u t u n g haben. D e n n die B e s c h r ä n k u n g d e r B e b a u u n g s f ä h i g k e i t w a r schon gemäß § 11 e i n g e t r a g e n 2 0 9 . Das ortsstatutarische B a u v e r b o t k o n n t e sich aber n u r a u f z u r B e b a u u n g geeignete F l ä c h e n beziehen. D a m i t k a m es i n diesem F a l l e n i c h t m e h r a u f E i n h e i t l i c h k e i t d e r A n l a g e — sprich K a u s a l i t ä t — an. Das B a u v e r b o t b e h i e l t seine W i r k u n g aber f ü r d i e h i e r n i c h t i n t e r essierenden Restflächen. B e i n i c h t p r o j e k t i e r t e n , in der Entstehung begriffenen S t r a ß e n e r f o l g t e die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g i m A n s c h l u ß an das ortsstatutarische B a u v e r b o t . W u r d e i n e i n e m späteren E n t e i g n u n g s 203 p r o V G E 36//413, 40//375 f. m i t weiteren Urteilen des PrOVG, R G JW 1886//364, 1901/267, RGZ 53//407, Strauß und Torney § 12, 3 a S. 131, Saran
§ 12, 11.
204 p r o V G E 40//375. 205 P r O V G a.a.O. 206 J W 1886//364, 1903/56, RGZ 53//407; vgl. auch JW 1901/267 f. und RGZ 128//27. 207 RG JW 86//364. 208 RGZ 53//407. 209 RG JW 1901//267 ; RGZ 8/237, 240 ließ ebenfalls ein späteres ortsstatutarisches Bauverbot unberücksichtigt, ohne jedoch näher auf die Problematik einzugehen.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
v e r f a h r e n m i t der absolut herrschenden M e i n u n g der F l u c h t l i n i e n f e s t setzung f ü r die W e r t b e m e s s u n g k e i n e B e d e u t u n g beigemessen 2 1 0 , so e r gab sich daraus die N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g auch des o r t s t a t u t a r i s c h e n B a u v e r b o t s noch n i c h t . N u r w e n n dieses B a u v e r b o t i n k a u s a l e r V e r k n ü p f u n g z u r E n t e i g n u n g stand, m i n d e r t e es d e n G r u n d s t ü c k s w e r t b e i der E n t s c h ä d i g u n g n i c h t h e r a b . H i e r w i r d der K a u s a l z u s a m m e n h a n g zwischen o r t s s t a t u t a r i s c h e m B a u v e r b o t u n d der E n t e i g n u n g e r k e n n b a r : bis z u r F l u c h t l i n i e n f e s t setzung b e w i r k t e das ortsstatutarische B a u v e r b o t , daß auch späteres S t r a ß e n l a n d n i c h t m i t W o h n g e b ä u d e n — n u r diesen U m f a n g h a t § 12 — b e b a u t w i r d . Z w a r s o l l t e nach d e n gesetzgeberischen I n t e n t i o n e n § 12 F L G n i c h t spätere F l u c h t l i n i e n sichern. A u c h e n t h i e l t das O r t s s t a t u t i m Gegensatz z u r F l u c h t l i n i e n f e s t s t e l l u n g eine generelle Regelung211. Daher zielte das O r t s s t a t u t selbst n i c h t a u f eine E n t e i g n u n g z u r S t r a ß e n e r w e i t e r u n g . Doch k o n n t e es i n seiner tatsächlichen A n w e n d u n g a u f d e n E i n z e l f a l l als v o r b e r e i t e n d e M a ß n a h m e zu einer b e s t i m m t e n S t r a ßenlage angesehen w e r d e n 2 1 2 , da es sich als S i c h e r u n g v o n späteren F l u c h t l i n i e n a u s w i r k t e . Das R G h a t also M a ß n a h m e n , die selbst noch v o r der F l u c h t l i n i e n f e s t s t e l l u n g lagen, als i m R a h m e n des § 10 A b s . 2 P r E G beachtlich angesehen, w e n n der K a u s a l z u s a m m e n h a n g z u r E n t e i g n u n g g e w a h r t b l i e b . S o w e i t ersichtlich, geschah dies a u s d r ü c k l i c h n u r i m Z u s a m m e n h a n g m i t W e r t m i n d e r u n g e n . M a n w i r d aber w o h l auch f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n d e n A n l a g e b e g r i f f ä h n l i c h w e i t fassen m ü s sen2123. 4.2.3. Hintergründe
der ständigen
Rechtsprechung
Sucht m a n nach d e n G r ü n d e n , die z u r A n w e n d u n g dieses recht w e i t e n u n d z e i t l i c h umfassenden A n l a g e b e g r i f f e s f ü h r t e n , so m u ß m a n sich v o r A u g e n h a l t e n , daß die d u r c h e i n B a u v e r b o t gem. § 11 F L G eingetretene W e r t m i n d e r u n g eines G r u n d s t ü c k e s — v o n A u s n a h m e n abgesehen — nach § 13 A b s . 1 u. 2 F L G o h n e E n t s c h ä d i g u n g b l e i b e n sollte. D e r G e setzgeber h a t t e eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r die B e s c h r ä n k u n g b e i u n b e b a u t e n G r u n d s t ü c k e n deswegen versagt, w e i l er d a v o n ausging u n d ausgehen k o n n t e , daß die Festsetzung n e u e r F l u c h t l i n i e n d e n angrenzend e n G r u n d s t ü c k e n erhebliche G e w i n n e b r i n g e n w ü r d e 2 1 3 . A l s offensichtlich u n b i l l i g u n d m i t d e m G r u n d s a t z der v o l l s t ä n d i g e n E n t s c h ä d i g u n g u n v e r e i n b a r erschien es jedoch d e m R G 2 1 4 , w e n n das 210
s. dazu sub 5.3.1.1.1. RGZ 53//407. 212 Vgl. RGZ 53//407. 212Λ S. zu dieser Frage i m Rahmen des Zeitpunktes 5.3.1.2. und 5.3.2. 213 Strauß und Torney §§ 13 a - 14 a, 1 S. 164. 211
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d u r c h § 11 F L G beschränkte G r u n d e i g e n t u m b e i der E n t e i g n u n g n u r als solches b e w e r t e t u n d entschädigt w o r d e n w ä r e , w e n n also d i e G e m e i n d e n d u r c h A u f s t e l l u n g der F l u c h t l i n i e die G r u n d s t ü c k e zunächst i m W e r t h ä t t e n herabsetzen k ö n n e n , u m sie d a n n später b i l l i g z u e n t e i g n e n 2 1 5 . D a n n b l i e b aber n u r der W e g ü b e r § 10 A b s . 2 P r E G : Das i n d i e ser V o r s c h r i f t z u m A u s d r u c k g e k o m m e n e P r i n z i p m u ß t e auch f ü r W e r t minderungen gelten216; weiterhin mußten Planveröffentlichung und spätere E n t e i g n u n g als eine A n l a g e angesehen w e r d e n . Diese N o t w e n d i g k e i t gerade i m H i n b l i c k auf die anders n i c h t zu entschädigenden W e r t m i n d e r u n g e n sprach das H G i n seinem U r t e i l v o m 28. 10. 1893 2 1 7 ganz k l a r aus u n d betonte, daß w e g e n dieser A u f g a b e des A n l a g e b e g r i f fes die zwischen F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g u n d E n t e i g n u n g l i e g e n d e Z e i t bedeutungslos sei. Ä h n l i c h e E r w ä g u n g e n s t a n d e n auch h i n t e r der Rechtsprechung, die das ortsstatutarische B a u v e r b o t als T e i l der A n l a g e a n sah. So b l i e b das R G i m U r t e i l v o m 6. 10. 1886 2 1 8 z w a r die n ä h e r e D a r l e g u n g schuldig, wieso das ortsstatutarische B a u v e r b o t m i t der S t r a ß e n anlage i m Z u s a m m e n h a n g stehe. Doch s t e l l t e es fest, daß keineswegs d u r c h § 12 F L G die G e m e i n d e n i n die L a g e versetzt sein s o l l t e n u n d k o n n t e n , G r u n d s t ü c k e i m W e r t h e r a b z u m i n d e r n , u m sie später g e r i n g e r entschädigen zu müssen. Das gem. § 12 F L G erlassene B a u v e r b o t k ö n n e seinem Wesen u n d Z w e c k e nach n i c h t w e r t m i n d e r n d w i r k e n , da es n u r die v o r z e i t i g e B e b a u u n g h i n d e r n w o l l e 2 1 9 . Systematisch b e d e u t e t e das d e n E i n b a u i n § 10 A b s . 2 P r E G : das B a u v e r b o t w u r d e T e i l der A n l a g e . Daß d i e Entschädigungsfrage w e s e n t l i c h f ü r d e n A n l a g e b e g r i f f w a r , e r g i b t sich auch aus e i n e m V e r g l e i c h z u B e b a u u n g s p l ä n e n nach ä l t e r e m Recht. O b w o h l auch die F l u c h t l i n i e n ä l t e r e n Rechts u n d die daraus r e s u l t i e r e n d e n B a u v e r b o t e z u r V o r b e r e i t u n g der E n t e i g n u n g d i e n t e n 2 2 0 , l e h n t e die R e c h t s p r e c h u n g 2 2 1 , der die L e h r e z u s t i m m t e 2 2 2 , die E i n h e i t l i c h k e i t der A n l a g e ab; d e n n f ü r die d u r c h das B a u v e r b o t e i n t r e t e n d e W e r t m i n d e r u n g s t a n d d e m E i g e n t ü m e r sofort e i n E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h gem. § 75 E i n l . A L R z u 2 2 3 . Z w a r b e s t a n d zwischen d e m V e r f a h r e n nach d e m F L G u n d d e m ä l t e r e n Rechtes i n s o f e r n e i n Unterschied, als f ü r E n t e i g n u n g e n nach d e m Recht v o r d e m F L G noch eine V e r l e i h u n g 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223
RGZ 8//241 f. RGZ 32//208. Vgl. RGZ 8//240 ; weitere Nachweise sub 5.3.1.1. RGZ 32//208 - 209. JW 1886//364. RG JW 1901//268. RGZ 55//73. RGZ 32//209, 55//74. Koffka § 8 Ν 33 S. 84, Eger A 83 I 3. S. 363. RGZ 32//209, 55/773, JW 1902/374.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
des E n t e i g n u n g s r e c h t s e r f o r d e r l i c h w a r 2 2 4 , die f ü r das F L G w e g f i e l . Doch s t e l l t e das H G 2 2 5 selber b e i d e r D a r l e g u n g der Rechtslage f ü r ältere P l ä n e d a r a u f n i c h t ab. Es b e t o n t e v i e l m e h r , daß d u r c h das B a u v e r b o t , welches sofort e i n e n E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h erzeuge, e i n V e r fahrensabschluß e i n t r e t e . 4.2.4. Anlage
und
Wertsteigerungen
Den primär für Wertminderungen entwickelten Anlagebegriff wandte das R G aber k o n s e q u e n t auch f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n a n 2 2 6 . A l l e i n i n d e m U r t e i l v o m 9. 1 2 . 1 9 0 2 2 2 7 — also r e l a t i v spät — f i n d e n sich A u s f ü h r u n g e n , die e r k e n n e n lassen, daß sich das R G der B e d e u t u n g des A n l a g e b e g r i f fes auch f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n b e w u ß t w a r . Das R G r e c h t f e r t i g t e den A n l a g e b e g r i f f s e l b s t ä n d i g f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n v o m Z w e c k des § 10 A b s . 2 P r E G h e r : Diese B e s t i m m u n g erfordere es, u n t e r A n l a g e n i c h t n u r die A u s f ü h r u n g , s o n d e r n auch d e n E n t w u r f z u verstehen. Das G e r i c h t bezog sich dabei a u f E g e r 2 2 8 u n d k a m zu d e m Ergebnis, daß j e d e n f a l l s bereits die F e s t s t e l l u n g des F l u c h t l i n i e n p l a n e s e i n e n T e i l der Anlage darstelle228a. D i e L i t e r a t u r l e h n t e sich i m w e s e n t l i c h e n an die J u d i k a t u r an u n d v e r w a n d t e daher ebenfalls diesen A n l a g e b e g r i f f — f ü r W e r t m i n d e r u n g e n w i e f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n 2 2 9 . D i e A u s f ü h r u n g e n v o n E g e r a.a.O. aber lassen e r k e n n e n , daß sein Interesse besonders d e n W e r t s t e i g e r u n gen u n d i h r e m m ö g l i c h e n Ausschluß b e i der E n t s c h ä d i g u n g u n d w e n i ger den W e r t m i n d e r u n g e n g a l t , w i e b e i i h m ü b e r h a u p t — w e i t m e h r als a n d e r e n A u t o r e n — die u n v e r d i e n t e n W e r t g e w i n n e i m V o r d e r g r u n d der D a r l e g u n g e n s t a n d e n 2 3 0 . 4.2.5. Anlagebegriff
bei allmählicher
Ausführung
des Planes
N e b e n der eben e r ö r t e r t e n a l l g e m e i n e n P r o b l e m a t i k d e r E i n h e i t l i c h k e i t v o n P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g k a m d e m A n l a g e b e g r i f f bezügl i c h der W e r t s t e i g e r u n g e n auch noch i n e i n e m a n d e r e n Z u s a m m e n h a n g wesentliche B e d e u t u n g zu: Was k o n n t e b e i a l l m ä h l i c h e r A u s f ü h r u n g 224
Eger A 83 I 3. S. 363, Koffka § 10 Ν 27 S. 162. RGZ 55//73 a. E. 228 RG JW 1893/211 Nr. 68, 1900/30 Nr. 56, PrVBl. 24//588, vgl. auch RG EE IX/9, EE XIV/158. 227 PrVBl. 24//588. 228 A 83 I 2. S. 344, I 3. S. 356. 228a s. zu dieser Frage i m Rahmen des Zeitpunktes 5.3.2. 229 Eger A 83 I 3. S. 359, Hopf § 8, 4 S. 39, Koffka § 8 Ν 30 S. 81, § 10 Ν 26 S. 162, Seydel § 8 S. 75, Meyer § 10, 5 S. 101, Strauß und Torney § 14 a, 7 S. 175. 230 Vgl. I 2. A 81 S. 338 f., A 83 S. 342 ff., I 3. A 81 S. 350 f., A 83 S. 354 ff. 225
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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eines F l u c h t l i n i e n - oder B e b a u u n g s p l a n e s als e i n h e i t l i c h e A n l a g e angesehen w e r d e n ? Das R G h a t t e i n e i n e m ä l t e r e n U r t e i l 2 8 1 d e n gesamten B e r l i n e r B e b a u u n g s p l a n v o n 1862 als eine A n l a g e angesehen. Doch b l i e b diese E n t s c h e i d u n g eine A u s n a h m e . Das R G s t e l l t e v i e l m e h r j e w e i l s a u f den E i n z e l f a l l a b 2 3 2 , was auch dazu f ü h r t e , daß derselbe S a c h v e r h a l t i n v e r schiedenen U r t e i l e n m i t gegensätzlichem E r g e b n i s ausgelegt w u r d e 2 3 8 . E i g e n t l i c h h ä t t e sich — a n a l o g der E n t e i g n u n g s a n o r d n u n g oder d e m Planfeststellungsbeschluß f ü r das P r E G — der B e b a u u n g s - oder F l u c h t l i n i e n p l a n z u r B e s t i m m u n g des U m f a n g e s der A n l a g e angeboten. D e n n m i t der F e r t i g s t e l l u n g der P l a n u n g s t a n d e n die G r u n d s t ü c k e fest, die b e i e i n e r späteren E n t e i g n u n g herangezogen w e r d e n k o n n t e n ; der P l a n b i l d e t e auch die G r u n d l a g e f ü r die E n t e i g n u n g 2 8 4 . D o c h das R G l e h n t e e i n generelles A b s t e l l e n a u f d e n B e b a u u n g s p l a n b e i S t r a ß e n a n l a g e n i n seinem g r u n d l e g e n d e m U r t e i l v o m 27. 2. 1906 als z u w e i t gehend a b 2 3 5 . W i e oben dargelegt, ist der A n l a g e b e g r i f f v o m R G selbst als r e i n e r Z w e c k b e g r i f f v e r s t a n d e n w o r d e n , als es u m die E i n h e i t l i c h k e i t v o n P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g ging. D i e Tatsache, daß das G e r i c h t i n seinem U r t e i l v o m 27. 2. 1906 n i c h t ebenso b e i der h i e r i n t e r e s s i e r e n d e n F r a g e nach d e m U m f a n g der A n l a g e i m e i n z e l n e n v o r g i n g , l i e g t a n seinem falschen, w e i l i m ü b r i g e n n i c h t v e r t r e t e n e n A u s g a n g s p u n k t . Es n a h m i n A b w e i c h u n g v o n seiner eigenen Rechtsprechung u n d i n s o w e i t b l i e b diese E n t s c h e i d u n g auch e i n E i n z e l f a l l 2 3 6 — an, daß m i t Festsetzung der F l u c h t l i n i e n die G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t gleichsam e i n g e f r o r e n s e i 2 3 7 u n d s o m i t auch n i c h t d u r c h die A n l e g u n g einer Nachbarstraße e r h ö h t w e r d e n k ö n n e . D a m i t e n t f i e l die G e f a h r e i n e r a n l a g e b e d i n g t e n B o d e n s p e k u l a t i o n 2 3 8 . Daß sich b e i dieser — w i e gesagt, v o n der h. Rspr. a b w e i c h e n d e n — A u f f a s s u n g der A n l a g e b e g r i f f als r e l a t i v u n p r o b l e m a tisch d a r s t e l l t e u n d es d e m R G e r m ö g l i c h t e , gleichsam u n p o l i t i s c h a u f die tatsächliche A u s f ü h r u n g abzustellen, v e r w u n d e r t d a h e r n i c h t , w a r aber doch bedeutsam. D e n n das R G h i e l t i n der Folgezeit an der E i n -
231
Rep. V 238/83, zitiert nach RGZ 17//164. RGZ 63/1 ff., Recht 1911 Sp. 236, ebenso Koffka § 10 Ν 27 S. 162. 233 Vgl. U r t e i l vom 30.3.1887, RG Bolze 4 Nr. 976: eine Anlage; U r t e i l vom 19. 10. 1869, RG Bolze 9 Nr. 568: mehrere Anlagen. 234 s. dazu RGZ 64//264 u. oben 4.2.2.2. 235 RGZ 63//4. 236 s. dazu unten sub 5.3.3.1., 5.3.3.2. u. 5.3.3.4. 237 RGZ 63//5. 238 RG a.a.O. S. 6; wegen des teilweisen Ausschlusses von Zwischenwertsteigerungen s. 5.3.3.2. 232
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
z e l f a l l - B e u r t e i l u n g f e s t 2 3 9 , o h n e aber auch die G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t gleichzeitig einzufrieren. A l s einheitliche Anlage w u r d e n i m jeweiligen F a l l die S t r a ß e n angesehen, d e r e n H e r s t e l l u n g i m i n n e r e n Z u s a m m e n h a n g e r f o l g t e 2 4 0 . D a b e i d i e n t e als K r i t e r i u m f ü r diese i n n e r e V e r b i n d u n g b e i der A u s f ü h r u n g der z e i t l i c h e 2 4 1 oder der k a u s a l e 2 4 2 Z u s a m m e n hang. I m ü b r i g e n aber f e h l t e n a l l g e m e i n e M e r k m a l e . O b sich dieser M a n g e l i n einer besonders g r o ß z ü g i g e n B e r ü c k s i c h t i g u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n a u s w i r k t e , k a n n w e g e n der r e l a t i v w e n i g e n U r t e i l e nicht eindeutig beantwortet werden. 4.3. Straßenanlage nach altem Recht W i e schon u n t e r 4.2.3. e i n g e h e n d d a r g e l e g t w u r d e , s t e l l t e n die B e b a u u n g s p l ä n e nach d e m Recht v o r d e m F L G m i t einer späteren E n t e i g n u n g k e i n e e i n h e i t l i c h e A n l a g e dar. Es k a n n daher a u f die obigen Ausführungen verwiesen werden. 5. Der Zeitpunkt, v o n dem ab Wertsteigerungen als anlagebedingt ausgeschlossen w u r d e n (Zeitpunkt für § 10 Abs. 2 P r E G ) D e r Z e i t p u n k t , v o n d e m ab W e r t e r h ö h u n g e n als d u r c h die A n l a g e b e d i n g t ausgeschlossen w u r d e n , w a r w e s e n t l i c h f ü r d i e E f f e k t i v i t ä t des § 10 A b s . 2 P r E G . D e n n es k o n n t e n , w i e u n t e r 2.2. a u s g e f ü h r t w u r d e , W e r t s t e i g e r u n g e n schon sehr b a l d i m L a u f e einer A n l a g e entstehen. D a f ü r die W e r t b e m e s s u n g i m R a h m e n des § 8 A b s . 1 P r E G e i n r e l a t i v später Z e i t p u n k t i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n g a l t , n ä m l i c h der Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses 2 4 3 , k o n n t e dieser Z e i t p u n k t n i c h t auch f ü r § 10 A b s . 2 P r E G m a ß g e b l i c h s e i n 2 4 4 . A n d e r n f a l l s w ä r e n die W e r t s t e i g e r u n g e n , die sich i n E r w a r t u n g der A n l a g e schon v o r der E n t e i g n u n g niedergeschlagen h a t t e n , entschädigt w o r d e n . D a die § 10 Abs. 2 u n t e r f a l l e n d e n W e r t s t e i g e r u n g e n d u r c h i h r e V e r k n ü p f u n g m i t einer A n l a g e , e i n e m E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n , c h a r a k t e r i siert s i n d 2 4 5 , b e s t i m m t e der U m f a n g des A n l a g e b e g r i f f s d e n Z e i t p u n k t , v o n d e m an sie auszuschließen w a r e n .
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RG Recht 1911 Sp. 236, vgl. auch RG JW 1908/23 Nr. 31, RGZ 70/304, Recht 1915 Sp. 540. 240 RGZ 63//4 f. 241 RGZ 43//5, ebenso Eger A 83 I 3. S. 361, Strauß und Torney § 14 a, 7 S. 176 - 177. 242 RGZ 70//305. 243 s. Kap. I I § 2, 3.2. 244 Vgl. Eger A 83 I 2. S. 344, I 3. S. 356. 245 s. 3.3.1.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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5.1. Das RG zu Enteignungen nach dem PrEG O b e n u n t e r 4.1. ist der A n l a g e b e g r i f f f ü r E n t e i g n u n g e n nach d e m P r E G m i t d e m E r g e b n i s u n t e r s u c h t w o r d e n , daß s o w o h l d i e E n t e i g n u n g s a n o r d n u n g w i e der Planfeststellungsbeschluß als f ü r d e n U m f a n g der A n l a g e i m E i n z e l f a l l m a ß g e b l i c h angesehen w e r d e n k o n n t e n . D e m entsprechend k o n n t e auch f ü r d e n B e g i n n des W e r t s t e i g e r u n g s a u s schlusses k e i n e i n h e i t l i c h e r Z e i t p u n k t g e l t e n . I n z w e i U r t e i l e n Schloß das R G z u E n t e i g n u n g s f ä l l e n nach d e m P r E G solche W e r t s t e i g e r u n g e n aus, die i n f o l g e des U n t e r n e h m e n s nach B e w i l l i g u n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s (§ 2 P r E G ) e n t s t a n d e n w a r e n 2 4 6 , gleichg ü l t i g , ob die V o r t e i l e erst m i t der A u s f ü h r u n g gewisser A r b e i t e n oder schon i n f o l g e der b l o ß e n E r w a r t u n g der A u s f ü h r u n g e i n t r a t e n 2 4 7 . D a b e i g i n g das Reichsgericht i n j e n e n b e i d e n F ä l l e n d a v o n aus, daß A n l a g e i. S. des § 10 A b s . 2 P r E G das d u r c h die B e w i l l i g u n g des E n t e i g n u n g s rechts n ä h e r gekennzeichnete U n t e r n e h m e n s e i 2 4 8 u n d m i t B e w i l l i g u n g die neue A n l a g e i n sicherer A u s s i c h t s t e h e 2 4 9 . Es ergab sich d a r u m f ü r § 10 A b s . 2 P r E G , w i e es das G e r i c h t selbst a u s d r ü c k t e 2 5 0 , eine Z u r ü c k v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s v o m Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses a u f d i e Z e i t v o r V e r ö f f e n t l i c h u n g des U n t e r n e h m e n s , sprich v o r B e w i l l i g u n g des E n t e i g n u n g s rechts. D a m i t w a r e n Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n w i e sonstige, sich i n der E r h ö h u n g des V e r k a u f s w e r t e s niederschlagende W e r t s t e i g e r u n g e n ausgeschlossen 2 5 1 . D i e B e w e r t u n g n i c h t - u n t e r n e h m e n s a b h ä n g i g e r F a k t o r e n m u ß t e aber w e i t e r h i n i m Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses v o r g e n o m m e n w e r d e n , so ζ. B . w e i t g e h e n d der b a u l i c h e Z u s t a n d der G r u n d s t ü c k s a u f b a u t e n 2 5 2 . A u s d r ü c k l i c h g i n g das R G auf diese F r a g e n i c h t ein. Doch e r g i b t sich diese F o l g e r u n g aus W o r t l a u t i m S i n n des § 10 A b s . 2 P r E G . Es d ü r f t e n d a h e r v o r a l l e m n i c h t - u n t e r n e h m e n s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n zwischen der U n t e r n e h m e n s b e w i l l i g u n g u n d d e m Entschädigungsfeststellungsbeschluß ( Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n ) 2 5 3 z u entschädigen gewesen sein. W a h r s c h e i n l i c h w u r d e n diese G e w i n n e i n der Rechtsprechung n i e p r o b l e m a t i s c h , da der Z e i t r a u m zwischen den eben g e n a n n t e n Z e i t p u n k t e n l e t z t l i c h n i c h t ins G e w i c h t 246
JW 1892/494, 495, JW 1902/549. JW 1892//495. 248 JW 1892//495. 249 JW 1902/549. 230 JW 1902/549 und Recht 1903 Sp. 143. 251 s. RG JW 1902/549: „ . . . nicht bloß tatsächliche i. d. Regel erst nach Ausführung der Anlage eintretende Werterhöhungen außer Anschlag zu bleiben, sondern jedenfalls auch jede Erhöhung des Preisniveaus . . . " 252 s. Kap. I I , § 2, 4. a. E. 253 Z u diesem Begriff näher sub 5.3.3. 247
4 Bauer
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
v i e l 2 5 4 . Z u r B e g r ü n d u n g d e r V o r v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s v e r w i e s das R G auf d e n Z w e c k des § 10 A b s . 2 P r E G , d e n U n t e r n e h m e r gegen s p e k u l a t i v e P r e i s s t e i g e r u n g e n z u schützen, d i e d u r c h B e k a n n t w e r d e n eines v o r t e i l h a f t e n U n t e r n e h m e n s e n t s t ü n d e n 2 5 5 . W i e w e i t n u n das Reichsgericht z u r ü c k z u g e h e n b e r e i t w a r , l ä ß t sich zunächst n i c h t e i n d e u t i g sagen. I m U r t e i l v o m 2 5 . 1 0 . 1 8 9 2 2 5 6 b l i e b d a h i n g e s t e l l t , ob d u r c h § 10 A b s . 2 P r E G auch schon solche W e r t s t e i g e r u n g e n als ausgeschlossen z u g e l t e n h ä t t e n , d i e d u r c h das B e k a n n t w e r d e n d e r P l a n u n g des U n t e r n e h m e n s e i n g e t r e t e n seien. A u c h die F o r m e l , die A b s c h ä t z u n g h a b e so z u geschehen, als ob d i e A n l a g e n i c h t i n A u s sicht gestanden h ä t t e 2 5 7 , k a n n n i c h t z w e i f e l s f r e i f ü r d e n W e r t s t e i g e rungsausschluß seit B e k a n n t w e r d e n des g e p l a n t e n U n t e r n e h m e n s h e r angezogen w e r d e n . V i e l m e h r scheint das R G m i t der „ A n s i c h t " n u r die sichere A u s s i c h t seit B e w i l l i g u n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s g e m e i n t z u haben258. E i n d e u t i g a l l e r d i n g s s i n d die Ä u ß e r u n g e n des R G b e i der B e h a n d l u n g — n e g a t i v e r — V o r w i r k u n g e n der E n t e i g n u n g . U n t e r d e m B e g r i f f der V o r w i r k u n g oder V o r a u s w i r k u n g s i n d E n t e i g n u n g s a u s s t r a h l u n g e n z u verstehen, die schon v o r der f o r m e l l e n E n t e i g n u n g e i n e n E i n f l u ß auf das V e r m ö g e n des später E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n z e i t i g t e n 2 5 9 . V o r w i r k u n g e n der E n t e i g n u n g k o n n t e n n i c h t n u r E n t s c h ä d i gungsansprüche z u r F o l g e h a b e n 2 6 0 , s o n d e r n auch b e i d e r B e s t i m m u n g des W e r t e s eines z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k e s v o n B e d e u t u n g sein. L e t z t e r e r Z u s a m m e n h a n g b e t r i f f t die Frage, w i e ζ. B . e i n R ü c k g a n g der M i e t e i n n a h m e n w e g e n der b e v o r s t e h e n d e n E n t e i g n u n g z u b e h a n d e l n w a r . Das R G ließ i n entsprechender A n w e n d u n g des § 10 A b s . 2 P r E G d e r a r t i g e W e r t m i n d e r u n g e n z u g u n s t e n des E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n a u ßer B e t r a c h t 2 6 1 . D a b e i g i n g es m i t der G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g „ a u f eine f r ü h e r e , v o n d e r b e v o r s t e h e n d e n E n t e i g n u n g noch u n b e e i n f l u ß t e Z e i t " 254 wegen der ganz anderen Situation bei Verfahren nach dem Fluchtliniengesetz s. sub 5.3.2. 255 JW 1902/549, Recht 1913 Sp. 142. 256 JW 1892//495. 257 JW 1902/549, Recht 1913 Sp. 114. 258 So ausdrücklich das U r t e i l v o m 3.10.1902 — JW 1902/549. I n dem entschiedenen F a l l w a r nicht klar gewesen, welche Grundstücke für die neue Eisenbahnlinie benötigt würden. 250 Vgl. Meyer / Thiel / Frohberg § 8 I, 3 S. 84 f. Das RG hat diesen Begriff w o h l nur für negative Ausstrahlungen verwendet, während i n der Judikat u r des B G H auch vermögensmehrende Ausstrahlungen, nämlich die enteignungsbedingten Wertsteigerungen, darunter fielen (s. dazu Kap. V § 2, 2.2.2. u n d § 3, 2.2.1.). 2βο 281
V g l >
d a z u
s u b
4.2.2.1.
JW 1888/174 f. Nr. 34, Recht 1918 Sp. 164; Meyer § 8, I, 3 S. 81.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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z u r ü c k , a u s d r ü c k l i c h aber ohne sich diesbezüglich a u f e i n e n b e s t i m m t e n Z e i t p u n k t f e s t z u l e g e n 2 6 2 , da es n u r so die W e r t m i n d e r u n g ganz ausschließen k o n n t e . S i e h t m a n n u n diese k l a r e E n t s c h e i d u n g i m Z u s a m m e n h a n g m i t der B e g r ü n d u n g , die das R G f ü r die Z u r ü c k v e r l e g u n g d e r B e w e r t u n g h i n s i c h t l i c h d e r W e r t s t e i g e r u n g e n g a b 2 6 3 , so k a n n d a v o n ausgegangen w e r d e n , daß das G e r i c h t a l l e d u r c h B e k a n n t w e r d e n eines U n t e r n e h m e n s , auch der P l a n u n g , e n t s t a n d e n e n G e w i n n e auszuschließen b e r e i t w a r 2 6 4 . Diese Aussage bezieht sich d a n n ebenfalls a u f die F ä l l e , i n d e n e n erst d e r Planfeststellungsbeschluß d e n U m f a n g des U n ternehmens bestimmte. 5.2. Die Literatur zu Enteignungen nach dem PrEG I n Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e m R G Schloß auch die L i t e r a t u r b e i E n t e i g n u n g s f ä l l e n nach d e m P r E G W e r t s t e i g e r u n g e n v o r V e r ö f f e n t l i c h u n g des U n t e r n e h m e n s aus. E g e r 2 6 5 s t e l l t e u n t e r H i n w e i s auf die r a t i o legis a u f die P r o j e k t i e r u n g des U n t e r n e h m e n s ab; d e n n z u diesem Z e i t p u n k t b e g i n n e i n der Regel u n d e r f a h r u n g s g e m ä ß die W e r t e r h ö h u n g . Das P r e i s n i v e a u habe sich nach d e r Z e i t z u r i c h t e n , als die neue A n l a g e noch n i c h t i n A u s s i c h t stand, noch n i c h t p r o j e k t i e r t w a r . Ebenso w o l l t e L o e b e l l 2 6 6 § 10 A b s . 2 P r E G auch a u f W e r t s t e i g e r u n g e n , d i e d u r c h das B e k a n n t w e r d e n eines d e n G r u n d s t ü c k e n v o r t e i l h a f t e n U n t e r n e h m e n s e n t s t a n d e n w a r e n , a n w e n d e n . Ä h n l i c h S e y d e l 2 6 7 , nach d e m die B e w e r t u n g so e r f o l g e n sollte, als ob die A n l a g e ü b e r h a u p t n i c h t i n A u s s i c h t gestanden h ä t t e . A m k l a r s t e n d r ü c k t e K o f f k a 2 6 8 d i e W i r k u n g e n des § 10 A b s . 2 P r E G aus: „ . . . ist v o n a l l e n d e n j e n i g e n E i n f l ü s s e n abzusehen, w e l c h e das d i e E n t e i g n u n g b e d i n g e n d e U n t e r n e h m e n selbst a u f d e n W e r t des G r u n d s t ü c k s auszuüben v e r m a g u n d der W e r t u n t e r Z u h i l f e n a h m e d e r F i k t i o n festzustellen, daß dieses U n t e r n e h m e n n i c h t existiert und nicht geplant ist269."
262
JW 1888//175. s. soeben. 204 Vgl. auch RG PrVBl. 24//588, wo ausgeführt wird, daß unter der neuen Anlage der Inbegriff dessen verstanden werde, was zu ihrer V e r w i r k l i c h u n g diene, worunter dann also nicht nur die eigentliche Ausführung, sondern auch der Entwurf gehöre; s. zu dieser Entscheidung auch 4.2.4. 285 A 83 I 2. S. 344, I 3. S. 355. 288 S. 69 A n m . 6. 287 § 10, 2, allerdings unter Hinweis auf RG JW 1902/549 und somit w o h l doch nicht ganz eindeutig. 288 § 10, Ν 25 S. 160. 289 Ebenso Selbach P r V B l . 25//264. Ähnlich i n späterer Zeit Neufang § 10, 63, Meyer / Thiel / Frohberg, § 10, 5 S. 98 und zu § 140 Preuß. Berggesetz Isay § 140 I. 283
4'
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes 5.3. Vor allem die Rechtsprechung zu Enteignungen nach dem F L G
W e s e n t l i c h u m f a n g r e i c h e r als die Rechtsprechung des R G z u m P r E G w a r die Rechstprechung z u m F L G . Doch h a t t e sich das Gericht, s o w e i t ersichtlich, fast ü b e r w i e g e n d m i t d e m Ausschluß v o n W e r t m i n d e r u n gen befaßt. D a das F L G außer den §§ 13 ff. k e i n e m a t e r i e l l e n Entschäd i g u n g s v o r s c h r i f t e n e n t h i e l t u n d s o m i t auch eine d e m § 10 A b s . 2 P r E G entsprechende V o r s c h r i f t n i c h t k a n n t e , zog das G e r i c h t den § 10 A b s . 2 P r E G auch b e i d e n E n t s c h ä d i g u n g e n nach d e m F L G h e r a n , u n d z w a r einerseits u n t e r H i n w e i s a u f die M o t i v e m i t der B e g r ü n d u n g , daß, sow e i t das F L G n i c h t entgegenstehe, gerade w e g e n der L ü c k e n des G e setzes das P r E G h e r a n z u z i e h e n s e i 2 7 0 . Z u m a n d e r e n w u r d e § 10 A b s . 2 P r E G als A u s d r u c k eines P r i n z i p s angesehen, welches auch b e i der E n t schädigung i m F l u c h t l i n i e n v e r f a h r e n a n z u w e n d e n s e i 2 7 1 . W i e schon u n t e r 4.2. d a r g e s t e l l t , sah das R G d e n F l u c h t l i n i e n - b z w . B e b a u u n g s p l a n u n d die spätere E n t e i g n u n g i n A u s f ü h r u n g der P l ä n e als e i n h e i t l i c h e A n l a g e an, was V o r a u s s e t z u n g f ü r die A n w e n d u n g des § 10 A b s . 2 P r E G war. 5.3.1.
Wertminderungen
Seine Rechtsprechung z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t i m R a h m e n § 10 A b s . 2 P r E G e n t w i c k e l t e das R G a n d e n W e r t m i n d e r u n g e n .
des
5.3.1.1. Das B a u v e r b o t gem. § 11 F L G Vorauszuschicken ist noch, daß das R G d e n i n § 10 A b s . 2 P r E G z u m A u s d r u c k k o m m e n d e n G e d a n k e n auch auf W e r t m i n d e r u n g e n a n w a n d t e u n d daß es sich d a b e i i n v ö l l i g e r Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t der L e h r e b e f a n d 2 7 2 . D i e gemäß d e m F L G e r f o l g t e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g b e w i r k t e v o m Z e i t p u n k t der V e r ö f f e n t l i c h u n g des F l u c h t l i n i e n - b z w . B e b a u u n g s planes an e i n B a u v e r b o t f ü r B a u t e n ü b e r die F l u c h t l i n i e h i n a u s ( § 1 1 F L G ) . B e i einer späteren E n t e i g n u n g z u r D u r c h f ü h r u n g g e p l a n t e r S t r a ß e n e n t s t a n d die Frage, w i e der W e r t des a b z u t r e t e n d e n Streifens, der d e m B a u v e r b o t u n t e r l a g , zu bemessen w a r . 5.3.1.1.1. E i n Z e i t p u n k t v o r Festsetzung der F l u c h t l i n i e B e i der E n t s c h ä d i g u n g w u r d e a u f j e d e n F a l l , was v ö l l i g u n b e s t r i t t e n w a r , die N u t z u n g s f ä h i g k e i t b e r ü c k s i c h t i g t , die das G r u n d s t ü c k v o r Fest270
RGZ 2//283, 8//239, 31//276, 53//135. RGZ 8//240, 28/7274, 53//135; vgl. auch Koffka § 10 Ν 25 S. 160. 272 Vgl. RGZ 8//240, 28Z/274, Eger I 2. A 81 S. 340 und A 83 S. 349 ff., A 81 I 3. S. 352, Koffka § 10 Ν 25 S. 160, Hopf § 8, 4 S. 39, Seydel § 10, 2, Bahr I Langerhans S. 43. 271
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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setzung der F l u c h t l i n i e g e h a b t h a t t e 2 7 3 . D e n n das F L G h a t t e keineswegs beabsichtigt, tatsächlich v o r h a n d e n e G r u n d s t ü c k s w e r t e z u n e g i e r e n ; d u r c h die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g b e w i r k t e W e r t m i n d e r u n g e n b l i e b e n unbeachtlich. E i n e genaue F e s t l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k tes w a r aber w o h l n i e e r f o r d e r l i c h g e w e s e n 2 7 4 , so daß es d i e Rechtsprechung b e i a l l g e m e i n e n F o r m u l i e r u n g e n w i e „ s e i t h e r i g e r W e r t " 2 7 5 , „ W e r t abgesehen v o n der n e u e n A n l a g e " 2 7 6 b e w e n d e n lassen k o n n t e . G e m e i n t w a r d a m i t aber a l l e m A n s c h e i n nach der Q u a l i t ä t s w e r t , der z u r Z e i t des E i n t r i t t s der B a u b e s c h r ä n k u n g , also m i t B e g i n n der z w e i ten, i n § 8 F L G vorgeschriebenen O f f e n l e g u n g 2 7 7 bestanden h a t t e 2 7 7 a . 5.3.1.1.2. M ö g l i c h k e i t e n einer w e i t e r e n V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g 5.3.1.1.2.1. K e i n e ausdrückliche S t e l l u n g n a h m e der Rechtsprechung F ü r eine w e i t e r e V o r v e r l e g u n g des f ü r § 10 A b s . 2 P r E G m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s w a r i n der Rechtsprechung ebenfalls k e i n A n l a ß gewesen. Das R G h a t sich also insbesondere n i c h t m i t der F r a g e auseinanderzusetzen brauchen, w i e zu entschädigen w a r , w e n n schon das B e k a n n t w e r d e n einer g e p l a n t e n F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g f ü r b e s t i m m t e S t r a ß e n eine W e r t m i n d e r u n g h e r v o r g e r u f e n h ä t t e 2 7 8 . Es k ö n n t e n a l l e r dings die A u s f ü h r u n g e n des R G i n seinem U r t e i l v o m 11. 5. 1906 2 7 9 d e n Schluß nahelegen, das G e r i c h t sei d a v o n ausgegangen, daß W e r t m i n d e r u n g e n i n f o l g e einer b e v o r s t e h e n d e n A n l a g e gar n i c h t d e n k b a r seien. „ D i e K e n n t n i s d a v o n " , so ist a.a.O. z u lesen, „ d a ß e i n G r u n d s t ü c k . . . z u ö f f e n t l i c h e n Z w e c k e n e n t e i g n e t w e r d e n w i r d , k a n n deshalb d e n W e r t des G r u n d s t ü c k s n i e m a l s m i n d e r n , s o n d e r n eher erhöhen, sofern nämlich erfahrungsgemäß i m Enteignungsverfahren die Entschädigung reichlich bemessen w i r d " . Diese A u s f ü h r u n g e n k ö n n e n n i c h t w ö r t l i c h v e r s t a n d e n w e r d e n . Das R G sah sich o f f e n b a r außerstande, i m v o r l i e g e n d e n F a l l § 10 A b s . 2 P r E G h e r a n z u z i e h e n u n d W e r t m i n d e r u n g e n i n f o l g e der n e u e n A n l a g e auszuschließen, da es sich u m e i n e n B e b a u u n g s p l a n aus der Z e i t v o r d e m F L G h a n d e l t e ; d i e G r u n d l a g e f ü r d e n Entschädigungsanspruch w a r § 75 E i n l . A L R . U m dennoch z u demselben 273 RGZ 8//240, GruchBeitr. 37//127 u. 1130, RGZ 28//274, 37//307, 48//339, 53//135, DR 1942//810, Koffka § 8 Ν 30 S. 80. 274 Z u m großen Teil lag das an der unten sub 5.3.3. darzustellenden Rechtsprechung zu den Zwischenwertsteigerungen. 275 RGZ 8//240. 276 RGZ 28//274; vgl. auch RGZ 53//135. 277 Vgl. RG GruchBeitr. 37//129, RGZ 55//73. 277 * So w o h l auch Eger A 83 I 2. S. 351 u., I 3. S. 365 f. Ebenso Koffka § 10 Ν 26 S. 162, der untechnisch vom Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung des Projektes spricht. 278 Allgemeine Wertsteigerungen vor der Fluchtlinienfestsetzung wurden entschädigt: P r V B l . 31/262. 279 RGZ 63//300.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
E r g e b n i s k o m m e n z u k ö n n e n , b e d i e n t e es sich d e r z i t i e r t e n A r g u m e n tation. 5.3.1.1.2.2. V o r v e r l e g u n g v o r 2. O f f e n l e g u n g nach d e r 1. O f f e n l e g u n g W e n n auch f ü r das R G k e i n A n l a ß b e s t a n d e n hatte, z u e i n e r Z u r ü c k v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s S t e l l u n g z u n e h m e n , so b i e t e t jedoch d i e Rechtsprechung des R G A n h a l t s p u n k t e d a f ü r , daß eine solche Z u r ü c k v e r l e g u n g m ö g l i c h gewesen w ä r e , u n d z w a r a u f die Z e i t zwischen d e r ersten u n d z w e i t e n O f f e n l e g u n g i m F l u c h t l i n i e n f e s t s e t zungsverfahren 280. N a c h herrschender M e i n u n g i n R e c h t s p r e c h u n g 2 8 1 u n d S c h r i f t t u m 2 8 2 k o n n t e n ä m l i c h eine B a u e r l a u b n i s auch schon v o r d e r z w e i t e n O f f e n l e g u n g versagt w e r d e n , w e n n d i e erste O f f e n l e g u n g b e r e i t s e r f o l g t w a r . Es bestünde, so w u r d e a r g u m e n t i e r t , a n d e r n f a l l s die G e f a h r , daß e i n zelne G r u n d e i g e n t ü m e r d u r c h S t e l l u n g v o n Baugesuchen noch v o r d e r z w e i t e n O f f e n l e g u n g eine geordnete B e b a u u n g v e r e i t e l n w ü r d e n 2 8 8 . D i e V e r s a g u n g des Konsenses w u r d e als eine B e s c h r ä n k u n g i m S i n n e des § 1 1 F L G angesehen: d i e V e r s a g u n g erfolge schon a u f g r u n d der Festsetzung der n e u e n F l u c h t l i n i e n 2 8 4 . D a m i t h ä t t e das R G d i e E i n h e i t l i c h k e i t d e r A n l a g e schon m i t der A b l e h n u n g des Baugesuches b e g i n n e n lassen u n d f o l g l i c h d e n Z e i t p u n k t der Q u a l i t ä t s b e m e s s u n g v o r d e r z w e i t e n V e r ö f f e n t l i c h u n g des F l u c h t l i n i e n p l a n e s ansetzen k ö n n e n . E i n e w e i t e r e Z u r ü c k v e r l e g u n g w ä r e aber w o h l n i c h t m ö g l i c h g e w e sen, w i e sich aus d e m U r t e i l v o m 8. 6. 1891 2 8 5 e r g i b t : H i e r w u r d e i m G e gensatz z u r o b i g e n F a l l g e s t a l t u n g 2 8 6 der B a u k o n s e n s noch v o r der ersten O f f e n l e g u n g des B e b a u u n g s p l a n e s — das F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g s v e r f a h r e n w a r schon e i n g e l e i t e t — nachgesucht u n d versagt. Das R G e n t schied, daß m i t d e r V e r s a g u n g d e r B a u g e n e h m i g u n g d e m G r u n d s t ü c k k e i n e ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e S e r v i t u t d e r U n b e b a u b a r k e i t i m S i n n e des § 11 F L G a u f e r l e g t w ü r d e , es h a n d e l e sich v i e l m e h r u m d i e V e r e i t e l u n g eines speziellen B a u p r o j e k t e s a u f g r u n d v o r s o r g l i c h e r A n o r d n u n g der P o l i z e i b e h ö r d e 2 8 7 , w o f ü r gem. § 75 E i n l . A L R der E i g e n t ü m e r z u e n t schädigen sei. D a das R G f ü r die V e r s a g u n g h i e r eine E n t s c h ä d i g u n g zusprach, so h ä t t e es die E i n h e i t l i c h k e i t der A n l a g e n i c h t m e h r b e 280
s. §§ 7 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 1 S. 3 FLG. Pr. OVGE 8/7323 ff., 326, E 14//386, E 24//383, RGZ 21//215, vgl. auch RGZ 28//276 u n d R G JW 1894/561 Nr. 49. 282 Saran § 11, 17 S. 165, Strauß und Torney § 11, 4 a S. 113, Dieckmann § 11 S. 52. 283 Pr. OVGE 8//325, RGZ 21//214. 284 RGZ 21//215. 285 RGZ 28/275 ff. 286 Z u A n m . 284. 287 RGZ 28//278. 281
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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j a h t 2 8 8 , d e n n des § 10 A b s . 2 P r E G b e d u r f t e es n i c h t m e h r , w e i l der Entschädigungsanspruch als v ö l l i g s e l b s t ä n d i g e r A n s p r u c h sofort g e l t e n d gemacht w e r d e n k o n n t e . Das G r u n d s t ü c k h a t t e d a n n i n e i n e m späteren E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n d e n W e r t , d e n es d u r c h d i e V e r s a g u n g der B a u g e n e h m i g u n g e r l a n g t e . Zusammenfassend l ä ß t sich feststellen, daß i m g r o ß e n u n d ganzen d e r B e r e i c h des § 10 A b s . 2 P r E G b e i F l u c h t l i n i e n v e r f a h r e n m i t d e m b e i V e r f a h r e n nach d e m P r E G 2 8 9 ü b e r e i n s t i m m t . W e n n eine genaue F i x i e r u n g des Z e i t p u n k t e s f ü r d e n W e r t m i n d e r u n g s a u s s c h l u ß — u n d d a n n auch f ü r d e n Wertsteigerungsausschluß — n i c h t erfolgte, so l i e g t das an d e r s o g l e i c h 2 9 0 d a r z u s t e l l e n d e n besonderen A r t der Entschädigungsberechnung, die das R G b e i E n t e i g n u n g e n nach d e m F L G a n w a n d t e . 5.3.1.2. Ortsstatutarisches B a u v e r b o t gem. § 12 F L G Ebenso w i e die d u r c h F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g e n t s t a n d e n e n Beschränk u n g e n b e i der Entschädigungsbemessung i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g u n b e r ü c k s i c h t i g t b l i e b e n , w u r d e n auch die B e s c h r ä n k u n g e n a u f g r u n d Ortsstatus gem. § 12 F L G außer B e t r a c h t gelassen 2 9 1 . A l l e r d i n g s k o n n t e n w e r t m i n d e r n d e n E i n f l u ß , w i e oben z u r A n l a g e 2 9 2 ausgeführt, sowieso n u r B a u v e r b ö t e an n i c h t p r o j e k t i e r t e n i n d e r E n t s t e h u n g b e g r i f f e n e n S t r a ß e n h a b e n 2 9 3 . D u r c h d i e N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g dieser B a u v e r b o t e b e i der Entschädigungsbemessung ergab sich eine gewisse V o r v e r l e g u n g des m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s v o r die v e r b i n d l i c h e F l u c h t l i n i e n festsetzung. 5.3.2.
Wertsteigerungen
D i e W e r t s t e i g e r u n g e n i n f o l g e der A n l a g e e r l a n g t e n i n der reichsg e r i c h t l i c h e n Rechtsprechung w e i t g e r i n g e r e B e d e u t u n g . D i e w e n i g e n U r t e i l e , die sich m i t d e m W e r t z u w a c h s befaßten, s t e l l e n a l l e r d i n g s die logische E r g ä n z u n g z u r B e h a n d l u n g der W e r t m i n d e r u n g e n d a r : D i e neue A n l a g e w a r auch als p r e i s e r h ö h e n d e r U m s t a n d außer acht zu lass e n 2 9 4 . Doch f a n d e n sich n u r i m U r t e i l v o m 9. 12. 1902 2 9 5 k o n k r e t e A u s 288
So die Rechtsprechung zum älteren Recht sub 5.4.1. sub 5.1. 280 sub 5.3.3. 291 RG J W 1886//364, JW 1901//268, J W 1903/56, RGZ 53//407, Koffka § 8 Ν 32 S. 83 f., Hopf § 8, 4 S. 39, Meyer § 8, 2 S. 80, Strauß und Torney § 14 a, 7 S. 175. 292 sub 4.2.2.2.1. 293 RG J W 1902 S. 267. 294 RG JW 1892/211 Nr. 68, JW 1900/30 Nr. 56, RG P r V B l . 24//588; vgl. auch RGZ 28//274, wo es i n der Hauptsache u m Wertminderungen ging. 295 PrVBl. 247/588. 289
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
f ü h r u n g e n z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t . Es s o l l t e n „ j e d e n f a l l s " (auf e i n e n f r ü h e r e n Z e i t p u n k t w o l l t e — u n d b r a u c h t e — sich das R G n i c h t festzulegen) d i e j e n i g e n V o r t e i l e u n b e r ü c k s i c h t i g t bleiben, die nach der f ö r m l i c h e n F e s t s t e l l u n g u n d O f f e n l e g u n g des F l u c h t l i n i e n p l a n e s (§ 8 F L G ) e n t s t a n d e n w a r e n . M a ß g e b l i c h w a r also der Z e i t p u n k t der v e r b i n d l i c h e n F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g , besser der A u g e n b l i c k u n m i t t e l b a r d a v o r 2 9 6 . Diesen Z e i t p u n k t h a t t e n w o h l auch die a n d e r e n U r t e i l e i m A u g e . I m ü b r i g e n m u ß aber d a v o n ausgegangen w e r d e n , daß die Rechtsprechung bezüglich der W e r t s t e i g e r u n g e n ebensoweit z u r ü c k z u g e h e n b e r e i t w a r , w i e sie es b e i d e n W e r t m i n d e r u n g e n t a t , da sie § 10 A b s . 2 P r E G a u s d r ü c k l i c h als M i t t e l gegen S p e k u l a t i o n e n a k z e p t i e r t e 2 9 7 7 2 9 8 . A l l e r d i n g s ist noch auf folgendes h i n z u w e i s e n : z w a r b e g a n n jede Straßenanlage m i t d e m F l u c h t l i n i e n - b z w . B e b a u u n g s p l a n , f o l g l i c h w u r d e n spätestens v o n diesem Z e i t p u n k t a n entstandene a n l a g e b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t m e h r entschädigt. Doch h a t das R G b e i a l l m ä h licher A u s f ü h r u n g des Planes n i c h t stets n u r eine A n l a g e a n g e n o m m e n , sondern auf den E i n z e l f a l l abgestellt u n d e v t l . verschiedene A n l a g e n i n n e r h a l b eines Planes a n e r k a n n t 2 9 9 . I n solchen F ä l l e n w a r j e w e i l s zu u n t e r s c h e i d e n zwischen d e n n i c h t z u entschädigenden W e r t e r h ö h u n g e n des i n F r a g e stehenden U n t e r n e h m e n s u n d d e n W e r t e r h ö h u n g e n e i n e r Nachbaranlage. L e t z t e r e w u r d e n e n t s c h ä d i g t 8 0 0 . 5.3.3.
Zwischenwertsteigerungen
M i t der oben g e t r o f f e n e n F e s t s t e l l u n g , daß auf j e d e n F a l l die v o r B e g i n n des F l u c h t l i n i e n v e r f a h r e n s v o r h a n d e n e n G r u n d s t ü c k s w e r t e z u entschädigen w a r e n u n d a n l a g e b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n w i e W e r t m i n d e r u n g e n u n b e r ü c k s i c h t i g t zu b l e i b e n h a t t e n , ist a l l e r d i n g s das P r o b l e m des Wertsteigerungsausschlusses b e i S t r a ß e n a n l a g e n noch n i c h t v o l l charakterisiert. D a die G e m e i n d e n i m F l u c h t l i n i e n v e r f a h r e n den Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g des e r f o r d e r l i c h e n G r u n d s t ü c k s u n d d a m i t auch d e n Z e i t p u n k t der E n t s c h ä d i g u n g b e s t i m m t e n (§ 13 A b s . 1 F L G ) , k o n n t e n zwischen der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g u n d der E n t e i g n u n g 3 0 1 v i e l e J a h r e liegen, i n denen sich das G r u n d s t ü c k s p r e i s g e f ü g e s t a r k — z u m e i s t nach oben — v e r ä n d e r t e . W ä h r e n d dieser Z e i t k o n n t e auch das d e m z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k benachbarte Gelände, ζ. B . d u r c h eine N a c h b a r e n t e i g n u n g s 296
Vgl. 5.3.1.1.1. 297/298 g 5 1
299
s. 4.2.5. U. a. dazu sogleich. 301 Der Zeitpunkt der Enteignung ist gemäß der st. Rspr. des RG der Zeitpunkt des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses: s. § 2, 3.2.4. 300
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses
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anlage S a c h w e r t s t e i g e r u n g e n e r f a h r e n haben. Es tauchte d a m i t das P r o b l e m auf, w i e diese W e r t s t e i g e r u n g e n , die w e g e n i h r e s Entstehens i n der Z e i t zwischen der e n d g ü l t i g e n P l a n u n g u n d der E n t e i g n u n g Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n g e n a n n t w e r d e n sollen, zu b e h a n d e l n w a r e n . D e r a r t i g e G e w i n n e , die also s o w o h l Sacheigenschaften w i e das P r e i s gefüge betrafen, h a t t e n b e i d e n insgesamt z e i t l i c h v i e l k ü r z e r e n V e r f a h r e n nach d e m P r E G k e i n e R o l l e g e s p i e l t 3 0 2 . G e m e i n t s i n d m i t d e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , d a r a u f sei noch e i n m a l h i n g e w i e s e n , aber n i c h t die d u r c h das spezielle, gerade i n F r a g e stehende U n t e r n e h m e n h e r v o r g e r u f e n e n W e r t s t e i g e r u n g e n , s o n d e r n n u r solche, die d a v o n u n a b h ä n g i g auf G r u n d der a l l g e m e i n e n E n t w i c k l u n g oder V e r h ä l t n i s s e a l l e n G r u n d s t ü c k e n der j e w e i l i g e n G e g e n d z u k a m e n (allg. W e r t e r h ö h u n g e n i. S. d e r R e c h t s p r e c h u n g ) 3 0 2 * . 5.3.3.1. D i e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n bis z u r V o l l e n t e i g n u n g nach d e r herrschenden M e i n u n g Das R G h a t bis a u f eine k u r z e Phase, i n der es anders e n t s c h i e d 3 0 8 , i n s t ä n d i g e r Rechtsprechung u n d u n t e r Z u s t i m m u n g auch der L i t e r a t u r die W e r t b e m e s s u n g i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g v o r g e n o m m e n , also W e r t s t e i g e r u n g e n seit der F l u c h t i i n i e n f e s t s e t z u n g zugelassen 3 0 4 . Es h a t sich d a b e i z u m T e i l der F o r m e l b e d i e n t , d e r j e n i g e W e r t sei maßgebend, d e n das G r u n d s t ü c k z u r Z e i t der E n t e i g n u n g gehabt h ä t t e , w e n n die neue A n l a g e (somit auch d i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g ) n i c h t e r f o l g t wäre304a. Diese Rechtsprechung h a t t e z u r Folge, daß G r u n d s t ü c k e , die v o r der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g B a u l a n d q u a l i t ä t aufwiesen, i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g w i e g e g e n w ä r t i g e s B a u l a n d g e w e r t e t w u r d e n ; die v o n der E n t e i g n u n g b e t r o f f e n e n E i g e n t ü m e r k a m e n also d a d u r c h i n den Genuß der oft n i c h t u n e r h e b l i c h e n 3 0 4 0 W e r t s t e i g e r u n g e n nach der F l u c h t -
302
Vgl. o. sub 5.1. s. 3.3.2. 303 Dazu sub 5.3.3.2. 304 V. Senat: GruchBeitr. 37//128, 37//1130, 38//1097, JW 94/561 Nr. 51; I I . Senat: JW 1900/30; V I I . Senat: RGZ 53//135 ff., 55//73, 63//3, 63//300, PrVBl. 29/71, J W 1908//286, PrVBl. 29/1015, 31/262, RGZ 74//19 f., 101//149, 128//32. Weitere Nachweise bei Koffka § 8 Ν 31 S. 82 u. Meyer § 8, 2 S. 80; a. M. Eger I 3. S. 220, aber zustimmend S. 366 u. Handausgb. S. 71. Zustimmend Strauß und Torney § 14 a, 7 S. 175. 304a RGZ 53//136, 63//300; vgl. auch GruchBeitr. 37//129. Ebenso Koffka Ν 31 S. 82; Hopf § 8, 4 S. 39; vgl. auch Meyer § 8, 2 S. 80. Ablehnend Selbach PrVBl. 25//264, zweifelnd Meyn P r V B l . 27//616. 304b Vgl. RG J W 1908//286: „Grundstückswerte . . . sehr wesentlich gestiegen." 302a
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l i n i e n f e s t s e t z u n g 8 0 4 0 . A b e r auch sonstiges G e l ä n d e k o n n t e , ohne daß es seine Q u a l i t ä t v e r ä n d e r t hatte, z u m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g z u h ö h e r e m W e r t entschädigt w e r d e n 8 0 5 . Z w e i f e l s f r e i w a r e n also P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n — v o r a l l e m V e r k n a p p u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n — bis z u r E n t e i g n u n g zu berücksichtigen. D a r ü b e r h i n a u s erfaßte die Rechtsprec h u n g auch W e r t s t e i g e r u n g e n , d i e a u f e i n e r Ä n d e r u n g d e r w e r t b i l d e n d e n U m s t ä n d e des G r u n d s t ü c k s , seiner N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n b e r u h t e n (Sacheigenschaftsänderungen): w a r e n ζ. B . die G r u n d s t ü c k e der U m g e b u n g u n a b h ä n g i g v o n der speziellen E n t e i g n u n g s a n l a g e seit der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g v o n A c k e r l a n d zu B a u l a n d h e r a n g e r e i f t , so w u r d e auch das z u e n t e i g n e n d e G r u n d s t ü c k so b e w e r t e t , als ob es an dieser E n t w i c k l u n g t e i l g e n o m m e n h ä t t e 3 0 6 . D i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g Schloß also e i n G r u n d s t ü c k v o n echten Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n n i c h t a u s 3 0 7 . W e i t e r h i n w u r d e n auch sonstige Ä n d e r u n g e n d e r w e r t b i l d e n d e n G r u n d stücksfaktoren, w i e die F e r t i g s t e l l u n g einer N a c h b a r s t r a ß e 3 0 8 b e r ü c k sichtigt. A u ß e r i n den eben i n A n m . 306 u n d 308 z i t i e r t e n v i e r U r t e i l e n w u r d e n Sacheigenschaftsveränderungen i m ü b r i g e n a u s d r ü c k l i c h n i c h t e r w ä h n t , was jedoch n i c h t ausschließt, daß die oben z u m Preisgefüge herangezogenen E n t s c h e i d u n g e n auch d e r a r t i g e W e r t ä n d e r u n g e n b e trafen. D a der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r a u f eine bessere N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t b e s t i m m t e n Geländes eben m i t P r e i s s t e i g e r u n g e n r e a g i e r t u n d das R G a u f die Ursachen der j e w e i l i g e n P r e i s s t e i g e r u n g e n n i c h t e i n g i n g , b r a u c h t e n die bis z u r E n t e i g n u n g b e r ü c k s i c h t i g t e n P r e i s s t e i g e r u n g e n keineswegs n u r a u f V e r k n a p p u n g b e r u h t zu h a b e n 3 0 9 . Ganz abgesehen d a v o n gehen sowieso Preisgefüge- u n d S a c h w e r t s t e i g e r u n g e n H a n d i n H a n d . B e i B e r ü c k s i c h t i g u n g der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n ist z u d e m das G e r i c h t recht g r o ß z ü g i g gewesen: Es entschädigte W e r t s t e i g e r u n g e n , welche sämtliche G r u n d s t ü c k e der G e g e n d i m H i n b l i c k auf die B a u e r w a r t u n g e r f u h r e n 3 0 0 3 , auch w e n n die Preise e i n d e u t i g d u r c h die Spekulation bestimmt waren 309b. D i e B e g r ü n d u n g e n , die die Senate f ü r i h r e Rechtsprechung fanden, w a r e n n i c h t e i n h e i t l i c h : die G e m e i n d e k ö n n e , so f ü h r t e der I I . S e n a t 8 1 0 304c RG GruchBeitr. 37/125, 129; RGZ 53//135 f.; JW 94/561 Nr. 51; P r V B l . 31/262. 305
RG GruchBeitr. 37V1130: Vorgartenland. RG JW 1894/561 Nr. 51, RGZ 53//135 u., PrVBl. 29/1015. Α. M. RGZ 63/1 ff.: zu diesem U r t e i l näher sub 5.3.3.4. und sogleich. Ablehnend auch die aufgegebene Rechtsprechung des RG sub 5.3.3.2. 307 Das verkennen Ernst / Zinkahn / Bielenberg BBauG § 40, 58 S. 40. 308 RGZ 63//3. 309 Eindeutig nur Verknappung betreffend RG GruchBeitr. 37//128 und 1130. 309a PrVBl. 29/1015, 31/262; zustimmend Eger I 3. S. 360. 3 «9b P r V B l . 29/1015. 310 GruchBeitr. 37//128. 308
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aus, nach der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g sofort enteignen. Schiebe sie die E n t e i g n u n g hinaus, so w ü r d e sich n o t w e n d i g der W e r t e r m i t t l u n g s z e i t p u n k t m i t verschieben. I n e i n e m w e i t e r e n U r t e i l 3 1 1 b e g r ü n d e t e derselbe Senat: da d i e E n t s c h ä d i g u n g das Ä q u i v a l e n t f ü r die A b t r e t u n g d a r stelle, k ä m e a l l e i n der W e r t z u r Z e i t der A b t r e t u n g , z u r Z e i t der P e r f e k t i o n des Kaufgeschäfts, i n Frage. D e r V I I . S e n a t 3 1 2 l e i t e t e seine A u f fassung aus § 10 A b s . 2 P r E G ab. § 10 A b s . 2 P r E G sei der A u s d r u c k des P r i n z i p s , daß der W e r t entscheide, d e n das G r u n d s t ü c k abgesehen v o n der n e u e n A n l a g e h a b e n w ü r d e . F a ß t m a n die herrschende Rechtsprechung z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t b e i F l u c h t l i n i e n v e r f a h r e n zusammen, so e r g i b t sich: 1. E i n e F i x i e r u n g der B e w e r t u n g e r f o l g t e a l l e i n b e i Sacheigenschaften, u n d z w a r n u r bezgl. der u n t e r e n Grenze: was an Q u a l i t ä t b e i der Fluchtlinienfestsetzung vorhanden war, mußte auf jeden F a l l entschädigt w e r d e n (5.3.1.1.1.). 2. I m ü b r i g e n k o n n t e das z u e n t e i g n e n d e G r u n d s t ü c k a n a l l e n P r e i s steigerungen, die b e i N a c h b a r g r u n d s t ü c k e n e i n t r a t e n , bis z u r Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses t e i l n e h m e n , ganz gleich, ob es sich u m Preisgefüge- oder S a c h w e r t s t e i g e r u n g e n h a n delte. N u r a n l a g e b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n b l i e b e n u n b e r ü c k s i c h t i g t (5.3.2.). 5.3.3.2. A b w e i c h e n d e Rechtsprechung: F i x i e r u n g der W e r t v e r h ä l t n i s s e V o n diesen G r u n d s ä t z e n w i c h der V I I . Senat n u r f ü r eine k u r z e P e r i o d e ab. M i t seinem U r t e i l v o m 1. 3. 1901 3 1 3 entschied d e r Senat u n t e r H i n w e i s a u f sein U r t e i l v o m 10.10. 1899 8 1 4 , daß n u r die V e r h ä l t n i s s e z u m Z e i t p u n k t der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g m a ß g e b l i c h s e i e n 3 1 4 a . E i n e W e r t e r h ö h u n g als B a u l a n d k ö n n t e n die a b z u t r e t e n d e n F l ä c h e n n i c h t h i n z u e r l a n g e n , da sie m i t der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g die B a u l a n d e i g e n schaft f ü r die Z u k u n f t v e r l o r e n h ä t t e n 3 1 5 . Diese Rechtsprechung b e d e u t e t e e i n „ E i n f r i e r e n " der W e r t v e r h ä l t n i s s e , auch der Q u a l i t ä t m i t A u f stellen des Planes. Ä h n l i c h h a t , s o w e i t e r s i c h t l i c h 3 1 6 n u r noch der V I . 311
GruchBeitr. 37//1130. U r t e i l v o m 5. 12. 1902, RGZ 53/133 ff. 313 RGZ 48/336 ff., aufgegeben durch U r t e i l v o m 5. 12.1902, RGZ 53/133 ff., s. oben zu Anm. 312. 3,4 V I a 57/99, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht. Sl4 a Ebenso Selbach P r V B l . 25//264 r. u. 315 a.a.O. S. 339; ebenso Eger I 3. S. 220, a. M. aber S. 366. 316 Die bei Koffka Ν 31 S. 81 zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig: JW 1898/379 Nr. 93 bietet keinen A n h a l t dafür, daß Wertsteigerun312
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Senat i n e i n e m U r t e i l v o m 6. 12. 1888 3 1 7 entschieden u n d d o r t ausgeführt, w e n n ein Grundstück bei Planaufstellung Baustellenqualität nicht habe, so sei sie i h m n i e entzogen w o r d e n u n d k ö n n e auch n i c h t entschädigt werden 818. D i e i n d e m U r t e i l v o m 27. 2. 1906 3 1 9 v e r t r e t e n e u n d , s o w e i t ersichtlich, v e r e i n z e l t gebliebene A u f f a s s u n g , f r o r die W e r t v e r h ä l t n i s s e des v o n der P l a n u n g b e t r o f f e n e n G r u n d s t ü c k e s n u r h i n s i c h t l i c h der Q u a l i t ä t e i n : a l l e i n die Q u a l i t ä t , die das G r u n d s t ü c k als A c k e r - , G a r t e n - oder B a u l a n d v o r der P l a n u n g hatte, w a r zu entschädigen — anders die h. M . — , w ä h r e n d W e r t s t e i g e r u n g e n , die der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r f ü r diese Q u a l i t ä t a n e r k a n n t e , i n Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t der h. M . b e r ü c k sichtigt w u r d e n . Dieses U r t e i l t r u g d e n B e s o n d e r h e i t e n des z u e n t scheidenden Falles Rechnung, der e i n unbebautes Eckgrundstück bet r a f 3 2 0 . O b das G e r i c h t i n späterer Z e i t b e i E n t e i g n u n g e n v o n E c k g r u n d stücken an diesem U r t e i l v o m 27. 2. 1906 festhielt, l ä ß t sich n i c h t e r m i t t e l n . B e i anderen F a l l g e s t a l t u n g e n j e d e n f a l l s b l i e b es b e i d e n oben d a r g e l e g t e n G r u n d s ä t z e n der h. M . 3 2 0 i l , so daß das U r t e i l k e i n e n g r u n d sätzlichen W a n d e l bedeutete. D e n n eine E i n s c h r ä n k u n g der herrschend e n Rechtsprechung f ü r b e s t i m m t e F ä l l e w ä r e i n der Folgezeit k a u m s t i l l s c h w e i g e n d h i n g e n o m m e n w o r d e n . Es spricht daher einiges f ü r die These K o f f k a s 3 2 0 b , das R G sei v e r s e h e n t l i c h v o n seinen G r u n d s ä t z e n abgewichen. Das i n P r V B l . 29/1015 m i t g e t e i l t e U r t e i l desselben Senats v o m 2. 6. 1908, welches ebenfalls Q u a l i t ä t s e r h ö h u n g e n ( A c k e r l a n d w a r gen zwischen Plan und Enteignung i n Frage standen. JW 1900/576 Nr. 28 betraf einen nicht veröffentlichten Bebauungsplan alten Rechts, der also vor der Anwendung i m Einzelfall keine Wirkungen entfaltete; ebensowenig einschlägig die bei Eger I 3. S. 220 zitierten Urteile. 317 JW 1889/51 Nr. 35. 318 Vgl. auch Koffka § 8 Ν 31 S. 81. 319 RGZ 63/1 ff., s. o. sub 4.2.5. 320 Die das Grundstück begrenzenden Straßen waren auf Grund eines Bebauungsplanes nacheinander i m Abstand von drei Jahren ausgebaut w o r den. Bei der Entschädigungsbemessung ging es darum, ob der durch den zweiten Ausbau i n Anspruch genommene Geländestreifen deshalb als Bauland zu bewerten war, w e i l der Ausbau der ersten Straße das gesamte Grundstück zu Bauland hatte werden lassen. Das schon genannte Ergebnis des Urteils muß als Kompromiß angesehen werden: Einerseits mochte das Gericht das Gelände nicht als Bauland entschädigen, w e i l es andernfalls eine „ungesunde Spekulation m i t Eckgrundstücken" befürchtete (RGZ 63//5). Z u m anderen mochte es offensichtlich die Eigentümer nicht ganz von jeder Wertsteigerung ausschließen, da die Gemeinden den Zeitpunkt der Enteignung bestimmen konnten (RGZ 63//6). Dieses Ziel ließ sich aber n u r erreichen, indem das Gericht den F a l l nicht über den Anlagebegriff löste, mittels dessen es nur einheitlich zur Verneinung oder Bejahung jeglicher Wertsteigerungen hätte kommen können. 32 °* s. ζ. B. PrVBl. 29/71, 29/1015 und RGZ 74//20. 32 °b § 8 Ν 31 a S. 83.
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d u r c h die A u s s i c h t a u f B e b a u u n g als „ F o l g e der S p e k u l a t i o n " z u B a u l a n d g e w o r d e n ) b e t r a f , entzog sich e i n e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t R G Z 61/1 ff. — die R e v i s i o n h a t t e u. a. dieses U r t e i l a n g e f ü h r t — d u r c h die n i c h t z u t r e f f e n d e B e m e r k u n g , das g e n a n n t e U r t e i l e n t h a l t e n u r A u s f ü h r u n g e n z u m B e g r i f f der A n l a g e i. S. des § 10 A b s . 2 P r E G . O b der verschiedene E n t s t e h u n g s g r u n d der W e r t s t e i g e r u n g e n , das eine M a l w a r e n W e r t s t e i g e r u n g e n a l l e i n d u r c h gemeindliches H a n d e l n , n ä m l i c h die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g m i t d e m f o l g e n d e n A u s b a u 8 2 0 0 entstanden, das andere M a l a l l e i n d u r c h die S p e k u l a t i o n , die unterschiedliche B e h a n d l u n g d u r c h das R G b e w i r k t e , w ä r e z u m i n d e s t d e n k b a r . D e r i n d i e ser G e d a n k e n f ü h r u n g l i e g e n d e A n s a t z z u einer i n h a l t l i c h e n Rechtfert i g u n g eines w e i t e r g e h e n d e n Wertsteigerungsausschlusses w u r d e d a n n aber n i c h t f o r t g e f ü h r t . Das E i n f r i e r e n d e r G r u n d s t ü c k s w e r t v e r h ä l t nisse i m Z e i t p u n k t der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g , sei es p a r t i e l l 8 2 0 d oder g e n e r e l l 8 2 0 0 , s t e l l t e i n der R e c h t f e r t i g u n g des R G also n u r eine Episode dar. Diese Tatsache g i b t A n l a ß z u den f o l g e n d e n A u s f ü h r u n g e n .
5.3.3.3. Das Entschädigungsgefüge des § 13 F L G u n d seine A u f l ö s u n g d u r c h das R G A u f g a b e des F L G w a r es z u e i n e m w e s e n t l i c h e n T e i l , d e n G e m e i n den, v o r a l l e m d e n großen u n d e x p a n d i e r e n d e n , d i e L ö s u n g f i n a n z i e l l e r P r o b l e m e b e i H e r s t e l l u n g u n d U n t e r h a l t u n g v o n S t r a ß e n z u erleicht e r n 8 2 1 , w o b e i a l l e r d i n g s d i e Interessen der P r i v a t e i g e n t ü m e r i n g l e i cher Weise w i e d i e j e n i g e n der G e m e i n d e n b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n s o l l t e n 8 2 2 . Z u r E r r e i c h u n g des g e n a n n t e n Zieles brachte das Gesetz ( § 1 3 F L G ) vor allem zwei Regelungen: 1. F ü r die B e s c h r ä n k u n g gem. § 11 F L G sollte, v o n § 13 A b s . 1 N r . 2 i. V . m . A b s . 2 S. 2 F L G abgesehen, k e i n e E n t s c h ä d i g u n g g e w ä h r t werden323. 2. D i e W a h l des E n t e i g n u n g s z e i t p u n k t e s sollte, s o w e i t n i c h t f ü r A u s n a h m e n nach § 13 A b s . 1 N r . 2 u. 3 etwas anderes g a l t , i m B e l i e b e n der G e m e i n d e stehen.
32
°c s. A n m . 320. 320d R G Z 6 3 / 1 32
Ά
°e RGZ 48/336 ff. 321 Vgl. Anlagen zu den Sten. Ber. über die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses 1875 Bd. I, Anlage Nr. 23, Motive S. 289; RGZ 8//241. 322 Motive a.a.O. S. 290. 323 Das w a r trotz des etwas unklaren Gesetzeswortlauts unbestritten: vgl. RG GruchBeitr. 45//970.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
5.3.3.3.1. Das A b g e h e n der P r a x i s v o m F L G bezüglich des Entschädigungsausschlusses f ü r B a u v e r b o t e N i c h t ganz k l a r a u f d e n ersten B l i c k ist a l l e r d i n g s , w a s u n t e r d e m Ausschluß der E n t s c h ä d i g u n g v e r s t a n d e n w e r d e n s o l l t e : i n F ä l l e n , i n denen w i e nach d e m F L G E n t s c h ä d i g u n g s z a h l u n g e n erst b e i der V o l l e n t e i g n u n g geleistet w u r d e n , s i n d d i e E n t s c h ä d i g u n g e n f ü r d e n d u r c h d i e B e s c h r ä n k u n g e i n t r e t e n d e n S u b s t a n z v e r l u s t u n d die E n t s c h ä d i g u n g f ü r die bis z u r V o l l e n t e i g n u n g entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t z u t r e n n e n 3 2 4 . W ä h r e n d d e r Gesetzesberatungen s t a n d e n b e b a u t e oder b e b a u t gewesene G r u n d s t ü c k e u n d solche m i t A c k e r - oder G a r t e n l a n d q u a l i t ä t i m V o r d e r g r u n d . F ü r e i n erstere G r u p p e treffendes B a u v e r b o t sollte eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r die bis z u r V o l l e n t e i g n u n g entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t n i c h t g e w ä h r t w e r d e n 3 2 5 , w i e ebenso u n z w e i f e l h a f t d i e d u r c h das B a u v e r b o t e i n g e t r e t e n e S u b s t a n z m i n d e r u n g b e i der V o l l e n t e i g n u n g u n b e r ü c k s i c h t i g t b l i e b , also entschädigt w u r d e 8 2 6 . A n d e r s b e i der G r u p p e der G r u n d s t ü c k e m i t A c k e r - oder G a r t e n l a n d q u a l i t ä t 8 2 7 : d i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g sollte z u k e i n e n i r g e n d w i e g e a r t e t e n E n t schädigungsfestsetzungen f ü h r e n , w e d e r w e g e n e v e n t u e l l e r W e r t m i n d e r u n g e n noch w e g e n entzogener N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n 3 2 8 , da die b i s h e r i g e B e n u t z u n g dieser G r u n d s t ü c k e n i c h t eingeschränkt s e i 3 2 9 . M i t d e m Ausschluß einer E n t s c h ä d i g u n g i n diesen F ä l l e n entschied sich der Gesetzgeber b e w u ß t gegen die neuere Rechtsprechung des Preußischen O b e r t r i b u n a l s 3 3 0 , die i n der V e r s a g u n g der B e b a u u n g eines G r u n d stückes e i n e n e n t e i g n e n d e n E i n g r i f f u n a b h ä n g i g d a v o n sah, ob e i n t a t sächlicher Schaden e n t s t a n d e n w a r oder n i c h t u n d s o w o h l die entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t bis z u r V o l l e n t e i g n u n g w i e auch den Ausschluß der B e b a u b a r k e i t e n t s c h ä d i g t e 3 3 1 . Diese Rechtsprechung l e h n t e n die M o t i v e v o r a l l e m m i t d e m H i n w e i s a u f die e r h e b l i c h e n W e r t g e w i n n e ab, die den E i g e n t ü m e r n zufielen, w e n n i h r e v o n einer n e u e n Straße d u r c h schnittenen G r u n d s t ü c k e eben d u r c h die neue A n l a g e z u B a u l a n d w u r d e n 3 3 2 . Ä h n l i c h u n d zugleich f ü r die gesamte R e g e l u n g des § 13 F L G — 324
Vgl. heute B G H W M 1962//1326. Ganz eindeutig Anlagen zu den Sten. Ber. über die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses 1875 Bd. I I I Anlage Nr. 279 — Komm. Bericht — S. 1708 1. o.: Ablehnung einer Rente. 326 Komm. Bericht S. 1707 1. u., Motive S. 292 unter Hinweis auf die ältere Rechtsprechung des Preuß. ObTrib.; ObTrib. StriethArch. 26/269, 274 und 276 i m Anschluß an ein Erkenntnis v. 8. 4. 1837 (Präjudiz Nr. 220). 327 Die Materialien sprechen meist von unbebauten Grundstücken (Komm. Bericht S. 1707, Motive S. 292). 328 Motive S. 292, Komm. Bericht S. 1707 1. u. 329 Komm. Bericht a.a.O. 330 s. Motive S. 292. 331 Preuß. ObTrib. StriethArch. 51/33, 37 f. A. A. die ältere Rechtsprechung des Preuß. ObTrib., StriethArch. 26//276. 332 Motive S. 292. 325
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also n i c h t n u r bezüglich d e r v o n F l u c h t l i n i e n b e t r o f f e n e n A c k e r g r u n d stücke — b e g r ü n d e t e der K o m m i s s i o n s b e r i c h t 3 8 3 d e n E n t s c h ä d i g u n g s ausschluß. A l l g e m e i n s t e l l t e er fest, daß es b e i der E n t s c h ä d i g u n g s f r a g e n i c h t so sehr a u f logische Schlüsse aus v o r h a n d e n e n gesetzlichen V o r s c h r i f t e n gehe als v i e l m e h r u m e i n b i l l i g e s A b w ä g e n der w i d e r s t r e i t e n d e n Interessen. D a d i e G r u n d e i g e n t ü m e r d u r c h die i m Interesse der Allgemeinheit getroffenen gemeindlichen Maßnahmen Vorteile erlang e n w ü r d e n , s o l l t e n sie n i c h t d a r ü b e r h i n a u s noch f ü r d i e B a u b e s c h r ä n k u n g entschädigt w e r d e n . Diese e i n d e u t i g e I n t e r e s s e n a b w ä g u n g des Gesetzgebers k o n n t e zugegebenermaßen z u H ä r t e n f ü h r e n 8 3 4 , u n d es w ä r e nichts dagegen e i n z u w e n d e n , h ä t t e sich d i e Rechtsprechung a u f die V e r m e i d u n g v o n H ä r t e n b e i der Gesetzesanwendung b e s c h r ä n k t 3 8 5 . Doch das G e r i c h t b a u t e das Entschädigungssystem des § 13 F L G a l l m ä h l i c h u m . N o c h i m R a h m e n der gesetzgeberischen I n t e r e s s e n a b w ä g u n g h i e l t sich das g r u n d l e g e n d e U r t e i l des R G v o m 18. 8. 1882 8 3 6 , das e i n z u r Z e i t der F l u c h t l i n i e n f e s t setzung z w a r unbebautes u n d auch noch n i e b e b a u t gewesenes, aber u n s t r e i t i g als B a u l a n d angesehenes G r u n d s t ü c k b e t r a f . D a die M a t e r i a l i e n eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r die i m B a u v e r b o t liegende W e r t m i n d e r u n g — S u b s t a n z v e r l u s t — a n sich n u r b e i b e b a u t e n oder b e b a u t gewesenen G r u n d s t ü c k e n vorgesehen h a t t e n , h ä t t e das f r a g l i c h e Gelände b e i der V o l l e n t e i g n u n g n u r als unbebaubares, da m i t B a u v e r b o t v e r sehen, entschädigt w e r d e n k ö n n e n . Dieses E r g e b n i s l e h n t e das R G z u R e c h t 3 3 7 m i t d e r E r w ä g u n g ab, daß es d e m Gesetzgeber f e r n g e l e g e n habe, die Interessen der G e m e i n d e n so w e i t g e h e n d zu b e r ü c k s i c h t i g e n u n d i h n e n das Recht zuzugestehen, entschädigungslos eine e i n m a l v o r h a n d e n e G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t zu e n t z i e h e n 3 8 8 . D i e w e i t e r g e h e n d e Rechtsprechung des R G , m i t der es die Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n b e i der E n t s c h ä d i g u n g a n e r k a n n t e u n d d a m i t e i n g e m . § 11 F L G belastetes G r u n d s t ü c k so entschädigte, als sei es i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g unbelastet u n d von einem Fluchtlinienverfahren v ö l l i g unbetroffen 830, b e d i e n t e sich z u r B e g r ü n d u n g ebenfalls des H i n w e i s e s a u f d e n I n t e r essenausgleich 3 4 0 . Doch h a t t e das R G m i t t l e r w e i l e d i e gesetzgeberischen 333
O. Anm. 325 S. 1707. Ebenso RGZ 70//12. 335 Eigenartigerweise fühlte sich das R G aber i n einem Fall, i n dem ein Grundstück durch Festsetzung von Baufluchtlinien zum größten Teil unbebaubar geworden war — vgl. RGZ 70//12 — an den Gesetzeswortlaut gebunden. 336 RGZ 8/237 ff. 337 s. Komm. Bericht S. 1707 r. u. 338 RGZ 8//241 f. Maßgebend für die Entschädigung bei der Vollenteignung wurde damit die Qualität zur Zeit der Fluchtlinienfestsetzung (Zustimmend Dernburg, Preuß. Privatr. I, § 218 S. 542). 339 s.o. 5.3.3.1. 340 RGZ 53//137. 334
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
I n t e n t i o n e n aus d e m A u g e v e r l o r e n u n d d i e E i g e n t ü m e r b e l a n g e s t a r k e i n s e i t i g i n d e n V o r d e r g r u n d d r i n g e n lassen. D e n n die B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n bedeutet l e t z t l i c h nichts anderes als eine pauschalierte E n t s c h ä d i g u n g z u m i n dest f ü r die bis z u r V o l l e n t e i g n u n g entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t , w o b e i d i e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e i n m a l tatsächlicher (bei z u r Z e i t d e r F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g bestehender B a u l a n d q u a l i t ä t ) oder auch n u r h y p o t h e t i s c h e r A r t (bei u r s p r ü n g l i c h e m A c k e r l a n d ) 8 4 1 gewesen sein k o n n t e : D e r E i g e n t ü m e r w a r g e h i n d e r t , das Gelände k ü n f t i g w e r t b r i n g e n d auszunutzen, v o r a l l e m k o n n t e er es n i c h t bebauen. S t a t t dessen k a m e n i h m aber G e w i n n e zu, w e n n n ä m l i c h das G r u n d s t ü c k d i e a l l g e m e i n e n W e r t s t e i g e r u n g e n m i t m a c h t e , o b w o h l es, da v o n d e m B a u v e r b o t belastet, an dieser E n t w i c k l u n g r e a l i t e r n i c h t m e h r t e i l n e h m e n k o n n t e . Diese G e w i n n e entsprechen e i n e m A u s g l e i c h f ü r die entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t bis z u r V o l l e n t e i g n u n g . Daß auch das R G diesen Z u s a m m e n h a n g e r k a n n t e , ergeben d i e G r ü n de des U r t e i l s v o m 1. 3. 190 1 3 4 2 . E i n e E n t s c h ä d i g u n g der z u e n t e i g n e n den F l ä c h e n als g e g e n w ä r t i g e s B a u l a n d , so f ü h r t e das G e r i c h t aus, w ü r d e auf einer F i k t i o n b e r u h e n ; i n G e s t a l t dieser F i k t i o n w ü r d e eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r die B a u b e s c h r ä n k u n g entgegen § 13 F L G i n Erschein u n g t r e t e n . D a n u n aber das G e r i c h t eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t keineswegs versagen w o l l t e 3 4 3 , k o n n t e es i n d e m oben w i e d e r g e g e b e n e n Z u s a m m e n h a n g u n t e r der E n t s c h ä d i g u n g f ü r die B a u b e s c h r ä n k u n g n u r die E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n N u t z u n g s v e r l u s t b i s z u r V o l l e n t e i g n u n g g e m e i n t haben. Das e r g i b t sich auch aus der w e i t e r e n F e s t s t e l l u n g des U r t e i l s a u f S. 340, die F i k t i o n f ü h r e z u d e m E r gebnis, das Gelände so z u entschädigen, als w ä r e es fortdauernd Baul a n d gewesen. W ä r e es f o r t d a u e r n d B a u l a n d gewesen, so ist daraus z u f o l g e r n , h ä t t e es eine entsprechende N u t z u n g bis z u r V o l l e n t e i g n u n g e r m ö g l i c h t ; diese w i r d j e t z t d u r c h die W e r t s t e i g e r u n g e n ausgeglichen. A l l e r d i n g s s o l l t e n nach der h. M . als F o l g e ihres A u s g a n g s p u n k t e s reine Preisrückgänge b e i G r u n d s t ü c k e n auch zu U n g u n s t e n der E n t 341 Zur Erklärung: Das RG unterschied nicht danach, ob w i r k l i c h ein Schaden entstanden war, sondern verstand jede Beschränkung m i t einer „Servitut der Unbebaubarkeit" als Teilenteignung (vgl. RGZ 63//300, 128// 33). 342 RGZ 48//340, s.o. 5.3.3.2. Das dieses U r t e i l ablehnende Urt. desselben Senats, RGZ 53/133 ff. v. 5. 12. 02, umging diese Fragen, indem es allein auf die Entschädigung für die Vollenteignung abstellte, obwohl j a die Entschädigung für die Vollenteignung die Entschädigung für die Substanzminderung mitenthielt (so RGZ 63//300, 128//32). Durch dieses Vorgehen wurde die Entschädigungsfrage aus § 13 F L G herausgelöst und gleichsam unproblematisch dem Bereich des § 8 PrEG zugeordnet (vgl. RGZ 53//136). 343 a.a.O. S. 339 o.
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e i g n u n g s b e t r o f f e n e n b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n 3 4 4 , so daß Preisgefügeänder u n g e n a n sich n i c h t als N u t z u n g s e n t s c h ä d i g u n g angesehen w e r d e n k ö n n t e n . A b e r Preisrückgänge w a r e n äußerst s e l t e n 3 4 5 , u n d selbst w e n n m a n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n n i c h t als pauschalierte N u t z u n g s e n t s c h ä d i g u n g g e l t e n lassen w o l l t e , so bestanden doch noch d i e S a c h w e r t s t e i g e r u n g e n z u m T e i l e r h e b l i c h e n Ausmaßes. Insgesamt e n t f e r n t e sich also die Entschädigungsrechtsprechung z u m F L G v o n d e n I n t e n t i o n e n des Gesetzgebers, ohne daß besondere U m stände diese Konsequenz e r f o r d e r t h ä t t e n . Z w a r gab § 15 F L G d e n G e m e i n d e n d i e M ö g l i c h k e i t , d i e K o s t e n d e r S t r a ß e n a n l a g e einschließl i c h der f ü r E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g e n a u f g e w a n d t e n M i t t e l — F r e i l e g u n g i. S. des § 15 A b s . 1 S. I 3 4 6 a u f die S t r a ß e n a n l i e g e r a b z u w ä l z e n . D o c h ließ § 15 F L G d i e B e i t r a g s p f l i c h t n u r b e i Z u s a m m e n t r e f f e n m e h r e r e r V o r a u s s e t z u n g e n — Bestehen eines Ortsstatuts, F e r t i g s t e l l u n g einer Straße u n d E r r i c h t u n g eines Gebäudes — entstehen, so daß i n v i e l e n F ä l l e n B e i t r ä g e ü b e r h a u p t n i c h t g e f o r d e r t w e r d e n k o n n t e n , ζ. B . b e i E r w e i t e r u n g bestehender i n n e r s t ä d t i s c h e r S t r a ß e n 3 4 7 , oder erst l a n g e Z e i t nach A u f w e n d u n g d e r g e m e i n d l i c h e n M i t t e l 3 4 8 e i n A u s g l e i c h s t a t t fand. Abgesehen d a v o n bestand auch d i e M ö g l i c h k e i t , s t a t t v o l l e r K o stendeckung n u r einen v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n B e i t r a g zu v e r l a n g e n . 5.3.3.3.2. A b g e h e n der P r a x i s v o m F L G auch h i n s i c h t l i c h des Entschädigungszeitpunktes W a r d e r Ausschluß e i n e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r die B e s c h r ä n k u n g i n e i n e m w e s e n t l i c h e n B e r e i c h gleichsam abgeschafft, so s t a n d d e n Gem e i n d e n als Rest des e i n s t i g e n Interessenausgleichs i m m e r noch das Recht zu, d e n Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g — u n d der E n t s c h ä d i g u n g — z u b e s t i m m e n . Doch was die W a h l dieses Z e i t p u n k t e s angeht, so h a t das R G u n t e r G e l t u n g d e r W R V i n seinem U r t e i l v o m 28. 2 . 1 9 3 0 3 4 9 § 13 F L G sogar f ü r v e r f a s s u n g s w i d r i g e r k l ä r t . D i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r die S e r v i t u t , — welche i n F o r m der B e r ü c k s i c h t i g u n g der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n i n der E n t s c h ä d i g u n g f ü r die A b t r e t u n g des G r u n d s t ü c k s e n t h a l t e n ist (der Verfasser) — , d ü r f e n i c h t bis z u m unsicheren Z e i t p u n k t der Ü b e r n a h m e des G r u n d s t ü c k s d u r c h die G e m e i n d e h i n a u s geschoben w e r d e n 3 5 0 . D a h e r h ä t t e n die G e m e i n d e n schon u n m i t t e l b a r nach der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g f ü r die d a d u r c h e i n t r e t e n d e S e r v i t u t 344 345 346 347 348 349 350
RG GruchBeitr. 37//128 u. 1130. Vgl. Lampe, S. 5. s. Strauß und Torney § 15, 7 S. 241. Strauß und Torney § 15, 4 f., S. 206, Selbach PrVBl. 25//264. Vgl. wegen der Praxis zu § 15 F L G Finkicr S. 96 f. zu 3.13. RGZ 128/18 ff. — Bethke-Urteil. RGZ 128//32 f.
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
der U n b e b a u b a r k e i t E n t s c h ä d i g u n g z u l e i s t e n 3 5 1 . A u c h das sollte nach d e m F l u c h t l i n i e n g e s e t z u n d d e m W i l l e n des Gesetzgebers n i c h t sein. A u f die V o r s t e l l u n g e n des preußischen Gesetzgebers w ä r e es aber n i c h t a n g e k o m m e n , w e n n A r t . 153 W R V eine andere entschädigungsrechtliche B e u r t e i l u n g des F L G e r f o r d e r t h ä t t e . Doch d u r c h die W R V w a r a n sich k e i n e g r u n d s ä t z l i c h neue S i t u a t i o n e i n g e t r e t e n . A u c h v o r d e m H i n t e r g r u n d der e i g e n s t ä n d i g e n h ö c h s t r i c h t e r l i c h e n Rechtsprec h u n g z u m E i g e n t u m s b e g r i f f , die schließlich zwischen e n t e i g n e n d e n einerseits u n d schrankensetzenden w i e i n h a l t s b e s t i m m e n d e n Gesetzen andererseits u n t e r s c h i e d 3 5 2 , erscheint d i e v ö l l i g e A u f h e b u n g des I n t e r essengleichgewichts keineswegs z w i n g e n d : D i e d u r c h d i e F l u c h t l i n i e n festsetzung e i n t r e t e n d e B e l a s t u n g des G r u n d s t ü c k s m i t e i n e r S e r v i t u t d e r U n b e b a u b a r k e i t , die das R G als T e i l e n t e i g n u n g a n s a h 3 5 3 , h ä t t e auch als E i g e n t u m s b i n d u n g g e w e r t e t w e r d e n k ö n n e n 3 5 4 , z u m i n d e s t s o w e i t n i c h t B a u l a n d v o n der Festsetzung b e t r o f f e n w a r 3 5 5 . D e n n w a s das R G bewog, d e n B e r e i c h f ü r I n h a l t s b e s t i m m u n g e n eng, d e n f ü r E n t e i g n u n g e n dagegen w e i t z u b e s t i m m e n , l a g w e n i g e r i n seinem d o g m a t i schen A u s g a n g s p u n k t b e g r ü n d e t . V i e l m e h r k o n n t e es — gleichsam d e r l e t z t e n V e r a n t w o r t u n g e n t h o b e n — r e l a t i v leicht e i n e n e n t e i g n e n d e n E i n g r i f f bejahen, da es sich stets d e r M ö g l i c h k e i t eines E n t s c h ä d i g u n g s ausschlusses d u r c h d e n Reichsgesetzgeber nach A r t . 153 A b s . 2 Satz 2 W R V als V e n t i l sicher w u ß t e 3 5 6 . A l l e r d i n g s k a n n die V e r s c h i e b u n g des Gleichgewichts zwischen Gemeinde» u n d E i g e n t ü m e r b e l a n g e n z u g u n s t e n der E i g e n t ü m e r n i c h t n u r d e m R G angelastet w e r d e n . D u r c h das Wohnungsgesetz v o m 28.3. 19 1 8 3 5 7 ist i n § 13 A b s . 1 N r . 1 F L G der B e g r i f f „ P l ä t z e " d u r c h H i n z u f ü g u n g der W o r t e G a r t e n a n l a g e n - , S p i e l - u n d E r h o l u n g s p l ä t z e e r w e i t e r t w o r d e n . D a m i t k o n n t e n die G e m e i n d e n diese sogenannten F r e i flächen m i t F l u c h t l i n i e n u m z i e h e n u n d v o n der B e b a u u n g ausschließen. D a aber, anders als b e i Festsetzung v o n S t r a ß e n f l u c h t l i n i e n , b e i A u s w e i s u n g dieser F r e i f l ä c h e n d e n E i g e n t ü m e r n k e i n W e r t g e w i n n i m n i c h t b e a n s p r u c h t e n R e s t g r u n d s t ü c k zufiel, g i n g die u r s p r ü n g l i c h e A u s g e w o g e n h e i t des Gesetzes b e z ü g l i c h d e r F r e i f l ä c h e n v e r l o r e n , die F e s t 851
RGZ 128//33. Siehe Weber i n : Grundrechte I I S. 341. 353 RGZ 128//33, 63//300. 354 So Thür. OVG RVB1. 1930/807, W ü r t t . V G H v. 4. 2. 31 — wiedergegeben bei Hofacker RVB1. 1931/425 ff. — zu entsprechenden landesrechtlichen V o r schriften. 355 V g L § 1 3 A b s # J N r . 2 u. 3 F L G ; Komm. Bericht — s. Anm. 325 — S. 1707 u.; so etwa die Rechtsprechung des B G H : s. Kröner S. 39. 352
350 357
Weber in: Grundrechte I I S. 345. GS S. 23.
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Setzung w i r k t e w i e eine entschädigungslose E n t e i g n u n g 3 5 8 . D e m w o l l t e das R G e n t g e g e n w i r k e n : Das U r t e i l v o m 28. 2. 1930 3 5 9 b e t r a f eine F r e i f l ä c h e n e r k l ä r u n g 3 6 0 . Dieses U r t e i l b e r ü h r t e aber auch a l l e a n d e r e n F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g e n u n d f ü h r t e d a m i t , w i e das R G später selbst zugeben m u ß t e 3 6 1 , z u k a t a s t r o p h a l e n F o l g e n 3 6 2 . D i e G e m e i n d e n sahen sich n ä m l i c h p l ö t z l i c h u n g e a h n t e n E n t s c h ä d i g u n g s f o r d e r u n g e n gegenü b e r . D i e v o l l e W i r k s a m k e i t des § 13 s t e l l t e n §§ 1 f., T e i l 6, K a p . I I I N o t V O des Reichspräsidenten v o m 5. 6. 1931 3 6 3 w i e d e r her, w o b e i z u sätzlich § 3 g e n a n n t e r N o t V O eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r d i e F r e i f l ä c h e n beschränkung einführte 364. 5.4. RG zu den Plänen alten Rechts 5.4.1. Die Fixierung der Werte durch das Bauverbot alten Rechts; Ausschaltung des §10 Abs. 2 PrEG bis zur Vollenteignung B e i d e n P l ä n e n a l t e n Rechts b e s t a n d b e z ü g l i c h des f ü r e n t e i g n u n g s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s eine i m A u s g a n g s p u n k t g r u n d s ä t z l i c h andere S i t u a t i o n als b e i V e r f a h r e n nach d e m F L G . D i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g e n vor E r l a ß des F L G e r f o l g t e n d u r c h die P o l i z e i b e h ö r d e n a u f G r u n d der §§ 65 ff. A L R I . 8 3 6 5 . W i e schon sub 4.2.3. a. E. e r w ä h n t w u r d e , k o n n t e f ü r d i e B e l a s t u n g m i t e i n e m d u r c h die F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g a u f e r l e g t e n B a u v e r b o t sofort b e i W i r k s a m w e r d e n 3 6 6 gem. § 75 E i n l . A L R 3 6 7 E n t s c h ä d i g u n g v e r l a n g t w e r d e n , w e s h a l b einerseits die Festsetzung der F l u c h t l i n i e m i t der später e r f o l g e n d e n E n t e i g n u n g n i c h t als einheitliches V e r f a h r e n angesehen w u r d e 3 6 8 . Z u m a n d e r e n h a t t e die M ö g l i c h k e i t s o f o r t i g e r E n t s c h ä d i g u n g i m Gegensatz z u m n e u e r e n Recht die Folge, daß b e i Bemessung der E n t s c h ä d i g u n g i m späteren E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n n u r d i e j e n i g e Q u a l i t ä t des G r u n d stücks entschädigt w u r d e , die es d u r c h die B e s c h r ä n k u n g m i t d e m B a u v e r b o t e r l a n g t h a t t e 3 6 9 , selbst w e n n f ü r die B e s c h r ä n k u n g noch k e i n e 358 350 360 361 302
S. 345. 363
Strauß und Torney § 14 a, 9 a S. 178. RGZ 128/18 ff. — Bethke-Urteil. RG a.a.O. S. 19. RGZ 144//329 f. Vgl. Strauß und Torney § 14 a, 9 a S. 178, Weber in: Grundrechte
II
RGBl. I S. 279, 309. Vgl. Strauß und Torney § 14 a, 9 b S. 181. 365 Strauß und Torney Einl. S. 17; Grein § 22 S. 45 ff. 366 RGZ 32//205, 50//315; JW 02/374, Koffka § 8 Ν 33 S. 84. 367 RGZ 6//298, 32//209, Saran § 13, 3 S. 277. 368 RGZ 55//73; vgl. auch RGZ 50//315. 369 RGZ 32//206, 50//315 ο., 55//74, 63//301, Koffka § 8 Ν 33 S. 84, Hopf § 8, 4 S. 39 f., Seydel § 8, 1 a S. 50. 364
5:
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
E n t s c h ä d i g u n g geleistet w o r d e n w a r 3 7 0 . E i n e T e i l n a h m e des G r u n d s t ü c k s a n sonstigen W e r t s t e i g e r u n g e n bis z u r V o l l e n t e i g n u n g w a r ebenfalls ausgeschlossen 3 7 1 . D i e F l u c h t l i n i e a l t e n Rechts f i x i e r t e also das G r u n d stück w e r t m ä ß i g . § 10 A b s . 2 P r E G h a t t e b i s z u r V o l l e n t e i g n u n g d a m i t k e i n e n A n w e n d u n g s b e r e i c h m e h r . B e i V e r f a h r e n nach d e m F L G s o l l t e n d i e nach d e r F e s t s t e l l u n g des Planes e n t s t a n d e n e n e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n u n b e r ü c k s i c h t i g t b l e i b e n 3 7 2 , was, sieht m a n v o n d e n n i c h t e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n 3 7 3 ab, z u einer B e w e r t u n g vor d e r P l a n u n g f ü h r t e , w ä h r e n d gemäß a l t e m Recht der W e r t nach der P l a n u n g m a ß g e b l i c h w a r . A u f d e n ersten B l i c k scheint d a m i t die r e l a t i v k o m p l i z i e r t e B e w e r t u n g s m e t h o d e des R G , die z w a r Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n bis z u r E n t e i g n u n g berücksichtigte, aber e n t e i g n u n g s b e d i n g t e G e w i n n e ausschloß u n d z u d e r o b i g e n F o r m e l 3 7 4 f ü h r t e , u m g a n g e n . Doch das B e w e r t u n g s p r o b l e m h a t t e sich n u r v o n der V o l l e n t e i g n u n g auf e i n e n f r ü h e r e n Z e i t p u n k t verschoben: D i e B e l a s t u n g m i t d e m B a u v e r b o t w u r d e als T e i l e n t e i g n u n g a n g e s e h e n 3 7 5 . G r u n d l a g e f ü r die E n t s c h ä d i g u n g i n diesem Z e i t p u n k t w a r eine B e w e r t u n g des G r u n d s t ü c k s , u n d es tauchte die F r a g e auf, i n w i e w e i t W e r t ä n d e r u n g e n v o r d e r T e i l e n t e i g n u n g e i n e n E i n f l u ß a u f die E n t s c h ä d i g u n g h a b e n k ö n n t e n . Dieses P r o b l e m w u r d e a k u t u n d i n der Rechtsprechung b e h a n d e l t b e i u n v e r ö f f e n t l i c h t e n B e b a u u n g s p l ä n e n a l t e n Rechts. 5.4.2. Unverdiente Wertsteigerungen bis zum Inkrafttreten des Bauverbots 5.4.2.1. V e r ö f f e n t l i c h t e P l ä n e V e r ö f f e n t l i c h t e B e b a u u n g s p l ä n e b e w i r k t e n sofort m i t i h r e r V e r ö f f e n t l i c h u n g die G r u n d s t ü c k s b e s c h r ä n k u n g 3 7 6 . W e g e n der gleichen Rechtslage w ä r e entsprechend der Rechtsprechung z u den P l ä n e n des n e u e n Rechts a u f die Q u a l i t ä t abzustellen, die das G r u n d s t ü c k v o r der B e schränkung hatte377.
370
RGZ 55/774. RGZ 32//206, 63//301. 372 5.3.2. 373 5.3.3. 374 5.3.3.1. 375 RGZ 63//300, 128//33; eine gewisse Modifizierung brachte RG J W 1908/ 724, als nicht i n jedem Fall ein Schaden durch die Fluchtlinienfestsetzung anerkannt wurde. Vgl. dazu Koffka § 1, Ν 26 S. 41 f. 376 RGZ 6//297. 377 s. 5.3.1.1.1. und 5.3.2. 371
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses 5..
t e e n c h e
69
P
5.4.2.2.1. W i r k s a m w e r d e n W a r e i n B e b a u u n g s p l a n n i c h t v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n , so gelangte er nach e i n h e l l i g e r M e i n u n g i n R e c h t s p r e c h u n g 3 7 8 u n d S c h r i f t t u m 3 7 9 erst d a n n u n d n u r i n s o w e i t z u r W i r k s a m k e i t , w e n n u n d als er, e t w a d u r c h V e r s a g u n g e i n e r B a u e r l a u b n i s , z u r A n w e n d u n g i m E i n z e l f a l l gebracht w u r d e . Das bedeutete, daß zwischen d e m B e k a n n t w e r d e n eines n i c h t amtlich veröffentlichten Bebauungsplanes u n d dem E i n t r i t t einer B a u b e s c h r ä n k u n g gemäß d e m P l a n f ü r e i n b e s t i m m t e s G r u n d s t ü c k v i e l e J a h r e l i e g e n k o n n t e n 3 8 0 , i n denen die G r u n d s t ü c k s w e r t e der U m g e b u n g e i n m a l i n f o l g e des n i c h t a m t l i c h v e r ö f f e n t l i c h t e n , aber dennoch b e k a n n t g e w o r d e n e n Planes, z u m a n d e r e n u n a b h ä n g i g v o n der P l a n u n g stiegen. 5.4.2.2.2. U n b e a c h t l i c h k e i t des Planes D e r V I I . Senat des R G ließ d e n n i c h t v e r ö f f e n t l i c h t e n P l a n b e i der W e r t b e m e s s u n g u n b e r ü c k s i c h t i g t 3 8 1 selbst w e n n die B e t r o f f e n e n v o n d e m P l a n K e n n t n i s h a t t e n 3 8 2 . Es w a r also w i e nach der Rechtsprechung z u m F L G i m Z e i t p u n k t der T e i l e n t e i g n u n g so zu entschädigen, als ob eine B e s c h r ä n k u n g d u r c h I n k r a f t t r e t e n des B e b a u u n g s p l a n s n i c h t e i n g e t r e t e n w ä r e 3 8 3 . A n d e r n f a l l s w ä r e der E i g e n t ü m e r u m die E n t s c h ä d i g u n g f ü r die d u r c h die B e s c h r ä n k u n g e i n g e t r e t e n e W e r t m i n d e r u n g gek o m m e n 3 8 4 . N i c h t v ö l l i g u n b e r ü c k s i c h t i g t l i e ß e n a l l e r d i n g s der V . Sen a t 3 8 5 u n d d e r V I I . S e n a t 3 8 6 die u n v e r ö f f e n t l i c h t e n P l ä n e insofern, als sie v o n d e r e n tatsächlichem E i n f l u ß a u f die B e b a u b a r k e i t ausgingen. I m E r g e b n i s ä n d e r t e sich d a m i t aber n i c h t s 3 8 7 ; d e n n nach d e m U r t e i l v o m 11. 5. 1906 3 8 8 t r a t d u r c h diese faktische U n b e b a u b a r k e i t k e i n e W e r t -
378
RGZ 6//297, GruchBeitr. 30//1043, RGZ 32//204, JW 1900/576. Eger A 83 I 2. S. 351, I 3. S. 367, Koffka § 1 Ν 26 S. 41. 380 s. ζ. B. RG J W 1900/576, wo die Festsetzung der Fluchtlinie 1865 erfolgte, die Baubeschränkung erst 1895 eintrat. 381 Bei der Teilenteignung: J W 1900/576; faktisch ebenso trotz a. M. RGZ 63/298; bei Vollenteignung ohne vorangegangene Teilenteignung: GruchBeitr. 56/1154: Übernahmeanspruch gem. § 13 Abs. 3, Abs. 1 Nr. 3 F L G nach neuem Fluchtlinienplan. 382 GruchBeitr. 56//1155. 383 RGZ 63//301; ebenso RG P r V B l . 21/170, JW 1900/576, GruchBeitr. 56// 1156 und V. Senat Rep. V. 238/83, zitiert bei RGZ 17//164. 384 GruchBeitr. 56//1156. 385 RGZ 17//166, JW 1897/648. 388 RGZ 63//300 vom 11. 5. 1906. 387 So auch RGZ 17//164 f. 388 A n m . 386. 379
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
m i n d e r u n g ein. D i e b e i d e n U r t e i l e des V . Senats b e t r a f e n sowieso n u r v o n j e h e r unbebaubares L a n d 8 8 9 . 5.4.2.2.2.1. A l l g e m e i n e W e r t s t e i g e r u n g e n Was d i e a l l g e m e i n e n W e r t s t e i g e r u n g e n b e t r i f f t , so l e h n t e sich das R G i n seinem U r t e i l v o m 11. 5. 1906 3 9 0 z u r B e g r ü n d u n g a n seine Rechtsprechung z u m F L G a n u n d f ü h r t e aus, daß, w e n n selbst F l u c h t l i n i e n nach d e m n e u e n Recht die T e i l n a h m e eines G r u n d s t ü c k s an n a c h t r ä g l i c h e n W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t v e r h i n d e r n k ö n n t e n , so gelte gleiches f ü r n i c h t b e k a n n t g e m a c h t e ä l t e r e P l ä n e . A u c h der V . Senat entschäd i g t e a l l g e m e i n e W e r t s t e i g e r u n g e n 8 9 1 . Jedoch g i n g es i n d e n g e n a n n t e n U r t e i l e n n i c h t , w i e K o f f k a 3 9 2 m e i n t , auch u m Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n z u B a u l a n d . S o w e i t ersichtlich, l i e g t k e i n U r t e i l zu solchen Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n v o r , doch h ä t t e das R G w o h l k o n s e q u e n t e r w e i s e auch diesen Wertzuwachs entschädigt398. 5.4.2.2.2.2. Besondere (anlagebedingte) W e r t s t e i g e r u n g e n B e z ü g l i c h d e r besonderen, d u r c h die A n l a g e b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n 3 9 4 v e r w e n d e t e das R G d i e v o n seiner Rechtsprechung z u m F L G h e r b e k a n n t e F o r m e l , daß der W e r t m a ß g e b l i c h sei, d e n das G r u n d stück z u m Z e i t p u n k t d e r E n t e i g n u n g a u f w e i s e n w ü r d e , w e n n die F l u c h t l i n i e n i c h t b e s t ü n d e 8 9 5 . Das ist i n s o f e r n interessant, als d a m i t d i e j e n i gen W e r t s t e i g e r u n g e n außer B e t r a c h t zu lassen sind, d i e sich als W i r k u n g e n des noch n i c h t p u b l i z i e r t e n B e b a u u n g s p l a n e s d a r s t e l l e n 3 9 6 . D i e B e w e r t u n g w u r d e also a u f e i n e n Z e i t p u n k t v o r v e r l e g t , i n d e m eine r e c h t l i c h v e r b i n d l i c h e P l a n u n g noch n i c h t bestand. ( V o r d e n P l a n g i n g das R G aber auch h i e r n i c h t zurück.) Das R G zog z u r B e g r ü n d u n g a l l e r d i n g s den G e d a n k e n des § 10 A b s . 2 P r E G a u s d r ü c k l i c h n i c h t h e r a n , w e n n er auch h i n t e r d e n E r w ä g u n g e n gesehen w e r d e n m u ß . 389 RGZ 17//165 f. S. dazu auch RGZ 63//301 und GruchBeitr. 56//1156 f., wo gegenüber der Begründung i n RGZ 17/162 f. Vorbehalte geäußert w e r den. 390 A n m . 386. 391 RGZ 17//167, JW 1897/648. 392 § 8 Ν 34 S. 85. 393 Vgl. dazu Koffka a.a.O. 394 Als Beispiel zum Entstehen dieses Wertzuwachses s. JW 1900/576: „Wenn eine öffentliche Straße nach einem nicht veröffentlichten Bebauungsplan k ü n f t i g erst geschaffen werden soll, so w i r d tatsächlich der Wert der an diese Straße angrenzenden Grundstücke steigen u n d sich dem vollen Wert einer Baustelle u m so mehr nähern, je näher die Aussicht auf H e r stellung der Straße u n d damit auf den Beginn der Baumöglichkeit rückt; die Grundstücke werden schon vorher tatsächlich Bauland." 395 RGZ 63//300; ebenso der V. Senat i n dem i n RGZ 17//164 zitierten U r teil Rep. V 238/83. W o h l auch RGZ 17//166 o. 396 Ebenso PrVBl. 22/170, JW 1900/576, Koffka § 8 Ν 34 S. 86 u.
§ 3 § 10 Abs. 2 PrEG als K e r n des Wertsteigerungsausschlusses 5.4.3. Der Zwischenwertsteigerungsausschluß und die Verzinsung der Entschädigung
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bis zur Vollenteignung für die Teilenteignung
V e r g l e i c h t m a n d i e Rechtsprechung zu d e n P l ä n e n a l t e n u n d n e u e n Rechts m i t e i n a n d e r , so f ä l l t die N i c h t e n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n zwischen B a u v e r b o t u n d V o l l e n t e i g n u n g auf, die d u r c h die F i x i e r u n g der W e r t e i m Z e i t p u n k t des W i r k s a m w e r d e n s des B a u v e r b o t s b e i d e n P l ä n e n aus d e r Z e i t v o r d e m F L G b e w i r k t w u r d e . E r scheint dieser Ausschluß a u f den ersten B l i c k noch als w e s e n t l i c h e r V o r t e i l u n d F o r t s c h r i t t gegenüber der Rechtsprechungspraxis z u m F L G , so f ü h r t eine w e i t e r e U n t e r s u c h u n g d e r reichsgerichtlichen J u d i k a t u r z u e i n e m a n d e r e n E r g e b n i s : insgesamt gesehen w a r d i e N i c h t e n t s c h ä d i gung v o n Zwischenwertsteigerungen n u r v o n begrenzter Bedeutung, w e i l u n d s o w e i t sie d u r c h eine V e r z i n s u n g der ( T e i l - ) E n t s c h ä d i g u n g s s u m m e v o m Z e i t p u n k t des I n k r a f t t r e t e n s des B a u v e r b o t s ersetzt w u r d e . Z w a r e r f o l g t e diese E r s e t z u n g n i c h t ausdrücklich. Doch es l ä ß t sich eine V e r k n ü p f u n g der V e r z i n s u n g m i t d e r Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g s e n t schädigung deshalb v o r n e h m e n , w e i l beide eine F o r m d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r den E n t z u g der G r u n d s t ü c k s n u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n d a r s t e l len. O b e n 8 9 7 w a r dargelegt w o r d e n , daß die b e r ü c k s i c h t i g t e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n b e i E n t e i g n u n g e n a u f G r u n d v o n V e r f a h r e n nach d e m F L G einer E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n N u t z u n g s v e r l u s t v o n d e r F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g bis z u r V o l l e n t e i g n u n g g l e i c h k o m m e n . E i n e V e r z i n sung der gesamten E n t s c h ä d i g u n g s s u m m e , das sei h i e r nachgetragen, w u r d e , s o w e i t n i c h t eine v o r z e i t i g e B e s i t z n a h m e s t a t t g e f u n d e n h a t t e 3 9 8 , v o m Z e i t p u n k t der V o l l e n t e i g n u n g g e w ä h r t 8 9 9 . B e i F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g nach a l t e m Recht gestand das R G , z u m i n d e s t w ä h r e n d einer Phase seiner J u d i k a t u r , gerade u m g e k e h r t Z i n s e n schon m i t B e g i n n der W i r k s a m k e i t des B a u v e r b o t s z u 4 0 0 , entschädigte aber, w i e sub 5.4.1. ausgeführt, Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t . W e n n auch i m U r t e i l des R G v o m 28. 10. 1893 4 0 1 etwas i r r e f ü h r e n d der B e g r i f f „ V e r z u g " a u f t a u c h t , so ergeben doch die G r ü n d e dieses U r t e i l s e i n d e u t i g , daß die V e r z i n s u n g der E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t als A u s g l e i c h f ü r die V e r h i n d e r u n g der b a u l i c h e n N u t 397
Sub 5.3.3.3.1. Zur Verzinsung i n diesem Falle siehe Kap. I I § 2, 3.2.6.2.2. Der Besitzeinweisung angenähert waren die Fälle des § 13 Abs. 1 Nr. 2 F L G (Freilegung): s. RG JW 1903/194 Nr. 71 a. E. Auch v o m Zeitpunkt der Freilegung ab wurde die Entschädigung verzinst: RG a.a.O., WarnRspr. 3//87. 399 Vgl. RG JW 1903/37 Nr. 57, 1903/194 Nr. 71, Koffka § 36 Ν 9 S. 280, Meyer / Thiel / Frohberg § 36, 3 S. 141. 400 GruchBeitr. 34//1095, RGZ 32//211 f. 401 RGZ 32//211. 308
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Kap. I I : Das System des Preußischen Enteignungsgesetzes
z u n g des G r u n d s t ü c k s seit W i r k s a m k e i t des B a u v e r b o t s v e r s t a n d e n w u r d e 4 0 2 u n d s o m i t eine E n t s c h ä d i g u n g f ü r den N u t z u n g s v e r l u s t d a r stellte. D e n Z i n s a n s p r u c h sah das R G — z u m i n d e s t auch — i m Ged a n k e n des § 109 T e i l I T i t e l 11 A L R b e g r ü n d e t 4 0 3 , demgemäß n i e m a n d Sache u n d P r e i s — h i e r E n t s c h ä d i g u n g — zugleich s o l l n u t z e n k ö n n e n 4 0 4 . Nach dieser Rechtsprechung b e d u r f t e es keines gesonderten Schadensnachweises, die Z i n s e n w u r d e n stets m i t W i r k s a m w e r d e n des B a u v e r b o t s z u g e s t a n d e n 4 0 5 , w a s jedoch n i c h t ausschloß, daß e i n w e i t e r gehender N u t z u n g s v e r l u s t , w e n n s u b s t a n t i i e r t , entschädigt w u r d e 4 0 6 . A b w e i c h e n d v o n diesen G r u n d s ä t z e n h a t i n späteren U r t e i l e n e i n a n d e r e r Senat des R G — der V I I . — d e n B e g i n n der V e r z i n s u n g v o n der — r e g e l m ä ß i g erst später e r f o l g e n d e n — Z a h l u n g s a u f f o r d e r u n g des B e t r o f f e n e n a b h ä n g i g g e m a c h t 4 0 7 u n d w o h l auch d a n n n i c h t gener e l l eine V e r z i n s u n g z u e r k a n n t 4 0 8 . Diese E i n s c h r ä n k u n g des Bereichs der V e r z i n s u n g v e r g r ö ß e r t e a u t o m a t i s c h die B e d e u t u n g des Z w i s c h e n w e r t steigerungsausschlusses b e i P l a n u n g e n nach a l t e m Recht. Insgesamt d ü r f t e d i e G e w i n n a b s c h ö p f u n g aber n i c h t a l l z u e r h e b l i c h gewesen sein, da seit 1875 F l u c h t l i n i e n n u r noch gemäß d e m F L G festgesetzt w u r d e n .
§ 4 A n h a n g : D e r Wertsteigerungsausschluß i n d e n außerpreußischen Landesrechten E r g ä n z e n d zu der D a r s t e l l u n g d e r i n P r e u ß e n g e l t e n d e n G r u n d s ä t z e sei noch a u f einige andere L a n d e s r e c h t e h i n g e w i e s e n . Z e i t l i c h nach d e m P r E G e r g i n g e n u. a. das W ü r t t e m b e r g i s c h e Zwangsenteignungsgesetz v o m 20.12. 1888 4 0 9 , das Badische Enteignungsgesetz v o m 26. 6. 1899 4 1 0 , das Sächsische Enteignungsgesetz v o m 24. 6. 1902 4 1 1 u n d das T h ü r i n g i sche Enteignungsgesetz v o m 18. 4. 1921. B e z ü g l i c h der E n t s c h ä d i g u n g h i e l t e n sich diese Enteignungsgesetze ganz ü b e r w i e g e n d i n d e m i n 402 s. RG a.a.O., vgl. auch RG WarnRspr. 3//87: „Der Kläger bezieht Zinsen . . . von der Freilegung an und entbehrt daher die Nutzung des G r u n d stücks nicht." 403 RGZ 31//280, 32//212, U r t e i l v o m 12. 11. 1890 — Rep. V 156/90, zitiert von RGZ 32//212. 404 So auch die Rechtsprechung zur Verzinsung der Entschädigung vom Zeitpunkt der Besitzüberlassung: Kap. I I § 2, 3.2.6.2.2. 405 RG GruchBeitr. 34//1095, RGZ 31//280, 32//212, Koffka § 1 Ν 26 S. 41. 406 So dürfte RGZ 32//210 zu verstehen sein. S. auch Koffka § 1 Ν 26 a. E. S. 43. 407 J W 1900/626, 1902/374. 408 JW 1900/626; vgl. JW 1903/37 Nr. 57. 409 RegBl. S. 446. 410 GVB1. Bd. X X V I I S. 359. 411 GVB1. S. 153.
§ 4 Anhang: Außerpreußisches Landesrecht
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D e u t s c h l a n d seither b e k a n n t e n R a h m e n , m i t a n d e r e n W o r t e n , e i n A u s schluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n größeren Ausmaßes e r f o l g t e nicht. I n S ü d d e u t s c h l a n d u n d i n Sachsen w a r die E n t s c h ä d i g u n g sogar noch s t ä r k e r als i n P r e u ß e n d e m Schadensersatz a n g e n ä h e r t 4 1 2 u n d v ö l l i g a b w e i c h e n d v o n den ü b r i g e n Gesetzen w u r d e n nach badischem Recht e n t e i g n u n g s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n n u r ausgeschlossen, sow e i t sie d e m zu e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k einen besonderen, a l l e n a n d e r e n G r u n d s t ü c k e n n i c h t z u f l i e ß e n d e n V o r t e i l gebracht h ä t t e n 4 1 3 . W e n n d a r i n eine gewisse S e l b s t ä n d i g k e i t der außerpreußischen Gesetze z u m A u s d r u c k k o m m t , so l ä ß t sich andererseits der E i n f l u ß d e r i n P r e u ß e n g e l t e n d e n G r u n d s ä t z e a u f die ü b r i g e n Landesrechte n i c h t übersehen: E i n m a l d ü r f t e er z u m T e i l i n d e n gesetzlichen R e g e l u n g e n selbst z u m A u s d r u c k g e k o m m e n s e i n 4 1 4 , w e i t e r h i n w u r d e die reichsgerichtliche J u d i k a t u r z u r K o m m e n t i e r u n g auch der außerpreußischen V o r s c h r i f t e n h e r a n g e z o g e n 4 1 5 . E i n besonders a u f f ä l l i g e s B e i s p i e l ist die Ü b e r n a h m e der Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g des R G i n das Bayerische Recht. U n t e r A u f gabe seiner eigenen J u d i k a t u r u n d u n t e r A b g e h e n v o n der herrschend e n M e i n u n g der L i t e r a t u r 4 1 6 f o l g t e das B a y O b L G zunächst a n l ä ß l i c h d e r G e l d e n t w e r t u n g nach d e m 1. W e l t k r i e g 4 1 7 u n d später ganz a l l g e m e i n 4 1 8 d e n z u m preußischen Recht e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e n bzgl. des B e m e s s u n g s z e i t p u n k t e s 4 1 9 , u n d z w a r ebenfalls m i t d e m Z i e l , d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n die w ä h r e n d des E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s e i n g e t r e t e n e n W e r t s t e i g e r u n g e n m ö g l i c h s t w e i t g e h e n d z u k o m m e n zu lass e n 4 2 0 . A u f nähere E i n z e l h e i t e n der g e n a n n t e n L a n d e s e n t e i g n u n g s g e s e t z e 4 2 1 b r a u c h t n i c h t eingegangen zu w e r d e n , da insgesamt diese Gesetze k e i n e f ü r das T h e m a b e d e u t s a m e n B e s t i m m u n g e n e n t h a l t e n . Es g e n ü g t die Feststellung, daß auch a u ß e r h a l b Preußens i m w e s e n t l i c h e n die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g nach denselben G r u n d s ä t z e n bemessen w u r d e , w i e sie f ü r den B e r e i c h des P r E G g a l t e n u n d daß diese Ü b e r e i n s t i m m u n g z u m T e i l auf d e m E i n f l u ß des preußischen Rechts b e r u h t e .
412 § 7 BadEG, dazu Fuchs S. 25 f.; A r t . V BayZAG, dazu Laforet A r t . V S. 114 f.; § 22 SächsEG, dazu Scheicher § 22, 6 S. 294 ff. 413 Fuchs § 8, I I S. 29 f. 414 Vgl. A r t . 10 W ü r t t E G bezüglich des Zeitpunktes der Wertbemessung und Scheicher, V o r w o r t S. I I I . 415 Siehe Scheicher, Kommentierung zu § 22 f. SächsEG, insbes. S. 260 ff., 303; Fuchs, Kommentierung zu § 8 BadEG, insbes. S. 31. 416 Statt aller s. Laforet A r t . V, 6 b S. 115 f. 417 BayObLGZ 32/397, 407. 418 BayObLGZ 34/250, 261 ff. 419 Kap. I I , § 2, 3.2.4. und § 2, 5. 420 B a y O b L G a.a.O. A n m . 418. 421 Dazu für die Zeit bis 1900 s. Layer, 7. Kap., V S. 534 ff., V I S. 538 ff.
Kapitel
III
Die Rechtsentwicklung in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bis zur Einführung des Preisstops; Ansätze zu einem generellen Ausschluß besonders mißbilligter Wertsteigerungen § 1 D e r z e i t l i c h begrenzte Ausschluß kriegsbedingter Wertsteigerungen der W e i m a r e r Z e i t 1. Angemessene Entschädigung i. S. der reichsrechtlichen Enteignungsvorschriften N a c h d e m E n d e des 1. W e l t k r i e g e s w u r d e n i n n e r h a l b k u r z e r Z e i t v i e r reichsrechtliche V o r s c h r i f t e n verabschiedet, die w e g e n des i n d e n E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n e n t h a l t e n e n Ausschlusses v o n „ W e r t s t e i g e r u n g e n , die a u f die a u ß e r o r d e n t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e des K r i e g e s z u r ü c k z u f ü h r e n s i n d " , besonderes Interesse v e r d i e n e n . Es h a n d e l t sich u m die V e r o r d n u n g z u r B e h e b u n g der d r i n g e n d s t e n W o h n u n g s n o t (BehebVO) v o m 15. 1. 1919 1 , das Reichssiedlungsgesetz (RSG) v o m 11. 8. 1919 2 , das Gesetz ü b e r E n t e i g n u n g s r e c h t v o n G e m e i n d e n b e i A u f h e b u n g oder E r m ä ß i g u n g v o n R a y o n b e s c h r ä n k u n g e n (Festungsenteignungsgesetz — F e s t u n g s E G — ) v o m 27. 4. 1920 3 u n d schließlich u m das Reichsheimstättengesetz ( R H G ) v o m 10.5. 1920 4 . A u ß e r b e i E n t e i g n u n g nach d e m F e s t u n g s E G 5 w a r i n d e n ü b r i g e n F ä l l e n als E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g die „angemessene E n t s c h ä d i g u n g " vorgesehen 6 . Dieser B e g r i f f , d e n auch A r t . 153 A b s . 2 W R V v e r w a n d t e , b e r e i t e t e L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung w e g e n seiner A u s f ü l l u n g s b e d ü r f t i g k e i t v o n A n f a n g an S c h w i e r i g k e i t e n . 1 (RGBl. S. 69), nach Änderung neu bekanntgemacht auf Grund der VO vom 9.12. 1919 (RGBl. S. 1965). 2 RGBl. S. 1429. Dem Gesetz w a r die VO zur Beschaffung von l a n d w i r t schaftlichem Siedlungsland v. 29.1.1919 (RGBl. S. 115) vorausgegangen, die jedoch durch § 31 des Gesetzes wieder aufgehoben wurde. Z u den H i n t e r gründen s. Holzapfel S. 16 f. 3 RGBl. I S. 697. 4 RGBl. I S. 962. 5 § 3, dazu sub 2.2. a. E. 6 § 3 BehebVO, § 15 Abs. 1 RSG, § 28 Abs. 2 RHG. Ebenso § 2 Sozialisierungsgesetz vom 23. 5. 1919 (RGBl. S. 341).
§ 1 Ausschluß kriegsbedingter Wertsteigerungen der Weimarer Zeit
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1.1. Verständnis in Literatur und Rechtsprechung N u n e x i s t i e r t e a l l e r d i n g s schon i n der Z e i t der K r i e g s w i r t s c h a f t der B e g r i f f des „angemessenen Preises", d e r b e i zahlreichen k r i e g s w i r t schaftlichen E n t e i g n u n g e n den U m f a n g der E n t s c h ä d i g u n g b e s t i m m t e 7 . Ü b e r d e n K e r n dieses B e g r i f f e s scheint w ä h r e n d des K r i e g e s K l a r h e i t geherrscht zu h a b e n : E n t s c h ä d i g t w e r d e n sollte e i n Preis, der b e i V e r m e i d u n g der B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n K r i e g s k o n j u n k t u r e n sich als E r g e b nis n o r m a l e r K a l k u l a t i o n d a r s t e l l t e 8 , w o b e i i m R a h m e n des l e t z t e r e n Gesichtspunktes w o h l auch soziale E r w ä g u n g e n m i t einbezogen w u r d e n 9 . Daß n u n d i e angemessene E n t s c h ä d i g u n g i. S. oben g e n a n n t e r G e setze oder der W R V a u f diesen K e r n des angemessenen Preises z u r ü c k g e h t 1 0 , m a g z w a r m ö g l i c h sein. S o w e i t ersichtlich, w u r d e aber die angemessene E n t s c h ä d i g u n g i n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung stets aus sich selbst heraus i n t e r p r e t i e r t . Es f i n d e t sich i m S c h r i f t t u m n i r g e n d s e i n H i n w e i s a u f den angemessenen Preis, o b w o h l d i e A u t o r e n b i s w e i l e n E i n b l i c k i n den V o r g a n g der E n t s t e h u n g der Gesetze h a t t e n 1 1 . B e z ü g l i c h des Verständnisses der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g herrschte i n S c h r i f t t u m u n d Rechtsprechung E i n i g k e i t d a h i n g e h e n d , daß m i t diesem B e g r i f f n i c h t g e m e i n t w a r eine v o l l s t ä n d i g e oder v o l l e E n t s c h ä d i g u n g u n t e r Ersatz a l l e r v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n N a c h t e i l e 1 2 . Z u m a n d e r e n sollte aber die E n t s c h ä d i g u n g n i c h t a u f d e n g e m e i n e n W e r t als Ersatz f ü r d e n o b j e k t i v e n G r u n d s t ü c k s w e r t b e s c h r ä n k t b l e i ben, v i e l m e h r s o l l t e n auch s u b j e k t i v e G e s i c h t s p u n k t e B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n 1 3 . I n e t w a d ü r f t e die o f t z i t i e r t e F o r m e l des P r O L K A 1 4 als A u s d r u c k der maßgeblichen Rechtsprechung, die v o m R G e i n m a l abgesehen 1 5 , v o m P r O L K A geprägt w u r d e , u n d ebenso der herrschenden 7 Z u m ersten Male fand sich der angemessene Preis i n § 16 Abs. 1 der Bekanntmachung über die Regelung des Verkehrs m i t Brotgetreide und Mehl vom 25.1.1915 (RGBl. S. 35): „Der Erwerber hat für die überlassenen Vorräte einen angemessenen Preis zu zahlen." 8 Schulthes S. 26, Knoll AöR 1956//351 f., letzterer m i t Nachweisen auch aus der Rechtsprechung. « Knoll a.a.O. 10 So Knoll AöR 1956//352 f. und Schulthes S. 26. 11 Siehe Ponfick Arch. f. i. Kol. XV//130 f. Die von Sering, dem Vater des Reichssiedlungsgesetzes, verfaßten Erläuterungen — s. unten A n m . 24 — enthalten diesbezüglich ebenfalls nichts. 12 P r O L K A Arch. f. i. Kol. XV//66, Ponfick Arch. f. i. Kol. XV/129 - 130, Holzapfel § 15, 2 a S. 58, Ponfick ! Wenzel § 15, 6 S. 172, Haack § 15, 3 S. 104, Anschütz A r t . 153, 12 S. 718. 13 P r O L K A Arch. f. i. Kol. XV//66, Rosikat Arch. f. i. Kol. XV/122, Ponfick / Wenzel § 15, 6 S. 172, Haack Arch. f. i. Kol. XV/249 und § 15, 3 S. 10, w o h l auch Holzapfel § 15, 1 a S. 58, Krüger § 28, 9 S. 108, Krüger / Wenzel § 28, 9 S. 149. 14 Beschluß vom 12.12.1922, Arch. f. i. Kol. XV//66. 15 Dazu vgl. sub 4.
7 6 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop M e i n u n g i n der L i t e r a t u r g e g o l t e n h a b e n : „ D i e angemessene Entschäd i g u n g ist eine solche, die n i c h t a l l e s u b j e k t i v e n Interessen des E i g e n t ü m e r s berücksichtigt, aber auch n i c h t r e i n o b j e k t i v b e u r t e i l t w i r d , die v i e l m e h r u n t e r b i l l i g e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der V e r h ä l t n i s s e des E i n z e l falles f ü r das zu enteignende G r u n d s t ü c k festgesetzt w i r d 1 6 . " Das V e r h ä l t n i s der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g z u m g e m e i n e n W e r t b e s t i m m t e das P r O L K A a u s d r ü c k l i c h n u r i n e i n e r R i c h t u n g : d i e angemessene E n t s c h ä d i g u n g umfasse m e h r als den g e m e i n e n W e r t des e n t eigneten Objektes, n ä m l i c h auch s u b j e k t i v e I n t e r e s s e n 1 7 . W i e w e i t der gemeine W e r t u n t e r s c h r i t t e n w e r d e n d u r f t e , ließ obige F o r m e l offen. Es scheint d e n n auch a n eine i m Wesen d e r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g liegende M ö g l i c h k e i t des U n t e r s c h r e i t e n s des g e m e i n e n W e r t e s f ü r das E n t e i g n u n g s o b j e k t n i c h t gedacht w o r d e n z u sein, da das G e r i c h t d e n gesetzlich n o r m i e r t e n Ausschluß v o n k r i e g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n als E i n s c h r ä n k u n g der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g v e r s t a n d 1 8 . D i e L i t e r a t u r w a r sich ü b e r w i e g e n d d a r i n einig, daß die angemessene E n t s c h ä d i g u n g bzgl. des Rechtsverlustes „ u n g e f ä h r d e m g e m e i n e n W e r t e n t s p r i c h t " 1 9 . E i n e U n t e r s c h r e i t u n g des g e m e i n e n W e r t e s w u r d e gener e l l n i c h t ausgeschlossen 2 0 . O b b e i dieser U n t e r s c h r e i t u n g n u r a n d e n Ausschluß der k r i e g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n gedacht w a r , l ä ß t sich n i c h t sicher feststellen. Es spricht jedoch einiges f ü r diese A n n a h me, da d i e E i n z e l f a l l a b w ä g u n g entsprechend d e r F o r m e l des P r O L K A , s o w e i t ersichtlich, n i e z u m Ausschluß sonstiger u n v e r d i e n t e r W e r t gewinne führte, sondern n u r für die Entschädigung anderer V e r m ö gensschäden (i. S. des h e u t i g e n § 96 B B a u G ) V e r w e n d u n g fand. A l l e n falls w a r H a a c k 2 1 b e r e i t , b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g f ü r d e n Rechtsverlust die Interessen des U n t e r n e h m e n s m i t e i n z u b e z i e h e n 2 2 . 1.2. Die gesetzgeberischen Vorstellungen D i e oben — h i n s i c h t l i c h des Rechtsverlustes — aufgezeigte I n t e r p r e t a t i o n der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g d ü r f t e w o h l d e n gesetzgeberischen V o r s t e l l u n g e n , s o w e i t solche z u e r m i t t e l n s i n d 2 8 , entsprechen. 18 Vgl. Rosikat, Ponfick / Wenzel und Haack a.a.O. jeweils unter Bezugnahme auf obigen Beschluß. 17 Arch. f. i. Kol. XV//66. 18 Arch. f. i. Kol. XV//66. 19 Rosikat Arch. f. i. Kol. XV/122, Ponfick Arch. f. i. Kol. XV//130, 134. 20 Rosikat a.a.O. S. 128, Ponfick a.a.O. 21 Arch. f. i. Kol. XV/249 - 250. 22 I n seinem Kommentar zum RSG § 15, 3 S. 104 finden sich derartige E r wägungen nicht mehr. 23 Selbst zur angemessenen Entschädigung i. S. A r t . 153 Abs. 2 W R V enthalten die Materialien nichts. Vgl. Knoll AöR 1956//349, Schulthes S. 22.
§ 1 Ausschluß kriegsbedingter Wertsteigerungen der Weimarer Zeit
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Die i n amtlichem A u f t r a g von Sering erarbeiteten Erläuterungen z u m E n t w u r f eines Reichsgesetzes z u r B e s c h a f f u n g v o n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e m S i e d l u n g s l a n d 2 4 s t e l l e n n u r sehr k u r z fest, daß die angemessene Entschädigung nicht ohne weiteres m i t dem gemeinen W e r t identisch s e i 2 5 ; v i e l m e h r sei u n t e r Ausschluß der k r i e g s b e d i n g t e n K o n j u n k t u r s t e i g e r u n g e n d e n V e r h ä l t n i s s e n des E i n z e l f a l l e s R e c h n u n g zu t r a g e n 2 6 . Übereinstimmend d a m i t erläuterte der Reichsarbeitsminister w ä h r e n d der p a r l a m e n t a r i s c h e n B e r a t u n g des R H G die angemessene Entschäd i g u n g i m S i n n e dieses Gesetzes 2 7 . E i n b l i c k i n die gesetzgeberischen V o r s t e l l u n g e n v e r m i t t e l t auch P o n fick i n e i n e m A u f s a t z z u r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g i. S. des § 15 R S G 2 8 . D a n a c h habe m a n f ü r die Z e i t nach E n d e des K r i e g e s e i n m a l W e r t s t e i g e r u n g e n des Grundbesitzes besonders, aber n i c h t n u r i n bes t i m m t e n , D e u t s c h l a n d anzuschließenden R e g i o n e n e r w a r t e t u n d w e i t e r h i n e r k a n n t , daß sich, h e r v o r g e r u f e n d u r c h K r i e g s m a ß n a h m e n , l o k a l e W e r t s t e i g e r u n g e n abzeichneten. A l s angemessen sei daher der V o r k r i e g s p r e i s e m p f u n d e n w o r d e n 2 9 , u n d z w a r eben u n t e r Ausschluß jener Wertsteigerungen 80. Wegen Fehlens ausführlicher p a r l a m e n t a r i scher M a t e r i a l i e n z u r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g ist v o n der W i s s e n schaft nach d e m 2. W e l t k r i e g versucht w o r d e n , d e n B e g r i f f g e n e r e l l d u r c h seine H e r k u n f t aus der K r i e g s w i r t s c h a f t z u d e u t e n 8 1 . Diese B e m ü h u n g e n f ü h r t e n , w e n n z w a r n i c h t zu sicheren F e s t s t e l l u n g e n i m e i n zelnen, so doch z u m i n d e s t zu d e m Ergebnis, daß d i e v o l l e E n t s c h ä d i g u n g u n t e r Einschluß a l l e r k r i e g s b e d i n g t e n M a r k t v e r z e r r u n g e n n i c h t gewollt war. F a ß t m a n die h i e r w i e d e r g e g e b e n e n H i n w e i s e auf die gesetzgeberischen I n t e n t i o n e n zusammen, so d ü r f t e feststehen, daß b e z ü g l i c h des Wertsteigerungsausschlusses n u r an k r i e g s b e d i n g t e G e w i n n e gedacht w a r . W e i t e r h i n d ü r f t e d a h e r der V o r k r i e g s p r e i s v o m Gesetzgeber ge24 Abgedruckt bei Ponfick / Wenzel RSG S. 50 ff. Diese Erläuterungen w a ren an sich zur VO vom 29.1.1919 — s. A n m . 2 — ergangen. Da bezüglich der Entschädigung die V O und das RSG v ö l l i g übereinstimmen, sind die Erläuterungen i m Rahmen des RSG verwertbar. 25 Vgl. auch die Äußerungen eines Regierungsvertreters bei den Ausschußberatungen zum Preuß. Ausführungsgesetz, mitgeteilt von Holzapfel S. 57 58. 26 Erläuterungen a.a.O. S. 87 - 88. 27 Verhandlungen d. Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung Bd. 333, Sten. Ber. 175. Sitzung vom 29. 4.1920 S. 5613 C. 28 Arch. f. i. Kol. XV/129ff.; Ponfick hatte zum Teil an Beratungen teilgenommen und stand i n engem K o n t a k t m i t den Urhebern des Gesetzes. 29 a.a.O. S. 131 f. 30 a.a.O. S. 132. 31 So Knoll AöR 1956//349 ff., Schulthes S. 23 ff. S. auch schon sub 1.1.
7 8 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop w o l l t gewesen sein. D o c h h a t t e n sich nach 1919 d i e V e r h ä l t n i s s e a m G r u n d s t ü c k s m a r k t — b e i B e r a t u n g der Gesetze n i c h t voraussehbar — d u r c h W ä h r u n g s v e r s c h l e c h t e r u n g u n d r ü c k l ä u f i g e Bodenpreise e r h e b l i c h geändert, so daß die V o r k r i e g s z e i t n i c h t m e h r M a ß s t a b sein k o n n t e . O b d i e E n t s c h ä d i g u n g des g e m e i n e n W e r t e s als Ersatz f ü r d e n Rechtsv e r l u s t , d i e d i e h. M . u n t e r A b z u g sich noch a m M a r k t niederschlagender k r i e g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n g e w ä h r t e , u n t e r d e n v e r ä n d e r ten Verhältnissen a m Grundstücksmarkt den einstigen Intentionen a m ehesten e n t s p r a c h 8 2 , erscheint n i c h t v ö l l i g zweifelsfrei, da soziale G e d a n k e n , e t w a der S i e d l u n g s g e d a n k e , m i t d e n o b i g e n n e u e n Gesetzen v e r f o l g t w u r d e n 8 2 a . A u c h v o r d e m H i n t e r g r u n d des A r t . 155 A b s . 3 S. 2 W R V m i t seinen sozialen A n s ä t z e n d ü r f t e die V e r k e h r s w e r t e n t schädigung m i t g e n a n n t e n A b m i l d e r u n g e n 3 3 n i c h t der e i n z i g zulässige W e g gewesen sein. 2. D i e Behandlung unverdienter Wertsteigerungen in der W e i m a r e r Z e i t N a c h diesen A u s f ü h r u n g e n k a n n es n i c h t w e i t e r v e r w u n d e r n , daß e i n Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n i n der W e i m a r e r Z e i t ü b e r bisher b e k a n n t e n U m f a n g h i n a u s n u r begrenzt s t a t t f a n d . A u f f a l l e n d ist die v ö l l i g fehlende N e i g u n g , d e n B e g r i f f der A n g e m e s s e n h e i t f ü r die A b s c h ö p f u n g v o n W e r t z u w a c h s n u t z b a r z u machen. 2.1. Unternehmensbedingte Wertsteigerung Entsprechend ü b e r k o m m e n e m Grundsatz w u r d e n unternehmensbed i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t entschädigt. Das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p g a l t gemäß § 4 A b s . 2 P r . A u s f ü h r u u g s g e s e t z z u m R S G v o m 15.12. 1919 3 4 a u s d r ü c k l i c h auch b e i n e u e n S i e d l u n g e n 3 5 . W e i t e r h i n b e s t i m m t e § 4 A b s . 1 des Gesetzes ü b e r die E n t e i g n u n g v o n G r u n d e i g e n t u m u n d ü b e r die B e i t r a g s l e i s t u n g e n b e i der K a n a l i s i e r u n g des Neckars v o n M a n n h e i m bis P l o c h i n g e n v o m 3. 8. 1929 3 6 d e n A u s schluß der d u r c h die A u s s i c h t auf das K a n a l u n t e r n e h m e n b e g r ü n d e t e n W e r t s t e i g e r u n g e n . I n s o w e i t b r a c h t e n die Gesetze nichts Neues. 2.2. Die kriegsbedingten Konjunkturgewinne U b e r den bisher g e k a n n t e n R a h m e n h i n a u s g i n g e n die oben g e n a n n t e n v i e r Reichsgesetze m i t d e m Ausschluß v o n W e r t s t e i g e r u n g e n , die 32
So Ponfick Arch. f. i. Kol. XV//134. 32a V g l > ponfick a.a.O. S. 131 und Rosikat Arch. f. i. Kol. XV/256. 33 Dazu näher sogleich. 34 GS 1920 S. 31. 35 Holzapfel S. 111. 36 RGBl. S. 1613.
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„ a u f die a u ß e r o r d e n t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e des K r i e g e s z u r ü c k z u f ü h r e n " w a r e n 8 7 , w o b e i § 28 A b s . 2 S. 2 R H G noch eine E r w e i t e r u n g brachte u n d W e r t s t e i g e r u n g e n einbezog, die a u f d e n V e r h ä l t n i s s e n der N a c h k r i e g s zeit b e r u h t e n . D a m i t w a r e n z u m ersten M a l e i n D e u t s c h l a n d v o n e i n e m E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n u n a b h ä n g i g e W e r t g e w i n n e erfaßt. Z w a r sollte schon nach e i n e m G r u n d s a t z z u m preußischen Recht, der z u m T e i l sogar i n f r ü h e r e r Z e i t g a l t , der gemeine W e r t n u r i n n e r h a l b der n a t ü r l i c h e n Schwankungen ermittelt, zufällige außerordentliche Preissteigerungen aber ausgeschaltet w e r d e n 3 8 . Doch d ü r f t e es sich b e i d e n k r i e g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n u m solche m i t e i n e r gewissen D a u e r w i r k u n g geh a n d e l t haben, so daß sie obiger G r u n d s a t z h ä t t e n i c h t m e h r erfassen können. B e z ü g l i c h des U m f a n g e s dieser W e r t a b s c h ö p f u n g bestand i m w e s e n t l i c h e n E i n i g k e i t 8 0 . Es g i n g — s c h l a g w o r t a r t i g — u m d i e m i ß b i l l i g t e K r i e g s k o n j u n k t u r 4 0 . N i c h t entschädigt w e r d e n s o l l t e n P r e i s s t e i g e r u n gen, d i e d u r c h i m K r i e g e v e r d i e n t e s u n d nach A n l a g e i n G r u n d s t ü c k e n drängendes K a p i t a l h e r v o r g e r u f e n w o r d e n w a r e n 4 1 . F ü r d e n z e i t l i c h e t w a s w e i t e r g e h e n d e n Ausschluß des § 28 A b s . 2 S. 2 R H G g a l t die F o r m e l , daß die P r e i s s t e i g e r u n g e n — abgesehen v o n der G e l d e n t w e r t u n g — , d i e m i t d e m i n n e r e n W e r t nichts z u t u n h a t t e n , außer B e t r a c h t z u lassen seien 4 2 . W e i t e r h i n u n b e r ü c k s i c h t i g t b l i e b e n W e r t g e w i n n e , die e i n K r i e g s u n t e r n e h m e n d u r c h ζ. B . d e n B a u v o n Straßen, B a h n e n oder F a b r i k e n h e r b e i g e f ü h r t h a t t e 4 3 . S o w e i t l e t z t e r e sich als a n h a l t e n d e i n n e r e W e r t s t e i g e r u n g e n eines G r u n d s t ü c k s a u s w i r k t e n , d ü r f t e n sie w o h l zu entschädigen gewesen s e i n 4 4 . P r i m ä r scheint es u m d i e N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g v o n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n gegangen zu sein. O b m a n die Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g , die e i n v o r d e m K r i e g als A c k e r l a n d geltendes, i n z w i s c h e n aber v o m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r als B a u l a n d gehandeltes 37 § 3 S. 2 Beheb VO, § 15 Abs. 1 S. 2 RSG, § 3 Abs. I S. 3 FestungsEG, § 28 Abs. 2 S. 2 RHG. 38 s. Kap. I I , § 1, 4.1., vgl. Kap. I, 3.2.2.3. 39 A u f die damals äußerst umstrittene Frage, ob auch die Geldentwertung nicht zu berücksichtigen war, braucht nicht eingegangen zu werden. S. dazu P r O L K A Arch. f. i. Kol. XV//67,/215 ff.,/291, K G Arch. f. i. Kol. XV/215 Nr. 4 und Ponfick / Wenzel § 15, 6 S. 173. 40 Sering, Erläuterungen, bei Ponfick / Wenzel S. 87 - 88, Ponfick Arch. f. i. Kol. XV/131, vgl. Knoll AöR 1956//354. 41 Holzapfel § 15, 2 c S. 60 unter Einbeziehung der „Nachkriegsschiebergewinne", Ponfick Arch. f. i. Kol. XV/131 - 132, P r O L K A Arch. f. i. Kol. X V / / 67. 42 Krüger § 28, 9 S. 109 unter Bezug auf die Erklärung des Reichsarbeitsministers (s. o. Anm. 27). 43 Holzapfel § 15, 1 c S. 61, Ponfick Arch. f. i. Kol. XV//131. 44 Vgl. Holzapfel a.a.O., Ponfick / Wenzel § 15, 6 S. 173. a. M. Ponfick Arch, f. i. Kol. XV//131.
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Kap. I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop
Gelände e r f a h r e n h a t t e , als reale W e r t s t e i g e r u n g a k z e p t i e r t e oder ob sie als A u s f l u ß der K r i e g s k o n j u n k t u r u n e n t s c h ä d i g t b l i e b , l ä ß t sich nicht ermitteln. Ü b e r d e n beschriebenen U m f a n g h i n a u s w u r d e e i n W e r t s t e i g e r u n g s auschluß i n der W e i m a r e r R e p u b l i k n i c h t v e r w i r k l i c h t . E i n b e i der V e r abschiedung des R H G angeregtes Gesetz z u r Beschaffung b i l l i g e n B o d e n s 4 5 zwecks w e i t e r g e h e n d e r E r f a s s u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e k a m n i c h t zustande. E i n z i g e A u s n a h m e b i l d e t e § 3 A b s . 2 RSG. U n b e w i r t schaftetes M o o r - oder anderes Ö d l a n d k o n n t e a u f G r u n d dieser B e s t i m m u n g zum Ertragswert enteignet werden, o b w o h l derartiges Gelände, w e i l technischer F o r t s c h r i t t b e i der U r b a r m a c h u n g eine bessere Ausnutzbarkeit ermöglichte, einen w e i t höheren Verkaufswert aufw i e s 4 6 . D e r sehr w e i t e Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n ohne B e s c h r ä n k u n g auf d i e K r i e g s k o n j u n k t u r d ü r f t e auf der Tatsache b e r u h e n , daß § 3 A b s . 2 S. 1 R S G z u m i n d e s t z u m T e i l V e r w i r k u n g s e l e m e n t e 4 7 i n K o n k r e t i s i e r u n g v o n A r t . 155 A b s . 3 S. 1 W R V e n t h ä l t . § 3 A b s . 1 S. 1 FestungsEG, der b e i Bemessung der E n t s c h ä d i g u n g a u f d e n G r u n d s t ü c k s w e r t a m 1. 8. 1914 u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g des Bestehens der R a y o n b e s c h r ä n k u n g abstellte, g i n g entgegen d e m ersten A n s c h e i n ü b e r h e r k ö m m l i c h e E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d s ä t z e n i c h t hinaus. D e n n es entsprach d e m i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p , w e n n die A u f h e b u n g der R a y o n b e s c h r ä n k u n g z u d e n Z w e c k e n des E n t schädigungsunternehmens nicht werterhöhend berücksichtigt wurde. I m ü b r i g e n s t i m m t e § 3 A b s . 1 S. 1 F e s t u n g s E G auch m i t der reichsg e r i c h t l i c h e n P r a x i s z u B a u b e s c h r ä n k u n g e n nach a l t e m Recht ü b e r e i n 4 8 . N e u gegenüber der h e r k ö m m l i c h e n P r a x i s w a r a l l e i n die F e s t l e g u n g eines e i n h e i t l i c h e n D a t u m s . 2.3. Art. 155 Abs. 3 S. 2 W R V und das Scheitern von Wertabschöpfungen Zusammenfassend l ä ß t sich feststellen: V o n einer A u s n a h m e abgesehen b e t r a f der Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n der W e i m a r e r R e p u b l i k m i t Sicherheit n u r k r i e g s b e d i n g t e Preisgefügeänder u n g e n , K r i e g s k o n j u n k t u r g e w i n n e . N a t u r g e m ä ß m u ß t e dieser W e r t steigerungsausschluß schon sehr b a l d seine W i r k s a m k e i t v e r l i e r e n , so daß 1930 die entsprechenden V o r s c h r i f t e n als ü b e r h o l t angesehen w u r 45 Vgl. Verh. Verf. Dt. Nat Vers. Bd. 343, Anlagen zu den Sten. Ber. 1920 Nr. 2900 S. 3291. 46 Vgl. Sering, Erläuterungen bei Ponf ick / Wenzel S. 77. 47 Schulthes S. 29 A n m . 90, PrOVGE 98//255 - 256. 48 s. Kap. I I , § 3, 5.4.: bei der Vollentschädigung w a r nur die Qualität (Nutzungsfähigkeit) zu entschädigen, die das Grundstück i m Zeitpunkt der Beschränkung hatte. Ebenso § 3 Abs. 2 FestungsEG für Rayonbeschränkungen nach dem 1. 8. 1914.
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d e n 4 0 , ganz abgesehen d a v o n , daß r ü c k l ä u f i g e s Preisgefüge u n d s c h w i n d e n d e r G e l d w e r t i n der N a c h k r i e g s z e i t 5 0 d i e K r i e g s g e w i n n e z u m i n d e s t t e i l w e i s e n e u t r a l i s i e r t e n . Insgesamt gesehen w u r d e n n u r bescheidene A n s ä t z e v e r w i r k l i c h t , w a s angesichts des A r t . 155 W R V e i n i g e r m a ß e n v e r w u n d e r t , schien er doch e i n e n n e u e n A n f a n g z u v e r h e i ß e n 5 1 . O b w o h l A r t . 155 A b s . 3 S. 2 W R V eine A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e n i c h t n u r d u r c h Steuergesetze e r m ö g l i c h t e 5 2 , b l i e b diese B e s t i m m u n g ohne B e d e u t u n g , z u m a l sie w i e der gesamte A r t i k e l nach h. M . n u r einen Programmsatz darstellte 53. Das i n der marer lichte,
Scheitern der R e f o r m i d e e n a u f d e m Gebiete des E i g e n t u m s l i e g t gesamten p o l i t i s c h e n u n d w i r t s c h a f t l i c h e n E n t w i c k l u n g d e r W e i Z e i t b e g r ü n d e t , die es b e s t i m m t e n I n t e r e s s e n g r u p p e n e r m ö g tiefergehende Ä n d e r u n g e n z u v e r h i n d e r n 5 4 . So v e r w i e s e n z u m
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Vgl. Ponfick / Wenzel § 15, 6 S. 173, Krüger / Wenzel § 28, 9 S. 149. s. oben sub 1. und Kap. I I , § 2, 5. 51 Vgl. Damaschke S. 24 f. 52 Poetzsch-Heffter A r t . 155, 7, Wolff , Festgabe S. 18, vgl. Saenger S. 175. 53 R G JW 1926//981, zustimmend Molitor, A n m e r k u n g J W 1926/980 f.; RGZ 116//274, Anschütz A r t . 155, 1, Arndt S. 394. 54 Vgl. Negro S. 202 und 210. Ganz abgesehen davon, daß der Großgrundbesitz hauptsächlich wegen der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse vor Sozialisierungen, die die Reichsverfassung durch A r t . 156 Abs. 1 ermöglichte, verschont blieb, k a m insbesondere die Inflation, welche die M i t t e l schicht schwer getroffen und als politisch stabilisierenden Faktor ausgeschlossen hatte, dem Großbesitz zugute: Industrie wie Großlandwirtschaft waren weitgehend entschuldet (Böhme S. 117, Fischer S. 34). Der w i r t schaftliche Aufschwung nach Beendigung der Währungskrise setzte i n der Industrie eine Konzentrationsbewegung ganz erheblichen Ausmaßes i n Gang (Böhme S. 115, Blaich S. 5 f.). M i t Ausdehnung der wirtschaftlichen Macht w a r eine Vergrößerung der politischen Einflußnahme verbunden (Blaich S. 5). Wenngleich die Beziehungen zwischen Staat u n d Wirtschaft i n der Weimarer Zeit noch keineswegs abschließend untersucht sind, gibt es dennoch genug Anhaltspunkte dafür, daß die Wirtschaft über bedeutende E i n flußmöglichkeiten auf die P o l i t i k verfügte. Letzteres zeigt sehr deutlich eine Untersuchung von Schäfer über den Deutschen Industrie- u n d Handelstag (DIHT) als politisches F o r u m der Weimarer Republik, i n der die personalen Verquickungen der F ü h r u n g des D I H T m i t der Regierung ebenso zu ersehen sind wie die sich daraus ergebenden sachlichen Kongruenzen z w i schen D I H T und Regierung (s. Schäfer S. 35, S. 41 ff., insbes. S. 52 ff.). Die auf der 45. Vollversammlung des D I H T am 29. 4.1925 von dem Hauptredner, dem damaligen Reichskanzler Dr. Luther, getroffene Feststellung, daß alle Sorgen der Wirtschaft j a auch Sorgen der Reichsregierung seien u n d als Voraussetzung „ f ü r alles" zwischen den Mächten der P o l i t i k u n d denen der Wirtschaft ein Zustand gegenseitigen Vertrauens bestehen müsse (Schäfer S. 53), läßt die Interessenkongruenz erkennen. Daß der D I H T auf einen Z u stand der Kongruenz a k t i v hinarbeitete u n d welcher A r t die Interessen w a ren, mag folgendes Zitat aus einer Vorstandsdebatte des D I H T v o m 29.1. 1930 veranschaulichen: „ . . . (wird) von allen Seiten auch anerkannt, daß versucht werden müsse, auf politische Fragen u n d Instanzen i n Reich, Staat und Kommunen einen sachgemäßen, bürgerlichen Interessen entsprechenden Einfluß zu gewinnen, ohne daß diese Tätigkeit den Charakter 50
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Kap. I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop
T e i l w i e d e r E n t e i g n u n g s v o r s c h r i f t e n des Reiches a u f d i e E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n d e r L ä n d e r u n d b r a c h t e n d a m i t auch reichsrechtlich die v o l l e E n t s c h ä d i g u n g z u r G e l t u n g 5 5 . V o n der Rechtsprechung des R G k a m e n ebenfalls, w o r a u f sogleich noch n ä h e r e i n z u g e h e n sein w i r d , k e i n e I m p u l s e zu e i n e m g e w a n d e l t e n V e r s t ä n d n i s der E n t s c h ä d i g u n g . S o w e i t der oben geschilderte Wertsteigerungsausschluß ü b e r H e r k ö m m l i c h e s hinausgehende A n s ä t z e e r k e n n e n ließ, f i e l e n t e i l s auch diese d e n w i r t s c h a f t l i c h e n U m s t ä n d e n z u m O p f e r : Z u m i n d e s t b e i l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n A n s i e d l u n g e n t r a t d i e E n t e i g n u n g nach d e m R S G s t a r k i n d e n H i n t e r g r u n d , da die S c h a f f u n g n e u e r S i e d l e r s t e l l e n w e g e n der g e r i n g e n R e n t a b i l i t ä t der L a n d w i r t s c h a f t n i c h t m e h r s i n n v o l l schien 5 6 , so daß d i e A b s c h ö p f u n g k r i e g s b e d i n g t e r G e w i n n e k a u m B e d e u t u n g e r l a n g t e . Ganz abgesehen d a v o n h a t t e sowieso die G e l d e n t w e r t u n g b e i f a l l e n d e n G r u n d s t ü c k s w e r t e n das W e r t s t e i g e r u n g s p r o b l e m z u m i n d e s t t e i l w e i s e aufgehoben. 3. D i e Rechtsprechung des R G z u m P r E G vor dem Hintergrund der reichsrechtlichen Ansätze z u m Ausschluß von Konjunkturgewinnen I n der Rechtsprechung des R G f a n d e n die A n s ä t z e der W R V zu Wertsteigerungsausschluß k e i n e n Niederschlag. D e n B e g r i f f der messenen E n t s c h ä d i g u n g l e g t e das R G durchaus t r a d i t i o n e l l aus, es n ä m l i c h die v o m P r E G vorgesehene v o l l e E n t s c h ä d i g u n g (§§ 1 A b s . 1 P r E G ) als angemessene i. S. der W R V v e r s t a n d 5 7 . W e n n
einem angeindem und 8 damit
der Parteipolitik tragen dürfe, der stets der Arbeit der Handelskammern fern bleiben müsse" (zitiert nach Schäfer S. 55). Auch der Großgrundbesitz verfügte über starke Einflußmöglichkeiten auf die Politik, die er zu seinen Gunsten nutzte. Das läßt deutlich die sogenannte „Osthilfe" erkennen, mittels derer die Sanierung der i n der W e l t wirtschaftskrise infolge mangelnder Rentabilität stark verschuldeten ostelbischen Landwirtschaft betrieben werden sollte. Obwohl auch i n anderen Gebieten Deutschlands — hier vornehmlich aus strukturellen Gründen — die Landwirtschaft zu teuer produzierte, wurde ein Gesetz verabschiedet, das den ostelbischen Grundbesitzern — aber faktisch auch n u r wieder den Großbetrieben (s. die von Treue S. 266 mitgeteilten Zahlen über die Verteilung der Umschuldungskredite) — große Beträge zufließen ließ (ausführlich dazu Knoll i n : Born, Moderne deutsche Wirtschaftsgeschichte S. 405 f.). Sobald aber das Gesetz für den Großgrundbesitz negative Folgen zeitigte u n d nicht sanierungsfähig eingestufte Betriebe der Bauernsiedlung zugeführt wurden, bewirkte der Widerstand der betroffenen Kreise über den Reichspräsidenten v. Hindenburg das Ende der Regierung B r ü n i n g i m M a i 1932. 55 s. § 14 RPostFinG vom 18. 3.1924 (RGBl. I S. 287), § 38 Abs. 2 RBahnG v o m 30.8.1924 (RGBl. I I S. 272), Neufassung vom 13.3.1930 (RGBl. I I S. 369). Vgl. noch für die Zeit kurz nach der Machtübernahme die VO Reichspräs, über Maßnahmen auf dem Gebiete der Finanzen, Wirtschaftsund der Rechtspflege v o m 18. 3.1933 (RGBl. I S. 109, 122), Kap. V I I I A r t . 2. 56 Ponfick / Wenzel § 15, I, Knoll AöR 1956//356. 57 Vgl. RGZ 109//322, 112//192, 128//32, 139//284. Es befand sich damit, was
§ 1 Ausschluß kriegsbedingter Wertsteigerungen der Weimarer Zeit
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w o h l n i c h t gesagt w a r , daß a l l e i n d i e v o l l e E n t s c h ä d i g u n g A r t . 153 W R V g e n ü g e n k ö n n e 5 8 , so g i b t es andererseits n u r w e n i g e Ä u ß e r u n g e n des RG, die z u r A n n a h m e berechtigen, das G e r i c h t h ä t t e auch eine u n t e r der v o l l e n liegende E n t s c h ä d i g u n g als verfassungsmäßig a n e r k a n n t 5 9 . Daß die S y m p a t h i e n des R G d e n E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e n g a l t e n , h a t t e n schon die D a r l e g u n g e n z u K a p . I I ergeben: E i n m a l v e r ä n d e r t e die Rechtsprechung das Entschädigungsgefüge des § 13 F L G z u g u n s t e n des E i g e n t ü m e r s 6 0 , z u m a n d e r e n zeigten die U r t e i l e z u m Preisgefüge nach d e m 1. W e l t k r i e g e i n d e u t i g die e i g e n t ü m e r f r e u n d l i c h e n T e n d e n z e n auf 61. Gerade i m l e t z t e n F a l l h ä t t e das R G A r t . 153, 155 W R V durchaus berücksichtigen k ö n n e n , da w i r t s c h a f t l i c h e V e r ä n d e r u n g e n , w i e sie nach d e m K r i e g erfolgten, v o m P r E G n i c h t voraussehbar w a r e n . E i n e r i c h t e r l i c h e R e c h t s f o r t b i l d u n g i m R a h m e n der G r u n d e n t s c h e i d u n g e n des P r E G , also u n t e r B e a c h t u n g v o n § 8 A b s . 1 P r E G , m u ß t e keineswegs u n u m g ä n g l i c h z u r B e r ü c k s i c h t i g u n g des l ä n g s t n i c h t m e h r bestehenden V o r k r i e g s p r e i s n i v e a u s f ü h r e n . Schon das A b s t e l l e n a u f d e n A u s g l e i c h s g e d a n k e n 6 2 h ä t t e z u einer a n d e r e n E n t s c h e i d u n g f ü h r e n k ö n n e n . A u f den ersten B l i c k scheint die Rechtsprechung, d i e d e n f ü r d e n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e r m i t t e l t e n P a p i e r m a r k b e t r a g z u r Z e i t des U r t e i l s i n R M bemaß, sogar d e n V o r s t e l l u n g e n des Reichsgesetzgebers z u m A u s schluß k r i e g s b e d i n g t e r G e w i n n e z u entsprechen. Doch d a r f eben n i c h t übersehen w e r d e n , daß j e n e G e w i n n e w e g e n des S i n k e n s der G r u n d stückspreise i m V e r g l e i c h zu d e n sonstigen Preisen k e i n e R o l l e s p i e l t e n u n d sich d a m i t diese E n t s c h ä d i g u n g s b e r e c h n u n g s a r t w e g e n der Z e m e n t i e r u n g des h o h e n V o r k r i e g s p r e i s n i v e a u s f ü r d e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e nen n u r günstig auswirkte. U n t e r s u c h t m a n die U r t e i l e des R G näher, so f ä l l t auf, daß d i e E n t e i g n u n g e n i n a l l e n F ä l l e n z u g u n s t e n der ö f f e n t l i c h e n H a n d e r f o l g t e n , u n d z w a r ü b e r w i e g e n d z u g u n s t e n der m i t t l e r w e i l e auch i n P r e u ß e n staatlichen E i s e n b a h n 6 2 5 1 . Gerade b e i einer d e r a r t i g e n K o n s t e l l a t i o n w ä r e eine B e r ü c k s i c h t i g u n g der Interessen des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n die hier interessierende Entschädigung für den Rechtsverlust angeht, i n Ubereinstimmung m i t der h. M. und dem P r O L K A , die ja auch zumindest den gemeinen Wert entschädigten — dazu oben sub 1.1. 58 Knoll AöR 1956//360 f. 59 Vgl. die Zusammenstellung von Knoll AöR 1956//360 ff. 60 Kap. I I , § 3, 5.3.3.3.2. 01 Kap. I I , § 2, 5. 02 Kap. I I , § 1, 1.2. a. E. fl2a So RGZ 107/228, WarnRspr. Jg. 16/137 Nr. 112, RGZ 109/258, WarnRspr. Jg. 17/125. RGZ 120/174 betraf eine Enteignung nach dem PrFLG. WarnRspr. Jg. 16/137 Nr. 113 gibt das Enteignungsunternehmen nicht an; begünstigt war das Reich. 6'
8 4 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop a n sich m ö g l i c h gewesen. D o c h das R G l e h n t e , w e n n es dies auch erst i n e i n e m späteren U r t e i l z u m A u s d r u c k brachte, das „ W o h l d e r A l l g e m e i n h e i t " als F a k t o r b e i Bemessung der E n t s c h ä d i g u n g a b 6 3 . Daß das R G d a b e i g r u n d s ä t z l i c h das B e s t e h e n eines d e r a r t i g e n „ G e m e i n w o h l s " i n F r a g e stellte, k a n n z w a r n i c h t a n g e n o m m e n w e r d e n . Doch d ü r f t e es sich der P r o b l e m a t i k der E n t e i g n u n g e n i n e i n e m l i b e r a l e n oder m a r k t w i r t s c h a f t l i c h e n W i r t s c h a f t s s y s t e m b e w u ß t gewesen sein, n ä m l i c h d i e Tatsache, daß d i e D u r c h f ü h r u n g eines E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n s o f t i m besonderen Interesse v o n P r i v a t e n , v o r a l l e m b e t e i l i g t e n K a p i t a l g e b e r n l i e g t . Schon b e i d e r B e r a t u n g des P r E G w a r ganz k l a r h e r a u s gestellt w o r d e n , daß es p r i v a t e n U n t e r n e h m u n g e n , die ζ. B . d e n B a u v o n E i s e n b a h n e n b e t r i e b e n , p r i m ä r u m d e n G e w i n n u n d n i c h t u m das ö f f e n t l i c h e W o h l g i n g 6 4 . D a m i t s t a n d e n sich b e i der E n t s c h ä d i g u n g s b e s t i m m u n g d i e Interessen des p r i v a t e n K a p i t a l s u n d des p r i v a t e n G r u n d e i g e n t u m s g e g e n ü b e r 6 5 . I m Gegensatz dazu sah m a n staatliche U n t e r n e h m u n g e n o h n e A b s i c h t der G e w i n n e r w i r t s c h a f t u n g 6 6 , b e i d e n e n l e t z t l i c h die ö f f e n t l i c h e n Interessen m i t d e m p r i v a t e n G r u n d e i g e n t u m k o l l i d i e r t e n . N u r i n diesen F ä l l e n f a n d m a n eine A b s c h ö p f u n g v o n u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n v e r t r e t b a r 6 7 . D a jedoch a n eine D i f f e r e n z i e r u n g der Entschädigungsbemessung j e nach A r t des U n t e r n e h m e n s , s o w e i t ersichtlich, n i e gedacht w u r d e , k a m e n n u r e n t w e d e r eine m e h r oder m i n d e r v o l l e E n t s c h ä d i g u n g oder e i n echter W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß einschließlich einer V o r t e i l s a u s g l e i c h u n g i n Frage. M a n e n t schloß sich f ü r d e n ersteren W e g , w o h l auch i n der E r k e n n t n i s , daß e i n w e s e n t l i c h e r T e i l der z u e r w a r t e n d e n U n t e r n e h m u n g e n v o n p r i v a t e m K a p i t e l d u r c h g e f ü h r t w e r d e n w ü r d e 6 8 . Dieser v o m P r E G g e t r o f f e n e n E n t s c h e i d u n g entsprach auch die reichsgerichtliche J u d i k a t u r z u diesem Gesetz. W e n n n u n der S t a a t i m L a u f e der Z e i t i m m e r m e h r F u n k t i o n e n ü b e r n a h m , die i m 19. J a h r h u n d e r t p r i v a t e r I n i t i a t i v e ü b e r lassen g e b l i e b e n w a r e n , der S t a a t also seine R o l l e als „ N a c h t w ä c h t e r " aufgab, so ä n d e r t e sich zugegebenermaßen g r u n d s ä t z l i c h nichts a n der Tatsache, daß es w e i t e r h i n E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m u n g e n gab, die e i n i gen G r u p p e n besondere V o r t e i l e z u k o m m e n ließen. Gerade b e i d e n oben i n sub 1. u n d 2. b e h a n d e l t e n Gesetzen aus der ersten N a c h k r i e g s RGZ 128//33. Sten. Berichte über die Verhandlungen d. beiden Häuser des Landtags, H. A. Bd. 2, 1874, 53. Sitzung v. 27. 4. 1874 S. 1267 und S. 1268 - 69. er> s. auch Kap. I, 1. a. E. 66 Sten. Ber. wie Anm. 64 S. 1269 1. 67 Sten. Ber. a.a.O. 68 Vgl. Sten. Ber. a.a.O. S. 1268 r. u. Für einen Teilbereich öffentlicher U n ternehmungen, nämlich für Straßenanlagen, führten § 13 und § 15 F L G einen gewissen Wertsteigerungsausschluß ein, den das RG jedoch, was § 13 F L G angeht, abbaute. 64
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zeit w u r d e die E n t e i g n u n g z u r B e s c h a f f u n g v o n G r u n d b e s i t z f ü r den W o h n u n g s b a u , f ü r H e i m s t ä t t e n oder n e u e A n s i e d l u n g e n v o r g e n o m m e n . L e t z t l i c h b e g ü n s t i g t v o n diesen M a ß n a h m e n w a r , w e n n auch n i c h t stets u n m i t t e l b a r E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e r 6 9 , eine k l e i n e r e G r u p p e v o n P r i v a t e n . Dennoch h a t t e der Reichsgesetzgeber e i n e n gewissen W e r t s t e i gerungsausschluß e i n g e f ü h r t , w e i l e i n m a l die A r t der E n t s t e h u n g der W e r t s t e i g e r u n g e n u n d z u m a n d e r e n die i n A r t . 155 Abs. 1 W R V anged e u t e t e n sozialen E r w ä g u n g e n d a f ü r sprachen. D e r a r t i g e G e d a n k e n v e r w i r k l i c h t e n sich i n d e r Rechtsprechung des R G n i c h t . W e d e r aus G r ü n d e n w i r k l i c h a l l g e m e i n e n Interesses noch aus sonstigen G r ü n d e n 7 0 g i n g — s o w e i t ersichtlich — das R G v o n seinen z u m P r E G e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e n a b 7 1 . Das A r g u m e n t , d e m R G sei mangels a n d e r e r gesetzl i c h e r Regelungen n u r e i n A n l e h n e n a n ü b e r k o m m e n e E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d s ä t z e ü b r i g geblieben, w e n n es sich n i c h t unzulässigerweise die R o l l e des Gesetzgebers a n m a ß e n w o l l t e 7 2 , k a n n angesichts der g e n a n n t e n Gesetze n u r b e f r e m d e n . Insgesamt gesehen brachte also die W e i m a r e r R e p u b l i k n u r g e r i n g e n F o r t s c h r i t t b e i der B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n , der sich z u d e m w e g e n der w i r t s c h a f t l i c h e n E n t w i c k l u n g f a k t i s c h k a u m a u s w i r k e n k o n n t e . E i n Ausschluß auch v o n Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n w a r m i t e i n e m Reichsstädtebaugesetz g e p l a n t , welches jedoch i m E n t w u r f s s t a d i u m s t e c k e n b l i e b 7 3 . E r s t die Z e i t des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s f ü h r t e e i n e n gewissen W a n d e l ein, w o b e i a l l e r d i n g s u n a n g e n e h m b e r ü h r t , daß v o r a l l e m b e i E n t e i g n u n g e n f ü r d i e W e h r m a c h t u n t e r H i n w e i s a u f das ö f f e n t l i c h e Interesse eine A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n erfolgte.
eo Wegen der möglichen Enteignungsunternehmer s. Quecke S. 117 (BehebVO), S. 191 (RSG), S. 157 (FestungsEG), S. 135 - 136 (RHG). Das Verschiebungsverfahren erfolgte i n z.T. recht komplizierten Formen: Nach dem RSG ζ. B. erwarben „Gemeinnützige Siedlungsunternehmen" (§ 1) von den Landlieferungsverbänden (§ 12; aber § 12 I I ) die von letzteren enteigneten Grundstücke (§ 18 I Nr. 3), u m sie dann an die Siedler weiterzuveräußern (vgl. Haack S. 47 - 48). 70 s. auch die i n Kap. I I , § 3, 5.3.3.3. aufgezeigte A b w a n d l u n g der E n t schädigung nach dem FLG. 71 Gegen die Durchführung von Staatsaufgaben auf Kosten des P r i v a t eigentums ausdrücklich auch Ponfick Arch. f. i. Kol. XV//134. 72 Gewos Gutachten Nr. 221. 73 Vgl. den Referentenentwurf f. ein ReichsstädtebauG, RArbBl. 1931 I S. 266 f.: §84 Abs. 2.
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Kap. I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop
§ 2 D e r Ausschluß v o n u n v e r d i e n t e n Wertsteigerungen, insbesondere v o n S p e k u l a t i o n s g e w i n n e n i m NS-Staat außerhalb des Preisrechts 1. Wertsteigerungausschluß durch Interpretation der angemessenen Entschädigung V o n d e m erst später z u b e h a n d e l n d e n Gesetz ü b e r die N e u g e s t a l t u n g deutscher S t ä d t e (Neugestaltungsgesetz — N e u G ) abgesehen, e n t h i e l t e n die seit 1933 erlassenen Reichsgesetze e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n I n h a l t e s k e i n e speziellen V o r s c h r i f t e n ü b e r die B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n . A u f Landesebene e r f o l g t e n a l l e n f a l l s g e r i n g f ü g i g e Ä n d e r u n g e n der b i s h e r i g e n E n t e i g n u n g s g e s e t z e 7 4 . Doch i m G e gensatz z u r W e i m a r e r Z e i t v e r s u c h t e n Rechtsprechung u n d S c h r i f t t u m e i n e n Wertsteigerungsausschluß schon d e m a l l g e m e i n e n E n t s c h ä d i g u n g s umfang zu entnehmen. D i e ü b e r w i e g e n d e Z a h l der n e u e n Reichsgesetze 7 5 b e s t i m m t e d e n E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g nach der „angemessenen E n t s c h ä d i g u n g " . A u c h die i n § 1 dieses K a p i t e l s b e h a n d e l t e n Reichsgesetze b l i e b e n i n K r a f t 7 6 . D a n e b e n v e r w i e s e n aber e i n i g e Reichsgesetze a u f die E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n des L a n d e s r e c h t s 7 7 , so daß schon w i e i n der W e i m a r e r R e p u b l i k d i e v o l l e u n d die angemessene E n t s c h ä d i g u n g n e b e n e i n a n d e r galten. A l l e r d i n g s w u r d e seit d e r nationalsozialistischen M a c h t e r g r e i f u n g die angemessene E n t s c h ä d i g u n g entsprechend d e n p o l i t i s c h e n Z i e l setzungen n e u i n t e r p r e t i e r t , w a s i m f o l g e n d e n n ä h e r d a r z u l e g e n i s t 7 8 . E i n E i n g e h e n a u f d i e e n t e i g n u n g s - u n d entschädigungstheoretischen G r u n d l a g e n des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s e r ü b r i g t sich jedoch, da i m B e r e i c h der V o l l e n t e i g n u n g w e i t g e h e n d a u f ü b e r k o m m e n e B e t r a c h t u n g s w e i s e n abgestellt w u r d e 7 9 . Diese Tatsache gestattet auch d e n V e r g l e i c h n a t i o n a l sozialistischer E n t s c h ä d i g u n g s p r a x i s m i t der f r ü h e r e r Z e i t e n .
74 Vgl. die Zusammenstellung bei Quecke / Bussmann S. 11 ff.; es wurde nur i n Hamburg durch Gesetz vom 17. 8.1933 (GVB1. S. 323) und i m bayerischen Recht durch Gesetz v o m 9. 12. 1943 (GVB1. 1944 S. 1) statt der vollen Entschädigung die angemessene als Entschädigungsumfang eingeführt. 75 Vgl. die Zusammenstellung bei Quecke / Bussw.ann S. 37 f. Ziff. 6 - 1 3 . 76 Zumindest § 15 RSG scheint jedoch k a u m angewandt worden zu sein: s. Quecke S. 197. 77 Vgl. die Zusammenstellung bei Quecke / Bussmann S. 31. Für denselben Vorgang i n der Weimarer Zeit s. oben zu Anm. 55. 78 Erst i n K a p i t e l I V w i r d aber die Einbeziehung des Preisstops i n die angemessene Entschädigung behandelt, so daß Literatur und Rechtsprechung, soweit sie sich wesentlich auf die Grundsätze des Preisrechts bezogen, hier unberücksichtigt bleiben. 79 Siehe Weber i n : Frank, Deutsches Verwaltungsrecht § 24 S. 472.
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
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1.1. Die angemessene Entschädigung als flexibler Maßstab A u s g a n g s p u n k t dieser N e u i n t e r p r e t a t i o n w a r die i n der W e i m a r e r Z e i t v o m P r O L K A e n t w i c k e l t e D e f i n i t i o n d e r angemessenen Entschäd i g u n g (s. o. § 1, 1.1.), d i e j a die N o t w e n d i g k e i t e i n e r b i l l i g e n B e r ü c k s i c h t i g u n g der V e r h ä l t n i s s e des E i n z e l f a l l e s b e t o n t h a t t e u n d s o m i t einer gewissen A b w ä g u n g o f f e n stand. Diesen G e d a n k e n g r i f f v o r a l l e m das E n t s c h ä d i g u n g s g e r i c h t b e i m P r O V G — E n t / P r O V G — auf, das ü b e r Rechtsbehelfe gegen Entschädigungsfestsetzungen f ü r E n t e i g n u n gen nach d e m Gesetz ü b e r die L a n d b e s c h a f f u n g f ü r Z w e c k e der W e h r m a c h t (Landbeschaffungsgesetz — L B G — ) v o m 29. 3. 1935 8 0 z u e n t scheiden hatte. Es folgerte, daß auch v o m S t a n d p u n k t des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n , ü b e r w i e g e n d der V o l k s g e s a m t h e i t , u n d n i c h t n u r i n d e n A u g e n des B e t r o f f e n e n , die E n t s c h ä d i g u n g b i l l i g sein m ü s s e 8 1 . Ä h n l i c h v e r s t a n d die L i t e r a t u r die angemessene E n t s c h ä d i g u n g n i c h t als e i n e n s t a r r e n B e w e r t u n g s m a ß s t a b 8 2 . Sie e r k a n n t e an, daß die B e l a n g e dessen, d e r die E n t s c h ä d i g u n g a u f z u b r i n g e n habe, b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n m ü ß ten83. N i c h t identisch m i t d e m P r o b l e m der g e n e r e l l e n E i n b e z i e h u n g der B e l a n g e des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n ist die Frage, i n w i e w e i t i n concreto der j e w e i l i g e E n t e i g n u n g s z w e c k b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n soll. Ü b e r w i e g e n d w u r d e i n d e m Bestreben, die Entschädigungsbemessung h i n sichtlich der U n t e r g r e n z e zu o b j e k t i v i e r e n , d e m E n t e i g n u n g s z w e c k k e i n Einfluß eingeräumt84. 1.2. Die Elemente der angemessenen Entschädigung W e n n die K o n k r e t i s i e r u n g dieser a l l g e m e i n e n E r w ä g u n g e n i n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung auch n i c h t stets zu v ö l l i g ü b e r e i n s t i m m e n d e n Ergebnissen f ü h r t e , so zeichneten sich doch einige charakteristische G r u n d s ä t z e f ü r das V e r s t ä n d n i s der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g ab. 1.2.1. Der Ausschliiß
von
Spekulationsgewinnen
D i e E i n b e z i e h u n g v o n Gemeinschaftsinteressen i n die E n t s c h ä d i gungsbemessung f ü h r t e v o r a l l e m z u r N i c h t e n t s c h ä d i g u n g v o n S p e k u 80
RGBl. I S. 467: s. § 3 i. V. m. § 22 D V O L B G vom 21.8.1935 (RGBl. I S. 1097). 81 PrOVGE 100//331, 101//265, 102//285, 103//272, Nachweise nicht veröffentlichter Urteile bei Knoll AöR 1956//368. 82 Quecke S. 196, Larenz RVB1. 1937//1002, Ehrenforth JW 1939//15 sub 3, ebenso Erlaß R A M v o m 31.10.1936 R A r b B l . 1936 I S. 299 Ziff. 4 Abs. I V . 83 Larenz a.a.O., Ehrenforth a.a.O., Knoll D V 1938//453 f. sub I I m i t V o r behalten. 84 Ehrenforth JW 1939//16 sub 2, Stark DR 1939//295, Quecke / Bussmann S. 44 - 45, Wilke Z A k D R 1940//65. A. A. Lampe DR 1940/2021, Larenz RVB1. 1937//1002.
8 8 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop l a t i o n s g e w i n n e n . I n der B e g r ü n d u n g z u m Gesetz ü b e r d e n B a u der Saaletalsperre b e i H o h e n w a r t e v o m 13. 2. 1935 8 5 , der als einziger gesetzgeberischer S t e l l u n g n a h m e z u r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g b e sondere B e d e u t u n g z u k o m m t , w u r d e eine v o l l e E n t s c h ä d i g u n g m i t der E r w ä g u n g abgelehnt, daß der E n t s c h ä d i g u n g s b e r e c h t i g t e a n d e r e n f a l l s auf K o s t e n d e r — e n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t i g e n — A l l g e m e i n h e i t e i n e n V o r t e i l e r l a n g e 8 6 . A l s solchen V o r t e i l v e r s t a n d m a n u n v e r d i e n t e Spek u l a t i o n s w e r t e 8 7 . S o w o h l i n d e r L i t e r a t u r w i e i n der Rechtsprechung herrschte ü b e r d i e E r f o r d e r l i c h k e i t des Ausschlusses d e r a r t i g e r Gew i n n e v ö l l i g e Ü b e r e i n s t i m m u n g 8 8 , u n d z w a r o f f e n b a r so sehr, daß m a n a u f die n ä h e r e n E i n z e l h e i t e n u n d d e n U m f a n g des Ausschlusses n i c h t w e i t e r e i n g i n g . D i e B e s e i t i g u n g d e r B o d e n s p e k u l a t i o n , die auch P u n k t 17 des P r o g r a m m e s d e r N S D A P f o r d e r t e , w a r i m m e r w i e d e r betontes Z i e l nationalsozialistischer B o d e n p o l i t i k g e w e s e n 8 9 . S p e k u l a t i o n s g e w i n ne u n t e r l a g e n e i n e m besonderen U n w e r t u r t e i l , w o b e i auch a n t i s e m i tische T e n d e n z e n m i t e i n f l o s s e n 9 0 . U n t e r S p e k u l a t i o n s g e w i n n e n d ü r f t e z w e i e r l e i zu v e r s t e h e n gewesen sein: E i n m a l P r e i s s t e i g e r u n g e n als F o l g e r e i n e r V e r k n a p p u n g , ζ. B . w e g e n d e r F l u c h t i n Sachwerte, z u m a n d e r e n Preissteigerungen, die i n E r w a r t u n g einer h ö h e r e n A u s n u t z b a r k e i t e i n t r a t e n , die also e i n e r t a t sächlichen Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g v o r a u s g i n g e n . A l l e r d i n g s k a m e n auch i n diesen F ä l l e n V e r k n a p p u n g e n h i n z u . Z w e i f e l l o s n i c h t entschädigt w e r d e n s o l l t e n die V e r k n a p p u n g s g e w i n n e 9 1 . W e n n auch die h i e r z i t i e r t e L i t e r a t u r z u m T e i l aus d e r Z e i t s t a m m t , i n der der Preisstop i m f r e i e n V e r k e h r w i e b e i d e r Entschädigungsbemessung g a l t , so e r f o l g t e der Wertsteigerungsausschluß jedoch n i c h t i n A n w e n d u n g der P r e i s Vorschriften, sondern s e l b s t ä n d i g nach E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d s ä t z e n . S t a r k b e t o n t e a.a.O. ausdrücklich, daß h i n s i c h t l i c h d e r P r e i s g e f ü g e v e r ä n d e r u n g e n die angemessene E n t s c h ä d i g u n g z u denselben Ergebnissen f ü h r e n m ü ß t e , d i e der Preisstop zeitigte. A l l e i n K n o l l 9 2 h a t t e B e d e n k e n , 85
RGBl. I S. 189. RAnz. 1935 Nr. 44, mitgeteilt bei Quecke / Bussmann S. 34. 87 Erlaß R A M v o m 31.10. 1936 R A r b B l . I S. 299 Ziff. 4, IV, Quecke S. 196. 88 s. sogleich; vgl. Reintges S. 53 f., Ρ er g ande / Schwender BaulBG, Einl. vor § 9 S. 70 a. 89 Vgl. Rusch 1. Aufl. S. 11 und die bei Kuhn ZfW 1938//188 wiedergegebenen Äußerungen A l f r e d Rosenbergs und Hitlers. 90 Vgl. Kuhn a.a.O., Stark DR 1939//295. 91 Boyens DWohnArch. 1935//207, Quecke S. 196, Knoll D V 1938//456, Ehrenforth J W 1939//16 sub 2 a, Stark DR 1939//295, vgl. Rusch 1. Aufl. S. 37, 2. Aufl. S. 52, Wilke Z A k D R 1940/63 r., W ü r t t V G H D V 1938/412, Ent/PrOVGE 101// 266 und die bei Knoll AöR 1956//372 nachgewiesenen Urteile. Wohl auch die Reichsstelle für Landbeschaffung (§ 2 LBG) : dazu Quecke / Bussmann S. 38. 92 D V 1938//458 f. 86
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
89
einen speziell entschädigungsrechtlichen Wertsteigerungsausschluß d u r c h z u f ü h r e n . B o y e n s 9 3 versuchte, f ü r d e n Wertsteigerungsausschluß eine gesetzliche S t ü t z e zu f i n d e n u n d l e i t e t e aus d e n o b e n 9 4 e r ö r t e r t e n B e s t i m m u n g e n der W e i m a r e r Z e i t e i n e n auch ü b e r die a u ß e r o r d e n t l i c h e n K r i e g s v e r h ä l t n i s s e h i n a u s g e h e n d e n Ausschluß v o n K o n j u n k t u r g e w i n n e n ab. D i e Frage, ob u n v e r d i e n t e , also o h n e Einsatz v o n A r b e i t oder K a p i t a l entstandene W e r t e r h ö h u n g e n g e n e r e l l b e i der Entschäd i g u n g auszuscheiden seien, ließ er u n b e a n t w o r t e t . Was die i n E r w a r t u n g h ö h e r e r A u s n u t z b a r k e i t e n t s t a n d e n e n P r e i s s t e i g e r u n g e n angeht, so d ü r f t e die h. M . auch gegen d e r e n E n t s c h ä d i g u n g gewesen s e i n 9 5 . Insbesondere d e r E r l a ß des R e i c h s a r b e i t s m i n i sters v o m 31. 10. 1926 stellte d e n Ausschluß v o n E r w a r t u n g s w e r t e n k l a r 9 6 . D i e N i c h t e n t s c h ä d i g u n g d e r a r t i g e r G e w i n n e bedeutete die n u r begrenzte A n e r k e n n u n g einer h ö h e r e n als der tatsächlich g e n u t z t e n Q u a l i t ä t . Selbst w e n n also der M a r k t f ü r e i n A c k e r g e l ä n d e B a u l a n d preise a n e r k a n n t e , w a r d a m i t f ü r die Entschädigungsbemessung noch nichts p r ä j u d i z i e r t . Gleiches g a l t z w a r auch nach der reichsgerichtlichen J u d i k a t u r z u m P r E G 9 7 , nach w e l c h e r noch e r f o r d e r l i c h w a r , daß die B e b a u u n g f ü r absehbare Z e i t i n A u s s i c h t stand. Ä h n l i c h v e r l a n g t e der E r l a ß : D i e B e b a u u n g m u ß t e i n n a h e r Z e i t m i t Sicherheit zu e r w a r t e n s e i n 9 7 a . Doch verschärfte er m i t dieser F o r m e l sichtlich die V o r a u s setzung f ü r die A n e r k e n n u n g v o n B a u l a n d . Das Preisrecht f ü h r t e w e n i g später sogar feste F r i s t e n e i n 9 7 l ) . Ü b e r h e r k ö m m l i c h e E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d s ä t z e g i n g der h i e r beschriebene Wertsteigerungsausschluß insgesamt i n s o f e r n h i n a u s , als die B e s c h r ä n k u n g auf u n t e r n e h m e n s b e d i n g t e Preissteigerungen, die das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p n o r m i e r t e , w e g f i e l . Z w a r w u r d e d e r G e d a n k e des § 10 A b s . 2 P r E G i m m e r w i e d e r z u r B e s c h r e i b u n g des U m f a n g e s der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g herangezogen, doch s t a n d fest, daß § 10 A b s . 2 P r E G n u r einen T e i l b e r e i c h auszuschließen03
94 95
s. Anm. 91.
§ 1, 2.2.
Siehe Boyens DWohnArch. 1935//207, Knoll DV 1938//456 m i t den oben erwähnten Bedenken, Ehrenforth J W 1939//16 sub 2, insbes. d; Erl. R A M v o m 31.10.1936 R A r b B l . I S. 299 Ziff. 4 I V ; W ü r t t V G H D V 1938/412; Ent/ P r O V G D V 1938//376, E 103/272 u n d die bei Knoll AöR 1956//372 nachgewiesenen Urteile. Vgl. auch Larenz RVB1. 1937//1003 wegen Hoffnungen. 96 a.a.O. Ziff. 4, IV. — Der Erlaß betraf i n seiner Ziff. 4 — Enteignungsentschädigung — an sich nur die angemessene Entschädigung bei der L a n d beschaffung für Kleinsiedlungen nach § 11 NotVO vom 6. 10.1931, 4. Teil, Kap. I I (RGBl. I S. 551), doch wurde i h m darüber hinaus allgemeine Bedeutung beigelegt (s. Ehrenforth JW 1939//16 sub 2d, Lampe S. 23, Rusch 2. Aufl. S. 51, Wormit / Ehrenforth § 28 S. 134). 97 s. Kap. I I § 1, 4.2. 97a Erlaß vom 31. 10. 1936 Ziff. 4 Abs. 10, ebenso Ehrenforth JW 1939//16. 9? h s. dazu Kap. I V § 1, 3.4.
90
Kap. I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop
der G e w i n n e b e t r a f 0 8 . A u c h die zeitliche B e g r e n z u n g der i n § 1, 2.2. beschriebenen K o n j u n k t u r g e w i n n a b s c h ö p f u n g der W e i m a r e r Z e i t w a r m i t der nationalsozialistischen I n t e r p r e t a t i o n ü b e r h o l t . A l l e r d i n g s , d a r a u f sei schon j e t z t h i n g e w e i s e n 9 9 , g a l t dieser w e i t e , i m deutschen Recht bis d a h i n u n b e k a n n t e Wertsteigerungsausschluß n u r , s o w e i t n i c h t b e i Bemessung der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g i m j e w e i l i g e n E i n z e l f a l l G r ü n d e d a f ü r sprachen, auch S p e k u l a t i o n s p r e i s e a n z u e r k e n n e n . 1.2.2. Die Entschädigung
des
Ertragswertes
N e b e n d e m Ausschluß v o n S p e k u l a t i o n s g e w i n n e n k a n n als w e i t e r e r , f ü r die nationalsozialistische I n t e r p r e t a t i o n der A n g e m e s s e n h e i t char a k t e r i s t i s c h e r G r u n d s a t z die E n t s c h ä d i g u n g des E r t r a g s w e r t e s angesehen w e r d e n . Dieser G r u n d s a t z ist w e i t g e h e n d F o l g e der A u s s c h a l t u n g s p e k u l a t i v e r E l e m e n t e i n der E n t s c h ä d i g u n g . Seine G e l t u n g w a r i n der L i t e r a t u r fast u n b e s t r i t t e n 1 0 0 . Was i h m besondere W i r k s a m k e i t v e r schaffte, w a r die Tatsache, daß das Entschädigungsgericht b e i m P r O V G — E n t / P r O V G — i n a u s f ü h r l i c h e r J u d i k a t u r v o n der E r t r a g s w e r t e n t schädigung a u s g i n g 1 0 1 . 1.2.3. Die Berücksichtigung
dei Eigentümerbelange
im
Einzelfall
D i e b e i d e n m i t e i n a n d e r z u s a m m e n h ä n g e n d e n C h a r a k t e r i s t i k a der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g — E r t r a g s w e r t e n t s c h ä d i g u n g u n d A u s 98 Vgl. Reintges S. 54, Erlaß R A M — Anm. 95 — Ziff. 4 I I I , Quecke S. 96, vgl. Quecke / Bussmann S. 361; vgl. auch das von Knoll AöR 1956//375 Anm. 113 angeführte U r t e i l des Ent/PrOVG. 99 Näher sub 1.2.3. 100 Siehe Knoll D V 1938//454, 456, 457 - 58, Ehrenforth JW 1939//16, Stark DR 1939//292, 295, Wilke Z A k D R 1940//63 ff. — differenzierend i m A n schluß an die Rechtsprechung —. W o h l auch Boyens DWohnArch. 1935// 204 f. und Erl. R A M v o m 31.10.1936, R A r b B l . I S. 299 Ziff. 4, ohne festen Maßstab Larenz RVB1. 1937//1002, aber m i t Bevorzugung des Nutzungswertes. A l l e i n Haack RSG § 15, 3 S. 104 spricht sich für den gem. Wert als u n tere Entschädigungsgrenze aus. N u r scheinbar ähnlich auch Quecke S. 195, der jedoch Spekulationswerte ausschloß und sich damit stark von der herkömmlichen Verkehrswertentschädigung entfernte. Quecke / Bussmann S. 38 ff. und Kuhn Z f W 1938//191 ff. w o l l t e n den durch die Preisvorschriften korrigierten gemeinen Wert, den volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis, als angemessen entschädigen. Sie kamen damit letztlich auch nicht zu anderen Ergebnissen, als die Ertragswertentschädigung (s. Quecke / Bussmann S. 40). A u f den Preisstop ist erst i n Kap. I V § 1 einzugehen. 101 OVGE 100//332, D V 1938//376, OVGE 101//265 und die von Knoll AöR 1956//370, insbes. 379 untersuchten, nicht veröffentlichten Urteile der Kriegsjahre. Vgl. auch Wilke Z A K D R 1940/63. Anders i m Ansatz, wenngleich i n den Ergebnissen k a u m abweichend, die Reichsstelle für Landbeschaffung, gegen deren Entscheidung der Rechtsweg zum Ent/PrOVG eröffnet war. Z u den Grundsätzen der Reichsstelle s. Quecke / Bussmann S. 38 und 40, vgl. auch Ent/PrOVGE 100/332.
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
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schluß v o n S p e k u l a t i o n s g e w i n n e n — versprechen an sich e i n e n w e i t gehenden F o r t s c h r i t t b e i der B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n gen. Doch b i l d e t e die B e r ü c k s i c h t i g u n g der B e l a n g e des E n t s c h ä d i g u n g s b e g ü n s t i g t e n n u r eine Seite der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g . D e n n die N e u i n t e r p r e t a t i o n des E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g e s i n der n a t i o n a l s o z i a l i stischen Z e i t ü b e r g i n g keineswegs g e n e r e l l die E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e n , sondern stellte auf d i e V e r h ä l t n i s s e des E i n z e l f a l l e s a b 1 0 2 . Dieses V e r f a h r e n f ü h r t e , abgesehen v o n der n i c h t w e i t e r interessierenden E n t schädigung „sonstiger V e r m ö g e n s n a c h t e i l e " 1 0 3 zu einer D i f f e r e n z i e r u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n V e r m ö g e n s v e r l u s t j e nach der F u n k t i o n des E n t e i g n u n g s o b j e k t e s i n den H ä n d e n des b i s h e r i g e n E i g e n t ü m e r s . W a r die E x i s t e n z g r u n d l a g e des E i g e n t ü m e r s d u r c h die E n t e i g n u n g b e t r o f f e n , so g i n g v o r a l l e m das E n t / P r O V G , a u s d r ü c k l i c h teils aber auch die L i t e r a t u r 1 0 4 v o n der E r t r a g s w e r t e n t s c h ä d i g u n g ab u n d entschädigte bis z u m W i e d e r b e s c h a f f u n g s w e r t 1 0 5 . Gleiches g a l t , w e n n E i g e n h e i m e oder zu W o h n z w e c k e n dienende einfache W o h n g r u n d s t ü c k e e n t e i g n e t w o r d e n w a r e n 1 0 6 . B i l d e t e h i n g e g e n e i n G r u n d s t ü c k eine m e h r oder m i n der s p e k u l a t i v e K a p i t a l a n l a g e 1 0 7 , so b l i e b es b e i der E r t r a g s w e r t e n t s c h ä d i g u n g 1 0 8 . B e i E n t e i g n u n g e n großer l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r G ü t e r scheint a l l e r d i n g s das E n t / P r O V G n i c h t i n erster L i n i e auf die V e r h ä l t n i s s e der j e w e i l s b e t r o f f e n e n E i g e n t ü m e r abgestellt, sondern g e n e r e l l n u r eine E n t s c h ä d i g u n g u n t e r d e m g e m e i n e n W e r t g e w ä h r t zu h a b e n 1 0 9 . M i t der B e r ü c k s i c h t i g u n g des E i n z e l f a l l e s b e i der E r m i t t l u n g der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g v e r r i n g e r t e sich zweifellos die tatsächliche B e d e u t u n g der E r t r a g s w e r t e n t s c h ä d i g u n g einschließlich des W e r t steigerungsauschlusses ganz erheblich, was w o h l b i s w e i l e n d e n E i n d r u c k v e r m i t t e l t e , als h a b e das E n t / P r O V G seinen g r u n d s ä t z l i c h e n S t a n d p u n k t aufgegeben. W e n n letzteres z w a r n i c h t z u t r e f f e n d ü r f t e 1 1 0 , 102
Ent/PrOVG in st. Rsm\: z.B. PrOVGE 100//331, D V 1938/375, PrOVGE 101//265, 102//285. Knoll D V 1938//453 sub I I , 454 f. sub I I I . Kuhn Z f W 1938// 189, Larenz RVB1. 1937//1002, Stark DR 1939//291, Boyens DWohnArch. 1935// 206; vgl. Ehrenforth JW 1939//17. 103 Vgl. dazu Ent/PrOVGE 102//286 f., Knoll AöR 1956//374. 104 Boyens DWohnArch. 1935//206 - 207, Knoll D V 1938//455. 105 PrOVGE 101//266, 102//285 f., 103//281 und die bei Wilke Z A k D R 1940// 64 1. und Knoll AöR 1956//373 zitierten nicht veröffentlichten Urteile. 106 PrOVGE 102//286 und Wilke a.a.O. unter Hinweis auf nicht veröffentlichte Urteile. 107 Ent/PrOVGE 102//288 i m Anschluß an Knoll D V 1938//455: z.B. städtsches Spekulationsterrain, Mietskasernenblock. 108 Ent/PrOVG a.a.O., ebenso Boyens DWohnArch. 1935//206 - 207. loo PrOVGE 100//333, D V 1938//376, PrOVGE 101//265, 102//284. Hinweise auf die Erwägung subjektiver Belange enthalten PrOVGE 100//333 und 101//267. 110 s. die eingehende Untersuchung von Knoll Bussmann S. 39.
AöR 1956//376 ff., Quecke /
9 2 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den
eltkriegen bis zum Preisstop
so b l e i b t andererseits die Tatsache, daß das G e r i c h t z u m i n d e s t z e i t weise b e i Z w i s c h e n s t u f e n l a n d r e l a t i v g r o ß z ü g i g ü b e r d e m l a n d w i r t schaftlichen N u t z u n g s w e r t l i e g e n d e Preise entschädigte, d i e a n sich m i t d e n besonderen V e r h ä l t n i s s e n des E i n z e l f a l l e s n i c h t z u r e c h t f e r t i g e n w a r e n 1 1 1 . E i n U r t e i l v o m 1. 6. 1944 des an die Stelle des E n t / P r O V G g e t r e t e n e n Reichs Verwaltungsgerichts 1 1 2 f ü h r t e die Rechtsprechung z u m L B G w o h l w i e d e r a u f die G r u n d l a g e der E r t r a g s w e r t e n t s c h ä d i g u n g z u rück, i n d e m es e i n e m G r u n d s t ü c k a u ß e r h a l b v o n B a u g e b i e t e n n u r d e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n N u t z u n g s w e r t z u b i l l i g t e . Dieses U r t e i l ist a l l e r dings i n s o f e r n e t w a s i r r e f ü h r e n d , als die G r ü n d e die F e s t s t e l l u n g e n t h a l t e n , e i n B a u l a n d w e r t a u ß e r h a l b der B a u g e b i e t e gelte erst d a n n als gesichert, w e n n e i n B a u a u f d e m G r u n d s t ü c k tatsächlich a u s g e f ü h r t s e i 1 1 8 . Diesem Satz k ö n n t e e n t n o m m e n w e r d e n , das G e r i c h t habe i m A u ß e n b e r e i c h n u r e i n e m b e b a u t e n G r u n d s t ü c k B a u l a n d q u a l i t ä t zugestehen w o l l e n . So ist das U r t e i l jedoch n i c h t zu verstehen, w i e sich aus folgenden Erwägungen ergibt. Zunächst m u ß vorausgeschickt w e r d e n , daß das nationalsozialistische Recht eine A u f o p f e r u n g s e n t s c h ä d i g u n g n i c h t k a n n t e ; H e r a b z o n u n g e n , systematisch als I n h a l t s b e s t i m m u n g e n des E i g e n t u m s a u f g e f a ß t 1 1 4 , b l e i b e n w e i t g e h e n d u n e n t s c h ä d i g t 1 1 5 , s o w e i t sie n i c h t eine e r l a u b t e u n d geübte N u t z u n g e i n s c h r ä n k t e n 1 1 6 . Z w a r scheint es danach m ö g l i c h , daß i m F a l l e der V o l l e n t s c h ä d i g u n g alle n i c h t r e a l i s i e r t e n N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n u n e n t s c h ä d i g t b l i e b e n : Diese K o n s e q u e n z ist, s o w e i t ersichtlich, aber n i c h t gezogen w o r d e n , w i e sich daraus e r g i b t , daß der E r l a ß des Reichsarbeitsministers v o m 31. 10. 1936 e i n e m l a n d w i r t s c h a f t l i c h genutzten Grundstück unter bestimmten Voraussetzungen B a u l a n d q u a l i t ä t z u b i l l i g t e 1 1 7 . A u c h das E n t / P r O V G e r k a n n t e i n e i n e r Z e i t , i n der es 111 Vgl. Knoll AöR 1956//378 A n m . 129 unter Hinweis auf nicht veröffentlichte Urteile. 112 DR 1944/861. 113 DR 1944//862. 114 Quecke / Bussmann S. 5 f. 115 Quecke / Bussmann a.a.O. S. 36, Ehrenjorth JW 1939//17, Boyens DWohnArch. 1935//205 - 206, R V G DR 1944/861. S. vor allem § 12 Wohnsiedlungsgesetz vom 22.9.1933 (RGBl. I S. 659) und § 4 Gesetz über einstweilige Maßnahmen der Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3.7.1934 (RGBl. I S. 568), vgl. auch § 28 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 RHG. Differenzierend Knoll D V 1938//459. 116 Quecke / Bussmann S. 6 u. 159. 117 RArbBl. 1936 I S. 300 sub Ziff. 4, Abs. 9 u. 10; ebenso Ehrenjorth JW 1939//16. U n k l a r Quecke / Bussmann, die einerseits bei der Entschädigungsbemessung solche — entschädigungslos hinzunehmenden — Beschränkungen berücksichtigen wollten, die der Entschädigungsberechtigte hätte voraussichtlich erwarten können (S. 36), zum anderen aber, die volkswirtschaftliche Berechtigung vorausgesetzt, ohne weitere Einschränkung für Baurohland (merkantiles Bauland) über den bisherigen Nutzungswert hinausgehende Preise anerkannten (S. 50).
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
93
d e n Wertsteigerungsausschluß s t r e n g h a n d h a b t e 1 1 8 , B a u l a n d q u a l i t ä t u n bebauter Grundstücke i m Außenbereich a n 1 1 9 . W e n n folglich nicht n u r die w i r k l i c h r e a l i s i e r t e n N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n entschädigt w u r d e n , so w a r andererseits b e i der Entschädigungsbemessung a l l e i n die i m m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t zulässige N u t z u n g a n z u s e t z e n 1 2 0 . V o r h e r a u f erlegte B e s c h r ä n k u n g e n j e d e r A r t m u ß t e n , selbst w e n n sie unentschäd i g t b l i e b e n , beachtet w e r d e n . Dies ist der I n h a l t der etwas i r r e f ü h r e n d e n F o r m u l i e r u n g i n d e m oben e r w ä h n t e n U r t e i l des R V G v o m 1. 6. 1944. D i e E n t s c h e i d u n g b e t r a f e i n Gelände, dessen P a r z e l l i e r u n g 1934 — w o h l gemäß § 4 Wohnsiedlungsgesetz — entschädigungslos u n t e r s a g t w o r d e n w a r , so daß es B a u l a n d , entgegen d e n e i n s t i g e n V o r s t e l l u n g e n der E i g e n t ü m e r , n i c h t m e h r w e r d e n k o n n t e . E n t s c h ä d i g t w u r d e es als u n f e r t i g e s Wochenendsiedlungsgelände, m i t der Q u a l i t ä t , d i e nach d e m P a r z e l l i e r u n g s v e r b o t noch v o r h a n d e n w a r 1 2 1 . Zusammenfassend l ä ß t sich feststellen, daß d e m Bestreben, u n v e r d i e n t e W e r t s t e i g e r u n g e n i n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g g e n e r e l l auszuschalten, sieht m a n v o n der t e i l w e i s e n A b s c h ö p f u n g d e r a r t i g e r G e w i n n e m i t t e l s E i n s c h r ä n k u n g der A u f o p f e r u n g s e n t s c h ä d i g u n g ab, d u r c h die B e r ü c k s i c h t i g u n g der E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e n i m E i n z e l f a l l G r e n z e n gesetzt w a r e n , die sich i n der P r a x i s als recht b e d e u t s a m herausstellten. 1.3. Vorbehalte gegenüber dem Wertsteigerungsausschluß T r o t z des p r a k t i s c h n u r b e g r e n z t e n U m f a n g e s dieses W e r t s t e i g e rungsausschlusses b l e i b t die Tatsache bestehen, daß z u m ersten M a l i m deutschen Rechtskreis u n v e r d i e n t e G e w i n n e größeren Ausmaßes u n a b h ä n g i g v o n i h r e r V e r b i n d u n g zu e i n e m b e s t i m m t e n E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n n i c h t entschädigt w u r d e n . W e n n diesem n a t i o n a l s o z i a l i s t i schen Wertsteigerungsausschluß dennoch n u r m i t V o r b e h a l t e n zuges t i m m t w e r d e n k a n n , so l i e g t das v o r a l l e m an d e n Zielen, z u denen er p r a k t i s c h v e r w e n d e t w u r d e . A n d e r s n ä m l i c h als die L i t e r a t u r i n der Z e i t nach 1933 e n t w i c k e l t e das E n t / P r O V G die E n t s c h ä d i g u n g s g r u n d sätze n i c h t m e h r oder w e n i g e r a b s t r a k t z u m B e g r i f f der angemessenen
11H
Vgl. Knoll AöR 1956//377 f. sub dortiger Anm. 129 am Anfang. s. PrOVGE 103//277, insbesondere 281. 120 Ehrenjorth JW 1939//17. Fast in Ubereinstimmung m i t der reichsgerichtlichen Judikatur galt der Zeitpunkt des Erlasses des Entschädigungsbeschlusses (Quecke / Bussmann S. 47, ee). 121 Wegen dieses weitgehenden Entschädigungsausschlusses für Aufopferungsentschädigungen brauchte das U r t e i l auf die Frage eines möglichen i n neren Zusammenhanges zwischen dem Parzellierungs- und damit Bauverbot und der Vollenteignung, also auf die Frage der Einheitlichkeit des E n t eignungsunternehmens nicht einzugehen. 119
9 4 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop E n t s c h ä d i g u n g 1 2 2 , sondern z u d e m s e l b e n B e g r i f f i. S. des § 2 A b s . 3 L B G . Das L B G sollte, w i e seinen §§ 1 u n d 2 zu e n t n e h m e n ist, d i e Beschaff u n g des f ü r Z w e c k e der W e h r m a c h t e r f o r d e r l i c h e n L a n d e s u n d die i m Z u s a m m n h a n g d a m i t n o t w e n d i g e L a n d b e s c h a f f u n g f ü r die U m s i e d l u n g e r m ö g l i c h e n 1 2 3 . D e r B e g r i f f „ f ü r Z w e c k e der W e h r m a c h t " w a r d a b e i umfassend zu v e r s t e h e n : D i e L a n d b e s c h a f f u n g f ü r A n l a g e n der W e h r machtsteile selbst f i e l ebenso d a r u n t e r w i e die Beschaffung des Siedlungslandes f ü r W e h r m a c h t s a n g e h ö r i g e oder f ü r A r b e i t e r v o n B e t r i e ben, die v o r w i e g e n d f ü r die W e h r m a c h t p r o d u z i e r t e n 1 2 4 . H a n d e l t e es sich b e i diesen E n t e i g n u n g e n , die n i c h t l e t z t l i c h z u g u n s t e n p r i v a t e n P r o f i t s erfolgten, s o n d e r n v o n w i r k l i c h s t a a t l i c h e m Interesse w a r e n 1 2 5 , so b l e i b t die Tatsache, daß m i t d e m A u f b a u der W e h r m a c h t aggressive Z i e l e v e r b u n d e n w a r e n . Es ist bedauerlich, daß die A n s ä t z e zu e i n e m g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß sich gerade b e i solchen E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m u n g e n a u s w i r k t e n , die n i c h t i m r i c h t i g v e r s t a n d e n e n ö f f e n t l i c h e n Interesse lagen. Diese V o r b e h a l t e gegenüber d e m n a t i o n a l sozialistischen Wertsteigerungsausschluß g e l t e n sicherlich n i c h t d o r t , w o m a n b e m ü h t w a r , S i e d l u n g s - u n d W o h n u n g s p r o b l e m e zu lösen, also echt soziale B e l a n g e z u b e r ü c k s i c h t i g e n : H i e r s i n d v o r a l l e m der E r l a ß des Reichsarbeitsministers v o m 31. 10. 1936 b e z ü g l i c h der L a n d b e s c h a f f u n g f ü r K l e i n s i e d l u n g e n 1 2 6 u n d z w e i U r t e i l e des W ü r t t V G H z u r B e h e b V O 1 2 7 zu nennen. A u c h i n der L i t e r a t u r f a n d e n sich S t i m m e n , d i e a u s d r ü c k l i c h soziale G e d a n k e n z u r R e c h t f e r t i g u n g der E r t r a g s w e r t enschädigung a n f ü h r e n 1 2 8 . I m ü b r i g e n g a l t j a das oben dargelegte V e r ständnis der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g i n a l l e n Gesetzen, die diesen M a ß s t a b v e r w a n d t e n . Welche p r a k t i s c h e B e d e u t u n g der W e r t s t e i g e rungsausschluß d o r t erreichte, k a n n mangels J u d i k a t u r 1 2 9 u n d i r g e n d w e l c h e r sonstiger H i n w e i s e auf die P r a x i s n i c h t b e u r t e i l t w e r d e n .
122 Vgl. aber auch die Kommentare zum R H G : Rusch 1. Aufl. S. 37, 2. Aufl. 5. 53, Wormit / Ehrenforth § 28 S. 137 ff. 123 Wegen der Ausdehnung des Anwendungsbereiches des L B G s. die bei Quecke / Bussmann S. 166 ff. wiedergegebenen Verordnungen. 124 Quecke / Bussmann S. 54 L B G , § 1 Anm. 2. 12 ·> Vgl. Kap. I I I § 1, 4. 126 RArbBl. I 1936 S. 298. Der Erlaß erging zu § 11 NotVO vom 6.10. 1931, 4. Teil I I . Kap. (RGBl. I S. 537, 551). 127 DV 1938/412, vgl. RVB1. 1941/223. 128 Quecke zu BehebVO: Vorbem. S. 113, § 3, 4, S. 117, zu NotVO vom 6. 10. 1931: § 11, 6 S. 150, zu RSG: § 15, 6 S. 197, Knoll D V 1938//457: Bei der Entschädigungsbemessung sollte auf die Leistungsfähigkeit des Siedlungsunternehmens und auf die Tragbarkeit der Mieten Rücksicht genommen werden. Quecke näherte sich allerdings schon einer Berücksichtigung des Enteignungszwecks i m Einzelfall. 129 Der Rechtsweg w a r für Enteignungen gem. § 11 NotVO vom 6. 10. 1931 sogar ausgeschlossen: § 11 Abs. 2 b.
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
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2. § 10 Abs. 2 Neugestaltungsgesetz D i e Tendenz z u e i n e m g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß, die char a k t e r i s t i s c h f ü r das V e r s t ä n d n i s der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g seit 1933 w u r d e , k a m auch i n d e m e i n z i g e n nationalsozialistischen Gesetz z u m A u s d r u c k , das eine B e s t i m m u n g ü b e r u n v e r d i e n t e W e r t s t e i g e r u n g e n e n t h i e l t : G e m e i n t ist das Gesetz ü b e r die N e u g e s t a l t u n g deutscher S t ä d t e — N e u G — v o m 4. 10. 1937 1 3 0 , das d u r c h seinen § 10 A b s . 2 solche W e r t s t e i g e r u n g e n u n b e r ü c k s i c h t i g t ließ, d i e d u r c h die A u s s i c h t a u f die D u r c h f ü h r u n g der s t ä d t e b a u l i c h e n M a ß n a h m e , f ü r die die E n t e i g n u n g erfolgte, seit d e m 1. 1. 1937 e n t s t a n d e n w a r e n 1 3 1 . T r o t z der e i n d e u t i g e n A n l e h n u n g der B e s t i m m u n g a n das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p , e r w e i t e r t e § 10 A b s . 2 N e u G d e n ü b e r k o m m e n d e n E n t s c h ä d i gungsgrundsatz f ü r E n t e i g n u n g e n nach diesem Gesetz. Das N e u G w a r f ü r d e n p l a n m ä ß i g e n A u s b a u e i n i g e r G r o ß s t ä d t e des Reiches geschaffen w o r d e n , w o b e i d e r A u s b a u eine D e m o n s t r a t i o n n a tionalsozialistischer G e s t a l t u n g s k r a f t u n d M a c h t d a r s t e l l e n s o l l t e 1 3 2 . V o r aussetzung f ü r E n t e i g n u n g e n w i e f ü r sonstige städtebauliche M a ß n a h m e n w a r e n B e r e i c h s b e s t i m m u n g e n (§ 1 A b s . 2 N e u G ) , die aber keineswegs das ganze G e b i e t einer S t a d t b e t r a f e n 1 3 3 . D i e B e r e i c h s b e s t i m m u n g g a l t als F e s t s t e l l u n g der Z u l ä s s i g k e i t der E n t e i g n u n g (§ 9 A b s . 1 N e u G ) . N a c h preußischem Recht w ä r e frühestens v o n diesem Z e i t p u n k t a n 1 3 4 e i n Ausschluß solcher W e r t s t e i g e r u n g e n m ö g l i c h gewesen, d e r e n E n t stehen i n der E r w a r t u n g des E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n s b e g r ü n d e t lag. D i e B e d e u t u n g des § 10 Abs. 2 N e u G ergab sich daraus, daß bezüglich des B e g i n n s des Wertsteigerungsausschlusses g e n e r e l l a u f d e n 1. 1. 1937 abgestellt w u r d e , g l e i c h g ü l t i g , w a n n i m e i n z e l n e n eine B e r e i c h s e r k l ä r u n g e r f o l g t e oder der B e g i n n der N e u g e s t a l t u n g s m a ß n a h m e n e i n s e t z t e 1 3 5 . D e r S t i c h t a g w u r d e i m H i n b l i c k auf die Rede H i t l e r s , die er 130
RGBl. I S. 1054. A u f Abs. 3, demgemäß der Einheitswert zu würdigen ist, braucht nicht weiter eingegangen zu werden, da nach einhelliger Meinung der Einheitswert nicht die oberste Grenze der Entschädigung, sondern nur einen A n haltspunkt darstellen sollte: Knoll RVerwBl. 1937/995 r., Hettlage Z A k D R 1938//14, Quecke / Bussmann S. 292 f., Anm. 3 zu § 10 NeuG, Frünk / Hempfing § 10 C S. 26 f. 132 Vgl. die Begründung zum Gesetz, abgedruckt bei Quecke / Bussmann S. 237. 133 Vgl. die Zusammenstellung der 47 Bereichserklärungen für Berlin bei Frank / Hempfing sub I I I C 1 ff. — Stand 15. 2. 1939. 134 s. Kap. I I , § 3, 5.1. iss D e r Wertsteigerungsausschluß erfolgte also schon von einem Zeitpunkt, i n dem die Enteignung noch nicht so sicher bevorstand, wie dies für den Wertsteigerungsausschluß i m Rahmen des § 10 Abs. 2 PrEG üblich und w o h l auch erforderlich war. Vgl. zur Frage der sicheren Enteignung die Zusammenfassung sub Kap. V, § 3, 2.3.2.2.1. 131
9 6 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop a m 30. 1. 1937 v o r d e m Reichstag h i e l t , u n d m i t der er d e n A u s b a u der großen Städte des Reiches a n k ü n d i g t e , g e w ä h l t 1 3 6 . § 10 A b s . 2 N e u G b e t r a f aber n u r W e r t s t e i g e r u n g e n , die d u r c h N e u g e s t a l t u n g s m a ß n a h m e n e i n g e t r e t e n w a r e n ; s o w e i t sie auf sonstige M a ß n a h m e n der ö f f e n t l i c h e n H a n d oder I n v e s t i t i o n e n des E i g e n t ü m e r s z u r ü c k g i n g e n , w u r d e n sie e n t s c h ä d i g t 1 3 7 . Das scheint S c h u l t h e s 1 3 8 z u v e r k e n n e n , w e n n er aus § 10 A b s . 2 N e u G eine F i x i e r u n g der G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t z u m 1.1. 1937 f o l g e r t . S i c h e r l i c h w e r d e n i n v i e l e n F ä l l e n W e r t s t e i g e r u n g e n a l l e i n a u f G r u n d der N e u g e s t a l t u n g e i n g e t r e t e n sein, was auch z u einer v o r s o r g l i c h e n E r m i t t l u n g der G r u n d s t ü c k s w e r t e f ü r d e n S i c h t a g 1 3 9 b e r e c h t i g t h a b e n mag. Doch eine umfassende A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e b r a c h t e § 10 A b s . 2 N e u G nicht. Schulthes ü b e r schätzt auch i m ü b r i g e n d i e B e d e u t u n g dieser V o r s c h r i f t , u n d z w a r i n sofern, als sie seiner M e i n u n g d e n ersten gesetzlichen V e r s u c h d a r stellte, P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t zu e n t s c h ä d i g e n 1 4 0 . Es m a g z u t r e f f e n , daß i m Z u g e d e r N e u g e s t a l t u n g b i s w e i l e n Festsetzungen e r f o l g ten, die u n a b h ä n g i g v o n e i n e r E n t e i g n u n g r e a l i s i e r t w e r d e n k o n n t e n , die also n i c h t auf eine E n t e i g n u n g h i n z i e l t e n . I n s o w e i t d ü r f t e n , falls d a n n später doch e n t e i g n e t w u r d e , w i r k l i c h e — e n t e i g n u n g s u n a b h ä n gige — P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n entschädigungslos gelassen w o r d e n sein. I n der ü b e r w i e g e n d e n Z a h l der F ä l l e w a r e n jedoch f ü r d i e D u r c h f ü h r u n g der N e u g e s t a l t u n g s m a ß n a h m e n n u r besondere T r ä g e r i n der L a g e u n d daher eine Ü b e r f ü h r u n g des E i g e n t u m s a u f diese T r ä g e r e r f o r d e r l i c h , d a m i t entsprechend d e n Z i e l e n des Gesetzes der d e m o n s t r a t i v e C h a r a k t e r der B a u t e n b e w i r k t w e r d e n k o n n t e 1 4 1 . D i e B e d e u t u n g des § 10 A b s . 2 N e u G b e r u h t e v o r a l l e m d a r a u f , daß er d e n B e g i n n des Enteignungsunternehmens bezüglich des W e r t s t e i g e r u n g s ausschlusses g e n e r e l l b e s t i m m t e . § 10 A b s . 2 N e u G l a g also durchaus i n der T r a d i t i o n des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s 1 4 2 , a l l e r d i n g s m i t der Tendenz zu e i n e m g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß. P r a k tische B e d e u t u n g e r l a n g t e diese V o r s c h r i f t w e g e n der G e l t u n g des P r e i s stops jedoch n i c h t 1 4 3 ; i n der N a c h k r i e g s z e i t b l i e b das N e u G als t y p i s c h nationalsozialistisches Recht u n a n g e w e n d e t . D e r i n § 10 Abs. 2 N e u G 136
Quecke / Bussmann S. 294. Quecke / Bussmann S. 294, A n m . 3 zu § 10 NeuG, Scheuermann GrundE 1938//378 sub 5.; vgl. Fr änk / H empfing § 10 D S. 27: „ . . . aus der baulichen Neugestaltung herrührenden Wertsteigerungen." 138 S. 50. 139 Vgl. dazu Hettlage Z A k D R 1938//13. 140 S. 50. 141 Vgl. Quecke / Bussmann S. 290 Anm. 4 f. zu § 9 NeuG. 142 Quecke / Bussmann S. 294 Anm. 3 zu § 10 NeuG; w o h l auch Larenz RVB1. 1937//1001. 143 Quecke / Bussmann S. 294. 137
§ 2 Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen i m NS-Staat
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e n t h a l t e n e G e d a n k e f i n d e t sich aber i n d e n A u f b a u g e s e t z e n d e r L ä n d e r 1 4 4 u n d i m S t ä d t e b a u f ö r d e r u n g s g e s e t z 1 4 5 w i e d e r , ohne daß jedoch e r s i c h t l i c h a u f diese B e s t i m m u n g z u r ü c k g e g r i f f e n w o r d e n w ä r e . 3. D i e volle Entschädigung bis zur Einführung des Preisstops Schon oben sub 1.1. w a r a n g e d e u t e t w o r d e n , daß auch i n der Z e i t n a c h 1933 n e b e n der angemessenen E n t s c h ä d i g u n g noch die v o l l e E n t schädigung g a l t . Diese b e i d e n E n t s c h ä d i g u n g s r a h m e n w u r d e n ganz ü b e r w i e g e n d als Gegensätze v e r s t a n d e n 1 4 6 , da sich z u m e i n e n d e r U m f a n g der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g w e i t e r h i n nach d e n Landesgesetzen u n d d e r sich d a r a n anschließenden reichsgerichtlichen Rechtsprechung o r i e n t i e r t e , z u m a n d e r e n d i e v o l l e E n t s c h ä d i g u n g als r e l a t i v s t a r r e r M a ß stab e i n e r A n g l e i c h u n g a n die angemessene E n t s c h ä d i g u n g n i c h t z u g ä n g l i c h s c h i e n 1 4 7 . V o m N e b e n e i n a n d e r verschiedener E n t s c h ä d i g u n g s maßstäbe, was e i n i g e A u t o r e n a u s d r ü c k l i c h a k z e p t i e r t e n 1 4 8 , g i n g auch das R G aus. D e u t l i c h e r g i b t diese F e s t s t e l l u n g e i n U r t e i l v o m 4. 5. 1937 1 4 9 . Das G e r i c h t sah die v o l l e E n t s c h ä d i g u n g als m i t n a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e m R e c h t s e m p f i n d e n durchaus v e r e i n b a r a n 1 5 0 u n d z w a r o f f e n sichtlich die v o l l e E n t s c h ä d i g u n g i. S. seiner s t ä n d i g e n Rechtsprechung. Z w a r deutete das R G die M ö g l i c h k e i t an, A u s w ü c h s e n b e i d e r E n t schädigungsbemessung d u r c h § 242 B G B s t e u e r n z u w o l l e n 1 5 1 . D o c h da es der A u f f a s s u n g w a r , der R i c h t e r h a b e v o n j e h e r e i n e m M i ß b r a u c h der v o l l s t ä n d i g e n E n t s c h ä d i g u n g d u r c h i n d i v i d u a l i s t i s c h e Interessen e n t g e g e n z u t r e t e n g e h a b t 1 5 2 , ist der G e d a n k e v o n T r e u u n d G l a u b e n sicherl i c h n i c h t z u m Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g herangezogen w o r d e n . A u c h der H i n w e i s i m U r t e i l v o m 4. 5.1937, das V e r h a l t e n des E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n b e r u h e n i c h t auf S p e k u l a t i o n s a b s i c h t e n 1 5 2 3 · , k a n n , da er v e r e i n z e l t g e b l i e b e n ist, n i c h t d a r a u f h i n d e u t e n , daß das 144
s. dazu Kap. V, § 3, 2.1. s. Kap. V I sub 3. 146 Boyens DWohnArch. 1935//206, Ehrenjorth J W 1939/14, Larenz RVB1. 1937//1001, Knoll D V 1938//453; Erlaß R A M v. 31.10.1936 — s. A n m . 95 — Ziff. 4 Abs. 3; Ent/PrOVGE 100//331, 101//264 - 5, 103/271. 147 Z u letzterem Ehrenjorth JW 1939/714 r. o., Lampe DR 1940//2021, vgl. Knoll D V 1938//458 r. u. Abweichend n u r Quecke / Bussmann S. 40 ff. u. Kuhn Z f W 1938/185 ff.; dazu sogleich. 148 Larenz RVB1. 1937//997, Ehrenjorth J W 1939//14 r., w o h l auch Boyens DWohnArch. 1935//206. 149 GrundE 1937//540. 150 D R 1940/2018 und DR 1940/2019, 2020 r. 151 RG a.a.O. 152 R G DR 1940/2018. 152a GrundE 1937/540. 145
7 Bauer
9 8 K a p . I I I : Die Zeit zwischen den Weltkriegen bis zum Preisstop R G eine gewisse N e u i n t e r p r e t a t i o n sichtigte.
der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g
beab-
D i e M a ß g e b l i c h k e i t verschiedener E n t s c h ä d i g u n g s r a h m e n konnte n i c h t b e f r i e d i g e n , z u m a l d i e A n e r k e n n u n g der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g e i n e n V e r z i c h t a u f die D u r c h s e t z u n g nationalsozialistischer G e d a n k e n bedeutete. Es ist deshalb v o n e i n i g e n A u t o r e n der V e r s u c h u n t e r n o m m e n w o r d e n , die v o l l e E n t s c h ä d i g u n g e i n e m anderen, n ä m l i c h n a tionalsozialistischer A u f f a s s u n g entsprechenden V e r s t ä n d n i s z u z u f ü h r e n 1 5 3 . Diese B e s t r e b u n g e n f i e l e n aber schon i n eine Z e i t , i n der der Preisstop g a l t , so daß es r e l a t i v einfach w a r , d e n B e g r i f f des g e m e i n e n Wertes m i t preisrechtlichem I n h a l t zu füllen. Ausdrücklich w u r d e bet o n t , daß der v o l l s t ä n d i g e n E n t s c h ä d i g u n g der g e m e i n e W e r t i m n e u e n Sinne, also u n t e r G e l t u n g des Preisstops, z u g r u n d e z u l e g e n s e i 1 5 4 . D e r Wertsteigerungsausschluß, d e r v o r a l l e m Z i e l dieser N e u i n t e r p r e t a t i o n der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g w a r u n d besonders S p e k u l a t i o n s g e w i n n e b e t r a f 1 5 5 , gehört d a m i t i n einen — anderen — Zusammenhang, m i t dem sich erst das folgende K a p i t e l I V befassen w i r d . B l i e b also der U m f a n g der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g bis u n g e f ä h r 1937 d u r c h das h e r k ö m m l i c h e V e r s t ä n d n i s geprägt, so h a t t e diese Tatsache u n d das daraus folgende N e b e n e i n a n d e r verschiedener E n t s c h ä d i g u n g s maßstäbe n i c h t a l l z u große B e d e u t u n g , da sehr b a l d d e r Preisstop g e n e r e l l die G r e n z e n auch d e r E n t s c h ä d i g u n g s l e i s t u n g e n festsetzte. A l l e r d i n g s k o n n t e das F e s t h a l t e n a m h e r k ö m m l i c h e n B e g r i f f der v o l l e n E n t s c h ä d i g u n g m i t d e r A u f l ö s u n g des Preisstops i n d e r P r a x i s 1 5 6 w i e d e r e r h e b l i c h w e r d e n . O b sich d e r a r t i g e A u s w i r k u n g e n zeigten, l ä ß t sich n i c h t feststellen. W i c h t i g f ü r die w e i t e r e E n t w i c k l u n g des Entschädigungsrechts i n D e u t s c h l a n d w a r aber die Tatsache, daß d i e v o l l e E n t s c h ä d i g u n g u n v e r ä n d e r t d i e Z e i t des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s d u r c h s t a n d ; d e n n die Rechtsprechung nach d e m 2. W e l t k r i e g k o n n t e ohne weiteres b e i A n w e n d u n g der i n K r a f t g e b l i e b e n e n L a n d e s e n t eignungsgesetze a n die h e r k ö m m l i c h e n G r u n d s ä t z e ü b e r d i e v o l l e E n t schädigung a n k n ü p f e n . D i e A n s ä t z e z u e i n e m g e n e r e l l e n W e r t s t e i g e rungsausschluß, d i e z u r angemessenen E n t s c h ä d i g u n g u n a b h ä n g i g v o m Preisstop e n t w i c k e l t w o r d e n w a r e n , l i e ß e n sich d a m i t übergehen.
153 So Quecke / Bussmann S. 33 ff., Kuhn Z f W 1938/185 ff., vgl. auch Scheu ermann GrundE 1938//376. 154 Kuhn a.a.O. S. 190, vgl. Quecke / Bussmann S. 36 und S. 50. 155 Kuhn a.a.O. S. 191, Quecke / Bussmann S. 36. 156 Dazu Kap. I V , § 1, 4.
Kapitel
IV
Das Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses § 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der Enteignungsentschädigung 1. A n w e n d u n g der Preisvorschriften auf die Enteigungsentschädigung D i e a u f G r u n d des Gesetzes z u r D u r c h f ü h r u n g des V i e r j a h r e s p l a n s — B e s t e l l u n g eines Reichskommissars f ü r die P r e i s b i l d u n g — (Preisbildungsgesetz) v o m 2 9 . 1 0 . 1 9 3 6 1 erlassene V e r o r d n u n g ü b e r das V e r b o t v o n P r e i s e r h ö h u n g e n (PreisstopVO) v o m 2 6 . 1 1 . 1 9 3 6 2 u n t e r s a g t e P r e i s e r h ö h u n g e n f ü r E n t g e l t e j e d e r A r t r ü c k w i r k e n d v o m 18.10.1936 a b 3 . D i e Grundstückspreise b e i m freihändigen V e r k a u f unterlagen d a m i t e b e n f a l l s d e m P r e i s e r h ö h u n g s v e r b o t 4 . A u c h d i e A n w e n d b a r k e i t der 1
RGBl. I S. 927. RGBl. I S. 955. 3 § 1 Abs. 1 PreisstopVO. Neben der n u r wenige Paragraphen umfassenden PreisstopVO erfolgte die Ausgestaltung des Preisrechts bei Grundstücken vor allem durch Runderlasse u n d Entscheidungen des Reichskommissars f ü r die Preisbildung — RfP —. Die wichtigsten der i n dieser A r b e i t verwerteten amtlichen Äußerungen des RfP seien hier der Ubersicht halber u n d zur Vereinfachung der Zitate zusammengestellt: Runderlaß Nr. 155/37 des RfP betr. Preisbildung u n d Preisüberwachung bei Grundstücken v o m 6.10.1937, abgedruckt i n JW 1937/2757, zit.: RE Nr. 155/37. Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938 (IV/252 - 2078), ( M t b l RfP 1938 I Nr. 8 S. 3), abgedruckt i n J W 1938/1383, zit.: Grundsätzliche E n t scheidung v o m 26. 3.1938. Runderlaß Nr. 60/39 des RfP v o m 29.6.1939 (MtblRfP 1939 I I S. 146), zit.: RE Nr. 60/39. Runderlaß Nr. 64/41 des RfP betr. Preisbildung u n d Preisüberwachung bei Bauland; Festsetzung von Richtpreisen v o m 10.6.1941 (MtblRfP 1941 I S. 350), abgedruckt i n Dittus / Z i n k a h n Anh. 11 S. 428, zit.: RE Nr. 64/41. Gemeinschaftlicher Runderlaß Nr. 65/42 des RfP u n d aller beteiligten obersten Reichsbehörden betr. Durchführung des Preiserhöhungsverbots bei Enteignungen vom 27.6.1942 (MtblRfP 1942 I S. 425), auszugsweise abgedruckt bei Dittus / Z i n k a h n A n h . 12 S. 434, zit.: Gemeinschaftlicher RE Nr. 65/42. Runderlaß Nr. 66/42 des RfP betr. Festsetzung von Richtpreisen f ü r Bauland v o m 1. 7.1942 (MtblRfP 1942 I S. 438), abgedruckt bei Dittus / Z i n k a h n Anh. 13 S. 435, zit.: RE Nr. 66/42. 4 A V d. R M d J v o m 14.6.1937, J W 1937/1766, RE Nr. 155/37 I, 1. Scholl § 1 V F S. 33. 2
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
P r e i s b e s t i m m u n g e n a u f die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g , z u m i n d e s t b e z ü g l i c h des o b j e k t i v e n Wertes, w a r n i e b e s t r i t t e n 5 . 1.1. Systematische Absicherung Systematisch sicherte m a n dieses E r g e b n i s e i n m a l d a d u r c h ab, daß die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g als E n t g e l t i. S. v o n § 1 A b s . 1 P r e i s bildungsgesetz u n d § 1 A b s . 1 Preisstop V O angesehen w u r d e 6 . Z u m a n d e r e n w a r es k o n s e q u e n t , b e i E r m i t t l u n g der a m g e m e i n e n W e r t ausgerichteten E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n o b j e k t i v e n W e r t d e n Preisstop z u b e r ü c k s i c h t i g e n ; d e r i m g e w ö h n l i c h e n Geschäftsverk e h r erzielbare P r e i s w a r eben der S t o p p r e i s 7 . S o w e i t als a l l g e m e i n e r R a h m e n die „angemessene E n t s c h ä d i g u n g " g a l t , w u r d e d e r Preisstop als K o n k r e t i s i e r u n g der A n g e m e s s e n h e i t v e r s t a n d e n 8 . 1.2. Durchsetzen des Preisstops in der Enteignungsentschädigung D i e G e l t u n g des m a t e r i e l l e n Preisrechts i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s t e l l t e n m e h r e r e a m t l i c h e V e r l a u t b a r u n g e n des R f P fest 9 . Z u r D u r c h setzung einer e i n h e i t l i c h e n G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g d u r c h P r e i s - u n d E n t e i g n u n g s b e h ö r d e n f ü h r t e e i n m a l die B e f u g n i s der P r e i s b e h ö r d e n , die B e w e r t u n g a n sich z u z i e h e n u n d d u r c h gemäß § 6 A b s . 1 P r e i s b i l dungsgesetz v e r b i n d l i c h e A n o r d n u n g e n — g e n e r e l l oder f ü r d e n E i n z e l f a l l 1 0 — die p r e i s r e c h t l i c h zulässige E n t s c h ä d i g u n g z u b e s t i m m e n 1 1 . D e r a r t i g e A n o r d n u n g e n , die auch d i e G e r i c h t e b a n d e n (§ 6 A b s . 1 P r e i s bildungsgesetz), s o l l t e n a l l e r d i n g s n u r i n A u s n a h m e f ä l l e n e r g e h e n 1 2 . 5 RE Nr. 155/37 I I I a. E. Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938, M t b l R f P I Nr. 8 S. 3, Gemeinschaftlicher RE Nr. 65/43. RG DR 1940//2020 m i t zustimmender A n m e r k u n g von Lampe S. 2022, vgl. auch R G DR 1940/1847, L G Stuttgart DR 1940//1532f. m i t zustimmender A n m e r k u n g von Friemann S. 1533, O L G Kassel DR 1941//500 m i t zustimmender A n m e r k u n g von Lampe S. 501, Ent/PrOVGE 103//282, W ü r t t V G H RVB1. 1941/205, Quecke / Bussmann Einl. I V , 3 c S. 36, Flottmann S. 555. 6 O L G Kassel DR 1941//500, ebenso A n m e r k u n g Lampe S. 501, Ent/PrOVGE 103//280, Scholl § 1, I I S. 3, O L G Wien DR 41/2003, W ü r t t V G H RVB1. 1941// 206; vgl. L G Stuttgart DR 1940//1532 f. 7 Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938, RE Nr. 65/42 Ziff. 1, RG DR 1940//2020, vgl. auch O L G Kassel DR 1941//500. 8 Kuhn Z f W 1938//190 u n d 192, Quecke / Bussmann S. 46, Rusch 2. Aufl. S. 52, Stark DR 1939//295, W ü r t t V G H RVB1. 1941/223, Ent/PrOVGE 103//273 und die Nachweise bei Knoll AöR 1956//375. Vgl. Knoll D V 1938//458, Womit / Ehrenforth § 28 S. 137. 9 RE Nr. 155/37, Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938, RE Nr. 65/42. Wegen der Fundstellen s. A n m . 3. 10 L G Stuttgart DR 1940//1532, O L G Kassel D R 1941//500, zustimmend A n merkung Lampe S. 501. 11 Vgl. auch Stahlkopf S. 35 f. 12 Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938.
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der Entschädigung
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S o w e i t die A n o r d n u n g s b e f u g n i s n i c h t i n B e t r a c h t k a m 1 3 , w a r e n die Preisbehörden gutachterlich am Enteignungsverfahren beteiligt14. Gleiches g a l t b e i S t r e i t i g k e i t e n ü b e r d i e H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g v o r d e n G e r i c h t e n 1 5 . D i e G u t a c h t e n d e r P r e i s b e h ö r d e n w i r k t e n offensichtlich f a k t i s c h b i n d e n d 1 6 . Schließlich sicherten auch die R i c h t p r e i s p l ä n e f ü r B a u l a n d d i e B e a c h t u n g der P r e i s v o r s c h r i f t e n i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n : als p r e i s b i l d e n d e A n o r d n u n g e n w a r e n d i e Richtpreisfestsetzungen f ü r B e h ö r d e n w i e G e r i c h t e v e r b i n d l i c h (§ 6 A b s . 1 P r e i s b i l d u n g s g e s e t z ) 1 7 . 2. Gründe für die Einbeziehung der Enteignungsentschädigung i n das Preisrecht; Bedeutung des Grundstückspreisrechts Die Einbeziehung der Enteignungsentschädigung i n den Geltungsbereich der P r e i s v o r s c h r i f t e n l a g ä u ß e r l i c h gesehen i n d e m B e s t r e b e n b e g r ü n d e t , eine ü b e r e i n s t i m m e n d e G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g i m f r e i h ä n digen Verkehr u n d i m Enteignungsverfahren herbeizuführen 18. Ausschlaggebend f ü r dieses Z i e l w a r a l l e r d i n g s w e n i g e r d e r Gedanke, daß die G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r a n d e r n f a l l s u n g l e i c h b e h a n d e l t w ü r d e n ; v i e l m e h r b e f ü r c h t e t e m a n die A u s w i r k u n g e n z u h o h e r E n t s c h ä d i g u n g e n a u f d i e Preise a m G r u n d s t ü c k s m a r k t 1 9 . E i n Steigen d e r Preise a m G r u n d s t ü c k s m a r k t h ä t t e d e n I n t e n t i o n e n des Preisstops w i d e r s p r o c h e n . D e r den gesamten B e r e i c h d e r W i r t s c h a f t umfassende Preisstop sollte — z u r S i c h e r u n g zunächst der m i t d e m 2. V i e r j a h r e s p l a n v o n 1936 v e r s t ä r k t einsetzenden A u f r ü s t u n g u n d w i r t s c h a f t l i c h e n K r i e g s v o r b e r e i t u n g e n w i e später d e r K r i e g s w i r t s c h a f t — d i e Preise u n d d a m i t d e n G e l d w e r t s t a b i l h a l t e n 2 0 . Z u s ä t z l i c h z u der p r e i s p o l i t i s c h e n A u f g a b e k a m die bodenrechtliche Z i e l s e t z u n g des G r u n d s t ü c k s p r e i s t o p s : er sollte u n v e r d i e n t e W e r t g e w i n n e i n d e n H ä n d e n der E i g e n t ü m e r v e r h i n d e r n . Diese schon i n d e m R E N r . 155/37 sub I Z i f f . 1 A b s . 2 u n d I I Z i f f . 2 u n d 13 M i t RE Nr. 65/42 Ziff. 5 waren den Preisbehörden Anordnungen vollends untersagt. 14 RE Nr. 65/42 Ziff. 3, Flottmann S. 555. 15 A V d. R M d J vom 27. 6. 1942, M t b l R f P I S. 426 u n d vom 25.10.1940 D R 1940/1997, Lampe DR 1941/501, Flottmann S. 555. 16 Vgl. Flottmann S. 555. 17 RE Nr. 66/42 Ziff. 24, Flottmann S. 551, Lampe S. 48. I m übrigen zu den Richtpreisplänen siehe Flottmann S. 550 - 551. 18 Grundsätzliche Entscheidung des RfP v o m 26. 3.1938 Abs. 2, Flottmann S. 555. 19 Vgl. die Entscheidung des RfP v o m 24. 5.1939, M t b l R f P I S. 248, L G Stuttgart DR 1940//1532. 20 s. Flottmann S. 43 ff. ; vgl. zu den wirtschaftlichen Zusammenhängen Blaich S. 12 f., zu den m i t dem Vier jahresplan insgesamt verfolgten Zielen Fischer S. 75 f., zur wirtschaftlichen Mobilmachung insbes. die Untersuchungen von Birkenfeld S. 416 über die Denkschrift Hitlers über die Aufgaben eines Vier jahresplanes.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
4 angeudeutete A u f g a b e w u r d e auch i n späteren a m t l i c h e n V e r l a u t b a r u n g e n stets h e r v o r g e h o b e n 2 1 . A n l a ß z u e i n e m n ä h e r e n E i n g e h e n a u f d i e b o d e n r e c h t l i c h e Seite des Preisstops gab v o r a l l e m das f ü r d i e Z e i t nach d e m E n d e des K r i e g e s i n A u s s i c h t g e n o m m e n e W o h n u n g s b a u p r o g r a m m 2 2 , das n i c h t d u r c h überhöhte Baulandpreise verteuert u n d erschwert w e r d e n durfte 23. W e n n auch w ä h r u n g s p o l i t i s c h e G e s i c h t s p u n k t e m i t f ü r e i n N i e d r i g h a l t e n d e r B a u l a n d p r e i s e gesprochen h a b e n m ö g e n — d i e v o n d e n B a u l a n d p r e i s e n a b h ä n g i g e n M i e t e n k o n n t e n E i n f l u ß a u f das G e s a m t p r e i s gefüge a u s ü b e n 2 4 , so ist doch andererseits n i c h t z u übersehen, daß der Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n e i n selbständiges E l e m e n t des Grundstückspreisrechts d a r s t e l l t e . Besonders k o m m t diese T a t sache d a d u r c h z u m A u s d r u c k , daß seit d e m 17.10.1936 tatsächlich e n t standene Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n , d i e also n i c h t d u r c h bloße S p e k u l a t i o n a u f eine e r w a r t e t e bessere N u t z u n g h e r v o r g e r u f e n w a r e n , d e m V e r k ä u f e r w i e d e m E n t e i g n e t e n v o r e n t h a l t e n b l e i b e n sollten, u n d z w a r auch i n f e r n e r Z u k u n f t 2 5 . Reale W e r t s t e i g e r u n g e n k o n n t e n l e t z t l i c h d i e W ä h r u n g s p o l i t i k n i c h t gefährden, w e i l e i n e r P r e i s e r h ö h u n g e i n w i r k l i c h e r W e r t z u w a c h s z u g r u n d e gelegen h ä t t e u n d die A n e r k e n n u n g real e r W e r t e auch v o m R f P gerade als V o r a u s s e t z u n g f ü r e i n F u n k t i o n i e r e n der W i r t s c h a f t — ζ. B . i m H i n b l i c k a u f B e s t e u e r u n g u n d B e l e i h u n g — angesehen w u r d e 2 6 . D i e B e d e u t u n g , d i e d e m G r u n d s t ü c k s preisstop d u r c h d i e N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n z u k a m , b e t o n t e n s o w o h l d e r E r l a ß des Reichskommissars f ü r d e n Sozialen W o h n u n g s b a u v o m 10. 6 . 1 9 4 1 2 7 w i e d i e P r ä a m b e l z u R E N r . 64/41: D i e E r h ö h u n g d e r B o d e n p r e i s e als F o l g e gesteigerter N a c h f r a g e w i d e r s p r e c h e d e r n a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e n Rechts- u n d W i r t s c h a f t s a u f f a s s u n g 2 8 , die V e r h i n d e r u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e d u r c h d e n P r e i s stop sei e i n entscheidender S c h r i t t z u r E r f ü l l u n g des P u n k t e s 17 des P a r t e i p r o g r a m m s 2 9 . Diese F o r m u l i e r u n g e n lassen e r k e n n e n , daß der 21 So insbesondere der Erlaß des Reichskommissars für den Sozialen Wohnungsbau v o m 10. 6.1941, Soz. Wohnungsbau 1941/416. Präambel zu RE Nr. 64/41. 22 Vgl. den Führererlaß zur Vorbereitung des deutschen Wohnungsbaues nach dem Kriege v o m 15.11. 1940 RGBl. I S. 1495. 28 Vgl. Präambel zu RE Nr. 64/41. 24 Vgl. Präambel zu RE Nr. 64/41, Lampe Soz. Wohnungsbau 1941//405, Stahlkopf S. 19. 25 Vgl. Lampe S. 56 u n d Soz. Wohnungsbau 1941//405, Heilmann RArbBl. 1941 V S. 474. 26 Lampe Soz. Wohnungsbau 1941//403 sub I I I . 27 Soz. Wohnungsbau 1941/416. 28 Präambel a.a.O.; vgl. auch Lampe Soz. Wohnungsbau 1941/402 sub I Abs. 1. 29 Erlaß vom 10.6.1941, A n m . 27; zum Parteiprogramm s. Kap. I I I , § 2, 1.2.1.
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der Entschädigung
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Wertsteigerungsausschluß auch n i c h t n u r i m H i n b l i c k a u f d e n g e p l a n t e n W o h n u n g s b a u g e r e c h t f e r t i g t w u r d e , s o n d e r n daß m a n i h n als A u s d r u c k eines a l l g e m e i n e n P r i n z i p s v e r s t a n d , welches es erfordere, G e w i n n e n i c h t b e i d e n j e n i g e n z u belassen, d e r d a f ü r k e i n e eigenen A u f w e n d u n g e n erbracht h a b e 8 0 . F o l g l i c h g a l t der Preisstop zu Recht als u m fassender V e r s u c h — es w a r auch i n s o w e i t der erste — , die G r u n d stückspreise der S p e k u l a t i o n z u e n t z i e h e n 8 1 . I m Gegensatz z u d e n P r e i s v o r s c h r i f t e n a u f d e m Gebiete der g e w e r b l i c h e n W i r t s c h a f t v e r s t a n d sich das G r u n d s t ü c k s p r e i s r e c h t n i c h t als v o r ü b e r g e h e n d e M a ß n a h m e m i t r e i n w ä h r u n g s p o l i t i s c h e r Zielsetzung, s o n d e r n als a u f d i e D a u e r angelegtes M i t t e l z u r B e s e i t i g u n g der M i ß s t ä n d e a u f d e m G r u n d s t ü c k s m a r k t 8 2 . I n s o w e i t g i n g das P r e i s r e c h t eines der w e s e n t l i c h e n P r o b l e m e a u f d e m Gebiete des Bodenrechts an. Das P r o b l e m der N u t z b a r m a c h u n g der r e a l e n P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n f ü r die A l l g e m e i n h e i t k l a m m e r t e m a n aber i m w e s e n t l i c h e n a u s 8 3 , so daß die P r e i s v o r s c h r i f t e n ü b e r i h r e n eben angedeuteten Z w e c k h i n a u s n i c h t z u r G r u n d l a g e f ü r eine B o d e n o r d n u n g als V o r a u s s e t z u n g s t ä d t e b a u l i c h e r P l a n u n g w e r den konnten34. 3. D a r s t e l l u n g des b e i d e r B e m e s s u n g der E n t e i g n u n g s entschädigung g e l t e n d e n m a t e r i e l l e n Preisrechts N e b e n d e r P r e i s s t o p V O w a r e n Q u e l l e des m a t e r i e l l e n Preisrechts f ü r das h i e r interessierende E n t s c h ä d i g u n g s r e c h t noch m e h r e r e Erlasse des Reichskommissars f ü r die P r e i s b i l d u n g , u n d z w a r R E N r . 155/37 v o m 6. 10. 1937, R E N r . 64/41 v o m 10. 6. 1941, R E N r . 65/42 v o m 27. 6. 1942, R E N r . 66/42 v o m 1. 7 . 1 9 4 2 3 5 . N a c h diesen V o r s c h r i f t e n s t e l l t sich das G r u n d s t ü c k s p r e i s r e c h t w i e f o l g t d a r . 3.1. Bisherige Rechtsprechungsgrundsätze und Preisstop Zunächst sei d a r a u f h i n g e w i e s e n , daß die Z i v i l g e r i c h t e auch u n t e r G e l t u n g des Preisstops a n i h r e r s t ä n d i g e n Rechtsprechung z u r E n t schädigung festhielten, w a s a l l e r d i n g s n u r eine f o r m a l e K o n t i n u i t ä t
30 Lampe Soz. Wohnungsbau 1941//406 r., w o h l auch schon RE Nr. 155/37 I Ziff. 1. — Den Äußerungen von Lampe, Flottmann u n d Becker, hohen Beamten beim RfP — Lampe w a r Referent für M i e t - u n d Grundstückspreise — k o m m t besondere Bedeutung zu, da sie authentisch die Vorstellungen des RfP wiedergeben. 31 Flottmann S. 548 unter Hinweis auf dieselben Ziele der Bodenreform, Lampe S. 9 - 10, Heilmann R A r b B l . 1941 V S. 475 1., vgl. Scheuermann S. 75. 32 Flottmann S. 548, Lampe S. 10. 83 s. dazu 3.5.2. 34 Goldstein S. 47; vgl. Schulthes S. 61. 85 Die Fundstellen dieser Erlasse sind i n A n m . 3 mitgeteilt.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
bedeutete: f ü r den E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g w a r w e i t e r h i n m a ß g e b l i c h d e r v o l l e W e r t des e n t e i g n e t e n G r u n d s t ü c k s , also n e b e n d e m h i e r n i c h t interessierenden Ersatz des s u b j e k t i v e n W e r t e s der Ersatz des v o l l e n o b j e k t i v e n W e r t e s 3 6 . A u c h der g e m e i n e W e r t ( V e r k e h r s w e r t ) b l i e b als B e m e s s u n g s g r u n d l a g e f ü r d e n E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g a n e r k a n n t 3 7 . Es ä n d e r t e sich — f o r m a l — n u r d i e M e t h o d e d e r V e r k e h r s w e r t e r m i t t l u n g : s o w e i t es a u f V e r g l e i c h s k ä u f e a n k a m , u n d n u r i n s o w e i t , t r a t a n S t e l l e des K a u f - oder T a u s c h w e r t e s d e r f ü r d e n 17.10.1936 b e s t i m m t e W e r t 3 8 , der, w i e noch z u zeigen sein w i r d , d e n T a u s c h w e r t s t a r k k o r r i gierte. S o w e i t d i e V e r k e h r s w e r t e r m i t t l u n g d u r c h B e s t i m m u n g des — u n s e l b s t ä n d i g e n 8 9 — E r t r a g s w e r t e s erfolgte, w a r d e r Sichtag n i c h t u n m i t t e l b a r v o n B e d e u t u n g 4 0 . E r w i r k t e sich n u r i n s o f e r n b e i d e r B e r e c h n u n g des E r t r a g e s aus, als dieser v o n F a k t o r e n b e s t i m m t w u r d e , die, w i e ζ. B . M i e t e n oder l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Erzeugnisse, i h r e r s e i t s d e m Preiserhöhungsverbot unterlagen. I m übrigen w u r d e die Ertragswerte r m i t t l u n g aber ebenso g e h a n d h a b t w i e u n t e r f r e i e n M a r k t v e r h ä l t n i s sen. Sie soll d a h e r auch n i c h t n ä h e r e r ö r t e r t w e r d e n . B e m e r k t sei n u r noch, daß der E r t r a g s w e r t als v o l k s w i r t s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t g a l t , w e i l er u n v e r d i e n t e G e w i n n e n i c h t e n t h i e l t 4 1 . D i e E r m i t t l u n g nach d e m Ertragswert k a m v o r allem f ü r landwirtschaftlich genutzte G r u n d stücke42 u n d Mietgrundstücke 43 i n Betracht. 3.2. Der volkswirtschaftlich gerechtfertigte Preis Gemäß § 1 A b s . 1 P r e i s s t o p V O w a r e n P r e i s e r h ö h u n g e n ab 18.10. 1936 v e r b o t e n . Dieses V e r b o t bedeutete, daß n u r d e r P r e i s g a l t , z u d e m e i n G r u n d s t ü c k v o r a u s s i c h t l i c h a m 17.10.1936 v e r k a u f t w o r d e n w ä r e , n ä m l i c h der S t o p p r e i s 4 4 . V o n diesem P r e i s m u ß t e auch die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g a u s g e h e n 4 5 . A l l e r d i n g s , so s t e l l t e b a l d der R E N r . 155/37 4 6 k l a r , sei es n i c h t so sehr A u f g a b e der P r e i s e r m i t t l u n g , i n j e dem Falle den w i r k l i c h e n Preis am Stichtag zu bestimmen. V i e l m e h r 88 R G DR 1940/2019, 2020, vgl. auch R G DR 1940/2018; O L G Kassel DR 1941//500; zustimmend w o h l Lampe D R 1940//2022. 37 RE Nr. 65/42 Ziff. 1 Abs. 1, Lampe DR 1940//2022. 38 R G DR 1940//2020. S. auch schon sub 1.1. 39 s. Kap. I I , § 1, 2. 40 Vgl. Lampe DR 1940//2022. 41 Vgl. RE Nr. 155/37 I I Ziff. 3, Lampe DR 1940//2022 u n d Baulandpreisrecht S. 29. S. zum Ertragswert auch Kap. I I I , § 2, 1.2.2. 42 Dazu RE Nr. 64/41 Ziff. 10, Flottmann S. 548 f. 48 Dazu RE Nr. 155/37 I I Ziff. 3, Flottmann S. 548, 551 f. 44 Lampe S. 10. 45 Vgl. RE Nr. 64/41 I Ziff. 1, Becker M t b l R f P 1942 I S. 605. 46 Sub Ziff. 1.
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der Entschädigung
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k o m m e es d a r a u f an, d i e B o d e n p r e i s e i n v o l k s w i r t s c h a f t l i c h gerechtf e r t i g t e r H ö h e festzustellen u n d d u r c h z u s e t z e n 4 7 . Dieses V e r s t ä n d n i s der P r e i s s t o p V O bedeutete, daß d e r S t o p p r e i s n i c h t r e i n rechnerisch, sond e r n v o r a l l e m w e r t e n d z u e r m i t t e l n w a r , u n d z w a r auch m i t d e m e r k l ä r t e n Ziel, unverdiente W e r t g e w i n n e beim freihändigen V e r k a u f w i e i n der E n t e i g n u n g auszuschließen 4 8 . N a c h d e m S t i c h t a g v o r g e n o m m e n e w e r t e r h ö h e n d e I n v e s t i t i o n e n w u r d e n d a h e r o h n e w e i t e r e s als v o l k s w i r t s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t angesehen 4 9 . 3.3. Ausgangspunkt der Entschädigungsermittlung A u s g a n g s p u n k t d e r a m Preisstop o r i e n t i e r t e n E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g w a r e n die Preise a m 17.10. 1936 5 0 oder, w i e m a n es i n d e r E r k e n n t nis, daß G r u n d s t ü c k e n i c h t H a n d e l s o b j e k t e i m ü b l i c h e n S i n n m i t festem P r e i s darstellen, ü b e r w i e g e n d ausdrückte, d i e Preise, d i e a m S t i c h t a g v o r a u s s i c h t l i c h v e r e i n b a r t w o r d e n w ä r e n 5 1 . Z u r B e s t i m m u n g dieser Preise zog m a n , ä h n l i c h w i e b e i d e r V e r k e h r s e r m i t t l u n g nach a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätzen, Vergleichspreise aus e t w a z u r gleichen Z e i t ü b e r g l e i c h a r t i g e G r u n d s t ü c k e abgeschlossenen V e r t r ä g e n h e r a n 5 2 . Diese M e t h o d e e r f u h r a l l e r d i n g s eine w e s e n t l i c h e E i n s c h r ä n k u n g d u r c h die o b e n dargelegte A u f g a b e des Preisrechts, v o l k s w i r t s c h a f t l i c h gerechtf e r t i g t e Preise durchzusetzen: Preise, d i e a u f G r u n d falscher oder ü b e r t r i e b e n e r E r w a r t u n g e n ü b e r d i e w i r t s c h a f t l i c h e oder s t ä d t e b a u liche E n t w i c k l u n g gezahlt w o r d e n w a r e n , d u r f t e n n u r nach V o r n a h m e angemessener Abschläge z u m V e r g l e i c h herangezogen w e r d e n 5 3 . D a b e i f ä l l t der U m f a n g des Wertsteigerungsausschlusses auf. S ä m t l i c h e E r w a r t u n g s g e w i n n e w u r d e n abgezogen. Diese R e g e l u n g g i n g also w e i t ü b e r d e n i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n Grundsatz hinaus. 3.4. Baulandpreise Was d i e Z u l ä s s i g k e i t besonderer B a u l a n d p r e i s e a m S t i c h t a g angeht, so ü b e r n a h m das Preisrecht i n e t w a d i e schon z u m preußischen E n t -
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Erläuternd Lampe J W 1937/3004. S. auch Scheuermann S. 122 f. Vgl. RE Nr. 155/37, I Ziff. 1, Lampe JW 1937/3004, Stahlkopf S. 17 f. 49 Lampe JW 1937/3004, vgl. auch Lampe S. 56. 50 Vgl. RE Nr. 64/41 Ziff. 1. 51 RE Nr. 64/41 Ziff. 2, Flottmann S. 548. 52 RE Nr. 64/41 Ziff. 3; das galt vor allem bei Bauland, vgl. Flottmann S. 548. 53 RE Nr. 155/37 I I Ziff. 4, Nr. 64/41 Ziff. 7 Abs. 1, Nr. 66/42 Ziff. 10 Abs. 1, Lampe DR 1940//2022, vgl. RG D J 1938/1563. 48
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
eignungsrecht e n t w i c k e l t e F o r m e l 5 4 . G r u n d s t ü c k e k o n n t e n n u r d a n n als B a u l a n d entschädigt w e r d e n , w e n n einerseits a m 17. 10. 1936 m i t i h r e r B e b a u u n g i n absehbarer Z e i t gerechnet w u r d e 5 5 u n d sich z u m a n d e r e n der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r d a r a u f e i n g e s t e l l t h a t t e , also w e s e n t l i c h ü b e r d e n A c k e r w e r t d e r G r u n d s t ü c k e l i e g e n d e Preise z a h l t e 5 6 . Z u r K o n k r e t i s i e r u n g dessen, w a s u n t e r d e m B e g r i f f „ i n absehbarer Z e i t " z u v e r s t e h e n w a r , l e h n t e sich das Preisrecht a n die Rechtsprechung des R F H z u § 51 A b s . 2 R B e w G a n 5 7 u n d v e r s c h ä r f t e d u r c h die Ü b e r n a h m e einer festen F r i s t d i e V o r a u s s e t z u n g e n gegenüber d e m p r e u ß i schen Recht. Diese Rechtsprechung e r k a n n t e B a u l a n d q u a l i t ä t b e i b i s h e r l a n d - u n d f o r s t w i r t s c h a f t l i c h g e n u t z t e n G r u n d s t ü c k s f l ä c h e n n u r an, w e n n die Bebauung m i t einiger Sicherheit — m i t Wahrscheinlichkeit i n e i n e m Z e i t r a u m v o n e t w a 6 J a h r e n z u e r w a r t e n w a r 5 8 . D i e bloße A u s w e i s u n g als B a u l a n d i n e i n e m s t ä d t e b a u l i c h e n P l a n reichte n i c h t a u s 5 9 . D i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r e i n nach o b i g e n K r i t e r i e n b e w e r t e t e s B a u gelände w a r d a r ü b e r h i n a u s noch danach auszurichten, daß sie n i c h t d i e B i l d u n g volkswirtschaftlich gerechtfertigter M i e t e n gefährdete 60. Dieser G r u n d s a t z k o n n t e i m E i n z e l f a l l die E n t s c h ä d i g u n g bis n a h e a n d e n Mindestwert, den landwirtschaftlichen Ertragswert, herunterdrücken 61. 3.5. Veränderung in den den Wert bestimmenden Umständen Z u r v o l l s t ä n d i g e n D a r s t e l l u n g des G r u n d s t ü c k s p r e i s r e c h t s b e d a r f es noch eines Eingehens a u f seit d e m 17.10.1936 e i n g e t r e t e n e V e r ä n d e r u n g e n i n d e n d e n W e r t b e s t i m m e n d e n U m s t ä n d e n . D e r Preis a m S t i c h t a g w a r n u r der A u s g a n g s p u n k t d e r E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g . 3.5.1. Veränderungen
im Zustand
des
Grundstücks
B e z ü g l i c h des Zustandes eines G r u n d s t ü c k s b e s t i m m t e R E N r . 64/ 4 1 6 2 , daß d a f ü r m a ß g e b l i c h der Z e i t p u n k t d e r B e w e r t u n g d u r c h die B e 54
Z u r Bewertung i m Rahmen der angemessenen Entschädigung s. Kap. I I I ,
§ 2, 1.2.1.
55 RE Nr. 155/37 I I Ziff. 4 unter Hinweis auf den Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 31. 10.1936 R A r b B l . I S. 300 Ziff. 4, RE Nr. 64/41 Ziff. 9 Abs. 2, RE Nr. 66/42 Ziff. 8, Erlaß des Reichsministers für Ernährung und L a n d wirtschaft v o m 11. 2.1938 Ziff. 7, abgedruckt bei Scheuermann S. 101. 58 RE Nr. 64/41 Ziff. 9 Abs. 2. 57 Erlaß des Reichsministers der Finanzen u n d des RfP v o m 14.12.1940 RStBl. 1941 S. 3 ff., RE Nr. 66/42 Ziff. 8, Heilmann R A r b B l . 1941 V S. 476. 58 R F H RStBl. 1938/1157. 59 R F H a.a.O., RE Nr. 64/41 Ziff. 9 Abs. 3, Nr. 66/42 Ziff. 9. 60 RE Nr. 155/37 I I Ziff. 4 Abs. 3, vgl. RG D J 1938//1564. 61 Vgl. W ü r t t V G H RVB1. 1941/223. 62 Ziff. 2 S. 2.
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der E n t s c h ä d i g u n g 1 0 7 h ö r d e sei. Das bedeutete, daß die E n t s c h ä d i g u n g so z u bemessen w a r , als ob das G r u n d s t ü c k i m Z u s t a n d z u r Z e i t d e r E n t e i g n u n g a m 17.10. 1936 e n t e i g n e t w o r d e n w ä r e 6 8 . D e r B e g r i f f Z u s t a n d bezeichnete u n s t r e i t i g d i e f ü r d i e B e w e r t u n g maßgebenden, i m G r u n d s t ü c k selbst l i e g e n d e n U m s t ä n d e , d i e Grundstückseigenschaften, w i e ζ. B . das M a ß d e r B e b a u u n g , so daß d e r e n Ä n d e r u n g e n seit d e m 17.10.1936 w e r t m i n d e r n d w i e w e r t e r h ö h e n d b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n m u ß t e n 6 4 . Z u diesen Grundstückseigenschaften w a r aber n i c h t d i e Q u a l i t ä t des G r u n d s t ü c k s z u z ä h l e n 6 5 ' 6 6 . D i e z u b e r ü c k s i c h t i g e n d e Q u a l i t ä t b e s t i m m t e sich a l l e i n nach d e n V e r h ä l t n i s s e n a m S t i c h t a g 6 7 . A l s einzige A u s n a h m e ist der F a l l anzusehen, daß e i n z u B e g i n n des Preisstops l a n d w i r t s c h a f t l i c h genutztes G r u n d s t ü c k bis z u r E n t e i g n u n g b e b a u t w o r d e n w a r . D u r c h L e i s t u n g des E i g e n t ü m e r s b e w i r k t e Q u a l i t ä t s e r h ö h u n g e n w i d e r s p r a chen d e m Preisstop n i c h t 6 8 , der, w i e schon e r w ä h n t , w e n i g e r schematisch als v i e l m e h r w e r t e n d z u h a n d h a b e n w a r . N i c h t e r ö r t e r t w u r d e , w a s i m e i n z e l n e n noch u n t e r d e n B e g r i f f Z u stand fiel u n d daher bis zum Bewertungszeitpunkt berücksichtigt w e r d e n k o n n t e . So b l i e b v o r a l l e m u n g e k l ä r t , ob W e r t e r h ö h u n g e n , die b e i g l e i c h b l e i b e n d e r p l a n u n g s r e c h t l i c h e r Q u a l i t ä t eines G r u n d s t ü c k s e t w a i n f o l g e d e r V e r l a g e r u n g des städtischen V e r k e h r s oder v e r ä n d e r t e r L i n i e n f ü h r u n g der ö f f e n t l i c h e n V e r k e h r s m i t t e l entstanden, m i t z u e n t schädigen w a r e n . A u s d e n D a r l e g u n g e n v o n L a m p e 6 9 u n d K i e f e r s a u e r 7 0 k a n n aber geschlossen w e r d e n , daß, da auch diese W e r t s t e i g e r u n g e n einerseits n i c h t zu v e r h i n d e r n w a r e n , andererseits ä h n l i c h d e n U m w i d m u n g e n d e n E i g e n t ü m e r n o h n e A r b e i t s l e i s t u n g zufielen, n i c h t d a r a n gedacht w a r , diesen d e n M e h r w e r t z u belassen 7 1 . Z u m i n d e s t e n t s p r i c h t diese K o n s e q u e n z d e n I n t e n t i o n e n des Preisstops. W e i t e r h i n n i c h t ganz e i n d e u t i g w a r e n d i e S t e l l u n g n a h m e n d e r L i t e r a t u r z u der 83
Lampe DR 1940//2022. Lampe DR 1940//2022, Flottmann S. 548. 85 Lampe DR 1940//2022, Flttmann S. 548; Goldstein S. 46. 68 Dieser sich daraus ergebende Begriff des Zustandes ist also nicht identisch m i t dem vom B G H gebrauchten, w i e ebenso der hier verwandte Begriff „Qualität" enger ist als derselbe Begriff i n der enteignungsrechtlichen Rechtsprechung des B G H (s. zu den Begriffen i n der J u d i k a t u r des B G H Kap. V, § 2, 2.2.3.). Qualität bezeichnet i m Rahmen dieser Ausführungen zum Preisstop die Grundstücksnutzungsmöglichkeiten, hauptsächlich die planungsrechtliche Situation. 87 RE Nr. 64/41 Ziff. 9 und Nr. 66/42 Ziff. 8 insbesondere für Baulandqualität, i m übrigen s. Becker M t b l R f P 1942 I S. 606. 88 Vgl. Lampe JW 1937/3004 u. Lampe S. 54; Kiefersauer S. 104 sub I V , H e i l m a n n R A r b B l . 1941 V S. 476 - 477. 89 S. 53. 70 S. 105. 71 Näher dazu sub 3.5.2. 64
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
Frage, i n w i e w e i t d i e E r t r a g s l a g e eines G r u n d s t ü c k s z u d e n f ü r d e n Z u s t a n d maßgebenden V e r h ä l t n i s s e n gehörte. F l o t t m a n n 7 2 w o l l t e d i e E r h ö h u n g des M i e t e r t r a g e s bis z u m B e w e r t u n g s t a g b e r ü c k s i c h t i g e n ; er schien d a b e i aber n i c h t n u r a n E r t r a g s e r h ö h u n g e n d u r c h V e r ä n d e r u n g e n a m G r u n d s t ü c k , s o n d e r n auch d u r c h M i e t s t e l g e r u n g z u denken. E r t r a g s e r h ö h u n g e n b e i l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n G r u n d s t ü c k e n i n f o l g e gestiegener Erzeugerpreise h i n g e g e n s o l l t e n i n der Regel i m Preis, b z w . i n der E n t s c h ä d i g u n g n i c h t z u m A u s d r u c k k o m m e n 7 3 . L a m p e 7 4 b e r ü c k sichtigte w o h l g e n e r e l l E r t r a g s s t e i g e r u n g e n . 3.5.2. Unverdiente
Wertgewinne,
insbesondere
Qualitätsänderungen
Neben den den Zustand i m obigen Sinne betreffenden Veränderungen s i n d v o r a l l e m die t y p i s c h e n u n v e r d i e n t e n W e r t g e w i n n e v o n I n t e r esse. M i t diesen W e r t g e w i n n e n , d i e u n t e r f r e i e n w i r t s c h a f t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n als F o l g e v o n oder i n A u s s i c h t a u f M a ß n a h m e n d e r städteb a u l i c h e n P l a n u n g oder a u f andere Weise d u r c h W i r k e n d e r A l l g e m e i n h e i t e n t s t a n d e n u n d w e s e n t l i c h die G r u n d s t ü c k s p r e i s e b e s t i m m t e n , m u ß t e sich auch das Preisrecht auseinandersetzen. D e m Z i e l d e r P r e i s v o r s c h r i f t e n i m B e r e i c h des Grundstücksrechts, u n g e r e c h t f e r t i g t e B o d e n p r e i s e r h ö h u n g e n z u v e r h i n d e r n , entsprach ganz die N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g spekulativer W e r t g e w i n n e i n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g . N a c h d e m S t i c h t a g s t a t t f i n d e n d e n s t ä d t e b a u l i c h e n P l a n u n g e n oder b a u p o l i z e i l i c h e n Festsetzungen a l l e i n w u r d e k e i n E i n f l u ß a u f Preise u n d E n t s c h ä d i g u n g e n zugestanden, so daß d i e A u s s i c h t auf d e r a r t i g e M a ß n a h m e n ebenfalls u n b e r ü c k s i c h t i g t z u b l e i b e n h a t t e 7 5 . V o n dieser R e g e l u n g e r h o f f t e m a n sich eine besondere W i r k s a m k e i t i m H i n b l i c k a u f das f ü r d i e Z e i t nach d e m K r i e g p r o j e k t i e r t e W o h n u n g s b a u p r o g r a m m 7 6 . H a t t e e i n G r u n d s t ü c k eine tatsächliche u n d nicht n u r auf E r w a r t u n gen b e r u h e n d e W e r t s t e i g e r u n g — e t w a i n f o l g e H i n e i n w a c h s e n s i n B a u l a n d q u a l i t ä t , sei es i n f o l g e n e u e r E n t w i c k l u n g e n oder auch P l a n u n g e n 7 7 — erfahren, so e n t s t a n d e n d a m i t a l l e r d i n g s B e w e r t u n g s p r o b l e m e , die das P r e i s r e c h t b e w u ß t a u s k l a m m e r t e . M a n g l a u b t e , der 1936 v o r h a n dene B a u l a n d v o r r a t w e r d e auch b e i d e r nach B e e n d i g u n g des K r i e g e s einsetzenden s t a r k e n B a u t ä t i g k e i t ausreichen; eine B e h a n d l u n g des 72 73 74 75
548.
S. 548. Flottmann S. 549. DR 1940//2022. RE Nr. 66/42 Ziff. 2 Abs. 2, Becker M t b l R f P 1942 I S. 606, Flottmann
S.
78 Lampe Soz. Wohnungsbau 1941/402, Erlaß d. Reichskommissars f. d. Soz. Wohnungsbau vom 10.6.1941, Soz. Wohnungsbau 1941/416, Heilmann R A r b B l . 1941 V S. 473. 77 Lampe Soz. Wohnungsbau 1941//405.
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der E n t s c h ä d i g u n g 1 0 9 P r o b l e m s schien d a h e r n i c h t v o r d r i n g l i c h 7 8 . Reale P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n , die auch nach A u f f a s s u n g des R f P d u r c h gesetzliche V o r s c h r i f t e n n i c h t z u v e r h i n d e r n w a r e n 7 9 , s o l l t e n d u r c h spätere R e g e l u n g e n erfaßt w e r d e n 8 0 . D a b e i w u r d e f ü r f r e i h ä n d i g e V e r k ä u f e z w a r e i n A b g e h e n v o m Stoppreis durchaus ins A u g e g e f a ß t 8 1 , andererseits s o l l t e n aber die W e r t s t e i g e r u n g e n , d a u n v e r d i e n t , i n F o r m v o n A u s g l e i c h s abgaben der A l l g e m e i n h e i t z u g e f ü h r t w e r d e n 8 2 . Technisch sollte es e t w a so aussehen, daß der v e r ä n d e r t e S t o p p r e i s n u r f ü r d e n E r w e r b e r galt, der E r w e r b e r somit an den V e r k ä u f e r den ursprünglichen Stoppreis entrichtete u n d den Differenzbetrag an die Gemeinde zahlte83. D i e G e w i n n e w ä r e n also a u f k e i n e n F a l l b e i m V e r k ä u f e r v e r b l i e b e n 8 4 . A u f d i e E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g ü b e r t r a g e n , w ü r d e das bedeuten, daß auch der E n t e i g n e t e k e i n e n A u s g l e i c h f ü r d e r a r t i g e W e r t s t e i g e r u n g e n e r h a l t e n h ä t t e . Das P r o b l e m d e r G e s t a l t u n g i h r e r A b s c h ö p f u n g f ü r d i e A l l g e m e i n h e i t w ä r e z u d e m b e i der E n t e i g n u n g n i c h t aufget a u c h t , da d i e ö f f e n t l i c h e H a n d sowieso ü b e r w i e g e n d E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e w a r . Es i s t also d a v o n auszugehen, daß tatsächliche G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n nach d e m 17.10.1936 n i c h t entschädigt w e r d e n sollten. Gleiches m u ß , w i e schon e r w ä h n t 8 5 , f ü r sonstige tatsächliche u n d i n f o l g e W i r k e n s der A l l g e m e i n h e i t entstandene W e r t s t e i g e r u n g e n gelten. I n w i e w e i t das P r o b l e m d e r tatsächlichen W e r t s t e i g e r u n g e n i n d e r E n t e i g n u n g s p r a x i s b e h a n d e l t w u r d e , ist n i c h t ersichtlich. D e r h i e r schon m e h r m a l s z i t i e r t e Bescheid des R f P v o m 29. 6 . 1 9 4 2 8 6 b e t r a f k e i n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n , ebenso n i c h t das U r t e i l des O L G S t u t t g a r t v o m 28.10.194087. 3.5.3. Veränderungen
von Preisgefüge
und
Geldwert
V e r ä n d e r u n g e n i m P r e i s g e f ü g e 8 8 seit d e m Stichtag, e t w a d u r c h E r t r a g s e r h ö h u n g e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r G r u n d s t ü c k e als F o l g e e r h ö h t e r 78
Lampe S. 53 f. und Soz. Wohnungsbau 1941//405. Vgl. Lampe S. 53, Becker M t b l R f P 1942 I S. 606. 80 RE Nr. 64/41 Ziff. 24, 66/42 Ziff. 2 Abs. 1. 81 Vgl. Runderlasse a.a.O., Bescheid des RfP v o m 29. 6.1942 zu 2, abgedruckt bei Lampe S. 130 f. 82 Kiefersauer S. 105. Lampe S. 55 u n d Soz. Wohnungsbau 1941//405, Bescheid des RfP a.a.O. und Bescheid des RfP v o m 25.1.1943, abgedruckt bei Lampe S. 150, Becker M t b l R f P 1942 I S. 606, RE Nr. 155/37 I I Ziff. 2 Abs. 2, vgl. O L G Stuttgart DR 1941/496 ff., Schulthes S. 51. 83 Statt aller s. Lampe S. 55. 84 So ausdrücklich Becker A n m . 82, Lampe S. 55, Kiefersauer S. 107. 85 s. 3.5.1. a. E. 80 s. A n m . 81. 87 DR 1941/496 ff. 88 Wegen der Spekulationsgewinne s. schon 3.5.2. am Anfang. 79
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
Erzeugerpreise oder d u r c h S t e i g e n d e r G r u n d r e n t e w e g e n Rückganges des Zinsflußes w u r d e n ebenfalls n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t 8 0 , w ä h r e n d Ä n d e r u n g e n des G e l d w e r t e s als F o l g e des i n a l l e n B e r e i c h e n der W i r t s c h a f t g e l t e n d e n Preisrechts g a r n i c h t a u f t r a t e n . 3.6. Zusammenfassung, Zeitpunkte D a m i t s t e l l t sich das E n t s c h ä d i g u n g s s y s t e m u n t e r G e l t u n g des P r e i s stops w i e f o l g t d a r : A u s g a n g s p u n k t d e r W e r t e r m i t t l u n g w a r e n die k o r r i g i e r t e n Preise a m 17.10.1936, W e r t ä n d e r u n g e n seit diesem Tage w u r d e n n u r berücksichtigt, s o w e i t sie d e n tatsächlichen G r u n d s t ü c k s z u s t a n d b e t r a f e n oder a u f I n v e s t i t i o n e n b e r u h t e n . Das bedeutete, daß als B e w e r t u n g s z e i t p u n k t i n d e r R e g e l d e r 17.10.1936 g a l t , w ä h r e n d es n u r b e z ü g l i c h des Zustandes b e i d e m Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses b l i e b 9 0 . A l l e r d i n g s , das sei noch e i n m a l v e r d e u t l i c h t , sollte der Preisstop die Preise v o n 1936 keineswegs v e r e w i g e n . W i e sich s o w o h l aus R E N r . 64/41 Z i f f . 24 w i e aus R E N r . 66/42 Z i f f . 2 A b s . 1 e r g i b t , s o l l t e n b e i w e s e n t l i c h g e ä n d e r t e n U m s t ä n d e n auch die R i c h t preise k o r r i g i e r t w e r d e n 9 1 . D i e V o r a u s s e t z u n g e n f ü r e i n solches A b g e h e n v o m Höchstpreis i n g r ö ß e r e m U m f a n g e w a r e n aber bis z u m K r i e g s e n d e nach A n s i c h t des R f P n i c h t gegeben. B e r ü c k s i c h t i g t w u r d e n aber a u f j e d e n F a l l W e r t e r h ö h u n g e n , d i e sich als F o l g e v o n I n v e s t i t i o n e n ergeben hatten.
4. Praxis des Preisrechts Daß die P r a x i s d e r E n t e i g n u n g s b e h ö r d e n u n d Gerichte d i e oben d a r gelegten G r u n d s ä t z e beachtete, l ä ß t sich m i t S i c h e r h e i t n i c h t sagen, ist aber w o h l — z u m i n d e s t i m a l l g e m e i n e n — a n z u n e h m e n 9 2 . Es g i b t a l l e r d i n g s gewisse A n h a l t s p u n k t e f ü r d i e gegenteilige A n s i c h t . So lassen die b e i S c h e u e r m a n n 9 3 nachgewiesenen Z a h l e n eine d e u t l i c h steigende Tendenz b e i d e n Preisen e r k e n n e n , die der L a n d l i e f e r u n g s v e r b a n d B r a n d e n b u r g nach 1936 f ü r d e n E r w e r b v o n G r o ß g ü t e r n zahlte. Aussagen ü b e r die P r e i s g e s t a l t u n g b e i a n d e r e n G r u n d s t ü c k s a r t e n e r m ö g l i c h e n diese Z a h l e n aber n i c h t 9 4 ; d i e B a u l a n d p r e i s e scheinen b i s w e i l e n aber ebenfalls gestiegen z u s e i n 9 5 . 89 Flottmann S. 548 f.; u n k l a r Lampe DR 1940//2022, vgl. o. 3.5.1. a. E. Heiimann R A r b B l . 1941 V S. 474 schien diese Frage als durch das Preisrecht noch nicht entschieden anzusehen. 90 s. RE Nr. 64/41 Ziff. 2 Satz 2, der auf den Zeitpunkt der Bewertung durch die Preisbehörde abhob, was i m Enteignungsverfahren dem Zeitpunkt des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses entspricht. 91 Lampe S. 51, Bescheid des RfP v o m 29. 6.1942 zu 2, o. A n m . 81. 92 Peter Städtetag 1952/301, Goldstein S. 44. 93 S. 81. 94 Die Feststellung Knolls AöR 1956//183, dortige Anm. 37 a. E., daß die
§ 1 Das nationalsozialistische Preisrecht i n der E n t s c h ä d i g u n g 1 1 1 A l l e r d i n g s sah das Preisrecht selbst i n g e w i s s e m U m f a n g e e i n A b g e h e n v o n d e n P r e i s e n a m S t i c h t a g v o r . B e i der V e r ä u ß e r u n g l a n d w i r t schaftlicher G r u n d s t ü c k e s o l l t e n ä h n l i c h w i e i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n i m Einzelfall Nebenentschädigungen über den Stoppreis hinaus genehm i g t w e r d e n k ö n n e n 9 6 . A b e r auch g e n e r e l l , als A n r e i z z u r V e r ä u ß e r u n g oder aus G r ü n d e n der V e r f a h r e n s v e r e i n f a c h u n g , w a r e n d e r a r t i g e Z u schläge zulässig 9 7 . W e i t e r h i n h a t t e schon d e r R E N r . 155/37 I Z i f f . 1 a n gedeutet, daß es n i c h t i n j e d e m F a l l a u f die E r m i t t l u n g des w i r k l i c h e n G r u n d s t ü c k s w e r t e s a m 17.10.1936 a n k o m m e . D a r a u s f o l g e r t e d i e E n t e i g n u n g s p r a x i s durchaus i m S i n n e des P r e i s k o m m i s s a r s , daß auch h ö h e r e als die a m S t i c h t a g g e l t e n d e n Preise zugelassen w e r d e n k ö n n t e n , sofern sie n u r das v o l k s w i r t s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t e M a ß n i c h t ü b e r s c h r i t t e n 9 8 . D i e Preise d u r f t e n also z u m i n d e s t n i c h t s p e k u l a t i o n s b e d i n g t s e i n 9 9 . Doch h i e l t e n die B e h ö r d e n diesen R a h m e n n i c h t ein. So b e m ä n g e l t e n B e c k e r 1 0 0 u n d L a m p e 1 0 1 die i m m e r w i e d e r i n E r scheinung t r e t e n d e N e i g u n g d e r P r e i s b e h ö r d e n b e i Festsetzung der Richtpreise, d i e j a f ü r d i e E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g v e r b i n d l i c h w a ren, nach 1936 entstandene s t ä d t e b a u l i c h e P l a n u n g e n z u b e r ü c k s i c h t i g e n 1 0 2 . A u c h die Rechtsprechung ist b i s w e i l e n v o n d e n G r u n d s ä t z e n z u r E r m i t t l u n g der Stoppreise abgegangen. Das O L G K a s s e l 1 0 3 s t e l l t e gen e r e l l a u f d e n Z e i t p u n k t des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses ( i m v o r l i e g e n d e n F a l l a u f d e n 19.12.1938) f ü r d i e B e w e r t u n g ab. Es b e t o n t e z w a r , daß sich d i e G r u n d s t ü c k s p r e i s e seit d e m Preisstopsticht a g n i c h t g e ä n d e r t h ä t t e n 1 0 4 , doch bestehen gewisse B e d e n k e n , ob n i c h t das G e r i c h t b e i B e s t i m m u n g der Q u a l i t ä t des Grundstückes, insbesondere b e i B e u r t e i l u n g der M ö g l i c h k e i t seines H i n e i n w a c h s e n s i n B a u l a n d g e b i e t als F o l g e der A u s d e h n u n g d e r S t a d t K a s s e l v o n d e n V e r h ä l t n i s s e n gegen E n d e des Jahres 1938 ausging. Ganz e i n d e u t i g h i n gegen s i n d die A u s f ü h r u n g e n des W ü r t t V G H 1 0 5 . D e r V G H s t e l l t e b e i Richtlinien des RfP und des Reichsministers für Ernährung weitgehend Papier geblieben seien, bezieht sich auch n u r auf die Preise für l a n d w i r t schaftliche Großgüter. 95 Vgl. Scheuermann S. 82. 96 RE Nr. 64/41 Ziff. 11. 97 RE Nr. 64/41 Ziff. 12, 17 Abs. 2, 3, Lampe Soz. Wohnungsbau 1941//403. 98 Scheuermann S. 122 f., RG D J 1938//1564. 99 Vgl. RE Nr. 155/37 I Ziff. 1, I I Ziff. 4. 100 M t b l R f P 1942 I S. 606. 101 S. 22. 102 Aus diesen kritischen Äußerungen kann aber nicht, wie Schulthes S. 51 es tut, entnommen werden, daß die Runderlasse i n der Praxis kaum angewandt wurden. 103 DR 1941//500. 104 a.a.O., S. 501 a. E. 105 RVB1. 1941/223.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
d e r B e w e r t u n g des b e t r o f f e n e n G r u n d s t ü c k s n i c h t a u f Preise a m 17.10. 1936 ab, s o n d e r n a u f d e n v o l k s w i r t s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t e n Preis. U n d das G e r i c h t sah es als v o l k s w i r t s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t an, das G r u n d stück, das v o r der E n t e i g n u n g n u r l a n d w i r t s c h a f t l i c h z u n u t z e n w a r , als B a u l a n d z u b e w e r t e n . D e n auch i m w ü r t t e m b e r g i s c h e n Recht g e l t e n d e n G r u n d s a t z der U n b e a c h t l i c h k e i t v o n W e r t s t e i g e r u n g e n , d i e d u r c h das E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n b e d i n g t w a r e n 1 0 5 a , h i e l t das G e r i c h t n i c h t f ü r a n w e n d b a r m i t der E r w ä g u n g , daß dieser G r u n d s a t z n u r f ü r a m V e r k e h r s w e r t ausgerichtete E n t s c h ä d i g u n g e n G e l t u n g beanspruche, w ä h r e n d i m vorliegenden F a l l die Entschädigung durch den v o l k s w i r t schaftlich g e r e c h t f e r t i g t e n P r e i s b e s t i m m t w e r d e . Schließlich sei noch e i n U r t e i l des L a n d e s e r b h o f g e r i c h t e s Celle v o m 3 . 1 0 . 1 9 4 0 1 0 6 a n g e f ü h r t , das b e i der B e s t i m m u n g des zulässigen Preises f ü r e i n A c k e r g r u n d stück — es h a n d e l t e sich a l l e r d i n g s u m e i n e n f r e i h ä n d i g e n V e r k a u f — i m H i n b l i c k a u f die z u k ü n f t i g e Z w e c k b e s t i m m u n g als I n d u s t r i e l a n d e i n e n e r h e b l i c h e n Zuschlag z u l i e ß : D e r Zuschlag l a g u m m e h r als 100 % ü b e r d e m Preise, der d e m l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n N u t z u n g s w e r t e n t s p r a c h 1 0 7 u n d der b e i E i n h a l t u n g d e r P r e i s v o r s c h r i f t e n n i c h t h ä t t e ü b e r schritten werden dürfen. Es s i n d also n a c h w e i s l i c h i n der P r a x i s des Preisrechts Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n , d i e erst nach d e m S t i c h t a g e i n t r a t e n , b e r ü c k s i c h t i g t w o r den. I n w e l c h e m U m f a n g das geschah, l ä ß t sich n i c h t b e u r t e i l e n . S o w e i t diese P r a x i s bestand, stieß sie aber a u f h e f t i g e A b l e h n u n g d u r c h d e n R f P 1 0 8 . D i e i n der 260. S i t z u n g des Deutschen Bundestages a m 16. 4.1953 v o n d e m d a m a l i g e n B u n d e s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r E r h a r d geäußerte A u f fassung, d e r Preisstop sei v o n j e h e r so v e r s t a n d e n w o r d e n , daß auch d i e jeweilige Nutzungsmöglichkeit habe berücksichtigt w e r d e n müssen109, ist d a h e r auch v o r d e m H i n t e r g r u n d der eben d a r g e s t e l l t e n P r a x i s nicht zutreffend.
§ 2 Preisrecht u n d Enteignungsentschädigung nach d e m 2. W e l t k r i e g 1. W e i t e r g e l t u n g der P r e i s v o r s c h r i f t e n nach d e m 2. W e l t k r i e g D i e P r e i s v o r s c h r i f t e n g a l t e n auch nach B e e n d i g u n g des 2. W e l t krieges w e i t e r 1 1 0 ; d u r c h das Preisgesetz v o m 1 0 . 4 . 1 9 4 8 1 1 1 w u r d e das 105a 108 107 108 109
A r t . 10 Abs. 1 Satz 2 W ü r t t E G vom 20. 12.1888, s. Kap. I I , § 4. D J 1941/167 ff. D J 1941//169. s. die Äußerungen Beckers und Lampes, o. A n m . 100 u. 101. Verh. des D. BT, I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung S. 12649.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
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Preisbildungsgesetz v o m 29.10.1936 aufgehoben, w a s jedoch d i e W i r k s a m k e i t d e r a u f G r u n d des l e t z t e r e n Gesetzes i n d e r Z e i t v o n 1936 bis 1945 erlassenen R e c h t s v o r s c h r i f t e n ( V e r o r d n u n g e n , A n o r d n u n g e n , E r lasse usw.), insbesondere der Preisstop V O , n i c h t b e r ü h r t e 1 1 2 . Gemäß § 1 Z i f f . 7 d e r A n O N r . 71/48 f ü r P r e i s b i l d u n g u n d P r e i s ü b e r w a c h u n g nach d e r W ä h r u n g s r e f o r m ( P r e i s f r e i g a b e a n o r d n u n g ) v o m 25. 6 . 1 9 4 8 1 1 3 i n der Fassung der A n O P r . N r . 144/48 v o m 2 7 . 1 2 . 1 9 4 8 1 1 4 w a r e n die G r u n d s t ü c k s p r e i s v o r s c h r i f t e n als H ö c h s t p r e i s v o r s c h r i f t e n a n z u w e n d e n . I m Z u ge d e r Ü b e r l e i t u n g der b i s h e r i g e n Z w a n g s w i r t s c h a f t z u r f r e i e n M a r k t w i r t s c h a f t e r f o l g t e n seit 1948 P r e i s f r e i g a b e n u n d P r e i s l o c k e r u n g e n 1 1 5 , d i e i m J a h r e 1952 auch G r u n d s t ü c k e b e t r a f e n : D i e V O P R N r . 75/52 v o m 2 8 . 1 1 . 1 9 5 2 1 1 6 beseitigte m i t W i r k u n g v o m 12.12.1952 d i e P r e i s bingen f ü r bebaute Grundstücke u n d Trümmergrundstücke. Der Preisstop f ü r u n b e b a u t e G r u n d s t ü c k e w u r d e schließlich d u r c h § 185 B B a u G v o m 23. 6. I 9 6 0 1 1 7 aufgehoben. 2. Geltung der Preisvorschriften auch i m Enteignungsverfahren Solange u n d s o w e i t d i e P r e i s b i n d u n g f ü r G r u n d s t ü c k e bestand, w u r de sie auch i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n v o n d e r ü b e r w i e g e n d e n M e i n u n g i m P r i n z i p b e a c h t e t 1 1 8 u n d u n t e r G e l t u n g des G G als soziale B i n d u n g des E i g e n t u m s a n g e s e h e n 1 1 9 . D e n P r e i s b e h ö r d e n k a m w i e f r ü h e r n u r eine g u t a c h t e r l i c h e M i t w i r k u n g z u 1 2 0 ; aus d e r f a k t i s c h e n B i n d u n g an die uo wegen der kurzfristigen Freigabe der Grundstückspreise i n der Zeit vom 25. 6.1948 bis zum 31.12.1948 vgl. Huber § 87, I I 3 c S. 314 A n m . 18 u. 19. 111 W i G B l . S. 27. 112 Simon BBauBl. 1952/55 sub A , Huber § 87 S. 313, Zipfel, Einführung S. X X X V I I I u n d X L I X , vgl. auch Thiele B l f G B W R 1953/51. 113 W i B G l . S. 61. 114 V f W M B l . I I S. 199. 115 Vgl. dazu Huber § 87 S. 313 ff. 118 BGBl. I S. 792. 117 BGBl. I S. 341. 118 Β GHZ 6//99, 12//376, 13//384, 385 ff., 19//142, B G H W M 1958/494, 495 sub I I a. E., 1958/496, 497 a. E., 1959//240 sub 3, D W W 1959//44 sub 4, W M 1959// 411 sub I 3, O L G H a m m M D R 1954/432. Pagendarm W M 1958//1355 sub 8, Kröner V I I , 7 a S. 130, Pergande / Schwender BaulBG, Nachtrag zu § 10 S. 22 m i t weiteren Rechtsprechungsnachweisen, Ernst/Friede § 46, 1 b S. 283, Maury DVB1. 1953/73, Rößler N J W 1953/1309, vgl. auch Dittus / Zinkahn § 10, I I 5 S. 229. Gegen eine Berücksichtigung des Preisstops bei der Entschädigungsbemessung waren O L G Celle N J W 1953//548, O L G F r a n k f u r t B B 1954/80 f., Dickertmann N J W 1953/1594, Giese D W W 1953//175, Groebe N J W 1957//1458 f., Maunz S. 20. 119 W ü r t t B adV G H DVB1. 1952//114, Β G H Z 13//385 f., 19//141, Rößler N J W 1953/1309. 120 L G Frankfurt v o m 24. 4.1952, zitiert nach Maury DVB1. 1953/73, O L G 8 Bauer
114
Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
Festsetzungen der P r e i s b e h ö r d e n schienen sich d i e G e r i c h t e gelöst z u haben121. Insbesondere f ü r d e n B G H ergab sich die M a ß g e b l i c h k e i t der P r e i s v o r s c h r i f t e n b e i der Entschädigungsbemessung f o l g e r i c h t i g daraus, daß, ganz i n der T r a d i t i o n d e r reichsgerichtlichen Rechtsprechung z u m i n d e s t z u m P r E G , r e g e l m ä ß i g d e r g e m e i n e W e r t z u entschädigen w a r 1 2 2 ; der g e m e i n e W e r t aber w u r d e d u r c h die P r e i s v o r s c h r i f t e n b e s t i m m t 1 2 3 . D i e se n o t w e n d i g e V e r b i n d u n g des g e m e i n e n W e r t e s m i t d e m S t o p p r e i s h a t t e schon der R E N r . 65/42 v o m 27. 6. 1942, a u f d e n d e r B G H zusätzlich verwies 124, klargestellt. O b w o h l die Runderlasse des R f P n a c h 1945 w e i t e r g a l t e n 1 2 5 u n d o b w o h l der Preisstop b e i B e m e s s u n g der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g m a ß geblich b l i e b , b e s t a n d doch n u r ä u ß e r l i c h eine Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e r Rechtslage v o r d e m K r i e g e . D e n n B e h ö r d e n u n d G e r i c h t e h a n d h a b t e n den Preisstop so großzügig, daß i n W i r k l i c h k e i t v o n i h m fast nichts m e h r ü b r i g b l i e b 1 2 6 . B e z ü g l i c h der h i e r interessierenden E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g s t e l l t sich d i e P r a x i s w i e f o l g t dar. 3. Praxis des Preisstops 3.1. Berücksichtigung von Qualitätsänderungen 3.1.1. Rechtsprechung
des
BGH
W i e oben a u s g e f ü h r t w u r d e , w a r e n nach der P r e i s s t o p V O , d e n e r l ä u t e r n d e n Runderlassen N r . 64/41 u n d 66/42 u n d d e n V o r s t e l l u n g e n des R f P Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n i n k e i n e m F a l l e z u entschädigen. Das i n s o w e i t e i n d e u t i g e Preisrecht ü b e r g i n g jedoch d e r B G H m i t seiner Rechtsprechung v ö l l i g , i n d e m er seit d e m S t i c h t a g eingetretene, „tatsächliche, d e n W e r t des G r u n d s t ü c k s beeinflussende U m s t ä n d e " e n t s c h ä d i g t e 1 2 7 . H a m m M D R 1954//433, B G H Z 12//376, 13//389, B G H W M 1958//497, Β GHZ 39//216. Α. M. Simon BBauBl. 1952//56, Maury DVB1. 1953/73. 121 Vgl. B G H Z 39//216. 122 B G H Z 6//293, 294 - 5, 13//387, B G H W M 1958//497, B G H Z 31//241. Näher dazu Kap. V, § 1, 1.2. Vgl. i m übrigen die bei Schulthes S. 80 A n m . 285 zitierte Literatur. 123 B G H Z 13//386 f., 19//142, B G H W M 1958//497. 124 B G H Z 13//391 f.; ebenso O L G H a m m M D R 1954/432. 125 Ihre Rechtsnatur w a r allerdings strittig, s. Simon BBauBl. 1952//56. 128 Knoll AöR 1956//184 ff., vgl. Dittus / Zinkahn § 10 I 2 b S. 217, Pergande / Schwender § 10, 4 S. 89, Goldstein DVB1. 1956/114. 127 B G H Urt. vom 23. 9.1957, I I I ZR 171/56, zitiert nach Pagendarm WM 1958//1355, B G H W M 1958/496, 497 a. E., W M 1959//240 sub 3, W M 1959//411 sub I I 1, B G H Z 39//216, B G H L M Nr. 14 Hess. AufbauG sub I, 1, vgl. Pagendarm W M 1958//1355 sub 8, Kröner S. 130. Vgl. auch O L G H a m m DVB1. 1952/343 für freihändigen Verkauf.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
115
D a b e i v e r s t a n d der B G H u n t e r w e r t b e e i n f l u s s e n d e n U m s t ä n d e n n i c h t n u r Z u s t a n d s ä n d e r u n g e n i. S. v o n Z i f f . 2 Satz 2 R E N r . 64/41, also z. B . b a u l i c h e V e r ä n d e r u n g e n , w i e B e b a u u n g oder A b r i ß 1 2 8 , die schon i m m e r z u b e r ü c k s i c h t i g e n w a r e n . V i e l m e h r s o l l t e n auch W i d m u n g s ä n d e r u n g e n entschädigt w e r d e n 1 2 9 , w a s sich k l a r aus d e n D a r l e g u n g e n des U r t e i l s v o m 1 3 . 1 0 . 1 9 5 8 1 3 0 e r g i b t . I n diesem U r t e i l w u r d e d i e M ö g l i c h k e i t d e r H ö h e r b e b a u u n g n u r deshalb n i c h t entschädigt, w e i l diese W e r t s t e i g e r u n g erst d u r c h e i n E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n h e r v o r g e r u f e n w o r d e n w a r , also der G e d a n k e des § 10 A b s . 2 P r E G a n z u w e n d e n w a r 1 3 1 . N e b e n d e n W i d m u n g s ä n d e r u n g e n entschädigte d e r B G H auch andere Q u a l i tätssteigerungen, w e n n sie e t w a a u f e i n tatsächliches H i n e i n w a c h s e n eines G r u n d s t ü c k e s i n eine h ö h e r e Q u a l i t ä t z u r ü c k z u f ü h r e n w a r e n 1 8 2 , w a s ebenfalls d e n I n t e n t i o n e n des Preisrechts w i d e r s p r a c h (s. § 1, 5.3.2.). E i n e B e g r ü n d u n g f ü r die E n t s c h ä d i g u n g v o n Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n a b w e i c h e n d v o n d e n V o r s c h r i f t e n des Preisrechts lassen d i e U r t e i l e w e i t g e h e n d vermissen. D e r Senat b e r i e f sich z. B . i n s e i n e m U r t e i l v o m 1 3 . 1 0 . 1 9 5 8 1 8 3 a u f seine ständige Rechtsprechung, die jedoch, s o w e i t ersichtlich, damals n u r das u n v e r ö f f e n t l i c h t e U r t e i l v o m 23. 9 . 1 9 5 7 1 8 4 u n d das i n W M 1958/496, 497 m i t g e t e i l t e U r t e i l v o m 10. 2. 1958 u m faßte. I n l e t z t e r e m U r t e i l n a h m das G e r i c h t w i e d e r B e z u g a u f z w e i E r k e n n t n i s s e der a m t l i c h e n S a m m l u n g 1 8 5 , d i e jedoch b e i d e n i c h t z u r S t ü t z u n g der v o m B G H v e r t r e t e n e n A u f f a s s u n g d i e n e n k ö n n e n 1 8 6 . Insbesondere f ä l l t auf, daß d e r B G H d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n N u t zungsänderungen nicht u n t e r H i n w e i s auf die N o t w e n d i g k e i t der E n t schädigung des g e m e i n e n W e r t e s r e c h t f e r t i g t e 1 3 7 ' 1 3 8 . Z w a r f i n d e n sich 128
Vgl. Kröner S. 130, s. o. § 1, 3.5.1. Vgl. Kröner a.a.O. 130 I I I ZR 97/57 — W M 1959//240 f. sub 3. 131 Die beiden anderen veröffentlichten Urteile aus der früheren Zeit — Urt. v o m 10. 2.1958, I I I ZR 153/56 — W M 1958/496, 497 und v o m 1.12.1958, I I I ZR 195/57 — W M 1959//411 sub I I . 1. — befaßten sich nur m i t Mietsteigerungen i m Rahmen der Ertragswertberechnung. Bei Mietsteigerungen w a r allerdings auch das nationalsozialistische Preisrecht nicht ganz eindeutig ablehnend gewesen (s. § 1, 5.3.1.). 132 B G H Z 39//216 u. B G H L M Nr. 14 Hess. A u f b a u G sub I, 1. So schon Kröner 1. Aufl. S. 82. 133 Oben A n m . 130. 134 Oben Anm. 127. 135 B G H Z 13/378 vom 4. 6.1954, 19/139 v o m 25. 11. 1955. 136 Ganz i m Gegenteil stellte sogar das U r t e i l v o m 4. 6.1954 (BGHZ 13// 388) klar, der Große Senat habe i n seinem Beschluß vom 16.11.1953 (BGHZ 11/156, 167) nur die Berücksichtigung veränderter Verhältnisse i n währungsrechtlicher Hinsicht gefordert. 137 Die Verbindung von Preisstop u n d Enteignungsentschädigung erfolgte wegen der Maßgeblichkeit des gemeinten Wertes. S. o. § 2, 2. 129
8*
116
Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
i n d e n G r ü n d e n des U r t e i l s v o m 8 . 1 1 . 1 9 6 2 1 3 9 A u s f ü h r u n g e n , d i e auch b e z ü g l i c h der Ü b e r s c h r e i t u n g d e r Stoppreise d e n G e d a n k e n d e r V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g a n z u w e n d e n scheinen. D o c h gerade i n diesem U r t e i l b e s t i m m t e das G e r i c h t 1 4 0 , daß d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n i n d e r E n t e i g n u n g schon d a n n g e r e c h t f e r t i g t sei, w e n n der a l l g e m e i n e G r u n d s t ü c k s v e r k e h r gewillt w a r , h ö h e r e Preise z u z a h len, d e r e n G e n e h m i g u n g aber v e r s a g t w e r d e n m u ß t e . Es k a m d e m B G H d a n n n i c h t m e h r d a r a u f an, ob h ö h e r e Preise i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r tatsächlich 141 gezahlt w u r d e n : D e n n w e n n die Behörden die preisrechtliche G e n e h m i g u n g n i c h t e r t e i l t e n , so k o n n t e n sich die h ö h e r e n Preise i m a l l g e m e i n e n G r u n d s t ü c k s v e r k e h r auch n i c h t a u s w i r k e n . U n d Schwarz m a r k t p r e i s e n h a t t e der B G H seine A n e r k e n n u n g v e r s a g t 1 4 2 . F o l g l i c h k ö n n e n die A u s f ü h r u n g e n des Gerichtes n u r so v e r s t a n d e n w e r d e n , daß es Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n n i c h t deshalb entschädigte, w e i l u n d w e n n sie der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r b e r ü c k s i c h t i g t e , s o n d e r n w e i l es d e m u m f a n g reichen Wertsteigerungsausschluß des Preisrechts a b l e h n e n d gegenüberstand. 3.1.2. Rechtsprechung
der
Verwaltungsgerichte
W i e G o l d s t e i n 1 4 3 m i t t e i l t e , sei es bis z u m I n k r a f t t r e t e n des B a u l B G die P r a x i s der V e r w a l t u n g s g e r i c h t e u n d auch der P r e i s b e h ö r d e n g e w e sen, eine A r t „ m o d i f i z i e r t e n P r e i s s t o p " a n z u w e n d e n , der f o l g e n d e r m a ßen aussah: E i n G r u n d s t ü c k w u r d e so b e w e r t e t , als ob es i m Z u s t a n d z u m Z e i t p u n k t der B e w e r t u n g a m 17.10.1936 v e r k a u f t w o r d e n w ä r e . Diese F o r m e l w a r d a b e i aber n i c h t i d e n t i s c h m i t d e m oben d a r g e s t e l l t e n u r s p r ü n g l i c h e n V e r s t ä n d n i s v o n Z i f f . 2 Satz 2 R E N r . 64/41 1 4 4 , da der m o d i f i z i e r t e Preisstop auch seit 1936 eingetretene W i d m u n g s ä n d e r u n g e n b e r ü c k s i c h t i g t e 1 4 5 . A u f die P r e i s v o r s c h r i f t e n k o n n t e diese P r a x i s sich daher n i c h t b e r u f e n .
138 wegen der Betonung des Ausgleichscharakters der Entschädigung zur Rechtfertigung von Geldwert- u n d Preisgefügeänderungen s. unten 3.2. 139 Β GHZ 39//217 f. 140 a.a.O. S. 218. 141 Der gemeine Wert ist der i m gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielende Preis (Kröner S. 91, § 141 BBauG). 142 Β GHZ 13//386. 143 DVB1. 1956/114 u n d Bodenwertausgleich S. 59. 144 s. § 1, 3.5.1. 145 So ganz deutlich Hinte NdsLandgemeinde 1954//126, vgl. auch Gemeinsame Richtlinien für den A n k a u f von Grundstücken i m Rahmen der Landbeschaffungsaufgaben des Bundes v o m 24. 7.1953 (BWMB1. 1953/240) — auch abgedruckt bei Dittus / Zinkahn Anh. 15 — sub I Ziff. 2.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg 3.1.3. Praxis
der
117
Behörden
A u ß e r den G e r i c h t e n l i e ß e n d i e P r e i s b e h ö r d e n b e i B e s t i m m u n g des Stoppreises Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n z u 1 4 6 . I n w i e w e i t sich d u r c h diese V e r w a l t u n g s p r a x i s auch A u s w i r k u n g e n f ü r die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g ergaben, l ä ß t sich n i c h t nachweisen. D o c h ist a n z u n e h m e n , daß die b e h ö r d l i c h e Festsetzung der E n t s c h ä d i g u n g i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n v o n d e n gleichen G r u n d s ä t z e n a u s g i n g 1 4 7 . W e l c h e B e d e u t u n g d e n W i d mungsänderungen zukam, verdeutlichen die von Goldstein148 mitgeteilt e n A n g a b e n , denen zufolge N u t z u n g s s t e i g e r u n g e n P r e i s e r h ö h u n g e n v o n 100 bis zu 1000 u n d m e h r P r o z e n t b e w i r k t e n . 3.2.4.
Rechtsgrundlagen
D i e R e c h t s g r u n d l a g e n f ü r die B e r ü c k s i c h t i g u n g dieser Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n sah m a n i n der L i t e r a t u r ü b e r w i e g e n d i n § 3 Preisstop V O 1 4 9 , w ä h r e n d der B G H ebenso w i e das O L G H a m m 1 5 0 a u f d i e F r a g e der Rechtsgrundlage n i c h t e i n g i n g e n . Daß § 3 P r e i s s t o p V O , d e r aus v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e n G r ü n d e n oder z u r V e r m e i d u n g besonderer H ä r t e n Ausnahmen v o m Preiserhöhungsverbot ermöglichte, zur Berücksichtig u n g v o n P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n herangezogen w e r d e n k o n n t e , w a r n i e z w e i f e l h a f t 1 5 1 . Welche B e d e u t u n g dieser V o r s c h r i f t z u r Z e i t des N a t i o n a l s o z i a l i s m u s i m e i n z e l n e n z u k a m , l ä ß t sich m a n g e l s M a t e r i a l a l l e r dings schwer b e u r t e i l e n . A u s n a h m e n s o l l t e n außer f ü r d e n E i n z e l f a l l auch d u r c h a l l g e m e i n e A n o r d n u n g e n , z . B . B a u l a n d r i c h t p r e i s e , e r t e i l t w e r d e n k ö n n e n 1 5 2 . D o c h w u r d e stets b e t o n t , daß d e r a r t i g e B e w i l l i g u n gen n u r i n eng b e g r e n z t e m R a h m e n zulässig s e i e n 1 5 3 . D i e nach d e m K r i e g h ä u f i g e V e r w a l t u n g s p r a x i s , stets b e i N u t z u n g s ä n d e r u n g e n eine A u s n a h m e g e n e h m i g u n g zu e r t e i l e n 1 5 4 , k o n n t e sich daher n i c h t a u f § 3 P r e i s s t o p V O s t ü t z e n 1 5 5 . D a d e r B G H ebenfalls g e n e r e l l ohne D a r l e 148 Goldstein S. 46, 59 und DVB1. 1956/114, Pathe § 10 S. 91 u., Peter Städtetag 1952/301, Schütz D W W 1953//197, Simon BBauBl. 1952//57, vgl. Wolff BBauBl. 1952//187; Verh. des D.BT. Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung v o m 16.4.1953 S. 12649 D, 12655 Β ; siehe auch Gemeinsame Richtlinien für den A n k a u f von Grundstücken i m Rahmen der Landbeschaffungsaufgaben des Bundes v o m 24. 7.1953 — s. o. A n m . 145 — a.a.O. 147 Vgl. Pathe § 10 S. 91 u. 148 DVB1. 1956//115 sub A n m . 6. 149 Knoll AöR 1956//184, Simon BBauBl. 1952//57, Wolff BBauBl. 1952//187. 150 DVB1. 1952/373. 151 Stahlkopf S. 22, vgl. Simon A n m . DVB1. 1952//344. 152 Scheuermann S. 41, Kiefersauer S. 32. 153 RE Nr. 60/39 vom 29. 6.1939 M t b l R f P 1939 I I S. 147 Ziff. 13, Flottmann S. 120, Kiefersauer S. 32. 154 Dazu Simon BBauBl. 1952//57, Schulthes S. 65. 155 Simon BBauBl. 1952//57, Peter Städtetag 1952//302, Jacobi, Verh. des D.BT I. Wahlp., Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung S. 12648 Α.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
g u n g d e r A u s n a h m e s i t u a t i o n eine Ä n d e r u n g i n d e n w e r t b e s t i m m e n d e n F a k t o r e n z u b e r ü c k s i c h t i g e n schien, d ü r f t e diese Rechtsprechung k a u m m e h r d u r c h § 3 P r e i s s t o p V O gedeckt gewesen sein. D i e P r a x i s , s o w e i t sie Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n entschädigte, w a r also m i t der P r e i s s t o p V O nicht zu vereinbaren. 3.2. Berücksichtigung von Änderungen des Geldwertes und des Preisgefüges N e b e n der E n t s c h ä d i g u n g f ü r W i d m u n g s ä n d e r u n g e n g e w ä h r t e n B e h ö r d e n u n d G e r i c h t e Zuschläge, d i e w o h l z u m A u s g l e i c h des gesunken e n G e l d w e r t e s oder des v e r ä n d e r t e n Preisgefüges d i e n e n s o l l t e n 1 5 6 ' 1 5 7 . D i e s e r P r a x i s k a m eine besonders a u g e n f ä l l i g e B e d e u t u n g d u r c h d i e Z e i t p u n k t - R e c h t s p r e c h u n g des B G H zu: W a r die Entschädigung n i c h t u n w e s e n t l i c h u n r i c h t i g festgesetzt, so verschob sich i n Z e i t e n s c h w a n k e n d e r — sprich s t e i g e n d e r — Preise d e r B e w e r t u n g s z e i t p u n k t a u f d e n Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g i n der T a t sacheninstanz158. W a r e n bis zur letzten mündlichen V e r h a n d l u n g die Stoppreise f ü r G r u n d s t ü c k e gestiegen, w e i l d i e B e h ö r d e n Zuschläge gemacht oder g e d u l d e t h a t t e n , so w u r d e n diese P r e i s s t e i g e r u n g e n b e r ü c k s i c h t i g t 1 5 9 . Z u r B e g r ü n d u n g f ü h r t e das G e r i c h t w i e auch sonst b e i seiner Z e i t p u n k t - R e c h t s p r e c h u n g an, daß n u r der gemeine W e r t — u n d speziell h i e r d e r a l l g e m e i n f ü r zulässig g e h a l t e n e gemeine W e r t — i m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t eine angemessene E n t s c h ä d i g u n g d a r s t e l l e u n d d e n E r w e r b eines g l e i c h a r t i g e n G r u n d s t ü c k s e r m ö g l i c h e 1 6 0 . A u f die b e sonderen P r o b l e m e u n d I n t e n t i o n e n des Preisstops g i n g d e r B G H n i c h t ein. Ganz ä h n l i c h u n t e r b l i e b auch i n d e n G r ü n d e n des U r t e i l s v o m 3 0 . 1 1 . 1 9 5 9 1 6 1 eine A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t d e m Preisstop. O f f e n 158 Unter Preisfügeänderungen sollen n u r solche sich i m Verkehrswert niederschlagende Preisänderungen verstanden werden, die nicht auf einer gestiegenen Nutzungsfähigkeit des Grundstücks beruhen, Preisänderungen also, welche bei gleichbleibender Grundstücksqualität — etwa durch V e r knappung — entstehen. 157 B G H W M 1959//241 1. u., D W W 1959//44 a.E.; L G Darmstadt N J W 1954//1166 und B V e r w G DVB1. 1957//542 zu § 41 H A G ; vgl. B G H Z 31/238, 243 zu § 10 Abs. 2 B a u l B G und B G H W M 1967//907, jeweils unter Hinweis auf die Praxis der Behörden. Siehe auch Dittus / Zinkahn § 10 I I 4 S. 228, Ernst / Friede § 46, 1 b S. 283, Maury DVB1. 1958//818 1., Peter Städtetag 1952/301, Verh. des D. BT, I. Wahlp., Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung v o m 16.4.1953 S. 12650 D, 12653 D, Gemeinsame Richtlinien für den A n k a u f von Grundstücken i m Rahmen der Landbeschaffungsaufgaben des Bundes v o m 24.7. 1953 BWMB1. S. 240, sub I Ziff. 2. 158 I m einzelnen s. Kap. V, § 2, 2.1.2. 159 Urteile v o m 13.10.1958: W M 1959//241 l.u., D W W 1959//44 r. Vgl. B G H Z 39//216. 160 Die beiden Urteile v o m 13.10.1958 a.a.O. 161 B G H Z 31/238, 243.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
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sichtlich ausgehend v o n der N o t w e n d i g k e i t der B e a c h t u n g des g e m e i n e n W e r t e s entschädigte das G e r i c h t d e n j e n i g e n Preis, der sich u n t e r b e w u ß t e r D u l d u n g der Preisbehörden a m Grundstücksmarkt dadurch g e b i l d e t hatte, daß die B e h ö r d e n i h n e n e r k e n n b a r ü b e r h ö h t e V e r g ü t u n g e n f ü r A u f w u c h s oder A u f b a u t e n n e b e n d e m gesetzlichen Höchstpreis n i c h t b e a n s t a n d e t e n 1 6 2 . Diese g e d u l d e t e n V e r g ü t u n g e n k ö n n e n n u r als Zuschläge f ü r V e r ä n d e r u n g e n d e r P r e i s v e r h ä l t n i s s e angesehen w e r d e n , da i n d e n z i t i e r t e n U r t e i l e n Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n n i c h t i n F r a g e s t a n den. A u ß e r d e m B G H u n d d e n oben z i t i e r t e n G e r i c h t e n h a t sich — s o w e i t ersichtlich — noch das A G S t o l z e n a u 1 6 3 i n e i n e m Beschluß v o m 5. 5.1951 — a l l e r d i n g s n i c h t i n e i n e m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n — f ü r die B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n ausgesprochen, so daß der A u f f a s s u n g G o l d s t e i n s 1 6 4 , K a u f k r a f t m i n d e r u n g s z u s c h l ä g e seien ü b e r einstimmend abgelehnt worden, nicht beigetreten werden kann. Diese P r a x i s z u d e n P r e i s ä n d e r u n g e n w i d e r s p r i c h t ganz e i n d e u t i g d e n gesetzlichen V o r s c h r i f t e n , die j a das P r e i s n i v e a u a m S t i c h t a g festh a l t e n s o l l t e n 1 6 5 . S o w e i t Preisänderurxgen ü b e r § 3 P r e i s s t o p V O b e r ü c k s i c h t i g t w u r d e n — so das A G S t o l z e n a u — , bestehen gegen dieses V e r f a h r e n B e d e n k e n , da m i t a l l g e m e i n e n v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e n E r w ä g u n g e n stets A u s n a h m e n z u b e g r ü n d e n gewesen w ä r e n 1 6 6 . 3.3. Zeitpunkte D i e eben u n t e r 3.1. u n d 3.2. d a r g e s t e l l t e P r a x i s bedeutete i m V e r gleich z u m Rechtszustand v o r 1945 auch eine V e r s c h i e b u n g des Z e i t p u n k t e s , a u f d e n d i e B e w e r t u n g z u beziehen w a r . I m A n s c h l u ß a n die Rechtsprechung des R G h a t t e d e r B G H d e n T a g d e r Z u s t e l l u n g des E n t schädigungsfeststellungsbeschlusses b z w . d e n v o r a n g e g a n g e n e n B e s i t z ü b e r l a s s u n g als m a ß g e b l i c h a n g e s e h e n 1 6 7 u n d a n diesem Z e i t p u n k t auch u n t e r G e l t u n g d e r P r e i s s t o p b e s t i m m u n g e n f e s t g e h a l t e n 1 6 8 . Dies a l l e i n h ä t t e gegenüber d e m f r ü h e r e n Rechtszustand k e i n e Ä n d e r u n g b e d e u tet, w e n n d a m i t n u r z u m A u s d r u c k g e k o m m e n w ä r e , daß der z u r Z e i t d e r E n t e i g n u n g geltende S t o p p r e i s v o n 1936 h ä t t e entschädigt w e r d e n sollen. D i e P r a x i s b e r ü c k s i c h t i g t e aber s o w o h l Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n 182
Zustimmend Β GHZ 39//216 - 217. N J W 1952/33. 184 S. 59 u n d DVB1. 1956/114. 185 s. § 1, 2. und 3.5.3. u n d Simon DVB1. 1952/343. 188 Kroemer A n m . zu A G Stolzenau N J W 1952/33, Simon BBauBl. 1952// 57, Peter Städtetag 1952//302, vgl. auch Wolff BBauBl. 1952//187 sub 3. 187 Β GHZ 12//374, i m übrigen Pagendarm W M 1958//1357 u n d später Kap. V, § 2, 1. 188 B G H W M 1958/494, 495 sub I I a. E., 1958/496, 1958/497, 1959/239, 240 sub 1 u. 2, D W W 1959//44 sub 2, W M 1959/410, 411. 163
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
w i e Ä n d e r u n g e n d e r K a u f k r a f t u n d des Preisgefüges. D a m i t w u r d e — anders als v o r 1945 — f ü r d e n P l a n u n g s z u s t a n d , die K a u f k r a f t u n d das Preisgefüge i n d e r R e g e l d e r Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des E n t schädigungsfeststellungsbeschlusses m a ß g e b e n d 1 6 9 . 3.4. Die Preisstop-Praxis im Lichte der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse D i e b i s h e r i g e n A u s f ü h r u n g e n z u m Preisstop nach 1945 h a b e n gezeigt, daß d i e P r a x i s d e r B e h ö r d e n u n d G e r i c h t e d e n P r e i s s t o p b e s t i m m u n g e n w i d e r s p r a c h . D i e Tatsache, daß sich die w i r t s c h a f t l i c h e n V e r hältnisse nach der W ä h r u n g s r e f o r m e r h e b l i c h g e w a n d e l t h a t t e n , w u r d e aber b e i der B e u r t e i l u n g dieser P r e i s s t o p - P r a x i s noch n i c h t b e r ü c k sichtigt. Das s o l l i m f o l g e n d e n geschehen. D a b e i w i r d z u u n t e r s u c h e n sein, ob V e r ä n d e r u n g e n d e r g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e n S i t u a t i o n e i n A b gehen v o n d e n S t o p p r e i s e n e r f o r d e r l i c h machten, w e i l die P r e i s v o r s c h r i f t e n g e w a n d e l t e n B e d i n g u n g e n n i c h t m e h r entsprachen. 3.4.1. Geldwert-
und
Preisgefügeänderungen
Seit d e r W ä h r u n g s r e f o r m e r f o l g t e n i n z u n e h m e n d e n M a ß e P r e i s f r e i g a b e n 1 7 0 , die n o t w e n d i g e r w e i s e die B e d e u t u n g des Preisstops als M i t t e l z u r E r h a l t u n g der K a u f k r a f t des Geldes i n F r a g e stellten. Spez i e l l a u f d e m G r u n d s t ü c k s s e k t o r e n t f i e l e n seit der V O P R N r . 75/52 v o m 28. 11.1952 die P r e i s b i n d u n g e n f ü r b e b a u t e G r u n d s t ü c k e . K a m e n s o m i t d e n P r e i s b e s t i m m u n g e n eine p r e i s s t a b i l i s i e r e n d e F u n k t i o n n i c h t m e h r — oder doch n u r i n g e r i n g e r e m M a ß e — zu, so m u ß es als gerechtf e r t i g t angesehen w e r d e n , daß auch die P r a x i s b e i Bemessung der E n t eignungsentschädigung dieser Tatsache R e c h n u n g t r u g u n d K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n seit 1936 e n t s c h ä d i g t e 1 7 1 . Gewisse B e d e n k e n gegen die N i c h t b e a c h t u n g d e r P r e i s s t o p b e s t i m m u n g e n bestehen a l l e r d i n g s aus rechtsstaatlichen E r w ä g u n g e n 1 7 2 , a u f die h i e r einzugehen d e n R a h m e n der A r b e i t ü b e r s c h r e i t e n w ü r d e . N e b e n d e r r e i n p r e i s - u n d w ä h r u n g s r e c h t l i c h e n v e r f o l g t e der G r u n d stückspreisstop jedoch auch eine b o d e n r e c h t l i c h e A u f g a b e , die a n l ä ß l i c h des nationalsozialistischen W o h n u n g s b a u p r o g r a m m e s f ü r die Z e i t nach 169 B G H W M 1958/496, 497 a. E., 1959/410, 411 sub I I 1, B G H Z 31/238, 242, 243; vgl. auch B G H W M 1959/239, 241, D W W 1959//44 sub 5. Wegen der Geltung anderer Zeitpunkte i n der Rechtsprechung des B G H s. Kap. V § 2. 170 Dazu Huber § 87, I I 3 c und 5, S. 314 f. u. 318 f. 171 Die Höhe des Kaufkraftschwundes w a r recht umstritten: s. Goldstein DVB1. 1956//115 Anm. 6, Patine § 10 S. 90 - 91. Es wurden Kaufkraftzuschläge zwischen 30 u n d 60 °/o genannt. 172 Vgl. Knoll AöR 1956 S. 186, Simon BBauBl. 1952//57 sub C I I I .
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
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d e m K r i e g n ä h e r k o n k r e t i s i e r t w o r d e n w a r 1 7 3 . D e r Preisstop sollte d i e Beschaffung b i l l i g e n Bodens f ü r W o h n b a u t e n e r m ö g l i c h e n 1 7 4 , u n d z w a r durch V e r h i n d e r n der A u s w i r k u n g e n unverdienter Wertsteiger u n g e n a u f die P r e i s e 1 7 5 . Das nach 1945 bestehende W o h n u n g s d e f i z i t ü b e r s t i e g z u d e m b e i w e i t e m d e n b e i V e r k ü n d u n g des Erlasses z u r V o r b e r e i t u n g des Deutschen W o h n u n g s b a u e s nach d e m K r i e g e v o m 15.11. 1940 1 7 6 v o r h e r s e h b a r e n B e d a r f , b i l l i g e s B a u l a n d w a r besonders i m H i n b l i c k a u f die h o h e n F l ü c h t l i n g s z a h l e n e r f o r d e r l i c h 1 7 7 . Diese E r w ä g u n g e n k ö n n e n aber n i c h t z u e i n e r A b l e h n u n g d e r P r e i s s t o p p r a x i s bezügl i c h der K a u f k r a f t m i n d e r u n g f ü h r e n , da sich die bodenrechtliche Seite des Preisstops n u r gegen unverdiente W e r t - u n d Preissteigerungen, n i c h t aber gegen generelle P r e i s s t e i g e r u n g e n als F o l g e des K a u f k r a f t schwundes richtete. W a r d e r w ä h r u n g s p o l i t i s c h e Preisstop i m w e s e n t l i c h e n abgeschwächt, so gab es k e i n e M ö g l i c h k e i t u n d i n n e r e Rechtf e r t i g u n g m e h r , die G e l d e n t w e r t u n g i m R a h m e n des Preisstops u n b e r ü c k s i c h t i g t z u lassen. H i n z u k o m m t , daß das B a u l B G v o m 3. 8.1853, dessen Z w e c k es w a r , E n t e i g n u n g e n z u r B e s c h a f f u n g v o n B a u l a n d zu e r m ö g l i c h e n (§ 1 B a u l B G ) , die E n t s c h ä d i g u n g v o n K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n z u l i e ß 1 7 8 . D a m i t w a r auch v o n S e i t e n des Bundesgesetzgebers z u m A u s d r u c k gebracht w o r d e n , daß d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g der G e l d e n t w e r t u n g i n d e r E n t e i g n u n g d e n W o h n u n g s b a u n i c h t gefährdete. S o w e i t die P r e i s s t o p p r a x i s seit 1936 e n t s t a n d e n e P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n e n t schädigte, k a n n i h r aber n i c h t z u g e s t i m m t w e r d e n , da diese W e r t - u n d Preisänderungen unverdient dem j e w e i l i g e n Eigentümer zugefallen waren. 3.4.2.
Qualitätsänderungen
A u c h h i n s i c h t l i c h der Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n entsprachen die P r e i s vorschriften veränderten wirtschaftlichen Umständen nicht mehr v o l l u n d ganz. H i e r m u ß a l l e r d i n g s b e z w e i f e l t w e r d e n , daß d a d u r c h e i n A b g e h e n v o m Stoppreis i n e r f o l g t e m U m f a n g g e r e c h t f e r t i g t w a r . Der RfP hatte Qualitätsänderungen nicht berücksichtigen wollen. E r unterschied, w i e schon d a r g e l e g t w u r d e , zwischen r e i n s p e k u l a t i v e n u n d tatsächlichen W e r t g e w i n n e n 1 7 9 . A u f eine R e g e l u n g z u r A b s c h ö p 173
s. o. § 1, 2. Das erkannte auch Β GHZ 13//391 an. Vgl. noch Groebe N J W 1957//1459. 175 RE Nr. 155/37 1 Ziff. 1 Abs. 2, Flottmann S. 548 u. ο. § 1, 2. 178 s. A n m . 22. 177 Vgl. die Entschließung des Deutschen Bundestages v o m 28. 3.1950, Verh. des D . B T I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 3, 53. Sitzung v o m 28.3.1950 S. 1950 C; Anlage zu den Sten. Ber. Bd. 3 Drucks. Nr. 703 S. 2 zu § 12. 178 s. § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 B a u l B G u n d näher dazu Kap. I V , § 4. 179 A u f die Abgrenzungsschwierigkeiten bei dieser Unterscheidung, die 174
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
fung der letzteren zugunsten der A l l g e m e i n h e i t w a r verzichtet w o r den, w e i l d e r R f P d e r A u f f a s s u n g w a r , daß das i m J a h r e 1936 als solches ausgewiesene B a u l a n d a u f l a n g e Z e i t z u r B e f r i e d i g u n g des B a u l a n d b e d a r f s ausreichen w ü r d e 1 8 0 , s o m i t das P r o b l e m d e r P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n g a r n i c h t a u f t a u c h e n k ö n n e . N a c h d e m E n d e des K r i e g e s b e s t a n d jedoch w e g e n d e r Z e r s t ö r u n g e n u n d w e g e n des B e v ö l k e r u n g s stromes i n d i e W e s t z o n e n eine v ö l l i g neue, n i c h t v o r h e r s e h b a r e S i t u ation. D e r e r h ö h t e B e d a r f a n B a u l a n d b e w i r k t e u m f a n g r e i c h e P l a n u n gen sowohl i n zerstörten Stadtkernen w i e i n Außengebieten181 u n d infolgedessen auch e r h e b l i c h e P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n . U n t e r diesen a n d e r e n B e d i n g u n g e n h ä t t e eine u n v e r ä n d e r t e A n w e n d u n g des m a t e r i e l l e n Preisrechts z u m i n d e s t als p r o b l e m a t i s c h erscheinen k ö n n e n . E i n e A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t d e r Frage, ob Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n w e i t e r h i n u n b e r ü c k s i c h t i g t b l e i b e n d u r f t e n , e r f o l g t e aber so g u t w i e g a r n i c h t . D i e P r a x i s g i n g gleichsam z u r T a g e s o r d n u n g ü b e r u n d entschäd i g t e W i d m u n g s ä n d e r u n g e n i n v o l l e m U m f a n g , s o w e i t n i c h t , das w a r d i e einzige A u s n a h m e , der G r u n d s a t z des § 10 A b s . 2 P r E G A n w e n d u n g f a n d 1 8 2 . I n d e r L i t e r a t u r f i n d e t sich n u r eine S t i m m e z u d e m K o m p l e x . I r e n e W o l f f 1 8 3 b e j a h t e d i e F r a g e ob — b e i m f r e i h ä n d i g e n V e r k a u f — e i n A b g e h e n v o n d e n S t o p p r e i s e n zulässig sei, i n d e m sie a l l e i n d a r a u f abstellte, daß d e r R f P v o n v ö l l i g a n d e r e n w i r t s c h a f t l i c h e n V e r h ä l t n i s sen ausging. Das Z i e l des Grundstückspreisrechts, d i e B o d e n p r e i s e f ü r d e n W o h n u n g s b a u m ö g l i c h s t n i e d r i g z u h a l t e n , v e r l o r sie m i t dieser A r g u m e n t a t i o n aus d e m A u g e . Es ist u n v e r s t ä n d l i c h , w e n n W o l f f v o r d e m H i n t e r g r u n d der V o r s t e l l u n g e n des R f P d i e P l a n u n g s w e r t g e w i n n e v o l l d e m a l t e n E i g e n t ü m e r z u k o m m e n lassen w o l l t e , ohne das P r o b l e m i h r e r N u t z b a r m a c h u n g f ü r d i e A l l g e m e i n h e i t z u b e r ü h r e n . Sie f a n d es ungerecht, w e n n b e i F e s t h a l t e n a m Preisstop nach H e r a u f z o n u n g e n d e r G r u n d s t ü c k s e r w e r b e r das B a u l a n d f ü r e i n e n z u n i e d r i g e n Preis e r hielte. D i e Frage, ob n i c h t d e r V e r k ä u f e r ebenso w e n i g A n s p r u c h a u f W i d m u n g s g e w i n n e h a t w i e d e r E r w e r b e r , s t e l l t e sich g a r n i c h t . B e i der Enteignungentschädigung — die Darlegungen v o n W o l f f bezogen sich n i c h t d a r a u f — w ä r e eine A n p a s s u n g des Preisstops a n d i e v e r ä n d e r t e w i r t s c h a f t l i c h e L a g e e r h e b l i c h einfacher gewesen, da e v e n t u e l l e S c h w i e r i g k e i t e n m i t d e r Ausgleichsabgabe e n t f a l l e n w ä r e n . D i e Nichtentschädigung von Planungsgewinnen zumindest i n Fällen, i n das Verhältnis zwischen Planung u n d Grundstücksverkehr betrifft, soll hier nicht eingegangen werden. Beide Gruppen sind i n ihrem K e r n zumindest deutlich voneinander zu trennen. 180 Lampe S. 53 - 54. lei vgL wolff BBauBl. 1952//187. 182 183
Vgl. B G H W M 1959//240 sub 2. BBauBl. 1952//187.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
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d e n e n d i e ö f f e n t l i c h e H a n d E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e w a r , h ä t t e die N u t z b a r m a c h u n g der W e r t s t e i g e r u n g e n f ü r d i e A l l g e m e i n h e i t e r m ö g l i c h t . D a m i t w ä r e d e n V o r s t e l l u n g e n des R f P R e c h n u n g g e t r a g e n gewesen. Daß das G G eine u n b e d i n g t e K o n g r u e n z zwischen E n t s c h ä d i g u n g u n d d e n Preisen a u f d e m f r e i e n M a r k t f o r d e r t e , k a n n aus A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G n i c h t abgeleitet w e r d e n 1 8 4 . A u c h der Große Senat des B G H h a t t e i n seinem Beschluß v o m 10. 6 . 1 9 5 2 1 8 5 eine U n t e r s c h r e i t u n g des g e m e i n e n W e r t e s b e i der Entschädigungsbemessung i m W e g e der Interessena b w ä g u n g z u m i n d e s t als m ö g l i c h a n e r k a n n t . D i e P r a x i s , insbesondere des B G H i n d e n f o l g e n d e n J a h r e n w a r also keineswegs u n a u s w e i c h l i c h e F o l g e der w i r t s c h a f t l i c h e n E n t w i c k l u n g nach d e m K r i e g e 1 8 6 . H ä l t m a n d e r Rechtsprechung schließlich n o c h zugute, daß sie sich i n d e n f ü n f z i g e r J a h r e n e i n e r recht u n t e r s c h i e d l i c h e n Gesetzgebung z u r E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g g e g e n ü b e r f a n d , so k a n n diese Tatsache dennoch n i c h t z u einer a n d e r e n B e u r t e i l u n g f ü h r e n . D e r P r e i s s t o p g a l t n u r f ü r die a l l g e m e i n e n Enteignungsgesetze, w ä h r e n d e i n m a l das B a u l B G v o m 3. 8. 1953 eine S o n d e r r e g e l u n g g e t r o f f e n h a t t e u n d z u m i n dest d i e K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n seit 1936 entschädigte, z u m a n d e r e n f ü r das Gesetz ü b e r die L a n d b e s c h a f f u n g f ü r A u f g a b e n d e r V e r t e i d i g u n g (Landbeschaffungsgesetz) — L B G — v o m 23. 2 . 1 9 5 7 1 8 7 d i e P r e i s v o r s c h r i f t e n a u f G r u n d a u s d r ü c k l i c h e r B e s t i m m u n g i n § 18 A b s . 4 des Gesetzes ü b e r h a u p t k e i n e A n w e n d u n g m e h r fanden. Sicherlich mochte eine d e r m a ß e n u n t e r s c h i e d l i c h e E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g i n verschieden e n Gesetzen k e i n e r s t r e b e n s w e r t e r Z u s t a n d s e i n 1 8 8 . D o c h s t e l l t e d a m a l s die R e g e l u n g des Landbeschaffungsgesetzes eine A u s n a h m e dar. Gegen e i n A n n ä h e r n d e r E n t s c h ä d i g u n g i n d e n a l l g e m e i n e n E n t e i g n u n g s gesetzen, f ü r d i e d e r Preisstop g a l t , a n die V o r s c h r i f t e n des B a u l B G aus G r ü n d e n der V e r e i n h e i t l i c h u n g u n d s o m i t Gleichbehandlung w ä r e nichts e i n z u w e n d e n gewesen. F ü r d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n b o t aber dieses Gesetz k e i n e n A n h a l t 1 8 9 . W e n n d i e Rechtsprechung d e r a r t i g e G e w i n n e dennoch entschädigte, so l i e g t d i e V e r m u t u n g nahe, daß die P r a x i s d e m Preisstop z u m i n d e s t i n seinen entschädigungsrechtlichen A u s w i r k u n g e n , also d e m g e n e r e l l e n W e r t steigerungsausschluß u n a b h ä n g i g v o n e i n e m E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n , a b l e h n e n d gegenüberstand. 184
Vgl. dazu Kap. V I 2. a. E. Β GHZ 6/270, 294 f. 188 Vgl. auch Hieber DNotZ 1950//341, der trotz Ablehnung des Preisstops i m freien Verkehr bei Bemessung der Enteignungsentschädigung nicht alle Auswüchse des Grundstücksverkehrs berücksichtigen wollte. 187 BGBl. I S. 134. 188 Groebe N J W 1957//1459. 189 s. näher dazu § 4, 2.2.2.2. 185
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses 4. Gründe für die Auflösung des Preisstops
Sucht m a n nach d e n Ursachen f ü r d i e A u f l ö s u n g des Preisstops i n d e r P r a x i s , so s t e l l t m a n b a l d e i n e n W a n d e l i n der g r u n d s ä t z l i c h e n E i n s t e l l u n g z u d e n P r e i s v o r s c h r i f t e n fest. H a t t e i n d e r n a t i o n a l s o z i a l i stischen L i t e r a t u r das E i n f r i e r e n d e r G r u n d s t ü c k s p r e i s e als der große D u r c h b r u c h z u r V e r h i n d e r u n g u n v e r d i e n t e r P r e i s s t e i g e r u n g e n gegolten, erschien m i t A u s r i c h t u n g der V o l k s w i r t s c h a f t a m m a r k t w i r t s c h a f t l i c h e n P r i n z i p seit der W ä h r u n g s r e f o r m j e g l i c h e r Preisstop als s y s t e m w i d r i g e r F r e m d k ö r p e r . Es s i n d aber w o h l w e n i g e r systematische G r ü n d e als — n e b e n d e n u n b e s t r e i t b a r e n S c h w e r f ä l l i g k e i t e n u n d M ä n g e l n des P r e i s ü b e r w a c h u n g s s y s t e m s 1 9 0 — v i e l m e h r wirtschaftliche Interessen gewesen, die d i e A b s c h a f f u n g des Preisstops angezeigt e r scheinen l i e ß e n 1 9 1 . So w u r d e ζ. B . i n K r e i s e n d e r G r u n d e i g e n t ü m e r , w e l c h e d i e G r u n d stücke als z u m i n d e s t wertbeständige Vermögensanlage betrachteten 192, der Preisstop abgelehnt. I n e i n e m A u f s a t z v o n F r i e d r i c h G i e s e 1 9 3 , der sich u. a. m i t den P r e i s k o n t r o l l e n i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r u n d d e n n i c h t am gemeinen W e r t orientierten Entschädigungszahlungen i n Enteign u n g s f ä l l e n b e f a ß t 1 9 4 , f i n d e t sich folgendes Z i t a t : „ E i n Staat, der sich dergestalt w i e der h e u t i g e ü b e r die w i r t s c h a f t l i c h e n B e l a n g e seiner g r u n d b e s i t z e n d e n B ü r g e r h i n w e g s e t z t , k a n n schließlich n i c h t m e h r e r w a r t e n , daß die B e t r o f f e n e n d e n s t a a t l i c h e n M a ß n a h m e n noch A c h t u n g oder g a r E h r f u r c h t e n t g e g e n b r i n g e n u n d d i e i m m e r u n e r t r ä g l i c h e r a n gesonnenen O p f e r a n Z e i t , G e l d u n d N e r v e n k r a f t w i d e r s p r u c h s l o s h i n n e h m e n . D e r B o g e n ist l ä n g s t ü b e r s p a n n t — möge er n i c h t b r e c h e n 1 9 5 ! " A u c h v o n S e i t e n der L a n d w i r t s c h a f t w u r d e die A b n e i g u n g gegen d e n Preisstop oder andere W e r t s t e i g e r u n g s a b s c h ö p f u n g e n n i c h t v e r h e h l t . So e n t h ä l t die J u b i l ä u m s s c h r i f t z u m z e h n j ä h r i g e n B e s t e h e n des B a y e rischen B a u e r n v e r b a n d e s , der E i n h e i t s o r g a n i s a t i o n der bayerischen L a n d w i r t s c h a f t , A u s f ü h r u n g e n d a r ü b e r , daß d i e B a u e r n v e r b ä n d e „ e r hebliche M ü h e " h a t t e n , i h r e a b l e h n e n d e H a l t u n g gegen eine steuerliche E r f a s s u n g des W e r t z u w a c h s e s seit 1936, w i e i h n der i m B u n d e s t a g e i n gebrachte E n t w u r f eines „ B a u l a n d b e w e r t u n g s g e s e t z e s " vorsah, w i r k sam z u r G e l t u n g z u b r i n g e n 1 9 6 . B e i d e n V o r b e r a t u n g e n zu e i n e r N e u fassung des B a y Z A G v o n 1837 l e g t e der V e r b a n d 1953 i m I n n e n m i n i s t e r i u m seine E i n s t e l l u n g z u m E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g d a r : D i e G e l d 190 191 192 193 194 195 196
Vgl. Hieber DNotZ 1950/337 ff. Vgl. Knoll AöR 1956//184 f. Vgl. dazu Wolff BBauBl. 1952//187. DNotZ 1951/390 ff. a.a.O. S. 393 Ziff. 5 u. S. 395. S. 396. Zehn Jahre Bayerischer Bauernverband S. 150.
§ 2 Preisrecht und Enteignungsentschädigung nach dem 2. Weltkrieg
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entschädigung sei nach d e m g e m e i n e n W e r t des G r u n d s t ü c k s u n d n i c h t nach d e m Stoppreis z u b e m e s s e n 1 9 7 . S c h l i e ß l i c h w a r auch d i e g e w e r b liche W i r t s c h a f t a n e i n e m A b g e h e n v o m Preisstop interessiert. A n l ä ß l i c h der E i n b r i n g u n g eines R e g i e r u n g s e n t w u r f e s f ü r e i n neues P r e i s gesetz i m B u n d e s t a g t e i l t e d e r T ä t i g k e i t s b e r i c h t des Deutschen I n d u s t r i e - u n d Handelstages f ü r das G e s c h ä f t s j a h r 1950/51 1 9 8 m i t : „ I n e i n e m a u s f ü h r l i c h e n A n t r a g a n d e n V o r s i t z e n d e n des W i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e n Ausschusses des Bundestages g a b d e r D I H T seine S t e l l u n g n a h m e f ü r diesen G e s e t z e n t w u r f ab, der d u r c h schon v o r h e r g e g a n g e n e B e s p r e c h u n gen m i t dem Bundeswirtschaftsministerium auf manchem Gebiet u n sere A n s i c h t e n v e r w i r k l i c h t e . Insbesondere t r a t er f ü r die H e r a u s n a h m e n i c h t l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r G r u n d s t ü c k e aus d e r P r e i s b i n d u n g e i n . " Es w ü r d e d e n R a h m e n der A r b e i t sprengen, w o l l t e m a n n ä h e r u n t e r suchen, i n w e l c h e m U m f a n g diese Interessen i h r e n E i n f l u ß a u f d i e p o l i tischen G r e m i e n g e l t e n d m a c h e n k o n n t e n . Feststehen d ü r f t e jedoch, daß e i n i g e R e g i e r u n g s k r e i s e der A u f l ö s u n g des Preisstops keineswegs a b l e h n e n d gegenüberstanden. D i e schon e r w ä h n t e n G e m e i n s a m e n R i c h t l i n i e n f ü r d e n A n k a u f v o n G r u n d s t ü c k e n i m R a h m e n der Landbeschaff u n g s a u f g a b e n des B u n d e s v o m 24. 7. 1953, d i e i n e i n e m g e m e i n s a m e n E r l a ß der B u n d e s m i n i s t e r f ü r W i r t s c h a f t , F i n a n z e n sowie E r n ä h r u n g , L a n d w i r t s c h a f t u n d F o r s t e n herausgegeben w u r d e n 1 9 9 , s i n d i n s o w e i t recht aufschlußreich. N i c h t e t w a , daß diese R i c h t l i n i e n a u s d r ü c k l i c h eine A b s a g e a n d e n Preisstop e n t h i e l t e n . Es f ä l l t v i e l m e h r d i e B e g r ü n d u n g f ü r die B e r ü c k s i c h t i g u n g s o w o h l der seit 1936 e i n g e t r e t e n e n W i d m u n g s ä n d e r u n g e n w i e der K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n a u f : I n d e m E r laß w i r d ausgeführt, seit B e g i n n des Preisstops h ä t t e n V e r ä n d e r u n g e n i n den f ü r die B e w e r t u n g maßgebenden Verhältnissen berücksichtigt w e r d e n m ü s s e n 2 0 0 . Das i s t z u t r e f f e n d , n u r f i e l e n d a r u n t e r n i c h t , w i e die R i c h t l i n i e n m e i n e n , P l a n u n g s g e w i n n e seit 1936. D a b e i der L a n d b e schaffung n e b e n diesen G e w i n n e n auch noch K a u f k r a f t ä n d e r u n g e n b e z a h l t w e r d e n sollten, e i n d e r a r t i g e s V o r g e h e n m i t d e n P r e i s v o r s c h r i f t e n aber n i c h t z u r e c h t f e r t i g e n w a r , g r i f f m a n a u f das gerade v e r abschiedete B a u l B G z u r ü c k , das i n seinem § 10 K a u f k r a f t z u s c h l ä g e z u ließ. Daß die R i c h t l i n i e n d e m § 10 B a u l B G n u r die g ü n s t i g e R e g e l u n g b e z ü g l i c h der G e l d e n t w e r t u n g e n t n a h m e n , h i n s i c h t l i c h der P l a n u n g s g e w i n n e a u f § 10 B a u l B G , der d e r a r t i g e n W e r t z u w a c h s b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g ausschließt, aber n i c h t z u r ü c k g r i f f e n , ist eine beredte I n k o n s e q u e n z . A u c h w ä h r e n d der p a r l a m e n t a r i s c h e n Aussprache a n 197 198 199 200
a.a.O. S. 151, Ziff. 4. S. 33. BWMB1. 1953 S. 240. a.a.O. sub I Ziff. 2.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
l ä ß l i c h d e r G r o ß e n A n f r a g e d e r S P D - F r a k t i o n z u e i n e m E r l a ß des B u n d e s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r i u m s zeigte sich, daß d e r d a m a l i g e B u n d e s w i r t schaftsminister E r h a r d e i n e r A u f l ö s u n g des Preisstops i n der P r a x i s ü b e r die V O P R 75/52 h i n a u s a u f j e d e n F a l l k e i n e n W i d e r s t a n d e n t gegensetzte 2 0 1 . Folge der auf G r u n d der E i n f l u ß n a h m e n u n d veränderten w i r t schaftlichen Z i e l v o r s t e l l u n g e n g e w a n d e l t e n B e u r t e i l u n g des Preisstops w a r w o h l auch d i e S t e l l u n g n a h m e des B G H : f ü r d i e Z e i t n a c h d e m K r i e g e sah das G e r i c h t d e n G r u n d s t ü c k s p r e i s s t o p n u r noch als n o t w e n diges Ü b e l an, das z w a r z u r B e s c h a f f u n g n e u e n M i e t r a u m e s z u angemessenen P r e i s e n e r f o r d e r l i c h sei, das aber doch l e d i g l i c h eine d u r c h d i e N o t der Z e i t v e r a n l a ß t e M a ß n a h m e d a r s t e l l e 2 0 2 . Schließlich w a r d e r Preisstop p o l i t i s c h b e l a s t e t 2 0 8 . D i e Tatsache seiner E i n f ü h r u n g u n t e r d e m N a t i o n a l s o z i a l i s m u s v e r s p e r r t e d e n B l i c k d a f ü r , daß e r a u f d e m Gebiete des G r u n d s t ü c k s p r e i s r e c h t s z u m i n d e s t t e i l w e i s e b o d e n r e f o r m e rischen V o r s t e l l u n g e n n a h e k a m .
§ 3 § 4 1 Hessisches Aufbaugesetz 1. Einleitung H a t t e schon w ä h r e n d der G e l t u n g d e r P r e i s v o r s c h r i f t e n d i e g e n e r e l l e Z u r ü c k l e g u n g der Z e i t p u n k t e , a u f die d i e B e w e r t u n g z u beziehen w a r , als K e r n des Preisstops s t a r k e A b l e h n u n g e r f a h r e n , so v e r w u n d e r t es w e n i g , daß d i e Rechtsprechung e i n e n d e r a r t i g w e i t g e h e n d e n W e r t s t e i gerungsausschluß auch u n a b h ä n g i g v o m Preisstop n i c h t a n e r k a n n t e . Z u nächst f ü h r t e d i e schon v o m R G v o r g e n o m m e n e systematische V e r b i n d u n g v o n Stoppreis u n d g e m e i n e m W e r t 2 0 4 , v o n d e r auch d e r B G H n i c h t abging205, bei weiterhin regelmäßigem Festhalten am gemeinen W e r t als A n k n ü p f u n g s p u n k t f ü r d i e Entschädigungsbemessung z u r U n b e a c h t l i c h k e i t des Preisstops, s o b a l d d i e P r e i s b i n d u n g e n d u r c h d i e V O P R N r . 75/52 w e g g e f a l l e n w a r e n 2 0 6 . E i n e N a c h w i r k u n g d e r P r e i s b i n d u n g e n i m E n t e i g n u n g s r e c h t l e h n t e d e r B G H ebenso a b 2 0 7 w i e — e t w a i m W e g e d e r I n t e r e s s e n a b w ä g u n g — e i n F e s t h a l t e n a m Preisstop i m 201 Verh. des D. B T I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung vom 16.4. 1953 S. 12655 Β u. 12650 Β . 202 Β GHZ 13/378, 387, 391. 203 Vgl. die Ausführungen von Ewers (DP), Verh. des D.BT I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 16 S. 13357 C, D. 204 s. o. § 1, 1.2. 205 s. o. § 2, 2. 206 Β GHZ 19//142. 207 B G H a.a.O.
§ 3 § 41 Hessisches Aufbaugesetz
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H i n b l i c k a u f d i e chaotische E n t w i c k l u n g d e r G r u n d s t ü c k s p r e i s e nach I n k r a f t t r e t e n der V O P R N r . 7 5 / 5 2 2 0 8 . Z u e i n e m G r u n d s a t z des E n t e i g nungsrechts k o n n t e sich die Z u r ü c k v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k tes i n d i e M i t t e der d r e i ß i g e r J a h r e n i c h t e n t w i c k e l n . Das z e i g t v o r a l l e m d i e Rechtsprechung z u m Hessischen A u f b a u g e s e t z — H A G — v o m 25.10.1948209. 2. Mögliche Auslegungen v o n § 4 1 H A G Das H A G b e s t i m m t e i n § 41 A b s . 2 S. 1, daß f ü r d i e B e w e r t u n g u n b e b a u t e r G r u n d s t ü c k e d e r g e m e i n e W e r t a m 1.1.1935 m a ß g e b e n d sei; gleiches g a l t gem. § 43 A b s . 3 f ü r d i e B e w e r t u n g b e b a u t e r G r u n d s t ü c k e h i n s i c h t l i c h des G r u n d u n d Bodens, w ä h r e n d b e z ü g l i c h d e r b a u l i c h e n A n l a g e n der g e m e i n e W e r t i m Z e i t p u n k t d e r Entschädigungsfeststell u n g z u e r m i t t e l n w a r . W a r u m d e r hessische Gesetzgeber gerade a u f d e n 1.1.1935 abstellte, l ä ß t sich i n A n b e t r a c h t f e h l e n d e r Gesetzesm a t e r i a l i e n 2 1 0 nicht m e h r ermitteln. Folglich bleibt die Interpretation h i n s i c h t l i c h des gesetzgeberischen W i l l e n s a u f V e r m u t u n g e n a n g e w i e sen. D a a m 1.1.1935 d i e l e t z t e H a u p t f e s t s t e l l u n g a l l e r E i n h e i t s w e r t e erfolgte, k ö n n t e die E n t s c h ä d i g u n g nach d e m E i n h e i t s w e r t z u bemessen gewesen sein. W e i t e r h i n k ö n n t e das Gesetz die E n t s c h ä d i g u n g nach d e m S t o p p r e i s b e a b s i c h t i g t 2 1 1 u n d n u r aus P r a k t i k a b i l i t ä t s g r ü n d e n d i e B e w e r t u n g v o r v e r l e g t h a b e n 2 1 2 . Schließlich k o n n t e auch d e r W e r t a m 1 . 1 . 1 9 3 5 als selbständiger W e r t i m H i n b l i c k a u f die N i e d r i g h a l t u n g der E n t s c h ä d i g u n g g e w ä h l t w o r d e n s e i n 2 1 3 . F ü r l e t z t e r e A n n a h m e spricht § 41 A b s . 2 S. 4 H A G , d e m gemäß, f a l l s V e r g l e i c h s k ä u f e z u r E r m i t t l u n g des g e m e i n e n W e r t e s a m 1.1.1935 n i c h t v o r h a n d e n w a r e n , d i e V e r gleichspreise v o m 1 . 1 . 1 9 3 2 herangezogen w e r d e n k o n n t e n : d i e G r u n d stückspreise h a t t e i m J a h r e 1932 e i n e n T i e f s t a n d erreicht, d e r n u r noch i m darauf folgenden Jahr unterschritten w u r d e 2 1 4 . D e r B G H n e i g t e z u d e r A u f f a s s u n g , d i e E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g des § 41 A b s . 2 u n d 3 H A G f ü h r e z w i n g e n d z u r A n w e n d u n g d e r P r e i s Vorschriften, da der gemeine W e r t d e r G r u n d s t ü c k e zwischen d e m 1.1. 1935 u n d d e m 17.10.1936 p r a k t i s c h k e i n e r V e r ä n d e r u n g u n t e r l e g e n
208
Β G H Z 19//143. 209 GVB1. S. 139. 210 211 212
aus. 213
Vgl. Maury H A G , Vorbemerkung S. 39. So w o h l Maury DVB1. 1958//818. So vermutet Schulthes S. 62 A n m . 204. A u f S. 87 geht er sicher davon
So w o h l Fink / Gaßner / Wilbrand S. 101. Vgl. die bei Scheuermann S. 82 mitgeteilte Statistik des Institutes für K o nj u n k t u r f orschung. 214
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
h a b e 2 1 5 . E i n e n i c h t ganz u n z w e i f e l h a f t e A n n a h m e 2 1 6 , u n d das G e r i c h t m u ß t e es selbst e r f a h r e n , daß i n e i n e m i h m z u r E n t s c h e i d u n g v o r l i e g e n d e n F a l l zwischen b e i d e n D a t e n doch W e r t v e r ä n d e r u n g e n e i n g e t r e t e n w a r e n . I m ü b r i g e n ließ sich a b e r das G e r i c h t a u f eine I n t e r p r e t a t i o n des § 41 H A G n i c h t w e i t e r ein, s o n d e r n p r ü f t e i n seinen g r u n d l e g e n d e n U r t e i l e n z u r E n t s c h ä d i g u n g nach g e n a n n t e r B e s t i m m u n g 2 1 7 , ob das H A G eine a m g e m e i n e n W e r t d e r G e g e n w a r t o r i e n t i e r t e E n t s c h ä d i g u n g e r mögliche. Das m u ß t e es v e r n e i n e n . 3. Rechtsprechung zu § 41 H A G 3.1. Sachverhalte Das U r t e i l v o m 25.11.1955 b e t r a f e i n e n S a c h v e r h a l t , i n d e m z w e i n i c h t m e h r d e m Preisstop u n t e r l i e g e n d e T r ü m m e r g r u n d s t ü c k e a u f G r u n d des H A G e n t e i g n e t w u r d e n u n d gemäß § 41 A b s . 3 i. V . m . A b s . 2 S. 1 H A G entschädigt w e r d e n sollten. D i e g e n a n n t e n B e s t i m m u n g e n sah der B G H als n i c h t i g an, s o w e i t sie v o m Preisstop b e f r e i t e G r u n d stücke erfaßten, d a sie d e n g e m e i n e n W e r t der G e g e n w a r t — n ä m l i c h die i m f r e i e n V e r k e h r g e z a h l t e n P r e i s e — u n b e r ü c k s i c h t i g t ließen. Selbst b e i besonders s t a r k e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der Interessen der A l l g e m e i n h e i t k ö n n e eine g e n e r e l l e A u s s c h a l t u n g des g e m e i n e n W e r t e s durch Zurückverlegung der B e w e r t u n g auf einen Z e i t p u n k t vor zwei Jahrzehnten m i t völlig anderen wirtschaftlichen Verhältnissen unabh ä n g i g v o m Preisstop n i e m a l s m i t A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G v e r e i n b a r sein218. A l s Bewertungszeitpunkt k a m d a m i t der 1.1.1935 nicht m e h r i n B e t r a c h t , v i e l m e h r s t e l l t e das G e r i c h t u n t e r H e r a n z i e h u n g d e r G r u n d s ä t z e des preußischen E n t e i g n u n g s r e c h t s a u f d e n Z e i t p u n k t d e r Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses a b 2 1 9 . E t w a z w e i e i n h a l b J a h r e später e r k l ä r t e das G e r i c h t die g e n a n n t e n B e s t i m m u n g e n auch b e z ü g l i c h d e r noch v o m Preisstop b e t r o f f e n e n Grundstücke f ü r nichtig220. I n dem der Entscheidung zugrunde liegend e n F a l l h a t t e sich der W e r t des G r u n d s t ü c k s z w i s c h e n d e m 1.1.1935 u n d d e m 17.10.1936 i n f o l g e e i n e r E r m ä ß i g u n g der G e s a m t u n k o s t e n des G r u n d s t ü c k s e r h ö h t 2 2 1 . E i n e a m H A G ausgerichtete E n t s c h ä d i g u n g 215
U r t e i l vom 4. 6.1954, B G H Z 13//382 - 383; vgl. auch B G H Z 19//142. s. die bei Scheuermann S. 82 u n d Heilmann R A r b B l . 1941 V S. 475 vermittelten Zahlen. 217 U r t e i l v o m 25.11.1955 — V ZR 188/54 —, B G H Z 19/139 ff., U r t e i l v o m 10. 2.1958 — I I I ZR 225/56 — W M 1958/494. 218 B G H Z 19//147. 219 B G H N J W 1956//180, insoweit i n B G H Z 19/139 ff. nicht abgedruckt. 220 B G H W M 1958/494 f., U r t e i l v o m 10. 2.1958. 221 B G H W M 1958//495 sub I I I , 1. 216
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h ä t t e d e n g e m e i n e n W e r t , d e n Stoppreis, u n t e r s c h r i t t e n . Das G e r i c h t s t e l l t e d a h e r auch i n diesem U r t e i l b e i d e r B e w e r t u n g n i c h t auf d e n i m H A G vorgesehenen Z e i t p u n k t , sondern, da es sich u m e i n p r e i s g e b u n denes G r u n d s t ü c k h a n d e l t e , a u f d e n z u m Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses g e l t e n d e n Stoppreis a b 2 2 2 . D i e B e g r ü n d u n g b e s t a n d h i e r ebenfalls v o r n e h m l i c h i n der F e s s t t e l l u n g , daß e i n v o m Preisstop u n a b h ä n g i g e s Z u r ü c k g r e i f e n a u f e i n e n z w e i Jahrzehnte zurückliegenden Z e i t p u n k t m i t v ö l l i g anderen wirtschaftl i c h e n V e r h ä l t n i s s e n d e n G r u n d s ä t z e n des A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G w i d e r s p r ä c h e 2 2 3 . A u f ä h n l i c h e Weise h a t t e schon das B V e r w G i n e i n e m o b i t e r d i c t u m B e d e n k e n gegen § 41 H A G g e ä u ß e r t 2 2 4 . 3.2. Untersuchung der Begründungen U n t e r s u c h t m a n i m e i n z e l n e n die B e g r ü n d u n g e n , m i t d e n e n d i e G e r i c h t e die A n w e n d u n g des § 41 A b s . 2 u n d 3 H A G a b l e h n t e n , so f ä l l t zunächst das A r g u m e n t auf, e i n z w e i J a h r z e h n t e z u r ü c k l i e g e n d e r B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e r m ö g l i c h e k e i n e d e m G G entsprechende Entschäd i g u n g 2 2 5 . Sicher ist r i c h t i g , daß i m F a l l e v o n W e r t e r h ö h u n g e n zwischen d e m 1.1.1935 u n d d e m Preisstopst.chtag b e i m A b s t e l l e n a u f ersteres D a t u m d i e B e w e r t u n g auch tatsächlich z u diesem w e i t z u r ü c k l i e g e n d e n Z e i t p u n k t erfolgte. A u s g e h e n d v o n d e r A n n a h m e des B G H , daß sich zwischen b e i d e n S t i c h t a g e n d i e G r u n d s t ü c k s w e r t e p r a k t i s c h n i c h t v e r ä n d e r t h ä t t e n 2 2 6 , h ä t t e das G e r i c h t k o n s e q u e n t e r w e i s e a n e r k e n n e n m ü s sen, daß die Preise v o m 1.1.1935 d u r c h d e n Preisstop a u f j e d e n F a l l bis 1945, w e n n n i c h t sogar bis z u r W ä h r u n g s r e f o r m 2 2 7 g e h a l t e n w o r d e n sind. D a m i t h ä t t e der B e w e r t u n g s z e i t p u n k t f ü r das H A G tatsächlich n u r e t w a z e h n J a h r e v o r E r l a ß d e r oben z i t i e r t e n U r t e i l e gelegen. E i n solcher Z e i t r a u m b l i e b b e i der als verfassungsgemäß e r a c h t e t e n V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g des B G H i m R a h m e n des § 10 A b s . 2 P r E G k e i n e A u s n a h m e 2 2 8 . D i e V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g ließ aber n u r u n t e r n e h m e n s b e d i n g t e W e r t g e w i n n e u n b e r ü c k s i c h t i g t , w ä h r e n d die Regel u n g des § 41 H A G z u e i n e m g e n e r e l l e n Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t steigerungen geführt hätte. B e s t i m m e n d f ü r d i e A b l e h n u n g des § 41 d ü r f t e daher auch das w e i t e r e A r g u m e n t gewesen sein, daß i n z w i s c h e n „ v ö l l i g andere w i r t 222 B G H W M 1958//495; ebenso das U r t e i l v o m selben Tage — I I I ZR 153/56 — W M 1958/496, 497, a. E. 223 B G H W M 1958//495 sub I I . 224 B V e r w G DVB1. 1957//542. 225 Β GHZ 19//147, W M 1958//495, B V e r w G DVB1. 1957//542. 228 s. o. Anm. 215. 227 So Maury § 41, 5 S. 129. 228 Vgl. B G H W M 1969//569 I a. E. u n d näher dazu Kap. V § 3, 2.2.1.
9 Bauer
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
schaftliche V e r h ä l t n i s s e " h e r r s c h t e n 2 2 9 u n d § 41 H A G eine diese v e r ä n d e r t e n U m s t ä n d e berücksichtigende E n t s c h ä d i g u n g n i c h t e r m ö g l i c h t e . Z w a r f ü h r t e der B G H n i c h t aus, w a s er u n t e r d e n v e r ä n d e r t e n w i r t schaftlichen V e r h ä l t n i s s e n v e r s t a n d e n w i s s e n w o l l t e . D o c h d i e U r t e i l s g r ü n d e ergeben z w e i f e l s f r e i , daß d a m i t G e l d w e r t u n d P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n 2 8 0 w i e N u t z u n g s ä n d e r u n g e n 2 8 1 g e m e i n t w a r e n . Was i m b e sonderen die N u t z u n g s ä n d e r u n g e n a n g e h t , so b e t r a f das U r t e i l des B G H v o m 10. 2 . 1 9 5 8 2 3 2 n u r Ä n d e r u n g e n d e r sonstigen N u t z u n g (Senk u n g der Hauszinssteuer u n d d a m i t E r h ö h u n g des E r t r a g s w e r t e s ) . Es besteht aber v o r d e m H i n t e r g r u n d der Rechtsprechung z u m ganz ä h n l i c h e n P r e i s s t o p 2 3 3 k e i n Z w e i f e l d a r a n , daß die N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g v o m U m w i d m u n g e n u n d sonstigen Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n , sofern diese n i c h t e n t e i g n u n g s b e d i n g t w a r e n , d e r A u f f a s s u n g des B G H n i c h t e n t sprechen k o n n t e . Das B V e r w G schien a l l e r d i n g s P l a n u n g s g e w i n n e b e i d e r Entschädigungsbemessung ausschließen z u w o l l e n 2 3 4 . Z u m i n d e s t der B G H s t r e b t e also f ü r d e n B e r e i c h des H A G eine B e r ü c k s i c h t i g u n g der seit 1935 e i n g e t r e t e n e n W e r t - u n d P r e i s s t e i g e r u n gen, m i t a n d e r e n W o r t e n die E n t s c h ä d i g u n g des g e m e i n e n W e r t e s an. Das k a m zusätzlich d u r c h die B e g r ü n d u n g des Gerichts z u m A u s d r u c k , e i n v o n d e n Preis Vorschriften u n a b h ä n g i g e s Z u r ü c k g r e i f e n a u f d e n W e r t v o n 1935 widerspreche d e n G r u n d s ä t z e n v o n A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G 2 3 5 . D e n n w a r der Preisstop o f f i z i e l l n i c h t m e h r a n z u w e n d e n , so k o n n t e die E n t s c h ä d i g u n g n u r a m V e r k e h r s w e r t ausgerichtet sein. A b e r auch s o w e i t der Preisstop noch g a l t , b e r ü c k s i c h t i g t e d i e E n t s c h ä d i g u n g a l l e seit d e m S t i c h t a g e i n g e t r e t e n e n P r e i s - u n d W e r t s t e i g e r u n g e n . D i e F o r m u l i e r u n g , eine v o n d e n P r e i s v o r s c h r i f t e n u n a b h ä n g i g e Z u r ü c k v e r l e g u n g der B e w e r t u n g sei unzulässig, ist danach geradezu i r r e f ü h r e n d , da sie d e n E i n d r u c k e r w e c k t , als bedeute d e r Preisstop e i n e n W e r t steigerungsausschluß, ü b e r d e n n u r n i c h t h i n a u s g e g a n g e n w e r d e n d ü r f e : H a t t e der G r u n d s t ü c k s p r e i s s t o p u r s p r ü n g l i c h d e n g e n e r e l l e n Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e beabsichtigt, so ließ doch d i e P r a x i s nach d e m K r i e g e v o n d e r R e g e l u n g nichts m e h r ü b r i g . Seit § 41 H A G d u r c h d i e b e i d e n U r t e i l e v o m 25. 11. 1955 u n d 10. 2.1958 m i t d e n d a r g e l e g t e n B e g r ü n d u n g e n als n i c h t i g angesehen w u r d e 2 8 6 , s t a n d fest, 229
B G H Z 19//147, W M 1958//495; ähnlich B V e r w G DVB1. 1954//542. Vgl. B G H Z 19/147, ebenso B V e r w G DVB1. 1957//542. Vgl. B G H W M 1958//495.
230 231 232
233
W
M
1958/494,
495.
Oben § 2, 3.1.1. DVB1. 1957//542. Anders die verwaltungsgerichtliche Praxis zum Preisstop: § 2, 3.1.2. 235 B G H Z 19//147, W M 1958//495 sub I I . 236 s. Anm. 218 u. 220, ebenso B G H W M 1959//240 — I I I ZR 97/57 —, D W W 1959/43 — I I I ZR 92/57 — u n d O L G F r a n k f u r t D W W 1959/44. 234
§ 4 § 10 Baulandbeschaffungsgesetz
131
daß e i n g e n e r e l l e r Wertsteigerungsausschluß k e i n e Chance m e h r h a t t e , sich durchzusetzen. 3.3. § 10 Abs. 2 PrEG in der Rechtsprechung zu § 41 H A G Dieses E r g e b n i s b e s t ä t i g e n auch z w e i U r t e i l e des B G H v o m 13.10. 1958, d i e sich m i t d e m V e r h ä l t n i s des Preisstops z u d e m i n § 10 A b s . 2 P r E G enthaltenen Grundsatz befaßten 237. I n beiden Fällen w a r e n w e g e n d e r N i c h t i g k e i t v o n § 41 A b s . 2 H A G nach der Rechtsprechung des B G H die P r e i s s t o p v o r s c h r i f t e n a n z u w e n d e n , i n b e i d e n F ä l l e n w a r e n n a c h d e m P r e i s s t o p - S t i c h t a g d u r c h das E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n b e dingte Planungswertsteigerungen eingetreten. Statt n u n ohne weiteres d e n W e r t der G r u n d s t ü c k e nach d e m 17.10.1936 z u bemessen, zog das G e r i c h t d e n a l l g e m e i n e n G r u n d s a t z des § 10 A b s . 2 P r E G h e r a n , u m die e i n g e t r e t e n e n W e r t g e w i n n e n i c h t entschädigen z u m ü s s e n 2 3 8 . D i e A n w e n d u n g des § 10 A b s . 2 P r E G w a r z w a r konsequent, da d e r B G H i m ü b r i g e n W e r t ä n d e r u n g e n seit 1936 entschädigte u n d auch i n d e n v o r l i e g e n d e n F ä l l e n b e r ü c k s i c h t i g e n w o l l t e . D o c h zeigte sich eben, daß dem Gericht weder an einem A u s b a u der Zurückverlegung der B e w e r t u n g a u f das J a h r 1936 z u e i n e m e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n G r u n d s a t z noch a n e i n e r w e s e n t l i c h e n E r w e i t e r u n g des P r i n z i p s des § 10 A b s . 2 P r E G d u r c h A u s s c h a l t u n g j e g l i c h e r P l a n u n g s g e w i n n e gelesen w a r 2 3 9 .
§ 4 § 10 Baulandbeschaffungsgesetz N a c h d e m gezeigt w u r d e , daß der g e n e r e l l e Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n , d e n d e r Preisstop w i e § 41 H A G vorgesehen h a t t e n , a u f d e n W i d e r s t a n d der P r a x i s stießen, s o l l i m f o l g e n d e n d i e gegenüber d e m Preisstop m o d i f i z i e r t e E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g des B a u l a n d b e schaffungsgesetzes v o m 3. 8.1953 — B a u l B G 2 4 0 — d a r g e s t e l l t w e r d e n . A u c h h i e r b e i w i r d sich herausstellen, daß Rechtsprechung u n d L i t e r a t u r die d u r c h das B a u l B G vorgesehene E n t s c h ä d i g u n g i n R i c h t u n g a u f eine a m g e m e i n e n W e r t o r i e n t i e r t e E n t s c h ä d i g u n g a b w a n d e l t e n . Z w a r b l i e b d a b e i der Ausschluß b e s t i m m t e r , seit 1936 e n t s t a n d e n e r E r w a r t u n g s g e w i n n e d u r c h § 10 A b s . 1 S. 2 B a u l B G unangetastet. D o c h w i r d nachgewiesen w e r d e n , daß der B G H auch diesem W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß a b l e h n e n d gegenüberstand. 237
92/57. 238 W 239
B G H W M 1959/239 ff. — I I I ZR 97/57 — u n d D W W 1959/43 f. — I I I ZR M
1959//240, D W W 1959//44.
Auch i m Rahmen des § 10 B a u l B G — dazu sogleich § 4 — zog der B G H § 10 Abs. 2 PrEG — allerdings für Wertminderungen — heran: Β GHZ 31/244, 250 - 251. 240 BGBl. S. 720. fl»
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
1. Ziele des BaulBG B e i V e r a b s c h i e d u n g des E r s t e n Wohnungsbaugesetzes a m 28. 3.1950 h a t t e der B u n d e s t a g d i e B u n d e s r e g i e r u n g ersucht, z u r D u r c h f ü h r u n g des W o h n u n g s b a u p r o g r a m m s e i n e n G e s e t z e n t w u r f ü b e r d i e E n t e i g n u n g v o n G r u n d s t ü c k e n z u g u n s t e n des W o h n u n g s b a u e s u n d f ü r d e n W i e d e r a u f b a u einschließlich E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n f ü r eine p r e i s günstige Baulandbeschaffung vorzulegen 241. Der daraufhin v o m B u n d e s m i n i s t e r i u m f ü r W o h n u n g s b a u e r a r b e i t e t e , d i e gesamten b a u r e c h t l i c h e n Sachgebiete regelnde E n t w u r f eines Baugesetzes w a r jedoch i n der, w e g e n des s t a r k e n W o h n u n g s m a n g e l s n u r b e g r e n z t z u r V e r f ü g u n g stehenden Z e i t p a r l a m e n t a r i s c h n i c h t z u b e h a n d e l n . D e s h a l b entschloß m a n sich, zunächst d i e B a u l a n d b e s c h a f f u n g als T e i l g e b i e t u n d v o r l ä u f i g z u regeln. D e r „ E n t w u r f eines Gesetzes ü b e r d i e v o r l ä u f i g e Regel u n g der B e r e i t s t e l l u n g v o n B a u l a n d " 2 4 2 v o m 28. 5.1951 f ü h r t e d a n n m i t s t a r k e n A b ä n d e r u n g e n u n d Ü b e r a r b e i t u n g e n z u m verabschiedeten G e setz243. B e i allen Beratungen i m Gesetzgebungsverfahren ist die V o r l ä u f i g k e i t des B a u l B G i m m e r w i e d e r b e t o n t w o r d e n 2 4 4 . Sie b e t r a f auch die E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g . D a es sich als u n d u r c h f ü h r b a r e r w i e s e n h a t t e , b i n n e n k u r z e r Z e i t die B o d e n b e w e r t u n g s f r a g e u n d das P r o b l e m der A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e z u lösen, g i n g es b e i Schaffung der E n t s c h ä d i g u n g s b e s t i m m u n g e n des B a u l B G d a r u m , z u nächst b r a u c h b a r e R e g e l u n g e n f ü r d e n b e g r e n z t e n Z w e c k des Gesetzes z u f i n d e n , jedoch auch e n d g ü l t i g e L ö s u n g der B e w e r t u n g s f r a g e e i n schließlich der G e w i n n a b s c h ö p f u n g n i c h t u n m ö g l i c h z u m a c h e n 2 4 5 . T r o t z seines p r o v i s o r i s c h e n C h a r a k t e r s ist aber das B a u l B G i n d e n B e r a t u n g e n als d e m G G entsprechend angesehen w o r d e n 2 4 6 . D i e Verabschied u n g eines späteren Bodenbewertungsgesetzes w a r z w a r politische B e -
241 Verh. des D.BT I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 3, 53. Sitzung vom 28. 3.1950 S. 1950 C, dazu Anlage zu den Sten. Ber. Bd. 3 Drucks. Nr. 703, S. 2 zu § 12. 242 Verh. des D.BT I. Wahlp., Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 11, Drucks. Nr. 2281. 243 Z u r Entstehungsgeschichte vgl. des näheren Dittus / Zinkahn, Einl. S. 36 ff., Pathe, Einl. S. 14 ff. 244 Schriftlicher Bericht des Ausschusses f ü r B a u - und Bodenrecht — Ausschußbericht —, Verh. des D. B T I. Wahlp. 1949, Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 23 Drucks. 4364, S. 2 f.; Verh. des D. B T I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 16, 270. Sitzung vom 11. 6.1953 S. 13351 A , 13355 C, D ; Entschließung des Bundestages v o m 11.6.1953, Sten. Ber. soeben S. 13356 A , 13364 C; Verh. des BR 1953, Sten. Ber. der 111. Sitzung v o m 26. 6.1953. 245 Dittus / Zinkahn, Einl. S. 46 u n d Vorbem. vor § 9 S. 191, Pergande / Schwender S. 77. 246 Ausschußbericht — o. A n m . 244 — S. 2 sub Β I, Verh. des BR 1953, Sten. Ber. der 111. Sitzung am 26. 6.1953 S. 311 D ; a. M. der Vertreter Bayerns i m BR, Verh. des BR a.a.O. S. 311 D.
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d i n g u n g f ü r die Z u s t i m m u n g z u m B a u l B G 2 4 7 , n i c h t aber V o r a u s s e t z u n g f ü r dessen V e r f a s s u n g s m ä ß i g k e i t .
2. Entschädigungsbemessung Gemäß § 9 A b s . 1 S. 2 B a u l B G w a r d i e E n t s c h ä d i g u n g u n t e r gerechter A b w ä g u n g der Interessen der A l l g e m e i n h e i t u n d der B e t r o f f e n e n festzusetzen. E i n e K o n k r e t i s i e r u n g dieses aus A r t . 14 A b s . 3 G G ü b e r n o m m e n e n Grundsatzes f ü r die h i e r interessierende E n t s c h ä d i g u n g des Rechtsverlustes f a n d sich i n § 10 B a u l B G 2 4 8 , der B e s t i m m u n g e n s o w o h l h i n s i c h t l i c h des E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g e s w i e d e r B e m e s s u n g s g r u n d lage e n t h i e l t 2 4 8 a . 2.1. § 10 Abs. 1 S. 1 BaulBG: Ausgangspunkt der Entschädigungsbemessung 2.1.1. Wertverhältnisse
am
17.10.1936
N a c h § 10 A b s . 1 S. 1 B a u l B G d i e n t e n z u r E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g f ü r e i n enteignetes G r u n d s t ü c k die W e r t v e r h ä l t n i s s e a m 17. 10.1936, d e m S t i c h t a g des Preisstops, als A u s g a n g s p u n k t 2 4 9 . D e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r w a r bis z u diesem T e r m i n noch k e i n e n B e s c h r ä n k u n g e n u n t e r w o r f e n . D i e W e r t v e r h ä l t n i s s e f a n d e n d a h e r entsprechend m a r k t w i r t schaftlichen G r u n d s ä t z e n A u s d r u c k i n d e n a m S t i c h t a g i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r e r z i e l t e n Preisen, i m g e m e i n e n W e r t 2 5 0 . D a Sacheigenschaften des G r u n d s t ü c k s , Preisgefüge u n d G e l d w e r t d e n g e m e i n e n
247 Vgl. Verh. des D.BT I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 16, 270. Sitzung v o m 11. 6. 1953 S. 13355 C. 248
s. § 9 Abs. 1 S. 3 BaulBG. § 10 Abs. 1 u n d 2 B a u l B G : (1) Bei der E r m i t t l u n g des Wertes eines von der Enteignung betroffenen Grundstücks ist von den Wertverhältnissen am 17. Oktober 1936 auszugehen. Die seitdem eingetretenen Änderungen i n den Wertverhältnissen sind zu berücksichtigen, jedoch bleiben Werterhöhungen des Grundstücks unberücksichtigt, die durch die Möglichkeit einer Änderung der Nutzung oder die Aussicht hierauf entstanden sind oder entstehen, es sei denn, daß der E i gentümer f ü r diese Werterhöhung K a p i t a l oder Arbeit aufgewendet hat. Nicht zu berücksichtigen sind ferner werterhöhende Veränderungen, die nach der Einleitung des Enteignungsverfahrens vorgenommen werden, w e n n die Enteignungsbehörde der Veränderung nicht zugestimmt hat. (2) Die Entschädigung darf den i m Zeitpunkt der Enteignung i m gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Preis (gemeiner Wert) nicht übersteigen. 249 Unter „ W e r t " eines Grundstücks wurde der reine Bodenwert ohne A u f bauten verstanden: Β GHZ 31//241, Dittus / Zinkahn § 10, 2 a S. 215; vgl. § 10 Abs. 3 BaulBG. 250 Β GHZ 31//241, Dittus / Zinkahn § 10, 2 a S. 216, Müller B l f G B W R 1954/ 98; vgl. Pathe § 10 I I I 2 c bb S, 88. 248a
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
W e r t eines G r u n d s t ü c k s b e s t i m m e n , w u r d e n u n t e r d e n W e r t v e r h ä l t nissen a m 17.10.1936 eben diese F a k t o r e n v e r s t a n d e n 2 5 1 . 2.1.2. Ermittlung
der Wertverhältnisse
am
17.10.1936
D a das Gesetz a u f die W e r t v e r h ä l t n i s s e z u B e g i n n des Preisstops abstellte, l a g es nahe, diesen auch b e i d e r W e r t e r m i t t l u n g h e r a n z u z i e h e n 2 5 2 . Z u r E r m i t t l u n g d e r Stoppreise s o l l t e n s o w o h l die K a u f p r e i s s a m m l u n g e n w i e die R i c h t p r e i s p l ä n e herangezogen w e r d e n k ö n n e n 2 5 3 . W e n n d e r a r t i g e Z u s a m m e n s t e l l u n g e n n i c h t i n F r a g e k a m e n , s o l l t e n die Preise gemäß d e n R u n d e r l a s s e n des R f P 2 5 4 N r . 64/41 u n d 66/42 b e s t i m m t w e r d e n 2 5 5 . I n w i e w e i t d a b e i b e a b s i c h t i g t oder u n b e a b s i c h t i g t die A n w e n d u n g der Z i f f . 7 R E N r . 64/41 u n d der Z i f f . 10 R E N r . 66/42 z u m A u s schluß v o n S p e k u l a t i o n s g e w i n n e n b i s z u m S t i c h t a g f ü h r t e , l ä ß t sich n i c h t feststellen. 2.2. Berücksichtigung von Änderungen in den Wertverhältnissen (§ 10 Abs. 1 S. 2 BaulBG) 2.2.1. Begriff
der Wertverhältnisse
i. S. des § 10 Abs. 1 S. 2
BaulBG
D i e W e r t v e r h ä l t n i s s e a m 17.10.1936 d i e n t e n n u r als A u s g a n g s p u n k t d e r E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g : § 10 A b s . 1 S. 2 B a u l B G b e s t i m m t e w e i ter, daß die seit diesem S t i c h t a g b i s z u m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g e i n g e t r e t e n e n Ä n d e r u n g e n i n d e n W e r t v e r h ä l t n i s s e n zu b e r ü c k s i c h t i g e n seien, W e r t e r h ö h u n g e n d u r c h e r w a r t e t e N u t z u n g s ä n d e r u n g e n a l l e r dings a u s g e n o m m e n b l e i b e n sollten. W e l c h e n I n h a l t der B e g r i f f „ W e r t v e r h ä l t n i s s e " i n Satz 2 a u f w e i s t , insbesondere ob er sich m i t der D e f i n i t i o n des gleichen B e g r i f f e s i n Satz 1 deckt, i s t aus d e m Gesetz selbst n i c h t z u e n t n e h m e n . D e n n o c h h a b e n L e h r e u n d Rechtsprechung ohne Bedenken u n d letztlich ohne B e g r ü n d u n g den B e g r i f f Wertverhältnisse i n b e i d e n Sätzen i m S i n n e v o n „ d i e d e n g e m e i n e n W e r t b e s t i m m e n d e n V e r h ä l t n i s s e " gleich i n t e r p r e t i e r t 2 5 6 u n d d a m i t den Ausschluß d e r i n 251 Vgl. B G H Z 31//241, Dittus / Zinkahn § 10, 2 a S. 216, Rundschreiben des Bundesministers für Wohnungsbau — Rdschr. B M W o — v o m 14.6.1954 (BBauBl. S. 346), abgedruckt bei Dittus / Zinkahn Anh. 8 S. 423 ff., sub 3 b. 252 Dittus / Zinkahn § 10, 2 b, aa, bb S. 217 f., Pergande / Schwender § 10, 2 S. 82, Simon / Halstenberg § 10, 2 S. 46, Rdschr. B M W o v o m 14. 6.1954 — o. Anm. 251 — sub 3 a; Müller B l f G B W R 1954/98 setzte die Wertverhältnisse am 17.10.1936 m i t dem Stoppreis sogar gleich. 253 Pergande / Schwender § 10, 2 S. 84, Dittus / Zinkahn § 10, 2 b, bb S. 218 f., Rdschr. des B M W o v o m 14. 6.1954 — o. A n m . 251 — sub 3 a. 254
s. dazu Kap. I V , § 1 A n m . 3. 255 Pergande / Schwender § 10, 2 S. 83 f., Dittus / Zinkahn 217 f. 256
Pathe § 10 I I I 2 d S. 89, Müller
§ 10 2 b, aa S.
B l f G B W R 1954/98, B G H Z 31//241, so
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Satz 2 H a l b s a t z 2 g e n a n n t e n W e r t e r h ö h u r x g e n als A u s n a h m e v o n d e m i n Satz 2 H a l b s a t z 1 s t a t u i e r t e n G r u n d s a t z a n g e s e h e n 2 5 7 . F o l g l i c h w a r e n a l l e Ä n d e r u n g e n i n d e n W e r t v e r h ä l t n i s s e n , die n i c h t u n t e r die gesetzl i c h e n A u s n a h m e n fielen, nach d e m a r g u m e n t u m e c o n t r a r i o z u berücksichtigen. V o r a l l e m f ü r Ä n d e r u n g e n i m Preisgefüge w u r d e diese A r g u m e n t a t i o n v o n B e d e u t u n g , w ä h r e n d b e z ü g l i c h d e r Sacheigenschaften u n d des G e l d w e r t e s das Gesetz selbst ausreichende R e g e l u n g e n e n t h i e l t . Es ist u n s c h w e r z u e r k e n n e n , w i e sehr die E f f e k t i v i t ä t eines Ausschlusses u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n w e s e n t l i c h auch v o m V e r s t ä n d n i s des B e g r i f f e s W e r t v e r h ä l t n i s s e a b h i n g . D i e Tatsache, daß die h. M . i m E i n k l a n g m i t der Rechtsprechung d e n B e g r i f f i m o b i g e n S i n n e i n t e r p r e t i e r t e , s i g n a l i s i e r t e die Tendenz, auch das E n t schädigungssystem des B a u l B G i n die herrschenden V o r s t e l l u n g e n v o m E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g einzubauen. 2.2.2.
Sacheigenschaften
2.2.2.1. G r u n d s a t z H i n s i c h t l i c h der B e h a n d l u n g v o n Ä n d e r u n g e n d e r Sacheigenschaften eines zu e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s b e d u r f t e es des B e g r i f f e s W e r t v e r h ä l t n i s s e nicht, da § 9 A b s . 3 w i e § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G d u r c h aus ausreichend w a r e n . Gemäß § 9 A b s . 3 B a u l B G s o l l t e n b e i der E n t schädigungsbemessung der Z u s t a n d des G r u n d s t ü c k s i m Z e i t p u n k t der E n t s c h e i d u n g d e r B e h ö r d e m a ß g e b e n d sein, b e i v o r z e i t i g e r B e s i t z e i n w e i s u n g der Z u s t a n d i m Z e i t p u n k t , i n d e m diese w i r k s a m w u r d e . Seit d e m 17.10.1936 eingetretene Z u s t a n d s ä n d e r u n g e n m u ß t e n also i m P r i n z i p b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n . § 9 A b s . 3 B a u l B G scheint d a m i t identisch m i t der fast g l e i c h l a u t e n d e n Z i f f . 2 S. 2 R E N r . 64/41 z u sein. N a c h d i e ser B e s t i m m u n g des Preisrechts b e t r a f d e r Z u s t a n d ganz ü b e r w i e g e n d n u r tatsächliche, n i c h t rechtliche — insbesondere p l a n u n g s r e c h t l i c h e — G r u n d s t ü c k s e i g e n s c h a f t e n 2 5 8 . D o c h so w o l l t e d i e w o h l h. M . § 9 A b s . 3 B a u l B G n i c h t v e r s t a n d e n wissen. M a n faßte § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G als A u s n a h m e z u § 9 A b s . 3 des Gesetzes auf, so daß auch d i e p l a n u n g s r e c h t l i c h e Q u a l i t ä t eines G r u n d s t ü c k s z u dessen Z u s t a n d gerechnet w u r d e 2 5 9 . Diese systematische E i n o r d n u n g h a t t e a l l e r d i n g s k e i n e
auch, obwohl zunächst scheinbar differenzierend, Dittus / Zinkahn § 10, 2 a S. 216 i. V. m. S. 219, sub 3. 257 Dittus / Zinkahn § 10, 1 S. 214 o., 3 S. 219, Pathe § 10 I I I 2d, bb S. 91, Werner DVB1. 1954//45, vgl. Ρ er gande I Schwender § 10, 3 S. 85 ff.; Β GHZ 31// 242, K G N J W 1956/1359. 258 s. Kap. IV, § 1, 3.5.1. 259 Vgl. Dittus / Zinkahn § 9, 16 S. 209, Pergande l Schwender § 10, 3, 3 S. 86, Simon / Halstenberg § 9, 7 S. 44.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
p r a k t i s c h e B e d e u t u n g , da § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G z w e i f e l s f r e i d i e N i c h t e n t s c h ä d i g u n g v o n Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n anordnete, w e s h a l b a u f § 9 A b s . 3 B a u l B G i n s o w e i t auch n i c h t n ä h e r e i n z u g e h e n ist. 2.2.2.2. § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G N i c h t z u b e r ü c k s i c h t i g e n w a r e n d i e W e r t e r h ö h u n g e n , die d u r c h die M ö g l i c h k e i t e i n e r Ä n d e r u n g der N u t z u n g oder d i e A u s s i c h t h i e r a u f e n t s t a n d e n oder entstehen, w e n n d a f ü r n i c h t A r b e i t oder K a p i t a l a u f gewandt wurden. 2.2.2.2.1. Ä n d e r u n g e n der Q u a l i t ä t S o w o h l d i e W e r t s t e i g e r u n g e n i n f o l g e tatsächlich m ö g l i c h e r w i e auch i n f o l g e noch e r w a r t e t e r N u t z u n g s ä n d e r u n g e n Schloß das Gesetz b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g aus. D a b e i w a r e n u n t e r N u t z u n g s ä n d e r u n g e n u n b e s t r i t t e n e r m a ß e n auf j e d e n F a l l Ä n d e r u n g e n i n der b a u l i c h e n A u s n u t zung, i n der b a u l i c h e n Q u a l i t ä t , zu v e r s t e h e n 2 6 0 , so daß ζ. B . e i n l a n d w i r t schaftlich genutztes G r u n d s t ü c k i n u n m i t t e l b a r e r N ä h e einer S t a d t , welches nach d e m 17. 10.1936 als B a u l a n d ausgewiesen w u r d e , n u r als A c k e r l a n d entschädigt w e r d e n k o n n t e . N e b e n U m z o n u n g e n v o n e i n e r Q u a l i t ä t s s t u f e i n die a n d e r e b l i e b e n auch H e r a u f z o n u n g e n i n n e r h a l b derselben S t u f e m i t der F o l g e e i n e r s t ä r k e r e n A u s n u t z b a r k e i t , z . B . h ö h e r geschossigen Bauens, u n e n t s c h ä d i g t 2 6 1 . M a ß g e b e n d w a r also d i e a m 16.10.1936 b a u r e c h t l i c h zulässige W i d m u n g . Dieser G r u n d s a t z e r f u h r jedoch b e i noch g ä r t n e r i s c h oder l a n d w i r t schaftlich g e n u t z t e m B o d e n eine gewisse E i n s c h r ä n k u n g : nach h. M . reichte d i e A u s w e i s u n g eines Geländes i n e i n e m s t ä d t e b a u l i c h e n P l a n z u B a u z w e c k e n a l l e i n n i c h t aus, d a m i t es als B a u l a n d entschädigt w e r d e n k o n n t e . V i e l m e h r m u ß t e h i n z u k o m m e n , daß a m S t i c h t a g m i t seiner B e b a u u n g i n absehbarer Z e i t gerechnet w u r d e 2 6 2 . Dieser Gedanke, d e n ä h n l i c h schon das R G i n seiner Rechtsprechung z u m Z w i schenstufenland f o r m u l i e r t h a t t e 2 6 3 , w a r ζ. B . auch i n d e n Runderlassen des R f P N r . 64/41 Z i f f . 9 u n d N r . 66/42 Z i f f . 8 u. 9 e n t h a l t e n 2 6 4 . N e b e n W e r t g e w i n n e n , die a u f e i n e r m ö g l i c h e n b a u l i c h e n N u t z u n g s ä n d e r u n g 260 Dittus / Zinkahn § 10, 3 a, aa S. 220, Müller B l f G B W R 1954/98, Pathe § 10, 2d, bb S. 91, Pergande / Schwender § 10, 3, 4 S. 87, Simon / Halstenberg § 10, 2 S. 46. 261 Dittus / Zinkahn § 10, 3 a, aa S. 220 Beisp. 2 u. 3 a, Simon / Halstenberg § 10, 2 S. 47, Müller B l f G B W R 1954/98, Rdschr. B M W o v o m 14. 6.1954 — o. Anm. 251 — Ziff. 6. 262 Dittus / Zinkahn § 10, 3 a, aa S. 221, Pergande / Schwender § 10, 4 S. 88 f., Simon / Halstenberg § 10, 2 S. 47, Rdschr. B M W o v o m 14.6.1954 — o. Anm. 251 — Ziff. 6. 263 s. Kap. I I § 1, 4.2. 2β4 "Wegen Einzelheiten vgl. die genannten Runderlasse, auf die sich das Schrifttum bezog und Kap. I V § 1, 3.4.
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b e r u h t e n , w a r e n auch W e r t g e w i n n e u n b e r ü c k s i c h t i g t z u lassen, die eine sonstige Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g b e t r a f e n , also e t w a d a d u r c h e n t s t a n d e n w a r e n , daß e i n bisheriges A c k e r g r u n d s t ü c k als L a g e r g e l ä n d e genutzt werden konnte265. B e i den obigen A u s f ü h r u n g e n sind die Werterhöhungen auf G r u n d m ö g l i c h e r N u t z u n g s ä n d e r u n g i m R a h m e n der Sacheigenschaften, n ä m l i c h als d e n Z u s t a n d des G r u n d s t ü c k s b e s t i m m e n d e F a k t o r e n d a r g e s t e l l t w o r d e n . Das ist jedoch n u r b e d i n g t r i c h t i g ; d e n n e r f a h r u n g s g e mäß t r i t t z u d e m i n e i n e m G r u n d s t ü c k selbst b e g r ü n d e t e n W e r t z u wachs w e g e n m ö g l i c h e r besserer N u t z u n g zugleich noch e i n V e r k n a p p u n g s g e w i n n e t w a deswegen h i n z u , w e i l d e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r e i n w e i t e r e s H e r a n r e i f e n des G r u n d s t ü c k s b i s z u r B a u l a n d q u a l i t ä t e r w a r tet. Diese l e t z t e r e n W e r t g e w i n n e s t e l l e n d i e t y p i s c h e n S p e k u l a t i o n s g e w i n n e dar. A u c h sie w a r e n d u r c h § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g ausgeschlossen 2 6 6 . Sie g e h ö r e n jedoch, d a r a u f sei h i e r h i n g e w i e s e n , systematisch z u d e n V e r ä n d e r u n g e n i m P r e i s gefüge. I n d e r i m f o l g e n d e n z u b e h a n d e l n d e n G r u p p e v o n W e r t s t e i g e r u n g e n s i n d ebenfalls V e r k n a p p u n g s g e w i n n e e n t h a l t e n . 2.2.2.2.2. Ä n d e r u n g e n i n der sonstigen N u t z u n g O b n e b e n d e n oben d a r g e s t e l l t e n W e r t ä n d e r u n g e n i n f o l g e m ö g l i c h e r oder e r w a r t e t e r Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n auch sonstige N u t z u n g s ä n d e rungen unberücksichtigt zu bleiben hatten, w u r d e i n der L i t e r a t u r verschieden b e u r t e i l t . A u ß e r o r d e n t l i c h w e i t g i n g M ü l l e r 2 6 7 , d e r j e nach E n t s t e h u n g s g r u n d d r e i G r u p p e n v o n sonstigen Ä n d e r u n g e n d e r A u s nutzungsverhältnisse unterschied: a. Ä n d e r u n g e n d u r c h s t ä d t e b a u l i c h e M a ß n a h m e n tatsächlicher A r t (Verbesserung der W o h n l a g e n d u r c h S c h a f f u n g v o n Straßen, P a r k a n lagen, V e r k e h r s l i n i e n , Ä n d e r u n g d e r L a g e v e r h ä l t n i s s e i n f o l g e V e r l e g u n g eines Bahnhofes), b. Ä n d e r u n g e n d u r c h das W i r k e n der A l l g e meinheit (Veränderungen i n der Bevölkerungsziffer, Veränderungen d e r V e r k e h r s tarife), c. Ä n d e r u n g e n d u r c h S i n k e n oder S t e i g e n des Zinsfußes m i t der F o l g e der V e r ä n d e r u n g d e r G r u n d r e n t e . Diese d r e i G r u p p e n s o l l t e n b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n . Z u r B e g r ü n d u n g v e r w e n d e t e M ü l l e r e i n A r g u m e n t aus der Entstehungsgeschichte des B a u l B G : D e r Gesetzgeber h a b e W e r t s t e i g e r u n g e n , die n i c h t d u r c h eigene L e i s t u n g des E i g e n t ü m e r s v e r u r s a c h t w u r d e n , als n i c h t z u m Wesensgehalt des E i g e n t u m s ( A r t . 19 A b s . 2 GG) 285 Dittus / Zinkahn § 10, 3 a, aa S. 221 - 222, Pergande / Schwender 3 S. 86 f., insbesondere Beispiel d, w o h l auch K G N J W 1956//1359. 2ββ v g l . Pergande / Schwender § 10, 3, 2 S. 86. 267 B l f G B W R 1954/98 f.
§ 10, 3,
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
g e h ö r e n d angesehen u n d sogar eine generelle M e h r w e r t a b s c h ö p f u n g i n e i n e m späteren B e w e r t u n g s g e s e t z vorgesehen. D e r Gesetzgeber k ö n n e d a h e r n i c h t beabsichtigt haben, v o n d e n u n v e r d i e n t e n W e r t e r h ö h u n g e n b e i d e r E n t e i g n u n g nach d e m B a u l B G n u r die a u f G r u n d b a u l i c h e r N u t z u n g s ä n d e r u n g e n e n t s t a n d e n e n auszuschließen, die a n d e r e n — oben g e n a n n t e n — sonstigen u n d ebenfalls o h n e L e i s t u n g zugeflossenen W e r t s t e i g e r u n g e n jedoch z u e n t s c h ä d i g e n 2 6 8 . D e m g e g e n ü b e r s o l l t e n nach d e m ü b e r w i e g e n d e n S c h r i f t t u m n u r solche N u t z u n g s ä n d e r u n g e n b e i der E n t s c h ä d i g u n g ausgeschlossen b l e i b e n , d i e auf Ä n d e r u n g e n i n der Bodensubstanz b e r u h e n 2 6 9 , w o r u n t e r die d r e i G r u p p e n M ü l l e r s aber n i c h t z u z ä h l e n sind. O b eine dieser I n t e r p r e t a t i o n e n i n der P r a x i s B e d e u t u n g erlangte, ist n i c h t ersichtlich; insbesondere k o n n t e der B G H diese F r a g e nach d e m E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g o f f e n l a s s e n 2 7 0 . D i e M a t e r i a l i e n lassen e i n d e u t i g e F e s t s t e l l u n g e n ü b e r die I n t e n t i o n e n des Gesetzgebers n i c h t z u 2 7 1 . S o w o h l a l l g e m e i n v o n N u t z u n g s ä n d e r u n g e n 2 7 1 a w i e v o n W i d m u n g s ä n d e r u n g e n 2 7 2 oder g a r v o n Ä n d e r u n g e n der b a u l i c h e n A u s n u t z b a r k e i t 2 7 3 w a r die Rede. D i e B e g r e n z u n g des W e r t steigerungsausschlusses n u r a u f die l e t z t e r e G r u p p e erscheint angesichts d e r E n t e i g n u n g s z w e c k e (§ 2 B a u l B G ) a u f j e d e n F a l l als z u eng. I m ü b r i g e n m u ß m a n die F r a g e — s o w e i t es sich n i c h t u m r e i n e Preisgefügeänderungen, die u n e n t s c h ä d i g t b l e i b e n s o l l t e n 2 7 4 , h a n d e l t e — als v o m Gesetzgeber u n b e a n t w o r t e t ansehen, w a s die M ö g l i c h k e i t e n der E i n f l u ß n a h m e v o n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung a u f d e n W e r t s t e i g e rungsausschluß erhöhte. S o w e i t S t e l l u n g n a h m e n v o r l i e g e n , n e i g t e die L i t e r a t u r dazu, § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G a u f Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n gen z u begrenzen u n d n i c h t e t w a als e i n I n s t r u m e n t umfassenden W e r t 268
a.a.O. S. 99. Dittus / Zinkahn § 10, 3 a, aa S. 222, ähnlich Pathe § 10 I I I S. 91 u. 89, vgl. auch Pergande / Schwender § 10, 3, 2 S. 86. 270 Vgl. B G H Z 31/238, 241, 31/244, 249. 271 Außer den Verhandlungen des Bundestages — Stenographische Berichte u n d Anlagen — wie des Bundesrates — Stenographische Berichte u n d Drucksachen — wurden nicht veröffentlichte Materialien aus dem Archiv des Deutschen Bundestages, u. a. Kurzprotokolle von Sitzungen mehrerer, bei den Beratungen des B a u l B G beteiligter Ausschüsse verwertet. Die i m folgenden gebrauchten Bezeichnungen — ζ. Β. Β I 12 — sind die auch i n den amtlichen nichtveröffentlichten Materialien verwendeten Bezeichnungen. 271a CDU Vorschlag zu § 7 Abs. 2 Mat. Β I 12; Begründung des Redaktionsausschusses zu § 7 Abs. 1 Mat. Β I 12; Kurzprotokoll v o m 13.2.1952, Bericht über die Sitzung des Redaktionsausschusses Mat. A I I I 52. 272 Begründung des Vorschlages zu § 7 durch die Vertreter sämtlicher beteiligter Ministerien (einschließlich BR) Mat. Β I 12; Begründung des Redaktionsausschusses zu § 7 Abs. 1 u. Abs. 2, Mat. Β I 12; Ausschußbericht — ο. A n m . 244 — S. 13. 273 Ausschußbericht — o. A n m . 244 — S. 5. 274 Dazu sub 3.2.1. 289
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steigerungsausschlusses z u v e r w e n d e n . A b e r auch b e i diesem V e r s t ä n d n i s g i n g das B a u l B G noch w e s e n t l i c h ü b e r das i n § 10 A b s . 2 P r E G z u m A u s d r u c k g e k o m m e n e E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p m i t der B e s c h r ä n k u n g des Wertsteigerungsausschlusses a u f a n l a g e b e d i n g t e G e w i n n e hinaus. Dieser weitgehende Wertsteigerungsausschluß w a r i n den E n t w ü r f e n z u m j e t z i g e n § 10 B a u l B G n i c h t e n t h a l t e n 2 7 5 . S o w o h l nach d e n V o r s t e l l u n g e n d e r B u n d e s r e g i e r u n g w i e d e n e n des B u n d e s r a t e s u n d des E n t w u r f e s d e r A b g e o r d n e t e n L ü c k e u n d Genossen s o l l t e n W e r t g e w i n n e n u r i m R a h m e n des b i s h e r i g e n E n t e i g n u n g s r e c h t s — g e m e i n t w a r § 10 A b s . 2 P r E G — u n b e r ü c k s i c h t i g t b l e i b e n 2 7 6 . E r s t i n d e n B e r a t u n g e n der g e m e i n s a m t a g e n d e n Ausschüsse f ü r W i e d e r a u f b a u u n d W o h n u n g s w e sen u n d f ü r B a u - u n d B o d e n r e c h t w u r d e die geltende Gesetzesfassung erarbeitet 277, deren U m f a n g insoweit nie zweifelhaft w a r , deren V e r fassungsmäßigkeit jedoch sehr b a l d b e z w e i f e l t w u r d e 2 7 7 a . 2.2.2.2.3. Z u berücksichtigende N u t z u n g s ä n d e r u n g e n A l l e r d i n g s m u ß t e n w i e schon b e i m Preisrecht gemäß § 10 A b s . 1 S. 2 l e t z t e r H a l b s . B a u l B G W e r t e r h ö h u n g e n , die d u r c h die M ö g l i c h k e i t einer N u t z u n g s ä n d e r u n g e n t s t a n d e n w a r e n , d a n n entschädigt w e r d e n , w e n n der Eigentümer hierfür A r b e i t u n d K a p i t a l aufgewendet hatte. Hierher g e h ö r t e n A r b e i t s - u n d K a p i t a l l e i s t u n g e n , d i e eine spätere b a u l i c h e oder andere als d i e b i s h e r i g e q u a l i t ä t s m ä ß i g e N u t z u n g e r m ö g l i c h e n sollten, w i e ζ. B . P l a n i e r u n g , V e r l e g u n g v o n D r a i n a g e , B a u v o n W e g e n 2 7 8 . W u r d e b e i e i n e m G r u n d s t ü c k s e r w e r b f ü r nach d e m 17. 10.1936 eingetretene Werterhöhungen ein v o n den Behörden genehmigter Kaufpreis gezahlt, so g a l t auch dieser P r e i s als K a p i t a l a u f w a n d i. S. v o n § 10 Abs. 2 S. 2 B a u l B G m i t der Folge, daß d e r W e r t z u w a c h s B e r ü c k s i c h t i g u n g f a n d 2 7 9 . E b e n f a l l s zu entschädigen w a r e n die W e r t ä n d e r u n g e n , die a u f e i n e r tatsächlich e r f o l g t e n N u t z u n g s ä n d e r u n g des G r u n d s t ü c k s b e r u h t e n ; d e n n § 10 Abs. 1 S. 2 B a u l B G Schloß n u r die d u r c h d i e „ M ö g l i c h k e i t " einer N u t z u n g s ä n d e r u n g oder d i e „ A u s s i c h t " h i e r a u f e n t s t a n d e n e n W e r t s t e i g e r u n g e n aus. So w a r ζ. B . w i e b e i m P r e i s r e c h t e i n a m 17.10.1936 l a n d w i r t s c h a f t l i c h genutztes G r u n d s t ü c k ohne B a u l a n d c h a r a k t e r , das aber i n z w i s c h e n b e b a u t w u r d e , als B a u g e l ä n d e z u entschädigen. Diese l e t z t e r e F a l l g r u p p e deckt sich w e i t g e h e n d m i t der v o r a n g e 275
s. die Zusammenstellung bei Dittus / Zinkahn Vorb. vor § 9, 3 S. 188. s. Begründung der Regierungsvorlage zu § 7 Abs. 2, BR Drucksache 50/51 zu § 7. 277 s. Kurzprotokolle vom 31.1., 13. 2. und 29. 2.1952, A I I I 52 f. 277a Dazu sub 3. 278 s. dazu Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, bb S. 224 f., Pergande / Schwender § 10, 4 S. 87 - 88. 279 Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, bb S. 225, Pathe § 10 I I I 2 c, cc S. 92, Rdschr. B M W o vom 14. 6.1954 — Anm. 251 — Ziff. 7. 278
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
h e n d genannten, da tatsächlich N u t z u n g s ä n d e r u n g e n durch Arbeits- bzw. K a p i t a l a u f w a n d b e w i r k t werden. 2.2.3.
überwiegend
Geldwert
Z u m besseren V e r s t ä n d n i s des Entschädigungssystems v o n § 10 B a u l B G , insbesondere als V o r a u s s e t z u n g f ü r die spätere S t e l l u n g n a h m e zu Preisgefügeänderungen, s o l l h i e r k u r z auch a u f d i e K a u f k r a f t ä n d e r u n g e n eingegangen w e r d e n , o b w o h l diese a n sich v o m T h e m a n i c h t u m faßt w e r d e n . Das Gesetz sprach selbst n i c h t v o n K a u f k r a f t - oder G e l d w e r t ä n d e r u n g e n . Doch besteht angesichts d e r Gesetzesmaterialien n i c h t der geringste Z w e i f e l , daß u n t e r d e n z u b e r ü c k s i c h t i g e n d e n W e r t ä n d e r u n g e n (§ 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 1 B a u l B G ) a u f j e d e n F a l l K a u f k r a f t s c h w a n k u n g e n , k o n k r e t e r d e r K a u f k r a f t s c h w u n d des Geldes seit d e m S t i c h t a g v e r s t a n d e n w e r d e n s o l l t e 2 8 0 . Diese A u s l e g u n g entsprach der ü b e r e i n s t i m m e n d e n A u f f a s s u n g des S c h r i f t t u m s 2 8 1 . D a die D M i m V e r gleich z u r R M e i n e n w e s e n t l i c h g e r i n g e r e n W e r t a u f w i e s , s o l l t e n a u f d e n a m 17.10. 1936 m a ß g e b l i c h e n Preis Zuschläge g e w ä h r t w e r d e n , ü b e r d e r e n H ö h e aber schon b e i d e n B e r a t u n g e n k e i n e E i n i g k e i t herrschte 282. 2.2.4.
Preisgefüge
Was die Ä n d e r u n g e n i m Preisgefüge, also ζ. B . V e r k n a p p u n g s g e w i n n e b e i g l e i c h b l e i b e n d e r Q u a l i t ä t , angeht, so e n t h i e l t § 10 B a u l B G d a r ü b e r k e i n e ausdrückliche B e s t i m m u n g . O b w o h l die M a t e r i a l i e n m i t z i e m l i c h e r Sicherheit d e n Schluß a u f gegenteilige A u f f a s s u n g e n des Gesetzgebers z u l a s s e n 2 8 3 , w a r i n Rechtsprechung u n d S c h r i f t t u m fast u n b e s t r i t t e n , daß Ä n d e r u n g e n i m Preisgefüge entschädigt w e r d e n m u ß t e n 2 8 4 . Systematisch sicherte m a n dieses E r g e b n i s d u r c h die oben schon e r w ä h n t e w e i t e A u s l e g u n g des B e g r i f f e s W e r t v e r h ä l t n i s s e i n § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 1 B a u l B G ab. A l l e r d i n g s b l e i b t z u beachten, daß schon § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G gewisse V e r k n a p p u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n
280 Begründung des Redaktionsausschusses zu § 7 u n d § 7 Abs. 1 u n d 2, Mat. Β I 12; Ausschußbericht — ο. A n m . 244 — S. 5, 13; Verh. des D.BT, I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 16, 270. Sitzung v o m 11.6.1953 S. 13350 C, 13352 Β , 13357 Α. 281 Statt aller Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, aa S. 223. 282 Verh. des D.BT, I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 16, 270. Sitzung v o m 11.6. 1953 S. 13349 ff.; i m übrigen vgl. dazu Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, aa S. 224, Pathe § 10 I I I 2 a, aa S. 90, Pergande / Schwender § 10, 3, 1 S. 85. 283 Dazu sub 3.2.1. 284 K G N J W 1956//1359 1. o., B G H Z 31/244, 249, Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, ee, f f S. 226, Pathe § 10 I I I 2 d , aa S. 89, Pergande / Schwender § 10, 3, 2 S. 86, Schütz D W W 1953//197, zum Teil a. A. Müller B l f G B W R 1954/98 f.
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v o n d e r E n t s c h ä d i g u n g ausschloß 2 8 5 . H i e r k a n n es sich also n u r noch u m d i e j e n i g e n V e r ä n d e r u n g e n i m Preisgefüge h a n d e l n , die d u r c h § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G i m V e r s t ä n d n i s des ü b e r w i e g e n d e n S c h r i f t t u m s n i c h t erfaßt w u r d e n , e t w a P r e i s s t e i g e r u n g e n b e i G r u n d s t ü c k e n m i t B a u l a n d q u a l i t ä t 2 8 6 . P r e i s s t e i g e r u n g e n speziell auf d e m G r u n d s t ü c k s sektor, d i e also das V e r h ä l t n i s der G r u n d s t ü c k s p r e i s e z u a n d e r e n G ü t e r p r e i s e n v e r ä n d e r n , k ö n n e n ζ. B . d u r c h eine generelle Erweiterung des a n G r u n d s t ü c k e n i n t e r e s s i e r t e n Personenkreises erfolgen, sei es, daß a u f G r u n d staatlicher F ö r d e r u n g s p o l i t i k m e h r G e l d e r f ü r d e n W o h n u n g s b a u u n d s o m i t f ü r d e n G r u n d s t ü c k s k a u f z u r V e r f ü g u n g stehen, sei es, daß d u r c h Z u w a n d e r u n g e n v o n F l ü c h t l i n g e n d e r B o d e n b e d a r f wächst. D i e d u r c h d e r a r t i g e U m s t ä n d e , w i e sie tatsächlich f ü r die N a c h k r i e g s z e i t charakteristisch w a r e n , h e r v o r g e r u f e n e n W e r t s t e i g e r u n g e n s o l l t e n entschädigt w e r d e n 2 8 7 . Ebenso s o l l t e n regionale oder örtliche W e r t v e r s c h i e b u n g e n B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n 2 8 8 , d i e ζ. B . d u r c h L a g e Verbesserungen der G r u n d s t ü c k e — H e r a n f ü h r e n v o n V e r k e h r s w e g e n , N ä h e z u n e u e n t s t a n d e n e n I n d u s t r i e z w e i g e n , V e r l e g e n eines B a h n h o fes, e t c . 2 8 9 — e n t s t a n d e n w a r e n . W i e schon d a r g e l e g t w u r d e , b e s t a n d a l l e r d i n g s k e i n e E i n h e l l i g k e i t d a r ü b e r , ob a u f G r u n d s t ä d t e b a u l i c h e r M a ß n a h m e n entstandene W e r t s t e i g e r u n g e n dieser A r t n i c h t gemäß § 10 A b s . 1 S. 2 Halbs. 2 B a u l B G u n e n t s c h ä d i g t b l e i b e n m ü ß t e n 2 9 0 . 2.3. Zeitpunkte F a ß t m a n die b i s h e r i g e n A u s f ü h r u n g e n zusammen, so e r g i b t sich b e z ü g l i c h der W e r t v e r ä n d e r u n g e n nachstehendes B i l d : n u r W e r t s t e i g e r u n g e n i n f o l g e m ö g l i c h e r N u t z u n g s ä n d e r u n g e n oder der A u s s i c h t d a r a u f b l i e b e n u n b e r ü c k s i c h t i g t , so daß d e r P l a n u n g s z u s t a n d nach d e n V e r h ä l t n i s s e n a m 17.10.1936 entschädigt w u r d e . I m ü b r i g e n s o l l t e n nach h. M . a l l e a n d e r e n W e r t ä n d e r u n g e n i n der E n t s c h ä d i g u n g i h r e n N i e d e r schlag f i n d e n . A u f w e l c h e n Z e i t p u n k t d i e B e w e r t u n g z u beziehen w a r , regelte das Gesetz n u r t e i l w e i s e . H i n s i c h t l i c h d e r Sacheigenschaften — s o w e i t sie n i c h t § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G zuzurechnen w a r e n — l e h n t e sich das B a u l B G a n d i e v o n der Rechtsprechung des R G z u m
285
So sub 2.2.2.2.1 und 2.2.2.2.2. s. insbesondere die Gruppen b. und c. der Zusammenstellung von Müller o. sub 2.2.2.2.2. 287 Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, ee S. 226, Pathe § 10 I I I S. 89, vgl. auch Pergande / Schwender § 10, 3, 2 S. 86; widersprüchlich Müller B l f G B W R 1954/98 Ziff. 1 c und 3. 288 Pergande / Schwender § 10, 3, 2 S. 86, Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, ff., vgl. auch Pathe § 10 I I I 2 d bb S. 91. 289 Weitere Beispiele bei Pergande / Schwender a.a.O. 286
290
s. o. sub 2.2.2.2.2.
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
P r E G entwickelten Grundsätze a n 2 0 1 : f ü r die Wertbemessung i m Rahm e n des § 8 A b s . 1 P r E G g a l t d e r Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des E n t schädigungsfeststellungsbeschlusses, gemäß § 9 A b s . 3 S. 1 B a u l B G w a r der G r u n d s t ü c k s z u s t a n d i m Z e i t p u n k t der b e h ö r d l i c h e n E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g (§ 29 B a u l B G ) maßgebend. E b e n f a l l s e n t sprechend d e n reichsgerichtlichen G r u n d s ä t z e n e r f o l g t e nach § 9 A b s . 3 S. 2 B a u l B G eine V o r v e r l e g u n g d e r B e w e r t u n g i m F a l l e d e r v o r z e i t i g e n Besitzeinweisung. Einen Z e i t p u n k t f ü r Geldwertänderungen u n d die nach h. M . z u b e r ü c k s i c h t i g e n d e n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n seit 1936 f a n d sich i m Gesetz n i c h t . D i e L i t e r a t u r s t e l l t e w i e b e i der Z u s t a n d s b e w e r t u n g auf den Z e i t p u n k t der Behördenentscheidung a b 2 9 2 . A u c h f ü r d i e v o r l ä u f i g e B e s i t z e i n w e i s u n g s o l l t e dieser Z e i t p u n k t g e l t e n 2 9 3 , w a s z u r F o l g e h a t t e , daß Z u s t a n d s b e w e r t u n g einerseits u n d G e l d w e r t u n d P r e i s g e f ü g e e r m i t t l u n g andererseits auseinanderfielen. O b m a n die B e d e u t u n g der Z e i t p u n k t e i m H i n b l i c k a u f u n v e r d i e n t e W e r t s t e i g e r u n g e n sah, l ä ß t sich n i c h t sagen. 3. A b l e h n u n g des g e n e r e l l e n W e r t s t e i g e r u n g s ausschlusses d u r c h P r a x i s u n d L i t e r a t u r F a z i t der A u s f ü h r u n g e n z u m Preisstop u n d z u § 41 H A G w a r die F e s t s t e l l u n g gewesen, daß besonders die Rechtsprechung e i n e m gener e l l e n Wertsteigerungsausschluß u n a b h ä n g i g v o m k o n k r e t e n E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n a b l e h n e n d g e g e n ü b e r s t a n d u n d daß d a h e r auch e i n d e r a r t i g e r Wertsteigerungsausschluß sich n i c h t z u e i n e m G r u n d s a t z des Enteignungsentschädigungsrechtes h e r a u s b i l d e n k o n n t e . D i e i n d e n v o r a n g e g a n g e n e n A b s c h n i t t e n d a r g e s t e l l t e H a n d h a b u n g d e r Entschäd i g u n g s r e g e l u n g des § 10 B a u l B G d u r c h L e h r e u n d Rechtsprechung scheint dieser F e s t s t e l l u n g z u w i d e r s p r e c h e n : d e r w e i t ü b e r das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p h i n a u s g e h e n d e Wertsteigerungsausschluß, d e n § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G i m e r sten Enteignungsgesetz des B u n d e s s t a t u i e r t e , b l i e b bis z u m I n k r a f t t r e t e n des B B a u G bestehen. D o c h w u r d e gerade diese R e g e l u n g des B a u l B G i n der L i t e r a t u r z u m T e i l h e f t i g a b g e l e h n t , da sie die E n t s c h ä d i g u n g des g e m e i n e n W e r t e s v e r h i n d e r t e 2 9 4 . 291 V 292
g L
pathe § 9 I I I C S. 80, Dittus Ì Zinkahn
§ 9, 16 S. 208.
Dittus / Zinkahn § 10, 4 S. 227. Dittus / Zinkahn a.a.O., Pathe § 9 I I I C S. 80, § 10 I I I Β 3 S. 96. 294 Giese D W W 1953//175, Maunz S. 18 u n d D W W 1956/180 ff., Menger Verw.Arch. 48 (1957)//179, Schütz D W W 1953/196 f. So auch schon der V e r treter Bayerns bei den Beratungen i m BR, Verh. des BR 1953, Sten. Ber. d. 111. Sitzung vom 16. 6.1953 S. 311 Β. Weitere Nachweise bei Dittus / Zinkahn Vorb. vor § 9 I I , 5 S. 192 und Schulthes S. 83 dortige Anm. 295. Α. A. Dittus / Zinkahn a.a.O. S. 192 ff., Pergande l Schwender, Ergänzungsband, Nachtrag zu § 10 S. 15 f., Goldstein S. 53 f., Werner DVB1. 1954//45, w o h l auch Pathe § 10 I I I A S. 93 f. 293
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3.1. Tendenzen in der Rechtsprechung im Hinblick auf § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BaulBG 3.1.1. Verlautbarungen des BGH zu § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BaulBG A u c h d i e A b n e i g u n g des B G H gegen d i e g e n a n n t e R e g e l u n g w i r d d u r c h m e h r e r e V e r l a u t b a r u n g e n des Gerichtes d e u t l i c h e r k e n n b a r . D a m i t b e s t ä t i g t sich d i e schon g e t r o f f e n e F e s t s t e l l u n g , daß e i n a l l g e m e i n e r Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n , w e n n er nur b e i B e messung der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g erfolgte, v o m B G H n i c h t a k zeptiert w u r d e 2 9 5 . I n der Hauptsache b r a u c h t e sich d e r B G H , d e m auch b e i der A u s l e g u n g des B a u l B G eine w e s e n t l i c h e B e d e u t u n g z u k a m 2 9 6 , m i t d e r V e r fassungsmäßigkeit des § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G n i c h t z u befassen: die b e i d e n z u § 10 des Gesetzes e r g a n g e n e n U r t e i l e v o m 30.11. 195 9 2 9 7 b e t r a f e n k e i n e P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n . I n z i d e n t e r h a t t e sich das G e r i c h t e i n m a l i n e i n e m § 41 H A G b e t r e f f e n d e n U r t e i l 2 9 8 geäußert u n d d a r a u f h i n g e w i e s e n , daß § 10 A b s . 1 B a u l B G d u r c h d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n „ Ä n d e r u n g e n i n d e n W e r t Verhältnissen" eine K o r r e k t u r e r f a h r e n habe, die die E n t s c h ä d i g u n g s i e g e l u n g des H A G n i c h t kenne. Dieser Ä u ß e r u n g k a n n eine p o s i t i v e E i n s t e l l u n g des B G H gegenüber § 10 B a u l B G n i c h t e n t n o m m e n w e r d e n , da d a m i t keineswegs gesagt w a r oder gesagt w e r d e n sollte, daß das B a u l B G auch i m ü b r i g e n d e n M i n d e s t a n f o r d e r u n g e n genügte, die das G e r i c h t a n eine A r t . 14 G G e n t sprechende E n t s c h ä d i g u n g s t e l l t e 2 9 9 . E i n w e i t e r e s U r t e i l einige J a h r e später ließ a l l e r d i n g s ü b e r d i e V o r b e h a l t e des B G H g e g e n ü b e r d e m Wertsteigerungsausschluß des B a u l B G k e i n e n Z w e i f e l : o b w o h l d e r F a l l k e i n e P l a n u n g s g e w i n n e b e t r a f , k o n n t e sich das G e r i c h t b e i D a r l e g u n g des Entschädigungssystems eines f ü r d i e k o n k r e t e E n t s c h e i d u n g a n sich n i c h t e r f o r d e r l i c h e n H i n w e i s e s „ . . . d i e G ü l t i g k e i t d e r z u r E r ö r t e r u n g stehenden Gesetzesbestimmung — g e m e i n t w a r § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 (der Verfasser) — v o r a u s g e s e t z t . . n i c h t e n t h a l t e n 3 0 0 . 295 Das K G hatte die Verfassungsmäßigkeit des Wertsteigerungsausschlusses i m U r t e i l vom 3.4.1956, N J W 1956//1359 f., bejaht, ohne sich m i t der mittlerweile herrschenden Restitutionstheorie des B G H auseinanderzusetzen. Der Entscheidung blieb daher eine maßgebliche A u s w i r k u n g auf die I n t e r pretation von § 10 B a u l B G versagt (vgl. Schulthes S. 85). 296 s. § 43 Abs. 4 S. 1 u. 4 BaulBG. Die Nichtigkeit einer Bestimmung des B a u l B G hätte aber nur das BVerfG feststellen können. 297 Β GHZ 31/238 ff. — I I I ZR 130/59, 31/241 ff. — I I I ZR 122/59. 298 B GHZ 19//147 a. E. v o m 25. 11. 1955 — V ZR 188/54. 299 Vgl. L G Darmstadt N J W 1954/1166 r. o. 300 U r t e i l vom 30.11.1959, B GHZ 31//242. Siehe auch die i m Anschluß daran erfolgenden, insoweit nur i n N J W 1960//575 r. u. abgedruckten Sätze zur
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses 3.1.2. §10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BaulBG vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Preisstop und zu § 41 HAG
A u c h v o r d e m H i n t e r g r u n d der Rechtsprechung des B G H z u m P r e i s stop u n d z u § 41 H A G ist m i t S i c h e r h e i t a n z u n e h m e n , daß das G e r i c h t d e n g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß n i c h t a k z e p t i e r e n k o n n t e 3 0 1 . Z w a r w a r e n nach d e m W o r t l a u t des Gesetzes K a u f k r a f t m i n d e r u n g e n u n d nach der A u s g e s t a l t u n g d u r c h d i e P r a x i s auch Preisgefügeänder u n g e n , s o w e i t sie n i c h t § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G u n t e r f i e l e n , z u entschädigen, so daß zugegebenermaßen das B a u l B G n i c h t o h n e K o r r e k t u r e n „ u n a b h ä n g i g v o m Preisstop a u f e i n e n z w e i J a h r z e h n t e z u rückliegenden Z e i t p u n k t m i t v ö l l i g anderen wirtschaftlichen V e r h ä l t n i s s e n " 8 0 2 z u r ü c k g r i f f . Z u m a n d e r e n h a t t e aber der B G H i n seinen U r t e i l e n z u m Preisstop u n d z u § 41 n i r g e n d s z u e r k e n n e n gegeben, daß i h m etwa an einer generellen Nichtberücksichtigung v o n Planungswertsteigerungen, w i e sie § 10 A b s . 1 S. 2 B a u l B G i m A u g e h a t t e , g e l e g e n w a r 3 0 3 . D i e A u s s c h a l t u n g v o n P l a n u n g s g e w i n n e n sollte n u r ü b e r d e n i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n R e c h t s g e d a n k e n erfolgen. Das brachte das G e r i c h t f ü r d e n B e r e i c h des B a u l B G i n seinem U r t e i l v o m 30.11. 195 9 3 0 4 z u m A u s d r u c k , w o r a u f i m folgenden e i n z u g e h e n ist. 3.1.3. § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BaulBG
und § 10 Abs. 2 PrEG
Ganz ä h n l i c h w i e z u § 41 H A G zog d e r B G H ebenfalls n e b e n § 10 A b s . 1 B a u l B G d e n G e d a n k e n des § 10 A b s . 2 P r E G h e r a n , u m p l a n u n g s b e d i n g t e W e r t ä n d e r u n g e n b e i der Entschädigungsbemessung auszuschließ e n 3 0 5 . I n d e m v o m G e r i c h t entschiedenen F a l l h a n d e l t e es sich u m W e r t m i n d e r u n g e n , die zugegebenermaßen m i t e i n e r sich i m E n t s c h ä d i g u n g s system des § 10 B a u l B G h a l t e n d e n B e g r ü n d u n g e t w a s s c h w i e r i g e r z u b e r ü c k s i c h t i g e n w a r e n als d u r c h eine u n m i t t e l b a r e A r g u m e n t a t i o n m i t § 10 A b s . 2 P r E G 3 0 6 . D o c h h ä t t e eine U m k e h r u n g des § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G , ä h n l i c h w i e das R G § 10 A b s . 2 P r E G f ü r W e r t m i n d e r u n g e n a n w a n d t e , b e i gleichzeitiger B e g r e n z u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g Abschöpfung unverdienter Wertgewinne u n d das weitere U r t e i l v o m 30.11. 1959, B G H Z 31/244, 246 und 252. 301 So auch Schulthes S. 87 - 88. 302 Z u dieser Formel s. o. § 3, 3.2. 303 Anders das B V e r w G DVB1. 1955//542. 304 I I I ZR 122/59 — B G H Z 31/244, 250 - 251. 305 a.a.O.; so w o h l auch L G Bremen v o m 15.7.1955 — Ο Nr. 1005/1954 (B), mitgeteilt durch Pergande / Schwender Ergänzungsband, Nachtrag zu § 10 S. 20. 306 Auch das Preisrecht hatte gewisse Schwierigkeiten gehabt, eine systemkonforme Begründung für die Unbeachtlichkeit von Herabzonungen zu f i n den. S. Bescheid des RfP v o m 29. 6.1942, abgedruckt bei Lampe S. 130.
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v o n W e r t m i n d e r u n g e n a u f solche, d i e nach der Rechtsprechung des B G H eine E n t e i g n u n g d a r s t e l l e n 8 0 7 , z u e i n e m b e f r i e d i g e n d e n E r g e b n i s i m speziellen F a l l w i e d a r ü b e r h i n a u s g e f ü h r t . Daß der B G H i n dieser oder ä h n l i c h e r Wiese n i c h t v e r f u h r , k a n n n u r z u d e m schon m e h r f a c h e r w ä h n t e n Schluß f ü h r e n 3 0 8 . 3.2. Die Entschädigung von Preisgefügeänderungen E i n e w e i t e r e A b l e h n u n g des Ausschlusses u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e zeigte sich b e i d e r B e h a n d l u n g v o n Ä n d e r u n g e n des Preisgefüges. Sow o h l die L i t e r a t u r w i e d e r B G H b e r ü c k s i c h t i g t e n W e r t g e w i n n e d u r c h P r e i s g e f ü g e v e r ä n d e r u n g e n , insbesondere also V e r k n a p p u n g s w e r t e , sow e i t diese n i c h t v o n § 10 A b s . 1 S. 2 H a l b s . 2 B a u l B G i n der engen A u s l e g u n g der h. M . erfaßt w a r e n 3 0 9 . D e r W o r t l a u t des Gesetzes selbst regelte diese W e r t g e w i n n e n i c h t ; a u f G r u n d e i n e r e i n h e i t l i c h e n A u s l e g u n g des B e g r i f f e s W e r t v e r h ä l t n i s s e i n b e i d e n Sätzen des § 10 A b s . 1 B a u l B G k o n n t e n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n aber entschädigt w e r d e n 8 1 0 . O b dieses V e r f a h r e n d e n gesetzgeberischen I n t e n t i o n e n entsprach, w u r d e v o n der h. M . n i c h t u n t e r s u c h t . 3.2.1. Preisgefügeänderungen vor dem Hintergrund der Materialien zum Begriff Wertverhältnis i. S. des §10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BaulBG D a b e i ist den G e s e t z e s m a t e r i a l i e n 3 1 1 m i t z i e m l i c h e r S i c h e r h e i t z u e n t n e h m e n , daß u n t e r „ Ä n d e r u n g e n i n d e n W e r t v e r h ä l t n i s s e n " i n § 10 A b s . 1 S. 2 Halbs. 1 B a u l B G n u r d i e K a u f k r a f t v e r l u s t e v e r s t a n d e n w e r d e n sollten. Das k a m s o w o h l i m Z u s a m m e n h a n g d e r Ausschußb e r a t u n g e n 3 1 2 w i e i m P l e n u m des Bundestages z u m A u s d r u c k 8 1 3 . A l l e r 307
Vgl. dazu Kröner 1. Aufl. S. 38 o., S. 50. Z u r Behandlung von Wertminderungen vgl. noch Pergande / Schwender Ergänzungsband, Nachtrag zu § 10 S. 20. 309 s. o. sub 2.2.4. 310 s. ο. sub 2.2.1. 311 s. o. A n m . 271. 312 36. Ausschluß, Kurzprotokolle v o m 13.2.1952, Mat. A I I I 52; Vorschlag des Redaktionsausschusses v o m 21. 2. 1952, Begründung zu § 7 und zu § 7 Abs. 1 u. 2 Mat. Β I 12; ebenso Vorschlag der Vertreter sämtlicher beteiligter Ministerien (einschließlich BR), Begründung zu § 7 Abs. 1 Mat. Β I 12. 313 Ausschußbericht — s. A n m . 244 — S. 5 u. 13; Wirtschaftsminister E r hard i n der 260. Sitzung des B T v o m 16. 4. 1953, Sten. Ber. Bd. 15 S. 12649 unter Bezugnahme auf den Ausschußbericht; zweite und dritte Beratung des Entwurfes eines BaulBG, 270. Sitzung des B T v o m 11. 6.1953, Sten. Ber. Bd. 16: Jacobi S. 13350 C, Wirths S. 13352 B, Lücke S. 13357 A ; besonders eindeutig die Ausführungen Lückes a.a.O., der als Ausschußmitglied die Beratungen kannte: „ . . . (es haben) lediglich die Kaufkraftänderungen oder die Änderung der Wertverhältnisse, wie es i m Gesetz steht, zur Diskussion gestanden . . . " Ebenso Schulthes S. 66 unter Hinweis auf die Materialien. 308
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses
dings f i n d e t sich i n d e r B e g r ü n d u n g des Redaktionsausschusses die F o r m u l i e r u n g , daß Ä n d e r u n g e n d e r W e r t v e r h ä l t n i s s e n e b e n U m s t ä n den, d i e sich a u f das G r u n d s t ü c k selbst bezögen, „ i n erster L i n i e w o h l n u r " auf Ä n d e r u n g e n der inneren K a u f k r a f t beruhen k ö n n t e n 3 1 4 . D a nach scheint m a n die K a u f k r a f t ä n d e r u n g e n als z w a r i m V o r d e r g r u n d stehend angesehen, doch auch andere Ä n d e r u n g e n der W e r t v e r h ä l t n i s s e f ü r m ö g l i c h g e h a l t e n z u haben. N u n ist d e r A u s d r u c k „ i n erster L i n i e w o h l n u r " w e d e r i m A u s s c h u ß b e r i c h t noch w ä h r e n d d e r Bundestagsd e b a t t e i n den A u s f ü h r u n g e n m a ß g e b l i c h a n d e n A u s s c h u ß b e r a t u n g e n b e t e i l i g t e r A b g e o r d n e t e r 3 1 5 w i e d e r aufgetaucht. Das s p r i c h t durchaus gegen seine V e r w e r t b a r k e i t . A b e r selbst w e n n m a n a n d e r e r M e i n u n g w ä r e , so k ö n n t e m a n diese F o r m u l i e r u n g n u r d a h i n verstehen, daß d i e Ausschüsse P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n n i c h t gesehen u n d n i c h t geregelt haben. Z u diesem P r o b l e m b e w u ß t s e i n k a m es i n L e h r e u n d R e c h t sprechung aber n i c h t , w e i l m a n die M a t e r i a l i e n z u m B a u l B G ü b e r g i n g 3 1 6 oder diesbezüglich f ü r u n e r h e b l i c h h i e l t 3 1 7 . D i e S y m p a t h i e n l a gen d a b e i a u s d r ü c k l i c h b e i d e r V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g 3 1 8 . A l l e r dings bereitete d a n n § 10 A b s . 2 B a u l B G gewisse S c h w i e r i g k e i t e n , da sein W o r t l a u t auf eine i. d. R. u n t e r d e m g e m e i n e n W e r t liegende E n t schädigung h i n d e u t e t . 3.2.2. Preisgefügeänderungen
und §10 A b s . 2
BaulBG
Dieses V e r s t ä n d n i s des Gesetzestextes w i r d auch d u r c h d i e M a t e r i a l i e n z u § 10 A b s . 2 B a u l B G b e s t ä t i g t . Sie lassen e i n d e u t i g e r k e n n e n , daß der gemeine W e r t die oberste Grenze f ü r die E n t s c h ä d i g u n g d a r s t e l l e n s o l l t e 3 1 9 . A u f s c h l u ß r e i c h i n diesem Z u s a m m e n h a n g ist auch d i e 314 Begründung zu § 7 und zu § 7 Abs. 1 u. 2 Mat. Β I 12; ebenso Begründung des Vorschlags der Vertreter sämtlicher beteiligter Ministerien Mat. Β I 12. I m Anschluß an die Materialien Dittus / Zinkahn § 10, 2 a S. 216, Pergande / Schwender § 10 3 S. 85, Wolff BBauBl. 1952//187 - 188. 315 s. A n m . 313. 316 So B G H i n seinen beiden Urteilen zur Entschädigungsregelung nach dem BaulBG, K G N J W 1956//1359 l.o. f Pergande / Schwender § 10, 3 S. 85 ff.; nur scheinbar anders Pathe § 10 I I I 2 d S. 89 unter Berufung auf verkehrswertfreundliche Stimmen. 317 Dittus / Zinkahn § 10 1, 3 b S. 223 o. 318 Vgl. B G H Z 31/238, 241 und sogleich; Pathe Anm. 316, w o h l auch Dittus / Zinkahn § 9, 6 S. 199. Die Kommentatoren zum B a u l B G akzeptierten aber § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 B a u l B G i n dem oben sub 2.2.2.1. dargestellten Rahmen. 319 Begründung des Redaktionsausschusses Mat. Β I 12; Protokoll über die Sitzung des Unterausschusses B a u l B G — BR, Ausschuß f ü r Wiederaufbau und Wohnungswesen — v o m 12.3.1953 Mat. zu A I I I 66; Ausschußbericht (s. Anm. 244) S. 13; s. auch CDU-Vorschlag zu § 7, Mat. Β I 12; Vorschlag der Vertreter sämtlicher beteiligter Ministerien Mat. Β I 12; Stellungnahmen zu § 7 Abs. 2, Mat. zu Β I I 21 u n d zu Β I I I 34.
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F e s t s t e l l u n g des A u s s c h u ß b e r i c h t s 3 2 0 , daß § 10 A b s . 2 B a u l B G v o r a l l e m d a n n p r a k t i s c h e B e d e u t u n g z u k o m m e , w e n n d e r g e m e i n e W e r t noch u n t e r d e m Stoppreis läge. Gedacht w a r d a b e i an T r ü m m e r g r u n d s t ü c k e . § 10 A b s . 2 B a u l B G s o l l t e also eine n i e d r i g e r e E n t s c h ä d i g u n g e r m ö g lichen, als sie sich nach § 10 A b s . 1 B a u l B G oder d e n i m P r i n z i p noch s t r e n g e r e n P r e i s v o r s c h r i f t e n ergeben h ä t t e . I n a n d e r e n E n t s c h ä d i g u n g s f ä l l e n , so ist zu folgern, k o n n t e nach d e n gesetzgeberischen V o r s t e l l u n gen die gemäß § 10 A b s . 1 B a u l B G bemessene E n t s c h ä d i g u n g a n d e n gemeinen W e r t gar nicht h e r a n k o m m e n 3 2 1 . D i e Gesetzesmaterialien, die d i e E n t s c h ä d i g u n g v o n Preisgefügeänder u n g e n n i c h t zugelassen h ä t t e n , ü b e r g i n g der B G H . S t a t t dessen s t e l l t e er z u r B e s t i m m u n g des E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g e s a u f § 9 A b s . 1 Satz 2 B a u l B G ab u n d b a u t e d a m i t die E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g des B a u l B G i n das S y s t e m seiner Rechtsprechungsgrundsätze ein. A u s der fast w ö r t l i c h e n Ü b e r e i n s t i m m u n g dieser V o r s c h r i f t m i t A r t . 14 A b s . 3 Satz 3 G G f o l g e r t e er, daß i m Z w e i f e l , sofern also das B a u l B G selbst nichts anderes b e s t i m m e , die d u r c h das G e r i c h t z u A r t . 14 A b s . 3 G G e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e herangezogen w e r d e n k ö n n t e n 3 2 2 . G e m e i n t w a r m i t diesen G r u n d s ä t z e n v o r a l l e m d i e M a ß g e b l i c h k e i t der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g ; auch nach d e m B a u l B G sollte i. d. R. der gemeine W e r t i m Z e i t p u n k t d e r E n t e i g n u n g entschädigt w e r d e n 3 2 3 . D i e sich d e m G e r i c h t d u r c h § 10 A b s . 2 B a u l B G a u f d r ä n g e n d e n Z w e i f e l a n seiner A u f f a s s u n g beseitigte es d u r c h Z i r k e l s c h l u ß m i t t e l s R ü c k g r i f f s a u f § 9 A b s . 1 S. 2. § 10 A b s . 2 B a u l B G w u r d e d i e F u n k t i o n zugewiesen k l a r z u stellen, daß die E n t s c h ä d i g u n g n i c h t v o l l e n Schadensersatz g e w ä h r e 3 2 4 . G a l t d a m i t der gemeine W e r t als Regelentschädigung, so m u ß t e n die B e g r i f f e W e r t v e r h ä l t n i s s e i n d e n b e i d e n Sätzen des § 10 A b s . 1 i d e n tisch sein u n d es k o n n t e n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n entschädigt w e r d e n 3 2 5 . A u c h s o w e i t die L i t e r a t u r a u s d r ü c k l i c h die E n t s c h ä d i g u n g v o n Preisgefügeänderungen rechtfertigte, sind die Begründungen nicht m i n der unbefriedigend 320. 320
a.a.O. A u f die für das B a u l B G strittige Frage, ob i m Rahmen des § 10 Abs. 2 die Preisstopvorschriften zu berücksichtigen seien — so u. a. B G H Z 31/238, 243; a. M. u.a. Dittus / Zinkahn § 10, 4 S. 238 — soll hier nicht eingegangen werden, da einmal die unterschiedlichen Auffassungen wegen der Preisstoppraxis nicht zu verschiedenen Ergebnissen führten, zum anderen die Probleme des Preisstops schon oben erörtert wurden. 322 B G H Z 31/238, 241. 323 B G H a.a.O. S. 242. 324 B G H a.a.O. S. 242. 325 Vgl. auch Schulthes S. 88. 32G V g l > pathe § 10 I I I 2 d S. 89, Dittus / Zinkahn § 10, 3 b, ee S. 226 u n d Müller B l f G B W R 1954/94 unter Hinweis auf das marktwirtschaftliche P r i n 321
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Kap. I V : Scheitern des generellen Wertsteigerungsausschlusses 3.2.3. Preisgefügeänderungen vor dem der Ziele des Gesetzes
Hintergrund
A u c h i m H i n b l i c k auf die m i t dem B a u l B G verfolgten Zwecke hätte die E n t s c h ä d i g u n g v o n K o n j u n k t u r g e w i n n e n u n t e r b l e i b e n müssen. E i n m a l d i e n t e das Gesetz d e r F ö r d e r u n g des d r i n g e n d n o t w e n d i g e n W o h n u n g s b a u e s 8 2 7 , der sich e f f e k t i v n u r b e i g e r i n g e n A u f w e n d u n g e n f ü r d e n B o d e n d u r c h f ü h r e n ließ. Z u m a n d e r e n sollte das B a u l B G d i e f ü r e i n späteres B o d e n b e w e r t u n g s g e s e t z vorgesehene A b s c h ö p f u n g ohne e i gene L e i s t u n g — tatsächlicher oder f i n a n z i e l l e r A r t — e n t s t a n d e n e r G e w i n n e e r m ö g l i c h e n 8 2 8 . G e w i n n e , d i e der E n t e i g n e t e ü b e r die E n t schädigung b e h i e l t , k o n n t e n später n i c h t m e h r erfaßt w e r d e n . D e r a r t i g e E r w ä g u n g e n b l i e b e n j e d o c h b e i der I n t e r p r e t a t i o n u n d A n w e n d u n g des § 10 B a u l B G u n b e r ü c k s i c h t i g t . E i n e A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e , das g i l t f ü r K o n j u n k t u r - w i e f ü r P l a n u n g s g e w i n n e , w a r v o r a l l e m der B G H n u r i m R a h m e n des d e m ü b e r k o m m e n e n E n t e i g nungsrecht e n t s t a m m e n d e n § 10 A b s . 2 P r E G v o r z u n e h m e n b e r e i t . D i e E r w a r t u n g des Gesetzgebers, das B a u l B G w e r d e d e n W e g f ü r eine K l ä r u n g u n d F o r t e n t w i c k l u n g des E n t e i g n u n g s r e c h t s b a h n e n 8 2 0 , e r f ü l l t e sich, s o w e i t es u m d e n U m f a n g der E n t s c h ä d i g u n g g i n g , n i c h t .
zip. Müller räumte allerdings § 10 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 B a u l B G einen sehr weiten Anwendungsbereich ein, so daß er Preisgefügeänderungen letztlich doch nicht entschädigte. 327 s. sub 1. V g l auch zur gleichzeitig angestrebten Verbindung breiter Volksschichten m i t dem G r u n d und Boden: Verh. des D.BT, I. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 15, 260. Sitzung vom 16. 4.1953 S. 12650 C, Bd. 16, 270. Sitzung vom 11.6.1953 S. 13359 C. 328 s. sub 1. 829 Ausschußbericht (s. A n m . 244) S. 2.
Kapitel
V
D e r spezielle W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u ß Es w u r d e i m v o r a n g e g a n g e n e n K a p i t e l gezeigt, w i e die Versuche, i m Entschädigungsrecht e i n e n g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß e i n z u f ü h r e n , ü b e r w i e g e n d a n der P r a x i s d e r R e c h t s a n w e n d u n g scheiterten. D i e f o l g e n d e n A u s f ü h r u n g e n befassen sich m i t d e r t y p i s c h e n e n t eignungsrechtlichen W e r t a b s c h ö p f u n g . Es w i r d daher w i e b e i der D a r l e g u n g der reichsgerichtlichen G r u n d s ä t z e a u f d e n a l l g e m e i n e n E n t schädigungsumfang, d e n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t u n d das E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G e i n z u g e h e n sein.
§ 1 D i e L e i t g e d a n k e n insbesondere der Entschädigungsrechtsprechung u n d i h r e B e d e u t u n g f ü r die u n v e r d i e n t e n Wertsteigerungen 1. Der allgemeine Umfang der Entschädigung in der Rechtsprechung 1.1. Die Rolle des B G H bei Bestimmung des Entschädigungsumfanges D i e A u s g e s t a l t u n g des Entschädigungssystems u n t e r G e l t u n g des G G o b l a g fast gänzlich d e m B G H 1 , da e i n m a l A r t . 14 G G außer d e m G r u n d satz d e r I n t e r e s s e n a b w ä g u n g k a u m n o c h w e i t e r e m a t e r i e l l e Aussagen ü b e r d e n U m f a n g d e r E n t s c h ä d i g u n g z u e n t n e h m e n sind, z u m a n d e r e n a u f G r u n d a u s d r ü c k l i c h e r V e r f a s s u n g s b e s t i m m u n g ( A r t . 14 A b s . 3 S. 4 GG) die o r d e n t l i c h e n G e r i c h t e ü b e r die H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g z u entscheiden haben. Das Ü b e r g e w i c h t des B G H i n der E n t s c h ä d i g u n g s rechtsprechung — auch das B V e r f G t r a t bis z u m E n d e des Jahres 1968 k a u m i n E r s c h e i n u n g 2 — h a t t e z u r Folge, daß s o w o h l das G e r i c h t selbst 3 w i e b i s w e i l e n die L i t e r a t u r das d u r c h diese Rechtsprechung gep r ä g t e V e r s t ä n d n i s des A r t . 14 A b s . 3 G G schlechthin als die — e i n z i g
1 s. schon Kap. IV, § 3 u. § 4, 3.1.1. Andere Kräfte w i r k t e n eigentlich n u r bei Abschaffung des Preisstops m i t : Kap. I V , § 2, 4. 2 Wegen des grundlegenden Urteils v o m 18.12.1968, BVerfGE 24/367 ff, s. Kap. V I , 2. 3 Urt. vom 6.12.1965, N J W 19Ç6//495,
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
m ö g l i c h e — I n t e r p r e t a t i o n d e r V e r f a s s u n g ansahen 4 . Z w a r b e s t i m m e n auch sonst die Obersten B u n d e s g e r i c h t e a u f i h r e m G e b i e t die v e r b i n d liche Gesetzesinterpretation. I m gesellschaftspolitisch b e d e u t s a m e n B e reich des E n t e i g n u n g s - u n d Entschädigungsrechts ist der i m m e r w i e der z u m A u s d r u c k k o m m e n d e A b s o l u t h e i t s a n s p r u c h 5 b e z ü g l i c h des Verständnisses e i n e r i n h a l t l i c h keineswegs e i n d e u t i g e n Verfassungsn o r m jedoch n i c h t u n b e d e n k l i c h : e i n m a l w i r d der E i n d r u c k e r w e c k t , als e n t h a l t e das G G i n d e m h i e r i n t e r e s s i e r e n d e n B e r e i c h e i n e n z w e i felsfreien M a ß s t a b f ü r die speziell k o n k r e t e A u s g e s t a l t u n g der E n t schädigung. Letzteres ist aber n i c h t d e r F a l l ; d e n n auch die M a t e r i a l i e n z u m G G verschaffen i n s o w e i t w e n i g Aufschluß®. Z u m a n d e r e n v e r d e c k t das beschriebene V e r s t ä n d n i s v o n A r t . 14 G G d i e R e l a t i v i t ä t des A u s gangspunktes u n d d i e v o n der Rechtsprechung v o r g e n o m m e n e W e r tung7. 1.2. Die Entschädigung des gemeinen Wertes M e r k m a l der E n t e i g n u n g ist nach s t ä n d i g e r Rechtsprechung des B G H i m A n s c h l u ß an die E i n z e l a k t s t h e o r i e des R G 8 e i n d e m B e t r o f f e n e n z u m W o h l e der A l l g e m e i n h e i t zugemutetes Sonderopfer 9. Der Enteign u n g s e n t s c h ä d i g u n g k o m m t d i e A u f g a b e zu, dieses Sonderopfer, d i e i n i h m liegende V e r m ö g e n s e i n b u ß e , auszugleichen 1 0 , w o b e i a l l e r d i n g s i n der Regel n u r der S u b s t a n z v e r l u s t zu entschädigen i s t 1 1 . Z u r K o n k r e t i s i e r u n g dessen, w a s sich der B G H u n t e r d e m Sonderopferausgleich v o r s t e l l t e , v e r w e n d e t e das G e r i c h t d i e F o r m u l i e r u n g , d i e E n t s c h ä d i g u n g solle d e m B e t r o f f e n e n e i n e n w i r k l i c h e n W e r t a u s g l e i c h verschaffen, der i. d. R. so z u bemessen sei, daß m i t seiner H i l f e eine Sache gleicher A r t u n d G ü t e , e i n g l e i c h w e r t i g e s O b j e k t , e r l a n g t w e r d e n k ö n n e 1 2 . Diese F o r m u l i e r u n g e r l a n g t e i n der Rechtsprechung z e n t r a l e B e d e u t u n g . A u f i h r e r V e r w e n d u n g gleichsam als G r u n d s a t z b e r u h t i n fast a l l e n Z w e i f e l s p u n k t e n die B e g r ü n d u n g der v o m B G H g e t r o f f e n e n 4 Schneider Anm. zum Urt. des B G H v o m 6. 12.1965, N J W 1966/494; Kimminich, Rechtsgutachten S. 23 i n beängstigender Weise. 5 Vgl. B G H N J W 1966//495: „Diese richtig verstandene Bestimmung — gemeint ist A r t . 14 (der Verfasser) — w i r k t sich auch auf frühere landesrechtliche Enteignungsgesetze aus." 6 Siehe Schulthes S. 69, Schack DöV 1966//551. 7 Neuerdings recht kritisch zur Rolle der Rechtsprechung bei Konkretisierung der Eigentumsverfassung Sendler DöV 1971/16 ff., 25 ff. 8 RGZ 150//13 m i t Nachweisen. 9 B G H Z (GS) 6//280, (GS) 11//164, Kröner S. 57 ff. 10 B G H Z 39//199 - 200, B G H Z (GS) 6//280, 295, (GS) 11//164. 11 s. die Nachweise bei Pagendarm W M 1958//1353 Ziff. 6, W M 1965 Sond. 5 S. 4 f. Ziff. 6, Kröner S. 89. Wegen der i m Rahmen der Arbeit nicht interessierenden Entschädigung für sonstige Vermögensnachteile s. Kröner S, 89 ff. 12 B G H Z 39//200 m i t zahlreichen Nachweisen,
§ 1 Leitgedanken insbesondere der Entschädigungsrechtsprechung
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E n t s c h e i d u n g e n 1 8 . D a dieser G r u n d s a t z m e h r f a c h m i ß v e r s t a n d e n w u r d e , e r l ä u t e r t e der B G H w e i t e r , es w e r d e n i c h t vorausgesetzt, daß der E n t eignete sich i m E i n z e l f a l l w i r k l i c h e i n e n g l e i c h w e r t i g e n Gegenstand wiederbeschaffen k ö n n e . Z u m A u s d r u c k solle v i e l m e h r gebracht w e r den, daß d e m E n t e i g n e t e n d u r c h die E n t s c h ä d i g u n g das v o l l e Ä q u i v a l e n t f ü r das G e n o m m e n e z u s t e h e 1 4 . D i e F u n k t i o n d e r E n t s c h ä d i g u n g als Sonderopferausgleich f ü h r t e n o t w e n d i g e r w e i s e z u m g e m e i n e n W e r t als Regelentschädigung: eine E n t s c h ä d i g u n g u n t e r d e m g e m e i n e n W e r t k ö n n e i. d. R. n i c h t als A r t . 14 G G entsprechend angesehen w e r d e n 1 5 . U n t e r d e m g e m e i n e n W e r t w i r d w i e schon f r ü h e r der i m g e w ö h n l i c h e n G e s c h ä f t s v e r k e h r f ü r d e n e n t e i g n e t e n Gegenstand z u erzielende Preis, also der V e r k e h r s w e r t oder der o b j e k t i v e T a u s c h w e r t , d e n der Gegenstand f ü r j e d e r m a n n h a t , v e r s t a n d e n 1 6 , w o b e i z u r E r m i t t l u n g des V e r k e h r s w e r t e s w i e nach d e r Rechtsprechung des R G V e r g l e i c h s k ä u f e oder der E r t r a g s w e r t h e r angezogen w e r d e n 1 7 . V o r d e m H i n t e r g r u n d der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g ist v o n d e r Rechtsprechung des B G H g r u n d s ä t z l i c h nichts anderes z u e r w a r t e n , als das R G i n A u s l e g u n g der V o r s c h r i f t e n des P r E G erreicht h a t t e . D e r i n A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G e n t h a l t e n e u n d auch f ü r die H ö h e der E n t s c h ä d i g u n g maßgebliche G e s i c h t s p u n k t der I n t e r essenabwägung f i n d e t sich i n der Rechtsprechung der B G H n u r i n b e scheidenen A n s ä t z e n a n g e w e n d e t , u n d z w a r z u r K o r r e k t u r der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g . Doch f ü h r t e dieser Gedanke, w o r a u f sogleich n ä h e r einzugehen sein w i r d , selbst i n d e m g e n a n n t e n engen A n w e n dungsbereich b i s h e r noch n i c h t z u e i n e r H e r a b s e t z u n g der E n t s c h ä d i g u n g u n t e r den gemeinen W e r t 1 8 . 13
Pagendarm W M 1958//1351 Ziff. 2. B G H Z 39//200. 15 B G H i n st. Rspr.: B G H Z (GS) 6//294, 19//146. Als Ausnahme von dieser Regel gilt ζ. B. der sub § 3 näher zu behandelnde Ausschluß enteignungsbedingter Wertsteigerungen. 16 B G H Z 39//200, Pagendarm W M 1958//1351, 1972//4, jeweils m i t Nachweisen. 17 Pagendarm W M 1958//1360 Ziff. 13. 18 F ü r eine Unterschreitung des gemeinen Wertes mittels Interessenabwägung w o h l O L G Stuttgart i n einem Urteil, das dem B G H i n letzter I n stanz vorlag (s. N J W 1967/30 1.). Ausnahmsweise hat der B G H den Ausschluß enteignungsbedingter W e r t steigerungen i n seinem U r t e i l v o m 13. 10.1958 — D W W 1959//44 — auch durch Hinweis auf die Interessenabwägung gerechtfertigt. I m übrigen findet sich dieser Gedanke i n der Rechtsprechung des B G H bisweilen i m Zusammenhang anderer Entschädigungsprobleme: s. N J W 1968//12791., wo es u m die Verfassungsmäßigkeit des Ubernahmeanspruchs gem. § 40 B B a u G ging. Vgl. auch unten A n m . 22. Auch die L i t e r a t u r räumte der Interessenabwägung bei Bemessung der Entschädigungshöhe nur untergeordnete Bedeutung ein. S. dazu vor allem 14
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß 2. Abgehen von der reinen Verkehrswertentschädigung i n der Rechtsprechung 2.1. Die Interessenabwägung
I n A u s n a h m e f ä l l e n k a n n nach d e r Rechtsprechung des B G H die E n t s c h ä d i g u n g n i e d r i g e r als d e r g e m e i n e W e r t festgesetzt w e r d e n 1 9 , w e n n „besondere G r ü n d e " d a f ü r s p r e c h e n 2 0 oder w e n n „ b e i B e r ü c k s i c h t i g u n g der Interessen d e r A l l g e m e i n h e i t e i n sachlich v e r t r e t b a r e r Ges i c h t s p u n k t ersichtlich ist, d e r eine n i e d r i g e r e Festsetzung der E n t schädigung — (als d i e a u f d e n g e m e i n e n W e r t ) — r e c h t f e r t i g e n k ö n n t e " 2 1 . W i e e i n S a c h v e r h a l t gestaltet sein m u ß , d a m i t er als A u s n a h m e f a l l behandelt werden kann, hat der B G H bisher i m wesentlichen u n b e a n t w o r t e t gelassen 2 2 , w a s nach seinem z w a n z i g j ä h r i g e n Bestehen e i n i g e r m a ß e n v e r w u n d e r t . K o n k r e t e A u s f ü h r u n g e n z u r Interessenabw ä g u n g e n t h ä l t e i g e n t l i c h n u r 2 2 a das i n B G H Z 19//151 ff. v e r ö f f e n t l i c h t e U r t e i l , w o zunächst b e g r ü n d e t w u r d e , daß d e r E n t e i g n u n g s zweck W i e d e r a u f b a u als solcher eine E n t s c h ä d i g u n g u n t e r d e m g e m e i n e n W e r t n i c h t rechtfertige. W e i t e r h i n befaßte sich das G e r i c h t m i t der B e h a n d l u n g v o n u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n , die d u r c h W i e d e r a u f b a u einer z e r s t ö r t e n I n n e n s t a d t d e n G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r n i n diesem G e b i e t z u g e f a l l e n w a r e n , w o b e i u n t e r W i e d e r a u f b a u die Summe aller Maßnahmen zur Wiederherstellung der Innenstadt, nicht jedoch e i n b e s t i m m t e s A u f b a u u n t e r n e h m e n v e r s t a n d e n w u r d e 2 3 . D e r B G H h a t t e sich m i t d e m v o n d e r e n t e i g n e n d e n S t a d t g e m e i n d e v o r g e b r a c h t e n A r g u m e n t auseinanderzusetzen, daß die W e r t s t e i g e r u n g e n , die n u r dem A u f b a u der zerstörten Innenstadt durch die Gemeinde zu v e r d a n k e n seien, i n d e r E n t s c h ä d i g u n g n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n
unten sub 3. Für eine Interessenabwägung anläßlich einer K r i t i k der Zeitpunktrechtsprechung des B G H Maury DVB1. 1958//818. Z u m Schicksal der Interessenabwägung insgesamt Schulthes S. 76 ff. Für eine stärkere Berücksichtigung der Interessenabwägung i n neuerer Zeit das B V e r f G — Kap. V I , 2. — u n d i m Anschluß daran Gewos-Gutachten Rdnr. 233 u n d 313 ff. 19 B G H Z (GS) 6//293, 295, B G H Z 13//398, 14//108-9; vgl. 19//151 f., L M Nr. 2 zu § 7 ErgG/RSiedlG, Pagendarm W M 1958//1352 Ziff. 4. 20 B G H Z 6//293, 14//109. 21 B G H Z 6//295, ähnlich 13//398, vgl. 19//151. 22 Auch aus neuester Zeit sind zu dem Problem keine Urteile ergangen, wie die Zusammenstellung von Pagendarm W M 1972//5 Nr. 4 erkennen läßt. 22a v g l . evtl. noch das hier aber nicht interessierende U r t e i l i n L M Nr. 2 zu § 7 ErgG/RSiedlG: es ging u m die generalisierende Regelung der E n t schädigung von Pachtverhältnissen. 23 Die Ausführungen des B G H erfolgten also nicht i m Rahmen des § 10 I I PrEG, sondern betrafen die Frage, ob der Grundsatz der Interessenabwägung selbständig bei der Entschädigungsbemessung herangezogen w e r den konnte.
§ 1 Leitgedanken insbesondere der Entschädigungsrechtsprechung
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d ü r f t e n . I n seiner die A r g u m e n t a t i o n der S t a d t a b l e h n e n d e n B e g r ü n d u n g s t e l l t e das G e r i c h t n i c h t a u f die W i r k u n g e n des W i e d e r a u f b a u e s f ü r d i e spezielle G r u p p e d e r G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r ab, s o n d e r n w ü r d i g t e dessen G e s a m t w i r k u n g , g l e i c h s a m seine Z i e l s e t z u n g : d e r W i e d e r a u f b a u d i e n e der gesamten E i n w o h n e r s c h a f t , er sei s o m i t Sache der gesamtstädtischen Belange. D a r a u s f o l g e r t e das Gericht, daß auch d i e K o sten d a f ü r v o n der A l l g e m e i n h e i t g e t r a g e n w e r d e n m ü ß t e n u n d n i c h t einzelnen Grundstückseigentümern durch G e w ä h r u n g einer geringeren Entschädigung aufgebürdet werden dürften. N u n ist z w a r r i c h t i g , daß der W i e d e r a u f b a u d e r g e s a m t e n E i n w o h nerschaft diente. D o c h d a r f n i c h t vergessen w e r d e n , daß er e i n i g e n i n besonderem M a ß e s t a r k m a t e r i e l l z u g u t e k a m , eben d e n G r u n d e i g e n t ü m e r n . A b e r s t e l l t m a n e i n m a l d i e B e d e n k e n gegen diese A r g u m e n t a t i o n des B G H zurück, so ließ sie doch noch S p i e l r a u m f ü r eine andere E n t s c h e i d u n g b e i M a ß n a h m e n der ö f f e n t l i c h e n H a n d m i t b e g r e n z t e r e m W i r k u n g s b e r e i c h , als sie der W i e d e r a u f b a u d a r s t e l l t e . Diese M ö g l i c h k e i t e n eines Wertsteigerungsausschlusses machte das G e r i c h t d u r c h e i n A r g u m e n t zunichte, daß systematisch i n d e m Z u s a m m e n h a n g der G r ü n de f e h l a m P l a t z e w a r , d u r c h d e n Gleichheitssatz: A m V o r t e i l des W i e deraufbaues n ä h m e n n i c h t z u l e t z t auch die G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r t e i l , aber eben a l l e E i g e n t ü m e r des B e z i r k s , n i c h t n u r d i e e n t e i g n e t e n 2 4 . D e r H i n w e i s a u f A r t . 3 G G w a r i n s o f e r n w e n i g f o l g e r i c h t i g , als das Gericht, das v o n d e r T h e o r i e des Sonderopferausgleichs ausgegangen w a r 2 5 , a m E n d e seiner G r ü n d e n u r noch z u p r ü f e n h a t t e , ob die A n w e n d u n g der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g z u e i n e r H e r a b s e t z u n g der E n t s c h ä d i g u n g u n t e r den gemeinen W e r t f ü h r e n k ö n n e 26 . I m übrigen muß die A r g u m e n t a t i o n m i t d e m Gleichheitssatz n o t w e n d i g e r w e i s e i m m e r z u r E n t s c h ä d i g u n g v o n u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n f ü h r e n , da b i s z u r E i n f ü h r u n g eines a l l g e m e i n e n B o d e n w e r t a u s g l e i c h s d e n N i c h t e n t e i g n e t e n d e r W e r t g e w i n n eben v e r b l e i b t . D i e A u s f ü h r u n g e n des B G H z u r I n t e r essenabwägung b e s t ä t i g e n d a m i t ebenfalls d i e schon m e h r f a c h g e t r o f fene Feststellung, daß e i n g e n e r e l l e r Wertsteigerungsausschluß b e i der Entschädigungsbemessung, also u n a b h ä n g i g v o n e i n e m k o n k r e t e n E n t eignungsunternehmen, v o m B G H abgelehnt wurde. 2.2. Der gesunde Grundstücksverkehr F ü r den B G H bedeutet Verkehrswertentschädigung ähnlich w i e für das R G n i c h t die B e r ü c k s i c h t i g u n g j e d e r i m f r e i e n G r u n d s t ü c k s v e r 24 25
167. 26
B G H Z 19//153. s. a.a.O. S. 146 f. m i t den Hinweisen auf B G H Z 6//293 f. u n d 11//163 ff., a.a.O. S. 151.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
k e h r e r m i t t e l t e n Preise, s o n d e r n n u r solcher, die nachhaltig z u erzielen sind, die also n i c h t d u r c h persönliche oder andere u n g e w ö h n l i c h e U m stände einschließlich der S p e k u l a t i o n b e s t i m m t w u r d e n 2 7 . Das R G h a t t e b e i seiner Rechtsprechung z u m Z w i s c h e n s t u f e n l a n d d i e F o r m e l geb r a u c h t , m a ß g e b l i c h sei die P r e i s b i l d u n g i m gesunden G r u n d s t ü c k s v e r k e h r u n d u n t e r g e w ö h n l i c h e n U m s t ä n d e n 2 8 . Diesen A u s d r u c k v e r w e n d e t der B G H i m gleichen Z u s a m m e n h a n g , also b e i der Frage, ob e i n als A c k e r l a n d genutztes G e l ä n d e seiner Q u a l i t ä t nach h ö h e r , e t w a als B a u l a n d entschädigt w e r d e n k a n n 2 9 . W e r d e n d a m i t i m P r i n z i p die i m H i n b l i c k auf e r w a r t e t e h ö h e r e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n g e t ä t i g t e n S p e k u l a t i o n s k ä u f e b e i der B e w e r t u n g der G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t u n b e r ü c k s i c h t i g t gelassen u n d erscheint f o l g l i c h auch e i n A b g e h e n v o n der r e i n e n V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g d u r c h d i e Rechtsprechung g e w o l l t , so l i e g e n doch die e i g e n t l i c h e n P r o b l e m e i m E i n z e l f a l l : w e l c h e r V e r gleichspreis e n t h ä l t so sehr s p e k u l a t i v e E l e m e n t e , daß er z u r Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g n i c h t herangezogen w e r d e n k a n n ? A u c h d i e v o m B G H entwickelten Grundsätze über B e w e r t u n g v o n Zwischenstufenland, insbesondere z u m E i n f l u ß der P l a n u n g a u f die Q u a l i t ä t eines l a n d w i r t schaftlich g e n u t z t e n G r u n d s t ü c k s 3 0 , s i n d l e t z t l i c h n u r vage K r i t e r i e n u n d lassen d e m m i t der E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g B e f a ß t e n e i n e n w e i t e n S p i e l r a u m . D e s h a l b erscheint f r a g l i c h , ob das A b s t e l l e n auf d e n gesunden G r u n d s t ü c k s v e r k e h r i n der P r a x i s w i r k l i c h z u e i n e r K o r r e k t u r der r e i n e n V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g f ü h r e n w i r d . H i n z u k o m m t , daß eine U n t e r s u c h u n g d e r z u m V e r g l e i c h herangezogenen Preise m i t tels der v o m B G H e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e nichts stets, sondern n u r d a n n e r f o l g e n soll, w e n n „ Z w e i f e l a u f k o m m e n oder v o r g e t r a g e n w e r d e n " , ob diese Preise d u r c h die S p e k u l a t i o n b e s t i m m t s i n d 3 1 . Was die K r i t e r i e n f ü r die B e w e r t u n g v o n Z w i s c h e n s t u f e n l a n d selbst angeht, so h ä l t sich der B G H i m w e s e n t l i c h e n a n d i e A u s f ü h r u n g e n des i n G r u c h B e i t r . 55//1176 m i t g e t e i l t e n U r t e i l s des R G v o m 30. 5. 1911, w o gesagt w i r d , daß der gesunde G r u n d s t ü c k s v e r k e h r A c k e r l a n d n u r d a n n h ö h e r b e w e r t e , w e n n die B e b a u u n g bereits i n absehbarer Z e i t zu e r w a r t e n u n d z u e r h o f f e n sei. M i t S i c h e r h e i t b r a u c h t eine k ü n f t i g e B e b a u u n g auch d a n n nach A u f f a s s u n g des B G H n i c h t b e v o r z u s t e h e n 3 2 , so daß, w i e der B G H selbst z u g i b t , die B e w e r t u n g u n d d a m i t die E n t -
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B G H Z 39//204. Kap. I I , § 1, 4.2. 29 B G H Z 39//204. 30 B G H Z 39//209 ff., Zusammenfassung S. 217 sub 8. Zustimmend B a y O b L G N J W 1970/864 f. 31 B G H a.a.O. S. 218. 32 B G H Z a.a.O. S. 205. 28
§ 1 Leitgedanken insbesondere der Entschädigungsrechtsprechung
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Schädigung i m m e r noch d u r c h s p e k u l a t i v e E l e m e n t e b e s t i m m t b l e i b t 3 8 . D i e V e r w e n d u n g fester F r i s t e n , w i e sie das B e w e r t u n g s r e c h t u n d i m A n s c h l u ß d a r a n das Preisrecht k a n n t e n 3 4 , i n n e r h a l b d e r e n m i t der B e b a u u n g z u rechnen w a r , w e n n d i e B a u l a n d q u a l i t ä t b e j a h t w e r d e n sollte, l e h n t e das G e r i c h t als d e m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r n i c h t e n t sprechend a b 8 5 , da feste F r i s t e n aus der Ü b u n g des n o r m a l e n Geschäftsverkehrs n i c h t h e r z u l e i t e n seien. L e t z t e r e m ist z w a r v ö l l i g z u z u s t i m m e n , doch i m B e w e r t u n g s - w i e i m Preisrecht f a n d e n sich die 6 - J a h r e s f r i s t e n ebenfalls n i c h t aus d e r M a t e r i e i m m a n e n t e n G r ü n d e n . Die Steuerveranlagungspraxis führte die Frist zur einheitlichen H a n d h a b u n g d e r B e w e r t u n g ein, das P r e i s r e c h t v e r f o l g t e n e b e n der e i g e n t l i c h p r e i s r e c h t l i c h e n A u f g a b e , d i e Preise n i e d r i g z u h a l t e n , d e n Z w e c k des Wertsteigerungsausschlusses. G e r a d e n a c h d e m der B G H z u v o r festgestellt hatte, daß d i e B e w e r t u n g d u r c h d e n gesunden G r u n d s t ü c k s v e r k e h r gewisse R i s i k e n — s p r i c h S p e k u l a t i o n e n — e n t h a l t e , w ä r e es e r f o r d e r l i c h gewesen z u p r ü f e n , ob n i c h t diese R i s i k e n i n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g e t w a d u r c h E i n f ü h r u n g fester F r i s t e n ausgeschlossen w e r d e n m ü ß t e n . Z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich festhalten, daß s o w o h l der G e d a n k e der I n t e r e s s e n a b w ä g u n g w i e das A b s t e l l e n a u f d e n gesunden G r u n d s t ü c k s v e r k e h r b i s h e r n u r als bescheidene A n s ä t z e z u e i n e r K o r r e k t u r der Verkehrswertentschädigung m i t zudem geringer praktischer A u s w i r k u n g i n der Rechtsprechung des B G H v e r s t a n d e n w e r d e n k ö n n e n . 3. Das verfassungsrechtliche S c h r i f t t u m K a m d e m B G H , w i e oben e r w ä h n t , w e g e n A r t . 14 A b s . 3 S. 4 G G die z e n t r a l e B e d e u t u n g b e i A u s g e s t a l t u n g der E n t s c h ä d i g u n g zu, so ist a n dererseits n i c h t z u übersehen, daß sich das G e r i c h t b e z ü g l i c h seiner L e i t g e d a n k e n der Z u s t i m m u n g der a b s o l u t herrschenden M e i n u n g i m verfassungsrechtlichen S c h r i f t t u m sicher w u ß t e . D e n n o b w o h l sich das a l l g e m e i n e S c h r i f t t u m , v o r a l l e m das verfassungsrechtliche 8 6 , m i t der E n t s c h ä d i g u n g s p r o b l e m a t i k n i c h t n ä h e r b e f a ß t e 8 7 , ließ es jedoch k e i n e n Z w e i f e l daran, daß es a l l e i n i m V e r k e h r s w e r t d e n v o m G G g e f o r d e r t e n Entschädigungsmaßstab sah. 33
Vgl. B G H Z a.a.O. S. 204 und Dittus Jus 64//310. s. Kap. I I I , § 1, 3.4. 35 a.a.O. S. 205 ff. 36 Anders die spezialgesetzliche Literatur, insbesondere zum B a u l B G : s. Kap. I V , § 4, 2.2. 37 Ob der Grund dafür, w i e Kimminich S. 23 meint, i n der relativen Beruhigung lag, welche durch die — eigentumsfreundliche (der Verfasser) — B G H - J u d i k a t u r entstanden w a r und die keine „Gefährdung des Grundrechts der Eigentumsfreiheit" befürchten ließ, mag offenbleiben. Erstaunlich ist die Zurückhaltung der L i t e r a t u r auf jeden Fall. 34
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
Gegenstand der E r ö r t e r u n g i n d e r verfassungsrechtlichen L i t e r a t u r w a r ü b e r w i e g e n d der V e r g l e i c h v o n A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G (Interessena b w ä g u n g ) m i t A r t . 153 A b s . 2 S. 2 W R V (angemessene Entschädigung). W e n n auch m i t der Frage, ob beide B e s t i m m u n g e n i d e n t i s c h seien, z u gleich der U m f a n g der nach G G z u l e i s t e n d e n E n t s c h ä d i g u n g angesprochen w a r , so ist die B e s c h r ä n k u n g d e r D i s k u s s i o n i m S c h r i f t t u m a u f die obige F r a g e recht bezeichnend: b o t sich doch d a m i t d i e M ö g l i c h k e i t , A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G t r a d i t i o n e l l festzulegen u n d e v e n t u e l l e n Gefahren f ü r die volle Entschädigung, die m a n i n der Nachkriegszeit d u r c h die B o d e n r e f o r m a l l e r v i e r Besatzungszonen, insbesondere der sowjetischen k o m m e n sah38, zu wehren. D i e ganz ü b e r w i e g e n d e M e i n u n g g i n g v o n e i n e r G l e i c h s t e l l u n g der E n t s c h ä d i g u n g nach d e m G G u n d der W R V a u s 3 9 , o b w o h l d i e B e r a t u n gen des P a r l a m e n t a r i s c h e n Rates recht d e u t l i c h gegen diese I d e n t i t ä t sprechen 4 0 . S e n d l e r bescheinigt d e r herrschenden L i t e r a t u r daher, „ d o c h w o h l v i e l l e i c h t als r e s t a u r a t i v zu bezeichnende T e n d e n z e n " g e f ö r d e r t z u h a b e n 4 1 . A b e r auch dann, w e n n e i n U n t e r s c h i e d zwischen A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G u n d 153 A b s . 2 S. 2 W R V a n e r k a n n t w e r d e n m u ß t e , f e h l t e es n i c h t a n Versuchen, die E n t s c h ä d i g u n g des G G i n R i c h t u n g t r a d i t i o n e l l e n Entschädigungsrechts z u d r ä n g e n , sei es, daß die B e d e u t u n g d e r V e r f a s s u n s g b e r a t u n g e n f ü r die I n t e r p r e t a t i o n r e l a t i v i e r t w u r d e n 4 2 , sei es, daß d u r c h Z u r ü c k g r e i f e n a u f d i e F u n k t i o n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g die I n t e r e s s e n a b w ä g u n g des A r t . 14 G G u m g a n g e n w e r d e n k o n n t e 4 3 oder daß d e r U n t e r s c h i e d als „ i n j e d e m F a l l e k e i n sonderlich großer" 44 verstanden wurde. F o l g e der Gleichsetzung der b e i d e n E n t s c h ä d i g u n g s f o r m e l n u n d der ü b r i g e n I n t e r p r e t a t i o n e n w a r d i e A n e r k e n n u n g des g e m e i n e n W e r t e s 38 Vgl. Giese N J W 1950//290, 291 1., ebenso Enteignung u n d Entschädigung S. 16; Weber i n : Grundrechte I I S. 391 zu Anm. 111; Schulthes S. 53 ff. 39 Brinkmann i n : Grundrechtskomm. A r t . 14, I 7 a S. 24; Forsthoff S. 324; Giese A r t . 14, 8, w o h l auch N J W 1950//291 f. Kimminich i n : B K A r t . 14 (Zweitbearb.: 1964), 137; v. Mangoldt / Klein A r t . 14 V I I , 9 b S. 451 m i t gewissen Einschränkungen unter Beachtung der Ansätze i m Nationalsozialismus zur Berücksichtigung des Allgemeininteresses; w o h l auch Ehrenforth DVB1. 1950//268, i n verblüffender Zurückhaltung gegenüber seinem Aufsatz J W 1939/11 ff. 40 Das ist mehrfach nachgewiesen worden: s. Abraham i n : B K A r t . 14 (Erstbearbeitung), I I , 9 S. 9; Knoll AöR (81) 1956//389 ff.; i n neuester Zeit: Schulthes S. 67 ff., 69; Gewos-Gutachten Rdnr. 197 S. 99; Böckenförde in: Gerechtigkeit i n der Industriegesellschaft S. 219. 41 DöV 1971//26. 42 Vgl. Giese N J W 1950//291 u n d insbes. Enteignung u n d Entschädigung S. 31. 43 Vgl. Scheuner i n : Reinhardt / Scheuner S. 129. 44 Diester S. 174, Scheuner a.a.O. zu A n m . 188; vgl. Kimminich B K A r t . 14 (Zweitbearb.), 137, Wohl auch v. Mangoldt / Klein A r t . 14 V I I 9 b S. 452,
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als des auch v o m G G g e f o r d e r t e n Entschädigungsmaßstabes. D a r ü b e r b e s t a n d u n d besteht i n d e r L i t e r a t u r fast absolute E i n i g k e i t 4 5 . E i n A b w e i c h e n v o n der V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g gestattete m a n i n A n l e h n u n g a n d e n B G H n u r i n d e n v o n diesem g e n a n n t e n , w e n n auch n i c h t p r a k t i z i e r t e n A u s n a h m e f ä l l e n 4 6 ' 4 7 . Z u w e i t e r e n F r a g e n der E n t e i g nungsentschädigung sind i m S c h r i f t t u m k a u m Äußerungen zu finden. Das P r o b l e m der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n , w a s j a , w i e K a p . I I ergab, auch i m R a h m e n d e r V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g i m m e r noch a u f t a u c h e n k o n n t e , w u r d e , s o w e i t ersichtlich, n u r v o n w e n i g e n A u t o r e n d e r a l l g e m e i n e n L i t e r a t u r erwähnt* 8. Diese Tatsache e r s t a u n t u m so m e h r , als i n d e n — spezialgesetzlichen — K o m m e n t a r e n d e r f r ü h e n Nachkriegszeit die Wertsteigerungen z u m T e i l an zentraler Stelle stand e n 4 9 . O b eine andere E i n s t e l l u n g des S c h r i f t t u m s z u d e n E n t s c h ä d i gungsfragen, insbesondere z u d e n W e r t s t e i g e r u n g e n , v o n E i n f l u ß a u f d e n B G H gewesen w ä r e , m u ß angesichts der E r f a h r u n g e n m i t § 10 B a u l B G , der ja, o b w o h l er i n d e r L i t e r a t u r keineswegs v ö l l i g abge-
45 Brinkmann i n : Grundrechtskomm. A r t . 14 I, 7 a S. 25; Forsthoff S. 325; Giese N J W 1950//292; Weber i n : Grundrechte I I S. 391; Hamann (2. Aufl.) A r t . 14, 13 S. 173; Hamann / Lenz (3. Aufl.) A r t . 14, 13 S. 297; Kimminich in: B K (Zweitbearb. 1964) A r t . 14, 139 u. Rechtsgutachten S. 16 f., 22 f.; w o h l auch v. Mangoldt / Klein A r t . 14 V I I , 9 b S. 452; Maunz i n : Maunz / Dürig / Herzog A r t . 14, 113; Model/ Müller 4. Aufl., A r t . 14, 5; Schäfer Verh. d. 41. Dt. Juristentages 1955, Bd. I I , C 20 f.; Schack M D R 1953//197 - 198, B B 1959// 1263; Schmidt-Bleibtreu / Klein A r t . 14, 211 S. 103. Anderer Ansicht: v. Mangoldt A r t . 14 S. 103; weitere Nachweise bei Schulthes S. 80 Anm. 285 und Gewos-Gutachten Rdnr. 194 ff. F ü r die E n t schädigung des gemeinen Wertes überwiegend auch Knoll AöR (81) 1956// 400 ff., 422, allerdings von einem v ö l l i g anderen Ausgangspunkt u n d i n A n wendung der Interessenabwägung des A r t . 14 Abs. 3 S. 3 GG. 46 s. o. sub 2.1. 47 Brinkmann i n : Grundrechtskomm. A r t . 14, I, 7 a S. 25; Kimminich in: B K (Zweitbearb.) A r t . 14, 139; Maunz i n : Maunz / Dürig / Herzog A r t . 14, 113; Schack M D R 1953//197 - 198 m i t A n m . 32, B B 1959//1263 1., w o h l nicht mehr so streng DöV 1966//551; w o h l auch v. Mangoldt / Klein A r t . 14, V I I 9 b S. 452. Anders n u r Knoll AöR (81) 1956//415 für Enteignungen i m Rahmen großer Siedlungsprogramme, die Sozialisierungstendenzen beinhalten. 48 Hamann, 2. Aufl. A r t . 14, 13 S. 173 u n d 3. Aufl., Hamann / Lenz, A r t . 14, 13 S. 297 -298; Knoll AöR (81) 1956//169 ff. und insbes. 1956//402 ff., Maunz i n : Maunz / Dürig / Herzog A r t . 14, 116 f. i n ganz geringen Ansätzen. Scheuner S. 130 sub b u n d c: wegen des Hinweises der Verfassung auf die Interessen der Allgemeinheit erscheinen Scheuner Vorkehrungen gegen u n berechtigte Wertsteigerungen statthaft u n d geboten. Doch, so f ü h r t er weiter aus, „ i n der Forderung gerechter Abwägung liegt wiederum die Annäherung an die bisherige L i n i e " ! Schack M D R 1953//198 A n m . 33, B B 1959//1263 1.; Ule VerwArch. (54) 1963/345 ff., 364 ff. 49 s. Kap. IV, § 4 und Ernst / Friede § 46, 1 a S. 277 f.; bei Ubergang zum BBauG wurden die unverdienten Gewinne auch noch, wenngleich mehr oder weniger resignierend, reflektiert: Ernst i n : Grundgedanken S. 23 - 24 u n d DöV 1961//562; Haas DVB1. 1961//260; Katzenstein DöV 1961//586.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
l e h n t w u r d e 5 0 , i n der J u d i k a t u r des B G H k e i n e Chance g e h a b t h ä t t e 5 1 , b e z w e i f e l t w e r d e n . H i n z u k o m m t , daß das Bundesbaugesetz — B B a u G — v o m 23. J u n i I 9 6 0 5 2 die V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g v e r a n k e r t e u n d z u m i n d e s t i n s o f e r n die Rechtsprechungsgrundsätze bestätigte. 4. D i e V e r a n k e r u n g der Verkehrswertentschädigung durch das B B a u G Gemäß § 95 A b s . 1 S. 1 B B a u G b e m i ß t sich d i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n Rechtsverlust nach d e m V e r k e h r s w e r t des z u e n t e i g n e n d e n G r u n d stücks. V o n A n f a n g a n w a r b e i S c h a f f u n g des Gesetzes dieser E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g n i e i n Z w e i f e l gezogen w o r d e n 5 3 . V o n Seiten des n e u e r e n verfassungsrechtlichen S c h r i f t t u m s k a m e n ebenfalls k e i n e E i n w ä n d e w e g e n des Entschädigungsumfanges. Es schloß sich i n E i n z e l f r a g e n d e r E n t s c h ä d i g u n g d e m B G H a n 5 4 , w e l c h e r , da das B B a u G j e n e F r a g e n n i c h t b e a n t w o r t e t h a t t e , das S c h w e i g e n des Gesetzgebers als Z u s t i m m u n g e m p f a n d 5 5 . E r s t seit d e m schon angesprochenen U r t e i l des Bundesverfassungsgerichts v o m 18. 12. 1968, w e l ches k l a r s t e l l t e , daß A r t . 14 G G keineswegs eine starre, a l l e i n a m M a r k t w e r t o r i e n t i e r t e E n t s c h ä d i g u n g e r f o r d e r e 5 6 , m a c h t sich b e z ü g l i c h d e r u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n e i n gewisses P r o b l e m b e w u ß t s e i n i m S c h r i f t t u m b e m e r k b a r 5 7 . O b diese Tendenz v o n E i n f l u ß a u f d e n B G H sein w i r d , b l e i b t a b z u w a r t e n . A l s a b s o l u t v e r f r ü h t m u ß d i e F e s t s t e l l u n g 50
s. Kap. I V , § 4, 3. A n m . 294 a. E. s. Kap. I V , § 4, 3.1. 52 BGBl. I S. 341. 53 Vgl. den Schriftl. Bericht des 24. Ausschusses v o m 12. 4.1960, Verh. des D.BT, 3. Wahlp. Anlagen Bd. 67 zu Drucks. 1794 S. 20 zu § 105 Reg. Entwurf. 54 Siehe Maunz i n : Maunz / Dürig / Herzog A r t . 14, 113, 119 f.; Model / Müller A r t . 14, 8 S. 132; Kimminich B K A r t . 14 (Zweitbearb.) 139 f. u n d insbes. Rechtsgutachten S. 32 ff. ; Maunz u n d Kimminich (BK) unter Vermeidung eines Hinweises auf die — dem Enteignungsbetroffenen ungünstige — V o r wirkungsrechtsprechung!!!; Schmidt-Bleibtreu / Klein A r t . 14, 21 S. 103. Das Schrifttum zum B B a u G selbst k o m m t schwerlich an der Grundentscheidung des § 95 Abs. 1 S. 1 B B a u G vorbei: vgl. zu Versuchen i m Rahmen der A u f Opferungsentschädigung Ernst / Zinkahn / Bielenberg Vorb. §§ 4 0 44, 120. Recht kritisch zur Verkehrswertentschädigung de lege ferenda Pohl in: Brügelmann § 95, I 2 S. 3 - 4. 55 Vgl. B G H N J W 1965//1483. F ü r den F a l l der Falschfestsetzung der E n t schädigung ergibt sich zweifelsfrei aus den Beratungen, daß die Rechtsprechungsgrundsätze v o m Gesetz unberührt bleiben sollten. (Dr. Hesberg — Vorsitzender des 24. Ausschusses — während der 2. Lesung des Entwurfes: Verh. d. D.BT, 3. Wahlp. Sten. Ber. Bd. 46 S. 6416 Α.) 58 BVerfGE 24/367, 421 — Hamburger Deichordnungsgesetz —. 57 Siehe Giese / Schunci c A r t . 14, 8; Model / Müller A r t . 14, 8 S. 132; Freudling DöV 1970//314; Sendler DöV 1971//27. Vgl. auch Ernst ! Zinkahn ! Bielenberg Vorb. §§ 40 - 44, 120 u n d Pohl i n : Brügelmann § 95, I 2 S. 4. Z u m S t B F G s. Kap. V I , 3. 51
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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Sendlers gelten, der B G H habe i n z w i s c h e n als a l l g e m e i n e n Rechtsg r u n d s a t z a n e r k a n n t , daß W e r t s t e i g e r u n g e n , die m i t M i t t e l n e r z i e l t w o r d e n sind, welche l e t z t e n Endes aus ö f f e n t l i c h e n Q u e l l e n fließen, n i c h t d e m einzelnen ohne A u s g l e i c h z u g u t e k o m m e n k ö n n t e n 5 8 . S e n d l e r z i t i e r t e i n U r t e i l des B G H v o m 27. 4. 1970 5 9 , das sich m i t d e m W e r t a u s g l e i c h i m U m l e g u n g s v e r f a h r e n befaßt u n d i n d e m der I I I . Senat selbst o b i g e n Satz als A u s d r u c k seiner s t ä n d i g e n Rechtsprechung v e r s t e h t . Ü b e r p r ü f t m a n jedoch die F u n d s t e l l e n , a u f die der B G H z u r ü c k g r e i f t , so s t e l l t sich heraus, daß das G e r i c h t diesen a l l g e m e i n e n G e d a n k e n b e i V o l l e n t e i g n u n g e n b i s h e r n u r i n d e m sehr engen R a h m e n des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s i n der A u s g e s t a l t u n g d u r c h das R G anwendete60.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte 1. Ü b e r n a h m e der reichsgerichtlichen Rechtsprechung z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t Ebenso w i e der B G H h i n s i c h t l i c h des E n t s c h ä d i g u n g s u m f a n g e s u n d der Entschädigungsbemessungsgrundlage die v o m R G z u m P r E G e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e ü b e r n a h m , so l e h n t e er sich — z u m T e i l u n t e r B e r u f u n g auf e i n e n a l l g e m e i n e n E n t e i g n u n g s g r u n d s a t z — auch a n die Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g des R G an. Das bedeutete, daß b e i f ö r m l i c h e n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n i n der Regel f ü r a l l e d e n g e m e i n e n W e r t eines G r u n d s t ü c k s b e s t i m m e n d e n U m s t ä n d e der Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfeststellungs- oder Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses 6 1 , i m F a l l e f r ü h e r e r B e s i t z e i n w e i s u n g m i t tatsächlicher B e s i t z n a h m e dieser Z e i t p u n k t e m a ß g e b l i c h b l i e b 6 2 ' 6 3 . D e r B e d e u t u n g dieser Rechtsprechung h i n s i c h t l i c h d e r u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n w a r sich der B G H durchaus b e w u ß t , w a s d e r Beschluß des G r o ß e n 58
DöV 1971//27. I I I ZR 226/68, N J W 1970//1371. 60 s. dazu i m einzelnen Kap. V, § 3, 1. u n d 2.2. 81 Die beiden Begriffe wurden wahlweise gebraucht (s. B G H Z 12//374 einerseits, L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG andererseits); letzterer Begriff fand überwiegend Verwendung (s. Pagendarm W M 1958//1357). 02 B G H Z (GS) 11//167, 12//374, 14//110, N J W 1956//180, insoweit i n B G H Z 19//149 nicht abgedruckt, L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG. 63 Z u r Rechtsprechung des RG s. Kap. I I , § 2, 3.2. Soweit die neueren E n t eignungsgesetze einen Zeitpunkt bestimmten — so z. B. § 9 Abs. 3 B a u l B G u n d §§ 93 Abs. 4, 95 Abs. 1 S. 1 B B a u G den Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Enteignungsantrag —, galt selbstverständlich dieser Zeitpunkt, ohne daß dadurch eine wesentliche Abweichung von der Rechtsprechung entstand; denn der Enteignungsbeschluß hatte, wie schon angedeutet, gleichzeitig auch die Höhe der Entschädigung festzusetzen (z. B. § 113 BBauG). 59
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
Z i v i l s e n a t s v o m 16.11.1953 k l a r z u m A u s d r u c k b r a c h t e : die v o m B G H ü b e r n o m m e n e Rechtsprechung des R G z u m B e w e r t u n g s z e i t p u n k t w i r k e z u g u n s t e n des E n t e i g n e t e n u n d w o l l e dies a u c h 6 4 . I m L a u f e d e r J a h r e e n t w i c k e l t e der B G H d i e Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g des R G w e i t e r , ohne jedoch z u einer w e s e n t l i c h g e ä n d e r t e n E i n s t e l l u n g gegenüber u n v e r d i e n t e n W e r t g e w i n n e n z u gelangen. A u f f a l l e n d s t e s M e r k m a l d e r Rechtsprechung des B G H , die i m f o l g e n d e n u n t e r s u c h t w e r d e n soll, w u r d e d i e U n t e r s c h e i d u n g z w e i e r Z e i t p u n k t e : F ü r d i e E r m i t t l u n g der i m E n t eignungsobjekt liegenden Bewertungsmerkmale (Qualität) galt prinzip i e l l e i n anderer Z e i t p u n k t als f ü r d i e E r m i t t l u n g der P r e i s - u n d W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e (Preisgefüge u n d G e l d w e r t ) 6 5 , w a s aber n i c h t ausschließt, daß die Z e i t p u n k t e z u s a m m e n f a l l e n k ö n n e n .
2. Weiterentwicklung der Zeitpunktrechtsprechung des RG 2.1. Der für Geldwert und Preisgefüge maßgebliche Zeitpunkt 2.1.1.
Regelfall
H i n s i c h t l i c h der P r e i s v e r h ä l t n i s s e , also h i n s i c h t l i c h des G e l d w e r t e s u n d Preisgefüges, beließ es der B G H b e z ü g l i c h der h i e r interessierenden förmlichen Grundstücksenteignungsverfahren m i t administrativer Entschädigungsfestsetzung i n d e r Regel b e i m Z e i t p u n k t des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses, p r ä z i s e r b e i m Z e i t p u n k t dessen Z u s t e l l u n g 6 6 , u n d zwar m i t folgender Begründung: Zweck der Entschädigung sei es, d e m B e t r o f f e n e n e i n e n w i r k l i c h e n W e r t a u s g l e i c h z u verschaffen. Es müsse deshalb e i n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t g e w ä h r t w e r d e n , der der A u s z a h l u n g a m nächsten liege. D a die A u s z a h l u n g i m a l l g e m e i n e n a l s b a l d nach d e r Entschädigungsfestsetzung erfolge, k ö n n e a u f d e n Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses abgestellt w e r d e n 6 7 . Dieser Z e i t p u n k t sollte ausnahmslos aber n u r so l a n g e gelten, w i e die W ä h r u n g s - u n d P r e i s v e r h ä l t n i s s e k o n s t a n t b l i e ben. Ä h n l i c h w i e schon das R G i n der Z e i t zwischen 1919 u n d 1924 w e g e n sich verschlechternder G e l d w e r t s i t u a t i o n seine Rechtsprechung m o d i f i z i e r t hatte, u m d e m E n t e i g n e t e n eine g ü n s t i g e E n t s c h ä d i g u n g z u s i c h e r n 6 8 , so g i n g auch d e r B G H i m Interesse des E n t e i g n u n g s b e t r o f fenen v o n der M a ß g e b l i c h k e i t des Z e i t p u n k t e s der E n t s c h ä d i g u n g s festsetzung ab, w o b e i a l l e r d i n g s d e r B G H das P r o b l e m sich ä n d e r n d e r W ä h r u n g s - u n d P r e i s v e r h ä l t n i s s e g e n e r e l l regelte. 64
B G H Z 11//167. Zusammenfassend Pagendarm W M 1958//1356 ff.; W M 1965 Sond. 5 S. 8 ff., Kröner S. 108 ff., Steffen D R i Z 1968//128. 68 St.Rspr. B G H Z 25//230, 26//374, 40//88, 44//54, vgl. 14//110. 07 B G H a.a.O. Vgl. noch L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG. 88 s. Kap. I I , § 2, 5. 65
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§ 2 Die Bewertungszeitpunkte 2.1.2. Erweiterung: mündlichen
Zeitpunkt der Verhandlung
letzten
2.1.2.1. B e r ü c k s i c h t i g u n g v e r ä n d e r t e r W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e (Umstellungsrechtsprechung) D i e a b g e w a n d e l t e Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g e n t w i c k e l t e sich zunächst a m P r o b l e m der U m s t e l l u n g v o n E n t s c h ä d i g u n g s f o r d e r u n g e n , die i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e m E n t z u g b e w e g l i c h e r Sachen e n t s t a n d e n w a r e n 6 9 . Es g i n g u m d i e Frage, ob bis z u r W ä h r u n g s r e f o r m n o c h n i c h t festgesetzte E n t s c h ä d i g u n g e n f ü r E i n g r i f f e , d i e v o r der W ä h r u n g s r e f o r m lagen, sogleich i n D M z u bemessen oder nach E r m i t t l u n g i n R M 10 : 1 u m z u s t e l l e n w a r e n . D i e Rechtsprechung entschied sich f ü r d i e erstere M ö g l i c h k e i t 7 0 , w a s aber bedeutete, daß der Z e i t p u n k t f ü r d i e B e s t i m m u n g des G e l d w e r t e s — h i e r der W ä h r u n g — verschoben w u r d e . M a ß g e b l i c h sollte i n diesen F ä l l e n d e r Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g i n d e r Tatsacheninstanz s e i n 7 1 . Z u r B e g r ü n d u n g b e r i e f sich der B G H w i e d e r a u f d e n das Wesen d e r E n t e i g n u n g s e n t schädigung b e s t i m m e n d e n G e d a n k e n des Schadensausgleichs. I m A u g e n b l i c k i h r e r Festsetzung müsse d i e E n t s c h ä d i g u n g e i n e n v o l l e n oder doch angemessenen A u s g l e i c h f ü r d e n entzogenen S a c h w e r t g e b e n 7 2 . Diese f ü r d e n E n t z u g b e w e g l i c h e r Sachen h e r a u s g e a r b e i t e t e n G r u n d sätze ü b e r t r u g d e r B G H auch a u f G r u n d s t ü c k s e n t e i g n u n g s f ä l l e 7 3 , u n d z w a r d a h i n g e h e n d , daß i n F ä l l e n , i n d e n e n v o r d e r W ä h r u n g s r e f o r m k e i n e Entschädigungsfestsetzung s t a t t g e f u n d e n h a t t e , die E n t s c h ä d i gung v o n vornherein i m Z e i t p u n k t der letzten mündlichen V e r h a n d l u n g i n D M e r m i t t e l t w e r d e n s o l l t e 7 4 . Gleiches g a l t f ü r die F ä l l e , i n d e n e n eine e r f o l g t e a d m i n i s t r a t i v e Entschädigungsfestsetzung d u r c h g e r i c h t liche N a c h p r ü f u n g als z u n i e d r i g u n d d a h e r k o r r e k t u r b e d ü r f t i g angesehen w u r d e 7 6 . M a ß g e b e n d f ü r die W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e w u r d e also der Z e i t p u n k t d e r l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g , w ä h r e n d es h i n s i c h t l i c h d e r ü b r i 69
B G H Z 7//102 f., (GS) 11//162, vgl. auch 14//108. Anfänglich anders nur der V. Senat i n zwei Urteilen zur Grundstücksenteignung: U r t e i l v o m 8.2.1952 (nicht veröffentlicht, zitiert nach B G H Z 7//104) u n d vom 9. 5.1952 (BGHZ 6/91, 95 ff., 99; angeblich n u r für schon i n R M verfestigte RM-Forderungen: s. B G H Z 7//104). 71 B G H Z 7//103, 11//167, vgl. 14//109. 72 B G H Z (GS) 11//167. 73 V. Senat i n B G H Z 12//377 ff., 379 unter Aufgabe seiner, die Umstellung anwendende Rspr. i n B G H Z 6/91; w o h l auch schon der Große Senat i n B G H Z 11//167. Pagendarm N J W 1956//125 u n d A n m . zu B G H L M Nr. 12 Verwaltungsrecht — Allgemeines (Allg. ERecht). 74 B G H Z 12//379. 75 B G H Z 12//379. Wegen der w e i t e r h i n der Umstellung unterliegenden „ i n R M verfestigten" Entschädigungsforderungen s. Pagendarm N J W 1956//125. 70
11 B a u e r
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
g e n d e n g e m e i n e n W e r t b e s t i m m e n d e n F a k t o r e n (Sacheigenschaften u n d Preisgefüge. Es g a l t d e r Preisstop, so daß das Preisgefüge w e n i g e r b e d e u t s a m w a r ) b e i m Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des E n t s c h ä d i g u n g s festsetzungsbeschlusses oder d e r W e g n a h m e b l i e b . Diese Rechtsprechung l a g d a m i t a u f derselben L i n i e w i e d i e U r t e i l e des R G f ü r d i e Z e i t bis 1924, w o ebenfalls die n e g a t i v e n F o l g e n der G e l d e n t w e r t u n g a u f die Enteignungsentschädigung abgewehrt w u r d e n 7 6 . Allerdings w a r e n die G r u n d s ä t z e des R G i n i h r e r tatsächlichen A u s w i r k u n g i n s o w e i t w e i t reichender, als sie das hohe, s t a r k d u r c h S p e k u l a t i o n b e d i n g t e V o r kriegspreisniveau bei Grundstücken f ü r die k o n j u n k t u r e l l ungünstigen J a h r e bis 1924 i n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g k o n s e r v i e r t e n . I n der Z e i t nach d e m 2. W e l t k r i e g t r a t e n w e g e n des schon v o r h e r g e l t e n d e n Preisstops d e r a r t i g e P r e i s d i f f e r e n z e n — e i n m a l abgesehen v o n d e n T r ü m m e r g r u n d s t ü c k e n — h i n g e g e n n i c h t auf. D e s h a l b bestehen auch gegen die U m s t e l l u n g s u r t e i l e des B G H n i c h t die B e d e n k e n w i e gegen die RG-Rechtsprechung. O b m a n i m ü b r i g e n d e m B G H z u s t i m m t , ist eine W e r t u n g s f r a g e , die, da v o m T h e m a der A r b e i t n i c h t b e r ü h r t , auch u n b e a n t w o r t e t b l e i b e n soll. F ü r das P r o b l e m der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n r e l e v a n t w u r d e die Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g des B G H erst i n d e m A u g e n b l i c k , i n d e m das G e r i c h t v e r ä n d e r t e P r e i s v e r h ä l t nisse bis z u r l e t z t e n m ü n d l i c h e n T a t s a c h e n v e r h a n d l u n g z u b e r ü c k sichtigen begann. 2.1.2.2. B e r ü c k s i c h t i g u n g v e r ä n d e r t e r P r e i s v e r h ä l t n i s s e Schon der Große Senat h a t t e a u s g e f ü h r t , daß die Rechtsprechung, die f ü r Regelfälle a u f d e n Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des E n t s c h ä d i gungsfestsetzungsbeschlusses a b s t e l l t e u n d die z u g u n s t e n des E n t e i g n e t e n w i r k e n sollte, a u f der V o r a u s s e t z u n g u n v e r ä n d e r t e r W ä h r u n g s u n d P r e i s v e r h ä l t n i s s e b e r u h e u n d b e i W e g f a l l dieser V o r a u s s e t z u n g f r a g w ü r d i g erscheine 7 7 . Diesen G e d a n k e n g r i f f w e n i g später der I I I . Senat i n seinem U r t e i l v o m 28. 6.1954 auf. M i t d e m H i n w e i s a u f die E r f o r d e r l i c h k e i t eines angemessenen Wertausgleichs — sprich e i n e r d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n g ü n s t i g e n R e g e l u n g — r e c h t f e r t i g t e er die B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n P r e i s s t e i g e r u n g e n bis z u m Z e i t p u n k t d e r l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g 7 8 , w o b e i , was sich a l l e r d i n g s erst späteren U r t e i l e n e i n d e u t i g e n t n e h m e n läßt, das G e r i c h t n e b e n g e n e r e l l e n P r e i s s t e i g e r u n g e n i n f o l g e der K a u f k r a f t m i n d e r u n g auch d e n d u r c h V e r t e u e r u n g a l l e i n der G r u n d s t ü c k e e n t s t a n d e n e n P r e i s a u f t r i e b , also echte 76
s. Kap. I I , § 2, 5. und B G H Z 11//168. B G H Z 11//167. 78 B G H Z 14//109 f. Dieses U r t e i l betraf noch einen F a l l ohne administratives Entschädigungsfeststellungsverfahren u n d keine Grundstücksenteignung. 77
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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Preisgefügeänderungen, entschädigt w i s s e n w o l l t e 7 9 . D i e ü b e r w i e g e n d e Z a h l der U r t e i l e b e t r a f F ä l l e , i n d e n e n zwischen Entschädigungsfestsetzungsbeschluß u n d l e t z t e r m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g die P r e i s b i n d u n g aufgehoben w o r d e n w a r 8 0 . D i e i n f o l g e des W e g f a l l s d e r P r e i s b i n d u n g e r h e b l i c h gestiegenen u n d v o m B G H b e r ü c k s i c h t i g t e n Preise w a r e n n u r z u m Teil durch Anpassung an den gesunkenen Geldwert entstanden, e n t h i e l t e n also durchaus auch V e r k n a p p u n g s g e w i n n e . A l l e i n der außer d e m I I I . Senat noch z u s t ä n d i g e V . Senat h i e l t auch d a n n a m Preisstop fest, w e n n bis z u r l e t z t e n T a t s a c h e n v e r h a n d l u n g die P r e i s b i n d u n g aufgehoben w o r d e n w a r 8 1 , w o h i n g e g e n er v e r ä n d e r t e W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e i n Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e m I I I . Senat b e r ü c k s i c h t i g t e 8 2 . Daß es w e g e n der a b w e i c h e n d e n A u f f a s s u n g e n n i c h t z u e i n e r A n r u f u n g des G r o ß e n Senats k a m , l a g a n der n e u e n Geschäftsverteil u n g , die den I I I . Senat a n die S t e l l e des V . Senats t r e t e n l i e ß 8 3 . A m Erfordernis der Berücksichtigung veränderter Preisverhältnisse hat d e r B G H seither i n s t ä n d i g e r Rechtsprechung festgehalten. E r a r b e i tete d a b e i d u r c h s t a r k e D i f f e r e n z i e r u n g e i n perfektionistisches S y s t e m heraus, das die N e u e r m i t t l u n g der E n t s c h ä d i g u n g u n t e r B e a c h t u n g der G e l d w e r t - u n d P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n v o n verschiedenen F a k t o r e n abhängig macht84: 2.1.2.2.1. V o r a u s s e t z u n g e n B e i d e n h i e r interessierenden E n t e i g n u n g e n m i t a d m i n i s t r a t i v e n E n t s c h ä d i g u n g s f e s t s t e l l u n g s v e r f a h r e n s o l l i n der Regel der Z e i t p u n k t d e r l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g n u r d a n n m a ß g e b e n d sein, w e n n die E n t s c h ä d i g u n g o b j e k t i v z u n i e d r i g , u n d z w a r n i c h t u n w e s e n t l i c h z u n i e d r i g bemessen w o r d e n w a r 8 5 . Diese B e d i n g u n g g i l t aber n u r f ü r die F ä l l e , i n denen die E n t s c h ä d i g u n g i n u n m i t t e l b a r e m z e i t l i c h e n A n schluß a n die b e h ö r d l i c h e Festsetzung erfolgte, n i c h t jedoch, w e n n Z a h l u n g e n g a r n i c h t geleistet w u r d e n : auch b e i r i c h t i g e r b e h ö r d l i c h e r 79 F ü r Preisgefügeänderungen ausdrücklich B G H Z 29//223, 30//283, w o h l auch W M 1959/239, 241 sub 4; für Kaufkraftschwund B G H Z 31/244, 253, w o h l auch 25//22S. 80 B G H W M 1958/496, 497, B G H Z 2Ö//376, W M 1959/239, 241 sub 4, 1959/ 410, 412 sub I I , 2, B G H Z 29//220. 81 B G H Z 13//392, auch 388 f. 82 s. B G H Z 12/357, 376, 379. 83 Pagendarm ΛΥΜ 1958//1358. 84 Ausführliche Gesamtdarstellungen der Zeitpunktrechtsprechung des B G H bringen Pagendarm W M 1958//1356 ff. Ziff. 11 u. 12, W M 1965 Sond. 5 S. 8 ff. Ziff. 11 u. 12, Kröner S. 117 ff. V I I 4 c und 5, Geizer Rdnr. 47 - 70. 85 B G H Z 25/225, 230 f., 26/373, 374, W M 1959/239, 240, 1959/410, 411, B G H Z 29/217, 219 ff., 30/281, 283; N J W 1965//1483 (zum BBauG); ausdrücklich zum Erfordernis der nicht unwesentlich zu niedrigen Festsetzung B G H Z 29//219, W M 1963//1130, B G H Z 44//55.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
Festsetzung k a n n sich d e r B e w e r t u n g s z e i t p u n k t verschieben, a l l e r dings m u ß der E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e die V e r z ö g e r u n g der Z a h l u n gen zu vertreten haben86. V o n dem Problem, unter welchen Voraussetzungen eine V e r s c h i e b u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s s t a t t f i n d e t , i s t das w e i t e r e z u t r e n n e n , w e l c h e r E n t s c h ä d i g u n g s b e t r a g — d e r gesamte oder n u r e i n T e i l — entsprechend d e n v e r ä n d e r t e n P r e i s v e r h ä l t n i s s e n n e u b e w e r t e t w e r d e n soll. D i e F r a g e t a u c h t v o r a l l e m d a n n auf, w e n n der E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e d e n z u n i e d r i g festgesetzten E n t s c h ä d i g u n g s b e t r a g a l s b a l d nach Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfestsetzungsbescheides e r h i e l t u n d i m R e c h t s w e g w e i t e r e E n t s c h ä d i g u n g b e g e h r t . H i e r h a t der B G H d e n G r u n d s a t z aufgestellt, daß n u r der j e w e i l i g e Restbetrag, die D i f f e r e n z z w i s c h e n d e r d e m E n t e i g n e t e n z u stehenden, r i c h t i g e r m i t t e l t e n u n d d e r tatsächlich ausgezahlten E n t schädigung z u e r h ö h e n ist. A u c h i n d e n F ä l l e n , i n d e n e n Z a h l u n g e n a u f d i e z u g e r i n g e E n t s c h ä d i g u n g erst l ä n g e r e Z e i t nach der b e h ö r d l i c h e n Festsetzung e r f o l g t e n , w i r d n i c h t d e r gesamte E n t s c h ä d i g u n g s b e t r a g entsprechend d e n v e r ä n d e r t e n P r e i s v e r h ä l t n i s s e n e r h ö h t . V i e l m e h r s i n d zwischenzeitliche Z a h l u n g e n v o n der z u k o r r i g i e r e n d e n S u m m e i n der H ö h e abzuziehen, die d e m p r o z e n t u a l e n V e r h ä l t n i s des g e z a h l t e n Betrages z u r geschuldeten r i c h t i g e n E n t s c h ä d i g u n g i m j e w e i l i g e n A u g e n b l i c k der Z a h l u n g e n t s p r i c h t 8 6 . Diese Rechtsprechung b e r u h t e i n m a l a u f d e m G r u n d s a t z d e r A u s g l e i c h s f u n k t i o n der E n t s c h ä d i g u n g : I n Z e i t e n s c h w a n k e n d e r Preise, so b e g r ü n d e t der B G H i m m e r w i e d e r , k ö n n e sich der B e t r o f f e n e e i n e n g l e i c h w e r t i g e n Ersatz n i c h t verschaffen, w e n n der Z e i t p u n k t d e r W e g n a h m e auch f ü r die Preise m a ß g e b l i c h s e i 8 7 . Z u m a n d e r e n h a t aber das G e r i c h t noch d e n G e d a n k e n der R i s i k o v e r t e i l u n g e i n g e f ü h r t u n d d i e V e r s c h i e b u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s n u r d a n n u n d i n s o w e i t zugelassen, w e n n u n d w i e d i e V e r a n t w o r t u n g f ü r d i e e r f o r d e r l i c h g e w o r dene N e u b e w e r t u n g d e n E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n t r a f 8 8 . Es ist also n i c h t m ö g l i c h , d u r c h bloßes E i n l e g e n v o n Rechtsbehelfen eine g ü n s t i g e r e E n t s c h ä d i g u n g z u e r h a l t e n 8 9 . H i n z u k o m m t , daß der E n t e i g n u n g s b e t r o f fene die b e h ö r d l i c h festgesetzte E n t s c h ä d i g u n g n i c h t m i t d e m H i n w e i s a b l e h n e n darf, d i e E n t s c h ä d i g u n g sei z u n i e d r i g u n d stelle eine nach § 266 B G B unzulässige T e i l l e i s t u n g d a r 9 0 . D e r E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e h a t d a m i t die M ö g l i c h k e i t , d u r c h a l s b a l d i g e Z a h l u n g d e r festgesetzten Entschädigung den wegen veränderter Preisverhältnisse zu erhöhen8β wegen Nachweisen s. die Zusammenstellungen i n Anm. 84. 87 Statt vieler Urteile s. B G H Z 29//221. 88 B G H Z 25//231, W M 1963//1130; vgl. B G H Z 38//109, 40//316, 44//57. 89 B G H N J W 1956//180, L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG, B G H Z 25//230, 26//374, 30//284, W M 1963//997; Pagendarm W M 1958//1357. 90 B G H Z 44//59, N J W 1967//2011.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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d e n B e t r a g a u f die D i f f e r e n z zwischen d e m r i c h t i g e r m i t t e l t e n u n d d e m ausgezahlten z u b e s c h r ä n k e n 9 1 . 2.1.2.2.2. E n t s c h ä d i g u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e D e r B G H w a r b i s h e r z w e i f e l l o s b e m ü h t , seine Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g n i c h t d a d u r c h z u e i n e m Geschäft f ü r d e n E n t e i g n e t e n w e r d e n zu lassen, daß er i h m E i n f l u ß n a h m e a u f die B e s t i m m u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s z u b i l l i g t e . I m ü b r i g e n aber b l i e b die E n t s c h ä d i g u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e , s o w e i t sie sich i n K o n j u n k t u r p r e i s e n ausdrückte, n e b e n d e r u n p r o b l e m a t i s c h e n B e r ü c k s i c h t i g u n g der G e l d e n t w e r t u n g e r k l ä r t e s Z i e l der Z e i t p u n k t v e r s c h i e b u n g 9 2 . D a m i t w i c h der B G H v o n der v o m R G u n d ebenso v o n E g e r z u m P r E G v e r t r e t e n e n A u f f a s s u n g ab, daß eine R e t a x a t i o n i n k e i n e m F a l l e z u e i n e r V e r s c h i e b u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s f ü h r e n d ü r f e 9 2 a . S o w e i t einige E n t e i g n u n g s g e setze R e g e l u n g e n b e z ü g l i c h des Z e i t p u n k t e s e n t h a l t e n , die v o m W o r t l a u t h e r eine B e r ü c k s i c h t i g u n g v e r ä n d e r t e r P r e i s v e r h ä l t n i s s e n i c h t z u lassen, w u r d e n diese Gesetze d u r c h v e r f a s s u n g s k o n f o r m e A u s l e g u n g 9 3 e i n e m „ r i c h t i g e n V e r s t ä n d n i s " 9 4 z u g e f ü h r t : die V o r s c h r i f t e n seien n u r f ü r d e n R e g e l f a l l r i c h t i g e r b e h ö r d l i c h e r Entschädigungsfestsetzung z u geschnitten, b e i u n r i c h t i g e r Festsetzung verschiebe sich die E r m i t t l u n g auf die letzte mündliche Tatsachenverhandlung 95. Diese A u s l e g u n g m a g d e m B r a u n s c h w e i g E G v o n 1867 u n d d e m W ü r t t E G v o n 1888 9 e R e c h n u n g t r a g e n , o b w o h l auch f ü r letzteres gewisse B e d e n k e n i n s o f e r n bestehen, als das E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n sehr s t a r k d e m des P r E G gleicht u n d f ü r das P r E G j a eine Z e i t p u n k t v e r schiebung b e i R e t a x a t i o n a b g e l e h n t w u r d e . Z w e i f e l h a f t e r w i r d die A u s -
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B G H Z 44//58. Daß auch eine rückläufige Preisentwicklung zu ungunsten des E n t eignungsbetroffenen zu beachten sein w i r d (BGHZ 14//109, Pagendarm Anm. zu L M Nr. 11 Hess. AufbauG Bl. 911), was Maury (DVB1. 58//817) verkennt, soll nicht unerwähnt bleiben. Doch erscheint dieser F a l l recht hypothetisch. Auch die Praxis Hamburger Gerichte, mitgeteilt von Katzenstein DöV 61// 586, entschädigte ausdrücklich die durch die K o n j u n k t u r hervorgerufenen Preissteigerungen. 92a s. Kap. I I , § 2, 3.2.3. 93 So ausdrücklich Pagendarm, Festschrift für O. Riese S. 358 u n d W M 1965 Sond. 5 S. 8. 94 Vgl. B G H Z 29/1222. 95 B G H Z 25//229 — § 6 BraunschweigEG 1867; 26//374, 29//222 — § 41 H A G ; 31//252 f. — § 10 B a u l B G ; W M 1963//1129 f. — A r t . 10 W ü r t t E G ; W M 1964// 969 f. — § 17 Abs. 3, § 64 Abs. 4 L B G ; W M 1965//504 — § 17 Abs. 3 L B G ; B G H Z 44//54 f. — § 64 Abs. 4 L B G ; 43/300 — § 95 BBauG, dazu später Kap. V, § 2 a, 1.; vgl. auch B G H Z 41/385 ff. zur Entschädigung wegen Anforderung beweglicher Sachen gem. § 20 I I B L G . 96 s. Kap. I I Anm, 409. 92
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
l e g u n g des B G H f ü r das Landbeschaffungsgesetz v o m 23. 2 . 1 9 5 7 9 7 , das i n seinem § 17 A b s . 3 a u f d e n Z u s t a n d des G r u n d s t ü c k s b e i m E n t e i g nungsbeschluß abstellt. D u r c h § 17 A b s . 3 L B G sollte „ d i e i n d e n b i s h e r i g e n Enteignungsgesetzen m e i s t o f f e n gelassene F r a g e geregelt (werden), w e l c h e r Z e i t p u n k t f ü r d i e E n t s c h ä d i g u n g m a ß g e b e n d i s t " 9 8 . Angesichts dieser B e g r ü n d u n g k a n n besagte V o r s c h r i f t n i c h t , w i e i h r W o r t l a u t zunächst v e r m u t e n l ä ß t , a u f die Z u s t a n d s b e s t i m m u n g i. S. v o n S a c h e i g e n s c h a f t s e r m i t t l u n g b e s c h r ä n k t w e r d e n — Z u s t a n d ist h i e r z u v e r s t e h e n als pars p r o toto. Es d ü r f t e k l a r g e s t e l l t sein, daß die Z e i t p u n k t f r a g e als geregelt angesehen w u r d e , so daß f ü r d i e B e w e r t u n g s v e r s c h i e b u n g h i n s i c h t l i c h des Preisgefüges k e i n R a u m m e h r i s t 9 9 . Gewisse B e d e n k e n gegen die h i e r v e r t r e t e n e A u f f a s s u n g l i e ß e n sich a l l e r d i n g s aus § 64 A b s . 4 u n d § 65 A b s . 1 L B G f ü r d i e A u s n a h m e f ä l l e sogenannter A l t r e q u i s i t i o n e n h e r l e i t e n . E i n d e u t i g n i c h t i m E i n k l a n g m i t d e n gesetzgeberischen V o r s t e l l u n g e n b e f i n d e t sich die Rechtsprec h u n g des B G H , s o w e i t sie § 41 H A G u n d § 10 B a u l B G b e t r i f f t . D a ß d i e E n t s c h ä d i g u n g v o n P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n d u r c h § 10 B a u l B G m i t z i e m l i c h e r S i c h e r h e i t n i c h t b e a b s i c h t i g t w a r , ist o b e n 1 0 0 nachgewiesen w o r d e n . F ü r das H A G e r g i b t sich dieses R e s u l t a t auch schon zweifelsf r e i aus d e m W o r t l a u t des § 41 A b s . 2 S. 1 H A G 1 0 1 . D i e oben d a r g e s t e l l t e Rechtsprechung m i t i h r e n p e r f e k t i o n i s t i s c h e n F e i n h e i t e n zeigt d e u t l i c h , daß d e m B G H d i e B e l a n g e des E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n sehr angelegen w a r e n 1 0 2 . E i n e B e s c h r ä n k u n g a u f d i e E n t s c h ä d i g u n g d e r bis z u r l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g e i n g e t r e t e n e n K a u f k r a f t v e r l u s t e l e h n t e das G e r i c h t a u s d r ü c k l i c h a b 1 0 3 . D i e B e g r ü n d u n g , m i t d e r das geschah — „ a n d e r e n f a l l s sei d e r W e r t a u s g l e i c h n i c h t g e w ä h r l e i s t e t " — k a n n a n gesichts der Tatsache, daß u n v e r d i e n t e K o n j u n k t u r g e w i n n e i n d e n gestiegenen Preisen e n t h a l t e n w a r e n , k a u m b e f r i e d i g e n . A b e r auch w e n n m a n die obige Rechtsprechung gleichsam als A u s g l e i c h d a f ü r ansieht, 97 Gesetz über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung — L B G — (BGBl. 1 1957 S. 134). 98 Begründung zu § 18 Abs. 3 des Reg.Entw. v o m 17.12.1955, Verh. des D.BT. I I . Wahlp., Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 39, Drucks. 1977 S. 21. 99 Unentschieden Danckelmann L B G § 17, 5 S. 57 - 58. 100 Kap. I V , § 4, 3.2.1. 101 Maury DVB1. 1958//818. I m übrigen s. Kap. IV, § 3, 2. 102 E i n gewisses Unbehagen wegen der eventuell ungewöhnlich großen Erhöhung der Entschädigung bei A n w e n d u n g der Verschiebungsrechtsprechung scheint aber für die noch nicht entschiedenen Fälle zu bestehen, daß Folgeschäden der Enteignung administrativ zu niedrig, die Entschädigung für den Grund u n d Boden dagegen richtig festgesetzt worden sind. V o m Ausgangspunkt der Einheitlichkeit der Entschädigung, dem der B G H w o h l zuneigt (vgl. B G H W M 1967//904 1.), müßte sich eigentlich die Preisermittl u n g auch bzgl. der Entschädigung des Substanzverlustes verschieben. Zu diesem Komplex insgesamt s. Pagendarm W M 1972//10. 103 B G H Z 29//223, Pagendarm A n m . zu L M Nr. 11 HessAufbauG.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
167
daß der f ü r Sacheigenschaften maßgebliche Z e i t p u n k t 1 0 4 i m L a u f e eines E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s u n v e r ä n d e r t b l e i b t 1 0 5 , so w ä r e eine solche Hechtf e r t i g u n g der b e h a n d e l t e n G r u n d s ä t z e n u r d a n n v e r t r e t b a r , w e n n i m Z u s a m m e n h a n g der Sacheigenschaftsbewertung insgesamt e i n e r h e b l i c h e r Wertsteigerungsausschluß s t a t t f ä n d e . D i e f o l g e n d e n A u s f ü h r u n gen w e r d e n zeigen, daß letzteres n i c h t der F a l l ist. 2.2. Der für Sacheigenschaften maßgebliche Zeitpunkt 2.2.1. Der Zeitpunkt
bei förmlichen
Vollenteingungen
106
Oben w a r gesagt w o r d e n , daß d e r B G H i n A n l e h n u n g an die Rechtsprechung des R G d e n Z e i t p u n k t d e r Z u s t e l l u n g des E n t s c h ä d i g u n g s festsetzungsbeschlusses i n d e r Regel als f ü r a l l e d e n g e m e i n e n G r u n d s t ü c k s w e r t b e s t i m m e n d e n U m s t ä n d e m a ß g e b l i c h erachtete. Diesen G r u n d s a t z , d e n das G e r i c h t h i n s i c h t l i c h des G e l d w e r t e s u n d des P r e i s gefüges i m d a r g e l e g t e n U m f a n g a b w a n d e l t e , p r ä z i s i e r t e es f ü r die Grundstückssacheigenschaften — Q u a l i t ä t des G r u n d s t ü c k s 1 0 7 — d a h i n gehend, daß auf d e n Z e i t p u n k t d e r F o r t n a h m e , des E i n g r i f f s oder, w i e ebenfalls f o r m u l i e r t w u r d e , a u f d e n Z e i t p u n k t a b z u s t e l l e n sei, i n d e m d e r B e t r o f f e n e die h o h e i t l i c h e n M a ß n a h m e n z u s p ü r e n b e k o m m e 1 0 8 . W i c h t i g ist die B e g r ü n d u n g : D i e E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g sei das Ä q u i v a l e n t f ü r das d e m B e t r o f f e n e n G e n o m m e n e ; g e n o m m e n sei d e m E n t e i g n e t e n n u r die Sache m i t d e n Eigenschaften i m A u g e n b l i c k der F o r t n a h m e 1 0 9 . D a m i t steht fest, daß f ü r Sacheigenschaften i m j e w e i l i g e n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n n u r ein u n v e r ä n d e r l i c h e r Z e i t p u n k t i n F r a g e k o m m t . W e i t e r h i n b e d e u t e t die P r ä s i z i e r u n g keineswegs e i n A b g e h e n v o m Z e i t p u n k t der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses. D e n n r e g e l m ä ß i g f a l l e n b e i f ö r m l i c h e n V o l l e n t e i g n u n g e n die E n t e i g n u n g — also d i e W e g n a h m e — u n d die Entschädigungsfestsetzung i n e i n e m Beschluß z u s a m m e n 1 1 0 . Schließlich e r m ö g l i c h t e aber der i n der 104
s. sogleich sub 2.2. Diesen Ausgleichsgedanken erwähnt B G H W M 1969//569 I a. E. 106 Z u 1. 107 Der hier verwandte Begriff Qualität ist nicht identisch m i t dem i n den vorangegangenen K a p i t e l n gebrauchten. S. Kap. I V , § 1, 3.5.1. Anm. 66. I n diesem Zusammenhang bedeutet er umfassend die Gesamtheit der w e r t b i l denden Faktoren. Näheres dazu sub 2.2.3. 108 So schon bei nicht administrativer Entschädigungsfestsetzung B G H Z 7//103, 14//109. St. Rspr. seit B G H Z 28//162: W M 1959//240, D W W 1959//44, B G H Z 30//283, 39//200 f., M D R 1964/661, N J W 1966//498, W M 1967//907. 109 B G H Z 39//201. Ähnlich schon das R G m i t dem Abstellen auf die Perfektion: s. Kap. I I , § 2, 3.2.1. 110 Kröner S. 109. Z. B. § 4 PrVereinfEG v o m 26. 7.1922, § 18 Abs. 1 H A G (dazu B G H N J W 1956//180), § 47 Abs. 2 L B G , vgl. § 113 BBauG. Soweit, worauf schon i n Anm. 63 hingewiesen wurde, die neueren Enteignungsge105
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
oben w i e d e r g e g e b e n e n B e g r ü n d u n g z u m A u s d r u c k k o m m e n d e G e d a n k e eine generelle Z u r ü c k v e r l e g u n g des f ü r Sacheigenschaften m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s i n F ä l l e n der „ V o r w i r k u n g " d e r E n t e i g n u n g . 2.2.2.
Vorwirkungen
2.2.2.1. A l l g e m e i n e s D e r B e g r i f f V o r w i r k u n g 1 1 1 , d e n schon das R G — a l l e r d i n g s w e i t w e n i g e r umfassend u n d n u r i m Z u s a m m e n h a n g m i t W e r t m i n d e r u n g e n — v e r w a n d t h a t t e 1 1 2 u n d der f ü r d e n Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n i n der Rechtsprechung des B G H äußerst b e d e u t s a m w u r d e , bezeichnet z e i t l i c h v o r e i n e r V o l l - oder auch T e i l e n t e i g n u n g liegende, ü b e r w i e g e n d planerische M a ß n a h m e n , d i e m i t d e r E n t e i g n u n g i n k a u salem Z u s a m m e n h a n g s t e h e n 1 1 3 , d i e — f a l l s es n i c h t z u e i n e r f r e i w i l l i g e n A b t r e t u n g k o m m t — Enteignungen m i t Sicherheit e r w a r t e n l a s s e n 1 1 4 u n d sich deshalb als T e i l d e r E n t e i g n u n g , d e r als E i n h e i t a u f zufassenden E n t e i g n u n g s m a ß n a h m e n , d a r s t e l l e n 1 1 5 . A l s T e i l der e i n heitlichen Enteignungsmaßnehmen verlegen V o r w i r k u n g e n die Auss t r a h l u n g e i n e r späteren f ö r m l i c h e n V o l l e n t e i g n u n g v o r 1 1 6 . Daß sich schon die V o r w i r k u n g selbst als T e i l e n t e i g n u n g e r w e i s t u n d e i n e n Entschädigungsanspruch auslöst, ist h ä u f i g d e r F a l l , aber keineswegs spezifisches M e r k m a l . D e r B G H v e r s t e h t als E n t e i g n u n g s v o r w i r k u n g v o r a l l e m Festsetzungen i n F l u c h t l i n i e n p l ä n e n 1 1 7 u n d B e b a u u n g s p l ä n e n 1 1 8 , denen die V e r h ä n g u n g e i n e r f a k t i s c h e n B a u s p e r r e gleichge-
setze einen Zeitpunkt, nämlich den der administrativen Entscheidung über den Enteignungsantrag bestimmten, galt dieser Zeitpunkt, ohne daß dadurch eine erhebliche Zurückverlegung des maßgeblichen Zeitpunktes erfolgte: Zwischen Entscheidung u n d Zustellung dürfte i m allgemeinen n u r kurze Zeit liegen. 111 Dazu neuerdings Hußla BauR 1971/82 ff. 112 s. Kap. I I , § 3, 4.2.2.1. und 5.1. u n d Meyer § 8 I, 3 S. 81. 113 Vgl. B G H L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4, W M 1963//1097, N J W 1968/ 892. 114 Vgl. B G H L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4, W M 1963//1097, 1965//129, N J W 1967//2307, 1968/892, W M 1969//1966. Näher zu diesem Element s. § 3, 2.2.1. 115 Vgl. B G H Z 26//162, W M 1959//240, B G H Z 31//251, 38//346, N J W 1962// 1327, W M 1969//966 m i t weiteren Nachweisen. Vgl. auch zu den V o r w i r kungsmerkmalen die neueste Zusammenstellung von Pagendarm W M 1972// 7 f. 118
Hußla BauR 1971/82. N J W 1962//1327. 118 B G H Z 26//162 f., 31//250 - 251, 39//201, 212, N J W 1968/892, Pagendarm A n m . zu Urt. v o m 25.9.1958 L M Nr. 14 A r t . 14 (Ce) GG, s. auch Geizer Rdnr. 91. 117
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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s t e l l t w i r d 1 1 9 . E b e n f a l l s als V o r w i r k u n g e n g e l t e n rechtliche B a u s p e r r e n 1 2 0 : w i e d i e f a k t i s c h e n B a u s p e r r e n d ü r f e n sie aber n i c h t n u r v o r ü b e r g e h e n d e r N a t u r sein, s o n d e r n müssen sich, gefolgt v o n e i n e r e n d g ü l t i g e n E n t e i g n u n g — sei es f ö r m l i c h e r V o l l e n t e i g n u n g , sei es einer T e i l e n t e i g n u n g — , als dauerndes B a u v e r b o t d a r s t e l l e n 1 2 1 . A u c h sonstige v o r b e r e i t e n d e P l a n u n g e n , so insbesondere die n i c h t v e r b i n d l i c h e n F l ä c h e n n u t z u n g s p l ä n e k ö n n e n — selbst d u r c h bloßes B e k a n n t w e r d e n v o n Planungsabsichten — Enteignungsvorwirkungsmaßnahmen dars t e l l e n 1 2 2 , w e n n sie eine E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t e r w a r t e n l i e ß e n 1 2 3 . Es s i n d also M a ß n a h m e n i n a l l e n P l a n u n g s s t a d i e n geeignet, V o r w i r k u n g e n z u e n t f a l t e n , w e n n n u r eine entsprechende V e r k n ü p f u n g m i t der E n t e i g n u n g gegeben i s t 1 2 3 a . Z u d e n E n t e i g n u n g s v o r w i r k u n g e n k a n n schließlich auch die v o r z e i t i g e B e s i t z e i n w e i s u n g als u n m i t t e l b a r s t e V o r s t u f e einer V o l l e n t e i g n u n g g e z ä h l t w e r d e n 1 2 4 . D e r B G H selbst h a t eine d e r a r t i g e E i n o r d n u n g d e r v o r z e i t i g e n B e s i t z e i n w e i s u n g w o h l n i c h t v o r g e n o m m e n 1 2 5 , jedoch i m R a h m e n seiner Rechtsprechung z u r E n t schädigung v o n Nutzungsausschluß i n f o l g e v o r w i r k e n d e r M a ß n a h m e n i m m e r w i e d e r a u f die B e s i t z e i n w e i s u n g z u r ü c k g e g r i f f e n . D e r B e g r i f f V o r w i r k u n g e r l a n g t e i n der Rechtsprechung des B G H f ü r die B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e eine z e n t r a l e B e d e u t u n g . D a d e r B G H , w i e schon m e h r f a c h e r w ä h n t w u r d e , e i n e n generell e n Wertsteigerungsausschluß m i t t e l s A b s t e l l e n s auf e i n e n u n a b h ä n g i g v o n der j e w e i l i g e n speziellen E n t e i g n u n g festgesetzten B e w e r t u n g s z e i t p u n k t ablehnte, b o t e n die z u r V o r w i r k u n g e n t w i c k e l t e n G r u n d sätze oder, w i e d e r B G H sie selbst b i s w e i l e n bezeichnete, die „ V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g " 1 2 6 , die geeignete H a n d h a b e f ü r e i n e n a m E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n o r i e n t i e r t e n Wertsteigerungsausschluß. Das R G , das j a ebenfalls e i n e n g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß n i c h t k a n n te, h a t t e i m w e s e n t l i c h e n a n d r e i P u n k t e n die W e i c h e n f ü r seine Recht119 Pagendarm a.a.O., Hußla Festschrift S. 339 unter Hinweis auf mehrere nicht veröffentlichte Urteile des B G H ; vgl. Geizer Rdnr. 83. 120 B G H Z 38//344 - 345, 39//212 - 213, N J W 1962//1327, 1966/497, vgl. W M 1958//361 und 1958//849, Hußla a.a.O., Geizer Rdnr. 74. 121 Hußla a.a.O., Geizer a.a.O. 122 B G H N J W 1966/497, W M 1967/1016. 123 B G H N J W 1968/892; ähnlich L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4, W M 1963// 1097. Hußla Festschrift S. 333 sub I I 1, S. 339 sub I I 3 c. i23a Die erforderliche Verknüpfung m i t der Enteignung n i m m t der B G H i. d. R. — w o h l n u r — an, w e n n die Grundstücke Zwecken des Gemeinbedarfs dienen sollen, i. d. R. jedoch nicht, wenn die Maßnahmen auf eine private Nutzung zielen ( W M 1967//1015, N J W 1968/892, Hußla BauR 1972//84. I m einzelnen hierzu Kap. V, § 3, 2.2.1.). 124 125 126
Jung N J W 1967//232. Vgl. aber M D R 1964/661. Vgl. N J W 1967//2307.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
sprechung zu d e n W e r t g e w i n n e n g e s t e l l t : b e i F e s t l e g u n g des f ü r eigenschaften m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s , b e i B e h a n d l u n g d e r s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n s o w i e b e i A u s g e s t a l t u n g des i n § 10 A b s . 2 e n t h a l t e n e n P r i n z i p s . Diese d r e i P r o b l e m k r e i s e b e t r e f f e n i n der Rechtsprechung die V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e . I m f o l g e n d e n g e h t nächst u m den B e w e r t u n g s z e i t p u n k t f ü r Sacheigenschaften.
SachZwiPrEG BGHes z u -
2.2.2.2. V o r v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s W a r e n einer e n d g ü l t i g e n V o l l e n t e i g n u n g V o r w i r k u n g e n i m dargel e g t e n S i n n vorausgegangen, so w u r d e nach der s t ä n d i g e n P r a x i s des B G H der f ü r d i e Sacheigenschaften maßgebliche Z e i t p u n k t v o n der Z u s t e l l u n g des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses a u f d e n B e g i n n der V o r w i r k u n g v o r v e r l e g t . Da, w i e schon e r w ä h n t , eine v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e n i c h t n o t w e n d i g e r w e i s e selbst schon eine ( T e i l - ) E n t e i g n u n g d a r z u s t e l l e n b r a u c h t , b e d u r f t e es f ü r die V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g einer, d e m a m V e r k e h r s w e r t o r i e n t i e r t e n E n t s c h ä d i g u n g s s y s t e m i m m a n e n t e n R e c h t f e r t i g u n g . Diese sah d e r B G H i n d e r d u r c h die E n t e i g n u n g s v o r w i r k u n g herbeigeführten „Herausnahme betroffener G r u n d stücke aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n ! W i c k l u n g " : eine v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e n i m m t e i n e m G r u n d s t ü c k seinen M a r k t 1 2 7 , deshalb b e g i n n t d i e E n t e i g n u n g f a k t i s c h schon i n diesem A u g e n b l i c k , der d a m i t auch f ü r d i e Sacheigenschaften m a ß g e b l i c h w i r d . U n t e r E i n b e z i e h u n g d e r R e c h t f e r t i g u n g s t e l l t e der B G H b e z ü g l i c h der Grundstückseigenschaften i n s t ä n d i g e r P r a x i s a u f d e n Z e i t p u n k t ab, v o n d e m a n das G r u n d s t ü c k a u f G r u n d der v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e n v o n j e d e r k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g ausgeschlossen w a r 1 2 8 . D e r B G H p r ü f t e aber n i c h t j e w e i l s , ob eine H e r a u s n a h m e d u r c h d e n G r u n d s t ü c k s v e r k e h r tatsächl i c h erfolgte, s o n d e r n b e u r t e i l t e a n h a n d o b j e k t i v e r K r i t e r i e n — n ä m l i c h der V o r w i r k u n g s m e r k m a l e 1 2 9 — u n d bezogen auf d e n k o n k r e t e n F a l l ex post, w i e w e i t eine V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g m ö g l i c h w a r 1 3 0 . 2.2.2.2.1. V o r z e i t i g e B e s i t z e i n w e i s u n g I n d e n F ä l l e n v o r z e i t i g e r B e s i t z e i n w e i s u n g ü b e r n a h m der B G H die schon v o m R G i n u n u n t e r b r o c h e n e r Rechtsprechung geübte Z u r ü c k v e r l e g u n g der B e w e r t u n g a u f d e n Z e i t p u n k t des B e s i t z ü b e r g a n g e s 1 3 1 , ohne 127
Vgl. N J W 1966/294. B G H Z 28//162, N J W 1966/497, 1968/892 sub 2 a. 129 s. soeben 2.2.1. 130 V g l i N J W 1968/892 u. BauR 1972/164, 165 f. I m Prinzip w o h l auch nicht anders B G H BauR 1972/162, 163 f., wo — n u r — teilweise auf subjektive A n schauungen des Grunstücksverkehrs abgestellt w i r d . 128
131 B G H L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG, W M 1959//240, D W W 1959//44, B G H Z 31/235, 238, W M 1965//504, W M 1967//907; w o h l auch B G H Z 12//374, N J W 1956//180, B G H Z 25//230. Kröner S. 109.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
171
daß auch i n späteren U r t e i l e n e i n E i n b a u i n die V o r w i r k u n g s g r u n d sätze e r f o l g t e 1 8 2 . D e r B G H b e r i e f sich v i e l m e h r a u s d r ü c k l i c h a u f die B e g r ü n d u n g des K G 1 8 3 , w o r a u s aber w o h l auch e n t n o m m e n w e r d e n k a n n , daß er sich der o b e n 1 3 4 d a r g e l e g t e n B e d e u t u n g der V o r v e r l e g u n g f ü r unverdiente Wertgewinne bewußt w a r u n d einen begrenzten W e r t steigerungsausschluß beabsichtigte. 2.2.2.2.2. H e r a u s n a h m e aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g 2.2.2.2.2.1. Das g r u n d l e g e n d e U r t e i l — Ausschluß v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n E r s t i n d e n ü b r i g e n F ä l l e n der V o r w i r k u n g s t e l l t e der B G H a u f die H e r a u s n a h m e aus d e r k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g ab. D i e Z u r ü c k v e r l e g u n g der B e w e r t u n g a u f d e n Z e i t p u n k t der v o r w i r k e n d e n H e r a u s n a h m e w a r E r g e b n i s e i n e r e t w a z e h n j ä h r i g e n Rechtsprechung seit d e m g r u n d l e g e n d e n U r t e i l v o m 25. 9 . 1 9 5 8 1 8 5 . Dieses U r t e i l b e t r a f G r u n d s t ü c k e , die f ü r d i e E r w e i t e r u n g eines F r i e d h o f e s i n A n s p r u c h gen o m m e n w u r d e n . Das G e l ä n d e w a r f r ü h e r A c k e r l a n d , i m L a u f e d e r J a h r e r e i f t e n die N a c h b a r g r u n d s t ü c k e , die n i c h t f ü r d i e F r i e d h o f s e r w e i t e r u n g vorgesehen w a r e n , z u B a u l a n d h e r a n . I m Prozeß g i n g es u m d i e Frage, welche G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t — A c k e r - oder B a u l a n d — d e m E i g e n t ü m e r entschädigt w e r d e n m u ß t e , m i t a n d e r e n W o r t e n d a r u m , ob das z u enteignende G e l ä n d e a n d e r Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g t e i l g e n o m m e n h a t t e . Gegenstand des U r t e i l s w a r e n also Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n gen, d i e o b e n 1 8 6 als d i e j e n i g e n W e r t g e w i n n e d e f i n i e r t w o r d e n w a r e n , d i e u n a b h ä n g i n g v o n d e m speziellen E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n seit der P l a n u n g bis z u r V o l l e n t e i g n u n g b e i G r u n d s t ü c k e n der U m g e b u n g des v o n d e r E n t e i g n u n g b e t r o f f e n e n Geländes e n t s t a n d e n w a r e n . D e r B G H entschied, daß d i e G r u n d s t ü c k e i n d e m A u g e n b l i c k , i n d e m sie e i n r e c h t l i c h v e r b i n d l i c h e r B e b a u u n g s p l a n als F r i e d h o f s e r w e i t e r u n g s g e l ä n d e auswies, v o n der B e b a u u n g e n d g ü l t i g ausgeschlossen w a r e n , die G r u n d s t ü c k e d a h e r a n e i n e r w e i t e r e n k o n j u n k t u r e l l e n E n t w i c k l u n g z u B a u l a n d n i c h t m e h r t e i l n e h m e n k o n n t e n . Es sei n i c h t gerechtf e r t i g t , eine höhere Q u a l i t ä t z u g r u n d e z u legen, d i e die G r u n d s t ü c k e n i e besaßen u n d n i e z u e r w e r b e n i n d e r L a g e w a r e n , f a l l s der E i g e n t ü m e r n i c h t eigene L e i s t u n g e n a u f g e w a n d t h ä t t e 1 8 7 . Das b e d e u t e t e den Ausschluß der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , s o w e i t Sacheigenschaften 132 W M 1967//907; vgl. aber zur Inbesitznahme i. S. § 22 Abs. 2 Nr. 1 A K G W M 1966//1055. 133 L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG. 134 Kap. I I , § 2, 3.2.6.2. 133 B G H Z 28/160 ff. 136 Kap. I I , § 3, 5.3.3. 137 B G H Z 28//162 f.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
t a n g i e r t w a r e n , u n d g l e i c h z e i t i g B e s t i m m u n g des f ü r Sacheigenschaften m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s . I n seinem U r t e i l v o m 1. 3.1901 h a t t e das R G m i t denselben E r w ä g u n g e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n u n b e r ü c k s i c h t i g t g e l a s s e n 1 3 8 ; die s t ä n d i g e P r a x i s des R G f o l g t e diesem U r t e i l jedoch n i c h t 1 3 0 , w ä h r e n d der B G H bis i n d i e j ü n g s t e Z e i t u n t e r A n w e n d u n g des Grundsatzes v o n der H e r a u s n a h m e aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g a m Ausschluß der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n f e s t h ä l t 1 4 0 . 2.2.2.2.2.2. W e i t e r e n t w i c k l u n g d e r Rechtsprechung H a t t e der B G H i n seinem g r u n d l e g e n d e n U r t e i l die q u a l i t ä t s f i x i e r e n d e H e r a u s n a h m e aus d e r k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g ganz speziell m i t V e r b i n d l i c h w e r d e n eines eine Friedhofserweiterung festsetzenden u n d v o r w i r k e n d e n B e b a u u n g s p l a n e s e i n t r e t e n lassen, so v e r l e g t e er i n d e n f o l g e n d e n J a h r e n d e n Z e i t p u n k t der H e r a u s n a h m e a u f a l l e F ä l l e der V o r w i r k u n g z u r ü c k 1 4 1 . E i n e m d u r c h v e r b i n d l i c h e B a u p l a n u n g b e w i r k t e n B a u v e r b o t m i t der F o l g e rechtlicher B e h i n d e r u n g e i n e r der P l a n u n g w i d e r s p r e c h e n d e n N u t z u n g u n d d a m i t auch einer Qualitätssteigerung w u r d e n vorbereitende Planungen, die rechtliche W i r k u n g e n n i c h t e n t f a l t e n k o n n t e n , gleichgestellt, w e n n v o n i h n e n e i n tatsächliches U n t e r b i n d e n k ü n f t i g e r W e r t s t e i g e r u n g e n a n z u n e h m e n w a r . D a d e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r , sofern rechtliche H i n d e r n i s s e n i c h t entgegenstehen, das H i n e i n w a c h s e n eines G r u n d s t ü c k s i n eine h ö h e r e Q u a l i t ä t b e s t i m m t , k a n n e i n Reagieren des M a r k t e s a u f v o r b e r e i t e n d e P l a n u n g e n oder a u f das B e k a n n t w e r d e n v o n P l a n u n g s a b sichten142 Qualitätssteigerungen verhindern. M i t t e l b a r sind dadurch V o r p l a n u n g e n durchaus i n der Lage, e i n G r u n d s t ü c k aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g h e r a u s z u n e h m e n 1 4 3 . A l l e r d i n g s s t e l l t e der B G H , w i e schon e r w ä h n t 1 4 4 , n i c h t a u f k o n k r e t e s Reagieren des G r u n d s t ü c k s v e r k e h r s ab, s o n d e r n p r ü f t e , ob die P l a n u n g eine v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e darstellte, auf d i e d e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r v e r n ü n f t i g e r weise d u r c h H e r a u s n a h m e r e a g i e r t . V o r b e r e i t e n d e n P l a n u n g e n h a t der B G H eine d e m Ausschluß v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n h e r b e i f ü h r e n d e W i r k u n g jedoch a u s d r ü c k 138
Kap. I I , § 3, 5.3.3.2. Kap. I I , § 3, 5.3.3.1. 140 B G H Z 39//201, 212, W M 1965//129, N J W 1966/497, W M 1966//1055, 1967// 907, 1967//1016, N J W 1968/892, W M 1969//569, 1969//966. 141 N J W 1966/497, 1968/892, W M 1969//699, ebenso B a y O b L G M D R 1965// 809. Vgl. auch die neueste Zusammenstellung von Pagendarm W M 1972//7 f. 142 N J W 1966/497. 143 Ernst / Zinkahn / Bielenberg Vorbem. §§ 40 - 44, Rdnr. 100, B G H N J W 1966/497, W M 1967//1016, B a y O b L G M D R 1965//908. Α. A. i n Verkennung der B G H Rechtsprechung Schütz / Frohberg § 93, V, 2 S. 438. 144 Sub 2.2.2.2. 139
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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l i e h n u r zugestanden, s o w e i t es sich u m v o r w i r k e n d e P l a n u n g e n h a n d e l t e 1 4 5 . A u c h s o w e i t U r t e i l s g r ü n d e dieses E r f o r d e r n i s n i c h t m i t v ö l l i g e r K l a r h e i t aufstellen, b e s t ä t i g t d i e V e r w e n d u n g desselben B e g r i f f e s V o r w i r k u n g b e i m Zwischenwertsteigerungsausschluß w i e i m Zusamm e n h a n g der N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r G e w i n n e die getroffene F e s t s t e l l u n g ; d e n n f ü r das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p d ü r f t e das E r f o r d e r n i s n i c h t z u b e s t r e i t e n s e i n 1 4 6 ' 1 4 7 . V o r p l a n u n g e n , die eine E n t e i g n u n g n i c h t m i t S i c h e r h e i t e r w a r t e n ließen, b l e i b e n also u n b e a c h t l i c h ; d i e Q u a l i t ä t eines später doch e n t e i g n e t e n G r u n d s t ü c k s w i r d d a n n i m Z e i t p u n k t der Festsetzung eines v o r w i r k e n d e n Bebauungsplanes oder erst i m Z e i t p u n k t der W e g n a h m e e r m i t t e l t . Das k a n n sich z u g u n s t e n w i e z u L a s t e n des B e t r o f f e n e n ausw i r k e n . Ersteres, w e n n der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r d e n P l a n u n g e n k e i n e n e g a t i v e n A u s w i r k u n g e n b e i m i ß t , die k o n j u n k t u r e l l e E n t w i c k l u n g später enteigneter Grundstücke nicht aufgehalten w i r d 1 4 8 . Letzteres dann, w e n n a u f g r u n d der u n s i c h e r e n Z u k u n f t des Gebietes eine W e i t e r e n t w i c k l u n g z u h ö h e r w e r t i g e m L a n d i n f o l g e Reagierens des G r u n d s t ü c k s marktes unterbleibt 149. Eine Entschädigung derartig unterbliebener Wertsteigerungen k o m m t für den B G H nicht i n Frage 150. W i e w e i t der B G H i m e i n z e l n e n b e i d e n V o r p l a n u n g e n z u r ü c k z u gehen b e r e i t ist, l ä ß t sich n u r v e r m u t e n . D i e Tatsache, daß das G e r i c h t schon d e m B e k a n n t w e r d e n v o n P l a n u n g s a b s i c h t e n q u a l i t ä t s f i x i e r e n d e W i r k u n g e n b e i m i ß t u n d dabei, w i e sich aus d e r a l l g e m e i n e n F o r m u l i e r u n g e r g i b t , n i c h t n u r a n P l a n u n g s a b s i c h t e n i n n e r h a l b eines b e s t i m m t e n Planungsabschnittes d a c h t e 1 5 1 , d e u t e t a u f d i e M ö g l i c h k e i t eines w e i t e n Zwischenwertsteigerungsausschlusses h i n . I n d e n F ä l l e n , i n denen eine m i t e i n e m B e b a u u n g s p l a n abschließende P l a n u n g n i c h t e r f o l g t w a r , sollte nach d e m U r t e i l v o m 25. 9 . 1 9 5 8 1 5 2 d i e e n d g ü l t i g e P l a n f e s t s t e l l u n g i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n m a ß g e b l i c h sein. D a dieses U r t e i l aber noch e i n Z u r ü c k g e h e n a u f n i c h t v e r b i n d l i c h e F l ä c h e n n u t z u n g s p l ä n e ablehnte, ist a n z u n e h m e n , daß nach der n e u e r e n Rechtsprechung die e n d g ü l t i g e P l a n f e s t s t e l l u n g i m e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n P l a n f e s t s t e l l u n g s v e r f a h r e n n i c h t als f r ü h e s t e r Z e i t p u n k t der Q u a l i t ä t s e r m i t t 145 N J W 1968/892 sub 2 a, W M 1969//966 1. u., auch LS 2 u. 3. Unentschieden w o h l noch N J W 1966/497 u n d W M 1967//1016. 146 Z u m Ausschluß enteignungsbedingter Wertsteigerungen s. § 3, 3.2.1. 147 I m Ergebnis wie hier Hußla BauR 1971//83 f. Ziff. 3 u. 4, Schmidt DVB1. 71//452. A. A. Gewos-Gutachten Rdnr. 109. 148 Vgl. ζ. Β . N J W 1968/892 sub 2 a a.E. 149 Vgl. W M 1969//966 f. sub 3. 150 Neuerdings für die Entschädigung dieser, aufgrund nicht vorwirkender Planungen entstandener Nachteile, Schmidt DVB1. 1971//543. 151 Vgl. N J W 1966/497 und W M 1967//1016. 152 B G H Z 28//163, ebenso A n m . Pagendarm L M Nr. 14 A r t . 14 (Ce) GG.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
l u n g angesehen w i r d . D e n n schon m i t d e r V e r l e i h u n g des E n t e i g n u n g s rechts — e t w a gem. § 2 P r E G — z u m i n d e s t , w e n n sie f ü r b e s t i m m t e G r u n d s t ü c k e e r f o l g t 1 5 3 , k a n n f ü r d i e f r a g l i c h e n G r u n d s t ü c k e die E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t b e v o r s t e h e n , w e n n auch eine Rechtsbeeint r ä c h t i g u n g d u r c h d i e V e r l e i h u n g noch n i c h t e i n t r i t t 1 5 4 . B e i der Q u a l i t ä t s f i x i e r u n g k o m m t es nach der Rechtsprechung n i c h t a u f d e n e n t e i g n e n d e n C h a r a k t e r e i n e r P l a n u n g s m a ß n a h m e , s o n d e r n d a r a u f an, ob die P l a n u n g als V o r w i r k u n g anzusehen ist. Das v e r k e n n t S c h m i d t 1 5 5 , w e n n er a l l e i n a u f d e n f e h l e n d e n E n t e i g n u n g s c h a r a k t e r d e r E n t e i g nungsanordnung abstellt. D i e V o r v e r l e g u n g des B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e s i n das V o r s t a d i u m v o r die v o r b e r e i t e n d e n P l a n u n g e n s t e l l t e i n e n gewissen F o r t s c h r i t t i n der B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n dar. V e r g e g e n w ä r t i g t m a n sich, daß P l a n u n g e n o f t e i n e n g r ö ß e r e n Z e i t r a u m d u r c h l a u f e n , ehe es z u e i n e r v e r b i n d l i c h e n Festsetzung oder g a r der E n t e i g n u n g k o m m t , so w i r d d i e B e d e u t u n g des Grundsatzes v o n d e r H e r a u s n a h m e aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g offenbar. A l l e r d i n g s scheint dieser G r u n d s a t z n u r b e i sich l ä n g e r h i n z i e h e n d e n P l a n u n g s u n d E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n a n w e n d b a r z u s e i n 1 5 6 . B e i schnelleren V e r f a h r e n steht z w a r n a t u r g e m ä ß das P r o b l e m der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n w e n i g e r i m V o r d e r g r u n d . D o c h k ö n n e n auch i n k u r z e n Z e i t a b s c h n i t t e n G e w i n n e entstehen, die d a n n n i c h t abgeschöpft w ü r d e n . A u f sich ü b e r z e h n u n d m e h r J a h r e h i n z i e h e n d e E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n w a n d t e der B G H d e n G r u n d s a t z v o n der H e r a u s n a h m e a n 1 5 7 , i m ü b r i g e n fehlen Angaben zu den Zeiträumen. Die Ausführungen i m U r t e i l v o m 13. 1 2 . 1 9 6 2 1 5 8 , d e n e n zufolge schon e i n J a h r als l a n g e r Z e i t r a u m angesehen w u r d e , stehen i n a n d e r e m S i n n z u s a m m e n h a n g . A b s c h l i e ß e n d sei noch e i n m a l z u s a m m e n g e f a ß t : D e r G r u n d s a t z der H e r a u s n a h m e aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g b e d e u t e t N i c h t e n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , s o w e i t Sacheigenschaften b e t r o f f e n sind, E i n f r i e r e n v o r a l l e m der Q u a l i t ä t s s t u f e eines G r u n d s t ü c k s u n d d a m i t g l e i c h z e i t i g Festlegen des f ü r Sacheigenschaft e n m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s . D e r G r u n d s a t z der H e r a u s n a h m e g i l t 153 Vgl. Meyer / Theil / Frohberg § 2, 4 S. 63 f. unter Bezugnahme auf einen nichtveröffentlichten Erlaß des P r H M v o m 14.6.1922; Ernst ! Friede § 44, 5 S. 266. 154 Vgl. Meyer / Thiel / Frohberg § 2, 5 S. 66, Neufang § 2, 15. 155 DVB1. 1971//454 sub c. ΐ5β v g l die dahingehenden Formulierungen i n manchen Urteilen, z. B. B G H Z 28/160 — LS, W M 1969//966, 1970/73 — LS, ebenso Hußla BauR 1971/82; neutraler B G H N J W 1966/497 u n d W M 1967//907. 157 Vgl. B G H Z 28/160 f., 163, W M 1965/128, 1966//1053, 1055, 1969//569, 1970/ 73 f. sub 1 u. 2 b. 158 L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4 R a. E.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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n u r b e i v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e n , b e i M a ß n a h m e n also, die d i e E n t e i g n u n g m i t Sicherheit e r w a r t e n l i e ß e n : n e b e n der K a u s a l i t ä t ist a u ß e r d e m noch eine F i n a l i t ä t s b e z i e h u n g zwischen P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g e r f o r d e r l i c h 1 5 9 . D a d u r c h e r g i b t sich n o t w e n d i g e r w e i s e u n d g e w o l l t e r m a ß e n eine E i n s c h r ä n k u n g d e r M ö g l i c h k e i t e n z u m Ausschluß der W e r t g e w i n n e , w i e die Tatsache e r k e n n e n läßt, daß e i n m i t Sicherheit z u e r w a r t e n d e r E i n g r i f f i. d. R. b e i b a u p l a n m ä ß i g e n A u s w e i s u n g e n f ü r private Zwecke v o m B G H nicht angenommen w i r d 1 8 0 , m i t anderen W o r ten, daß w o h l n u r A u s w e i s u n g e n f ü r a u f G e m e i n b e d a r f s z w e c k e zielende P l a n u n g e n v o r w i r k e n d e r C h a r a k t e r zugestanden w e r d e n d ü r f t e 1 6 1 . A u ß e r d e m f e h l e n a l l g e m e i n e K r i t e r i e n f ü r das V o r l i e g e n e i n e r V o r w i r k u n g ; d i e B e u r t e i l u n g der F i n a l i t ä t s b e z i e h u n g zwischen P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g h ä n g t also w e s e n t l i c h v o n der t a t r i c h t e r l i c h e n W ü r d i g u n g ab162. 2.2.3. Der Begriff
Sacheigenschaften
Bei den bisherigen A u s f ü h r u n g e n w a r n u r allgemein v o n dem für d i e Sacheigenschaften m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t gesprochen w o r d e n , ohne daß dabei der B e g r i f f Sacheigenschaften eine n ä h e r e Beschreib u n g e r f u h r . E i n e D e f i n i t i o n dieses B e g r i f f e s ist e i n m a l deshalb e r f o r d e r l i c h , w e i l i h n der B G H selbst n i c h t v e r w a n d t e , z u m anderen, w e i l n u r so der U m f a n g des v o n d e r Rechtsprechung g e ü b t e n W e r t s t e i g e rungsausschlusses ersichtlich w i r d . D e r h i e r gebrauchte B e g r i f f Sacheigenschaften ist i d e n t i s c h m i t d e r „ Q u a l i t ä t i. S. der e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n R e c h t s p r e c h u n g " 1 6 3 oder d e m Z u s t a n d i. S. e i n i g e r E n t e i g n u n g s gesetze 1 6 4 u n d b e d e u t e t d a h e r die G e s a m t h e i t der w e r t b i l d e n d e n U m s t ä n d e 1 6 5 , so daß f ü r diese U m s t ä n d e der Z e i t p u n k t des E i n g r i f f s oder des B e g i n n s der V o r w i r k u n g m a ß g e b l i c h ist. Z u d e n w e r t b i l d e n d e n U m s t ä n d e n z ä h l t der B G H n e b e n d e n physischen oder k ö r p e r l i c h e n G r u n d s t ü c k s m e r k m a l e n (Grenzen, n a t ü r l i c h e B e b a u b a r k e i t , M ä n g e l oder A l t e r eines Gebäudes) die rechtliche S i t u a t i o n , i n die das G r u n d 159 Vgl. B G H L M Nr. 14 Hess. A u f b a u G Bl. 4 R, W M 1963//1097, 1965//129, 1967//401, insbes. 1969//966 unter Hinweis auf mehrere nicht veröffentlichte Urteile vom 24. 2.1969. Wegen der Rechtsprechung zum B B a u G s. § 2 a, 1. 160 B G H N J W 1968/892. 161 Vgl. B G H W M 1967//1015, Hußla BauR 1971//84. Z u diesen Fragen näher sub § 3, 2.2.1. 162 Vgl. B G H L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4 R, W M 1969//966, 1970//75, BauR 1972//163. 163 Vgl. z. B. B G H W M 1966/71055. 164 §§ 22 Abs. 2 Nr. 1 A K G , 93 Abs. 4 BBauG. Wegen des f ü r §§ 17 Abs. 3 und 64 Abs. 4 L B G vertretenen weiteren Verständnisses des Begriffes s. o. 2.1.2.2.2. ics V g l - B G H Z 28//163, 39//200, N J W 1966//498, W M 1966//1055, 1967//907, 1969/568, 1970//75.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
stück h i n e i n g e s t e l l t ist (auch d i e p l a n u n g s r e c h t l i c h e S i t u a t i o n ) u n d schließlich die E i n s c h ä t z u n g seiner N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n i m g e m e i n e n Grundstücksverkehr 166. A l s die Nutzungsmöglichkeiten v o n G r u n d stücken b e s t i m m e n d sah das G e r i c h t u. a. d i e V e r k e h r s l a g e 1 6 7 u n d d i e S t r u k t u r des S t a d t t e i l s a n 1 6 8 , so daß V e r ä n d e r u n g e n w i e das N ä h e r r ü c k e n des S t a d t k e r n s , d i e B i l d u n g n e u e r Geschäfts- u n d V e r k e h r s z e n t r e n oder das A n w a c h s e n d e r B e v ö l k e r u n g n u r b i s z u m Z e i t p u n k t der V o r w i r k u n g berücksichtigt w u r d e n 1 6 9 . N i c h t h i e r h e r d ü r f t e n W e r t ä n d e r u n g e n gehören, die a u f e i n e r S t e i g e r u n g der K a u f k r a f t d e r B e v ö l k e r u n g u n d der F l u c h t i n d i e Sachw e r t e b e r u h e n 1 7 0 , da diese F a k t o r e n n i c h t d i e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t des G r u n d s t ü c k s selbst, s o n d e r n n u r seine V e r k ä u f l i c h k e i t b e t r e f f e n 1 7 1 . Sie w ä r e n d a n n b e i der P r e i s e r m i t t l u n g als P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n v o l l u n d ganz zu berücksichtigen. T r o t z d e m geht die A u s l e g u n g des B e g r i f fes Q u a l i t ä t r e l a t i v w e i t . H i n z u k o m m t , daß i m Z e i t p u n k t d e r V o r w i r k u n g noch n i c h t v o r h a n d e n e k ü n f t i g e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n n u r d a n n Berücksichtigung finden, w e n n ihre V e r w i r k l i c h u n g i n „greifbarer Nähe" lag172. 2.2.4. Vereinbarkeit der Vorverlegung der Bewertung mit den gesetzlichen Regelungen M i t d e m W o r t l a u t der §§ 17 A b s . 3, 64 A b s . 4 L B G , 93 A b s . 4 B B a u G w i e m i t deren Entstehungsgeschichte steht die V o r v e r l e g u n g des f ü r Sacheigenschaften m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t e s n i c h t i n W i d e r s p r u c h . Z w a r s t e l l e n diese V o r s c h r i f t e n a u f d e n Z e i t p u n k t des E n t e i g n u n g s b e schlusses ab. § 17 A b s . 3 L B G sollte z u d e m die i n d e n b i s h e r i g e n E n t eignungsgesetzen m e i s t o f f e n gelassene F r a g e regeln, w e l c h e r Z e i t p u n k t f ü r die E n t s c h ä d i g u n g m a ß g e b e n d i s t 1 7 3 . F ü r das B B a u G sollte k e i n v o m a l l g e m e i n e n V e r k e h r s w e r t a b w e i c h e n d e r besonderer e n t e i g n u n g s rechtlicher V e r k e h r s w e r t e i n g e f ü h r t w e r d e n 1 7 4 . Z u m a n d e r e n aber lee 167
W
M
1969/568, 1970//75, Hußla BauR 1971//84.
B G H Z 39//210, W M 1966//1055, W M 1969/168. 169 Vgl. B G H Z 39//210, W M 1966//1056 f. 170 Diese Frage ließ das i n W M 1966//1056 mitgeteilte U r t e i l offen. 171 Vgl. Gewos-Gutachten Nr. 121. Anders wäre allerdings zu entscheiden, wenn die Kaufkrafterhöhung zu einer Strukturänderung eines Stadtteils führen würde. S. Pagendarm W M 1972//8 - 9. 172 B G H Z 28//163, W M 1966//1055, N J W 1966/497. Allerdings dürfte letzteres Abgrenzungskriterium ebenso vage u n d i n seiner Effektivität hinsichtlich eines Wertsteigerungsausschlusses gleich begrenzt sein wie die „ i n absehbarer Zeit zu erwartende Bebauung" bei Beurteilung der Qualität eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks — § 1, 2.2. 173 s. o. 2.1.2.2.2. 174 Ausschußbericht zu § 105 RegEntw. eines B B a u G S. 21, Verh. des D.BT. I I I . Wahlp. Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 67, zu Drucks. 1794.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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w u r d e b e i d e n B e r a t u n g e n des B B a u G n u r e i n Ausschluß aller W e r t e r h ö h u n g e n abgelehnt, die i n f o l g e d e r A u f s t e l l u n g oder nach der A u f s t e l l u n g des Bebauungsplanes e i n g e t r e t e n sind. Gegen eine p a r t i e l l e Nichtberücksichtigung v o n Zwischenwertsteigerungen ist daher z u m i n dest f ü r das B B a u G nichts e i n z u w e n d e n 1 7 5 . W e i t e r h i n ist z u bedenken, daß z u enteignende, v o n v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e n b e t r o f f e n e G r u n d stücke i m Z e i t p u n k t der E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g tatsächlich w o h l ü b e r w i e g e n d eben k e i n e andere Q u a l i t ä t aufweisen, als sie b e i d e r H e r a u s n a h m e aus d e r k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g b e i e B g i n n der V o r w i r k u n g h a t t e n 1 7 6 , so daß d a m i t d e n gesetzl i c h e n B e s t i m m u n g e n Genüge g e t a n sein d ü r f t e . V ö l l i g b e f r i e d i g e n d i s t diese B e g r ü n d u n g a l l e r d i n g s i n s o f e r n n i c h t , als m i t derselben A r g u m e n t a t i o n e n t e i g n u n g s b e d i n g t e W e r t m i n d e r u n g e n an sich v o l l u n d ganz e n t s c h ä d i g u n g s m i n d e r n d z u b e r ü c k s i c h t i g e n w ä r e n , eine e v e n t u e l l e gänzliche V e r k e h r s w e r t l o s i g k e i t der enteignungsbetroffenen G r u n d s t ü c k e 1 7 7 d a h e r z u L a s t e n des E n t e i g n e t e n gehen m ü ß t e . Z u d e m r e i n logischen A r g u m e n t der i m Z e i t p u n k t des Enteignungsbeschlusses n i c h t anders v o r h a n d e n e n Q u a l i t ä t k o m m t also noch e i n w e r t e n d e s h i n z u , welches d a h i n g e h t , Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n als u n v e r d i e n t n i c h t z u entschädigen. Diese W e r t u n g , d e r e n sich der B G H b e w u ß t gewesen sein d ü r f t e , h ä t t e es k l a r aussprechen u n d d u r c h A r t . 14 G G absichern müssen. 2.2.5. Der Wertsteigerungsausschluß vor dem der Verzinsungsrechtsprechung
Hintergrund
D i e besprochene V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g m i t i h r e r Z u r ü c k v e r l e g u n g der Z u s t a n d s e r m i t t l u n g b e i g l e i c h z e i t i g e r F i x i e r u n g des Z u s t a n des scheint, sieht m a n sie w i e b i s h e r losgelöst v o n der ü b r i g e n E n t schädigungsrechtsprechung, gewisse p o s i t i v e T e n d e n z e n i m H i n b l i c k a u f d e n Ausschluß u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e z u signalisieren. D e n n d e r f ü r Sacheigenschaften maßgebliche Z e i t p u n k t l i e g t b i s w e i l e n e r h e b l i c h v o r d e m Enteignungsbeschluß : e i n e n Z e i t r a u m v o n d r e i z e h n J a h r e n ζ. B . a k z e p t i e r t e der B G H ohne w e i t e r e s 1 7 8 . D e r a r t i g e Z e i t s p a n n e n w a r e n i m R a h m e n des § 41 H A G a u f d e n W i d e r s t a n d des Gerichts ges t o ß e n 1 7 9 , da das H A G einen g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß f ü r a l l e E n t e i g n u n g s f ä l l e vorsah. D i e V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g h i n g e g e n s t e l l t a u f das j e w e i l i g e E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n ab u n d p r ü f t , ab
175 178 177 178 179
Α. M. Hamann N J W 1965//144. B G H W M 1970//74. Vgl. dazu § 3, 2.3.2.1. Vgl. W M 1969//569. s. Kap. IV, § 3, 3.2.
12 B a u e r
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
w a n n i n concreto der B e g i n n d e r V o r w i r k u n g anzusetzen ist. Dieser z u gegebenermaßen i m m e r noch u m f a n g r e i c h e Wertsteigerungsausschluß m u ß jedoch i m Z u s a m m e n h a n g m i t der Rechtsprechung des B G H z u r V e r z i n s u n g v o n E n t e i g n u n g s f o r d e r u n g e n gesehen w e r d e n : a n d i e S t e l l e der — d u r c h die V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g ausgeschlossenen — E n t schädigung v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n t r a t n ä m l i c h eine V e r z i n sung bestimmter Entschädigungsbeträge i n den Fällen enteignender V o r w i r k u n g e n , so daß l e t z t l i c h doch k e i n w e s e n t l i c h e r F o r t s c h r i t t geg e n ü b e r der reichsgerichtlichen P r a x i s e r z i e l t w u r d e . 2.2.5.1. D i e V e r z i n s u n g als A u s g l e i c h f ü r die entzogene a b s t r a k t e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t B e g i n n e n d m i t d e m U r t e i l v o m 4. 6. 1962 1 8 0 e r a r b e i t e t e der B G H b i n n e n k u r z e m e i n e n G r u n d s a t z , der i m gesamten E n t e i g n u n g s r e c h t z u nächst f ü r V e r f a h r e n v o r I n k r a f t t r e t e n des B B a u G 1 8 1 A n w e n d u n g f a n d : I m F a l l e einer V o l l e n t e i g n u n g oder v o r w i r k e n d e n T e i l e n t e i g n u n g s i n d d e m B e t r o f f e n e n als A u s g l e i c h f ü r entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n des G r u n d s t ü c k s Z i n s e n v o m W e r t des E n t e i g n u n g s o b j e k t e s , also v o n der E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n j e w e i l i g e n S u b s t a n z v e r l u s t , v o n d e m A u g e n b l i c k an, i n d e m d e m B e t r o f f e n e n die N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t des G r u n d s t ü c k s g e n o m m e n w u r d e n , so l a n g e z u zahlen, w i e die Entschäd i g u n g f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t noch n i c h t geleistet i s t 1 8 2 . E i n e V e r z i n s u n g s p f l i c h t f ü r die Z e i t nach d e r V o l l e n t e i g n u n g b z w . der v o r l ä u f i g e n B e s i t z e i n w e i s u n g n o r m i e r e n m e h r e r e bedeutsame E n t e i g n u n g s gesetze: § 36 P r E G , § 6 P r V e r e i n f E G , § 9 A b s . 4 B a u l B G , § 17 L B G u n d § 99 B B a u G . A u s diesen V o r s c h r i f t e n e n t n a h m der B G H d e n o b i g e n a l l g e m e i n e n G r u n d s a t z , d e r nach A u f f a s s u n g des Gerichts a u f der E r w ä g u n g b e r u h t , daß d i e E n t s c h ä d i g u n g als der G e g e n w e r t f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t n u r d a n n als angemessen angesehen w e r d e n k a n n , w e n n sie b e i E n t z i e h u n g des S u b s t a n z w e r t e s sofort z u r V e r f ü g u n g steht. Sei dies n i c h t der F a l l , w e r d e also die E n t s c h ä d i g u n g erst später gezahlt, o b w o h l der B e t r o f f e n e i n f o l g e der E n t e i g n u n g a n der w e i t e r e n N u t z u n g des S u b s t a n z w e r t e s g e h i n d e r t sei, d a n n müsse als A u s g l e i c h f ü r die entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t d i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t b e g i n n e n d m i t der E n t e i g n u n g v e r z i n s t w e r d e n 1 8 3 . 180
B G H Z 37/269 ff. — Sportpalast. B G H W M 1965//950, 1966//1058. 182 B G H Z 37//275 ff., W M 1962//1326 f., N J W 1964/294, B G H Z 43//123 f., W M 1965//950, 1966//1058, 1967//401; N J W 1969/1897 f. u n d das von Pagendarm W M 1972/2 Nr. 1 mitgeteilte U r t e i l v. 18.3.1970 — I I I ZR 119/68; vgl. L M Nr. 5 Preuß. EnteignungsG und B G H Z 32//350; s. auch Hußla, Festschrift S. 341 ff. und BauR 1971//85, Jung N J W 1967//232 ff., 234, Kröner S. 96 ff., Pagendarm W M 1965 Sond. 5 S. 15 ff., Pohl S. 31 ff. 183 v g l . B G H Z 377/275 f., W M 1962//1326. Bedenken gegen die Richtigkeit 181
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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D e n Z i n s a n s p r u c h faßte d e r B G H als besondere F o r m d e r N u t z u n g s entschädigung, u n d z w a r als E n t s c h ä d i g u n g f ü r d i e entzogene a b s t r a k t e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t des G r u n d s t ü c k s a u f 1 8 4 . I n seinem g r u n d l e g e n d e n U r t e i l v o m 4. 6.1962 h a t t e das G e r i c h t w o h l noch B e d e n k e n , dies so k l a r auszusprechen, da a n sich n a c h seiner s t ä n d i g e n P r a x i s der V e r l u s t der N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t des G r u n d s t ü c k s i n d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n S u b s t a n z v e r l u s t m i t e n t h a l t e n ist u n d n i c h t g s o n d e r t ausgewiesen w i r d . D o c h d ü r f t e auch f ü r jenes U r t e i l z w e i f e l s f r e i feststehen, daß der B G H d i e V e r z i n s u n g als E n t s c h ä d i g u n g f ü r d i e entzogene N u t z u n g des Grundstücks, n i c h t aber als A u s g l e i c h f ü r d i e v o r e n t h a l t e n e N u t z u n g des Gegenwertes f ü r das G r u n d s t ü c k , als Z i n s e n i. S. d e r §§ 246 ff. B G B , v e r s t a n d e n w i s s e n w o l l t e . Das e r g i b t sich aus d e m der V e r z i n s u n g z u g r u n d e l i e g e n d e n G e d a n k e n des A u s t a u s c h v e r h ä l t n i s s e s v o n E n t s c h ä d i g u n g u n d Grundstückssubstanz: w i e die Entschädigung an die Stelle des G r u n d s t ü c k s t r i t t , so ersetzt d i e V e r z i n s u n g als F o r m d e r N u t z u n g eines Geldbetrages, der E n t s c h ä d i g u n g , d i e N u t z u n g des G r u n d s t ü c k s 1 8 5 . 2.2.5.2. Bemessung d e r V e r z i n s u n g D i e V e r z i n s u n g , das s t e l l t e n d i e f o l g e n d e n U r t e i l e des B G H k l a r , ist n u r B e r e c h n u n g s m o d u s f ü r d i e a b s t r a k t e N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t des G r u n d s t ü c k s 1 8 6 , w o b e i d i e H ö h e d e r V e r z i n s u n g danach bemessen w e r d e n soll, w a s „angemessen" i s t 1 8 7 . Es f ä l l t auf, daß der B G H d i e d u r c h A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G g e f o r d e r t e I n t e r e s s e n a b w ä g u n g n i c h t als K r i t e r i u m f ü r d e n Zinssatz a n w e n d e t , s o n d e r n daß er a u f d e n n o c h u n schärferen B e g r i f f d e r A n g e m e s s e n h e i t ausweicht. A l s angemessen sieht das Gericht, sofern gesetzliche V o r s c h r i f t e n fehlen, eine a n § 99 A b s . 3 B B a u G o r i e n t i e r t e V e r z i n s u n g — 2 °/o ü b e r d e m D i s k o n t s a t z d e r D e u t -
dieses Gedankens bestehen für die aber hier nicht interessierenden Fälle der Verzinsung v o m Zeitpunkt der Entscheidung über den Enteignungsantrag — vgl. § 9 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 BaulBG, § 17 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 LBG, § 99 Abs. 3 BBauG, anders nur § 36 PrEG —, da der Betroffene bis zur E n t eignung Grundstück und Entschädigung gleichzeitig nutzen kann, was der B G H f ü r das B a u l B G und L B G selbst zugibt (vgl. N J W 1958//155 und v. Schalburg N J W 1965/91). 184 N J W 1964//294, B G H Warn. 1964 Nr. 135 S. 298, B G H Z 43//123; Hußla S. 342, Kröner S. 98, Pagendarm W M 1965 Sond. 5 S. 16 u n d W M 1972//12 sub c. Vgl. auch für die gesetzlich geregelte vorläufige Besitzeinweisung B G H Z 32//350 u. neuerdings BauR 1972//107. A u f die neben der Verzinsung dem Betroffenen zustehende Nutzungsentschädigung i m Fall, daß i n zusätzliche konkrete Werte eingegriffen wurde, braucht nicht eingegangen zu werden. S. dazu B G H Z 37//278 f., W M 1967//401. 185 Vgl. B G H Z 37//275 u. ιβ· W M 1962//1327, N J W 1964/294 sub 3, B G H Z 43//123 f., Kröner S. 98, Pagendarm W M 1965 Sond. 5 S. 16. 187
12*
B G H Z 377/277, W M 1962//1327, B G H Z 43//124, W M 1967//402.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
sehen B u n d e s b a n k — a n 1 8 8 . D i e Z i n s e n s i n d v o m W e r t des E n t e i g n u n g s o b j e k t e s zu berechnen. F ü r d e n F a l l also, daß d e r E n t e i g n u n g s b e t r o f fene f ü r d e n d u r c h eine v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e e i n g e t r e t e n e n t e i l w e i s e n S u b s t a n z v e r l u s t eine T e i l e n t s c h ä d i g u n g v e r l a n g t , r i c h t e n sich die Z i n s e n nach dieser T e i l e n t s c h ä d i g u n g als d e m G e g e n w e r t f ü r das G e n o m m e n e 1 8 9 . W a r t e t dagegen d e r B e t r o f f e n e m i t seinen E n t s c h ä d i gungsansprüchen bis z u r V o l l e n t e i g n u n g , so steht i h m k e i n e gesonderte E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n m i t der V o r w i r k u n g e i n g e t r e t e n e n S u b s t a n z v e r l u s t zu; die E n t s c h ä d i g u n g f ü r d i e V o l l e n t e i g n u n g e n t h ä l t zugleich die E n t s c h ä d i g u n g f ü r schon f r ü h e r e n t s t a n d e n e n S u b s t a n z v e r l u s t 1 9 0 . A l s Bemessungsgrundlage f ü r d i e V e r z i n s u n g k o m m t , da d e m B e t r o f fenen i. d. R. einige N u t z u n g e n b l e i b e n , aber n u r der Unterschiedsbet r a g zwischen d e m W e r t des G r u n d s t ü c k s v o r E i n t r i t t u n d d e m W e r t nach E i n t r i t t d e r v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e i n F r a g e 1 9 1 . W e n n b i s w e i l e n F o r m u l i e r u n g e n auftauchen, die d e n E i n d r u c k erwecken, als seien d i e Z i n s e n v o n der E n t s c h ä d i g u n g f ü r die V o l l e n t e i g n u n g z u b e r e c h n e n 1 9 2 , so l i e g t das w o h l daran, daß i n d e n k o n k r e t e n F ä l l e n d i e G r u n d s t ü c k e nach der v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e ü b e r h a u p t n i c h t m e h r z u n u t z e n w a r e n u n d d e r obige D i f f e r e n z b e t r a g als G r u n d l a g e der V e r z i n s u n g d a m i t d e m W e r t des G r u n d s t ü c k s g l e i c h k a m . B e i v o r z e i t i g e n B e s i t z e i n w e i s u n g e n , d i e stets z u e i n e m v ö l l i g e n V e r l u s t der N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t f ü h r e n , b e s t i m m e n d i e gesetzlichen V o r s c h r i f t e n d a h e r i m m e r eine V e r z i n s u n g der gesamten E n t s c h ä d i g u n g s s u m m e 1 9 3 . Z u v e r z i n s e n ist das so e r m i t t e l t e K a p i t a l f ü r d e n Z e i t r a u m v o m E i n t r i t t der V o r w i r k u n g bis z u r Z a h l u n g der E n t s c h ä d i g u n g 1 9 4 , w ä h r e n d i m F a l l , daß eine T e i l entschädigung v e r l a n g t w i r d , die Z e i t bis z u r Z a h l u n g der T e i l e n t schädigung z u g r u n d e z u l e g e n i s t 1 9 5 . Ä n d e r t sich der W e r t des G r u n d stücks w ä h r e n d der Z e i t des Z i n s l a u f e s i n f o l g e G e l d w e r t - oder P r e i s gefügeänderungen, so k a n n der E n t e i g n e t e n i c h t f ü r die ganze Z e i t Zinsen, berechnet nach d e m höchsten W e r t v e r l a n g e n , s o n d e r n i m m e r n u r nach d e m B e t r a g , der d e m j e w e i l i g e n G r u n d s t ü c k s w e r t i n b e s t i m m -
188 B G H Z 37//277, 43//124; wegen Einzelheiten vgl. W M 1962//1327, 1967// 402 u. BauR 1972/106. Zusammenstellung der Diskontsätze der Deutschen Bundesbank i n den Jahren 1965 - 1969 bei Geizer Rdnr. 105. 189 B G H Z 37//277, 43//123, W M 1965//950, 1966//1058, Hußla Festschrift S. 342, Kröner S. 97. 190 B G H Z 37//274 m i t Nachweisen. 191 So ausdrücklich B G H W M 1962//1327, 1965//950, 1966//1058. 192 Vgl. B G H N J W 1964//294, W M 1967//401, zumindest u n k l a r Hußla, Festschrift S. 341 und Kröner S. 97. 193 § 9 Abs. 4 BaulBG, § 17 Abs. 4 L B G , § 99 Abs. 3 S. 2 BBauG. 104 v g l . B G H W M 1962//1327, N J W 1964/294. 195
B G H W M 1966//1058.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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t e n k ü r z e r e n A b s c h n i t t e n w ä h r e n d der V e r z i n s u n g s z e i t e n t s p r a c h 1 9 6 . Daß auf d e m U m w e g ü b e r die V e r z i n s u n g d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n auch so i m m e r noch V e r k n a p p u n g s g e w i n n e z u f a l l e n , ist offenbar. B e i diesem H i n w e i s m a g es b e w e n d e n . D i e eigentliche B e d e u t u n g d e r V e r zinsungsrechtsprechung i m H i n b l i c k a u f die B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e l i e g t auf e i n e m a n d e r e n Gebiet, n ä m l i c h , w i e schon a n gedeutet, i n der V e r k n ü p f u n g dieser Rechtsprechung m i t d e m P r o b l e m der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g . 2.2.5.3. D i e V e r k n ü p f u n g des Wertsteigerungsausschlusses m i t der V e r z i n s u n g i n der Rechtsprechung des R G u n d des B G H Zunächst sei noch e i n m a l d a r a u f h i n g e w i e s e n , daß i n der reichsger i c h t l i c h e n Rechtsprechung z u m Preußischen F l u c h t l i n i e n g e s e t z — F L G — die B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n l e t z t l i c h nichts anderes als eine pauschalierte E n t s c h ä d i g u n g f ü r z u m i n d e s t die bis z u r V o l l e n t e i g n u n g entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t eines v o n e i n e m B a u verbot betroffenen Grundstücks darstellte 197. Der B G H n u n unterband die E n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n i n w e s e n t l i c h e n B e reichen, i n d e m er die Q u a l i t ä t s b e m e s s u n g a l l e i n i m Z e i t p u n k t des B e g i n n s der V o r w i r k u n g d u r c h f ü h r t e 1 9 8 . A n die S t e l l e der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n als A u s g l e i c h des Nutzurxgsverlustes t r a t aber d i e V e r z i n s u n g i n a b s t r a k t e r B e r e c h n u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g , ä h n l i c h also w i e i n d e r reichsgerichtlichen J u d i k a t u r z u d e n B e b a u u n g s p l ä n e n a l t e n R e c h t s 1 9 9 . D i e Rechtsprechung des B G H b e d e u t e t d a m i t i m V e r g l e i c h z u r P r a x i s des R G betreffs der V e r f a h r e n nach d e m F L G , d i e j a eine d e r a r t i g e V e r z i n s u n g bis a u f eine A u s n a h m e — n ä m l i c h die V e r z i n s u n g b e i v o r z e i t i g e n B e s i t z ü b e r l a s s u n g e n 2 0 0 — n i c h t k a n n t e 2 0 1 , n u r einen a n d e r e n E n t s c h ä d i g u n g s m o d u s f ü r entzogene N u t z u n g e n , n i c h t jedoch, w i e es zuerst scheinen mag, e i n e n w e s e n t l i c h e n D u r c h b r u c h z u m A u s schluß u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e . V e r z i n s u n g u n d E n t s c h ä d i g u n g der W e r t g e w i n n e s i n d z w e i F o r m e n der N u t z u n g s e n t s c h ä d i g u n g , d i e sich gegenseitig ausschließen, v o n d e n e n aber j e w e i l s eine A n w e n d u n g f i n d e t . W e r d e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n entschädigt, so e n t f ä l l t die 196 B G H W M 1966//1058, st. Rspr. seit B G H Z 37//280; vgl. wegen anderer Berechnungsart ebenfalls W M 1966//1058. 197 s. Kap. I I , § 3, 5.3.3.3.1. 198 Soweit Zwischenwertsteigerungen i. S. der reichsgerichtlichen Praxis nicht als Qualitätsänderungen i. S. der Rechtsprechung des B G H anzusehen sind, werden sie evtl. sogar bis zur letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz berücksichtigt. 199 Kap. I I , § 3, 5.4.3. 200 Dazu sogleich. 201 Kap. I I , § 3, 5.4.3.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
V e r z i n s u n g , w ä h r e n d u m g e k e h r t l e t z t e r e die E n t s c h ä d i g u n g d e r W e r t steigerung verhindert. E i n e d e r a r t i g e V e r k n ü p f u n g , d i e w i e schon e r w ä h n t , das R G i n m e h r e r e n U r t e i l e n z u P l ä n e n a l t e n Rechts e r k e n n e n ließ, k o m m t k l a r i n d e r Rechtsprechung dieses Gerichts z u r v o r l ä u f i g e n B e s i t z ü b e r l a s s u n g z u m A u s d r u c k . D e n n der einzige F a l l , i n d e m das G e r i c h t Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t entschädigte, eben b e i der v o r z e i t i g e n B e s i t z ü b e r l a s s u n g 2 0 2 , w a r g l e i c h z e i t i g auch der einzige F a l l e i n e r v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e , i n d e m es Z i n s e n g e w ä h r t e . W i e i n K a p i t e l I I 2 0 3 d a r g e l e g t w u r d e , entschied sich das G e r i c h t b e w u ß t gegen die B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n W e r t s t e i g e r u n g e n , w e i l es entsprechend seiner s t ä n d i g e n P r a x i s V e r z i n s u n g e n g e w ä h r e n w o l l t e . Daß auch der B G H v o n d e r V e r f l e c h t u n g des P r o b l e m s d e r Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n m i t der N u t zungsentschädigung ausging, zeigt d e u t l i c h das U r t e i l v o m 1 3 . 1 2 . 1 9 6 2 2 0 4 : Es h a n d e l t e sich u m eine sogenannte A l t r e q u i s i t i o n n a c h d e m L B G , also u m eine I n a n s p r u c h n a h m e d u r c h die Besatzungsmächte v o r d e m 5. 5. 1955. D e r B e t r o f f e n e m a c h t e d e n d u r c h d i e I n a n s p r u c h n a h m e seines G r u n d s t ü c k s e n t s t a n d e n e n U m s a t z r ü c k g a n g u n d G e w i n n a u s f a l l i m Gew e r b e b e t r i e b — d e n N u t z u n g s a u s f a l l des G r u n d s t ü c k s — geltend. D i e B e j a h u n g des Entschädigungsanspruchs h i n g v o m N a c h w e i s eines Z u sammenhanges z w i s c h e n d e r I n a n s p r u c h n a h m e des G r u n d s t ü c k s d u r c h eine Besatzungsmacht i m J a h r e 1950 u n d d e r späteren E n t e i g n u n g nach deutschem Recht (1958) ab. H i e r n u n zog d e r B G H § 64 A b s . 4 L B G h e r a n , demgemäß b e i A l t r e q u i s i t i o n e n der Z u s t a n d i m Z e i t p u n k t der I n a n s p r u c h n a h m e m a ß g e b e n d ist. Diese B e s t i m m u n g , so f ü h r t e der B G H aus, die a u f e i n e n d e r a r t f r ü h e n Z e i t p u n k t abstelle u n d sich — w e g e n des Zwischenwertsteigerungsausschlusses (der Verfasser) — äußerst g ü n s t i g f ü r die e n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t i g e B u n d e s r e p u b l i k a u s w i r k e , k ö n n e n u r d a n n r e c h t l i c h g e b i l l i g t w e r d e n , w e n n die besatzungsrechtliche I n a n s p r u c h n a h m e , sei es auch n u r i m W e g e d e r F i k t i o n , als T e i l des e i n h e i t l i c h e n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s a n g e s e h e n 2 0 5 u n d — so ist z u ergänzen — a u f diese A r t d i e E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n Ausschluß v o n d e r N u t z u n g des G r u n d s t ü c k s sichergestellt w e r d e . Daß es sich h i e r u m einen E i n g r i f f i n einen „ k o n k r e t e n W e r t " h a n d e l t e 2 0 6 , also k e i n e a b s t r a k t e N u t z u n g s e n t s c h ä d i g u n g i n F o r m d e r V e r z i n s u n g angestrebt w u r d e , s p i e l t k e i n e Rolle. D e n n auch b e i k o n k r e t e r B e r e c h n u n g g e h t
202 Gemeint sind hier Wertsteigerungen zwischen Besitzüberlassung und der Vollenteignung, vgl. RGZ 102//194. 203 § 2, 3.2.6.2.2. 204 I I I ZR 63/62 — B G H Z 38/342 ff. 205 B G H Z 38//346. 206 B G H Z 38//347.
§ 2 Die Bewertungszeitpunkte
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es u m die E n t s c h ä d i g u n g f ü r entgangene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t e n 2 0 7 . N u r die V e r q u i c k u n g v o n Wertsteigerungsausschluß u n d N u t z u n g s e n t schädigung als solcher g a l t es n a c h z u w e i s e n 2 0 8 . D i e B e z i e h u n g dieser b e i d e n F a k t o r e n l ä ß t sich k u r z so f o r m u l i e r e n : eine V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g k o m m t n u r d a n n i n Frage, w e n n eine angemessene N u t zungsentschädigung g e w ä h r l e i s t e t ist. S i e h t m a n also die V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g des B G H i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e n G r u n d s ä t z e n z u r V e r z i n s u n g u n d v e r g l e i c h t sie m i t der P r a x i s des R G , so l ä ß t sich i m P r i n z i p n u r eine Ä n d e r u n g b e i der G e s a m t e n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g feststellen: was a u f der einen Seite d u r c h d e n Wertsteigerungsausschluß g e w o n n e n w u r d e , w i r d auf d e r a n d e r e n Seite d u r c h d i e V e r z i n s u n g w i e d e r h i n z u g e f ü g t . Diese Aussage b e d a r f a l l e r d i n g s i n s o w e i t der K o r r e k t u r , als die W e r t s t e i gerungsentschädigung des R G u n d die V e r z i n s u n g s r e c h t s p r e c h u n g des B G H sich n i c h t i n a l l e n B e r e i c h e n d e c k e n 2 0 8 a . D e n n F ä l l e , i n denen eine F l u c h t l i n i e erstmals noch n i c h t erschlossenes G e l ä n d e t r i f f t u n d i n den e n das R G f ü r die Z e i t v o n der F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g bis z u r V o l l e n t e i g n u n g Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n z u m i n d e s t als E n t s c h ä d i g u n g f ü r die entzogene N u t z u n g s m ö g l i c h k e i t g e w ä h r t e 2 0 9 , w e r d e n v o m B G H n i c h t m e h r als e n t e i g n e n d e r E i n g r i f f a n g e s e h e n 2 1 0 , w o m i t d a n n auch die V e r z i n s u n g e n t f ä l l t . D e r B G H g e w ä h r t also insgesamt w e n i g e r N u t zungsentschädigung als das R G . D a m i t steigt d a n n auch die B e d e u t u n g des v o m B G H g e ü b t e n Wertsteigerungsausschlusses. I n d e m Maße, i n d e m die V e r z i n s u n g z u r ü c k g e d r ä n g t w i r d , e r l a n g t die V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g eigenes G e w i c h t . D a d e r B G H d i e V e r z i n s u n g erst i n d e m A u g e n b l i c k b e g i n n e n läßt, i n d e m die v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e n e n t e i g n e n d e n C h a r a k t e r a n n e h m e n , andererseits aber die Rechtsprechung des B G H gewisse A n s ä t z e i n R i c h t u n g a u f eine E i n s c h r ä n k u n g des Bereiches e n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t i g e r E n t e i g n u n g e n e r k e n n e n l ä ß t 2 1 1 , e r -
207
Vgl. B G H Z 37//278, W M 1962//1327. Auch ein späteres Urteil, B G H N J W 1969/1897 f. vom 26. 6.1969, läßt sehr deutlich erkennen, daß sich das Gericht der Wechselbeziehung der beiden Faktoren bewußt w a r : das Gericht erläutert, daß bei Besitzeinweisung einerseits der Ausschluß aus der k o n j u n k t u r e l l e n Weiterentwicklung i m Zeitp u n k t der Besitzeinweisung erfolge, zum andern aber gleichzeitig die Verzinsung zu beginnen habe: a.a.O. S. 1897 r. 208a Wegen der Preisgefügeänderungen s. A n m . 198. 208
209
s. Kap. I I , § 3, 5.3.3.3.1. B G H W M 1962//1326, Kröner S. 39. Vgl. zur Abgrenzung zwischen entschädigungsloser Eigentumsbindung u n d Enteignung B G H W M 1958//849, 1958//1372, Kröner S. 67 und Ernst / Zinkahn / Bielenberg Vorbem. §§ 4 0 - 4 4 Rdnr. 109. 211 s. U r t e i l v. 29.4.1968 — I I I ZR 80/67 — N J W 1968/1278 - 79; vgl. auch N J W 1965//2102, 1966//498, dazu Hußla BauR 1971//85 f. 210
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
scheint es möglich, daß d e r Wertsteigerungsausschluß b e i der G e s a m t entschädigungsermittlung weiter i n den Vordergrund t r i t t 2 1 2 .
§ 2 a D i e B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e u n t e r G e l t u n g des B B a u G ; insbesondere die B e h a n d l u n g der Zwischenwertsteigerungen 1. B e i b e h a l t e n d e r u n t e r s c h i e d l i c h e n Z e i t p u n k t e u n t e r G e l t u n g des B B a u G A n d e n G r u n d s ä t z e n z u d e n Z e i t p u n k t e n h i e l t die Rechtsprechung auch u n t e r G e l t u n g des Bundesbaugesetzes — B B a u G — fest, so daß die Z e i t p u n k t b e s t i m m u n g e n des Gesetzes (§ 93 A b s . 4 S. 1 h i n s i c h t l i c h d e r Sacheigenschaften, § 95 A b s . 1 S. 1 h i n s i c h t l i c h G e l d w e r t u n d P r e i s g e f ü g e ) 2 1 8 n u r m i t d e n oben i n § 2 d a r g e l e g t e n M o d i f i z i e r u n g e n g e l t e n 2 1 4 . Das ist auch die ganz ü b e r w i e g e n d e M e i n u n g i m S c h r i f t t u m 2 1 4 a . M i t d e n V o r s t e l l u n g e n des Gesetzgebers scheint diese v o n der ganz h e r r schenden M e i n u n g v e r t r e t e n e A u f f a s s u n g ü b e r e i n z u s t i m m e n 2 1 5 . Z w a r b e s t i m m t das B B a u G r e l a t i v e i n d e u t i g d e n Z e i t p u n k t s o w o h l f ü r die Z u s t a n d s e r m i t t l u n g w i e f ü r d i e F e s t l e g u n g des V e r k e h r s w e r t e s , so 212 Wegen der möglichen A u s w i r k u n g e n der eben erwähnten Rechtsprechungstendenz auf die Verzinsung vgl. insbes. B G H Z 43//124: dort w i r d ein Ausschluß des Zinsanspruches angedeutet. 213 Abweichend von den Grundsätzen der allgemeinen Entschädigungsrechtsprechung ist nach dem B B a u G als Regelzeitpunkt nicht der Zeitpunkt der Zustellung des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses anzuwenden, sondern ausdrücklich der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Enteignungsantrag, was jedoch keine inhaltliche Änderung bedeutet. S. schon o. A n m . 110. 214 Bzgl. Geldwert und Preisgefüge: B G H N J W 1965//1483, 1967//1325, BauR 1972//51; bzgl. V o r w i r k u n g e n : B G H N J W 1966/497 f., 1968/892, W M 1970//74, BauR 1972//165; Kröner S. 107 u n d DVB1. 1969//166, Hußla BauR 1971//83. 2i4a Bzgl. Geldwert und Preisgefüge: H eitzer / Oestr eicher § 95, 3 und 9; Knaup / Ingenstau § 93, 5 u. § 95, 3; Meyer / Stich / Tittel § 95, 9, § 93, 11 f.; Schrödter § 93, 4; Schütz / Frohberg § 95, I I S. 456; vgl. Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 59 S. 50 ff. Geizer NJW-Schriften 2, Rdnr. 26 f., 48 ff.; Pohl S. 30 und i n : Brügelmann § 95, I I I 2 S. 15 f.; Zinkahn, Enteignungsrechtliche Probleme S. 77; w o h l Dittus, A n m . i n N J W 1965/1480; ablehnend w o h l Haas DVB1. 61//258. Bzgl. Vorwirkungen: Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 58 S. 47 f.; Schütz/ Frohberg § 93, V, 1 S. 438; Geizer NJW-Schriften 2, z.B. Rdnr. 74 ff., 89 ff.; Maury N J W 1965/736; Pohl i n Brügelmann § 93, 6 b ; Vonficht BayVBl. 1966// 11 f. W o h l Meyer / Stich / Tittel § 93, 12; Knaup / Ingenstau § 93, 5; Schrödter § 93, 4 S. 414, aber nur teilweise die Problematik berührend; a. M. w o h l Heitzer / Oestreicher § 95, 4 S. 313 f. i m Anschluß an ein U r t e i l des O L G München. Wegen der ausdrücklich abweichenden L i t e r a t u r s. sub 2. Bzgl. des Verständnisses des Begriffes „Zustand" i. S. § 93 Abs. 4 S. 1 BBauG: Pohl i n : Brügelmann § 93, 6, Schütz / Frohberg § 93, V, 1 S. 437. 215 Ebenso Diester M D R 1960//799; Katzenstein DöV 1961//586, Schulthes S. 93, Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 59 a. E.; a. M. Haas DVB1. 1961//258.
§ 2a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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daß an sich f ü r d i e V e r s c h i e b u n g l e t z t e r e n Z e i t p u n k t e s u n d d i e V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g k e i n R a u m z u sein scheint, z u m a l d e m Gesetzgeber d i e höchstrichterliche P r a x i s b e k a n n t w a r . Z u m a n d e r e n aber ergeben d i e Gesetzesmaterialien, z u m i n d e s t w a s d e n Z e i t p u n k t f ü r die V e r k e h r s w e r t e r m i t t l u n g angeht, daß die Rechtsprechung des B G H n i c h t b e r ü h r t w e r d e n s o l l t e 2 1 6 . H ä t t e n n u n n u r bezüglich dieses Z e i t p u n k t e s die z u m a l l g e m e i n e n E n t s c h ä d i g u n g s r e c h t e n t w i c k e l t e n G r u n d sätze a b w e i c h e n d v o m G e s e t z e s w o r t l a u t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n sollen, so h ä t t e es f ü r die Z u s t a n d s e r m i t t l u n g (§ 93 A b s . 3 S. 1 B B a u G ) eines H i n w e i s e s i m Gesetz b e d u r f t , daß i n d e r e n R a h m e n die ü b e r d e n W o r t l a u t hinausgehende V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g n i c h t g e l t e n sollte. Dies u m so m e h r , als § 93 A b s . 4 B B a u G m i t § 9 A b s . 3 B a u l B G ü b e r e i n s t i m m t u n d i m B e r e i c h l e t z t e r e r B e s t i m m u n g die V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e a n g e w a n d t w u r d e n 2 1 7 . Schließlich sollten, w o r a u f schon h i n gewiesen w u r d e 2 1 8 , d u r c h das B B a u G keineswegs alle m ö g l i c h e n W e r t g e w i n n e zwischen P l a n u n g u n d V o l l e n t e i g n u n g entschädigt w e r d e n . D i e Verquickung der Zeitpunktrechtsprechung m i t den Vorschriften des B B a u G d u r c h d e n B G H u n d die L i t e r a t u r w u r d e ü b e r w i e g e n d n i c h t p r o b l e m a t i s i e r t . D e r B G H ließ es b e z ü g l i c h § 95 A b s . 1 S. 2 B B a u G m i t d e m H i n w e i s b e w e n d e n , daß e i n die Rechtsprechungsgrundsätze m o d i f i z i e r e n d e r W i l l e des Gesetzgebers i m T e x t selbst h ä t t e z u m A u s d r u c k k o m m e n m ü s s e n 2 1 9 , b e z ü g l i c h § 93 A b s . 4 S. 1 B B a u G v e r w e n d e t e das G e r i c h t eine a l l e i n f o r m a l e u n d deshalb n i c h t b e f r i e d i g e n d e A r g u m e n t a t i o n 2 2 0 . Die L i t e r a t u r folgt widerspruchslos dem durch den B G H vorgezeigten Weg, es sei denn, sie m o d i f i z i e r t d i e G r u n d s ä t z e zugunsten des E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n 2 2 1 . N u n gehen a l l e r d i n g s v o m B B a u G k e i n e so w e s e n t l i c h e n I m p u l s e aus, d i e e i n eingehendes Ü b e r d e n k e n der Rechtsprechung e r f o r d e r t h ä t t e n . B e i g r u n d s ä t z l i c h e m F e s t h a l t e n a n d e r V e r k e h r s w e r t e n t s c h ä d i g u n g — § 95 A b s . 1 S. 1 B B a u G — l e h n t das Gesetz ζ. B . e i n e n Ausschluß a l l e r W e r t e r h ö h u n g e n , d i e i n f o l g e d e r A u f s t e l l u n g oder nach d e r A u f s t e l l u n g des der E n t e i g n u n g z u g r u n d e l i e g e n d e n B e b a u u n g s p l a n e s e i n g e t r e t e n w a r e n , a b 2 2 2 . S t a t t des216 s. die Bemerkungen des Vorsitzenden des 24. BT-Ausschusses (Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht) während der 2. Lesung der BBauG, Verh. des D.BT., I I Wahlp. Sten. Ber. Bd. 46, 114. Sitzung v o m 8. 5.1960, S. 6415 D. I n DVB1. 1961//258 gibt Haas diese Äußerung zur Stützung seiner, von der hier vertretenen Auffassung abweichenden Meinung entstellt u n d deshalb nicht durchschlagend wieder. 217 s. B G H Z 31/244, 250 f. 218 s. § 2, 2.2.4. 219 N J W 1965//1483. 220 W M 1970//74; dazu schon oben § 2, 2.2.4. 221 Dazu vor allem sub 2.2. 222 Ausschußbericht zu § 105 des Regierungsentwurfes, Verh. des D.BT, I I . Wahlp., Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 67, zu Drucks. 1794 S. 21.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
sen w u r d e m i t § 95 A b s . 2 N r . 2 B B a u G eine B e s t i m m u n g n u r gegen krasse F ä l l e v o n S p e k u l a t i o n geschaffen 2 2 3 .
2. Die Versuche einer Zusammenlegung der unterschiedlichen Bewertungszeitpunkte S o w e i t i n der L i t e r a t u r h i n s i c h t l i c h der Z e i t p u n k t e v o n d e r h. M . abweichende A u f f a s s u n g e n v e r t r e t e n w e r d e n , geht es d a r u m , die b e i d e n u n t e r s c h i e d l i c h e n B e w e r t u n g s z e i t p u n k t e w i e d e r zusammenzulegen, w o b e i Ergebnis, w e n n n i c h t sogar Z i e l dieser Versuche eine noch w e i t e r gehende B e r ü c k s i c h t i g u n g u n v e r d i e n t e r W e r t g e w i n n e ist. 2.1. Der Lösungsversuch von Dieterich 224
Dieterich n i m m t A n s t o ß d a r a n , daß der B G H auch f ü r das B B a u G a n seinen Rechtsprechungsgrundsätzen festhält, s t a t t v o m W o r t l a u t des Gesetzes auszugehen; gemäß § 93 A b s . 4 S. 1 B B a u G sei f ü r d e n Z u s t a n d der z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k e der Z e i t p u n k t d e r E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g ebenso m a ß g e b l i c h w i e gemäß § 95 A b s . 1 S. 2 B B a u G h i n s i c h t l i c h des V e r k e h r s w e r t e s 2 2 5 . Diese O r i e n t i e r u n g a m G e s e t z e s w o r t l a u t b e k o m m t v o r a l l e m d a d u r c h i h r e spezifische B e d e u t u n g , daß D i e t e r i c h a u f d e n i m g e n a n n t e n Z e i t p u n k t w i r k l i c h besteh e n d e n Z u s t a n d a b s t e l l t : s o w e i t e i n B e b a u u n g s p l a n a u f g e s t e l l t ist — r e l e v a n t f ü r die E n t e i g n u n g gemäß § 85 A b s . 1 N r . 1 B B a u G — bes t i m m t dieser d i e G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t 2 2 6 . § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G , der d e n G e d a n k e n des § 10 A b s . 2 P r E G e n t h ä l t , s o l l a u f d u r c h P l a n u n g hervorgerufene Wertänderungen keine A n w e n d u n g finden 227. D u r c h d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g des r e a l e n Grundstückszustandes e n t f ä l l t d i e P r o b l e m a t i k q u a l i t ä t s m ä ß i g e r — i m Gegensatz z u a l l e i n p r e i s a b h ä n g i g e n — Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n . D i e E n t s c h ä d i g u n g des W e r t zuwachses, d e n d i e N a c h b a r g r u n d s t ü c k e b e z ü g l i c h i h r e r Q u a l i t ä t e r f u h r e n u n d d e n h y p o t h e t i s c h das z u e n t e i g n e n d e G r u n d s t ü c k e r f a h r e n hätte, w ä r e es g l e i c h seinem N a c h b a r g e l ä n d e v o n der E n t e i g n u n g n i c h t b e t r o f f e n w o r d e n , k o m m t n i c h t i n B e t r a c h t . I n s o w e i t besteht Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e n G r u n d s ä t z e n des B G H , der jedoch, w a s D i e t e r i c h fraglos a b l e h n e n w ü r d e , a u f d e m U m w e g ü b e r die V e r z i n s u n g z u m i n dest t e i l w e i s e Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n e n t s c h ä d i g t e 2 2 8 . 223 Z u § 95 Abs. 2 Nr. 2 B B a u G vgl. insbes. B G H N J W 1965//504, Maury N J W 1964//2049, Dieterich DöV 1966//854 r. 224 DöV 1966/850 ff. 225 a.a.O. S. 851 f. und 853, ebenso Hamann N J W 1965//144. 226 a.a.O. S. 851 r. 227 a.a.O. S. 851 r. Ebenso Hamann N J W 1965//144: s. dazu § 3, 2.2.3. 228 s. oben § 2, 2.2.5. und sogleich sub 3.
§ 2 a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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A b w e i c h e n d v o n der B G H - R e c h t s p r e c h u n g k a n n es nach D i e t e r i c h eine B e r ü c k s i c h t i g u n g gestiegener G r u n d s t ü c k s preise ( G e l d w e r t - u n d Preisgefügeänderungen) n u r b e g r e n z t geben: W i r d z . B . e i n B a u g r u n d stück z u ö f f e n t l i c h e m G r ü n g e l ä n d e h e r a b g e z o n t u n d erst nach einer Z e i t enteignet, i n der die Preise f ü r B a u l a n d gestiegen sind, so sollen n i c h t , w i e d e r B G H es t u t , diese h ö h e r e n B a u l a n d p r e i s e entschädigt werden. B e i der Entschädigung f ü r die Vollenteignung k o m m e n überhaupt nicht Baulandpreise i n Anschlag, sondern n u r die f ü r G r ü n flächen. D e r A u s g l e i c h f ü r d e n d u r c h d i e H e r a b s e t z u n g e i n g e t r e t e n e n N a c h t e i l soll i n e i n e m besonderen V e r f a h r e n n a c h d e n § § 4 0 ff. B B a u G e r f o l g e n 2 2 9 . O b b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g f ü r die V o l l e n t e i g n u n g des G r ü n geländes, u m b e i d e m o b i g e n B e i s p i e l zu b l e i b e n , die e v e n t u e l l gestiegenen Preise f ü r d e r a r t i g e F l ä c h e n z u b e r ü c k s i c h t i g e n sind, b e h a n d e l t D i e t e r i c h nicht. D o c h e r g i b t sich die M a ß g e b l i c h k e i t dieser Preise aus d e r k o n s e q u e n t e n O r i e n t i e r u n g D i e t e r i c h s a m G e s e t z e s w o r t l a u t : gemäß § 95 A b s . 1 S. 2 B B a u G ist d e r V e r k e h r s w e r t i m Z e i t p u n k t der E n t s c h e i d u n g der B e h ö r d e z u b e s t i m m e n . W i e die E n t s c h ä d i g u n g der W e r t m i n d e r u n g e n n a c h d e n § § 4 0 ff. B B a u G i m e i n z e l n e n e r f o l g e n soll, l ä ß t D i e t e r i c h gleichfalls offen. D a es i h m insbesondere u m d e n A u s schluß v o n K o n j u n k t u r g e w i n n e n g e h t 2 3 0 , d ü r f t e er aber n i c h t n u r e i n bloßes Verschieben des B e w e r t u n g s p r o b l e m s i n d e n R a h m e n d e r A u f o p f e r u n g s e n t e i g n u n g d e r § § 4 0 ff. B B a u G ohne sonstige K o n s e q u e n z e n b e a b s i c h t i g t haben. I n d e r L i t e r a t u r w i r d w e g e n d e r gesetzlichen V e r w e i s u n g e n a u f d i e E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n d e r §§ 93 ff. B B a u G d u r c h insbesondere § 40 A b s . 3 S. 2, A b s . 5 S. 2 u n d § 44 A b s . 3 S. 2 B B a u G eine A n w e n d u n g der Rechtsprechungsgrundsätze b e z ü g l i c h d e r Z e i t p u n k t e auch i m R a h m e n dieser V o r s c h r i f t e n v e r t r e t e n 2 3 1 , w a s auch der A u f f a s s u n g des B G H z u entsprechen s c h e i n t 2 3 2 . Dieser A n s i c h t , d i e die Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g i m Z e i t p u n k t des I n k r a f t t r e t e n s des B e b a u u n g s planes, die P r e i s e r m i t t l u n g jedoch erst b e i Festsetzung d e r E n t s c h ä d i g u n g v o r n i m m t 2 3 3 , k ö n n t e D i e t e r i c h n i c h t sein, da a n d e r n f a l l s d i e K o n j u n k t u r g e w i n n e entschädigt w ü r d e n ; v i e l m e h r m ü ß t e D i e t e r i c h auch b e i E n t s c h ä d i g u n g e n nach d e n §§ 40 ff. B B a u G entsprechend d e n R e g e l u n g e n i m Z w e i t e n A b s c h n i t t des F ü n f t e n Teiles (§ 93 A b s . 4 u n d § 95 A b s . 1 S. 2 B B a u G ) n u r einen e i n h e i t l i c h e n Z e i t p u n k t a n e r k e n n e n . D a f ü r k ä m e aber n u r d e r Z e i t p u n k t des I n k r a f t t r e t e n s des Bebauungsplanes,
229 Dieterich a.a.O. S. 852 - 853, ebenso Haas DVB1. 1961//260 r., Hamann N J W 1965//144 u n d Pohl i n : Brügelmann § 95, I V , l b S. 18 f.; ablehnend Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 61 S. 57. 230 Vgl. das Beispiel a.a.O. S. 852 r. 231 Schrödter § 40, 20, § 44, 7; Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 58, § 44, 53 f. 282 V g l B G H Z 43//122 sub I V , 1 a S. 125. 233
Schrödter und Ernst / Zinkahn
/ Bielenberg
a.a.O. Anm. 231.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
besser der A u g e n b l i c k u n m i t t e l b a r z u v o r i n F r a g e 2 3 4 , da a n d e r n f a l l s d i e W e r t m i n d e r u n g e n n i c h t entschädigt w ü r d e n . Das Entschädigungssystem Dieterichs, welches gewisse Ä h n l i c h k e i t e n m i t d e r Hechtslage f ü r F l u c h t l i n i e n p l ä n e aus der Z e i t v o r d e m F L G 2 8 5 a u f w e i s t , f ü h r t also z u einer N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g v o n K o n j u n k t u r u n d Preissteigerungen. S e l b s t v e r s t ä n d l i c h u n t e r b l e i b t auch eine N e u berechnung, w i e sie der B G H u n t e r b e s t i m m t e n V o r a u s s e t z u n g e n bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung v o r n i m m t 2 3 6 . Dennoch w e i s t das S y s t e m e i n e n e r h e b l i c h e n M a n g e l a u f : i n d e n F ä l l e n n ä m l i c h , i n denen d i e Rechtsprechung p l a n u n g s b e d i n g t e Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n m i t t e l s § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G v o n d e r E n t s c h ä d i g u n g a u s s c h l i e ß t 2 3 7 , s o l l nach D i e t e r i c h die i m B e b a u u n g s p l a n ausgewiesene Q u a l i t ä t e n t schädigt w e r d e n 2 3 8 . E i n m a l entspräche eine d e r a r t i g e P r a x i s , die j a d a n n w o h l auch i m Ü b e r n a h m e v e r f a h r e n (§ 40 A b s . 2 u n d 5 B B a u G ) z u g e l t e n hätte, n i c h t der B e s t i m m u n g des § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G , der gemäß die P l a n u n g b e i der Entschädigungsbemessung h i n w e g z u d e n k e n ist. Z u m a n d e r e n k ö n n t e diese P r a x i s n i c h t als m i t § 95 A b s . 1 S. 1 B B a u G — die E n t s c h ä d i g u n g b e m i ß t sich nach d e m V e r k e h r s w e r t — v e r e i n b a r angesehen w e r d e n ; d e n n e i n ü b e r w i e g e n d e r T e i l v o n E n t eignungen239 erfolgt auf G r u n d planerischer Ausweisungen zu öffentl i c h e n Flächen. D e r a r t i g e s G e l ä n d e p f l e g t aber i m Geschäftsverkehr n i c h t g e h a n d e l t z u w e r d e n , h a t also k e i n e n V e r k e h r s w e r t , a n d e m die E n t s c h ä d i g u n g z u o r i e n t i e r e n w ä r e . § 95 A b s . 1 S. 1 B B a u G l i e f e d a m i t i n w e i t e n Bereichen leer, das Gesetz w ä r e ohne E n t s c h ä d i g u n g s m a ß stab. Z w a r k a n n auch nach der Rechtsprechung des B G H der gemeine W e r t eines f ü r ö f f e n t l i c h e Z w e c k e ausgewiesenen u n d e n t e i g n e t e n G r u n d s t ü c k e s n i c h t u n m i t t e l b a r , s o n d e r n erst f i k t i v u n t e r H i n w e g d e n k e n d e r P l a n u n g e r m i t t e l t w e r d e n , doch b l e i b t das gesetzliche P r i n zip d e r V e r k e h r s w e r t e r m i t t l u n g unangetastet. D e r B o d e n w e r t ist
234 Vgl. § 40 Abs. 5 S. 3 BBauG. Schwierigkeiten dürften für Dieterich, der sich hinsichtlich der Bewertung sehr an der Planung orientiert, dann auftauchen, wenn die planerische Ausweisung eines Grundstücks seine rechtlichen Nutzungsmöglichkeiten nicht allein bestimmt, etwa w e i l Ausnahmegenehmigungen zu erwarten gewesen wären. E i n Grundstück allein nach seiner Ausweisung zu bewerten erscheint zu schematisch. (Vgl. dazu B V e r w G N J W 1959/1649, B G H Z 39//213; Katzenstein DöV 1961//585 unter Hinweis auf die Hamburgische Praxis.) 235 s. Kap. I I , § 3, 5.4. 238 Dieterich a.a.O. S. 853 f. Er sieht die Verzinsung gemäß § 99 Abs. 3 S. 1 BBauG als ausreichenden Ausgleich wegen der abgeschnittenen K o n j u n k t u r seit der Entscheidung der Behörde an. 237 s. § 3, 2.2.1. und 2.2.3. 238 DöV 1966//852 r. 239 Vgl. Katzenstein DöV 1961//585 Anm. 25 zur Statistik i n Hamburg.
§ 2 a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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durch Preisvergleich zu bestimmen240, f ü r öffentliche Flächen k a n n dieses V e r f a h r e n n i c h t a n g e w a n d t w e r d e n . A u c h § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G u n d d e m i n dieser V o r s c h r i f t e n t h a l t e n e n E n t e i g n u n g s p r i n z i p (§ 10 A b s . 2 P r E G ) w i d e r s p r i c h t e i n e B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r i m B e b a u u n g s p l a n erst f ü r die Z w e c k e des E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n s ausgewiesenen Q u a l i t ä t . V o n j e h e r w a r e n W e r t e r h ö h u n g e n , d i e e i n a b z u t r e t e n des G r u n d s t ü c k erst als T e i l d e r n e u e n A n l a g e e r h i e l t , n i c h t i n A n schlag z u b r i n g e n . Daß § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G d a r a n e t w a s ä n d e r n w o l l t e , w i r d n i r g e n d s v e r t r e t e n 2 4 1 , auch d i e M a t e r i a l i e n z u m B B a u G e r geben diesbezüglich n i c h t s 2 4 2 . 2.2. Der Lösungsversuch von Braun, Boele und Kimminich W e n n d a m i t das E n t s c h ä d i g u n g s s y s t e m D i e t e r i c h s als m i t d e m B B a u G u n v e r e i n b a r a b z u l e h n e n ist, so m u ß doch festgestellt w e r d e n , daß D i e terich bemüht war, unverdiente Wertgewinne i n der Entschädigung auszuschließen. D i e E n t s c h ä d i g u n g e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r P l a n u n g s g e w i n n e entgegen § 95 Abs. 2 N r . 1 B B a u G s t e l l t l e t z t l i c h n u r e i n n i c h t z u v e r m e i d e n d e s Ü b e l dar. Ganz andere I n t e n t i o n e n stehen h i n t e r der Forderung von B r a u n 2 4 3 , Boele244 u n d i m Anschluß daran v o n K i m m i n i c h 2 4 5 nach e i n e m e i n h e i t l i c h e n Z e i t p u n k t f ü r Sacheigenschaften, G e l d w e r t u n d Preisgefüge: Es g e h t diesen A u t o r e n u m d i e D u r c h s e t z u n g der E n t s c h ä d i g u n g v o n a l l e n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , u n d z w a r p r i m ä r f ü r F ä l l e v o r z e i t i g e r B e s i t z e i n w e i s u n g (§ 116 B B a u G ) . B r a u n l e i t e t zunächst d i e N o t w e n d i g k e i t d e r B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n seit d e r B e s i t z e i n w e i s u n g bis z u m Entschädigungsfestsetzungsbeschluß e n t s t a n d e n e n P r e i s e r h ö h u n g e n aus d e n d e r Rechtsprechung des B G H z u m G e l d w e r t u n d Preisgefüge z u g r u n d e l i e g e n d e n G e d a n k e n a b 2 4 6 . E r b e f i n d e t sich i n s o w e i t also i n Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e m B G H , der d i e U n t e r s c h e i d u n g zwischen Z u s t a n d s - u n d P r e i s e r m i t t l u n g b e i d e r B e s i t z e i n w e i sung z w a r i n f r ü h e r e n U r t e i l e n n i c h t ganz k l a r w e r d e n ließ, m i t t l e r w e i l e aber a u s d r ü c k l i c h d e n V e r k e h r s w e r t des G r u n d s t ü c k s i m Z e i t p u n k t der Entschädigungsfestsetzung b e s t i m m t 2 4 7 . A b w e i c h e n d v o n d e n
240 §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 3, 14 Abs. 3 V O über Grundsätze für die E r m i t t l u n g des Verkehrswertes von Grundstücken v o m 7. 8.1961 (BGBl. I S. 1183). 241 Die von Dieterich DöV 1966/852 i n dortiger A n m . 20 angeführte L i t e r a t u r vermag seine Ansicht nicht zu stützen. 242 s. dazu § 3, 2.3.1.2. 243 N J W 1963/1473. 244 N J W 1964/756. 245 Rechtsgutachten — Heft 23 der Schriften des Zentralverbandes der Deutschen Haus- und Grundeigentümer e. V. — S. 31. 246 N J W 1963//1475. 247 s. B G H W M 1965//504, 1967//907.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
Rechtsprechungsgrundsätzen u n d ü b e r diese h i n a u s w i l l B r a u n auch d i e Q u a l i t ä t i n demselben Z e i t p u n k t e r m i t t e l n , s o m i t also Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n zwischen B e s i t z e i n w e i s u n g u n d E n t s c h e i d u n g ü b e r den E n t e i g n u n g s a n t r a g a n e r k e n n e n 2 4 8 , w o b e i e r sich a u f d i e E i g e n t u m s g a r a n t i e u n d d e n G l e i c h h e i t s g r u n d s a t z b e r u f t . Boele f ü h r t die G e d a n k e n B r a u n s w e i t e r , i n d e m er b e i u n r i c h t i g e r Entschädigungsfestsetzung n e b e n der P r e i s - auch d i e Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g i m Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g v o r n i m m t . N u r so sei g e w ä h r l e i s t e t , daß sich der E n t e i g n e t e b e i A u s z a h l u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g e i n e n g l e i c h w e r t i g e n Ersatz wiederbeschaffen k ö n n e 2 4 9 . E r a r g u m e n t i e r t i m e i n z e l n e n f o l g e n d e r m a ß e n : w a r das e n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e G r u n d s t ü c k b e i Z u s t e l l u n g des Enteignungsbeschlusses n o c h A c k e r l a n d , r e i f t e es aber i n d e n J a h r e n b i s z u r l e t z t e n m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g z u B a u l a n d heran, so besaß es b e i Z u s t e l l u n g des Enteignungsbeschlusses die Q u a l i t ä t A c k e r l a n d m i t der Tendenz, i n J a h r e n z u B a u l a n d z u w e r d e n . H ä t t e n u n die B e h ö r d e die E n t s c h ä d i g u n g v o n A n f a n g a n r i c h t i g berechnet ausgez a h l t , so h ä t t e sich der B e t r o f f e n e w i e d e r u m L a n d m i t derselben E n t w i c k l u n g s t e n d e n z z u B a u l a n d beschaffen k ö n n e n u n d besäße i m Z e i t p u n k t der l e t z t e n m ü n d l i c h e n T a t s a c h e n v e r h a n d l u n g w i e d e r B a u l a n d . D e s h a l b müsse v o n d e r Q u a l i t ä t i n diesem Z e i t p u n k t ausgegangen werden250. Zunächst ist festzustellen, daß a l l e d r e i A u t o r e n n i c h t ganz präzise v o n der M ö g l i c h k e i t e i n e r tatsächlichen W e r t s t e i g e r u n g des e n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n G r u n d s t ü c k s ausgehen. R i c h t i g e r w i r d v o n d e n W e r t ä n d e r u n g e n z u r e d e n sein, d i e die N a c h b a r g r u n d s t ü c k e e r f u h r e n u n d die das b e t r o f f e n e G r u n d s t ü c k e r f a h r e n hätte, w ä r e es n i c h t z u r E n t e i g n u n g herangezogen w o r d e n 2 5 1 . — D i e V e r s c h i e b u n g d e r Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g bei der Besitzeinweisung auf den Z e i t p u n k t der Zustellung des E n t e i g n u n g s - oder Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses oder, w a s k e i n e n w e s e n t l i c h e n U n t e r s c h i e d bedeutet, a u f d e n Z e i t p u n k t der b e h ö r d l i c h e n E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g ist, z u m i n d e s t f ü r die F ä l l e r i c h t i g e r E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g , m i t d e m B B a u G n i c h t v e r e i n b a r . § 93 A b s . 4 S. 2 B B a u G h e b t a u s d r ü c k l i c h d i e v o r z e i t i g e B e s i t z e i n w e i s u n g v o n d e r V o l l e n t e i g n u n g a b 2 5 2 . Ob d i e V e r s c h i e b u n g der Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g a u f d i e l e t z t e m ü n d l i c h e T a t s a c h e n v e r h a n d l u n g 248
a.a.O. S. 1476 f. sub I I I . N J W 1964/756. 250 a.a.O. S. 757. Ebenso Kimminich S. 31. 251 Vgl. auch Dieterich DöV 1966//851 r. 252 Daß die Ausführungen Brauns und Boeles nur für den Rechtszustand vor Erlaß des BBauG gedacht waren, wie Seydel N J W 1964/1405 vermutet, erscheint nicht zutreffend: B r a u n u n d Boele befassen sich m i t den allgemeinen, vom B G H aus seinem Verständnis des A r t . 14 GG abgeleiteten P r i n zipien, die auch das BBauG nicht antastete. Vgl. Dittus JuS 1964/308 1. 249
§ 2a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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i n F ä l l e n u n r i c h t i g e r Entschädigungsfestsetzung v o m B B a u G gedeckt ist, m u ß s t a r k b e z w e i f e l t w e r d e n , da d e r Gesetzgeber gegen die überkommene P r a x i s der Rechtsprechung z u d e m Z e i t p u n k t nichts e i n w e n d e n w o l l t e . D i e E i n r ä u m u n g eines w e i t e r e n T o l e r a n z r a h m e n s h ä t t e i r g e n d w o — sei es n u r i n d e n M a t e r i a l i e n — i h r e n Niederschlag f i n d e n müssen. W e n n B o e l e u n d K i m m i n i c h n u r e i n solches G r u n d s t ü c k als d e m e n t e i g n e t e n g l e i c h w e r t i g ansehen, das dieselben E n t w i c k l u n g s t e n d e n z e n h i n s i c h t l i c h d e r Q u a l i t ä t w i e das e n t e i g n e t e h a t t e , so v e r k e n n e n sie, daß d a m i t d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n eine ü b e r m ä ß i g e E n t s c h ä d i g u n g z u k o m m e n w ü r d e . D i e r ü c k b l i c k e n d feststehende Sicherheit der Entwicklungstendenz darf nicht dazu führen, n u r ein G r u n d stück m i t eben solch sicherer E n t w i c k l u n g s t e n d e n z als angemessenen A u s g l e i c h z u f o r d e r n . D e n n b e i sicherem W i s s e m v o m H i n e i n w a c h s e n i n eine höhere Q u a l i t ä t w ü r d e d e m j e w e i l i g e n G r u n d s t ü c k schon v o n A n f a n g a n die h ö h e r e Q u a l i t ä t zugestanden, d i e es aber tatsächlich z u d e m Z e i t p u n k t n i c h t besaß.
3. Die Einschränkung der Zwischenwertsteigerungsentschädigung durch Zurückdrängen der Verzinsung in der Rechtsprechung des BGH D e n Bestrebungen, solche Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , d i e die G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t b e t r e f f e n , m ö g l i c h s t w e i t g e h e n d b e i der E n t s c h ä d i g u n g z u berücksichtigen, h a t der B G H b i s h e r d u r c h W e i t e r f ü h r e n seiner V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g u n t e r G e l t u n g des B B a u G 2 5 3 w i d e r s t a n d e n . D a r ü b e r h i n a u s s c h r ä n k t e das G e r i c h t sogar d e n B e r e i c h der V e r z i n s u n g i m R a h m e n des § 40 B B a u G e i n u n d r e d u z i e r t e d a m i t auch die Entschädigung von Zwischenwertsteigerungen. N a c h den V e r z i n s u n g s g r u n d s ä t z e n des B G H , die s o w o h l f ü r das a l l gemeine Entschädigungsrecht w i e f ü r das B B a u G g e l t e n 2 5 4 , b e g i n n t die V e r z i n s u n g m i t d e m e n t e i g n e n d e n E i n g r i f f 2 5 5 . Es h ä t t e n u n i n der K o n sequenz dieser G r u n d s ä t z e gelegen, w e n n d e r B G H b e i P l a n u n g s f e s t setzungen gemäß § 40 A b s . 1 B B a u G d e n B e g i n n der V e r z i n s u n g m i t d e m Z e i t p u n k t h ä t t e e i n t r e t e n lassen, i n d e m d e r E i g e n t ü m e r d i e Ü b e r n a h m e der F l ä c h e n nach § 40 A b s . 2 B B a u G v e r l a n g e n k o n n t e 2 5 6 . Das 253
s. oben sub 1. Insbesondere B G H Z 43//124 ff., W M 1965//950, vgl. W M 1970//75 a. E. 255 A u f die Tendenz, eventuell durch Einschränkung des Bereiches der entschädigungspflichtigen Enteignung bei Planungsschäden den Verzinsungszeitraum bis zur Vollenteignung zu verkürzen, w a r schon sub § 2, 2.2.5.3. a. E. hingewiesen worden. 256 So Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 60 S. 54 f. und Geizer NJW-Schriften 2 Rdnr. 97, w o h l auch Schütz / Frohberg Vorb. vor §§ 40 -44, I I 3 a S. 245. Schrödter § 40, 20 sub c läßt erst den Zeitpunkt der Stellung des Ubernahmeantrags maßgeblich sein. 254
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
G e r i c h t e r k e n n t jedoch Z i n s e n n u r d a n n zu, w e n n nach fehlgeschlagener Ü b e r n a h m e e i n f o r m e l l e s E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n (§ 40 A b s . 5 B B a u G ) d u r c h g e f ü h r t w u r d e , w o b e i die V e r z i n s u n g erst m i t d e r E n t s c h e i d u n g der E n t e i g n u n g s b e h ö r d e b e g i n n e n s o l l 2 5 7 : E i n e f r ü h e r einsetzende V e r z i n s u n g w ü r d e d e m E i g e n t ü m e r z u m e i n e n eine G e l d e n t s c h ä d i g u n g z u gestehen, welche d u r c h § 40 A b s . 2 B B a u G gerade ausgeschlossen sein sollte. Z u m a n d e r e n w ü r d e d e r E i g e n t ü m e r z u r N i c h t g e l t e n d m a c h u n g des Ü b e r n a h m e a n s p r u c h s v e r l e i t e t , o h n e daß d e r E n t s c h ä d i g u n g s p f l i c h t i g e die Z i n s v e r p f l i c h t u n g d u r c h Z a h l u n g d e r E n t s c h ä d i g u n g z u m Erlöschen b r i n g e n k ö n n t e . Diese B e g r ü n d u n g l ä ß t e r k e n n e n , daß d e r B G H ganz b e w u ß t eine E i n s c h r ä n k u n g d e r V e r z i n s u n g h e r b e i f ü h r t e . Sie l ä ß t aber ebenfalls d e u t l i c h w e r d e n , daß der Ausschluß der V e r z i n s u n g speziell a u f d i e F ä l l e a b s t e l l t , i n denen d i e E n t s c h ä d i g u n g d u r c h Ü b e r n a h m e z u l e i s t e n ist. I m ü b r i g e n d ü r f t e also d i e V e r z i n sung w e i t e r h i n v o m A u g e n b l i c k des E i n g r i f f s g e w ä h r t w e r d e n , ζ. B . i n F ä l l e n des § 40 A b s . 3 B B a u G , b e i v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e n a u f G r u n d einer V e r ä n d e r u n g s s p e r r e 2 5 8 oder i n F ä l l e n des § 44 B B a u G 2 5 9 . M i t a n d e r e n W o r t e n , g r u n d s ä t z l i c h w i r d das P r i n z i p der V e r z i n s u n g n i c h t angetastet, w e n n auch o h n e Z w e i f e l e i n großer B e r e i c h v o r w i r k e n d e r M a ß n a h m e n b e t r o f f e n ist. E i n e v e r g l e i c h b a r e Tendenz i n R i c h t u n g a u f die E i n s c h r ä n k u n g d e r V e r z i n s u n g h a t t e sich schon i n der reichsgerichtlichen P r a x i s z u d e n B e b a u u n g s p l ä n e n nach a l t e m Recht g e z e i g t 2 6 0 . Es v e r w u n d e r t daher, daß der B G H erst r e l a t i v spät diesen W e g beschreitet. 4. K e i n e E n t s c h ä d i g u n g q u a l i t ä t s m ä ß i g e r Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n w e g e n § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G M i t U r t e i l v o m 26. 6. 1969 2 6 1 k n ü p f t e das O L G M ü n c h e n z w a r n i c h t ausdrücklich, jedoch f a k t i s c h a n d i e Rechtsprechung des R G z u d e n P l ä n e n nach d e m F L G an, welche Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n bis z u r V o l l e n t e i g n u n g b e r ü c k s i c h t i g t e 2 6 2 . Das O L G M ü n c h e n b e r i e f sich a u f die B e s t i m m u n g des § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G , dergemäß der V e r k e h r s w e r t b e i der E n t s c h ä d i g u n g nach fehlgeschlagener Ü b e r n a h m e „ m i n 257
B G H N J W 1968//1279, W M 1970//526 - 527, BauR 1970/41 - 42. Bei Veränderungssperren könnte aber die Verzinsung w o h l n u r bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplanes gewährt werden. 259 F ü r letztere ausdrücklich B G H Z 43//126 u. W M 1965//950, wenngleich die Frage des Verzinsungsbeginns noch nicht abschließend geklärt zu sein scheint: s. Pagendarm W M 1972//13. Vgl. auch Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 44, 54 S. 29 u. Knaup / Ingenstau § 44, 8. 260 s. Kap. I I , § 3, 5.4.3. a. E. 261 Az U 1/66 (Baul) u. Ο 7/63 (Baul), auszugsweise abgedruckt bei Heitzer / Oestreicher § 95, 4 S. 312 ff. 282 s. Kap. I I , § 3, 5.3.3. 258
§ 2 a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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des tens der W e r t (ist), d e n d i e F l ä c h e n h ä t t e n , w e n n d e r B e b a u u n g s p l a n n i c h t a u f g e s t e l l t w o r d e n w ä r e " . I n d e r T a t s t i m m t d i e Fassung des § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G — abgesehen v o n d e m W o r t „ m i n d e s t e n s " — m i t d e r v o m R G v e r w e n d e t e n F o r m e l ü b e r e i n 2 6 3 . D o c h lassen d i e Gesetzesm a t e r i a l i e n e r k e n n e n , daß an e i n e E i n f ü h r u n g der reichsgerichtlichen Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g s e n t s c h ä d i g u n g n i c h t gedacht w a r . § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G w a r , v o n g e r i n g e n Ä n d e r u n g e n abgesehen, schon i m R e g i e r u n g s e n t w u r f als § 32 A b s . 4 S. 3 e n t h a l t e n 2 6 4 . D i e B e g r ü n d u n g z u m R e g i e r u n g s e n t w u r f 2 6 5 u n d auch d e r s c h r i f t l i c h e B e r i c h t des f e d e r f ü h r e n d e n 24. Bundestagsausschusses 2 6 6 gehen aber b e z ü g l i c h des h i e r interessierenden P r o b l e m s a u f d i e B e s t i m m u n g n i c h t ein. Daß d i e F r a g e d e r E n t s c h ä d i g u n g s h ö h e e i n g e h e n d G e g e n s t a n d der Ausschußb e r a t u n g e n w a r , ergeben die v o n E r n s t / Z i n k a h n / B i e l e n b e r g 2 6 7 m i t g e t e i l t e n M a t e r i a l i e n . M i t d e r F o r m u l i e r u n g des § 40 A b s . 5 S. 3 sollte, das erscheint a u f G r u n d dieser M a t e r i a l i e n n i c h t m e h r z w e i f e l h a f t , e i n A n k n ü p f e n a n d i e V o r w i r k u n g s r e c h t s p r e c h u n g des B G H b e a b s i c h t i g t z u sein, also e i n E i n f r i e r e n der G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t i m Z e i t p u n k t v o r d e r P l a n u n g 2 6 8 . H i n z u k o m m t noch e i n a n d e r e r G e s i c h t s p u n k t . W e n n § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G i m S i n n e d e r reichsgerichtlichen F o r m e l v e r s t a n d e n w ü r d e , so w ü r d e das W o r t „ m i n d e s t e n s " a u f eine ü b e r d i e Berücksichtigung v o n Zwischenwertsteigerungen hinausgehende E n t schädigung h i n d e u t e n , w o d u r c h d a n n n u r n o c h p l a n u n g s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n erfaßt sein k ö n n t e n . D i e E n t s c h ä d i g u n g a u f solche Gew i n n e auszudehnen, w a r n i e beabsichtigt. D a v o n g e h t auch das h e r r schende S c h r i f t t u m a u s 2 6 9 . S t e h t d a m i t fest, daß Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , s o w e i t sie d i e Q u a l i t ä t betreffen, n i c h t entschädigt w e r d e n sollen, so w i r d d e r W o r t l a u t des § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G aber erst d a n n v ö l l i g e i n d e u t i g , w e n n m a n i h n aus d e m K o n j u n k t i v i n d e n I n d i k a t i v t r a n s p o r t i e r t : V e r k e h r s w e r t ist d a b e i mindestens der W e r t , d e n die G r u n d s t ü c k e h a t t e n , als der P l a n noch n i c h t aufgestellt w a r . D u r c h diese Fassung k o m m t e i n e r seits d i e q u a l i t ä t s m ä ß i g e F i x i e r u n g des G r u n d s t ü c k s d u r c h d i e P l a 283
s. Kap. I I , § 3, 5.3.3.1. Verh. des D.BT, I I I . Wahlp., Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 57, Drucks. Nr. 336. 265 Drucks. a.a.O. S. 70. 2ββ V E R H > D E S D.BT, I I I . Wahlp., Bd. 67, zu Drucks. 1794 S. 12 f. 264
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§ 40, 12. So außer Ernst ! Zinkahn ! Bielenberg § 40, 12, § 40, Schrödter § 40, 20. Nicht ganz eindeutig Schütz / Frohberg Heitzer / Oestreicher § 95, 4 S. 313 f. m i t O L G München. 289 Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 58 S. 50, Heitzer S. 313, Schrödter § 40, 20, Schütz / Frohberg § 40, 7. A . M . 1966//852; dazu s. o. sub 2.1. 288
13 B a u e r
58 S. 48 u. 50 auch § 40, 7. Α. M. w o h l / Oestreicher § 95, 4 n u r Dieterich DöV
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
n u n g z u m A u s d r u c k . A n d e r e r s e i t s e r h ä l t das W o r t „ m i n d e s t e n s " eine sinnvolle Bedeutung, die die Berücksichtigung v o n G e l d w e r t - u n d Preisgefügeänderungen bis zur Entscheidung der Behörde zuläßt270, ohne zugleich d e n R a h m e n dessen z u sprengen, w a s auch sonst das B B a u G als E n t s c h ä d i g u n g z u g e s t e h t 2 7 1 . O b aus d e m W o r t „ m i n d e s t e n s " die R e c h t f e r t i g u n g einer V e r z i n s u n g h e r z u l e i t e n ist, w i e es G e i z e r 2 7 2 t u t , d ü r f t e sehr z w e i f e l h a f t sein. D e n n die V e r z i n s u n g s t e l l t , w i e oben i n § 2, 2.2.5.3. dargelegt, eine F o r m d e r E n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n dar, die j a d u r c h § 40 A b s . 5 S. 3 b e z ü g l i c h der Sacheigenschaften ausgeschlossen sein sollte. Z u d e m h a t d e r B G H auch i m R a h m e n des § 40 A b s . 5 B B a u G die V e r z i n s u n g s t a r k z u r ü c k g e d r ä n g t . Z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich d a m i t sagen, daß § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G die E n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n b e z ü g l i c h der Q u a l i t ä t b e i E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n nach fehlgeschlagener E i n i g u n g ü b e r die Ü b e r n a h m e n i c h t e i n f ü h r e n w o l l t e . D e r M e i n u n g des O L G M ü n c h e n , der auch H e i t z e r / Oestreicher z u f o l g e n scheinen, k a n n d a h e r f ü r das V e r f a h r e n nach § 40 A b s . 5 n i c h t z u g e s t i m m t w e r d e n . F ü r eine analoge A n w e n d u n g der B e s t i m m u n g auch i m R a h m e n v o n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n gemäß §§ 87 ff. B B a u G m i t d e m Z i e l d e r E n t s c h ä d i g u n g v o n Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n i n diesen V e r f a h r e n , w i e es das O L G M ü n chen d a r ü b e r h i n a u s noch v e r t r i t t , ist d a n n ebenfalls k e i n R a u m . 5. D i e E n t s c h ä d i g u n g v o n P r e i s s t e i g e r u n g e n i m R a h m e n des § 40 A b s . 5 B B a u G S o l l t e also d u r c h § 40 A b s . 5 S. 3 B B a u G die G e l t u n g der V o r w i r kungsrechtsprechung des B G H i m R a h m e n der E n t s c h ä d i g u n g nach fehlgeschlagener E i n i g u n g ü b e r die Ü b e r n a h m e sichergestellt w e r d e n , so f o l g t daraus u n d i n V e r b i n d u n g m i t der V e r w e i s u n g i n § 40 A b s . 5 S. 2 B B a u G f ü r d i e Z e i t p u n k t e b e i der E n t s c h ä d i g u n g s e r m i t t l u n g f o l gendes: M a ß g e b e n d f ü r die G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t ist d e r A u g e n b l i c k v o r d e r v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e , also ζ. B . v o r I n k r a f t t r e t e n des B e b a u ungsplanes, falls andere v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e n n i c h t v o r a u s g i n g e n 2 7 3 . D i e P r e i s - u n d W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e ebenfalls i n diesem f r ü h e n Z e i t p u n k t z u e r m i t t e l n , d ü r f t e d e n W e r t u n g e n des B B a u G n i c h t 270
s. sogleich sub 5. Dazu s. o. sub 1. Durch die Festsetzung hervorgerufene Wertsteigerungen, die nicht die Qualität betreffen, dürften durch den i n § 10 I I PrEG enthaltenen Grundsatz von der Entschädigung ausgeschlossen sein: § 40 Abs. 5 S. 2 i. V. m. § 95 Abs. 2 Nr. 1. Unsicher Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 58 S. 48 u. 272 NJW-Schriften 2, Rdnr. 97. 273 Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 58 S. 48 f. u. § 40, 61 S. 56, Schrödter § 40, 20 sub Α. 271
§ 2a Die Bewertungszeitpunkte unter Geltung des B B a u G
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e n t s p r e c h e n 2 7 4 . Es w i r d d a h e r entsprechend d e n R e c h t s p r e c h u n g s g r u n d sätzen e i n Z e i t p u n k t m ö g l i c h s t n a h e d e r E n t s c h ä d i g u n g s a u s z a h l u n g i n Frage kommen, u n d zwar der Z e i t p u n k t der Entscheidung über den Ü b e r n a h m e a n t r a g 2 7 5 d u r c h die E n t e i g n u n g s b e h ö r d e 2 7 6 . E i n Z e i t p u n k t , der d u r c h d e n Ü b e r n a h m e a n t r a g des B e t r o f f e n e n b e s t i m m t w i r d , ist jedoch i n s o f e r n n i c h t ganz u n p r o b l e m a t i s c h , als der G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r das S t e i g e n d e r G r u n d s t ü c k s w e r t e a b w a r t e n k a n n . A n d e r e r s e i t s i s t n i c h t einzusehen, w a r u m g e r a d e u n d a l l e i n b e i Ü b e r n a h m e e n t e i g n u n g e n a u f P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n b e r u h e n d e Gew i n n e d e n B e t r o f f e n e n n i c h t z u f a l l e n sollten, w ä h r e n d b e i d e n sonstig e n V o l l e n t e i g n u n g e n die P r e i s s t e i g e r u n g b i s z u m Z e i t p u n k t d e r E n t schädigungsfestsetzung b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n . Das B B a u G l ä ß t d u r c h seine V e r w e i s u n g i n § 40 A b s . 5 S. 2 e i n e u n t e r s c h i e d l i c h e B e h a n d l u n g der P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n auch n i c h t zu, so daß eine V e r p f l i c h t u n g z u r a l s b a l d i g e n G e l t e n d m a c h u n g des Ü b e r n a h m e a n s p r u c h s n i c h t b e s t e h t 2 7 7 . E i n e n gewissen D r u c k a u f d e n E i g e n t ü m e r ü b t d i e V e r z i n s u n g s r e c h t s p r e c h u n g 2 7 8 i n s o f e r n aus, als Z i n s e n erst nach d e r Entscheidung der Enteignungsbehörde gewährt werden. Allerdings dürfte ein unbegrenztes H i n a u s z ö g e r n d e r A n s p r u c h s d u r c h s e t z u n g aus r e i n spek u l a t i v e n G r ü n d e n selbst m i t d e m B B a u G k a u m v e r e i n b a r s e i n 2 7 9 . D a b e i k ö n n t e § 95 A b s . 2 N r . 2 B B a u G , d e r auch auf d i e E n t s c h ä d i g u n g nach fehlgeschlagener Ü b e r n a h m e a n z u w e n d e n ist (§ 40 A b s . 5 S. 2 BBauG), zumindest i n den Fällen durchgreifen, i n denen der E n t s c h ä d i g u n g s v e r p f l i c h t e t e e i n K a u f a n g e b o t gemacht u n d d a m i t z u v e r stehen gegeben hat, daß die b e b a u u n g s p l a n m ä ß i g e Festsetzung m i t e i n i g e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t auch d u r c h g e f ü h r t w i r d . Das A r g u m e n t , daß ebenso, w i e Rechtsbehelfe gegen P l a n u n g e n n i c h t z u L a s t e n des B e t r o f f e n e n gingen, auch sonst n i e m a n d m i t t e l b a r z u r A u f g a b e seines E i g e n t u m s g e z w u n g e n w e r d e n d ü r f e 2 8 0 , ließe sich g e n e r e l l gegen § 95 A b s . 2 N r . 2 B B a u G v o r b r i n g e n . E i n Ausschluß dieser V o r s c h r i f t n u r b e i d e r Ü b e r n a h m e e n t s c h ä d i g u n g l ä ß t sich d a h e r n i c h t r e c h t f e r t i g e n . 274
s. § 40 Abs. 5 S. 2 BBauG. A u f die Streitfrage, welchen I n h a l t der Ubernahmeantrag hat, braucht nicht eingegangen zu werden. S. dazu Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 56 und Schrödter § 40, 16 S. 312. 276 Ernst ! Zinkahn ! Bielenberg § 40, 58 S. 49 - 5 0 . Das ist derselbe Zeitpunkt, i n dem nach B G H die Verzinsung beginnen soll (s. o. sub 4.) — Α. M. Schrödter § 40, 20 sub c: Zeitpunkt der Antragstellung. 277 I m Ergebnis wie hier Ernst / Zinkahn / Bielenberg § 40, 60 S. 54 und Schrödter § 40, 20 sub c. 278 Oben sub 3. 279 So Ernst / Zinkahn / Bielenberg u n d Schrödter a.a.O. 280 So Ernst ! Zinkahn ! Bielenberg § 40, 60 S. 5 5 - 56, bezüglich der Rechtsbehelfe unter Verweis auf B G H Z 15//289. 275
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§ 3 Das i n § 10 A b s . 2 P r E G enthaltene P r i n z i p seit E n d e des 2. W e l t k r i e g e s N a c h d e m als E r g e b n i s d e r U n t e r s u c h u n g i m v o r a n g e g a n g e n e n K a p i t e l festgestellt w o r d e n w a r , daß e i n g e n e r e l l e r W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß i n der P r a x i s nach d e m K r i e g e a u f A b l e h n u n g stieß, beschäftigt sich dieses K a p i t e l m i t d e n M ö g l i c h k e i t e n eines a m j e w e i l i g e n E n t e i g n u n g s p r o j e k t o r i e n t i e r t e n Ausschlusses u n v e r d i e n t e r G e w i n n e . D i e Z e i t p u n k t r e c h t s p r e c h u n g des B G H , auch d i e z u m B B a u G , h a t , w i e i n d e n § § 2 u n d 2 a a u s g e f ü h r t w u r d e , n u r z u e i n e m g e r i n g e n T e i l z u einer Verringerung der zu leistenden Entschädigung geführt u n d ist letztl i c h n u r w e n i g ü b e r die P r a x i s des R G h i n a u s g e k o m m e n . A u c h d i e i m f o l g e n d e n d a r z u s t e l l e n d e H a n d h a b u n g des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s seit E n d e des K r i e g e s bis i n neueste Z e i t l ä ß t w e s e n t liche F o r t s c h r i t t e n i c h t e r k e n n e n . Ansätze, d i e die A u f b a u g e s e t z e i m H i n b l i c k a u f eine E r w e i t e r u n g des P r i n z i p s u n t e r n a h m e n , w u r d e n nicht weitergeführt. 1. A n e r k e n n u n g des P r i n z i p s als a l l g e m e i n e r Rechtsgrundsatz; R e c h t f e r t i g u n g Das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p w u r d e i n der Z e i t nach d e m K r i e g e v o n der Rechtsprechung — i m S c h r i f t t u m f i n d e n sich n u r sporadisch Ä u ß e r u n g e n z u diesem W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u ß 2 8 1 — i m m e r w i e d e r als a l l g e m e i n e r G r u n d s a t z des Entschädigungsrechts a n e r k a n n t 2 8 2 , was p r a k t i s c h bedeutete, daß d e r G e d a n k e auch i m R a h m e n solcher Gesetze z u m T r a g e n k a m , d i e eine § 10 A b s . 2 P r E G v e r g l e i c h b a r e B e s t i m m u n g n i c h t k a n n t e n 2 8 3 . § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G w i r d ebenfalls als A u s d r u c k dieses a l l g e m e i n e n P r i n z i p s v e r s t a n d e n 2 8 4 . D e r G r u n d f ü r dieses P r i n z i p w u r d e d a r i n gesehen, daß d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n n i c h t V o r t e i l e des U n t e r n e h m e n s u n v e r d i e n t — 281 Siehe Maury DVB1. 1953//74, Meyer / Thiel / Frohberg § 10, 5, Neufang § 10, 63, Dittus / Zinkahn Vorbem. vor § 9 S. 182, Schmidt DVB1. 1971//452. Vgl. auch Gemeinsame Richtlinien f ü r den A n k a u f von Grundstücken i m Rahmen der Landbeschaffungsaufgaben des Bundes v o m 27.4.1953, BWMB1. 1953 S. 241, sub I I Ziff. 2 u. I I I l i t . a bezüglich requirierter Grundstücke. Wegen der Literatur zu § 95 Abs. 2 Nr. 1 B B a u G s. sub 2.2.3. 282 B G H W M 1958//498, insoweit nicht i n B G H Z 26/373 ff. abgedruckt, B G H Z 28//163, D W W 1959//44, W M 1959//240, B G H Z 31/244, 250 f., 39//215, W M 1963//308, L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4 u. 4 R, W M 1963//1097, insoweit nicht i n B G H Z 40/87 ff. abgedruckt, M D R 1968//649, W M 1969//966; für das bayerische Recht B a y O b L G M D R 1965/907. Kröner S. 110 u. 117. 283 s. B G H W M 1959//240, D W W 1959/431, W M 1963//309, M D R 1968/649, vgl. auch B G H Z 31//250 und zu § 41 H A G : Kap. IV, § 3, 3.3. 284 B G H W M 1967//1015, M D R 1968/649, N J W 1968/892, Schütz / Frohberg § 95, I I I 2 S. 458.
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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also o h n e eigenes Z u t u n — u n d z u L a s t e n des U n t e r n e h m e n s z u f a l l e n s o l l t e n 2 8 5 . Diese R e c h t f e r t i g u n g f i n d e t sich auch i m m e r w i e d e r i n der Z e i t nach d e m 2. W e l t k r i e g , w o b e i d e r G e s i c h t s p u n k t der U n v e r d i e n t h e i t i m V o r d e r g r u n d s t e h t 2 8 6 . E n t s p r e c h e n d d e r Tatsache, daß z u n e h m e n d die ö f f e n t l i c h e H a n d E n t e i g n u n g s m a ß n a h m e n u n t e r Einsatz e r h e b l i c h e r M i t t e l b e t r e i b t , w i r d h e r v o r g e h o b e n , daß die W e r t s t e i g e r u n g d a m i t l e t z t l i c h aus ö f f e n t l i c h e n Q u e l l e n f l i e ß e n u n d deshalb d e m e i n zelnen E n t e i g n e t e n n i c h t z u g u t e k o m m e n d ü r f t e n 2 8 7 . D a m i t ist der Ges i c h t s p u n k t der B e l a s t u n g des U n t e r n e h m e n s angesprochen; die d u r c h Einsatz ö f f e n t l i c h e r M i t t e l erst h e r v o r g e r u f e n e n G e w i n n e müssen d u r c h w e i t e r e M i t t e l entschädigt w e r d e n . A l l e r d i n g s h a t die Rechtsprechung des B G H diese i n n e r e R e c h t f e r t i g u n g des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n Gedankens n i c h t z u e i n e m L e i t p r i n z i p gemacht u n d i n allen F ä l l e n , i n denen d u r c h ö f f e n t l i c h e V o r h a b e n E i g e n t ü m e r n V o r t e i l e zufielen, diese V o r t e i l e i n d e r E n t s c h ä d i g u n g a b g e s c h ö p f t 2 8 8 . V i e l m e h r b l i e b V o r a u s s e t z u n g des Wertsteigerungsausschlusses u n d b e s t i m m e n d f ü r dessen U m f a n g , daß die G e w i n n e d u r c h eine E n t e i g n u n g b e d i n g t sind, w a s i m f o l g e n d e n n ä h e r d a r z u l e g e n sein w i r d .
2. Umfang des Prinzips 2.1. Ansätze zu einer Ausweitung durch die Aufbaugesetze I n d e n ersten J a h r e n d e r B G H - R e c h t s p r e c h u n g w u r d e d e r U m f a n g des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s n i c h t p r o b l e m a t i s i e r t . D i e U r t e i l e des B G H l i e ß e n es b e i e i n e r B e z u g n a h m e a u f d i e E r l ä u t e r u n g e n v o n E g e r z u m P r E G b e w e n d e n 2 8 9 . E i n e B e s t i m m u n g des U m f anges jenes P r i n z i p s schien aber d u r c h die l a n d e s r e c h t l i c h e n A u f b a u gesetze, d i e i n d e n J a h r e n 1948 - 1950 verabschiedet w o r d e n w a r e n , zu erfolgen. Es h a t t e d e n Anschein, als ob § 10 A b s . 2 P r E G gegenüber seinem ü b e r k o m m e n e n V e r s t ä n d n i s sogar eine A u s w e i t u n g e r f a h r e n sollte, u n d z w a r i n derselben R i c h t u n g , die der i n d e r P r a x i s a l l e r d i n g s bedeutungslose § 10 A b s . 2 N e u g e s t a l t u n g s G aufgezeigt h a t t e 2 9 0 . I n A n 285
s. Kap. I I , § 3, 3.4. Zur Unverdientheit: B G H D W W 1959//44, W M 1959//240, W M 1963//309 1., neuerdings N J W 1970//1381 1., B a y O b L G M D R 1965/907 r., Pagendarm W M 1965 Sond. 5 S. 4 sub 3 und S. 14 sub 13b, Hußla BauR 1971//83, Schütz! Frohberg 2. Aufl. § 95, 8, Knaup / Ingenstau § 95, 4. Zur Belastung des Unternehmens: Maury N J W 1966//737. 287 B G H D W W 1959//44, N J W 1970//1371 1. u. Pagendarm a.a.O. 288 Das B V e r w G schien zumindest eine solche Ausgestaltung nicht v ö l l i g abzulehnen: s. B V e r w G DVB1. 1957//542. Doch das Gericht ist für die Höhe der Entschädigung nicht zuständig (Art. 14 Abs. 3 S. 4 GG). 289 Vgl. B G H Z 28//163, 31//250. 290 s. dazu Kap. I I I , § 2, 2. 286
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
l e h n u n g an § 51 A b s . 1 S. 2 N r . 3 des s o g e n a n n t e n „ L e m g o e r E n t w u r f e s " 2 9 1 aus d e m J a h r e 1947 e n t s c h ä d i g t e n m e h r e r e A u f b a u g e s e t z e 2 9 2 d i e j e n i g e n W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t , d i e „ d u r c h die A u s s i c h t a u f die D u r c h f ü h r u n g des A u f b a u e s e n t s t a n d e n s i n d " 2 9 8 . § 46 A b s . 5 l i t . a N R W A G v o m 29. 4.1950 b r a c h t e d i e k l a r s t e R e g e l u n g , i n d e m er E n t s c h ä d i g u n g f ü r W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t g e w ä h r t e , die „ d u r c h d i e P l a n u n g oder die D u r c h f ü h r u n g des A u f b a u e s oder d u r c h d i e A u s s i c h t e n h i e r a u f nach d e m 8. M a i 1945 e n t s t a n d e n s i n d " 2 9 4 . D i e ü b r i g e n Aufbaugesetze m i t A u s n a h m e des hessischen 2 9 5 e n t h i e l t e n v e r g l e i c h b a r e Regelungen nicht296. D e r U m f a n g dieses aufbaugesetzlichen Wertsteigerungsausschlusses h i n g v o m V e r s t ä n d n i s des B e g r i f f e s A u f b a u ab. D a i m Z u s a m m e n h a n g der E n t e i g n u n g s - u n d E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n k e i n besonderer B e g r i f f verwendet wurde, ist auf die i n sämtlichen Aufbaugesetzen i n § 1 e n t h a l t e n e u n d fast w ö r t l i c h ü b e r e i n s t i m m e n d e D e f i n i t i o n z u r ü c k z u g r e i f e n : A u f b a u ist d e r W i e d e r a u f b a u z e r s t ö r t e r G e m e i n d e n , d e r U m bau, die E r w e i t e r u n g u n d der N e u a u f b a u v o n G e m e i n d e n oder Gem e i n d e t e i l e n 2 9 7 . W e r t s t e i g e r u n g e n , d i e i n A u s s i c h t a u f oder d u r c h d e r a r t i g e b a u l i c h e T ä t i g k e i t e n i n d e n G e m e i n d e n entstanden, b l i e b e n also u n b e r ü c k s i c h t i g t , w o h i n g e g e n G e w i n n e , d i e sich bis z u m E i n t r e t e n v o n A u f b a u e r w a r t u n g e n e i n g e s t e l l t h a t t e n , entschädigt w e r d e n m u ß t e n . D a n a c h d ü r f t e n z u m i n d e s t d i e bis z u m I n k r a f t t r e t e n d e r Gesetze e n t standenen G e w i n n e d e n j e w e i l i g e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n z u g u t e gek o m m e n sein, w a s nach d e m i n K a p i t e l I V b e h a n d e l t e n g e n e r e l l e n Wertsteigerungsausschluß n i c h t m ö g l i c h gewesen w ä r e . S o w e i t der Preisstop noch a n g e w a n d t w u r d e , s t a n d er s e l b s t v e r s t ä n d l i c h der B e r ü c k s i c h t i g u n g l e t z t e r e r G e w i n n e e n t g e g e n 2 9 8 . O b außer § 46 A b s . 5 291
Dazu Göderitz, Neues Städtebaurecht. Zusammenstellung sämtlicher Aufbaugesetze bei Zinkahn, Baurechtliche Vorschriften Teil V I I Nr. 135 ff. Z u m Aufbaugesetz der D D R s. Kap. V I , 1. 293 § 49 Abs. 1 S. 2 lit. b N d s A G v. 9. 5. 1949, § 52 Abs. 1 S. 2 l i t . c R h l d P f A G v. 1. 8.1949, ganz ähnlich u n d w o h l nicht weitergehender § 51 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 H b g A G i n der ursprünglichen Fassung v o m 11. 4.1949 — 1. A G H H : „Wertsteigerungen, die durch die Durchführung des Aufbaues oder die Aussicht h i e r a u f . . . " 294 Ebenso, n u r ohne Stichtagangabe, § 53 Abs. 2 Nr. 1 H b g A G i. d. F. v. 12. 4.1957 — 2. A G H H . 295 Dazu schon Kap. I V , § 3. 298 Vgl. noch § 24 lit. b S. 2 N R W A G u n d § 21 Abs. 4 S. 2 2. A G H H zur Bewertung i n der Umlegung. 297 Statt aller § 1 Lemgoer Entwurf. Die durch Besatzungsrecht bedingte ursprüngliche Fassung des § 1 N R W A G bedeutete letztlich auch keine w e sentliche Einengung, vgl. dazu Ernst / Friede § 1, 3. 298 wegen der Maßgeblichkeit des Preisstops auch für Entschädigungen nach dem AufbauG s. Göderitz / Blunck NdsAG § 42, 2 S. 303, Ernst / Friede 292
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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l i t . a N R W A G u n d § 53 A b s . 2 N r . 1 2. A G H H auch die a n d e r e n R e g e l u n g e n d e n d u r c h die A u f b a u p l a n u n g f e n t s t a n d e n e n M e h r w e r t z u wachs ausschließen w o l l t e n , l ä ß t sich m i t Sicherheit n i c h t sagen, ist aber m . E. a n z u n e h m e n . D e n n es w e r d e n gerade P l a n u n g e n d e n b e v o r stehenden A u f b a u s i g n a l i s i e r t haben, so daß P l a n u n g s w e r t s t e i g e r u n g e n durchaus als i n A u s s i c h t a u f die D u r c h f ü h r u n g entstanden, a n gesehen w e r d e n k ö n n e n 2 9 9 . A b e r selbst w e n n dies n i c h t der F a l l sein sollte, so gehen auch die ü b r i g e n A u f b a u g e s e t z e noch w e i t ü b e r d e n i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u ß h i n a u s . W i e schon a u s g e f ü h r t w u r d e , w a r e n d i e d u r c h § 10 A b s . 2 P r E G ausgeschlossenen W e r t s t e i g e r u n g e n ü b e r w i e g e n d d u r c h i h r e enge V e r b i n d u n g z u e i n e r E n t e i g n u n g g e k e n n z e i c h n e t 8 0 0 ; s o w e i t sie sich schon v o r d e r E n t e i g n u n g i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r niederschlugen, b l i e b e n sie n u r u n b e r ü c k s i c h t i g t , w e n n sie i m H i n b l i c k a u f die nachfolgende E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n w a r e n . S o w e i t i h r E n t s t e h e n erst i n die Z e i t nach der E n t e i g n u n g f i e l — b e i N a c h b a r g r u n d s t ü c k e n der U m g e b u n g — , m u ß t e n sie k a u s a l d u r c h d i e E n t e i g n u n g b e d i n g t sein. A u f d e r a r t i g e G e s i c h t s p u n k t e k a m es b e i d e m aufbaugesetzlichen W e r t s t e i g e r u n g s ausschluß n i c h t an. G e w i n n e , d i e d e n E i g e n t ü m e r n d u r c h d e n A u f b a u i. S. d e r §§ 1 d e r Aufbaugesetze oder d u r c h d i e A u s s i c h t h i e r a u f zugewachsen w a r e n , ganz gleich, ob ü b e r h a u p t i n e i n e m Z u s a m m e n h a n g zu e i n e r E n t e i g n u n g , b l i e b e n u n e n t s c h ä d i g t . Das g a l t a l l e r d i n g s n u r insow e i t , als sie d e r E i g e n t ü m e r n i c h t d u r c h eigene A u f b a u m a ß n a h m e n h e r v o r g e r u f e n h a t t e 8 0 1 . Diese i n d e n Gesetzen a u s d r ü c k l i c h n i c h t e n t h a l tene E i n s c h r ä n k u n g e r g i b t sich i m U m k e h r s c h l u ß aus d e m G r u n d g e d a n k e n des aufbaugesetzlichen Wertsteigerungsausschlusses, der d a r i n gesehen w i r d , daß erst d u r c h das W i r k e n der A l l g e m e i n h e i t , v o r a l l e m auch a u f d e r e n K o s t e n e n t s t a n d e n e G e w i n n e d e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n n i c h t zustehen s o l l e n 8 0 2 . W e r t e r h ö h u n g e n , die v o n a n d e r e n P r i v a t e n als den E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n b e w i r k t w u r d e n , ζ. B . E r r i c h t u n g eines Parkhauses i m C i t y - B e r e i c h , m ü ß t e n danach ebenfalls entschädigt w e r d e n . D i e getroffene F e s t s t e l l u n g , daß d i e A u f b a u g e s e t z e n i c h t n u r e n t e i g n u n g s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n ausschließen w o l l t e n , e r g i b t sich s o w o h l aus d e m W o r t l a u t der B e s t i m m u n g e n , die d e n W e r t s t e i g e rungsausschluß e n t h a l t e n , als auch aus folgenden, d e m Z u s a m m e n h a n g der V o r s c h r i f t e n z u e n t n e h m e n d e n E r w ä g u n g e n . Es m a g sein, daß § 46, 1 b, aa S. 283. I n dem Maße, i n dem er aufgeweicht wurde, gewannen allerdings die Aufbaugesetze an Bedeutung. 299 A. M. Goldstein S. 51. 300 s. Kap. I I , § 3, 3., 3.3.1. und 4.1.1. 301 Z u letzterem Ernst / Friede § 46, 1 b S. 282. 302 Grapengeter § 51 S. 109-110, Göderitz / Blunck NdsAG § 49, 6 i. V. m. § 17, 15, Göderitz / Blunck N R W A G § 46, 9 i. V. m. § 16, 16, Ernst ! Friede § 46, 1 b S. 282, 1 a S. 277 - 278.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
P l a n u n g e n b e z ü g l i c h F l ä c h e n des G e m e i n b e d a r f s 3 0 8 eine E n t e i g n u n g e r w a r t e n ließen, z u m a l die D u r c h f ü h r u n g s p l ä n e E r l ä u t e r u n g e n d a r ü b e r e n t h a l t e n sollten, welche M a ß n a h m e n z u r P l a n d u r c h f ü h r u n g z u t r e f f e n w a r e n 8 0 4 . D a nach e i n i g e n Gesetzen d i e D u r c h f ü h r u n g s p l ä n e die E n t e i g n u n g i n d i z i e r t e n 8 0 5 , besteht i n s o w e i t dieselbe Rechtslage w i e b e i d e n F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g e n gemäß d e m Preußischen F l u c h t l i n i e n gesetz — F L G — : e v e n t u e l l e W e r t s t e i g e r u n g e n d ü r f t e n i m H i n b l i c k a u f eine spätere E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n sein. D i e A u f b a u p l a n u n g e n b e t r a f e n jedoch außer d e n o b i g e n auch Festsetzungen, die keineswegs a u f eine E n t e i g n u n g h i n d e u t e t e n , w e i l sie o h n e h o h e i t l i c h e I n a n s p r u c h n a h m e d e r G r u n d s t ü c k e v e r w i r k l i c h t w e r d e n k o n n t e n , ζ. B . A u s w e i sungen v o n W o h n g e b i e t e n 3 0 6 . N u r s o w e i t b e i d e r a r t i g e n P l a n u n g e n b e sondere, i m v o r n h e r e i n n i c h t gegebene Z u l ä s s i g k e i t s v o r a u s s e t z u n g e n f ü r eine E n t e i g n u n g e r f ü l l t w a r e n 3 0 7 , w u r d e d i e E n t e i g n u n g d u r c h g e f ü h r t . D i e Tatsache, daß D u r c h f ü h r u n g s p l ä n e die M a ß n a h m e n z u i h r e r A u s f ü h r u n g schon e n t h a l t e n sollten, n a h m d e n G e m e i n d e n keineswegs das Recht, E n t e i g n u n g e n v o r z u n e h m e n , d i e i n d e n P l a n a u s f ü h r u n g e n noch n i c h t vorgesehen w a r e n 3 0 8 . S c h l i e ß l i c h k o n n t e n v o n f ö r m l i c h e n Enteignungsverfahren völlig unabhängige Maßnahmen zur Ordnung des G r u n d u n d Bodens w i e Grenzausgleich, U m l e g u n g oder Z u s a m m e n l e g u n g 8 0 9 W e r t s t e i g e r u n g e n b e w i r k t h a b e n . Daß e i n d e r a r t i g e r W e r t z u w a c h s i m E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n z u entschädigen gewesen w ä r e , e r g i b t sich aus k e i n e r d e r aufbaugesetzlichen B e s t i m m u n g e n . I m Geg e n t e i l f o r d e r t e d e r oben g e n a n n t e G r u n d des W e r t s t e i g e r u n g s a u s schlusses, d e r d u r c h d i e V o r s c h r i f t e n ü b e r d e n V o r t e i l s a u s g l e i c h i m förmlichen Enteignungsverfahren 310 w i e i n der U m l e g u n g 3 1 1 bestätigt w i r d , gerade f ü r diese F ä l l e eine N i c h t e n t s c h ä d i g u n g d e r G e w i n n e . 303
Vgl. A G von Nds. §§ 10 Abs. 2, 17 Abs. 1, N R W §§ 10 Abs. 2, 16 Abs. 1, 1. H H §§ 10 Abs. 2, 17 Abs. 1, 2. H H §§ 10 Abs. 2, 15 Abs. 1, Rhld-Pf. § 18 Abs. 3, 24 Abs. 1. 304 A G von Nds. § 10 Abs. 3, N R W § 10 Abs. 3, 1. H H § 10 Abs. 2 S. 2, 2. H H § 10 Abs. 3 S. 2, Rhld-Pf. § 18 Abs. 4. 305 A G von Nds. § 48 Abs. 2, 1. H H § 50 Abs. 1 — einschränkend Grapengeter S. 107 —, vgl. auch Lemgoer E n t w u r f § 50 Abs. 2. Z u m N R W Recht vgl. § 44 S. 4 — Ersetzung des vorläufigen Enteignungsplanes — und Ernst/Friede § 44, 5 S. 266: Ersetzung der Enteignungsrechtsverleihung bezüglich Fluchtlinien. eoe v g l . die jeweiligen §§ 10 Abs. 2 der Aufbaugesetze. 307 s. u.a. „besondere städtebauliche Gründe": A G Nds. § 47 Abs. 2, N R W § 45 Abs. 1; „Sicherstellung gleichzeitiger Bebauung": A G 1. H H § 60, 2. H H § 68, Rhld-Pf. § 68; „Verletzung der Baupflicht": A G Nds. § 54, N R W § 51, 1. H H § 57, 2. H H § 65, Rhld-Pf. § 66 u. a. 308 Ernst / Friede § 10, 3 S. 125. 309 Vgl. statt aller gleichlautenden Bestimmungen i n den Gesetzen § 14 NRWAG. 310 A G von Nds. § 17 Abs. 2, N R W § 16 Abs. 2 S. 2, 2. H H § 52 Abs. 2 S. 2, Rhld-Pf. § 24 Abs. 1.
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G i n g e n also die Aufbaugesetze ü b e r d i e v o r a l l e m z u § 10 A b s . 2 P r E G e n t w i c k e l t e Rechtsprechung h i n a u s 8 1 2 , so f ä l l t auf, daß dieser Wertsteigerungsausschluß i n der L i t e r a t u r m e h r f a c h i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e m i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n G r u n d s a t z g e n a n n t u n d gesehen w u r d e 3 1 8 . O f f e n s i c h t l i c h faßte m a n diesbezüglich die A u f b a u gesetze als n i c h t g r u n d s ä t z l i c h n e u a u f 8 1 4 u n d g i n g d a v o n aus, daß die N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g der d u r c h d e n A u f b a u h e r v o r g e r u f e n e n — unverdienten — G e w i n n e l e t z t l i c h A u s f l u ß des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n Gedankens sei. Das E i n b e z i e h e n des aufbaugesetzlichen W e r t steigerungsausschlusses i n das P r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G l a g z u d e m nahe, da es, w i e oben dargelegt, durchaus auch P l a n u n g e n gab, die die entsprechende N ä h e z u e i n e r E n t e i g n u n g w i e i m preußischen Recht aufwiesen, u n d ein F i x i e r e n der W e r t e der Vorkriegszeit, den der i n K a p i t e l I V dargelegte generelle Wertsteigerungsausschluß z u r F o l g e hatte, nicht b e w i r k t wurde. Das insgesamt e r w e i t e r n d e , w e i l v o r a l l e m a u f d i e i n h a l t l i c h e Rechtf e r t i g u n g des Wertsteigerungsausschlusses a b s t e l l e n d e V e r s t ä n d n i s des § 10 A b s . 2 P r E G setzte sich a l l e r d i n g s u n t e r G e l t u n g des G G n i c h t durch. Z w a r h a t die H a m b u r g i s c h e Rechtsprechung § 53 A b s . 2 N r . 1 A G i. d. F . v o m 12. 4.1957 — also 2. A G H H — als m i t d e m G G v e r e i n b a r a n g e w a n d t 3 1 5 . Das B V e r w G schien ebenfalls gegen e i n e n G e w i n n ausschluß, w i e i h n d i e h i e r b e h a n d e l t e n Gesetze vorschrieben, k e i n e verfassungsrechtlichen B e d e n k e n z u h a b e n 8 1 6 . D o c h auch die B e s t ä t i g u n g des Gewinnausschlusses d u r c h d i e N o v e l l e v o m 12. 4.1957 z u m H a m burger A G u n d i m übrigen die A n e r k e n n u n g der Verfassungsmäßigk e i t d e r entsprechenden R e g e l u n g e n i n d e n A u f b a u g e s e t z e n d u r c h die L i t e r a t u r 8 1 7 k o n n t e z u e i n e r A u s w e i t u n g des § 10 P r E G n i c h t f ü h r e n . D e n n d e r B G H , d e m d i e m a ß g e b l i c h e R o l l e b e i d e r A u s g e s t a l t u n g des 811 A G von Nds. § 26 Abs. 1, N R W § 24 lit. c, 2. H H § 23 Abs. 1, Rhld-Pf. § 34 Abs. 1. 312 Vgl. auch Grapengeter S. 109, Ernst / Friede § 16, 4 S. 157. 313 Vgl. Göderitz / Blunck N d s A G § 49, 6 S. 305, N R W A G § 46, 9 S. 82, Grapengeter S. 109 - 110, Maury DVB1. 1953//74, Denkschrift zur Gesetzgebung über die Baulandbeschaffung S. 65. 814 Vgl. auch den Hinweis der Begründungen zu § 51 Abs. 1 Nr. 3 des L e m goer Entwurfes, abgedruckt bei Göderitz S. 31, u n d zu § 49 Abs. 1 lit. b NdsAG, abgedruckt bei Göderitz / Blunck, N d s A G S. 76, auf nicht näher genannte Vorläufer des Wertsteigerungsausschlusses i n Einzelvorschriften neuerer Zeit. A u f jeden F a l l muß § 10 Abs. 2 NeuG als Vorläufer angesehen werden: S. Kap. I I I , § 2, 2. a. E. 315 Katzenstein DöV 1961//585 1. und 586 r., Haas DVB1. 1961//260 r. 3le Vgl. B V e r w G DVB1. 1957//542. 317 Vor allem Ernst / Friede § 46, 1 a S. 277 ff., 1 b S. 282. S. auch Göderitz / Blunck N R W A G S. 85, Grapengeter S. 109-110, Denkschrift zur Gesetzgebung über die Baulandbeschaffung S. 65, Maury DVB1. 1953//74, Goldstein S. 49; ablehnend Dittus DöV 1958//356.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
grundgesetzlichen Entschädigungssystems z u k a m , beschränkte dieses E n t s c h ä d i g u n s g p r i n z i p i n der schon v o m R G vorgezeichneten R i c h t u n g als i n d i v i d u e l l e n W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u ß 3 1 8 . 2.2. Festlegung des Prinzips in der vom R G vorgezeichneten Richtung 2.2.1. Darstellung der Rechtsprechung bis einschließlich der Urteile zu § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG Das i n § 10 A b s . 2 P r E G b z w . i n § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G e n t h a l t e n e P r i n z i p b e t r i f f t W e r t s t e i g e r u n g e n j e d e r A r t : also s o w o h l Sacheigenschafts- (Qualitäts-) w i e P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g e n (ζ. B . echte V e r k n a p pungen) s i n d b e i d e r Entschädigungsbemessung u n b e r ü c k s i c h t i g t z u l a s s e n 3 1 9 . A n d e r s als die P r e i s g e f ü g e ä n d e r u n g , b e z ü g l i c h d e r e r — sow e i t ersichtlich — k e i n U r t e i l e r g a n g e n ist, d i e aber i m Z e i t p u n k t d e r P r e i s e r m i t t l u n g aus d e n P r e i s e n a m M a r k t z u e l i m i n i e r e n sind, s p i e l t e n die Q u a l i t ä t s ä n d e r u n g e n eine ganz w e s e n t l i c h e R o l l e i n der R e c h t sprechung des B G H . D i e B e s c h r ä n k u n g des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s auf e i n e n i n d i v i d u e l l e n , j e w e i l s u n t e r n e h m e n s o r i e n t i e r t e n Wertsteigerungsausschluß e r f o l g t e b e i der B e h a n d l u n g d e r Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n , u n d z w a r dadurch, daß d e r B G H auch i m R a h m e n des § 10 A b s . 2 P r E G b z w . des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G d e n B e g r i f f „ V o r w i r k u n g " i m oben d e f i n i e r t e n S i n n e e i n f ü h r t e : n u r solche W e r t s t e i g e r u n g e n b l e i b e n u n b e r ü c k s i c h t i g t , die d u r c h v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e n h e r v o r g e r u f e n w o r d e n w a r e n 3 2 0 . Charakteristisches M e r k m a l d e r a r t i g e r — v o r w i e g e n d p l a n e r i s c h e r — M a ß n a h m e n i s t die Tatsache, daß sie die E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t e r w a r t e n lassen. I n dieser E i n d e u t i g k e i t f o r m u l i e r t e n es erst d i e b e i d e n U r t e i l e z u § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G 3 2 1 , aber auch schon d i e f r ü h e r e n E n t s c h e i d u n g e n s t e l l t e n a u f das E r f o r d e r n i s e i n e r engen V e r k n ü p f u n g v o n E n t e i g n u n g u n d v o r b e r e i t e n d e n M a ß n a h m e n ab. I m U r t e i l v o m 13. 10. 1958 3 2 2 w u r d e n die V e r änderungen — hier Erschließung u n d Bebauung — unberücksichtigt gelassen, d i e nach e i n e r I n b e s i t z n a h m e e r f o l g t w a r e n u n d „ i h r e n G r u n d allein i n der V o r w i r k u n g der E n t e i g n u n g " hatten. E i n weiteres U r t e i l v o m selben T a g 3 2 3 e r m i t t e l t e d e n W e r t des e n t e i g n e t e n Geländes i n d e m 818 Vgl. noch zum Thema Aufbau — speziell Wiederaufbau — i n der Rechtsprechung des B G H o. § 1, 2.1. 819 Vgl. B G H W M 1967//1015 1. 820 Siehe Pagendarm W M 1965 Sond. 5 S. 4 Ziff. 3 und Hußla BauR 1971// 83. 821 Dazu sogleich. 822 I I I ZR 92/57 — D W W 1959//44. 323 I I I ZR 97/57 — W M 1959//240.
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 PrEG enthaltene Prinzip seit 1945
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Z e i t p u n k t , i n d e m feststand, daß das G r u n d s t ü c k auch e n t e i g n e t w e r d e n w ü r d e ; das w a r d e r A u g e n b l i c k der I n a n s p r u c h n a h m e . W e r t v e r besserungen, d i e gerade erst i n E r w a r t u n g d e r E n t e i g n u n g e i n g e t r e t e n w a r e n , ließ das G e r i c h t außer A n s a t z . Ä h n l i c h auch e i n U r t e i l v o m 30.11.1959824 zu negativen Enteignungsvorwirkungen: m i t der Ausweis u n g der k ü n f t i g e n B e s t i m m u n g des G r u n d s t ü c k s i m B e b a u u n g s p l a n , d i e d i e spätere E n t e i g n u n g z w a n g s l ä u f i g z u r F o l g e h a b e n m u ß t e , habe d i e e i n h e i t l i c h e E n t e i g n u n g s m a ß n a h m e begonnen. D e s h a l b sei die erst m i t A u s w e i s u n g des G r u n d s t ü c k s e i n g e t r e t e n e W e r t m i n d e r u n g außer B e t r a c h t z u lassen. Besonders e i n g e h e n d äußerte sich der B G H i n z w e i U r t e i l e n z u den w e r t ä n d e r n d e n F o l g e n n i c h t r e c h t s v e r b i n d l i c h e r , v o r b e r e i t e n d e r Pläne. I m a l l g e m e i n e n , so f ü h r t e d e r B G H 8 2 5 aus, w e r d e eine V o r w i r k u n g n u r d a n n v o r l i e g e n , w e n n die v o r b e r e i t e n d e P l a n u n g m i t der endgültigen rechtsverbindlichen A u s w i r k u n g i n ursächlichem Z u s a m m e n h a n g stehe, also g e w i s s e r m a ß e n a u f d i e später e r f o l g t e E n t e i g n u n g h i n z i e l e . I n E r w e i t e r u n g dieses Satzes n a h m der B G H i n d e n selben U r t e i l e n eine V o r w i r k u n g auch d a n n an, w e n n z w a r zwischen d e r v o r b e r e i t e n d e n P l a n u n g u n d der späteren r e c h t s v e r b i n d l i c h e n A u s w i r k u n g k e i n u n m i t t e l b a r e r Z u s a m m e n h a n g bestände, aber die A u s w i r k u n g dennoch i m E r g e b n i s dieselbe w i e b e i e i n e m u n m i t t e l b a r e n Z u s a m m e n h a n g sei. Diese recht v a g e F o r m u l i e r u n g , d e r e n B e d e u t u n g auch später n i c h t k o n k r e t i s i e r t w u r d e , sollte es o f f e n b a r ermöglichen, i n d e n b e i d e n F ä l l e n d u r c h verschiedenste P l a n u n g e n e i n g e t r e t e n e W e r t m i n d e r u n g e n aufzufangen. D o c h auch i n s o w e i t gehen d i e U r t e i l e noch v o n e i n e m engen Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n E n t e i g n u n g u n d P l a nung aus826. E i n e n S c h r i t t w e i t e r g i n g die Rechtsprechung des B G H z u § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G , i n d e m sie als V o r w i r k u n g e n a u s d r ü c k l i c h n u r M a ß n a h m e n a n e r k a n n t e , die eine E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t e r w a r t e n l i e ß e n 8 2 7 . A l s solche M a ß n a h m e n g e l t e n z u m e i n e n „ i n d e r Regel i m m e r " die A u s w e i s u n g eines G r u n d s t ü c k s als G e l ä n d e f ü r G e m e i n b e d a r f s z w e c k e 8 2 8 i m festgestellten B e b a u u n g s p l a n , n i c h t aber „ i n d e r R e g e l " f ü r Privatzwecke 829, zum anderen vorbereitende, nicht verbindliche 324
I I I ZR 122/59 — B G H Z 31/244, 251. L M Nr. 14 HessAufbauG Bl. 4, W M 1963//1097. 328 Vgl. zur V o r w i r k u n g w e i t e r h i n B G H Z 39//215, W M 1965//129, W M 1969//966 sub 2, Abs. 1 a. E., M D R 1968/649. 327 Urt. v. 22. 5. 1967 — I I I ZR 121/66 — W M 1967/1014, 1015, U r t . v. 29.1. 1968 — I I I ZR 2/67 — N J W 68/892. 328 Der Begriff Gemeinbedarf ist hier weiter als der i n § 5 Abs. 2 Ziff. 2 BBauG verwendete und umfaßt auch Festsetzungen gem. § 9 Abs. 1 Ziff. 3, 5, 8, also neben Baugelände für öffentliche Zwecke (§ 9 Abs. 1 Ziff. 1 lit. f) Verkehrsflächen, Grünflächen usw. 329 B G H W M 1967//1015 1., N J W 1968/892 r. 325
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
P l a n u n g e n , w e n n sie sich u r s ä c h l i c h f ü r d i e E n t e i g n u n g a u s w i r k t e n , eine h i n r e i c h e n d e B e s t i m m t h e i t h a t t e n u n d d i e A u s w e i s u n g , w i e sie i n d e m v e r b i n d l i c h e n B e b a u u n g s p l a n v o r g e n o m m e n w u r d e , m i t Sicherheit e r warten ließen880. Diese G r u n d s ä t z e d ü r f t e n e i n e n gewissen A b s c h l u ß i n der A u s g e s t a l t u n g des i n d i v i d u e l l e n Wertsteigerungsausschlusses d a r s t e l l e n . N a c h A u f f a s s u n g des B G H w i r d § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G d u r c h die dargelegte B e s c h r ä n k u n g des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s n i c h t z u r „ v ö l l i g e n B e d e u t u n g s l o s i g k e i t " h e r a b g e d r ü c k t , da s o w o h l d i e d u r c h die A u s w e i s u n g zu G e m e i n b e d a r f s z w e c k e n e n t s t a n d e n e n w i e auch d i e j e n i gen W e r t ä n d e r u n g e n u n b e r ü c k s i c h t i g t z u lassen seien, d i e das G r u n d stück erst d u r c h das E n t e i g n u n g s u n t e r n e h m e n als solches — g e m e i n t ist d i e D u r c h f ü h r u n g — , ζ. B . d u r c h E r s c h l i e ß u n g des Geländes seitens des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n , e r f a h r e 8 8 1 . A u s d r ü c k l i c h o f f e n ließ das Gericht, ob i n d e n F ä l l e n , i n denen eine E n t e i g n u n g aus z w i n g e n d e n s t ä d t e b a u l i c h e n G r ü n d e n (§ 88 B B a u G ) erfolgte, ebenfalls d e r enge V o r w i r k u n g s b e g r i f f a n z u w e n d e n i s t 8 8 2 . V o r d e m H i n t e r g r u n d der eher r e s t r i k t i v e n H a n d h a b u n g des V o r w i r k u n g s b e g r i f f e s 8 8 8 scheint es f r a g lich, ob d e r B G H i n diesen F ä l l e n w i r k l i c h eine A u s n a h m e z u m a c h e n b e r e i t sein w i r d . § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G ist a l l e r d i n g s noch a u f e n t e i g n u n g s b e d i n g t e P r e i s s t e i g e r u n g e n a n z u w e n d e n . W i e schon gesagt, b l i e b e n d i e n i c h t q u a l i t ä t s m ä ß i g e n W e r t s t e i g e r u n g e n i n der Rechtsprec h u n g i m H i n t e r g r u n d , w a s b e i m V o r d r i n g e n der P l a n u n g 8 8 8 3 , k a u m v e r w u n d e r t . D e n n o c h d ü r f e n ζ. B . V e r k n a p p u n g s p r e i s e n i c h t u n t e r schätzt w e r d e n . Daß d e r B G H b e z ü g l i c h dieser u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n eine g e r i n g e r e V e r k n ü p f u n g z u e i n e r E n t e i g n u n g als nach d e n oben d a r g e s t e l l t e n G r u n d s ä t z e n g e n ü g e n lassen w ü r d e , k a n n n i c h t a n g e n o m m e n w e r d e n , da er das i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e P r i n z i p i n dessen A u s g e s t a l t u n g d u r c h das R G insgesamt b e j a h t e . 2.2.2. Verhältnis
zum Zwischenwertsteig
er
ungsausschluß
N a c h A u f f a s s u n g des B G H e n t s p r i c h t § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G der V o r v e r l e g u n g der B e w e r t u n g a u f d e n Z e i t p u n k t der H e r a u s n a h m e aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g 8 8 4 . D a m i t sollte w o h l n i c h t gesagt w e r d e n , daß das P r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G , welches j a i n 330
N J W 1968/892 1. Bestätigt durch BauR 1972/162, 163, 1972/164, 165. N J W 1968//893 a. E. 332 N J W 1968//893. 853 So ausdrücklich B G H BauR 1972//165. 333a Dazu sub 2.3.1.1. 334 N J W 1968/892 r., BauR 1972//165, vgl. W M 1967//1015 1.; Hußla 1971//83. 331
BauR
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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§ 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G z u m A u s d r u c k k o m m t , a u f d e m s e l b e n G e d a n k e n b e r u h t w i e d e r Ausschluß der Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n , w e n n g l e i c h d i e Ä u ß e r u n g e n des B G H diesbezüglich n i c h t ganz e i n d e u t i g s i n d 3 3 5 . D i e Ü b e r l e g u n g n ä m l i c h , daß eine v o r w i r k e n d e M a ß n a h m e e i n G r u n d s t ü c k aus der k o n j u n k t u r e l l e n W e i t e r e n t w i c k l u n g h e r a u s n i m m t , besagt ü b e r das Schicksal d e r d u r c h d i e H e r a u s n a h m e selbst, z u m i n dest b e i m z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k h e r v o r g e r u f e n e n W e r t ä n d e r u n g e n nichts. D e r Ζ w i s c h e n wertsteigerungsausschluß k a n n logisch erst nach der H e r a u s n a h m e aus d e r K o n j u n k t u r erfolgen, das P r i n z i p des § 1 0 A b s . 2 P r E G v e r l a n g t eine B e w e r t u n g schon v o r , w e n n a l l e r d i n g s auch n u r u n m i t t e l b a r v o r d e r H e r a u s n a h m e 3 3 6 . G e m e i n s a m k e i t e n w e i sen d i e b e i d e n I n s t i t u t e i n der Rechtsprechung l e d i g l i c h i n s o w e i t auf, als sie — d i e G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t b e t r e f f e n d — a n denselben V o r w i r k u n g s b e g r i f f a n k n ü p f e n . D i e d a m i t b e w i r k t e V e r b i n d u n g der I n s t i t u t e d ü r f t e f ü r die G r u n d s t ü c k s b e w e r t u n g d u r c h B e h ö r d e n u n d Ger i c h t e recht b e d e u t s a m sein, w e i l , w e n n d i e E n t e i g n u n g V o r w i r k u n g e n zeitigte, f ü r die Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g f a k t i s c h n u r noch e i n Z e i t p u n k t i n F r a g e k o m m t 3 3 7 , n ä m l i c h d e r A u g e n b l i c k v o r d e m E i n t r i t t der V o r w i r k u n g , d e r H e r a u s n a h m e aus der K o n j u n k t u r . B i s z u m A u g e n b l i c k danach d ü r f t e n k e i n e V e r ä n d e r u n g e n des G r u n d s t ü c k s w e r t e s v o r k o m men. D i e V e r k n ü p f u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G m i t d e n V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e n i s t jedoch deswegen p r o b l e m a t i s c h , w e i l d a d u r c h der E i n d r u c k e r w e c k t w i r d , als sei die r e s t r i k t i v e , j e d e n f a l l s n i c h t e x t e n s i v e A u s l e g u n g u n d A n w e n d u n g d e r V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e 3 3 8 A u s f l u ß des Gesetzes. W i e eben schon festgestellt w u r d e , besagt aber § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G nichts ü b e r d i e V o r a u s s e t z u n g e n e i n e r Q u a l i t ä t s f i x i e r u n g b e z ü g l i c h n i c h t e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n . V o r a l l e m die A u s f ü h r u n g e n i n K a p i t e l I I h a t t e n gezeigt, daß das i n § 10 A b s . 2 P r E G enthaltene Entschädigungsprinzip nichts hinsichtlich der Qualitätsf i x i e r u n g u n d des Zwischenwertsteigerungsausschlusses h e r g a b . N u r m i t t e l b a r l ä ß t sich § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G , der fast e i n z i g e n E n t schädigungsvorschrift z u m Wertsteigerungsausschluß i m B B a u G , f o l gendes e n t n e h m e n : D e r Gesetzgeber h a t t e eine umfassende G e w i n n abschöpfung n i c h t beabsichtigt, w e n n g l e i c h , das ergeben d i e M a t e r i a l i e n 3 3 9 , d a m i t n i c h t auch schon der U m f a n g des noch v o m Gesetzgeber 335 Befremdlich ist zudem die Formulierung, die Gesetzesbestimmung entspreche einem Rechtsprechungsgrundsatz. Die umgekehrte Entsprechung würde A r t . 20 Abs. 3 a. E. GG eher gerecht werden. 336 Das verkennt w o h l B a y O b L G M D R 1965//908 r. 337 Vgl. B G H W M 1965//129, 1969//966, Maury N J W 1964//2048 sub 2. 338 s. B G H BauR 1972//165. 339 s. § 2, 2.2.4. u n d § 3, 2.3.1.2.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
t o l e r i e r t e n Wertsteigerungsausschlusses festgelegt ist. M i t a n d e r e n W o r t e n : d e r Rechtsprechung v e r b l i e b sehr w o h l e i n F r e i r a u m b e i der B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n 3 4 0 . Daß sie i h n n i c h t n u t z te, b e r u h t a u f i h r e r W e r t u n g , d i e schon i m m e r die T e n d e n z z u einer E i n s c h r ä n k u n g der W e r t a b s c h ö p f u n g i n d e r E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g a u f w i e s . M i t § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G l ä ß t sich diese T e n d e n z jedoch nicht rechtfertigen. 2.2.3. Die Rechtsprechung als Ausdruck der herrschenden Meinung; abweichende Auffassungen Ü b e r w i e g e n d w e r d e n die v o m B G H e n t w i c k e l t e n G r u n d s ä t z e auch i n der L i t e r a t u r , s o w e i t diese a u f die W e r t s t e i g e r u n g e n e i n g e h t 3 4 1 , a k z e p t i e r t 3 4 2 , so daß die Rechtsprechung des B G H als A u s d r u c k d e r ganz herrschenden M e i n u n g z u m Wertsteigerungsausschluß v e r s t a n d e n w e r d e n k a n n . Es besteht insbesondere E i n i g k e i t d a r ü b e r , daß d i e d u r c h § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G auszuschließenden W e r t s t e i g e r u n g e n e i n e n inneren Zusammenhang m i t der bevorstehenden Enteignung aufweisen m ü s s e n 3 4 3 . S o w e i t das S c h r i f t t u m v o n d e n R e c h t s p r e c h u n g s g r u n d sätzen abweichende A u f f a s s u n g e n v e r t r i t t , gehen diese d a h i n , d e n B e reich des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G noch w e i t e r e i n z u s c h r ä n k e n 3 4 4 . A u s g a n g s p u n k t der K r i t i k i n d e r L i t e r a t u r i s t d i e unterschiedliche B e h a n d l u n g v o n U m w i d m u n g s g e w i n n e n i n der Rechtsprechung des B G H j e nachdem, ob es sich u m E n t e i g n u n g e n f ü r d e n G e m e i n b e d a r f oder f ü r sonstige Z w e c k e h a n d e l t 3 4 5 . Gegen d i e Rechtsprechung w i r d a n g e f ü h r t , daß die E n t e i g n u n g keineswegs n o t w e n d i g e F o l g e d e r A u s w e i s u n g als G e m e i n b e d a r f s g e l ä n d e s e i 3 4 8 . W e n n auch i n d e r P r a x i s v i e l f a c h eine E n t e i g n u n g n i c h t e r f o r d e r l i c h ist, w e i l das e r n s t h a f t e B e m ü h e n u m e i n e n f r e i h ä n d i g e n E r w e r b (§ 87 A b s . 2 N r . 2 B B a u G ) z u m 340 s. auch § 2 a, 1. bezüglich der Vereinbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze m i t dem BBauG. 341 s. auch o. Anm. 281. 342 Schrödter § 95, 4, Knaup / Ingenstau § 95, 4 S. 273 f., Schütz / Frohberg § 95 I I I , 2 S. 458 f., Maury N J W 1964/2048 f., vgl. N J W 1965/736, Kimminich S. 32, 41, Geizer NJW-Schriften 2, Rdnr. 27 ff., S. 9 ff. 343 Meyer / Stich / Tittel S. 372: B B a u G § 95, 10, Schrödter a.a.O., Schütz / Frohberg a.a.O. S. 458, Pohl i n : Brügelmann § 95, I V 1 a u. b ; Friauf i n : Münch S. 387, Geizer a.a.O. Rdnr. 31 S. 11, Katzenstein DöV 1961/586, w o h l auch Heitzer / Oestreicher § 95, 4 S. 312. 344 Wegen der Sonderstellung von Dieterich, DöV 1966/850 ff., der enteignungsbedingte Wertsteigerungen i m Bestreben entschädigt, Preissteigerungen abzufangen, s. § 2 a, 2.1. 345 s. Hamann N J W 1965//144, Müller N J W 1965//1520; Groschupf B B 1968, Beil. 8/68 S. 12. 346 Müller a.a.O., Heitzer / Oestreicher § 95, 4 S. 312 unter Hinweis auf ein Urt. d. O L G München v. 26. 6.1969 — U 1/66 (Baul) u n d Ο 7/63 (Baul).
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 PrEG enthaltene Prinzip seit 1945
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E r f o l g e f ü h r t e , so steht doch b e i d e r a r t i g e n , i m Gegensatz z u sonstigen A u s w e i s u n g e n fest, daß eine d e m B e b a u u n g s p l a n entsprechende N u t z u n g n u r u n t e r Ü b e r g a n g des E i g e n t u m s a u f d i e ö f f e n t l i c h e H a n d — notfalls durch Enteignung — v e r w i r k l i c h t werden kann. A u c h das z w e i t e gegen die Rechtsprechung erhobene B e d e n k e n d r i n g t n i c h t durch. D i e P l a n u n g s g e w i n n a b s c h ö p f u n g , die d i e herrschende M e i n u n g i m B e r e i c h des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G noch z u l ä ß t , v e r s t ö ß t n a c h d e r A n s i c h t v o n H a m a n n 3 4 7 deshalb gegen A r t . 3 G G , w e i l a l l e n E n t e i g n u n g s g r u n d s ä t z e n entgegen, g l e i c h s a m d e r E n t e i g n u n g s z w e c k u n d der E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e e n t s c h ä d i g u n g s m i n d e r n d berücksicht i g t w ü r d e n . N u n m a g d a h i n s t e h e n , ob es i m deutschen Rechtskreis e i n e n G r u n d s a t z d e r N e u t r a l i t ä t d e r Entschädigungsbemessung gegenü b e r d e m E n t e i g n u n g s z w e c k g i b t oder gab. A u f j e d e n F a l l b e s t a n d d a n e b e n stets das E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G , welches eine A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r G e w i n n e z u g u n sten des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n f o r d e r t e . W e n n i n n e u e r e r Z e i t die Rechtsprechung d e n i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n G r u n d s a t z n i c h t ü b e r d e n h e r k ö m m l i c h e n B e r e i c h h i n a u s a n w e n d e t u n d es d a m i t z u der u n t e r s c h i e d l i c h e n Entschädigungsbemessung k o m m e n läßt, so k a n n d a r aus aber nichts gegen d i e B e r e c h t i g u n g des Wertsteigerungsausschlusses h e r g e l e i t e t w e r d e n . A u c h d e r G e s i c h t s p u n k t d e r G l e i c h b e h a n d l u n g f ü h r t z u k e i n e m a n d e r e n E r g e b n i s , da A r t . 3 A b s . 1 G G n u r eine w i l l k ü r l i c h e D i f f e r e n z i e r u n g v o n gleichen S a c h v e r h a l t e n v e r b i e t e t 3 4 8 . Es k a n n angesichts der sozialen V e r p f l i c h t u n g des E i g e n t u m s ( A r t . 14 A b s . 2 G G ) n i c h t als ohne sachlich z u r e i c h e n d e n G r u n d v o r g e n o m m e n e D i f ferenzierung verstanden werden, w e n n zumindest bei Enteignungen f ü r F l ä c h e n des G e m e i n b e d a r f s d e r Tatsache R e c h n u n g g e t r a g e n w i r d , daß d i e W e r t s t e i g e r u n g e n d u r c h das W i r k e n d e r A l l g e m e i n h e i t , f ü r d i e e n t e i g n e t w e r d e n soll, gerade i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e r E n t e i g n u n g h e r v o r g e r u f e n w u r d e n . Gegen d e n Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r G e w i n n e , w i e i h n d i e herrschende M e i n u n g a k z e p t i e r t e , w e r d e n v o n M ü l l e r schließlich B e d e n k e n w e g e n A r t . 3 A b s . 1 G G b e z ü g l i c h des V e r h ä l t n i s s e s E n t e i g n e t e — N i c h t e n t e i g n e t e g e l t e n d gemacht, da n u r b e i d e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n d e r P l a n u n g s g e w i n n erfaßt w i r d 3 4 9 . D u r c h d i e A u f n a h m e des Gebots d e r I n t e r e s s e n a b w ä g u n g ( A r t . 14 A b s . 3 S. 3 GG) h a t jedoch das G G k l a r g e s t e l l t , daß b e i d e r E n t s c h ä d i gungsbemessung G e s i c h t s p u n k t e z u b e r ü c k s i c h t i g e n sind, f ü r d e r e n
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N J W 1965//144. Vgl. BVerfGE 1/14, 52, 1/208, 247, seitdem i n ständiger Rechtsprechung Leibholz / Rinck A r t . 3, 2 S. 86, Schmidt-Bleibtreu / Klein A r t . 3, 13. 349 N J W 1965//1520. Letztlich k o m m t Müller aber auch zu etwa denselben Ergebnissen wie die h. M.: a.a.O. S. 1520 f. sub I V . 848
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
B e a c h t u n g i m ü b r i g e n k e i n e A n k n ü p f u n g s m ö g l i c h k e i t gegeben i s t 3 5 0 » 3 5 1 . M i t a n d e r e n W o r t e n , das G G g e h t selbst d a v o n aus, daß d i e E n t e i g nungsentschädigung u n d der i m freien Grundstücksverkehr zu erzielende Preis n i c h t als gleiche S a c h v e r h a l t e z u v e r s t e h e n sind. 2.3. Würdigung der Rechtsprechung 2.3.1. Die zu erwartende
Enteignung
I n d e m der B G H a u f das E r f o r d e r n i s d e r m i t S i c h e r h e i t z u e r w a r t e n d e n E n t e i g n u n g a b s t e l l t , b e f i n d e t er sich ü b e r w i e g e n d i n der T r a d i t i o n d e r reichsgerichtlichen Rechtsprechung. S o w o h l b e i E n t e i g n u n g s p l a nungen w i e Fluchtlinienfestsetzungen w a r m i t einer nachfolgenden E n t e i g n u n g z u rechnen. B e i V e r f a h r e n n a c h d e m P r E G e r g i b t sich diese F e s t s t e l l u n g u n z w e i f e l h a f t aus d e m d a r g e l e g t e n A n l a g e b e g r i f f 3 5 2 . A u c h d e n Festsetzungen d e r F l u c h t l i n i e n p l ä n e k o n n t e , s o w e i t n i c h t eine f r e i w i l l i g e Ü b e r t r a g u n g zwecks V e r m e i d u n g d e r E n t e i g n u n g erfolgte, n u r d u r c h E n t e i g n u n g entsprochen w e r d e n , da P r i v a t p e r s o n e n n i c h t b e f u g t w a r e n , ö f f e n t l i c h e Wege a n z u l e g e n 3 5 3 . A l l e i n e i n ortsstatutarisches B a u v e r b o t z i e l t e n i c h t a u f eine E n t e i g n u n g , w a s das R G aber n i c h t h i n derte, e i n derartiges B a u v e r b o t als T e i l d e r A n l a g e z u betrachten, u m e i n b e s t i m m t e s E r g e b n i s — die E n t s c h ä d i g u n g v o n W e r t m i n d e r u n g e n — z u erreichen. D i e Sorge u m d i e ausreichende E n t s c h ä d i g u n g f ü r die W e r t m i n d e r u n g e n w a r es, d i e das R G d e n A n l a g e b e g r i f f z u m P r E G u n t e r G e l t u n g des F L G w e i t e r f a s s e n l i e ß 3 5 4 . I n diesem Z u s a m m e n h a n g lassen sich m e h r e r e E l e m e n t e i n der Rechtsprechung des R G feststellen, d i e sich auch i n bescheidenem U m f a n g z u g u n s t e n eines W e r t s t e i gerungsausschlusses a u s w i r k t e n 3 5 5 . D o c h t r o t z a l l e m w u r d e n n u r e n t e i g n u n g s b e d i n g t e G e w i n n e n i c h t entschädigt. S o w e i t W e r t s t e i g e r u n g e n l e d i g l i c h a u f P l a n u n g e n b e r u h t e n , sah sich das R G a n e i n e m Ausschluß gehindert356. 350 Vgl. Ernst / Friede § 46, 1 a S. 277 f., B a y O b L G M D R 1965/907 u. insbes. Ernst Z f V 1958//10. 351 Wenn man m i t einer i m Schrifttum (Bielenberg DVB1. 1971//444 - 445 u n d Gewos-Gutachten Rdnr. 7, aber Rdnr. 317) vertretenen Auffassung die enteignungsbedingten Wertsteigerungen nicht zum geschützten Vermögen i. S. A r t . 14 GG zählt, wogegen jedoch — wegen ζ. B. ihrer Anerkennung i m Rahmen anderer Enteignungsunternehmen — Bedenken bestehen, dürfte der Gleichheitssatz noch weniger Probleme bereiten. 352 Kap. I I , § 3, 4.1.1. bis 4.1.3. 353 Germershausen / Seydel § 1 S. 4. Dem widerspricht nicht, daß gem. § 15 Abs. 1 F L G Anliegern unter bestimmten Umständen die Herstellung und Unterhaltung der Straßen als öffentliche Last obliegt. 354 Kap. I I , § 2, 4.2., insbes. 4.2.3. 355 s. Kap. I I , § 2, 4.2.4. 356 RG PrVBl. 29/1015.
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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2.3.1.1. D i e Rechtsprechung i n Z e i t e n z u n e h m e n d e r P l a n u n g e n D i e Ü b e r n a h m e dieses A n l a g e b e g r i f f e s i n die Z e i t n a c h d e m K r i e g e u n d i h r e B e i b e h a l t u n g bis i n neueste Z e i t l ä ß t d e n G e s i c h t s p u n k t der sozialen V e r p f l i c h t u n g des E i g e n t u m s ( A r t . 14 A b s . 2 G G ) ebenso u n b e r ü c k s i c h t i g t w i e die Tatsache, daß d i e städtebauliche P l a n u n g i m m e r größere B e d e u t u n g e r l a n g t u n d W e r t s t e i g e r u n g e n i n z u n e h m e n d e m Maße durch öffentliche Planungen hervorgerufen werden. L e h n t e n sich f r ü h e r G e m e i n d e v e r g r ö ß e r u n g e n als echte E r w e i t e r u n g e n a n die b i s h e r i g e B e b a u u n g u n m i t t e l b a r an, so w e r d e n h e u t e ζ. B . Sat e l l i t e n s t ä d t e w e i t ab v o n v o r h a n d e n e r B e s i e d e l u n g a u f G e l ä n d e e r s t e l l t , das bis z u r P l a n u n g k e i n e B a u e r w a r t u n g a u f w i e s 3 5 7 . Dieser geä n d e r t e n S i t u a t i o n w i r d d i e B G H - R e c h t s p r e c h u n g n i c h t gerecht. Z w a r h a t P a g e n d a r m 1965 3 5 8 d a r a u f h i n g e w i e s e n , daß i n der Rechtsprechung des B G H das V e r h ä l t n i s v o n P l a n u n g u n d B o d e n q u a l i t ä t b i s h e r i m w e sentlichen n u r f ü r P l a n u n g e n e r ö r t e r t w o r d e n sei, die sich m e h r oder w e n i g e r eng a n b e r e i t s v o r h a n d e n e B e b a u u n g e n a n s c h l i e ß e n 3 5 9 . M i t „ P l a n u n g e n a u f der g r ü n e n W i e s e " u n d d e n v o n i h n e n b e w i r k t e n W e r t e r h ö h u n g e n habe sich das G e r i c h t noch n i c h t befaßt. O b aus d e m E n t s c h ä d i g u n g s p r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G e t w a s f ü r d e r a r t i g e P l a n u n gen e n t n o m m e n w e r d e n k ö n n e , ließ P a g e n d a r m offen. V o r d e m H i n t e r g r u n d d e r m i t t l e r w e i l e e r g a n g e n e n U r t e i l e z u m Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t g e w i n n e i s t a l l e r d i n g s schwer v o r s t e l l b a r , w i e der T a t sache, daß die W e r t s t e i g e r u n g e n l e t z t l i c h v o n d e r ö f f e n t l i c h e n H a n d b e w i r k t w u r d e n , noch s t ä r k e r R e c h n u n g g e t r a g e n w e r d e n k ö n n t e . A u ß e r d e m b e t r a f das U r t e i l v o m 22. 5 . 1 9 6 7 3 6 0 eine F a l l g e s t a l t u n g , die e i n e r „ P l a n u n g a u f d e r g r ü n e n W i e s e " z u m i n d e s t sehr nahe k o m m t 3 6 1 . 2.3.1.2. B a r r i e r e n d u r c h das Gesetz: § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G A l l e r d i n g s ist seit I n k r a f t t r e t e n des B B a u G e i n W e r t s t e i g e r u n g s ausschluß größeren U m f a n g e s n i c h t m e h r m ö g l i c h . D e n n § 95 A b s . 2 N r . 1 des Gesetzes s t e l l t a u s d r ü c k l i c h a u f die b e v o r s t e h e n d e E n t e i g n u n g ab. A u s d e n M a t e r i a l i e n e r g i b t sich d a z u e i n d e u t i g , daß e i n Ausschluß s ä m t l i c h e r i n f o l g e der P l a n a u f s t e l l u n g e n t s t a n d e n e r W e r t s t e i g e r u n g e n n i c h t g e w o l l t w a r 3 6 2 . D i e E i n f ü h r u n g eines v o m V e r k e h r s w e r t des 357 358 359
Bl. 3
Vgl. Ernst / Friede § 44, 3 a S. 255 f., Vìe VerwArch. (54) 1963//360. W M 1965 Sond. 5 S. 14. Vgl. o. § 1, 2.2. u n d insbes. B G H Z 39//211 ff., L M Nr. 14 HessAufbauG
360
I I I ZR 121/66 — W M 1967/1014, 1015 - 1016. Siehe Kröner S. 117 Fußn. 149. 362 Ausschußbericht zu § 105 RegEntw. eines B B a u G S. 21, Verh. des D.BT, I I I . Wahlp., Anlagen zu den Sten. Ber. Bd. 67, zu Drucks. Nr. 1794; Sten. Ber. Bd. 46, 114. Sitzung vom 8. 5.1960, S. 6464 Β a. E. 361
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
f r e i e n M a r k t e s a b w e i c h e n d e n speziell entschädigungsrechtlichen V e r kehrswertes, die m a n a n d e r e n f a l l s befürchtete, s o l l t e v e r h i n d e r t w e r d e n 3 6 3 . D e n n o c h w a r die strenge H a n d h a b u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G d u r c h die Rechtsprechung n i c h t u n b e d i n g t e r f o r d e r l i c h , d e n n die M a t e r i a l i e n v e r b i e t e n n u r eine N i c h t e n t s c h ä d i g u n g a l l e r W e r t steigerungen, sagen jedoch n i c h t p o s i t i v , i n w e l c h e m R a h m e n e i n A u s schluß m ö g l i c h ist. Gerade der m i t d e m g r u n d l e g e n d e n U r t e i l v o m 29. 1. 19 6 8 3 6 4 entschiedene S a c h v e r h a l t h ä t t e e i n anderes E r g e b n i s z u gelassen: D i e E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e w a r eine g e m e i n n ü t z i g e W o h n u n g s b a u gesellschaft, die b e i der städtischen P l a n u n g m i t g e w i r k t h a t t e u n d d u r c h deren V o r a r b e i t e n u n d I n v e s t i t i o n e n ( A n k a u f u m l i e g e n d e n Geländes) der G r u n d b e s i t z des E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n w e r t v o l l e r g e w o r den w a r . I m ü b r i g e n w a r d i e Wohnungsbaugesellschaft T r ä g e r i n der gesamten E r s c h l i e ß u n g i m Gebiet des B e b a u u n g s p l a n e s 3 6 5 . D i e tatsächliche Interessenlage ä h n e l t e d a m i t der i m F a l l eines g e m e i n d l i c h e n B e b a u u n g s u n t e r n e h m e n s v o r h a n d e n e n sehr stark, u n d der B G H h ä t t e d u r c h Z u r ü c k g r e i f e n auf eine f r ü h e r v e r w e n d e t e F o r m e l zu e i n e m Wertsteigerungsausschluß k o m m e n k ö n n e n : i n z w e i U r t e i l e n 3 6 6 h a t t e das Gericht — a l l e r d i n g s f ü r W e r t m i n d e r u n g e n — ausgeführt, daß eine V o r w i r k u n g n i c h t n u r d a n n a n z u n e h m e n sei, w e n n die v o r b e r e i tende P l a n u n g gewissermaßen auf die v ö l l i g e E n t e i g n u n g hinziele, sond e r n auch dann, w e n n z w a r zwischen P l a n u n g u n d E n t e i g n u n g k e i n u n m i t t e l b a r e r Z u s a m m e n h a n g bestehe, aber die A u s w i r k u n g dennoch i m E n d e r g e b n i s dieselbe sei w i e b e i e i n e m u n m i t t e l b a r e n Z u s a m m e n hang. D e r B G H w i e s stattdessen gegenüber d e m V o r b r i n g e n , die Gesellschaft habe b e i der P l a n u n g m i t g e w i r k t , auf die aus der P l a n u n g sich eben n i c h t n o t w e n d i g ergebende E n t e i g n u n g h i n : W i e w e n i g die P l a n u n g eine E n t e i g n u n g z u r F o l g e h a b e n m ü ß t e , e r h e l l e m i t a l l e r D e u t l i c h k e i t aus der Tatsache, daß noch nach I n k r a f t t r e t e n des B e bauungsplanes f r e i h ä n d i g e A n k ä u f e auch d u r c h d i e W o h n u n g s b a u g e sellschaft g e t ä t i g t w o r d e n s e i e n 3 6 7 . Diese A r g u m e n t a t i o n ist u n v e r s t ä n d l i c h v o r d e m H i n t e r g r u n d der B e s t i m m u n g des § 87 A b s . 2 N r . 2 B B a u G , der gemäß einer E n t e i g n u n g das e r n s t h a f t e B e m ü h e n u m einen 363
Ausschußbericht a.a.O. N J W 1968/892. 865 NJW 1968//893 1. 366 Urt. v. 13. 12. 1962 — I I I ZR 164/61, L M Nr. 14 Hess. AufbauG Bl. 4 und v. 27. 6. 1963 — I I I ZR 166/61, W M 1963//1097, insoweit i n B G H Z 40/87 nicht abgedruckt. 367 NJW 1968//893 1. Die sonstigen Käufe, auf die sich das Gericht bezieht, tätigten andere Baugesellschaften, aber auch nur i m Hinblick auf V e r w i r k lichung des Bebauungsplanes: vgl. W M 1968//451 sub 3, insoweit in N J W 1968 nicht abgedruckt. 864
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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f r e i h ä n d i g e n E r w e r b vorausgegangen sein m u ß . W e n n e i n d e r a r t i g e s B e m ü h e n z u m E r f o l g f ü h r t , k a n n daraus n i e m a l s etwas gegen die N ä h e einer Enteignung entnommen w e r d e n 8 6 8 . 2.3.1.3. D e r Sozialstaatsgedanke b e i A u s l e g u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G F o l g e der v o m B G H v o r g e n o m m e n e n B e g r e n z u n g des speziellen Wertsteigerungsausschlusses ist die A b s c h ö p f u n g u n v e r d i e n t e r Gew i n n e a l l e i n i n den F ä l l e n v o n E n t e i g n u n g e n z u Z w e c k e n des G e m e i n bedarfs i m o b e n 3 6 9 e r l ä u t e r t e n Sinne. W e n n d i e A l l g e m e i n h e i t als solche, e i n n i c h t abgrenzbarer wechselnder B e v ö l k e r u n g s t e i l 3 7 0 , N u t z nießer d e r E n t e i g n u n g w i r d , ist es — i n s o w e i t m u ß m a n d e m B G H z u s t i m m e n — durchaus b e r e c h t i g t , W e r t s t e i g e r u n g e n z u g u n s t e n der A l l g e m e i n h e i t abzuschöpfen, die sie l e t z t l i c h h e r v o r g e r u f e n h a t . B e d e n k e n gegen eine N i c h t e n t s c h ä d i g u n g v o n W e r t s t e i g e r u n g e n bestehen i n d e n F ä l l e n — auch i n s o w e i t g e h t die h i e r v e r t r e t e n e M e i n u n g m i t der Rechtsprechung des B G H , der d e r a r t i g e E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n a l l e r d i n g s n i c h t v o r n i m m t , k o n f o r m — i n denen a u f der Seite des E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e n n i c h t die A l l g e m e i n h e i t , sondern eine g e w i n n o r i e n t i e r t e P r i v a t p e r s o n Interesse a m N i e d r i g h a l t e n der E n t s c h ä d i g u n g h a t 3 7 1 ; d e n n b e i K o l l i s i o n v o n E i g e n t ü m e r - u n d K a p i t a l i n t e r e s s e n ist k e i n G r u n d ersichtlich, die E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e n b e i der E n t s c h ä d i gungsbemessung z u r ü c k s t e h e n z u l a s s e n 3 7 2 . D e n W e r t s t e i g e r u n g s a u s schluß n u r auf erstere F ä l l e zu beschränken, scheint jedoch angesichts des Verfassungsgrundsatzes der S o z i a l s t a a t l i c h k e i t ( A r t . 20 A b s . 1, 28 A b s . 1 GG) als zu eng. A u c h d o r t , w o E n t e i g n u n g e n l e t z t l i c h z w a r n u r e i n e r b e g r e n z t e n G r u p p e P r i v a t e r z u g u t e k o m m e n , dies aber aus G r ü n d e n der G e s t a l t u n g einer sozialen O r d n u n g geschieht, m u ß eine A b schöpfung u n v e r d i e n t e r G e w i n n e m ö g l i c h sein. Das U r t e i l v o m 29. 1. 19 6 8 3 7 3 h ä t t e Gelegenheit gehabt, e i n e n Wertsteigerungsausschluß i n dieser R i c h t u n g zu e n t w i c k e l n . U n m i t t e l b a r E n t e i g n u n g s b e g ü n s t i g t e r w a r , w i e schon e r w ä h n t , eine g e m e i n n ü t z i g e Wohnungsbaugesellschaft. W e n n d e r a r t i g e W o h n u n g s u n t e r n e h m e n i m R a h m e n der gesetzlichen M ö g l i c h k e i t e n auch G e w i n n e e r z i e l e n 3 7 4 , so ist doch die G e w i n n v e r t e i 3β8 v g l . auch schon B G H Z 28//162, wo die V o r w i r k u n g unabhängig von A b wendungskäufen untersucht w i r d . 360 2.2.1. a.E. 370 B G H N J W 1968//893. 371 Selbstverständlich ist Enteignungsvoraussetzung die Erforderlichkeit für das W o h l der Allgemeinheit. 372 Vgl. schon Kap. I I I , § 1, 3. 373 N J W 1968/892. 374 Gemäß § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit i m Woh-
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l u n g n u r begrenzt m ö g l i c h 8 7 4 a . D i e G e w i n n e verbleiben den U n t e r n e h m e n zweckgebunden. Ü b e r w i e g e n d g e h ö r e n diese Gesellschaften z u d e m der ö f f e n t l i c h e n H a n d 3 7 5 . A b e r selbst w e n n dies anders läge, w ä r e d a m i t der W o h n u n g s b a u k e i n e g e r i n g e r e soziale N o t w e n d i g k e i t . I n e i n e m W i r t s c h a f t s s y s t e m , das a u f d e r P r i v a t i n i t i a t i v e b e r u h t , w e r d e n soziale A u f g a b e n v i e l f a c h d u r c h P r i v a t e , aber u n t e r staatlicher F ö r d e r u n g d e r verschiedensten A r t d u r c h g e f ü h r t . D i e m i t der A u s f ü h r u n g der A u f g a b e n v e r b u n d e n e n e r w e r b s w i r t s c h a f t l i c h e n Interessen etwa p r i v a t e r Kapitalgeber, dürfen d a n n nicht den B l i c k f ü r die staatlicherseits v e r f o l g t e n Ziele, n ä m l i c h d i e G e s t a l t u n g e i n e r sozialen O r d nung, verstellen. D i e E i n b e z i e h u n g sozialstaatlicher E r w ä g u n g e n b e i d e r A u s l e g u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G s c h n i t t der B G H m i t d e r recht k u r z e n B e m e r k u n g ab, es sei n i c h t z u e r k e n n e n , wieso der U m s t a n d , daß die A n t r a g s g e g n e r i n als g e m e i n n ü t z i g e W o h n u n g s b a u g e s e l l s c h a f t ö f f e n t liche Interessen w a h r n i m m t , z u e i n e r a n d e r w e i t i g e n B e u r t e i l u n g A n laß geben s o l l t e 8 7 6 . A u c h i n d e r Rechtsprechung des B G H , ä h n l i c h w i e schon i n der reichsgerichtlichen J u d i k a t u r 3 7 7 , zeigt sich d a m i t d i e A b n e i g u n g gegen eine e n t s c h ä d i g u n g s m i n d e r n d e B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n soz i a l e n E n t e i g n u n g s z w e c k e n , o b w o h l v o n Verfassungs w e g e n eine d e r a r t i g e B e r ü c k s i c h t i g u n g z u m i n d e s t offenstand. A l l e r d i n g s g l a u b t e sich der B G H i n seinem U r t e i l v o m 29. 1. 1968 a n der A b s c h ö p f u n g der U m s i e d l u n g s v o r t e i l e d u r c h A r t . 3 G G g e h i n d e r t , da N i c h t e n t e i g n e t e n die G e w i n n e i m Gegensatz z u d e n E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n v e r b l i e -
nungswesen vom 29. 2.1940 (RGBl. I S. 438) ist die Überlassung von Wohnungen n u r zu angemessenem Preis möglich; § 13 der VO zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes i n der Fassung v o m 24.11.1969 (BGBl. I S. 2141) bestimmt den angemessenen Preis nach den laufenden Aufwendungen. Insoweit ist also eine Gewinnerzielung gesetzlich ausgeschlossen, w o r i n ein Wesensmerkmal der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft besteht (Flender S. 17). Daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen aber, soweit dies zulässig ist, auf Gewinnmaximierung nicht verzichten, lassen die Bilanzen der Unternehmen erkennen. So erwirtschaftete z. B. die G A G F A H bei einem Grundkapital von 75 M i l l . D M für 1970 einen Bilanzgewinn von 4,7 M i l l . DM, für 1971 von 7,9 M i l l . D M ( G A G F A H , Bericht über das Geschäftsjahr 1970 und 1971), die G E H A G bei einem Grundkapital von 20 M i l l . D M für 1970 wie 1971 einen Bilanzgewinn von 1,8 M i l l D M (GEHAG, Geschäftsbericht 1970 und 1971). 374a s. § 9 lit. a des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit a.a.O.: Die M i t glieder oder Gesellschafter . . . dürfen . . . bei der Verteilung des Reingewinnes höchstens jährlich 4 °/o oder einen anderen v o m Reichsarbeitsminister bestimmten Hundertsatz ihrer eingezahlten Kapitaleinlage . . . erhalten. 375 Vgl. Wer gehört zu wem? 7. Aufl. Nr. 1661 ff., 8. Auflage Nr. 2120 ff. 376 N J W 1968//893. 377 Kap. I I I , § 1, 3.
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b e n 3 7 8 . Diese E r w ä g u n g m ü ß t e d a n n aber k o n s e q u e n t z u e i n e r v ö l l i g e n A u s s c h a l t u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G , also auch b e i E n t e i g n u n g e n f ü r Z w e c k e des G e m e i n b e d a r f s f ü h r e n 8 7 9 , es sei denn, m a n s t e l l t a u f eine i n h a l t l i c h e R e c h t f e r t i g u n g des Wertsteigerungsausschlusses ab. Letzteres h ä t t e jedoch z u r Folge, daß d i e v o m B G H v o r g e n o m m e n e r e s t r i k t i v e A u s l e g u n g des § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G i n d e r oben anged e u t e t e n R i c h t u n g aufgegeben w e r d e n m ü ß t e . 2.3.2. Die mit Sicherheit
zu erwartende
Enteignung
2.3.2.1. M ö g l i c h k e i t e n w e i t e r g e h e n d e n Wertsteigerungsausschlusses d u r c h A b s t e l l e n a u f die E r w a r t u n g e n des G r u n d s t ü c k s v e r k e h r s N a c h d e n V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e n des B G H ist V o r a u s s e t z u n g des Wertsteigerungsausschlusses n i c h t n u r eine E n t e i g n u n g als A u s l ö s e r des Entstehens v o n G e w i n n e n , s o n d e r n d a r ü b e r hinaus, daß diese E n t e i g n u n g auch m i t Sicherheit zu e r w a r t e n w a r . W i e schon e r w ä h n t 3 8 0 7 3 8 1 , p r ü f t e der B G H aus der o b j e k t i v e n B e t r a c h t u n g ex post, v o n w e l c h e m P l a n u n g s s t a d i u m ab die E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t z u e r w a r t e n w a r . I m f o l g e n d e n s o l l u n t e r s u c h t w e r d e n , ob dieses V o r g e h e n m i t der sonst v o m B G H gehandhabten Praxis der Entschädigungsermittlung vereinb a r ist. A u s g e g a n g e n w e r d e n s o l l v o n § 95 A b s . 1 B B a u G , d e m gemäß sich die E n t s c h ä d i g u n g f ü r d e n R e c h t s v e r l u s t nach d e m V e r k e h r s w e r t des z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k s i n d e m Z e i t p u n k t b e i m i ß t , i n d e m die E n t e i g n u n g s b e h ö r d e ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g entscheidet. W ü r d e m a n u n m i t t e l b a r a u f d e n V e r k e h r s w e r t des z u e n t e i g n e n d e n G r u n d stücks i m Z e i t p u n k t d e r E n t e i g n u n g abstellen, so m ü ß t e m a n d e n p l a n u n g s r e c h t l i c h e n Z u s t a n d i n diesem Z e i t p u n k t berücksichtigen, w a s w e g e n der e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n W e r t m i n d e r u n g e n i n j e d e m F a l l u n gerecht w ä r e . Z u m a n d e r e n w ä r e m a n m i t d e r Tatsache k o n f r o n t i e r t , daß die z u e n t e i g n e n d e n G r u n d s t ü c k e ü b e r w i e g e n d k e i n e n V e r k e h r s w e r t m e h r haben, V e r g l e i c h s p r e i s e 8 8 2 n i c h t e x i s t i e r e n , w a s insbesondere b e i E n t e i g n u n g e n z u ö f f e n t l i c h e n Z w e c k e n der F a l l i s t 3 8 3 . D i e E r m i t t l u n g der Entschädigung erfolgt daher notwendigerweise auf G r u n d h y p o t h e t i s c h e r E r w ä g u n g e n , i n d e r e n Z u s a m m e n h a n g auch das P r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e t 3 8 4 . Dieses V o r g e h e n 378
N J W 1968//893. So w o h l Müller N J W 1965/71520, wenngleich er i m Ergebnis diese K o n sequenz wieder abmildert. 380/381 § 2 , 2.2.2.2. 379
382 s. § 141 BBauG i. V. m. §§ 4 ff. VO über Grundsätze für die E r m i t t l u n g des Verkehr s wertes v. 7. 8.1961. 383 Katzenstein DöV 1961//585, Maury N J W 1965//736 - 737, Kimminich S. 40, B G H Z 31//250, vgl. B G H W M 1967//1015 1. u. 384 Vgl. Katzenstein a.a.O.
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
e n t s p r i c h t auch der reichsgerichtlichen P r a x i s , die d e n W e r t des G r u n d stücks entschädigte, d e n es i m Z e i t p u n k t der E n t e i g n u n g g e h a b t hätte, w e n n die A n l a g e n i c h t e r f o l g t w ä r e 3 8 5 . N a c h den G r u n d s ä t z e n des B G H ist der Z e i t p u n k t der Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g v o n d e m f ü r d i e P r e i s - u n d W ä h r u n g s v e r h ä l t n i s s e maßgebl i c h e n zu unterscheiden. E r s t e r e r d i e n t z u r F e s t s t e l l u n g des G e n o m m e nen, des Rechtsverlustes i. S. des § 95 A b s . 1 S. 1 B B a u G . Was d e m E n t e i g n u n g s b e t r o f f e n e n g e n o m m e n w u r d e , ist an sich o b j e k t i v z u e r m i t t e l n , ohne daß dabei d e r G r u n d s t ü c k s v e r k e h r eine R o l l e spielt. Z u r E r m i t t l u n g des G e n o m m e n e n müssen auch die q u a l i t ä t s m ä ß i g e n e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n W e r t s t e i g e r u n g e n abgezogen w e r d e n , w o r a u s folgt, daß sie ebenfalls o b j e k t i v z u berechnen sind. Letzteres geschieht i n der Rechtsprechung des B G H insofern, als f ü r das B e s t e h e n einer v o r w i r k e n d e n M a ß n a h m e V o r a u s s e t z u n g e n a u f g e s t e l l t w u r d e n , auf die der j e w e i l i g e S a c h v e r h a l t zu u n t e r s u c h e n ist, ohne daß dabei w e s e n t l i c h w ä r e , ob der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r m i t e i n e r sicheren E n t e i g n u n g rechn e t e 8 8 6 . N u n b e r ü c k s i c h t i g t der B G H b e i E r m i t t l u n g des Rechtsverlustes aber auch s u b j e k t i v e V o r s t e l l u n g e n des G r u n d s t ü c k s v e r k e h r s , u n d z w a r z u m i n d e s t b e i der Frage, ob e i n als A c k e r l a n d genutztes Gelände seiner Q u a l i t ä t nach h ö h e r b e w e r t e t w e r d e n k a n n 3 8 7 . N a c h d e m g r u n d legenden U r t e i l v o m 8. 11. 19 6 2 3 8 8 w i r d die B a u l a n d q u a l i t ä t eines G r u n d s t ü c k s s o w o h l d u r c h L a g e u n d Beschaffenheit eines Geländes u n d d a m i t v o n den n a t ü r l i c h e n B e d ü r f n i s s e n u n d der n a t ü r l i c h e n E n t w i c k l u n g als auch d u r c h die P l a n u n g b e s t i m m t , w o b e i j e w e i l s der eine oder andere F a k t o r i m E i n z e l f a l l ü b e r w i e g e n k a n n . W e s e n t l i c h i m h i e r i n teressierenden Z u s a m m e n h a n g ist d i e w e i t e r e F e s t s t e l l u n g des Gerichts, daß es h ä u f i g einer Ü b e r p r ü f u n g d a h i n g e h e n d b e d ü r f e n w e r d e , ob n i c h t die P l a n u n g m ö g l i c h e r w e i s e h i n t e r den n a t ü r l i c h e n B e d ü r f n i s s e n u n d der n a t ü r l i c h e n E n t w i c k l u n g h i n t e r h e r h i n k e 3 8 9 . R ä u m t die Rechtsprechung d e m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r b e i der Q u a l i t ä t s e r m i t t l u n g einen d e r a r t i g e n W i r k u n g s b e r e i c h ein, so m ü ß t e k o n s e q u e n t e r w e i s e auch i m R a h m e n des e n t e i g n u n g s b e d i n g t e n Wertsteigerungsausschlusses der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r i n s o w e i t B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n , als es u m die F r a g e der m i t S i c h e r h e i t zu e r w a r t e n d e n E n t e i g n u n g geht. M i t anderen W o r t e n , schon d a n n sollte eine V o r w i r k u n g b e j a h t w e r d e n , w e n n der G r u n d s t ü c k s v e r k e h r eine E n t e i g n u n g m i t Sicherheit e r w a r t e t e , u n d
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Kap. I I , § 3, 5.3.3.1. 3θβ V g L B G H W M 1968//450 1., insoweit nur teilweise i n N J W 1968/892 abgedruckt. 387 388 389
Vgl. o. § 1, 2.2. B G H Z 39/198, 210 ff., 214. BGHZ 39//214.
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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n i c h t erst dann, w e n n die E n t e i g n u n g — o b j e k t i v gesehen — i n sichere Nähe gerückt war. 2.3.2.2. D e r G r a d d e r S i c h e r h e i t 2.3.2.2.1. N i c h t e r f o r d e r l i c h i s t eine sichere
Enteignung
E i n e E n t e i g n u n g ist nach den V o r w i r k u n g s u r t e i l e n i n der Regel d a n n m i t S i c h e r h e i t zu e r w a r t e n , w e n n i m festgestellten B e b a u u n g s p l a n e i n G r u n d s t ü c k als Gelände f ü r G e m e i n b e d a r f s z w e c k e ausgewiesen w i r d . W e l c h e n G r a d v o n Sicherheit der B G H d a m i t v e r l a n g t e , l ä ß t sich n u r n e g a t i v sagen: nicht gefordert w u r d e eine „sichere" E n t e i g n u n g . Das ergeben d i e Grundsätze des B G H z u § 87 Abs. 1 B B a u G . N a c h dieser V o r s c h r i f t ist eine E n t e i g n u n g i m E i n z e l f a l l zulässig, w e n n das W o h l der A l l g e m e i n h e i t sie e r f o r d e r t . M i t der ü b e r e i n s t i m m e n d e n M e i n u n g der L i t e r a t u r 3 9 0 l ä ß t es die Rechtsprechung diesbezüglich jedoch n i c h t genügen, daß d i e i m B e b a u u n g s p l a n festgesetzte N u t z u n g s a r t d e m A l l g e m e i n w o h l dient. V i e l m e h r m u ß gerade die E n t e i g n u n g i m E i n z e l f a l l v o m W o h l der A l l g e m e i n h e i t g e f o r d e r t s e i n 3 9 1 . W i c h t i g i m h i e r i n t e r essierenden Z u s a m m e n h a n g ist die Tatsache, daß der B e b a u u n g s p l a n „ s e i n e r N a t u r n a c h " 3 9 2 nichts d a r ü b e r e n t h ä l t , ob die E n t e i g n u n g i m E i n z e l f a l l e r f o l g e n darf. D e r B e b a u u n g s p l a n ist k e i n E n t e i g n u n g s p l a n 3 9 3 . M i t a n d e r e n W o r t e n , selbst b e i Festsetzungen f ü r öffentliche Z w e c k e ist eine E n t e i g n u n g , abgesehen v o n P l a n u n g s ä n d e r u n g e n u. ä., w e g e n der z u berücksichtigenden E i g e n t ü m e r i n t e r e s s e n i m E i n z e l f a l l keineswegs s i c h e r 3 9 4 . E i n e n auch diese U n g e w i ß h e i t ausschließenden G r a d v o n S i c h e r h e i t v e r l a n g t e der B G H i m R a h m e n der V o r w i r k u n g nicht. I n der reichsgerichtlichen J u d i k a t u r spielte der Gesichtspunkt der sicheren E n t e i g n u n g k e i n e a u s d r ü c k l i c h e R o l l e 3 9 5 . Doch w a r auch b e i V e r f a h r e n nach d e m P r E G oder d e m F L G die E n t e i g n u n g i m Z e i t p u n k t , v o n d e m ab W e r t s t e i g e r u n g e n ausgeschlossen w u r d e n , z u m i n d e s t m i t S i c h e r h e i t zu e r w a r t e n . S o w e i t das E n t e i g n u n g s r e c h t den U m f a n g der A n l a g e b e s t i m m t e 3 9 6 u n d k e i n e B e s c h r ä n k u n g der E n t e i g n u n g a u f b e s t i m m t e G r u n d s t ü c k e schon d u r c h die E n t e i g n u n g s a n o r d n u n g erfolgte, d ü r f t e i m Z e i t p u n k t der B e w i l l i g u n g des Enteignungsrechts, nach d e m 390 391
Statt aller: H eitzer / Oestr eicher § 87 2 a, Pohl S. 10 ff. B G H DVB1. 1967//378, N J W 1967//2306, O L G Hamburg BBauBl. 1966/
120. 392
B G H DVB1. 1967//378. O L G Hamburg BBauBl. 1966/120. 394 Daran ändert auch § 40 B B a u G nichts: der Übernahmeanspruch nach Abs. 2 k a n n nicht i n allen Fällen geltend gemacht werden, ein Vorgehen nach Abs. 5 setzt fehlgeschlagene Übernahme voraus. 393 Vgl. als Ausnahme JW 1902/549, s. auch Kap. I I , § 3, 4.1.1. 396 Kap. I I , § 3, 4.1.2. 393
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Kap. V : Der spezielle Wertsteigerungsausschluß
sich der Wertsteigerungsausschluß d a n n r i c h t e t e 3 9 7 , die E n t e i g n u n g e t w a m i t gleicher Sicherheit z u e r w a r t e n gewesen sein w i e nach d e m h e u t i g e n Rechtszustand: d e n n erst d e r Planfeststellungsbeschluß entschied ü b e r die E n t e i g n u n g e i n z e l n e r G r u n d s t ü c k e . W e n n sich die E n t e i g n u n g s a n o r d n u n g a u f b e s t i m m t e G r u n d s t ü c k e bezog, w a s die V e r w a l t u n g s p r a x i s z u l i e ß 3 9 8 , so w a r d a m i t p r a k t i s c h das V e r f a h r e n v o r d e r E n t e i g n u n g s b e h ö r d e v o r w e g g e n o m m e n u n d d i e E n t e i g n u n g i n sicherer A u s s i c h t b e v o r s t e h e n d 3 9 9 . W e r t e r h ö h u n g e n , die sich v o r der E n t e i g n u n g s a n o r d n u n g i m G r u n d s t ü c k s v e r k e h r n i e d e r s c h l u g e n 4 0 0 , e r f o l g t e n ohne A n h a l t s p u n k t i r g e n d w e l c h e r P l a n u n g e n . O b eine E n t e i g n u n g u n d i n w e l c h e m U m f a n g sie e r f o l g e n w ü r d e , w a r i n diesem S t a d i u m u n g e w i ß . Gleiches m u ß f ü r die Z e i t v o r d e r P l a n f e s t s t e l l u n g i n d e n F ä l l e n gelten, i n denen der Planfeststellungsbeschluß d e n U m f a n g der A n l a g e b e s t i m m t e 4 0 1 . Was d i e S t r a ß e n a n l a g e n n a c h d e m F L G angeht, so b i l dete d i e F l u c h t l i n i e n f e s t s e t z u n g e i n e n T e i l des e i n h e i t l i c h e n U n t e r n e h m e n s 4 0 2 , W e r t s t e i g e r u n g e n nach d e r F e s t s t e l l u n g des Planes, auch schon nach d e r ersten P l a n o f f e n l e g u n g b l i e b e n u n b e r ü c k s i c h t i g t 4 0 3 . M i t der P l a n f e s t s t e l l u n g s t a n d d e n G e m e i n d e n das E n t e i g n u n g s r e c h t zu, ohne daß es einer besonderen V e r l e i h u n g oder eines e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n P l a n v e r f a h r e n s w e i t e r b e d u r f t e 4 0 4 . D a m i t w a r v o n diesem A u g e n b l i c k a n d i e E n t e i g n u n g i n s o f e r n sicher, als E i g e n t ü m e r b e l a n g e n i c h t w e i t e r beachtet w e r d e n m u ß t e n , d e n n eine P l a n f e s t s t e l l u n g nach §§ 15 bis 23 P r E G e n t f i e l 4 0 5 . I m F a l l e d e r V o r v e r l e g u n g d e r B e w e r t u n g b e i o r t s s t a t u t a r i s c h e n B a u v e r b o t e n 4 0 6 w a r dieser K o n n e x z u r E n t e i g n u n g noch n i c h t gegeben. Z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich sagen, daß der P r a x i s des B G H t e i l weise auch schon die Rechtslage u n t e r G e l t u n g des P r E G u n d des F L G entsprach. F ü r d e n W e r t s t e i g e r u n g s a u s s c h l u ß d e r G e g e n w a r t h a t die F e s t s t e l l u n g , daß eine sichere E n t e i g n u n g n i c h t e r f o r d e r l i c h ist, B e d e u t u n g ü b e r das B B a u G h i n a u s i n F ä l l e n , i n d e n e n d i e E n t e i g n u n g
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Kap. I I , § 3, 5.1. s. den bei Neufang § 1 , 6 u n d Meyer / Theil / Frohberg, § 2, 4 S. 63 f. zitierten Erlaß des Pr. Handelsministers v o m 14. 6.1923. 399 Vgl. A n m . 153. 400 Kap. I I , § 3, 5.1. a. E. 401 Kap. I I , § 3, 4.1.3. 402 Kap. I I , § 3, 4.2.1. 403 Kap. I I , § 3, 5.3.2. u n d 5.3.1.1.2.2. 404 Eger I 2. A 16 S. 43, Meyer / Thiel / Frohberg § 2, 4 S. 64 u. 405 Meyer / Thiel / Frohberg a.a.O. unter Hinweis auf die Verfügung des M i nisters für Volkswohlfahrt v o m 21.12.1923, abgedruckt bei Dieckmann S. 237 f. 406 Kap. I I , § 3, 4.2.2.2.2.1. 398
§ 3 Das i n § 10 Abs. 2 P r E G enthaltene Prinzip seit 1945
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auf G r u n d v o n Planungen i m außerenteignungsrechtlichen stellungsverfahren durchgeführt w i r d :
Planfest-
2.3.2.2.2. A n w e n d u n g der B G H - R e c h t s p r e c h u n g auf außerenteignungsrechtliche P l a n u n g e n U n t e r e i n e r a u ß e r e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n P l a n f e s t s t e l l u n g w i r d die F e s t s t e l l u n g eines Planes f ü r B a u v o r h a b e n 4 0 7 , eines B a u p l a n s f ü r V e r k e h r s a n l a g e n i. w . S . 4 0 8 i m Gegensatz z u t y p i s c h e n E n t e i g n u n g s p l ä n e n verstanden. Verbindlichen außerenteignungsrechtlichen P l ä n e n ist ü b e r w i e g e n d gemeinsam, daß sie w i e § 11 F L G e i n m a l d i e V o r e n t s c h e i dung über die Zulässigkeit der Enteignung enthalten u n d z u m anderen das enteignungsrechtliche P l a n f e s t s t e l l u n g s v e r f a h r e n e r s e t z e n 4 0 9 . B e i d e n h i e r i n F r a g e stehenden P l ä n e n ist e i n Ausschluß e n t e i g n u n g s b e d i n g t e r W e r t s t e i g e r u n g e n nach d e m a l l g e m e i n e n P r i n z i p des § 10 A b s . 2 P r E G n u r d a n n m ö g l i c h , w e n n diesen P l a n u n g e n v o r w i r k e n d e r C h a r a k t e r zugestanden w i r d : A b g e s e h e n v o n d e r ohne w e i t e r e s z u b e j a h e n d e n K a u s a l i t ä t zwischen P l a n u n d E n t e i g n u n g k o m m t es d a r a u f an, ob eine E n t e i g n u n g m i t S i c h e r h e i t z u e r w a r t e n ist. D e n P l ä n e n z u r Anlage von Straßen u n d Bahnen kann, soweit keine — freiwillige — Ü b e r e i g n u n g e r f o l g t , n u r d u r c h E n t e i g n u n g entsprochen w e r d e n , es h a n d e l t sich u m Festsetzungen z u G e m e i n b e d a r f s z w e c k e n . N u n h a t der B G H bisher n u r bezüglich Ausweisungen v o n Gemeinbedarfsflächen i n B e b a u u n g s p l ä n e n eine V o r w i r k u n g z u e r k a n n t . A u f die A r t des Planes k a n n es aber n i c h t a n k o m m e n , s o n d e r n n u r a u f d i e N ä h e z u r E n t e i g n u n g . Diesbezüglich besteht aber zwischen d e m B e b a u u n g s p l a n des B B a u G u n d a u ß e r e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n P l ä n e n k e i n Unterschied. W e n n auch d i e herrschende Rechtsprechung z u l e t z t e r e n P l ä n e n v e r l a n g t , daß t r o t z d e r w e i t g e h e n d e n W i r k u n g e n dieser P l ä n e i m H i n b l i c k a u f d i e E n t e i g n u n g i m m e r noch z u p r ü f e n b l e i b t , ob i m E i n z e l f a l l die E n t e i g n u n g zulässig i s t 4 1 0 , so e n t s p r i c h t diese P r a x i s der Rechtsprechung des B G H zu § 87 A b s . 1 B B a u G u n d v e r h i n d e r t n i c h t , e i n e V o r w i r k u n g z u b e j a h e n . E i n außerenteignungsrechtliches P l a n v e r f a h r e n b i l d e t also m i t d e r späteren E n t e i g n u n g e i n e i n h e i t l i c h e s U n t e r n e h m e n 4 1 1 . 407
Kodal S. 469: Stichwort Planfeststellung sub 3 b. Hoppe Rdnr. 8 S. 4 i m Anschluß an eine noch nicht veröffentlichte Arbeit von Blümel. 409 Hoppe Rdnr. 44 ff., Kodal S. 182 f.: Stichwort Enteignung f ü r Straßenzwecke sub 2. Siehe z. B. § 19 Abs. 1 u. 2 FStrG, ebenso die Landesstraßenu n d Landeseisenbahngesetze — Nachweise bei Hoppe Rdnr. 42 A n m . 6 —, § 31 PersBefG; str. für § 36 BBahnG, dazu Meyer / Thiel / Frohberg § 15, 5. 410 B V e r w G BayVBl. 1963//214, DöV 1969/503, 1970/64, B a y V G H V e r w Rspr. 16//483. Wegen weiterer Nachweise vgl. Hoppe Rdnr. 42 S. 23 Anm. 5. A . M . w o h l OVG Lüneburg Verkbl. 1962/663 u. V G F r a n k f u r t DVB1. 1964/158. 411 So i m Ergebnis Schmidt DVB1. 1971/453 u. w o h l B G H BauR 1972/162 ff. Α. Α., aber nur i m Zusammenhang von Rechtsschutzfragen, Hoppe Rdnr. 14. 408
Kapitel
VI
Schluß 1. Zusammenfassung Faßt m a n die Ergebnisse der v o r a n g e g a n g e n e n K a p i t e l , die sich m i t der E n t w i c k l u n g seit B e g i n n des v o r i g e n J a h r h u n d e r t s befaßten, z u sammen, so l ä ß t sich feststellen: d e r Wertsteigerungsausschluß b e i der Enteignungsentschädigung hat i n Deutschland k a u m positive Tradit i o n 1 . E i n n i c h t u n e r h e b l i c h e n A n t e i l an dieser Tatsache k o m m t , w o r a u f 1 Diese Aussage gilt, was die Zeit nach dem 2. Weltkrieg angeht, nicht für die Situation i n der DDR. Dort dürfte, wie schon die Tatsache vermittelt, daß anders als i n der Verfassung von 1949 (Art. 26 Abs. 1 Satz 2: Die Wertsteigerung des Bodens, die ohne Arbeits- und Kapitalaufwendung entsteht, ist für die Gesamtheit nutzbar zu machen.), i n der Verfassung von 1968 eine Regelung bezüglich der Bodenwertsteigerungen nicht mehr enthalten ist, das Problem der unverdienten Wertgewinne i m System der Zentralplanungswirtschaft keine Rolle mehr spielen (Werner S. 78). A u f dem Sektor Bodenrecht ist die Entwicklung i n der DDR seit der unmittelbaren Nachkriegszeit durch die völlige Umgestaltung der Eigentumsordnung gekennzeichnet. Z u m einen erfolgten i n großem Maße Sozialisierungen — i n den miesten Fällen ohne Entschädigung —, zum anderen w u r den neue Eigentumsformen herausgebildet, so insbesondere das Volkseigent u m (vgl. A r t . 28 Verfassung von 1949, A r t . 10 Verfassung von 1968). Eine Enteignung von Volkseigentum ist nicht möglich, da der Staat als Rechtsträger keine Enteignung gegen sich selbst auszusprechen braucht (Mampel A r t . 16, I, 2 b S. 409). Volkseigener Boden w i r d den zulässigen Trägern — etwa für den Städtebau — übertragen, u n d zwar kostenlos (Werner S. 79 m i t Nachweis einschlägiger Bestimmungen). Gegenstand einer Enteignung können nur die i m Individualeigentum stehenden Grundstücke sein (Mampel A r t . 16, I, 2 b S. 410). Formen des Individualeigentums sind das „persönliche Eigentum" u n d das „Privateigentum" (Art. 11 Verf. 1968 und A r t . 12 e contrario i. V. m. A r t . 14 Verf. 1968. Wegen der Unterscheidung dieser beiden Eigentumsformen i m Recht der DDR siehe Arlt / Rohde Bes. Teil Kap. V, §§ 1 und 2 S. 472 ff., Roggemann S. 104 ff.). Z u m persönlichen Eigentum gehören die zur Befriedigung der Wohn- und Erholungsbedürfnisse der Eigentümer dienenden Grundstücke (Arlt / Rohde a.a.O. S. 472). Objekte des privaten Grundstückseigentums sind u. a. die Grundstücke der privaten Handwerker, Einzelhändler, die von den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genutzten Grundstücke der Genossenschaftsbauern — den LPG-Bauern verbleibt formal das Eigentum an den einst privat b e w i r t schafteten Flächen: § 7 Abs. 1 Gesetz über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften v. 3.6. 1959 (GBl. I S. 577) — u n d die privaten Miethausgrundstücke (Arlt / Rohde a.a.O. S. 479). I m Gegensatz zur Verfassung von 1949, die eine entschädigungslose Enteignung ermöglichte (Art. 23 S. 2), läßt A r t . 16 der Verfassung von 1968 Enteignungen nur noch gegen angemessene Entschädigung zu. F ü r Enteig-
Schluß
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j e w e i l s h i n g e w i e s e n w u r d e , der Rechtsprechung zu. Das Bestreben, die Enteignungsentschädigung i m m e r wieder i n Richtung auf einen v o l l e n W e r t a u s g l e i c h zu i n t e r p r e t i e r e n , selbst w e n n gesetzliche R e g e l u n g e n etwas anderes f o r d e r t e n oder doch z u m i n d e s t e i n anderes E r g e b n i s zuließen, w a r charakteristisches M e r k m a l . Es w ä r e interessant gewesen z u k l ä r e n , v o r d e m H i n t e r g r u n d w e l chen Selbstverständnisses d i e G e r i c h t e i h r e Entschädigungsrechtsprec h u n g e n t w i c k e l t e n . Doch h ä t t e eine d e r a r t i g e U n t e r s u c h u n g d e n R a h m e n der A r b e i t gesprengt. O f f e n b l e i b e n m u ß deshalb, ob eine B e s t i m m u n g der A u f g a b e n der Gerichte, w i e sie Esser i n seiner S c h r i f t „ G r u n d s a t z u n d N o r m " v o r n a h m 2 , d e m S e l b s t v e r s t ä n d n i s der J u d i k a t u r nungen nach den verschiedensten Gesetzen (s. Mampel Art. 16 I I , 2 S. 414), vor allem aber nach dem Aufbaugesetz (Gesetz über den Aufbau der Städte i n der DDR und der Hauptstadt Deutschlands, Berlin v. 6. 9.1950, GBl. S. 965) bemißt sich die Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz (Gesetz über die Entschädigung bei Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz v. 25. 4.1960, GBl. I S. 257). Gemäß § 3 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes ist Grundlage der Geldentschädigung der Grundstückswert i m Zeitpunkt der I n a n spruchnahme, allerdings unter Berücksichtigung von Bodenwertminderungen, die vor dem Wiederaufbau durch wesentliche Änderungen der wirtschaftlichen Bedeutung des Gebietes, i n dem das Grundstück lag, eingetreten waren. Betroffen von dieser Einschränkung waren vor allem Trümmergrundstücke, die an Wertsteigerungen, welche ein Gebiet durch Wiederaufbaumaßnahmen erfuhr, nicht teilhatten. Obere Grenze der Entschädigung ist der zulässige Höchstpreis (§ 3 Abs. 1 S. 2 Entschädigungsgesetz). Als Entschädigungsmaßstab scheint der i m normalen Grundstücksverkehr i m Durchschnitt realisierbare — und nach dem Preisrecht zulässige — Preis anerkannt zu sein (Arlt / Rohde Bes. Teil I I I , § 11, I V S. 448 f. unter Bezugnahme auf mehrere Bewertungsrichtlinien, Werner S. 79). Das bedeutete unter zentralplanungswirtschaftlichen Verhältnissen bewußt einen Ausschluß von Spekulationsgewinnen (Arlt / Rohde a.a.O. S. 448). Bei Enteignungen städtischer Grundstücke — wie übrigens auch i m freien Verkehr — sind w o h l nur die Stoppreise von 1935 gezahlt worden (Werner S. 79 und 90), gleiches dürfte überwiegend auch für die sonstigen Grundstücke zutreffend sein (vgl. Werner S. 83 und Arlt / Rohde a.a.O. S. 448), w o m i t das Problem der unverdienten Wertsteigerungen gelöst ist. Schon der hier vermittelte kurze Überblick dürfte erkennen lassen, daß dieser erfolgreiche Wertsteigerungsausschluß m i t den speziellen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen der D D R verknüpft ist u n d keine L ö sungsmöglichkeiten für die Behandlung der Wertgewinne i n einem m a r k t wirtschaftlich orientierten System aufzeigt. Zudem soll nicht verkannt werden, daß geringe Entschädigungen i n der DDR bisweilen auch i n anderen Erwägungen als dem Ausschluß unverdienter Wertsteigerungen gründen. So spielt ζ. B. bei der Entschädigungsbemessung die Schutzwürdigkeit der jeweils betroffenen Eigentumsform eine Rolle: Gesellschaftlich „weniger bedeutsames", wenn nicht sogar zu überwindendes Eigentum kann m i t nur geringer Entschädigung rechnen (vgl. Arlt / Rohde Bes. Teil I I I , § 11, I S. 444: allgemeine Ausführung des Gedankens, § 11, X S. 459: zum Eigentumsrecht des LPG-Bauern an eingebrachten Grundstücken). 2 2. unveränderte Auflage 1964 S. 300: „Über die Vielzahl von sozialen Gerechtigkeiten, die m i t jeder politischen Verfassung und Parteimajorität wechseln, setzt die Jurisprudenz die Gerechtigkeit schlechthin, die keine A t t r i b u t e verträgt."
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Kap. V I : Schluß
j e entsprach oder h e u t e e n t s p r i c h t 8 . I n w i e w e i t d i e ( N i c h t - ) A u s g e s t a l t u n g des Wertsteigerungsausschlusses eine schichtspezifische P r o b l e m l ö s u n g d a r s t e l l t , w ä r e e i n n i c h t m i n d e r interessantes F e l d n ä h e r e r U n t e r suchung, a u f welche jedoch ebenfalls aus d e m o b i g e n G r u n d e v e r z i c h t e t w e r d e n m u ß 4 . Doch auch d a r a u f w u r d e h i n g e w i e s e n , daß V e r w a l t u n g u n d v o r a l l e m d e r Gesetzgeber ebenfalls f ü r die u n b e f r i e d i g e n d e S i t u a t i o n h i n s i c h t l i c h der u n v e r d i e n t e n W e r t s t e i g e r u n g e n b e i der E n t eignungsentschädigung v e r a n t w o r t l i c h s i n d 5 . N i c h t z u l e t z t h i e l t sich das S c h r i f t t u m m i t F o r d e r u n g e n nach e i n e r G e w i n n a b s c h ö p f u n g z u m T e i l s t a r k zurück. 3 Daß ähnliche Gedanken der heutigen dritten Gewalt möglicherweise nicht völlig fremd sind, lassen die Ausführungen des Präsidenten des B u n desverwaltungsgerichts Zeidler anläßlich der Eröffnung der 16. Tagung der Deutschen Richterakademie vermuten: „Gegenüber der Legislative besteht die K o n t r o l l f u n k t i o n — der Gerichte — vor allem darin, der für den politischen Bereich systemimmanenten Gefahr des Mangels an Seriosität entgegenzuwirken, die sich aus dem Fehlen strenger Bindungen an sachorientierten Ordnungen ergebeben kann." (DöV 1971//12). Wenn auch Zeidler die Judikative vor allem zur Aufdeckung gesetzgeberischer „Systemdurchbrechungen" verschleiernder A r t mobilisieren w i l l (a.a.O. S. 13 links), so ist doch die Feststellung, daß es sich bei einer bestimmten N o r m u m eine Systemdurchbrechung handelt, n u r wertend zu treffen. Gerade das materielle Wertungskriterium „Gerechtigkeitsidee nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und orientiert am Rechtsstaatsprinzip", welches Zeidler angewandt wissen w i l l (a.a.O. S. 13), läßt aber die Relativität dieser Wertung erkennen, da Zeidler — soweit ersichtlich — den Sozialstaatsgedanken (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG), welcher von der liberalen Rechtsstaatlichkeit nicht unbedingt umfaßt w i r d (vgl. Wolff § 11, I I b 4, Maunz, Staatsrecht § 11, I V , Zippelius § 25, II), nicht berücksichtigt. Die Beachtung eines anderen Wertungskriteriums als des Zeidlers muß keineswegs mangelnde Seriosität b e w i r k t haben. Siehe zum Problem auch Litten S. 23 ff. 4 A u f Grund soziologischer Untersuchungen dürfte allerdings soviel feststehen, daß i n der Nachkriegszeit etwa die Hälfte aller Richter — die Ergebnisse liegen zwischen 40 u n d 60 °/o — einer Schicht entstammt, die insgesamt n u r ein Elftel der Gesamtbevölkerung ausmacht, nämlich der Beamtenschicht (Zwingmann S. 20 f. u n d insbesondere Raiser , JA-Sonderheft 9 S. 22 f. unter Auswertung der bisherigen Untersuchungen). Interessant i n diesem Zusammenhang, aber allerhöchstens als Indiz zu verwerten, dürfte eine Feststellung des einstigen Reichsgerichtsrates Otto Bähr, der auch bei den Beratungen zum PrEG m i t g e w i r k t hatte (s. Kap. I I , § 3 zu Anm. 153), aus dem Jahre 1895 sein: „Es gibt viele, die da, wo sich die Privatinteressen m i t den öffentlichen Interessen gegenüber stehen, stets die Privatinteressen begünstigen zu sollen glauben. Diese Neigung ist namentlich auch unter Juristen w e i t verbreitet." (EE XI//177). 5 Sendler DöV 1971/16, 18 f. und 26 (die Ausführungen erfolgten i n einem Referat i m Rahmen der 16. Tagung der Deutschen Richterakademie) — scheint sogar für gesetzgeberische Entscheidungen eine A r t M i t v e r a n t w o r tung der Rechtsprechung zu sehen. I m Bereich der Entschädigungsregelungen des BBauG zumindest k o m m t dieser Sicht gewisse Überzeugungskraft zu: da das BVerfG vor I n k r a f t t r e t e n des B B a u G keine Gelegenheit hatte, seine vom B G H abweichende Einstellung zu A r t . 14 GG — s. dazu sogleich sub 2. — kundzutun, ist es durchaus denkbar, daß der Bundestag zur Vermeidung von Unsicherheiten die Rechtsprechung des B G H als Maßstab nahm.
Schluß
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2€ Die Berücksichtigung der Belange der Allgemeinheit durch das BVerfG Diese Tatsachen ergeben, daß das herrschende j u r i s t i s c h e Rechtsb e w u ß t s e i n w ä h r e n d e t w a der l e t z t e n 150 J a h r e — v o n e i n i g e n A u s n a h m e n abgesehen — d i e E n t s c h ä d i g u n g u n v e r d i e n t e r G e w i n n e d u r c h aus a k z e p t i e r t e . E i n B e w u ß t s e i n , welches ü b e r w i e g e n d die G r u n d e i g e n t u m s b e l a n g e berücksichtigt, d a r f j e d o c h u n t e r d e n g e g e n w ä r t i g e n gesellschaftlichen B e d i n g u n g e n u n d N o t w e n d i g k e i t e n der B u n d e s r e p u b l i k — also insbesondere i m H i n b l i c k a u f d i e e r f o r d e r l i c h e V e r b e s s e r u n g der Lebensbedingungen i m weitesten Sinne (Umwelt, Wohnen, A r b e i t e n ) 6 — n i c h t a l l e i n ausschlaggebend sein, w e n n d i e V e r f a s s u n g eine andere L ö s u n g e r m ö g l i c h t . Daß das G G eine die Interessen der A l l g e m e i n h e i t s t ä r k e r einbeziehende A u f f a s s u n g zuläßt, w e n n n i c h t sogar f o r d e r t , h a t das B V e r f G i n z w e i n e u e r e n E r k e n n t n i s s e n 7 k l a r g e s t e l l t : S o w o h l i m R a h m e n der I n h a l t s b e s t i m m u n g des E i g e n t u m s — A r t . 14 A b s . 1 S. 2 G G 8 — w i e b e i d e r E n t s c h ä d i g u n g s b e s t i m m u n g — A r t . 14 A b s . 3 S. 3 G G 9 — s i n d w e g e n d e r besonderen v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e n u n d sozialen B e d e u t u n g des B o d e n s die Interessen d e r A l l g e m e i n h e i t z u berücksichtigen, u n d z w a r i n s t ä r k e r e m M a ß e als b e i a n d e r e n V e r m ö g e n s g ü t e r n 1 0 . So g e b i e t e t A r t . 14 G G ζ. B . n i c h t eine starre, a l l e i n am M a r k t w e r t orientierte Entschädigung11.
3. Das Städtebauförderungsgesetz Erste A n s ä t z e i n R i c h t u n g a u f eine B e r ü c k s i c h t i g u n g dieser G e d a n k e n zeigt das Gesetz ü b e r städtebauliche S a n i e r u n g s - u n d E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n i n d e n G e m e i n d e n (Städtebauförderungsgesetz — S t B F G — ) v o m 27. J u l i 1971 1 2 , welches b e i der B e m e s s u n g der A u s gleichs- u n d E n t s c h ä d i g u n g s l e i s t u n g e n i m R a h m e n s t ä d t e b a u l i c h e r San i e r u n g s - w i e E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n e i n e n ü b e r das B B a u G h i n a u s gehenden Wertsteigerungsausschluß e i n f ü h r t e 1 3 . 8
Z u r zentralen Bedeutung des Bodenrechts für alle gesellschaftlichen Bereiche s. Ernst Agrarrecht 1972/97 f., Scharnberg i n : Gerechtigkeit i n der Industriegesellschaft S. 191 ff., Sendler DöV 1971/16, Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung 1. Teil, I I I , sub 1.3 (Auswirkungen der Bodenpreisentwicklung), abgedruckt bei Ullrich S. 149 ff. 7 Vgl. aber auch schon BVerfGE 14//284. 8 B V e r f G v. 12.1.1967, E 21/73, 83. 9 BVerfG v. 18.12.1968, E 24/367, 420 f. — Hamburger Deichordnungsgesetz. 10 BVerfGE 21//83. 11 BVerfGE 24//421. 12 BGBl. I S. 1125. 13 § 23 Abs. 2 Satz 1 StBFG (für Entwicklungsmaßnahmen gilt auf Grund der Verweisung i n § 57 Abs. 1 Nr. 9 S t B F G § 23 Abs. 2 entsprechend): „ . . . werden jedoch Werterhöhungen, die lediglich durch die Aussicht auf
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Kap. V I : Schluß 3.1. Die Ausgestaltung des entschädigungsrechtlichen Wertsteigerungsausschlusses
D e r Wertsteigerungsausschluß b e i E n t s c h ä d i g u n g s l e i s t u n g e n nach d e m S t B F G b e t r i f f t zu e i n e m g r o ß e n T e i l e n t e i g n u n g s b e d i n g t e W e r t s t e i g e r u n g e n u n d h ä l t sich d a m i t i n s o w e i t i m R a h m e n des herrschend e n Verständnisses v o n § 95 A b s . 2 N r . 1 B B a u G 1 3 a , b z w . des i n § 10 A b s . 2 P r E G e n t h a l t e n e n P r i n z i p s . Diese F e s t s t e l l u n g g i l t r e g e l m ä ß i g für Wertsteigerungen i m Zusammenhang m i t Entwicklungsmaßnahmen. D e n n Entwicklungsmaßnahmen k ö n n e n nicht v o n den Grundstückse i g e n t ü m e r n d u r c h g e f ü h r t w e r d e n 1 4 , so daß, falls k e i n rechtsgeschäftl i c h e r E i g e n t u m s ü b e r g a n g e r f o l g t , eine E n t e i g n u n g z w i n g e n d e r f o r d e r l i c h i s t 1 5 . E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n lassen also w e i t g e h e n d eine E n t e i g n u n g m i t Sicherheit e r w a r t e n ; gleiches g i l t n i c h t i n demselben Maße f ü r die S a n i e r u n g . D e n n j e d e n f a l l s B a u m a ß n a h m e n (§ 12 A b s . 2 S. 2 N r . 2 S t B F G ) i m S a n i e r u n g s g e b i e t b l e i b e n — anders die O r d n u n g s m a ß n a h m e n (§ 12 Abs. 1 S. 2 N r . 1 S t B F G ) — den E i g e n t ü m e r n ü b e r lassen, s o w e i t die zügige u n d z w e c k m ä ß i g e D u r c h f ü h r u n g d u r c h sie g e w ä h r l e i s t e t ist ( § 1 3 A b s . 1 - 3 S t B F G ) , w e s h a l b i n s o w e i t S a n i e r u n g s g e w i n n e n i c h t i m H i n b l i c k auf eine sichere E n t e i g n u n g e n t s t a n d e n sein brauchen. A l l e r d i n g s steht der G e m e i n d e z u r gebotenen S i c h e r s t e l l u n g der S a n i e r u n g s m a ß n a h m e n das E n t e i g n u n g s r e c h t u n t e r e r l e i c h t e r t e n V o r a u s s e t z u n g e n z u 1 6 . L e t z t l i c h also s i n d G r u n d s t ü c k e i m S a n i e r u n g s gebiet auch zu e n t e i g n e n 1 7 , die auszuschließenden W e r t s t e i g e r u n g e n d a n n doch i n N ä h e — n u r n i c h t stets i n sicherer — zu einer E n t e i g n u n g e n t standen. T r o t z der engen V e r b i n d u n g , i n der die G e w i n n e auf G r u n d der städtebaulichen M a ß n a h m e n zu einer E n t e i g n u n g stehen, d a r f aber der Wertsteigerungsausschluß n i c h t i n der Weise m i t den V o r w i r k u n g s g r u n d s ä t z e n der Rechtsprechung v e r b u n d e n w e r d e n , daß sich erst dann, w e n n die s t ä d t e b a u l i c h e n M a ß n a h m e n eine E n t e i g n u n g m i t Sicherheit e r w a r t e n lassen, a u s w i r k t . D e n n b e i A n w e n d u n g der V o r w i r k u n g s grundsätze w ä r e es ζ. B. fraglich, ob der Wertsteigerungsausschluß schon v o r d e m Beschluß ü b e r d e n B e g i n n der v o r b e r e i t e n d e n U n t e r die Sanierung, durch ihre Vorbereitung oder ihre Durchführung eingetreten sind, nur insoweit berücksichtigt, als der Betroffene diese Werterhöhungen durch eigene Aufwendungen zulässigerweise b e w i r k t hat." s. Kap. V, § 3, 2.2.1. 14 s. § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4; vgl. § 55 Abs. 3 S. 1 StBFG. 15 Gaentzsch § 57, 1 c S. 163. Ebenso Gewos-Gutachten Rdnr. 57 zu den beiden Regierungsentwürfen eines Städtebauförderungsgesetzes der V. Legislaturperiode (BR Drucks. 64/66 und 530/68). 16 Gaentzsch § 13, 3 S. 61; s. StBFG § 13 Abs. 3 und § 22 Abs. 1 S. 1 i. V . m . BBauG §§ 85 Abs. 1 Nr. 1, 87 Abs. 1; zu § 87 Abs. 1 BBauG siehe § 1 Abs. 4 S. 1 StBFG. 17 So Gewos-Gutachten Rdnr. 59 a. E. zu den oben i n Anm. 15 genannten Regierungsentwürfen.
Schluß
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suchungen (§ 4 S t B F G ) einsetzen k ö n n t e . E i n e d e r a r t i g e B e s c h r ä n k u n g des A n w e n d u n g s b e r e i c h e s des § 23 A b s . 2 S t B F G ist v o m Gesetzgeber jedoch n i c h t g e w o l l t , w i e einerseits d u r c h den Gesetzes Wortlaut z u m A u s d r u c k k o m m t 1 8 u n d w i e sich andererseits aus der A b l e h n u n g eines festen B e w e r t u n g s d a t u m s , e t w a des B e g i n n s der v o r b e r e i t e n d e n U n t e r suchungen, e r g i b t 1 9 . Jegliche u n v e r d i e n t e W e r t s t e i g e r u n g , d i e i m H i n b l i c k auf M a ß n a h m e n nach d e m S t B F G entstehen k a n n , s o l l b e i der E n t schädigung ausgeschaltet s e i n 2 0 . Z e i g t sich h i e r i n schon der große F o r t s c h r i t t gegenüber der P r a x i s z u m B B a u G , so e r h e l l t das m ö g l i c h e A u s m a ß des Wertsteigerungsausschlusses erst v ö l l i g , w e n n m a n sich den U m f a n g der M a ß n a h m e n nach d e m S t B F G , w i e er i n § 1 des Gesetzes beschrieben ist, v e r g e g e n w ä r t i g t . I s t nach der Rechtsprechung e i n Wertsteigerungsausschluß n u r b e i E n t e i g n u n g e n f ü r G e m e i n b e d a r f s flächen möglich, so e n t f ä l l t diese Schranke nach d e m S t B F G v ö l l i g : B e i allen E n t e i g n u n g e n nach B e r e i c h s e r k l ä r u n g ist § 23 A b s . 2 — u n m i t t e l b a r oder entsprechend (§ 57 A b s . 1 N r . 9 S t B F G ) — a n z u w e n d e n 2 1 . Dieser Wertsteigerungsausschluß l i e g t d a r i n b e g r ü n d e t , daß die W e r t g e w i n n e n i c h t v o n d e n E i g e n t ü m e r n , s o n d e r n v o n der A l l g e m e i n h e i t h e r v o r g e r u f e n w u r d e n , u n d z w a r d u r c h Einsatz erheblicher M i t tel22' 23. B e z ü g l i c h anderer als s a n i e r u n g s b e d i n g t e r b z w . d u r c h E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n b e d i n g t e r G e w i n n e ist das S t B F G etwas u n k l a r g e b l i e 18 „ . . . Werterhöhungen, die durch . . . die Aussicht . . . , Vorbereitung . . . oder . .. Durchführung . . . " 19 § 65 Abs. 2 des CDU/CSU Entwurfes eines „Gesetzes zur Förderung von städtebaulichen Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen . . . " , B T Drucks. VI/434, sah die eben genannte Fixierung vor; ähnlich die vom BR beantragte Fassung des § 23 Abs. 2 des schon vom B T verabschiedeten Gesetzes: B T Drucks. VI/2412 S. 2. Sowohl der federführende 14. Ausschuß — Städtebau und Wohnungswesen — (Ausschußbericht zu Drucks. VI/2204, S. 13) wie auch später der Vermittlungsausschuß (BT Drucks. VI/2442) nahmen von einer Zeitpunktfixierung Abstand. 20 Bericht des 14. Ausschusses a.a.O.; Gaentzsch § 23, 3; Hein § 23, 3; Meyer / Stich / Schlichter § 23 A n m . 7. 21 Systematisch gesehen bringt § 23 Abs. 2 StBFG eine Erweiterung des Unternehmensbegriffes, den die J u d i k a t u r zum PrEG entwickelte und für § 95 Abs. 2 Nr. 1 BBauG beibehielt (vgl. Stellungnahme zu dem E n t w u r f eines StBFG — Bericht der Arbeitsgruppe „Bodenrecht" beim Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau — S. 19). E i n gegenüber dem PrEG verändertes Verständnis des Unternehmensbegriffes ist dem deutschen Recht keineswegs fremd, wie die Ausführungen zu § 10 Abs. 2 NeuG (Kap. I I I , § 2, 2.) und den Aufbaugesetzen (Kap. V, § 3, 2.1.) zeigten. 22 s. §§ 39 und 58 StBFG u n d Regierungsentwurf der V I . Legislaturperiode, B T Drucks. VI/510 S. 38 zu § 20. 23 Freudling BayVBl. 1972//13 versucht, diesen Wertsteigerungsausschluß des StBFG wieder einzuschränken, indem er die Bestimmung des § 23 Abs. 2 S. 1 als nur widerlegbare Vermutung dafür verstehen w i l l , daß Interessen dieser A r t nicht entschädigungsfähig sind.
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Kap. V I : Schluß
ben. § 23 A b s . 2 S. 2 S t B F G b e s t i m m t , daß Ä n d e r u n g e n i n d e n a l l g e m e i n e n W e r t v e r h ä l t n i s s e n a u f d e m G r u n d s t ü c k s m a r k t z u berücksicht i g e n s e i n 2 4 . M i t diesen a l l g e m e i n e n W e r t v e r h ä l t n i s s e n a u f d e m G r u n d stücksmarkt dürfte die Geldwert- u n d Preisgefügesituation gemeint sein, so daß bloße P r e i s s t e i g e r u n g e n v e r g l e i c h b a r e r G r u n d s t ü c k e bis z u m Z e i t p u n k t der E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n E n t e i g n u n g s a n t r a g (§ 23 A b s . 1 S t B F G i. V . m . § 95 A b s . 1 S. 2 B B a u G ) entschädigt w e r d e n m ü ß t e n 2 5 . D e r B e s t i m m u n g des § 23 A b s . 2 S. 2 S t B F G h ä t t e es w e g e n der V e r w e i s u n g des § 23 A b s . 1 S t B F G a u f d i e Entschädigungsregel u n g e n des B B a u G n i c h t b e d u r f t . W e n n d i e V e r w e i s u n g aber doch geschah, so l ä ß t sich daraus n i c h t e n t n e h m e n , daß die sonstigen n i c h t sanierungs- b z w . n i c h t d u r c h E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n b e d i n g t e n Gew i n n e u n e n t s c h ä d i g t z u b l e i b e n h ä t t e n . W ä r e dies beabsichtigt g e w e sen, so w ä r e § 23 A b s . 2 S. 2 S t B F G k a u m d e r a r t s e l b s t v e r s t ä n d l i c h w i e geschehen auch i n d e n E n t w u r f d e r d a m a l i g e n O p p o s i t i o n ü b e r n o m m e n w o r d e n 2 6 . D i e B e s t i m m u n g d ü r f t e n u r m e h r der K l a r s t e l l u n g d i e nen, daß angesichts der w e i t r e i c h e n d e n G e w i n n a b s c h ö p f u n g die G r u n d stücke z u m i n d e s t n i c h t v o n der P r e i s e n t w i c k l u n g a m M a r k t ausgeschlossen s i n d 2 7 . O b d u r c h die s t ä d t e b a u l i c h e n M a ß n a h m e n eine Q u a l i t ä t s f i x i e r u n g der G r u n d s t ü c k e s t a t t f i n d e t , also q u a l i t ä t s m ä ß i g e Z w i s c h e n w e r t s t e i g e r u n g e n ausgeschlossen w e r d e n sollen, ist n i c h t a u s d r ü c k l i c h geregelt. I n s o w e i t m u ß a u f d i e G r u n d s ä t z e , d i e die Rechtsprechung auch z u m B B a u G e n t w i c k e l t h a t , z u r ü c k g e g r i f f e n w e r d e n , da gemäß § 23 A b s . 1 S t B F G die E n t s c h ä d i g u n g s r e g e l u n g e n des B B a u G auch f ü r das S t B F G gelten. D a n a c h t r i t t m i t B e g i n n der E n t e i g n u n g s v o r w i r k u n g die Q u a l i t ä t s f i x i e r u n g e i n 2 8 . Es s o l l h i e r n i c h t n ä h e r u n t e r s u c h t w e r d e n , w e l c h e r Z e i t p u n k t f r ü h e s t m ö g l i c h d a f ü r i n F r a g e k o m m t . Schon oben w a r j e doch angedeutet w o r d e n , daß d e r Z e i t p u n k t , v o n d e m ab u n t e r n e h m u n g s b e d i n g t e G e w i n n e n i c h t m e h r z u b e r ü c k s i c h t i g e n sind, d a f ü r w e n i g geeignet scheint, da er d e n Rechtsprechungsgrundsätzen n i c h t g e n ü g t . A l s spätester Z e i t p u n k t der V o r w i r k u n g k o m m t der Beschluß ü b e r d i e f ö r m l i c h e F e s t l e g u n g des Sanierungsgebietes b z w . des E n t wicklungsbereiches i n B e t r a c h t . B i s z u m E i n t r i t t d e r V o r w i r k u n g s i n d 24
Eine derartige Regelung w a r erstmalig i m CDU/CSU-Entwurf, B T Drucks. VI/434, § 65 Abs. 2 u n d i m Regierungsentwurf, B T Drucks. VI/510, § 20 Abs. 2 enthalten; nähere Erläuterungen dazu ergingen nicht. Der Ausschußbericht, zu Drucks. VI/2204, S. 12, ergibt nur, daß ein Abstellen auf die Änderung der allgemeinen Lebenshaltungskosten durch Einfügen der Worte „auf dem Grundstücksmarkt" vermieden werden sollte. 25 So w o h l Meyer / Stich / Schlichter § 23 Anm. 11, Gaentzsch § 23, 3 S. 92. 26 s. o. Anm. 24. 27 Vgl. Meyer / Stich / Schlichter § 23 A n m . 11. 28 s. Kap. V, § 2, 2.2.2.2. u n d § 2 a, 1.
Schluß
225
u n t e r n e h m e n s u n a b h ä n g i g e Q u a l i t ä t s s t e i g e r u n g e n z u berücksichtigen. Z u s a m m e n f a s s e n d l ä ß t sich d a h e r sagen, daß i m Z e i t p u n k t der E n t schädigungsfestsetzung v o n d e r G r u n d s t ü c k s q u a l i t ä t auszugehen ist, d i e das b e t r o f f e n e G e l ä n d e i m A u g e n b l i c k des V o r w i r k u n g s b e g i n n e s gehabt h ä t t e , w e n n d u r c h S a n i e r u n g oder E n t w i c k l u n g s m a ß n a h m e n b e dingte Wertsteigerungen nicht entstanden wären. 3.2. Das aufeinander abgestimmte System von Vorschriften zur Wertgewinnabschöpfung D e r Wertsteigerungsausschluß des S t B F G , w i e er sich i n der E n t eignungsentschädigung a u s w i r k t , l ä ß t sie gegenüber f r ü h e r e n Gesetzen s t ä r k e r e B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r Interessen der A l l g e m e i n h e i t d e u t l i c h e r k e n n e n . D e s h a l b w i r d er auch schon a n g e g r i f f e n 2 9 . § 23 A b s . 2 S. 1 S t B F G d a r f d a r ü b e r h i n a u s aber n i c h t i s o l i e r t als bloße E n t s c h ä d i g u n g s n o r m gesehen w e r d e n . D e n n die V o r s c h r i f t f i n d e t auch i m R a h m e n rechtsgeschäftlichen G r u n d e r w e r b e s (§ 15 A b s . 3 S. 2 S t B F G : P r e i s k o n t r o l l e , d a z u noch § 18 A b s . 2 S. 5; § 15 A b s . 9 S t B F G : P r e i s l i m i t f ü r d e n g e m e i n d l i c h e n G r u n d s t ü c k s e r w e r b ) , b e i der W e r t e r m i t t l u n g i n der S a n i e r u n g s u m l e g u n g (§ 16 A b s . 2 S. 2 S t B F G ) u n d i m R a h m e n der B e s t i m m u n g der Ausgleichsbeträge, welche die G r u n d stückseigentümer i m S a n i e r u n g s g e b i e t z u e n t r i c h t e n h a b e n ( § 4 1 A b s . 5 S t B F G ) A n w e n d u n g , w e s h a l b sie als „ E c k p f e i l e r der G e s a m t r e g e l u n g " ü b e r die städtebaulichen M a ß n a h m e n v e r s t a n d e n w i r d 8 0 . Diese gesetzliche A u s g e s t a l t u n g b r i n g t die A b s i c h t z u m A u s d r u c k , W e r t s t e i g e r u n g e n d e r A l l g e m e i n h e i t , d i e sie b e w i r k t h a t , z u k o m m e n z u lassen 3 1 , u n d z w a r n i c h t n u r i n der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g 8 2 . Das S t B F G b e d i e n t sich eines „ a u f e i n a n d e r a b g e s t i m m t e n Systems v o n V o r s c h r i f t e n " 3 3 , welches auch a u ß e r h a l b der E n t e i g n u n g s e n t s c h ä d i g u n g der P r e i s - u n d W e r t p r o b l e m e H e r r zu w e r d e n v e r s u c h t 3 4 . D i e Tatsache, daß v o n der E n t e i g n u n g n i c h t b e t r o f f e n e E i g e n t ü m e r ebenfalls einen A u s g l e i c h f ü r die W e r t s t e i g e r u n g i h r e r G r u n d s t ü c k e z u l e i s t e n haben, w i r d v e r m u t l i c h manche B e d e n k e n gegen den e n t e i g n u n g s r e c h t l i c h e n Wertsteigerungsausschluß beseitigen. D a jedoch n u r i m G e l t u n g s b e r e i c h 29
Siehe Freudling, o. Anm. 23. Meyer / Stich / Schlichter § 23 Anm. 1, ähnlich Gaentzsch § 23, 1 S. 91. 31 Vgl. Stellungnahme zu dem E n t w u r f eines StBFG S. 19 und B T Drucks. VI/510 S. 38. 32 Ähnlich schon § 6 NeuG v. 4.10.1937. S. dazu insbesondere die Begründung, mitgeteilt bei Quecke / Bussmann S. 280 zu § 6 NeuG. Vgl. auch Lampe S. 55. Auch das Preisrecht enthielt diese Intentionen. Z u einer Ausgestaltung der Abschöpfung realer Wertsteigerungen w a r es jedoch damals nicht mehr gekommen: s. Kap. IV, § 1, 3.5.2. 33 Bielenberg DVB1. 1971//444, J u r A 1971//468. 34 Z u diesem System i m einzelnen Bielenberg J u r A 1971//468 ff. 30
15 B a u e r
226
Kap. V I : Schluß
des S t B F G u n v e r d i e n t e W e r t g e w i n n e abgeschöpft w e r d e n , f a l l e n die G e w i n n e i m ü b r i g e n w e i t e r h i n d e n E i g e n t ü m e r n zu. Es bestehen daher Bestrebungen, das S y s t e m des S t B F G auszudehnen u n d W e r t s t e i g e r u n g e n insgesamt der A l l g e m e i n h e i t z u k o m m e n z u lassen 3 5 . O b dieses Z i e l p o l i t i s c h u n d f a k t i s c h r e a l i s i e r b a r ist, b l e i b t a b z u w a r t e n . Z u w ü n schen w ä r e , daß dieser W e g z u m E r f o l g e f ü h r t , n a c h d e m die a l l e i n e n t schädigungsrechtliche B e h a n d l u n g u n v e r d i e n t e r W e r t s t e i g e r u n g e n b i s l a n g w e n i g F o r t s c h r i t t e brachte.
35 Siehe Bielenberg DVB1. 1971//445 und in: Verhandlungen des 49. Deutschen Juristentages 1972, Bd. I (Gutachten) Β 82, Β 133. Frankfurter Rundschau vom 6.11.1971 S. 3: I n t e r v i e w m i t dem damaligen Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen Lauritzen; Frankfurter Rundschau vom 27. 10. 1972 S. 5: Z u m E n t w u r f einer Novelle zum BBauG, der vom damaligen Bundesminister Lauritzen dem Deutschen Rat für Stadtentwicklung zugeleitet wurde. Vgl. auch Gnädinger i n : Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft S. 263 f., 240 f.
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