Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII: Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft [1 ed.] 9783428528370, 9783428128372

Seit dem Inkrafttreten von SGB II und SGB XII zum 1. Januar 2005 wurden insbesondere die Bedarfsgemeinschaft des SGB II,

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Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII: Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft [1 ed.]
 9783428528370, 9783428128372

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 270

Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft

Von

Karola Stephan

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

KAROLA STEPHAN

Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 270

Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft

Von

Karola Stephan

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Hannover hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-12837-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover im Wintersemester 2007 / 2008 als Dissertation angenommen. Dem Manuskript liegen Rechtsprechung und Literatur bis Februar 2008 zugrunde. Danken möchte an erster Stelle Herrn Prof. Dr. Herrmann Butzer für seine wohlwollende Bereitschaft, mir die Gelegenheit zu geben, mich des Themas im Rahmen einer Dissertation anzunehmen, aber auch für seine freundliche und bereitwillige Betreuung der Arbeit selbst und für seine förderlichen Hinweise, die mir geholfen haben, die Arbeit stringent und zügig zu verfassen. Mein Dank gilt weiterhin auch Herrn Prof. (em.) Dr. Gunther Schwerdtfeger für die zügige Anfertigung des Zweitgutachtens. Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Simon für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht“. Besonderen Dank schulde ich aber meiner Mutter, die mich in jeder erdenklichen Weise unterstützt und gefördert hat. Ihr soll deshalb meine Arbeit gewidmet sein. Garbsen, im Frühjahr 2008

Karola Stephan

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

A. Thematik und Aktualität der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Kapitel 1 Bestandsaufnahme

23

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

I. Funktion und Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende . . . . . . . . . . . . . .

24

II. Funktion und Bedeutung der Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

III. Abgrenzung von SGB II und SGB XII anhand des erfassten Personenkreises . . .

27

IV. Das Nebeneinander beider Systeme und die Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

V. Zusammenfassung zum Verhältnis von SGB II und SGB XII . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

B. Die einzelnen Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

I. Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

II. Der Begriff der Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

III. Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

I. Die Menschenwürde als sozialstaatliches Mindestgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

II. Gestaltungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

1. Nachranggrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

2. Hilfe zur Selbsthilfe / Fördern und Fordern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3. Individualisierungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

8

Inhaltsverzeichnis 4. Bedarfsdeckungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

5. Exkurs: Rechtsanspruch, Kenntnisgrundsatz und Antragsprinzip . . . . . . . . . . . .

68

III. Zusammenfassung zu den inhaltlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

Kapitel 2 Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

70

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

I. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 7 Abs. 3 SGB II als Ausgangspunkt

71

1. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

2. Die Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

a) Der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

b) Der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

c) Als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zusammenlebende Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

aa) Die eheähnliche Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

(1) Die Entwicklung des Begriffs in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . .

81

(a) Die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

(b) Der Wandlungsprozess von der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

(c) Die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft . . . . . . . . . .

87

(2) Kritik an der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

(3) Definitionen in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

(4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

(5) Die Beendigung der eheähnlichen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . .

98

bb) Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

cc) Sonstige Gemeinschaften als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

dd) Die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 (1) Die Hinweistatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (a) Das Verhältnis der Hinweistatsachen zueinander . . . . . . . . . . . . 102 (b) Die einzelnen Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Die Beweismittel für die Hinweistatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (3) Die Folgen der fehlenden Beweisbarkeit der Hinweistatsachen . . 114

Inhaltsverzeichnis

9

(4) Die Beweislastumkehr bei Vorliegen der Hinweistatsachen . . . . . . 117 (a) Beweisschwierigkeiten und Beweislastverteilung nach altem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (b) Die Zulässigkeit der Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Im Haushalt lebende Kinder unter 25 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4. Sonderfall: Eltern(-teil) und Partner im Haushalt eines erwerbsfähigen Kindes unter 25 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5. Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Keine Unterbringung in stationärer Einrichtung länger als sechs Monate oder Bezug von Altersrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Keine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Hilfebedürftigkeit jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft als weitere Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Fehlen eigener Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Fehlen eigener Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Einsatz von Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Einsatz von Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Einsatzpflichtiger Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Fehlen der Hilfe von anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4. Zurechnung der Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft?

151

5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Die Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 aa) Die Ehe in der Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Die eheähnliche Gemeinschaft in der Ordnung des Grundgesetzes . . 168 (1) Schutz durch Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (a) Die eheähnliche Gemeinschaft als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

10

Inhaltsverzeichnis (b) Analoge Anwendung des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (c) Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft unter dem Aspekt der „Vorwirkung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (d) Die eheähnliche Gemeinschaft als Schutzobjekt der negativen Seite des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (e) Die eheähnliche Gemeinschaft als „hinkende“ Ehe . . . . . . . . . 174 (f) Die eheähnliche Gemeinschaft als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (2) Schutz durch Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (a) Allgemeine Handlungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 cc) Zusammenfassung zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben . . . . . . . . . 186 b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute . . . . . . . . . . . 187 aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (1) Wesentliches Vergleichselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) Sachgerechte Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Die eingetragene Lebenspartnerschaft in der Ordnung des Grundgesetzes

197

aa) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Schutzgut des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Schutzgut des Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute . . . . . . . . . . . 204 aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Inhaltsverzeichnis

11

3. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichbehandlung von Ehe und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft in der Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute . . . . . . . . . . . 207 aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 5. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Der allgemeine Gleichheitssatz als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 b) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 c) Art. 20 Abs. 3 GG als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 6. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . 219 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Die Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Die Gemeinschaft von Eltern und Kindern in der Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Verfassungsrechtmäßigkeit im Hinblick auf das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung minderjähriger Kinder und volljähriger Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Verfassungsrechtmäßigkeit im Hinblick auf die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung im Hinblick auf die Gemeinschaft von erwerbsfähigem Hilfebedürftigen und dessen Partner . . . . . . . . . . . . . 231 III. Verfassungsrechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber nicht in den Personenkreis einbezogenen Personen . . . . . 231 1. Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Ungleichbehandlung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten gegenüber getrennt lebenden Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

12

Inhaltsverzeichnis 3. Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Nichteinbeziehung anderer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Stellung und Schutz sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften in der Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 c) Beseitigung der Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 4. Ungleichbehandlung durch Nichteinbeziehung sonstiger Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Statusfrage: Einzelanspruch oder Gesamtanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 3. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 4. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 5. Weitere Gründe für einen Einzelanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 6. Ergebnis: Einzelanspruch jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . 249 II. Leistungen an jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. Leistungen an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Leistungen an die nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3. Vereinfachte Leistungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 4. Kinderzuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 5. Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 III. Abhängigkeit vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einzelnen Teilbereichen . . 268 1. Darlehen nach § 23 SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2. Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 3. Pflichtverletzungen und deren Folgen für die Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . 274 4. Die Vollmachtsvermutung des § 38 SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Inhaltsverzeichnis

13

IV. Exkurs: Bedarfsgemeinschaft und Unterhaltsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Unterhaltsansprüche eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft gegen einen außenstehenden Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Unterhaltsansprüche eines außenstehenden Dritten gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 Kapitel 3 Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

290

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 19 Abs. 1 SGB XII als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Hilfebedürftigkeit jedes einzelnen Mitglieds der Einsatzgemeinschaft als weitere Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Fehlen eigener Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Einsatz von Einkommen und Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 b) Umfang des Einsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 c) Verteilung des Überschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 aa) Kaskadenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 bb) Kopfteilslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 cc) Verhältnis- oder Prozentlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 2. Fehlen eigener Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 3. Vorrangigkeit der Hilfe anderer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 I. Statusfrage: Einzelanspruch oder Gesamtanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 1. Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 4. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 5. Weitere Gründe für einen Einzelanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

14

Inhaltsverzeichnis II. Leistungen an jedes einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Hilfe zum Lebensunterhalt / Regelsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 2. Leistungsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 III. Regelungen mit Bezug zur Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 1. Einschränkung von Leistungen bei Fehlverhalten eines Mitglieds der Einsatzgemeinschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 2. Einsatzgemeinschaft und Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 3. Unterhaltsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 a) Öffentliche Realisierung der Unterhaltspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 b) Aufwendungsersatz bei unterlassener Unterhaltsleistung innerhalb der Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 c) Übergang von Unterhaltsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Kapitel 4 Die Haushaltsgemeinschaft

336

A. Die Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 I. Gesetzliche Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 II. Voraussetzung der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 1. Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten . . . . . . . . . . . . . . . 339 2. Leistungsfähigkeit / Umfang der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 a) Selbstbehalte nach dem Bundessozialhilfegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 b) Selbstbehalte nach § 9 Abs. 5 SGB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 III. Beweislast / Widerlegung der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 I. Gesetzliche Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 II. Voraussetzung der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 1. Wohngemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 2. Leistungsfähigkeit / Umfang der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 III. Beweislastumkehr / Widerlegung der Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 5 Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

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A. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 I. Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 1. Die einfachgesetzlichen Regelungen zu den beiden Gemeinschaften . . . . . . . . . 376 a) Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 b) Hilfebedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2. Die Folgen der Feststellung der jeweiligen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 a) Leistungen an die einzelnen Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft . . . . . 383 aa) Bedarfsberechnung und Regelleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 bb) Kinderzuschlag und befristeter Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 cc) Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 b) Vertretung der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 c) Eingliederungsvereinbarung und Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 d) Unterhaltsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 II. Die beiden Haushaltsgemeinschaften im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 III. Die Haushaltsgemeinschaft im Vergleich zur Einsatz- und Bedarfsgemeinschaft

393

B. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 C. Regelungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 I. Veränderungen an den vorhandenen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 1. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Bedarfsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 2. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Einsatzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 3. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Haushaltsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 401 II. Völlige Umstellung der vorhandenen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

Einleitung A. Thematik und Aktualität der Untersuchung Am 1. Januar 2005 sind nach langer Diskussion das SGB II und das SGB XII in Kraft getreten. Durch diese Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe wurde ein völlig neues, steuerfinanziertes und bedürftigkeitsabhängiges System der sozialen Sicherung geschaffen. Für den großen Teil der hilfebedürftigen Personen gilt nunmehr die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) mit ihrem System aus Anreizen und Sanktionen. Nur für nicht erwerbsfähige Personen findet die Sozialhilfe (SGB XII) noch ihre Anwendung. Viele hilfebedürftige Personen leben aber nicht allein, sondern zusammen mit Ehegatten, Partnern und / oder Kindern. Diese zusammenlebenden Personen werden im SGB II und im SGB XII jeweils zu verschiedenen Gemeinschaften zusammengefasst. Der Gesetzgeber hat der Gemeinschaft des SGB II den Begriff der Bedarfsgemeinschaft zugeordnet, der inhaltlich aber nicht mit dem Begriff der Bedarfsgemeinschaft übereinstimmt, wie er früher im Sozialhilferecht verwendet wurde. Die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft ist dabei die Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB II. Nur wer als nicht erwerbsfähige Person der Bedarfsgemeinschaft angehört, kann Sozialgeld nach § 28 SGB II erhalten. Allerdings knüpft das SGB II an die Bedarfsgemeinschaft auch zahlreiche Rechte und Pflichten für ihre Mitglieder. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II 1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige und 2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und der im Haushalt lebende Partner des Elternteils, 3. als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen: a) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, c) eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,

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Einleitung

4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der vorgenannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können. Als Anfang 2005 mit dieser Arbeit begonnen wurde, erfasste die Bedarfsgemeinschaft nach den Nummern zwei und vier des ursprünglichen § 7 SGB II, wenn auch verfassungswidrig, nur die Gemeinschaft von minderjährigen Kindern und ihren Eltern. Erst durch das Erste Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch1 sind auch die Gemeinschaften von Eltern mit ihren Kindern, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, mit in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen worden. Durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende2 wurde der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft aus dem Gesetz entfernt und durch die Beschreibung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II ersetzt. Damit soll neben der eheähnlichen Gemeinschaft auch die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft erfasst werden. An diesen Änderungen zeigt sich die Aktualität und Relevanz dieser Untersuchung. Die Diskussion um die Bedarfsgemeinschaft wird sich zudem fortsetzen, denn die Regelungen weisen zum Teil noch erhebliche Mängel auf. Im Sinne der Beschreibung des Personenkreises durch § 7 Abs. 3 SGB II wird der Begriff der Bedarfsgemeinschaft im Rahmen der folgenden Untersuchung als eine Gemeinschaft von mindestens zwei Personen des beschriebenen Personenkreises verstanden. Die Bundesagentur für Arbeit3 dagegen versteht unter einer Bedarfsgemeinschaft nicht nur die Gemeinschaft der in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Personen, sondern auch den einzelnen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.4 Im Februar 2008 gab es nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 3,65 Millionen Bedarfsgemeinschaften, wobei – unter Heranziehung der Werte für Oktober 2007, wo es eine vergleichbaren Anzahl von Bedarfsgemeinschaften gab – 21,9 Prozent aus zwei, 13,3 Prozent aus drei, 7,9 Prozent aus vier und 4,9 Prozent aus fünf oder mehr Personen bestanden.5 Dies sind 1,75 Millionen Bedarfsgemeinschaften mit mehr als einer Person. Die Gemeinschaft zusammenlebender Personen im SGB XII wird als Einsatzgemeinschaft bezeichnet, wobei sich dieser Begriff im SGB XII selbst nicht findet. Nach § 19 Abs. 1 SGB XII umfasst die Einsatzgemeinschaft Ehegatten, eingetragene Lebenspartner sowie Eltern mit ihren Kindern. Über § 20 SGB XII werden auch die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche GemeinBT-Drs. 16 / 688. BT-Drs. 16 / 1410. 3 Siehe die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.12. 4 Siehe Kap. 1, B., II. 5 Siehe den Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, Februar 2008, Tabelle 17 und 18. 1 2

A. Thematik und Aktualität der Untersuchung

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schaft einbezogen. Im Gegensatz zur Bedarfsgemeinschaft werden aber hier keine Rechte oder Pflichten für die Mitglieder begründet. Außerdem wurde es unterlassen, die Regelungen zur Einsatzgemeinschaft den veränderten Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft anzupassen, lediglich die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft wurde im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit in die Regelung zur Einsatzgemeinschaft einbezogen. Zusammenlebende Personen, die weder von der Regelung der Bedarfsgemeinschaft noch von der der Einsatzgemeinschaft erfasst werden, können eine sogenannte Haushaltsgemeinschaft bilden. Dabei kennen sowohl die Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch die Sozialhilfe die Haushaltsgemeinschaft. Während aber nach § 9 Abs. 5 SGB II zusammenlebende verwandte oder verschwägerte Personen, die nicht der Bedarfsgemeinschaft angehören, als Haushaltsgemeinschaft angesehen werden, erfasst § 36 SGB XII alle Personen, die gemeinsam in einer Wohnung oder einer entsprechenden anderen Unterkunft zusammenleben. Bei diesen Personen wird vermutet, dass sie dem Hilfebedürftigen Leistungen zum Lebensunterhalt erbringen, soweit dies nach der Einkommens- und Vermögenssituation erwartet werden kann. Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft stellen zentrale Begriffe des Rechts der sozialen Sicherung dar. Dabei erfolgt die Zuordnung bestimmter Personen zu einer der Gemeinschaften einerseits, um dem Nachranggrundsatz, der sich sowohl im SGB II als auch im SGB XII wiederfindet, Rechnung zu tragen. Andererseits werden dadurch Steuermittel gespart, denn durch die gegenseitige Anrechnung von Einkommen und Vermögen reduzieren sich die Leistungen an die einzelnen Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft. Ferner kann mit der Begründung, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Kosten in der Gemeinschaft eingespart werden, die Höhe der Regelleistung im Verhältnis zum allein stehenden Hilfebedürftigen reduziert werden. Aktualität und Relevanz hat diese Untersuchung zusätzlich durch einen Report des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit mit dem Titel „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat“ 6 erhalten. Dieser in ungewöhnlich scharfem Ton formulierte Report listet besonders eklatante oder typische Fälle von Missbrauch auf – unter anderem auch im Hinblick auf das Bestehen von Bedarfsgemeinschaften –, auf die das Bundesministerium bei seinen Recherchen in den Arbeitsgemeinschaften und durch Medienberichte gestoßen ist. Unter der plakativen Überschrift des 1. Kapitels – „Melkkuh Sozialstaat – die alltägliche Selbstbedienung am Gemeinwohl“ – werden Betrugsfälle bei Bedarfsgemeinschaften geschildert. Es werde – so der Bericht – häufig versucht, das Zusammenleben mit einem Partner zu vertuschen, um die Einkommensanrechnung zu umgehen. So sei in einem Fall der Lebensgefährte – ein „Frischluftfanatiker“ – bei der Kontrolle der Prüferin in Unterwäsche auf die Terrasse geflüchtet, in einem anderen führte ein Mann die Kuhle im Ehebett nicht auf 6

Report vom Arbeitsmarkt im Sommer 2005, Veröffentlicht am 14. 10. 2005.

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Einleitung

die Partnerin, sondern auf eine Nachbarin zurück, die angeblich am Vorabend zum Bibellesen da gewesen war. Einmal teilten sich Sohn und Vater mit der Großmutter ein Doppelbett und wechselten sich mit ihr angeblich beim Schlafen ab, ein anderes Mal gab sich ein Paar als Mieter und Vermieter aus. Dieser „Betrug“ wird nach diesem Report zudem auch von „Helfershelfern“ unterstützt. So wird als Beispiel der Fall der PDS-Mitarbeiterin genannt, die einem ZDF-Reporter, welcher sich als Ratsuchender ausgab, hinsichtlich der Umgehung der gesetzlichen Regelungen erklärte: „Sie behaupten, sie seien kein Paar und jeder wirtschaftet für sich. Sie müssen die Wohnung nur so einrichten, als wären sie kein Paar.“ Diesem „parasitären“ Verhalten könne – so der Bericht – nur durch Kontrolle begegnet werden, um „Schmarotzer und Trittbrettfahrer aus dem System auszuschalten“. Der Report hat, gerade aufgrund der gewählten Formulierungen, zu Kritik der Interessenverbände und zur Diskussion in Gesellschaft und Politik geführt. Allerdings ist dieses Problem nicht neu. Auch im Recht der Arbeitslosenhilfe oder der Sozialhilfe gab es schon Missbrauch, vor allem im Rahmen der eheähnlichen Gemeinschaft. Denn die eheähnliche Gemeinschaft, um die es in den oben geschilderten Fällen hauptsächlich geht, hat durch das Bundesverfassungsgericht eine Definition erfahren, die zu Beweisschwierigkeiten für den Leistungsträger führte. Diese Probleme fanden sich zunächst auch in den neuen Regelungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe. Erst durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurde eine Beweislast zugunsten des Leistungsträgers in die Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführt. Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Das Sozialhilferecht dagegen enthält weiterhin keine solche Beweislastumkehr. Deshalb soll in der folgenden Untersuchung auch dieser Aspekt aufgegriffen und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Ziel dieser Untersuchung ist es, die Gemeinschaften und die sie betreffenden Regelungen systematisch zu erfassen und kritisch darzustellen. Dabei wird sich insbesondere die Frage der Verfassungsrechtmäßigkeit der einzelnen Regelungen stellen. Denn wenn die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft, einer Einsatzgemeinschaft oder einer Haushaltsgemeinschaft den Grund dafür bildet, dass daran Rechte und Pflichten geknüpft werden, müssen die sie betreffenden Regelungen so gefasst sein, dass sie den Anforderungen des Rechtsstaates genügen. Deshalb sollen in der nachfolgenden Untersuchung diese Gemeinschaften und die entsprechenden Regelungen näher betrachtet und die Folgen, die das SGB II und das SGB XII an das Zusammenleben von Personen knüpfen, geschildert werden. Es soll aufgezeigt werden, dass die Veränderungen, die der Gesetzgeber seit Einführung der Gesetze vorgenommen hat, zum Teil verfassungswidrige Regelungen beseitigt hat, die Regelungen aber auch weiterhin Mängel aufweisen. Durch einen Vergleich der Gemeinschaften miteinander wird sich ergeben, dass sich die Rege-

B. Gang der Untersuchung

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lungen in Bezug auf das Zusammenleben von Personen zwar gleichen, es aber durchaus auch Unterschiede gibt, die ein Handeln des Gesetzgebers erfordern. Aus den Darstellungen soll die Erkenntnis folgen, ob es bei den vorhandenen Regelungen bleiben kann oder ob es wesentlicher Veränderungen bedarf. Die Untersuchung wird auf die Bedarfsgemeinschaft, die Haushaltsgemeinschaft und die Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 SGB XII beschränkt. Die Einsatzgemeinschaft der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung wird außer Acht gelassen, da sie einen eigenen Regelungskomplex mit vielen Besonderheiten darstellt, der sie grundlegend von den anderen Gemeinschaften unterscheidet. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung dienen dazu, einen eventuell bestehenden Mangel bei Leistungen durch andere Sicherungssysteme auszugleichen und so das Existenzminimum zu gewährleisten.

B. Gang der Untersuchung Die Untersuchung erläutert in einem ersten Teil (Kapitel 1) zunächst das Verhältnis von SGB II und SGB XII. Nur so wird überhaupt verständlich, warum zwischen der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft unterschieden wird. Daran anschließend erfolgt die Begriffsbestimmung der jeweiligen Gemeinschaft. Ferner werden die inhaltlichen Vorgaben für die Sozialleistungssysteme dargelegt. Die Menschenwürde als sozialstaatliches Mindestgebot und die Gestaltungsgrundsätze werden insbesondere bei der Auslegung und der Prüfung der Verfassungsrechtmäßigkeit relevant. Der Bestandsaufnahme folgt in einem zweiten Teil (Kapitel 2) die ausführliche Darstellung der Bedarfsgemeinschaft. Zunächst werden die einfachgesetzlichen Regelungen vorgestellt (Kapitel 2 A.). Von Belang sind diesbezüglich der Personenkreis des § 7 Abs. 3 SGB II und das Erfordernis der Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II, da Zusammenlebende nur eine Bedarfsgemeinschaft bilden können, wenn sie zum Personenkreis des § 7 Abs. 3 SGB II gehören und hilfebedürftig sind. Im Anschluss erfolgt die verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft (Kapitel 2 B.). Denn nur wenn feststeht, dass die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II verfassungsgemäß ist, können aus dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft Folgen entstehen. Die Folgen der Feststellung der Bedarfsgemeinschaft werden im letzten Abschnitt des zweiten Teiles betrachtet (Kapitel 2 C.). Dabei wird zunächst die Frage gestellt, ob die Einführung der Bedarfsgemeinschaft die Abschaffung eines Einzelanspruchs der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zugunsten eines Gesamtanspruchs der Gemeinschaft bedeutet. Daran anschließend werden die Leistungen an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft beschrieben. Trotz des im Ergebnis zu bejahenden Einzelanspruchs sind die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aber in einzelnen Teilberei-

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Einleitung

chen vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abhängig. Die diese Abhängigkeit betreffenden Regelungen, die sich ergebenden Widersprüche, Unklarheiten und verfassungsrechtlichen Problemstellungen werden untersucht und Lösungsmöglichkeiten gefunden. In einem Exkurs sollen abschließend noch die Zusammenhänge zwischen dem Bestehen von Unterhaltsansprüchen und der Bedarfsgemeinschaft aufgezeigt werden. In einem dritten Teil (Kapitel 3) folgt sodann die Darstellung der Einsatzgemeinschaft. Die Darstellungsweise entspricht im Hinblick auf den späteren Vergleich der der Bedarfsgemeinschaft. Hierbei werden zunächst ebenfalls die einfachgesetzlichen Regelungen zur Einsatzgemeinschaft erläutert (Kapitel 3 A.). Der Personenkreis der §§ 19 Abs. 1, 20 SGB XII und das Erfordernis der Hilfebedürftigkeit jedes einzelnen Mitgliedes der Gemeinschaft werden dargestellt. Anschließend wird die Einsatzgemeinschaft verfassungsrechtlich beurteilt. Denn nur wenn auch hier feststeht, dass die Regelungen der §§ 19, 20 SGB XII verfassungsgemäß sind, können sich daraus Folgen für die zusammenlebenden Personen ergeben. Die Folgen der Feststellung der Einsatzgemeinschaft werden anschließend geschildert (Kapitel 3 C.). Zunächst wird dabei der Frage nachgegangen, ob sich durch die vorgenommenen Veränderungen im SGB XII etwas an dem Bestehen eines Einzelanspruchs, der hinsichtlich der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes noch bejaht wurde, geändert hat. Im Anschluss daran werden die Leistungen dargelegt, die jedes einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft beanspruchen kann. Abschließend werden die weiteren die Einsatzgemeinschaft betreffenden Vorschriften erläutert und bewertet. Bilden zusammenlebende Personen keine Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft, können sie eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne der Vorschrift der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 9 Abs. 5 SGB II) oder der Sozialhilfe (§ 36 SGB XII) bilden. Im vierten Teil (Kapitel 4) werden deshalb die Regelungen der Haushaltsgemeinschaften in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe dargestellt und bewertet. Die Untersuchung schließt in einem letzten Teil (Kapitel 5) mit dem Vergleich der Gemeinschaften (Kapitel 4 A.), der Schlussbetrachtung der Regelungen der Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft und deren Vergleich (Kapitel 5 B.) sowie Regelungsvorschlägen zur Beseitigung der aufgezeigten Widersprüche, Unklarheiten und Verstöße gegen die Verfassung.

Kapitel 1

Bestandsaufnahme Das Thema dieser Untersuchung sind die Gemeinschaften zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII. Diese Gemeinschaften werden als Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft bezeichnet. Bevor aber auf die einzelnen Gemeinschaften eingegangen werden kann, ist es zunächst erforderlich, die der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe zugrunde liegenden Strukturen darzustellen. Dies betrifft zunächst das Verhältnis von SGB II und SGB XII zueinander. Es wird sich zeigen, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe um zwei parallele Systeme handelt, die für den betroffenen Personenkreis (nahezu) abschließende Regelungen enthalten. Damit wird auch verständlich, warum es überhaupt mehrere Gemeinschaften zusammenlebender Personen gibt. Die Bedarfsgemeinschaft gehört zu der Grundsicherung für Arbeitsuchende, während die Einsatzgemeinschaft in der Sozialhilfe zu finden ist. Überschneidungen zwischen den beiden Gemeinschaften kann es nicht geben. Eine hilfebedürftige Person lebt entweder in einer Bedarfsgemeinschaft oder in einer Einsatzgemeinschaft, da sie auch nur Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Einsatzgemeinschaft in Anspruch nehmen kann. Die Haushaltsgemeinschaft dagegen findet sich in beiden Gesetzen, wobei sich die Haushaltsgemeinschaften des SGB II und des SGB XII ebenfalls gegenseitig ausschließen. Innerhalb der jeweiligen Systeme kann es dagegen zu Überschneidungen zwischen den Gemeinschaften kommen. Denn in einem Haushalt kann es neben einer Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft auch eine Haushaltsgemeinschaft geben, wenn eine Person nach der gesetzlichen Regelung (§ 7 Abs. 3 SGB II, §§ 19, 20 SGB XII) nicht zu dem Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft gehört, zwischen der ausgeschlossenen Person und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft aber eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht. Aber auch die inhaltlichen Vorgaben für die Sozialleistungssysteme werden für die Gemeinschaften relevant. Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft sind Ausdruck des Nachranggrundsatzes, da die einzelnen Mitglieder nur dann Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe erhalten, wenn ihr Bedarf nicht durch ein anderes Mitglied der Gemeinschaft gedeckt wird oder sie ihren Bedarf nicht durch eigene Kräfte decken können. Wie die Leistungen ausgestaltet und welcher Bedarf zwingend gedeckt werden muss, ergibt sich aus dem Individualisierungsgrundsatz und dem Bedarfs-

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

deckungsgrundsatz. Alle diese Gestaltungsgrundsätze resultieren aus der Menschenwürde, die vorgibt, was der Sozialstaat mindestens leisten muss. Die Gestaltungsgrundsätze spielen deswegen aber auch bei der Auslegung der einzelnen die jeweilige Gemeinschaft betreffenden Regelungen eine Rolle.

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII Sowohl die Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch die Sozialhilfe sind ihren Zwecken nach subsidiäre Leistungssysteme, die nur eingreifen, wenn das primäre Netz der sozialen Sicherung nicht greift. Sie garantieren also die Erfüllung von Grundbedürfnissen. Dabei schließen sich die Anwendungsbereiche des SGB II und des SGB XII allerdings aus (§ 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII). Das SGB II als neues Basissicherungssystem1 ist dabei vorrangig zu prüfen. Deswegen werden im Folgenden zunächst die Funktion und Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und sodann die der Sozialhilfe dargestellt. Die Sozialhilfe dient nur noch als Auffangbecken für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige. Aufgrund des Systemwechsels erfasst die Grundsicherung für Arbeitsuchende damit einen großen Teil der ehemaligen Sozialhilfeempfänger. Die Abgrenzung von SGB II und SGB XII erfolgt dabei anhand des erfassten Personenkreises. Die Reform der sozialen Sicherungssysteme hat somit zu einem Nebeneinander der beiden Systeme von Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe geführt.

I. Funktion und Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende Nach der Begründung des Gesetzentwurfes zum SGB II2 soll die Zusammenführung der bisherigen Arbeitslosen- und Sozialhilfe für Erwerbsfähige zu einer Leistung das ineffiziente, verwaltungsaufwändige und intransparente Nebeneinander zweier staatlicher Fürsorgeleistungen beenden. Durch eine einheitliche Aufgabenund Finanzierungsverantwortung soll vermieden werden, dass die Kosten der Arbeitslosigkeit, wie vorher üblich, zwischen den Gebietskörperschaften, der Bundesagentur für Arbeit und dem Bund verschoben werden. Zentrale Zielsetzung ist die Verbesserung der Eingliederungschancen der Leistungsempfänger in ungeförderte Beschäftigung, insbesondere durch intensive Beratung und Betreuung in den – überörtlich ausgerichteten – Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.3 Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende formulieren auch § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II: Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigen1 2 3

Siehe dazu Waltermann, Rdn. 452c. BT-Drs. 15 / 1516, S. 41 ff. BT-Drs. 15 / 1516, S. 41; Chojetzki / Klönne, DRV 2004, S. 513 (516).

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII

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verantwortung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Durch diese Formulierung und durch die Überschrift des 1. Kapitels – „Fördern und Fordern“ – werden die Grundlinien des SGB II deutlich. Sie beruhen auf dem Gedanken von Leistung und Gegenleistung: Leistungen werden verbunden mit der Verpflichtung zur Gegenleistung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist somit nach der Gesetzesbegründung Ausdruck des aktivierenden Sozialstaats.4 Zudem kommt der Grundsicherung für Arbeitsuchende aber auch eine Auffangfunktion zu. Finanzielle Leistungen werden ergänzend erbracht, wenn dem Einzelnen oder seiner Gemeinschaft nicht ausreichend Erwerbseinkommen oder andere staatliche Hilfen zur Verfügung stehen, um den Bedarf decken zu können.

II. Funktion und Bedeutung der Sozialhilfe Eine Umschreibung der wesentlichen Merkmale der Sozialhilfe als subsidiäres Basissystem enthält § 9 Abs. 1 SGB I: Ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe, die seinem Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert, hat nur derjenige, der nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen und auch von anderer Seite keine ausreichende Hilfe erhält. Aus § 9 SGB I können somit Aufgabe, Arten, Voraussetzungen, Maß, Zweck und Ziel der Sozialhilfe entnommen werden: Durch die Sozialhilfe soll Menschen in Not geholfen werden, die Hilfe kann der Bestreitung des Lebensunterhalts oder der Bewältigung besonderer Lebenslagen dienen. Voraussetzung für die Hilfe ist das Unvermögen zur Selbsthilfe. Maß der Hilfe ist der individuelle Bedarf. Zweck der Leistung ist die Hilfe zur Selbsthilfe, ihr Ziel ist die Sicherung eines menschenwürdigen Daseins.5 § 9 SGB I formuliert das soziale Recht auf Sozialhilfe6 und ist eine Konkretisierung der Verfassungsgebote der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dem Grundrecht auf Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 Abs. 1 GG).

4 5 6

Eichenhofer, Rdn. 482. Eichenhofer, Rdn. 532. Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 2.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

Ergänzt wird § 9 Abs. 1 SGB I durch § 1 SGB XII. Danach ist es Aufgabe der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll ihn so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken. Nach diesen programmatischen Sätzen soll die Sozialhilfe also auf eine Veränderung der Situation des Leistungsberechtigten gerichtet sein, mit dem Ziel, die Hilfe überflüssig zu machen.7 Die Hilfe soll im Grunde genommen nur vorübergehend eintreten und dazu beitragen, die Selbsthilfe des Leistungsberechtigten zu entfalten und sie für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung einzusetzen.8 Als subsidiäres Basissystem hat die Sozialhilfe eine doppelte Funktion: Zum einen dient sie als Auffangnetz, wenn andere Sozialleistungsbereiche mit gleichem Zweck einen anerkannten Bedarf nicht genügend oder nicht rechtzeitig decken.9 Zum anderen ist die Sozialhilfe Garant der Hilfe in Notlagen, die in anderen Leistungsbereichen ihrer Art nach überhaupt nicht vorgesehen und bei denen der Einzelne auf die Unterstützung der staatlichen Gemeinschaft angewiesen ist. In Anbetracht des offenen Kreises der Hilfeberechtigten, des Umfangs der erfassten Bedarfslagen und des weit gefächerten Instrumentariums der Hilfen wird insofern auch von der Universalität der Sozialhilfe gesprochen.10 Die Sozialhilfe bildet somit weiterhin das unterste Netz der sozialen Sicherung. Sie hat ihre Bedeutung als Ergänzungs- und Auffangfunktion aber insoweit verloren, als dass die Personen, die dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sind, grundsätzlich keine Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten (§ 21 SGB XII). Die Sozialhilfe ist aber weiterhin das Referenzsystem für zahlreiche Leistungen, insbesondere auch für die Leistungen nach dem Zweiten Buch.11 Aus der Verpflichtung der Sozialhilfe aus § 1 Abs. 1 SGB XII, umfassende Leistungen zu erbringen, ergibt sich ferner, dass der Sozialhilfe auch eine „Pionierfunktion“ beim Aufspüren neuer sozialer Notlagen und bei der Entwicklung von geeigneten Hilfsmöglichkeiten zukommt.12 7 Igl / Welti, § 56, Rdn. 2; Krahmer, ZfF 1999, S. 213; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 12; Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.3 (1), S. 106 f.; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 15. 8 BVerwGE 23, 149 (153). 9 Nach Waltermann, Rdn. 452d garantieren Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe die Erfüllung von Grundbedürfnissen. Das Auffangnetz der Basissicherung müsse naturgemäß umso mehr leisten, je weiter die Maschen des primären sozialen Netzes geknüpft seien. Es hänge also von der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung des sozialen Netzes, namentlich der Ausgestaltung der Sozialversicherung ab, welche Belastung der steuerfinanzierten Basissicherung zuwachsen oder, wie durch die Einführung der Pflegeversicherung, genommen werden. 10 v. Maydell, NDV 1978, S. 341 (342); Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 1; ders., RdA 1991, S. 336 (336 f.). 11 BT-Drs. 15 / 1514, S. 52. 12 Luckey, S. 7; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 14.

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII

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III. Abgrenzung von SGB II und SGB XII anhand des erfassten Personenkreises SGB II und SGB XII haben damit ähnliche Bedeutung und Funktion, sie sind beide steuerfinanzierte und bedürftigkeitsabhängige Systeme, die nur dann eingreifen, wenn keine anderweitige Möglichkeit der Bedarfsdeckung besteht. Deshalb stellt sich die Frage, wie die beiden Gesetze voneinander abzugrenzen sind, da eine hilfebedürftige Person Leistungen nach beiden Systemen nicht verlangen kann. Die Abgrenzung erfolgt dabei vor allem nach dem Personenkreis der Hilfebedürftigen. Das SGB II als neues Basissicherungssystem ist dabei vorrangig zu prüfen und erfasst alle erwerbsfähigen hilfebedürftigen Personen zwischen 15 und der Altersgrenze des § 7a SGB II, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 SGB II). Ausländer sind nur dann erfasst, wenn sie erwerbstätig sein können, ihr Aufenthaltsrecht sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt und sie keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten (§§ 7 Abs. 1 Satz 2, 8 Abs. 2 SGB II). Haben diese Personen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II, ist ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen (§ 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII). Liegen die Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld II nicht vor, ist zu prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei voller Erwerbsminderung nach §§ 41 bis 46 SGB XII besteht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII erhalten Grundsicherung im Alter Personen, die die Altersgrenze des § 7a SGB II erreicht haben, und Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Dies gilt allerdings nur, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Weiterhin müssen die Personen, die Ansprüche aus dem SGB XII geltend machen, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (§ 30 SGB I). Greifen auch diese Vorschriften nicht, ist ein Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II zu prüfen. Dieses erhalten nur die nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben. Handelt es sich bei dem nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen um ein Kind, ist auch der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG zu prüfen, denn dieser geht dem Sozialgeld vor. Erst wenn ein Hilfebedürftiger keiner der dargestellten Personengruppen zugeordnet werden kann, kommen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII als unterstes Netz der sozialen Sicherung in Betracht. Leistungsberechtigt sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zunächst alle Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Darüber hinaus darf die Person die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten (§ 2 Abs. 1

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

SGB XII). Damit scheidet der Personenkreis der Empfänger von Leistungen nach dem SGB II aus dem Geltungsbereich des SGB XII aus. Leistungsberechtigt sind also nur die bedürftigen Personen, die keine der genannten vorrangigen Leistungen erhalten. Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten damit: erwerbsgeminderte Personen, die bis zu drei Stunden täglich erwerbstätig sein können, allein stehende Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, allein stehende, nicht erwerbsfähige Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, Personen ohne Arbeitserlaubnis und die Gruppe der nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten, die nach den ausländer- und arbeitserlaubnisrechtlichen Regelungen keinen unbeschränkten legalen Zugang zum Arbeitsmarkt haben oder erhalten können.13 Ferner gehören zum Personenkreis des SGB XII Personen, die länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht sind (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SGB II). Stellen Personen, die eigentlich Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung erhalten würden, keinen Antrag auf Grundsicherung oder sind sie von ihr ausgeschlossen, erhalten sie ebenfalls Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 Abs. 1 SGB XII. Die Erwerbsfähigkeit und die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft sind also die entscheidenden Merkmale für eine Zuordnung zum Leistungsbezug nach dem SGB II. Damit fällt durch den Systemwechsel ein großer Teil der ehemaligen Sozialhilfeempfänger in den Geltungsbereich des SGB II.

IV. Das Nebeneinander beider Systeme und die Folgen Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass es sich bei SGB II und SGB XII um zwei Systeme handelt, die nebeneinanderstehen und sich ausschließen. Daraus folgt, dass eine Person nur Leistungen nach dem SGB II oder nach dem SGB XII erhalten kann. Dies ist auch in beiden Gesetzen kodifiziert. Nach § 5 Abs. 2 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Leistungen nach dem dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Dies entspricht der Regelung des § 21 Satz 1 SGB XII, die Leistungen nach dem Zwölften Buch ausschließt, wenn die Personen nach dem Zweiten Buch leistungsberechtigt sind, wobei ergänzend zu § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II klargestellt wird, dass ein Anspruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II bereits dann anzunehmen ist, wenn eine Leistungsberechtigung dem Grunde nach besteht14. Ein sachlicher Unterschied zwischen diesen beiden Rege13 Haben sie Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sind diese vorrangig vor der Sozialhilfe. 14 Berlit, info also 2003, S. 195 (199); Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 43; Grube, in: Grube / Wahrendorf; § 5 SGB II, Rdn. 11; Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 5, Rdn. 74; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 478b; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (212); Sauer, in: Jahn, SGB II, § 5, Rdn. 9; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 5, Rdn. 24; Voelzke, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 21, Rdn. 3. Insoweit wird in der Literatur die Formulierung der beiden

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII

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lungen ist aufgrund des identischen Regelungsgehalts folglich nicht gegeben.15 Damit reicht also die Zuordnung zum nach dem SGB II grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis (erwerbsfähiger Hilfebedürftiger oder Mitglied der Bedarfsgemeinschaft) aus, um einen Ausschluss der Leistungen des dritten Kapitels des SGB XII zu erreichen, es muss nicht auch ein tatsächlicher Anspruch – nach Grund und Höhe – oder der tatsächliche Erhalt von Leistungen im Einzelfall bestehen.16 Dieses Auseinanderfallen von Anspruchsberechtigung und zuerkanntem Anspruch wird allerdings dadurch relativiert, dass, solange noch nicht feststeht, ob ein Hilfebedürftiger erwerbsfähig und damit dem System des SGB II zuzuordnen ist, bei akutem Bedarf der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende leisten muss. Herzuleiten ist dies aus der Vorschrift des § 44a Abs. 2 Satz 3 SGB II.17 Der Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Hilfebedürftige sich weigert, den nach § 37 Abs. 1 SGB II für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag zu stellen.18 Bei negativen Kompetenzkonflikten, wenn also SGB XII- und SGB II-Träger Unterhaltsleistungen unter Verweis auf den anderen verweigern, aber ein Anspruch entweder auf SGB II- oder SGB XII-Leistungen besteht, bleibt der zuerst angegangene vorläufig verpflichtet (§ 43 Abs. 1 SGB I). In beiden Fällen hat aber im Notfall der SGB XII-Träger bis zur Vorschuss- oder vorläufigen Leistung des SGB II-Trägers Sozialhilfe zu leisten.19 Mit diesen Regelungen sollen Schnittstellen zwischen den beiden Büchern und ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII vermieden werden.20 Ein Hilfebedürftiger und seine Familienangehörigen sind daher entweder dem System SGB II oder dem System SGB XII zuzuweisen. Dies führt zu einer Art „Familienhaftung“, denn die hilfebedürftigen Familienangehörigen haben keinen Ankorrespondierenden Vorschriften als unklar bezeichnet, denn nach § 21 Satz 1 SGB XII reicht eine Leistungsberechtigung „dem Grunde nach“ aus, während nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II der „Anspruch“ auf Leistungen nach dem SGB II die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausschließt, siehe Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 44; Rothkegel, ZfSH / SGB 2004, S. 396 (399). 15 Rothkegel, ZfSH / SGB 2004, S. 396 (399). 16 Siehe dazu auch BT-Drs. 15 / 1514, S. 57, wo ausdrücklich auf § 5 Abs. 2 SGB II Bezug genommen und festgestellt wird, dass der Ausschluss der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt nicht voraussetzt, dass jemand tatsächliche Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhält; vielmehr wird an die bloße Eigenschaft als Erwerbsfähiger oder an die Angehörigeneigenschaft angeknüpft. A.A. Brönstrup, in: Hohm, SGB II, § 28, Rdn. 14. 17 BSG, Urteil vom 07. 11. 2006, Az.: B 7b AS 10 / 06 R, juris; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 5, Rdn. 25. Siehe auch Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 45. 18 LSG Hamburg, Beschluss vom 28. 01. 2005, Az.: L 3 B 16 / 05 ER SO, juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. 05. 2005, Az.: L 7 SO 1840 / 05 ER-B, juris; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 5, Rdn. 25. 19 Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 44. 20 BT-Drs. 15 / 1514, S. 57.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

spruch mehr auf Leistungen der „Rest“-Sozialhilfe, wenn ihr Bedarf nicht vollständig gedeckt ist.21 Das Aufstockungs- oder Ersatzverbot (§ 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, § 21 Satz 1 SGB XII) hat damit zur Konsequenz, dass ein eventuell entstehender Mangel22 bei der Deckung des Bedarfs im SGB II nicht nach dem SGB XII ausgeglichen werden kann. Ferner dürfen Regelabweichungsbedarfe, also Bedarfe, die nicht zu den in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II aufgezählten Bedarfsgruppen gehören, zum Beispiel Kosten des Umgangs mit dem minderjährigen Kind oder Kosten für Kleidung in Sondergrößen, selbst bei nachweislicher Unterdeckung durch die Leistungen nach dem SGB II nicht über die Sozialhilfe (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) ausgeglichen werden23. Damit verliert die Sozialhilfe ihre eigentliche Funktion, nämlich Hilfebedürftige jeweils so zu unterstützen, dass ihnen das zur Führung eines menschenwürdigen Lebens Unerlässliche zur Verfügung steht. Dies ist ein verfassungsrechtliches Problem, da die Gewährung des Existenzminimums durch den Menschenwürdegrundsatz (Art. 1 GG) und das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) vorgeschrieben wird.24 Ferner liegt darin ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), denn Hilfebedürftige nach dem SGB XII können dadurch eine höhere Regelleistung erhalten als Hilfebedürftige, die dem SGB II zugeordnet sind.25 Zwar darf ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nach dem SGB II anders behandelt werden als ein Hilfebedürftiger nach dem SGB XII; dies gilt jedoch nur insoweit, als dass sich aus den Unterschieden zwischen beiden Gruppen diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen lässt. Zwischen den beiden Gruppen bestehen aber bei den Sonderbedarfen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie diese Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, denn Sonderbedarfe können in beiden Fällen entstehen, unabhängig davon, ob eine Erwerbsfähigkeit besteht oder nicht. 21 Spindler, SozSich 2003, S. 338 (340). Dies ist vor allem in Fällen möglich, in denen das Arbeitslosengeld II verloren geht oder der erwerbsfähige Hilfebedürftige dieses verspielt. 22 Dies gilt vor allem bei nicht deckbarem Bedarf im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Ein Mangel kann zum Beispiel dadurch entstehen, dass mehrere einmalige Bedarfe additiv durch ein Darlehen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgeglichen werden, dieses Darlehen additiv aber im nächsten Monat mit jeweils bis zu 10 vom Hundert mit dem Arbeitslosengeld II aufgerechnet werden muss und so eine „verschobene Unterdeckung“ auftritt, siehe Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (179). 23 Dies gilt vor allem für Fälle eines besonderen Bedarfs, auf dessen Höhe der Berechtigte keinen Einfluss hat. In den anderen Fällen treffen § 23 Abs. 1 SGB II und § 37 SGB XII ähnliche Regelungen. A.A. ist das SG Schleswig, Beschluss vom 04. 05. 2005, Az: S 17 SO 82 / 05 ER, juris. A.A. auch das BSG, FamRZ 2007, 465 (466 f.), das bei Vorliegen einer besonderen Bedarfslage §§ 73, 74 SGB XII anwenden will, ohne dass diese zur allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II mutieren. Zur Kritik an dieser Entscheidung siehe W. Schellhorn, FuR 2007, S. 193 (194 f.). 24 Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 47; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 21, Rdn. 15. 25 Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 47; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (218); H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 5, Rdn. 27; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 5, Rdn. 17.

A. Das Verhältnis von SGB II und SGB XII

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Dieses verfassungsrechtliche Problem kann nur durch eine, notfalls verfassungskonforme Auslegung der Bestimmungen des SGB II gefunden werden26, so dass sich daraus ein bedarfsdeckender, würdevoller Lebensunterhalt ergibt27. Denn eine Korrektur des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II im Wege der verfassungskonformen Auslegung ist aufgrund des Wortlauts der Vorschrift und des Willens des Gesetzgebers nicht möglich, er ist insoweit eindeutig.28 Ein Rückgriff auf das Sozialhilfesystem wird ebenfalls durch den klaren Wortlaut des § 21 SGB XII versperrt.29 Anders als § 28 Abs. 1 SGB XII legt das SGB II jedoch nicht fest, dass die Regelleistung den „gesamten“ nicht gesondert geregelten Bedarf erfasst.30 Im Übrigen dürften die Regelleistungen auch im Vergleich zum früheren sozialhilferechtlichen Eckregelsatz nicht hoch genug sein, um auch die zum Teil erheblichen Kosten für die Befriedigung aller denkbaren Sonderbedarfe zu decken. Die Regelabweichungsbedarfe sind somit nicht „von der Regelleistung umfasst“ (§ 23 Abs. 1 SGB II), deshalb ist hier ein Darlehen unzulässig.31 Das SGB II ist somit dahingehend auszulegen, dass diese Bedarfe als Zuschuss zu leisten sind. Nur so kann dem Bedarfsdeckungsgrundsatz entsprochen werden, der verlangt, dass das SGB II selbst bedarfsdeckende Leistungen zur Verfügung stellt. Der Ausschluss nach § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII bezieht sich allerdings nur auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also auf die materiellen Hilfen. Sach- und Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Leistungen zur Eingliederung, sind davon nicht erfasst. Deshalb stellt sich die Frage, ob in diesem Fall Leistungen zur Eingliederung nach dem SGB II oder dem SGB XII zu erbringen sind. Dies entscheidet sich unter der Prämisse des „grundsätzlichen“ Vorrangs anderer Leistungen, wobei im Zweifel der Schwerpunkt des Bedarfs sowie Leistungsziel und -zweck entscheidend sind.32 Da die Leistungen des SGB II der Erwerbsbefähigung dienen, besteht darin die überwiegende Hilfeleistung, der 26 Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 47; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 21, Rdn. 15; Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (181). 27 Zum Beispiel durch Auslegung des § 23 Abs. 1 SGB II dahin, dass 5 vom Hundert als Höchstbetrag für die Darlehensrückzahlung anzusehen sind, siehe Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 23, Rdn. 65; Däubler, NJW 2005, S. 1545 (1547); Münder, in: LPK-SGB II, § 23, Rdn. 19; Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (182). A.A. ist Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 23, Rdn. 30, der meint, dass aufgrund des abweichenden Personenkreises von SGB II und SGB XII Unterschiede gerechtfertigt sein können. 28 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 5, Rdn. 17. A.A. ist Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 47. 29 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 21, Rdn. 15. A.A. ist Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 2, Rdn. 12, der eine Notzuständigkeit des Sozialhilfeträgers annimmt. 30 O’Sullivan, SGB 2005, S. 369 (372). Siehe auch Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 20, Rdn. 65. 31 O’Sullivan, SGB 2005, S. 369 (372). Ähnlich H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 5, Rdn. 27, der zwar § 23 Abs. 1 SGB II anwenden, aber die Rückzahlung gemäß § 44 SGB II erlassen will. 32 Vgl. Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 50.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

Schwerpunkt des Leistungsziels und -zwecks. Damit sind die Leistungen zur Eingliederung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, soweit sie für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich sind (und dem Leistungskatalog des § 16 Abs. 2 SGB II entsprechen), also solche des SGB II zu erbringen.33 Allerdings sind die Leistungen des § 16 Abs. 2 SGB II Ermessensleistungen, während es sich bei denen des SGB XII meist um Anspruchsleistungen handelt. Im Rahmen des pflichtgemäß auszuübenden Ermessens hat der für die SGB II-Leistungen zuständige Träger zu entscheiden, ob er solche Leistungen erbringt. Lehnt er diese ab, weil sie für die Eingliederung in das Erwerbsleben nicht erforderlich sind, sind die Leistungen nach dem SGB XII zu erbringen, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.34 Dies führt wiederum zu einer Doppelzuständigkeit der Träger der Leistungen des SGB II und SGB XII. Deswegen wäre es auch hier sinnvoll, diese Dienst- und Sachleistungen ebenfalls nach dem SGB II zu erbringen, was aber einer Änderung des § 7 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedarf. Ein Vorrang des SGB XII gegenüber dem SGB II findet sich allerdings in § 5 Abs. 2 Satz 2, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung vorrangig gegenüber dem Anspruch auf Sozialgeld sind. Damit wird in einer nicht geringen Zahl von Fällen eine echte Doppelzuständigkeit begründet, die eigentlich durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilferecht beseitigt werden sollte. SGB II und SGB XII stehen also in einem Alternativverhältnis zueinander. Daraus folgt, dass beide Systeme die Grundbedürfnisse der anspruchsberechtigten Personen sichern müssen, dass sowohl SGB II als auch SGB XII im Grundsatz „armutsfest“ sein müssen. Kürzungen bei Missbrauch oder Verweigerung zumutbarer Arbeit sind allerdings zulässig und gewollt.

V. Zusammenfassung zum Verhältnis von SGB II und SGB XII Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende um steuerfinanzierte und bedürftigkeitsabhängige Systeme handelt, die in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Beide sollen in ihrem Regelungsbereich das Existenzminimum garantieren; die Abgrenzung des von den beiden Systemen erfassten Personenkreises erfolgt im Wesentlichen durch den Begriff der Erwerbsfähigkeit. Erwerbsfähige Hilfebedürftige und mit ihnen zusammenlebende Personen fallen unter das Regelungssystem des SGB II, nicht erwerbsfähige Personen und die mit ihnen zusammenlebenden nicht erwerbsfähigen Personen erhalten Leistungen nach dem SGB XII. Auch bei den zu 33 34

(8).

Vgl. Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 50. Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 50. Siehe auch Hesse / Lübking, BldWPfl. 2004, S. 7

B. Die einzelnen Gemeinschaften

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gewährenden Leistungen gibt es, bis auf wenige Ausnahmen, keine Überschneidungen. Es besteht ein Aufstockungs- oder Ersatzverbot gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, § 21 Satz 1 SGB XII. Die durch dieses Verbot entstehenden Ungleichbehandlungen von Leistungsempfängern nach dem SGB II und dem SGB XII, insbesondere im Bereich der Regelabweichungsbedarfe, sind durch eine verfassungskonforme Auslegung der Regelungen des SGB II zu beseitigen. Aus dem Alternativverhältnis folgt aber auch, dass beide Systeme zumindest ähnliche Rechte und Pflichten begründen müssen.35 Sie sichern beide das Existenzminimum der hilfebedürftigen Personen ab, wobei der Unterschied zwischen den Personenkreisen hauptsächlich in dem Bestehen oder Fehlen der Erwerbsfähigkeit liegt.

B. Die einzelnen Gemeinschaften Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe um zwei parallele, nebeneinanderstehende Systeme handelt, die im Wesentlichen gleiche Leistungen erbringen müssen. Deshalb stellt sich die Frage, warum Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft unterschiedlich bezeichnet werden. Sowohl Sozialhilfe als auch Grundsicherung für Arbeitsuchende betrachten den einzelnen Hilfebedürftigen nicht isoliert, sondern berücksichtigen, dass er auch mit Personen in einem Haushalt zusammenleben kann. Daran knüpfen die Gesetze aber unterschiedliche Folgen. Während im SGB XII die Ansprüche der Mitglieder unabhängig voneinander bestehen, sind sie bei der Bedarfsgemeinschaft akzessorisch ausgestaltet. Im Folgenden sollen deshalb die Begriffe der Bedarfsgemeinschaft, der Einsatzgemeinschaft und der Haushaltsgemeinschaft erläutert werden. Die Begriffe der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft sind für das Sozialhilferecht keine neuen Begriffe, sie waren jedoch noch nie im Gesetz verankert und sind zudem heftig umstritten. Deshalb erstaunt es, dass der Gesetzgeber im SGB II den Begriff der Bedarfsgemeinschaft erstmals in einem Gesetz verwendet und den Personenkreis umschreibt. Im SGB XII dagegen fehlt weiterhin eine gesetzliche Beschreibung der dort dargestellten Gemeinschaft. Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft wird in beiden Gesetzen dagegen übereinstimmend verwendet, erfasst aber einen unterschiedlichen Personenkreis.

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Siehe dazu Kap. 5, A.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

I. Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft Der Gesetzgeber hat der Gemeinschaft des § 7 Abs. 3 SGB II den Begriff der Bedarfsgemeinschaft zugeordnet, definiert ihn aber nicht, sondern benennt nur ihre Mitglieder. Deshalb ist fraglich, was unter dem Begriff der Bedarfsgemeinschaft tatsächlich zu verstehen ist. Er ist nicht neu, denn er wurde schon im Sozialhilferecht verwendet, jedoch hat der Gesetzgeber ihn bisher in keinen Rechtsnormen ausdrücklich gebraucht. Allerdings wurde der Begriff der Bedarfsgemeinschaft für das Recht der Sozialhilfe in mehrfacher Hinsicht als irreführend bezeichnet und ist deshalb in der Literatur36 und Rechtsprechung37 zunehmend auf Ablehnung gestoßen und durch den Begriff der Einsatzgemeinschaft ersetzt worden. Denn der Begriff der Bedarfsgemeinschaft meint in seinem ursprünglichen Sinne die Familiennotgemeinschaft des § 5 der Reichsgrundsätze38, das heißt die Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen der zusammenlebenden Personen ohne Aufteilung auf die einzelnen Personen39. Die Reanimation für das SGB II bedeutet jedoch nicht, dass er auch in diesem Sinne verstanden werden soll. Denn auch im SGB II ist der Einzelanspruch jeder Person verankert.40 Außerdem werden nicht pauschal Bedarf und Einkommen und Vermögen gegenübergestellt, sondern es wird vorher noch der Anteil des Bedarfs des Einzelnen am Gesamtbedarf festgestellt und erst danach werden Einkommen und Vermögen verteilt. Bei der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II muss es sich also um eine Bedarfsgemeinschaft „neuen Typs“41 handeln, die allerdings mit der Einsatzgemeinschaft des Sozialhilferechts nicht übereinstimmt.42 Von daher erstaunt es, dass sich in den gesamten Materialien zum SGB II keine Begründung für die Wahl des Rechtskonstrukts der Bedarfsgemeinschaft findet. Neu bei der Bedarfsgemeinschaft ist ihre anspruchs- und pflichtenbegründende Funktion für die Mitglieder der Gemeinschaft, jeweils vermittelt über (mindestens) einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der seinerseits die Bedarfsgemeinschaft konstituiert.43 Der Begriff 36 Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 8, 10; ders., in: Fachlexikon der sozialen Arbeit, Begriff Bedarfsgemeinschaft. 37 BVerwG, FEVS 43, 268 (271 ff.). Siehe auch BVerwGE 114, 339 (341). 38 Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 14. 39 Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200. 40 Siehe Kap. 2, C., I. 41 Berlit, info also 2003, S. 195 (199). 42 Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 34; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 14. A.A. sind Conradis, info also 2004, S. 51 (52); Mrozynski, II.7, Rdn. 11a; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 34. Ebenso auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 25, die meinen, die Bedarfsgemeinschaft als Einsatzgemeinschaft interpretieren zu können. Dies scheitert aber daran, dass in einer Einsatzgemeinschaft derjenige, der seinen Bedarf decken kann, nicht hilfebedürftig ist und dies im SGB II zum Leistungsausschluss für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen würde. Siehe dazu auch Kap. 2, A., II., 1. 43 Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 7, Rdn. 1; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 19.

B. Die einzelnen Gemeinschaften

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der Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II meint also zunächst nur die Zusammenfassung von Personen mit bestimmten persönlichen Merkmalen mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Weitere Anforderungen inhaltlicher Art werden neben dem personalen Bezug nicht gestellt.44 Dabei darf § 7 Abs. 3 SGB II aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass mit der Bedarfsgemeinschaft ein neues Rechtssubjekt geschaffen wird (siehe Wortlaut § 7 Abs. 1, Abs. 2 SGB II).45 Zwar wird der Bedarf des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im SGB II immer nur zusammen mit seiner Bedarfsgemeinschaft geregelt, so dass das Regelungskonzept eine „Tendenz zur Sippenhaftung“46 aufweist.47 Dennoch bleiben Anspruchsinhaber die einzelnen Personen, die aber in ihren Rechten und Pflichten durch die formale Zuordnung zu der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II massiv beeinflusst werden.48 Über § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II kommt dem Begriff der Bedarfsgemeinschaft aber noch eine andere Bedeutung zu, denn dort ist von einem Gesamtbedarf die Rede. Da es keinen Gesamtbedarf einer Gemeinschaft geben kann49, meint Gesamtbedarf die Addition der jeweiligen einzelnen Bedarfe. Diesem „Gesamtbedarf“ sind Einkommen und Vermögen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen. Teilweise wird in der Literatur50 für diejenigen Personen der Bedarfsgemeinschaft, die ihr Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II füreinander einsetzen müssen, der Begriff Einsatzgemeinschaft verwendet. Dem steht aber entgegen, dass der Gesetzgeber auch in § 9 Abs. 1 SGB II eindeutig von Bedarfsgemeinschaft spricht. Zwar stimmt der Personenkreis des § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II, der Einkommen und Vermögen einzusetzen hat, mit demjenigen der Einsatzgemeinschaft überein, jedoch gilt dies nicht für die Bedarfs- und Leistungsberechnung nach § 9 Abs. 2 SGB II. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist auch derjenige hilfebedürftig, der seinen eigenen Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken kann, so dass er (verfassungswidrig51) in die Bedarfsermittlung einbezogen wird, während nach der Bedeutung des Begriffs der Einsatzgemeinschaft nur derjenige hilfebedürftig ist, der seinen eigenen Bedarf nicht decken kann. Derjenige, dem für seine Bedarfsdeckung Einkommen und Vermögen ausreiValgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 35. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. 07. 2005, Az: L 14 B 48 / 05 AS ER, juris; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 8, S. 21. Siehe auch Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 19, Rdn. 5. A.A. ist anscheinend Berlit, info also 2003, S. 195 (199). 46 Kruse, ZIAS 2003, S. 301 (306). 47 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 20. 48 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 21. Siehe auch Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 5. 49 Siehe Kap. 2, C., I. 50 Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 187; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 28, Rdn. 4; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 499; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 14; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 88. 51 Siehe Kap. 2, A., II., 1. 44 45

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

chend zur Verfügung stehen, wird nur insoweit in der Bedarfsermittlung berücksichtigt, als dass sein Einkommensüberschuss auf die anderen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft aufgeteilt wird. Im Gegensatz zum früheren Verständnis des Begriffs der Bedarfsgemeinschaft bedeutet er heute nicht, dass die Bedarfe nicht auf die einzelnen Personen aufgeteilt und die Leistungen nicht an die einzelnen Mitglieder realisiert werden. Insoweit ist die Verwendung des Begriffs der Bedarfsgemeinschaft irreführend und trifft nicht den inhaltlichen Sinn der Regelung52. Er führt aufgrund dieses Verständnisses in der Praxis häufig dazu, dass pauschal alle Bedarfe und Einkommen zusammengerechnet und somit die Besonderheiten der gesetzlichen Regelungen leicht übersehen werden.53 So ist zum Beispiel das Einkommen der Kinder nicht auf den Bedarf der Eltern anzurechnen. Auch werden häufig Personen in die Berechnung einbezogen, die unter die Ausschlussgründe des § 7 Abs. 4 oder Abs. 5 SGB II fallen. Daher wäre es sinnvoll gewesen, in der gesetzlichen Regelung ausschließlich vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auszugehen und nur in einzelnen Bereichen, zum Beispiel bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen, auf Dritte zurückzugreifen.54 Ohne dies jeweils ausdrücklich zu thematisieren, geht der Gesetzgeber des SGB II wohl davon aus, dass über die Konstruktion einer Bedarfsgemeinschaft das Ziel des SGB II – möglichst viele erwerbsfähige Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren – am besten erreicht werden kann.55 Der Begriff Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II kann dabei aber nur die aus mehreren Personen bestehende Gemeinschaft meinen. Teilweise wird angenommen, dass auch der erwerbsfähige Hilfebedürftige allein eine Bedarfsgemeinschaft bildet.56 Dies widerspricht aber schon der Bedeutung des Begriffs der „Gemeinschaft“, denn dieser bezeichnet das gegenseitige Verhältnis von Menschen, die auf einer historisch gewachsenen, religiös-weltanschaulichen, politisch-ideologischen, ideellen oder einen eng begrenzten Sachzweck verfolgenden Grundlage verbunden sind.57 Auch der Gesetzgeber unterscheidet in der Begründung zum SGB II58 immer zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinen mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen. So heißt es zum Beispiel zu Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB II, Rdn. 5. Siehe Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.). 54 So auch Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 20. A.A. sind Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 25, die die Bedarfsgemeinschaft als Einsatzgemeinschaft sehen. 55 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 2. 56 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.12; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 35; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 14. 57 Brockhaus, Begriff Gemeinschaft. 58 BT-Drs. 15 / 1516. 52 53

B. Die einzelnen Gemeinschaften

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der Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II59: „Die Bedarfsgemeinschaft umfasst den Erwerbsfähigen, seinen Partner (den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder den nicht dauernd getrennt lebenden Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft) sowie die haushaltsangehörigen minderjährigen unverheirateten Kinder des Erwerbsfähigen oder seines Partners, soweit diese nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen – wie z. B. bei Leistungen aus vorgelagerten Sicherungssystemen (Kindergeld, Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz) – ihren Lebensunterhalt sichern können.“ Eine Gemeinschaft kann damit nicht nur aus einer Person bestehen. Die Erwähnung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II soll nur klarstellen, dass er Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, sie konstituiert und es eine solche ohne ihn nicht gibt. Außerdem bedarf es der Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft gar nicht, wenn nur eine Person Leistungen erhält, denn die Bedarfsgemeinschaft dient hauptsächlich dazu, auch nicht erwerbsfähigen Angehörigen Leistungen des SGB II zukommen zu lassen, um somit in einer Familie das gleiche Fürsorgesystem anwenden zu können. Bedarfsgemeinschaft meint also die Zusammenfassung bestimmter Personen mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, um durch die Zusammenrechnung der einzelnen Bedarfe dieser Personen und Gegenüberstellung des in dieser Gemeinschaft vorhandenen Einkommens und Vermögens den Leistungsanspruch jedes Mitglieds der Gemeinschaft ermitteln zu können. In diesem Sinne ist der Begriff der Bedarfsgemeinschaft aber irreführend, da es keinen gemeinsamen Bedarf gibt. Es liegt eher eine „Leistungsberechnungsgemeinschaft“ vor.

II. Der Begriff der Einsatzgemeinschaft Die Gemeinschaft des SGB XII erfährt zwar in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eine Beschreibung des von ihr erfassten Personenkreises, sie wird jedoch nicht benannt. In der Vergangenheit wurde diese Gemeinschaft in Rechtsprechung und Literatur zu § 11 Abs. 1 BSHG teilweise als Einsatz- (oder auch Einstands-60) und teilweise als Bedarfsgemeinschaft61 bezeichnet, teilweise wurden aber auch beide Begriffe BT-Drs. 15 / 1516, S. 52. BVerwGE 114, 339 (341); BVerwG, NJW 2004, S. 2541 (2542); OVG Lüneburg, FEVS 38, 145 (146); VGH Mannheim, FEVS 42, 284 (287); OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33); OVG Schleswig, info also 2002, S. 129; Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (72); Münder, NJW 2001, S. 2201 (2202); Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 201; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 8, S. 10; Schwabe ZfF 1993, S. 201; Trenk-Hinterberger, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart 23 (2001), S. 405 (411); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 17. 61 BVerwGE 21, 1 (3); 59, 294 (298); VGH Kassel, FEVS 38, 271 (274); OlG Düsseldorf, FamRZ 1999, S. 885 (886); VG Koblenz, info also 1997, S. 160; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 23; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 17; Schulte / TrenkHinterberger, 6.2.2. (3), S. 145. Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft wird aber auch nach diesen Meinungen umschrieben als „die mit ihrem Einkommen und Vermögen in die Bedürf59 60

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

verwendet62. Der die Begriffe betreffende Regelungsgehalt war aber nahezu gleich. Auch für das neue Recht finden sich beide Begriffspaare63, wobei hier die Wahl eines der Begriffe auch einen unterschiedlichen Regelungsinhalt bedeutet, je nachdem, wie die etwas veränderte Regelung des § 19 SGB XII verstanden wird. Im Folgenden ist zu ermitteln, welcher Begriff für die Gemeinschaft des SGB XII zu verwenden ist. Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft meint, wie schon erwähnt, in seinem ursprünglichen Sinne die Familiennotgemeinschaft des § 5 der Reichsgrundsätze, also die Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen der zusammenlebenden Personen ohne Aufteilung auf die einzelnen Personen. Diese Familiennotgemeinschaft ist jedoch nicht wieder in das SGB XII eingeführt worden64. Der Begriff Bedarfsgemeinschaft kann somit nur verwendet werden, wenn darunter die Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen bei Bestehen eines Einzelanspruchs65 zu verstehen wäre. Dadurch würde betont, dass die miteinander Lebenden „aus einem Topf“ wirtschaften und es deshalb geboten ist, in gewissem Umfang die Mittel zusammenzufassen, die den einzelnen Mitgliedern der Wirtschafts- und Lebensgetigkeitsprüfung einbezogenen Personen“, wobei der Einzelanspruch immer bejaht, allerdings eine Gesamtberechnung der Leistung durchgeführt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich seit BVerwG, FEVS 43, 268 (271 ff.) von dem Begriff der Bedarfsgemeinschaft distanziert. 62 Siehe OVG Lüneburg, FEVS 55, 355 (358); 55, 551 (552); OVG Greifswald, NJ 2000, S. 499; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (437), Rdn. 36; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 11, Rdn. 2; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Ost / Mohr / Estelmann, E, V, 1, a, aa, S. 378. 63 Einsatzgemeinschaft (und Einzelberechnung): Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 12 ff.; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 14; Nothacker, in: HSRB, Teil II, Kap. 4, Rdn. 69; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 13, 14; ders., ZfF 2004, S. 169 (170); Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 29; Schwabe, Kap. 5, 5.1.1, S. 163 f.; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB XII, Rdn. 21; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 18. Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 19, Rdn. 11 bezeichnet die Gemeinschaft als Einsatzgemeinschaft, nimmt aber eine gemeinsame Leistungsberechnung an. Bedarfsgemeinschaft (und gemeinsame Leistungsberechnung): Busse, NDV 2004, S. 339 (343); Eichenhofer, Rdn. 547; Freitag, § 18, Rdn. 5; Haubelt, Rdn. 53; Kunkel, KommJur 2004, S. 175 (176 f.); Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (207), anders aber in Grundsicherung und Sozialhilfe, III.5, Rdn. 4; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 8, 35; W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (169); H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (755). Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 6 nennt die Gemeinschaft Einsatzgemeinschaft, meint aber Bedarfsgemeinschaft. Beide Begriffe verwendend: Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 187; Krauß, MittBayNot 2004, S. 330; Kunkel, ZfF 2004, S. 241 (244); Luthe / C. Dittmar, Rdn. 123; H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 10; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 88. Nach Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 19 liegt eine Bedarfsgemeinschaft vor, wenn alle Mitglieder der Gemeinschaft hilfebedürftig sind, ansonsten spreche man von einer Einsatzgemeinschaft. 64 A.A. ist Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Fn. 5; Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 6. 65 Zum des Bestehens eines Einzelanspruchs siehe Kap. 3, C., I.

B. Die einzelnen Gemeinschaften

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meinschaft zufließen.66 Diese einfache Zusammenrechnung der Bedarfe und Familieneinkommen ist zwar unzulässig, wäre aber in den Fällen unproblematisch, in denen die ganze Familie leistungsberechtigt ist und kein nennenswertes Einkommen und Vermögen vorhanden sind, denn dort wäre das rechnerische Ergebnis dasselbe und der Einzelanspruch würde nicht verkürzt. Dies gilt allerdings nur insoweit, als dass es nicht zur Wiederherstellung des Nachrangs kommt. In diesen und in allen anderen Fällen ist die Verwendung des Begriffs Bedarfsgemeinschaft jedoch zu ungenau und verleitet zu falschen rechtlichen Ergebnissen in der Praxis67, denn er führt zu einer nicht sauberen Rechtsanwendung des Einzelanspruchs, indem eine undifferenzierte Gesamtberechnung aller Bedarfe durchgeführt wird. Ferner sieht das SGB XII, im Gegensatz zu § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, ausdrücklich keine Bildung eines Gesamtbedarfs vor, die dazu führen kann, dass Personen leistungsberechtigt werden, die gar nicht leistungsberechtigt sind. Sachlich-rechtlicher Inhaber der Forderung ist aber nur der Leistungsberechtigte selbst. Aufgrund des historischen Bezugs wird die Verwendung des Begriffs Bedarfsgemeinschaft immer einen Gesamtbedarf, der nicht besteht, suggerieren, und nicht verdeutlichen, dass aus dem Regelungsgehalt des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII der Einzelanspruch jeder Person folgt.68 Auch beantwortet die Zusammenfassung aller Bedarfe nicht die Frage, zu welchen Anteilen die Mitglieder der „Bedarfsgemeinschaft“ als Empfänger der Hilfe anzusehen sind.69 Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 SGB XII ist nicht von einem „Bedarf“ die Rede, sondern nur von der Verpflichtung, eigenes Einkommen und Vermögen nicht nur für sich, sondern auch für den anderen einsetzen zu müssen.70 Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft trifft damit nicht den Kern der Regelung. Aber auch eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II gibt es im SGB XII nicht. Denn zum einen fehlt eine Definition des Begriffs im SGB XII. In der Gesetzesbegründung71 heißt es zwar, dass „die Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt in der Regel auf die Bedarfsgemeinschaft des § 19 Abs. 1 SGB XII“ bezogen ist. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass damit die gleichen Rechtsfolgen wie im SGB II eintreten sollen. Zum anderen sieht § 19 Abs. 1 SGB XII nicht die gleiche Bedarfsberechnung wie § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II vor. Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen und die Berechnung des Bedarfs entsprechen dem früheren § 11 Abs. 1 BSHG72, wo von Rechtsprechung und Literatur 66 Siehe BVerwG, FEVS 21, 1 (3 f.); 43, 268 (271 f.); OVG Lüneburg, ZfF 1989, S. 273 (276). 67 Siehe Schoch, Sozialhilfe, B, 3.2, S. 154 und 3.6.2.1, S. 200 f.; ders., ZfS 1989, S. 297 (304); ders., info also 2003, S. 147. 68 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 18. 69 Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (209). 70 Siehe Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 18. 71 BT-Drs. 15 / 1514, S. 53. 72 BT-Drs. 15 / 1514, S. 56.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

eine Einsatzgemeinschaft angenommen wurde. Hätte der Gesetzgeber auch im SGB XII eine Bedarfsgemeinschaft wie im SGB II beabsichtigt, stellt sich die Frage, warum er diese dann nicht auch hier gesetzlich fixiert hat. Eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II gibt es somit im SGB XII nicht. Insoweit ist der Begriff der Einsatzgemeinschaft73 treffender, denn dieser gibt den Regelungsgehalt des § 19 Abs. 1 SGB XII deutlich besser wieder als der Begriff der Bedarfsgemeinschaft. Der Begriff der Einsatzgemeinschaft meint die gegenseitige Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen zusammenlebender Personen bei individueller Bedarfsermittlung.74 Zwar ist auch er nicht unproblematisch, da es in § 19 Abs. 1 SGB XII nur indirekt darum geht, dass Personen ihr Einkommen und Vermögen einsetzen oder dass sie füreinander einstehen müssen, sondern darum, dass der Gesetzgeber es dem Leistungsträger gebietet, den Einsatz der Mittel und seine angemessene Verteilung auf die Familienmitglieder „von Amts wegen“ zu unterstellen.75 Für den Begriff der Einsatzgemeinschaft spricht aber, dass er den eigenständigen Anspruch jedes Einzelnen betont und so auch mit dem Regelungsgehalt des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (oder § 20 SGB XII) übereinstimmt, wonach der Sozialhilfeträger Einkommen und Vermögen der genannten Familienmitglieder bedarfsdeckend zu berücksichtigen hat. So wird hervorgehoben, dass derjenige, dessen Einkommen und Vermögen der Sozialhilfeträger bei anderen Familienmitgliedern berücksichtigt, zwar Mitglied einer Gemeinschaft ist, aber nicht selbst sozialhilfebedürftig wird und deshalb auch keine sozialhilferechtlichen Obliegenheiten hat.76 Außerdem wird durch den Begriff Einsatzgemeinschaft deutlicher, dass es in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII neben dem Wirtschaften „aus einem Topf“ auch darauf ankommt, dass die Zusammenlebenden sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens zur Seite stehen, also eine Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft bilden77. Letztendlich kann es zwar dahinstehen, welcher Begriff verwendet wird, solange vom Einzelanspruch jedes Mitglieds der Gemeinschaft ausgegangen und die gesetzliche Regelung richtig angewendet wird. Allerdings ist es aufgrund des verschiedenen Regelungsgehaltes von SGB II und SGB XII wichtig, die beiden Gemeinschaften voneinander abgrenzen zu können, so dass hier der Begriff der Einsatzgemeinschaft bevorzugt verwendet wird. 73 Auch Einstehensgemeinschaft in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, siehe BVerfGE 87, 234 ff. 74 Siehe Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200 f.; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 10. 75 Siehe Schoch, ZfS 1989, S. 297 (300). 76 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 3; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 84; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 10. Weil diese Person noch Mitglied der Einsatzgemeinschaft ist, hat sie insoweit keinen Anspruch auf einen Selbstbehalt in Höhe zivilrechtlicher Grundsätze, siehe OVG Greifswald, FEVS 51, 465 (467); VGH München, FEVS 56, 37 (40); OVG Frankfurt (Oder), ZfSH / SGB 2004, S. 238 (245 f.); Gutachten DV, NDV 1999, S. 310; Schoch, ZfF 2004, S. 169; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 37. Kritisch äußert sich Kunkel, KommJur 2004, S. 175 (177). 77 Siehe dazu Kap. 3, B. und C.

B. Die einzelnen Gemeinschaften

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III. Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft Von dem Begriff der Haushaltsgemeinschaft werden Personen erfasst, die zwar zusammenleben, aber nicht den Status einer Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft erlangen. Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn mehrere Personen nicht nur vorübergehend in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und „aus einem Topf“ wirtschaften.78 Der Begriff ist somit eng im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auszulegen79, denn nur dann kann vermutet werden, dass jedes Mitglied der Haushaltsgemeinschaft nach seinen finanziellen Kräften zur Bestreitung des Lebensunterhalts beiträgt80. Hinsichtlich der Wohnund Wirtschaftsgemeinschaft kann auf das Kriterium der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Rahmen der Begriffsbestimmung der eheähnlichen Gemeinschaft Bezug genommen werden.81 Das Wirtschaften „aus einem Topf“ setzt demnach nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht oder die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden, wobei solche äußeren Indizien für eine Haushaltsgemeinschaft sprechen. Bei einer Haushaltsgemeinschaft genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen.82 Auch eine kurze Unterbrechung der Haushaltsgemeinschaft, etwa durch eine Reise, hat nicht ihre Aufhebung zur Folge.83 Sie ist damit zu unterscheiden von 78 Siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 53; BVerfGE 9, 20 (30); BVerwGE 52, 11 (12); Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 55; Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 6; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 50 und Teil 2, SGB XII, § 36, Rdn. 7; Faber, NZS 2005, S. 75 (77); Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 17; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 9 SGB II, Rdn. 20; Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 158; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 44; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 81; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 1; dies., SGB II, § 7, Rdn. 7; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 9, Rdn. 7; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 625; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 2; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 52; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 210; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 92; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 60; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 7. Ähnlich äußern sich Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 4; Jehle, ZfSH 1963, S. 129; v. Maydell, ZfS, 1963, S. 430; T. Müller, S. 150. 79 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.9; Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 6; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 50; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 52; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 6; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (2), S. 190; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 60. Siehe auch VGH München, ZfSH 1971, S. 174 (177); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 59; Jehle, ZfSH 1963, S. 129; R. Möller, ZfSH / SGB 2005, S. 1 (14). 80 BVerfGE 9, 20 (30); BVerwGE, 52, 11 (14); VGH München, ZfSH 1971, S. 174 (177); Oppermann, S. 142; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 9, Rdn. 27; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 4. 81 Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa). 82 OVG Koblenz, FEVS 1, 195 (197); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 2. 83 Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 4; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn 2.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

einer reinen Wohngemeinschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass in einer gemeinsam bewohnten Wohnung grundsätzlich selbständig und getrennt gewirtschaftet wird. Liegt eine solche vor, greifen die Vorschriften über die Haushaltsgemeinschaft nicht ein.84

IV. Fazit Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Begriffe der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft nicht übereinstimmen. Ursprünglich bedeutete der Begriff der Bedarfsgemeinschaft die Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen der zusammenlebenden Personen ohne Einzelanspruch. Der Gesetzgeber hat im SGB II diesem Begriff aber einen neuen Inhalt gegeben. Er meint damit die Zusammenfassung bestimmter Personen mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, um durch die Zusammenrechnung der einzelnen Bedarfe dieser Personen und Gegenüberstellung des in dieser Gemeinschaft vorhandenen Einkommens und Vermögens den Leistungsanspruch jedes Mitglieds der Gemeinschaft ermitteln zu können. Er stimmt damit nicht mit dem früheren verwandten Begriff der Bedarfsgemeinschaft im Sinne einer Familiennotgemeinschaft überein. Das eigentlich Neue an dieser Bedarfsgemeinschaft ist die anspruchs- und pflichtenbegründende Funktion für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, jeweils vermittelt über (mindestens) einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der seinerseits die Bedarfsgemeinschaft konstituiert.85 Den Begriff der Einsatzgemeinschaft kennt der Gesetzgeber weiterhin nicht. Im SGB XII geht es um die gegenseitige Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen zusammenlebender Personen bei individueller Bedarfsermittlung (§ 19 Abs. 1 SGB XII). Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft, wie er im SGB II verwendet wird, stimmt somit nicht mit diesem Regelungsgehalt überein.86 Dies ergibt sich auch schon daraus, dass der Gesetzgeber selbst im SGB XII den Begriff der Bedarfsgemeinschaft nicht verwendet, obwohl er ihn in das SGB II eingeführt hat. Außerdem wird die Einsatzgemeinschaft nicht nur durch eine einzige Person konstituiert, sie hat keine anspruchs- und pflichtenbegründende Funktion. Deshalb ist die Verwendung des Begriffs der Einsatzgemeinschaft im SGB XII sachgerechter 84 Siehe BVerfG, info also 2004, S. 260; VGH Kassel, FEVS 45, 79; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 64; Faber, NZS 2005, S. 75 (77); Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 157; Jehle, ZfSH 1963, S. 129; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn 2; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 9, Rdn. 27; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 7; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 8. 85 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 19. 86 Siehe Berlit, info also 2003, S. 195 (199); Pfohl, ZfSH / SGB 2004, S. 167 (169); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 14; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 15 ff.; ders., ZfF 2004, S. 169 (171); Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 19. A.A. ist Freitag, § 33, Rdn. 16; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 34. Siehe auch Steck / Kossens, Rdn. 65.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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und erleichtert die Unterscheidung zwischen beiden Gesetzen. Insoweit kann auch auf den Begriff der Einsatzgemeinschaft nicht verzichtet werden.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme Die bisherige Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe um zwei Systeme handelt, die nebeneinanderstehen und jeweils zwei Gemeinschaften zusammenlebender Personen kennen: im SGB II die Bedarfsgemeinschaft und die Haushaltsgemeinschaft und im SGB XII die Einsatzgemeinschaft und die Haushaltsgemeinschaft. Trotz dieser Parallelität der Systeme gibt es bestimmte inhaltliche Vorgaben und Grundsätze, die sowohl in der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch in der Sozialhilfe zu finden sind. Dies resultiert daraus, dass diese Grundsätze überwiegend aus dem Menschenwürdegrundsatz des Grundgesetzes abgeleitet werden. Als sozialstaatliches Mindestgebot müssen sowohl die Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende ein menschenwürdiges Leben garantieren. Aus dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe ergeben sich die einfachgesetzlichen Gestaltungsgrundsätze des SGB II und SGB XII. Einige von ihnen sind im SGB XII und SGB II ausdrücklich gesetzlich normiert, bei anderen fehlt eine gesetzliche Regelung. Diese Vorgaben erlangen bei der Auslegung und Anwendung der Regelungen zu den einzelnen Gemeinschaften Bedeutung. Nur wenn sie beachtet werden, können die Systeme gleichzeitig den Menschen Hilfe gewähren, aber auch den Staat vor übermäßiger Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende schützen.

I. Die Menschenwürde als sozialstaatliches Mindestgebot Der Grundsatz der Menschenwürde kann als Leitbild der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe verstanden werden, er stellt ein sozialstaatliches Mindestgebot für die beiden Sicherungssysteme dar. Das Grundgesetz bestimmt die freie menschliche Persönlichkeit und ihre Würde als höchstes verfassungsrechtlich geschütztes Rechtsgut, die Menschenwürde gehört zu den tragenden Konstitutionsprinzipien87. Diesem Grundsatz müssen sowohl Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch Sozialhilfe Rechnung tragen, ihre Aufgabe ist es, dem Hilfebedürftigen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen. So ist es schon für die Sozialhilfe in § 1 Satz 1 SGB XII, § 9 Abs. 1 SGB I kodifiziert. Das SGB II demgegenüber kennt keine soziale 87

BVerfGE 6, 32 (36).

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

Grundvorschrift wie § 1 Abs. 1 SGB XII, da die Zielsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine andere ist: Ihre vornehmliche Aufgabe besteht darin, die Eingliederungschancen der Leistungsempfänger in ungeförderte Beschäftigung durch Beratung und Betreuung und Einbeziehung in die Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu verbessern.88 Jedoch muss auch das SGB II den sozialstaatlichen Auftrag zur Wahrung der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20, 28 GG) beachten.89 Dies ergibt sich zum einen schon aus der Verfassung selbst, zum anderen ist die Menschenwürdeverpflichtung auch in §§ 9, 28 Abs. 1 SGB I konkretisiert, die für das gesamte Sozialgesetzbuch gelten. Das SGB II muss diesen Auftrag realisieren, weil für den Hilfesuchenden kein Zugang zu den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt der Sozialhilfe vorgesehen ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II).90 Da es insoweit unter dem SGB II kein Auffangnetz gibt, muss das SGB II armutsfest sein.91 Der oberste Verfassungsgrundsatz der Menschenwürde hat folglich auch vorrangige Bedeutung für die Sozialhilfe, daran hat auch die Reform des Arbeits- und Sozialhilferechts nichts geändert.92 Ein Zusammenhang zwischen Sozialhilfe und der Garantie der Menschenwürde wurde unmittelbar nach Aufnahme der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts hergestellt. In einer seiner ersten Entscheidungen93 wird aus dem Grundsatz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), Art. 20 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3, Art. 2 und Art. 19 GG gefolgert, dass Sozialhilfe von Rechts wegen geschuldet werden könne. Denn unter Herrschaft des Grundgesetzes sei der Mensch stets als Rechtssubjekt zu denken statt als Objekt gemeindlicher Fürsorglichkeit.94 Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn es um seine Daseinsmöglichkeiten gehe. Wäre der Einzelne der öffentlichen Gewalt unterworfen, also Untertan und nicht Bürger, so wäre er lediglich Gegenstand staatlichen Handelns. Dieser Annahme widerspreche, dass der Mensch Inhaber der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und Träger der Privatautonomie sei.95 Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 1 SGB XII, Rdn. 4. BT-Drs. 15 / 1516, S. 44 f.; Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 20, Rdn. 7; Münder, in: LPK-SGB II, § 1, Rdn. 4. 90 Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (182); Münder, in: LPK-SGB II, § 1, Rdn. 4. 91 Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 21; Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (181). 92 § 1 Abs. 1 Satz 1 wird deshalb auch als „königliche Norm“ des SGB XII, als „ein das ganze Sozialhilferecht beherrschender Leitsatz“ und als „verbindliche Richtschnur“ für die Ausgestaltung und Auslegung des SGB XII bezeichnet, siehe Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.2. (2), S. 104. 93 BVerwGE 1, 159 ff. 94 BVerwGE 1, 159 (160). Zur Objektformel siehe Dürig, AöR 81 (1956), S. 117 (127); ders., in: Maunz / Dürig, GG, 29. Auflage, Bd. I, Art. 1 Abs. 1, Rdn. 28, 34. 95 BVerwGE 1, 159 (160 f.). Die Sozialhilfe ist ein Teil der staatlichen Gewalt aufgegebenen aktiven Sozialgestaltung, und innerhalb dieser aktiven Sozialgestaltung hat der einzelne Hilfesuchende eine Subjektstellung. Siehe auch BVerwGE 27, 58 (63); BVerfGE 40, 121 (133); 82, 60 (80). 88 89

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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Dieser Gedanke, dass der Mensch im Recht als ein Subjekt gedacht werden muss, reicht aber nicht hin, um darauf Ansprüche auf einzelne Leistungen zu stützen. Vielmehr bedarf der Grundsatz der Menschenwürde der Konkretisierung96, primär durch den Gesetzgeber, notfalls auch durch den Richter.97 Die Verweisung auf den Maßstab der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG und § 9 Abs. 1 SGB I, § 1 Abs. 1 SGB XII enthält hierzu keine quantitative, sondern nur eine qualitative, allerdings für den Umfang von Sozialhilfeleistungen mittelbar folgenreiche Aussage: Dem Hilfebedürftigen muss mit staatlicher Hilfe aus einer Notlage geholfen werden, in der ihm aus wirtschaftlichen Gründen soziale Ausgrenzung droht98 und er als arm stigmatisiert wird oder vom Leben in der Gemeinschaft ausgeschlossen bleibt. Die Sozialhilfe wie auch die Grundsicherung für Arbeitsuchende haben einen durch den Gewährleistungsinhalt des Art. 1 Abs. 1 GG auszufüllenden, „verfassungsfesten“ Mindeststandard, ein Kernelement99, sicherzustellen, also ein verfassungsrechtlich definiertes Existenzminimum zu gewährleisten.100 Insbesondere § 9 Abs. 1 SGB I, § 1 SGB XII übertragen damit die grundsätzliche Verpflichtung des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums auf die Ebene des einfachen Gesetzesrechts.101 Das Grundrecht der Achtung der Menschenwürde umfasst somit nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern auch eine Verpflichtung des Staates auf positive Gestaltung der Lebensverhältnisse.102 Zur Führung eines menschenwürdigen Lebens gehört aber mehr als das nackte Überleben, staatliche Existenzsicherung muss den Menschen nicht nur in seiner physischen Existenz, sondern auch als soziales Wesen im Blick haben.103 Dem Menschen ist deshalb als gemeinschaftsbezogenes Wesen neben dem physisch Notwendigen104 auch der soziokulturelle Bedarf105 zu gewähren. Der Hilfebedürftige soll so gestellt werden, dass er in der Umgebung von Personen, die keine Sozialhilfe oder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen, ähnlich wie diese leben 96 BVerwGE 1, 159 (160); Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 20; ders., in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 24; ders., ZfSH 2000, S. 259 (262); Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.2. (2), S. 105. Siehe auch Schoch, Sozialhilfe, A, 4.5, S. 30. 97 BVerwGE 1, 159 (162). 98 Siehe BVerwGE 94, 326 (333); 97, 376 (378). 99 Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (645). 100 Birk, in: LPK-BSHG, § 1, Rdn. 6; Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (645); Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 4. A.A ist Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 1, Rdn. 8. Zum Menschenwürdegrundsatz siehe auch Bieritz-Harder, S. 262 ff. 101 Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 1, Rdn. 7. 102 Schoch, Sozialhilfe, A, 4.5, S. 30; Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 1 SGB XII, Rdn. 8. 103 Rothkegel, ZfSH / SGB 2003, S. 643 (646). 104 Also Ernährung, Kleidung, Unterkunft, Heizung, Hausrat, Hilfe bei Krankheit, Schwangerschaft. 105 Also die Teilnahme an der Gesellschaft, zum Beispiel Kino-, Theaterbesuch, Zeitschriftenabonnement.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

kann.106 Diese Vorgaben bestimmen die Auswahl der Hilfemaßnahmen und schränken sie zugleich ein. Ausgeschlossen sind alle Maßnahmen, die die nachfragende Person als diskriminierend empfinden müsste, weil sie sie gegenüber der übrigen Bevölkerung herabsetzen würden. Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende sollen eine sozial unauffällige Lebensführung ermöglichen.107 Für die Sicherung dieses soziokulturellen Existenzminimums ist auf die herrschenden Lebensgewohnheiten abzustellen.108 „Herrschend“ sind in diesem Zusammenhang solche Lebensgewohnheiten, die auch von Bevölkerungskreisen in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen geteilt werden.109 Erst wenn für eine Lebensführung auf diesem Niveau die Mittel fehlen, ist die Interventionsschwelle der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch von Verfassungs wegen erreicht.110 Dem SGB XII und dem SGB II liegt damit ein von den jeweiligen gesellschaftlichen Lebensstandards abhängiger Armutsbegriff zugrunde.111 Aus dem Bezug auf die Bevölkerungskreise in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen ergibt sich aber auch, dass das soziokulturelle Existenzminimum112 eine relative und dynamische Größe ist, die dem Wandel der Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten unterliegt und kontinuierlich zu aktualisieren ist.113 Unmittelbar aus dem Menschenwürdegrundsatz lässt sich das soziokulturelle Existenzminimum seiner konkreten Höhe demnach nicht ableiten. Die Bestimmung der Höhe hat durch das einfache Gesetz zu geschehen, wobei es, zur Vermeidung von Willkür, sachgerechte und rational nachvollziehbare Faktoren erfordert.114 Dem hat das SGB XII Rechnung getragen, indem die Höhe der Regelsätze nach den Einkommens- und Verbrauchsstichproben im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ermittelt wird. Die Regelsatzbemessung nach § 28 Abs. 3 SGB XII soll gewährleisten, dass bei Haushaltsgemeinschaften von Ehegatten mit drei Kindern die Regelsätze unter den erzielten monatlichen durchschnittlichen Netto106 BVerwGE 36, 256 (258); 87, 212 (214); 92, 6 (8); 92, 102 (104); 94, 326 (333); 97, 376 (378); 106, 99 (104); BVerwG, FEVS 41, 397 (398). 107 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 21; ders., ZfSH 2000, S. 259 (270). Vgl. auch Karasch, ZfS 2004, S. 166. 108 BVerwGE 69, 146 (154); 92, 6 (7); 92, 102 (104); 97, 376 (378). 109 BVerwGE 92, 102 (104); 94, 326 (334); Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 22; Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 1, Rdn. 14; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 21; ders., in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 9; ders., ZfSH / SGB 2003, S. 643 (647); Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 19, Rdn. 27. 110 Vgl. BVerwGE 36, 256 (258); Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 9. 111 Neumann, NVwZ 1995, S. 426 (428); Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 21; ders., ZfSH 2000, S. 259 (262); Schwabe, Kap. 3, 3.3, S. 118. 112 Das soziale Existenzminimum ist zu unterscheiden vom verfassungsrechtlichen Existenzminimum, das durch die Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip garantiert wird. 113 Armborst / Birk, in: LPK-SGB XII, § 1, Rdn. 6. Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 1, Rdn. 12. 114 Armborst / Birk, in: LPK-SGB XII, 7. Auflage, § 1, Rdn. 6.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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arbeitsentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen mit einer allein verdienenden vollzeitbeschäftigten Person bleiben (§ 28 Abs. 4 SGB XII). Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II wird dies auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende relevant. Die Regelleistung des § 20 SGB II bildet im Rahmen des Arbeitslosengeldes II das soziokulturelle Existenzminimum der, insoweit als Referenzsystem für alle bedarfsorientierten und bedürftigkeitsabhängigen staatlichen Fürsorgeleistungen fungierenden, Sozialhilfe ab.115 Die Bestimmung des Niveaus des zu deckenden Bedarfs, welches für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist, bleibt daher ein Akt wertender Kenntnis, der rechtlich nur eingeschränkt der Überprüfung unterliegt.116 Aus dem Menschenwürdegrundsatz lassen sich zwar keine Einzelansprüche ableiten, aus ihm folgt jedoch, dass die Grundsätze der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende, also die Hilfe zur Selbsthilfe, die Nachrangigkeit, die Individualisierung der Hilfe und die Bedarfsdeckung jeweils als Ausprägung der Menschenwürde zu verstehen sind.117

II. Gestaltungsgrundsätze Die Gestaltungsgrundsätze, auf denen die einzelnen Vorschriften der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe basieren und die bei der Auslegung der Vorschriften zu beachten sind, sind dem Bundessozialhilfegesetz und der früheren Arbeitslosenhilfe entnommen. Das SGB XII als Nachfolger des Bundessozialhilfegesetzes hat zum größten Teil die Grundsätze des Bundessozialhilfegesetzbuches übernommen, sie haben aber einige Modifizierungen erfahren. Nach dem „Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“118 der Bundesregierung tritt die Grundsicherung für Arbeitsuchende an die Stelle der öffentlichen Fürsorgeleistung „Arbeitslosenhilfe“ und ersetzt teilweise die öffentliche Fürsorgeleistung „Sozialhilfe“; insoweit muss sie auch Elemente von beiden enthalten. Die Gestaltungsgrundsätze der Sozialhilfe lassen sich aus §§ 1, 2, 9, 17 SGB XII entnehmen. Ziel der Hilfegewährung ist die Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens, die Hilfe ist als Hilfe zur Selbsthilfe auszugestalten (§ 1 SGB XII). Sozialhilfe ist gegenüber der Selbsthilfe, der Leistungspflicht privater oder anderer Leistungsträger nachrangig (§ 2 SGB XII), die Hilfe ist zu individualisieren (§ 9 SGB XII), ferner besteht auf Sozialhilfe ein höchstpersönlicher Anspruch (§ 17 SGB XII). Des Weiteren ist der ungeschriebene Gestaltungsgrundsatz der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen. Durch die Sozialhilfereform sind die Strukturprinzi115 116 117 118

BT-Drs. 15 / 1516, S. 56. BVerwGE 102, 366 (367 f.); Armborst / Birk, in: LPK-SGB XII, 7. Auflage, § 1, Rdn. 6. Vgl. Eichenhofer, Rdn. 536. BR-Drs. 558 / 03, S. 114.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

pien im Wesentlichen unverändert geblieben, dies gilt insbesondere für diejenigen, die verfassungsrechtlich begründet sind, da diese nicht zur Disposition des Gesetzgebers stehen.119 Das SGB II kennt als ausdrücklichen Gestaltungsgrundsatz nur den Grundsatz des Förderns und Forderns. Dies bedeutet aber nicht, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende auf die Grundsätze des materiellen Fürsorgerechts verzichtet hat. Denn durch die Parallelität der beiden Sicherungssysteme und die daraus resultierende Folge, dass das SGB II das unterste Sicherungsnetz für erwerbsfähige Hilfebedürftige und ihre Angehörigen bildet, die Sozialhilfe für diesen Personenkreis also ihre Auffangfunktion verliert, müssen sich die meisten Gestaltungsgrundsätze der Sozialhilfe, vor allem soweit sie einen verfassungsrechtlich verbürgten, aus der Garantie der Menschenwürde folgenden Kern haben120, auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende finden. Dies gilt vor allem für den Nachrang-, den Bedarfsdeckungs- und den Individualisierungsgrundsatz. Das SGB II weist allerdings einige Modifizierungen auf.

1. Nachranggrundsatz Der Nachranggrundsatz – auch Grundsatz der materiellen Subsidiarität genannt – ist ein grundlegendes Prinzip des SGB II und SGB XII. Zusammen mit dem Individualisierungsgrundsatz und dem Bedarfsdeckungsgrundsatz prägt der Grundsatz des Nachrangs die Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Denn nur wer sich nicht selbst helfen kann oder die Hilfe nicht von anderen erhält, hat Anspruch auf staatliche Hilfe. Ferner führt der Nachrang zu einer Abgrenzung im Verhältnis zu anderen Sozialleistungsbereichen und bedeutet eine Abhängigkeit der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der Rechtsentwicklung in diesen Bereichen, indem Änderungen bei vorrangigen Sozialleistungen eine unmittelbare Rückwirkung auf die Sozialhilfe oder die Grundsicherung für Arbeitsuchende haben.121 Der Nachranggrundsatz ist wesentliches Merkmal der Sozialhilfe122 und ihr seit jeher eigen123. Auch im SGB II ist der Nachrang ein grundlegendes Prinzip, da er die verfassungsrechtlich relevanten Belange der Allgemeinheit an der Abwehr ungerechtfertigter Anforderungen wahrt, so dass insofern nur eine vom Nachrangprinzip geprägte Grundsicherung für Arbeitsuchende Bestandteil der verfassungsSchoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 12. Siehe dazu die Ausführungen zu den einzelnen Gestaltungsgrundsätzen, § 1, C. 121 Luckey, S. 12; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 18. 122 Bley / Kreikebohm / Marschner, 8. Auflage, Rdn. 1093; Luckey, S. 11. 123 Luckey, S. 11; W. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 2, Rdn. 1; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 2, Rdn. 1; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 18. 119 120

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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rechtlichen Ordnung ist.124 Denn nur wer tatsächlich hilfebedürftig ist, kann Hilfeleistungen aus der steuerfinanzierten Grundsicherung für Arbeitssuchende erwarten und damit die Allgemeinheit in Anspruch nehmen. Der Nachranggrundsatz ist in § 9 SGB I, §§ 2, 19 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII, und §§ 9 Abs. 2, 19 Satz 2 SGB II verankert. Danach gehen die Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende im Rang zwei Formen der Sicherung nach: Zum einen ist es der Leistungsberechtigte selbst, der die Führung eines menschenwürdigen Lebens sicherstellen soll. Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind dabei der Einsatz von Einkommen und Vermögen, wobei dem Leistungsberechtigten ein Schonvermögen oder Freibeträge bleiben sollen, und der Einsatz eigener Kräfte. Zum anderen sind es Verpflichtungen anderer, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, die im Rang vor den Leistungen des Sozialhilfeträgers zu berücksichtigen sind und seine Leistungspflicht ausschließen oder mindern, oder ihn lediglich vorleistungspflichtig machen. Insbesondere ist hier § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Leistungen nach dem SGB XII ausschließt. Weitere Regelungen des Nachrangs finden sich in §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 3 Abs. 3, 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II. Das Wort „Nachrang“ macht bereits deutlich, dass die Bewilligung der Hilfe in einer Rangordnung und damit in Konkurrenz zu anderen Sicherungsmöglichkeiten steht, die der Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitsuchende vor-, aber auch nachgehen können.125 Die Aufzählung der vorrangigen Hilfequellen verdeutlicht, dass die Sozialhilfe einen Ausnahmecharakter und eine Auffangfunktion hat: Leistungsgrund ist der anderweitig nicht gedeckte Bedarf.126 Der Grundsatz des Nachrangs ist keine dem Gesetz- oder Verordnungsrecht vorgehende, höherrangige Norm, sondern eine Rechtsanwendungsregel127. Dem Bundesgesetzgeber steht bei der Ausgestaltung des Nachrangs ein weiter Gestaltungsrahmen zur Verfügung, der es ihm erlaubt, den Nachrang näher auszugestalten oder zu modifizieren, sofern dabei die äußeren Grenzen des Begriffs „öffentliche Fürsorge“ im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gewahrt bleiben128, das Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt129 und das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Subsidiaritätsprinzips nicht ausgehöhlt wird130. Der Nachrang ist auch im Kontext der Siehe BVerwG, ZfS 1981, S. 22 (23); Gottschick / Giese, BSHG, § 2, Rdn. 1.2. Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.1. (2), S. 109. 126 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.1. (2), S. 109. 127 BVerwGE 20, 308 ff.; BVerwG, FEVS 12, 161; Armborst / Brühl, in: LPK-SGB XII, § 2, Rdn. 3; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 19. Siehe auch Gotzen, VR 1994, S. 96 (98). 128 Siehe Gottschick / Giese, BSHG, § 2, Rdn. 1.4; Luckey, S. 11 f. 129 BVerfGE 27, 220. Siehe auch Luckey, S. 12; W. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 2, Rdn. 42; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 2, Rdn. 35. 130 Luckey, S. 11; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 19. 124 125

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

in § 9 SGB I und § 1 SGB XII beschriebenen Aufgabe der Sozialhilfe zu sehen. Nur derjenige, dem die zur Führung eines menschenwürdigen Lebens erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen, hat einen Anspruch auf Sozialhilfe.131 Nur ihm sind die garantierten Grundbedürfnisse zu erfüllen. Gleichzeitig ist aber auch die Forderung an den Einzelnen, zunächst mit der eigenen Arbeitskraft die Not zu überwinden, als Konsequenz des grundgesetzlichen Menschenwürdebegriffs zu sehen.132 Der Leistungsberechtigte kann somit nicht zwischen Selbsthilfe und Inanspruchnahme von Sozialhilfe oder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wählen.133 Der Nachrang ist jedoch kein Rangproblem im Sinne einer Konkurrenz von Normen, wie er etwa beim Vorrang des Gesetzes oder bei der Konkurrenz von Ansprüchen wirkt134, sondern vorrangig geleistete Hilfen sind anspruchsvernichtend.135 Der Hilfebedürftige erhält somit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur in Abhängigkeit von seinem jeweiligen Bedarf. Dies entspricht zum einen den Grundsätzen der Sozialhilfegewährung und spiegelt zum anderen das mit dem SGB II verfolgte gesetzgeberische Ziel des „Förderns und Forderns“ wider.136 Aus § 2 Abs. 1 und 2 SGB XII oder § 9 Abs. 1 SGB II ergibt sich aber kein Wahlrecht zulasten der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende.137 Die hilfebedürftige Person kann nicht zwischen den Leistungen anderer Verpflichteter und der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende wählen. Allerdings muss es sich hier um bereite Mittel handeln. Dies folgt aus der Formulierung „erhält“ in § 2 Abs. 1 SGB XII, § 9 Abs. 1 SGB II. Die Ansprüche müssen demnach alsbald realisierbar sein.138 Der Leistungsberechtigte kann daher allenfalls darauf verwiesen werden, bestehende Ansprüche geltend zu machen, nicht aber, im Falle der Erfolglosigkeit den Klageweg zu beschreiten. Sind die Ansprüche aber im Wege der einstweiligen Anordnung zeitnah zum auftretenden Bedarf zu verwirklichen, ist es zumutbar, vorrangig von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.139 Damit scheiden tatsächlich undurchsetzbare Ansprüche, zeitlich Freitag, § 4, Rdn. 1. BVerwGE 23, 149 (153); 27, 58 (63); 67, 1 (5 f.); 68, 91 (94); 98, 203 (204 f.); Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (651). 133 Vgl. Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 1; Schoch, Sozialhilfe, B, 1.8, S. 116. 134 BVerwG, FEVS 12, 161. 135 Freitag, § 4, Rdn. 7. 136 Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 19, Rdn. 40. 137 Vgl. BVerwGE 47, 233 (236). 138 Luthe / C. Dittmar, Rdn. 28; Muckel, § 13, Rdn. 27; Schoch, Sozialhilferecht, B, 1.2, S. 87, 89; Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.2.1. (2), S. 111. 139 Armborst / Brühl, in: LPK-SGB XII, § 2, Rdn. 17; Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 179; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 2 SGB XII, Rdn. 13. So ist zum Beispiel nach der umstrittenen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, FEVS 33, 9 f.) zu prüfen, inwieweit eine nichteheliche Mutter und ihr Kind, die Sozialhilfe beantragen, ihre 131 132

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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nicht rechtzeitig durchsetzbare Ansprüche und Ansprüche, die zur Behebung der Notlage nicht geeignet sind, aus. Erreichen die vorrangigen Leistungen nicht das Leistungsniveau der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ist (allerdings erst dann) Hilfe in Höhe des noch Fehlenden zu leisten.140 In Fällen, in denen der Leistungsträger in Vorleistung treten muss, sieht das Gesetz verschiedene Möglichkeiten vor, im Nachhinein den Nachrang der Sozialhilfe wiederherzustellen, wie zum Beispiel die Kostenerstattung nach §§ 19 Abs. 5, 102 ff. SGB XII, den Übergang von Ansprüchen nach §§ 93 ff. SGB XII, § 33 SGB II oder den Anspruch gegen den Arbeitgeber nach § 115 SGB X. Der Grundsatz des Nachrangs im Sozialhilferecht gilt jedoch nicht generell, sondern wird in verschiedenen Bereichen durchbrochen.141 So sind Einkommen und Vermögen teilweise von der Anrechnung freigestellt (§§ 82 Abs. 2, 83 bis 85, 87, 90 Abs. 2 und 3, 91 SGB XII, §§ 11, 12 SGB II), und einzelne Leistungen der Sozialhilfe werden ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen gewährt (§§ 92 Abs. 2, 68 Abs. 2, 71 Abs. 4 SGB XII). Eine Pflicht zur Aufnahme von Tätigkeiten besteht in der Sozialhilfe nur im Falle ihrer Zumutbarkeit (§ 11 Abs. 4 SGB XII). Ferner ist der Übergang von Unterhaltsansprüchen auf den Leistungsträger stark eingeschränkt (§ 94 SGB XII, § 33 SGB II). Zuwendungen der Freien Wohlfahrtspflege und Zuwendungen anderer sowie zweckbestimmte Einnahmen bleiben grundsätzlich außer Betracht (§§ 83, 84 SGB XII, § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II).

2. Hilfe zur Selbsthilfe / Fördern und Fordern Weitere Grundsätze sind die Hilfe zur Selbsthilfe und der Grundsatz des Förderns und Forderns. Der Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe ist eine Maßgabe an den Sozialhilfeträger. In der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist er nicht ausdrücklich in der aus dem Bundessozialhilfegesetz bekannten Weise ausformuliert. Dennoch ist er als Förderungsprinzip im Grundsatz des Förderns und Forderns vorhanden. Die fordernde Seite dieses Grundsatzes tritt allerdings deutlicher zu Tage.142 Beide Grundsätze beruhen darauf, den Leistungsberechtigten zu befähigen, unabhängig von Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu leben. Ein Unterschied besteht demnach in der Intensität der Einwirkung auf den Betroffenen. Der Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe ist in § 1 Satz 2 SGB XII niedergelegt. Danach soll die Leistung der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten so weit wie Unterhaltsansprüche gegen den Vater des Kindes im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen können. 140 Vgl. BVerwGE 47, 103 (106). 141 Schwabe, Kap. 3, 3.3, S. 121; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 19. 142 Busse, NDV 2004, S. 339 (342).

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben diese auch nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Dieser Grundsatz hat damit eine anspruchsbegrenzende Wirkung. Er bezieht sich dabei nicht auf das „Ob“, sondern auf das „Wie“ der Leistung.143 Das Ermessen des Leistungsträgers ist somit hinsichtlich Form und Maß der Sozialhilfe gebunden.144 Das Fehlen eigener oder fremder Mittel ist ein negatives Tatbestandsmerkmal, für das den Leistungsberechtigten die materielle Beweislast obliegt.145 Schon aufgrund seiner Stellung in § 1 Satz 2 SGB XII steht dieser Grundsatz in engem Zusammenhang mit der Menschenwürde. Es entspricht der Würde des Menschen nicht, ihn in ständiger Abhängigkeit zu halten. Die Sozialhilfe ist deshalb, der Idee nach, keine auf Dauer gerichtete Leistung und soll keineswegs eine Art von Mindestrente werden.146 Ihr Ziel ist es vielmehr, die Bürger zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben. Der Staat hat nur die Voraussetzungen für die Selbsthilfe zu schaffen, nicht aber dem Einzelnen abzunehmen, was dieser selbst bewältigen kann. Das Verlangen an den Einzelnen, zunächst seine eigenen Kräfte und Mittel zu aktivieren, enthält deshalb keinen Abstrich vom Sozialstaatsgedanken, sondern dessen Verdeutlichung und entspricht zugleich der Menschenwürde.147 Es zeigt sich eine anspruchsbegrenzende Wirkung des Menschenwürdegrundsatzes, die mit dessen Funktion, einerseits den Mindeststandard der Sozialhilfe zu gewährleisten und andererseits für Selbsthilfe Raum zu schaffen, notwendig verbunden ist.148 Diese anspruchsbegrenzende Wirkung ist ihrerseits wiederum durch den Menschenwürdegrundsatz begrenzt: Die Selbsthilfe darf weder unzumutbar sein149 noch darf der Leistungsberechtigte gezwungen werden, sein gesamtes Einkommen und Vermögen für seinen Bedarf einzusetzen. Deswegen sollen die Vorschriften zum Einsatz von Einkommen und Vermögen verhindern, dass dem Leistungsberechtigten der Wille zur Selbsthilfe genommen wird und der Sozialhilfebezug zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf und nachhaltiger sozialer Herabstufung Eichenhofer, Rdn. 537. Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 18. 145 BVerwGE 67, 163 (171 f.); OVG Frankfurt (Oder), FEVS 55, 262; OVG Lüneburg, FEVS 55, 355 (356); Armborst / Brühl, in: LPK-SGB XII, § 2, Rdn. 6. 146 BVerwGE 25, 307 (308); 57, 237 (239); 59, 294 (298); Gottschick / Giese, BSHG, § 1, Rdn. 3.4; Krahmer, ZfF 1999, S. 213; Muckel, § 13, Rdn. 8; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 4, Rdn. 46. Der Sozialhilfefall ist vielmehr täglich erneut regelungsbedürftig, da die Sozialhilfe stets an einen gegenwärtigen Bedarf anknüpft und auch nur diesem abhilft, siehe BVerwGE 25, 307 (308); Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 216. 147 BVerwGE 23, 149 (153). 148 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 16. 149 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 20. So wäre es unzumutbar, den Leistungsberechtigten darauf zu verweisen, den Lebensunterhalt durch Betteln zu bestreiten, wobei dies eingeschränkt auch für die Verweisung auf die unentgeltlichen Hilfeangebote der freien Wohlfahrtsverbände gilt, siehe Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 23. 143 144

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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führt.150 Der Leistungsberechtigte darf ferner nur auf bereite Mittel der Selbsthilfe verwiesen werden.151 Ob ein Mittel zur Selbsthilfe bereit ist, hängt davon ab, ob es geeignet ist, die Notlage ebenso zu beseitigen wie die sonst erforderliche Sozialhilfe. Die Sozialhilfemaßnahmen und die sie entbehrlich machende Selbsthilfemöglichkeit müssen einander in dem Sinne gleichstehen, dass der sozialhilferechtliche Bedarf gleichermaßen gedeckt wird.152 Die Mittel der Selbsthilfe müssen zeitlich mit dem Hilfebedarf zusammentreffen und auch tatsächlich zur Verfügung stehen, also rechtzeitig für die Bedarfsdeckung verwertbar sein.153 Dem Einzelnen muss ein wirtschaftlicher Anreiz bleiben, sich durch Eigeninitiative, insbesondere durch Erwerbstätigkeit, aus seiner wirtschaftlichen Not zu befreien.154 Deshalb erfährt der Selbsthilfegrundsatz des § 1 Satz 2 SGB XII durch den in §§ 1 Satz 2 2. Hlbs., 11 Abs. 2, 12 SGB XII niedergelegten Grundsatz des Förderns und Forderns eine Ergänzung. Danach haben die Leistungsberechtigten ihre gesamten Kräfte dafür einzusetzen, unabhängig von der Sozialhilfe zu leben. Der Leistungsberechtigte muss beraten und unterstützt werden, aktiv am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Die entsprechenden Bemühungen sollen in einer Leistungsabsprache festgehalten werden. Erfüllt die nachfragende Person die Mitwirkungspflichten nicht, muss sie mit nachteiligen Folgen für die Hilfeleistung rechnen. Der Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe hat im SGB XII demnach eine deutliche Verschiebung zu Gunsten des Forderns erfahren – nämlich die Forderung an den Leistungsberechtigten, er solle sich um Selbsthilfe bemühen, erst hinsichtlich dieser Selbsthilfe wolle man ihn unterstützen. Hier klingt ein neuer Akzent der Sozialhilfe an: Hilfe gegen Vorleistung eines eigenen Bemühens.155 Fehlt es an diesem Bemühen, kann dies zu einer Leistungskürzung führen. Dies erscheint bedenklich, denn bei den Personen, die Leistungen nach dem SGB XII empfangen, handelt es sich um nicht erwerbsfähige Personen, die zum größten Teil nur noch ein Restleistungsvermögen von weniger als drei Stunden haben. BVerwGE 47, 103 (111); Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 17. Siehe BVerwGE 67, 163 (166); Armborst / Brühl, in: LPK-SGB XII, § 2, Rdn. 8; Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 2 SGB XII, Rdn. 16; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 26; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 15; W. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 2, Rdn. 8; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 2, Rdn. 7; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 2 SGB XII, Rdn. 11. 152 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 15. 153 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 16 ff. Es dürfen damit keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen. Siehe auch BVerwGE 55, 148 (151 f.); 106, 105 (107). 154 Hiermit erklärt und rechtfertigt sich auch das Lohnabstandsgebot des § 28 Abs. 4 SGB XII, siehe Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 30; Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (651). Siehe auch Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.3. (1), S. 107; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 15. 155 Busse, NDV 2004, S. 339 (341). Siehe auch BT-Drs. 15 / 1514, S. 55. R. Möller, ZfSH / SGB 2005, S. 1 (4) dagegen bezweifelt, dass mit dieser redaktionellen Veränderung eine noch stärkere Mitwirkungspflicht der Betroffenen einhergeht. 150 151

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

Während der Grundsatz des Förderns und Forderns im SGB XII den Selbsthilfegrundsatz ergänzt, bestimmt er in der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Leitlinien, er stellt einen restriktiven Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik dar156. Selbsthilfe nach dem SGB II heißt, dass das Recht auf existenzsichernde Leistungen von Vorbedingungen abhängig ist. Werden diese in der Form der aktiven Mitwirkung nicht erfüllt, greift das Sanktionssystem des § 31 SGB II. Es entsteht somit ein neues Verhältnis zwischen Existenzsicherung und Mitwirkungspflichten.157 Die Grundsicherung für Arbeitsuchende hat somit das Ziel, die Eigeninitiative von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch schnelle und passgenaue Einführung in Arbeit zu unterstützen sowie entsprechende Anreize zu bieten. Soweit dies nicht ausreichend möglich ist, wird der Lebensunterhalt erwerbsfähiger Hilfebedürftiger und ihrer Angehörigen durch pauschalierte bedarfsdeckende Leistungen und die Einbeziehung in die Sozialversicherung gewährleistet.158 Der Grundsatz des Förderns (§ 14 SGB II) besagt, dass die Träger der Leistungen nach dem SGB II den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit unterstützen müssen. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige soll sich vorrangig und eigenverantwortlich um die Beendigung seiner Arbeitslosigkeit bemühen und alle Möglichkeiten der Unterhaltssicherung ausschöpfen, bevor er die Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nimmt. Er wird insbesondere in der Verstärkung seiner Eigenverantwortung unterstützt.159 Die Agentur für Arbeit soll dazu einen persönlichen Ansprechpartner für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen benennen. Die Träger der Leistungen nach dem SGB II erbringen unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alle im Einzelfall für die Eingliederung in Arbeit erforderlichen Leistungen. Eine Konkretisierung findet sich in §§ 15 und 16 SGB II, wonach mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen und bestimmte Leistungen zur Unterstützung zu erbringen sind. Im Ergebnis bedeutet der Grundsatz des Förderns, dass der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende alle Einflussfaktoren für die berufliche Wiedereingliederung zu berücksichtigen und alle erforderlichen Unterstützungsleistungen zu gewähren hat, sofern sich dies mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbaren lässt.160 Nach der Idealvorstellung des Gesetzgebers bedeutet dabei „Unterstützen“ mehr als nur Beraten und Vermitteln.161 156 Berlit, info also 2003, S. 195; Brühl, info also 2003, S. 16; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 13. 157 Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 1 SGB II, Rdn. 18. Kritisch dazu äußert sich auch Berlit, info also 2003, S. 195 (196). 158 Brühl, info also 2004, S. 104. 159 Löschau / Marschner, Rdn. 18. 160 Siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 54; Löschau / Marschner, Rdn. 490. 161 Löschau / Marschner, Rdn. 490.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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Das SGB II verstärkt aber auch im Sinne des Leitbildes eines aktivierenden Staates das Fordern.162 Der Grundsatz des Forderns findet sich in § 2 SGB II: Erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Damit wird die zentrale Forderung des SGB II, nämlich die Eigenverantwortung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, in den Vordergrund gestellt. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige muss aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat er eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Der Grundsatz des Forderns weist damit auch Elemente des Nachranggrundsatzes auf. Erwerbsfähige Hilfebedürftige müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 SGB II).163 Mit dem Grundsatz des Forderns wird hinreichend klargestellt, dass der Hilfesuchende nicht passiv abwarten darf, bis der Leistungsträger ihm eine Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt, sondern dass er sich eigeninitiativ um seine berufliche Eingliederung zu bemühen hat. Dies ist bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II zu beachten und hat, bei fehlender Einhaltung, gegebenenfalls Sanktionen in Form von Leistungskürzungen oder Nichtleistung beim Arbeitslosengeld II und Sozialgeld zur Folge.164 Damit ist der noch dem Sozialhilferecht zugrunde gelegte Gedanke, Hilfe ohne Gegenleistung zu erbringen, im SGB II aufgegeben worden. Für die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen werden konkrete Vorgaben im Verhältnis zum Leistungsträger formuliert. Für die nicht erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft leiten sich dagegen aus diesem Grundsatz keine Verhaltens- oder Handlungspflichten ab.165 Ausprägungen des Grundsatzes des Forderns sind zum Beispiel § 3 Abs. 3 SGB II (Vorrang eigener Erwerbstätigkeit und der Leistung zur Eingliederung in Arbeit vor Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts) und § 10 SGB II (Zumutbarkeit von Arbeit oder Eingliederungsvereinbarungen). Dieser Grundsatz spiegelt sich des Weiteren Pfohl, ZfSH / SGB 2004, S. 167 (170). Nach Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 11, Rdn. 24, ist diese materielle Arbeitsverpflichtung vor dem Hintergrund der Gerechtigkeitsidee, dass solidarische Hilfe auch von einer nach dem individuellen Leistungsvermögen zu bemessenden Gegenleistung des Leistungsberechtigten abhängig gemacht werden darf, zu sehen. Sie sei das Äquivalent zum Anspruch auf Sicherung des Lebensunterhalts aus Steuermitteln, und aus der Sicht des Menschenwürdegrundsatzes sowie des Sozialstaatsprinzips die notwendige Ergänzung des Individualanspruchs auf Hilfen zur Eingliederung in Arbeit. 164 Löschau / Marschner, Rdn. 11. 165 Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 3, Rdn. 4. 162 163

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

in den Sanktionsvorschriften wider.166 Bei Ablehnung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit oder Eingliederungsmaßnahme sowie bei fehlender Eigeninitiative wird die Leistung in einem ersten Schritt in Höhe von 30 vom Hundert der Regelleistung für einen Haushaltsvorstand gekürzt (§ 30 SGB II). Durch diese Sanktionen wird der Druck auf den Hilfesuchenden verstärkt, seine persönliche Situation an die sozialrechtlich vordefinierten Gegebenheiten anzupassen.167 Der Grundsatz des Forderns steht in auffälligem Kontrast zu den meist allgemein gehaltenen Prinzipien der Förderung. So ist dem Erwerbsfähigen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar, dies gilt gleichermaßen auch für Leistungen zur Eingliederung.168 Durch die wesentlich strengeren Möglichkeiten, Pflichten des Leistungsberechtigten zu begründen und zu sanktionieren, tritt der Grundsatz des Forderns deutlicher in den Vordergrund169, obwohl Fördern und Fordern nach der programmatischen Aussage des § 1 SGB II eigentlich gleichrangig sein sollten170.

3. Individualisierungsgrundsatz Der Individualisierungsgrundsatz ist ein weiterer Gestaltungsgrundsatz, der Niederschlag sowohl im SGB II als auch im SGB XII gefunden hat, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Er besagt, dass sich Art, Form und Maß der Hilfe nach der Besonderheit des Einzelfalls richtet, vor allem nach der Person des Leistungsberechtigten oder des Haushaltes, der Art des Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen. Auch der Grundsatz der Individualisierung ist Ausdruck der Menschenwürdegarantie, da nur bei dieser Ausgestaltung der Leistungsgewährung der Einzelne als Individuum behandelt wird.171 Nur mit der Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls kann die gegenüber anderen Leistungen subsidiäre Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitsuchende ihre Aufgabe erfüllen, die Führung eines menschenwürdigen Lebens so weit wie möglich zu sichern.172 Er ist deswegen kein bloßer Programmsatz, sondern ein gesetzlich normiertes Strukturprinzip mit konkreten FolChojetzki / Klönne, DRV 2004, S. 513 (516). Busse, NDV 2004, S. 339 (345 f.). 168 Adamy, SozSich 2003, S. 285 (289). 169 Busse, NDV 2004, S. 339 (342). 170 Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, Vor § 1, Rdn. 3. Nach Busse, NDV 2004, S. 339 (342), erscheint es nicht als Zufall, dass der Grundsatz des Forderns in § 2 SGB II weit vor dem des Förderns (§ 14 SGB II) niedergelegt ist. Zudem ist richtungweisend, dass im Rahmen des SGB II das Instrument der Vereinbarung nicht nur im Rahmen des Förderns aufzufinden ist, sondern auch gerade im Rahmen des Forderns (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II). 171 Brühl, info also 2003, S. 16 (18); Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 23; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 41; ders., ZfSH 2000, S. 259 (270). 172 Vgl. Rüfner, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, § 28, Rdn. 30. Siehe auch Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 86. 166 167

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gen für das Sozialrechtsverhältnis.173 Das Gebot der Individualisierung will dabei ein Doppeltes erreichen, es soll weder zu einer Unterdeckung noch zu einer Überdeckung des Bedarfs kommen.174 Der Individualisierungsgrundsatz wird noch durch die Vorschrift des § 33 Satz 1 SGB I verstärkt175, der bestimmt, dass bei der Ausgestaltung von Rechten oder Pflichten, deren Inhalt nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmt ist, die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Im SGB XII ist der Individualisierungsgrundsatz in § 9 Abs. 1 SGB XII gesetzlich formuliert. Die Leistungen an die nachfragende Person richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalls. Durch diese Neufassung des § 9 SGB XII steht damit nicht mehr die Person des Leistungsberechtigten an erster Stelle des Wortlauts, sondern es stehen vor allem überindividuelle, interpretierbare Kriterien als Einzelfallmaßstab zur Auswahl. Erst danach sind die Art des Bedarfs, die örtlichen Verhältnisse und die Kräfte und Mittel relevant.176 Dies kann zwar den Individualisierungsgrundsatz beeinflussen, ihn jedoch aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung nicht beseitigen. Er hat damit weiterhin Bedeutung, aber durch die Reform des Arbeitslosen- und Sozialhilferechts einen Wandel vollzogen. Der Grundsatz der Individualisierung gilt somit für das „Wie“ der Leistung. Die Hilfe ist nicht schematisierend und typisierend, sondern konkret und – auf die Person des Leistungsberechtigten zugeschnitten – individuell zu gewähren.177 Er soll der Sozialhilfe Bewegungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit verleihen, um die konkrete Notlage des einzelnen Hilfebedürftigen gezielt angehen zu können: Die Sozialhilfe soll ihrem Wesen nach maßgeschneiderte Hilfe sein, nicht Hilfe „von der Stange“.178 Dies erfordert eine detaillierte und kontinuierliche Bedarfsprüfung, da wegen der sich ständig wandelnden Lage des Leistungsberechtigten und der dieser Lage anzupassenden Hilfe der Sozialhilfefall gleichsam täglich erneut regelungsbedürftig wird.179 Der Grundsatz der Individualisierung entfaltet sich auf drei verschiedenen Ebenen180: 173 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 41; ders., in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 87. Zum Begriff des Sozialrechtsverhältnisses siehe Bley / Kreikebohm / Marschner, 9. Auflage, Rdn. 58 ff. 174 Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB XII, Rdn. 3. 175 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 42. 176 Busse, NDV 2004, S. 339 (343). 177 Eichenhofer, Rdn. 539. 178 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.3. (1), S. 116 f.; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 25; ders., RdA 1991, S. 336 (338). Siehe auch Luckey, S. 13. 179 BVerwGE 25, 307 (309); Luckey, S. 13; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 25. 180 Giese, ZfSH 1981, S. 321; Gotzen, VR 1994, S. 96 (98); Luckey, S. 14; Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 9, Rdn. 8; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 42; ders., in: Roth-

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

 Individualisierung der Feststellung der Notlage:

Um der Notlage abhelfen zu können, muss der Sozialhilfeträger ermitteln, inwieweit und warum dem Leistungsberechtigten die Mittel und Kräfte fehlen, eine bestimmte Notsituation aus eigener Kraft zu überwinden.181  Individualisierung der Hilfegestaltung:

Gemeint ist die Auswahl der geeigneten Interventionsinstrumente. Sie wird insbesondere dadurch möglich, dass das SGB XII dem Sozialhilfeträger, je nach Lage des Einzelfalls und der in Betracht kommenden Hilfeart, einen Spielraum pflichtgemäßer Ermessensentscheidung einräumt.182 In Betracht kommen hier vor allem die Beratung und Unterstützung nach § 11 SGB XII und die Leistungsabsprache nach § 12 SGB XII.  Individualisierung der Sozialhilfeleistungen:

Jeder Einzelne, in dessen Person die Voraussetzungen der Sozialhilfe vorliegen, hat einen eigenständigen Anspruch auf Befriedigung des individuellen Bedarfs.183 Dies betrifft die Form der Hilfe, aber auch die Höhe der Leistung. Individualisierung der Form der Hilfe meint insbesondere die Auswahl zwischen Geld-, Sach- oder Dienstleistung oder eine Kombination dieser Hilfemöglichkeiten. Die Höhe bestimmt sich aus der Differenz von Bedarf und eigenen Mitteln sowie der Möglichkeiten des Leistungsberechtigten zur anderweitigen Bedarfsdeckung. Einen speziellen Anwendungsfall des in § 9 Abs. 1 SGB XII verankerten Individualisierungsgrundsatzes stellt das in § 9 Abs. 2, Abs. 3 SGB XII geregelte Wunschrecht des Leistungsberechtigten dar. Dieses Wunschrecht, das bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eine relativ starke Rechtsposition verleiht, richtet sich auf die Gestaltung der Hilfe, also das „Wie“ der Leistung einschließlich der Hilfeart.184 Die Angemessenheit des Wunsches richtet sich dabei nach der Zielbestimmung des § 1 SGB XII.185 Eine weitere Ausprägung des Individualisierungsgrundsatzes findet sich in § 16 SGB XII, der den in Art. 6 GG garantierten Schutz von Ehe und Familie verwirklichen helfen will. Individualität und Familiengerechtigkeit der Hilfe sind Entkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 89; ders., ZfSH 2000, S. 259 (270); Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.1. (2), S. 114; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 25; ders., RdA 1991, S. 336 (338 f.). 181 Der Sozialhilfeträger muss auf das Alter, die Zugehörigkeit zu einem Familienverband, die finanziellen Verhältnisse, die Situation am Arbeitsplatz, die psychische Situation und vieles andere mehr eingehen, siehe Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.1. (2), S. 114; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 26. 182 Siehe Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.1. (2), S. 114; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 127. 183 Giese, ZfSH 1981, S. 321. Siehe auch Kap. 1, C., II., 3. 184 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.4. (1), S. 118. 185 Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 172.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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scheidungsmaßstab für alle Fälle, in denen das Gesetz keine verbindliche, abschließende Regelung trifft.186 Der Individualisierungsgrundsatz soll ferner der Sozialhilfe einerseits Vielseitigkeit, Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit verleihen, andererseits sollen nur dann Leistungen erbracht werden, wenn es der konkrete Bedarf des Einzelnen erfordert. Daraus folgt aber gleichzeitig, dass dies einer konkreten und ins Einzelne gehenden Bedarfsprüfung bedarf.187 Der Sozialhilfeträger muss die persönlichen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person kontinuierlich188 erfragen und kontrollieren und damit in die Privatsphäre eindringen, während die nachfragende Person nie weiß, ob der Leistungsträger in ihrem Fall den Bedarf anerkennt und in welcher Höhe. Nachteil der Individualisierung ist damit neben Kontrollmechanismen eine Instabilität der Versorgungslage.189 Ferner ist die Individualisierung der Hilfe auch abhängig von Sparzwängen, die eine dem Einzelfall gerecht werdende Leistungserbringung erschweren. Der Individualisierungsgrundsatz steht somit im Spannungsfeld zwischen Leistungen im Einzelfall und Eindringen in die Privatsphäre der Leistungsempfänger. Dem Individualisierungsgrundsatz entspricht, dass der Sozialhilfeträger über Form und Maß der Hilfe grundsätzlich nach eigenem Ermessen entscheidet (§ 17 Abs. 2 SGB XII).190 Die Ermessensausübung in § 17 Abs. 2 SGB XII wird aber durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt, der verbietet, gleich gelagerte Fälle verschieden zu behandeln.191 Deshalb müssen bestimmte Regelleistungen schematisch gleichmäßig gewährt werden.192 Denn nur wenn alle Leistungsberechtigten im Grundsatz die gleiche Regelleistung erhalten, wird wesentlich Gleiches auch gleich behandelt. Dies geschieht dadurch, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 28 Abs. 1 SGB XII pauschal in Regelsätzen geleistet wird. Ohne eine schematische Berechnung lassen sich die Hilfefälle als Summe von Verwaltungsvorgängen kaum bewältigen. Die Sozialhilfe muss nicht unbedingt eine individualisierende Hilfe sein, es reicht aus, wenn die Hilfe der konkret nachfragenden Person gerecht wird193. Dies kann auch durch Regelsätze erreicht wer186 187

Schoch, Sozialhilfe, B, 1.4.4, S. 99. Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.3. (1), S. 116; Trenk-Hinterberger, RdA 1991, S. 336

(338). 188 Wegen der sich ständig wandelnden Lage des Hilfesuchenden und der dieser Lage anzupassenden Hilfe wird der Sozialhilfefall gleichsam täglich erneut regelungsbedürftig, siehe BVerwGE 25, 309. 189 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.3. (1), S. 117. 190 Eichenhofer, Rdn. 539. So kann der Leistungsträger entscheiden, ob er die Leistung als Geld-, Dienst- oder Sachleistung erbringt. 191 Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 9 SGB XII, Rdn. 4. Siehe auch BVerwGE 9, 41; Freitag, § 18, Rdn. 25; Gitter / Schmidt, § 48, Rdn. 5; Luckey, S. 13; Muckel, § 13, Rdn. 17; Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 9, Rdn. 9; Schoch, Sozialhilfe, B, 1.4.1, S. 96. 192 Freitag, § 15, Rdn. 2. 193 Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 6.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

den. Dem Individualisierungsgrundsatz wird insoweit Rechnung getragen, als dass die Regelsätze nach Haushaltsvorstand und Haushaltsangehörigen gestaffelt sind.194 Außerdem wird § 28 SGB XII dem Individualisierungsgrundsatz gerecht, indem er Abweichungen im Einzelfall zulässt und Leistungen als Zuschuss zu erbringen sind (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Trotz der Pauschalierung durch Regelsätze bleibt die Sozialhilfe damit eine individuelle Hilfe, die sich nicht bis ins letzte Detail abstrakt-generell regeln lässt. Unter Wahrung der Belange der Allgemeinheit ist die möglichst umfassende und nachhaltige Beseitigung der Notlage anzustreben.195 Damit die Sozialhilfe nicht mehr oder weniger zu einer willkürlichen Austeilung öffentlicher Gelder wird, kann die Frage des in § 9 Abs. 1 SGB XII angesprochenen Bedarfs nicht von der subjektiven Bewertung des einzelnen Leistungsberechtigten abhängen, sondern muss sich, im Kern, nach irgendwie objektivierbaren Bedarfskriterien richten. Damit gerät der Grundsatz der Individualisierung in ein Spannungsverhältnis zu dem Erfordernis objektiver Bedarfskriterien, die eine verwaltungsmäßige Generalisierung und damit Gleichbehandlung ermöglichen. Dieses offensichtliche Dilemma führt zu einer Relativierung des Individualisierungsgrundsatzes: Nicht der Hilfebedürftige wird zum „Herrn der fürsorgerischen Situation“, nicht seine subjektiven Bedürfnisse oder sein real erkennbarer Bedarf sind der alleinige Maßstab der Hilfe, sondern auch der von der Sozialadministration vorbestimmte (zum Teil standardisierte, pauschalierte und schematisierte) Bedarf.196 Pauschalleistungen, die dem Individualisierungsgrundsatz qua definitione widersprechen, lassen damit den Menschenwürdegrundsatz unberührt, wenn sie in den typischen Fällen bedarfsdeckend sind und ein atypischer Bedarf berücksichtigt werden kann.197 In diesem Sinne können die Regelsätze des § 28 SGB XII in Verbindung mit der Regelsatzverordnung (noch) gerechtfertigt werden, vor allem aufgrund der Öffnungsklausel des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII.198 In der Grundsicherung für Arbeitsuchende gibt es den Individualisierungsgrundsatz in dem Sinne ausdrücklich überhaupt nicht mehr.199 Eine § 9 SGB XII vergleichbare Regelung fehlt. Allerdings ist der Grundsatz aufgrund seines Bezuges zur Menschenwürde verfassungsrechtlich unverzichtbar. Der Individualisierungsgrundsatz wird im SGB II vor allem insoweit modifiziert, als dass die Regelsätze weitestgehend pauschaliert werden. Hinsichtlich der Höhe der Regelsätze ist der Gesetzgeber durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt, Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB XII, Rdn. 9. Luthe / C. Dittmar, Rdn. 30. 196 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.5.2. (1), S. 115 f. 197 Allgemeine Ansicht, siehe nur Luthe / C. Dittmar, Rdn. 30; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 13. 198 So auch Luthe / C. Dittmar, Rdn. 137. Eine weitere Öffnungsklausel findet sich in § 73 SGB XII. 199 Kunkel, ZfF 2004, S. 241 (242); Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (200). 194 195

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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der verbietet, gleich gelagerte Fälle verschieden zu behandeln. In die Regelsätze wurden aber auch die einmaligen Leistungen einbezogen. Dies ist so lange unproblematisch, wie die Pauschale mit einer Öffnungsklausel ausgestattet ist, mit der dem individuellen Bedürfnis, das auch dann noch seine gesetzliche Anerkennung gefunden haben muss, Rechnung getragen werden kann. Mit solchen Öffnungsklauseln hält sich der Gesetzgeber im SGB II und SGB XII sehr zurück. Ausdruck dieser Tatsache sind die engen Formulierungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII und das völlige Fehlen einer vergleichbaren Regelung im SGB II.200 Lediglich nach § 23 SGB II kann einem im Einzelfall abweichenden Bedarf Rechnung getragen werden, allerdings nur durch ein Darlehen und nicht durch einen Zuschuss. Dadurch wird eine Unterdeckung anderer Bedarfe in Kauf genommen.201 Wird § 23 SGB II aber verfassungskonform ausgelegt202 und werden Regelabweichungsbedarfe als Zuschuss erbracht, kann dem Individualisierungsgrundsatz noch entsprochen werden. Dies gilt auch deshalb, weil der Gesetzgeber ansonsten hinreichend Vorsorge für aktivierende Maßnahmen trifft.203 Nur §§ 14 Satz 3 und 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 SGB II liefern Hinweise auf eine Individualisierung. Dort kommen jedoch nur objektivierende Aspekte zum Tragen. Individuell persönliche Faktoren wurden im SGB II ausgespart.204 Somit ist der Individualisierungsgrundsatz im SGB II zwar noch vorhanden, erfährt aber eine deutliche Abschwächung.

4. Bedarfsdeckungsgrundsatz Als letzter Grundsatz zur Auslegung der Vorschriften von SGB II und SGB XII ist der Bedarfsdeckungsgrundsatz zu nennen. Er bestimmt in beiden Gesetzen vor allem die Leistungsgewährung. Damit steht er notwendigerweise im Verhältnis zu anderen Grundsätzen. In Verbindung mit dem Selbsthilfegrundsatz oder dem Grundsatz des Förderns und Forderns, als dem neben ihm wichtigsten Strukturprinzip, stellt der Bedarfsdeckungsgrundsatz zugleich sicher, dass die Hilfe niemandem aufgezwungen wird.205 Andererseits ist der Grundsatz der Selbsthilfe aber auch komplementär zum Bedarfsdeckungsgrundsatz, weil der Selbsthilfegrundsatz oder der Grundsatz des Förderns und Forderns, sich in erster Linie an den Leistungsberechtigten selbst wendend und der Bedarfsdeckungsgrundsatz, sich in erster Linie an den Sozialleistungsträger wendend, diesen beiden AdressaMrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (212). Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 24; Rothkegel, ZfSH / SGB 2003, S. 643 (644). 202 Siehe Kap. 1, A., IV. 203 Luthe / F. Dittmar, SGB 2004, S. 272 (276). Kritisch Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 27 ff., 50 ff., 110. 204 Busse, NDV 2004, S. 339 (344). 205 Vgl. Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 14; ders., ZfSH / SGB 2000, S. 259. 200 201

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

ten auferlegt, zur Behebung der Notlage im Rahmen aktivierender Hilfe zusammenzuwirken.206 Beide ergänzen einander in der Funktion, effektive Hilfe zu gewährleisten, indem der Bedarf gedeckt und der Leistungsberechtigte zugleich so gefördert wird, dass er solchen Bedarf künftig aus eigenen Kräften decken kann.207 Bedarfsdeckungs- und Nachranggrundsatz überlagern sich insofern, als dass von dem Leistungsberechtigten der Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens verlangt werden kann.208 Für das Verhältnis von Bedarfsdeckungs- und Individualisierungsgrundsatz gilt, dass Letzterer den Ersten konkretisiert, indem er dessen Zielrichtung auf die Besonderheiten des Einzelfalls lenkt: Die Pflicht des Leistungsträgers, nach Maßgabe des Bedarfsdeckungsgrundsatzes zu helfen, und die Ansprüche des Leistungsberechtigten gegen den Leistungsträger werden erst durch den Individualisierungsgrundsatz spezifiziert.209 Der Bedarfsdeckungsgrundsatz ist weder dem Sozialgesetzbuch noch dem SGB XII oder dem SGB II konkret zu entnehmen, wohl aber den Grundkonzeptionen der beiden Gesetze. Aus der Grundkonzeption der Sozialhilfe im Allgemeinen und aus den Grundsätzen des SGB XII im Besonderen wird gefolgert, dass die Sozialhilfe regelmäßig eine öffentliche Nothilfe ist, die für eine Einzelperson in einer individuellen, gegenwärtigen Notlage zur Deckung eines konkreten, sozialhilferechtlichen Bedarfs geleistet wird, wenn dieser Bedarf nicht durch vorrangig einzusetzende Kräfte und Mittel gedeckt werden kann.210 Dies gilt auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende, der Grundsatz der bedarfsdeckenden Leistungen ist hier nicht aufgegeben worden.211 Dies folgt schon daraus, dass aufgrund des Ausschlusses von Sozialhilfeleistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II das SGB II selbst bedarfsdeckende Leistungen bereitstellen muss. Der Bedarfsdeckungsgrundsatz folgt außerdem aus der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG. Die Sozialhilfe muss eingreifen, sobald infolge der Mittellosigkeit das soziokulturelle Existenzminimum des Einzelnen unterschritten zu werden droht.212 Von Inhalt und Umfang des verfassungsrechtlichen Existenzmini206 Rothkegel, ZfSH / SGB 2005, S. 391 (392). Siehe auch Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 7, Rdn. 12. 207 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 96. 208 Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB XII, Rdn. 17. 209 Giese, ZfSH 1981, S. 321; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 41; ders., ZfSH / SGB 2000, S. 259 (270); ders.; ZfSH / SGB 2003, S. 643 (644); Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB XII, Rdn. 3. Siehe auch Gotzen, VR 1994, S. 96 (99); Luthe / C. Dittmar, Rdn. 30. 210 BVerwGE 58, 68 (70 f.); Luckey, S. 15; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 6; Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5., S. 126; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 36. 211 BT-Drs. 15 / 1516, S. 46: Die weitgehende Pauschalierung der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes erfolgt „unter Berücksichtigung des Bedarfsdeckungsgrundsatzes“. A.A. ist Spindler, SozSich 2003, S. 338 (339). 212 Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (650); Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 6. Siehe auch Luthe / C. Dittmar, Rdn. 24.

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mums hängt ab, was der Leistungsträger im Hinblick auf den Bedarfsdeckungsgrundsatz mindestens leisten muss.213 Der Bedarfsdeckungsgrundsatz besagt, dass die Hilfe so beschaffen und bemessen sein muss, dass der Bedarf vollständig befriedigt werden kann.214 Andererseits schließt er zugleich aus, dass die Hilfe über das hinausgeht, was zur Behebung der Notlage notwendig ist.215 Aus dem Bedarfsdeckungsgrundsatz ergeben sich Konsequenzen für den Anspruch auf Sozialhilfe und Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende:  Für die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende kommt es grundsätzlich auf die tatsächliche Notlage an (Faktizitätsprinzip) 216, nicht aber darauf, aus welchen Gründen der Leistungsberechtigte in die Notlage geraten ist217 (Finalprinzip). Sie ist nicht von Vorleistungen abhängig. Hilfe erhält auch, wer seine Notlage selbst verschuldet hat.218 Ebenso wenig steht einem Leistungsanspruch entgegen, dass der Hilfebedarf bei entsprechender Vorsorge oder auch nur sparsamem Verhalten des Leistungsberechtigten nicht entstanden wäre.219 Eine begrenzte Ausnahme dazu enthalten allerdings §§ 26, 39 SGB XII und §§ 31 f. SGB II, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Hilfebedürftigen zu Leistungskürzungen oder Versagung der Hilfe führen kann. Außerdem bestehen aufgrund der Vorschriften der §§ 23, 103, 104 SGB XII, § 34 SGB II verschiedene Instrumente des zuständigen LeistungsRothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 8. Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 14; ders., ZfSH / SGB 2000, S. 259; ders., ZfSH / SGB 2003, S. 643 (644 f.); ders., ZfSH / SGB 2005, S. 391 (392). 215 Rothkegel, ZfSH / SGB 2000, S. 259. 216 BVerwGE 21, 208 (211); 58, 68 (71); 60, 367 (368); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, Einführung, Rdn. 42; Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 7; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, Vorbemerkungen zu §§ 19 ff., Rdn. 5; Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 8; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 18; ders., in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 14; ders., ZfSH / SGB 2003, S. 643 (645); ders., ZfSH / SGB 2005, S. 391 (392); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn 13; Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.1., S. 126; Schwabe, Kap. 3, 3.9., S. 137; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). Die Gründe für die Notlage werden erst dann relevant, wenn eine Rückzahlung aufgrund schuldhaften Verhaltens nach § 103 SGB XII in Betracht kommt, der Sozialhilfeträger hat also die Notlage zunächst zu beseitigen. Siehe auch BVerwGE 29, 99 (102); 35, 360 (362); Martinez Soria, JZ 2005, S. 644 (651). 217 BVerwGE 29, 99 (102); 35, 360 (362); Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 7; Gotzen, VR 1994, S. 96 (99); Luckey, S. 15; Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 8; Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.1., S. 126; Schwabe , Sozialhilfe, Kap. 3, 3.9., S. 137; TrenkHinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). Sie ist eine rein finale Leistung, siehe Eichenhofer, Rdn. 537; Igl / Welti, § 56, Rdn. 4; Muckel, § 13, Rdn. 36; Rüfner, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, § 28, Rdn. 26; Waltermann, Rdn. 455. 218 Igl / Welti, § 56, Rdn. 4; Muckel, § 13, Rdn. 36. 219 Siehe BVerwGE 35, 360 (362); Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 18 f. 213 214

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

trägers, um auf eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Hilfe zu reagieren.220 Einschränkungen erfährt der Grundsatz auch durch die Regelung des § 41 Abs. 3 SGB XII.  Weil sich eine Notlage in der Vergangenheit nicht durch eine Leistung in der Gegenwart überwinden lässt, kann Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Regel nicht für die Vergangenheit begehrt werden.221 Es kommt also auf die gegenwärtige Mittellosigkeit an. Dementsprechend ist der gegenwärtige Hilfebedarf zu decken, auf den Hilfeanspruch dürfen nur gegenwärtig verfügbares Einkommen und Vermögen angerechnet werden (bereite Mittel).222 Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung über das Hilfebegehren an und nicht auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Leistungsträger.223 Ausnahmen von diesem Grundsatz der Gegenwärtigkeit liegen vor, wenn der Leistungsberechtigte mit Erfolg das vorgesehene Rechtsmittel eingelegt hat oder wenn die Bedarfsdeckung am säumigen Verhalten des Leistungsträgers gescheitert ist.224 Eine weitere Ausnahme sieht § 25 SGB XII vor.  Schulden und frühere Aufwendungen sind von der Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitsuchende regelmäßig nicht zu übernehmen225, denn nicht das Haben von Schulden, sondern erst das Fehlen der zur Führung eines menschenwürdigen Lebens erforderlichen Mittel macht eine Hilfe erforderlich226. Eine Schuldübernahme ist allerdings als Ermessensleistung unter dem Aspekt vorbeugender oder nachgehender Hilfe möglich.227 Dies gilt vor allem in Fällen, in denen ohne Schuldentilgung eine neue akute Notlage eintreten würde, die der Sozialhilfeträger wiederum beheben müsste228. Im SGB XII besteht die Möglichkeit der Schuldübernahme, wenn sie zur Sicherung der Unterkunft oder zur Muckel, § 13, Rdn. 36. BVerwGE 21, 208 (211); 40, 343 (346); 57, 237 (239); 60, 237 (238); 90, 154 (156); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, Einführung, Rdn. 42; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, Vorbemerkungen zu §§ 19 ff., Rdn. 5; Grube, in: Grube / Wahrendorf, Einleitung, Rdn. 47; Igl / Welti, § 56, Rdn. 5; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 15, 16. 222 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 11. 223 Vgl. Grube, in: Grube / Wahrendorf, Einleitung, Rdn. 128. 224 BVerwGE 90, 154 (156); Gotzen, VR 1994, S. 96 (98); Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.2. (2), S. 127; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). 225 Vgl. BVerwGE 20, 188 (192); BVerwGE 21, 208; 41, 22 (24 f.); 90, 154 (156); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, Einführung, Rdn. 42; Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 7; Luckey, S. 15; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 24; Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 8; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 83 f.; Schoch, Sozialhilfe, B, 1.5.3, S. 106 f.; Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.3. (1), S. 127; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). 226 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 84. 227 Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.3. (1), S. 128; Trenk-Hinterberger, RdA 1991, S. 336 (339). 228 Siehe BVerwGE 48, 185 f. 220 221

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (§ 34 SGB XII) oder der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 32 SGB XII) dient. Im SGB II besteht nach § 22 Abs. 5 SGB II die Möglichkeit, Mietschulden als Darlehen zu übernehmen.  Der Anspruch auf Hilfe ist allein auf Person und Bedarf des Leistungsberechtigten zugeschnitten, mithin höchstpersönlicher Natur.229 Der Anspruch kann deshalb nicht übertragen, ge- oder verpfändet werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II)230, er kann grundsätzlich auch nicht vererbbar sein.231  Die Verrechnung von Ansprüchen des Sozialhilfeträgers gegen den Hilfebedürftigen mit dessen laufender Sozialhilfe ist unzulässig, wenn und soweit eine solche Verrechnung dem Hilfebedürftigen notwendige Mittel zur Deckung seines aktuellen Bedarfs entzieht.232 Eine Sonderregelung findet sich in § 26 SGB XII. Die dort erfolgende Absenkung der Hilfe zum Lebensunterhalt auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche ist mit dem Menschenwürdegrundsatz vereinbar, wenn und soweit es sich vor dem Selbsthilfegrundsatz rechtfertigen lässt. Das ist der Fall, wenn ein Hilfeanspruch zwar nicht schon nach § 2 Abs. 1 SGB XII ausscheidet oder eingeschränkt ist, die Leistungskürzung oder Ablehnung aber ein geeignetes Mittel ist, um Selbsthilfepotentiale des Betreffenden zu mobilisieren.233 In der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist eine Aufrechnung des Leistungsträgers mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zu einem Betrag von 30 vom Hundert der für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Regelleistung mit Ansprüchen auf Erstattung oder Schadensersatz möglich (§ 43 SGB II).  Verwendet der Leistungsberechtigte die ihm gewährte Sozialhilfe zweckwidrig und bleibt ein notwendiger aktueller Bedarf deshalb ungedeckt, so muss der Sozialhilfeträger notfalls die Hilfe nochmals bewilligen oder die Bedarfsdeckung 229 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, Einführung, Rdn. 42; Grube, in: Grube / Wahrendorf, Einleitung, Rdn. 37; Schulte / Trenk-Hinterberger, 5.5.4., S. 130 f.; Schwabe, Kap. 3, 3.9., S. 137; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). 230 Zum Problem der Pfändbarkeit siehe Sonnenberg, NDV 1983, S. 291 ff. 231 BVerwGE 58, 68 (71). §§ 56 – 59 SGB I gelten nicht, Ausnahme: Geldleistungen sind schon vor dem Tode des Hilfesuchenden zugesprochen worden oder deren Bewilligung ist durch säumiges Verhalten des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig erfolgt. 232 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, Einführung, Rdn. 42; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). Siehe auch BVerwGE 29, 295 (300); 40, 73 (77); 58, 146 (153). 233 Rothkegel, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 1, Rdn. 11. Ein völliger Ausschluss der Sozialhilfe lässt sich nur legitimieren, soweit der Betroffene sich frei für die Rolle eines sozialen Außenseiters entscheidet, indem er es zum Beispiel ablehnt, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich und zumutbar wäre, siehe Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 29.

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

durch Sachleistung sicherstellen.234 Allerdings besteht in solchen Fällen bei schuldhaftem Verhalten ein Kostenerstattungsanspruch des Leistungsträgers nach §§ 103, 104 SGB XII sowie die Möglichkeit der Leistungseinschränkung nach § 26 Abs. 1 und 2 SGB XII.  Bei Beendigung oder Beseitigung der Notlage müssen Hilfeleistungen eingestellt werden.235

Der Bedarfsdeckungsgrundsatz besagt also, dass die Sozialhilfe oder die Grundsicherung für Arbeitsuchende diejenigen Mittel bereitzustellen hat, die den Leistungsberechtigten nach Maßgabe des ihm zumutbaren Einsatzes seiner eigenen Kräfte und Mittel in den Stand setzen, seine anders nicht gedeckten Bedürfnisse im notwendigen Umfang befriedigen zu können.236 Es besteht die uneingeschränkte Verpflichtung des Leistungsträgers, für den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten einzustehen.237 Dem Hilfebedürftigen soll mit Mitteln der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus einer Notlage herausgeholfen werden, in der ihm aus wirtschaftlichen Gründen eine soziale Ausgrenzung droht.238 Indem der Bedarfsdeckungsgrundsatz gewährleistet, dass der Bedarf (vollständig) befriedigt wird, schließt er andererseits zugleich aus, dass die Hilfe über das hinausgeht, was zur Behebung der Notlage notwendig ist.239 Allerdings wird der Bedarfsdeckungsgrundsatz im SGB II und SGB XII im stärkeren Maße als im Bundessozialhilfegesetz nicht mehr in einer durch den Individualisierungsgrundsatz geprägten Bedeutung gebraucht, sondern ist auf einen generalisierten, typisierten, schematisch bemessenen Bedarf bezogen.240 Was Gegenstand der Bedarfsdeckung ist, ergibt sich aus den Vorschriften von SGB II und SGB XII. Die Befriedigung des Bedarfs erfolgt in der Regel durch Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 28 Abs. 1 SGB XII oder durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 bis 28 SGB II.241 Diese Leistungen werden dabei pauschal242 als Regelleistungen in Regelsätzen erbracht. In den Regelsatz nach 234 BVerwG, FEVS 21, 328 (239); OVG Hamburg, info also 1991, S. 156; TrenkHinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 37; ders., RdA 1991, S. 336 (339). 235 Schwabe , Kap. 3, 3.9., S. 137. 236 Krahmer, ZfF 1999, S. 213 (214). 237 BVerwGE 40, 73 (77). 238 Vgl. BVerwGE 94, 326 (333); 97, 376 (378). Siehe auch Luthe / C. Dittmar, Rdn. 12. 239 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 14; ders., ZfSH / SGB 2000, S. 259. 240 Vgl. Rothkegel, ZfSH / SGB 2003, S. 643. Siehe auch Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (199). 241 Zur Kritik an der Regelsatzbemessung siehe Berlit, info also 2003, S. 195 (200), der bezweifelt, dass die Festsetzung der Höhe und Abstufung der Regelsätze dem Bedarfsdeckungsgrundsatz entspricht, der Gesetzgeber setze eine Bedarfsdeckung einfach voraus. Siehe auch Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 53 ff. 242 Zu den Voraussetzungen einer Pauschalierung siehe BVerfGE 82, 60 (80); 87, 153 (169); BVerwGE 69, 146 (158); 94, 326 (331); 102, 366 (368); 108, 221 (227); Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 20, Rdn. 45; Bieback, NZS 2005, S. 337 (338); Krahmer, ZfF 2004, S. 178;

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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§§ 19 bis 28 SGB II oder § 28 Abs. 1 SGB XII ist dabei nicht nur der laufende Bedarf mit einbezogen, sondern auch alle ehemaligen einmaligen Leistungen, mit Ausnahme der Sonderfälle nach § 23 Abs. 3 SGB II oder § 31 SGB XII. 243 Ergänzende Leistungen der Sozialhilfe oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nach § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 S. 1 SGB XII ausgeschlossen, sofern nicht ausnahmsweise § 21 Satz 1 2. Hlbs. SGB XII eingreift. Abweichende Bedarfe können nur gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2, 37 SGB XII244 und § 23 Abs. 1 SGB II, insbesondere durch Darlehensgewährung, berücksichtigt werden245. Münder, NJW 2004, S. 3209 (3212); Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 51; ders., ZfSH / SGB 2002, S. 585 (587 ff.); ders., ZfSH / SGB 2003, S. 643 (648); Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 20, Rdn. 18 ff.. Siehe auch Luthe / F. Dittmar, SGB 2004, S. 272 (276). 243 Zur Kritik an der Regelsatzbemessung, die sich an der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998, welche auf den Stand 01. 07. 2003 hochgerechnet wurde, orientiert, siehe Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 20, Rdn. 38; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (199, 214); Münder, NJW 2004, S. 3209 (3212); Ockenga, ZfSH / SGB 2006, 143 ff.; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 2, Rdn. 5; ders., ZfSH / SGB 2004, S. 396 (404); Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 56; Sartorius, info also 2005, S. 56 (57); Schoch, Sozialhilfe, B, 3.4.1.2, S. 160. Kritisch zur Bemessung der Regelsätze nach der Regelsatzverordnung äußern sich auch Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 28 ff. und Rothkegel, ZfSH / SGB 2004, S. 398 (405). Zur Kritik an der zeitlich früheren Festlegung der Regelsätze nach dem SGB II als die Festsetzung der Regelsatzverordnung, siehe Bieback, NZS 2005, S. 337 (338 ff.); Brünner, LPK-SGB II, § 20, Rdn. 7 ff.; Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 35 ff. Siehe dazu auch schon Sartorius, S. 72 ff., insbesondere S. 90 ff.; ders., info also 2005, S. 56 (57 ff.). Kritisch zu den erfolgten Kürzungen der tatsächlichen Ausgaben für regelsatzrelevante Güter äußern sich Däubler, NZS 2005, 225 (228 ff.) und Sartorius, info also 2005, S. 56 (57). Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 13; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 5; ders., ZfSH / SGB 2005, S. 391 (397); Sartorius, info also 2005, S. 56 (57). Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 20, Rdn. 17, 49, kritisieren die fehlenden Auswertung des auf der Basis des § 101a BSHG vorgenommenen Modellvorhabens. Zur Kritik an der fehlenden Berücksichtigung der in Folge des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes gestiegenen Zuzahlungen in der Regelsatzbemessung siehe Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 59, S. 62; Sartorius, info also 2005, 56 (57 f.). 244 Zur Kritik an dieser begrenzten Öffnungsklausel siehe Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (199, 207). Zur verfassungskonformen Auslegung siehe Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 23 ff.. Siehe auch Luthe / C. Dittmar, Rdn.159; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (213). Siehe dazu auch Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 66 ff. 245 Zur Kritik an dieser unzureichende Öffnungsklausel siehe Berlit, info also 2003, S. 195 (202); Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (179 ff.); Münder, NJW 2004, S. 3209 (3212); Rothkegel, ZfSH / SGB 2003, S. 643 (651). Bieback, NZS 2005, S. 337 (339) sieht darin einen gleichheitswidrigen Unterschied zum SGB XII und einen schweren Verstoß gegen den Bedarfsdeckungsgrundsatz und die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Die Öffnungsklausel als ausreichend erachten Luthe / F. Dittmar, SGB 2004, S. 272 (276 f.), wenn hinreichend Vorsorge für aktivierende Maßnahmen getroffen werden. Zu einer verfassungskonformen, dem Sozialstaatsgebot aus Art. 20, 28 GG und dem Würdegrundsatz entsprechende Auslegung der Norm siehe Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 23, Rdn. 66; Däubler, NJW 2005, S. 1545 (1547); Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, Vorbemerkungen zu §§ 19 ff., Rdn. 3, 6; Münder, in: LPK-SGB II, § 23, Rdn. 15; Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (182); Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 20, Rdn. 65; Münder, NJW 2005, S. 3209

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Kap. 1: Bestandsaufnahme

5. Exkurs: Rechtsanspruch, Kenntnisgrundsatz und Antragsprinzip Zum Schluss soll noch auf einen der wesentlichsten Unterschiede von SGB II und SGB XII hingewiesen werden. Das SGB XII sieht weiterhin einen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe vor, während sich im SGB II ein solcher nicht mehr findet. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nunmehr nach § 37 SGB II antragsabhängig. Anders als nach früherem Fürsorgerecht (vor 1961) besteht nach § 17 SGB XII ein Rechtsanspruch auf Pflichtleistungen der Fürsorge. § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB XII regelt, dass ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Damit billigt das Gesetz dem Leistungsberechtigten einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Sozialhilfe zu.246 Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich lediglich um einen Rechtsanspruch dem Grunde nach handelt oder ob der Gesetzgeber auch den Rechtsanspruch der Höhe nach definiert.247 Was Art und Maß der Leistungserbringung angeht, so stehen sie weitgehend im pflichtgemäßen Ermessen des Sozialhilfeträgers, soweit das SGB XII das Ermessen nicht ausschließt (§ 17 Abs. 2 SGB XII). Der Gesetzgeber hat etwa im Bereich der Regelsätze bei laufender Hilfe zum Lebensunterhalt konkrete Ansprüche definiert („Muss-Leistungen“). In anderen Bereichen kann der Sozialhilfeträger über die Gewährung der Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, zum Beispiel § 73 SGB XII („Kann-Leistung“), oder er darf die Hilfeleistung nur verwehren, wenn dies besondere Gründe ausnahmsweise rechfertigen248, zum Beispiel § 49 SGB XII („Soll-Leistungen“249). Ergänzt wird § 17 SGB XII durch § 18 SGB XII, der die Hilfe von Amts wegen erfasst. Lediglich für Leistungen nach § 37 und § 24 Abs. 4 SGB XII ist ein Antrag erforderlich. Der Sozialhilfeträger ist verpflichtet, alle in Betracht kommenden Hilfemöglichkeiten von Amts wegen zu prüfen und den Sozialhilfefall im Ganzen zu regeln.250 Daraus folgt gleichzeitig aber auch, dass der Sozialhilfeträger erst Leistungen zu erbringen hat, wenn er Kenntnis von der Notlage hat, eine Leistung für (3212); O’Sullivan, SGB 2005, S. 369 (372); Steck / Kossens, Rdn. 259. Luthe / F. Dittmar, SGB 2004, S. 272 (276) gehen davon aus, dass das Existenzminimum gar nicht betroffen ist. A.A. ist Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 23, Rdn. 30, der meint, das aufgrund des abweichenden Personenkreises von SGB II und SGB XII Unterschiede gerechtfertigt sein können. 246 Siehe BVerwGE 1, 159 (162), 2, 184 (185); BSGE 6, 61 (65) zu dem inhaltsgleichen § 4 BSHG. 247 Haubelt, Rdn. 32; Mergler / Zink, BSHG, § 4, Rdn. 9 und 11. 248 Siehe BVerwGE 56, 220 (223). 249 Siehe BVerwGE 64, 318 (323). 250 BVerwGE 22, 319 (320 f.); 39, 261 (263); BVerwG, FEVS 25, 133 (135). Gemeint ist der so genannter Gesamtfallgrundsatz, siehe Freitag, § 21, Rdn. 14; Grube, in: Grube / Wahrendorf, Einleitung, Rdn. 56; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 57; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 4, Rdn. 5; Schoch, Sozialhilfe, B, 1.5.2, S. 10; Schwabe, Kap. 3, 3.5.4, S. 130.

C. Inhaltliche Vorgaben für die beiden Sozialleistungssysteme

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die Vergangenheit ist nicht möglich. Dem Leistungsberechtigten darf die Hilfe allerdings nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden.251 Dies ergibt sich schon daraus, dass die Sozialhilfe mit rechtlichen Nachteilen für den Empfänger verbunden sein kann, zum Beispiel mit der Kostenersatzpflicht nach §§ 93 ff. SGB XII.252 Der Kenntnisgrundsatz und das darauf beruhende Amtsprinzip werden erst in Verbindung mit dem Individualisierungsgrundsatz wirksam. Erst wenn dem Sozialhilfeträger der Sozialhilfefall so konkret bekannt geworden ist, dass in einer auf ihn individuell abgestimmten Weise geholfen werden kann, setzt die Sozialhilfe ein.253

III. Zusammenfassung zu den inhaltlichen Vorgaben Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sowohl Sozialhilfe als auch Grundsicherung für Arbeitsuchende die Erfüllung von Grundbedürfnissen des anspruchsberechtigten Personenkreises garantieren, wobei der Grundsatz der Menschenwürde als Leitbild dient. Der jeweilige Leistungsberechtigte darf in seiner Lebensführung nicht so weit absinken, dass er gesellschaftlich ausgegrenzt wird und dadurch Schaden an seiner Menschenwürde nimmt.254 Ferner folgen aus der Menschenwürde die Grundstrukturen der einfachgesetzlichen Gestaltungsgrundsätze von SGB II und SGB XII. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende und die Sozialhilfe gewähren bedarfsgerechte und auf den Einzelfall bezogene Leistungen, wobei die Hilfe anderer und die Selbsthilfe der Leistungsverpflichtung der Träger vorgehen. SGB II und SGB XII haben damit vergleichbare Gestaltungsgrundsätze. Das SGB XII hat die Grundsätze des Bundessozialhilfegesetzes im Wesentlichen unverändert übernommen, während im SGB II gegenüber dem früheren Bundessozialhilfegesetz die Grundsätze der Individualisierung und der Bedarfsdeckung etwas abgeschwächt und die Grundsätze der Selbsthilfe und des Nachrangs neu akzentuiert worden sind. Auf diese inhaltlichen Vorgaben wird im Rahmen der Erörterung der einzelnen Gemeinschaften noch zurückzukommen sein.

BVerwGE 45, 131 (134). Muckel, § 13, Rdn. 38. 253 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 42. 254 BVerwGE 36, 256 (258); Gottschick / Giese, BSHG, § 1, Rdn. 3.2; Krahmer, ZfF 1999, S. 213; Muckel, § 13, Rdn. 6; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 12. 251 252

Kapitel 2

Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II Die Bedarfsgemeinschaft ist eines der zentralen Grundelemente der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie bestimmt, ob in einem Haushalt zusammenlebende Personen Leistungen nach dem SGB II erhalten oder nicht. Durch die Regelung des § 7 SGB II wird auch für erwerbsunfähige Personen der Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ermöglicht und gesteuert. Denn nur wenn nicht erwerbsfähige Personen mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten sie Sozialgeld. Nur wenn eine Person ihren Lebensunterhalt, ihre Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht vollständig decken kann, ist sie hilfebedürftig. Durch die Bedarfsgemeinschaft werden somit auch nicht erwerbsfähige Angehörige des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in den Regelungsbereich des SGB II mit einbezogen, obwohl deren finanzielle Absicherung nicht zu den Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende gehört. Andererseits werden aber auch erwerbsfähige zusammenlebende Personen als Bedarfsgemeinschaft angesehen, damit einerseits die Leistungshöhe reduziert werden kann und andererseits Einkommen und Vermögen gegenseitig berücksichtigen werden können, um die Leistungsverpflichtung des Leistungsträgers zu reduzieren. Die Bedarfsgemeinschaft ist damit Anknüpfungspunkt für Leistungen nach dem SGB II. Gleichzeitig werden aber auch Verpflichtungen und Rechtsnachteile an die Einbeziehung in die Gemeinschaft gebunden. Schon §§ 1 und 2 SGB II zeigen, dass das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auch immer Verpflichteter ist. Auch die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 15, 16 SGB II) beziehen sich auf diese Verpflichtung. Ohne dies jemals ausdrücklich zu thematisieren, geht der Gesetzgeber des SGB II davon aus, dass über die Konstruktion einer Bedarfsgemeinschaft – mit Rechten und Pflichten aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – das Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende, möglichst viele erwerbsfähige Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, am besten erreicht werden kann.1 In Bezug auf die Bedarfsgemeinschaft sind drei große Themenkomplexe relevant. Zum einen sind die einfachgesetzlichen Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft darzustellen, denn nur so wird verständlich, welche Voraussetzungen zusammenle1

Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 2.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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bende Personen erfüllen müssen, um als Bedarfsgemeinschaft betrachtet werden zu können. Zum anderen müssen die Vorschriften verfassungsrechtlich betrachtet werden. Denn nur wenn diese auch verfassungsrechtlich zulässig sind, können daraus Folgen für zusammenlebende Personen entstehen. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft sind somit als dritter Punkt zu betrachten.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft Wie die Begriffsbestimmung gezeigt hat, besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mindestens zwei Personen. Den Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft bestimmt § 7 Abs. 3 SGB II. Diese Vorschrift ist damit Ausgangspunkt für Rechte und Pflichten zusammenlebender Personen nach dem SGB II. Hinzukommen muss aber auch die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 SGB II, da nur ein Hilfebedürftiger überhaupt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten kann.

I. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 7 Abs. 3 SGB II als Ausgangspunkt Der Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft ist in § 7 Abs. 3 SGB II abschließend geregelt. Nur die dort aufgeführten Personen können mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Bedarfsgemeinschaft bilden, wobei allerdings eine Person mehrere der in den Nr. 1 bis 4 aufgelisteten Merkmale erfüllen kann. Sind sie allerdings für länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung oder in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung untergebracht, beziehen sie Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art (§ 7 Abs. 4 SGB II) oder sind sie Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, (§ 7 Abs. 5 SGB II, mit Ausnahme der Fälle des § 7 Abs. 6 SGB II), erhalten sie keine Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch. Zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört nach der gesetzlichen Regelung zunächst immer ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Er ist die primär leistungsberechtigte Person. Andere Personen müssen die Kriterien des § 7 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 SGB II erfüllen, um als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zu gelten. Dazu gehören zum einen die Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, also sein Ehegatte, sein eingetragener Lebenspartner oder der Partner, mit dem er eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bildet. Zum anderen gehören auch seine Kinder und / oder die Kinder seines Partners zur Bedarfsgemeinschaft. Ein Sonderfall liegt vor, wenn

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

der erwerbsfähige Hilfebedürftige das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und mit seinen nicht erwerbsfähigen Eltern und deren Partnern in einer Haushaltsgemeinschaft lebt. Alle diese Personen sind sekundär leistungsberechtigt neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Im Folgenden soll erläutert werden, was unter den einzelnen Personengruppen zu verstehen ist.

1. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige Der erwerbsfähige Hilfebedürftige konstituiert die Bedarfsgemeinschaft2, da nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II zu jeder Bedarfsgemeinschaft mindestens ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger gehören muss. Was genau unter einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu verstehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II: Ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger ist eine Person, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II legt damit auch den Kreis der Berechtigten für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit fest. Altersgrenze. Ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger ist eine Person, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Dieser Zeitraum von bis zu 52 Jahren deckt damit den Zeitrahmen ab, innerhalb dessen sich die Erwerbsbiographie typischerweise vollzieht.3 Die Berechnung des Lebensalters erfolgt nach §§ 187 Abs. 2 Satz 2, 188 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 26 SGB X.4 Die Leistungsberechtigung beginnt also mit dem Tag nach Ablauf des Tages, an dem das 15. Lebensjahr vollendet wird.5 Die Berechtigung aus der Eigenschaft als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger besteht ab dem Tag nicht mehr, an dem die betroffene Person die Altersgrenze des § 7a SGB II erreicht hat. Die Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist damit unabhängig von der Volljährigkeit, die nach § 2 BGB mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. Erwerbsfähigkeit. Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 19. Siehe Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 2. Siehe auch Löschau, DAngVers 2005, S. 20 (23). 4 Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 3; Löschau / Marschner, Rdn. 133; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 6; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 6. 5 Diese Altersgrenze ergibt sich auch aus § 2 Abs. 1 JArbSchG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 JArbSchG, wonach die Beschäftigung von Kindern verboten ist. 2 3

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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Abs. 1 SGB II). Diese Anspruchsvoraussetzung ist neben der Hilfebedürftigkeit die entscheidende Stelle zur Abgrenzung der Leistungen des SGB II zu anderen Leistungssystemen.6 Dabei wird die Erwerbsfähigkeit in Anlehnung an den Begriff der vollen Erwerbsminderung des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI definiert, so dass eine Person, die nicht voll erwerbsgemindert ist, erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II ist.7 Das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit bezieht sich dabei nur auf die Person, die Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in Anspruch nehmen will. Die sonstigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft müssen diese Voraussetzung nicht erfüllen, allerdings ist sie für diese Personengruppen im Hinblick auf die Art und den Umfang der Leistungen relevant. Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zum Erwerb von Einkommen. Als Mittel des Erwerbs dient eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, solange sie auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.8 Die berufliche Leistungsfähigkeit darf nicht durch Krankheit oder Behinderung, der Ursache für die Erwerbsminderung, vermindert sein. Das Leistungsvermögen ist dabei aus rein medizinischer Sicht (abstrakte Betrachtungsweise) zu beurteilen.9 Es bedarf im Einzelfall einer sozialmedizinischen Prognose, ob und wie lang eine Krankheit oder Behinderung die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich beeinträchtigen wird.10 Krankheit oder Behinderung hindern die Erwerbsfähigkeit nicht, sofern eine Heilung oder Linderung 6 Chojetzki / Klönne, DRV 2004, S. 513 (517); Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 6; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 14. 7 BT-Drs. 15 / 1516, S. 52. Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201) nimmt dagegen an, dass der Begriff der Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II eine eigene, zum Teil abweichende Entwicklung nehmen wird, weil der Gesetzgeber nicht ausdrücklich auf das Rentenrecht Bezug nimmt. Dies ist zwar nicht ausgeschlossen, allerdings ist ein ausdrücklicher Verweis auf das Rentenrecht in § 8 Abs. 1 SGB II nicht möglich, da es dort um die Bestimmung der Erwerbsfähigkeit geht, im Rentenrecht dagegen um die Kehrseite, nämlich um die Definition der verminderten Erwerbsfähigkeit, siehe Steck / Kossens, Rdn. 73. 8 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 16; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 6. 9 Löschau / Marschner, Rdn. 251. Zum Begriff der Krankheit siehe BSGE 14, 207; Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 20; Brühl, in: LPK-SGB II, § 8, Rdn. 6; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 18; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 8, Rdn. 3; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 8, Rdn. 3; Löschau / Marschner, Rdn. 256; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 480; Renn / Schoch, Rdn. 29; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 8 f. Zum Begriff der Behinderung siehe § 2 Abs. 1 SGB IX. Vgl. auch Löschau / Marschner, Rdn. 257; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 5. Zu dem Merkmal „auf absehbare Zeit“ siehe Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 20; Löschau / Marschner, Rdn. 258; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 483; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 5. Siehe auch BT-Drs. 15 / 1516, S. 11; Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 28; Brühl, in: LPK-SGB II, § 8, Rdn. 21; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 8, Rdn. 3; Palsherm, ZfS 2004, S. 352 (354); Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 11 f. Die Formulierung „auf absehbare Zeit“ soll die enge Anlehnung an die Regelung zur vollen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI verdeutlichen, BT-Drs. 15 / 1749, S. 31. 10 Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 10.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

absehbar ist. Erwerbsfähig ist deshalb auch, wer die gesundheitlichen Voraussetzungen innerhalb von sechs Monaten erfüllen wird.11 Nicht von Belang für die Frage der Erwerbstätigkeit ist es dagegen, ob diese vorübergehend unzumutbar im Sinne von § 10 Abs. 1 SGB II ist.12 Zu berücksichtigen ist allerdings die Regelmäßigkeit der noch möglichen Erwerbstätigkeit. Eine Regelmäßigkeit ist dann nicht mehr gegeben, wenn nach dem Krankheitsbild ungewiss ist, ob und wann der Hilfebedürftige arbeiten kann oder wenn nur noch eine gelegentliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit möglich ist.13 Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist aber nicht der zuletzt ausgeübte oder erlernte Beruf relevant, sondern sie richtet sich nach den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, so dass nicht nur Tätigkeiten berücksichtigt werden können, die der Ausbildung oder den Kenntnissen und Fähigkeiten des Hilfebedürftigen entsprechen.14 Bei der Bestimmung der Erwerbsfähigkeit sind aber nicht nur das individuelle gesundheitliche Leistungsvermögen zu berücksichtigen, sondern auch mögliche rechtliche Einschränkungen.15 So können nach § 8 Abs. 2 SGB II Ausländer nur dann erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Für den letzteren Fall reicht es aus, wenn Aussicht auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder einer Beschäftigungserlaubnis besteht.16 Allerdings ist Ausländern, die keine realistische Chance auf eine Beschäftigungserlaubnis im Sinne des § 18 AufenthaltsG haben, der Zugang zum SGB II zu verweigern.17

Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 5. Albers, NdsVBl 2004, S. 118 (121); Heller / Stosberg, DAngVers 2004, S. 100 (106). Siehe auch Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 25; Korenke, SGB 2004, S. 525 (527). 13 Sauer, in: Jahn, SGB II, § 8, Rdn. 10. 14 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 21; Löschau / Marschner, Rdn. 261. Zum Begriff des allgemeinen Arbeitsmarktes siehe Brühl, in: LPK-SGB II, § 8, Rdn. 16; Löschau / Marschner, Rdn. 261; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 486; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 16. Zum Begriff der Arbeitsbedingungen siehe Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 30; Brühl, in: LPK-SGB II, § 8, Rdn. 17; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 22; Löschau / Marschner, Rdn. 264; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 484; Renn / Schoch, Rdn. 29; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 8, Rdn. 9; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 13. Siehe auch BSGE 44, 164 (172). Zum Begriff der Üblichkeit siehe BSGE 44, 164 (172); Luthe / C. Dittmar, Rdn. 485; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 8, Rdn. 22; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 8, Rdn. 8; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 8, Rdn. 14. 15 BT-Drs. 15 / 1516, S. 52; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 20; Palsherm, ZfS 2004, S. 352 (354); Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 14. 16 Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 61 ff.; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 12. 17 Blüggel, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 8, Rdn. 61; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 12. 11 12

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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Hilfebedürftigkeit. Der zentrale Begriff der Hilfebedürftigkeit18, den alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erfüllen müssen, besteht aus zwei Elementen. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Damit wird die aktive Erwerbsobliegenheit im Sinne einer Stärkung der Eigenverantwortung nochmals betont. Gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige muss ferner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Damit soll der Export von Fürsorgeleistungen ins Ausland ausgeschlossen werden. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nimmt dabei Bezug auf § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, der für das gesamte Sozialrecht gilt.19 Danach ist der gewöhnliche Aufenthalt dort, wo sich die Person unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der gewöhnliche Aufenthalt ist nicht von dem Innehaben einer Wohnung, von einer ordnungsbehördlichen Anmeldung oder, bei Ausländern, von einer Aufenthaltserlaubnis abhängig.20 Ausschlaggebend sind die tatsächlichen Verhältnisse, das heißt die Anwesenheit vor Ort, die nicht nur vorübergehender Natur ist, sondern den Lebensmittelpunkt ausmacht21, also von Dauer ist. Von Dauer kann ein Aufenthalt nur sein, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, sondern vielmehr zukunftsorientiert ist.22 Insoweit kommt es auf die Gesamtwürdigung aller entscheidungserheblichen Tatsachen an.23 Ferner muss die betreffende Person auch den Willen haben, an dem Ort zu verweilen.24 Ausgenommen von der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind vor allem Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, ihre Familienangehörigen sowie Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbewerberSiehe dazu Kap. 2, A., II. Auch die Gesetzesmaterialien weisen darauf hin, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 52. 20 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 22. Siehe auch Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 7. 21 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 22. Siehe auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 13; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 7. 22 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.2; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 15; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 3. Von einem gewöhnlichen Aufenthalt kann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Hilfesuchende jeweils ein halbes Jahr in Deutschland und ein halbes Jahr im Ausland wohnt, siehe Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 10. 23 Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 3. 24 Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 24. 18 19

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

leistungsgesetz (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB II). § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes gilt für Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge sowie geduldete Ausländer auch dann, wenn sie zuvor gearbeitet haben.25 Begründet wird der Leistungsausschluss damit, dass es sich bei dem Asylbewerberleistungsgesetz um ein besonderes Sicherungssystem handelt, das eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie zur Aufnahme und Durchführung von Arbeitsgelegenheiten für einen eng begrenzten Personenkreis von Ausländern enthält.26 Ist insoweit eine Person ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, kann er mit den mit ihm zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft bilden, wenn sie unter eine der folgenden Personengruppen zu fassen ist.

2. Die Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Zur Bedarfsgemeinschaft gehören weiterhin der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Diese Partner müssen aber nicht erwerbsfähig sein27, es reicht vielmehr aus, wenn sie hilfebedürftig sind. Sollten sie erwerbsfähig sein, haben sie einen eigenständigen Status als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, gehören aber dennoch als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Bedarfsgemeinschaft.28 Zwar erhalten die erwerbsfähigen Partner der Bedarfsgemeinschaft aufgrund ihres Status als erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhalts, so dass es insoweit der Bedarfsgemeinschaft eigentlich nicht bedürfte. Für die Berechnung der Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II29 und der Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB II ist aber wichtig, dass beide erwerbsfähige Partner einer Bedarfsgemeinschaft zugeordnet werden können.

Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 32. BT-Drs. 15 / 1516, S. 52. 27 Löschau / Marschner, Rdn. 180. Die Erwerbsfähigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wird allerdings bei Art und Umfang der Leistungserbringung wichtig, siehe Kap. 2, C., II. 28 Siehe dazu auch BT-Drs. 15 / 1728, S. 172, wo noch in Bezug auf § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II der Plural verwendet wurde und Nr. 2 anscheinend nur die nicht erwerbsfähigen Partner erfassen sollte. 29 Siehe Kap. 2, C., II., 3. 25 26

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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a) Der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte Partner ist nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II zunächst der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Ehegatte bezeichnet nur in gültiger, also einer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts geschlossenen30 Ehe lebende Eheleute31. Die Ehe ist durch eine Wohn-, Haushalts-, Lebensführungs- und Geschlechtsgemeinschaft geprägt.32 Der Begriff des Getrenntlebens dagegen beurteilt sich nicht nach den Trennungsregelungen des § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB.33 Ein Getrenntleben im Sinne des SGB II ist dann anzunehmen, wenn die Lebens- und Wirtschaftgemeinschaft nicht nur vorübergehend aufgehoben ist.34 Der Umzug in ein Frauenhaus gilt als Manifestation eines endgültigen Trennungswillens. Das Gleiche gilt in den Fällen, in denen ein Partner durch „Wegweisung“ aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen wurde.35 Von einem nur vorübergehenden Getrenntleben kann ohne eine bestimmte Frist ausgegangen werden, wenn das Ende des Getrenntlebens und der Wunsch nach „Rückkehr“ von Anfang an erkennbar ist; fehlt diese Erkennbarkeit, ist ein dauerndes Getrenntleben anzunehmen.36 Auch eine berufs- oder krankheitsbedingte räumliche Trennung reicht für ein dauerhaftes Getrenntleben grundsätzlich nicht aus.37 § 7 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II stellt aber mit der Sechs-MoSpellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 26. Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 42; Löschau / Marschner, Rdn. 171; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 46; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 13; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 26; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, § 11, Rdn. 18. Es gelten § 1310 BGB und Art. 13 Abs. 3 EGBGB für ausländische Ehen. 32 Grave, ZfF 1978, S. 152; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (38). 33 BVerwGE 97, 344 (346); Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 47; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 10. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 19; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 12; ders., ZfF 2004, S. 169 (172). A.A. sind Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 14; Löns, in: Löns / HeroldTews, SGB II, § 7, Rdn. 8. Globisch, DVP 2000, S. 472 (476) will die Regelung des § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB insoweit beachten, als danach auch innerhalb einer gemeinsamen Wohnung ein getrennt leben möglich ist, verlangt dafür aber auch die Erkennbarkeit nach außen. 34 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 54; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 13; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 42; Löschau / Marschner, Rdn. 172; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 49; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 621; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 18; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 10; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 26; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 44. A.A. ist Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 12, wonach auch schon ein vorübergehendes Getrenntleben ausreicht. Nach den Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.14, reicht die Aufhebung der Wirtschaftsgemeinschaft aus. 35 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.14; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 13; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 26. 36 Vgl. Löschau / Marschner, Rdn. 172. 37 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.14; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 42; Spellbrink, in: Eicher / Spell30 31

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

nats-Grenze klar, dass spätestens nach Ablauf dieses Zeitraums der stationär Untergebrachte aus dem Leistungsbezug ausscheiden muss. Leben die Partner weiterhin in der ehelichen Wohnung zusammen, muss der Wille mindestens eines Ehegatten nach außen erkennbar werden, mit dem anderen Teil nicht mehr zusammenleben zu wollen; getrenntes Schlafen oder Essen reichen insoweit nicht aus.38

b) Der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner Ebenfalls eine Bedarfsgemeinschaft bildet der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit seinem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II). Lebenspartnerschaften sind nach § 33 b SGB I solche im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LPartG sind Lebenspartner zwei Personen gleichen Geschlechts, die gleichzeitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklärt haben, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen, und die eine Erklärung über ihren Vermögensstand abgegeben haben. Eine dauernde Trennung ist nach den gleichen Kriterien wie bei der Ehe zu beurteilen.39 Anstelle der Ehescheidung tritt nach §§ 15 ff. LPartG die Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft.

c) Als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zusammenlebende Personen Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II ist Partner eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch eine Person, die mit diesem in einem Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Der Gesetzgeber umschreibt in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II die sogenannte Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und formuliert in § 7 Abs. 3a SGB II eine brink, SGB II, § 7, Rdn. 26. Siehe auch Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 18. Dies gilt insbesondere dann, wenn noch gemeinsam finanziell gewirtschaftet wird. 38 OVG Lüneburg, FEVS 37, 324 (324 f.); OVG Münster, FEVS 48, 352 (355 f.); Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 43; Löschau / Marschner, Rdn. 172; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 10, 11; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 19. Siehe auch BVerwGE 97, 344 (348); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (438), Rdn. 39; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 8; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 18. 39 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 55.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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Beweislastumkehr. Diese Regelungen wurden durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende geschaffen. Sie werden aber erst verständlich, wenn ein Blick auf die vorherige Regelung geworfen wird. § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in der Fassung vom 01. 01. 200540 erfasste neben der Ehe und den eingetragenen Lebenspartnern nur noch die eheähnliche Gemeinschaft. Im Gesetz fehlte jedoch eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der eheähnlichen Gemeinschaft. Dies hatte den Hintergrund, dass der Begriff nicht erstmalig, sondern bereits in den Regelungen zur Arbeitslosen- und Sozialhilfe verwendet wurde und sich diesbezüglich eine umfangreiche Rechtsprechung, insbesondere in den Jahren zwischen 1985 und 1995, entwickelt hatte. Diese Rechtsprechung konkretisierte den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft, wobei dieser im Laufe der Jahre einen Wandlungsprozess vollzog. Als Ergebnis dieses Prozesses wurde die eheähnliche Gemeinschaft als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft definiert und charakterisiert. Sie ist aber nicht die einzige Gemeinschaft zusammenlebender Personen, die eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft darstellen kann. So können auch gleichgeschlechtliche Partner so zusammenleben, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Da aber der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft nach der Definition der Rechtsprechung nur die Gemeinschaft von zwei verschiedengeschlechtlichen Partnern umfassen kann, konnte die sogenannte lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, also die nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, im ursprünglichen § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II (in der Fassung vom 01. 01. 2005) nicht berücksichtigt werden. Durch die Neuregelung soll deshalb nach der Gesetzesbegründung41 neben der eheähnlichen Gemeinschaft auch die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft mit in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden. Mit dem Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft waren aber auch Beweisschwierigkeiten verbunden, denn der Leistungsträger hatte den inneren Willen der Partner, in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einzustehen, nachzuweisen. Dies war jedoch kaum möglich und eröffnete Möglichkeiten des Missbrauchs. Deswegen hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 3a SGB II eine Beweislastumkehr durch Formulierung einer Vermutung und der Nennung der Vermutungsvoraussetzungen normiert. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst also zum einen immer noch die eheähnliche Gemeinschaft. Im Folgenden soll deshalb die Entwicklung des Begriffs dargestellt werden, denn daran lässt sich zeigen, wie sich der Begriff der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft entwickelt hat und welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit eine solche vorliegt. Daran knüpft auch die Definition der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft an. Ferner stellt sich die Frage, ob von der Definition im Gesetz nur diese beiden Gemeinschaften erfasst sind oder ob auch andere 40 41

BT-Drs. 15 / 1516, S. 10. BT-Drs. 16 / 1410, S. 19.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Gemeinschaften, die das Kriterium der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft erfüllen, darunter zu subsumieren sind. Steht fest, welcher Personenkreis tatsächlich von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst ist, muss die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II näher betrachtet werden. aa) Die eheähnliche Gemeinschaft Die Bestimmung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft42 bereitet erhebliche Schwierigkeiten, denn sie ist eine gesellschaftliche Realität, die einem ständigen Wertewandel unterliegt43. Bei der eheähnlichen Gemeinschaft handelt es sich nicht um eine einheitliche Erscheinungsform, sondern aufgrund der Dispositionsmöglichkeiten der Partner kann sie in verschiedenen Formen auftreten.44 Zudem kann an kein formales Kriterium – wie bei der Ehe die Eheschließung – angeknüpft werden.45 Absprachen über künftige Gestaltung der Partnerschaft werden nur selten und vage getroffen.46 Auch die Motive sind unterschiedlich, sie reichen von der grundsätzlichen Ablehnung einer Eheschließung über die „Ehe auf Probe“ aus wirtschaftlichen Gründen bis zum Bestehen von Ehehindernissen, die eine Eheschließung verhindern. Die aktuelle Situation der eheähnlichen Gemeinschaft im Sozialrecht ist geprägt durch die Gleichstellung mit der Ehe, wie § 7 Abs. 3 SGB II, aber auch § 20 SGB XII47 zeigen. Diese Regelungen sollen verhindern, dass Paare, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, höhere Leistungen erhalten, als wenn sie verheiratet wären.48 Aber im Gegensatz zur Ehe, die sich vergleichsweise einfach definieren lässt, ergeben sich bei der eheähnlichen Gemeinschaft mit ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen größere Schwierigkeiten. Die besondere Schwierigkeit besteht darin, dass eheähnliche Gemeinschaften von der Verfassung weder positiv noch negativ angesprochen werden und auch der Gesetzgeber selbst keine Aussage darüber getroffen hat, was er darunter verstanden wissen will.49 Es stellt sich daher die Frage, welche Kriterien die eheähnliche Gemeinschaft kennzeichnen. 42 Zu anderen Bezeichnungen für eine solche Lebensform siehe Appel, S. 8 ff.; Gernhuber, FamRZ 1981, S. 721 (722 ff.) und Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 5 ff. Zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung des Begriffs siehe Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 f. 43 Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204. 44 Bosch, FamRZ 1980, S. 849 (852) meint, dass eine Definition und Abgrenzung deshalb überhaupt nicht möglich ist und sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft einer juristischen Erfassung und Regelung daher entzieht. Ähnlich E. v. Münch, ZRP 1988, S. 327 (328). 45 Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 10. Siehe auch BGH, FamRZ 1988, S. 392 (394). 46 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 9. 47 Entspricht inhaltsgleich § 122 BSHG. 48 Siehe Grziwotz, § 26, Rdn. 74; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 9. 49 Luckey, S. 27.

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(1) Die Entwicklung des Begriffs in der Rechtsprechung Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft fand sich zunächst in § 149 Abs. 5 AVAVG50. Danach waren das Einkommen und das Vermögen einer Person, mit der der Arbeitslose in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, in gleicher Weise zu berücksichtigen wie das Einkommen und das Vermögen der Ehegatten. In das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 06. 196951 wurde diese Regelung jedoch nicht übernommen, da der Gesetzgeber der Auffassung war, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft erbrachten Leistungen durch § 138 Abs. 2 Satz 1 AFG52 erfassen zu können53, welche dann wie Zuwendungen Dritter behandelt wurden. Dies führte jedoch dazu, dass Personen aus eheähnlichen Gemeinschaften besser gestellt waren als Eheleute, insbesondere, wenn beide die Anspruchsvoraussetzungen für die Arbeitslosenhilfe erfüllten.54 Gemäß § 139 AFG55 wurde in einem derartigen Fall die Arbeitslosenhilfe nur dem Ehegatten gewährt, der von beiden Ehegatten als anspruchsberechtigt bestimmt worden war. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in seiner Entscheidung vom 10. 07. 198456 § 139 AFG jedoch für verfassungswidrig.57 Aufgrund dieser Entscheidung wurde § 137 Abs. 2a AFG58 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 20. 12. 198559 eingefügt und trat am 01. 01. 1986 in Kraft. Es wurde der Rechtszustand wiederhergestellt, der bereits mit der Vorschrift des § 149 Abs. 5 AVAVG bestanden hatte. Auch im Sozialhilferecht wurde mit § 122 BSHG60 eine eigenständige Regelung in Bezug auf die eheähnliche Gemeinschaft getroffen. Er wurde durch das Bundessozialhilfegesetz von 1961 eingeführt, die Grundsätze dieser Vorschrift wurden BGBl. I 1956. S. 1018. BGBl. I 1969, S. 582. 52 BGBl. I 1969, S. 606. 53 Siehe BT-Drs. V / 2291, S. 87 zu § 137 AFG. 54 Oppermann, S. 111; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (207). 55 BGBl. I 1969, S. 606. 56 BVerfGE 67, 186 ff. 57 Es forderte mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG die Gleichbehandlung von verheirateten und nicht verheirateten Paaren bei der Bedürftigkeitsprüfung in der Arbeitslosenhilfe, soweit diese in gleichartiger Weise zusammenlebten und wirtschafteten. § 139 AFG sei verfassungswidrig, da die Ungleichbehandlung durch die Möglichkeit der Anrechnung von Leistungen Dritter nach § 138 Abs. 1 AFG nicht ausgeglichen werden könne. Dieser lasse auch keine verfassungskonforme Auslegung des § 139 AFG zu, siehe BVerfGE 67, 186 (195 ff.). 58 § 137 Abs. 2a AFG (bis 31. 12. 1998): „Einkommen und Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, sind wie das Einkommen und Vermögen eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu behandeln“. Diese Vorschrift ist nahezu inhaltsgleich mit § 193 Abs. 2 SGB III, der ab dem 01. 01. 2005 ersatzlos gestrichen wurde. 59 BGBl. I 1985, S. 2484. 60 Inhaltsgleich zu § 20 SGB XII. 50 51

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von der Rechtsprechung61 entwickelt. Da es sich bei der Fassung aber um eine Nachbildung des § 149 Abs. 5 AVAVG handelte, wurde auch die diesbezügliche Rechtsprechung zugrunde gelegt.62 Geprägt sind die vorgenannten Vorschriften von dem Gedanken, dass die eheähnliche Gemeinschaft nicht besser gestellt werden darf als die Ehe. Da aber der in den Vorschriften genannte Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft nicht konkretisiert wurde, musste die Rechtsprechung Definitionen finden. Die Entwicklung des Begriffs ist dabei in der Rechtsprechung zunächst wegen der Trennung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und der damit verbundenen verschiedenen Zuständigkeiten der Gerichte unterschiedlich verlaufen. Eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung fand erst 1995 durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts statt. Im Folgenden soll diese Entwicklung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft dargestellt werden, die mit der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft als Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft begann und mit der Definition als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft endete. Die durch Rechtsprechung gefundenen Kriterien werden verdeutlichen, welche Intention der Gesetzgeber mit der Umschreibung des Personenkreises in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II hatte. (a) Die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft Die eheähnliche Gemeinschaft wurde erstmals in der Vorschrift des § 149 Abs. 5 AVAVG zur Einkommensanrechnung der Ehe gleichgestellt. Es bestanden jedoch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm. Diese Zweifel bezogen sich auf die Ungleichbehandlung eheähnlicher Gemeinschaften im Vergleich zu anderen Wohngemeinschaften, obwohl eine gegenseitige Unterhaltspflicht wie in der Ehe nicht bestand. Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch in seiner Entscheidung vom 16. 12. 195863 diese Norm für verfassungsgemäß erklärt. Es begründete die unterschiedliche Behandlung von eheähnlichen und sonstigen Wohngemeinschaften damit, dass bei den eheähnlichen Gemeinschaften nach den Erfahrungen des täglichen Lebens „aus einem Topf“ gewirtschaftet werde. Die Gleichbehandlung mit der Ehe begründete es damit, dass bei eheähnlicher Gemeinschaft und Ehe gleiche Sachverhalte vorlägen und eine Typisierung insoweit bejaht werden könne, als dass sie im Hinblick auf die große Zahl rentenberechtigter junger Witwen in stärkerem Maße eine typische Erscheinung des sozialen Lebens sei als Haushaltsgemeinschaften von Geschwistern oder von befreundeten Personen gleichen Ge61 VGH München, NDV 1955, S. 109; OVG Berlin, JZ 1957, S. 674; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (37). 62 Müller-Manger, S. 223; Oppermann, S. 143; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (210); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (38). Siehe auch Kap. 2, A., I., 2., c), aa), (1), (a). 63 BVerfGE 9, 20 ff. Zur Rechtsprechung vor dieser Entscheidung siehe Fichtner, ZfF 1964, S. 3 ff. und Jehle, ZfSH 1964, S. 137 ff.

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schlechts. Die fehlende Unterhaltspflicht der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft sei nicht das wesentliche Vergleichselement, sondern die Erfahrungstatsache, dass in einer eheähnlichen Gemeinschaft wie in einer richtigen Ehe „aus einem Topf“ gewirtschaftet werde.64 Maßgebend für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft seien nicht die geschlechtlichen Beziehungen, sondern allein die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.65 Das Gericht definierte damit die eheähnliche Gemeinschaft als Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, in der „aus einem Topf“ gewirtschaftet wird. Diesen Ausführungen schloss sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 27. 02. 196366 in Bezug auf die Vorschrift des § 122 BSHG an. Es betonte nochmals, dass für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau erforderlich sei. Entscheidend sei also nicht, ob innere Beziehungen oder Verpflichtungen zur Unterhaltsgewährung oder zur gemeinsamen Lebensführung beständen, auch nicht, ob die beiden Partner durch geschlechtliche Beziehungen miteinander verbunden seien, sondern allein der Umstand, dass wie in einer echten Ehe „aus einem Topf“ gewirtschaftet würde.67 Eine negative Abgrenzung, ohne dass die Definition verändert wurde, nahm das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. 05. 196568 vor. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass ein Mann, der seine täglichen Mahlzeiten bei einer Frau einnehme und auch zeitweise in ihrer Wohnung schlafe, in eheähnlicher Gemeinschaft mit ihr lebe und auch den weiteren notwendigen Unterhalt von ihr erhalte.69 Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt schon, dass das Kriterium der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft die eheähnliche Gemeinschaft nur unzureichend charakterisiert. Denn auch in dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt kann durchaus davon ausgegangen werden, dass zusammen gelebt und gewirtschaftet wird. (b) Der Wandlungsprozess von der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass neben dem Merkmal der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch andere Kriterien gefunden werden mussten, um eine eheähnliche Gemeinschaft annehmen zu können. Denn es gab zunehmend Personen, 64 BVerfGE, 9, 20 (32). Zustimmend äußerten sich OVG Lüneburg, FEVS 14, 471 (473); LSG Niedersachsen-Bremen, FEVS 5, 158 (159). 65 BVerfGE 9, 20 (33). 66 BVerwGE 15, 306 ff. 67 BVerwGE 15, 306 (312). Siehe auch OVG Bremen, FEVS 24, 71 (74); LSG Niedersachsen-Bremen, FEVS 5, 158 (159). 68 BVerwG, ZfS 1966, S. 24 ff. 69 BVerwG, ZfS 1966, S. 24 (25).

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die zusammen wohnten und wirtschafteten, aber nicht wie ein Ehepaar zusammenlebten. Als erstes Gericht erkannte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. 01. 197770 an, dass neben der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch andere Kriterien für die Bestimmung des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft herangezogen werden konnten. Nach dieser Entscheidung kam es zwar auch weiterhin für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG auf das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an. Das Gericht machte jedoch weitere Ausführungen zu den Kriterien der Begriffsbestimmung. Die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft setze nicht etwa voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse bestehe, die der Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft würden, jede Ausgabe nur gemeinsam bestritten werde oder der eine Partner über ein etwa bestehendes Konto des anderen verfügen dürfe; denn auch in einer Ehe gebe es viele Angelegenheiten, die jeder Partner für sich erledige. Ebenso wenig spreche gegen eine Wirtschaftsgemeinschaft, dass Mieter der Wohnung im Außenverhältnis nur der eine Partner sei und dementsprechend die Miete entrichte, während der andere Partner seinen Beitrag im Innenverhältnis leiste. Was die Wohngemeinschaft angehe, so komme es auch in einer Ehe vor, dass jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Benutzung vorbehalten sei.71 Ferner komme es nicht darauf an, ob die Partner wie Eheleute im Sinne einer Geschlechtsgemeinschaft zusammenlebten. Gerade weil es für die Gewährung von Sozialhilfe nur auf die Frage ankomme, ob die für die Führung eines menschenwürdigen Lebens notwendigen Mittel vorhanden seien, reiche es aus, dass eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe. Es bräuchten keine inneren Bindungen zu bestehen, auf Intimbeziehungen komme es dabei nicht an. Jedoch besage das nicht, dass derartige die inneren Beziehungen der Partner betreffenden Umstände völlig belanglos seien. Sie könnten nur nicht die zur Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft notwendig zu treffenden tatsächlichen Feststellungen ersetzen. Sie könnten aber ein gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes darstellen.72 Das Oberverwaltungsgericht Berlin ging in seinem Beschluss vom 01. 03. 198273 noch weiter, indem es in die Definition der eheähnlichen Gemeinschaft neben der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch die inneren Beziehungen zwischen den Partnern aufnahm. Entscheidend sei, so das Gericht, dass zwei Menschen in einer Weise miteinander lebten, aus der gefolgert werden könne, dass BVerwGE 52, 11 ff. BVerwGE 52, 11 (14). Zur Kritik an dieser Entscheidung siehe Grave, ZfF 1978, S. 152 (153); Hummel-Liljegren, ZRP 1987, S. 310 (313); Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.2. (1), S. 191. 72 BVerwGE 52, 11 (15). 73 OVG Berlin, FEVS 31, 358 ff. 70 71

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jeder für den anderen in einer Notlage mit seinen Kräften – auch den finanziellen – einstehe. Dieses Füreinander-Einstehen sei eine wesentliche Voraussetzung der eheähnlichen Gemeinschaft.74 Bestehe über eine Wohngemeinschaft hinaus zwischen Mann und Frau auch eine Wirtschaftsgemeinschaft, so könne daraus gefolgert werden, dass bei einer Notlage eines dieser Partner der andere für ihn einspringe. Das Fehlen einer bisherigen Wirtschaftsgemeinschaft stehe diesem Entschluss nicht notwendig entgegen,75 da es getrennte Kassen auch in richtigen Ehen gebe. Die hervorragenden Merkmale für eine Ehe seien die Lebens- und die Geschlechtsgemeinschaft.76 Für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft reiche es aus, dass aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden dürfe, dass jedenfalls künftig eine Wirtschaftsgemeinschaft in der Weise begründet werde, dass der eine für den anderen einstehe.77 Auch das Bundessozialgericht erkannte, dass neben der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch andere Kriterien für eine eheähnliche Gemeinschaft beachtlich sein können. Als erstes höherrangiges Gericht befasste es sich in seiner Entscheidung vom 24. 03. 198878 mit § 137 Abs. 2a AFG und dem darin enthaltenen Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft. Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 137 Abs. 2a AFG war nach Auffassung des Bundessozialgerichts gegeben, wenn zwei miteinander nicht verheiratete Personen, zwischen denen die Ehe jedoch rechtlich grundsätzlich möglich sei, so wie ein nicht getrennt lebendes Ehepaar in gemeinsamer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, also in Übereinstimmung einen gemeinsamen Haushalt so führen, wie es für zusammenlebende Ehegatten typisch sei.79 Andere Partnerschaften, also zum Beispiel zwischen Personen gleichen Geschlechts oder zwischen Verwandten, die von Rechts wegen nicht heiraten dürften, fielen nicht unter § 137 Abs. 2a AFG. Maßgebend dafür sei die Begriffseingrenzung, die aus dem Wort „eheähnlich“ folge. Diese enthalte einen deutlichen Hinweis für die so formulierte Definition, denn sie unterscheide sich insoweit von anderen gebräuchlichen Bezeichnungen für nichteheliche Gemeinschaften. Für das insoweit maßgebende Vergleichspaar „Ehe“ verlange das Gesetz nur bestimmte Merkmale, um die Rechtsfolge der Einkommensanrechnung auszulösen. Nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG genüge dafür, dass die Ehe bestehe und die Ehegatten nicht dauernd getrennt lebten. Das letzte Merkmal sei § 26 EStG entnommen und meine die – nicht endgültig aufgehobene – für Ehen typische Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes dem Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft besondere Bedeutung zukomme.80 Unter 74 75 76 77 78 79 80

OVG Berlin, FEVS 31, 358 (361 f.). OVG Berlin, FEVS 31, 358 (362). OVG Berlin, FEVS 31, 358 (361). OVG Berlin, FEVS 31, 358 (362). BSGE 63, 120 ff. Zur Kritik an der Entscheidung siehe T. Müller, S. 136 ff. BSGE 63, 120 (123). Zustimmend äußerte sich das SG Münster, NJW 1988, S. 2134. BFHE 104, 51 (53).

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Lebensgemeinschaft sei dabei die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft und unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam betreffenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen.81 Hieraus folge, dass eine bloße Wohngemeinschaft allein nicht den Schluss auf eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 137 Abs. 2a AFG zulasse. Die Tatsache des Zusammenlebens zweier verschiedengeschlechtlicher Personen in einer Wohnung (oder in einem Haus) sei nämlich auch bei Ehegatten kein allein ausreichendes Merkmal dafür, sie lebten zusammen im Sinne von „nicht dauernd getrennt“. Das Abstellen auf den Bestand der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal für eine eheähnliche Gemeinschaft entspreche ferner der Rechtsentwicklung.82 Es gehe darum, zwei in tatsächlicher Hinsicht gleichartig durchgeführte Lebensgemeinschaften, also zwei gleichartige Lebenssachverhalte gleich zu behandeln. Die Ähnlichkeit mit der Ehe erstrecke sich insoweit entscheidend auf die wirtschaftliche Seite der gemeinsamen Lebensführung, da auch der Begriff der Bedürftigkeit nur im Wirtschaftlichen wurzelt.83 Ausreichend sei ein nach den äußeren Umständen erkennbares sozialtypisches Verhalten, wie es für zusammenlebende Ehegatten eigentümlich sei. Ebenso wie bei zusammenlebenden Ehegatten das gemeinsame Wirtschaften in einem Haushalt die unwiderlegbare Vermutung begründe, dass durch ausreichendes Einkommen eines Ehegatten die Bedürftigkeit des arbeitslosen Ehegatten ausgeschlossen werde, bewirke eine ehetypische Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen nicht verheirateten Personen dasselbe. Deren Vorliegen rechtfertige deshalb die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 137 Abs. 2a AFG. Die Frage, wann eine ehetypische Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Sinne des § 137 Abs. 2a AFG, also das wie bei Ehepaaren übliche Wirtschaften „aus einem Topf“, vorliege, könne nicht generell und für alle Fälle abschließend beantwortet werden. Es komme stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Hierbei sei der Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass in der eheähnlichen Gemeinschaft die gesamte Bandbreite von Gestaltungsformen möglich sei, wie sie auch bei zusammenlebenden Ehegatten vorkomme. Diese Vielfalt habe zur Folge, dass im Einzelfall die besonderen Gestaltungen der gemeinsamen Lebensführung festzustellen seien, um daraus, gegebenenfalls indiziell, auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft schließen zu können. Notwendig sei dabei nicht, dass sämtliche in Betracht kommenden Merkmale oder Indizien in jedem Einzelfall vorlägen, ausreichend sei es, wenn genügend Anhaltspunkte vorhanden und festgestellt seien, die trotz Fehlens anderer Merkmale den Schluss auf das Vorhandensein einer ehetypischen gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung rechtfertigten.84 Die Motive der Partner für ihr Zusammenle81 82 83 84

BFHE 109, 44 (46). BSGE 63, 120 (123). BSGE 63, 120 (124). BSGE 63, 120 (125 f.). Siehe auch BVerwGE 52, 11 (14 f.).

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ben und die Art ihrer persönlichen Beziehungen hätten in diesem Zusammenhang nur indizielle Bedeutung. Lägen diese oder die angeführten Motive und Beziehungen offen zutage, könnten daraus Schlüsse auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft gezogen werden.85 Das Bundessozialgericht knüpfte bei seiner Begriffsbestimmung somit an die Rechtsprechung zu § 149 Abs. 5 AVAVG an, wonach eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen muss, und konkretisierte diese durch den Vergleich mit der Ehe. Ferner nannte es auch andere Motive, die, wenn auch nur indiziell, für die Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft Bedeutung haben könnten. (c) Die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 137 Abs. 2a AFG ist grundsätzlich durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. 11. 199286 geklärt worden.87 Das Gericht ergänzte in dieser Entscheidung die bisherige Definition der eheähnlichen Gemeinschaft und stellte verschärfte Anforderungen an deren Vorliegen. Die eheähnliche Gemeinschaft sei eine typische Erscheinung des sozialen Lebens.88 Von anderen Gemeinschaften hebe sie sich hinreichend deutlich ab. Mit dem Begriff „eheähnlich“ habe der Gesetzgeber ersichtlich an den Rechtsbegriff der Ehe angeknüpft, unter dem die Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau zu verstehen sei.89 Gemeint sei also eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt sei, daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulasse und sich durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehe. Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft werde demgemäß im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgelegt.90 Die Bindungen der Partner müssten so eng sein, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden könne. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlten, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellten, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten, sei ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die verschärfte Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar. Ob BSGE 63, 120 (126). BVerfGE 87, 234 ff. 87 In dieser Entscheidung erklärte das Gericht auch die Vorschrift des § 137 Abs. 2a AFG für verfassungsgemäß, allerdings nur bei verfassungskonformer Auslegung, siehe BVerfGE 87, 234 (255 ff.). 88 BVerfGE 87, 234 (264). Siehe auch BVerfGE 82, 6 (13). 89 BVerfGE 87, 234 (264). Siehe auch BVerfGE 10, 59 (66); 53, 224 (245); 62, 323 (330). 90 BVerfGE 87, 234 (264). 85 86

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eine Gemeinschaft von Mann und Frau diese besonderen Merkmale der eheähnlichen Gemeinschaft aufweise, lasse sich in der Verwaltungspraxis nur anhand von Indizien feststellen. Als solche Hinweistatsachen, die sich nicht erschöpfend aufzählen ließen, kämen etwa in Betracht die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen.91 Eine eheähnliche Gemeinschaft setze jedoch nicht die Feststellung voraus, dass zwischen den Partnern eine geschlechtliche Beziehung bestehe.92 Auch nach dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere das Wirtschaften „aus einem Topf“ zwischen einem Mann und einer Frau, immer noch ein wesentliches Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Ihm kommt jetzt jedoch keine allein ausschlaggebende Bedeutung mehr zu, sondern das Bundesverfassungsgericht stellte entgegen früheren Entscheidungen maßgeblich auf subjektive, innere Kriterien ab. Da diese einer objektiven Überprüfung schwer zugänglich sind, nannte es eine Reihe von Hinweistatsachen, die es der Verwaltungspraxis erleichtern sollen, eine eheähnliche Gemeinschaft festzustellen. Diese Indizien, insbesondere die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, können, im Unterschied zur früheren Rechtslage, widerlegt werden, wenn die unverheiratet Zusammenlebenden keine eheähnliche Gemeinschaft bilden.93 Das Bundesverfassungsgericht hielt § 137 Abs. 2a AFG daher mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn die eheähnliche Gemeinschaft im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgelegt wird. Die Vorschrift sei hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG. Der unbestimmte Rechtsbegriff könne und müsse seitens der Verwaltungsbehörden und Fachgerichte konkretisiert werden.94 Die eheähnliche Gemeinschaft als eine typische Erscheinung des sozialen Lebens müsse nicht unbedingt mit Tatbestandsmerkmalen definiert werden, da die Betroffenen die Rechtslage genügend kennen würden und sich darauf einrichten könnten95. Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht dadurch verletzt, dass sich die Arbeitslosenhilfe für einen Ehegatten nach einer höheren Leistungsgruppe als bei einer eheähnlichen Gemeinschaft bestimmen könne. Dies liege daran, dass die Leistungsgruppen für die Arbeitslosenhilfe an die Steuerklassen anknüpften und nur für Verheiratete die Steuerklasse III (Leistungsgruppe C) erreichbar sei.96 Diese Ungleichbehandlung sei aber nur von geringem Gewicht und müsse als notwendige Folge der Typisierung von MassenerscheinunBVerfGE 87, 234 (265). BVerfGE 87, 234 (268). 93 Siehe Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (465). 94 BVerfGE 87, 234 (263). Siehe auch BVerfGE 31, 255 (264); 56, 1 (12); 79, 174 (195). 95 BVerfGE 87, 234 (263). Siehe auch BVerfGE 31, 255 (264); 37, 132 (142); 75, 329 (341); 78, 205 (212); 84, 133 (149). 96 BVerfGE 87, 234 (266). 91 92

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gen hingenommen werden.97 Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege auch nicht darin, dass durch § 137 Abs. 2a AFG nur eheähnliche Gemeinschaften, nicht aber auch andere Lebens-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaften – wie etwa zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern oder Verwandten – der verschärften Bedürftigkeitsprüfung unterworfen würden. Der Gesetzgeber dürfe davon ausgehen, dass die eheähnliche Gemeinschaft in weitaus größerer Zahl vorkomme und sich als sozialer Typus deutlicher herausgebildet habe als die genannten anderen Gemeinschaften.98 Das Bundesverwaltungsgericht übernahm in seiner Entscheidung vom 17. 05. 199599 diese neue Definition der eheähnlichen Gemeinschaft und vereinigte damit die bisher parallel verlaufende Rechtsprechung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Das Bundesverwaltungsgericht machte jedoch noch weitere Ausführungen, vor allem im Hinblick auf die Indizien für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Das gewichtigste Indiz für das „auf Dauer Füreinander-Einstehen“ stelle eine lange Dauer des Zusammenlebens bei Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums dar.100 Schwierigkeiten des tatrichterlichen Nachweises sah das Bundesverwaltungsgericht jedoch dann, wenn der Beginn des Zusammenlebens mit dem Beginn des streitgegenständlichen Leistungszeitraums zusammenfalle. Als Hinweistatsachen kämen hier etwa in Betracht: Dauer und Intensität der Bekanntschaft zwischen den Partnern vor der Begründung ihrer Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit und die – nach außen erkennbare – Intensität der gelebten Gemeinschaft. Aus dem bloßen Fortdauern „persönlicher Beziehungen“ könne dagegen nicht – im Sinne einer Hinweistatsache – geschlossen werden, eine einmal vorhanden gewesene Lebensgemeinschaft sei auf Dauer angelegt gewesen. Denn § 122 BSHG verlange nicht lediglich dauerhafte persönliche Beziehungen, sondern eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft. Zu ihr gehöre, von Ausnahmefällen abgesehen, grundsätzlich auch die Wohngemeinschaft. Fehle sie, könne, wenn nicht aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls gleichwohl eine Lebensgemeinschaft anzunehmen sei, nicht von einer eheähnlichen Gemeinschaft gesprochen werden.101 Zu den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Indizien für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass diese weder abschließend seien noch kumulativ vorliegen müssten, um die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zu rechtfertigen. Entscheidend sei stets das Gesamtbild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indizien. 97 BVerfGE 87, 234 (267). Siehe auch BVerfGE 9, 20 (32); 26, 265 (276); 42, 176 (185); 82, 126 (152). 98 BVerfGE 87, 234 (267). 99 BVerwGE 98, 195 ff. 100 BVerwGE 98, 195 (199 f.). 101 BVerwGE 98, 195 (200).

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Stellten die Partner einer Gemeinschaft zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicher, bevor sie ihr persönliches Einkommen für die Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten, könne im Regelfall auf das Vorliegen auch der inneren Bindungen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen102, geschlossen werden. Ein gewichtiges Indiz könne weiter das Bestehen geschlechtlicher Beziehungen sein.103 Zwar setze die Annahme, es liege eine eheähnliche Gemeinschaft vor, die Feststellung von Intimbeziehungen nicht voraus, doch seien behördliche Nachforschungen in der Intimsphäre der Partner unzulässig.104 Seien aber intime Beziehungen bekannt, könnten sie auch als Hinweistatsachen gewürdigt werden.105 Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft sei geprägt durch das Sich-füreinander-verantwortlich-Fühlen, durch innere Bindungen von einer Intensität, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner auch für den Lebensunterhalt des anderen als selbstverständlich erscheinen lasse.106 Auch das Bundessozialgericht107 hat sich der Definition des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen. Allerdings konkretisierte es in seiner Entscheidung vom 29. 04. 1998108 das Kriterium der Dauerhaftigkeit der eheähnlichen Gemeinschaft. In dieser Entscheidung ging es darum, ob der Umzug zum nichtehelichen Lebenspartner einen wichtigen Grund im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG (jetzt: § 144 SGB III) darstellt. Das Bundessozialgericht hatte dies zuvor stets verneint109, vollzog aber durch dieses Urteil einen Wandel in seiner Rechtsprechung. Es bejahte einen wichtigen Grund, denn es seien eine Vielzahl von Gründen denkbar, die – allein oder in ihrem Zusammenwirken – zu einer gleichwertigen Gewichtung auch der Interessen unverheirateter Partner führen könnten. Für die eheähnliche Gemeinschaft wurde das Kriterium der „umgekehrten Zerrüttungsvermutung“110 geschaffen. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden könne, biete sich eine Orientierung an den Vorschriften an, die – gewissermaßen für den umgekehrten Fall – das Scheitern einer Ehe erst nach einer dreijährigen Trennung unwiderlegbar vermuten ließen (§ 1566 Abs. 2 und § 1353 Abs. 2 BGB). Es liege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als dass eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeuge.111 Siehe BVerfGE 87, 234 (265); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (546). BVerwGE 98, 195 (201). Siehe auch BVerwGE 52, 11 (15). 104 BVerwGE 98, 195 (201). Siehe auch BVerfGE 87, 234 (268). 105 BVerwGE 98, 195 (201). 106 BVerwGE 98, 195 (201 f.). 107 BSG, NJW 1993, S. 3346. 108 BSGE 43, 269 ff. 109 Siehe BSGE 43, 269 (273); 52, 276 (277 f.); BSG, NJW 1989, S. 3037 (3038). So auch LSG Baden-Württemberg, NJW 1988, S. 2132 (2133). A.A. waren das SG Osnabrück, NJW 1988, S. 2133 (2134); SG Fulda, info also 1994, S. 20 (22); SG Heilbronn, info also 1997, S. 79 (81). 110 Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (209); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 11. 102 103

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Der Bundesgerichtshof112 verwendet ebenso eine vergleichbare Auslegung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft. Nur nach dem Bundesfinanzhof113 kommt es nicht entscheidend auf das Merkmal der Geschlechtsverschiedenheit, sondern auf die verantwortungsvolle Lebensführung der Partner an. Nach der mittlerweile gleichstimmigen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist somit für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erforderlich, dass neben einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen den Partnern besteht.114 (2) Kritik an der Rechtsprechung Natürlich haben die Definitionen des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts einige Kritik nach sich gezogen. „Ehebruch behaftete“ Lebensgemeinschaften. Anstoß wurde daran genommen, dass es sich nach der Definition der „eheähnlichen“ Gemeinschaft bei den Partnern um Personen handeln muss, zwischen denen eine Ehe grundsätzlich rechtlich möglich ist. Durch diesen Vergleich mit der Ehe werden Lebensgemeinschaften, bei denen ein oder beide Partner anderweitig verheiratet sind, sogenannte „Ehebruch behaftete“115 Lebensgemeinschaften, von der Definition ausgeschlossen und begünstigt116. Diese Lebensgemeinschaften sind jedoch eine typische Erscheinung des sozialen Lebens.117 Deswegen wird in der Literatur überwiegend gefordert, dass auch solche Paare von dem Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft erfasst werden.118 Auch die Gerichte haben sich damit befasst. Der Verwaltungsge111 BSG, NZS 1998, S. 581 (585). Zustimmend äußerte sich das SG Münster, info also 2001, S. 23 (25). 112 BGH, NJW 1991, S. 830 (831); 1993, S. 999 (1001). 113 BFHE 164, 82 (83). 114 Siehe für die Grundsicherung für Arbeitsuchende auch BVerfG, info also 2004, S. 160. 115 Schreiber, Rdn. 10. 116 Ruland, NJW 1993, S. 2855. 117 Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466); Ruland, NJW 1993, S. 2855. 118 VGH Mannheim, VBlBW 1996, S. 150 (151); Brocke, SGB 1988, S. 433 (437); Burhoff, Rdn. 957; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 16; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 20; Grziwotz, § 26, Rdn. 79; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 2; Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 10); T. Müller, S. 137; Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 10; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 12; Paul, ZfF 1995, S. 217 (218); Ruland, NJW 1993, S. 2855; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 8; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 3; SGB XII, § 20, Rdn. 4; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 7; Schreiber, Rdn. 10; dies., FPR 2001, S. 12 (15); Tirre / Vahle, DVP 1989, S. 9 (11); Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 24. A.A. ist Bosch, FamRZ 1989, S. 28. In Bezug auf die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II stellt sich das Problem inzwischen nicht mehr, denn auch „Ehebruch behaftete“ Lebensgemeinschaften bilden eine Ver-

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richtshof Mannheim hat sich diesbezüglich geäußert, dass zwischen den Partnern nur die grundsätzliche Möglichkeit der Eheschließung bestehen müsse. Die Tatsache, dass ein Partner anderweitig verheiratet sei, stehe dem nicht entgegen. Lediglich Verwandte oder Personen gleichen Geschlechts könnten damit keine eheähnliche Gemeinschaft bilden. Der Vergleich mit der Ehe erfolge in § 122 BSHG mit Blick auf den sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz. Für die Bedürftigkeit komme es nicht auf das formale Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe, sondern allein auf das Vorliegen einer tatsächlichen Einsatzgemeinschaft zusammenlebender Partner an. Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liege nicht vor. Zwar stünde auch die Ehe dauernd getrennt lebender Ehegatten unter verfassungsrechtlichem Schutz, doch werde durch die eheähnliche Gemeinschaft die anderweitige Ehe nicht gestört und die Trennung der Eheleute nicht bestärkt oder vertieft. Durch die Anwendung des Gesetzes werde die eheähnliche Gemeinschaft weder herbeigeführt noch begünstigt. Diese Anwendung sei nicht Ursache, sondern rechtliche Folge des eheähnlichen Zusammenlebens. Seine Fortsetzung unterliege unverändert allein der freien Entscheidung der Partner.119 Das Oberverwaltungsgericht Hamburg geht davon aus, dass durch die strittige Formulierung lediglich gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus dem Anwendungsbereich des § 122 BSHG ausgenommen werden sollten, da diese Partnerschaften nicht dem herkömmlichen Bild der Ehe entsprächen. Auch aus Art. 6 GG lässt sich nach der Auffassung des Gerichts nicht ableiten, dass „Ehebruch behaftete“ Partnerschaften keine eheähnliche Gemeinschaft bilden könnten. Der nach Art. 6 Abs. 1 GG gebotene Schutz der Ehe verbiete es grundsätzlich, nicht miteinander verheiratete Partner gegenüber verheirateten zu begünstigen. Nicht miteinander Verheiratete könnten aber durchaus schlechter gestellt sein als Verheiratete. Die Schlechterstellung von Unverheirateten greife nicht nur, wenn die Beteiligten sich freiwillig dazu entschieden hätten, nicht miteinander die Ehe einzugehen, sondern auch dann, wenn sie die Ehe (noch) nicht schließen können, weil ein Partner noch verheiratet sei. Denn damit werde lediglich an den tatsächlichen Umstand des Nicht-Verheiratet-Seins angeknüpft. Die Rechtsprechung knüpfe mit der Erwähnung des freien Entschlusses der Paare lediglich an eine typische Ursache für das Nicht-Verheiratet-Sein an, nämlich an den freien Entschluss dafür. Mehr sei mit der Formulierung nicht gemeint.120 Diesen Ansichten in Literatur und Rechtsprechung ist zuzustimmen. Die „Ehebruch behafteten“ Lebensgemeinschaften können zwar aufgrund von § 1306 BGB zunächst keine Ehe schließen und werden somit nicht von der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft durch die obersten Bundesgerichte erfasst. Bei ihnen beantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und sind damit von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II inzwischen erfasst. 119 VGH Mannheim, NJW 1996, S. 2178. 120 OVG Hamburg, NJW 1996, S. 1255 (1225 f.). A.A. ist noch das OVG Hamburg, FEVS 41, 21 (23).

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steht jedoch entgegen den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder den Gemeinschaften von Verwandten oder Verschwägerten die Möglichkeit, dieses Hindernis durch Scheidung zu beseitigen. Außerdem ist nicht eine Identität von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft erforderlich, sondern nur eine Ähnlichkeit, wie der Begriff „eheähnlich“ eindeutig zum Ausdruck bringt.121 Ferner entsprechen diese Partnerschaften genau dem Bild, das die Gerichte von einer eheähnlichen Gemeinschaft haben, sie bilden eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Der Unterschied besteht nur darin, dass die einen zwar heiraten können, aber nicht wollen, und die anderen zwar heiraten wollen, aber nicht können. Warum diese Partnerschaften dann nicht unter den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft fallen sollen, ist nicht ersichtlich, zumal bei einer Einbeziehung keine negativen Folgen entstehen würden. Es käme auch niemand auf die Idee, es läge keine wirksame Ehe mehr vor, wenn einer der Ehepartner eine neue Partnerschaft eingeht und mit dem neuen Lebensgefährten zusammenzieht.122 Ein weiterer Grund für die Einbeziehung solcher eheähnlichen Gemeinschaften ist der Nachranggrundsatz, wonach Hilfe nicht oder in geringerem Umfang zu leisten ist, wenn die benötigen Mittel von anderen erbracht werden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der eine Partner noch verheiratet ist. Es ist davon auszugehen, dass die obersten Bundesgerichte diese Konstellation übersehen haben, denn eigentlich dient die gewählte Formulierung dazu, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und solche zwischen Verwandten und Verschwägerten vom Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszuschließen.123 Gleichgeschlechtliche Partnerschaften. An dem Vergleich mit der Ehe wird aber auch kritisiert, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften vom Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ausgeschlossen werden.124 Diese Kritik kann sich aber nur auf lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften beziehen, denn nur diese sind Siehe Brocke, SGB 1988, S. 433 (436). Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 24. 123 Für § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II stellt sich dieses Problem inzwischen nicht mehr, denn auch „Ehebruch behaftete“ Lebensgemeinschaften bilden eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und sind damit von der Vorschrift erfasst. 124 Grziwotz, § 26, Rdn. 79; Luckey, S. 101; ders., FuR 1993, S. 22 (25); T. Müller, S. 143 ff.; Oppermann, S. 117; Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (467); Schoch, info also 1995, S. 133 (142); Schumacher, FamRZ 1994, S. 857 (860); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (647). Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 2 gehen sogar davon aus, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz seit dem 01. 01. 2001 auch eheähnliche Gemeinschaften sind. Schumacher, FPR 1995, S. 26 (31) erwägt eine Anwendung nur auf registrierte gleichgeschlechtliche Partner. Gegen eine Einbeziehung gleichgeschlechtlicher Partner sind Appel, S. 9; Arndts, S. 6; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 9; Koch, in: Landwehr, S. 39 (40); Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 10); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (138); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 12; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (34). Knoche, S. 18 f. hält eine Einbeziehung dann für möglich, wenn Untersuchungen zeigen, dass eine weitgehende Kongruenz zwischen homosexuellen und heterosexuellen Lebensgemeinschaften besteht. 121 122

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unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft mit der eheähnlichen Gemeinschaft vergleichbar.125 Der eigentliche Grund der Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt aber darin, dass durch die Nichteinbeziehung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft diese gegenüber der eheähnlichen Gemeinschaft insbesondere im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung begünstigt werden. Für eine Gleichstellung der beiden Gemeinschaften ist es aber nicht notwendig, die gleichgeschlechtlichen Gemeinschaften unter den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft zu fassen. Sinnvoller ist es, gerade auch im Vergleich zur eingetragenen Lebenspartnerschaft, den Begriff der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft dem der eheähnlichen Gemeinschaft im Gesetz gleichzustellen, was auch durch § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfolgt ist. Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und ihre Indizien. Ein weiterer Punkt, auf den sich die Kritik bezieht, ist der Begriff der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und die vom Bundesverfassungsgericht zu deren Bestimmung angeführten Indizien. Anstoß wird vor allem an der Aufgabe der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der eheähnlichen Gemeinschaft zugunsten der Bedeutung innerer Beziehungen im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft genommen. Es handele sich dabei um konturlose Begriffe126 und der Verwaltungspraxis sei damit sicher nicht gedient127. Befürchtet wird, dass es zukünftig für die Leistungsträger äußerst schwierig sein werde, die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Einzelfall nachzuweisen.128 Die Verwaltungspraxis sei hier in der Regel auf Indizien angewiesen. Zwar führt das Bundesverfassungsgericht aus, als solche kämen etwa die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen129, in Betracht. Ob diese „Extremindizien“ aber geeignet sind, die Vielzahl der Einzelfälle zu klären, wird in der Literatur bezweifelt.130 Die Kritik an der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte übersieht, dass die genannten Merkmale durchaus geeignet sind, die eheähnliche Gemeinschaft als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu charakterisieren. Das eigentliche Problem in Bezug auf das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht darin, dass dem Leistungsträger nach den ursprünglichen Regelungen die volle Beweislast für das Vorliegen einer solchen oblag und er sie nicht bei Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa), (1), (d) und 2., B., I., 5. T. Müller, S. 138; Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466). 127 T. Müller, S. 138. 128 Luckey, FuR 1993, S. 22 (24); Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644 ff.); Zöller, ZfSH / SGB 1996, S. 302 (306). 129 BVerfGE 87, 234 (265). 130 Kingreen, S. 60; Luckey, FuR 1993, S. 22 (24). 125 126

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Vorhandensein bestimmter Merkmale vermuten durfte. Da es sich bei der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft um ein Kriterium handelt, das sehr stark von der inneren Einstellung der Partner geprägt ist, war dies keine leicht zu bewältigende Aufgabe.131 Denn die Feststellung innerer Bindungen und gemeinsamer Zukunftspläne wird ohne die Mitwirkung des Hilfesuchenden fast unmöglich sein.132 Andererseits musste das Bundesverfassungsgericht die von ihm entwickelte neue Definition für die Verwaltungspraxis anwendbar machen, so dass es nur in groben Zügen Indizien für die eheähnliche Gemeinschaft nennen konnte. Außerdem kann das Gericht die Indizien nicht abschließend festlegen, denn es muss auch den Fachgerichten und dem Gesetzgeber Anwendungsspielräume lassen. Es ist daher die Aufgabe des Gesetzgebers, den von ihm verwendeten Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft zu definieren oder zumindest Anhaltspunkte für eine Auslegung zu geben und den Leistungsträger in gewissem Umfang von der Beweislast zu befreien.133 Dies ist nunmehr in § 7 Abs. 3a SGB II geschehen. Das Kriterium des Bestehens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft hat zudem, entgegen dem Kriterium des alleinigen Bestehens einer Wohnund Wirtschaftsgemeinschaft, den Vorteil, dass eine genauere Abgrenzung zu anderen Haushaltsgemeinschaften möglich ist. Eine an rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte Begriffsbildung würde der Vorstellung der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft widersprechen, denn sie definieren ihre Lebensgemeinschaft zumeist nicht über ihre wirtschaftlichen Verflechtungen, sondern über ihre emotionale Bindung. (3) Definitionen in der Literatur Die Literatur134 schließt sich überwiegend der Definition des Bundesverfassungsgerichts an, wobei ein Teil135 die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit einbezieht. Eigenständige Definitionen, die aber der Definition des Bundesverfassungsgerichts sehr ähneln, finden sich bei de Witt / Hufmann136, KuLuckey, FuR 1993, S. 22 (24). Ost / Mohr / Estelmann, Kap E., V, 1, a, bb, S. 380. 133 Siehe dazu Kap. 2, A., I., 2., c), dd). 134 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 57; Faber, NZS 2005, S. 75 (77); Gottschick / Giese, BSHG, § 122, Rdn. 2.1.; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 45; Kärcher, FPR 1995, S. 115 (116); Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 192; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 2; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 7; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 499; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 122, Rdn 6; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 4a; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.3, S. 208; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 27; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 18; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 48; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 6; Winkler, info also 1986, S. 60 (64); Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 6; Zöller, ZfSH / SGB 1996, S. 302 (306). 135 Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa), (1), (d). 131 132

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nigk137 und Strätz138. Münder139 und Sartorius140 konkretisieren die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und unterscheiden im Hinblick auf den Vergleich mit der Ehe ausdrücklich zwischen personalen und materiellen Komponenten. Auf personaler Ebene läge die Eheähnlichkeit in der besonderen auf den jeweiligen Partner bezogenen, auf längere Zeit oder auf Dauer angelegten Bindung. Dies entspräche der Pflicht der Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auf materieller Ebene müsse eine tatsächliche Unterstützung und eine tatsächliche Leistungserbringung durch den Partner stattfinden; dies sei die faktische Parallele zur ehelichen Unterhaltspflicht aus § 1360 BGB. Alle in der Literatur zu findenden Definitionen entsprechen damit, wenn auch mit einzelnen kleineren Abweichungen, der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. (4) Fazit Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich feststellen, dass die Rechtsprechung zur eheähnlichen Gemeinschaft ebenso wie ihre Kritik umfangreich und uneinheitlich ist. Die Gründe liegen darin, dass die eheähnliche Gemeinschaft aufgrund ihrer verschiedenen Erscheinungsformen rechtlich schwer zu fassen ist.141 Zwar ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft hinreichend bestimmt und die Konkretisierung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe Aufgabe der Verwaltungsbehörde und der Fachgerichte.142 Ob aber eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, muss in der Regel für den Einzelfall ermittelt werden. Die jeweiligen Entscheidungen der Gerichte können meist nur auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt angewendet werden. Dies schafft Rechtsunsicherheit, denn die betroffenen Partner haben keinen einheitlichen Anhaltspunkt zur Beurteilung, ob sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben oder nicht. Auch für den 136 de Witt / Hufmann, Rdn. 5 bezeichnen die Lebensgemeinschaften als eheähnlich, in denen ein Mann und eine Frau auf Dauer zusammenleben, und zwar zusammen wohnen und wirtschaften auf der Grundlage einer persönlichen Bindung, ohne jedoch die Ehe miteinander einzugehen. 137 Nach Kunigk, S. 15 sind eheähnliche Gemeinschaften solche, die – wie eine Ehe – durch sichere Dauerhaftigkeit, Intensität, emotionale Verbundenheit und Anteilnahme am Schicksal des Partners geprägt sind, wobei die Partner die Höhen und Tiefen des Zusammenlebens als Schicksalsgemeinschaft teilen. 138 Er definiert das „Konkubinat“ als eine heterosexuelle Gemeinschaft zweier Personen, die auf unbestimmte Zeit zusammenleben und eine umfassende Lebensgemeinschaft verwirklichen wollen, jedoch unter dem Vorbehalt der jederzeit möglichen einseitigen Beendigung ihrer Beziehung, siehe Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (303). 139 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 6 ff. 140 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 6. 141 Dies gilt allerdings auch für die Ehe, denn „die“ Ehe gibt es nicht, wenn man den Trauschein außer acht lässt, siehe E. v. Münch, ZRP 1988, S. 327 (328). 142 BVerfGE 87, 234 (263 f.).

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Leistungsträger führen die fehlenden einheitlichen Kriterien zu Beweisschwierigkeiten. Deshalb war es sinnvoll, die Kriterien der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Gesetz in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II zu normieren und die Beweislast in § 7 Abs. 3a SGB II umzukehren. Insoweit kann dann auch die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft einbezogen werden. Es kann festgehalten werden, dass die heutige Betrachtung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft nicht mehr nur auf rein wirtschaftliche Aspekte gestützt wird. Zwar ist das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ein Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft, es kommt aber ebenso auf das Vorhandensein von inneren Bindungen und das Füreinander-Einstehen-Wollen an. Maßgeblich ist somit das gesamte äußere Erscheinungsbild der Verbindung dahingehend, ob die Partner wie Verheiratete in Erscheinung treten.143 Es muss wie bei der Ehe eine monogame Beziehung zweier Menschen vorliegen, die eine besondere emotionale Verbindung aufweist, eine gewisse Dauer hat und in der die Partner gemeinsam wohnen und wirtschaften. Der Wandel der Kriterien für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft von „aus einem Topf wirtschaften“ über die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hin zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zeigt auch den Wandel in der Gesellschaft im Hinblick auf die Bedeutung der eheähnlichen Gemeinschaft. Die Wahl des gemeinsamen Wirtschaftens als maßgebliches Kriterium hatte in der Nachkriegszeit insofern seine Berechtigung, da auch die Erwägungen der meisten Paare, nämlich der Erhalt der Hinterbliebenenrente der Frauen, primär wirtschaftliche waren. Der Begriff der Ehe fand seine Entsprechung im Bild der Ehe, die damals, stärker als heute, als eine auf Lebenszeit ausgelegte Versorgungsgemeinschaft betrachtet wurde.144 Im Laufe der Zeit entwickelte sich die eheähnliche Gemeinschaft jedoch zu einer Alternative zur Ehe, so dass heute nicht mehr die wirtschaftlichen, sondern die persönlichen Aspekte im Vordergrund stehen. Aufgrund des veränderten Verständnisses der Ehe und damit auch der eheähnlichen Gemeinschaft konnte es nicht mehr ausreichen, auf lediglich wirtschaftliche Aspekte abzustellen.145 Die Rechtsprechung musste zwar aufgrund der vorliegenden Fälle auf diese neue Entwicklung eingehen, führte durch ihre Modifikation und Ausweitung des Kriteriums der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft aber zu einer zunehmenden Konturlosigkeit und Rechtsunsicherheit.146 Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass sich die eheähnliche Gemeinschaft, wie auch die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, durch die in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II genannten personalen, also die innere Bindung betreffenden Merkmale und durch die materiellen Aspekte, wie die tatsächliche UnterstütPaul, ZfF 1995, S. 217 (219); Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (465). Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466). 145 Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466). 146 Siehe Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (466); Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7,2. (2), S. 191. 143 144

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zung und eine tatsächliche Leistungserbringung durch den Partner, gut charakterisieren lässt. Der Gesetzgeber hat sich damit an den Vorgaben der obersten Bundesgerichte orientiert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zwar nicht frei von Kritik, es dürfte jedoch nicht praktikabel sein, gegen diese anzukämpfen. (5) Die Beendigung der eheähnlichen Gemeinschaft Sobald also zusammenlebende Partner eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden, ist eine eheähnliche Gemeinschaft anzunehmen. Es stellt sich des Weiteren die Frage, wann und wie eine eheähnliche Gemeinschaft beendet werden kann. Sie ist beendet, wenn der nicht hilfebedürftige Partner den anderen Partner nicht mehr unterstützt, also sein bisheriges Verhalten ändert und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung eigener Verpflichtungen verwendet.147 Denn die eheähnliche Gemeinschaft zeichnet sich gerade dadurch aus, dass ihre Partner wie Ehegatten in einer intakten Ehe tatsächlich füreinander einstehen, ohne tatsächlich nach § 1360 BGB unterhaltspflichtig zu sein.148 Es genügt jedoch nicht ohne weiteres, dass die bisherigen Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft lediglich erklären, dem anderen Partner keine Unterstützung mehr zukommen zu lassen oder nur als Nothelfer an Stelle des Leistungsträgers geleistet zu haben. Denn dann wäre die Bewilligung von Sozialhilfe weitestgehend ins Belieben der Betroffenen gestellt.149 Maßgeblich ist das Gesamtbild der für den streitgegenständlichen Zeitraum vom Gericht feststellbaren Tatsachen.150 Ansonsten würde die eheähnliche Gemeinschaft besser gestellt werden als die Ehe. Deshalb dürfen nur solche Hinweistatsachen berücksichtigt werden, die von den persönlichen Erklärungen der Betroffenen unabhängig sind.151 Ist die fehlende Unterstützung ursächlich dafür, dass der nicht hilfebedürftige Partner eigene Verbindlichkeiten bedient und darüber hinaus nicht leistungsfähig ist, eine eheähnliche Gemeinschaft aber besteht, so ist es angemessen, Sozialhilfe jeden147 BVerfGE 87, 234 (265); BVerwGE 98, 195 (201 f.); BVerwG, ThürVBl. 1995, S. 85 (87); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (553); VGH München, FEVS 49, 107 (110); FEVS 53, 550 (552); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 18; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 10; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 10. 148 Siehe BVerfGE 87, 234 (265); VGH München, FEVS 49, 107 (110); 53, 550 (552); LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, S. 2253 (2254); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 18. 149 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (31). 150 BVerwGE 98, 195 (201); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (554); VGH München, FEVS 53, 550 (552); Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 15; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 16; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 14; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 6; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 10; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 6 a. 151 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (30); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 14.

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falls dann zu gewähren, wenn die Zahlungsverpflichtung vor Beginn der Hilfebedürftigkeit des anderen Partners eingegangen wurde oder entstanden ist und nicht mehr zumutbar zurückgeführt werden kann.152 Ein wesentliches Zeichen für die Verhaltensänderung der Partner ist auch die Auflösung der Wohngemeinschaft.153

bb) Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft Neben der eheähnlichen Gemeinschaft ist auch die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft anzusehen. Sie kann definiert werden als eine Lebensgemeinschaft zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht. Dies folgt aus der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft, denn nur wenn lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft und eheähnliche Gemeinschaft gleich verstanden und definiert werden, können sie auch gleichgestellt werden.154 Gleichzeitig ist aber auch ein Bezug zur eingetragenen Lebenspartnerschaft erkennbar, da die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft aus zwei gleichgeschlechtlichen Personen besteht, die wie eingetragene Lebenspartner zusammenleben, aber nicht eingetragen sind. Insoweit stehen sich eingetragene Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft wie Ehe und eheähnliche Gemeinschaft gegenüber. Hinsichtlich der Beendigung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft gilt das für die eheähnliche Gemeinschaft Gesagte.

cc) Sonstige Gemeinschaften als Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft? Bei der Betrachtung des Gesetzestextes des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II ergibt sich die Frage, ob neben eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher 152 So VGH München, FEVS 53, S. 550; Empfehlungen DV, NDV 2003, S. 41, Rdn. 136; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 18. Nach Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 20, Rdn. 9 ist die eheähnliche Gemeinschaft erst mit der Auflösung der Wohngemeinschaft beendet. 153 BVerfGE 87, 234 (265); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (555); Bubeck / Sartorius, NZS 1993, S. 247 (248); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 13; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 6 b; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 10. 154 Zur Verfassungsrechtmäßigkeit dieser Gleichstellung siehe Kap. 2, B., I., 5.

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Gemeinschaft nicht auch andere Gemeinschaften von Personen, die eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft darstellen, wie z. B. die Lebensgemeinschaft von Großeltern und Enkelkindern oder solchen von Geschwistern, von der Regelung erfasst sind. Denn im Gegensatz zu der Darstellung in der Gesetzesbegründung wird die Formulierung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht in vollem Umfang übernommen, es wird sowohl auf die Geschlechtskonstellation als auch auf die personelle Ausschließlichkeit verzichtet. Aus der isolierten Betrachtung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II könnte gefolgert werden, dass nicht nur Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden können, sondern auch andere Gemeinschaften von Personen, die die Kriterien des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfüllen. Ob solche Gemeinschaften tatsächlich von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst sind, scheint aber fraglich. Aus einer wörtlichen Auslegung des Gesetzes folgt, dass nur eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft von der Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst sind. Denn in § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II heißt es, dass zu einer Bedarfsgemeinschaft „als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“ auch Personen gehören, die mit ihm in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft leben. „Partner“ sind weder umgangssprachlich noch in der Sprache des Gesetzes verwandte Personen. Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen die Einbeziehung solcher Gemeinschaften, da nach der Gesetzesbegründung155 die Änderung des Wortlauts erfolgte, um durch die Einbeziehung nicht eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften die erhebliche Schlechterstellung von Ehepartnern, Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft und einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensanrechnung aufzuheben. Ferner wurde im Vergleich zur früheren Gesetzesformulierung nur der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ersetzt, so dass auch daraus geschlossen werden kann, dass eine so gravierende Änderung nicht erfolgen sollte. Auch aus der Systematik des Gesetzes folgt, dass sonstige Gemeinschaften nicht unter § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II fallen sollen, da solche Gemeinschaften eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II bilden, so dass bei Einbeziehung diese Vorschrift überflüssig geworden wäre. Auch Sinn und Zweck von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II sprechen dafür, dass andere Gemeinschaften als eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft nicht von dieser Vorschrift erfasst werden. Nur wenn auch lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften mit in die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II einbezogen werden, können auch Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II gegenseitig berücksichtigt werden, womit verfassungswidrige Ungleichbehandlung156 in Bezug auf Ehe, eheähnliche Gemeinschaft und eingetragene Lebenspartnerschaft beseitigt wird. Aus der Auslegung des Gesetzes folgt damit, dass von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II nur die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft erfasst sind.157 155 156

BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. Siehe dazu Kap. 2, B., I., 5.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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Die Gesetzesformulierung ist daher sehr unglücklich gewählt. Sinnvoller erscheint es, die Begriffe eheähnliche Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft ins Gesetz aufzunehmen und sie dann als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu definieren. Die Bundessozialhilfegesetz-Reform 1996 zeigt, dass dies durchaus möglich ist. Dort sah die Stellungnahme des Bundesrates zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurf zur Reform des Sozialhilferechts in Bezug auf die Regelung des § 122 Abs. 2 BSHG158 den Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor, verbunden mit einem Katalog, der die materiellen Aspekte enthielt. Ferner wurde auch auf die enge Bindung der Partner abgestellt. Diesem Regelungsvorschlag wurde im folgenden Gesetzesverfahren jedoch nicht gefolgt.159 Die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst damit nur die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft. Für diese beiden Gemeinschaften sieht das Gesetz in § 7 Abs. 3a SGB II eine Beweislastumkehr zugunsten des Leistungsträgers vor.

dd) Die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II Wie schon dargelegt, bestanden in der Praxis Schwierigkeiten, anhand der Definition der Bundesgerichte festzustellen, ob tatsächlich eine eheähnliche Gemeinschaft vorlag. Der zuständige Leistungsträger hatte den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigten. Die Änderung der Rechtsprechung hatte eine entsprechende Erhöhung der Anforderungen an den Leistungsträger zur Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft zur Folge. Es musste nicht mehr nur das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bewiesen werden, sondern darüber hinaus auch das Bestehen innerer Bindungen, die auf eine Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft schließen lassen. Aus den äußeren Umständen musste auf die Intensität einer persönlichen Beziehung und eine hieraus folgende „Unterstützungsbereitschaft“ geschlossen werden, wobei eine Gesamtwürdigung aller für und wider das Bestehen einer solchen Gemeinschaft streitenden Gesichtspunkte erforderlich war.160 Die gleichen Probleme hätten dann auch bei der lebens157 So auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 59; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.16; Mrozynski, II.7, Rdn. 17; Spellbrink, NZS 2007, 121 (125). 158 BT-Drs. 13 / 2440, S. 52. 159 Vgl. BT-Drs. 13 / 2764, S. 4. 160 OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (546) unter Bezugnahme auf BVerwGE 98, 195 ff. Ebenso Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (761); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644); Zöller, ZfSH / SGB 1996, S. 302 (306). Nach Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 57 liegt gar keine Beweislastumkehr vor, da die für den Betroffenen günstigen Tatsachen ggf. durch weitere Ermittlungen festgestellt werden müssen.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

partnerschaftsähnlichen Gemeinschaft bestanden. Damit verbunden war die Gefahr des Leistungsmissbrauchs durch falsche Angaben der betroffenen Personen; denn der Hilfesuchende wird häufig versuchen, seine Lebensumstände und Erklärungen so miteinander in Einklang zu bringen, dass es dem Leistungsträger unmöglich wird, das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu beweisen. Aus diesen Gründen161 hat der Gesetzgeber erstmals durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Beweislastumkehr in das SGB II eingeführt. Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Im Folgenden sollen die vom Gesetz genannten Hinweistatsachen, die dem Leistungsträger dafür zur Verfügung stehenden Beweismittel, die Folgen der fehlenden Beweisbarkeit der Hinweistatsachen und die Beweislastumkehr näher betrachtet werden. (1) Die Hinweistatsachen Der Gesetzgeber benennt in § 7 Abs. 3a SGB II vier Hinweistatsachen, aus denen sich die Vermutung für das Einstehen ergeben soll: das Zusammenleben länger als ein Jahr, das Zusammenleben mit einem gemeinsamen Kind, die Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt oder die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Er hat damit versucht, objektivierbare Kriterien zu finden, die subsumierbar sind und keine allzu großen Beweisschwierigkeiten mit sich bringen. Dabei hat er sich nach der Gesetzesbegründung an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft orientiert.162 (a) Das Verhältnis der Hinweistatsachen zueinander Bevor auf die einzelnen Hinweistatsachen eingegangen wird, ist zunächst zu fragen, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, da das Wort „oder“ zwischen der dritten und der vierten Tatsache eigentlich so verstanden werden muss, dass die Tatsachen in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Es erscheint aber fraglich, ob dies wirklich so gemeint ist. Der Wortlaut scheint eindeutig. Dies steht aber einer Auslegung nicht entgegen. Denn jede Norm bedarf der Auslegung, bevor sie sachgerecht angewendet oder vollzogen werden kann. Die Feststellung, der Regelungsinhalt einer Norm sei „eindeutig“ oder „klar“, ist immer das Ergebnis einer Auslegung, die sich gerade nicht auf den Wortlaut beschränken kann.163 161 162 163

Siehe BT-Drs. 16 / 1410. BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. Rüthers, Rdn. 731 ff.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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Somit ist § 7 Abs. 3a SGB II auszulegen. Nach der historischen Auslegung ergibt sich, dass die Hinweistatsachen nicht in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Die Gesetzesbegründung bezieht sich ausdrücklich auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hatte, wie schon dargestellt, die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, als Hinweistatsachen aufgezählt. Diese von außen sichtbaren Merkmale, die auf eine innere Bindung schließen lassen, sind erforderlich, da es bei der eheähnlichen Gemeinschaft an einem äußerlich erkennbaren Entstehungsakt – wie bei der Ehe die Eheschließung – fehlt und sich zudem häufig die Bildung einer derartigen Gemeinschaft nur schrittweise entwickelt. Zu den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Indizien für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft hat das Bundesverwaltungsgericht zwar festgestellt, dass diese weder abschließend seien noch kumulativ vorliegen müssten, um die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zu rechtfertigen. Entscheidend sei stets das Gesamtbild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indizien.164 Es hat aber auch festgestellt, dass allein das Bestehen einer langjährigen Wohngemeinschaft für die Umkehr einer Beweislast nicht genüge.165 Daraus muss aber gefolgert werden, dass die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien ausreichen, um auf eine innere Bindung schließen zu können. Wenn keine Kinder oder Angehörigen in der Haushaltsgemeinschaft leben, reicht damit das Bestehen einer Wohn-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft aus, um auf eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft schließen zu können. Ferner reicht nach der Gesetzesbegründung166 auch die Behauptung, dass der Vermutungstatbestand, also die Einstehensgemeinschaft, nicht erfüllt sei, zur Widerlegung der Vermutung nicht aus. Der Betroffene müsse alle Kriterien des § 7 Abs. 3a SGB II zur Widerlegung der Vermutung entkräften bzw. nachweisen, dass alle Kriterien nicht erfüllt werden. Wenn die Kriterien in einem Alternativverhältnis zueinander stehen sollten, macht diese Aussage überhaupt keinen Sinn. Denn der Betroffene kann nur solche Umstände widerlegen, die der Entscheidung des Leistungsträgers zugrunde gelegt worden sind. Müsste er alle Hinweistatsachen der Vermutungsregel widerlegen, läge darin, neben der Unvereinbarkeit mit dem Wortlaut der Norm, ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.167 Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wird die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes entnommen, die nicht nur das Recht umfasst, die Gerichte anzurufen, sondern auch einen substanziellen Anspruch auf wirksame gerichtliche Kontrolle enthält, so dass zum Beispiel das 164 165 166 167

Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa), (1). BVerwG, Beschluss vom 24. 06. 1999, Az: 5 B 114.98 (unveröffentlicht). BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. Wenner, SozSich 2006, 146 (149).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Beschreiten des Rechtsweges nicht in unzumutbarer Weise erschwert werden darf.168 Eine solche unzumutbare Erschwerung der Rechtsschutzmöglichkeit läge aber vor. Denn die Hinweistatsachen der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II müssen von Amts wegen festgestellt sein; der Betroffene muss hier nichts beweisen oder entkräften. Ihm kann allenfalls zugemutet werden, Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art vorzutragen, die gegen die Vermutung sprechen.169 Hinzu kommt außerdem, dass der Betroffene dann Umstände zu beweisen hätte, die nicht einmal Grundlage der Entscheidung des Leistungsträgers waren und die von Amts wegen hätten ermittelt werden müssen. Auch die systematische Auslegung spricht dafür, dass zumindest eine Wohn-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen muss. Sowohl bei Ehegatten nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II als auch bei eingetragenen Lebenspartnern nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II ist das Zusammenleben in einem Haus noch kein ausreichendes Merkmal dafür, dass sie tatsächlich eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden.170 Bei der Annahme eines Alternativverhältnisses zwischen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft würden dann auch reine Wohngemeinschaften erfasst. Selbst die Regelung des § 9 Abs. 5 SGB II setzt voraus, dass eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegt. Eine Beweislastumkehr für das Merkmal der Wirtschaftsgemeinschaft wie in § 36 SGB XII ist hier nicht erfolgt. Wenn der Gesetzgeber schon bei der Haushaltsgemeinschaft eine solche Umkehr nicht in Betracht gezogen hat, dann kann das bloße Bestehen einer Wohngemeinschaft im Hinblick auf die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft erst recht nicht gemeint sein, es muss zumindest auch eine Wohn-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen dafür, dass die Merkmale nicht in einem Alternativverhältnis zueinander stehen sollen. Die Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II soll der Behörde ermöglichen, ohne größere Beweisschwierigkeiten171 eine eheähnliche Gemeinschaft oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft nachzuweisen und somit Missbrauchsmöglichkeiten einzuschränken. Dabei soll die Behörde aber nicht völlig von ihrer Amtsermittlung nach § 20 SGB X befreit werden, sondern nur in dem Rahmen, den das Bundesverfassungsgericht gesteckt hat. Die Regelung des § 7 Abs. 3a SGB II ist damit so zu verstehen, dass zumindest die Merkmale des Zusammenlebens länger als ein Jahr und die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen verfügen zu können, vorliegen müssen, um eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vermuten zu können, wenn im Haushalt keine Kinder oder Angehörigen leben.172 168 169 170 171

BVerfGE 35, 263 (274); 35, 382 (401); 40, 272 (274 f.); 41, 23 (26). Wenner, SozSich 2006, 146 (149). BSG, Sozialrecht 4100, § 138 Nr. 17, S. 84. Zu den Beweisschwierigkeiten siehe Kap. 2, A., I., 2., c), dd), (4), (a).

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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(b) Die einzelnen Tatsachen Zusammenleben länger als ein Jahr. Die erste Hinweistatsache ist das Zusammenleben länger als ein Jahr. Dieses Kriterium ersetzt den fehlenden Formalakt der Publizität und soll zu flüchtigen, vor allem sexuell motivierten, Verhältnissen abgrenzen. Die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft muss zwar nicht auf lebenslange Gemeinschaft ausgerichtet sein, sie sollte aber eine gewisse Konstanz aufweisen.173 Denn aus dem bloßen Fortdauern persönlicher Beziehungen kann nicht geschlossen werden, dass eine einmal vorhanden gewesene Lebensgemeinschaft auf Dauer angelegt gewesen ist.174 Zusammenleben meint die Wohngemeinschaft der Partner. Von einer Wohngemeinschaft ist auszugehen, wenn die Partner mindestens einen Wohnraum gemeinsam benutzen.175 Unerheblich ist dabei, ob sich die Partner die Nutzung eines Raumes jeweils allein vorbehalten, denn auch in einer Ehe kommt es typischerweise vor, dass jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Nutzung vorbehalten ist, wenn die räumlichen Verhältnisse dies ermöglichen.176 Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass bei Bestehen von getrennten Wohnungen die innere Bindung der Partner nicht so ist, wie es für eine eheähnliche Gemeinschaft erforderlich wäre.177 Denn das Zusammenleben mit einem Partner in einer Wohnung bedeutet in aller Regel eine besondere Nähe, die Einschränkungen in der eigenen Lebensgestaltung mit sich bringt und Einblicke in die Intimsphäre des anderen eröffnet.178 Die Unterhaltung 172 Siehe auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10. 09. 2007, Az.: L 9 AS 439 / 07 ER, juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. 01. 2007, Az.: L 13 AS 3747 / 06 ER-B, juris. Für eine Gesamtschau sind auch Erlenkämper / Fichte, III 9, Rdn. 13; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 86. Ähnlich auch Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 67. A.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. 12. 2007, Az.: L 7 AS 5125 / 07 ER-B, juris; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.17; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 7, Rdn. 43a; Wenner, SozSich 2006, 146 (149). A.A. wohl auch Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 7 SGB II, Rdn. 18. A.A. auch Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 20, der aber auf die entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verweist. 173 A.A. ist Arndts, S. 8, der davon ausgeht, dass auch dann, wenn die Verbindung nur eine kurze Zeit gedauert hat, die Partner bis zur Trennung eine Lebensgemeinschaft gewollt und begründet hatten. A.A. auch Brosius-Gersdorf, NZS 2007, 410412 ff.), der davon ausgeht, dass ein Alternativverhältnis besteht. 174 BVerwGE 98, 195 (200); OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (329). 175 BVerwGE 52, 11 (14); VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (32); T. Müller, S. 140; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 11. Ähnlich Grave, ZfF 1978, S. 152 und Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (38), wonach die Partner zumindest die Gemeinschaftsräume wie Küche, Diele und Bad einer typischen Wohneinheit zu nutzen pflegen müssen. 176 BVerwGE 52, 11(14); VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (32). 177 BVerwGE 98, 195 (200); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (646). OVG Schleswig, FEVS 52, 223 (224): Das gelegentliche Übernachten beim Partner, das Besitzen eines Schlüssels zur Wohnung, das gemeinsame Wäsche waschen und die gelegentliche Benutzung des Autos des Partners sprechen noch nicht für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

zweier Wohnungen spricht allerdings nicht notwendigerweise gegen das Bestehen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Insbesondere bei einer vorhandenen räumlichen Nähe der Wohnungen erscheint es denkbar, dass beide Wohnungen von beiden Partnern gemeinsam genutzt werden.179 Leben die Partner einen längeren Zeitraum in dieser Situation zusammen und bestehen noch andere Indizien für eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, kann dies dafür sprechen, dass sich ihre innere Bindung zueinander so verdichtet hat, dass ein gegenseitiges Einstehen füreinander begründet wird.180 Diese innere Bindung ist dann auch mit derjenigen eines Ehepaares oder eines eingetragenen Lebenspartners vergleichbar. Ferner sind getrennte Wohnungen auch aus berufsbedingten Gründen möglich. Hier würde auch bei einem Ehepaar oder Lebenspartner die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht verneint werden, nur weil sie in getrennten Wohnungen leben, so dass dies auch für die eheähnliche Gemeinschaft gelten muss. Ein gegenseitiges Übereinkommen, von nun an den Lebensweg gemeinsam zu gehen, reicht allerdings nicht aus. Für das gemeinsame Zusammenleben ist somit grundsätzlich eine häusliche Gemeinschaft, eine Wohngemeinschaft, erforderlich. Nur wenn darüber hinaus hinreichende Indizien für eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vorliegen, kann auf das Merkmal verzichtet werden.181 Dies entspricht auch der Gesetzesbegründung, denn danach ist es trotz der Vermutungsvoraussetzungen nicht ausgeschlossen, dass auch andere äußere Tatsachen das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft begründen182. Die Länge des Zusammenlebens setzt der Gesetzgeber auf ein Jahr fest. Die Zeitangaben für die Dauer des Zusammenlebens schwanken in der Rechtsprechung zwischen einem Jahr183 und zehn Jahren184. Der Gesetzgeber verweist in seiner 178 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (33); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 18. 179 OVG Schleswig, FEVS 52, 223 (224); OlG Düsseldorf, FamRZ 1992, S. 955; OlG Hamm, FamRZ 1991, S. 828 (829); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. 06. 2007, Az.: L 28 B 743 / 07 AS ER, juris; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 18; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 7. Siehe auch Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 (1218), der in diesem Fall die Indizien Schlüssel zur Wohnung des Partners, intimes Verhältnis und gemeinsame Urlaubsgestaltung, für maßgeblich hält. Siehe auch BGH, FamRZ 2002, S. 23 (25). A.A. sind Arndts, Die Ansprüche aus einer beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, S. 7; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 2; Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (762); Maus, S. 29; Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 24; Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 19. 180 Siehe dazu OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (329); OlG Düsseldorf, FamRZ 1992, S. 955. 181 Siehe Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (646). 182 BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. 183 OVG Schleswig, NJW 1992, S. 258. Nach Hofmann, ZRP 1990, S. 409 (411) reicht sogar ein Vierteljahr. 184 BGH, FamRZ 1985, S. 1232.

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Begründung185 zunächst auf die erwähnte Entscheidung des Bundessozialgerichts zu § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG186, wo in Anlehnung an die Zerrüttungsvermutung der §§ 1566 Abs. 2, 1353 Abs. 2 BGB von einem Zeitraum von drei Jahren ausgegangen wurde. In einer späteren Entscheidung habe das Bundessozialgericht187 aber ausgeführt, dieser Dreijahreszeitraum sei nicht in einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen, jedoch sei die bisherige Dauer des Zusammenlebens ein wesentliches Indiz für die Ernsthaftigkeit der Beziehung. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg habe sich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angeschlossen und zusätzlich ausgeführt, dass jedenfalls bei einer Dauer des Zusammenlebens von bis zu einem Jahr – von besonderen Umständen wie z. B. der gemeinsamen Sorge für Kinder abgesehen – regelmäßig keine Einstehensgemeinschaft vorliegen werde188. Im Anschluss an diese Ausführungen hat der Gesetzgeber den Zeitraum des Zusammenlebens, der die Vermutung für das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft begründet, auf ein Jahr festgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen, nach welchem Zeitraum des Zusammenlebens eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, er hält als Anhaltspunkt aber einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren für angemessen, da ab diesem Zeitpunkt bei einer verfestigten Liebesbeziehung die Zahlung nachehelichen Unterhalts unzumutbar ist.189 Dem Gesetzgeber ist grundsätzlich zuzustimmen, dass bei einem Zusammenleben länger als ein Jahr eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vorliegen kann.190 Denn zu diesem Zeitpunkt kann in der erforderliBT-Drs. 16 / 1410, S. 19. BSG, NZS 1998, S. 581 (585). Zustimmend äußern sich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. 05. 2005, Az: L 9 B 12 / 05 AS ER, juris; SG Münster, info also 2001, S. 23 (25); SG Düsseldorf, Beschluss vom 19. 05. 2005, Az: S 35 AS 112 / 05, juris. Siehe auch BSG, NZS 2003, S. 667 (669), wonach die „Drei-Jahres-Grenze“ nicht im Sinne einer absoluten Mindestvoraussetzung zu sehen ist. 187 BSGE 90, 90 (101). 188 LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2006, Az: L 5 B 1362 / 05 AS ER, juris. 189 BGH, NJW 1997, S. 1851 (1852). 190 So auch OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (329); Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 83; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 7; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 6. Siehe auch BT-Drs. 13 / 2240, S. 52, wo im Rahmen der Bundessozialhilfegesetz-Reform 1996 die Kriterien für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft genannt und ein Jahr auch als ausreichend angesehen wird. A.A. sind Hess. LSG, Beschluss vom 27. 07. 2005, Az: L 7 AS 18 / 05 ER, juris; SG Berlin, Beschluss vom 26. 08. 2005, Az: S 37 AS 3019 / 05, juris; Beschluss vom 24. 09. 2005, Az: S 37 AS 8819 / 05 ER, juris; SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005, Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris; SG Düsseldorf, Beschluss vom 18. 04. 2005, Az: S 35 AS 107 / 05 ER, juris; Beschluss vom 19. 05. 2005, Az: S 35 AS 112 / 05, juris. A.A. ist auch Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 11, der einen Vergleich zu § 1579 Nr. 7 BGB zieht und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesgerichtshofs zustimmt, also einen Zeitraum von drei Jahren annimmt. 185 186

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

chen Eindeutigkeit eine sittliche Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung bestehen.191 Außerdem kann sich zu diesem Zeitpunkt die Beziehung so verdichtet haben, dass die Partner im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegenseitig füreinander einstehen. Allerdings reicht das Zusammenleben für ein Jahr für sich allein nicht aus, um tatsächlich von dem Bestehen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ausgehen zu können. Erforderlich ist immer eine Betrachtung der Umstände des Einzelfalls, wie auch schon die Entscheidungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht zeigen192. Auch die in der Gesetzesbegründung zitierte zweite Entscheidung des Bundessozialgerichts stellt auf den Einzelfall ab. Zusammen mit anderen Hinweistatsachen, wie dem Wirtschaften „aus einem Topf“, kann der Zeitraum durchaus auf ein Jahr begrenzt werden, als alleinige Tatsache reicht die Dauer des Zusammenlebens von einem Jahr aber nicht aus.193 Der Zeitraum, ab dem eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft ihrer zeitlichen Dauer nach angenommen werden kann, kann also umso kürzer sein, je mehr Hinweistatsachen auf eine eheähnliche Gemeinschaft hindeuten. Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Eine weitere Hinweistatsache für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ist die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Der Gesetzgeber greift hier das Merkmal des Wirtschaftens „aus einem Topf“, also das Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, auf. Gemeint ist die gemeinsame Erledigung der die Partner gemeinsam betreffenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens, das Bestreiten des gemeinsamen Lebensunterhalts. Dies setzt allerdings, wie schon die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. 01. 1977 gezeigt hat194, nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht, die der Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden, jede Ausgabe nur gemeinsam bestritten wird oder der eine Partner über ein etwa bestehendes Konto des anderen verfügen darf; denn auch in einer Ehe gibt es viele Angelegenheiten, die jeder Partner für sich erledigt. Allerdings können diese Umstände Indizien für die Befugnis, über fremdes Einkommen und Vermögen zu verfügen, sein. Zusammen mit der ersten Hinweistatsache liegt dann eine Wohn-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft vor. Versorgung von Kindern oder Angehörigen im Haushalt. Auch wenn Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgt werden, wird vermutet, dass die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft Verantwortung füreinander tragen und füreinander einstehen. Dies ist verständlich, denn wenn ein Partner bereit ist, Kinder oder Angehörige des anderen Partners im Haushalt mit 191 192 193 194

OVG Schleswig, NJW 1992, S. 258. Siehe Kap. 2, A., 2., c), aa), (1). Siehe Kap. 2, A., 2., c), dd), (1), (a). Siehe Kap. 2, A., 2., c), aa), (1), (b).

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zu versorgen, also eigene Mittel darauf zu verwenden, wird die Beziehung der Partner so eng sein, dass sie eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Zusammenleben mit einem gemeinsamen Kind. Eine weitere Hinweistatsache ist das Zusammenleben mit einem gemeinsamen Kind, denn wenn die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft195 wie eine Familie zusammenleben, kann ohne weiteres auf den Willen geschlossen werden, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dies ist regelmäßig aber nur dann der Fall, wenn die Versorgung des Kindes durch beide Personen gemeinsam erfolgt. (2) Die Beweismittel für die Hinweistatsachen Der Leistungsträger hat nach § 7 Abs. 3a SGB II die vorgenannten Hinweistatsachen der Vermutungsregel zu beweisen. Er hat nach § 20 Abs. 1 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und die Hinweistatsachen des § 7 Abs. 3a SGB II vorzutragen und glaubhaft zu machen.196 Ihm stehen dafür die Beweismittel des § 21 SGB X, also Auskünfte, Zeugenvernehmung, Urkunden und Einvernahme durch Augenschein, zur Verfügung, soweit er sie für erforderlich hält. Vor der Anwendung des jeweiligen Beweismittels ist zunächst zu prüfen, ob dieses zur Beweisführung geeignet, erforderlich und angemessen ist, um das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu ermitteln.197 Wichtigstes Beweismittel sind im Falle der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft die Auskünfte im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass Erklärungen von Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft auszuschließen, immer weniger glaubhaft werden, zumal dann, wenn sie sich über die entscheidungserheblichen Tatsachen rechtskundig gemacht haben.198 Ähnliches gilt für die zum Nachweis der Ansprüche der Hilfesuchenden und der zur Bekräftigung ihrer Erklärungen geschaffenen äußeren Umstände. Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass derjenige, der den Ausschluss oder die Verringerung von Leistungen verhin195 Die Annahme des Kindes eines Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner ist nach § 9 Abs. 7 LPartG möglich. 196 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 19; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (40); Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 58. Siehe auch Globisch, DVP 2000, S. 472 (477); Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 18. 197 Münder, ZfSH / SGB 1986, S. 193 (199); Schwabe, ZfS 1989, S. 138 (139). Siehe auch Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 18. 198 BVerwGE 52, 11(15); VGH Kassel, FEVS 44, 109 (111); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (546); OVG Berlin, ZfSH 1982, S. 318; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 12; Grziwotz, § 26, Rdn. 78; Plagemann, ZVersWiss 1988, S. 187 (205); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 4a.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

dern will, die nach außen erkennbaren Umstände mit seinen Erklärungen in Einklang zu bringen sucht.199 Von daher können die Erklärungen der an der nichtehelichen Lebensgemeinschaft beteiligten Personen nur eingeschränkt berücksichtigt werden.200 Die Auskünfte der Hilfesuchenden sind somit von subjektiven Elementen geprägt. Objektiviert der Leistungsträger allerdings die Erklärungen, so können diese durchaus in die Gesamtwürdigung einbezogen werden201, soweit ihnen kein entscheidendes Gewicht zukommt. Bei seinen Ermittlungen darf der Leistungsträger aber nicht Auskünfte über alle Lebensbereiche verlangen. Fragen und Nachforschungen im Intim- und Sexualbereich sind unzulässig, da dieser Teil der Privatsphäre des Hilfesuchenden unter dem verfassungsrechtlichen Schutz von Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG steht.202 Verwaltungspraktische Schwierigkeiten ergeben sich außerdem daraus, dass die Beteiligten nur eine beschränkte Mitwirkungspflicht haben. Der Antragsteller ist nach § 60 SGB I auskunftspflichtig. Zu den Tatsachen, die für die Leistung erheblich sind, gehört auch die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft203. Diese Mitwirkungspflichten bewirken aber keine Verschiebung der Beweislast, sondern die Angaben stellen nur ein Beweismittel zur Erforschung des Sachverhalts dar.204 Der nicht anspruchsberechtigte Partner ist nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nur auskunftspflichtig hinsichtlich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Eine Leistungsversagung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I kommt nur gegenüber dem Antragsteller oder Leistungsempfänger selbst in Betracht. Verweigert dessen Partner eine Mitwirkungshandlung (zum Beispiel Nachweis über Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Mietverträge), so kann dies eine Versagung der Leistungen an den Berechtigten allein nicht rechtfertigen.205 Der Berechtigte selbst ist zudem nur in sehr eingeschränktem Umfang zur VGH Kassel, FEVS 44, 109 (111); Paul, ZfF 1995, S. 217. VGH Kassel, FEVS 44, 109 (111); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 122, Rdn. 6. In diesem Sinne auch schon BVerwGE 52, 11 (15). Der VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (30) lehnt die Berücksichtigung persönlicher Erklärungen ab, da mit Blick auf das in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Schlechterstellungsgebot von Ehe und Familie gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften nur auf solche Indizien zurückgegriffen werden dürfe, die von den persönlichen Erklärungen der Betroffenen unabhängig seien. Deren Erklärungen dürften daher allenfalls nur vorsichtig und eingeschränkt berücksichtigt werden. 201 Siehe Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (646). 202 BVerfGE 87, 234 (268); BVerwGE 98, 195 (201); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (552); Faber, NZS 2005, S. 75 (77); Globisch, DVP 2000, S. 472 (477); Grave, ZfF 1978, S. 152 (153); Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 16; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (39); Söllner, in: Festschrift Krasney, S. 527 (535). Siehe auch Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 223. 203 Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (40). 204 Siehe Brocke, SGB 1988, S. 433 (437). 205 BVerwGE 98, 195 (202); VGH München, FEVS 49, 107 (109); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 24; Udsching, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 9, Rdn. 6; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8. 199 200

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Auskunft über das Einkommen des Partners verpflichtet. Grundsätzlich ist seine Auskunftspflicht auf solche Tatsachen beschränkt, die ihm bekannt sind.206 Der Leistungsträger kann dagegen nicht verlangen, dass der Antragsteller Nachweise über Einkommensverhältnisse eines Dritten, etwa diejenigen seines Partners, beschafft207, da § 60 Abs. 1 SGB I dem Antragsteller keine Ermittlungspflicht auferlegt208. Bleiben in einem solchen Fall entscheidungserhebliche Tatsachen ungeklärt, für die der Antragsteller die materielle Beweislast trägt, so kann die Leistung zwar nicht nach § 66 SGB I versagt werden. Es bleibt jedoch die Möglichkeit, die Leistung zu versagen, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht gegeben sind.209 Der Antragsteller kann in diesem Fall durch Vorlage geeigneter Nachweise im Nachhinein die Anspruchsvoraussetzungen klarstellen und so doch noch von Anfang an Anspruch auf die Sozialleistung erhalten.210 Der Partner kann außerdem Zeuge im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X sein.211 Die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft haben dabei kein Zeugnisverweigerungsrecht, dieses steht ihnen nur zu, wenn sie verlobt sind (§ 21 Abs. 3 Satz 3 SGB X, § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).212 Allerdings sollten diese Vorschriften auch analog auf die eheähnliche und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft angewendet werden, denn es ist nicht einzusehen, warum Verlobte ein Zeugnisverweigerungsrecht haben sollen, die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft aber nicht, da beide Gruppen sich nicht unterscheiden. Eine Analogie verstößt auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, denn die Vorschriften zum Zeugnisverweigerungsrecht knüpfen nicht an den Bestand der Ehe an und setzen nicht den eherechtlichen Rahmen voraus, sondern sind vom organisatorischen Rahmen der Ehe unabhängig und knüpfen an die persönliche Beziehung zwischen den Partnern an. Hintergrund des Zeugnisverweigerungsrechtes bei einem Verlöbnis ist zwar auch die Vorwirkung der Ehe, im Vordergrund der Regelungen steht aber die Be206 BVerwGE 98, 195 (202); BSGE 72, 118 (120); VGH München, FEVS 49, 107 (109); Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 20, Rdn. 8; Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 25; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 23; Udsching, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 9, Rdn. 6. 207 BVerfG, info also 2004, S. 260; BVerwGE 98, 195 (202); BSGE 72, 118 (120); VGH München, FEVS 49, 107 (109); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 14; Grziwotz, § 26, Rdn. 78; Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 20, Rdn. 8; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 21; Udsching, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 9, Rdn. 6; Zeitler, in: Mergler / Zink, § 122, Rdn. 9. 208 BVerwGE 98, 195 (202); BSGE 72, 118 (120); VGH München, FEVS 49, 107 (109); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 23; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 19; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 21. 209 BVerwGE 98, 195 (202); VGH München, FEVS 49, 107 (109); Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 9. Vgl. dazu auch Blüggel, SGB 2007, 336 (337); Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 20, Rdn. 8. 210 VGH München, FEVS 49, 107 (109). 211 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 26; Schwabe, ZfS 1989, S. 138; Udsching, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 9, Fn. 29. 212 Bosch, FamRZ 1980, S. 549 (852).

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wahrung des familiären Friedens, der durch eine Aussage gefährdet werden kann. Die von § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfasste Konfliktsituation beruht also nicht auf der formellen, sondern auf der emotionalen Verbindung der Partner.213 Insoweit unterscheiden sich eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft nicht von Verlobten oder Ehegatten, die Konfliktlage kann ebenso bestehen. Gegen eine analoge Anwendung spricht auch nicht die Nichtberücksichtigung der Partner der eheähnlichen Gemeinschaft bei den letzten Gesetzesänderungen; denn der Gesetzgeber hat, wie die Materialien beweisen, diesen Konflikt überhaupt nicht bedacht.214 Zudem ist die eheähnliche Gemeinschaft auch nicht schwerer zu beweisen als ein Verlöbnis, denn im Prozessrecht werden an das Vorliegen einer Verlobung geringere Anforderungen gestellt als im Privatrecht.215 Das Gericht muss, wenn sich ein Zeuge auf ein Zeugnisverweigerungsrecht wegen eines Verlöbnisses beruft, das Bestehen dieses Verlöbnisses prüfen und der Zeuge die von ihm vorgetragenen Tatsachen gegebenenfalls gemäß § 56 ZPO glaubhaft machen. Entsprechendes muss dann auch für die Berufung auf eine eheähnliche Gemeinschaft gelten.216 § 21 Abs. 3 Satz 3 SGB X, § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind somit analog auf die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft anzuwenden.217 Zu den Urkunden nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB X gehören zum Beispiel der gemeinsame Mietvertrag, Nachweise über die Bestreitung der Haushaltsausgaben, Nachweise über die Kontoführung218 oder die Geburtsurkunde eines gemeinsamen Kindes. Zeugenvernehmung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X meint vor allem die Befragung von Nachbarn. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB X erlaubt die Aufklärung des Sachverhalts durch Inaugenscheinnahme, soweit der Leistungsträger dies für erforderlich hält. Dazu gehört auch der Hausbesuch,219 durch den die räumliche oder wohnliche Situation festgestellt werden kann, in der sich der Hilfesuchende und dessen Partner bewegen. Die Aufteilung der Zimmer und ihre gemeinsame oder getrennte Nutzung können Hinweise auf das Zusammenleben ergeben. Der Hausbesuch dürfte aber im Hinblick auf Art. 13 GG nur zulässig sein, wenn er vorher angekündigt wird 220 213 Kingreen, Jura 1997, S. 401 (408). A.A. ist Damrau, in: Münchener Kommentar zur ZPO, § 383, Rdn. 15. 214 Burhoff, FPR 2001, 18 (19). 215 Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (308). Da die Verlobung jederzeit geschlossen werden kann, ist es sogar denkbar, dass sich die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft in der Verhandlung verloben und die Verlobung nach der Verhandlung wieder lösen, um sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu können. 216 Burhoff, FPR 2001, 18 (19). 217 So auch Burhoff, FPR 2001, 18 (19); Kingreen, Jura 1997, S. 401 (408); Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (308). Siehe auch Schumacher, FamRZ 1994, S. 857 (863). 218 Siehe dazu Blüggel, SGB 2007, 336 (340 f.). 219 VGH Kassel, NJW 1986, 1129; OVG Münster, NJW 1990, S. 728; VG Münster, 04. 02. 2003, 5 K 1906 / 99, juris; Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463; Mester, ZfF 2004, S. 247 (248); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 27.

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und konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft vorliegen221. Der Hausbesuch muss insoweit geeignet, erforderlich und angemessen sein.222 Ferner ermöglicht § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB X dem Leistungsträger nicht, einen Hausbesuch durch Verwaltungsakt zu erzwingen. Der Hausbesuch ist also nicht gegen den Willen des Hilfesuchenden, sondern nur mit seiner Zustimmung möglich.223 Wird der Zugang zur Wohnung verweigert, liegt keine Verletzung der Mitwirkungspflicht vor224, weil die Duldung einer Wohnungsbesichtigung in §§ 60 ff. SGB I nicht aufgeführt ist225 (auch nicht im Wege einer Analogie226) und der Hilfesuchende somit keine Mitwirkungspflicht im Sinne einer Einwilligung in den Hausbesuch hat227. Auch § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X ermöglicht nicht das Betreten der Wohnung gegen den Willen des Hilfesuchenden.228 Wird der Hausbesuch angekündigt, die Aufklärung 220 Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (765); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8; Winkler, info also 1986, S. 60 (62). A.A. sind VG Münster, 04. 02. 2003, 5 K 1906 / 99, juris; Mester, ZfF 2004, S. 247 (249); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 27; Paul, ZfF 1995, S. 217 (218), wonach auch ein unangemeldeter Hausbesuch möglich ist. A.A. ist auch Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 28, S. 28, nach dem kein Eingriff in Art. 13 GG vorliegt, da es keine durchsetzbare Pflicht zur Duldung eines Hausbesuchs gebe. 221 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8. Nach Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 22 und Globisch, DVP 2000, S. 472 (477) ist ein Hausbesuch niemals geeignet nachzuweisen, ob eine tatsächliche Unterstützung in personaler oder materieller Hinsicht besteht. 222 Brühl, Anmerkung zu VG Berlin, info also 1998, S. 202, info also 1998, S. 203 (204); Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 81 ff.; Mester, ZfF 2004, S. 247 (249). Siehe auch Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (40). Siehe dazu auch Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463 (467 ff.), der die Schranken des Art. 13 Abs. 7 2. Alt. GG für einschlägig und für den Hausbesuch eine Befugnisnorm für erforderlich hält. Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 28 sieht in dem Hausbesuch keinen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG, da die Ablehnung der begehrten Leistung nach Verweigerung des Zutritts die Rechtsfolge eines selbstbestimmten und grundrechtlich geschützten Verhaltens und deshalb kein dem Leistungsträger zurechenbarer Grundrechtseingriff sei. 223 Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463 (464). Vgl. auch Blüggel, SGB 2007, 336 (338); Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 194. 224 VG Münster, 04. 02. 2003, 5 K 1906 / 99, juris; Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (765); Mester, ZfF 2004, S. 247 (249); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 27; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8; Winkler, info also 1986, S. 60 (62). 225 VG Braunschweig, ZfSH / SGB 1985, S. 470; Blüggel, SGB 2007, 336 (339); Brühl, Anmerkung zu VG Berlin, info also 1998, S. 202, info also 1998, S. 203; Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463 (464); Mester, ZfF 2004, S. 247 (249); Paul, ZfF 1995, S. 217 (218). A.A. ist das VGH Frankfurt (Oder), FEVS 54, 40. 226 VG Braunschweig, ZfSH / SGB 1985, S. 470; Brühl, Anmerkung zu VG Berlin, info also 1998, S. 202, info also 1998, S. 203; Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463 (464). 227 VG Münster, 04. 02. 2003, 5 K 1906 / 99; Blüggel, SGB 2007, 336 (338); Brühl, Anmerkung zu VG Berlin, info also 1998, S. 202, info also 1998, S. 203 (204) mit weiteren Verweisen. 228 Mester, ZfF 2004, S. 247 (248).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

von Tatsachen durch den Hilfesuchenden verhindert und kann das Bestehen oder Nichtbestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft durch den Hilfesuchenden nicht durch andere Tatsachen und Beweismittel entkräftet oder bewiesen werden, geht der nicht aufgeklärte Sachverhalt zu seinen Lasten.229 Eine vorherige Ankündigung kann jedoch dazu führen, dass die Wohnung „umgestaltet“ wird und der unrichtige Anschein entsteht, jeder Mitbewohner verfüge über einen abgetrennten eigenen Bereich in der Wohnung.230 Außerdem ist es schwierig, die beabsichtigte Dauer der Beziehung durch Augenschein festzustellen.231 Der Hausbesuch kann somit zwar Hinweise auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft liefern, ist in der Regel aus den genannten Gründen aber weniger geeignet zur Ermittlung des Sachverhalts.232 (3) Die Folgen der fehlenden Beweisbarkeit der Hinweistatsachen Kann der Leistungsträger die Hinweistatsachen des § 7 Abs. 3a SGB II nicht beweisen, greift auch die Vermutung nicht ein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Partner keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden und somit keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II darstellen. Nach der Gesetzesbegründung ist trotz der Vermutungsregelung nicht ausgeschlossen, dass auch andere äußere Tatsachen das Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft begründen können; dies sei vom zuständigen Leistungsträger unter Würdigung aller Umstände von Amts wegen zu prüfen und zu entscheiden.233 Für solche äußeren Tatsachen hat sich bereits eine umfangreiche Rechtsprechung zur Feststellung einer ehe229 VGH Kassel, NJW 1986, S. 1129; OVG Münster, NJW 1990, 728 (729); VG Münster, 04. 02. 2003, 5 K 1906 / 99; Blüggel, SGB 2007, 336 (338); Hirschboeck, ZfSH / SGB 2004, S. 463 (465); Mester, ZfF 2004, S. 247 (249); Schwabe, ZfS 1989, S. 138 (139); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8. Siehe auch VG Braunschweig, ZfSH / SGB 1985, S. 470 (471). Dies kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn Anhaltspunkte für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft vorliegen, eine zuverlässige Klärung dieser Frage nur durch Besichtigung der Wohnung möglich ist, der Hilfesuchende eine solche jedoch ohne sozialhilferechtlich anzuerkennende Gründe, etwa solche, die nach § 5 Abs. 1 SGB I auch einer Mitwirkungspflicht entgegenstehen würden, verweigert, siehe Paul, ZfF 1995, S. 217 (218). Siehe auch VGH Frankfurt (Oder), FEVS 54, 40, das in einem solchen Fall allerdings eine Verletzung der Mitwirkungspflicht annimmt. Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 194 nehmen an, dass in einem solchen Fall Sozialhilfe geleistet werden kann. Dies widerspricht aber der Regelung des § 5 Abs. 2 SGB II. 230 Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (765); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (647). 231 Winkler, info also 1986, S. 60 (62). 232 Siehe Winkler, info also 1986, S. 60 (62). Den Hausbesuch ganz ablehnend Münder, ZfSH / SGB 1986, S. 193 (199), da ein Hausbesuch nicht nur in keinem angemessenen Verhältnis zum konkreten Anlass stehe, sondern als ungeeignet regelmäßig unzulässig sei. Kritisch äußern sich Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 19; Schwabe, ZfS 1989, S. 138 (139); A.A. ist Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 14. 233 BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. Siehe auch die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.17.

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ähnlichen Gemeinschaft entwickelt. Maßgebende Hinweistatsachen234 für das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft können sein:  gemeinsamer Mietvertrag / Anmietung einer neuen Wohnung235; eine eheähnliche Gemeinschaft liegt jedoch nicht vor, wenn zwar gemeinsam eine Eigentumswohnung angeschafft, diese aber nicht bezogen wird236,  mehrmaliger gemeinsamer Wohnungswechsel, der nicht ökonomisch begründet war237,  Unmöglichkeit der für eine bloße Wohngemeinschaft typischen Trennung der Wohnbereiche238,  gemeinsames Wäschewaschen, gemeinsamer Kleiderschrank239,  gemeinsame Anschaffung von Haushaltsgegenständen240,  Umbau des Wohnraums mit Hinblick auf das Zusammenleben241,  gemeinsame Benutzung des Schlafzimmers, wobei die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht die Feststellung von Intimbeziehungen voraussetzt242,  der Umstand, dass jeder Partner seine finanziellen Möglichkeiten und persönlichen Kräfte in nennenswertem Umfang nicht nur für sich selbst, sondern auch für das gemeinsame Leben einsetzt, was auch dem jeweils anderen unterstützend zugutekommt243; gegen eine eheähnliche Gemeinschaft spricht, wenn der Hilfesuchende keine oder nur unzureichende Leistungen von seinem Partner erhält, unabhängig davon, ob der Partner leisten kann oder will244,  vertraglich vereinbarte Unterstützung in Anlehnung an Unterhaltspflichten, wie sie zwischen Eheleuten bestehen245,  Bezeichnung des Partners im Antrag an den Leistungsträger als Lebenspartner, Auftreten gegenüber Vermieter, Nachbarn und Verwandtschaft246, Siehe dazu auch den Fragenkatalog von Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (44 f.). OVG Lüneburg, FEVS 29, 369 (370 f.); OVG Frankfurt (Oder), FEVS 54, 106 (108); OVG Koblenz, AS RP-SL 26, S. 334 (336). 236 OVG Lüneburg, FEVS 29, 369 (370 f.). 237 OVG Koblenz; AS RP-SL 26, S. 334 (336). 238 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (37). 239 OVG Frankfurt (Oder), FEVS 54, 106 (109). 240 Trimbach / El Alami, NJ 1996, S. 57 (58). 241 OVG Saarlouis, FEVS 48, 557 (558). 242 BVerfGE 87, 234 (268); BVerwGE 98, 195 (201); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (553). 243 VGH Mannheim, NJW 1993, S. 2886 (2887). 244 Siehe BVerwGE 15, 306 (315); VGH München, FEVS 49, 107 (110); Louven, ZAP, Fach 18 (2002), S. 759 (762); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (43); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (647). 245 OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (329); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 7. 246 Paul, ZfF 1995, S. 217 (218). 234 235

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

 gemeinsame Freizeit- und Urlaubsgestaltung247,  gemeinsame Kontoführung248 oder gegenseitige Zugriffsmöglichkeit auf das Konto des Partners, gemeinsames Sparbuch oder gemeinsamer Bausparvertrag249,  Freundschaft über zehn Jahre250,  Anmeldung mit einem einzigen Wohnsitz, Telefonbucheintragung251,  gemeinsame Haftpflichtversicherung oder Berücksichtigung des Partners in der Lebensversicherung als Begünstigter252, gemeinsame Unfallversicherung253.

Diese Indizien sind weder abschließend noch müssen sie kumulativ254 vorliegen. Im konkreten Fall kann der Leistungsträger auf weitere ihm bekannte und über die konkrete Lebenssituation aussagekräftige Umstände zurückgreifen, soweit sie für die vorzunehmende Gesamtwürdigung von Bedeutung sein können.255 Es reicht aus, wenn so viele Indizien vorhanden sind, dass auf eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft geschlossen werden kann. Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der Umstände im Einzelfall.256 Die Indizien sind zu gewichten, zu bewerten und gegenüber etwaigen gegenteiligen Aspekten abzuwägen.257 Allerdings erscheint es fraglich, wie sich aus solchen äußeren Tatsachen auf eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und damit auf eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft schließen lassen soll. Denn wenn schon keine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nach den Hinweistatsachen der Vermutungsregel bestehen, wird es schwer sein, aus den anderen Tatsachen eine solche zu konstruieren. Außerdem ist der Leistungsträger bei der Feststellung dieser Indizien oftmals auf die persönlichen Erklärungen des Hilfesuchenden und dessen Partner angewiesen, weil objektiv feststellbare Hinweistatsachen etwa man247 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (34); OVG Hamburg, FEVS 41, 21 (23); OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (550). 248 OVG Frankfurt (Oder), FEVS 54, 106 (109); OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (329); SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005; Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris. 249 SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005; Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 250 OVG Frankfurt (Oder), FEVS 54, 106 (108). Ähnlich VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (34). 251 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 23. 252 SG Detmold, Beschluss vom 08. 08. 2005, Az: S 12 AS 63 / 05 ER, juris. 253 SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005, Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 254 BVerwGE 98, 195 (201); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 4a; Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (647); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 7. 255 Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (647). 256 OVG Bautzen, FEVS 54, 328; Louven, ZAP Fach 18 (2002), S. 759 (761). 257 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 17.

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gels Zeugen oder anderer Beweismittel unerreichbar sind.258 Diese Erklärungen sind jedoch von subjektiven Elementen geprägt, so dass der Leistungsträger sie verobjektivieren muss, um sie in die Gesamtwürdigung einbeziehen zu können; und auch dann kann ihnen kein entscheidendes Gewicht zukommen.259 Die dargestellten Hinweistatsachen können allerdings dann relevant werden, wenn nur eine der Hinweistatsachen der Vermutungsregel vorliegt. Im Einzelfall kann sich somit dennoch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ergeben. Allerdings obliegen dem Leistungsträger insoweit die Beweislast und die damit verbundenen Beweisschwierigkeiten. (4) Die Beweislastumkehr bei Vorliegen der Hinweistatsachen Sind diese Hinweistatsachen der Vermutungsregel gegeben, darf der Leistungsträger vermuten, dass der innere Wille, in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einzustehen, nach außen in Erscheinung getreten ist, eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vorliegt und die Partner damit eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Der Gesetzgeber hat damit eine Beweislastumkehr zugunsten des Leistungsträgers formuliert. Der Betroffene muss die Vermutung widerlegen. Er muss beweisen, dass die Kriterien des § 7 Abs. 3a SGB II nicht erfüllt werden, oder kann die Vermutung durch andere Umstände entkräften.260 Fraglich ist diesbezüglich, warum es überhaupt dieser Beweislastumkehr bedurft hatte. Dies soll an den Beweisschwierigkeiten und der Beweislastverteilung im Hinblick auf die eheähnliche Gemeinschaft aufgezeigt werden. Im Folgenden stellt sich dann die Frage, ob die erfolgte Beweislastumkehr zulässig ist. (a) Beweisschwierigkeiten und Beweislastverteilung nach altem Recht Für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft gab es zu der früheren Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II in der Fassung vom 01. 01. 2005 keine Beweisvermutung, die Bestimmungen enthalten diesbezüglich keine Regelungen. Die fehlende Definition der eheähnlichen Gemeinschaft führte daher zu erheblichen Beweisschwierigkeiten seitens des Leistungsträgers, so dass in der Verwaltungspraxis häufig versucht wurde, die Feststellungslast auf die Hilfesuchenden abzuwälzen.261 Die Leistungsträger erfuhren meist durch die Antragstellung, dass die Personen in einer Wohngemeinschaft leben. Sie ermittelten – soweit nicht auch im Antrag angegeben – die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und schlossen, wenn sich das Zusammenleben bereits über einen längeren Zeitraum erstreck258 259 260 261

Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (646). Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), dd), (2). BT-Drs. 16 / 1410, S. 19. Schwabe, ZfS 1989, S. 138, Fn. 1; Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644).

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te, (voreilig) auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft und eine gegenseitige Unterstützung.262 Dem Hilfesuchenden oblag es dann, im Verwaltungsverfahren das Gegenteil zu beweisen. Konnte er dies nicht, wurde eine eheähnliche Gemeinschaft mit den Folgen der Einkommens- und Vermögensanrechnung angenommen. Dem Antragsteller blieb dann nur noch die Möglichkeit, seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen und die gerichtliche Aufklärung der Verhältnisse abzuwarten, bei welcher wiederum der Leistungsträger die Beweislast für das Vorliegen der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft hatte. Dies führte dann in der Regel zur Kassation der Verwaltungsentscheidung und zur Verpflichtung des Leistungsträgers, weil die von ihm festgestellten Indizien nicht ausreichten, um von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehen zu können.263 In diesen Fällen erfolgte also eine faktische Umkehr der Beweislast, weil der Leistungsträger seine Ermittlungen zu früh eingestellt hatte. Die Problematik dieser faktischen Beweislastumkehr wurde besonders deutlich, wenn im konkreten Fall tatsächlich keine Unterstützung erfolgte.264 Denn die bloße Behauptung, keine Leistungen zu erhalten, genügte in der Regel nicht, um den Gegenbeweis zu führen. Die Rechtsprechung kam in dieser Problematik den Leistungsträgern teilweise entgegen. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim musste bei der Verteilung der Sachverhalts- und Beweislast berücksichtigt werden, dass der Sozialhilfeträger zum für die Feststellung maßgeblichen Bereich der inneren Bindungen keinen Zugang habe.265 Lebten Mann und Frau in einer faktischen Wohngemeinschaft, dürfe der Sozialhilfeträger grundsätzlich davon ausgehen, dass eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegen könnte und er vor der Hilfegewährung weitere Ermittlungen anstellen dürfe. Denn auch bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen von Ehegatten sei die Wohngemeinschaft entscheidendes Kriterium. Der Gesetzgeber vermute, dass im Regelfall in einer Ehe der erforderliche Beistand gewährt werde oder dass der Ehegatte, dem sein Ehepartner in der Not nicht beistehe, die häusliche Gemeinschaft verlasse. Da der Sozialhilfeträger aber nicht die Motive der Partner für ihr Zusammenleben kenne, sei es Sache des Hilfesuchenden, plausible Gründe dazulegen, die die Wohngemeinschaft als reine Zweckgemeinschaft ausweisen, was innere Bindungen ausschließen würde. Könne er dies nicht, dürfe der Sozialhilfeträger davon ausgehen, dass zwischen den Betroffenen innere Bindungen vorlägen, die eine eheähnliche Gemeinschaft kennzeichneten. Dies gelte erst recht dann, wenn dem Sozialhilfeträger weitere Umstände bekannt würden, die diese grundsätzlich bestehende Vermutung weiter erhärteten.266 Münder, ZfSH / SGB 1986, S. 193 (200); Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644). Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644). 264 Luckey, S. 33. 265 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (30). Ähnlich auch VGH Mannheim, NJW 1993, S. 2886 (2887). Zustimmend äußern sich Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 2; Paul, ZfF 1995, S. 217 (218); Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 9a, wobei die konkrete Einzelfallbetrachtung von Bedeutung sei. 266 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (32 ff.). 262 263

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Diese Entscheidung wurde insoweit kritisiert267, als dass dort eine Umkehr der Beweislast vorgenommen wurde, wonach den in der Wohngemeinschaft lebenden Partnern der Nachweis oblag, dass lediglich eine Zweckgemeinschaft bestehe. Aus dem Umstand des Bestehens einer Wohngemeinschaft könne zwar wegen der damit verbundenen Nähe ein gewisses und gewichtiges Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft abgeleitet werden und so auch Anknüpfungspunkt für weitere sachverhaltsaufklärende Maßnahmen sein. Hieraus folge aber keine Umkehr der Beweislast. Vielmehr bedürfe die Feststellung, ob sich das Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft bereits zu einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft verdichtet habe, die Bindungen der Partner einer Wohngemeinschaft in der streitgegenständlichen Zeit also bereits so eng waren, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden konnte und die Bindung auf Dauer angelegt sei, einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ohne eine förmliche Umkehr der Beweislast.268 Auch das Bundesverwaltungsgericht sprach sich gegen eine Umkehr der Beweislast aus. Die Sozialhilfebehörden müssten sich bei der Bestimmung der eheähnlichen Gemeinschaft bestimmter Hinweistatsachen oder Indizien bedienen. Für die Feststellung sei stets das Gesamtbild der für den streitgegenständlichen Zeitraum feststellbaren Indizien entscheidend. Bei diesen Indizien handele es sich um äußere Umstände, die die behördliche und auch tatrichterliche Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände ermöglichen und daher für die Annahme einer Umkehr der Beweislast bei Vorliegen einer langjährigen Wohngemeinschaft keinen Raum lassen.269 Diesen Argumenten gegen eine Umkehr der Beweislast ist zuzustimmen. Die Wohngemeinschaft ist zwar ein gewichtiges Indiz und Anknüpfungspunkt für weitere sachverhaltsaufklärende Maßnahmen. Das Vorliegen einer Wohngemeinschaft allein kann aber nicht zu einer Beweislastumkehr führen, denn es kommt im Wesentlichen auf die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft an. Diese liegt nicht schon durch das Zusammenleben von Personen vor. Wenn jedoch weitere Ermittlungen durchgeführt werden, wie auch der Verwaltungsgerichtshof Mannheim 267 OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (547). Ebenso äußert sich das OVG Schleswig, info also 2003, S. 124 (126). Zustimmend äußern sich OVG Bautzen, FEVS 54, 328 (328 f.); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 12; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 4a; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 9. 268 OVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (547); OVG Schleswig, FEVS 54, 166 (168 f.). Zustimmend äußern sich Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 16; Münder, in: LPKBSHG, § 122, Rdn. 24; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 4a. Im Ergebnis so auch Tegethoff, ZfSH / SGB 2001, S. 643 (644). Siehe auch Brühl, Anmerkung zu VG Berlin, info also 1998, S. 202, info also 1998, S. 203 (204); Rothkegel, in: Rothkegel, Teil IV, Kap. 2, Rdn. 29; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 12. Siehe auch VGH Frankfurt (Oder), FEVS 54, 40 (41). 269 BVerwG, Beschluss vom 24. 06. 1999, Az: 5 B 114.98 (unveröffentlicht).

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vorschlägt, und dabei die Umstände des Einzelfalls beachtet werden, kann dem Vorliegen einer Wohngemeinschaft einige Bedeutung zukommen. Allerdings darf dem Leistungsträger im Rahmen seiner Feststellungslast bei dem Nachweis des Bestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft nichts aufgebürdet werden, was er schlechterdings nicht erfüllen kann.270 In der Praxis führte dies aber weiterhin zu einer Beweislastumkehr, da der Leistungsträger in seiner Würdigung der Gesamtumstände die innere Beziehung der Partner zu beachten hatte, die ihm aber nicht zugänglich waren. Er konnte nur anhand der vorhandenen Indizien Vermutungen anstellen. Der Hilfesuchende hatte dann das Gegenteil zu beweisen. Aufgrund der Definition der eheähnlichen Gemeinschaft durch das Bundesverfassungsgericht ließ sich diese faktische Beweislastumkehr in der Praxis des Leistungsträgers nicht vermeiden, da dieser aufgrund der großen Zahl von zu bearbeitenden Fällen nicht die Möglichkeit hatte, im einzelnen Fall umfassende Ermittlungen vorzunehmen. Diese in der Natur der Sache liegenden Aufklärungsschwierigkeiten rechtfertigten es aber nicht, dem Antragsteller nach altem Recht die Darlegungs- und Beweislast aufzuerlegen. Insbesondere galt dies für die Gerichte, denn eine Beweislastvermutung zulasten des Leistungsberechtigten fehlte im SGB II. Solange der Gesetzgeber keine Regelung getroffen hatte, konnten auch die Gerichte die Beweislast nicht umkehren. Lediglich in Fällen, in denen gewichtige Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft vorlagen, also zu den vom Bundesverfassungsgericht erforderlichen Merkmalen noch weitere Indizien hinzukamen, so dass eine eheähnliche Gemeinschaft sehr wahrscheinlich war, wäre es nach altem Recht zu rechtfertigen gewesen, dem Hilfebedürftigen die Beweislast für das Nichtvorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft aufzuerlegen. In den anderen Fällen konnte dem Hilfesuchenden die Beweislast nicht auferlegt werden, denn nach der alten Rechtslage war es diesem meist nicht möglich, die Vermutung des Leistungsträgers zu widerlegen, weil er die von dem Leistungsträger zugrunde gelegten Kriterien nicht kannte. Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist sehr komplex, er erfordert detaillierte Kenntnisse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und ist einer Parallelbewertung in der Laiensphäre kaum zugänglich271. Außerdem hatte der Hilfesuchende im Gerichtsverfahren, aufgrund der stets gegebenen Zweifel an der Glaubhaftigkeit der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel, einen überzeugenden Nachweis des Nichtbestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft kaum führen können.272 Diese Beweisschwierigkeiten konnten auch nicht dadurch umgangen werden, dass nicht auf die Merkmale der eheähnlichen Gemeinschaft, sondern auf eine tatsächliche Unterstützungsleistung abgestellt wurde.273 Denn aufOVG Lüneburg, FEVS 48, 545 (547). Siehe SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005, Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss 01. 06. 2005, Az: S 23 AS 212 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 272 VGH Mannheim, FEVS 48, 29 (31); OVG Schleswig, FEVS 54, 166 (169); SG Saarbrücken, info also 2005, S. 131 (134); Beschluss vom 04. 04. 2005, Az: S 21 AS 3 / 05, juris; SG Dresden, Beschluss vom 01. 06. 2005, Az: S 23 AS 212 / 05 ER, juris. 273 Münder, ZfSH / SGB 1986, S. 193 (198). 270 271

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grund der fehlenden Mitwirkungspflicht des nicht Leistungen beantragenden Partners der eheähnlichen Gemeinschaft wird der Leistungsträger ebenso Beweisschwierigkeiten gehabt haben. Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, wie schwierig die Beweislage nach altem Recht war. Dem Leistungsträger oblag die volle Beweislast für eine eheähnliche Gemeinschaft, aufgrund der Beweisschwierigkeiten erfolgte häufig eine faktische Beweislastumkehr. Dann stand aber der Betroffene vor dem Problem, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft widerlegen zu müssen, ohne die vom Leistungsträger zugrunde gelegten Tatsachen zu kennen. Gleichzeitig wurde durch die Beweislastverteilung zugunsten des Hilfesuchenden einer eheähnlichen Gemeinschaft aber auch die Möglichkeiten für einen Missbrauch eröffnet. (b) Die Zulässigkeit der Beweislastumkehr Diese Beweislast wurde deshalb durch die neue Regelung des § 7 Abs. 3a SGB II umgekehrt. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob eine solche Beweislastumkehr zulässig ist. Die in § 7 Abs. 3a SGB II genannten Kriterien entsprechen den Indizien, die das Bundesverfassungsgericht für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft für maßgeblich erachtet.274 Die Nennung dieser weitestgehend wertungsfreien Tatsachen ist erforderlich, damit dem Betroffenen die verfassungsrechtlich erforderliche Chance bleibt, die Vermutung zu widerlegen. Die Tatsachen kann der Leistungsträger auch relativ einfach nachweisen, da die Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in den von ihnen auszufüllenden Anträgen Angaben über die Wohnverhältnisse, die Zahl der Kinder und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu machen haben. Der Betroffenen muss dann die Vermutung des Leistungsträgers widerlegen und beweisen, dass keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und damit keine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vorliegt. Für eine Beweislastumkehr ist es deshalb zunächst erforderlich, dass das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft eine Tatsache ist, die dem Beweis zugänglich ist.275 Tatsachen sind konkrete, nach Raum und Zeit bestimmte, vergangene und gegenwärtige Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens.276 Tatsachen sind damit auch innere Vorgänge. Die Feststellung solcher innerer Tatsachen ist dadurch möglich, dass Umstände festgestellt werden, die nach der Lebenserfahrung auf ihr Vorliegen schließen lassen 274 BVerfGE 87, 234 (265). Zur Kritik an dieser Rechtsprechung siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa), (1), (d). Zu den Kriterien siehe auch schon BT-Drs. 13 / 2240, S. 52. 275 A.A. ist Wenner, SozSich 2006, 146 (149). 276 BGH, DRiZ 1974, 27; NJW 1981, 1562; MDR 1998, 283.

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(Indizientatsachen). 277 Der innere Wille, füreinander Verantwortung zu übernehmen und für den anderen einzustehen, kann somit anhand der bereits genannten Hinweistatsachen und weiteren Indizien festgestellt werden. Insoweit ist auch Raum für eine Beweislastumkehr.278 Fraglich ist allerdings, ob eine solche Beweislastumkehr zulässig ist, denn im Falle der Nichtbeweisbarkeit des Nichtvorliegens einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft trägt der Hilfesuchende das Non-liquetRisiko, so dass in solchen Fällen ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht besteht. Die Beweislastumkehr ist an den Maßstäben des in Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten Schutzes der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), des in Art. 2 Abs. 2 GG garantierten Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie des in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzips zu messen. Aus der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein, also das Existenzminimum, sichern muss. Deshalb wird in der Literatur zum Teil die Auffassung vertreten, dass es mit der Gewährleistung der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar sei, wenn der seinen Anspruch auf Hilfeleistung zur Sicherung des Existenzminimums geltend machende Hilfesuchende das Risiko der Nichtaufklärbarkeit der für den Anspruch maßgebenden Voraussetzung zu tragen hätte.279 Angesichts der betroffenen Rechtsgüter sei eine potentiell unberechtigte Inanspruchnahme von Sozialleistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz eher hinnehmbar als eine mögliche Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Menschenwürde.280 Die Beweislastumkehr könnte insoweit das Existenzminimum des Hilfesuchenden gefährden, als dass er das Nichtbestehen der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft nicht beweisen kann, er aber auch keine Leistungen von seinem „Partner“ erhält. Allerdings ist es dem Hilfesuchenden in einem solchen Fall zuzumuten, die Wohngemeinschaft mit dem „Partner“ aufzulösen, so dass der Leistungsträger dann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für eine neue Wohnung und deren Einrichtung zu erbringen hat.281 Hier muss der Gedanke, dass in einem sozialen Rechtsstaat Mittel der Allgemeinheit nur in Fällen wirklicher Bedürftigkeit zu leisten sind282, Vorrang haben vor dem Bedürfnis des Hilfesuchenden, mit einer PerSiehe BVerfG, NJW 1993, 2165; BGH, MDR 2004, 497. A.A. ist Wenner, SozSich 2006, 146 (149). 279 Peschau, S. 98. Siehe auch Göring, S. 144 ff. 280 Peschau, S. 98. 281 Dies übersieht Brosius-Gersdorf, NZS 2007, 410 (415). 282 BVerfGE 9, 20 (35); BVerwGE 15, 306 (313); VGH Mannheim, NJW 1996, S. 2178; Grziwotz, § 26, Rdn. 80; Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (27); Perl, ZfF 1971, S. 34; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 2. 277 278

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son zusammenzuleben, die ihn nicht unterstützt.283 Zudem können durch die Beweislastumkehr die Fälle des Missbrauchs von Sozialleistungen minimiert werden. Art. 1 Abs. 1 GG ist damit nicht verletzt. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit einer Beweislastumkehr zulasten des Hilfesuchenden im Hinblick auf die Mindestvoraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird zum Teil auch mit dem Hinweis auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip begründet284, der jedem Menschen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert. Aus dieser Grundrechtsgarantie wird im Sinne eines Leistungsrechts ein Anspruch auf staatliche Gewährleistung des Existenzminimums abgeleitet, sofern die Versagung lebenswichtiger Güter zum Tode führen würde.285 Der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist dabei nicht nur bei unmittelbaren staatlichen Eingriffen berührt, sondern auch bei mittelbaren Beeinträchtigungen, durch die ein bestimmtes Verhalten mit Nachteilen belegt wird.286 Allerdings steht auch das Recht auf Leben unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt (Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG). Eingriffe sind danach zulässig, wenn sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen.287 Allerdings ist die Beweislastumkehr auch im Falle eines non liquet, bei dem eine Anspruchsversagung droht, verhältnismäßig. Sie zielt zum Zweck missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Sinne einer effektiven Verwirklichung der Prinzipien der Selbsthilfe und des Nachrangs letztlich auf die Entlastung der Allgemeinheit von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Hilfesuchende, die den Nachweis ihrer Angewiesenheit auf Hilfe nicht erbringen288. Damit wird ein wichtiger Gemeinwohlbelang verfolgt, zu dessen Erreichung die Beweislastumkehr ein geeignetes und erforderliches Mittel ist. Bezogen auf ihre Zumutbarkeit, insbesondere auch im Falle einer Non-liquet-Situation zulasten solcher Hilfesuchender, die das Nichtbestehen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft nicht beweisen können, kommt wiederum der Gesichtpunkt zum Tragen, dass diese die bestehende Wohngemeinschaft auflösen können und so Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts und damit auch ihres Lebens erhalten können. Auch das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG ist durch eine Beweislastumkehr nicht betroffen. Dem Rechtsstaatsprinzip wird insoweit eine materielle Seite beigemessen, als dass es auf die Erlangung und Erhaltung materieller GeZum Begriff des sozialen Rechtsstaates siehe Kap. 2, A., II., 2., a). Peschau, S. 97 f. 285 Siehe Kunig, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 2, Rdn. 60 mit dem Hinweis, dass dem Schutz der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip insoweit größere Bedeutung zukommt. 286 Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2, Rdn. 151. 287 Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2, Rdn. 21. 288 Boecken, S. 48; ders., VSSR 2003, S. 45 (54). 283 284

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rechtigkeit im staatlichen und staatlich beeinflussbaren Bereich zielt.289 Bezogen auf das Verfahrensrecht wird daraus unter anderem die staatliche Verpflichtung abgeleitet, für ein faires Verfahren Sorge zu tragen, wozu insbesondere auch eine faire Handhabung des Beweisrechts und insoweit auch der Beweislastregeln gehört, die als Entscheidungsnormen im Schnittpunkt von sachlichem und Verfahrensrecht stehen.290 Die rechtstaatliche Garantie eines fairen Verfahrens ist auf das Ziel einer effektiven Wahrheitserforschung ausgerichtet.291 Für den Fall, dass diese wegen einer Non-liquet-Situation nicht möglich ist, muss die Entscheidung über eine Beweislastverteilung geregelt werden, die sachlich begründet ist und zu einem angemessenen Ausgleich gegenläufiger Interessen führt.292 Rechtsstaatlich problematisch wäre es hiernach, die Beweislast generell einer Seite zuzuweisen, die von der typischen Art der Fallkonstellation her in der Regel nicht in der Lage ist, den erforderlichen Beweis zu erbringen.293 Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn die maßgebenden Tatsachen außerhalb des Kenntnis- und Einflussbereichs einer Person liegen.294 Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen ist die Beweislastumkehr mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Die Beweislastverteilung ist vor allem aus Gründen der Nähe des Hilfesuchenden zu den beweiserheblichen Tatsachen sachlich gerechtfertigt, da der Hilfesuchende im Gegensatz zum Leistungsträger Einblick in die inneren Beziehungen der eheähnlichen Gemeinschaft hat. Der Gesetzgeber hat neben den Vermutungsvoraussetzungen in § 7 Abs. 3a SGB II in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II auch eine gesetzliche Definition der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in das Gesetz integriert. Der Betroffene kann sich daran orientieren, und eine Parallelbewertung in der Laiensphäre ist möglich. Durch eine solche Beweislastverteilung wird jeweils derjenigen Seite nur die Beweislast aufgebürdet, die sie auch erfüllen kann. Etwas anderes gilt, wenn dem Hilfesuchenden auch die Beweislast für die Wirtschaftsgemeinschaft auferlegt würde. Denn zum einen kann von dem alleinigen Bestehen einer Wohngemeinschaft nicht auf eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft geschlossen werden295 und zum anderen würden die gegenseitigen Interessen nicht angemessen ausgeglichen. Dies gilt gerade auch im Vergleich zur Haushaltsgemeinschaft. Dort muss der Leistungsträger eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nachweisen296, wobei dann Einkommen und Vermögen erst bei einem den BVerfGE 52, 131 (145). BVerfGE 52, 131 (145); Boecken, S. 49; ders., VSSR 2003, S. 45 (54). Siehe auch Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20, Rdn. 163; Peschau, S. 98. 291 Boecken, S. 49; ders., VSSR 2003, S. 45 (54); Peschau, S. 103. 292 Siehe Boecken, S. 49; ders., VSSR 2003, S. 45 (54 f.); Peschau, S. 103 f. 293 BVerfGE 52, 131 (146). 294 Boecken, S. 49; ders., VSSR 2003, S. 45 (55); Peschau, S. 104. 295 Sie dazu Kap. 3, A., I., 3., b), bb), (3), (a). 296 Auch für § 9 Abs. 5 SGB II eine Beweislastumkehr wie in § 36 SGB XII anzunehmen, kommt nicht in Betracht, denn die dortige Beweislastumkehr ist verfassungsrechtlich bedenklich, siehe Kap. 4, B., III. 289 290

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Bedarf deutlich übersteigenden Betrag eingesetzt werden müssen297, während bei Annahme einer Beweislastumkehr auch für das Merkmal der Wirtschaftsgemeinschaft dem Leistungsträger eine Wohngemeinschaft ausreichen würde, damit der Partner der eheähnlichen Gemeinschaft jedes seinen eigenen Bedarf übersteigende Einkommen und Vermögen einsetzen müsste. Da aber die Auslegung des Gesetzes ergibt, dass zumindest die Hinweistatsachen des Zusammenlebens länger als ein Jahr und die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen, für die Vermutungsvoraussetzung vorliegen müssen, muss der Leistungsträger insoweit auch die Wirtschaftsgemeinschaft beweisen. Außerdem wird durch die Beweislastverteilung im Vergleich zur alten Rechtslage eine größere Kongruenz zwischen materiell-rechtlichen Zielsetzungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und verfahrensrechtlichen Beweislastregeln hergestellt. Sie trägt zur effektiven Verwirklichung der Grundsätze der Selbsthilfe und des Nachrangs bei und schützt dadurch die Allgemeinheit in größerem Maße vor missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Durch eine solche Beweislastumkehr entsteht eine einheitlichere und klarere Rechtsprechung, die dem Hilfesuchenden Rechtssicherheit vermittelt. Er muss nicht mehr mit ungewissen Einzelfallentscheidungen rechnen, sondern kann sich an der gesetzlichen Regelung orientieren. Außerdem ist die Privatsphäre des Hilfesuchenden besser geschützt, da die Leistungsträger und die Gerichte nicht mehr in einem Maße wie bei der alten Rechtslage in sie eindringen müssten. Auch wird dem Betroffenen die Widerlegung der Hinweistatsachen der Vermutungsregelung leichter fallen, denn aufgrund ihrer gesetzlichen Normierung sind sie ihm bekannt. Zudem kann er weitere die innere Beziehung der Partner betreffende Argumente anführen, deren Glaubwürdigkeit in einem eventuellen gerichtlichen Verfahren auch nicht angezweifelt werden kann. Der Beweislastumkehr steht auch nicht entgegen, dass allein durch das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auf eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft geschlossen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht zwar das alleinige Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht aus, erforderlich sind innere Bindungen zwischen den Partnern. Um diese Bindungen aber feststellen zu können, braucht es Merkmale, die von außen erkennbar sind, nämlich das kumulative Vorliegen298 einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Die Beweislastumkehr zugunsten des Leistungsträgers ist nach den vorstehenden Ausführungen also zulässig. Siehe Kap. 4, A., II., 2., a). Siehe Kap. 2, A., I., 2, c, dd, (1), (a). Ansonsten würde die Beweislastumkehr schon gegen die Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht verstoßen. Vgl. auch den Reformvorschlag von Brosius-Gersdorf, NZS 2007, 410 (417), der von einem Alternativverhältnis ausgeht. 297 298

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

ee) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II auch die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Nicht erfasst von der Regelung werden dagegen andere Gemeinschaften zusammenlebender Personen, die eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Gesetzes. Eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft sind dabei durch das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gekennzeichnet. Dieser Begriff wurde für die eheähnliche Gemeinschaft durch die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte entwickelt. Nach dieser Rechtsprechung hat eine eheähnliche Gemeinschaft mehrere Grundelemente: Sie muss eine monogame Beziehung eines Mannes und einer Frau sein, die sich durch eine gewisse emotionale Bindung auszeichnet und auf Dauer angelegt ist. Darüber hinaus müssen die Partner eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Aus dem Begriff der Eheähnlichkeit folgt, dass die Beziehung weiter durch eine tatsächliche Unterstützung und eine tatsächliche Leistungserbringung geprägt sein muss. Gleiches gilt dann auch für die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft. Ob tatsächlich eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vorliegt, kann nur anhand von Indizien festgestellt werden. Diese Indizien haben subjektive und objektive Elemente und sind je nach Einzelfall zu gewichten. Aufgrund der subjektiven Elemente kann es zu Beweisschwierigkeiten für den Leistungsträger kommen, da diese für ihn schwer zugänglich sind und Erklärungen der Beteiligten nur eingeschränkt berücksichtigt werden können. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 3a SGB II eine Beweislastumkehr vorgesehen, die auch verfassungsrechtlich zulässig ist. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Hinweistatsachen der Vermutungsregelung nicht in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft sind unter den Voraussetzungen, dass zwischen ihnen eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht, wie nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten und eingetragene Lebenspartner zu behandeln. Erfüllt das Zusammenleben der Partner nicht die an das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft geknüpften Kriterien, können tatsächliche Unterstützungsleistungen nur nach § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II berücksichtigt werden, denn es läuft dem Grundsatz des Fürsorgerechts zuwider, einen Rechtsanspruch auf Hilfe zu gewähren, wenn ein zivilrechtlich nicht gegebener Unterhaltsanspruch begründet werden soll.299

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BVerfG, NJW 2005, S. 1927 (1930).

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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3. Im Haushalt lebende Kinder unter 25 Jahren Ebenfalls zur Bedarfsgemeinschaft gehören die haushaltsangehörigen unverheirateten Kinder der in § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Das heißt, dass alle in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen ihre unverheirateten, im Haushalt lebenden Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in die Bedarfsgemeinschaft vermitteln.300 Insoweit ist hier durch das Gesetz zur Änderung des 2. Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 10. 03. 2006 eine gravierende Änderung eingetreten, denn zuvor wurden, wenn auch verfassungswidrig, nur minderjährige Kinder in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen. Als Kinder gelten auch hier leibliche und adoptierte Kinder, nicht dazu gehören nicht leibliche Kinder, Pflege- und Enkelkinder.301 Unverheiratet sind Kinder, wenn sie ledig oder geschieden sind, nicht aber, wenn sie nur getrennt leben.302 Das dem Haushalt angehörige Kind muss nicht das Kind des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sein.303 Diese Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist etwas irreführend, denn eigentlich ist das Kind, das das 15. Lebensjahr vollendet hat, selbst ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger und muss somit nicht notwendigerweise der Bedarfsgemeinschaft angehören, da es selbst Ansprüche hat. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass eine Person auch mehrere der Kriterien des § 7 Abs. 3 SGB II erfüllen kann. Denn auch das erwerbsfähige Kind ist ein unverheiratetes Kind der in Nr. 2 genannten Personen, nämlich der Eltern. Auch unterscheidet § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht zwischen erwerbsfähigen oder erwerbsunfähigen Kindern. § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ist in diesem Zusammenhang ein Spezialfall des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, um im Falle der Erwerbsunfähigkeit der Eltern eine Bedarfsgemeinschaft zu konstruieren. Eine Person zwischen 15 und 24 Jahren kann damit gleichzeitig § 7 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 SGB II unterfallen. Zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehören also die dem Haushalt angehörenden unverheirateten, noch nicht 25-jährigen Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners304, unverheiratete erwerbsfähige Kinder eines nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners soSpellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 30. Löschau / Marschner, Rdn. 186. 302 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 47; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 14; Schoch, ZfF 2004, S. 169 (172). Erhält das geschiedene Kind Unterhaltsleistungen vom früheren Ehegatten, sind diese als Einkommen zu berücksichtigen. 303 Löschau / Marschner, Rdn. 187. 304 Die Kinder des Partners sind erst durch das Kommunale Optionsgesetz eingefügt worden, um abschließend alle Fallkonstellationen zu erfassen, in denen minderjährige Kinder der Bedarfsgemeinschaft angehören, siehe BT-Drs. 15 / 2997, S. 24. 300 301

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

wie unverheiratete nicht erwerbsfähige Kinder unter 25 Jahren eines nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners, wenn dem Haushalt auch ein unverheiratetes erwerbsfähiges Kind eines nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners305 angehört.306 Weiterhin gehören unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres auch dann zur elterlichen Bedarfsgemeinschaft, wenn sie mit einem nicht erwerbsfähigen Partner im Haushalt der erwerbsfähigen Eltern oder des erwerbsfähigen Elternteils leben, wobei der Partner des Kindes nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört. Ebenfalls Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist das unverheiratete nicht erwerbsfähige Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, das mit seinem eigenen Kind im Haushalt der Eltern lebt (das eigene Kind gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft und hat dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII).307 Das unverheiratete Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres muss auch dem Haushalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seiner Bedarfsgemeinschaft angehören. Dem Haushalt gehören Kinder an, wenn sie sich in einem auf Dauer ausgelegten Erziehungs- und Betreuungsverhältnis familienhafter Art mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen befinden. Die Wohnung, in der sich der Haushalt befindet, muss der Mittelpunkt der Rechtsbeziehungen des Kindes sein. Eine vorübergehende räumliche Trennung (zum Beispiel Internat) schließt die Einbeziehung in den Haushalt nicht aus.308 Lebt das Kind abwechselnd bei einem Elternteil, bildet es mit jedem eine (zeitlich begrenzte) Bedarfsgemeinschaft.309 Das Kind gehört allerdings nur dann zur Bedarfsgemeinschaft, wenn es die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen kann. Dies meint insbesondere den Kinderzuschlag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II, das Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II und den auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil. Es gehört ebenfalls nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft, wenn es das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn es mit einem erwerbsfähigen Partner im Haushalt der Eltern lebt, das erwerbsfähige Kind mit einem nicht erwerbsfähigen Partner und mit seinem oder dem Kind des Partners 305 Gemeint ist damit, dass der Bedarfsgemeinschaft eines erwerbsfähigen Kindes bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II auch die erwerbsunfähigen, bis 24 Jahren alten Kinder der in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II genannten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft angehören, siehe Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 31. 306 BT-Drs. 15 / 2997, S. 24. 307 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.21; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 49. 308 Löschau / Marschner, Rdn. 192. 309 Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 7, Rdn. 41; Mrozynski, II.7, Rdn. 20a; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 24a. In diesem Fall ist auch die Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Eltern getrennt in der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft vorzunehmen. Die Unterkunftskosten sind bei den Elternhaushalten jeweils mit dem Kind zu übernehmen, siehe SG München, Beschluss vom 21. 09. 2005, Az: S 50 AS 427 / 05 ER, juris.

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im Haushalt der Eltern lebt, es verheiratet ist oder das erwerbsfähige Kind selbst ein Kind hat.310 Ferner endet die Bedarfsgemeinschaft im Hinblick auf Kinder des anderen Partners bei dauernder Trennung der Partner.

4. Sonderfall: Eltern(-teil) und Partner im Haushalt eines erwerbsfähigen Kindes unter 25 Jahren Einen Sonderfall der Bedarfsgemeinschaft enthält § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Danach gehören die Eltern oder der Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die jeweiligen Partner der Eltern ebenfalls zur Bedarfsgemeinschaft, soweit sie in einem Haushalt zusammenleben. Eltern im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II sind die natürlichen Eltern und die Adoptiveltern, nicht aber nicht leibliche Eltern oder andere Angehörige.311 Der Elternbegriff beurteilt sich also nach dem bürgerlichen Recht.312 Als Kinder gelten leibliche und adoptierte Kinder, nicht dazu gehören nicht leibliche Kinder, Pflegeund Enkelkinder.313 Es gelten auch hier die einschlägigen Regelungen des BGB (§§ 1591 bis 1593 und §§ 1741 ff. BGB).314 Die Erwerbsfähigkeit des Kindes beurteilt sich nach § 8 SGB II. Daraus ergibt sich, dass die Kinder im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sein müssen, damit über sie die Bedarfsgemeinschaft konstituiert werden kann. § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II regelt damit den Sonderfall, dass ein erwerbsfähiges Kind die Stelle des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II einnimmt.315 Erforderlich ist somit, dass die Eltern oder die Elternteile und deren Partner selbst nicht erwerbsfähig sind, da sie in dem Fall selbst eine Bedarfsgemeinschaft bilden könnten. Der im Haushalt lebende Partner des Elternteils wurde durch das kommunale Optionsgesetz316 nachträglich eingefügt, da anderenfalls nicht erwerbsfähige Partner keine Bedarfsgemeinschaft mit einem nicht erwerbsfähigen Elternteil und des310 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.23; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 50. 311 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 39; Löschau / Marschner, Rdn. 166; Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 13; ders., ZfF 2004, S. 169 (172); Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 41. 312 Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (438), Rdn. 41; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 39. Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 20. 313 Siehe Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 29, 29a; Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 11; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 17. Siehe auch Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 7. 314 Löschau / Marschner, Rdn. 165. 315 Löschau / Marschner, Rdn. 168; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 24. 316 BGBl. I 2004, S. 2016. Siehe auch BT-Drs. 15 / 2816, S. 12.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sen unverheirateten erwerbsfähigen Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres hätten bilden können.317 Wer Partner ist, beurteilt sich nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Ferner müssen die Eltern oder der Elternteil und dessen Partner mit dem Kind in einer Haushaltsgemeinschaft leben. Die Haushaltsgemeinschaft erfordert das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft318, das Wirtschaften „aus einem Topf“319. Leben die Eltern des Kindes getrennt, so ist nur derjenige Elternteil in die Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen, in dessen Haushalt das unverheiratete erwerbsfähige Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres lebt.320 Die Bedarfsgemeinschaft endet mit Erwerbsunfähigkeit, Heirat oder Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes.

5. Einschränkungen Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit seinen Partnern, seinen Kinder und, als Sonderfall, seinen Eltern eine Bedarfsgemeinschaft bildet. Dies gilt allerdings nur so lange, wie diese Personen nicht unter die Ausschlusstatbestände des § 7 Abs. 4 und Abs. 5 SGB II fallen. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 wird der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung gleichgestellt. Nach § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden. § 7 Abs. 5 SGB II findet allerdings in den Fällen des § 7 Abs. 6 SGB II keine Anwendung.

BT-Drs. 15 / 2816, S. 12; Hackethal, jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 39. Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 51; Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 11; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 13. 319 Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 8; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 15. 320 Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 39. Siehe auch Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 16. 317 318

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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a) Keine Unterbringung in stationärer Einrichtung länger als sechs Monate oder Bezug von Altersrente Der Ausschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 1 1. Alt. SGB II gilt nur für Personen, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind. Grundsätzlich erhalten damit diese Personen keine Leistungen nach dem SGB II. Davon abweichend regelt § 7 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 SGB II, dass Leistungen nach dem SGB II auch die Person erhält, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht ist. Der Leistungsträger des SGB II leistet also stationäre Hilfe nur, wenn absehbar ist, dass durch den stationären Aufenthalt die Krankheit oder Behinderung, welche der Erwerbsfähigkeit entgegensteht, innerhalb der nächsten sechs Monate behoben werden kann.321 Diese Prognoseentscheidung ist zu Beginn des Aufenthalts im Krankenhaus zu treffen. In allen anderen Fällen ist der Sozialhilfeträger zuständig. Daraus folgt aber auch, dass bei Ehepartnern und Lebenspartnern, in denen der eine Partner länger als sechs Monate in stationärer Einrichtung untergebracht ist, von einem dauernd Getrenntleben im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3a und b SGB II auszugehen ist, so dass sie nicht mehr Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sind. Gleiches gilt für eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften, denn in solchen Fällen kann die Vermutung des Zusammenlebens länger als ein Jahr (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II) nicht greifen. Weiterhin regelt § 7 Abs. 4 SGB II, dass Leistungen nach dem SGB II auch Personen erhalten, die in stationären Einrichtungen untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig sind (§ 7 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II). Unter stationärer Einrichtung ist die vollstationäre Einrichtung zu verstehen.322 Eine solche ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Einrichtungsträger von der Aufnahme bis zur Entlassung des Hilfebedürftigen im Rahmen des Therapiekonzepts die Gesamtverantwortung für dessen tägliche Lebensführung übernimmt und Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden sind.323 In Abweichung von § 8 SGB II, in dem die Grenze der Erwerbsfähigkeit bei drei Stunden täglich festgesetzt ist, fingiert § 7 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB II also grundsätzlich die Nichterwerbsfähigkeit.324 Der Ausschluss des Sozialhilfeanspruchs nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, § 21 SGB XII greift insoweit nicht ein und der Hilfesuchende hat Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII vom ersten Tag an. 321 Innerhalb dieses Zeitraums kann dann auch noch von einem nicht Getrenntleben der Ehepartner ausgegangen werden, so dass auch der stationär Untergebrachte als nicht Erwerbsfähiger Sozialgeld erhalten kann, wenn der Partner erwerbsfähig ist. 322 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.34, 7.35; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 74; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 15; Löschau / Marschner, Rdn. 200; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 27. 323 BVerwGE 95, 149 (153); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.35; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (204). 324 Vgl. Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 16.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Ein Bezug von Altersrente nach dem SGB VI oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnlicher Leistungen öffentlich-rechtlicher Art führt gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II ebenso zum Wegfall des Anspruchs der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dies ergibt sich für das Arbeitslosengeld II schon aus der Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II; derjenige, der die Altersgrenze des § 7a SGB II erreicht hat, ist kein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Das Gesetz geht insoweit davon aus, dass der Person, die die Altersgrenze erreicht hat, eine Erwerbsfähigkeit nicht mehr zugemutet, sie also nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden kann und als nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II anzusehen ist.325 Lebt die Person in einer Bedarfsgemeinschaft, ergibt sich der Leistungsausschluss aus § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Sozialgeld zu den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung subsidiär ist. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II bezieht sich damit hauptsächlich auf Personen, die die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, aber schon Altersrente beziehen.326 Die Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II unterscheidet dabei nicht zwischen Voll- und Teilrente. Da aber bei Teilrenten nach § 34 Abs. 2 SGB VI noch ein Hinzuverdienst erwartet wird und diese Personen die Altersgrenze noch nicht erreicht haben, greift die Grundsicherung für Arbeitsuchende ein, wenn Hilfebedürftigkeit besteht.327 § 7 Abs. 4 SGB II gilt somit nur für die Vollrente und gegebenenfalls für die Teilrente in Höhe von zwei Dritteln. Reicht die Rente nicht zur Bedarfsdeckung aus und hat der Hilfebedürftige die Altersgrenze des § 7a SGB II erreicht, greift die Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII ein. Reichen diese Leistungen auch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts aus, kann Sozialgeld geleistet werden.328 Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II bedeutet aber nicht, dass diese Personen nicht zur Bedarfsgemeinschaft (soweit die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 SGB II vorliegen) oder Haushaltsgemeinschaft gehören können, sie können allerdings keine Bedarfsgemeinschaft begründen329. Die Ansprüche der Siehe BT-Drs. 15 / 1749, S. 31. Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 30; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 6. 327 Siehe Löschau / Marschner, Rdn. 208. A.A. ist Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 37, der § 7 Abs. 4 2. Alt. SGB II dahingehend auslegt, dass dieser die Erwerbsunfähigkeit auch schon für Personen, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, aber Altersrente beziehen, fingiert. Das Gesetz fingiert die Erwerbsunfähigkeit aber erst ab Erreichen der Altersgrenze, siehe §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 328 BT-Drs. 15 / 1516, S. 59; Altenweger, in: jurisPK-SGB II, § 28, Rdn. 21; Birk, in: LPK-SGB II, § 28, Rdn. 12; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 28, Rdn. 6. Siehe auch Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 28, Rdn. 3, der § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Spezialregelung zu § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht. 329 Löschau / Marschner, Rdn. 136; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 14; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 26. 325 326

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Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hängen allein von der Hilfebedürftigkeit des erwerbsfähigen Mitglieds ab, nicht aber von dessen Anspruchsberechtigung.330 Da die Personen, die unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II fallen, aber als nicht erwerbsfähig anzusehen sind und somit auch nicht als erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II qualifiziert werden können, kann über sie auch keine Bedarfsgemeinschaft begründet werden. Die Zugehörigkeit dieser Personen zur Bedarfsgemeinschaft hat dabei Bedeutung für die Leistungsberechnung, zum Beispiel für die anteilige Berechnung der Heizungs- und Unterkunftskosten.

b) Keine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches Ein weiterer Leistungsausschluss findet sich in § 7 Abs. 5 SGB II für Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes331 oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches332 dem Grunde nach förderungsfähig ist. Damit bezieht sich die von der Regelung betroffene Ausbildung sowohl auf schulische als auch auf berufliche Ausbildungsverhältnisse.333 Lediglich in besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.334 Ein solcher Härtefall liegt allerdings nur vor, wenn die Folgen des Anspruchausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und auch nach dem Gesetzeszweck, die Grundsicherungsleistungen von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheint.335 Nur in den Fällen des § 7 Abs. 6 SGB II ist die Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Der Ausschluss würde aber dazu führen, dass der Auszubildende überhaupt keine staatlichen Leistungen mehr erhält, denn der Leistungsausschluss greift auch im Sozialhilferecht aufgrund der nahezu identischen Regelung des § 22 Abs. 1 SGB XII durch. Die von § 7 Abs. 5 SGB II erfassten Personen wären somit auf Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 26. Siehe dazu Löschau / Marschner, Rdn. 224 ff. 332 Siehe dazu Löschau / Marschner, Rdn. 227 ff. 333 Löschau / Marschner, Rdn. 222. 334 Dies stellt allerdings eine Verschlechterung dar, da hier die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht, wie im Sozialhilferecht, als Beihilfe, sondern als Darlehen erbracht werden. 335 BVerwGE 94, 224; SG Hamburg, Beschluss vom 06. 06. 2005, Az: S 51 AS 312 / 05 ER, juris; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 102; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 64; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 94. Siehe auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.86. Zum Streit in Bezug auf den Härtebegriff siehe Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 47. 330 331

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Vermögen oder die Möglichkeit von Nebenbeschäftigungen verwiesen. Allerdings handelt es sich bei § 7 Abs. 5 SGB II nicht um einen generellen Ausschlusstatbestand, der die Anwendung des SGB II im Allgemeinen verhindert. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich der Ausschluss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts336 zu § 26 BSHG, an dem der Gesetzgeber aber im SGB II ersichtlich nichts ändern wollte337, lediglich auf den ausbildungsbedingten oder -geprägten Bedarf bezieht, das heißt denjenigen, der wegen der Tatsache der Ausbildung besteht, also unmittelbar mit der Ausbildung zusammenhängt. Nicht erfasst vom Ausschluss ist damit der nicht ausbildungsbedingte Bedarf, also derjenige, der zwar dem Lebensunterhalt zuzuordnen ist, aber auf besonderen Umständen beruht, die von einer Ausbildung unabhängig sind, zum Beispiel Krankheit, Behinderung, Schwangerschaft, Kindererziehung und -pflege.338 Einer solchen Interpretation des § 7 Abs. 5 SGB II widerspricht auch nicht die generelle Tendenz zur Pauschalierung von Leistungen im SGB II.339 Im Bereich des SGB II ist eine Differenzierung im Hinblick auf die einzelnen Unterhaltsanteile oder Bedarfe schon innerhalb des engen Rahmens des Leistungsrechts kaum möglich, da das SGB II insoweit eine Individualisierung nicht vorsieht. Allerdings können nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II in besonderen Härtefällen den Auszubildenden durchaus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden. Darüber hinaus ist in § 7 Abs. 6 SGB II noch ein weiterer Ausnahmetatbestand geschaffen worden, der gleichwohl Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ermöglicht, selbst wenn eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung von dem betreffenden Hauptleistungsberechtigten betrieben wird. Geht es also nicht um den ausbildungsbedingten oder -geprägten Bedarf, greift § 7 Abs. 5 SGB II nicht ein. Greift dagegen der Ausschlusstatbestand ein, können die Auszubildenden nach § 21 Satz 1 SGB XII auch keine Leistungen nach dem SGB XII erhalten, dies gilt insbesondere für Mehrbedarfszuschläge. Da die von § 7 Abs. 5 SGB II betroffenen Personen erwerbsfähige Hilfebedürftige sind, kann über sie auch eine Bedarfsgemeinschaft gebildet werden. Insoweit unterscheidet sich die Regelung des § 7 Abs. 5 SGB II von der des § 7 Abs. 4 SGB II, denn die Bezieher von Altersrente oder die Personen in einer stationären Einrichtung werden als nicht erwerbsfähig angesehen und erfüllen damit das Merk336 BVerwGE 71, 12 (14); 91, 254 (255); 94, 224 (226). Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 41 ist dagegen der Ansicht, dass aufgrund der generellen Tendenz zur Pauschalierung diese Rechtsprechung nicht mehr zur Anwendung kommt. 337 Der Gesetzgeber hat § 7 Abs. 5 SGB II § 22 SGB XII angepasst, welcher wiederum inhaltsgleich mit § 26 BSHG ist (BT-Drs. 15 / 1514, S. 57). 338 BVerwGE 71, 12 (14). So auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.90; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 98 f.; Hinweise DV, NDV 2005, S. 264 (266); Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 17; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 122; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 35. 339 A.A. ist Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 41.

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mal des § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II nicht mehr. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II führt insoweit nicht dazu, dass auch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vom Leistungsbezug ausgeschlossen sind; die Bedarfsgemeinschaft als solche bleibt unberührt.340 Zwar heißt es in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II „Leistungen . . . erhalten Personen . . .“, so dass diese Vorschrift im Verhältnis zu § 7 Abs. 5 SGB II dahingehend ausgelegt werden könnte, dass eine strenge Bindung des Begriffs des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an die Möglichkeit des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II besteht und somit derjenige, dessen Leistungen nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen sind, auch kein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger sein kann.341 Die Regelung kann aber auch dahingehend ausgelegt werden, dass die grundlegenden Anspruchsvoraussetzungen beim Hauptleistungsberechtigten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 SGB II und der mögliche Bezug von Leistungen durch diesen erfüllt sein müssen. Insofern wäre § 7 Abs. 5 SGB II als vorrangige Spezialvorschrift anzusehen, welche den Regelfall des § 7 Abs. 1 und 2 SGB II (Abhängigkeit der Leistungen der Angehörigen vom Leistungsbezug des Hauptleistungsberechtigten) in Bezug auf den Leistungsbezug des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen modifiziert. Bei der betroffenen Person handelt es sich also um einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, für den nicht die strengen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II gelten, sondern dessen Bedeutung sich nunmehr, da es um Leistungen von Angehörigen geht, direkt aus den Bestimmungen der §§ 7 Abs. 2, 28 SGB II ableitet. Ausreichend für einen Leistungsbezug der Angehörigen nach dem SGB II wäre damit die Erwerbs- und Hilfebedürftigkeit der betroffenen Person und das Zusammenleben mit dieser in der Bedarfsgemeinschaft.342 Für eine solche Auslegung spricht, dass § 7 Abs. 5 SGB II zum einen nicht alle Leistungen nach dem SGB II (Darlehen in Härtefällen, nicht ausbildungsbedingte Leistungen und Mehrbedarfe sind möglich) ausschließt und zum anderen der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 SGB II und § 21 SGB XII eine klare Trennung der Systeme von SGB II und SGB XII vorgesehen hat343, so dass für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft jeweils das gleiche System anwendbar sein soll. Außerdem stellt § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II für das Sozialgeld der nicht erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft allein darauf ab, ob eine Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen besteht, nicht aber, ob dieser auch Leistungen nach dem SGB II bezieht. Ferner deutet auch der Zusammenhang zwischen § 7 Abs. 1 SGB II und § 9 Abs. 1 SGB II einerseits und der speziellen Regelung des § 31 SGB II andererseits darauf hin, dass bei einem Wegfall des Anspruchs des Hauptleis340 SG Oldenburg, info also 2005, S. 33 (35); info also 2005, S. 35 (36); info also 2005, S. 123 (124). Siehe auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.91; Hinweise DV, NDV 2005, S. 264 (266); Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 17; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 26; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 38. Siehe auch Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 5, Rdn. 85. 341 Siehe Luthe, jurisPR-SozR 19 / 2005, Anm. 1, C. 342 Luthe, jurisPR-SozR 19 / 2005, Anm. 1, C. 343 So auch SG Oldenburg, info also 2005, S. 33 (34).

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tungsberechtigten auf Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht automatisch auch stets die mit ihm zusammenlebenden Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft von Leistungen ausgeschlossen werden sollen.344

II. Hilfebedürftigkeit jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft als weitere Voraussetzung Bilden zusammenlebende Personen nach § 7 Abs. 3 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft, reicht dies noch nicht aus, um daraus Rechte und Pflichten abzuleiten. Als weitere Voraussetzung muss hinzukommen, dass jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft auch hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II ist. Dies gilt, im Gegensatz zur Erwerbsfähigkeit, sowohl für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als auch für die Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft.345 Von Hilfebedürftigkeit wird pauschalisierend ausgegangen, wenn nicht der gesamte Bedarf der Bedarfsgemeinschaft aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt werden kann.346 § 9 SGB II ist zentrale Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB II. Denn nur derjenige erhält Leistungen, der hilfebedürftig ist. Die Vorschrift knüpft an die Zugehörigkeit zu der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II an und regelt die sich daraus ergebenden Folgen für die Bedürftigkeit, insbesondere auch die Verpflichtung zum Einsatz von Einkommen und Vermögen. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist nur hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. § 9 Abs. 1 SGB II konkretisiert damit den in § 3 Abs. 1 und Abs. 3 SGB II niedergelegten Nachranggrundsatz, wonach Leistungen nur dann erbracht werden dürfen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann.347 Gleichzeitig ist § 9 Abs. 1 SGB II aber auch Ausdruck des Grundsatzes des Forderns nach § 2 SGB II, da nur der hilfebedürftig ist, der seinen Lebensunterhalt und den seiner Bedarfsgemeinschaft nicht durch eigene Kräfte und Mittel oder durch Leistungen anderer Sozialleistungsträger bestreiten kann. Die Selbsthilfe steht hier im Vordergrund. Der Verweis auf Leistungen anderer korrespondiert ferner mit dem Nachranggrundsatz des § 5 SGB II. Leistungen SG Oldenburg, info also 2005, S. 33 (35). Löschau / Marschner, Rdn. 145. 346 Löschau / Marschner, Rdn. 289. 347 Löschau / Marschner, Rdn. 279; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 3; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 6; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 9, Rdn. 2. 344 345

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des SGB II sind bedürftigkeitsabhängig348, § 9 Abs. 1 SGB II bestimmt den Umfang der Hilfebedürftigkeit349. § 9 SGB II sieht dabei ein abgestuftes System der Berücksichtigung fremder Unterstützungsleistungen vor. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II haben Ehepartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und Lebenspartner sowie Eltern gegenüber ihren Kindern ihr gesamtes Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit es ihren Bedarf übersteigt. Demgegenüber sieht § 9 Abs. 5 SGB II vor, dass Verwandte und Verschwägerte Einkommen und Vermögen nur einzusetzen haben, soweit dies von ihnen erwartet werden kann. Tatsächliche Unterstützungsleistungen von Personen können weiterhin nach § 9 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden. Aus § 9 Abs. 1 und Abs. 4 SGB II ergibt sich allerdings, dass die Kräfte und Mittel zum Bedarfszeitpunkt vorliegen müssen, das heißt, der Hilfebedürftige muss wirtschaftlich in der Lage sein, den Lebensunterhalt zu befriedigen350. § 9 Abs. 1 SGB II betont die Verantwortung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht nur für sich, sondern auch für seine Bedarfsgemeinschaft. Es wird deutlich, dass der Gesetzgeber ein Leitbild für eine Bedarfsgemeinschaft erzeugt hat, das von der Solidarität der Mitglieder dieser Gemeinschaft geprägt ist.351 Im Folgenden sollen die Voraussetzungen für die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II dargestellt werden.

1. Fehlen eigener Kräfte Voraussetzung für die Hilfebedürftigkeit jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ist nach § 9 Abs. 1 SGB II das Fehlen eigener Kräfte. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige hat zunächst durch den Einsatz eigener Kräfte seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen zu sichern. Er hat also durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit seine Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Damit konkretisiert § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II den Grundsatz des Forderns. Welche Arbeiten dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zumutbar sind, ergibt sich aus § 10 SGB II. Angesichts dieser Formulierung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II stellt sich die Frage, ob die Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, oder sogar schon der fehlende Nachweis von hinreichenden Eigenbemühungen die Hilfebedürftigkeit ausschließen kann352, mit der Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen der GrundBT-Drs. 15 / 1516, S. 56. Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 7. 350 BVerwGE 55, 148 (152). 351 Sauer, in: Jahn, SGB II, § 9, Rdn. 4. 352 So wurde früher von den Sozialhilfebehörden den Betroffenen etwa eine Liste von Zeitarbeitsfirmen oder die Adresse mit ortsansässigen Vermittlungen für Gelegenheitsarbeit ausgehändigt, bevor die Anträge überhaupt angenommen wurden, siehe Korenke, SGB 2004, S. 525 (529); Spindler, SozSich 2003, S. 338 (340). 348 349

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sicherung für Arbeitsuchende und damit die Leistungsansprüche nicht nur für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, sondern auch für die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen entfallen. Demgegenüber enthält die Bestimmung des § 31 SGB II Sanktionen für die Fälle, in denen sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige weigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen. Die Bestimmung könnte demnach so verstanden werden, dass der Gesetzgeber dort die Rechtsfolgen der Weigerung zur Aufnahme zumutbarer Arbeit speziell und abschließend regeln und den Anspruch dem Grunde nach unberührt lassen wollte. Es stellt sich damit die Frage, in welchem Verhältnis § 31 SGB II zu § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II steht. Eine ähnliche Problematik bestand schon im alten Recht für das Verhältnis zwischen § 2 Abs. 1 BSHG und § 25 BSHG. Hierzu wurde zum Teil353 die Auffassung vertreten, dass § 25 Abs. 1 BSHG nicht in einem hierarchischen Verhältnis zu § 2 BSHG stehe, sondern unterschiedliche Anwendungsbereiche habe. § 2 Abs. 1 BSHG regele eine materielle Voraussetzung des Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Wer zumutbare Arbeit verweigere, verliere diesen Anspruch folglich und könne grundsätzlich auf Hilfe zur Selbsthilfe in Form von Arbeit verwiesen werden. Nur wenn sich erweise, dass er auch insoweit hilfebedürftig sei, komme § 25 Abs. 1 BSHG zur Anwendung. Dabei handele es sich nicht um eine die Anwendung des § 2 Abs. 1 BSHG ausschließende Spezialvorschrift, sondern um eine Hilfsnorm, welche dem Sozialleistungsträger die Möglichkeit eröffne, den Hilfebedürftigen mittels Kürzung der Hilfe zum Lebensunterhalt zur Arbeit anzuhalten und dadurch auf den Weg der Selbsthilfe zurückzuführen. Nach anderer Auffassung354 war § 25 BSHG dagegen eine gegenüber § 2 Abs. 1 BSHG vorrangige Sanktionsnorm für die Fälle fehlender Arbeitsbereitschaft. Aus der Gesetzesbegründung des SGB II ergibt sich nicht, welcher Auslegung in Bezug auf das Verhältnis zwischen § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 31 SGB II zu folgen ist. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II könnte dafür sprechen, dass die Hilfebedürftigkeit tatsächlich schon dann entfallen soll, wenn eine zumutbare Arbeit zwar aktuell nicht ausgeübt würde, diese aber bei hinreichendem Bemühen möglich wäre. Auch die in § 65 Abs. 4 SGB II enthaltene Übergangsvorschrift legt diese Auslegung nahe, da sie offenbar davon ausgeht, dass bei mangelnder Arbeitskraft die Regelvoraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erfüllt sind.355 Dem steht aber entgegen, dass der Leistungsträger in die aktuelle 353 OVG Hamburg, FEVS 49, 44 (44 f.). Ausdrücklich aufgegeben in OVG Hamburg, info also 2004, S. 127 (127 f.). 354 BVerwGE 67, 1 (5); VGH Mannheim, FEVS 52, 269 (271); OVG Münster, FEVS 52, 327 (328); VGH München, info also 2002, S. 29; Berlit, info also 2003, S. 195 (198); Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 2, Rdn. 16; Gottschick / Giese, BSHG, § 25, Rdn. 4; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 25, Rdn. 1. 355 Vgl. Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 19, Rdn. 27; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 29.

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Existenzsicherung des Hilfesuchenden und seiner Bedarfsgemeinschaft eingreifen kann, ohne dem Betroffenen ein konkretes Fehlverhalten vorzuwerfen.356 Dagegen spricht weiterhin, dass § 31 SGB II innerhalb des Unterabschnitts 3 („Anreize und Sanktionen“) die einzige Sanktionsregelung ist und klare Regelungen für den Fall derartiger Pflichtverletzungen enthält. Eine derartige Regelung wäre sinnlos, wenn in einem solchen Fall bereits die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II entfallen wären. Ferner sieht § 31 SGB II ein abgestuftes System an Sanktionen vor, die zudem eine vorherige Rechtsbehelfsbelehrung voraussetzen. Daraus folgt, dass es gerade nicht der Wille des Gesetzgebers ist, dass schon die erstmalige Weigerung, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, das vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs zur Folge haben soll.357 Außerdem fehlt es im SGB II an einer mit § 119 SGB III vergleichbaren Regelung, so dass das Erfordernis von Arbeitsbereitschaft und Eigenbemühungen expressis verbis in § 9 Abs. 1 SGB II hätte aufgenommen werden müssen.358 Die Gegenansicht hätte zur Folge, dass bei einer Arbeitsverweigerung auch die Ansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf Sozialgeld entfielen, da diese Leistung davon abhängig ist, dass die Personen mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben. § 31 SGB hätte dann nur Anreiz- und Förderfunktion.359 Da die Absicherung der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft über das SGB XII aufgrund der in § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII enthaltenen Regelung zumindest zweifelhaft wäre, ist davon auszugehen, dass § 31 SGB II für die Fälle der unzureichenden Arbeitsbereitschaft die gegenüber § 9 SGB II speziellere Vorschrift ist.360 Arbeitsbereitschaft und Eigenbemühungen in § 9 Abs. 1 SGB II sind somit keine Regel- oder Tatbestandsvoraussetzungen für den Antragsteller, sondern nur Obliegenheiten.361

2. Fehlen eigener Mittel Der erwerbsfähige Hilfebedürftige hat aber auch durch den Einsatz eigener Mittel, also durch Einkommen und Vermögen, den Lebensunterhalt und die Eingliederung in Arbeit zu sichern. Das nach § 9 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigende Korenke, SGB 2004, S. 525 (529). Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 30. Siehe auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 10. 358 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 19, Rdn. 27. 359 Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 82. 360 Berlit, info also 2003, S. 195 (198); Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 10 f.; Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 82; Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 19, Rdn. 27; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 30; Krahmer, ZfF 2004, S. 178; Korenke, SGB 2004, S. 525 (529); Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 9, Rdn. 3; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 14; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (216); Spindler, SozSich 2003, S. 338 (339). 361 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 19, Rdn. 27. 356 357

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Einkommen und Vermögen dient dazu, den Bedarf des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und gegebenenfalls der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu decken und so das durch das Grundgesetz (Art. 1, 2 GG) geschützte Existenzminimum zu sichern.362 Welches Einkommen und Vermögen angerechnet werden darf, ergibt sich dabei aus § 9 Abs. 2 SGB II. Bei dem Einkommen und Vermögen muss es sich allerdings um bereite Mittel handeln, sie müssen dem Hilfesuchenden tatsächlich zur Verfügung stehen.363 Er kann allenfalls darauf verwiesen werden, bestehende Ansprüche geltend zu machen, nicht aber, im Falle der Erfolglosigkeit den Klageweg zu beschreiten. Sind die Ansprüche aber im Wege der einstweiligen Anordnung schnell zu verwirklichen, ist es zumutbar, vorrangig von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.364 Damit scheiden tatsächlich undurchsetzbare Ansprüche, zeitlich nicht rechtzeitig durchsetzbare Ansprüche und Ansprüche, die zur Behebung der Notlage nicht geeignet sind, aus.365 Hilfebedürftigkeit liegt nur dann vor, wenn die Summe des anrechenbaren Einkommens und Vermögens niedriger ist als die Summe der Bedarfe der einzelnen Personen der Bedarfsgemeinschaft. Bedarf meint dabei zum einen den Lebensunterhalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft; zum anderen hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 9 Abs. 1 SGB II sein Einkommen und Vermögen aber auch bei dem Arbeitseingliederungsbedarf einzusetzen. Im Kontext mit der Vorschrift über die Arbeitseingliederung, § 16 Abs. 1 SGB II, welche die Hilfebedürftigkeit anspricht, ist davon auszugehen, dass die Hilfebedürftigkeit lediglich am Unterhaltsbedarf zu messen ist.366 Das bedeutet, dass nur Personen, die nach dem SGB II unterhaltsbedürftig sind oder wegen SGB II – Unterhaltsleistungen an Bedarfsgemeinschaftsangehörige als solches gelten, auch arbeitseingliederungsbedürftig sind.367 Personen, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. deren Bedarfsgemeinschaftsangehörige keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld haben, erhalten daher Arbeitseingliederungsleistungen allein nach dem SGB III.368 Es ist somit davon auszugehen, dass bei Arbeitseingliederungsmaßnahmen im Rahmen des SGB II generell keine Einkommens- und Vermögensberücksichtigung zu erfolgen hat.369 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 12. BVerwGE 67, 163 (166); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 8; Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 11, Rdn. 40; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 26; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 21; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 9; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 18; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 277; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 11 SGB II, Rdn. 4. 364 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 18. 365 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 19. 366 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 14. 367 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 14; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 13. 368 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 14. 369 Siehe dazu H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 7. 362 363

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a) Einsatz von Einkommen Partner einer Bedarfsgemeinschaft untereinander und Eltern gegenüber ihren Kindern haben somit ihr Einkommen oder Vermögen einzusetzen. Erst wenn Einkommen und / oder Vermögen nicht ausreichend vorhanden sind, um den Bedarf der Personen vollständig zu decken, sind die Personen hilfebedürftig. Was genau als Einkommen zu betrachten ist, ergibt sich aus der Abgrenzung zum Vermögen. Im Sozialhilferecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts370 (Zuflusstheorie) Einkommen all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazuerhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Dabei ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wurde ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Ausnahmen hat das Bundesverwaltungsgericht bei einem Rückgriff auf Erspartes und Schadensersatzleistungen vorgesehen, die lediglich eine frühere Vermögenslage wiederhergestellt haben. Im Arbeitsförderungsrecht lautete die in ständiger Rechtsprechung gebrauchte Formel des Bundessozialgerichts371, dass Vermögen der Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert ist, Einkommen das, was zufließt und nicht als Bestand vorhanden ist. Auch wenn sich die Formulierungen der beiden Gerichte gleichen, besteht bei der Bewertung von einmaligen Leistungen ein Unterschied. Dem Bundessozialgericht372 zufolge sind einmalige Einnahmen nicht als Einkommen anzusehen, soweit sie nach Entstehungsgrund, Zweckbestimmung oder Übung nicht dem laufenden Bedarf dienen, da die noch nicht erfüllte Forderung bereits dem Vermögen zugewachsen ist. Das Bundesverwaltungsgericht373 dagegen stellt bei der Erfüllung einer (Geld-)Forderung nicht auf das Schicksal der Forderung, sondern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert ab, so dass diese einmaligen Geldzuwendungen als Einkommen behandelt werden, soweit der Grund der Zuwendung noch nicht realisierte Forderungen sind. Insgesamt wird für das SGB II der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen sein374. Denn nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, also alle eingehenden Zahlungen, Zuflüsse und Zuwendungen.375 Wenn aber eine solche Einnahme nicht aus einer bereits be370 BVerwGE 108, 296 (299). Siehe auch § 2 Abs. 2 Alg II-V, wonach für die Berücksichtigung der Einnahmen auf den Zeitpunkt des Zuflusses abzustellen ist. 371 BSGE 41, 187 (188); 72, 248 (249); 79, 297 (300); 88, 258 (260). 372 BSGE 46, 271 (272); 72, 248 (249). 373 BVerwGE 108, 296 (300). 374 A.A. ist Brühl, in: LPK-SGB II, § 11, Rdn. 7, der die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts modifizieren will. 375 Einnahmen in Geld sind nicht nur Einnahmen in Form von Bargeld, sondern auch unbare Zahlungen mittels Überweisung oder Scheck. Bei Einnahmen in Geldeswert genügt es, wenn diese einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert besitzen, siehe Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11, Rdn. 10. Siehe auch Brühl, in: LPK-SGB II, § 11, Rdn. 11.

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stehenden Rechtsposition oder aus vormalig bewusst angespartem Einkommen stammt, muss der tatsächliche Zufluss der Geldforderung gegenüber der zugrunde liegenden Forderung im Vordergrund stehen. Auch nach der Gesetzesbegründung orientieren sich Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung am Recht der Sozialhilfe.376 Im Rahmen der §§ 9, 11 und 12 SGB II ist damit Einkommen all das, was der Hilfebedürftige während eines Berücksichtigungszeitraums wertmäßig dazuerhält, und Vermögen das, was er bei Beginn eines Berücksichtigungszeitraums bereits hat. Das, was der Hilfebedürftige aus der Verwertung seines Vermögens zum Verkehrswert erzielt, ist ebenfalls Vermögen, da es an die Stelle des verwerteten Vermögensgegenstandes tritt und dem Hilfebedürftigen keinen wertmäßigen Zuwachs seines Vermögensbestandes bringt. Dies gilt auch für Schadenersatzleistungen für die Wertminderung oder den Verlust eines Vermögensgegenstandes, nicht aber bei Ersatz für etwas, das zuvor ncht selbst Bestandteil des Vermögens war.377 Berücksichtigungszeitraum ist dabei der jeweilige Kalendermonat (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Unerheblich ist allerdings, zu welchem Zeitpunkt das Einkommen im Berücksichtigungszeitraum zufließt.378 Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind kein Einkommen die Leistungen nach dem SGB II, die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, sowie die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Weitere Ausnahmen finden sich in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 Abs. 1 der aufgrund von § 13 SGB II ergangenen Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (Alg II-V)379. Vom Einkommen abzusetzen sind die darauf zu entrichtenden Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Aufwendungen bis zur Höhe des Mindestbeitrags für die geförderte Altersvorsorge („Riester-Rente“) sowie Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, soweit sie entweder vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Der Kinderzuschlag wird dem Einkommen des Kindes zugerechnet (§ 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II), das Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II nur so weit, als es für das jeweilige der Bedarfsgemeinschaft angehörende Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird.380 Der Gesetzgeber durfte hier davon ausgehen, BT- Drs. 15 / 1516, S. 53. Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11, Rdn. 19. 378 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.4. 379 BGBl. I 2004, S. 2622. 380 Darunter ist nicht der Bedarf nach dem SGB II, sondern der Unterhaltsbedarf des Kindes zu verstehen, siehe Brühl, in: LPK-SGB II, § 11, Rdn. 21. 376 377

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dass minderjährige Kinder typischerweise in einem gemeinsam wirtschaftenden Familienhaushalt leben und dass deshalb die Vermutung gilt, dass ihnen das Kindergeld bis zur Höhe ihres tatsächlichen Bedarfs zugewendet wird.381 Gleiches muss dann auch für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gelten, wenn sie in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen sind. Aufgrund starken öffentlichen Drucks wurde zudem zum 1. Oktober 2005382 die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II eingefügt, die bestimmt, dass bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich abzusetzen ist. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 Euro, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 – 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt. Diese Regelung stellt zwar Hilfesuchende mit niedrigen Werbungskosten besser, sie führt aber dazu, dass Beschäftigte mit hohen Werbungskosten, die unter 400 Euro verdienen, schlechter gestellt werden als vor der Neuregelung. Auch die Situation von Selbständigen mit hohen Betriebskosten verschlechtert sich, denn diese stehen dann vor der Wahl, entweder ihre private Vorsorge oder ihren Betrieb aufzugeben. Sinnvoller wäre es gewesen, auch schon bei einem monatlichen Einkommen unter 400 Euro Ausnahmeregelungen vorzusehen. Ingesamt stellt die Regelung aber einen Fortschritt dar, denn auch das Steuerrecht und andere Sozialleistungen sehen Freibeträge oder Möglichkeiten einer pauschalen Kostenabsetzung vor, so dass eine Angleichung sinnvoll ist. Gleichzeitig mit § 11 Abs. 2 SGB II wurde auch § 30 SGB II verändert. Dieser soll als Anreiz zur Arbeitsaufnahme zusätzliche Teile des eigenen Erwerbseinkommens anrechnungsfrei lassen.383 In seiner alten Fassung sah er eine intransparente, komplizierte Berechnung in drei Stufen vor. Nach der neuen Fassung werden die Freibeträge nur noch in zwei Stufen berechnet, wobei ein Grundfreibetrag in Höhe von 100 Euro nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II belassen wird. Nur für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder mindestens ein minderjähriges Kind haben, sieht der § 30 SGB II insoweit eine Verbesserung vor, als dass nur in diesen Fällen oberhalb eines Einkommens von 1200 bis 1500 Euro Freibeträge eingeräumt werden. Allerdings sind die Freibeträge immer noch zu gering, um tatsächlich Arbeitsanreize zu schaffen, denn je mehr der Hilfesuchende verdient, desto geringer sind die Freibeträge, aber umso höher ist die Arbeitsbelastung. Ferner kommt bei den meisten Hinzuverdienerehen noch eine hohe Steuerbelastung hinzu.384 Außerdem hat der Gesetzgeber es im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung der 381 382 383 384

SG Oldenburg, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 47 AS 39 / 05 ER, juris. BT-Drs. 15 / 5446 (neu). BT-Drs. 15 / 5446, S. 5. Siehe Geiger, info also 2005, S. 13 (15).

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Grundsicherung für Arbeitsuchende385 versäumt, den Freibetrag von bis zu 1500 Euro entsprechend der Einbeziehung von Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in die Bedarfsgemeinschaft auch auf diese auszudehnen. Dabei kann es sich nur um ein redaktionelles Versehen handeln, so dass die Vorschrift dementsprechend auszulegen ist. Einkommen, das die Partner der Bedarfsgemeinschaft untereinander oder die Eltern für ihre Kinder einzusetzen haben, ist also die Summe aller Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die überhaupt als Einkommen zu berücksichtigen sind, abzüglich der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzenden Steuern, Beiträge und Werbungskosten sowie des Freibetrags nach § 30 SGB II. Daraus ergibt sich das Nettoeinkommen, das bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit und der Leistungsberechnung zu berücksichtigen ist. Nach der Regelung des § 9 Abs. 2 SGB II wird das gesamte nach § 11 SGB II bereinigte Partnereinkommen auf den Bedarf angerechnet, bis auf den Freibetrag, der nach § 30 SGB II abgesetzt werden kann. Dies bedeutet im Vergleich zu der früheren Arbeitslosenhilfe eine Verschlechterung. Zum einen wurde dort das Partnereinkommen weniger stark angerechnet, zum anderen konnten zum Arbeitslosenhilfebezug weitere Einkommensbestandteile wie Wohngeld, Kindergeld oder Partnereinkommen hinzukommen. Durch die Neuregelung werden viele ehemalige Arbeitslosenhilfeempfänger keine Leistungen nach dem SGB II erhalten und auf das Einkommen des noch erwerbstätigen Partners verwiesen. Dies wirkt sich insbesondere auf Haushalte mit relativ niedrigen Einkommen aus, die auf Erwerbstätigkeit beider Ehe- und Lebenspartner angewiesen sind, und vor allem auf Frauen aus, die in der Regel geringeres Einkommen erzielen.386 Die Regelung verstößt allerdings nicht gegen die Verfassung, solange den Partnern jeweils das Existenzminimum in Höhe des hypothetischen Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes verbleibt.387 Die Anrechnung des Partnereinkommens nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 2 GG. In Betracht käme nur eine mittelbare Diskriminierung der Frau. Eine mittelbare Diskriminierung durch ein Gesetz liegt dann vor, wenn eine Regelung zwar nicht ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft, ihre Tatbestandsvoraussetzungen jedoch so weit gefasst sind, dass sie de facto nur auf Männer oder Frauen Anwendung findet.388 Der Tatbestand des § 9 Abs. 2 SGB II ist zwar geschlechtsneutral gefasst, die Tatbestandsvoraussetzungen treffen aber häufig nur Frauen389; denn aufgrund der schlechten Erwerbsintegration von Frauen – sie gehen öfter einer Teilzeitbeschäftigung nach, verdienen weniger – sind die Chancen für Frauen mit erwerbsfähigen Partnern, deren Einkommen hoch genug ist, um sie zu versorgen, sehr viel höher als umge385 386 387 388 389

BT-Drs. 16 / 1410. Adamy, SozSich 2003, S. 285 (290). Siehe BVerfGE 87, 234 (259). Siehe EuGH, NZA 1986, S. 599 (600). Dies ist zwar empirisch schwer belegbar, dürfte aber der Wirklichkeit entsprechen.

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kehrt.390 Dies führt zur finanziellen Abhängigkeit vom Mann. Allerdings kann diese mittelbare Ungleichbehandlung mit dem Gedanken des sozialen Rechtstaates gerechtfertigt werden, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in Fällen in Anspruch genommen werden können, in denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt. Die Figur des sozialen Rechtsstaates folgt dabei aus der Verbindung von den verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien der Sozialstaatlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit.391 Dabei ist der Sozialstaat nicht so sehr, wie der Rechtsstaat, auf Freiheit gerichtet, sondern eher auf Gleichheit.392 Durch die Verknüpfung beider Prinzipien ergibt sich, dass die sozialstaatliche Tätigkeit nach den Grundsätzen und in den Formen des Rechtsstaates erfolgen muss.393 Der Rechtsstaat erhält wiederum durch das Sozialstaatsprinzip Inhalt und Substanz; es ist eine soziale Gerechtigkeit anzustreben.394 Die vereinende Klammer zwischen den beiden Prinzipien bildet die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde. Ihre Achtung verlangt sowohl die Verwirklichung des Rechtsstaates also auch des Sozialstaates, sie verlangt somit den sozialen Rechtsstaat.395 Aus dem Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit dem Menschenwürdegrundsatz ergeben sich zudem bestimmte Anforderungen für die Art der Hilfeleistung. Wie schon dargestellt, entspricht es der Menschenwürde, das Leben eigenverantwortlich bewältigen zu können. Darauf basiert der Nachranggrundsatz. Die staatlich garantierte Existenzsicherung erhält damit nur, wer sich aus eigener Kraft nicht mehr helfen kann, also bedürftig ist.396 Aus dem Prinzip des sozialen Rechtsstaates folgt also eine differenzierte Gerechtigkeit: Die begrenzten Mittel der Allgemeinheit dürfen nicht schematisch gestreut, sondern müssen auf diejenigen konzentriert werden, die wirklich hilfebedürftig sind. Wersig, Forum Recht 2005, S. 80 (81). Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), S. 8 ff. ging dagegen noch von einer Antinomie von Sozialstaatsprinzip und Rechtsstaatsprinzip aus. Inzwischen ist allerdings allgemein anerkannt, dass sich beide Strukturprinzipien miteinander verbinden lassen. Allerdings besteht zwischen ihnen ein Spannungsverhältnis, vgl. Benda, in: HdbVR, 2. Auflage, § 17, Rdn. 92 ff.; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20, Rdn. 31 ff.; Maurer, § 8, Rdn. 81; I. v. Münch, Staatrecht I, Rdn. 325 f.; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20, Rdn. 98 ff. 392 Benda, in: HdbVR, 2. Auflage, § 17, Rdn. 169. 393 Daher sind auch in diesem Bereich die Grundrechte, insbesondere der Gleichheitssatz, der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, die Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren und die Rechtsschutzgarantie zu beachten, siehe Maurer, § 8, Rdn. 82. Vgl. auch Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20, Rdn. 31 ff.; Zacher, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 28, Rdn. 110. 394 Im modernen Staat ist die Beachtung der rechtsstaatlichen Formen zwar unabdingbar, aber nicht ausreichend. Die Gesetze und die sonstigen Rechtsakte müssen auch inhaltlich gerecht sein, vgl. Maurer, § 8, Rdn. 83. Vgl. auch Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 20, Rdn. 50; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20, Rdn. 103 ff.; Zacher, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 28, Rdn. 110 f.; Zippelius / Würtenberger, § 13, 2., S. 118. 395 Maurer, § 8, Rdn. 84. 396 Siehe auch Schiek, in: AK-GG, Art. 20, Rdn. 80. 390 391

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Sozialstaatswidrig ist es, wenn Hilfen von denen in Anspruch genommen werden, die nicht hilfebedürftig sind.397 Insoweit reicht der Umstand, dass § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II eine wesentlich größere Anzahl von Frauen als von Männern trifft, nicht aus, um Art. 3 Abs. 2 GG zu verletzen. Außerdem ist nicht die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen und damit die finanzielle Abhängigkeit der Kernpunkt, sondern der fehlende Zugang der Frau zu staatlichen Leistungen, insbesondere der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, um die eigene Existenz durch Berufstätigkeit zu sichern. Denn ist die betroffene Frau durch Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihres Mannes nicht hilfebedürftig, ist die berufliche Wiedereingliederung auch nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende. b) Einsatz von Vermögen In einer Bedarfsgemeinschaft ist jedoch nicht nur Einkommen, sondern auch Vermögen zu berücksichtigen. Wie beim Einkommen gilt, dass grundsätzlich das gesamte Vermögen eingesetzt werden muss, um die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Übersteigt das zu berücksichtigende Vermögen den Bedarf, ist die Hilfebedürftigkeit so lange nicht gegeben, bis es verbraucht ist. Das Vermögen kann allerdings nur berücksichtigt werden, soweit es verwertbar ist; es muss sich demnach um ein bereites Mittel handeln. Verwertbar ist Vermögen, wenn es für den Lebensunterhalt nutzbar gemacht werden kann398, also verbraucht, übertragen, belastet, vermietet oder verpachtet werden kann.399 Rechtliche oder tatsächliche Hindernisse dürfen der Verwertung nicht entgegenstehen.400 Jedoch kann auch verwertbares Vermögen von der Berücksichtigung ausgeschlossen sein, wenn eine Verwertung unwirtschaftlich wäre oder eine besondere Härte401 bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II). Benda, in: HdbVR, 2. Auflage, § 17, Rdn. 169. Sauer, in: Jahn, SGB II, § 12, Rdn. 4; Zeitler, in: Mergler / Zink, SGB II, § 12, Rdn. 10. Siehe auch BVerwGE 106, 105 (107); Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 12, Rdn. 26. 399 Brühl, in: LPK-SGB II, § 12, Rdn. 8; Faber, NZS 2005, S. 75 (78); Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 65; Löschau / Marschner, Rdn. 432; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 12, Rdn. 4; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 12 SGB II, Rdn. 6; Zeitler, in: Mergler / Zink, SGB II, § 12, Rdn. 10. 400 BVerwG, NDV 1994, S. 152 (153); Brühl, in: LPK-SGB II, § 12, Rdn. 9; Krauß, MittBayNot 2004, S. 330 (333); Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 12, Rdn. 27; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 12 SGB II, Rdn. 6. 401 Eine unbillige Härte liegt vor, wenn bei sofortiger Verwertung eines Vermögensgegenstandes der Erlös deutlich hinter dem wirklichen Wert zurückbleibt, während davon auszugehen ist, dass nach einer gewissen Zeit ein dem wirklichen Wert entsprechender Erlös erzielbar wäre, siehe Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 70. Dies wäre zum Beispiel bei Kündigung einer kapitalbildenden Lebensversicherung kurz vor Endfälligkeit der Fall, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. 397 398

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Welches Vermögen im Einzelnen zu berücksichtigen ist, regelt § 12 SGB II, der im Wesentlichen dem bisherigen Arbeitslosenhilferecht entspricht402, und die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (Alg II-V). Der Freibetrag von 750 Euro für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft für notwendige Anschaffungen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) ist Folge der Pauschalierung der Leistungen zum Lebensunterhalt. Ein weiterer Ausschluss der Berücksichtigung von Vermögen findet sich in § 12 Abs. 2 SGB II. Etwas eigenartig mutet die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II an, nach der ein angemessenes Kraftfahrzeug für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen zu berücksichtigen ist. Ein Ehepaar mit zwei Kindern zwischen 15 und 24 Jahren kann damit also vier angemessene Kraftfahrzeuge haben.403 Ob dies im Sinne des Gesetzgebers war, kann bezweifelt werden. Weiterhin nicht zu berücksichtigen ist für die Bedarfsgemeinschaft ein angemessener Hausrat (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 SGB II).404 Ergänzend zu § 12 Abs. 2 SGB II bestimmt § 9 Abs. 4 SGB II, dass hilfebedürftig auch derjenige ist, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den es eine besondere Härte bedeuten würde. Die Regelung des § 9 Abs. 4 SGB II macht deutlich, dass es sich zum einen um Vermögen handeln muss, das nach § 12 SGB II berücksichtigt werden darf, das heißt, § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II ist vorrangig405. § 9 Abs. 4 BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. Als angemessen gilt dabei ein Kraftfahrzeug, wenn es für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ohne Bindung an öffentliche Verkehrsmittel den Transporterfordernissen für den Weg vom Wohnsitz zum Arbeitsort und zurück genügt. Das Fahrzeug muss dabei bescheidener Lebensführung entsprechen. Der Maßstab ist grundsätzlich kein Neuwagen, sondern ein Gebrauchtwagen unterhalb der Mittelklasse in einem Zustand aktueller uneingeschränkter Verkehrstüchtigkeit, siehe SG Aurich, NJW 2005, S. 2030 (2031); Sauer, in: Jahn, SGB II, § 12, Rdn. 20. Dabei wird ein Verkehrswert von bis zu 5000 Euro als angemessen zu erachten sein, siehe Brühl, in: LPK-SGB II, § 12, Rdn. 36; Löschau, DAngVers 2005, S. 20 (26); Löschau / Marschner, Rdn. 373; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 653; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 12, Rdn. 19. 404 Die Angemessenheit orientiert sich an Lebensumständen während des Bezugs der Leistung. Allerdings kann ein Hausrat nicht deshalb unangemessen sein, weil die Bedarfsgemeinschaft nach den augenblicklichen Verhältnissen nicht in der Lage wäre, Hausrat desselben Wertes anzuschaffen. Für die Angemessenheit genügt es, wenn die Gegenstände, die zum Hausrat gehören, nicht unbedingt notwendig, aber üblich sind, siehe Sauer, in: Jahn, SGB II, § 12, Rdn. 17. Zwar haben die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, anders als früher die Arbeitslosenhilfe, keine Lohnersatzfunktion, über die ein gewisser vorheriger Lebensstandard gesichert werden soll, siehe Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 12, Rdn. 3. Aber sich nur auf die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, wäre paradox, denn dann würde der Schutz des SGB II hinter dem der Sozialhilfe, bei der auf die bisherigen Lebensverhältnisse abzustellen ist, zurückfallen, wo demgegenüber der Schutz bei Kraftfahrzeugen des SGB II über den des SGB XII hinausgeht, siehe Brühl, in: LPK-SGB II, § 12, Rdn. 32. Ein anderes Ergebnis wäre auch nicht angemessen, da es Ziel des SGB II ist, die Betroffenen möglichst schnell in Arbeit wiedereinzugliedern. 402 403

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SGB II setzt also erst bei Sachverhalten ein, die von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II nicht erfasst werden406. Zum anderen geht es um die sofortige Verwertung, denn wäre das Vermögen dauerhaft nicht verwertbar, darf auch kein Darlehen im Sinne von § 23 Abs. 5 SGB II, dem ehemaligen § 9 Abs. 4 letzter Hlbs. SGB II, erbracht werden. Auch hier dürfen der Verwertung keine rechtlichen und tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen, da die Verwertung möglich sein muss.

c) Einsatzpflichtiger Personenkreis Bei der Bedürftigkeitsprüfung sind nicht nur eigenes Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen, sondern auch das der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II enthält damit eine Ausnahme vom Prinzip der individuellen Bedarfs- und Einkommensermittlung. Allerdings weist § 9 Abs. 2 SGB II in den Sätzen 1 und 2 insoweit Einschränkungen auf, als dass Einkommen und Vermögen zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft nicht generell berücksichtigt werden, sondern nur zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seinem Ehepartner, seinem Partner der eheähnlichen Gemeinschaft oder seinem eingetragenen Lebenspartner. Ferner haben leibliche und nicht leibliche Eltern gegenüber ihren Kindern Einkommen und Vermögen einzusetzen. Das Gesetz geht – wie schon gezeigt – in diesen Fällen davon aus, dass die miteinander lebenden Personen „aus einem Topf„ wirtschaften und in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen.407 Auf Unterhaltspflichten und unterhaltsrechtliche Selbstbehalte kommt es dagegen in diesem Zusammenhang nicht an, denn die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung nach § 9 Abs. 2 SGB II ist eine Regelung des öffentlichen Rechts.408 Sie ist insoweit auch eine abschließende Regelung, nur in den Fällen des § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II dürfen Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden.409 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, denn diese Vorschrift fingiert nur die Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und regelt die Verteilung der Leistungen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft, bezieht aber nicht alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II in die Anrechnung von Einkommen und Vermögen mit ein.410 § 9 Abs. 2 405 Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 63; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 47. Siehe auch Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 43. 406 Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 135. 407 Siehe BVerfGE 87, 234 (264); Faber, NZS 2005, S. 75 (76); Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 39; Löschau / Marschner, Rdn. 289; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 23; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); Steck / Kossens, Rdn. 64. 408 SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, 169 (171); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.8; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 7; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 27; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 40; Steck / Kossens, Rdn. 64. Siehe auch VGH München, FEVS 53, 550 (553). 409 LSG Berlin-Brandenburg, ZfSH / SGB 2006, 94 (97).

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Satz 1 und 2 SGB II geht somit der allgemeinen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II vor. Dabei ist die Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei Ehegatten, Lebenspartnern und Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft eine „Zweibahnstraße“, hier sind Einkommen und Vermögen des einen jeweils bei dem anderen zu berücksichtigen. Bezogen auf die unverheirateten Kinder ist die Regelung des § 9 Abs. 2 SGB II demgegenüber eine „Einbahnstraße“, nur Einkommen und Vermögen der Eltern dürfen bei den Kindern berücksichtigt werden und nicht umgekehrt.411 Der Begriff des Partners entspricht dem des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II. Eltern im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind hier die leiblichen Eltern, die Adoptiveltern und die nicht leiblichen Elternteile, nicht aber Groß- oder Pflegeeltern.412 Insoweit ist eine Änderung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgt, denn ursprünglich waren nicht leibliche Elternteile zwar in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen, ihr Einkommen und Vermögen wurden aber nicht im Rahmen von § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II berücksichtigt. Durch die Einbeziehung des im Haushalt lebenden unverheirateten noch nicht 25-jährigen Kindes des Partners eines Elternteils in die Bedarfsgemeinschaft soll es diesen Kindern ermöglicht werden, Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, und verhindert werden, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft zwei verschiedene Fürsorgesysteme zur Anwendung kommen.413 Keine Anwendung findet § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wenn das Kind schwanger ist oder als Mutter oder Vater sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut. Diese Bestimmung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und soll sicherstellen, dass eine minderjährige Schwangere nicht wegen des ansonsten üblichen Einsatzes des Elterneinkommens für die in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder zu einem Schwangerschaftsabbruch veranlasst wird.414 410 Siehe LSG Berlin-Brandenburg, ZfSH / SGB 2006, 94 (97). A.A. ist das SG Berlin, Beschluss vom 11. 05. 2005, Az: S 37 AS 1607 / 05 ER, juris. 411 Vgl. Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 33; Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 97; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 26; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 27. Siehe auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.44. 412 LSG Berlin-Brandenburg, ZfSH / SGB 2006, 94 (96); SG Aurich, info also 2005, 127 (128); SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (414); SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, 169 (171); SG Schleswig, Beschluss vom 02. 03. 2005, Az: S 1 AS 51 / 05 ER, juris; SG Oldenburg, Beschluss vom 24. 03. 2005, Az: S 45 AS 100 / 05 ER, juris; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 31; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 46; Löschau / Marschner, Rdn. 323; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 26; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 9, Rdn. 7. A.A. ist Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 91, der auch Pflegekinder mit einbeziehen will. Zur Verfassungswidrigkeit der Einbeziehung des nicht leiblichen Elternteils siehe Kap. 2, B., II., 4. 413 BT-Drs. 15 / 2816, S. 12.

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Soweit das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat oder verheiratet ist oder nicht mehr in der Bedarfsgemeinschaft lebt, ist die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen im Rahmen des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II SGB II ebenfalls ausgeschlossen.415 3. Fehlen der Hilfe von anderen Der Betroffene ist nicht nur dann nicht hilfebedürftig, wenn er sich selbst helfen kann, sondern auch dann nicht, wenn er die Hilfe von anderen erhält (§ 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II). Ausdrücklich genannt sind die Angehörigen und die Träger anderer Sozialleistungen. Erfasst sind aber auch alle anderen Personen oder Stellen, von denen der Hilfebedürftige Hilfe erhält („insbesondere“416).417 Auf den Grund der Leistung kommt es hierbei nicht an, erforderlich ist nur, dass der Hilfesuchende die Hilfe tatsächlich erhält.418 Tatsächliche Leistungen sind also auch dann zu berücksichtigen, wenn an sich eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der leistenden Person nach § 9 Abs. 2 oder Abs. 5 SGB II nicht in Betracht kommt oder wenn ein Anspruch auf die Hilfeleistung nicht besteht. Etwas anderes gilt nur, wenn der Hilfeleistende bei Säumigkeit oder rechtswidriger Leistungsverweigerung des Leistungsträgers nur eingesprungen ist, um eine akute Notlage zu beseitigen.419 Nicht ausreichend ist es dagegen, dass der Hilfebedürftige die erforderliche Hilfe zwar nicht tatsächlich erhält, aber, zum Beispiel durch Realisierung von Ansprüchen gegen Angehörige oder andere Träger von Leistungen, erhalten kann.420 Dies entspricht zwar dem Nachranggrundsatz, steht aber im Widerspruch zum Wortlaut der Norm. Es kommt auf die tatsächliche Lage an, denn wenn die Hilfe anderer nicht tatsächlich zur Verfügung steht, ist der Betroffene hilfebedürftig. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ansprüche gegen Dritte alsbald realisiert werden 414 BT-Drs. 15 / 1516, S. 53; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 36; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 50; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 9; Palsherm, ZfS 2004, S. 352 (354). Die Regelung sei damit ein „Schutzschild für das werdende Leben“, siehe Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 189. 415 Zur Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung volljähriger Kinder in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II siehe Kap. 2, B., II., 3. 416 Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 33. 417 Zum Beispiel: Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, Zuwendungen von anderen Menschen ohne rechtliche oder sittliche Verpflichtungen, Schmerzensgeldzahlungen nach § 847 BGB, soweit sie keinen Vermögensschaden ersetzen, Rückforderung von Schenkungen nach § 528 BGB, siehe Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 24. 418 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 16; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 14; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 34. 419 BVerwGE 94, 127 (135). 420 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 27; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 34. A.A. BT-Drs. 15 / 1516, S. 53.

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können421, in der Regel also innerhalb des Bedarfszeitraums zu einem Zufluss an Einkommen oder Vermögen führen.422 Nur dann ist Einkommen und Vermögen im Sinne von §§ 11, 12 SGB II vorhanden, und es stehen dem Betroffenen tatsächlich „bereite Mittel“ zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung. Soweit es sich um Ansprüche gegen andere Leistungsträger handelt, ist der Hilfebedürftige grundsätzlich verpflichtet, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Unterlässt er dies trotz Aufforderung durch den Leistungsträger des SGB II, kann der Antrag von diesem gestellt werden (§ 5 Abs. 3 SGB II). Zu den Ansprüchen gegen Angehörige gehören insbesondere Unterhaltsansprüche, sowohl bürgerlichrechtliche als auch vertragliche423. Der Begriff der Angehörigen ist dabei nicht auf unterhaltspflichtige Angehörige beschränkt. Unter Angehörigen sind in erster Linie Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte, Verschwägerte und auch Verlobte zu verstehen.424 Der Kreis der Angehörigen sollte dabei nicht über den in § 16 Abs. 5 SGB X genannten Personenkreis ausgedehnt werden.425 Macht der Hilfebedürftige die Unterhaltsansprüche nicht geltend, können sie nur in den Fällen des § 33 Abs. 2 SGB II auf den Leistungsträger übergeleitet werden. Die Vorrangigkeit der Hilfe anderer schließt jedoch nicht aus, dass Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld als ergänzende Leistungen erbracht werden, sofern die Leistungen eines anderen Trägers oder eines Dritten nicht den gesamten Bedarf decken426. Zu beachten ist diesbezüglich aber das Aufstockungs- oder Ersatzverbot des § 5 SGB II. 4. Zurechnung der Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft? Abschließend stellt sich die Frage, ob tatsächlich jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig sein muss. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensbedarf und den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft nicht decken kann. Das „und“ deutet zwar darauf hin, dass der Betroffene nicht allein deshalb als hilfebedürftig angesehen werden kann, weil er seinen Lebensunterhalt, nicht aber den der Bedarfsgemeinschaft decken kann.427 Demgegenüber bestimmt 421 BVerwGE 21, 208 (212); 55, 148 (152); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 28; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 34; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 18. 422 Siehe BVerwG, FEVS 19, 43 (45); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 28. 423 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 18. Siehe auch H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 13 f. Allerdings darf kein wirksamer Unterhaltsverzicht vorliegen. 424 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 17. 425 Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 3. 426 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 17. Vgl. auch Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 13. 427 Mrozynski, II.7, Rdn. 27.

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die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II aber, dass jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt. Danach ist also auch derjenige hilfebedürftig, der seinen eigenen Bedarf durch eigene Kräfte und Mittel deckt, während der gesamte Bedarf der Bedarfsgemeinschaft jedoch nicht durch die vorhandenen Kräfte und Mittel vollständig gedeckt werden kann. Damit muss sich jede Person über die bloße Funktion der Bedarfsgemeinschaft als Zuordnungsbegriff hinaus gerade im Rahmen der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit letztlich die Bedarfsgemeinschaft auch materiell zurechnen lassen. Das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wird über die Zurechnung zur Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig und damit über § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II eigener Anspruchsinhaber.428 Dies hat nicht nur theoretische Folgen, sondern ist zum Beispiel auch für mögliche Erbenhaftung (§ 35 SGB II) sowie für die Frage, wer Schuldner einer Erstattungsforderung bei unrechtmäßig gewährten Leistungen ist, relevant.429 Außerdem würden denjenigen, der seinen Bedarf decken kann, weitere Obliegenheiten, wie der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, treffen, obwohl er eigentlich nicht hilfebedürftig ist. Ferner gilt für die betroffene Person auch § 23 Abs. 2 SGB II, wonach bei unwirtschaftlichem Verhalten die Regelleistung als Sachleistung erbracht werden kann. Bei Annahme der Bedürftigkeit einer Person, die ihren eigenen Bedarf decken kann, würde diese auch nur Sachleistungen in Höhe ihres Anteils am ungedeckten Bedarf der Bedarfsgemeinschaft erhalten. Dies kann nicht durch die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gerechtfertigt werden.430 Ähnliches gilt auch für die stark personenbezogenen Mehrbedarfe des § 21 SGB II, die bei der Aufteilung des ungedeckten Bedarfs innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ebenfalls berücksichtigt werden müssten.431 Deshalb wird diese Regelung kritisiert, insbesondere werden verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht.432 Diese beruhen vor allem auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 11 Abs. 1 BSHG.433 Das Gericht hatte 428 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 8. A.A. ist das LSG NordrheinWestfalen, NJW 2005, 2253 (2255), das davon ausgeht, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II keine Stellung als Leistungsverpflichteter begründet, sondern eine Einstandsverpflichtung voraussetzt. Dem steht schon der klare Wortlaut der Norm entgegen. A.A. sínd auch das Thür. LSG, NZS 2005, 662 (663) und Mrozynski, II.7, Rdn. 27, die § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur eine Fiktion der Hilfebedürftigkeit entnehmen, wobei die Fiktion nur eine rechentechnische Bedeutung habe. 429 Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 9 SGB II, Rdn. 7; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 55. 430 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 30. 431 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 30. 432 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 24; Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220); Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 30; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 16; ders., in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 12; ders., ZfF 2004, S. 169 (171). Nach dem Bundessozialgericht ist die Regelung wenig sinnvoll, vgl. BSG, NZS 2007, 329 (330). 433 BVerwGE 108, 36 (38).

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die Auffassung vertreten, dass nur das Einkommen oder Vermögen berücksichtigt werden könne, das über den Betrag hinausgehe, den der Hilfesuchende für die Deckung seines eigenen Bedarfs benötige. Werde dagegen derjenige, der sich selbst helfen könne, verpflichtet, seine Mittel für andere einzusetzen, mit der Folge, dass er dadurch selbst mittellos werde und auf staatliche Hilfe angewiesen sei, würde dies gegen das Grundrecht auf Achtung und Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verstoßen. Teilweise wird eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II dahingehend vorgeschlagen, dass von Hilfebedürftigkeit nur bei Personen auszugehen ist, deren Einkommen oder Vermögen zur Deckung ihres eigenen Bedarfs nicht ausreicht.434 Eine solche Auslegung kann jedoch dazu führen, dass die Leistungen für die ganze Bedarfsgemeinschaft entfallen. Ist nämlich der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Person, die ihren Bedarf decken kann und sind keine weiteren erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vorhanden, über die eine Bedarfsgemeinschaft gebildet werden kann, würden die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II fehlen, da diese Regelung verlangt, dass zumindest ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in der Bedarfsgemeinschaft vorhanden sein muss. Die nicht erwerbsfähigen Angehörigen erhielten damit aufgrund ihrer akzessorischen Stellung435 ebenfalls keine Leistungen nach dem SGB II. Auch Leistungen des SGB XII kämen dann nicht mehr in Betracht, denn wenn „dem Grunde nach“ ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht, ist die ergänzende Sozialhilfeleistung nach § 5 SGB II, § 21 SGB XII ausgeschlossen – bis auf die Ausnahme nach § 5 Abs. 2 SGB II. Auch § 9 Abs. 1 SGB II kann nicht dahingehend interpretiert werden, dass hilfebedürftig auch derjenige ist, der den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht decken kann, denn dem steht der eindeutige Wortlaut des § 9 Abs. 1 SGB II entgegen, wo es „wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm . . .“ und nicht „wer seinen Lebensunterhalt oder den Lebensunterhalt der mit ihm . . .“ heißt. Teilweise wird aber auch versucht, das Problem dadurch zu überwinden, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II als Vorschrift zur Verteilung des Einkommensüberschusses gelesen und die Person, die ihren Bedarf durch eigene Kräfte oder Mittel decken kann, für die Bedarfsgemeinschaftsbildung als hilfebedürftig angesehen wird. Dies wird daraus abgeleitet, dass auch Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II – wie in der Regel Auszubildende (§ 7 Abs. 5, Abs. 6 SGB II) oder Rentenbezieher – haben, mit den mit ihnen im Haushalt lebenden, nicht erwerbsfähigen Personen eine Bedarfsgemeinschaft führen und diese Angehörigen Leistungen erhalten.436 Dabei wird aber übersehen, dass § 7 Abs. 5 SGB II ein 434 Sächs. LSG, Beschluss vom 07. 09. 2006, Az.: L 3 AS 11 / 06, juris; SG Schleswig, Beschluss vom 13. 06. 2006, Az.: S 9 AS 834 / 05, juris; dass., Beschluss vom 19. 02. 2007, Az.: S 7 AS 107 / 07 ER, juris. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 16; ders., ZfF 2004, S. 169 (171). 435 Berlit, info also 2003, S. 195 (198); Brönstrup, in: Hohm, SGB II, § 28, Rdn. 7; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 616; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 33.

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gesetzlich geregelter, umstrittener Ausnahmefall ist, der nicht auf diese Fälle übertragen werden kann. Denn der Leistungsausschluss bezieht sich dort auf eine staatliche Leistung, während es hier um eigene Kräfte und Mittel des Hilfesuchenden geht. Dort ist der Betroffene hilfebedürftig, aber aufgrund des Leistungsausschlusses nicht anspruchsberechtigt, während in der hier relevanten Fallkonstellation die Person schon gar nicht hilfebedürftig ist. Auch die Ausnahme zu § 7 Abs. 5 SGB II in § 7 Abs. 6 SGB II passt für die hier relevanten Fallgruppen nicht, da sonst wieder Hilfebedürftigkeit entstehen würde, die es zu vermeiden gilt. § 7 Abs. 5 SGB II ist kein genereller Ausschlusstatbestand, § 9 SGB II dagegen schon. Ähnliches gilt auch für die Personen, die unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 4 SGB II fallen. Insoweit können diese Fallkonstellationen nicht auf das hier vorliegende Problem übertragen werden. Ob § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II tatsächlich verfassungswidrig ist, muss aber noch überprüft werden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte seine zu § 11 BSHG vertretene Auffassung mit dem Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts437 zu den Regelungen des Grundfreibetrags im Einkommensteuerrecht begründet. Das Bundesverfassungsgericht hatte hierzu unter Bezugnahme auf Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG ausgeführt, dass dem Einkommensteuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Steuerschuld von seinem Erworbenen so viel verbleiben müsse, wie er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts und desjenigen seiner Familie benötige. Es dürfe daher kein Steuerpflichtiger infolge der Besteuerung darauf verwiesen werden, seinen eigenen Bedarf durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu decken. In der Literatur438 wird insoweit geltend gemacht, dass diese Situation mit der von § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht unbedingt vergleichbar sei. Während es sich bei dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt um einen staatlichen Eingriff durch Besteuerung handele, gehe es im Rahmen von § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II um die Gewährung von Leistungen oder um deren Aufteilung im Rahmen eines engen Familienverbandes mit ohnehin gesteigerten Unterhaltspflichten aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch in derselben Entscheidung darauf hingewiesen, dass eine die Abwicklung von Massenverfahren erleichternde Typisierung grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht439 zu § 11 BSHG festgestellt, dass bei zusammenlebenden Familienangehörigen die Er436 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 8 und 40 ff., § 7, Rdn. 50. Ähnlich auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. 05. 2005, Az: L 9 B 12 / 05 AS ER, juris. 437 BVerfGE 87, 153 (169, insbesondere 171 ff.). Siehe auch BVerfGE 82, 60 (85 ff.); 99, 246 (259 ff.); BVerfG, FamRZ 1999, S. 291 (292). 438 Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 59. 439 BVerwG, FEVS 21, 1 (3 f.); 43, 268 (271 f.). Siehe auch Faber, NZS 2005, S. 75 (76); Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 9, Rdn. 6; Löschau / Marschner, Rdn. 289; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 23; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 39; Steck / Kossens, Rdn. 64.

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fahrung zeige, dass sie „aus einem Topf“ wirtschafteten, so dass es geboten sei, in gewissem Umfang die Mittel zusammenzufassen, die ihnen zuflössen. Dies bedeute aber nicht, dass eine § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II entsprechende Zusammenfassung im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes von der Rechtsprechung abgelehnt wurde, weil eine derartige Vorschrift im Bundessozialhilfegesetz nicht vorhanden gewesen war.440 Diesen Argumenten ist nicht zuzustimmen. Auch bei der Bedarfsberechnung nach § 9 Abs. 2 SGB II handelt es sich um einen staatlichen Eingriff, der mit einer Besteuerung vergleichbar ist. Denn auch hier werden dem Hilfesuchenden Mittel entzogen, die er für einen anderen Zweck einzusetzen hat. In beiden Fällen handelt es sich dabei um einen öffentlichen Zweck, denn bei der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung im Rahmen des § 9 Abs. 2 SGB II geht es um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- und Leistungserwartung. Auch mit dem Argument des Wirtschaftens „aus einem Topf“ kann nicht begründet werden, dass eine Person hilfebedürftig wird, obwohl sie ihren Bedarf selbst decken kann, da eine Zusammenfassung von Personen zu einer Gemeinschaft nicht notwendig dazu führen muss, dass eine Person hilfebedürftig wird. Die Zusammenfassung von Mitteln in gewissem Umfang kann auch dann erfolgen, wenn eine Person ihren eigenen Bedarf decken kann, denn das heißt noch nicht, dass sie das ihren Bedarf übersteigende Einkommen und Vermögen nicht auch für die anderen Mitglieder der Gemeinschaft einsetzen muss, wie die Regelungen zur Einsatzgemeinschaft des Bundessozialhilfegesetzes oder des SGB XII zeigen. Der Gesetzgeber hat im SGB II ein System gewählt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen von dem Vorliegen eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abhängen. Insoweit hat er zwar ein Recht auf Typisierung. Diese Typisierung darf aber nicht so weit gehen, dass dadurch Personen hilfebedürftig werden, die ihren eigenen Bedarf decken können. Dem steht auch der Individualisierungsgrundsatz entgegen. Die Erklärung in den Gesetzesmaterialien, es werde „das Individualprinzip . . . nicht mehr auf die einzelne Person bezogen, sondern aufgrund der Lebenswirklichkeit gemeinsam wirtschaftender Haushalte erweitert“441, ist ein Widerspruch in sich442, zumal jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Anspruch auf Leistungen hat und so Bedürftigkeit und Bedarf individuell ermittelt werden können und müssen. Außerdem stimmt die Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II mit der des § 11 BSHG überein, insbesondere müssen bei den Personen, die nicht in die Berechnung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einbezogen werden dürfen, Bedarf und Einkommen und Vermögen ermittelt werden. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht nur eine andere Berechnungsmodalität bei der Verteilung des Einkommens und Vermögens und der Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft vor. Die Vorschrift kann also durchaus mit § 11 BSHG verglichen werden. 440 441 442

Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 59. BT-Drs. 15 / 1514, S. 56. Rothkegel, ZfSH / SGB 2005, S. 391 (394).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Richtig ist, dass es sich hier um eine Zusammenfassung der Bedarfe aus Verwaltungspraktikabilität handelt. Dies entspricht auch den unterhaltsrechtlichen Regelungen zur Verteilung im Mangelfall.443 Aber diese Zusammenfassung darf nicht dazu führen, dass derjenige, der seinen Bedarf decken kann, selbst hilfebedürftig wird. Außerdem umfasst die Bedarfsgemeinschaft auch Personen, die füreinander nicht unterhaltspflichtig sind, wie zum Beispiel Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft. Die Unterhaltspflicht kann demnach in den hier relevanten Fallgestaltungen keine Rolle spielen, entscheidend ist das Wirtschaften „aus einem Topf“, und das Füreinander-Einstehen. Bedenklich ist deswegen, dass jemand, der persönlich keine Hilfe benötigt, mit Rücksicht auf die Hilfebedürftigkeit anderer, denen gegenüber er unter Umständen nicht einmal unterhaltspflichtig ist, den rigiden Verhaltenspflichten des SGB II unterworfen wird.444 Zwar folgt aus der Tatsache, dass jemand freiwillig eine Bindung mit anderen eingegangen ist, die insgesamt ihren Bedarf nicht decken können, dass er auch für die Bedarfsunterdeckung der Gemeinschaft als Individuum haftet. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist dann aber zu fordern, dass der Zuordnungsgrund von Individuen zur Bedarfsgemeinschaft hinreichend klar und nachvollziehbar bleibt.445 Ob der „wechselseitige Wille Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen“ dafür ausreicht, erscheint äußerst fraglich. Außerdem führt die Berechnung nur bei einer „klassischen“ Bedarfsgemeinschaft von Vater, Mutter und Kind, in der kein nennenswertes Vermögen vorhanden ist, zu der beabsichtigten Verwaltungspraktikabilität. In allen anderen Fällen sind die Besonderheiten der §§ 7 Abs. 4 bis 6, 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu beachten, wodurch die Berechnung wieder verkompliziert wird.446 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist damit auch für SGB II relevant, so dass auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliegt.447 Das Bundessozialgericht448 teilt diese Bedenken nicht. Im SGB II habe der „fiktive Hilfebedürftige“ sogar einen Vorteil, da ihm eigene Ansprüche erwüchsen.449 Dies ist insoweit auch richtig, als es Ziel des SGB II ist, Menschen in Arbeit zu bringen, damit sie ihren Bedarf und den ihrer Angehörigen decken können. Vorteilhaft ist die Regelung daher für Arbeitslose, die eigenes Einkommen in Höhe ihres Münder, NJW 2004, S. 2309 (2311), Fn. 33. Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 30; Schoch, ZfF 2004, S. 169 (171). Kritisch äußert sich auch Brühl, info also 2004, S. 104 (108 f.). 445 Spellbrink, NZS 2007, 121 (123). 446 Siehe Kap. 2, C., II., 3. 447 So auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 36; DV, NDV 2007, S. 431 (431 f.); Spellbrink, NZS 2007, S. 121 (122). A.A. BSG, NZS 2007, S. 328 (330); Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 101; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 58 ff. 448 BSG, NZS 2007, S. 328 ff. 449 BSG, NZS 2007, S. 328 (330). 443 444

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persönlichen Bedarfs erzielen oder die eigenes Vermögen haben, das ihren Bedarf knapp deckt. Da sie auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft als hilfebedürftig gelten, erhalten sie – bei bestehender Erwerbsfähigkeit – einen Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. So können sie in die Lage versetzt werden, irgendwann auch den Bedarf der ganzen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu decken. Hat der Hilfesuchende zuvor Arbeitslosenhilfe empfangen und ist jetzt Einkommen vorhanden, um seinen Bedarf zu decken, bleibt ihm unter Umständen sogar der Zuschlag nach § 24 SGB II erhalten. Gleichzeitig dient die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II auch dazu, möglichst vielen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II zukommen zu lassen, um den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu entlasten und ihm seine Eingliederung in Arbeit zu ermöglichen. Diese Vorteile ändern aber nichts an der Verfassungswidrigkeit, denn auch wenn der Betroffene Leistungen zur Eingliederung und den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II erhält, wird er verpflichtet, seine Mittel für andere einzusetzen, mit der Folge, dass er dadurch selbst mittellos wird und auf staatliche Hilfe angewiesen ist. Verfassungsrechtlich problematisch kann die Regelung nach Ansicht des Bundessozialgerichts gegenüber den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft sein, weil diesen weniger Leistungen zugesprochen werden, als ihnen in Anbetracht ihrer tatsächlichen Hilfebedürftigkeit zustehen. Dies sei so lange unproblematisch, wie die Bedarfsgemeinschaft „funktioniere“ und das Geld innerhalb der Bedarfsgemeinschaft weitergereicht werde. Zu denken sei zudem daran, dass sich aus der öffentlich-rechtlichen Konstruktion der Bedarfsgemeinschaft ein zivilrechtlicher Anspruch auf „Weiterleitung“ des Betrages herleiten lassen könne, der dem individuell Nichtbedürftigen „für den anderen“ vom Leistungsträger zugestanden werde.450 Dabei muss jedoch schon in Frage gestellt werden, was unter einer „funktionierenden“ Bedarfsgemeinschaft zu verstehen ist. Der konstruierte „möglicherweise“ bestehende zivilrechtliche Anspruch des tatsächlich Hilfebedürftigen auf Weiterleitung „seines“ Anteils entbehrt einer nachvollziehbaren Rechtsgrundlage.451 Zudem könnte dieser Anspruch, wenn er bestehen würde, auch nicht auf den Leistungsträger gemäß § 33 SGB II übergeleitet werden, da der Verpflichtete in einer Bedarfsgemeinschaft lebt und damit der Übergang nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, dass das einer Bedarfsgemeinschaft zukommende Geld immer „aus einem Topf“ fließt. Macht beispielsweise der – isoliert betrachtet – nicht Hilfebedürftige von der Möglichkeit Gebrauch, seinen Anspruch selbst geltend zu machen, erhält er mehr, als ihm tatsächlich zusteht, ohne dass derjenige, der faktisch zu wenig erhält, eine rechtliche Möglichkeit hat, die Weiterleitung an sich durchzusetzen.452 450 451 452

BSG, NZS 2007, S. 328 (330). DV, NDV 2007, S. 431 (432). DV, NDV 2007, S. 431 (432).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Das Bundessozialgericht zeigt hier aber die Möglichkeit auf, dass der tatsächlich Hilfebedürftige einen Anspruch gegen den Träger auf ein (dann wiederum zu erlassendes) Darlehen haben könne und gegenüber dem nicht Hilfebedürftigen ein Ersatzanspruch des Trägers nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II bestehe.453 Das Bundessozialgericht betont jedoch, dass eine verfassungskonforme Auslegung derjenigen Regelungen notwendig ist, die Pflichten für den Hilfebedürftigen oder Dritte begründen. So liege z. B. ein wichtiger Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II vor oder der Betroffene müsse keine Eingliederungsvereinbarung wegen Atypik abschließen.454 Dies wäre zwar grundsätzlich möglich. Damit wird aber nicht der Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG geheilt. Zudem wäre eine verfassungskonforme Anwendung der Regelungen, die Pflichten für den fiktiven Hilfebedürftigen begründen, im Hinblick auf Art. 3 GG verfassungsrechtlich bedenklich. Denn derjenige Hilfebedürftige, der seinen eigenen Bedarf und den seiner Bedarfsgemeinschaft nicht decken kann, ist dem pflichtenbegründenden Regelungen unterworfen, während derjenige, der seinen eigenen Bedarf decken kann, jedoch nach dem Gesetz ebenfalls hilfebedürftig ist, den Regelungen nicht unterworfen ist. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die gleiche Behandlung rechtfertigen könnten.455 Wesentliches Vergleichselement ist das Leben in einer Bedarfsgemeinschaft und das Bestehen der Hilfebedürftigkeit. Unter diesem Vergleichselement sind die Betroffenen nach der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II aber gleich. Beide leben in einer Bedarfsgemeinschaft und beide sind nach dieser Regelung hilfebedürftig. Nach dieser Vorschrift macht es aber gerade keinen Unterschied, dass der eine Betroffene seinen Bedarf decken kann, der andere aber nicht.456 Würde derjenige, der seinen eigenen Bedarf decken kann, nicht auch den pflichtenbegründenden Regelungen unterworfen, läge damit eine Ungleichbehandlung vor, die nicht gerechtfertigt ist. Zudem übersieht das Bundessozialgericht weitere Konstellationen. Nach § 2 Abs. 2 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Dies würde aber auch bedeuten, dass der tatsächlich nicht Hilfebedürftige einen Anspruch nach § 528 BGB geltend machen muss, wenn er seinen eigenen Unterhalt bestreiten kann, nicht aber denjenigen weiterer Personen in der Bedarfsgemeinschaft, denen er nicht zum Unterhalt verpflichtet BSG, NZS 2007, S. 328 (330). BSG, NZS 2007, S. 328 (330); Spellbrink, NZS 2007, S. 121 (123). 455 BVerfGE 22, 387 (415); 52, 277 (280); 55, 72 (88); 60, 329 (346); 71, 146 (154 f.); 75, 382 (393); 84, 348 (359); 87, 234 (255); 94, 241 (260); 101, 239 (269); 105, 313 (352) BVerwG, NJW 1995, S. 1847 (1848). 456 Vgl. auch Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 51. 453 454

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft

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ist.457 Im Fall der Rückforderung von Leistungen ist fraglich, ob eine Rückforderung auch gegenüber dem nur rein rechnerisch Hilfebedürftigen möglich ist. Lebt er in einer „funktionierenden Bedarfsgemeinschaft“ und wird „aus einem Topf“ gewirtschaftet, entsteht das Problem, dass diese Person wirtschaftlich nicht von der Leistung profitiert hat, gleichwohl aber mit der Rückforderung der ihr bewilligten Leistungen konfrontiert wäre. Um nicht schlechter gestellt zu werden, müsste sie danach die von ihr an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Rahmen des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II verteilten Einkommensanteile wieder einziehen, was rechtlich wie auch tatsächlich unmöglich sein dürfte und zumindest höchst unbillig erscheint. Zudem gibt es im SGB II auch keinen Rückforderungsanspruch gegen den Verursacher einer rechtswidrigen Leistung.458 Auch der Anspruchsübergang nach § 33 SGB II gilt für den fiktiven Hilfebedürftigen. Allerdings wird in der Regel ein Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit im zivilrechtlichen Sinne nicht bestehen. Da Ansprüche aber nur insoweit übergehen, wie sie der Leistung des Trägers entsprechen, bleibt der Anspruchsübergang bezogen auf die Unterhaltsansprüche der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hinter der Summe der Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft zurück. Der Nachrang kann hinsichtlich der Differenz nicht realisiert werden.459 Demnach müssten für den fiktiven Hilfebedürftigen eine größere Anzahl von Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden, was wenig sinnvoll erscheint. Lediglich in Fällen, in denen ein Elternteil mit Kindern eine Bedarfsgemeinschaft bildet, kommt es regelmäßig nicht auf diese Problematik an, denn dann wird regelmäßig ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG bestehen, so dass alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr hilfebedürftig sind. Die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist damit verfassungswidrig. Die Hilfebedürftigkeit muss für jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzeln beurteilt werden. Eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes ist nicht möglich, da der Gesetzestext und der Wille des Gesetzgebers eindeutig sind.460 Gerade aufgrund der Systematik des Gesetzes, die Bedarfsgemeinschaft von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abhängig zu machen, ist es nicht möglich, § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II als eine reine Verteilungsregelung für einen eventuell bestehenden Einkommens- oder Vermögensüberschuss zu betrachten.461 § 9 SGB II DV, NDV 2007, S. 431 (433). DV, NDV 2007, S. 431 (433). 459 DV, NDV 2007, S. 431 (434). 460 So auch Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 51. A.A. sind Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.) und Luthe / C. Dittmar, Rdn. 623. 461 A.A. sind LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. 05. 2005, Az: L 9 B 12 / 05 AS ER, juris; SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (414); Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.); Mrozynski, II.7, Rdn. 26. A.A. ist auch Brühl, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 31 ff., der allerdings selbst § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II anders liest und damit den Wortlaut verändert. 457 458

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

muss dahingehend verändert werden, dass das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das seinen eigenen Bedarf, nicht aber den Bedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch Einkommen und Vermögen decken kann, nicht hilfebedürftig ist, andererseits aber die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weiterhin Leistungen nach dem SGB II erhalten, wenn es sich bei der Person um den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen handelt, der die Bedarfsgemeinschaft konstituiert.462 5. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass allein das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft nicht ausreicht, damit Rechte und Pflichten nach dem SGB II begründet werden können. Hinzukommen muss die Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II. Dazu ist erforderlich, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen eigenen Bedarf und den der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht durch eigene Kräfte und Mittel und nicht durch Hilfe anderer decken kann. Kann der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen eigenen Bedarf decken, nicht aber den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft, wird verfassungswidrig die Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II fingiert. Gleichzeitig wird in § 9 Abs. 2 SGB II auch bestimmt, wie in der Bedarfsgemeinschaft Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen sind. Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Partner der eheähnlichen Gemeinschaft und Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft haben Einkommen und Vermögen gegenseitig füreinander einzusetzen. Für das Verhältnis von leiblichen und nicht leiblichen Eltern zu ihren Kindern gilt dagegen, dass bei Hilfebedürftigkeit der Kinder Einkommen und Vermögen der Eltern zu berücksichtigen ist, während dies aber umgekehrt nicht gilt.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft Im Anschluss an die Darstellung der einfachgesetzlichen Vorgaben für die Bedarfsgemeinschaft stellt sich nunmehr die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Gleichstellung der von § 7 Abs. 3 SGB II erfassten Gemeinschaften zusammenlebender Personen. Bei der verfassungsrechtlichen Betrachtung ist § 7 Abs. 3 SGB II aber nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit § 9 Abs. 2 SGB II zu betrachten. Denn allein die Einbeziehung der zusammenlebenden Personen in § 7 Abs. 3 SGB II hat noch keine Folgen für die Mitglieder der entstehenden Bedarfsgemeinschaft, diese entstehen hauptsächlich erst aus der daraus resul462

Siehe dazu Kap. 5, C., I., 1.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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tierenden Pflicht zum Einsatz von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II. Nur wenn diese Gleichstellung verfassungsgemäß ist, können sich aus der Feststellung der Bedarfsgemeinschaft auch Folgen ergeben. Durch die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft und die daraus folgende Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen werden Ehe, eheähnliche Gemeinschaft, eingetragene Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft erstmals in einer gesetzlichen Vorschrift gleichgestellt. Ferner werden neben minderjährigen Kindern auch Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und nicht leibliche Kinder erstmals in eine Gemeinschaft, mit der Folge der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen, einbezogen. Solche Veränderungen im System der Arbeitslosen- und Sozialhilfe werfen auch immer die Frage auf, ob diese mit der Verfassung im Einklang stehen. Im Folgenden soll deshalb die Vorschrift des § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II verfassungsrechtlich näher betrachtet werden, insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG. Ebenso ist dabei auch die grundgesetzliche Absicherung und Wertigkeit der erfassten Personenkreise im Blick zu behalten. Zunächst wird mit der verfassungsrechtlichen Betrachtung der Gleichstellung von Ehe, eheähnlicher Gemeinschaft, eingetragener Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft durch § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II begonnen. Es stellt sich die Frage, ob diese vier Gemeinschaften zusammenlebender Personen tatsächlich durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gleichgestellt werden dürfen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ehe, die verfassungsrechtlich vor Benachteiligung geschützt wird. Anschließend werden die Folgen der Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft betrachtet. Dabei stellt sich zum einen die Frage, ob minderjährige und volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres tatsächlich gleichgestellt werden dürfen, mit der Folge, dass ihre Eltern Einkommen und Vermögen für sie einzusetzen haben. Das gleiche Problem ergibt sich auch für die Gleichstellung von leiblichen Eltern und nicht leiblichem Elternteil. Die Frage der Gleichbehandlung ist aber auch in anderer Weise relevant, denn andere Personengruppen werden nicht mit in die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II einbezogen. So erfolgt eine Ungleichbehandlung der Ehe gegenüber der Gemeinschaft von zwei zusammenlebenden Personen, die nicht als eheähnliche Gemeinschaft oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft angesehen werden können und dadurch jeweils Arbeitslosengeld II in voller Höhe erhalten. Ferner müssen dauernd getrennt lebende Ehegatten ihr Einkommen und Vermögen für den Ehegatten einsetzen, sobald es ihren eigenen Bedarf überschreitet. Getrennt lebenden Ehegatten dagegen kommt der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt zugute. Außerdem werden die Gemeinschaft von Eltern mit ihren Kindern, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, und die Gemeinschaft von Groß-

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

eltern mit ihren Enkeln nicht in die Regelung zur Bedarfsgemeinschaft des § 7 Abs. 3 SGB II einbezogen, so dass auch keine Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II, sondern nur nach § 9 Abs. 5 SGB II erfolgt. Diese Ungleichbehandlungen müssen ebenfalls verfassungsrechtlich betrachtet werden. Für die einzelnen Vergleichspaare sind in einem ersten Schritt die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die jeweilige Gemeinschaft darzustellen. Diese Vorgaben haben Auswirkungen auf die Frage der Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung oder Ungleichbehandlung, deren Beurteilung sich daran anschließt.

I. Die Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft Ehepartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, eingetragene Lebenspartner und Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft werden nach § 7 Abs. 3 SGB II als eine Bedarfsgemeinschaft angesehen, mit der Folge, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II Einkommen und Vermögen eines Partners gegenüber dem anderen zu berücksichtigen sind. Es stellt sich die Frage, ob diese Gleichstellung aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, denn zwischen den Partnern bestehen im Gegensatz zu Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern keine Unterhaltspflichten.

1. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft Zunächst soll die Gleichbehandlung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft betrachtet werden. Die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II bedeutet, dass der nicht hilfebedürftige Partner sein Einkommen und Vermögen wie ein Ehegatte für seinen Partner einzusetzen hat, obwohl die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft bewusst auf eine Eheschließung verzichtet haben. Ob dies unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist, soll im Folgenden untersucht werden. Wie schon die Bestimmung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft gezeigt hat, sind dabei besonders die Interpretation und die Wertung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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a) Verfassungsrechtliche Vorgaben Die Darstellung des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft hat schon ansatzweise deutlich werden lassen, in welch hohem Maße die Regelung des § 7 Abs. 3 GG auf grundgesetzlichen Regelungen und Anforderungen, insbesondere des Art. 6 Abs. 1 GG, und der Interpretation durch das Bundesverfassungsgericht beruht. Bei der Prüfung der Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft ist es deshalb überaus wichtig, die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die beiden Gemeinschaften, ihre grundgesetzliche Absicherung und Wertigkeit im Blick zu behalten.

aa) Die Ehe in der Ordnung des Grundgesetzes Ehe und Familie stehen nach Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das Grundgesetz selbst enthält keine Definition der Ehe, sondern setzt sie als besondere Form des menschlichen Zusammenlebens voraus.463 Die Ehe ist dabei ein rechtlich geprägter Schutzbereich und kein der staatlichen Ordnung an sich vorgegebener natürlicher Lebenssachverhalt wie Leben, Gesundheit oder Glauben.464 Dennoch meint die in Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Ehe keine beliebige Lebensgemeinschaft, sie ist auch und gerade in ihrer rechtlichen Prägung eine tradierte und vom Verfassungsgeber des Grundgesetzes vorgefundene Lebensform.465 Der Ehebegriff knüpft damit zum einen an eine spezifische christlich-abendländische Tradition an.466 Zum anderen gewährleistet das Grundgesetz das Institut der Ehe nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung, wie sie den jeweiligen herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht.467 Allerdings muss der Gesetzgeber bei der Ausformung der Ehe die wesentlichen Strukturprinzipien beachten, die sich aus der Anknüpfung an die vorgefundene Lebensform in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des verbürgten Grundrechts und anderen Verfassungsnormen ergeben.468 Dem Ehebegriff des Grundgesetzes liegt das Bild der „verweltlichten“ bürgerlich-rechtlichen Ehe zugrunde.469 Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet des463 Ott, NJW 1998, S. 117; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 13. Siehe auch BVerfGE 10, 59 (66); 53, 224 (245); 62, 323 (330); 105, 313 (345). 464 Kingreen, Jura 1997, S. 401; Krings, FPR 2001, S. 7 (8). A.A. ist Giesen, JZ 1982, S. 817 (818). 465 Krings, FPR 2001, S. 7 (8). 466 Krings, FPR 2001, S. 7 (8); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (622). 467 BVerfGE 15, 328 (332); 31, 58 (82 f.); 53, 224 (245); 105, 313 (345); Loschelder, FamRZ 1988, S. 333 (335); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 7; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 3. 468 BVerfGE 31, 58 (69); 36, 146 (162); 105, 313 (345).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

halb zwei Elemente als Konstitutionsprinzipien des Ehebegriffs: Danach ist Ehe zunächst einmal die Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer grundsätzlich unauflöslichen Lebensgemeinschaft.470 Des Weiteren ist die Ehe ein „Rechtsverhältnis“, in dem die Eheschließung unter amtlicher Mitwirkung erfolgt und der Bestand der Ehe amtlich registriert wird.471 Damit gehören die Einehe, die Verschiedengeschlechtlichkeit 472 der Partner, die grundsätzliche Unauflösbarkeit der Beziehung473, also die auf Lebenszeit angelegte Dauerhaftigkeit der Lebensgemeinschaft der Partner, und die rechtliche Fixierung zu den konstituierenden Merkmalen des verfassungsrechtlichen Schutzgutes Ehe.474 In dieser Form ist die Ehe zu schützen und zu fördern. Der „besondere“ Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG hat aber nicht nur programmatischen Charakter, sondern es werden daraus drei Schutzrichtungen abgeleitet:  Zunächst enthält Art. 6 Abs. 1 GG als Grundrecht im klassischen Sinne ein Abwehrrecht des Einzelnen gegen störende oder schädigende staatliche Ein- und Übergriffe in die Ehe- und Familiensphäre.475 Als Grundrecht verstärkt und kon469 BVerfGE 31, 58 (83); 36, 146 (163); 53, 224 (245); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 5; Gade, VR 2002, S. 397 (399); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 39; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 14; Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 22; Luckey, S. 48; Manssen, Rdn. 397; Oppermann, S. 8; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 2; Pieroth / Schlink, Rdn. 636; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 31. 470 BVerfGE 10, 59 (66); 29, 166 (176); 31, 58 (69); 36, 146 (163); 49, 286 (300); 53, 224 (245); 62, 323 (330); 87, 234 (264); 105, 313 (345), ständige Rechtsprechung. Gegen das Lebenszeitprinzip als Wesensmerkmal der Ehe ist Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15. 471 BVerfGE 29, 166 (176); 62, 323 (330); 105, 313 (345). 472 BVerfG, NJW 1993, 3058; OlG Köln, NJW 1993, 1997. Dagegen ist nach der Ansicht von Bruns, ZRP 1996, S. 6 (7 f.) und Ott, NJW 1998, S. 117 (118) die Verschiedengeschlechtlichkeit kein prägendes Begriffsmerkmal der Ehe. Siehe auch AG Frankfurt / Main, NJW 1993, S. 940 (941). 473 Dem steht die Möglichkeit einer Scheidung nicht entgegen, solange das Auflösungsverfahren dergestalt formalisiert und mit verfahrensrechtlichen Kautelen versehen ist, dass die Beendigung der Ehe durch einen einfachen Konsens oder gar durch bloße einseitige Kündigung ausgeschlossen ist, siehe BVerfGE 53, 257 (297); 55, 134 (142); Krings, FPR 2001, S. 7 (8). 474 Gernhuber, FamRZ 1981, S. 721 (722); ders., ZSR 1981, S. 397 (400); Pauly, NJW 1997, S. 1955; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 38. Siehe auch Giesen, JZ 1982, S. 817 (819). Zu den einzelnen Wesensmerkmalen der Ehe siehe Kingreen, S. 49 ff.; Müller-Manger, S. 131 ff. 475 BVerfGE 6, 55 (71); 12, 151 (163); 24, 119 (135); 31, 58 (67); 62, 323 (329); 80, 81 (92); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 19; Epping, Rdn. 488; Freytag, DÖV 2002, S. 445 (446); Gerlach, in: Konegen / Nitschke, S. 141 (143); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 32; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 3; Kingreen, S. 80; Krause, ZSR 1981, S. 415 (420); Müller-Manger, S. 160 f.; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (146); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 20; Schwerdtner, JR 1981, S. 265 (267); Stintzing, S. 84; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 30.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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kretisiert Art. 6 Abs. 1 GG somit die Entfaltungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG im privaten Lebensbereich.476  Außerdem enthält Art. 6 Abs. 1 GG eine Institutsgarantie.477 Sie gewährleistet den Bestand der privatrechtlichen Rechtseinrichtungen Ehe und Familie nicht abstrakt478, wohl aber im Sinne der Festschreibung der Strukturprinzipien, des überkommenen Kernbestands der das Familienrecht bildenden Vorschriften.479 Sie schützt den Kern der Vorschriften des Ehe- und Familienrechts gegen Aufhebung oder wesentliche Umgestaltung480 und stellt einen Ausgestaltungsauftrag und eine Ausgestaltungsschranke für den Gesetzgeber dar481. Der Gesetzgeber hat also bei seinen ausgestaltenden Tätigkeiten im Ehe- und Familienrecht einen „Ordnungskern“482 zu beachten.483 Bei aller Notwendigkeit der Berücksichtigung des sozialen und ökonomischen Wandels sind einige (wenige) Strukturprinzipien zu wahren, damit das, was Ehe im verfassungsrechtlichen Sinne einer verschiedengeschlechtlichen, grundsätzlich unauflöslichen Gemeinschaft bedeutet, erhalten bleibt, ohne dass dadurch eine „Versteinerung“ bewirkt würde.484 Insoweit sind die konstituierenden Wesensmerkmale der Ehe der Verfügungsgewalt des Gesetzgebers entzogen. Ehe und Familie werden damit 476 BVerfGE 42, 234 (236); 57, 170 (178); Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 14; SchmittKammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 20; Stintzing, S. 86. 477 BVerfGE 6, 55 (72); 24, 119 (135); 31, 58 (67); 62, 323 (329); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (25 ff.); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 3; Kingreen, S. 84; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (146); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 8; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 30. 478 BVerfGE 15, 328 (332); 53, 224 (245). 479 BVerfGE 6, 55 (72); 76, 1 (49); 80, 81 (92); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 12; Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2600); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (23); Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Lindenberg / Micker, DÖV 2003, S. 707 (709); Papier, NJW 2002, S. 2129 (2129 f.); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 7; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 27. 480 BVerfGE 80, 81 (92); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (25 ff.); Freytag, DÖV 2002, S. 445 (448); Gröschner in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 31; Krings, ZRP 2000, S. 409 (411); Stintzing, S. 84. Siehe auch Papier, NJW 2002, S. 2129 (2129 f.). 481 Krings, FPR 2001, S. 7 (9). Siehe auch BVerfGE 22, 93 (98); Dietlein, DtZ 1993, S. 136 (138); Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (396). Es handelt sich bei Art. 6 Abs. 1 GG also um einen normgeprägten Schutzbereich, siehe Epping, Rdn. 483. 482 BVerfGE 10, 59 (66); BayObLG, NJW 1993, S. 1996 (1997); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 69 f.; Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (495); Gade, VR 2002, S. 397 (398); Kingreen, S. 84; Pauly, NJW 1997, S. 1955; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 11; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 27; Stern, Staatsrecht III / 1, § 68, IV, 8., S. 825; Wasmuth, Der Staat 41 (2002), S. 47 (53). Dies gilt allerdings nur insoweit, als dass kein Verfassungswandel des Eheverständnisses stattgefunden hat, siehe Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 13. 483 Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 27. 484 Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (495). Siehe auch Pauly, NJW 1997, S. 1955; Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (396 f.).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

als Institution im Staat und in der Gesellschaft in ihren wesentlichen Grundzügen rechtlich garantiert.485  Ferner enthält Art. 6 Abs. 1 GG eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts gilt.486 Ehe und Familie sind demnach nicht nur als unaufgebbare Institute der Rechtsordnung konstituiert, sondern ihnen kommt eine Leitbildfunktion für die gesellschaftliche Selbstorganisation zwischenmenschlicher Beziehungen zu. Verfassungstextlich hat diese Wertentscheidung in der Formulierung eines besonderen Schutzes ihren Niederschlag gefunden.487 Der Begriff des Schutzes umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „positiv die Aufgabe für den Staat, Ehe und Familie nicht nur vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern, und negativ das Verbot für den Staat selbst, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen“. 488 Der Schutzauftrag geht somit über die allgemeine grundrechtliche Schutzpflicht hinaus489, erfährt aber insoweit Grenzen, als dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bestimmen kann, auf welche Weise er den ihm aufgetragenen Schutz verwirklichen will490. 485 Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 12; Giesen, JZ 1982, S. 817 (819). Siehe auch BVerfGE 53, 224 (245). 486 BVerfGE 6, 55 (72); 9, 237 (242); 22, 93 (98); 24, 119 (135); 31, 58 (67); 55, 114 (126); 62, 323 (329); 66, 84 (93); 76, 1 (49); 80, 81 (92 f.); 105, 313 (346); Badura, in: Maunz / Dürig, Art. 6, Rdn. 1; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (34); CoesterWaltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 35; Freytag, DÖV 2002, S. 445 (448); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (23); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 4; Kingreen, S. 85; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 58; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (146); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 8; Schumann, S. 198. Gusy, JA 1986, S. 183 (186 ff.) dagegen unterscheidet die Rechtsfolgen des Art. 6 Abs. 1 GG nach „Eingriffsverbot“, „Diskriminierungsverbot“ und „Schutzgebot“. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass das Grundgesetz eine objektive Werteordnung aufgerichtet hat (BVerfGE 7, 198 [205]) und die Grundrechte daher als wertentscheidende Grundsatznormen zu interpretieren sind (BVerfGE 6, 55 [72]). 487 Krings, FPR 2001, S. 7 (9). Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 6, 55 [71]; 24, 119 [149]) stellt Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie als Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Bindung verglichen werden kann, unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. 488 BVerfGE 6, 55 (76); 24, 104 (109); 28, 104 (113); 28, 324 (347); 32, 260 (267); 55, 114 (126); 80, 81, (92 f.); 105, 313 (346). Siehe auch Appel, S. 118; Freytag, DÖV 2002, S. 445 (448); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 34; Hesse, Rdn. 458; Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (23); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 10; Kingreen, Jura 1997, S. 401; Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 50; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 33; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 10; Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (398). 489 Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 35; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 20.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Die Schutzpflicht des Art. 6 Abs. 1 GG ist damit zweistufig aufgebaut. Auf der ersten Stufe enthält Art. 6 Abs. 1 GG ein Diskriminierungsverbot, auf der zweiten ein Privilegierungsgebot.491 Das hier eine Rolle spielende Diskriminierungsverbot verbietet grundsätzlich jede Benachteiligung oder Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Ledigen492 oder Kinderlosen493. Art. 6 Abs. 1 GG verlangt aber nicht, dass jede Belastung durch Ehe und Familie ausgeglichen werden muss494, steht aber als besonderer Gleichheitssatz allen Regelungen entgegen, die Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter stellen.495 Das einfache Recht muss also der verfassungsrechtlichen Vorrangstellung der Ehe Rechnung tragen.496 Als Privilegierungsgebot führt Art. 6 Abs. 1 GG zu einer staatlichen Förderungspflicht, deren Inhalt und Ausmaß sich allerdings nicht unmittelbar aus der Verfassung ableiten lassen, sondern gesetzgeberischer Gestaltung überlassen bleiben.497 Art. 6 Abs. 1 GG schützt somit Ehe und Familie als einen geschlossenen, gegen den Staat abgeschirmten und die Vielfalt rechtsstaatlicher Freiheit stützenden Autonomie- und Lebensbereich.498 Konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen lassen sich aber in aller Regel daraus nicht ableiten.499 490

Siehe BVerfGE 21, 1 (6); 55, 114 (127); 62, 323 (333); Epping, Rdn. 483; Luckey,

S. 49. 491 Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853); Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (619). Siehe auch BVerfGE 6, 55 (76); 55, 114 (126); Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (496 f.); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 35; Lindenberg / Micker, DÖV 2003, S. 707 (710); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 32. Kritisch zur Herleitung des Diskriminierungsverbots aus Art. 6 Abs. 1 GG äußert sich Kingreen, S. 207 ff., S. 294 ff. 492 Siehe BVerfGE 9, 237 (247); 21, 1 (5); 28, 324 (347); 32, 260 (267); 47, 1 (19); 69, 188 (205); 75, 361 (366); 75, 382 (393); 99, 216 (232); BSG, NJW 1993, S. 3346 (3349); Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853). 493 Siehe BVerfGE 28, 104 (112); 82, 60 (80); 87, 1 (37); 99, 216 (232); Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853). 494 BVerfGE 23, 258 (264); 28, 104 (113); 32, 260 (267 f.); 39, 316 (326); 40, 121 (132); 43, 104 (125); 45, 104 (125); 55, 114 (127); 75, 348 (360). 495 Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 37; Epping, Rdn. 487; Freytag, DÖV 2002, S. 445 (448); Kingreen, Jura 1997, S. 401 (405); ders., NVwZ 1999, S. 852 (853); Neuhaus, FamRZ 1982, S. 1 (4); Papier, NJW 2002, S. 2129 (2130). Ebenso verbietet das Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG grundsätzlich jede Benachteiligung oder Schlechterstellung von Familienmitgliedern gegenüber Nicht-Familienangehörigen, siehe BVerfGE 28, 104 (112); Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853). 496 Schumacher, FamRZ 1994, S. 857 (858). 497 Freytag, DÖV 2002, S. 445 (448); Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (620); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 30. Siehe auch BVerfGE 6, 55 (76); 23, 258 (264); 55, 114 (127). 498 Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 1; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 8. 499 BVerfGE 39, 316 (326); 82, 60 (81); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (30); Gade, VR 2002, S. 397 (399); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 13;

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

bb) Die eheähnliche Gemeinschaft in der Ordnung des Grundgesetzes Die eheähnliche Gemeinschaft wird im Grundgesetz an keiner Stelle erwähnt500, weder unmittelbar noch mittelbar. Daraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass das Zusammenleben in einer eheähnlichen Gemeinschaft verfassungsrechtlich verboten ist.501 Dieser Auffassung ist auch der Gesetzgeber, wie § 7 Abs. 3 SGB II, § 20 SGB XII und § 6 Abs. 3 Satz 2 BErzGG zeigen. Die Tatsache, dass das Grundgesetz über die eheähnliche Gemeinschaft nicht redet, bedeutet jedoch nicht, dass das Grundgesetz dazu schweigt. Wenn die Nichterwähnung der eheähnlichen Gemeinschaft im Grundgesetz als Schweigen bezeichnet wird, kann dieses Schweigen nur ein beredtes Schweigen sein.502 Die Ehe ist somit nicht die einzig rechtlich zulässige Rechtsform.503 Es stellt sich damit die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit die eheähnliche Gemeinschaft verfassungsrechtlich geschützt ist. (1) Schutz durch Art. 6 Abs. 1 GG Es stellt sich zunächst die Frage, ob die eheähnliche Gemeinschaft vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst ist, denn wenn der Gesetzgeber sie mit der Ehe gleichstellt, muss die eheähnliche Gemeinschaft auch insoweit in den wesentlichen Punkten vergleichbar sein. (a) Die eheähnliche Gemeinschaft als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG Die eheähnliche Gemeinschaft ist nicht als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG anzusehen. Eine eheähnliche Gemeinschaft ist nach der Rechtsprechung des BunRobbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 9. Es gibt lediglich Ansätze zu einer sozialen Schutzfunktion, allerdings meist in Verbindung mit anderen Grundrechten wie Art. 3 Abs. 1 GG. 500 Die Verfassungen von Berlin (Art. 12 Abs. 2) und Brandenburg (Art. 26 Abs. 2) dagegen enthalten Staatszielregelungen zugunsten der nichteheliche Lebensgemeinschaft. 501 Burhoff, Rdn. 489; Gusy, JA 1986, S. 183 (184); Maus, S. 87; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (146 ff.); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 43; SchmittKammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43; Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (304). Siehe auch BVerfGE 82, 6 (15); 84, 168 (184); Appel, S. 117; Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (152); Schwerdtner, JR 1981, S. 265 (267). Die eheähnliche Gemeinschaft wird insbesondere durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützt, siehe Kap. 2, B., I., 1., a), bb), (2). 502 Kingreen, Jura 1997, S. 401 (407); Müller-Manger, S. 138; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (139); Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (205). Die eheähnliche Gemeinschaft ist ein gesellschaftliches Phänomen, das das Recht nicht einfach ignorieren kann. Die Führung einer eheähnlichen Gemeinschaft ist damit ein Verhalten, das, ohne in einer Grundgesetznorm genannt zu werden, unter den Anwendungsbereich einer Grundgesetznorm subsumiert werden kann, siehe I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (139). 503 Müller-Manger, S. 138.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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desverfassungsgerichts eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft). Damit weist die eheähnliche Gemeinschaft fast alle eine Ehe prägenden Merkmale auf. Es fehlt jedoch an einem wesentlichen Strukturmerkmal der Ehe, nämlich der grundsätzlich unauflöslichen Lebensgemeinschaft504, also einer Lebensgemeinschaft, die jedenfalls von Anfang an auf Lebenszeit angelegt ist505. Dieses ist nicht das Leitbild der eheähnlichen Gemeinschaft, die Partner wollen sich die Möglichkeit einer späteren Trennung offen halten, auch wenn sie es in der Regel nicht ausdrücklich äußern.506 Außerdem kann die eheähnliche Gemeinschaft jederzeit, die Ehe jedoch nur unter staatlicher Mitwirkung aufgelöst werden. Ferner fehlt es bei der Begründung der eheähnlichen Gemeinschaft an der Mitwirkung des Staates und einer entsprechenden Registrierung, es wird bewusst auf das formale Element verzichtet. Die eheähnliche Gemeinschaft ist somit weder rechtlich verbindlich begründet noch grundsätzlich unauflöslich und ist deshalb keine Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Etwas anderes könnte sich unter dem Aspekt eines Verfassungswandels ergeben.507 Unter einem Verfassungswandel wird in der Verfassungslehre die Möglichkeit verstanden, die Auslegung verfassungsrechtlicher Normen im Laufe der Zeit zu verändern, um sie so den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen.508 Die Problematik eines Verfassungswandels liegt darin, dass durch ihn eine ausdrückliche Verfassungsänderung nach Art. 79 GG umgangen werden könnte, die Verfassung also stillschweigend und ungeachtet formeller und materieller Grenzen verändert wird.509 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas504 Daran hat auch die Einführung des Zerrüttungsprinzips nichts geändert. Das Prinzip der Lebenslänglichkeit wird durch die erleichterte Form der Beendigung einer Ehe zwar relativiert, Leitbild der Ehe im verfassungsrechtlichen Sinne ist aber weiterhin die „grundsätzliche“ Unauflösbarkeit. Denn dadurch, dass die Scheidung nicht vollständig in das Belieben der Partner gestellt ist, sie also rechtlich eine Ausnahme bleiben soll, bleibt die grundsätzliche Unauflösbarkeit bestehen. Außerdem sind dem Gesetzgeber im Falle einer Scheidung besondere Schutzpflichten auferlegt, zum Beispiel beim Versorgungsausgleich oder beim Unterhalt (siehe BVerfGE 53, 257 [297]; 63, 88 [109]; 66, 84 [93]). Er ist zu einer auf die Aufrechterhaltung der Ehe zielenden Ausgestaltung des Eherechts verpflichtet (siehe BVerfGE 53, 224 [245 ff.]; 55, 134 [141 f.]). 505 Herzog, in: Bitburger Gespräche 1988, S. 15 (17). 506 A.A. ist Ohlenburger-Bauer, S. 2 f., die davon ausgeht, dass auch die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ein Ende nicht planen oder ins Auge fassen. Dem steht aber das erhöhte Trennungsrisiko eheähnlicher Gemeinschaften gegenüber: 20 Prozent trennen sich bereits nach ca. zwei Jahren, nach sechs Jahren besteht die Hälfte der eheähnlichen Gemeinschaften nicht mehr, siehe Nave-Hertz, FPR 2001, S. 3 (6). 507 Zum Verfassungswandel siehe Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 ff. 508 Friauf, NJW 1986, 2599; Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 (127); Trimbach / Webert, NJ 1998, S. 63 (64).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sungsgerichts kann eine Verfassungsbestimmung allerdings nur dann einen Bedeutungswandel erfahren, wenn in ihrem Bereich neue, nicht vorausgesehene Tatbestände auftauchen oder aber bekannte Tatbestände durch Einordnung in den Gesamtablauf einer Entwicklung in neuer Beziehung oder Bedeutung erscheinen.510 Art. 79 GG steht demnach einem Verfassungswandel nicht von vornherein entgegen, so dass die Auslegung der Verfassung auf eine veränderte Wirklichkeit reagieren darf und somit nicht zum „toten Buchstaben“511 wird, während durch Art. 79 GG aber auch Kontinuität und Stabilität gewahrt wird.512 Allerdings ist es fraglich, ob ein Verfassungswandel des Begriffs der Ehe überhaupt möglich ist. Eheähnliche Gemeinschaften gab es immer513, sie sind keine Tatbestände, die erst nach der Verkündung des Grundgesetzes aufgetaucht sind514. Die Tatsache, dass Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe nicht als einzige rechtmäßige Lebensgemeinschaft bezeichnet, besagt nur, dass die Verfassung die eheähnliche Gemeinschaft nicht verbietet, nicht aber, dass sie von Art. 6 Abs. 1 GG erfasst wird. Auch die zahlenmäßige Zunahme der eheähnlichen Gemeinschaften lässt Art. 6 Abs. 1 GG nicht „in neuer Beziehung oder Bedeutung“ erscheinen.515 Das Zusammenleben von 509 Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 (139); Kingreen, S. 66 f.; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (207). 510 BVerfGE 2, 380 (401); 3, 407 (422); 7, 342 (351). Siehe auch Beyerle, S. 5; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (47); Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 (124); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (140 f.); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (73). Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (30) hält einen Verfassungswandel im Bereich des Art. 6 Abs. 1 GG erst gar nicht für möglich, weil der normative Geltungsanspruch der Verfassung nicht von dem lediglich faktischen Verhalten eines Teils der Bevölkerung abhängen dürfe. So auch Benda, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 1331 (1352); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808). 511 Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 (137); Kingreen, S. 67. 512 Kingreen, S. 67; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (205). 513 Beyerle, S. 5. So gab es bereits im römischen Recht das Konkubinat, welches in seiner spätantiken Form bis in das 11. und 12. Jahrhundert bestanden hat. Im älteren deutschen Recht scheint die Friedelschaft in mancher Hinsicht entsprechende Funktionen erfüllt zu haben, vgl. Strätz, FamRZ 1980, S. 301 f. 514 I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (141); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (73). Dies beweisen schon die Protokolle zur 43. Sitzung im Hauptausschuss des Parlamentarischen Rates. Die Abgeordnete Frau Dr. Seifert hatte in der Debatte zu Art. 6 Abs. 5 GG unter anderem ausgeführt, dass sich seit der Weimarer Zeit „die soziologischen Verhältnisse auch bei uns in Deutschland grundlegend verändert haben, (und) sich heute außerhalb der Ehe bereits neue Lebensformen bilden, die keineswegs als unmoralisch und nicht zu billigen anzusehen sind“, siehe Maus, S. 86. A.A. ist Stintzing, S. 111. 515 I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (141). Die Verdreifachung der Zahl der eheähnlichen Gemeinschaften in dem Zeitraum von 1978 bis 1992, die im April 1999 ihren Höchststand von 2, 1 Millionen erreicht hat, besagt insoweit wenig, zumal die Erfassung weitgehend auf Schätzungen beruht und statistisch wesentlich ungenauer ist als die Angabe der Zahl der Eheschließungen, die mit 19, 5 Millionen seit 1995 annähernd gleich geblieben ist, siehe Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (628 f.). Siehe auch BT-Drs. 12 / 6000, S. 57, wo eine Ausdehnung des Art. 6 Abs. 1 GG auf andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften angedacht wurde.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Mann und Frau wurde nicht in einer vom Verfassungsinhalt abweichenden Übung so nachhaltig geprägt, dass sich ein Verfassungswandel anbahnt.516 Zwar besteht eine große Ähnlichkeit zwischen Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft in dem sozialen Erscheinungsbild und der inhaltlichen Funktionsübereinstimmung. Die Ehe ist aber von vornherein kein relativ offener Begriff, denn die konstitutiven Elemente des Verfassungsbegriffs „Ehe“, insbesondere die grundsätzliche Unauflöslichkeit, sind, da normativ vorgegeben, gegenüber einem gesellschaftlichen Wertewandel „resistent“.517 Nicht verzichtet werden kann auch auf die Öffentlichkeit und Formalisierung des Eheschlusses.518 An diesen Kriterien fehlt es (gewolltermaßen) bei der eheähnlichen Gemeinschaft. Auch der allgemeine Sprachgebrauch verwendet den Begriff der Ehe allein für eine formell begründete Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Ferner ist ein Verfassungswandel ausgeschlossen, wo er in eindeutigem Widerspruch zu einem eindeutigen Normtext steht.519 Neben dem eindeutigen Begriff der „Ehe“ spricht Art. 6 Abs. 1 GG auch von einem „besonderen“ Schutz. Dies wäre unnötig, wenn dadurch nicht auch eine Abgrenzung gegenüber anderen eheähnlichen Gemeinschaften erreicht werden soll, auch wenn diese die von Art. 6 Abs. 1 GG gemeinte soziale Funktion erfüllen520. Ein Verfassungswandel kommt somit nicht in Betracht.521 Die eheähnliche Gemeinschaft ist keine Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG.522 Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (628). Siehe dazu Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2601). Daran ändert auch die Einführung des Zerrüttungsprinzips nichts, denn das Bundesverfassungsgericht spricht nur von einer „grundsätzlichen“ Unauflösbarkeit und meint damit, dass die Ehe von beiden Partnern als dauernde Gemeinschaft beabsichtigt und versprochen wird, und dass sie nach ihrem Inhalt auf Lebenszeit angelegt ist, siehe BVerfGE 53, 224 (245). 518 Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2601). Siehe auch Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 9. Wandlungen im Hinblick auf die rechtliche Form der Eheschließung sind jedoch möglich. 519 Hesse, in: Festschrift Scheuner, S. 123 (139); I. v. Münch, in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (73). 520 Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 56. Diese soziale Funktion der eheähnlichen Gemeinschaft ist aber vom einfachen Gesetzgeber in Abwägung des verfassungsrechtlichen Rahmens (Art. 2, Art. 3, Art. 6 GG) zu beachten, siehe BVerwGE 87, 234 (265); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 7. 521 Maus, S. 85 f.; Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (628); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (140); Pieroth / Schlink, Rdn. 640. Siehe auch Bültmann, StuW 2004, S. 131 (132); Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (492); Lecheler, DVBl. 1986, S. 905 (908 ff.); Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). A.A. ist Stintzing, S. 92 ff., insbesondere S. 118, die die nichteheliche Lebensgemeinschaft unter dem Aspekt des Verfassungswandels als drittes unbenanntes Schutzgut des Art. 6 Abs. 1 GG sieht. Dem steht aber schon der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Außerdem soll nach Stintzing trotz der Einbeziehung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als drittes Schutzgut daraus keine Gleichstellung mit der Ehe folgen. Wenn aber die nichteheliche Lebensgemeinschaft in den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unter dem Aspekt des Verfassungswandels einbezogen werden soll, muss sie aufgrund der Vergleichbarkeit mit der Ehe auch verfassungsrechtlich gleichgestellt werden. Beyerle, S. 5 hält einen Verfassungswandel für möglich, wenn eheähnliche Gemeinschaften so üblich geworden sind wie Ehen. 516 517

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

(b) Analoge Anwendung des Art. 6 Abs. 1 GG Die eheähnliche Gemeinschaft kann auch nicht durch eine analoge Anwendung des Art. 6 Abs. 1 GG in dessen Schutzbereich einbezogen sein.523 Eine analoge Anwendung scheitert nicht schon daran, dass Art. 6 Abs. 1 GG die eheähnliche Gemeinschaft nicht erwähnt, denn die Analogie bleibt nicht an der Grenze des Wortsinns einer Vorschrift stehen, sondern überträgt die für einen oder mehrere Tatbestände im Gesetz niedergelegten Regeln auf einen vom Gesetz nicht geregelten „ähnlichen“ Tatbestand.524 Gegen eine analoge Anwendung spricht auch nicht, dass die eheähnlichen Gemeinschaften in der Regel die rechtlichen Bindungen einer Ehe und die sich daraus ergebenden Rechtswirkungen ablehnen, denn allein dadurch, dass sie nicht heiraten, wollen sie nicht auf jede Art von Rechtsschutz verzichten.525 Eine analoge Anwendung des Schutzes der Ehe würde aber gegen den erkennbaren Willen des Verfassungsgesetzgebers verstoßen, der einer Analogie Grenzen setzt526. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wollten die Ehe als rechtsverbindlich eingegangene Lebensgemeinschaft unter den besonderen Schutz der Verfassung stellen, ersichtlich sollten die eheähnlichen Gemeinschaften in diesen Schutz nicht einbezogen werden.527 Dies war auch die Auffassung der gemeinsamen Verfassungskommission 1994.528 Die Ehe ist auch heute noch ein aliud529 522 Einhellige Meinung in Literatur und Rechtsprechung, siehe BSGE 52, 276 (278); BSG, NJW 1989, S. 3036 (3038); BSG, NZS 1998, S. 581 (583); NZS 1999, S. 308 (309); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Battes, in: Blaurock, S. 21 (22); Berghahn, KJ 1993 (Bd. 26), S. 397 (402); Beyerle, S. 4; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Coester-Waltjen, NJW 1988, S. 2085 (2086); Herzog, in: Bitburger Gespräche 1988, S. 15 (21); Knoche, S. 50; Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 91; Manssen, Rdn. 397; E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 13; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 437; ders., in: Landwehr, S. 137 (141); Oppermann, S. 10; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 2; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15; R. Scholz, ZRP 1981, S. 225 (228); Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (61); Stern, Staatsrecht III / 1, § 68, IV, 8., S. 825; Stintzing, S. 103; Wegner, FamRZ 1996, S. 587; Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808). 523 So Derleder, NJW 1980, S. 545 (547). Gegen eine analoge Anwendung sind Bültmann, StuW 2004, S. 131 (132); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Rdn. 67; Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 25); Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 130; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 36 a; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 44; Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (151); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (34); Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (79); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 18; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808). 524 Kingreen, S. 252; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 16. 525 Siehe Müller-Manger, S. 176; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 17. 526 Siehe BVerfGE 69, 315 (372). 527 Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 18; Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808). 528 BT-Drs. 12 / 6000, S. 54 ff. Siehe auch Gerlach, in: Konegen / Nitschke, S. 141 (150 ff.).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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im Vergleich zu der eheähnlichen Gemeinschaft, insbesondere deshalb, weil sich die Angehörigen dieser Lebensform ausdrücklich gegen die Ehe entschieden haben. Eine völlige Gleichstellung mit der Ehe würde in letzter Konsequenz auf eine „Zwangsehe durch Gesetz“ hinauslaufen, was die Beteiligten gerade nicht wollen.530 Eine analoge Anwendung scheidet damit aus.

(c) Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft unter dem Aspekt der „Vorwirkung“ Die eheähnliche Gemeinschaft könnte aber auch unter dem Aspekt der Eheschließungsfreiheit, also der Freiheit, mit einem selbst gewählten Partner die Ehe einzugehen, in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogen werden.531 Dies wäre aber nur unter dem Aspekt der „Vorwirkung“ möglich.532 Vorwirkung meint in diesem Sinne „voreheliche Aktivitäten“ und das „gemeinsame Suchen oder Versuchen“, was der Zweck vieler eheähnlicher Gemeinschaften ist. Die eheähnliche Gemeinschaft würde dann insoweit von Art. 6 Abs. 1 GG erfasst, als dass der Staat die Möglichkeit, einen Ehepartner zu finden, nicht rigoros verbieten kann. Ebenso verhält es sich mit dem gemeinsamen Versuchen. Jedoch beinhaltet die so verstandene Eheschließungsfreiheit – abgesehen davon, dass die „Vorwirkung“ des Art. 6 Abs. 1 GG tatbestandlich nur für „Ehen auf Probe“ gelten kann und sich in der Praxis eine Abgrenzung von der eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit unbestimmten oder gar keinen Heiratsabsichten schwierig gestaltet – jedenfalls kein Gebot, die „Suche“ oder das „gemeinsame Versuchen“, also die eheähnliche Gemeinschaft, zu fördern oder mit der Ehe gleichzustellen.533 Eine Einbeziehung in den Schutzbereich als Vorwirkung kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

(d) Die eheähnliche Gemeinschaft als Schutzobjekt der negativen Seite des Art. 6 Abs. 1 GG Als Ausfluss der negativen Eheschließungsfreiheit kann das Eingehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ebenfalls nicht angesehen werden. Ob Art. 6 Abs. 1 GG überhaupt die negative Eheschließungsfreiheit, vergleichbar mit der negativen Glaubensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG oder der negativen Vereinigungsfrei529 Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 7; Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 91; Tirre / Vahle, DVP 1989, S. 9 (12); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 18. 530 Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 18. 531 So AG Schönberg, NJW 1979, S. 2051 (2052); Schickedanz, Anmerkung zu AG Emden, NJW 1975, S. 1890, NJW 1975, S. 1890 (1891). 532 Siehe Müller-Manger, S. 169. 533 Beyerle, S. 6; Luckey, S. 51, insbesondere Fn. 42; Müller-Manger, S. 171; Oppermann, S. 10; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (205).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

heit in Art. 9 Abs. 1 GG, schützt534, kann dahinstehen. Denn wenn die negative Seite das Korrelat der positiven ist, dann muss auch die Schutzbereichsbestimmung spiegelbildlich verlaufen: Der durch die negative Seite gewährleistete Schutz des Unterlassens reicht dann so weit wie der des Tuns durch die positive Seite des Freiheitsrechts.535 Bei Art. 6 Abs. 1 GG führt dies aber nicht weiter, denn Ehe und eheähnliche Gemeinschaft sollen gerade nicht unterschiedslos geschützt werden.536 Der „besondere“ Schutz wäre nichts Besonderes mehr, wenn auch ein besonderer Schutz bestünde, ihn nicht anzunehmen.537 (e) Die eheähnliche Gemeinschaft als „hinkende“ Ehe Als weitere Möglichkeit, die eheähnliche Gemeinschaft mit in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einzubeziehen, käme eine Gleichstellung der eheähnlichen Gemeinschaft mit der „hinkenden“ Ehe in Betracht. Diese Form der Ehe wird in Art. 6 Abs. 1 GG unter anderem mit der Begründung geschützt, dass es sich dabei um eine gelebte „lebenslange personale Gemeinschaft“ bei Verzicht auf den formalen Eheschluss vor dem Standesbeamten handelt538, so dass mit einer ähnlichen Argumentation die eheähnliche Gemeinschaft einbezogen werden könnte.539 Der entscheidende Unterschied zwischen eheähnlicher Gemeinschaft und der „hinkenden“ Ehe liegt jedoch darin, dass die „hinkende“ Ehe zwar nicht nach deut534 So Kingreen, Jura 1997, S. 401 (402); Luckey, S. 51; Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (616); I. v. Münch, in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (79); Oppermann, S. 11; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 3a; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 57; Sachs, Verfassungsrecht II-Grundrechte, B 6, Rdn. 8; Schwenzer, JZ 1988, S. 781 (782). Die Befürworter einer negativen Eheschließungsfreiheit verstehen diese hauptsächlich im Sinne eines Abwehrrechts gegen eine staatlich verordnete Verheiratung zweier Menschen. Die Gefährdung der eheähnlichen Gemeinschaft besteht hingegen in Benachteiligungen gegenüber der Ehe und einem dadurch begründeten mittelbaren Ehezwang. Dies kann aber nur ein positiver verfassungsrechtlicher Schutz verhindern, siehe Kingreen, S. 70. A.A. sind BVerfGE 56, 363 (384); BVerfG, NJW 1981, S. 1201 (1202); Ipsen, Rdn. 315; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 23; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588), die Art. 2 Abs. 1 GG für einschlägig halten. 535 Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 4, Rdn. 78,121; Kingreen, S. 70; ders., Jura 1997, S. 401 (402); Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (205). Siehe auch SchmittKammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43. 536 Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (206). Siehe auch v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17 f.); Kingreen, S. 70; Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 91; Müller-Manger, S. 172. 537 Kingreen, S. 70; ders., Jura 1997, S. 401 (402). Außerdem würde eine völlige Gleichstellung der eheähnlichen Gemeinschaft mit der Ehe, zum Beispiel durch die Abschaffung des Förmlichkeitserfordernisses, eine Zwangsehe und damit eine Verletzung der negativen Eheschließungsfreiheit bedeuten, siehe Kap. 2, B., I., 1., a), bb), (1), (dd). 538 BVerfGE 53, 224 (245); 62, 323 (331). Siehe auch Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 44; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 49. 539 v. Maydell, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im geltenden Sozialrecht, Annex zum Referat zum 57. DJT, I 69 (I 83); Schreiber, Rdn. 13; dies., FPR 2001, S. 12 (13).

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schem, aber nach ausländischem Recht gültig ist und die Partner lange Zeit in der Überzeugung der Gültigkeit der Ehe gelebt haben und an ihr festhalten wollen.540 Außerdem ist die „hinkende“ Ehe als Ehe gewollt, die eheähnliche Gemeinschaft aber gerade nicht.541 Somit fällt die eheähnliche Gemeinschaft auch unter diesem Aspekt nicht unter Art. 6 Abs. 1 GG. (f) Die eheähnliche Gemeinschaft als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG Die eheähnliche Gemeinschaft ist aber als Familie in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogen, wenn in ihr Kinder vorhanden sind. Der in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Begriff der Familie ist gegenüber der Ehe offener und hat keine historisch definierte Prägung erfahren.542 Anders als noch Art. 119 Abs. 1 WRV sieht Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr allein die Ehe als Grundlage der Familie an543, er stellt keine enge, kausale Verknüpfung mehr zwischen Ehe, Familie und Fortpflanzungsfähigkeit her544. Dies ergibt sich schon aus der Konjunktion „und“ zwischen Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG, eine notwendige Verbindung wird insoweit nicht hergestellt.545 Zwar hatte der Verfassungsgeber bei Schaffung des Grundgesetzes in Bezug auf Art. 6 Abs. 1 GG nur die klassische Ehe und die auf sie gegründete Familie mit Kindern im Auge.546 Es ist aber im Laufe der Zeit, vor allem aufgrund des Wandels der sozialen Wirklichkeit, eine Entkopplung547 von 540 BVerfGE 62, 323 (332); Henrich, ZfRV 1990, S. 241 (245); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 49; Ruland, NDV 1986, S. 164 (166 f.); Schreiber, FPR 2001, S. 12 (13). 541 Siehe Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 61. 542 Bültmann, StuW 2004, S. 131 (132); Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2601 f.). 543 Kingreen, Jura 1997, S. 401 (402). Siehe auch Beck, NJW 2001, S. 1894 (1897); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (22); Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Häberle, S. 26; Schumann, S. 176 f. A.A. ist Lecheler, FamRZ 1979, S. 1 (2); ders., in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 29; ders., DVBl. 1986, S. 905 (907). 544 Beck, NJW 2001, S. 1894 (1897). 545 Im Gegensatz dazu sahen die ersten Formulierungen im Parlamentarischen Rat noch die „Ehe . . . und die aus ihr wachsende Familie“ oder „die Ehe . . . und die mit ihr gegebene Familie“ als Schutzgüter des Grundgesetzes vor, siehe JöR Bd. 1 (1951), S. 95. Das Bindewort „und“ bewirkt nur eine Kopplung nach Maßgabe dogmatischer Zusammenhänge, wie auch die vergleichbaren Art. 9 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG zeigen, siehe Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 70. 546 Vgl. BVerfGE 10, 59 (66); Bültmann, StuW 2004, S. 131 (132); Oppermann, S. 13; Stintzing, S. 99; Lecheler, DVBl. 1986, S. 905 (907); Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (151); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (809). 547 Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 69 meint damit die institutionelle Anerkennung des betreffenden Befundes im Rahmen der Dogmatik des Art. 6 Abs. 1 GG. Siehe auch Beck, NJW 2001, S. 1894 (1897); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn 4; Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Gerlach, in: Konegen / Nitschke, S. 141 (145); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (809). Bei Wingen, S. 93 ff. ist dagegen von einer Entkopplung im sozio-

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Ehe und Familie eingetreten. Deshalb definiert das Bundesverfassungsgericht die Familie auch ohne Unterscheidung zwischen Verheirateten und Unverheirateten als eine „umfassende Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern548, in der den Eltern vor allem Recht und Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen“ 549. Gemeint ist damit die sogenannte Kleinfamilie550, also die Haushaltsgemeinschaft zwischen Vater, Mutter und (auch volljährigem551) Kind. Konstitutives Element der Familie ist somit das Kind.552 Deshalb ist die eheähnliche Gemeinschaft ohne Kinder keine Familie553 und somit auch nicht vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst. Dies gilt auch dann, wenn einem Teil der Literatur554 folgend der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG auf die Großfamilie (auch Sozialverwandtschaft genannt) ausgedehnt wird, denn das Verwandtlogischen Sinne die Rede. Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 21 und Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 17 halten die Ansicht, eine Entkopplung sei eingetreten, für zu weitgehend. 548 BVerfGE 10, 59 (66); 24, 119 (135); 48, 327 (339); 80, 81 (90), ständige Rechtsprechung. 549 BVerfGE 10, 59 (66); 24, 119 (149); 80, 81 (90). 550 BVerfGE 18, 97 (105 f.); 45, 104 (123); 48, 327 (339); 59, 52 (63), ständige Rechtsprechung; offen gelassen von BVerfGE 39, 316 (326). Siehe auch BVerwGE 52, 214 (219); NJW 1995, S. 1847 (1848); Berghahn, KJ 1993 (Bd. 26), S. 397 (403); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (22); Ipsen, Rdn. 324; Knoche, S. 52; Krause, ZSR 1981, S. 415 (419); Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 29; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 16; Zuleeg, FamRZ 1980, S. 210 (212). 551 BVerfGE 57, 170 (178); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 60; Beck, NJW 2001, S. 1894 (1898); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11; Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 77; Gusy, JA 1986, S. 183 (185); Krings, FPR 2001, S. 7 (8); Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 29; Manssen, Rdn. 401; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Pieroth / Schlink, Rdn. 642. 552 Beck, in, NJW 2001, S. 1894 (1897 f.); Krings, FPR 2001, S. 7 (8); Müller-Manger, S. 142; Oppermann, S. 13; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 20. 553 BVerfGE 36, 146 (167); BSG, NJW 1989, S. 3036 (3038); Coester-Waltjen, NJW 1988, S. 2085 (2086); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 79; Knoche, S. 52; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 13; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (142); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (75); Oppermann, S. 13; Schreiber, Rdn. 13; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). A.A. ist Ott, NJW 1998, S. 117 (118 f.), der davon ausgeht, dass es bei Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr auf die verwandtschaftliche Abstammung ankommt. 554 Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 77; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 20; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15 a; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 88. A.A. sind auch Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Pieroth / Schlink, Rdn. 643; Sachs, Verfassungsrecht II-Grundrechte, B 6, Rdn. 14; Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (79 f.); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (604). Unklar Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 60. Nur die Großeltern mit ihren Enkeln, die mit den Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenleben, zusätzlich einbeziehen wollen v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Häberle, S. 26, Fn. 83. So anscheinend auch I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 439.

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schaftsprinzip ist unabdingbarer Bestandteil des Familienbegriffs und grenzt ihn gegenüber sonstigen Lebensgemeinschaften ab.555 Etwas anderes könnte aber für die eheähnliche Gemeinschaft mit Kindern gelten. Im Sinne der Entkopplung ist inzwischen anerkannt, dass auch Halbfamilien nach einem Todesfall oder einer Scheidung556 und Familien mit Stief-, Adoptivund Pflegekindern557 vom Begriff der Familie erfasst werden. Auch die Mutter und ihre nichtehelichen Kinder bilden eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG.558 Nach dem Wegfall des § 1589 Abs. 2 BGB a.F.559, der eine Verwandtschaft zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater ausschloss, gilt Art. 6 Abs. 1 GG auch für diese Beziehung.560 Dies folgt auch schon aus dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG. Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15 a; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Herzog, in: Bitburger Gespräche 1988, S. 15 (22); Oppermann S. 13; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 24; Schreiber, Rdn. 13; Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (581). A.A. ist Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 45. 557 BVerfGE 18, 97 (106); 68, 176 (187); 79, 256 (267). Ihm folgend Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 60; Beck, NJW 2001, S. 1894 (1898); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11; Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 9; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Lecheler, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 29; Manssen, Rdn. 401; E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 13; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 439; ders., in: Landwehr, S. 137 (141); Ott, NJW 1998, S. 117 (118); Pechstein, S. 101; Pieroth / Schlink, Rdn. 642; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 24; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 77; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 16; Stern, Staatsrecht III / 2, § 95, V, 2, b, , S. 1725; Zuleeg, FamRZ 1980, S. 210 (212). 558 BVerfGE 8, 210 (215); 18, 97 (106); 25, 167 (196); 76, 256 (267); 92, 158 (177); BVerfG, NJW 1981, S. 1201; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (22); CoesterWaltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11; Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 71; Häberle, S. 26; Herzog, in: Bitburger Gespräche 1988, S. 15 (22); Ipsen, Rdn. 324; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 439; ders., in: Landwehr, S. 137 (141); Pieroth / Schlink, Rdn. 642; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 77; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 16; Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (581); Zuleeg, FamRZ 1980, S. 210 (212). 559 § 1589 Abs. 2 BGB a.F. ist durch die Reform des Nichtehelichenrechts entsprechend dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG entfallen. 560 Siehe BVerfGE 45, 104 (123); 76, 256 (267); 79, 203 (211); 92, 158 (177); BVerfG, NJW 1981, S. 1201; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (23); Häberle, S. 26; Ipsen, Rdn. 324; Krause, ZSR 1981, S. 415 (419); E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 13; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 440; ders., in: Landwehr, S. 137 (141); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Pieroth / Schlink, Rdn. 642; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 77; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 16; Ott, NJW 1998, S. 117 (118); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (581); Zuleeg, FamRZ 1980, S. 210 (212). Pirson, in: BKGG, Art. 6, Rdn. 24 will dabei auf die Art der Beziehung des Vaters zu seinem Kind abstellen. 555 556

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Würde man diesem Ergebnis bei einer eheähnlichen Gemeinschaft mit einem oder mehreren gemeinsamen Kindern folgen, so würde dies zu zwei parallelen, sich teilweise überschneidenden Familien führen.561 Dieses Ergebnis wäre allerdings von der Lebenswirklichkeit weit entfernt und wird berechtigterweise als „seltsam“562 und „grotesk“563 bezeichnet. Die Familie ist von ihrem Wesen her eine Einheit, die nicht durch ein rechtliches Konstrukt in zwei unterschiedliche Teile aufgespalten werden kann.564 Außerdem muss der Schutz zweier Teilfamilien bei gleich bleibenden Mitgliedern zum Schutz der Vollfamilie führen.565 Deshalb könnte der Begriff der Familie insgesamt auf die eheähnliche Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern auszudehnen sein.566 Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 GG lässt aufgrund der begrifflichen Trennung von Ehe und Familie eine solche Auslegung zu, da der Familienbegriff im Gegensatz zur Ehe nicht rechtlich geregelt ist. Auch die gesellschaftliche Auffassung, dass die Ehe Vorstufe der Familie und die Familie als größere Einheit die Ehe umfasst, hat sich dementsprechend gewandelt. Für eine solche Auslegung spricht auch, dass eine faktische Familie die wesentliche soziale Funktion der traditionellen, auf einer Ehe beruhenden Familie erfüllt.567 Die Familie ist eine gegenseitige Hilfs-, Erziehungs-, Betreuungs- und Lebensgemeinschaft. 568 Sie ist ebenso die natürliche Lehrstätte für Verantwortungsbewusstsein, Solidarität, Gemeinsinn, Gemeinschaftsbezogenheit, Partnerschaft und Persönlichkeitsentwicklung569, bewirkt das Nachwachsen der nächsten Generation570 und gewährleistet Beistand und materielle wie immaterielle Unterstützung. Die Familie wird in Art. 6 Abs. 1 GG nicht wegen ihrer Schwäche oder Schutzbedürftigkeit geschützt, sondern wegen ihrer unvertretbaren einmaligen Leistungsfähigkeit für Staat und Gesellschaft.571 Versteht man mit dem Bundesverfassungsgericht die Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG als die Gemeinschaft von Eltern und Kindern, die vor allem eine Lebens- und Erziehungsgemeinschaft 561 So vertreten von Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, 29. Auflage, Art. 6, Rdn. 16 a. Siehe auch BSGE 52, 276 (278); Eyrich, ZRP 1990, S. 139 (140); Lecheler, DVBl. 1986, S. 905 (907); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (621); Pechstein, S. 111; Schreiber, Rdn. 13. Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 36 c unterscheidet danach, ob beiden Elternteilen oder nur einem das Sorgerecht zusteht. 562 Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (25); Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, 29. Auflage, Art. 6, Rdn. 16 a.; Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (621). Ähnlich Berghahn, KJ 1993 (Bd. 26), S. 397 (403); Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (584). 563 Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (25). 564 Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 20. 565 Schumann, S. 173. 566 Siehe zu der folgenden Problematik insgesamt Schumann, S. 173 ff. 567 Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (810). Siehe auch Schumann, S. 185. 568 E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 13. 569 Häberle, S. 7; Schumann, S. 185. 570 I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 436 d; Oppermann, S. 14. 571 Häberle, S. 25; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 26 ff.

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ist, dann kann einer auf Dauer angelegten eheähnlichen Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG nicht versagt werden.572 Auch die Tatsache, dass Art. 6 Abs. 5 GG den unehelichen Kindern den gleichen Schutz und die gleiche Förderung wie den ehelichen Kindern zukommen lässt, spricht dafür, die eheähnliche Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG anzusehen, wenn vergleichbare Verhältnisse, insbesondere eine dauerhafte Basis des Zusammenlebens, vorliegen.573 Denn mit dem Ausschluss der nichtehelichen Familien durch Art. 6 Abs. 1 GG wäre eine Geringschätzung zum Ausdruck gebracht, von der auch das Kind betroffen ist, weil seine soziale Stellung in der Gesellschaft über die seiner Familie definiert wird. Darin liegt eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung im Sinne des Art. 6 Abs. 5 GG. Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 5 GG verlangt also, den Familienbegriff des Art. 6 Abs. 1 GG nicht an die Ehe zu knüpfen.574 Durch die so vorgenommene Interpretation wird auch der Schutz der Ehe nicht tangiert, da sich der Schwerpunkt des Familienschutzes vor allem auf die Familie als Einheit und insofern auf etwas anderes als die Ehe bezieht.575 Die dauerhafte eheähnliche Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern ist somit eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG576 und muss wie eine Ehe mit Kindern behandelt werden. Eine eheähnliche Gemeinschaft mit Kindern nur eines Partners Siehe Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 22. Siehe Oppermann, S. 14; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 19. Ähnlich auch Bültmann, StuW 2004, S. 131 (132); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 150; Heilmann, JA 1990, S. 116; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 90; Schumann, S. 184 f.; Stintzing, S. 116; Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (809). A.A. ist Häberle, S. 25, der in Art. 6 Abs. 5 GG selbst den Schutz der Familie ansiedelt. So auch v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (23); Heilmann, JA 1990, S. 116; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 63; Kingreen, S. 216 ff., insbesondere S. 231; Lecheler, DVBl. 1986, S. 905 (907); Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 36 b. 574 Schumann, S. 185. Siehe auch E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 14. Zwischen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 5 GG besteht kein Gegensatz, siehe BVerfGE 25, 167 (196). 575 Siehe Schumann, S. 186 f. 576 BFH, NJW 1990, S. 1319 (1320); Battes, in: Blaurock, S. 21 (22); Beck, NJW 2001, S. 1894 (1898); Bültmann, StuW 2004, S. 131 (133); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (23); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11; dies., NJW 1988, S. 2085 (2086); Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 78; Heilmann, JA 1990, S. 116; Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (25 f.); Ipsen, Rdn. 324; Kingreen, S. 228; Krings, FPR 2001, S. 7 (9); E. v. Münch, ZRP 1988, S. 327; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 440; ders., in: Landwehr, S. 137 (142); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (75); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 90; Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (151); R. Scholz, S. 38; ders., ZRP 1981, S. 225 (228); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (34); Stein / Frank, § 36 II, 1a, S. 297; Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (80); Stintzing, S. 116; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 22; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (810). A.A. sind BSGE 52, 276 (278); BSG, NJW 1989, S. 3036 (3038); Lecheler, FamRZ 1979, S. 1 (2); ders., in: Isensee / Kirchhof, HdStR, § 133, Rdn. 45; Rüfner, SGB 1979, S. 589; Schmid, S. 241. 572 573

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ist demzufolge eine (unvollständige) Familie zwischen Elternteil und Kind, so dass eine solche eheähnliche Gemeinschaft nicht vom Familienbegriff des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst ist.577 Etwas anderes kann nur gelten, wenn zwischen dem Kind und dem Partner des Elternteils ein Pflegekindschaftsverhältnis besteht, da in einem solchen Fall eine Familie vorliegt.578 Bei der Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern in den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG muss allerdings bedacht werden, dass das Kind das Bezugsobjekt ist, so dass der besondere Verfassungsschutz nur insoweit gilt, als dass das in der Gemeinschaft lebende Kind geschützt und gefördert wird. Es ist deshalb im Einzelfall zu prüfen, ob unter diesem Gesichtspunkt Schutz und Förderung der nichtehelichen Familie geboten ist.579 Ist allein das Verhältnis der Eltern untereinander zu bewerten, ohne dass das Kindeswohl berührt ist, fehlt die Vergleichbarkeit mit der ehelichen Familie, so dass Art. 6 Abs. 1 GG nicht zur Anwendung kommt. Ist die eheähnliche Gemeinschaft mit gemeinsamen Kindern eine Familie, muss sie auch nach Art. 6 Abs. 1 GG wie eine solche geschützt werden. (g) Ergebnis Die eheähnliche Gemeinschaft ist nicht in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogen580, es sei denn, es sind gemeinsame Kinder in der Gemeinschaft vorhanden. Dies folgt auch schon daraus, dass die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft entweder gerade nicht heiraten wollen (die rechtliche Behandlung ihrer Partnerschaft also eine Zwangsehe wäre) oder – wenn einer der Partner noch verheiratet ist – der Eheschließung das gesetzliche Verbot der Mehrehe entgegensteht.581 Eine Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist insoweit auch nicht sinnvoll, denn wenn eheähnliche Gemeinschaft und Ehe gleichgestellt würden, müssten sie auch auf die gleiche Art und Weise geschützt und gefördert werden. Dies widerspricht aber der Funktion der eheähnlichen Gemeinschaft als Alternative zur Ehe.

577 I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 440; ders., in: Landwehr, S. 137 (142); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 77; Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 25. 578 Der Grund liegt vor allem in der tatsächlichen Eltern-Kind-Beziehung, wobei die Voraussetzungen für das Verhältnis einfachgesetzlich normiert und somit feststellbar sind. 579 Bültmann, StuW 2004, S. 131 (133); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 24. 580 Dies entspricht auch den Beratungen des Parlamentarischen Rates, wo die Rechtsfolge des Wortlautes des Art. 6 Abs. 1 GG dahingehend beschrieben wurde, dass nunmehr allein die Ehe unter den Schutz der Verfassung gestellt werden sollte, nicht jedoch das „Konkubinat“, siehe die Äußerungen von v. Mangoldt, JöR Bd. 1 (1951), S. 94. 581 I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 437.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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(2) Schutz durch Art. 2 Abs. 1 GG Nur weil die eheähnliche Gemeinschaft ohne Kinder nicht vom besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst ist, gebietet das Grundgesetz weder die Pönalisierung dieser Lebensform582 noch verbietet es deren rechtliche Anerkennung583. Aus Art. 6 Abs. 1 GG kann ebenso kein Verfassungsauftrag an die Gesetzgebung und Rechtsanwendung zur Bekämpfung der eheähnlichen Gemeinschaft durch Entziehung der materiellen Grundlagen abgeleitet werden.584 Denn die Tatsache, dass die eheähnliche Gemeinschaft ohne Kinder nicht unter Art. 6 Abs. 1 GG fällt, bedeutet nicht, dass sie überhaupt keinen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Das Grundgesetz spricht nur von einem „besonderen“ und nicht von einem „alleinigen“ Schutz der Ehe. Dieser „besondere“ Schutz der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG wird nicht dadurch ausgehöhlt, dass die Verfassung auch andere Lebensgemeinschaften schützt.585 Art. 6 Abs. 1 GG enthält keinen Numerus clausus des legalen Zusammenlebens586 und besitzt damit keine Ausschließlichkeitsfunktion.587 Aus dem Schutz der Ehe folgt nur, dass die eheähnliche Gemeinschaft nicht den gleichen Rang wie die Ehe beanspruchen kann.588 Auch das Prinzip des „Schutzes des Schwächeren im Recht“ gebietet einen adäquaten Grundrechtsschutz.589 582 Siehe Bültmann, StuW 2004, S. 131 (133); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (18); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (22); Knoche, MDR 1988, S. 743 (744); Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 26); Luckey, S. 51; Müller-Manger, S. 160; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (147 f.); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (78); Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (152); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43; Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808); Zuleeg, NVwZ 1986, S. 800 (803). Zwar kann im Einzelfall aus einer Freiheit gewährenden Grundsatznorm eine staatliche Verpflichtung zum Strafen abgeleitet werden, siehe BVerfGE 39, 1 (47), dies kann jedoch nicht auf das Verhältnis von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft übertragen werden. Bestrebungen, die eheähnliche Gemeinschaft zu pönalisieren, sind schon bei der Beratung des Strafgesetzbuches im Reichstag abgelehnt worden, siehe I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (147). 583 BVerfGE 82, 6 (15); 84, 168 (184); BVerwGE 15, 306 (316); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 42; Luckey, S. 51; E. v. Münch, Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 11; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (148); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 9; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43; Schreiber, FPR 2001, S. 12. 584 Siehe BVerfGE 9, 20 (34); 82, 6 (15); BVerwGE 15, 306 (316); Beyerle, S. 11; Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (27); Jehle, ZfSH 1964, S. 137 (141); Luckey, S. 52; Perl, ZfF 1971, S. 34; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.2. (6), S. 192. Ähnlich auch Krings, FPR 2001, S. 7 (10); ders., ZRP 2000, S. 409 (411); Krause, ZSR 1981, S. 415 (427); E. v. Münch, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 2. Auflage, § 9, Rdn. 11; Schlüter, S. 15; SchmittKammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43; Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (304). 585 Kingreen, S. 71; ders., Jura 1997, S. 401 (407); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (148); Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (206). 586 Stintzing, S. 91. 587 Robbers, JZ 2001, S. 779 (781). 588 Schlüter, S. 16. 589 Krings, FPR 2001, S. 7 (12); Müller-Manger, S. 176; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 437; ders., in: Landwehr, S. 137 (151); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (579).

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Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts590 ist die Entscheidung der Partner, keine Ehe einzugehen, sondern in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben, durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.591 Offen gelassen hat das Gericht aber, ob die Freiheit zur Eingehung einer eheähnlichen Gemeinschaft Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit592 oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts593 ist oder ob sogar beide Tatbestände einschlägig sind594.

(a) Allgemeine Handlungsfreiheit Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG schützt entgegen der anderen besonderen Freiheitsrechte nicht einen bestimmten, begrenzten Freiheitsbereich, sondern jegliches menschliches Verhalten ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt.595 Art. 2 Abs. 1 GG ist also immer dann bedeutsam, wenn kein spezielleres Grundrecht einschlägig ist.596 Da die eheähnliche Gemeinschaft durch Art. 6 Abs. 1 GG nur dann BVerfGE 82, 6 (16); 87, 234 (267); BVerfG, NJW 1981, S. 1201 (1202). So auch BVerwG, ThürVBl. 1995, S. 85 (87); NJW 1995, S. 1847 (1849); BSGE 63, 120 (130); BSG, NZS 1999, S. 308 (309); OVG Hamburg, NJW 1996, S. 1225 (1226); Appel, S. 122; Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Giesen, JZ 1982, S. 817 (819); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 42; Gusy, JA 1986, S. 183 (184); Henrich, ZfRV 1990, S. 241 (246); Knoche, MDR 1988, S. 743 (744); Maus, S. 86; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 437; Pieroth / Schlink, Rdn. 640; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 58; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 43; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 14; R. Scholz, S. 39; ders., ZRP 1981, S. 225 (228); Sachs, Verfassungsrecht II-Grundrechte, B 2, Rdn. 13; Schwab, FamRZ 1981, S. 1151 (1156); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (34); Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (62); Stern, Staatsrecht III / 2, § 95, V, 2, b, , S. 1724; Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (304); Winkler, info also 1986, S. 60 (62); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (580); Zuleeg, NVwZ 1986, S. 800 (803). 592 So BVerfGE 56, 363 (384); 82, 6 (16); 87, 234 (267); SG Fulda, info also 1987, S. 13 (17); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Beyerle, S. 9; Bruns, ZRP 1996, S. 6 (8); Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (492); Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 39; Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 (1218); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (22); Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 25); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (629); MüllerManger, S. 175; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (149); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (78); Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (206); Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (152); Stintzing, S. 88, 91; Trimbach / El Alami, NJ 1996, S. 57 (58); Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). 593 So AG Schöneberg, NJW 1979, S. 2051 (2052); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (19); Kingreen, Jura 1997, S. 401 (407); Krings, FPR 2001, S. 7 (11); Schopp, MDR 1990, S. 99 (100); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (809). 594 So BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 (191); Bültmann, StuW 2004, S. 131 (133); Degenhart, JuS 1990, S. 161 (167); Gerlach, in: Konegen / Nitschke, S. 141 (145); Vogelsang, in: Kap. 3, Rdn. 26 ff. 595 BVerfGE 80, 137 (152); 90, 145 (171). Siehe auch Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu, GG, Art. 2, Rdn. 22; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2, Rdn 3. 590 591

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geschützt wird, wenn gemeinsame Kinder betroffen und andere Grundrechte nicht einschlägig sind597, ist die Entscheidung zur Führung einer eheähnlichen Gemeinschaft und das Zusammenleben durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Selbst wenn dieses weite Verständnis von Art. 2 Abs. 1 GG mit den Kritikern auf eine engere persönliche Lebenssphäre598 oder auf Freiheitsbetätigungen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit gewichtig sind599, beschränkt würde, würde dies nichts an der Einschlägigkeit des Grundrechts ändern. Schließlich gehört die Aufnahme einer besonderen und intimen Beziehung zu einem anderen Menschen zur engsten persönlichen Lebenssphäre, sie ist für die Entwicklung der Persönlichkeit des Einzelnen von überragender Bedeutung und beeinflusst sein gesamtes Leben.600 Art. 2 Abs. 1 GG schützt somit nicht nur davor, zur Ehe gezwungen zu werden, er enthält vielmehr auch positive Schutzwirkung zugunsten anderer Lebensgemeinschaften. 601 Außerdem liegt hier der Ansatzpunkt für die negative Eheschließungsfreiheit. 602 Die Gründung und das Zusammenleben in einer eheähnlichen Gemeinschaft verstößt auch nicht gegen die Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 2. Hlbs. GG. Das Führen einer eheähnlichen Gemeinschaft verletzt grundsätzlich keine Rechte anderer.603 Ebenso kommt ein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne der allgemeinen Rechtsordnung604 und der elementaren Grundsätze des Grundgesetzes und seiner Werteordnung605 nicht in Betracht. Ein solcher Verstoß ergibt

596 BVerfGE 6, 32 (36 ff.); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2, Rdn. 3; Pieroth / Schlink, Rdn. 369. 597 A.A. ist Krings, FPR 2001, S. 7 (11) und ZRP 2000, S. 409 (412), der die eheähnliche Gemeinschaft auch durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt sieht. 598 Hesse, Rdn. 428. 599 Sondervotum Grimm, BVerfGE 80, 164 (169) zu BVerfGE 80, 137. 600 Kingreen, S. 72 f. 601 Kingreen, S. 72; Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (206). 602 BVerfG, NJW 1981, S. 1201 (1202); Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 (1218); Kingreen, S. 72; Krings, FPR 2001, S. 7 (11); Lieb, Gutachten A zum 57 DJT, A 5 (A 26); Rehmsmeier / Steinbock, ZfSH / SGB 1999, S. 204 (206). Schreiber, Rdn. 13. Siehe auch Ipsen, Rdn. 315. 603 Rechte anderer meint die Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte anderer Grundrechtsträger, ferner subjektive Rechtspositionen auch ohne grundrechtlichen Rang, siehe Jarass, in: Jarras / Pieroth, GG, Art. 2, Rdn. 18; I. v. Münch, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 2, Rdn. 20. Diese sind aber nicht durch einen Schutz der eheähnlichen Gemeinschaft durch Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, siehe Beyerle, S. 12; Müller-Manger, S. 175. Nur in dem Ausnahmefall, in dem die Rechtsordnung verheirateten Personen die Unterbindung der Mitbenutzung der ehelichen Wohnung durch einen Liebespartner des anderen Ehegatten als abwehrfähige Ehestörung ermöglicht, kommt nach R. Scholz, S. 39; ders., ZRP 1981, S. 225 (228) eine Verletzung der Rechte anderer in Betracht. 604 Dies sind alle Rechtsnormen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen, siehe BVerfGE 6, 32 (38); 63, 88 (109); 80, 137 (153); 90, 145 (172); BVerfG, NJW 2000, S. 649; 2005, S. 1927 (1928).

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sich auch nicht aus der inhaltlichen Bestimmung der Gewährleistung des Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar stellt Art. 6 Abs. 1 GG die wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte die Ehe und Familie betreffende Recht dar, die Ehe im institutionellen Sinne ist jedoch nicht die einzige rechtlich zulässige Form der Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Dies zeigen schon die Beratungen des Parlamentarischen Rates, wo die Formulierung „Die Ehe ist die rechtmäßige Form der Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“606 abgelehnt wurde. Sie hätte eine Auslegung nahegelegt, die Ehe sei die einzig rechtmäßige Form der dauerhaften Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau.607 Auch wenn Art. 6 Abs. 1 GG als Institutsgarantie einen festen Ordnungskern der Ehe und Familie schützt, lässt sich daraus kein absoluter Konkurrenzschutz für die Ehe ableiten.608 Zum einen beschränkt sich der Konkurrenzschutz nur auf diesen Ordnungskern609 und zum anderen wäre es nur möglich, aus Art. 6 Abs. 1 GG einen Konkurrenzschutz für die Ehe herzuleiten, wenn die Funktion für die Gesellschaft im Vordergrund stünde610. Ein solcher verträgt sich aber nicht mit dem freiheitlichen Grundzug der Verfassungsgarantie, eine Erziehung zur Ehe ist ausgeschlossen.611 Die Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG verbietet lediglich, die eheähnliche Gemeinschaft in jeder Hinsicht mit der Ehe gleichzustellen. 612 Ebenso verstößt die eheähnliche Gemeinschaft nicht gegen das Sittengesetz. Verbreitung und Akzeptanz eheähnlicher Gemeinschaften in der Gesellschaft stehen dem Verstoß gegen die guten Sitten heutzutage entgegen.613 605 BVerfGE 1, 14 (32); 7, 198 (205); Jarass, in: Jarras / Pieroth, GG, Art. 2, Rdn. 17; I. v. Münch, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 2, Rdn. 22. 606 Siehe JöR Bd. 1 (1951), S. 94. So wurde diese Formulierung aus einer „gewissen Scheu“ vor der hierin zum Ausdruck kommenden „Ablehnung der außerehelichen Formen der Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“ fallengelassen. 607 I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (145). Siehe auch Knoche, S. 53. Dem Gesetzgeber wird durch die jetzige Fassung des Art. 6 Abs. 1 GG insoweit ein Spielraum für gesetzliche Regelungen gelassen. 608 Kingreen, S. 248; Krings, ZRP 2000, S. 409 (411); Maus, S. 87; Müller-Manger, S. 160; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (148); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (78); Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (153); Schlüter, S. 15; R. Scholz, ZRP 1981, S. 225 (228); Stintzing, S. 91; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 2195; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588); Zippelius, in. DÖV 1986, S. 805 (808). So hat sich der Bundesgerichtshof (BGHZ 102, 257 ff.) auch nicht durch Art. 6 Abs. 1 GG gehindert gesehen, Überlegungen im Hinblick auf eine rechtsfortbildende analoge Anwendung des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 SGB X auf eheähnliche Gemeinschaften anzustellen. A.A. ist Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (492). 609 Siehe Luckey, S. 52; Schirmer, ZVersWiss 1988, S. 139 (153); Zuleeg, NVwZ 1980, S. 800 (803). 610 Luckey, S. 52; Zuleeg, NVwZ 1980, S. 800 (803). 611 Luckey, S. 52; Zuleeg, NVwZ 1980, S. 800 (803). 612 Siehe BGHZ 84, 36 (40); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (150). 613 BGHZ 92, 213 (219); LG Bonn, NJW 1976, S. 1690 (1691); AG Schöneberg, NJW 1979, S. 2051 (2052); SG Fulda, info also 1987, S. 13 (17); Appel, S. 127; Heyde, in: Lim-

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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(b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht Die eheähnliche Gemeinschaft ist außerdem in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einbezogen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsrechte nicht abschließend erfassen lassen.614 Dem einzelnen Bürger muss eine Sphäre privater Lebensführung, ein letzter Bereich menschlicher Freiheit, der der öffentlichen Gewalt entzogen ist, vorbehalten bleiben.615 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht garantiert damit den Schutz der Privat- und Intimsphäre, insbesondere des Sexualbereichs616. Die Aufnahme einer besonders intensiven, in ihrer Art exklusiven und intimen Beziehung zu einem anderen Menschen ist eine Frage der persönlichen Lebensgestaltung und betrifft die engere Lebenssphäre der nichtehelichen Partner. Damit ist die eheähnliche Gemeinschaft aufgrund ihrer Affinität zum engsten Lebensbereich auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt617. Dies gilt allerdings nur so weit, als sie nicht die Schranken überschreitet, die die Verfassung ihr in Art. 2 Abs. 1 bach / Schwenzer, S. 19 (22); Kingreen, S. 72; Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 25); Luckey, S. 53; Müller-Manger, S. 175; I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (149); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (78); Steiger, VVDStRL 45 (1987), S. 55 (62); R. Scholz, S. 39; ders., ZRP 1981, S. 225 (228); Strätz, FamRZ 1980, S. 301 (305); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 27; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). Die eheähnliche Gemeinschaft ist seit Abschaffung der Straftatbestände des Ehebruchs (172 StGB a.F.) und der Kuppelei (§§ 180 f. StGB a.F.) nicht mehr strafbar und seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. 03. 1970 zum „Geliebtentestament“ (BGHZ 53, 369 ff.) nicht mehr sittenwidrig. A.A. ist allerdings noch OlG Hamm, FamRZ 1977, S. 318 (320). Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (629) will ehewidrige eheähnliche Gemeinschaften aus dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG herausnehmen. Siehe zu diesem Problem auch VGH Mannheim, NJW 1996, S. 2178. Die Sittengesetze werden allerdings relevant, wenn in einer personalen Beziehung ein Macht- oder Vermögensgefälle in unzumutbarer Weise ausgenutzt wird oder ein Partner in anderer Weise des Schutzes durch die Rechtsordnung bedarf, siehe Coester-Waltjen, NJW 1988, S. 2085 (2086). 614 BVerfGE 54, 148 (153); 72, 155 (170); 96, 56 (61). 615 BVerfGE 6, 32 (41). 616 BVerfGE 47, 46 (73); 49, 286 (298); 54, 148 (154); 96, 56 (61); BVerfG, NVwZ 1997, S. 189 (191). Siehe auch Appel,S. 123; Degenhart, JuS 1990, S. 161 (167); Kingreen, S. 73. 617 Siehe Kingreen, S. 73; ders., Jura 1997, S. 401 (407) lässt dies im Ergebnis dahinstehen, weil er es für fraglich hält, ob wirklich jede mit der Lebensgemeinschaft zusammenhängende Handlung und jede Beeinträchtigung den Bereich der engeren Persönlichkeitssphäre betrifft, die Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG jedoch jeweils Grundlage der staatlichen Eingriffsbefugnis seien. Siehe auch Degenhart, JuS 1990, S. 161 (167). A.A. sind Müller-Manger, S. 173 f.; Luckey, S. 52; Oppermann, S. 15 f., die einen Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht verneinen, weil es im nicht-ökonomischen Bereich nur zur Abwehr früher unbekannter Freiheitsgefährdung dienen solle. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass dies nur heißt, dass die Verfassung für künftige Entwicklungen offen bleiben soll, nicht das Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nur für solche Fälle anwendbar ist.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

2. Hlbs. GG618 gesetzt hat. Auch der besondere Schutz der Ehe steht dem nicht entgegen, denn die Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeutet keine Gleichstellung mit der Ehe, die eheähnliche Gemeinschaft existiert gerade als Alternative zur Ehe. (c) Ergebnis Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass die eheähnliche Gemeinschaft durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt ist. Dieser enthält allerdings keine grundrechtliche Einrichtungsgarantie nichtehelicher Lebensformen und kann dies in Anbetracht der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG auch nicht enthalten. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG auch zu keiner Zeit eine Garantie eheähnlicher Gemeinschaften entnommen.619 Aus Art. 2 Abs. 1 GG folgt lediglich, dass der Staat die persönliche Entscheidung von Mann und Frau, ein partnerschaftliches Leben zu führen, ungeachtet der Tatsache zu akzeptieren hat, dass das Grundgesetz Ehe und Familie als den eigentlich legitimen Ort partnerschaftlicher Gemeinschaft und Kindererziehung ansieht.620

cc) Zusammenfassung zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass die eheähnliche Gemeinschaft nicht unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht, ihre Einbeziehung ist weder unmittelbar noch im Wege der analogen Anwendung dieser Bestimmung zulässig. Trotz des zwischenzeitlich eingetretenen gesellschaftlichen Wandels unterscheidet sie sich von ihrem Inhalt und von ihrer Zielsetzung her auch heute noch grundsätzlich von der Ehe. Auch unter den Aspekten der Vorwirkung, der negativen Eheschließungsfreiheit und der „hinkenden“ Ehe kann keine Einbeziehung erfolgen. Art. 6 Abs. 1 GG ist, was den Schutzbereich der Ehe angeht, keine offene Norm. Demgegenüber ist der Begriff der Familie offener. Die eheähnliche Gemeinschaft weist, wenn sie auf Dauer angelegt ist und ihr gemeinsame Kinder angehören, vergleichbare Ziele wie die auf einer Ehe gegründete Familie auf, so dass ihr 618 Es ist inzwischen ständige Rechtsprechung, dass die Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG auch für das allgemeine Persönlichkeitsrecht gelten, siehe BVerfGE 65, 1 (44); 78, 77 (85); 76, 1 (49); 101, 361 (387); BGHZ 92, 213 (219). Siehe auch Epping, Rdn. 619; Kingreen, S. 73; Manssen, Rdn. 231; Pieroth / Schlink, Rdn. 382; Sachs, Verfassungsrecht II-Grundrechte, B 2, Rdn. 63; Schmalz, Rdn. 490. Nach I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 322 gilt dies nur für die Privatsphäre im Sinne der Sphärentheorie, wobei diese auch hier mitbetroffen ist. 619 Dietlein, DtZ 1993, S. 136 (140). Ähnlich auch Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (492). 620 Siehe BVerfGE 56, 363 (384); Dietlein, DtZ 1993, S. 136 (140).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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insoweit der grundrechtliche Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG nicht versagt werden kann. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob die rechtliche Position mit der der Ehe vergleichbar ist. Die Vergleichbarkeit ist nicht gegeben, wenn allein das Verhältnis der Partner untereinander zu bewerten ist, ohne dass das Kindeswohl berührt ist. Die eheähnliche Gemeinschaft genießt als Ausdruck des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) verfassungsrechtlichen Schutz. Danach darf niemand zur Ehe gezwungen werden. Der Staat darf das Eingehen einer eheähnlichen Gemeinschaft weder verbieten noch pönalisieren. Ferner ergibt sich daraus, dass die Ehe nicht die einzige von der Verfassung anerkannte Lebensgemeinschaft ist. Die Verfassung toleriert die eheähnliche Gemeinschaft allerdings nur so weit, als durch sie die Privilegierung der Ehe nicht unterlaufen wird. Aus Art. 2 Abs. 1 GG und aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ergeben sich allerdings nur reine Abwehrrechte und Schutzpflichten gegenüber nicht gerechtfertigten Störungen Dritter, ein Anspruch auf staatliche Leistungen kann daraus grundsätzlich nicht abgeleitet werden.621

b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute Die vorangegangenen Ausführungen zur grundgesetzlichen Stellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft zeigen, dass zwischen den beiden Gemeinschaften ein Spannungsverhältnis besteht.622 Aus Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm und Abwehrrecht folgt zunächst ein Diskriminierungsverbot für die Ehe623, so dass die eheähnliche Gemeinschaft keine Besserstellung gegenüber der Ehe erfahren darf. Grundgesetzwidrig wäre somit eine Regelung, die, ohne dass dafür besondere sachliche Rechtfertigungsgründe vorliegen oder die Benachteiligung durch andere Vorschriften ausgeglichen wird, die Ehe gegenüber der eheähnlichen Gemeinschaft diskriminiert.624 Allerdings können an die Ehe auch Rechtsfolgen geknüpft werden, die sie im Ergebnis schlechter stellen, weil zum Beispiel das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft für die fraglichen Zusammenhänge nicht hinreichend präzise feststellbar ist, die Begünstigung von Unverheirateten mit üblicherweise bei ihnen vorliegenden Gründen erklärt werden

621 Bültmann, StuW 2004, S. 131 (133); Krings, FPR 2001, S. 7 (11); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 27 und 28; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588). 622 Luckey, S. 53. Siehe auch Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 25). Siehe auch Schwab, FamRZ 1981, S. 1151 (1156). 623 Siehe Kap. 2, A., I., 1., a), aa). 624 Luckey, S. 53. Es kann sich im Einzelfall eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Tätigkeit zugunsten der Ehe gerade aus dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, wenn die Ehe ohne die gesetzliche Regelung schlechter gestellt wäre als die eheähnliche Gemeinschaft, siehe v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (20).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

kann625 oder die ungleiche Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Situation von Ehegatten hat und deren Berücksichtigung gerade im konkreten Sachverhalt den Gerechtigkeitsvorstellungen der Allgemeinheit entspricht626. Ein mit dem Bestehen einer Ehe oder Familie verbundener Nachteil wäre damit zulässig, wenn die Rechtsfolge eine dem von der Verfassung vorausgesetzten Wesen der Ehe oder der Familie entsprechende Obliegenheit, wie die Unterhaltspflicht, konkretisiert.627 Es bedarf folglich einleuchtender Sachgründe für die Schlechterstellung der Ehe628, die sich vor allem aus den aus Eheschließung, Familienbegründung und familiärer Verbundenheit resultierenden Solidaritätspflichten ergeben, die auch der Staat zu seiner Entlastung einfordern darf.629 Das Benachteiligungsverbot ist also dahingehend abgeschwächt, dass Verheiratete nicht allein wegen ihrer Ehe schlechter gestellt werden dürfen.630 Demgegenüber ist aber auch die eheähnliche Gemeinschaft vom Grundgesetz toleriert und geschützt, so dass sie weder pönalisiert noch bekämpft werden darf. Wann aber der Gesetzgeber die Grenze zur Pönalisierung mit einer Regelung überschritten hat, kann nur im Einzelfall festgestellt werden. Eine völlige Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und Ehe in positiver Hinsicht widerspricht allerdings Art. 6 Abs. 1 GG.631 Dies ergibt sich für das Verhältnis von Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG aus dem Aspekt der wertentscheidenden Grundsatznorm. Eine Gleichstellung würde zu einer mittelbaren Benachteiligung der Ehe und zu einer Beseitigung des durch das Grundgesetz besonders hervorgehobenen Schutzes der ehelichen Gemeinschaft führen. Auch 625 Siehe BVerfGE 9, 237 (247); 22, 100 (104 f.). Dies sind zum Beispiel die sich aus der Eheschließung, Familienbegründung und familiärer Verbundenheit ergebenden Solidaritätspflichten, die auch der Staat zu seiner Entlastung einfordern darf; siehe Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 37; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43. 626 BVerfGE 6, 55 (77); 17, 210 (217); 18, 97 (107); 22, 100 (105); 24, 104 (109); 28, 324 (347); 32, 260 (268); 69, 188 (205); 75, 361 (366); 75, 382 (393). 627 Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 81. 628 BVerfGE 17, 210 (217). 629 Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 37. 630 BVerfGE 22, 100 (105); BSGE 72, 125 (134); Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 36; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 43. 631 BVerwG, NJW 1995, S. 1847 (1848); BSG, FamRZ 1997, S. 497 (500); Battes, in: Blaurock, S. 21 (22); Burhoff, Rdn. 490; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 42; Henrich, ZfRV 1990, S. 241 (246); Heyde, in: Limbach / Schwenzer, S. 19 (24); Knoche, MDR 1988, S. 743 (744); Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 26); I. v. Münch, in: Landwehr, S. 137 (150); ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (79); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 50; R. Scholz, S. 40; ders., ZRP 1981, S. 225 (228); Schreiber, Rdn. 13; Schwenzer, JZ 1988, S. 781 (782); Stern, Staatsrecht III / 2, § 95, V, 2, b, , S. 1724; Wegner, FamRZ 1996, S. 587 (588); Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Aufl., S. 555 (581); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (808). Siehe auch BGHZ 84, 36 (40): Die Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG verbietet es, die nichteheliche Lebensgemeinschaft in jeder Hinsicht mit der Ehe gleichzustellen.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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verbietet sich eine Gleichstellung wegen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG632 zugunsten der Partner der eheähnlichen Gemeinschaft, denn sonst wäre die eheähnliche Gemeinschaft eine eheliche Gemeinschaft, was sie aber gerade nicht sein will. Eine völlige Gleichstellung würde einer Zwangsehe entsprechen. Eine rechtliche Gleichstellung in einzelnen Bestimmungen, insbesondere wenn diese eine Belastung633 darstellen, ist dagegen zulässig.634 Der Gesetzgeber ist somit nicht verpflichtet, die eheähnliche Gemeinschaft in jeder Hinsicht schlechter zu stellen als die Ehe.635 Allerdings widerspräche eine völlige Verweigerung des Rechtsschutzes dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsprinzip. Den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft geht es darum, rechtliche Bindungen weitgehend zu vermeiden. Aus der Entscheidung für eine solche Gemeinschaft kann aber nicht auf den Willen geschlossen werden, auf jeden Rechtsschutz verzichten zu wollen.636 Zwar verzichten Partner auf den spezifischen Schutz der Ehe, nicht aber generell auf die Austragung von Konflikten mit Mitteln des Rechts. Jede Änderung im Sozialgefüge von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, wie sie durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt und das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgt ist, muss sich an diesem Spannungsverhältnis messen lassen. Damit stellt sich die Frage, wie die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu bewerten ist. Im Vordergrund steht hierbei natürlich der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG637, aber auch Art. 2 Abs. 1 GG muss beachtet werden. 632 v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (19); Schwenzer, JZ 1988, S. 781 (782); Zippelius, DÖV 1986, S. 805 (809). 633 Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 39; Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 26). Siehe auch BVerfGE 9, 20 (32). Siehe auch Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (580); Zuleeg, NVwZ 1986, S. 800 (803). 634 Siehe BVerwG, NJW 1995, S. 1847 (1849); BGHZ 84, 36 (40); Burhoff, Rdn. 490; Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 (1218); Lieb, Gutachten A zum 57. DJT, A 5 (A 26); Luckey, S. 53; I. v. Münch, in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (79); Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 135; R. Scholz, S. 40; Schwenzer, JZ 1988, S. 781 (782).

$635

BVerfGE 82, 6 (15); 84, 168 (184). E. v. Münch, ZRP 1988, S. 327 (328); Schlüter, S. 16; Stintzing, S. 89. Dies bedeutet aber auch, dass sich die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft durch den Verzicht auf die Eheschließung jedem Eingriff des Staates entziehen können. Dies würde einen Rückzug des Rechts aus einem wesentlichen gesellschaftlichen Teil bedeuten, mit gesellschaftlich unerwünschten und für die Rechtsordnung unakzeptablen Konsequenzen für den jeweils schwächeren Partner, siehe Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Auflage, S. 555 (579). 637 Art. 3 Abs. 1 GG ist hier Prüfungsmaßstab, da es in § 7 Abs. 3 SGB II nicht um eine Diskriminierung der Ehe, sondern um die Schlechterstellung der von Art. 6 Abs. 1 GG nicht erfassten eheähnlichen Gemeinschaft geht, und somit ein sperrender Vorrang von Art. 6 Abs. 1 gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG ausscheidet, siehe dazu Müller-Manger, S. 167; Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 83. Art. 3 Abs. 1 GG hat insoweit die stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt. Siehe dazu auch BVerfGE 28, 324 (347). 636

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab Die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft ist zunächst im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu bewerten. Dieser verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die gleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet also, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln.638 Die rechtliche Unterscheidung muss in sachlichen Unterschieden eine Stütze finden.639 Bedeutsam wird diesbezüglich aber auch das Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG. (1) Wesentliches Vergleichselement Inwieweit zwei Lebenssachverhalte gleich sind, hängt von dem gewählten maßgeblichen Vergleichselement ab640 Das System der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist in seiner Aufgabe und Zielsetzung darauf ausgerichtet, in sozialen Notlagen zu helfen und den Hilfesuchenden wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Bedürftigkeit des Betroffenen ist auch deshalb Voraussetzung für Leistungen, weil es dem Gedanken des sozialen Rechtsstaates widersprechen würde, wenn Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren Mitglieder bestimmt sind, in Fällen in Anspruch genommen werden könnten, in denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt. Der Begriff der Bedürftigkeit wurzelt dementsprechend im Wirtschaftlichen. Diese wirtschaftliche Seite ist jedoch nicht alleiniger Anknüpfungspunkt, da auch bloße Zweckgemeinschaften „aus einem Topf“ wirtschaften können. Im Rahmen der §§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SGB II kommt es auf die Intensität der wirtschaftlichen Verflechtung an. Grund für die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen zwischen Ehegatten ist nicht nur die gegenseitige Unterhaltspflicht, sondern die gesetzliche Vermutung, dass diese bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten auch erfüllt wird. In der eheähnlichen Gemeinschaft gibt es solche Pflichten aber nicht; der mit dem Hilfebedürftigen nicht verheiratete Partner könnte sein Einkommen ganz oder in hohem Maße zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden. Nur wenn sich die Partner so füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist die Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten vergleichbar.641 Zwar gibt es in 638 639 640

BVerfGE 1, 208 (247); 4, 144 (155); 42, 64 (72); 55, 114 (128). BVerfGE 87, 234 (255); 94, 241 (260). BVerfGE 78, 256 (330).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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der eheähnlichen Gemeinschaft auch keine rechtlichen Pflichten zur Unterstützung, doch hat das Bundesverfassungsgericht diese außerrechtlichen Pflichten zwischen den Partnern wie rechtliche behandelt und nur im Hinblick hierauf die Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Partners für gerechtfertigt angesehen. In diesem Zusammenhang kann auch das Bestehen einer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht keine Rolle spielen.642 Zwar ist es dem Gesetzgeber aufgrund von Art. 6 Abs. 1 GG erlaubt, im Rahmen der §§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zu vermuten, dass nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten ihre bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten erfüllen.643 Maßgebend sind die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und nicht möglicherweise bestehende Rechtsansprüche.644 Im Hinblick auf die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, das Existenzminimum zu sichern, wäre es sachwidrig, Rechtsansprüche auf Unterhaltsleistungen als wesentlichen Anknüpfungspunkt zu wählen. Entscheidend ist also, dass sich die Partner gegenseitig unterstützen, füreinander einstehen und ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Wesentliches Vergleichselement für die Gleichbehandlung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft ist somit das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Dies hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II auch deutlich zum Ausdruck gebracht.

(2) Sachgerechte Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft Die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II ist im Hinblick auf dieses Vergleichselement auch sachgerecht und willkürfrei, denn wenn sich die Partner in einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauerhaft getrennt lebender Ehegatten vergleichbar645. Die beiden Gemeinschaften zeichnen sich unter dem Blickwinkel der Bedarfsgemeinschaft durch die gleichartige Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse aus. Ehe und eheähnliche Gemeinschaft gründen auf einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft, beide beruhen auf einer 641 Siehe BVerfGE 87, 234 (265). Nach Winkler, info also 1986, S. 60 (62) gibt es keine Erfahrungstatsache, dass Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft einander in dem vorgesehenen Umfang unterstützen. 642 Siehe dazu schon BVerfGE 9, 20 (32); BVerwGE 52, 11 (14); BSGE 63, 120 (127); OVG Berlin, JZ 1957, S. 674. Schließen die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft eine vertragliche Vereinbarung im Hinblick auf den Unterhalt während des Zusammenlebens und nach der Trennung, stimmen Ehe und eheähnliche Gemeinschaft sogar in diesem Punkt überein. 643 Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 26. 644 Siehe BVerwGE 52, 11 (13). 645 Siehe BVerfGE 87, 234 (265).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

gemeinsamen Willensübereinstimmung, auch wenn diese bei der eheähnlichen Gemeinschaft nicht öffentlich erklärt wird, beide Partner erheben einen Ausschließlichkeitsanspruch gegenüber dem anderen und stehen sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens bei. Ehe und eheähnliche Gemeinschaft zeichnen sich durch Stabilität und Konstanz wie auch durch Einmaligkeit und Exklusivität aus. Außerdem erbringen sich die jeweiligen Partner gegenseitig tatsächliche Unterhaltsleistungen. Einziger Unterschied zwischen Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft ist der formale Akt der Eheschließung, die rechtliche Unverbindlichkeit der eheähnlichen Gemeinschaft646. Für eine Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG genügt aber eine Übereinstimmung in den wesentlichen Elementen.647 Soweit die eheähnliche Gemeinschaft als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft definiert wird, ist die Gleichbehandlung sachgerecht.648 Dies folgt auch schon daraus, dass die Gleichstellung keine Bestrafung der eheähnlichen Gemeinschaft, sondern ein Abstellen auf den Bedarf darstellt, welches dem Bedarfsdeckungsgrundsatz und damit der Grundsicherung für Arbeitsuchende entspricht. Die Anrechnung von Einkommen oder Vermögen eines anderen widerspricht dem Faktizitätsprinzip, wenn und soweit Einkommen und Vermögen des anderen nicht Grundlage seiner bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Leistungsberechtigten sind oder der Leistungsberechtigte nicht mit dem zum Einsatz von Einkommen und Vermögen Verpflichteten „aus einem Topf“ wirtschaftet. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, beruht die Einkommensund Vermögensanrechnung auf der bloßen Fiktion einer Selbsthilfemöglichkeit.649 Da aber davon ausgegangen werden muss, dass Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammen wirtschaften, entspricht die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen dem Faktizitätsprinzip. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung liegt auch nicht darin, dass pauschal das volle Netto-Einkommen des mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zusammenlebenden eheähnlichen Partners, soweit es die Freibeträge überschreitet, angerechnet wird, ohne dass im Einzelfall geprüft oder festgestellt wird, in welcher Höhe der erwerbsfähige Hilfebedürftige von seinem Partner tatsächlich Unterhaltsleistungen erhält. Die Berechtigung zu typisierenden Regelungen bei der Bedürftigkeitsprüfung ergibt sich aus den praktischen Erfordernissen der Verwaltung, die einerseits in jedem Fall das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen festzustellen, andererseits in kurzer Zeit eine Vielzahl von Fällen zu bewältigen hat.650 Als entscheidendes verfassungsrechtliches Argument kommt hinzu, dass Art. 6 Abs. 1 GG gesetzliche Regelungen verbietet, die die Ehe benachteiligen. Denn würde sich die Bedarfsgemeinschaft nur auf verheiratete erwerbsfähige Hilfe646 647 648 649 650

Diederichsen, NJW 1983, S. 1017 (1018); Winkler, info also 1986, S. 60 (61). BVerfGE 42, 64 (72); BSGE 63, 120 (127). Siehe BVerfGE 87, 234 (264); BVerwGE 98, 195 (198); BSG, NJW 1993, S. 3346. Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 95. Siehe BVerfGE 9, 20 (32); BSGE 63, 120 (123).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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bedürftige beziehen, läge darin eine ehebenachteiligende Regelung, weil zwischen verheirateten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und solchen, die Partner in einer eheähnliche Gemeinschaft sind, in Bezug auf die für die Bedürftigkeitsprüfung relevante Gestaltung der tatsächlichen Lebensführung keine Unterschiede bestehen. Beide zeichnen sich durch das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft aus. Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II beruht deshalb auf dem aus Art. 6 Abs. 1 GG fließenden Gebot, die Ehe nicht schlechter zu stellen als die eheähnliche Gemeinschaft. Daraus folgt dann aber zugleich auch, dass Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt sein kann, da die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG zugleich eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes enthält.651 Das gilt auch dann, wenn die eheähnliche Gemeinschaft im Übrigen nicht gleich behandelt wird, denn das Gebot des Art. 6 Abs. 1 GG beschränkt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls dann, wenn Gleichbehandlung von verheirateten und nicht verheirateten Personen zur Vermeidung von Nachteilen für die Ehe unumgänglich ist.652 Die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft verstößt somit nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gedanken, dass hier das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu einer Gleichbehandlung mit der Ehe ausreicht, in anderen Rechtsmaterien die Schlechterstellung der eheähnlichen Gemeinschaft bei gleichen Voraussetzungen aber nicht abgebaut wurde, wie beim Krankenversicherungs- und Pfändungsschutz, der Hinterbliebenenversorgung oder im Steuerrecht.653 Zum einen kann bezweifelt werden, dass eine solche Gesamtschau überhaupt zulässig ist.654 Zum anderen ist fraglich, ob die Beseitigung dieser Schlechterstellungen aufgrund ihrer Folgen überhaupt sinnvoll ist. Würden zum Beispiel Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft in den Krankenversicherungsschutz einbezogen, würde dies zum einen zu einer erheblichen Erweiterung des beitragsfrei geschützten Personenkreises und damit zu einer untragbaren Beitragssteigerung aller Krankenversicherungen führen. Zum anderen würde der Part651 BVerfGE 3, 225 (240); 6, 55 (71); 12, 151 (163); 13, 290 (296); 17, 210 (217); 99, 216 (232); Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (620); Udsching, in: Brennpunkte des Sozialrechts 1994, S. 1 (15). 652 BSGE 63, 120 (129 f.). Siehe auch BVerfGE 67, 186 (195 f.); Gerlach, in: Konegen / Nitschke, S. 141 (147). 653 So aber Kingreen, S. 258 ff. zu der vergleichbaren Regelung des § 137 Abs. 2a AFG; Schoch, in: Arbeitsgruppe BSHG-Reform, S. 40; ders., in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 15 f. Siehe auch Käser, S. 103 und 132 ff., der aber nicht die Regelung des § 122 BSHG als verfassungswidrig ansieht, sondern die sonstigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Steuerrecht, anpassen will. 654 Siehe BVerfGE 67, 186 (198); v. Maydell, Referat zum 57. DJT, I 44 (I 59), Fn. 54; Seewald, Anmerkung zu BVerfG, JZ 1993, S. 144 ff., JZ 1993, S. 148 (149). Nach Schumacher, FamRZ 1994, S. 857 (863) läuft eine Gesamtschau auf eine für Ehegatten und unverheiratet zusammenlebende Partner (weitgehend) gleiche Rechtslage, jedenfalls im Sozial- und Steuerrecht, hinaus und kann deshalb nicht richtig sein.

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ner der eheähnlichen Gemeinschaft bei einer Trennung seinen Versicherungsschutz sofort verlieren655, während der Ehepartner den Versicherungsschutz erst nach der Scheidung verliert und sich so darauf einrichten und Vorsorge treffen kann. Ähnliches gilt auch für andere Rechtsgebiete.656 Außerdem knüpfen diese Vorschriften an das Bestehen einer hochrangigen Unterhaltsverpflichtung der Ehepartner an und setzen sie voraus.657 Zwar werden auch bei einer eheähnlichen Gemeinschaft aufgrund von sittlichen Gründen tatsächlich Unterhaltsleistungen erbracht, der Partner kann aber jederzeit sein Verhalten ändern und die Mittel für sich verwenden. Der Gesetzgeber kann somit im Gegensatz zur gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht voraussetzen, dass die sittlichen Unterhaltspflichten tatsächlich immer erfüllt werden. Im Unterschied zur sittlichen Unterhaltsleistung entsteht durch die gesetzliche Unterhaltspflicht eine Verantwortung der Ehepartner, die auch den Staat entlastet. Durch die Eingehung der Ehe begründen die Ehepartner rechtliche Verbindungen, die der eheähnlichen Gemeinschaft fehlen. Daran darf der Gesetzgeber anknüpfen und der Ehe gewisse Vorteile gewähren, er hat insoweit ein Recht zur Typisierung und damit zur Ungleichbehandlung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft. Der Gedanke der Systemgerechtigkeit führt insoweit nicht weiter. Art. 3 Abs. 1 GG fordert zwar auch Systemgerechtigkeit und diese verlangt, dass die Ungleichbehandlung den Gesetzlichkeiten entsprechen muss, die sich aus der Art des zu regelnden Lebensbereichs ergeben; die vom Gesetz erfassten Tatbestände müssen in sich folgerichtig normiert werden.658 Der Gedanke der Systemgerechtigkeit will nicht nur die innere Widerspruchsfreiheit innerhalb eines eng gefassten Teilsystems erreichen. Mit seiner Hilfe wird vielmehr auch untersucht, ob sich das zu prüfende Regelwerk in den Gesamtkontext der Rechts- und Verfassungsordnung einfügt.659 Allerdings ist dabei auch die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu beachten.660 Der Gesetzgeber hat bei der Behandlung der eheähnlichen Gemeinschaft einen Bewertungsspielraum. Er ist berechtigt, die Ehe durch eine gewisse Privilegierung – wie zum Beispiel im Steuerrecht – zu schützen und somit einen Anreiz zugunsten des gesetzlichen Ehestandes zu geben.661 Es verbleibt aber bei 655 Wann eine solche Trennung tatsächlich stattgefunden hat, lässt sich bei der eheähnlichen Gemeinschaft schwer feststellen, da es keinen öffentlichen Trennungsakt, vergleichbar mit der Scheidung, gibt. Es müsste insoweit auf die Aussagen der Partner der eheähnlichen Gemeinschaft vertraut werden, wodurch Missbrauchsmöglichkeiten entstehen würden. 656 Siehe Merten, Festschrift Leisner, S. 615 (632); Oppermann, S. 182 ff. 657 v. Renesse, ZRP 1996, S. 212 (214). 658 BVerfGE 34, 103 (115); 67, 70 (84 f.); 81, 156 (207); Gubelt, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 3, Rdn. 30; Robbers, DÖV 1988, S. 749 (755); Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (878). 659 Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 3, Rdn. 311 ff.; Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 3, Rdn. 44 ff., insbesondere Rdn. 50; Kirchhof, in: Isensee / Kirchhof, HdStR, Bd. V, § 124, Rdn. 22 ff. 660 BVerfGE 60, 16 (43). 661 Appel, S. 121. Siehe auch BVerfGE 87, 234 (266, 268), wo die Auswirkungen auf andere Gebiete berücksichtigt und gewichtet werden.

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der Verpflichtung des Gesetzgebers, Abweichungen von ursprünglichen Ordnungsgesichtspunkten besonders zu rechtfertigen und zu prüfen, ob die Gründe, die zur Abweichung geführt haben, in einem angemessenen Verhältnis zur Intensität des Widerspruchs stehen.662 Dieses Gebot kann allerdings wiederum nur gesetzesintern gelten.663 Innerhalb der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft gerade aufgrund des abgestuften Regelwerks des § 9 Abs. 2 SGB II widerspruchsfrei. Aber auch wenn angenommen würde, dass das Gebot der Systemgerechtigkeit nicht nur gesetzesintern, sondern auch im Hinblick auf andere Rechtsgebiete gilt, besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen und der Grundsicherung für Arbeitsuchende: Ehe und eheähnliche Gemeinschaft werden im SGB II in Bezug auf die Belastung gleichgestellt, während es in den anderen Rechtsgebieten um eine Begünstigung geht. Hier muss es aber dem Gesetzgeber aufgrund von Art. 6 Abs. 1 GG möglich sein, die Ehe aufgrund ihrer Bedeutung für die Gesellschaft zu begünstigen, ohne sogleich gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit zu verstoßen. Art. 6 Abs. 1 GG muss Vorrang haben. Außerdem handelt es sich bei § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht um eine tatsächliche Gleichstellung der eheähnlichen Gemeinschaft, sondern nur um eine Gleichbehandlung. In der Gesamtheit der Bedingungen wird der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft zwar schlechter gestellt, im Sozialrecht dagegen wird der schwächere Partner durch die Gleichbehandlung mit dem Ehegatten besser gestellt und so seiner Menschenwürde entsprochen. Die anspruchsmindernde Berücksichtigung der eheähnlichen Gemeinschaft ist nicht als Unterhaltsersatz, sondern als Hilfeleistung gedacht. Es wird auf den tatsächlichen Bedarf abgestellt, was dem Charakter der Grundsicherung für Arbeitsuchende entspricht. Unterstützen sich Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft wie Ehegatten, müssen auch beide Gruppen gleichbehandelt werden. Würden alle Schlechterstellungen in anderen Rechtsmaterien abgebaut, gäbe es keine Unterschiede mehr zwischen Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft, obwohl es sich bei diesen nicht um völlig kongruente Tatbestände handelt.664 Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liegt dann nahe.

bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab Weiterer Beurteilungsmaßstab für die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft ist Art. 2 Abs. 1 GG. Die Freiheit, in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben, ist Bestandteil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Ein GeBVerfGE 18, 366 (372 f.); 67, 70 (85). Gusy, NJW 1988, S. 2505 (2508) mit weiteren Nachweisen. A.A. ist Kingreen, S. 270. 664 Dass eine partielle Gleichstellung der eheähnlichen Gemeinschaft auch in anderen Rechtsgebieten möglich ist zeigt Oppermann, S. 170 ff. 662 663

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setz, das an den Gebrauch dieser Freiheit erhebliche Nachteile knüpft, muss daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.665 § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verfolgt den Zweck, die Benachteiligung von Ehen gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften zu vermeiden. Hierzu ist diese Regelung ohne weiteres geeignet. Fraglich ist, ob sie auch im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich ist, es also kein gleich wirksames, die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft aber weniger belastendes Mittel gibt. In Betracht käme zunächst, auch bei Ehegatten Einkommen und Vermögen nicht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II anzurechnen. Dies würde aber gegen den Zweck des Gesetzes, die Erfüllung der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten unwiderlegbar zu vermuten, verstoßen. Der Gesetzgeber darf davon ausgehen, dass Ehegatten bei Bedürftigkeit des Partners Einkommen und Vermögen für diesen einsetzen und so den Leistungsträger von seiner Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums befreien oder seine Leistungspflicht verringern. Die Nichtanrechnung von Einkommen und Vermögen ist somit kein gleich wirksames Mittel. Durch die Einbeziehung anderer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften würden die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft ebenfalls nicht entlastet. Entscheidend ist also, ob die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II die Partner der eheähnlichen Gemeinschaft unangemessen hart trifft. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die Anrechnung von Einkommen und Vermögen trifft die eheähnliche Gemeinschaft genauso wie die Ehe. Die belastende Auswirkung der Norm und die Versagung von Rechten, die an den Bestand der Ehe geknüpft sind, erschweren die Begründung oder Aufrechterhaltung einer Lebensgemeinschaft im Übermaß nicht und machen sie auch nicht unmöglich.666 Außerdem muss hier der Schutz der eheähnlichen Gemeinschaft durch Art. 2 Abs. 1 GG hinter dem besonderen Schutz der Ehe des Art. 6 Abs. 1 GG zurücktreten, da die Ausübung des Grundrechts des Art. 2 Abs. 1 GG unter dem Vorbehalt der Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung steht, zu der auch §§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 2 SGB II gehören. Eine Verletzung der Intimsphäre der eheähnlichen Gemeinschaft durch die Gleichstellung mit der Ehe kommt ebenso nicht in Betracht. Mit der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft ist der Leistungsträger zwar zur Ermittlung der Tatsachen verpflichtet und greift damit in die Intimsphäre der Partner ein, so dass die Lebensführung der Partner beeinflusst und kontrolliert werden könnte667. Allerdings dienen die vom Gesetz vorgesehenen rein sachorientierten Ermittlungsrechte dazu, einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Mitteln der Allgemeinheit vorzubeugen. Die Allgemeinheit hat ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Steuermittel nur sach- und zweckgerecht und nur im Falle einer tatsächlichen Bedürftig665 BVerfGE 17, 306 (314); 80, 137 (153); 87, 234 (267); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2, Rdn. 21. 666 A.A. ist Winkler, info also 1986, S. 60 (62). 667 So Winkler, info also 1986, S. 60 (64) zu § 137 Abs. 2a AFG.

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keit verwendet werden.668 Die Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG durch die Ermittlungsrechte sind damit durch die überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Somit verletzt § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II weder die allgemeine Handlungsfreiheit noch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft. cc) Ergebnis Ergebnis der vorstehenden Ausführungen ist damit, dass die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstößt. Die Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft in die Bedarfsgemeinschaft ist damit verfassungsgemäß.

2. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft Durch § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II werden nicht nur Ehe und eheähnliche Gemeinschaft, sondern auch Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft gleichgestellt. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz ist die eingetragene Lebenspartnerschaft in vielen Teilbereichen der Ehe gleichgestellt worden. Im Rahmen des ehemaligen Bundessozialhilfegesetzes existierte jedoch keine dem § 7 Abs. 3 SGB II vergleichbare Regelung, da das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz nicht in Gesetzeskraft erwachsen ist. Deshalb soll im Folgenden die Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft genauer betrachtet werden. a) Die eingetragene Lebenspartnerschaft in der Ordnung des Grundgesetzes Die Lebenspartnerschaft wird wie die eheähnliche Gemeinschaft nicht im Grundgesetz erwähnt. Dies heißt aber nicht, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft verboten ist, wie schon das Lebenspartnerschaftsgesetz, welches lange verfassungsrechtlich umstritten war669, zeigt. Es handelt sich um ein beredtes Schweigen der Verfassung. Luckey, S. 102. Vgl. dazu Beck, NJW 2001, S. 1894 ff.; Freytag, DÖV 2002, S. 445 ff.; Lindenberg / Micker, DÖV 2003, S. 707; Wasmuth, Der Staat 41 (2002), S. 47 ff.; Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 ff. Das Lebenspartnerschaftsgesetz für verfassungswidrig halten Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 ff. 668 669

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Bei der Prüfung der Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung ist es wichtig, die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die beiden Gemeinschaften, ihre grundgesetzliche Absicherung und Wertigkeit im Blick zu behalten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot und das Priviligierungsgebot gegenüber der Ehe.

aa) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Schutzgut des Art. 6 Abs. 1 GG Die eingetragene Lebenspartnerschaft kann nicht als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG anzusehen sein. Voraussetzung für den Schutz einer Lebensgemeinschaft als „Ehe“ ist die Vereinigung von Mann und Frau zu einer Lebensgemeinschaft.670 Dies ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 1 GG. So war bereits § 119 WRV von der Notwendigkeit der Geschlechtsverschiedenheit der Partner ausgegangen. Auch im ersten Formulierungsvorschlag für Art. 6 Abs. 1 GG wurde im Parlamentarischen Rat von der Ehe als der „rechtmäßigen Form der dauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“ gesprochen. Diese Formulierung wurde im weiteren Verlauf der Beratungen lediglich aus sprachlichen Gründen modifiziert.671 Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 GG geht ebenso zumindest typisierend davon aus, dass die Ehe im Sinne des Grundgesetzes für die Gründung einer Familie aus der Ehe heraus offen sein muss.672 Der Ehebegriff setzt zwar nicht die Fortpflanzungsmöglichkeit in jeder konkreten Partnerschaft voraus, ist aber überschritten, sobald schon die Geschlechtlichkeit der Partner eine natürliche Fortpflanzung ausschließt.673 Dies ist jedoch nur bei Personen gleichen Geschlechts möglich. Die Geschlechtsverschiedenheit gehört somit zu den prägenden Merkmalen der Ehe, die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner in einer Lebenspartnerschaft steht damit einer Anerkennung als Ehe entgegen. Nur ein Verfassungswandel des Art. 6 Abs. 1 GG könnte zu einer anderen Auslegung führen674. Das Bundesverfassungsgericht675 hatte 1993 dazu jedoch festBVerfGE 105, 313 (345). Siehe auch Kap. 2, A., I., 1., a), aa). Siehe Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (650). 672 Siehe Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (651). Siehe dazu auch Gade, VR 2002, S. 397 (401); Kirchhof, FPR 2001, 436 (437); Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 15. 673 Krings, ZRP 2000, S. 409 (410). Siehe auch Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 44. A.A. sind K. Möller, DÖV 2005, S. 64 (69 f.); Stüber, KJ 2000, S. 594 (597 f.). 674 Die Verschiedengeschlechtlichkeit in Bezug auf den Ehebegriff stellen Bruns / Beck, MDR 1991, S. 832 (834) in Frage. Das AG Frankfurt / Main, NJW 1993, S. 940 (941) sieht darin einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Sachs, JR 2001, S. 45 zweifelt an einem Verfassungswandel. Für einen Verfassungswandel sind Trimbach / Webert, NJ 1998, S. 63 (64 f.). Krings, ZRP 2000, S. 409 (410) hält einen Wandel des Verfassungsverständnisses bezogen auf die Verschiedengeschlechtlichkeit für die Zukunft zwar für möglich, kann einen solchen zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht konstatieren. 670 671

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gestellt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen grundlegenden Wandel des Eheverständnisses in dem Sinne, dass der Geschlechtsverschiedenheit keine prägende Bedeutung mehr zukäme, erkennbar seien. Die Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG wäre zwar von vornherein durch den Grundsatz der Gleichberechtigung der Partner geprägt; deshalb könnten aus der einfachrechtlich nur schrittweise verwirklichten Gleichberechtigung keine Folgerungen für einen Wandel des verfassungsrechtlichen Eheverständnisses gezogen werden. Für einen grundlegenden Wandel spräche auch nicht, dass die Eingehung einer Ehe nicht von der Fortpflanzungsfähigkeit der Partner abhängig sei und dass die Zahl der kinderlosen Ehen zugenommen hätte, während eine wachsende Zahl von Kindern außerhalb einer Ehe geboren würde. Mit diesen Erwägungen werde die Annahme nicht widerlegt, dass die Ehe vor allem deshalb verfassungsrechtlich geschützt werde, weil sie eine rechtliche Absicherung der Partner bei der Gründung einer Familie mit gemeinsamen Kindern ermöglichen solle. Dieser Ansicht ist auch heute noch zuzustimmen676. Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist zwar in weiten Teilen der Bevölkerung anerkannt und akzeptiert, und seit 1973 ist sie auch entkriminalisiert677. Ferner gewährte auch die Rechtsprechung678 der Lebenspartnerschaft schon relativ früh Anerkennung und in Teilbereichen auch Schutz. Dennoch lassen sich daraus keine Anhaltspunkte für einen Verfassungswandel des verfassungsrechtlichen Begriffs der Ehe herleiten. Trotz der intensiv geführten Debatte um die „Homo-Ehe“ entspricht es weiterhin dem mehrheitlichen Verständnis und dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass eine Ehe nur eine Gemeinschaft von Mann und Frau ist. Es lassen sich auch keine Schlüsse auf einen Verfassungswandel aus dem Lebenspartnerschaftsgesetz ziehen, denn dadurch soll gerade ein Institut neben der Ehe errichtet werden, um Diskriminierungen abzubauen. Der einfache Gesetzgeber hat die „Zivilehe“ nicht für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Auch die Zunahme der Zahl der kinderlosen Ehen spricht nicht für einen Verfassungswandel, denn der Verfassungsgeber ist vom Normalfall, also einer Ehe mit Kindern ausgegangen, und hat insoweit das Recht auf Typisierung.679 Haben Verfassungsgeber und der Gesetzgeber einen Begriff ganz bewusst in einem bestimmten Sinne verwandt und deckt sich dieses Verständnis auch heute noch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, kann der Begriff nicht 675 BVerfG, NJW 1993, S. 3058. So auch BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 (190); LG Gießen, FamRZ 1993, S. 558. 676 So auch BVerwG, NJW 2000, S. 2039; Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 58; Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, Art. 6, Rdn. 9; Gade, VR 2002, S. 397 (401); Lindenberg / Micker, DÖV 2003, S. 707 (710); I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 436; Pauly, NJW 1997, S. 1955 (1956); Robbers, JZ 2001, S. 779 (781). Kritisch K. Möller, DÖV 2005, S. 64 (65 ff.). 677 Abschaffung der §§ 175, 175 a StGB a.F. 1994. 678 Siehe zum Beispiel BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 ff. (Aufenthaltsgenehmigung); BAG, DB 1994, S. 2190 (Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Homosexualität). 679 I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 436 d. A.A. sind Trimbach / Webert, NJ 1998, S. 63 (66).

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gegen diesen Willen ausgelegt werden. Ein Verfassungswandel kommt demnach nicht in Betracht. Für die Beschränkung des Schutzbereichs der Ehe auf Paare unterschiedlichen Geschlechts spricht auch, dass der demokratische Verfassungsstaat darauf angewiesen ist, dass sich das von ihm verfasste Staatsvolk reproduziert und damit zugleich seine Weiterexistenz gewährleistet.680 Dies kann die eingetragene Lebenspartnerschaft aber nicht leisten. Die fehlende Fähigkeit zur Nachkommenschaft soll zwar der Annahme einer Ehe nicht entgegenstehen681, doch ist die von Art. 6 Abs. 1 GG vorausgesetzte „Finalität“ der Ehe, ihre zumindest prinzipielle Offenheit in Richtung der Familie, als wesentliches Begriffsmerkmal festzuhalten.682 Ein Verfassungswandel ist somit nicht gegeben. Eine analoge Anwendung des Art. 6 Abs. 1 GG scheitert an denselben Gründen wie der Verfassungswandel, eine Analogie würde gegen den erkennbaren Willen des Gesetzgebers verstoßen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist somit nicht als Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG geschützt.683 Sie ist ein aliud zur Ehe.684 Dieses Ergebnis lässt sich dadurch stützen, dass im Rahmen der Arbeiten der Gemeinsamen Verfassungskommission in den Jahren nach 1990 immer wieder der Versuch unternommen wurde, gleichgeschlechtliche Partnerschaften dem Schutz der Verfassung zu unterstellen, 680 Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (653). Siehe auch Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 29; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 46. A.A. ist Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 9, die die generelle Fortpflanzungsunfähigkeit nicht als Grund für den Ausschluss gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften sieht. 681 BVerfGE 49, 286 (300). 682 BVerfG, NJW 1993, S. 3058; BAG, FamRZ 1998, S. 545 (546); Diederichsen, NJW 2000, S. 1841 (1842); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 13; Ipsen, Rdn. 312; Pauly, NJW 1997, S. 1955; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 46 f.; SchmittKammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 6. 683 BVerfGE 105, 313 (351); BVerfG, NJW 1993, S. 3053; BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 (190); BGH, FamRZ 1995, S. 344 (345); BayObLG, NJW 1993, S. 1996 (1997); OlG Köln, NJW 1993, S. 1997; LG Frankfurt, NJW 1993, S. 1998 (1999); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Berghahn, KJ 1993 (Bd. 26), S. 397 (402); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, Art. 6, Rdn. 9; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 67; Finger, Anmerkung zu BGH, FuR 1993, S. 156 ff., JZ 1993, S. 159 (160); Gade, VR 2002, S. 397 (401); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 43, S. 44; Grziwotz, FamRZ 1994, S. 1217 (1218); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 17; Manssen, Rdn. 398; Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (622); Pauly, NJW 1997, S. 1955; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 2; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 45; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 6. A.A. ist das AG Frankfurt / Main, NJW 1993, S. 940 (941), das in dem tradierten Begriff der Ehe einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG sieht. Siehe auch Bruns, ZRP 1996, S. 6 (7 f.); Ott, NJW 1998, S. 117 (118). 684 BVerfGE 105, 313 (351); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 47; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 16; Wasmuth, Der Staat 41 (2002), S. 47 (53). Eine Einbeziehung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG wäre nur durch eine Verfassungsänderung möglich, siehe Pauly, NJW 1997, S. 1955 (1957).

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weil alle Beteiligten als Vertreter der beteiligten Verfassungsorgane Bundestag und Bundesrat einvernehmlich davon ausgingen, dass der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG insoweit gerade nicht eröffnet sei.685 Auch einige Landesverfassungen686 erwähnen weitere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften neben der Ehe, sie beziehen diese also gerade nicht in deren Schutzbereich mit ein.687 bb) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG Die eingetragene Lebenspartnerschaft mit Kindern kann aber als Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG angesehen werden. Die eingetragene Lebenspartnerschaft selbst ist keine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar ist nach § 11 Abs. 1 LPartG der eine Lebenspartner Familienangehöriger des anderen Lebenspartners, Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG ist aber nur die Gemeinschaft von Eltern und Kindern. Entscheidendes Kriterium für eine Familie ist allerdings das Vorhandensein von Kindern688, nicht die sexuelle Orientierung der Eltern.689 Seit dem 01. 01. 2005 ist die Annahme des Kindes eines Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner (sogenannte Stiefkindadoption, § 9 Abs. 7 LPartG) zulässig, so dass diese Gemeinschaft eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG sein könnte. Jeder Partner für sich bildet eine Familie mit dem Kind. Dann ist es, wie bei der eheähnlichen Gemeinschaft, nicht ersichtlich, warum dies nicht zu einer Familie führen soll.690 Für eine solche Auslegung spricht auch, dass eine faktische Familie die wesentliche soziale Funktion der traditionellen, auf einer Ehe beruhenden Familie erfüllt. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht dem ebenso nicht entgegen, denn das Gericht spricht bei einer Familie nur von der Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht jedoch von Mann und Frau mit Kindern. Eltern sind aber auch die gleichgeschlechtlichen Partner. Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 GG lässt aufgrund der begrifflichen Trennung von Ehe und Familie eine solche Auslegung ebenfalls zu, da der Familienbegriff im Gegensatz zur Ehe nicht rechtlich geregelt ist. Die eingetragene Lebenspartnerschaft mit gemeinsamen Kindern ist somit eine Familie im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist damit nicht vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst, es sei denn, es sind gemeinsame Kinder vorhanden.691 685 Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (652). Siehe auch Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (627); Pauly, NJW 1997, S. 1955 (1956); Sachs, JR 2001, S. 45. 686 Art. 12 Abs. 2 der Berliner Verfassung, Art. 26 Abs. 2 der Brandenburgischen Verfassung. 687 Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (652). 688 Siehe Kap. 2, A., I., 1., a), bb), (1), (f). 689 Beck, NJW 2001, S. 1894 (1898). 690 Auch die Begründung zu § 9 Abs. 7 LPartG (BT-Drs. 15 / 3445, S. 15) geht davon aus, dass in der Regel dann, wenn der Elternteil eines Kindes, bei dem es lebt, eine Lebenspartnerschaft begründet, eine gemeinsame Familie besteht.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

cc) Die eingetragene Lebenspartnerschaft als Schutzgut des Art. 2 Abs. 1 GG Die Nichteinbeziehung der eingetragenen Lebenspartnerschaft ohne Kinder in Art. 6 Abs. 1 GG bedeutet nicht, dass sie verfassungsrechtlich unzulässig ist. Das Grundgesetz fordert keine Pönalisierung oder verbietet die rechtliche Anerkennung der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG kann nicht als Benachteiligungsgebot für andere Lebensformen als die Ehe verstanden werden.692 Auch die Gefahr einer Aushöhlung der Ehe besteht nicht, denn einem gleichgeschlechtlichen Paar steht die Ehe schon per Definition nicht offen, so dass ein Konkurrenzverhältnis nicht bestehen kann.693 Vielmehr unterfällt die eingetragene Lebenspartnerschaft wie die eheähnliche Gemeinschaft dem Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG).694 Da hier kein spezielleres Grundrecht eingreift, ist die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft zunächst durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützt.695 Die Betroffenen können sich aber auch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG berufen696, denn das Leben in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft betrifft die engere persönliche Lebenssphäre, insbesondere die eigene sexuelle Identität, also auch die Entscheidung zur Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG erstrecke sich lediglich auf die Einstellung des einzelnen Menschen zu seiner eigenen Geschlechtlichkeit 691 Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11. A.A. ist Muscheler, Rdn. 46, wonach es ausreicht, wenn das Kind mit einem Partner biologisch verwandt ist. A.A. sind auch Puhr / Breest, ZfSH / SGB 1997, S. 463 (467). 692 BVerfGE 105, 313 (348); Schwonberg, ZfF 2002, S. 227 (228). A.A. ist Rüfner, SGB 1979, S. 589 (590). 693 Epping, Rdn. 487; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 17. 694 BVerfGE 105, 313 (346); BVerfG, NJW 1993, S. 3058; BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 (191); BGHZ 92, 213 (219); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Bruns, ZRP 1996, S. 6 (8); Bültmann, StuW 2004, S. 131 (134); Freytag, DÖV 2002, S. 445 (447); Gade, VR 2002, S. 397 (401); K. Möller, DÖV 2005, S. 64 (68); I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 436; Nothacker, in: HSRB, Teil II, Kap. 4, Rdn. 72; Pieroth / Schlink, Rdn. 640; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 58; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 47; Schmalz, Rdn. 744; Schmitt-Kammler, in: Sachs, GG, Art. 6, Rdn. 6; Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (398); Stüber, KJ 2000, S. 594 (595); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 40. 695 Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 55; Bültmann, StuW 2004, S. 131 (134); Luckey, S. 54; Merten, in: Festschrift Leisner, S. 615 (630); Nothacker, in: HSRB, Teil II, Kap. 4, Rdn. 72. 696 So auch BVerwG, NVwZ 1997, S. 189 (191); AG Frankfurt / Main, NJW 1993, S. 940 (941); Beck, NJW 2001, S. 1894 (1895); Bültmann, StuW 2004, S. 131 (134); Robbers, JZ 2001, S. 779 (781); Sachs, JR 2001, S. 45 (46); Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (657).

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und auf deren Ausleben, nicht jedoch auf deren Anerkennung durch die Rechtsordnung in Form einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dies würde nämlich verkennen, dass dem Grundgesetz gerade nicht das Leitbild sozial ungebundener Menschen zugrunde liegt. Vielmehr verfasst das Grundgesetz eine Gesellschaft, in der die einzelnen Menschen sich als soziale Wesen begreifen, die gerade auch ihre Sexualität mit Partnern ausleben, denen sie sich auf Dauer verbunden fühlen.697 Das Verhalten muss sich allerdings im Rahmen der Schrankentrias bewegen. Rechte anderer können grundsätzlich nicht betroffen sein. Ein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung liegt nicht vor, die Homosexualität ist nicht mehr strafbar. Auch Art. 6 Abs. 1 GG steht dem nicht entgegen, denn aus der exklusiven Stellung der Ehe698 lässt sich kein umfassendes Abstands-699 oder Differenzierungsgebot700 herleiten.701 Art. 6 Abs. 1 GG steht weder in seiner Ausprägung als Abwehrrecht noch in seiner Ausprägung als Institutsgarantie oder als wertentscheidende Grundsatznorm einer Gleichstellung entgegen.702 Da sich ein sozialer Wandel vollzogen hat, die Homosexualität also akzeptiert und nicht mehr unter Strafe gestellt ist, verstößt die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft heute nicht mehr gegen die guten Sitten.703

Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (658). Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (491); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 16; Pauly, NJW 1997, S. 1955 (1956); Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (397); Vogelsang, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 3, Rdn. 13. 699 So aber Braun, JZ 2002, S. 23 (25 f.); Krings, ZRP 2000, S. 409 (411 ff.); Pauly, NJW 1997, S. 1955 (1956); Scholz / Uhle, NJW 2001, S. 393 (398); Windel, Anmerkung zu BVerfG, JR 2003, S. 144 ff., JR 2003, S. 152 (153). Burgi, Der Staat 39 (2000), S. 487 (501 f.) dagegen nimmt ein Abbildungsgebot an. 700 So aber Braun, JZ 2002, S. 23 (25 f.); Robbers, JZ 2001, S. 779 (783 f.). 701 BVerfGE 105, 313 (348); Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 67; Epping, Rdn. 487; Freytag, DÖV 2002, S. 445 (449 ff.); Lindenberg / Micker, DÖV 2003, S. 707 (710 f.); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 8; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 12a; Schmalz, Rdn. 751; Zimmermann, in: Festschrift Steinberger, S. 645 (656). Siehe auch Beck, NJW 2001, S. 1894 (1899); Manssen, Rdn. 398; Stein / Frank, Staatsrecht, § 36 II, 1a, S. 297; Stüber, KJ 2000, S. 594 (595 ff.); Schwonberg, ZfF 2002, S. 227 (228); Wasmuth, Der Staat 41 (2002), S. 47 (55 ff.). 702 Siehe Freytag, DÖV 2002, S. 445 (446 ff.); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 48 ff.; Zimmermann in: Festschrift Steinberger, S. 645 (654 ff.). 703 Dies ergibt sich auch aus Art. 8 EMRK. Siehe auch BGHZ 92, 213 (219); Beck, NJW 2001, S. 1894 (1895); Robbers, JZ 2001, S. 779 (781). Das Bundesverfassungsgericht hatte noch 1957 homosexuelle Betätigung als eindeutigen Verstoß gegen das Sittengesetz eingestuft, die Strafbarkeit männlicher Homosexualität gebilligt und Homosexuellen das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unter Einschluss ihrer gleichgeschlechtlichen Identität abgesprochen, vgl. BVerfGE 6, 389 ff. 697 698

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dd) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Verfassung die eingetragene Lebenspartnerschaft zwar nicht als Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG schützt, sie wird aber von dem Schutzbereich der freien Entfaltung der Persönlichkeit in seinen Ausprägungen der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) erfasst. Diese beiden Rechte sind aber reine Abwehrrechte, ein Anspruch auf staatliche Leistungen kann daraus grundsätzlich nicht abgeleitet werden.704 Die eingetragene Lebenspartnerschaft mit gemeinsamen Kindern ist als Familie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG zu betrachten. b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute Die Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft kann sowohl anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), des Benachteiligungsverbots (Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG) als auch im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) beurteilt werden. aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab In Bezug auf das Vergleichspaar Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft kann kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)705 festgestellt werden. Die Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft haben nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz ähnliche Rechte und Pflichten wie die einer Ehe, Verantwortungsübernahme und Exklusivität sind genauso wie bei der Ehe gegeben. Die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft verstehen sich als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, die wie bei der Ehe bis zum Lebensende andauert oder andauern soll.706 Sie stehen auch ihrem Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens bei. Der Unterschied zwischen den beiden Lebensgemeinschaften liegt nur in der sexuellen Ausrichtung und der daraus resultierenden fehlenden biologischen Möglichkeit, durch natürliche Fortpflanzung zur Fortexistenz der Gesellschaft beizutragen. Dieser Aspekt rechtfertigt es aber nicht anBültmann, StuW 2004, S. 131 (133). Art. 3 Abs. 1 GG ist hier Prüfungsmaßstab, da es in § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht um eine Diskriminierung der Ehe, sondern um die Schlechterstellung der von Art. 6 Abs. 1 GG nicht erfassten eingetragene Lebenspartnerschaft geht, und somit ein sperrender Vorrang von Art. 6 Abs. 1 gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG ausscheidet. 706 Siehe BGH, NJW 1995, S. 655 (656). 704 705

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zunehmen, Ehegatten und eingetragene Lebenspartner seien nicht vergleichbar, vielmehr ergibt sich diese Feststellung eines gewissen Unterschieds als Folge eines zulässigen Gruppenvergleichs.707 Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft sind also unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vergleichbar. Die Gleichbehandlung ist sachgemäß und willkürfrei, denn im Rahmen des § 7 Abs. 2 SGB II kommt es auf die Gestaltung der Lebensverhältnisse in tatsächlicher Hinsicht an. Auch Art. 6 Abs. 1 GG kommt hier Bedeutung zu. Würden nur Ehepaare als wirtschaftliche Einheit behandelt, so führt dies wegen der vorzunehmenden Einkommensanrechnung zur Reduzierung oder zum Wegfall des Anspruchs auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhalts und damit zu einer Ungleichbehandlung gegenüber den eingetragenen Lebenspartnern, die dann in den Genuss des ungekürzten Bezugs von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende kommen könnten, obwohl beide gegenüber ihren Partnern zivilrechtlich zum Unterhalt verpflichtet sind. Dies widerspricht aber dem Benachteiligungsverbot des Art. 6 Abs. 1 GG.708 Auch wenn in der Literatur zugunsten der Ehe teilweise ein Schutzabstands- oder Differenzierungsgebot709 gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft angenommen wird, ändert dies an der Beurteilung nichts, denn bei § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II geht es weniger um die Gleichstellung aufgrund der grundsätzlichen Anerkennung der Ehe, sondern vielmehr um die Vermeidung von Nachteilen für Eheleute. Ebenso erfordert auch der Nachranggrundsatz die Einbeziehung, da nur derjenige, der tatsächlich hilfebedürftig ist, Hilfeleistungen aus der steuerfinanzierten Grundsicherung für Arbeitsuchende erwarten und damit die Allgemeinheit in Anspruch nehmen kann. Im Fall des Zusammenlebens mit einem eingetragenen Lebenspartner ist aber dieser in Anspruch zu nehmen.

bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verfolgt den Zweck, die Benachteiligung von Ehen gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften zu vermeiden. Hierzu ist diese Regelung ohne weiteres geeignet und im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sogar erforderlich, denn ein gleich wirksames, die Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft aber weniger belastendes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Einbeziehung anderer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften würde die Partner nicht entlasten. Die Regelung trifft die Partner der eingetragenen 707 708 709

Siehe Freytag, DÖV 2002, S. 445 (452). Siehe auch Beck, NJW 2001, S. 1894 (1898). Siehe BVerfGE 105, 313 (347). Siehe Kap. 2, A., I., 2., a), cc).

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Lebenspartnerschaft auch nicht unangemessen, da sie nach § 5 LPartG gegenseitig zu Unterhalt verpflichtet sind. Mit der Einbeziehung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II wird ferner der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt, das im Rahmen seiner Entscheidung zum Lebenspartnerschaftsgesetz entschieden hatte, dass im Recht der Sozialhilfe die Benachteilung der Ehe gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht durch das Lebenspartnerschaftsgesetz, sondern durch das Fehlen entsprechender Regelungen im Bundessozialhilfegesetz bewirkt werde. Würden im Sozialhilferecht daraus nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen, könne dort ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG eintreten.710 Die Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II ist damit verfassungsgemäß.

3. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichbehandlung von Ehe und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft In § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1SGB II werden erstmals in einer gesetzlichen Vorschrift nicht nur Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft sondern auch Ehe und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gleichgestellt.711 Ob dies unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt zulässig ist, soll im Folgenden untersucht werden.

a) Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft in der Ordnung des Grundgesetzes Dabei stellt sich auch hier die Frage, wie und ob die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft in der Verfassung geschützt ist. Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft wird im Grundgesetz wie die eheähnliche Gemeinschaft und die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht erwähnt. Auch hier handelt es sich um ein beredtes Schweigen. Das Zusammenleben der Partner in einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft fällt dabei unter keinem Gesichtspunkt unter Art. 6 Abs. 1 GG. Dies ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen zur eheBVerfGE 105, 313 (347 f.). Schwonberg, ZfF 2002, S. 49 (56) hatte schon zum Bundessozialhilfegesetz erwogen, die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft unter analoger Anwendung des § 122 BSHG mit in die Regelung einzubeziehen. Gegen eine solche analoge Anwendung waren Wank / Matties, Anmerkung zu SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 ff., DB 2005, S. 619 (620). Das SG Berlin, NJ 2005, S. 430 (431) zog in Erwägung, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in einer extensiven Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II als Bedarfsgemeinschaft ansehen. 710 711

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ähnlichen Gemeinschaft und zur eingetragenen Lebenspartnerschaft. Wenn diese beiden Institute schon keine Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG darstellen, muss dies auch für die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gelten. Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft kann auch im Gegensatz zur eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht als Familie angesehen werden, wenn Kinder in der Gemeinschaft vorhanden sind. Denn bei diesen Kindern müsste es sich um gemeinsame Kinder handeln, eine Adoption im Rahmen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist gesetzlich jedoch nicht vorgesehen. Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft wird jedoch wie die eheähnliche Gemeinschaft und die eingetragene Lebenspartnerschaft durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Der Entschluss und die Führung solcher Gemeinschaften unterliegt also dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Das Leben in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft betrifft die engere persönliche Lebenssphäre, insbesondere die eigene sexuelle Identität, also auch die Entscheidung zur Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Ihr Verhalten bewegt sich insoweit auch im Rahmen der Schrankentrias.712

b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung beider Institute Die Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von Ehe und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft kann sowohl anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), des Benachteiligungsverbots (Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG) als auch im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) bewertet werden.713

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz und das Benachteiligungsverbot als Beurteilungsmaßstab Anknüpfungspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Gleichstellung von Ehe und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft ist zunächst Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG. Aus Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm und Abwehrrecht folgt zunächst ein Diskriminierungsverbot für die Ehe.714 Grundgesetzwidrig ist somit eine Regelung, die, ohne Vgl. dazu Kap. 2, B., I., 1., b), bb) und Kap. 2, B., I., 2., b). Diesbezüglich kann auch auf die Ausführungen zum Vergleich von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft (Kap. 2, B., I., 1.) verweisen werden, denn eheähnliche Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft stimmen im Wesentlichen überein. 714 Siehe Kap. 2, A., I., 1., a), aa). 712 713

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dass dafür besondere sachliche Rechtfertigungsgründe vorliegen oder die Benachteiligung durch andere Vorschriften ausgeglichen wird, die Ehe gegenüber der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft diskriminiert. Wesentliches Vergleichselement ist auch hier die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Dies bringt der Gesetzgeber durch § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eindeutig zum Ausdruck. Die Gleichstellung von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist im Hinblick auf dieses Vergleichselement auch sachgerecht und willkürfrei. Ehe und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft sind in Bezug auf das Vergleichselement gleich. Denn nur wenn eine Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Personen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfüllt, bildet sie eine lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft im Sinne des SGB II. Die beiden Gemeinschaften zeichnen sich unter dem Blickwinkel der Bedarfsgemeinschaft durch die gleichartige Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse aus. Ehe und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gründen auf einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft; beide beruhen auf einer gemeinsamen Willensübereinstimmung, auch wenn diese bei der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft nicht öffentlich erklärt wird; beide erheben einen Ausschließlichkeitsanspruch gegenüber dem anderen und stehen sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens bei. Diese Gleichbehandlung ist auch sachgerecht. Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verbietet es, zusammenlebende Eheleute gegenüber anderen Lebensformen zu benachteiligen, wenn diese wie Eheleute eine Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft bilden. Bei der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft handelt es sich um eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Allerdings wird sie für das Benachteiligungsgebot erst dann relevant, wenn es sich bei der Gemeinschaft um eine sozialtypische Erscheinung von einigem Gewicht handelt.715 Bei der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft handelt es sich aber um eine solche sozialtypische Erscheinung. Denn zum einen haben gleichgeschlechtliche Paare durch das Lebenspartnerschaftsgesetz, aber auch durch einzelne Vorschriften wie § 2 Abs. 2 Sicherheitsüberprüfungsgesetz n.F. und § 563 Abs. 2 Satz 4 BGB n.F., Zugang zur Rechtsordnung erlangt, und zum anderen kann kaum noch von einer sozial atypischen Lebensform gesprochen werden, da die Partnerschaft zwischen Personen gleichen Geschlechts gesellschaftlich anerkannt ist, was auch daran zu erkennen ist, dass sich auch Personen des öffentlichen Lebens öffentlich zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bekannt haben.716 Wichtiger als die gesellschaftliche Anerkennung ist jedoch, dass der Gesetzgeber – zeitlich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – in zahlreichen Gesetzen gerade zum Ausdruck gebracht hat, dass das Zusammenleben von gleichRiehle, ZfSH / SGB 2006, 272 (275). SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 (618); SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 35 SO 28 / 05 ER, juris; Beschluss vom 22. 02. 05, Az: S 35 SO 23 / 05 ER, juris. 715 716

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geschlechtlichen Partnern als „sozial typisch“ zu verstehen ist. Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft ist auch nicht mehr so unbedeutend, dass sie zahlenmäßig gegenüber den anderen Gemeinschaften, die von § 7 Abs. 3 SGB II erfasst werden, nicht ins Gewicht fallen würde. So gab es nach Angabe des Statistischen Bundesamtes 2001 zwischen 50.000 und 150.000 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften (unabhängig davon, ob diese eingetragen sind oder nicht) und ca. 2,1 Millionen nichteheliche Lebensgemeinschaften, wobei in letzterer Zahl auch die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften enthalten sind.717 Es bestehen außerdem genügend soziale Erkenntnisse über gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, so dass eine Differenzierung auch aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt werden kann.718 Gegen eine Gleichbehandlung spricht auch nicht das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz)719, dessen Benachteiligungsverbot bezüglich der geschlechtlichen Identität den Schutz Homosexueller bezweckt.720 Denn aus dem Verbot der Diskriminierung kann nicht gefolgert werden, dass lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften keinen sozialen Stellenwert haben, da dies auch für alle benachteiligten Personen, die durch dieses Gesetz geschützt sind, wie auch für Frauen oder Angehörige bestimmter Religionen, gelten müsste. Außerdem kann aus dem geplanten Gesetz sogar der gegenteilige Schluss gezogen werden, nämlich dass Homosexuelle in der Gesellschaft so verbreitet sind, dass sie dieses Schutzes bedürfen. Ferner macht der Gesetzgeber durch dieses Gesetz deutlich, dass er gleichgeschlechtliche Partner gerade nicht anders behandeln will als verschiedengeschlechtliche Partner721, so dass das Antidiskriminierungsgesetz gerade für die Einbeziehung lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaften spricht. Wenn die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft aber einen sozialen Typus darstellt, wird sie für das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG relevant. Der Gesetzgeber musste die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft deswegen mit der Ehe gleichstellen, die Gleichbehandlung ist sachgerecht und willkürfrei. Für eine Einbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in die Bedarfsgemeinschaft und die Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 717 Statement von Präsident Johann Hahlen, Pressekonferenz „Leben und Arbeiten in Deutschland – Mikrozensus 2001“ am 3. Mai 2002 in Berlin, abrufbar unter www.destatis.de. 718 Siehe die Studie von Buba / Vaskovics. 719 BGBl. I 2006, S. 1879 – 1910. Siehe auch Art. 13 EGV. 720 So aber Sächs. LSG, Breith. 2005, S. 794 (797); SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005; Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss vom 01. 06. 2005, Az: S 23 AS 212 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 721 SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 (619); SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 35 SO 28 / 05 ER, juris; Beschluss vom 22. 02. 05, Az: S 35 SO 23 / 05 ER, juris.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

SGB II spricht auch der Systemgedanke. Der Gesetzgeber sieht in § 9 SGB II ein abgestuftes System von Einkommens- und Vermögensberücksichtigung vor. Während bei der Haushaltsgemeinschaft gemäß § 9 Abs. 5 SGB II eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen muss und Einkommen und Vermögen erst für den Hilfesuchenden eingesetzt werden müssen, wenn es den eigenen Bedarf deutlich übersteigt, ist nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft erforderlich. In diesem Fall hat der Hilfesuchende jedes seinen Bedarf übersteigende Einkommen und Vermögen einzusetzen. Liegt weder eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Verwandten oder Verschwägerten noch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vor, können tatsächliche Unterstützungsleistungen nur nach § 9 Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden. Wenn sich aber die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft durch die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft und das Füreinander-Einstehen auszeichnet, muss sie in dieses System richtig eingeordnet werden, so dass nur eine Einkommens- und Vermögensberücksichtigung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Betracht kommt. Zwar können an die Ehe auch Rechtsfolgen geknüpft werden, die sie im Ergebnis schlechter stellen, so dass die Einbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in die gesetzliche Regelung nicht erforderlich gewesen sein könnte. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn das Bestehen einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft für die fraglichen Zusammenhänge nicht hinreichend präzise feststellbar ist, die Begünstigung von Unverheirateten mit üblicherweise bei ihnen vorliegenden Gründen erklärt werden kann oder die ungleiche Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebens- oder Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Situation von Ehegatten hat und deren Berücksichtigung gerade im konkreten Sachverhalt den Gerechtigkeitsvorstellungen der Allgemeinheit entspricht. Es bedarf folglich einleuchtender Sachgründe für die Schlechterstellung der Ehe, die sich vor allem aus den aus Eheschließung, Familienbegründung und familiärer Verbundenheit resultierenden Solidaritätspflichten ergeben, die auch der Staat zu seiner Entlastung einfordern darf. § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II setzt aber keinen eherechtlichen Rahmen voraus und ist daher auf andere Lebensgemeinschaften anwendbar722. Die Norm ist von dem organisatorischen Rahmen der Ehe unabhängig und knüpft nur an die besondere persönliche Beziehung im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft der einbezogenen Partnerschaften an. Eine Schlechterstellung der Ehe könnte somit unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt werden. Die Gleichbehandlung der beiden Gemeinschaften ist auch im Hinblick auf den begrenzten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gerechtfertigt. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind Grenzen gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt.723 Dieser Grund 722 723

Siehe dazu Kingreen, Jura 1997, S. 401 (407); ders., NVwZ 1999, S. 852 (854). BVerfGE 42, 64 (73); 60, 329 (347); 76, 256 (329).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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ist das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG.724

bb) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG ist ebenso nicht ersichtlich. § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verfolgt den Zweck, die Benachteiligung von Ehen gegenüber lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften zu vermeiden. Hierzu ist diese Regelung ohne weiteres geeignet und im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sogar erforderlich, denn ein gleich wirksames, die Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft aber weniger belastendes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Einbeziehung anderer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften würde die Partner nicht entlasten. Die Regelung trifft die Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft auch nicht unangemessen. Die Einbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft und die damit verbundene Gleichstellung mit der Ehe verstößt somit nicht gegen die Verfassung.

4. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft Ebenfalls durch § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II gleichgestellt werden eingetragene Lebenspartnerschaft und eheähnliche Gemeinschaft. Aus den Ausführungen zur Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft ergibt sich, dass im Unterschied zu dem Verhältnis von Ehe und eheähnlicher Gemeinschaft zwischen eingetragener Lebenspartnerschaft und eheähnlicher Gemeinschaft kein Spannungsverhältnis besteht. Beide werden durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) geschützt. Keines der beiden Institute ist durch die Verfassung privilegiert, sondern sie werden gerade einmal toleriert. Doch stellt sich die Frage, ob eine Gleichbehandlung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Wesentliches Vergleichselement ist auch hier die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Homosexuelle und heterosexuelle Lebensgemeinschaften haben in der Regel identische Vorstellungen bei den Erwartungen an ihre Beziehung, der Ausrichtung auf Dauerhaftigkeit, der gegenseitigen Unterstützungsbereitschaft, der sozialen Sicherung und des Einstehens füreinander. Durch das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bestätigen die gleichgeschlechtlichen Lebenspartner dieses sogar öffentlich. Ledig724

Riehle, ZfSH / SGB 2006, 272 (275).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

lich die sexuelle Ausrichtung ist unterschiedlich. Dies rechtfertigt es aber nicht anzunehmen, eheähnliche Gemeinschaft und eingetragene Lebenspartnerschaft wären nicht vergleichbar, denn bei dem hier wesentlichen Vergleichselement, der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, spielt die sexuelle Orientierung keine Rolle. Eine Anknüpfung an eine solche wäre außerdem nach Art. 3 Abs. 3 GG unzulässig. Eheähnliche Gemeinschaft und eingetragene Lebenspartnerschaft sind also im Wesentlichen gleich. Die Gleichbehandlung ist auch sachgerecht und willkürfrei. Der Gesetzgeber hat bei Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum zur Verfügung.725 Es ist grundsätzlich Sache des betroffenen Personenkreises, sich auf diese Regelungen einzustellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten zu begegnen.726 Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind jedoch Grenzen durch das Willkürverbot gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt727. Ein einleuchtender Grund für einen Unterschied in den Rechtspositionen der Vergleichsgruppen ist nicht ersichtlich. Beide Gemeinschaften zeichnen sich unter dem Blickwinkel der Bedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht durch die gleichartige Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse aus. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG sowohl in Bezug auf die eheähnliche Gemeinschaft wie auch auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ist ebenfalls nicht ersichtlich. Denn die Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft erfolgt gerade deshalb, um keine der Gemeinschaften zu benachteiligen. Auch die Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist nicht unangemessen, da diese nach § 5 LPartG gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind. Die Gleichbehandlung von eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft ist somit verfassungsgemäß. 5. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft In § 7 Abs. 3 Nr. 3c in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II werden eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft erstmals in einer gesetzlichen Vorschrift gleichgestellt. Deshalb stellt sich hier die Frage der Verfassungsrechtmäßigkeit dieser Gleichstellung. Sowohl die eheähnliche als auch die lebens725 726 727

BVerfGE 87, 234 (267). So BVerfGE 55, 72 (89); 60, 329 (346). BVerfGE 42, 64 (73); 60, 329 (347); 76, 256 (329).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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partnerschaftsähnliche Gemeinschaft werden durch Verfassung nur im Rahmen von Art. 2 GG geschützt. Bei der Betrachtung der Verfassungsrechtmäßigkeit werden deshalb sowohl der allgemeine Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) relevant.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz als Beurteilungsmaßstab Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch hier Beurteilungsmaßstab, denn er verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln. Wesentliches Vergleichselement ist auch hier das Bestehen einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft verbunden mit dem Füreinander-Einstehen und der tatsächlichen Unterstützung, also das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, wie der Gesetzgeber in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eindeutig zum Ausdruck bringt. Zwischen lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft und eheähnlicher Gemeinschaft bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.728 Sowohl eheähnliche Gemeinschaften als auch lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften sind durch das gemeinsame Wirtschaften und das Füreinander-Einstehen geprägt. Sie gründen auf einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft, beide beruhen auf einer gemeinsamen Willensübereinstimmung, auch wenn diese nicht öffentlich erklärt wird, beide erheben einen Ausschließlichkeitsanspruch gegenüber dem anderen, sind durch Konstanz und Stabilität gekennzeichnet und die Partner stehen sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens bei. Lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften bilden wie die eheähnliche Gemeinschaft eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, ohne dass rechtliche Unterhaltspflichten bestehen.729 In beiden Gemeinschaften werden aber tatsächliche Unterstützungsleistungen erbracht. Ein Unterschied kann zwar darin liegen, dass in eheähnlichen Gemeinschaften häufig gemeinsame Kinder vorhanden sind und im Hinblick darauf bewusst eine gemeinsame Zukunft geplant wird.730 Aber auch in einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft können Kinder vorhanden sein, und eine bewusste Planung der gemeinsamen Zukunft ist nicht vom Vorhandensein eines Kindes abhängig. Außerdem gibt es aber auch eine große Anzahl von eheähnlichen Gemeinschaften, in denen keine Kinder vorhanden sind. Ob in der Gemeinschaft Kinder vorhanden sind, kann demnach hier kein Kriterium sein, um die beiden Gemeinschaften zu 728 Da es sich bei der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft um personenbezogene Merkmale handelt, ist eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Betroffenen nicht in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird, siehe BVerfGE 88, 87 (96). 729 Siehe dazu auch Buba / Vaskovics, S. 68 ff., insbesondere S. 75 ff. und S. 117. 730 So Lauterbach, Anmerkung zu SG Berlin, NJ 2005, S. 430 f., NJ 2005, S. 431.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

unterscheiden. Es kommt nur auf das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft an. Beide Partnerschaften können staatlichen Schutz und gegebenenfalls Förderung (nur) aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, gegebenenfalls auch aus Art. 2 Abs. 1 GG erwarten. Damit unterscheidet sich die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft von der eheähnlichen Gemeinschaft lediglich in der sexuellen Ausrichtung der Partner, die aber nach Art. 3 Abs. 3 GG nicht Anknüpfungspunkt einer Ungleichbehandlung sein kann. Für eine Beurteilung nach Art. 3 GG genügt aber die Übereinstimmung in den wesentlichen Elementen. Die Gleichbehandlung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft ist auch sachgemäß und willkürfrei. Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft stellt ebenso wie die eheähnliche Gemeinschaft einen sozialen Typus dar. Zu § 137 a AFG hatte das Bundesverfassungsgericht731 zwar entschieden, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht darin liege, dass eheähnliche Lebenspartner nach dieser Vorschrift schlechter gestellt sind als die Gemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partner. Es hat dies damals jedoch damit begründet, dass sich nur die eheähnlichen Gemeinschaften als sozialer Typus deutlich herausgebildet haben. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung also deutlich darauf abgestellt, dass das Zusammenleben von Homosexuellen nur deshalb nicht mit dem Zusammenleben von Heterosexuellen verglichen und damit gleichgestellt, werden konnte, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung (17. 11. 1992) das Zusammenleben von Homosexuellen noch keinen Zugang zur Rechtsordnung gefunden hatte, rechtlich also völlig belanglos und damit kein „sozialer Typus“ war.732 Dies hat sich aber im Laufe der Jahre geändert.733 Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft ist auch nicht schwerer oder leichter festzustellen als die eheähnliche Gemeinschaft ohne Kinder, denn beide lassen sich allein aufgrund tatsächlicher Indizien feststellen.734 Die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft hat zwar nicht den identischen sozialen Status wie die eheähnliche Gemeinschaft, ihr Stellenwert ist aber aufgrund der gesellschaftlichen und rechtlichen Anerkennung vergleichbar.735 Sie stellt damit einen „sozialen Typus“ dar, der mit dem der eheähnlichen Gemeinschaft zumindest vergleichbar ist.736 BVerwGE 87, 234 (267). SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 (618); SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 35 SO 28 / 05 ER; Beschluss vom 22. 02. 05, Az: S 35 SO 23 / 05 ER, juris. 733 Siehe dazu schon Kap. 2, B., I., 3., b), bb), (2). 734 O’Sullivan, SGB 2005, S. 369 (375). 735 A.A. ist das SG Dresden, Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 736 Siehe SG Berlin, NJ 2005, S. 430 (431); Hänlein, in: jurisPr-SozR 9 / 2005, Anm. 1, D. A.A. sind LSG Hamburg, FEVS 56, 410 (411); Sächs. LSG, Breith. 2005, S. 794 (797); LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, S. 2253 (2255); Hess. LSG, Beschluss vom 21. 07. 2005, Az: L 7 AS 29 / 05 ER, juris; SG Dortmund, FamRZ 2005, S. 1207 (1208); SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 20. 04. 2005, Az: S 4 AS 31 / 05 ER, juris; SG Dresden, Beschluss vom 731 732

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Die Gleichbehandlung der beiden Gemeinschaften ist auch im Hinblick auf den begrenzten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gerechtfertigt. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind Grenzen gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Nach der oben genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber zwar bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalisierende Regelungen verwenden.737 Die Typisierung setzt allerdings voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen treffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist.738 Wenn der Gesetzgeber aber ohne nachvollziehbare Begründung einen sozialen Typus, die eheähnliche Gemeinschaft, als Bedarfsgemeinschaft heranzieht, aber nicht einen vergleichbaren sozialen Typus, die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, dann würde ein einleuchtender Sachgrund für Nichteinbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II fehlen. Eine Ungleichbehandlung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die eheähnliche Gemeinschaft aufgrund des Benachteiligungsverbots des Art. 6 Abs. 1 GG in § 7 Abs. 3 SGB II einbezogen werden muss.739 Zwar ist es, um der verfassungsrechtlichen Forderung aus Art. 6 Abs. 1 GG nachzukommen, gesetzliche Regelungen zu verbieten, die einen ehebenachteiligenden Charakter besitzen, notwendig, die eheähnliche Gemeinschaft in die Bedarfsgemeinschaft mit einzubeziehen. Das Verfassungsgebot aus Art. 6 Abs. 1 GG zugunsten der Ehe kann aber kein zulässiger Differenzierungsgrund sein, um die an sich sachwidrige Differenzierung und Ungleichbehandlung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft zu rechtfertigen. Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 GG rechtfertigt nicht die Verletzung anderer Grundrechte.740 Wenn der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Systems der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf das besondere verfassungsrechtliche Gebot aus Art. 6 Abs. 1 GG Rücksicht zu nehmen hat, so ist er dennoch gehalten, sich auch um eine ansonsten verfassungskonforme und systemgerechte Gesamtgestaltung des Systems zu bemühen. Er hat sowohl den Gedanken der inneren Ordnung als auch den der wer18. 05. 2005; Az: S 23 AS 175 / 05 ER, juris; Beschluss vom 01. 06. 2005, Az: S 23 AS 212 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris; SG Dortmund, Beschluss vom 14. 07. 2005, Az: S 29 AS 211 / 05 ER, juris. 737 BVerfGE 82, 126 (152); 84, 348 (359); 87, 234 (255); BVerwGE 94, 326 (331); Hess. LSG, Beschluss vom 21. 07. 2005, Az: L 7 AS 29 / 05 ER, juris; SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, S. 169 (170). 738 BVerfGE 87, 234 (255). Siehe auch BVerfGE 26, 265 (276); 82, 126 (152); 84, 348 (360); Hess. LSG, Beschluss vom 21. 07. 2005, Az: L 7 AS 29 / 05 ER, juris; SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, S. 169 (170). 739 So aber LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, S. 2253 (2255); SG Dresden, Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 740 Insoweit richtig SG Fulda, info also 1987, S. 13 (17); Luckey, S. 100 f.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

tungsmäßigen Folgerichtigkeit zu beachten. Es stünde ansonsten im Belieben des Gesetzgebers, an sich sachwidrige und nachteilige Regelungen für die eine Gruppe mit Regelungsaufträgen oder Verfassungsgeboten zugunsten einer anderen Gruppe zu rechtfertigen.741 Außerdem ist der Gesetzgeber aufgrund des Benachteiligungsverbotes im Hinblick auf das Vergleichspaar Ehe und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft verpflichtet gewesen, die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft in die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II einzubeziehen. Für die Gleichbehandlung spricht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lebenspartnerschaftsgesetz. Darin hat das Gericht ausdrücklich als verfassungswidrig und Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gerügt, dass das Bundessozialhilfegesetz bei der Bedürftigkeitsprüfung die Anrechnung von Einkommen des (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartners nicht vorsah. Mit der Rüge hatte es den Gesetzgeber aufgefordert, „im Sozialhilferecht daraus (. . .) die entsprechenden Konsequenzen“ zu ziehen.742 Das Gericht sah also im Fehlen einer sozialhilferechtlichen Anrechnungsvorschrift für Lebenspartner eine verfassungswidrige Benachteiligung der Ehe.743 Wenn das Bundesverfassungsgericht schon darauf hinweist, dass Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft im Sozialhilferecht gleich zu behandeln sind, dann muss auch die Gemeinschaft von nur zusammenlebenden Heterosexuellen genauso behandelt werden wie die gleichartige Gemeinschaft von Homosexuellen.744 Gegen eine Gleichstellung spricht auch nicht, dass für Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft die Möglichkeit besteht, jederzeit zu heiraten, Lebenspartner dagegen nur ihre Partnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz eintragen lassen und damit nicht sämtliche rechtlichen Wirkungen wie bei einer Eheschließung erreichen können745, denn wenn wesentliches Vergleichselement die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ist, kommt es auf die rechtlichen Möglichkeiten der Partner nicht an. Außerdem darf der Gesetzgeber insbesondere bei der gewährenden Verwaltung, bei der es darum geht, aus allgemeinen Steuermitteln jemandem Geldleistungen zukommen zu lassen, in abgestufter Form typische Fallgruppen definieren, um möglichst zu verhindern, dass Mittel nicht auch von denjenigen Menschen in Anspruch genommen werden, bei denen wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt.746 Luckey, S. 101. BVerfGE 105, 313 (347 f.). 743 Hänlein, in: jurisPr-SozR 9 / 2005, Anm. 1, D. 744 Siehe SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 (619); SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 35 SO 28 / 05 ER, juris; Beschluss vom 22. 02. 05, Az: S 35 SO 23 / 05 ER, juris. 745 So Freytag, DÖV 2002, S. 445 (453); Winde, Regelungsbedarf und Regelungsmöglichkeiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Typs, S. 21. 746 SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, S. 169 (170). 741 742

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Durch die Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft und die dadurch erfolgende tatsächliche Bedarfsdeckung können die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende reduziert werden oder ganz wegfallen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass auch bei Gemeinschaften gleichen Geschlechts nach dem allgemeinen Nachranggrundsatz des SGB II darauf abgestellt wird, ob die jeweiligen Hilfebedürftigen tatsächlich Leistungen von anderen erhalten, so dass sie nicht der aus Mitteln der Allgemeinheit finanzierten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bedürfen.747 Denn diese tatsächliche Unterstützung muss der Leistungsträger beweisen, während durch eine Einbeziehung in § 9 Abs. 2 SGB II der Leistungsträger die tatsächliche Bedarfsdeckung vermuten darf. Außerdem ist in Fällen, in denen beide Partner hilfebedürftig sind, nicht für beide die volle Regelleistung zu erbringen, sondern nur jeweils 90 vom Hundert. Insoweit werden Steuermittel gespart und eine Typisierung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist gerade sinnvoll. Die Gleichbehandlung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft mit der eheähnlichen Gemeinschaft, der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist vor allem auch durch den Gedanken des sozialen Rechtsstaates gerechtfertigt. Nach dem sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz ist nur die tatsächliche Unterhaltsleistung entscheidend. Dem Nachranggrundsatz widerspricht es, wenn Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen eine wirkliche Bedürftigkeit nicht vorliegt. Die Einbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II führt schließlich auch nicht zu einem „Dominoeffekt“, so dass die Gleichbehandlung über den Einzelfall hinaus in anderen Bereichen auch zu einer Gleichstellung führt. Denn dies war schon bei der eheähnlichen Gemeinschaft in § 122 BSHG nicht der Fall, so dass davon ausgegangen werden kann, dass dies auch hier nicht geschieht. Für eine Einbeziehung der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft in die Bedarfsgemeinschaft und die Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II spricht letztendlich wie bei der Ehe auch der Systemgedanke. Die Gleichbehandlung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft ist somit im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungsgemäß.748 So aber SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, S. 169 (170). So auch SG Düsseldorf, DB 2005, S. 617 (618 f.); SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. 02. 2005, Az: S 35 SO 28 / 05 ER, juris; Beschluss vom 22. 02. 05, Az: S 35 SO 23 / 05 ER, juris; O’Sullivan, SGB 2005, S. 369 (374). A.A. sind LSG Hamburg, FEVS 56, 410 (411); LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, S. 2253 (2255); Sächs. LSG, Breith. 2005, 794 (796 f.); Hess. LSG, Beschluss vom 21. 07. 2005, Az: L 7 AS 29 / 05 ER, juris; SG Dortmund, FamRZ 2005, S. 1207 (1208); SG Dresden, Beschluss vom 18. 05. 2005; Az: S 23 AS 175 / 05 747 748

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

b) Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht als Beurteilungsmaßstab Einer Gleichstellung von eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft stehen auch keine Bedenken im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht entgegen. Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, die Gleichbehandlung ist verhältnismäßig. Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG kann auch nicht darin liegen, dass die Regelung die Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft faktisch dazu zwänge, die Lebensgemeinschaft aufzukündigen oder erst gar keine zu bilden, um der Inanspruchnahme zu entgehen. Denn die Bundesagentur für Arbeit ist zur Gewährung des Arbeitslosengeldes II auch dann verpflichtet, wenn sich herausstellt, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige von dem Partner den notwendigen Lebensunterhalt nicht erhält, gleichgültig, ob der Partner nicht leisten kann oder nicht leisten will. Außerdem steht die Ausübung des Grundrechts unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der auch das SGB II gehört. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II enthält die gesetzliche Vermutung, dass die Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft grundsätzlich füreinander einstehen und Einkommen und Vermögen dementsprechend gegenseitig zu berücksichtigen sind. Diese Anrechnung kann durch den Gedanken des sozialen Rechtsstaates, dass Mittel der Allgemeinheit nur in Fällen wirklicher Bedürftigkeit in Anspruch genommen werden dürfen, gerechtfertigt werden. Gleiches gilt für die für den Beweis der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen. Diese können außerdem durch die Beweislastumkehr reduziert werden.

c) Art. 20 Abs. 3 GG als Beurteilungsmaßstab Ein Verstoß gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG festgelegten Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, indem der Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gegen ihn gerichtete Unterhaltsverpflichtungen von dritter Seite749 nicht erfüllen kann oder will, wenn er an der Gemeinschaft festhält750, liegt ebenso nicht vor. Denn es ist fraglich, ob ein solcher Zwang, wenn er denn wirklich bestünde, überhaupt eine Verletzung von Art. 20 Abs. 3 GG und des darin festgelegten Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit begründen könnte. Es muss jedoch schon bezweifelt werden, ER, juris; Beschluss vom 01. 06. 2005, Az: S 23 AS 212 / 05 ER, juris; Beschluss vom 14. 06. 2005, Az: S 23 AS 332 / 05 ER, juris. 749 Zum Beispiel des Partners einer früheren eingetragenen Lebenspartnerschaft, eines Kindes aus einer früheren heterosexuellen Partnerschaft oder sogar eines geschiedenen heterosexuellen Partners. 750 Siehe zu diesem Vorwurf bezogen auf die eheähnliche Gemeinschaft im System der Arbeitslosenhilfe SG Fulda, info also 1987, S. 13 (17).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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dass die Erfüllung von Unterhaltspflichten einen Zwang zur Auflösung der Gemeinschaft bedeutet. Vielmehr ist beides nebeneinander möglich, mag sich auch der Umfang der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gerichteten tatsächlichen Unterstützungsleistungen durch das Erfüllen der Unterhaltsverpflichtungen verringern. Den Nachteil der gleichzeitigen Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Partners haben die Partner als Folge der freien Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse hinzunehmen.751 Die Gleichstellung von eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft verstößt somit nicht gegen die Verfassung.

6. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft Letztes Vergleichspaar sind eingetragene Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft. Die Gleichstellung in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Wesentliches Vergleichselement ist auch hier die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Unter diesem Gesichtspunkt sind eingetragene Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gleich, der einzige Unterschied besteht in dem formalen Akt der Eintragung der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Beide Gemeinschaften zeichnen sich unter dem Blickwinkel der Bedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht durch die gleichartige Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse aus. Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Gleichstellung der jeweiligen Vergleichsgruppen unter dem Blickwinkel der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht zu beanstanden ist. Für das Vergleichspaar eingetragene Lebenspartnerschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft kann dann nichts anderes gelten, da hier die Gleichstellung unter den gleichen Gesichtspunkten verfassungsgemäß ist.

7. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II verfassungsgemäß ist. Denn alle Gemeinschaften entsprechen sich im Hinblick auf das Merkmal der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Eingetragene Lebenspartnerschaft, eheähnliche Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft müssen in Bezug auf die Ehe aufgrund des Benach751

Siehe Luckey, S. 110.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

teiligungsverbotes des Art. 6 Abs. 1 GG nach Art. 3 Abs. 1 GG gleichgestellt werden. Die Verpflichtung zur Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG, denn nach dem wesentlichen Vergleichselement der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sind die Gemeinschaften gleich. Die Gleichstellung der Gemeinschaften verstößt ferner nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

II. Die Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft Es werden aber nicht nur die Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen, sondern auch dessen Kinder. Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II haben aber Eltern Einkommen und Vermögen nicht nur für ihre leiblichen minderjährigen Kinder einzusetzen, sondern auch für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und für nicht leibliche Kinder einzusetzen. Es stellt sich die Frage, ob diese Gleichstellung zulässig ist. Ferner ist Ungleichbehandlung gegenüber kinderlosen Paaren unter dem Gesichtspunkt des Fördergebots des Art. 6 Abs. 1 GG zu betrachten.

1. Die Gemeinschaft von Eltern und Kindern in der Ordnung des Grundgesetzes Um die Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung der Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft beurteilen zu können, ist auch hier zunächst zu fragen, wie die Gemeinschaft von Eltern und Kindern durch das Grundgesetz geschützt wird. Das Wesentliche wurde bereits im Rahmen der verfassungsrechtlichen Betrachtung von Ehe, eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft erläutert. Für das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern ist damit nur noch einmal darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 1 GG die sogenannte Kleinfamilie schützt, also die Haushaltsgemeinschaft zwischen Vater, Mutter und Kind. Dies gilt auch für das volljährige Kind, das im Haushalt seiner Eltern lebt, denn die familienrechtliche Beziehung erschöpft sich nicht in der „Erziehungsfunktion“ der Eltern, sondern sie ist eine lebenslange Verpflichtung, einander Beistand zu leisten.752

752

BVerfGE 57, 170 (178); 80, 81 (90 f.). Siehe auch Kap. 2, A., I., 1., a), bb), (1), (f).

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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2. Verfassungsrechtmäßigkeit im Hinblick auf das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft auch die im Haushalt lebenden eigenen Kinder und die Kinder des Partners, solange sie noch nicht 25 Jahre alt, unverheiratet und ohne ausreichendes eigenes Einkommen und Vermögen sind. Dies könnte problematisch sein, denn Art. 6 Abs. 1 GG enthält als besonderen Gleichheitssatz auch das Verbot, die Familie zu benachteiligen, insbesondere Eltern gegenüber Kinderlosen753 und eheliche gegenüber sonstigen Erziehungsgemeinschaften.754 Die Familie wird in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II mit der Ehe, der eheähnlichen Gemeinschaft und der eingetragenen Lebenspartnerschaft gleichgestellt. Ehe und Familie stehen jedoch beide gleichermaßen unter dem Schutz der staatlichen Ordnung. Es verfehlt bereits Wortlaut und Systematik der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 GG, besonders aber den Normzweck, wenn Ehe und Familie gegeneinander ausgespielt werden.755 Es darf nicht eines der Schutzgüter zugunsten des anderen benachteiligt werden. Soweit Paare mit wenigen Kindern sozialrechtlich gegenüber kinderreichen Familien bevorzugt werden, liegt hierin ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG.756 Dies ist in der Bedarfsgemeinschaft jedoch nicht der Fall, denn dort werden Einkommen und Vermögen unabhängig davon angerechnet, ob Kinder oder wie viele Kinder in der Familie vorhanden sind. Auch das Sozialgeld ist, entsprechend der Altersgrenze, für jedes Kind gleich. Damit ist die Gleichbehandlung gerechtfertigt. Da auch erwerbsfähige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in einer eheähnlichen Gemeinschaft, einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer sonstigen Gemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft bilden, liegt auch hier kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Ungleichbehandlung gegenüber kinderlosen Paaren ist ebenfalls gerechtfertigt. Art. 6 Abs. 1 GG enthält zwar das Gebot, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings erwächst aus diesem Gebot das Ziel oder die Tendenz, auch den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Familie zu stärken.757 Das geht jedoch nicht so weit, dass der Staat gehalten wäre, jegliche die Familie betreffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen finanziell zu entlas753 BVerfGE 28, 104 (112); 61, 319 (355); 82, 60 (80); 87, 1 (36); 99, 216 (232); Kingreen, NVwZ 1999, S. 852 (853). 754 BVerfGE 61, 319 (355); 99, 216 (232). 755 So mit der Tendenz gegen die Ehe Zeidler, in: Benda / Maihofer / Vogel, HdbVR, 1. Aufl., S. 555 (607). Dagegen nimmt Lecheler, DVBl. 1986, S. 905 (907) an, dass sich erst durch die Verbindung von Ehe und Familie der Schutz beider rechtfertigt. Siehe auch Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 18. 756 Siehe v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (36); Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 18. 757 BVerfGE 13, 331 (347); 28, 104 (113); 40, 121 (132).

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ten.758 Der Staat darf die sich aus Familiengründung und familiärer Verbundenheit ergebenden Solidaritätspflichten zu seiner Entlastung einfordern.759 Die Leistungskraft der familiären Wirtschaftsgemeinschaft ist damit ähnlich wie bei der Ehe Sachgrund für eine Ungleichbehandlung. Dem Ledigen wird als Ausgleich für die fehlende familiäre Betreuung und die daraus resultierende größere Bedürftigkeit Hilfe geleistet. Die angeordnete Berücksichtigung der Mittel der Eltern kann keine Benachteiligung der Familie sein, weil die Familie der Ort des Ausgleichs zwischen Hilfesuchen und Hilfespenden ist.760 Wenn die Familie nicht über die Ehe bestimmt, sondern als Beziehungsverhältnis zwischen Eltern oder Elternteil und Kind definiert wird761, ist es schwierig, eine sinnvolle Vergleichsgruppe zu finden, der gegenüber der Verweis benachteiligend wirken könnte.762 3. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung minderjähriger Kinder und volljähriger Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Durch das Gesetz zur Änderung des zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. 03. 2006 wurde die bisherige Rechtslage dahingehend verändert, dass nicht nur minderjährige Kinder mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft bilden, sondern auch Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einbezogen werden, wenn sie eine Haushaltsgemeinschaft mit ihren Eltern bilden. Daraus folgt, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II Eltern ihr Einkommen und Vermögen nicht nur für ihre minderjährigen, sondern auch für ihre volljährigen Kinder einzusetzen haben. Diese Gleichbehandlung von minderjährigen Kindern und Kindern zwischen 18 und 24 Jahren ist aufgrund Art. 3 Abs. 1 GG erforderlich. Die ursprüngliche Regelung war verfassungswidrig. Denn nur durch die Einbeziehung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres wird wesentlich Gleiches gleich behandelt. Wesentliche Vergleichselemente sind hier das Wirtschaften „aus einem Topf“ und das Füreinander-Einstehen.763 Nach dem wesentlichen Vergleichselement der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sind die Gruppen im Wesentlichen gleich. Beide Gemeinschaften von Eltern und Kind gründen auf einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft und sind durch das Füreinander-Einstehen und die tatsächliche Unterstützung geprägt. In beiden Fällen leisten die Eltern ihren Kindern Bei758 759 760 761 762 763

BVerfGE 28, 104 (113); 40, 121 (132); 43, 108 (121); 82, 60 (81). Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 37. BVerwGE 23, 149 (155). Siehe oben Kap. 3, A., IV., 1., a), bb), (1), (f). Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 13. Siehe dazu schon Kap. 3, A., IV., 1., a), cc), (1), (a).

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stand. Ferner sind Eltern ihren Kindern nach §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB umfassend zum Unterhalt verpflichtet, soweit diese das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich in der allgemeinen Schulbildung befinden. In anderen Fällen sind Eltern ihren Kindern nur zu Unterhaltsleistungen verpflichtet, wenn sie leistungsfähig sind (§§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB). Diese Gleichbehandlung ist auch sachgemäß und willkürfrei. Der Gesetzgeber hat bei Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum zur Verfügung.764 Es ist grundsätzlich Sache des betroffenen Personenkreises, sich auf diese Regelungen einzustellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten zu begegnen.765 Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind jedoch Grenzen durch das Willkürverbot gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt766. Ein einleuchtender Grund für einen Unterschied in den Rechtspositionen der Vergleichsgruppen ist nicht ersichtlich. Beide Gruppen sind durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Es ist nicht verständlich, warum Eltern mit erwerbsfähigen Kindern, sobald diese volljährig werden, aus der Bedarfsgemeinschaft herausfallen und nur noch eine Haushaltsgemeinschaft mit höheren Eigenbedarfsanteilen bilden sollen, obwohl sich an der Situation nichts geändert hat, die Personen weiterhin eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 SGB II bilden und so auch weiterhin Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II angerechnet werden könnten. Dies klingt auch in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Änderung des zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. 03. 2006 an. Danach heißt es, die bisherige Rechnung trage nicht dem Umstand Rechnung, dass Kinder, die weiterhin im Haushalt der Eltern leben, nicht die Generalkosten eines Haushalts, das heißt die Bestreitung der zur allgemeinen Haushaltsführung gehörenden Aufwendungen, zu tragen haben.767 Einer Gleichbehandlung steht auch nicht entgegen, dass volljährige Kinder und ihre Eltern nach der ursprünglichen Regelung nur eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II bildeten. Aus einer solchen Haushaltsgemeinschaft folgt zwar in der Regel eine verminderte gegenseitige Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Dies gilt jedoch nicht für die Gemeinschaft von Eltern und Kindern, da auch im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II vermutet wird, dass die Eltern aufgrund ihrer gesteigerten Unterhaltspflicht Einkommen und Vermögen einsetzen müssen, wenn es ihren eigenen Bedarf übersteigt. So ist wenig verständlich, worin der Unterschied zu einem minderjährigen Kind liegt. Zum anderen werden Kinder durch die Einbeziehung in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II besser geschützt als bei der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II, denn nach § 9 764 765 766 767

BVerfGE 87, 234 (267). So BVerfGE 55, 72 (89); 60, 329 (346). BVerfGE 42, 64 (73); 60, 329 (347); 76, 256 (329). BT-Drs. 16 / 688, S. 13.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Abs. 2 Satz 2 SGB II dürfen nur Einkommen und Vermögen der Eltern gegenüber den Kindern berücksichtigt werden und nicht umgekehrt, während § 9 Abs. 5 SGB II eine wechselseitige Berücksichtigung vorsieht768. Ebenso kann der Gleichbehandlung nicht entgegenstehen, dass Eltern keine Einwirkungsmöglichkeiten auf das Erwerbsverhalten ihrer volljährigen Kinder hätten und sie mit einer Regelung, die über die Einstandsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II hinausgeht, überfordert sind, ohne in irgendeiner Weise die Bedürftigkeit oder Erwerbstätigkeit ihrer Kinder beeinflussen zu können. Sie müssten sogar damit rechnen, dass etwaige Sanktionen nach § 31 SGB II sich faktisch auch auf sie auswirkten.769 Denn in solchen Fällen besteht die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft durch Auszug der Kinder nach § 22a SGB II aufzulösen. Eine Ungleichbehandlung kann deshalb auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass durch die Nichteinbeziehung volljähriger Kinder diese einen eigenen Anspruch haben und nicht in der Bedarfsgemeinschaft „untergehen“ sollen770, denn als erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten sie sowohl Leistungen zur Eingliederung in Arbeit als auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ebenso spricht für eine Gleichbehandlung von Eltern mit minderjährigen Kinder und Eltern mit volljährigen Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres das Recht des Gesetzgebers zur Typisierung, da sich die Zahl der Haushaltsgemeinschaften von Eltern und Kindern nicht durch die Volljährigkeit der Kinder verringert. Haben diese bis zur Vollendung des 15. oder 18. Lebensjahres bei ihren Eltern gewohnt, wird sich dies allein durch die Vollendung des Lebensjahres nicht ändern. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob sich die volljährigen Kinder in Ausbildung befinden oder nicht, weil es in § 9 Abs. 2 SGB II nicht auf eventuell bestehende Unterhaltspflichten ankommt, sondern auf das Füreinander-Einstehen und das Wirtschaften „aus einem Topf“. Davon kann typisierend ausgegangen werden, wenn Eltern mit ihren volljährigen Kindern in einem Haushalt leben. Einer Gleichbehandlung der beiden Gemeinschaften steht letztendlich auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber eine uneingeschränkte Unterhaltspflicht für Kinder über 21 Jahren konstituiert. Denn Eltern wären ihren Kindern gemäß §§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB nur so weit zu Unterhalt verpflichtet, als sie leistungsfähig sind. Das SGB II knüpft nicht an die bürgerlich-rechtliche Unterhaltsregelung an, insbesondere nicht an das Bestehen einer Unterhaltspflicht, maßgeblich ist allein, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit vorliegt. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- und Leistungserwartung. Von Eltern wird erwartet, dass sie auch ihren volljährigen Kindern Beistand leisten, unabhängig von einer tatsächlich bestehenden Unterhaltspflicht. Dass eine solche Erwartung verfasSiehe Kap. 4, A., II., 1. So die Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, BT-Drs. 16 / 688, S. 11. 770 So aber Steck / Kossens, Rdn. 23. 768 769

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sungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hat sich schon bei der eheähnlichen Gemeinschaft gezeigt. Die § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II zugrunde liegende Vermutung, dass Eltern, die mit ihren Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres eine Bedarfsgemeinschaft bilden, ihr Einkommen und Vermögen für diese Kinder einsetzen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, stellt einen hinreichenden, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden sachlichen Grund für die getroffene Anrechnungsregelung dar. Die Berücksichtigung der nach bürgerlichem Unterhaltsrecht bestehenden Verpflichtung in der Annahme, dass diese in einer zusammenlebenden Familie realisiert wird, bedeutet eine Vereinfachung der Verwaltung und erspart gegebenenfalls die Durchsetzung der Ansprüche vor dem Zivilgericht.771 Die Gleichbehandlung der Gemeinschaften von Eltern mit minderjährigen Kindern und Eltern mit volljährigen Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ist damit im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gerechtfertigt.772

4. Verfassungsrechtmäßigkeit im Hinblick auf die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils Nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II müssen nicht nur Eltern für ihre leiblichen Kinder, sondern auch nicht leibliche Elternteile für die Kinder ihrer Partner Einkommen und Vermögen einsetzen. Damit ist eine wesentliche Veränderung im Vergleich zur früheren Rechtslage eingetreten. Denn ursprünglich wurde die Gemeinschaft von nicht leiblichem Elternteil und nicht leiblichem Kind zwar als Bedarfsgemeinschaft angesehen, die Anrechnung von Einkommen und Vermögen erfolgte jedoch im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II. Der Gesetzgeber setzt also nunmehr voraus, dass der nicht leibliche Elternteil sein Einkommen und Vermögen für das nicht leibliche Kind einsetzt, ohne dass er dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist. Der nicht leibliche Elternteil hat keine Möglichkeit, dieser Heranziehung entgegenzutreten. Es ist deshalb sehr fraglich, ob die Gleichstellung der beiden Gemeinschaften im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung verfassungsgemäß ist. Insbesondere kommt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Betracht. Wesentliches Vergleichselement muss auch hier die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sein. Nach diesem Vergleichselement ist die Gleichbehandlung aber nicht sachgerecht. Der wesentliche Unterschied zwi771 Siehe Schoch, in: Arbeitsgruppe BSHG-Reform, S. 38, wo der Vorschlag gemacht wurde, unterhaltspflichtige Verwandte in § 11 BSHG einzubeziehen. 772 Zur Problematik des § 22 Abs. 2a SGB II siehe C. Müller, ZKJ 2006, S. 193 ff.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

schen der Gemeinschaft von Eltern mit ihren leiblichen Kindern und der von nicht leiblichem Elternteil und nicht leiblichem Kind besteht darin, dass bei Letzterer zwar auch eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, aber in der Regel keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gebildet wird. Der nicht leibliche Elternteil wird erst seinen eigenen Bedarf decken, bevor er Einkommen und Vermögen dem Kind zugutekommen lässt. Dies gilt vor allem bei Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft, da diese die mit der Ehe verbundenen Folgen gerade nicht anstreben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der nicht leibliche Elternteil zum Ausdruck bringt, dass er sich mit dem Kind verbunden fühlt und für dieses einstehen will. Beim Zusammenleben eines Paares mit einem Kind eines der Partner ergeben sich zunächst keine Erwartungen oder Anforderungen von Seiten der Rechtsordnung: Der leibliche Elternteil sorgt rechtlich für sein Kind, allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil, der nicht (mehr) mit dem Kind zusammenwohnt. Für den neuen (Ehe-)Partner gibt es Angebote, für das Stiefkind zu sorgen (§ 1687 b BGB) und dafür steuerlich entlastet zu werden (§ 32 Abs. 6 Satz 7 EStG). Nimmt er sie an, kann auch das Sozialleistungsrecht daran anknüpfen. Anderenfalls oder falls die neue Partnerin dies nicht wünscht oder das (vor allem ältere) Kind die Einbeziehung ablehnt, muss dies auch durch das Sozialrecht akzeptiert werden.773 Der Gesetzgeber kann also nicht pauschal davon ausgehen, dass der nicht leibliche Elternteil und das nicht leibliche Kind eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Außerdem würde die Anrechnung des Einkommens des nicht leiblichen Elternteils auf den Unterhaltsbedarf über die zivilrechtlichen Unterhaltsansprüche hinausgehen. Nach § 1601 BGB sind nur Verwandte in gerader Linie einander unterhaltspflichtig. Der nicht leibliche Elternteil ist mit dem Kind jedoch nur verschwägert. Auch ist er im Gegensatz zum leiblichen Elterteil gesetzlich nicht verpflichtet, dem Kind Unterhalt zu gewähren. Weshalb die gesetzliche Pflicht im wirtschaftlichen Ergebnis allein deshalb auf den neuen Partner der Mutter übergehen soll, weil er mit ihr und dem Kind in einem Haushalt zusammenlebt, ist somit fraglich. Dieser (neue) Mann hat zwar mit der Mutter eine Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft begründet, in diese sind die Kinder der Frau aber nicht notwendigerweise einbezogen.774 Im Übrigen ist auch der leibliche Elternteil nur so weit unterhaltspflichtig, als es ihm ohne Gefährdung des eigenen Lebensunterhalts möglich ist. Würde das Einkommen des nicht leiblichen Elternteils im Verhältnis zum leiblichen Elternteil in vollem Umfang bei der Bedarfsberechnung in Ansatz gebracht, so wäre der nicht leibliche Elternteil im Verhältnis zum leiblichen Elternteil, der unterhaltspflichtig ist, wirtschaftlich schlechter gestellt.775 Außerdem entstehen Probleme, wenn der 773 774

Wenner, SozSich 2006, 146 (152). Wenner, SozSich 2006, 146 (151).

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nicht leibliche Elternteil Unterhaltsverpflichtungen hat oder sein Einkommen der Pfändung unterliegt. Weil das Zivilrecht keine Unterhaltsverpflichtungen des nicht leiblichen Elternteils gegenüber dem Kind kennt, können tatsächliche Unterhaltsleistungen nicht dessen Leistungsfähigkeit mindern, so dass bei Annahme einer Pflicht zum Einsatz von Einkommen und Vermögen für das Kind der nicht leibliche Elternteil seinen Bedarf nicht mehr decken könnte.776 Für einen Gleichheitsverstoß und damit für eine Heranziehung von nicht leiblichen Elternteilen und für einen einheitlichen Einkommenseinsatz in der Bedarfsgemeinschaft spricht, entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Berlin777, auch nicht die Ausgestaltung des Kinderzuschlags in § 6a Abs. 4 Satz 4 BKGG. Zwar wird dieser auch geleistet, wenn nicht leiblicher Elternteil und leiblicher Elternteil ihren Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken können, den des Kindes jedoch nicht. Dies hat aber für § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II keine Auswirkungen, denn es kommt in § 6a Abs. 4 BKGG nur auf den Einkommenseinsatz unter den Partnern an und betrifft damit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Außerdem würde der Kinderzuschlag auch geleistet, wenn nicht leiblicher Elternteil und Kind nur eine Haushaltsgemeinschaft bilden, denn für den Zuschlag kommt es nur darauf an, dass der Bedarf der Eltern gedeckt ist. Gegen eine Einbeziehung des nicht leiblichen Elternteils spricht auch § 9 Abs. 5 SGB II, der die Unterhaltsvermutung in einer Haushaltsgemeinschaft regelt und für die hier relevanten Fallgestaltungen die speziellere Norm ist.778 Der Gesetzgeber begründet die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II damit, dass bei nicht miteinander verheirateten Partnern das Einkommen des nicht leiblichen Elternteils nicht auf den Bedarf eines nicht leiblichen Kindes angerechnet wird. Bei verheirateten Partnern entstehe dagegen zum nicht leiblichen Kind eine Schwägerschaft, so dass entsprechend der Regelung des § 9 Abs. 5 SGB II vermutet werde, dass das nicht leibliche Kind vom nicht leiblichen Elternteil Leistungen erhalte. Nach früherem Rechtsstand würden daher verheiratete Partner gegenüber unverheirateten Partnern schlechter gestellt. Mit der Änderung werde daher klargestellt, dass – auch entsprechend der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers – Einkommen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft in beiden Fallgestaltungen auf den Bedarf eines nicht leiblichen Kindes anzurechnen sei und damit die Schlechterstellung von Ehen gegenüber nichtehelichen Partnerschaften aufgelöst werde.779 775 SG Aurich, info also 2005, S. 127 (128); SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (415); SG Oldenburg, Nds.Rpfl. 2005, S. 169 (171). Siehe auch Sächs. LSG, ZfSH / SGB 2006, 94 (97). Nach Mrozynski, II.7, Rdn. 11c, kommt in dem Verhältnis des nicht leiblichen Elternteils zum leiblichen Elternteil sogar eine Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 679 BGB in Betracht, wobei er richtigerweise davon ausgeht, dass ein Fremdgeschäftsführungswille nicht vermutet werden kann. 776 Siehe ZfSH / SGB 2006, 94 (97). 777 So aber SG Berlin, Beschluss vom 11. 05. 2005, Az: S 37 AS 1607 / 05 ER, juris. 778 Siehe SG Aurich, info also 2005, S. 127 (129). 779 BT-Drs. 16 / 1410, S. 20.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Der Gesetzgeber verkennt hier, dass diese Ungleichbehandlung ein Problem des § 9 Abs. 5 SGB II ist, das dort gelöst werden muss. Nur weil zum nicht leiblichen Kind bei unverheirateten Partnern keine Schwägerschaft besteht, kann der nicht leibliche Elternteil nicht verpflichtet sein, sein Einkommen und Vermögen nach der strengen Regelung des § 9 Abs. 2 SGB II einzusetzen, ohne dass er dem irgendetwas entgegensetzten kann. Deshalb ist es sinnvoller, § 9 Abs. 5 SGB II dahingehend auszulegen, dass auch die Angehörigen des eheähnlichen Partners von dieser Regelung erfasst werden.780 Diese Vorschrift ist hinreichend flexibel gestaltet, weil sie aus dem Zusammenleben von Partnern mit dem Kind eines Partners auf dessen Unterstützung schließt, dem Betroffenen aber die Möglichkeit gibt, diese Vermutung zu erschüttern.781 Aufgrund der nicht bestehenden zivilrechtlichen Unterhaltspflicht des nicht leiblichen Elternteils und der fehlenden Einstandsgemeinschaft bestehen im Vergleich zu leiblichen Eltern oder Adoptiveltern Unterschiede, so dass die beiden Vergleichsgruppen im Wesentlichen unterschiedlich sind. Ferner liegt ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit vor. Geschützt ist durch dieses Grundrecht die Möglichkeit, das eigene Leben und die Beziehung frei zu gestalten. Wenn die Entscheidung für das Zusammenleben mit einem neuen Partner aber zur rechtlich zwangsläufigen Folge hat, für dessen Kinder aus früheren Beziehungen einstehen zu müssen, wird die Bereitschaft, eine solche Partnerschaft einzugehen, massiv beeinträchtigt. 782 Zudem ist die Regelung auch im Hinblick auf das Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 GG) des Kindes verfassungsrechtlich bedenklich. § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II hat eine schematische Anrechnung von Einkommen zum Inhalt, ohne dass darauf Rücksicht genommen wird, ob das Existenzminimum des jeweiligen Kindes tatsächlich durch entsprechendes Einkommenszufluss durch den Stiefelternteil gesichert ist. Soweit tatsächlich die Versorgung auf dem Niveau, das dem verfassungsrechtlichen Existenzminimum entspricht, verweigert wird, stehen dem Kind keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung, zu einer tatsächlichen Deckung seines Bedarfs zu gelangen.783 Denn ein zivilrechtlicher 780 SG Duisburg, Beschluss vom 07. 03. 2007, Az.: S 17 AS 60 / 07 ER, juris; SG Berlin, info also 2007, 121 (122 f.); Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rn. 57; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 628; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 55; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 52. A.A. sind LSG Hamburg, ZfSH / SGB 2006, 156 (157); Hess. LSG, Beschluss vom 20. 09. 2005, Az: L 9 AS 38 / 05 ER, juris. A.A. ist auch der DV, NDV 2005, S. 261 (263), der aber auch eine Gleichstellung durch Änderung des § 9 Abs. 5 SGB II fordert. Das LSG Baden-Württemberg, ZfSH / SGB 2007, 481 (481 f.) will in verfassungskonformer Auslegung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II vor einer Einkommens- und Vermögensanrechnung die § 7 Abs. 3 Nr. 3c in Verbindung mit Abs. 3a SGB II vorgesehene Prüfung durchführen. 781 Wenner, SozSich 2006, 146 (151). 782 SG Berlin, info also 2007, 121 (125); Wenner, SozSich 2006, 146 (152). A.A. Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 48.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Unterhaltsanspruch gegen den neuen Partner seines Elternteils steht dem Kind nicht zu. Anders als § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II, der eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft voraussetzt, beinhaltet § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II kein derartiges tatsächliches Korrektiv. Während die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft letztendlich nur dann als Bedarfsgemeinschaft angesehen werden, wenn sich nach den tatsächlichen Lebensumständen eine Sicherstellung des gemeinsamen Lebensunterhalts erwarten lässt, erfolgt bei den Stiefkindern eine Einkommensanrechnung losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten.784 Hierdurch ist die verfassungsrechtlich gebotene Sicherstellung des Existenzminimums nicht mehr gewährleistet.785 In dieser Konstellation bliebe der Mutter zur Sicherstellung des Lebensunterhalts der eigenen Kinder nur der Weg, sich von ihrem Partner zu trennen. Ein solch mittelbarer Zwang, der in seiner Intensität hinter einem unmittelbaren Eingriff nicht zurückbleibt und zur Beendigung einer Beziehung führt, würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Elternteils beeinträchtigen, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre.786 Denn der Elternteil selbst erhält von seinem Partner aufgrund der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft Unterstützung und wäre dennoch gezwungen, die Gemeinschaft aufzulösen. Die Möglichkeit, dass nur das (im Zweifel minderjährige) Kind die Bedarfsgemeinschaft verlässt, ist nur eine theoretische und muss außer Betracht bleiben. Ein Verstoß gegen die Eheschließungsfreiheit des Art. 6 Abs. 1 GG dagegen liegt nicht vor, weil die sich mit der Eheschließung ergebenden wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber den Kindern des Ehepartners schon bisher anerkannt waren (vgl. § 9 Abs. 5 SGB II) und durch die Neufassung des Gesetzes der in der Gesellschaft zumindest teilweise vorhandene Bereitschaft, für das Kind des Ehepartners zu sorgen, Rechnung getragen wird.787 Denn der heiratswillige Partner wird sich eher darauf einstellen, dem Kind seines Partners zumindest Naturalunterhalt zu gewähren, als der Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Die Einbeziehung der nicht leiblichen Elternteile ist damit verfassungswidrig. Diese Verfassungswidrigkeit kann nur beseitigt werden, indem zur alten Regelung zurückgekehrt wird, wonach nur Eltern gegenüber ihren leiblichen Kindern Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II einzusetzen hatten. Die 783 SG Berlin, info also 2007, 121 (122 f.); SG Duisburg, Beschluss vom 07. 03. 2007, Az.: S 17 AS 60 / 07 ER, juris; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 33. 784 SG Duisburg, Beschluss vom 07. 03. 2007, Az.: S 17 AS 60 / 07 ER, juris. 785 SG Berlin, info also 2007, 121 (122 f.); SG Duisburg, Beschluss vom 07. 03. 2007, Az.: S 17 AS 60 / 07 ER, juris; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 33. 786 SG Berlin, info also 2007, 121 (123). A.A. Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 48. 787 LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. 01. 2007, Az.: L 13 AS 27 / 06 ER; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB II, § 9, Rdn. 32; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 49. A.A. SG Duisburg, Beschluss vom 07. 03. 2007, Az.: S 17 AS 60 / 07 ER, juris; Mrozynski, II.7, Rdn. 11c.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Hilfebedürftigkeit eines unverheirateten Kindes kann somit nicht mit der Begründung verneint werden, dass der im Haushalt lebende Partner des Elternteils über ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt. Ebenso unzulässig ist es, den Bedarf des Elternteils durch seinen Partner als gedeckt anzusehen, um nun dessen Einkommen für das Kind anzurechnen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils dem leiblichen Elternteil tatsächlich zugewendet werden und dessen Einkommen und Vermögen erhöht.788 Allerdings wird in solchen Fällen in der Regel der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG an das nicht leibliche Kind zu leisten sein, da der Bedarf der Eltern gedeckt ist. Da die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II verfassungswidrig ist, sind Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils bei Bedürftigkeit des Kindes des Partners nach § 9 Abs. 5 SGB II zu berücksichtigen. Dies führt aber zu der Konstellation, dass die Gemeinschaft von nicht leiblichem Elternteil und nicht leiblichem Kind für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen als Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II angesehen werden muss, ebenfalls aber eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II bildet.789 Die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft soll dazu dienen, in gewissem Umfang die Mittel in der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgrund des Wirtschaftens „aus einem Topf“ zusammenzufassen und so die Leistung an die Mitglieder der Gemeinschaft zu reduzieren. Es macht keinen Sinn, eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, in der bestimmte Personengruppen gleichgestellt werden, gleichzeitig aber unterschiedliche Regelungen in Bezug auf den Einsatz von Einkommen und Vermögen mit unterschiedlicher Beweislastverteilung zu treffen. Sinnvoller ist es deshalb, auch schon die Hilfebedürftigkeit in Abhängigkeit von den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zu bestimmen, so dass in allen Fällen Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II zu berücksichtigen wären, gleichzeitig aber die Inanspruchnahme des nicht leiblichen Elternteils durch eine Vermutungsregel zu begrenzen.

BVerwGE 108, 36 (39). Siehe auch Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 14. SG Aurich, info also 2005, 127 (129); SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (415); SG Schleswig, Beschluss vom 02. 03. 2005, Az: S 1 AS 51 / 05 ER, juris. A.A. ist das SG Berlin, Beschluss vom 11. 05. 2005, Az: S 37 AS 1607 / 05 ER, juris, mit der Begründung, dass die Konstruktion einer Haushaltsgemeinschaft in einer Bedarfsgemeinschaft nur überzeuge, wenn die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gegen den Wortlaut als reine Verteilungsregelung interpretiert, in Bezug auf die eheähnlichen Partner von einer Regelungslücke des Gesetzgebers ausgegangen – eine Annahme, die angesichts der weitgehenden Übernahme der BSHG-Regelungen zur Einkommensanrechnung sehr fragwürdig erscheint – und die Regelung zum Kinderzuschlag ausgeblendet werde. Außerdem werde bei Heranziehung der Regelung des § 9 Abs. 5 SGB II die Forderung des § 2 Abs. 2 SGB II ausgehebelt. 788 789

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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5. Verfassungsrechtmäßigkeit der Gleichstellung im Hinblick auf die Gemeinschaft von erwerbsfähigem Hilfebedürftigen und dessen Partner Durch § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II werden die Gemeinschaften von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dessen Partnern und die Gemeinschaften von Eltern mit ihren Kindern gleichgestellt. Diese Gleichstellung ist auch verfassungsgemäß, ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 2 GG ist nicht ersichtlich. Denn wesentliches Vergleichselement ist auch hier die Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Gemeinschaften im Wesentlichen gleich. Sowohl Eltern als auch Ehegatten, Lebenspartner oder Partner der eheähnlichen Gemeinschaft oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft bilden eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft und fühlen sich füreinander so verantwortlich, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden. Sie stehen sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens bei.

III. Verfassungsrechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber nicht in den Personenkreis einbezogenen Personen Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Gleichstellung der Gemeinschaften in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II im Wesentlichen verfassungsgemäß ist. Die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II ist abschließend, so dass andere Personen oder Personengruppen als die genannten Gemeinschaften nicht in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen werden und damit auch nicht der Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II unterliegen. Die Frage der Gleichbehandlung ist deshalb auch insoweit relevant, als dass nicht nur danach gefragt werden muss, ob die Gleichbehandlung in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II verfassungsgemäß ist, sondern auch, ob die Ungleichbehandlung dieser Gemeinschaften gegenüber den anderen, nicht in die Regelungen einbezogenen Personengruppen verfassungsgemäß ist. Zum einen wird dabei unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsverbots des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG die Ungleichbehandlung der Ehe gegenüber Ledigen und dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu betrachten sein. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die Ungleichbehandlung gegenüber den Gemeinschaften, die zwar auch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft darstellen, aber nur durch die Regelung der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II erfasst sind, verfassungsgemäß ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Gemeinschaft von Verwandten in gerader Linie.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

1. Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen Leben zwei Personen zusammen, die nicht als eheähnliche Gemeinschaft oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft angesehen werden können, erhalten beide Personen Arbeitslosengeld II in voller Höhe. Denn ein Alleinstehender erhält als Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II 345 Euro, Ehepaare dagegen erhalten als Regelleistung zusammen nur 621 Euro und damit nur 90 vom Hundert der Regelleistung eines Alleinstehenden (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Gleichzeitig haben Ehepartner aber auch Einkommen und Vermögen füreinander einzusetzen. Damit stehen sie schlechter als Alleinstehende. Diese Schlechterstellung der Ehe durch die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft gegenüber Ledigen scheint im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG bedenklich. Art. 6 Abs. 1 GG enthält zwar kein generelles Benachteiligungsverbot, er verbietet – als besonderer Gleichheitssatz – jedoch, Verheiratete nicht allein deshalb, weil sie verheiratet sind, schlechter zu stellen als Ledige790. Andererseits müssen Verheiratete jedoch auch nicht in allen Sozialleistungsbereichen mindestens genauso hohe Leistungen erhalten wie Ledige.791 Es bedarf aber einleuchtender Sachgründe, die erkennen lassen, dass eine für Ehegatten ungünstige Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten hat und dass deren Berücksichtigung gerade bei dieser konkreten Maßnahme den Gerechtigkeitsvorstellungen der Gesellschaft nicht widerstreitet, somit nicht als Diskriminierung der Ehe angesehen werden kann.792 Der Gesetzgeber darf allerdings, ohne die Ehe zu diskriminieren, die Konsequenz aus der Erfahrung des täglichen Lebens ziehen, dass in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend „aus einem Topf“ gewirtschaftet wird mit der Folge, dass zusammenlebende Ehegatten einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt.793 Zu beachten ist dabei jedoch nicht nur der angemessene Selbstbehalt und das Existenzminimum der betreffenden Personen, sondern die Belastung muss sich auf die aus der Wirtschaftsgemeinschaft entstehenden Vorteile beschränken.794 790 BVerfGE 17, 210 (217); 28, 324 (347); 32, 260 (267); 47, 1 (19); 67, 186 (195); 75, 361 (366); 75, 382 (393); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 78; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 6, Rdn. 27; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 36. Siehe auch Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 37; Papier, NJW 2002, S. 2129 (2130). 791 BVerfGE 17, 210 (217); 28, 324 (347); 75, 382 (393); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 78; Udsching, in: Hausmann / Hohloch, Kap. 9, Rdn. 1. 792 Siehe BVerfGE 6, 55 (77); 17, 210 (217); 18, 97 (107); 22, 100 (105); 24, 104 (109); 28, 324 (347); 32, 260 (268); 69, 188 (205); 75, 361 (366); 75, 382 (393); 78, 128 (130). 793 BVerfGE 75, 382 (394); 87, 234 (256); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 79. Siehe auch Pirson, in: BK-GG, Art. 6, Rdn. 81. A.A. ist Winkler, info also 1986, S. 60 (62), die bezweifelt, dass es eine solche Erfahrung überhaupt gibt. 794 BVerfGE 87, 234 (257, 259 f.); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 38.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Diesen Anforderungen entsprechen § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II und § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II: Diese knüpfen an das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft an, insbesondere auch an die Wirtschaftsgemeinschaft. Dabei dürfen sie davon ausgehen, dass die Ehepartner füreinander einstehen, Einkommen und Vermögen für die Ehe einsetzen und dadurch einen geringeren Bedarf haben als Ledige. Sie knüpfen an die Solidaritätspflichten an, die durch die Eheschließung entstanden sind, und beschränkt die Inanspruchnahme auf die wirtschaftlichen Vorteile. Aufgrund dieser Sachgründe liegt keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Ehe und Ledigen vor. Dies muss dann ebenso für die eingetragene Lebenspartnerschaft und die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gelten, denn wenn der allgemeine Gleichheitssatz in Bezug auf die Ehe als besonders geschütztes Verfassungsgut verletzt ist, dann muss dies auch für die verfassungsrechtlich schwächer geschützten, aufgrund von Art. 6 Abs. 1 GG einbezogenen Lebensgemeinschaften gelten.

2. Ungleichbehandlung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten gegenüber getrennt lebenden Ehegatten Nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten müssen ihr Einkommen und Vermögen für den Ehegatten einsetzen, sobald es ihren eigenen Bedarf überschreitet. Getrennt lebenden Ehegatten dagegen kommt der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt zugute. Diese Ungleichbehandlung könnte gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Das Bundesverfassungsgericht795 hat in einer seiner Entscheidungen die Regelung des § 138 Abs. 3 Nr. 9 AFG für nicht mit Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar gehalten, weil die dort vorgeschriebene Einkommensanrechnung zusammenlebende Ehegatten gegenüber solchen, die dauernd getrennt leben, benachteiligte. Während bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die pauschale Einkommensanrechnung nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG erfolge, werde bei dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Bedürftigkeit des arbeitslosen Ehegatten nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG individuell ermittelt. Als pauschalierten Selbstbehalt legten die Arbeitsämter Selbstbehalte zugrunde, die sogar höher wären als die sich aus den Leitlinien der Oberlandesgerichte ergebenden Selbstbehalte. Die Unterschiede hätten ein solches Ausmaß, dass sie durch die Einsparungen, die ein nicht getrennt lebendes Ehepaar infolge des Wirtschaftens „aus einem Topf“ gegenüber getrennt lebenden Ehegatten erzielen, nicht aufgewogen würden. Eine derartige Regelung könnte sogar Ehepaare zum Getrenntleben veranlassen. Sie werde daher dem Gebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht gerecht.

795

BVerfGE 87, 234 (259 f.).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Ein ähnlicher Fall liegt auch bei § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II vor. Während bei der Bedarfsgemeinschaft jedes über dem laufenden Bedarf liegende Einkommen für die anderen Mitglieder eingesetzt werden muss, gilt für dauernd getrennt lebende Ehegatten das Unterhaltsrecht mit seinem Selbstbehalt für den Unterhaltsverpflichteten. Deshalb könnte angenommen werden, dass auch dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten der bürgerlichrechtliche Selbstbehalt verbleiben muss.796 Allerdings besteht zwischen § 138 Abs. 3 Nr. 9 AFG und § 9 Abs. 2 SGB II ein wesentlicher Unterschied: Die frühere Arbeitslosenhilfe sollte den bisherigen Lebensstandard des Hilfesuchenden sichern, während die Grundsicherung für Arbeitsuchende sich auf die Sicherung des Existenzminimums beschränkt. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung aber gerade einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin gesehen, dass die Vorschrift des § 138 Abs. 3 Nr. 9 AFG das Lebensstandardprinzip missachte.797 Lediglich der vom Bundesverfassungsgericht gegenüber der Einkommensanrechnung im Arbeitsförderungsgesetz erhobene Einwand, dass die durch die Art des Vollzugs des § 138 Abs. 1 Nr. 1 AFG durch die Arbeitsverwaltung entstehenden Unterschiede zwischen dauernd getrennt lebenden und nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bei der Berücksichtigung des Einkommens ein Ausmaß erreiche, das nicht mehr sachlich gerechtfertigt sei und im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 GG stehe, da es sogar Ehepaare zum Getrenntleben veranlassen könne, könnte auch die Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II oder deren Vollzug treffen. Dagegen spricht allerdings, dass die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts festgestellten erheblichen Unterschiede sich aufgrund des Vollzugs ein und desselben Gesetzes ergaben, während sich die feststellbaren Unterschiede in der Anrechnung des Einkommens des mit einem Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten gegenüber der Heranziehung eines von ihm getrennt lebenden, nur im Rahmen bestehender zivilrechtlicher Unterhaltsansprüche heranzuziehenden Ehegatten daraus ergeben, dass es sich um unterschiedliche Maßnahmen handelt, nämlich zum einen die Grundsicherung für Arbeitsuchende und zum anderen das bürgerlich-rechtliche Unterhaltsrecht. Beide Rechtsgebiete unterscheiden sich nach Funktion und Regelungskonzept ganz wesentlich, so dass Grundsätze und Bestimmungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Lösung privatrechtlicher Unterhaltsprobleme grundsätzlich nicht herangezogen werden können798 und umgekehrt.799 Das SGB II knüpft nicht an die bürgerlich-rechtliche Unterhaltsregelung an, insbesondere nicht an das Bestehen einer Unterhaltspflicht, maßgeblich ist allein, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit vorliegt. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- und Leis796 Siehe dazu Globisch, DVP 2000, S. 472 (478); Roscher, in: LPK-BSHG, 5. Auflage, § 11, Rdn. 11; Schoch, info also 1997, S. 107 (109). 797 BVerfGE 87, 234 (257). 798 BGH, NJW 1995, S. 1486 (1487); FamRZ 1980, S. 40 (41 ff.). 799 Siehe OVG Berlin, ZfSH / SGB 2004, S. 238 (246); Flint, Anmerkung zu OVG Greifswald, NJ 2000, S. 499 ff., NJ 2002, S. 500.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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tungserwartung. Die § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zugrunde liegende Vermutung, dass in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Ehegatten sich derart füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, stellt einen hinreichenden, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden sachlichen Grund für die getroffene Anrechnungsregelung dar.800 Auch sind die sich durch die Anrechnungsregel des § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ergebenden Nachteile nicht unverhältnismäßig. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Selbstbehalt nach dem SGB II und dem bürgerlich-rechtlichen Selbstbehalt ist nicht so hoch801, dass er nicht durch die Einsparungen, die ein nicht dauernd getrennt lebendes Ehepaar infolge des Wirtschaftens „aus einem Topf“ gegenüber getrennt lebenden Ehegatten erzielt, aufgewogen werden kann, denn bestimmte Kosten fallen in einem Haushalt nur einmal an. Insoweit liegt bei Alleinstehenden eine größere Bedürftigkeit vor, die die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Außerdem ist fraglich, ob ein Vergleich mit dem bürgerlich-rechtlichen Selbstbehalt überhaupt zulässig ist, da die dafür maßgeblichen Unterhaltstabellen der Oberlandesgerichte für den Unterhalt bei „gescheiterten“ Ehen gelten, so dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs802 nicht ohne weiteres auf Unterhaltsansprüche in intakten Familien angewandt werden können, weil die in einer Wirtschaftseinheit zusammenlebenden Familienangehörigen sich in einer wirtschaftlich günstigeren Situation befinden als getrennt lebende Ehegatten.803 Es muss berücksichtigt werden, dass sich durch die Aufhebung des Lebensverhältnisses das familienrechtliche Pflichtverhältnis verändert hat, an die Stelle des Familienunterhalts ist der individuelle Unterhaltsanspruch eines Ehegatten gegenüber dem anderen getreten.804 800

Siehe OVG Berlin, ZfSH / SGB 2004, S. 238 (246). Im Ergebnis auch BVerfGE 87, 234

(265). 801 Beispiel (hierbei wird zur besseren Vergleichbarkeit angenommen, dass der einsatzpflichtige Ehepartner und der getrennt lebende Ehegatte nicht erwerbstätig sind, denn bei Annahme von Erwerbsfähigkeit müssten Erwerbsfreibeträge berücksichtigt werden, die aber vom erzielten Einkommen abhängig sind): Der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle für einen nicht erwerbstätigen Einkommensbezieher 770 Euro, wobei darin eine Warmmiete von 360 Euro enthalten ist. Der Bedarf des einsatzpflichtigen Ehegatten beträgt 517 Euro (Arbeitslosengeld II in Höhe von 311 Euro zuzüglich der Hälfte der maximal anzuerkennenden Kosten für die Unterkunft für zwei Personen in Höhe von 206 Euro). Da die Wohnungskosten und entsprechend der insoweit bestehende Bedarf im Falle des Getrenntlebens erheblich voneinander abweichen, erscheint es sinnvoll, diese Beträge um die Wohnkosten zu bereinigen. Somit hat der getrennt lebende Ehegatte einen Selbstbehalt in Höhe von 410 Euro, der nicht getrennt lebende Ehegatten einen Selbstbehalt von 311 Euro. Dies ergibt einen Unterschiedsbetrag von 99 Euro. 802 BGH, NJW 1985, S. 1460 (1461 ff.). 803 Siehe OVG Berlin, ZfSH / SGB 2004, S. 238 (247). Siehe auch OVG Koblenz, FEVS 53, 550 (553). 804 Hase, SGB 1993, S. 345 (350).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Insoweit führt die typisierende Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung und verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der Ehegatte hat sein Einkommen und Vermögen so weit einzusetzen, als es seinen sozialhilferechtlichen Bedarf überschreitet, auch wenn dieser unter dem unterhaltsrechtlichen Bedarf liegt. Dies gilt aufgrund des Benachteiligungsverbotes des Art. 6 Abs. 1 GG somit auch für die eheähnliche Gemeinschaft. Damit ist bei Partnern der eheähnlichen Gemeinschaft das den sozialhilferechtlichen Bedarf überschreitende Einkommen und Vermögen heranzuziehen. Der zivilrechtliche Selbstbehalt muss hier außer Betracht bleiben. 3. Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Nichteinbeziehung anderer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften Einkommen und Vermögen können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur dann angerechnet werden, wenn ein Betroffener einer der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften des § 7 Abs. 3 SGB II angehört. Andere Lebensgemeinschaften, wie die Gemeinschaften von Eltern mit ihrem Kind, welches das 25. Lebensjahr vollendet hat, von Geschwistern oder von Großeltern mit ihren Enkelkindern werden dagegen nicht erfasst. Solche Gemeinschaften werden in der Regel aber auch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Dies hat zur Folge, dass solche Gemeinschaften lediglich der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II zugeordnet werden und somit Einkommen und Vermögen nur in begrenztem Umfang füreinander einzusetzen haben. Ob dies verfassungsrechtlich zulässig ist, soll im Folgenden überprüft werden. a) Stellung und Schutz sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften in der Ordnung des Grundgesetzes Zunächst stellt sich auch hier die Frage, wie solche Gemeinschaften durch die Verfassung geschützt werden. Nach der Rechtsprechung schützt Art. 6 Abs. 1 GG nur die sogenannte Kleinfamilie, wobei diese auch die Gemeinschaft von Eltern und ihren volljährigen Kindern umfasst.805 Nach einem Teil der Literatur806 ist die Großfamilie, also jede tatsächliche Lebensgemeinschaft auf der Basis des Verwandtschaftsprinzips erfasst. Dies geht jedoch zu weit, da der in Art. 6 Abs. 1 GG vorgesehene Schutz ein Siehe Kap. 2, B., I., 1., a), bb), (1), (f). Friauf, NJW 1986, S. 2595 (2602); Gröschner, in: Dreier, GG, Art. 6, Rdn. 77; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 6, Rdn. 4; Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15a; Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 86; Zuleeg, NVwZ 1986, S. 800 (804). 805 806

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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„besonderer“ Schutz für die Familie sein soll. Werden aber alle Verwandten miteinbezogen, die noch nicht einmal zusammen wohnen, kann von einem solchen Schutz keine Rede mehr sein. Je schwächer die biologische, rechtliche und soziale Verbindung ist, desto schwächer ist auch der gewährte Schutz.807 Dies gilt vor allem für Verwandtschaftsbeziehungen in der Seitenlinie jenseits der Geschwister und in der geraden Linie ab dem dritten Grad. Andere Teile der Literatur wollen neben Geschwistern auch die Großeltern mit ihren Enkeln, die mit den Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenleben, zusätzlich in den Familienbegriff des Art. 6 Abs. 1 GG einbeziehen. 808 Dieser Ansicht ist zuzustimmen, wobei auf eine Haushaltsgemeinschaft mit den Eltern auch verzichtet werden kann. Der Begriff der Familie hat einen Bedeutungswandel erfahren, er ist nicht mehr mit der Ehe verknüpft. Auch in dem Verhältnis von Großeltern und Enkeln wird die wesentliche soziale Funktion der Familie erfüllt. Sie bilden eine Lebens-, Erziehungs- und Wirtschaftsgemeinschaft, die natürliche Lehrstätte für Verantwortungsbewusstsein, Solidarität, Gemeinsinn, Gemeinschaftsbezogenheit, Partnerschaft und Persönlichkeitsentwicklung ist, bewirken das Nachwachsen der nächsten Generation und gewährleisten Beistand und materielle sowie immaterielle Unterstützung. Aufgrund der blutsmäßigen Verwandtschaft, der sozialen Tradition und des geltenden Familienrechts zählt auch das Verhältnis von Enkeln und Großeltern zur Institution der Familie.809 Die Gemeinschaft von Großeltern und Enkeln ist also ebenfalls durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt.

b) Verfassungsrechtmäßigkeit der Ungleichbehandlung Wenn Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften wie die Gemeinschaften von Eltern mit ihrem Kind, welches das 25. Lebensjahr vollendet hat, von Geschwistern oder von Großeltern mit ihren Enkelkindern nicht in die Regelung des § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II einbezogen werden, ist dies im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) bedenklich. Eine Ungleichbehandlung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.810 Entscheidendes Merkmal für die von § 7 Abs. 3 SGB II erfassten Gemeinschaften ist das Bestehen einer Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft. Nach diesem wesentlichen Vergleichselement sind Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11. BayObLG, FamRZ 1991, S. 1080 (1083); Badura, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 6, Rdn. 60; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), S. 7 (17); Coester-Waltjen, in: I. v. Münch / Kunig, GG, Art. 6, Rdn. 11; Häberle, S. 26, Fn. 83; I. v. Münch, Staatsrecht II, Rdn. 439; ders., in: Artikel 6 Grundgesetz, S. 69 (75); Richter, in: AK-GG, Art. 6, Rdn. 15a; Pechstein, S. 103. Siehe auch Kingreen, Jura 1997, S. 401 (402). 809 Siehe Robbers, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 6, Rdn. 88. 810 Siehe Kap. 2, B., I., 1., b), aa), (1). 807 808

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

die Gruppen jedoch im Wesentlichen gleich. All diese Gemeinschaften gründen auf einer Wohn- und Haushaltsgemeinschaft und sind durch das Füreinander-Einstehen und die tatsächliche Unterstützung geprägt. Dies folgt schon aus der engen familiären Verbundenheit. Denn wenn Eltern mit ihren Kindern, die das 25. Lebensjahr vollendet haben, in einem Haushalt leben, muss die Verbindung so eng sein, dass sie sich in den Not- und Wechselfällen des Lebens beistehen. Gleiches gilt auch für die Haushaltsgemeinschaft von Großeltern und ihren Enkelkindern und von Geschwistern. Außerdem sind Verwandte in gerader Linie einander nach § 1601 BGB zum Unterhalt verpflichtet. Eventuell bestehende Unterhaltspflichten können hier allerdings keine Rolle spielen, da es für eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 SGB II nicht auf solche ankommt, sondern auf das Füreinander-Einstehen und das Wirtschaften „aus einem Topf“. Nach dem wesentlichen Vergleichselement der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft liegt damit eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Die Ungleichbehandlung ist auch sachwidrig. Der Gesetzgeber hat zwar bei Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum zur Verfügung.811 Es ist grundsätzlich Sache des betroffenen Personenkreises, sich auf diese Regelungen einzustellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten zu begegnen.812 Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind jedoch Grenzen durch das Willkürverbot gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt813. Ein einleuchtender Grund für einen Unterschied in den Rechtspositionen der Vergleichsgruppen ist aber nicht ersichtlich. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinschaft von Eltern mit volljährigen erwerbsfähigen Kindern, sobald diese das 25. Lebensjahr vollendet haben, aus der Bedarfsgemeinschaft herausfallen und nur noch eine Haushaltsgemeinschaft mit höheren Eigenbedarfsanteilen bilden sollen, obwohl sich an der Situation nichts geändert hat, die Personen weiterhin eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 SGB II bilden und so auch weiterhin Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II angerechnet werden könnten. Eine Ungleichbehandlung kann deshalb auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass durch die Nichteinbeziehung von Kindern ab Vollendung des 25. Lebensjahres diese einen eigenen Anspruch haben und nicht in der Bedarfsgemeinschaft „untergehen“ sollen814, denn als erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten sie sowohl Leistungen zur Eingliederung in Arbeit als auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ebenso kann ein einleuchtender Grund für eine sachliche Differenzie811 812 813 814

BVerfGE 87, 234 (267). So BVerfGE 55, 72 (89); 60, 329 (346). BVerfGE 42, 64 (73); 60, 329 (347); 76, 256 (329). So aber Steck / Kossens, Rdn. 23.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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rung im Hinblick auf die Haushaltsgemeinschaft von Großeltern mit minderjährigen Enkeln nicht gefunden werden. In der Lebensgestaltung und der Verantwortlichkeit ist im Vergleich zu den Haushaltsgemeinschaften von Eltern und Kindern kein Unterschied feststellbar. Es widerspricht Art. 6 Abs. 1 GG, wenn diese Haushaltsgemeinschaften nicht erfasst werden, weil dadurch die Familie im Sinne der Haushaltsgemeinschaften von Eltern mit ihren Kindern benachteiligt wird. Die Gemeinschaft von Geschwistern ist mit eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft vergleichbar, wenn sie eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Denn der einzige Unterschied zwischen diesen Gruppen besteht darin, dass Geschwister nicht heiraten oder sich nicht als Lebenspartnerschaft eintragen lassen können. Auch das Recht des Gesetzgebers zur gesetzlichen Typisierung kann die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen sind zwar generalisierende, pauschalierende und typisierende Regeln allgemein als notwendig anerkannt und vom Bundesverfassungsgericht im Grundsatz als unbedenklich behandelt worden.815 Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich auch am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen.816 Diese gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen aber auf eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen.817 Die Typisierung setzt zudem voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht.818 Dabei ist der Grundsatz der Typengerechtigkeit geeignet, die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte zu rechtfertigen, solange nicht mehr als 10 vom Hundert der von der Regelung betroffenen Fälle dem „Typ“ widersprechen, also wenigstens 90 vom Hundert dieser Fälle dem „Typ“ entsprechen.819 Gleiches muss auch im umgekehrten Fall gelten, so dass eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn mehr als 10 vom Hundert einem bestimmtem „Typ“ entsprechen. Hinzu kommt, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen der Typisierung um eine Regelung bemühen muss, die alle in gleicher Lage Befindlichen erfasst.820 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dürfe der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die Haushaltsgemeinschaft von Eltern und Kindern bis zur Vollendung 815 BVerfGE 9, 20 (32); 11, 245 (253); 17, 1 (23); 78, 214 (227); 82, 126 (151 f.); 84, 348 (359 f.); 96, 1 (6); 99, 280 (290). 816 BVerfGE 82, 159 (185 f.); 96, 1 (6). 817 BVerfGE 84, 348 (360); 87, 234 (255); 96, 1 (6). 818 BVerfGE 9, 20 (31 ff.); 26, 265 (275 f.); 45, 376 (390); 63, 119 (128); 84, 348 (360). 819 BVerwGE 68, 37 (41); BVerwG, NVwZ 1987, S. 231 (232). 820 BVerfGE 78, 249 (288).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

des 25. Lebensjahres in weitaus größerer Zahl vorkomme und sich als sozialer Typus deutlicher herausgebildet habe als andere Lebens-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaften.821 Die erwähnten Lebensgemeinschaften sind jedoch nicht schwieriger zu fassen und eignen sich ebenso zur Typisierung wie die Haushaltsgemeinschaft von Eltern und ihren minderjährigen Kindern. Zudem lebten im Jahr 2000 noch 21,2 Prozent der 25 – 29-jährigen und 7,5 Prozent der 30 – 34-jährigen bei ihren Eltern(-teilen).822 Ähnliche Zahlen müssen auch heute noch gelten. Damit entsprechen mehr als 10 Prozent der Kinder ab Vollendung des 25. Lebensjahres dem „Typ“ und kommen damit auch in größerer Zahl vor, so dass sich ein sozialer Typ herausgebildet hat. Zudem entspricht es den praktischen Erfordernissen der Verwaltung, da diese nur noch das Verwandtschaftsverhältnis prüfen muss. Auch treffen die Ungerechtigkeiten eine verhältnismäßig große Zahl von Personen, nämlich alle Bedarfsgemeinschaften von Eltern mit ihren Kindern unter 25 Jahren. Gleiches muss für die Gemeinschaft von Großeltern und ihren Enkelkindern gelten. Denn wenn sie im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II einen sozialen Typus darstellen können, dann muss dies auch für die Bedarfsgemeinschaft gelten können. Würden sie nicht auch in größerer Zahl in der Gesellschaft vorkommen, bräuchte es eine Regelung wie § 9 Abs. 5 SGB II nicht. Zwar sieht § 9 Abs. 5 SGB II eine Einschränkung des Einsatzes von Einkommen und Vermögen vor, allerdings ist auch § 33 SGB II wegen des bestehenden Unterhaltsanspruchs zu beachten. Wenn aber der Leistungsträger Unterhaltsansprüche, die zwischen Großeltern und minderjährigen Enkeln bestehen, in vollem Umfang überleiten darf, stellt sich die Frage, warum nicht Einkommen und Vermögen auch nach § 9 Abs. 2 SGB II berücksichtigt werden können, wenn eine Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft gebildet wird, sondern der Einsatz von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 5 SGB II begrenzt werden soll. Die sachwidrige Ungleichbehandlung der sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass die Lebensgemeinschaft von Verwandten durch § 9 Abs. 5 SGB II zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis eine Gleichstellung mit den in § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGB II genannten Haushaltsgemeinschaften erreicht. Zum einen ist dort der Eigenbedarfsanteil höher, zum anderen erspart § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht nur eine individuelle Prüfung, sondern bedeutet eine automatische Einkommens- und Vermögensberücksichtigung unabhängig von tatsächlichen Unterstützungsleistungen. Die Lebensgemeinschaften der sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften bleiben demnach zwar nicht unberücksichtigt, die gebotene Gleichstellung, vor allem im wirtschaftlichen Bereich, wird durch § 9 Abs. 5 SGB II aber nicht erreicht. Gerade aber aufgrund bestehender Unterhaltspflichten bei Verwandten in gerade Linie wäre eine solche aber möglich. BVerfGE 87, 234 (267). Siehe auch BVerwGE 52, 11 (14). Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik, Tabelle A 1 – 7. 821 822

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft

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Dem steht auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG entgegen, da dieser es weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung verbietet, den Familienbegriff in anderen Zusammenhängen zu erweitern oder daraus Folgerungen abzuleiten. Damit ist die Ungleichbehandlung sachlich nicht zu rechtfertigen, die Nichteinbeziehung sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

c) Beseitigung der Verfassungswidrigkeit Die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften könnten durch eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen und die Verfassungswidrigkeit dadurch beseitigt werden. Dazu fehlt es jedoch schon an der Regelungslücke, denn der Gesetzgeber ist sich in der Grundsicherung für Arbeitsuchende des Problems bewusst und hat sie deshalb als Haushaltsgemeinschaft in § 9 Abs. 5 SGB II mit einbezogen. Die Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II insbesondere mit Blick auf den Willen des Gesetzgebers hat ergeben, dass dieser nur die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft erfassen soll. Dies steht einer analogen Anwendung entgegen. Es bleibt somit nur die Möglichkeit, einen neuen Unterpunkt in § 7 Abs. 3 SGB II einzufügen. Ferner ist § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II dementsprechend zu ändern. Einer solchen Regelung stehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit vor, weil in unzulässiger Weise die Lebensführung der Haushaltsgemeinschaft kontrolliert und beeinflusst werden könnte. Die sachbezogenen Erkundigungen, die der Leistungsträger zur Ermittlung des Bestehens einer Lebensund Haushaltsgemeinschaft der sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften vornimmt, halten sich im Rahmen des Verhältnismäßigen und sind von der Rechtsprechung auch in der Vergangenheit nicht als verfassungswidriger Eingriff in die Privatsphäre des Hilfesuchenden angesehen worden. Sie sind durch das überwiegende Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt, Steuermittel nicht missbräuchlich einzusetzen. Außerdem sind die mit den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zusammenlebenden Personen solchen Ermittlungen im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II ausgesetzt. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass es die Gemeinschaften faktisch zwänge, dieselbe aufzukündigen, um der Inanspruchnahme zu entgehen. Denn die Bundesagentur für Arbeit ist zur Gewährung des Arbeitslosengeldes II auch dann verpflichtet, wenn sich herausstellt, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige von dem Angehörigen den notwendigen Lebensunterhalt nicht erhält, gleichgültig, ob dieser nicht leisten kann oder nicht leisten will823. 823

Siehe BVerwGE 15, 306 (315).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Fraglich ist, ob auch die Beweislastumkehr des § 7 Abs. 3a SGB II auf die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften übertragbar ist. Auch hier besteht die Gefahr des Leistungsmissbrauchs, so dass insoweit eine Beweislastumkehr sinnvoll wäre. Allerdings wäre dann eine Abgrenzung zur Haushaltsgemeinschaft nicht mehr möglich. Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird bei Bestehen einer Wohnund Wirtschaftsgemeinschaft vermutet, dass zusammenlebende Verwandte und Verschwägerte eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Wenn die Hinweistatsachen des § 7 Abs. 3a SGB II auch auf die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften übertragen würden, würde ebenfalls eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft ausreichen, der Leistungsträger dürfte dann aber aus deren Vorliegen auf eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft schließen. Die Hinweistatsachen des § 7 Abs. 3a SGB II können deshalb nicht zur Anwendung kommen, zumal auch die Nummer zwei sich für die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften nicht eignen würde. Andere generell gültige Hinweistatsachen neben der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu finden, bei denen eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vermutet werden kann, ist kaum möglich, da diese immer eine Frage des Einzelfalls sind. Die Beweislast für eine sonstige Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft muss demnach beim Leistungsträger verbleiben. Erhöhte Beweisschwierigkeiten für den Leistungsträger lassen sich dem ebenfalls nicht entgegenhalten. Denn gerade die Verwandtschaft von Personen lässt sich einfach nachweisen. Außerdem besteht bei Verwandten gerader Linie von vornherein eine, wenn auch nicht gesteigerte, Unterhaltspflicht, ähnlich wie bei Ehepaaren und Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

4. Ungleichbehandlung durch Nichteinbeziehung sonstiger Lebensgemeinschaften § 7 Abs. 3 SGB II stellt nur die Ehe, die eheähnliche Gemeinschaft, die eingetragene Lebenspartnerschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gleich, andere Lebensgemeinschaften wie die von Verwandten in der Seitenlinie, Verschwägerten oder befreundeten Personen oder von Personen, die nicht den Status einer eheähnlichen Gemeinschaft erreichen, werden jedoch nicht erfasst. Deshalb stellt sich hier die Frage, ob dieses eine Ungleichbehandlung gegenüber den von § 7 Abs. 3 SGB II erfassten Personengruppen darstellt. Dies gilt aber vor allem gegenüber der eheähnlichen Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, denn nur diese werden, obwohl keine bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten bestehen, von allen erdenklichen Lebensgemeinschaften außerhalb von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen. Eine Ungleichbehandlung durch das Außerachtlassen sonstiger Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften, wie von Verwandten in der Seitenlinie, Verschwägerten oder befreundeten Personen oder von Personen, die nicht den Status einer eheähn-

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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lichen Gemeinschaft erreichen, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Diese werden in der Regel keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden, da die wirtschaftliche Seite des Zusammenlebens im Vordergrund steht. Der Gesetzgeber hat hier insoweit ein Recht auf Typisierung. Leistungen innerhalb der Gemeinschaft können hinreichend durch den Nachranggrundsatz oder die Regelungen zur Haushaltsgemeinschaft berücksichtigt werden.

IV. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Bestimmung des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II hinsichtlich der Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft verfassungsgemäß ist. Auch die Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen und dauernd getrennt lebenden Ehegatten führt zu keinem Verstoß gegen die Verfassung. Die Nichteinbeziehung sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften in die Bedarfsgemeinschaft verstößt dagegen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, kann aber durch deren Einfügung als weiteren Untergliederungspunkt in § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II überwunden werden. Die Einbeziehung von nicht leiblichen Elternteilen im Hinblick auf die Kinder des Partners verstößt ebenfalls gegen das Grundgesetz. Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind also im Wesentlichen verfassungsgemäß, so dass im Weiteren die Folgen, die an die Feststellung der Bedarfsgemeinschaft geknüpft werden, betrachtet werden können.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft Liegt eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II vor und sind alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 SGB II hilfebedürftig, hat dies bestimmte Folgen für die Mitglieder. Denn an die Feststellung der Bedarfsgemeinschaft werden bestimmte Rechte und Pflichten geknüpft. In Bezug auf die Rechte stellt sich deshalb zunächst die Frage, welchen Status die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft haben. Gibt es nur einen Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft, können die Rechte nur an diese geknüpft werden. Hat dagegen jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Anspruch, haben diese auch eigene Rechte gegenüber dem Leistungsträger. Diese Frage ist zu klären. Danach soll auf die einzelnen die Bedarfsgemeinschaft betreffenden Rechte und Pflichten eingegangen werden.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

I. Statusfrage: Einzelanspruch oder Gesamtanspruch? Nach § 7 Abs. 3 SGB II werden Personen, die Leistungen nach dem SGB II beantragen oder mit einer beantragenden Person zusammenleben und die die Kriterien des § 7 Abs. 3 SGB II erfüllen, zu einer Bedarfsgemeinschaft zusammengefasst. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig824, wenn in der Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Es wird also nach der Gesetzesformulierung der Gesamtbedarf aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft dem Einkommen und Vermögen aller Mitglieder gegenübergestellt. Aufgrund dieser Vorschriften stellt sich die Frage, ob dies auch eine Bedeutung für die Hilfebedürftigkeit und die Leistungsberechnung hat und ob im SGB II der Einzelanspruch jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zugunsten eines Gesamtanspruchs der Bedarfsgemeinschaft aufgegeben wurde. Auch andere Vorschriften enthalten, in den Details unklare, gemeinschaftliche, haushalts- oder bedarfsgemeinschaftsbezogene Regelungen. Es scheint deshalb im SGB II der Einzelanspruch zugunsten eines Gesamtanspruchs der zu einer Bedarfsgemeinschaft zusammengefassten Personen aufgegeben worden zu sein. Ob dies wirklich so ist, kann nur eine Auslegung des Gesetzes ergeben:

1. Wörtliche Auslegung Für die wörtliche Auslegung sind sowohl § 7 Abs. 3 SGB II als auch § 9 SGB II zu betrachten, denn § 7 Abs. 3 SGB II legt nur den Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft fest, die daraus folgenden Konsequenzen ergeben sich aus § 9 SGB II. Aus der Aufzählung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II ergeben sich keine Argumente für oder gegen einen Einzelanspruch. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Das Verb „ist“ und das Possessivpronomen „seine(n)“ beziehen sich eindeutig auf nur eine Person und nicht auf eine Gemeinschaft, so dass sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Einzelanspruch ergeben würde. Allerdings heißt es aber auch „wer seinen und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht sicherstellen kann“, was wiederum auf einen Gesamtbedarf hindeuten würde. In § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II heißt es dagegen, dass jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen 824 Gesamtbedarf meint die Addition der jeweiligen Einzelbedarfe und nicht den „Gesamtbedarf“ einer Bedarfsgemeinschaft, den es nicht geben kann, siehe Kap. 2, C., II., 3.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Das Adjektiv „eigenen“ deutet darauf hin, dass jede Person einen Anspruch haben muss, da es sonst keinen eigenen Bedarf geben kann. Der Begriff „Gesamtbedarf“ spricht wiederum für einen Gesamtanspruch. Die wörtliche Auslegung führt damit zu keinem eindeutigen Ergebnis.

2. Historische Auslegung Die historische Auslegung könnte jedoch hilfreich sein. In der Gesetzesbegründung zu § 7 SGB II heißt es, dass „der Anspruch der Bedarfsgemeinschaft auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts grundsätzlich nach der Vermutungsregelung des § 38 SGB II realisiert wird“.825 Danach wäre nur die Bedarfsgemeinschaft als Ganzes anspruchsberechtigt. In der Begründung zu § 9 SGB II heißt es wiederum, dass „jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf an der Hilfebedürftigkeit beteiligt“ ist.826 Der Gesetzgeber widerspricht sich also. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II ähnelt aber sehr § 5 der Reichsgrundsätze über Art und Maß der öffentlichen Fürsorge827. Danach wurde als hilfebedürftig angesehen, „wer den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln beschaffen kann.“ Handelte es sich um eine vollständige Familie, kam als zu unterstützender Hilfebedürftiger nur einer der beiden Elternteile in Betracht, nach den damals herrschenden Anschauungen der Vater. Die anderen Mitglieder der Familie waren keine eigenständigen, zu unterstützenden Hilfebedürftigen, sondern gerieten nur dann in den Blick, wenn es darum ging, den Umfang des Bedarfs für den unterstützenden Erwachsenen zu ermitteln.828 Diese Familiennotgemeinschaft kann aber nicht wieder in das Gesetz eingeführt worden sein. Denn dann hätte der Gesetzgeber für die (Wieder-)Einführung sehr hohe verfassungsrechtliche Hindernisse zu überwinden gehabt. Aus Art. 1 und Art. 20 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3, Art. 2 und Art. 19 GG folgt, dass der Einzelne zwar der öffentlichen Gewalt unterworfen, aber nicht Untertan, sondern Bürger ist. Darum darf er in der Regel nicht lediglich Gegenstand staatlichen Handelns sein. Er wird vielmehr als selbständige Persönlichkeit als Träger von Rechten und Pflichten anerkannt. Dies muss besonders dann gelten, wenn es um seine Daseinsmöglichkeit geht.829 Diese Daseinsmöglichkeiten des Hilfesuchenden sind hier aber betroffen, da es um An825 826 827 828 829

BT-Drs. 15 / 1516, S. 52. BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. Vom 04. 12. 1924 in der Fassung vom 01. 08. 1931 (RGBl I S. 441). Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 14. BVerwGE 1, 159 (161).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also um sein Existenzminimum, geht. Hätten die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft als Mitglied der Familiennotgemeinschaft keinen eigenen Anspruch, wären sie insoweit auch keine selbstständigen Persönlichkeiten mehr. Dies kann der Gesetzgeber aber nicht gemeint haben. Außerdem spricht § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II eindeutig von einem eigenen Bedarf eines jeden Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft. Auch aus den Vorgängerregelungen der §§ 7, 9 SGB II, § 193 SGB III und § 11 BSHG ergab sich ein Einzelanspruch. Im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes war nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jeder Angehörige der Einsatzgemeinschaft einzeln und nicht die Einsatzgemeinschaft als solche leistungsberechtigt.830 Für die Arbeitslosenhilfe stellte sich das Problem nicht, da nur der einzelne Arbeitslose die Leistungsvoraussetzungen in seiner Person erfüllen konnte, unabhängig davon, ob er mit Personen zusammenlebte. Die historische Auslegung spricht damit für einen Einzelanspruch.

3. Systematische Auslegung Auch aus der systematischen Auslegung ergibt sich das Bestehen eines Einzelanspruchs jedes einzelnen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die dort genannten Personen zu Berechtigten erklärt. Nach § 7 Abs. 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die beiden Absätze des § 7 SGB II trennen also zwischen den Ansprüchen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und den der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Auch die gesetzlichen Regelungen für den Bedarf sehen eine individuelle Feststellung bezüglich des Regelbedarfs (§ 20 SGB II), des Mehrbedarfs (§ 21 SGB II) sowie der einmaligen Leistungen (§ 23 Abs. 2 SGB II) vor. Bestünde ein einheitlicher Bedarf der Bedarfsgemeinschaft, bräuchte es keine Abstufungen des Arbeitslosengeldes II in § 20 Abs. 3 SGB II. Ferner müsste nicht zwischen Arbeitslosengeld II und Sozialgeld unterschieden werden, wenn es nur eine Leistung an die Bedarfsgemeinschaft gäbe. Die Vorschriften für den Mehrbedarf und die abweichenden Erbringung von Leistungen stellen hinsichtlich dieser Leistungen ebenfalls auf den einzelnen Hilfebedürftigen ab. Bezüglich der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung wird bei dem regelmäßigen Bedarf (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II) der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft zugrunde gelegt, wobei die Gesetzesmaterialien831 für jede Person eines Haushalts auf die „kopfanteiligen Unterkunftskosten“ 830 BVerwGE 25, 307 (310); 55, 148 (150); 89, 192 (198); 92, 1 (2); 97, 110 (112); BVerwG, FEVS 21, 1 (3); 43, 268 (271); 43, 441 (443); 49, 201 (202); 53, 111 (112); 53, 550; BVerwG, NJW 2004, S. 2541 (2542). 831 BT-Drs. 15 / 1516, S. 48. Die Aufteilung der Unterkunftskosten nach Köpfen lässt sich aber auch § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II entnehmen, denn dieser sieht die Verteilung nach gleichmäßigen Anteilen vor, siehe Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (413).

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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abstellen, während beim Regelsatzbedarf vom individuellen Einzelfall auszugehen ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II), das dafür zu erbringende Darlehen jedoch auch gegenüber der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen aufgerechnet werden kann. Auch die sich aus der Gegenüberstellung von Bedürftigkeit und Bedarf ergebenden Leistungen sind für jede Person der Bedarfsgemeinschaft einzeln zu bestimmen, was sich schon daraus ergibt, dass es kein „Bedarfsgemeinschaftsgeld“ als Einheitsleistung gibt, sondern nur ein individuell zu ermittelndes Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld.832 Bei einem „Bedarfsgemeinschaftsgeld“ würde es überhaupt kein Sozialgeld geben und die Regelung des § 28 SGB II wäre überflüssig.833 Ferner werden nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II Kindergeld und Kinderzuschlag dem Kind zugerechnet. Auch sind Leistungen an das Kind zu erbringen, wenn bei einem Elternteil das Arbeitslosengeld II aufgrund von Pflichtverletzungen gekürzt wird (§ 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II). Pflichtverletzungen von Empfängern von Sozialgeld sind nach § 32 SGB II zu sanktionieren. Dieser Vorschriften bedürfte es bei einem Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft nicht. Auch aus § 38 SGB II ergibt sich nichts anderes.834 Zwar deutet der Wortlaut auf einen Gesamtanspruch hin, doch ist dort lediglich aus praktischen Gründen geregelt, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige im Zweifel bevollmächtigt ist, die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu vertreten. Würde der Anspruch nur dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zustehen, wäre die gesetzliche Vermutung der Bevollmächtigung überflüssig.835

4. Teleologische Auslegung Auch die teleologische Auslegung widerspricht dem nicht. Sinn und Zweck des § 7 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II ist es eine gewisse Zusammenfassung der Mittel zu erreichen, die der Lebens- und Wirtschaftgemeinschaft zustehen. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- oder Leistungserwartung, die jedoch die rechtliche Selbständigkeit des individuellen Anspruchs eines jeden Familienangehörigen und die ihr entsprechende Selbständigkeit der jeweiligen Leistungsbezieher unberührt lässt.836

832 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 37; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 5. 833 Brühl, info also 2004, S. 104 (109). 834 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 36; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 81; Steck / Kossens, Rdn. 65; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 13. 835 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 29; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 10. Siehe auch SG Schleswig, ZfF 2007, 11 (13); Gerlach, ZfF 2007, 121(126). 836 BVerwG, FEVS 43, 268 (272); OVG Münster, FEVS 48, 352 (354); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 8. Siehe auch BVerwG, FEVS 21, 1 (3 f.).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

5. Weitere Gründe für einen Einzelanspruch Für einen Einzelanspruch sprechen auch formale Gründe. Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird (§ 37 Abs. 1 SGB X). Hier trifft zwar § 38 SGB II eine eigenständige Regelung, allerdings kommt hinzu, dass der Verwaltungsakt hinreichend bestimmt (siehe § 33 Abs. 1 SGB X) und schriftlich begründet sein muss. Dabei sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen (§ 35 Abs. 1 SGB X). Die genannten Vorschriften können nur erfüllt werden, wenn nicht alle Bedarfe in einer zusammenlebenden Familie undifferenziert zusammengefasst werden. Wenn sie in einer gemeinsamen Anspruchsermittlung erfasst werden, die nicht in Bezug auf Personen zuordnet, ist es schwieriger, die individuellen Ansprüche rechtlich exakt zu begründen (zum Beispiel die Aufteilung der Unterkunftskosten). Die Einzelanspruchsermittlung macht auch deutlich, wer aus dem Sozialrechtsverhältnis welche Rechte und Pflichten hat. Wichtig ist die individuelle Einzelanspruchsermittlung auch für eventuelle Rückforderungsbescheide. Die gesonderte Berechnung ist aus Gründen des Rechtsschutzes, der ein Schutz individueller Rechte ist, eine zwingende Folge der Individualität des einklagbaren Anspruchs.837 Dem Verlust eines eigenständigen Anspruchs stehen auch der Individualisierungsgrundsatz, der Bedarfsdeckungsgrundsatz und das Faktizitätsprinzip entgegen.838 Zwar verwirklichen sich ein menschenwürdiges Dasein und die Entfaltung der Persönlichkeit auch in der Gemeinschaft, der Grundsatz, dass der Bedarf jeder einzelnen Person gedeckt werden muss, steht aber nicht zur Disposition des Gesetzgebers, auch dann nicht, wenn die Person in einer Gemeinschaft mit anderen lebt839. Verbleibt nach einem Vergleich des individuellen Anspruchs mit dem eigenen Einkommen ein ungedeckter Rest, kann dieser von jeder Einzelperson geltend gemacht werden. Das Bedarfsdeckungs- und Faktizitätsprinzip zwingt schon deshalb zu dieser Annahme, da die tatsächliche Lage des Leistungsberechtigten so beschaffen sein kann, dass die in Haushaltsgemeinschaft lebende Person ihr übersteigendes Einkommen nicht bedarfsdeckend zur Verfügung stellt und somit der Bedarf des Lebensunterhalts des Leistungsberechtigten nicht gedeckt werden kann. In einem solchen Fall hat die Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen zu erbringen, da ansonsten ein menschenwürdiges Leben nicht möglich ist.840 Der Gesetzgeber hat lediglich einen Gestaltungsspielraum bei der Berechnung dieses Bedarfes.

837 838 839 840

Siehe dazu Kap. 2, C., I., 5. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 14; ders., ZfF 2004, S. 169 (171). Rothkegel, ZfSH / SGB 2005, S. 391 (395). Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 9.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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6. Ergebnis: Einzelanspruch jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft Damit ergibt die Auslegung des Gesetzes, dass im SGB II jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Anspruch auf Leistungen hat.841 Die Abhängigkeit der Ansprüche der Mitglieder von der Erfüllung bestimmter, in der Person des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegender Voraussetzungen ändert daran nichts.842

II. Leistungen an jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen Einzelanspruch hat. Im Folgenden soll nun dargestellt werden, wie dieser Einzelanspruch im Einzelnen rechtlich ausgestaltet ist. Zunächst hat jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die nach § 4 Abs. 1 SGB II als Dienstleistungen, Geldleistungen und Sachleistungen erbracht werden. Unterschieden wird des Weiteren zwischen den aktiven (nach § 3 Abs. 2 SGB II vorrangigen) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II) und den passiven Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II).843 Innerhalb der Bedarfsgemeinschaft sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts außerdem danach zu unterscheiden, ob der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder die nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft eine solche begehren. Für beide werden die Geldleistungen als Regelbedarf in pauschalierter Form erbracht.

841 So auch BSG, NZS 2007, S. 328 (329 f.); LSG Berlin-Brandenburg, ZfSH / SGB 2006, 94 (97); SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (414); LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. 09. 2007, Az.: L 20 B 152 / 07 AS ER, juris; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.54; Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 33 ff.; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 7, Rdn. 22; Hesse / Lübking, BldWPfl. 2004, S. 7 (8); Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 19, Rdn. 5; Kievel, ZfF 2005, S. 217 (219); Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 24; Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1910); Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 10; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 5; Löschau, DAngVers 2005, S. 20 (25); Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 36; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 29; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 61; Renn / Schoch, Rdn. 35; dies., in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 4; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 7, Rdn. 14; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 81; ders., ZfF 2004, S. 169; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 22a; Spellbrink, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 7, Rdn. 8; Steck / Kossens, Rdn. 65, S. 138; Waltermann, Rdn. 453g. A.A. sind Berlit, info also 2003, S. 195 (199); Pfohl, ZfSH / SGB 2004, S. 167 (169). 842 Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 5. 843 BT-Drs. 15 / 1516, S. 50.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Neben den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht ferner die Möglichkeit des Kinderzuschlags nach dem Bundeskindergeldgesetz, wenn in der Bedarfsgemeinschaft Kinder vorhanden sind. Zudem ist der erwerbsfähige Hilfebedürftige in der Kranken, Pflege- und Rentenversicherung pflichtversichert.

1. Leistungen an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Der erwerbsfähige Hilfebedürftige hat Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II) und auf Arbeitslosengeld II (§§ 19, 20 SGB II). Vorrangig vor einer Geldleistung sollen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen entsprechend dem Konzept der Grundsicherung für Arbeitsuchende zunächst Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne der §§ 14 ff. SGB II erbracht werden (§ 3 Abs. 2 SGB II). Diese Dienstleistungen sind als Ermessensleistungen ausgestaltet (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II), wobei die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten sind (§ 3 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Grundsätzlich wird eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt angestrebt.844 Das Arbeitslosengeld II im Sinne von §§ 19, 20 SGB II ist, als nachrangige Fürsorgeleistung, eine bedarfsorientierte und bedürftigkeitsgeprüfte Geldleistung845, die im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I oder bei Nichterfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an dessen Stelle tritt.846 Es bildet das soziokulturelle Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem fungierenden Sozialhilfe ab.847 Deshalb vermindert sich das Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 3 SGB II um das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, wenn letzteres nicht zur vollständigen Sicherung des Lebensunterhalts ausreicht. Das Arbeitslosengeld II dient der Sicherung des Lebensunterhalts des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und beinhaltet nach § 19 Satz 1 SGB II die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts848 einschließlich der angemessenen Kosten für 844 BT-Drs. 15 / 1516, S. 44. Dabei ist dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen jede Arbeit – entsprechend bei Eingliederungsleistungen jede Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit – zumutbar (§ 10 Abs. 2 SGB II). Dadurch soll die Belastung der Allgemeinheit durch seine Hilfebedürftigkeit minimiert werden, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. Ausnahmen von der Zumutbarkeit sind nur nach § 10 Abs. 1 SGB II möglich. 845 BT-Drs. 15 / 1516, S. 56. 846 Spellbrink, in: Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 13, Rdn. 50b. 847 BT-Drs. 15 / 1516, S. 56; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 20, Rdn. 2. Dem Arbeitslosengeld II, ebenso wie dem Sozialgeld, liegt insoweit der Gedanke der bedarfsdeckenden Pauschalierung zugrunde, siehe Löschau / Marschner, Rdn. 709. 848 § 19 Satz 1 SGB II spricht hier von „Sicherung des Lebensunterhalts“, während in § 27 SGB XII vom „notwendigen Lebensunterhalt“ die Rede ist. Ob dieser unterschiedliche Wortlaut der parallelen Vorschriften allerdings zu einem unterschiedlichen Regelungsgehalt führt,

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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Unterkunft und Heizung.849 Zusätzlich zur Regelleistung erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige noch die Leistungen für Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) und die einmaligen Leistungen (§ 23 Abs. 3 SGB II). Das Arbeitslosengeld II besteht aus einer Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 345 Euro (§ 20 Abs. 1 Abs. 2 SGB II). Diese „Eckregelleistung“ von 100 Prozent erhalten nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II Personen, die allein stehend850 oder allein erziehend851 sind. Ebenfalls 100 Prozent der Regelleistung erhalten Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, deren Partner minderjährig ist. Der minderjährige Partner gehört zum Personenkreis des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II und hat Anspruch auf 80 vom Hundert der Regelleistung. Wird der Partner volljährig, kommt § 20 Abs. 3 SGB II zur Anwendung. Leben allerdings zwei minderjährige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft, hat zumindest der eine Partner Anspruch auf die Eckregelleistung.852 erscheint fraglich. Zum gleichgelagerten Problem bei den Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz wurde die Auffassung vertreten, dass eine unterschiedliche Norminterpretation nicht angezeigt ist; dies muss auch hier gelten. Wegen des Ausschlusses zusätzlicher Leistungen nach dem SGB XII durch § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII ist eine Auslegung dahingehend geboten, dass beide Vorschriften den gleichen Regelungsgehalt haben, siehe Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 19, Rdn. 4. 849 Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Aufteilung der Wohnkosten in einer Bedarfsgemeinschaft erfolgt anteilig nach Köpfen, siehe SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (415); SG Oldenburg, info also 2005, S. 35 (36); Berlit, in: LPK-SGB II, § 22, Rdn. 24; Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 22, Rdn. 17; Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (413); Steck / Kossens, Rdn. 204; Wild, ZfSH / SGB 2005, S. 136 (137). Siehe auch schon OVG Lüneburg, FEVS 39, 19 (21); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 12, Rdn. 13. A.A. sind Kievel, ZfF 2005, S. 97 (100) und Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1910), wonach Unterkunftskosten entsprechend dem Existenzminimumsbericht der Bundesregierung (BT-Drs. 15 / 2462) zu verteilen sind. Dem ist nicht zu folgen, denn zum einen ergibt sich schon aus § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, dass die Kosten der Unterkunft gleichmäßig zu verteilen sind, zum anderen geht bereits der Gesetzgeber von einer Aufteilung Pro-Kopf aus, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 48. 850 Allein stehend ist eine volljährige Person, die in keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen lebt, siehe Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 20 SGB II, Fassung vom 29. 05. 2007, 20.3; Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 12; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 20, Rdn. 10; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 20, Rdn. 37 f. Die Person muss somit nicht völlig allein leben, es reicht aus, wenn sie in keiner Bedarfsgemeinschaft lebt, siehe Steck / Kossens, Rdn. 155. A.A. ist Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 20, Rdn. 86. 851 Alleinerziehende sorgen allein für die Erziehung und Pflege ihres minderjährigen Kindes (§ 21 Abs. 3 SGB II). Dabei kommt es maßgebend auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Beteiligen sich andere Personen an der Erziehung und Pflege des Kindes, bleibt dies unschädlich, solange es nicht zu gleichen oder gar größeren Anteilen als durch den „Alleinerziehenden“ geschieht. Bei Ehepaaren liegt Alleinerziehung vor, wenn sich ein Ehegatte aufgrund räumlicher Distanz an der Pflege und Erziehung des Kindes nicht beteiligen kann und dies nicht nur für einen kurzen, vorübergehenden Zeitraum der Fall ist, siehe Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 20, Rdn. 94; Sauer, in: Jahn, SGB II, § 20, Rdn. 11.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Haben zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung 90 vom Hundert für jeden Partner, so dass sie nicht zwei Eckregelleistungen in voller Höhe, sondern zusammen höchstens 180 Prozent einer Eckregelleistung erhalten.853 Insoweit besteht ein Bedürfnis zur Bildung einer Bedarfsgemeinschaft auch dann, wenn beide Ehepartner, Lebenspartner oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erwerbsfähig sind, denn eigentlich wäre in einem solchen Fall eine Bedarfsgemeinschaft nicht erforderlich, weil beide Partner erwerbsfähige Hilfebedürftige sind.854 Es wird also nicht mehr wie im Sozialhilferecht zwischen Haushaltsvorstand und Haushaltsangehörigem unterschieden. Dies wird damit begründet, dass Frauen in Paarbeziehungen in der Regel nicht als Haushaltsvorstand gelten und daher ohne Durchschnittsermittlung nur die geringere Regelleistung von 80 vom Hundert erhalten würden.855 Alle sonstigen erwerbsfähigen Angehörigen, also Kinder nach Vollendung des 15. Lebensjahres bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und minderjährige Partner eines minderjährigen Hilfebedürftigen, erhalten 80 vom Hundert der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Dies bedeutet eine Verschlechterung gegenüber dem Bundessozialhilfegesetz, wo 15- bis 18-Jährige wegen des höheren Entwicklungsbedarfs 90 Prozent des Regelsatzes und volljährige Kinder 100 Prozent erhielten856. Ebenfalls 80 vom Hundert der Regelleistung erhalten gemäß § 20 Abs. 2a SGB II Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2a SGB II umziehen. Nicht zum Arbeitslosengeld II gehört der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II, denn er ist in § 19 Satz 1 SGB II nicht erwähnt, so dass er zusätzlich zum Arbeitslosengeld II gewährt wird. Diesen erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige bis maximal zwei Jahre nach Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld I. Voraussetzung für den Anspruch auf den Zuschlag ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld II erfüllt sind.857 852 Damit wird die Erkenntnis, dass mehrere Personen günstiger wirtschaften können als allein stehende Personen, bei der Bedarfsfeststellung umgesetzt, siehe Sauer, in: Jahn, SGB II, § 20, Rdn. 15. 853 Dies können nur die Partner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sein, denn volljährige Kinder erhalten gemäß § 20 Abs. 2 SGB II 80 vom Hundert der Regelleistung erhalten. Ist der in der Bedarfsgemeinschaft lebende Partner volljährig, aber dauernd voll erwerbsgemindert, steht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen 90 vom Hundert der Regelleistung zu, vgl. Kap. 5, A., I., 3., a), aa). 854 Dies übersieht Schmidt, FuR 2005, S. 290 (292), wenn sie davon ausgeht, dass in einem solchen Fall die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft nicht erforderlich ist. 855 BT-Drs. 15 / 1516, S. 56. 856 Diese Änderung begegnet Kritik von Gewerkschaftsseite, die die „drastische Absenkung“ des Leistungsniveaus für überzogen hält, weil mit Erreichen der Volljährigkeit der Rechtsstatus Jugendlicher sich in vielen Bereichen mit einer entsprechenden Kostenerhöhung verändere. Deshalb fordert der DGB einen Regelsatz in Höhe von 90 vom Hundert der Regelleistung, siehe Winkel, SozSich 2006, 103 (104).

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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Leben in einer Bedarfsgemeinschaft mehrere Hilfebedürftige, die Arbeitslosengeld II beziehen, steht allen auch der Zuschlag nach § 24 SGB II zu.858 Scheiden mehrere Erwerbsfähige gleichzeitig aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II aus, muss der Zuschlag bezogen auf die Bedarfsgemeinschaft errechnet und den Berechtigten zu gleichen Anteilen zugeordnet werden.859 Nach § 24 Abs. 2 SGB II beträgt der befristete Zuschlag zwei Drittel des Unterschiedsbetrags zwischen dem zuletzt gezahlten Arbeitslosengeld I und dem Arbeitslosengeld II. Problematisch scheint die Regelung des § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB II, da dort die Leistung an eine Person mit der Leistung an die gesamte Bedarfsgemeinschaft verglichen wird. Dies mindert bei Bedarfsgemeinschaften den Anspruch auf den Zuschlag von vornherein wegen des höheren Anspruchs auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, schließt ihn ganz aus, wenn der Anspruch der Bedarfsgemeinschaft höher ist als das zuletzt bezogene Arbeitslosengeld I. Ähnliches gilt in Fällen, in denen der Zuschlagsberechtigte nicht der allein oder sogar nur unwesentlich für den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft Sorgende war, da dies nicht gesondert geregelt ist. Trotz dieses Widerspruchs erweist sich die Regelung aber als praktikabel und als Berechnung für den durch einen Wechsel von Arbeitslosengeld I zu Arbeitslosengeld II eintretenden Einkommensverlust sowie dessen Abfederung geeignet.860 Denn ist in der Bedarfsgemeinschaft genügend Geld vorhanden, bedarf es dieser Abfederung nicht mehr. 2. Leistungen an die nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft Die nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft haben Anspruch auf Sozialgeld nach § 28 SGB II als vorrangige Leistung und nur ausnahmsweise Anspruch auf Dienst- oder Sachleistungen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 857 Deswegen ist es wichtig, dass auch die Person, die ihren eigenen, nicht aber den Bedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft decken kann, hilfebedürftig ist. 858 Allerdings wird der Zuschlag in den meisten Fällen nicht zu zahlen sein, wenn nicht alle gleichzeitig aus dem Bezug von Arbeitslosengeld I ausscheiden, denn die Bedarfsgemeinschaft ist dann wegen des Einkommens des Berechtigten (zum Beispiel desjenigen mit dem höheren Arbeitslosengeld) zunächst noch nicht hilfebedürftig. Es besteht deshalb kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II und somit auch kein Anspruch auf den befristeten Zuschlag. Tritt Hilfebedürftigkeit sofort ein, zum Beispiel wegen niedrigem Arbeitslosengeld I, wird Arbeitslosengeld II und der befristete Zuschlag gezahlt. Scheidet die Person aus dem Arbeitslosengeld-I-Bezug ebenfalls aus, scheitert ein Zuschlag daran, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld II für die Bedarfsgemeinschaft höher ist als das zuvor bezogene Arbeitslosengeld I, es gibt keinen Unterschiedsbetrag im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB II, siehe Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (416). 859 Sauer, in: Jahn, SGB II, § 24, Rdn. 23. 860 So auch Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 24, Rdn. 13. A.A. sind Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (418), wonach die Regelung nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

SGB II. Mit der Regelung des § 28 SGB II wird die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 SGB II angelegte strenge Trennung der Systeme von SGB II und SGB XII verwirklicht und sichergestellt, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich das jeweils gleiche System der Fürsorgeleistungen für alle anwendbar ist.861 Das Sozialgeld umfasst die gleichen Leistungen wie das Arbeitslosengeld II. Es wird ebenso wie dieses nur dann gewährt, wenn der Bedarf des nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen oder durch Einkommen und Vermögen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gedeckt werden kann. Zu der Regelleistung kommen weiterhin die kopfteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung hinzu (§ 22 SGB II) sowie gegebenenfalls Mehrbedarfe im Sinne von § 21 SGB II. Diese umfassen auch den höheren Bedarf für kostenaufwändige Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II.862 Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II wird in der Regel allerdings ausscheiden, da Voraussetzung des Anspruchs auf Sozialgeld das Leben in einer Bedarfsgemeinschaft ist, wodurch eine Alleinerziehung in der Regel ausgeschlossen sein wird.863 Unklar an der Regelung des § 28 SGB II ist, ob anspruchsberechtigt lediglich die „nicht erwerbsfähigen Angehörigen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft leben, oder alle „nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft“ sind. Dieses wäre unerheblich, wenn sich beide Personenkreise decken würden, was wiederum davon abhängig ist, wie der Begriff „Angehörige“ zu interpretieren ist. Im SGB II ist er nicht definiert. Es ist insoweit auf die Legaldefinition des § 16 Abs. 5 SGB X zurückzugreifen.864 Danach sind Angehörige Verlobte, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Geschwister der Eltern sowie Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft werden von dieser Regelung demnach nicht erfasst. Damit deckt sich der Personenkreis der „nicht erwerbsfähigen Angehörigen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“ nicht mit dem der „nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft“. Nachdem jedoch § 28 SGB II in Zusammenschau mit § 7 Abs. 3 SGB II zu sehen ist, muss trotz des entgegenstehenden Wortlauts davon ausgegangen werden, dass mit 861 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 1. Siehe auch SG Oldenburg, info also 2005, S. 33 (34); info also 2005, S. 123 (124). 862 Zwar erhält nach dem Wortlaut der Norm einen solchen Mehrbedarf nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige, doch dabei kann es sich nur um ein Redaktionsversehen handeln, das durch eine Analogie zu schließen ist, siehe Hofmann, in: LPK-SGB II, § 21, Rdn. 4; Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 21, Rdn. 23; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 36. 863 Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 28, Rdn. 10; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 16. 864 Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 28, Rdn. 5; Herold-Tews, in: Löns / HeroldTews, SGB II, § 28, Rdn. 2.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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der Bezeichnung „Angehörige“ im Sinne des § 28 SGB II auch die Personen erfasst sind, die nach § 7 Abs. 3 SGB II der Bedarfsgemeinschaft angehören und als solche einen Anspruch nach § 7 Abs. 2 SGB II auf Leistungen nach dem SGB II haben, der Gesetzgeber also mit „Angehörigen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“ die „Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft“ meint.865 Ansonsten bestünde auch ein Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II, denn danach sollen die Geldleistungen dazu dienen, den Lebensunterhalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu sichern. Für eine solche Auslegung spricht außerdem die Begründung des Gesetzentwurfes866, denn danach sollen „erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Sozialgeld“ erhalten. Anspruchsvoraussetzung für das Sozialgeld ist somit, dass der die Leistung Begehrende nicht erwerbsfähig und Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist. Sozialgeld erhalten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aber auch dann, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Bezug des Arbeitslosengeldes II ausgeschlossen ist, da sich der Ausschluss nur auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen selbst bezieht.867 Sozialgeldempfänger sind hauptsächlich die Kinder in der Bedarfsgemeinschaft. Für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres beträgt das Sozialgeld 60 vom Hundert des Arbeitslosengeldes II, für Kinder im 15. Lebensjahr 80 vom Hundert (§ 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II). Nicht geregelt dagegen ist die Höhe der Regelleistung für Kinder zwischen 15 und 18 Jahren mit Behinderung. Lediglich § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB II sieht vor, dass behinderte Menschen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, ebenfalls Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 4 SGB II erhalten. Kinder zwischen 15 und 18 Jahren mit Behinderung erhalten keine Leistungen nach § 41 SGB XII, da sie noch nicht volljährig sind. Als 15-Jährige haben sie eigentlich einen Anspruch auf Leistungen nach § 19 SGB II, sie sind jedoch nicht erwerbsfähig. § 28 Abs. 1 SGB II ist auf sie anwendbar, denn sie gehören als nicht erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft zu dem erfassten Personenkreis. Damit liegt eine Regelungslücke bei der Regelung zur Höhe der Regelleistungen vor. Diese Regelungslücke ist auch planwidrig. Es ist erkennbar, dass der Gesetzgeber diesen Ausnahmefall übersehen hat.868 Sie ist durch eine Rechtsanalogie der §§ 19 Satz 1, 20 Abs. 3 Satz 2 und 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB II in der Weise zu schließen, dass auch die nicht erwerbsfähigen Kinder zwischen 15 und 18 Jahren mit Behinderung Sozialgeld in Höhe von 80 vom Hundert der Regelleistung erhalten.869 865 Altenweger, in: jurisPK-SGB II, § 28, Rdn. 17; Gerenkamp, in: Mergler / Zink, SGB II, § 28, Rdn. 5; Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 28, Rdn. 4; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 28, Rdn. 3; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 5. 866 BT-Drs. 15 / 1516, S. 45. Insoweit handelt es sich um eine redaktionelle Ungenauigkeit, siehe Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 28, Rdn. 3. 867 Siehe dazu Kap. 2, A., I., 5., b). 868 Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (203).

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,870 erhalten Sozialgeld nur dann, wenn kein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter oder bei voller Erwerbsminderung besteht; denn § 28 SGB II ist ausdrücklich subsidiär zu den Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII.871 Sie erhalten entsprechend § 20 Abs. 3 SGB II 90 vom Hundert der in § 28 Abs. 2 SGB II genannten Regelleistung. 100 Prozent der Regelleistung können sie nur in seltenen Fällen erhalten, denn eigentlich steht ihnen Sozialgeld nur zu, wenn sie mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, also gerade nicht allein stehend sind. Dies sind vor allem die Fälle des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, in denen ein nicht erwerbsfähiger Elternteil mit einem erwerbsfähigen, noch nicht 25-jährigen Kind zusammenlebt. Der Elternteil ist dann allein erziehend, hat aber nur einen Anspruch auf Sozialgeld, wenn wahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (Vorrang der §§ 41 ff. SGB XII).872 Gleiches gilt für nicht erwerbsfähige Eltern, die mit einem noch nicht 25-jährigen Kind zusammenleben und Partner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sind, wobei das Sozialgeld dann natürlich nur je 90 vom Hundert der Regelleistung beträgt.873 Nur so kann dem Gedanken der Prozentverteilung in §§ 19 Satz 1, 20 Abs. 2 und 3 SGB II, auf den § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II verweist, entsprochen werden. In solchen Fällen erhält das erwerbsfähige Kind auch nur Arbeitslosengeld II in Höhe von 80 Prozent. Die Regelung des § 28 SGB II bricht allerdings mit dem Individualisierungsprinzip des Bundessozialhilfegesetzes, denn das Sozialgeld ist nur eine akzessorische Leistung874, die abhängig von dem Vorhandensein eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in der Bedarfsgemeinschaft ist. Dies ist aber insoweit noch vertret869 Altenweger, in: jurisPK-SGB II, § 28, Rdn. 42; Birk, in: LPK-SGB II, § 28, Rdn. 10; Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 8; Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 28, Rdn. 38; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (203); ders., Grundsicherung und Sozialhilfe, II.9, Rdn. 9. A.A. ist Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 13, der zu einem ähnlichen Ergebnis kommt, aber §§ 20 ff. SGB II aufgrund der Verweisung in § 28 SGB II auf § 19 S. 1 Nr. 1 SGB II so auslegen will, dass sie für Sozialgeldempfänger unmittelbar gelten. A.A. sind auch Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 28, Rdn. 7, wonach in solchen Fällen das SGB XII zur Anwendung kommt. 870 Dies sind der nicht erwerbsfähige Ehegatte, der nicht erwerbsfähige eingetragene Lebenspartner, der nicht erwerbsfähige Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, und die nicht erwerbsfähigen Eltern eines erwerbsfähigen Kindes bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. 871 Sie sind allerdings sozialgeldberechtigt, wenn die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung nicht ausreichen, um den Bedarf abzudecken. Zurzeit sind die Leistungen zwar gleich hoch, dies muss aber zukünftig nicht so bleiben, siehe Birk, in: LPK-SGB II, § 28, Rdn. 12. 872 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 15. Siehe auch Birk, in: LPK-SGB II, § 28, Rdn. 11; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 20, Rdn. 54. 873 Siehe Birk, in: LPK-SGB II, § 28, Rdn. 10; Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 18. 874 Altenweger, in: jurisPK-SGB II, § 28, Rdn. 16; Kalhorn, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 28, Rdn. 14; Korenke, SGB 2004, S. 525 (526).

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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bar, da in den Fällen, in denen kein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger vorhanden ist, Sozialhilfe zu leisten ist, weil § 5 Abs. 2 SGB II in diesem Fall nicht eingreift. Zudem sind im Vergleich zum Bundessozialhilfegesetz die Regelsätze im Rahmen von §§ 20, 28 SGB II von vier auf zwei Altersstufen reduziert worden. Dies wird im Gesetzesentwurf nicht näher erläutert, sondern lediglich damit begründet, dass dies der Regelsatzverordnung zum Zwölften Buch entspreche.875 In der Begründung der Regelsatzverordnung wiederum wird für die gewählten Altersklassen darauf verwiesen, dass dies der gesetzlichen Festlegung für das Sozialgeld in § 28 des Zweiten Buches entspreche.876 Eine Begründung und Ableitung ersetzt dies jedoch nicht.877 Auch der Verweis darauf, dass nach einer wissenschaftlichen Untersuchung des Statistischen Bundesamtes 14-jährige und ältere Kinder etwa ein Drittel höhere Kosten als jüngere Kinder verursachen878, kann lediglich das Verhältnis der Leistungen zueinander begründen, ersetzt aber keine Bedarfsbemessung.879 Denn die Leistungen nach dem SGB II liegen bei den Sozialgeldempfängern zwischen 7 bis 24 Jahren unterhalb der bisherigen Sozialhilfe. Die Situation der 15- bis 24-Jährigen wird zudem dadurch verschlechtert, das der „wachstumsbedingte Mehraufwand“ durch Wegfall der einmaligen Leistung (mit Ausnahme der des § 23 SGB II) nicht mehr berücksichtigt werden kann.880 Andererseits ist es aber nicht nachvollziehbar, warum Personen dieses Alters einen höheren Bedarf haben sollen als Personen ab Beginn des 25. Lebensjahres.881 Die bisherige Begründung mit einem erhöhten Ernährungsbedarf ist nicht ganz schlüssig.882 Es wäre somit erforderlich gewesen, die Regelsätze nicht freihändig festzusetzen883, sondern aufgrund einer ausreichenden Bemessungsgrundlage.884 Neben den Geldleistungen können nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft Sach- und Dienstleistungen erbracht werden. Dies ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 SGB II jedoch nur dann möglich, wenn dadurch die Hilfebedürftigkeit der Angehörigen beendet oder verringert wird oder Hemmnisse bei der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen beseitigt oder verringert werden.885 Nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige haben also keine originären AnBT-Drs. 15 / 1516, S. 59. BR-Drs. 206 / 04, S. 10. 877 Stellungnahme DV, NDV 2003, S. 497 (501), IV, 3. 878 BR-Drs. 206 / 04, S. 11. 879 Brünner, in: LPK-SGB II, § 20, Rdn. 35. 880 Berlit, info also 2003, S. 195 (200). 881 Siehe BR-Drs. 206 / 04, S. 11. 882 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 22. 883 Siehe Stellungnahme DV, NDV 2003, S. 497 (501), IV, 2 f.; 2004, S. 109 (110). Siehe auch Däubler, NZS 2005, S. 225 (230). 884 Berlit, info also 2003, S. 195 (200); Bieback, NZS 2005, S. 337 (338); Däubler, NZS 2005, S. 225 (230); Stellungnahme DV, NDV 2004, S. 109 (110); Rothkegel / Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 8, Rdn. 34; Sartorius, info also 2005, S. 56 (58). 875 876

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sprüche auf soziale Dienstleistungen.886 Diese Einschränkung wird schon dadurch verständlich, dass es nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB II Ziel der Dienstleistungen ist, durch Information, Beratung und umfassende Unterstützung den Hilfesuchenden in Arbeit einzugliedern. Dementsprechend sind Dienst- und Sachleistungen bei nicht erwerbsfähigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft nicht vorgesehen, da diese nicht in Arbeit eingegliedert werden können. Anders verhält es sich nur, wenn die Leistungen an diese Angehörigen dazu dienen, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit einzugliedern. Vorrangig für nicht erwerbsfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind also die Geldleistungen.

3. Vereinfachte Leistungsberechnung Der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhält somit in der Regel Arbeitslosengeld II, die nicht erwerbsfähigen Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft erhalten Sozialgeld. Im Weiteren stellt sich die Frage, wie die Bedarfe berechnet werden und welche Bedeutung das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft und die damit verbundene Anrechnung von Einkommen und Vermögen hat. Diesbezüglich bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, dass, soweit der gesamte Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht durch eigene Kräfte und Mittel gedeckt ist, jede Person im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II regelt damit die Zuordnung des nicht durch Einkommen und Vermögen gedeckten Bedarfs zu den einzelnen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft und ermöglicht in bestimmten Fällen eine vereinfachte Berechnung der Einzelansprüche. Denn es wird – mit bestimmten Ausnahmen – kein Einkommen aufgeteilt, sondern es werden den Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft Anteile am insgesamt ungedeckten Bedarf zugewiesen. Die Aufteilung erfolgt nicht nach dem Anteil des eigenen Bedarfs am ungedeckten Bedarf, sondern nach dem Anteil des eigenen Bedarfs am Gesamtbedarf, unabhängig davon, in welchem Maße der eigene Bedarf durch eigenes Einkommen gedeckt ist.887 Auf der Tatbestandsseite des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zunächst das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft festzustellen. Dann ist anhand der Regelungen der §§ 19 ff. SGB II der jeweilige Bedarf jedes einzelnen Mitglieds der Bedarfs885 Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II müssen nicht kumulativ vorliegen, siehe dazu BT-Drs. 15 / 1516, S. 52; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 SGB II, Fassung vom 31. 05. 2007, 7.33; Schoch / Brühl, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 44; Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 14; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 7, Rdn. 10; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 10; Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 12; Steck / Kossens, Rdn. 62; Valgolio, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 7, Rdn. 36. A.A. ist Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 7 SGB II, Rdn. 12. 886 Stellungnahme DV, NDV 2003, S. 497 (500), II, 2 c. 887 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 33. Siehe auch H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 33.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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gemeinschaft zu ermitteln. Ferner sind persönliches Einkommen und Vermögen jedes Einzelnen entsprechend §§ 11, 12, 30 SGB II zu ermitteln. Danach wird der Bedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch Addition der Einzelbedarfe ermittelt. Bei dieser „Familienberechnung“ sind jedoch die Besonderheiten von § 7 SGB II und § 9 SGB II zu beachten. So dürfen Personen, die zwar zur Bedarfsgemeinschaft gehören, aber nach § 7 Abs. 4 oder Abs. 5 (mit Ausnahme nach Abs. 6) SGB II von Leistungen ausgeschlossen sind, nicht in die Berechnung einbezogen werden. Denn eine Einbeziehung würde dazu führen, dass diese Personen selbst hilfebedürftig würden, was aber im Widerspruch zur ausdrücklichen Regelung des § 7 Abs. 4 oder 5 SGB II steht.888 Ferner sind die Personen, die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung erhalten (siehe § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II) nicht zu beachten. Personen, die nicht vom Personenkreis des § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB II erfasst sind, wie zum Beispiel Enkel- oder Pflegekinder, dürfen nicht in die Bedarfsberechnung einbezogen werden. Bei Kindern ist das vorhandene Einkommen oder Vermögen von ihrem eigenen Bedarf vorab abzuziehen, denn nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II darf nur Einkommen oder Vermögen der Eltern gegenüber den Kindern, nicht aber umgekehrt berücksichtigt werden (Ausnahme: Kindergeld, das nicht zur Deckung des Bedarfs des Kindes benötigt wird, denn dieses ist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II Einkommen der Eltern). Übersteigt das Einkommen oder Vermögen den Bedarf des Kindes, ist es nicht hilfebedürftig und gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft, so dass es auch nicht in der Berechnung zu berücksichtigen ist. Nicht berücksichtigt werden ebenso Personen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nur eine Haushaltsgemeinschaft, nicht aber eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Durch diese vorab vorgenommene Herausnahme bestimmter Personen aus der Berechnung wird auch den Sätzen 1 und 2 des § 9 Abs. 2 SGB II Rechnung getragen, so dass im Weiteren nichts dagegen spricht, Einkommen und Vermögen zu addieren, solange nicht ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft seinen eigenen Bedarf vollständig decken kann. Sind also die entsprechenden Personen aus der Berechnung herausgenommen und das eventuell vorhandene Einkommen oder Vermögen des Kindes auf dessen Bedarf angerechnet worden, ist der jeweilige Einzelbedarf zum Gesamtbedarf in Verhältnis zu setzen. Ferner sind die jeweiligen Einkommen und Vermögen der einzelnen Personen zu addieren.889 Übersteigt die Summe der einzelnen Bedarfe die Summe des jeweiligen Einkommens und Vermögens, ist jeder in der Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig. Für die Ermittlung des persönlichen Leistungsanspruchs sind das gesamte Einkommen und Vermögen entsprechend dem Anteil am Gesamtbedarf aufzuteilen. 888 889

Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 43. Insoweit kann es auch keine „Gesamtmittel“ der Bedarfsgemeinschaft geben.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Die Gesamtleistung an die Bedarfsgemeinschaft ergibt sich somit aus der Gegenüberstellung von Bedarf und Bedürftigkeit jedes Einzelnen (Horizontalberechnung).890 Die Kritik891, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB durch Addition der Bedarfe der einzelnen Mitglieder ein Gesamtbedarf und durch Addition von Einkommen und Vermögen der Mitglieder Gesamtmittel gebildet werden und aus den Summen ein Saldo gebildet wird, ist somit nicht haltbar. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sieht nur eine andere Berechnungsmodalität für die Verteilung des Einkommens und Vermögens und der Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft vor.892 § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II dient also indirekt dazu, den Einkommensüberschuss in den Fallkonstellationen des § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II zu verteilen, wobei allerdings auch derjenige (verfassungswidrig) einbezogen wird, der seinen eigenen Bedarf decken kann. Hätte der Gesetzgeber damit stattdessen eine Verteilung der Gesamtmittel der Gemeinschaft auf deren Gesamtbedarf normieren wollen, wäre nicht verständlich, weshalb er in den Sätzen 1 und 2 des § 9 Abs. 2 SGB II eine strenge Anrechnung lediglich bei Partnern und bei Eltern gegenüber ihren Kindern vorgesehen hat.893 Einer solchen Berechnung steht auch der Individualanspruch jedes einzelnen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen. Denn dieser wird in der Berechnung hinreichend berücksichtigt, wenn er in das Verhältnis zum Gesamtbedarf gesetzt wird und erst danach vorhandenes Einkommen und Vermögen entsprechend den Anteilen verteilt werden.894 Dem Individualisierungsgrundsatz ist damit Genüge getan. Eine intransparente gegenseitige Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft ist nicht beabsichtigt. Der Gesetzgeber fingiert nur den Umfang der Hilfebedürftigkeit. Dies ist erforderlich, da bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen kein Eigenbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt wird, also im Berechnungswege (verfassungswidrig) nicht einzelne Personen aufgrund ihres Einkommens und Vermögens als nicht hilfebedürftig von der Bedarfsgemeinschaft abgetrennt werden. Alle Mitglieder tragen mit ihrem Einkommen und Vermögen zur Deckung des Gesamtbedarfs – der Summe der Einzelbedarfe – der Bedarfsgemeinschaft bei.895 Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 37; Steck / Kossens, Rdn. 300. Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 41 f. Siehe auch Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.). 892 Siehe LSG Berlin-Brandenburg, ZfSH / SGB 2006, 94 (97). 893 SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413 (414). Siehe auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 42. 894 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 44, wollen § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II wie folgt lesen: „Ist bei einer Person einer Einsatzgemeinschaft der individuelle Bedarf nicht aus eigenen Mitteln und Kräften zu decken, so gilt jede hilfebedürftig Person im Verhältnis ihres eigenen (ungedeckten) Bedarfs zum ungedeckten Gesamtbedarf als hilfebedürftig . . .“. Dieser Vorschlag widerspricht schon dem eindeutigen Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 SGB II. 895 Sauer, in: Jahn, SGB II, § 9, Rdn. 8. 890 891

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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Die gemeinsame Bedarfs-, Einkommens- und Leistungsermittlung verstößt auch nicht gegen das Bedarfsdeckungs- und Faktizitätsprinzip 896, denn ein solcher Verstoß kann nicht durch die Leistungsermittlung, sondern höchstens durch die Leistung selbst entstehen. Die gemeinsame Berechnung ist allerdings insoweit bedenklich, soweit derjenige, der seinen eigenen Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken kann, mit einbezogen wird.897 Wird bei der gemeinsamen Berechnung nur das den eigenen Bedarf dieser Person übersteigende Einkommen und Vermögen berücksichtigt, ist eine gemeinsame Berechnung möglich. Allerdings erfordert eine solche gemeinsame Berechnung im Falle einer Rückforderung von Überzahlung eine Nachberechnung des Einzelanspruchs, da eine § 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung, wonach im Falle fehlender Bedürftigkeit die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft für die Rückforderung des Sozialleistungsträgers haften, im SGB II fehlt.898 Diese „Familienberechnung“ 899 führt aber nur in den seltensten Fällen zur der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung900. Sobald von der „klassischen“ Bedarfsgemeinschaft abgewichen wird, in der ein unverheiratetes, noch nicht 25 Jahre altes Kind weder Einkommen noch Vermögen hat und weder Vater noch Mutter über Einkommen und Vermögen verfügen, um ihren Bedarf zu decken, verkompliziert sich die Rechnung. Dies zeigen die folgenden Beispiele901:  Ist bei den Elternteilen Einkommen oder Vermögen vorhanden, ist zunächst ihr Individualbedarf zu ermitteln, um festzustellen, ob sie ihren eigenen Bedarf decken können. Ist dies nämlich der Fall, kommt ein Anspruch auf den Kinderzuschlag nach § 6a BKGG in Betracht.  Hat ein Kind Einkommen und Vermögen, muss vor der Einkommens- und Vermögensverteilung der Bedarf des Kindes und sein Einkommen und Vermögen verglichen werden, so dass nur dann, wenn der Bedarf nicht völlig gedeckt werden kann, der Einkommensübertrag vom Elternteil auf das Kind in Höhe der Differenz vorgenommen werden kann.  Liegt ein Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 4 oder 5 SGB II vor, ist bei den betroffenen Personen zunächst dem eigenen Bedarf das Einkommen und Vermögen So aber Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 14. Siehe Kap. 2, A., II., 1. 898 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 36. Siehe auch Schoreit, FPR 2007, 364 (367). 899 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 36. 900 Siehe die amtliche Begründung zu § 19 Abs. 1 SGB XII, BT-Drs. 15 / 1514, S. 57 sowie zu §§ 7 und 38 SGB II, BT-Drs. 15 / 1516, S. 52, 63. Siehe auch Berlit, info also 2003, S. 195 (199). 901 Siehe dazu auch die Ausführungen von Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.) und Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 7, Rdn. 38 ff., der den verschiedenen Gruppen verschiedene Verteilungsmethoden zuordnet. 896 897

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

gegenüberzustellen. Verbleibt dabei ein Überschuss, ist dieser bei der Berechnung als in der Bedarfsgemeinschaft vorhandenes Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen, ohne dass die Person in die gesamte Bedarfsberechnung einbezogen wird. Die „Gesamtberechnung“ ist zwar Folge der Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 SGB II, der Definition der Hilfebedürftigkeit in § 9 Abs. 1 SGB II und der Einstandspflicht des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen für alle Mitglieder nach § 2 Abs. 2 SGB II.902 Aufgrund der dargestellten Ausnahmen in der Praxis ist die Gefahr sehr groß, dass der Gesamtleistungsanspruch falsch berechnet wird, indem Personen mit einbezogen werden, die nicht mit einbezogen werden dürfen.903 Es ist somit genau zu ermitteln, wer in die Bedarfsberechnung einzubeziehen ist oder nicht. Da in vielen Fällen eine Einzelberechnung durchgeführt werden muss, ist es somit sehr fraglich, ob die gemeinsame Bedarfsberechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II sinnvoll ist und die angestrebte Verwaltungsvereinfachung erreicht wird. Eine andere Bedarfsberechnung lassen allerdings der insoweit eindeutige Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II und der Wille des Gesetzgebers nicht zu. Kommt es zu einem Zusammentreffen von Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft, z. B. wenn ein Ehepaar mit seinem Kind über 25 Jahren oder mit einem Verwandten eines Ehepartners zusammenlebt, ist hier zunächst nach allgemeinen Grundsätzen der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft bzw. des MItbewohners festzustellen und aus dem jeweils eigenem Einkommen zu decken. Der etwa übersteigende Betrag des Einkommens ist dann auf die anderen Mitglieder zu verteilen, wobei insoweit dann die Nähe der Verwandtschaft eine Rolle spielt.904 4. Kinderzuschlag Als weitere Leistung im Zusammenhang mit der Bedarfsgemeinschaft ist der Kinderzuschlag des § 6a BKGG zu erwähnen, der den Leistungen des SGB II vorgeschaltet ist. Danach erhalten Eltern, die in der Bedarfsgemeinschaft ihren eigenen Bedarf, nicht aber den ihrer Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres decken können, einen Kinderzuschlag in Höhe von bis zu 140 Euro pro Kind. Dadurch soll verhindert werden, dass Familien allein wegen ihrer Kinder SGB-IIabhängig werden (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG). Voraussetzung für den Zuschlag ist, dass die Eltern ihren eigenen Bedarf905 im Sinne des § 19 Satz 1 SGB II durch So Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 7 SGB II, Rdn. 15. Siehe dazu auch Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 7, Rdn. 36 ff.; Kievel, ZfF 2005, S. 217 (220 ff.); Mecke, in: Eicher / Spellbrink, § 9, Rdn. 36 f. 904 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 67; Mrozynski, II.7, Rdn. 33, 36; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 55. 905 Die auf die Eltern entfallenden anteiligen Kosten für Wohnung und Heizung ergeben sich aus dem Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Eltern und Kindern, siehe BT-Drs. 15 / 2462. Siehe auch Steck / Kossens, Rdn. 290. 902 903

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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eigenes Einkommen und Vermögen, mit Ausnahme des Wohngeldes, decken können. Höchsteinkommensgrenze ist der Bedarf plus Gesamtkindergeldzuschlag (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG). Weiterhin müssen die Eltern Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz oder dem Einkommensteuergesetz für ihre im Haushalt lebenden Kinder erhalten (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG). Ferner muss durch den Kinderzuschlag die Hilfebedürftigkeit des Kindes im Sinne des § 9 SGB II vermieden werden (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG). Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Familie in der Regel nicht hilfebedürftig sein, denn Kinderzuschlag und Kindergeld sind nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB II Einkommen des Kindes, so dass zusammen mit dem auf das Kind entfallenden Wohngeldanteil der Bedarf jedes einzelnen Kindes in der Bedarfsgemeinschaft gedeckt wird.906 Mittels Festsetzung des Mindesteinkommens in Höhe des elterlichen Arbeitslosengeldes II oder Sozialgeldes wird gewährleistet, dass nur solche Eltern den Kinderzuschlag erhalten, deren nach dem SGB II ermittelter Bedarf durch eigenes Einkommen und Vermögen gedeckt ist. Durch den Kinderzuschlag ist regelmäßig auch der Bedarf der Familie gedeckt. Die Einkommenshöchstgrenze soll erreichen, dass Eltern, die auch ohne den Kinderzuschlag den Bedarf nach dem SGB II für sich und ihre Kinder aus eigenem Einkommen decken können, keinen Kinderzuschlag erhalten.907 Um die Arbeitsanreize für die Eltern zu erhöhen, wird das Erwerbseinkommen, das ihren eigenen Bedarf an Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld übersteigt, zu 70 Prozent auf den Kinderzuschlag angerechnet (§ 6a Abs. 4 Satz 6 BKGG). Nach § 6a Abs. 5 BKGG entfällt ein Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn der Berechtigte erklärt, ihn für einen bestimmten Zeitraum wegen eines damit verbundenen Verlustes von anderen höheren Ansprüchen nicht geltend machen zu wollen. Damit räumt das Gesetz ein Wahlrecht zwischen Kinderzuschlag und dem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II ein.908 Diese Regelung beruht auf zwei Erwägungen: Zum einen erhält derjenige, der Anspruch auf den Kinderzuschlag im Sinne von § 6a BKGG hat, keinen Zuschlag im Sinne von § 24 SGB II. Denn diesen erhält nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige (der vorher Arbeitslosengeld I erhalten hat). Nach § 6a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BKGG besteht aber nur ein Anspruch auf 906 Eine Ausnahme kann zum Beispiel der Mehrbedarf im Sinne von § 21 SGB II sein, denn dann kann der Bedarf des Kindes durch Kinderzuschlag und Kindergeld nicht mehr gedeckt werden. Ausnahmen können sich auch daraus ergeben, dass die Wohnkosten unterschiedlich verteilt werden. Im Bundeskindergeldgesetz erfolgt die Aufteilung der Kosten der Unterkunft gemäß des letzten Berichts der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern (BT-Drs. 15 / 2462) nach bestimmten Prozentsätzen (bei einem Elterpaar mit einem Kind entfällt auf die Eltern ein Anteil von 83 Prozent, auf das Kind 17 Prozent), während im SGB II die Aufteilung nach Köpfen erfolgt. In den meisten Konstellationen dürfte allerdings der auf das jeweilige Kind entfallende Wohngeldanteil die so auftretende Lücke zwischen Kindergeld / Kinderzuschlag und Bedarf des Kindes überbrücken, siehe Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (413). 907 BT-Drs. 15 / 1516, S. 83. 908 BT-Drs. 16 / 1410, S. 17.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

den Kinderzuschlag, wenn die Eltern ihren eigenen Bedarf im Sinne von § 19 Satz 1 SGB II decken können. Der Bedarf des Kindes / der Kinder ist dann durch die vorrangige Leistung des Kinderzuschlags zuzüglich Wohngeld und Kindergeld ebenso gedeckt. Insoweit liegt keine Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vor, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II ist nicht mehr gegeben und somit entfällt auch der Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Dieses Ergebnis kann nicht dadurch vermieden werden, dass zunächst der Zuschlag im Sinne von § 24 SGB II in Anspruch genommen wird und der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG erst nach Ablauf der Zweijahresfrist beantragt wird. Bei dem Kinderzuschlag handelt es sich um eine vorrangige Leistung, so dass bei Verweigerung der Antragstellung durch die Betroffenen dieser vom Leistungsträger gestellt werden kann. Zum anderen gibt es Konstellationen, in denen durch die Zahlung des Kinderzuschlags das sich ergebende Familieneinkommen niedriger ist, als es sein würde, wenn Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld zuzüglich des befristeten Zuschlags gezahlt würde.909 Insoweit besteht die Gefahr, dass die Nichtzahlung des befristeten Zuschlags zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz führt. Denn hier würden bedürftige Familien, die den elterlichen Bedarf durch eigenes Einkommen decken, und bedürftige Familien, die den elterlichen Bedarf nicht durch eigenes Einkommen decken können, ungleich behandelt, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten.910 Ziel des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II ist es, einen gewissen Ausgleich bei der Umstellung einer am Lebensstandardprinzip ausgerichteten Leistungen (Arbeitslosengeld I) auf eine bedarfsorientierte Leistung zu schaffen. Eine Rechtfertigung, die Abfederung des Übergangs von Arbeitslosengeld I auf den Kinderzuschlag zu reduzieren, kann auch nicht darin liegen, dass die eine Gruppe der Familien in der Lage ist, zumindest den elterlichen Bedarf zu decken.911 Das Wahlrecht zwischen Kinderzuschlag und befristetem Zuschlag ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich.912 Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG liegt insoweit nicht vor, denn Ziel des Kinderzuschlags ist es gerade zu verhindern, dass Familien allein wegen ihrer Kinder auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld angewiesen sind, wenn die Eltern ihren eigenen Bedarf decken können. Aus Art. 6 Abs. 1 GG kann keine Verpflichtung des Gesetzgebers abgeleitet werden, den befristeten Zuschlag auch dann zu gewähren, wenn ein Kinderzuschlag gezahlt wird.913 Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann darin auch nicht gesehen wer909 910 911

Siehe dazu die Berechnungen von Winkel, SozSich 2004, S. 402 (407 ff.). Wild, ZfSH / SGB 2005, S. 136 (143). Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (418); Wild, ZfSH / SGB 2005, S. 136

(143). 912 913

Zur Problematik vor Einführung des Wahlrechts siehe Putz, info also 2005, S. 99 ff. Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (414).

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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den, da die Gruppe der Bedarfsgemeinschaft mit Kindern, die den befristeten Zuschlag nicht erhält, und die Gruppe der Bedarfsgemeinschaft ohne Kinder, die diesen erhält, nicht miteinander verglichen werden können. Denn bei einem Vergleich sind auch die Wohnkosten zu beachten. Der höhere Pro-Kopf-Bedarf einer Bedarfsgemeinschaft mit Kind stellt einen entscheidenden Unterschied dar, der im Ergebnis zur Hilfebedürftigkeit und damit zu einem Anspruch nach § 24 SGB II führt und somit die Ungleichbehandlung rechtfertigt.914 Aber auch wenn für den Zwei-Personen-Haushalt niedrigere Wohnkosten veranschlagt werden, führt dies dazu, dass sich der Pro-Kopf-Bedarf der Erwachsenen jedenfalls gleicht. Bei gleichem Einkommen ist damit eine Ungleichbehandlung bei dem befristeten Zuschlag ausgeschlossen. Es tritt entweder in beiden Fällen Hilfebedürftigkeit ein, mit der Folge, dass der befristete Zuschlag zu zahlen ist, oder in beiden Fällen wird Hilfebedürftigkeit vermieden.915 Der Kinderzuschlag wird nunmehr auch länger als nur 36 Monate gezahlt.916 Dies entspricht dem Ziel des Kinderzuschlags, die Familie unabhängig von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld zu machen, insbesondere die Hilfebedürftigkeit der Kinder zu vermeiden. Eine zeitliche Beschränkung kann dann keinen Sinn ergeben, vor allem, weil sich dieser Zeitraum auf den Gesamtkinderzuschlag bezieht und nicht auf den Zuschlag jedes einzelnen Kindes.917 Der Gesetzgeber hatte die zeitliche Begrenzung damit begründet, dass bei den durch den Kinderzuschlag bewirkten Arbeitsanreizen Mitnahmeeffekte minimiert werden sollten.918 Die nur teilweise Anrechnung des Erwerbseinkommens auf den Kinderzuschlag im Gegensatz zu der vollen Anrechnung anderer Einkommen führte damit zu einer Besserstellung erwerbstätiger Eltern. Dem Gesetzgeber stand es natürlich frei, die Bevorzugung der Erwerbstätigkeit zu befristen. Warum er aber nicht nur die Privilegierung, sondern den gesamten Kinderzuschlag hatte entfallen lassen, erschloss sich allerdings weder aus der Gesetzesbegründung noch war es mit der Zielsetzung des Kinderzuschlags vereinbar.919 Die angestrebte Kindergrundsicherung konnte auf diese Weise nicht dauerhaft erreicht werden. Sinnvoll wäre es weiterhin, den Kinderzuschlag auf alle Kinder auszudehnen, unabhängig davon, ob die Eltern ihren Bedarf decken können oder nicht, damit zumindest der Bedarf der Kinder innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft gedeckt ist und sie aus dieser und der Leistungsberechnung herausfallen. Somit wäre sichergestellt, dass die Kinder in der Bedarfsgemeinschaft nicht noch mehr verarmen.

Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (414 f.). Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (415). 916 Neufassung durch das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ und zur Entfristung des Kinderzuschlags vom 18. 12. 2007, BGBl. I, S. 3022. 917 Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (414). 918 BT-Drs. 15 / 1515, S. 84. 919 Vgl. Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (414). 914 915

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

5. Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V) und der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI) pflichtversichert, soweit nicht schon im Rahmen einer Familienversicherung Versicherungsschutz besteht. Ist der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst durch den Bezug von Arbeitslosengeld II pflichtversichert, besteht für den Ehegatten, den eingetragenen Lebenspartner und die Kinder eine Familienversicherung im Sinne von § 10 SGB V.920 Ebenso ist der erwerbsfähige Hilfebedürftige in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert (§ 3 Abs. 1 Nr. 3a SGB VI). Daraus ergibt sich, dass Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft nicht familienversichert sind. Sie müssen sich derzeit eigenständig durch die freiwillige gesetzliche oder eine private Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit absichern. Problematisch ist dies in Fällen, in denen in der Bedarfsgemeinschaft Einkommen und Vermögen ausreichend vorhanden sind, um den Bedarf der Mitglieder vollständig zu decken, es aber nicht ausreicht, um den erwerbsfähigen hilfebedürftigen Partner der eheähnlichen Gemeinschaft freiwillig in der Kranken- und Pflegeversicherung zu versichern. Dies führt dazu, dass der Leistungsberechtigte nur hilfebedürftig ist, weil er die Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung nicht aufbringen kann. Dieses Problem wurde in der Praxis so gelöst, dass dem eheähnlichen Partner Arbeitslosengeld II in Höhe von einem Cent pro Monat geleistet wurde und er so nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 2a, 251 Abs. 4 SGB V pflichtversichert war. Folge davon war, dass die Betroffenen hilfebedürftig und den strengen Verhaltenspflichten des SGB II unterworfen wurden, obwohl eigentlich die „gesamte“ Bedarfsgemeinschaft nicht hilfebedürftig war.921 Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende dieses Problem in § 26 Abs. 3 SGB II gelöst. Danach übernimmt die Bundesagentur für Arbeit auf Antrag im erforderlichen Umfang für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung, soweit Personen allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würden.922 920 Sind beide Ehepartner oder Lebenspartner erwerbsfähig, erfolgt die Festlegung, welche Person versicherungspflichtig wird, in analoger Anwendung des § 38 S. 2 SGB II; es wird grundsätzlich derjenige versicherungspflichtig, der die Leistung beantragt und entgegennimmt, es sei denn, die Partner bestimmen etwas anderes, siehe Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit, Hinweise zum Krankenversicherungsschutz (Abschnitt A), Fassung vom 03. 03. 2006, A 47, 48. 921 Zur Kritik an der „Ein-Cent-Regelung“ siehe SG Saarbrücken, info also 2005, S. 131 (132 f.). Faber, NZS 2005, S. 75 (79) wollte beim einzusetzenden Einkommen und Vermögen einen Rentenbeitrag auf der Grundlage von 166 SGB VI und einen Krankenversicherungsbeitrag auf der Grundlage von § 232a Abs. 2 Nr. 1 SGB V oder Pflegeversicherungsbeitrag nach § 55 SGB XI berücksichtigen. 922 Das SG Saarbrücken hatte bereits vor der Neuregelung § 26 SGB II analog entsprechend ausgelegt, vgl. SG Saarbrücken, info also 2005, S. 131 (132 f.). Das Sächs. LSG dage-

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Probleme ergeben sich aber auch dann, wenn alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig sind. Leben nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft oder leben nichterwerbsfähige hilfebedürftige Eltern, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Arbeitslosengeld II beziehenden, noch nicht 25jährigem Kind zusammen, müssen sich diese nicht familienversicherten Bezieher von Sozialgeld freiwillig kranken- und pflegeversichern. Das Gleiche gilt auch, wenn der Bezieher von Arbeitslosengeld II, über den sonst eine Familienversicherung bestünde, sich von der Versicherungspflicht befreien lässt und so die Familienmitglieder nicht mehr kostenlos versichert sind. Die betroffenen Sozialgeldempfänger erhalten diesbezüglich keinen Zuschuss nach § 26 SGB II zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung, denn die Regelung des § 26 SGB II ist ihrem Wortlaut nach auf Bezieher von Arbeitslosengeld II beschränkt. Auch eine Anwendung über die Verweisung in § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf Sozialgeldempfänger scheidet aus oder führt jedenfalls nicht zu einem Anspruch auf Beitragszuschüsse, da § 26 SGB II tatbestandlich nicht auf Sozialgeldempfänger anwendbar ist. Denn diese sind nicht in der gesetzlichen Sozialversicherung pflichtversichert, was dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht.923 Dies führt dazu, dass die Betroffenen auch von dem Sozialgeld, welches eigentlich ihren Lebensunterhalt sichern soll, auch die Kosten für eine Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen müssen. Die Bundesagentur für Arbeit hat dieses Problem insoweit gelöst, als dass nach ihren Durchführungshinweisen924 Sozialgeldbeziehern, die nicht von der Familienversicherung einer anderen Person erfasst sind und für die auch kein anderweitiger Versicherungsschutz in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht, in analoger Anwendung des § 26 Abs. 2 SGB II ein Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen ist. Eine solche analoge Anwendung ist insoweit auch möglich. Der Gesetzgeber ist für die Bezieher von Sozialgeld von einem Schutz in der Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der Familienversicherung ausgegangen.925 In den genannten Fällen besteht aber kein Schutz, so dass das Vorliegen einer vergleichbaren Situation mit den in § 26 SGB II geregelten Fällen zu bejahen ist, denn § 26 SGB II gewährleistet Zuschüsse zu den Kosten für die soziale Absicherung, wo die an sich vorgesehene Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht greift.926 gen wollte § 47 ff. SGB XII, § 264 Abs. 2 SGB V anwenden, die gegenüber den Leistungen des SGBII nicht nachrangig sein sollten, weil § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 Satz 1 SGB XII nicht die Leistungen der Hilfe in besonderen Lebenslagen ausgeschlossen hätten, vgl. Sächs. LSG, Breith. 2005, S. 794 (798). Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, SGB XII, § 20, Rdn. 14. 923 BT-Drs. 15 / 1516, Begründung allgemeiner Teil, S. 45. 924 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit, Hinweise zum Krankenversicherungsschutz (Abschnitt A), Fassung vom 03. 03. 2006, A. 116. 925 BT-Drs. 15 / 1516, Einzelbegründung zum 2. Abschnitt vor § 19, S. 55. 926 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 26, Rdn. 37.

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Ob eine Regelungslücke in den Fällen besteht, in denen die Versicherungsbeiträge nicht über § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II abgesetzt werden können, ist fraglich, wenn über das SGB XII eine Absicherung für Fälle der Krankheit (§ 48 SGB XII in Verbindung mit § 264 SGB V) gewährleistet ist.927 Dem steht nicht der Ausschluss ergänzender Leistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1, § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, denn diese Vorschriften schließen nur Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ein. § 48 SGB XII gehört aber zum 5. Buch SGB XII und ist damit nicht ausgeschlossen. Allerdings führt dies zu einer Doppelzuständigkeit der Leistungsträger des SGB II und des SGB XII, die der Gesetzgeber eigentlich vermeiden wollte. Außerdem wird damit ein System subsidiär zuständig, das bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen deutlich unterschiedliche Regeln und Grenzwerte als das SGB II aufweist. Die höheren Bedarfssätze und die flexiblere Anrechnung von Vermögen für die Hilfe in besonderen Lebenslagen ermöglichen zwar, eine Diskrepanz zu den Grenzwerten im SGB II zulasten der Leistungsberechtigten zu vermeiden. Dies ist aber bei der Heranziehung des Vermögens nur über eine sehr unbestimmte Härteklausel möglich (§ 90 Abs. 3 SGB XII), deren Anpassung an die höheren Werte im SGB II in einem solchen Fall als geboten angesehen werden muss.928 Außerdem werden die Leistungen des SGB XII nur bei aktueller Krankheit oder Pflegebedürftigkeit gewährt, eine Vorsorge ist nicht erfasst. Die Leistungen des SGB XII zur Vorsorge über §§ 32, 33 SGB XII sind durch § 5 Abs. 2 Satz 1, § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass für den Sozialgeldempfängern ein aktueller Schutz durch die Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (über die Familienversicherung) und nicht nur die entsprechenden Hilfen nach dem SGB XII (die keine Vorsorge umfassen) vorgesehen war.929 Es ist damit unter der Berufung darauf, dass der Gesetzgeber diese Problematik übersehen hat930 und sonst eine ergänzende Regelung getroffen hätte, von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen, so dass eine analoge Anwendung der Regelung des § 26 SGB II sinnvoll erscheint.931

III. Abhängigkeit vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einzelnen Teilbereichen Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Bezug auf die Leistungen im Wesentlichen unabhängig vom erSchmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 26, Rdn. 37. Bieback, jurisPR-SozR 20 / 2005, Anm. 1, D. 929 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 26, Rdn. 37. 930 Siehe den Entwurf eines Gesetzes zur Optimierung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, BT-Drs. 16 / 1410, S. 25 f. 931 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 26, Rdn. 37. 927 928

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werbsfähigen Hilfebedürftigen sind. In anderen Teilbereichen dagegen besteht eine Abhängigkeit vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Dies resultiert daraus, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige zusammen mit seiner Bedarfsgemeinschaft gesehen wird, er diese konstituiert und die Ansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft akzessorisch zum Vorhandensein eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind. Dies betrifft hauptsächlich Vorschriften, in denen für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Pflichten begründet werden. Diese Vorschriften sollen im Folgenden näher betrachtet werden

1. Darlehen nach § 23 SGB II Die erste Vorschrift, die primär den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen betrifft, aber Auswirkungen auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft hat, ist § 23 SGB II, der die abweichende Erbringung von Leistungen regelt. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 heißt es: „Kann ein im Einzelfall nicht von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit den Bedarf als Sachleistung oder Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen. . . . Das Darlehen wird durch eine monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistungen getilgt.“ Diese Vorschrift lässt die Aufrechnung somit nicht nur gegen den Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu, sondern auch in Bezug auf die Regelleistung an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Dies ist noch gerechtfertigt, wenn es sich um eine Leistung handelt, die der gesamten Bedarfsgemeinschaft zugutekommt, zum Beispiel eine Waschmaschine oder ein Kühlschrank. Handelt es sich jedoch nur um eine dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zugutekommende Leistung, wie zum Beispiel Ersatz von Kleidung, ist nicht mehr erkennbar, weshalb alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu einer „Mithaftung“ gezwungen werden können. Dies kann auch nicht durch die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II, wonach der Bedarf des Einzelnen grundsätzlich aus den Mitteln der anderen zu decken ist, begründet werden.932 Denn § 23 Abs. 2 SGB II stellt auf den Einzelfall und den einzelnen Hilfebedürftigen ab. Jeder Beteiligte hat einen eigenen Anspruch, die Bedarfsgemeinschaft führt nicht zu einer „Sippenhaftung“. Das Einstehen-Müssen für das von einem anderen aufgenommene Darlehen ist mit einem gesetzlichen ZwangsSchuldbeitritt vergleichbar. Dieser stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG dar, dem jede verfassungsrechtliche Legitimation fehlt.933 Auch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestehen Bedenken, So aber Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 23, Rdn. 27. Däubler, NJW 2005, S. 1545 (1547). Bedenken hat auch Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 23, Rdn. 10. 932 933

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

denn die vergleichbare Regelung des § 37 SGB XII sieht keine Aufrechnung gegenüber den Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft vor.934 Insoweit ist die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Aufrechnung nur dann herangezogen werden können, wenn es sich um einen Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft handelt oder der Bedarf im wohlverstandenen Interesse aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft liegt.935 Ansonsten ist eine Aufrechnung nur im bei dem einzelnen Hilfebedürftigen möglich.

2. Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II Eine weitere relevante Regelung in Bezug auf die Bedarfsgemeinschaft findet sich im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung des § 15 SGB II. Diese trifft verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern und konkretisiert damit die Rechte und Pflichten für beide Parteien.936 Mittels der Eingliederungsvereinbarung soll einerseits sichergestellt werden, dass die Agentur für Arbeit (oder der kommunale Träger) ein Arbeitsangebot bereitstellt, welches den individuellen Interessen, Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitsuchenden entspricht, soweit dies der jeweilige Arbeitsmarkt zulässt. Andererseits ist es das Ziel der Eingliederungsvereinbarung, dass mit jedem Arbeitsuchenden vereinbart wird, welche Anstrengungen von ihm selbst bei der Arbeitssuche und der Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erwartet werden.937 Nach § 15 Abs. 2 SGB II können die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in die vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung einbezogen werden. Die Eingliederungsvereinbarung konkretisiert somit nicht nur das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Agentur für Arbeit938, sondern bezieht auch Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in den Regelungsgehalt mit ein. § 15 Abs. 2 SGB II bestimmt, dass in der Eingliederungsvereinbarung auch vereinbart werden kann, welche Leistungen die Personen erhalten, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Diese Personen sind hieran zu beteiligen. Die Einbeziehung ist somit in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt, sie kann sinnvoll sein, wenn durch die Einbeziehung anderer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit gefördert werden kann. 934 Eine solche kann auch nicht in die Vorschrift hineininterpretiert werden, siehe Mester, ZfF 2005, S. 273 (269 f.). 935 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 23, Rdn. 10. A.A. ist Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 23, Rdn. 27. 936 BT-Drs. 15 / 1516, S. 54. 937 BT-Drs. 14 / 6944, S. 25; Löschau / Marschner, Rdn. 495. 938 BT-Drs. 15 / 1516, S. 54.

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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Diese Regelung wird allerdings in der Literatur939 kritisiert, weil sich der sanktionsbewehrte Kontrahierungszwang nicht auf die Soll-Bestandteile der Eingliederungsvereinbarung beschränkt und hiervon auch selbst leistungsberechtigte Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erfasst sind. Diese Einbeziehbarkeit von Mitgliedern verletze deren Vertragsfreiheit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG. Die Vertragsfreiheit kann hier aber nur verletzt sein, wenn es sich um eine vertragliche Regelung zulasten Dritter handelt, der Betroffene also nicht die Möglichkeit hat, darauf Einfluss zu nehmen. Ob dies im Rahmen des § 15 Abs. 2 SGB II der Fall ist, soll im Folgenden festgestellt werden. Leistungen im Sinne von § 15 Abs. 2 SGB II können zunächst nur Leistungen nach §§ 14 ff. SGB II sein und nicht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies ergibt der gesetzessystematische Kontext, der die Eingliederungsvereinbarung nur als Instrument zur Planung von Eingliederungsleistungen betrachtet. Auch die Definition der Bedarfsgemeinschaft zeigt, dass sich solche Eingliederungsleistungen auch auf Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft beziehen können (§ 7 Abs. 2 SGB II). Weiterhin ist Tatbestandsvoraussetzung der Eingliederungsleistung, dass die Person erwerbsfähig und hilfebedürftig sein muss. Daraus ergibt sich, dass nur erwerbsfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in die Eingliederungsvereinbarung einbezogen werden dürfen.940 Zwar ist es möglich, dass auch nicht erwerbsfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Dienst- und Sachleistungen erhalten, wenn dadurch die Hilfebedürftigkeit der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft beendet oder verringert oder Hemmnisse bei der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen beseitigt oder vermindert werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II). Nicht erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft können aber mangels Erwerbsfähigkeit Eingliederungsleistungen überhaupt nicht erhalten. Die Leistungen zur Betreuung von minderjährigen oder behinderten Kindern oder zur häuslichen Pflege von Angehörigen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 SGB II sind ebenfalls nur Eingliederungsmaßnahmen für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, nicht aber für die nicht erwerbsfähigen Kinder oder Angehörigen; diese erhalten nur die konkrete Leistung. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden dagegen nicht in die Eingliederungsvereinbarung mit einbezogen.941

Berlit, info also 2003, S. 195 (199). I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 15, Rdn. 14. Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 18. A.A. die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit, Handlungsempfehlungen zur Eingliederungsvereinbarung, Fassung vom 20. 05. 2005, 15.7, die auch nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige mit in die Eingliederungsvereinbarung einbeziehen wollen. A.A. sind auch Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 42; Kruse / Reinhard / Winkler, SGB II, § 15, Rdn. 10; I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 15, Rdn. 47, die § 15 Abs. 2 SGB II nur für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige anwenden wollen. 941 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit, Handlungsempfehlungen zur Eingliederungsvereinbarung, Fassung vom 20. 05. 2005, 15. 7; Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 43; ders., info also 2003, S. 195 (200). 939 940

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

Allerdings besteht keine Verpflichtung zu einer entsprechenden Regelung in der Eingliederungsvereinbarung. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung: Danach „können“ sie nur getroffen werden, wenn die betreffenden Mitglieder „nicht ein berechtigtes Interesse darlegen, ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Agentur für Arbeit selbst wahrzunehmen“.942 Für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „berechtigten Interesses“ ist die Begründung zu § 38 SGB II hilfreich. Danach kann die Vermutung, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige gleichsam als Repräsentant für die Bedarfsgemeinschaft auftritt, widerlegt werden, soweit die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber der Agentur für Arbeit erklären, dass sie ihre Interessen selbst wahrnehmen wollen.943 Eine entsprechende Erklärung gegenüber dem zuständigen Leistungsträger können auch die erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Hinblick auf § 15 Abs. 2 SGB II abgeben, wobei sie ihr berechtigtes Interesse auf Selbstwahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten gegenüber dem zuständigen Träger darlegen müssen.944 An den unbestimmten Rechtsbegriff „berechtigte Interessen“ sind also keine hohen Anforderungen zu stellen. Sobald dies dargelegt ist (siehe § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 2 SGB X), entsteht die Pflicht des zuständigen Trägers, anhand dieser Anhaltspunkte aufzuklären oder, falls nichts mehr zu ermitteln ist, die Glaubhaftigkeit der Bekundungen zu würdigen, um auf dieser Grundlage die pflichtgemäß entwickelte Ermessensentscheidung zu treffen. Da es sich bei der Eingliederungsvereinbarung um einen subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt945, finden auch §§ 8 ff. SGB X Anwendung, mithin auch der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und Abs. 2 SGB X). Wird daraufhin das berechtigte Interesse bejaht, ist auf eine Einbeziehung in die Eingliederungsvereinbarung zu verzichten. Dies entspricht nicht zuletzt der Wertung des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 57 Abs. 1 SGB X, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte Dritter eingreift, nur wirksam wird, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.946 Macht der Betroffene die Wahrnehmung seiner Interessen geltend, besteht er also darauf, die beabsichtigten Inhalte nur in die mit ihm abzuschließende EinglieBT-Drs. 15 / 1516, S. 54. BT-Drs. 15 / 1516, S. 63. 944 Indem sie zum Beispiel erläutern, dass ihre persönliche Lage von der des (Haupt-)Partners der Eingliederungsvereinbarung so verschieden ist, dass eine gemeinsame Steuerung in ein und derselben Vereinbarung nicht zweckmäßig ist, siehe Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 19. 945 Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 8; ders., info also 2003, S. 195 (205); Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 15, Rdn. 2; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 582; Luthe / Timm, SGB 2005, S. 261; I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 15, Rdn. 11; Palsherm, ZfS 2004, S. 352 (353); Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 3; ders., SozSich 2005, S. 152 (153); Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 15, Rdn. 22; Steck / Kossens, Rdn. 310; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 15 SGB II, Rdn. 4; Waltermann, Rdn. 453 d; Zahn, in: Mergler / Zink, SGB II, § 15, Rdn. 5. 946 I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 15, Rdn. 48; Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 19. 942 943

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derungsvereinbarung aufzunehmen, können daraus auch keine Sanktionen (§ 31 SGB II) für ihn erwachsen.947 Wird dem gefolgt, liegt kein Eingriff in die Vertragsfreiheit vor, denn die Rechte des betroffenen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft werden hinreichend berücksichtigt und Regelungen zulasten Dritter ohne deren Beteiligung vermieden. Daran ändert sich auch nichts, wenn das erwerbsfähige Mitglied der Bedarfsgemeinschaft das berechtigte Interesse nicht darlegen kann. Denn in einem solchen Fall ist die gegen den Willen des Betroffenen festgelegte Eingliederungsleistung keine vertragliche Regelung, sondern ein Verwaltungsakt (siehe § 31 Satz 1 SGB X in Verbindung mit. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB II), da ohne Konsens kein Vertrag zustande kommen kann.948 Dass die entsprechenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Chance haben, ihr vertragsfreiheitssicherndes berechtigtes Interesse darzulegen, gewährleistet § 15 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach die betreffenden Personen zu beteiligen sind.949 Sollen also Regelungen getroffen werden, die an die Personen adressiert sind, sind diese förmlich mit einzubeziehen. Die Person aus der Bedarfsgemeinschaft, mit der der zuständige Träger vertragliche Bestimmungen treffen will, ist förmlicher Beteiligter im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 3 SGB X.950 Der Beteiligte hat damit entweder die Chance, entsprechende vertragliche Regelungen abzulehnen oder aber zum Vertragspartner neben dem zunächst angesprochenen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, dem Hauptpartner der Vereinbarung, zu werden, wenn er ein entgegenstehendes berechtigtes Interesse nicht darlegen kann oder will und sich gleichwohl für die Einbeziehung in die Eingliederungsvereinbarung entschieden hat.951 Dafür, dass der Betroffene ebenfalls zum Vertragspartner wird, spricht auch die Formulierung des § 15 Abs. 2 Satz 2 SGB II: „In der Eingliederungsvereinbarung Sauer, in: Jahn, SGB II, § 15, Rdn. 23. Siehe Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 20. Zur Verfassungsmäßigkeit des Ersetzens einer vertraglichen Regelung durch einen Verwaltungsakt im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II siehe Löschau / Marschner, Rdn. 499; Luthe / Timm, SGB 2005, S. 261 (262 ff.); Pfohl, ZfSH / SGB 2004, S. 167 (170); Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 16; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 15 SGB II, Rdn. 5. Siehe auch Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 15, Rdn. 22. Die Verfassungsmäßigkeit lehnt wegen des Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 19 Abs. 4 GG Berlit, in: LPK-SGB II, § 31, Rdn. 12 ff.; ders., info also 2003, S. 195 (205) ab. Ähnlich Korenke, SGB 2004, S. 525 (532); Krahmer, ZfF 2004, S. 178; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 15, Rdn. 5. Zweifelnd auch I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 15, Rdn. 14 ff. 949 Siehe BT-Drs. 15 / 2816, S. 12; Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 21. 950 Dies ergibt sich schon daraus, dass das Wort „beteiligen“ mangels entgegenstehender Anhaltspunkte im verfahrensrechtlichem Sinne verwandt wird, siehe Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 21. 951 Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 44; Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 21; Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 15, Rdn. 145. Siehe auch Steck / Kossens, Rdn. 312. A.A. ist Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 15, Rdn. 2, der davon ausgeht, dass der Betroffene nicht Vertragspartner wird. Berlit, info also 2003, S. 195 (199) erreicht ein ähnliches Ergebnis, indem er einen Einwilligungsvorbehalt verlangt. 947 948

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

kann auch vereinbart werden . . .“. Die Zahl der Vertragspartner wird durch die passivische Formulierung bewusst offengehalten und damit für die erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geöffnet. Unter der Eingliederungsvereinbarung, als äußerlich einheitlicher Vertrag, sind somit materiell verschiedene Verträge zu verstehen. Dies entspricht ebenso der Rezeption des Vertrages als Regelungsinstrument im öffentlich-rechtlichen Kontext, denn sie soll gerade Selbstbestimmung bei der Schaffung von Regelungen gewährleisten.952 Der Einbeziehung des erwerbsfähigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft als Vertragspartei steht auch nicht entgegen, dass erwerbsfähiger Hilfebedürftiger auch ein 15-Jähriger sein kann. § 36 Abs. 1 SGB I findet hier keine Anwendung, da er auf öffentlich-rechtliche Verträge nicht anwendbar ist.953 Die Verfahrenshandlungsfähigkeit ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB X. Die Vertretungsvermutung des § 38 SGB II kommt hier nicht zur Anwendung, denn der Abschluss einer die sonstigen Leistungen regelnden Eingliederungsvereinbarung gehört weder zur Beantragung noch zur Entgegennahme der Leistungen.954 Auch aus einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht (nach den im bürgerlichen Recht entwickelten Grundsätzen), obwohl diese auch im Sozialverwaltungsverfahren gelten955, kann allein aus der vermuteten Vollmacht des § 38 SGB II kein Rechtsschein dahingehend abgeleitet werden, dass eine Vollmacht zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung besteht.956 Es gelten die allgemeinen Vertretungsregeln der §§ 61 Satz 1, 13 SGB X. Fließen die Interessen des Betroffenen in die Eingliederungsvereinbarung mit ein, indem er Vertragspartei wird oder kann er ein berechtigtes Interesse für die Nichteinbeziehung geltend machen, liegt kein Vertrag zulasten Dritter vor. § 15 Abs. 2 SGB II ist insoweit als eine Gestaltungsmöglichkeit zur Verbindung selbständiger vertraglicher Abreden in einer Vereinbarung zu verstehen.957 Bei einer solchen Auslegung ist § 15 Abs. 2 SGB II verfassungsgemäß und die Vertragsfreiheit ist nicht verletzt. 3. Pflichtverletzungen und deren Folgen für die Bedarfsgemeinschaft Auch bei Pflichtverletzungen durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in der Regel betroffen. Begeht der er952 953 954 955 956 957

Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 22. Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 23. Siehe Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 44; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 25. BSGE 52, 245 (247 ff.). Knoblauch / Hübner, NDV 2005, S. 277 (280). Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 24.

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werbsfähige Hilfebedürftige eine Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wird sein Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in der ersten Stufe um 30 vom Hundert abgesenkt, wenn er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist (§ 31 Abs. 1 SGB II).958 Bei wiederholter Pflichtverletzung wird das Arbeitslosengeld II um 60 vom Hundert abgesenkt (§ 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II).959 Diese Regelung kann dazu führen, dass auch die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weniger Leistungen zur Verfügung haben, obwohl sie ihre Pflichten nicht verletzen. Unmittelbar betroffen durch die Kürzung können die Angehörigen sein, wenn es um Leistungen für Unterkunft und Heizung geht. Denn nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II wird das Arbeitslosengeld II gekürzt, welches nach § 19 Satz 1 SGB II auch die Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II enthält. Diese werden bei der Bedarfsberechnung pro Kopf innerhalb der Bedarfsgemeinschaft verteilt, so dass eine Verringerung der Leistungen an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dazu führt, dass die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft dieses ausgleichen müssen. Aber auch durch eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II werden die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betroffen sein, da der Bedarf des pflichtverletzenden, erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in dem Familienverband in der Regel durch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft kompensiert wird. Hinzukommt, dass Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in der Regel zusammen an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen überwiesen werden. In solchen Fällen sind die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft kaum geschützt, weil eine dem § 25 Abs. 3 (in Verbindung mit § 7) BSHG vergleichbare Regelung im SGB II fehlt. § 31 Abs. 3 Satz 7 SGB II bestimmt zwar, dass der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen soll, wenn die Regelleistung um mehr als 30 vom Hundert gesenkt wird.960 Dadurch soll verhindert werden, dass Kinder übermäßig belastet werden, wenn das Arbeitslosengeld II ihrer Eltern oder Elternteile wegen Pflichtverletzung abgesenkt wird.961 Diese Ermessenseinschränkung gilt aber nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit nur einem Kind in Bedarfsgemeinschaft lebt. Ferner gilt sie nicht für die sonstigen MitZur Kritik an der Beweislastverteilung siehe Krahmer, ZfF 2004, S. 178 (178 f.). Durch diese Regelung wird der Grundsatz des Forderns konkretisiert, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 60. Zur Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelung siehe Berlit, in: LPK-SGB II, § 31, Rdn. 12 ff.; Däubler, info also 2005, S. 51 (52 ff.). 960 Das Ermessen des Leistungsträgers ist somit ein gebundenes Ermessen. Fälle, in denen ausnahmsweise nicht der Rechtsanspruch, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 3 SGB II besteht, dürften wohl nur dann gegeben sein, wenn die minderjährigen Kinder selbst leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II sind und bei ihnen ebenfalls Verletzungen der in § 31 Abs. 1 und Abs. 2 SGB II genannten Pflichten vorliegen, siehe Streichsbier, in: Grube / Wahrendorf, § 31 SGB II, Rdn. 8. 961 BT-Drs. 15 / 1516, S. 61. 958 959

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

glieder der Bedarfsgemeinschaft. Im Gegensatz zum früheren Recht können die Angehörigen auch nicht auf ergänzende Sozialhilfe hoffen (siehe § 5 Abs. 2 SGB II). § 31 Abs. 3 SGB II erlaubt aber keine Mithaftung der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, er ist nur auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bezogen.962 Es muss insgesamt – bezüglich der Kürzung der Leistungen nach § 22 SGB II und der Gewährung von ergänzenden Leistungen – gewährleistet sein, dass das Existenzminimum oder der notwendige Bedarf für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft gesichert und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt bleibt. Die Kürzungen dürfen nicht zulasten der Familienmitglieder, insbesondere minderjähriger Kinder gehen.963 Deshalb ist § 31 Abs. 3 Satz 7 SGB II zunächst dahingehend auszulegen, dass bereits bei einem Kind, das mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebt, das Ermessen des Leistungsträgers gebunden ist. Aber auch in solchen Fällen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Minderjährige belastet wird, denn aufgrund der innerfamiliären Bindungen und Abhängigkeiten wird der pflichtwidrig Handelnde unter Beschränkung aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mitversorgt werden.964 Daher ist schon aus grundrechtlichen Erwägungen (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG, Wächteramt des Staates) der unerlässliche Lebensunterhalt des minderjährigen Kindes zu sichern, soweit nicht ausnahmsweise durch die konkrete Hilfegestaltung sichergestellt werden kann, dass es vor Einschränkungen oder Benachteiligungen bewahrt wird.965 Es muss vor allem eine Kürzung der Unterhaltskosten ausgeschlossen werden966, oder die ergänzenden Sachleistungen und geldwerten Leistungen sind als Anspruchsleistungen zu erbringen. Ferner ist auch das Entschließungsermessen des Leistungsträgers bezüglich der Leistungen nach §§ 21 bis 23 SGB II soweit zu begrenzen, dass keine gravierenden, später nicht mehr zu beseitigenden Nachteile entstehen.967 Sinnvoll wäre eine dem § 7 BSHG vergleichbare Regelung, um den Grundsatz der familiengerechten Hilfe auch in das SGB II einzuführen. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB II genügt insoweit nicht. Das Gleiche muss aber auch in Fällen gelten, in denen keine Kinder vorhanden sind oder die Kinder ihre Pflichten verletzen. Denn auch die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft können nicht zur Mithaftung verpflichtet sein, die BeBerlit, in: LPK-SGB II, § 31, Rdn. 88. Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 25, Rdn. 34; Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 31, Rdn. 212. 964 Siehe auch OVG Bremen, FEVS 37, 471 (477). 965 Siehe Berlit, in: LPK-SGB II, § 31, Rdn. 107. Gleiches gilt, wenn ein atypischer Sonderfall vorliegt, das Kind zum Beispiel den von den sach- und geldwerten Leistungen zu deckenden Bedarf anderweitig decken kann, Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 31, Rdn. 51. 966 So auch Stellungnahme DV, NDV 2003, S. 496 (502), VI, 4. 967 Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 31, Rdn. 212. 962 963

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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darfsgemeinschaft bildet keine Haftungsgemeinschaft. Sinnvoll ist es hier, die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes getrennt vorzunehmen und das Ermessen des § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II zu reduzieren.968 Zudem muss auch § 31 Abs. 6 SGB II korrigiert werden, denn nach dieser Vorschrift kann ein Ausschluss des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgen, wenn er die ihm angebotene Arbeit dauerhaft verweigert. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige erhält gemäß § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII dann auch keine Hilfe zum Lebensunterhalt, weil sein SGB II-Anspruch dem Grunde nach besteht.969 Dies würde dann auch für die akzessorisch Berechtigten der Bedarfsgemeinschaft gelten. In einem solchen Fall ist die Akzessorietät insoweit zu lockern, als dass die nicht erwerbsfähigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Zugang zu den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten.970

4. Die Vollmachtsvermutung des § 38 SGB II Ein enger Zusammenhang zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft wird durch § 38 Satz 1 SGB II geknüpft. Dieser normiert die gesetzliche Vermutung, wonach der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist, Leistungen nach dem SGB II auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Es handelt sich hierbei um eine Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes des § 13 SGB X, wonach es einem Beteiligten freisteht, sich im Verwaltungsverfahren vertreten zu lassen. Die Vorschrift des § 38 SGB II entspricht einem praktischen Bedürfnis des Leistungsträgers, den Verwaltungsaufwand bei mehreren Ansprechpartnern einer Bedarfsgemeinschaft möglichst gering zu halten. Denn eigentlich müsste jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Leistung beantragen, da es sich um einen Individualanspruch handelt.971 § 38 SGB II dient damit der Verwaltungspraktikabilität und der Verwaltungsökonomie.972 Voraussetzung des § 38 SGB II ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige bevollmächtigt ist. Es handelt sich somit um eine gewillkürte Stellvertretung und nicht um eine gesetzliche Vertretung.973 Dies ergibt sich schon aus dem Begriff „bevollmächtigt“ in § 38 SGB II, es heißt nicht „gesetzlich vertritt“. Eine andere 968 969 970 971

Siehe Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 31, Rdn. 212. Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 5, Rdn. 80; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 478b. Siehe Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 5, Rdn. 86 ff. Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 2; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198

(201). BT-Drs. 15 / 1516, S. 63. Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 8. A.A. ist Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 10, der eine gesetzliche Vertretungsregelung annimmt. 972 973

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Ansicht wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich, da sie die Subjektstellung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Frage stellen würde, wenn diese, zum Beispiel mangels Kenntnis, nicht die Möglichkeit haben, die gesetzliche Vertretung zu verhindern.974 Bei einer gewillkürten Stellvertretung hat das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft aber Kenntnis von der Vertretung und kann diese verhindern. Die Vollmacht beruht somit auf einer rechtsgeschäftlicher Übertragung, so dass §§ 167 ff. BGB Anwendung finden.975 Für den Vertreter ohne Vertretungsmacht gelten §§ 177 ff. BGB, mit der Möglichkeit, die Bevollmächtigung nachträglich zu genehmigen.976 Eine Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis, die dem Leistungsträger nicht mitgeteilt wurde, hat im Außenverhältnis keine Wirkung.977 Der Vertreter muss aber handlungsfähig sein (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB X, § 36 SGB I), um als Bevollmächtigter für die Bedarfsgemeinschaft zu handeln, wobei sich aus § 38 SGB II ergibt, das im Gegensatz zu § 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB X auch beschränkt Geschäftsfähige bevollmächtigt werden können, denn erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kann auch ein 15-Jähriger sein (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Außerdem ist die Vollmacht nur auf die Beantragung und Entgegennahme der Leistung beschränkt, wozu nach § 36 Abs. 1 SGB I auch der beschränkt Geschäftsfähige befugt ist. Die Erteilung der Vollmacht ist formlos möglich (§ 13 Abs. 1 Satz 3 SGB X), wonach der Bevollmächtigte seine Vollmacht nur auf Verlangen schriftlich nachweisen muss. Es ist dabei unbeachtlich, ob rechtsgeschäftlich tatsächlich eine Vollmacht erteilt worden ist.978 Der Leistungsträger kann aber jederzeit eine schriftliche Vollmacht anfordern oder muss dies im Zweifelsfall auch tun.979 Ist ein Bevollmächtigter bestellt, muss sich der Leistungsträger nach § 13 Abs. 3 SGB X grundsätzlich an ihn wenden, etwas anderes gilt nur, wenn der Beteiligte zur Mitwirkung verpflichtet ist (§ 13 Abs. 3 Satz 2 SGB X). Die Bevollmächtigung im Sinne des § 38 SGB II ist zwar ausdrücklich nur auf die Beantragung und Entgegennahme von Leistungen beschränkt, es kann aber davon ausgegangen werden, dass auch alle Verfahrenshandlungen erfasst sind, die mit der Antragstellung und Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen, mithin der Verfolgung des Antrags dienen.980 Sie gilt aber nicht für die Einlegung des Widerspruchs, das anSiehe Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 12. I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 6; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 14. 976 Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 20. 977 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 14; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 14. 978 I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 7. 979 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 8; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 16. 980 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 18; Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 20; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 25. Vgl. auch BSG, NZS 2007, 328 (330). 974 975

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schließende Widerspruchsverfahren oder das Gerichtsverfahren.981 Die entsprechende Bevollmächtigung kann dann aber unter den Voraussetzungen des § 38 SGG im Verwaltungsverfahren und unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG für das Klageverfahren angenommen werden.982 Auch die Verfügung der Aufhebung, die Anordnung der Erstattung und der Erlass eines Leistungsbescheides fallen nicht unter die Regelung, so dass ein individueller Aufhebungsbescheid für jede rechtwidrig begünstigte Person erforderlich ist.983 Beteiligter des Verwaltungsverfahrens bleibt aber immer der Vertretene selbst. Er kann sich uneingeschränkt an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende wenden und anstelle des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch andere natürliche Personen mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen.984 Die Vermutung des § 38 SGB II gilt nur für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, nicht jedoch für seinen Vertreter, wenn er sich selbst durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt.985 Etwas anderes gilt nur, wenn die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft diesen auch bevollmächtigt haben. Die Vollmacht entbindet den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende allerdings nur davon, einen Nachweis für die Erteilung der Vollmacht verlangen zu müssen, soweit keine Anhaltspunkte entgegenstehen. Die gesetzliche Vermutung kommt somit nicht zur Anwendung, soweit Anhaltspunkte entgegenstehen, dass eine Vollmacht durch die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht gewollt oder erteilt worden ist. Ob solche objektiven Anhaltspunkte vorliegen, hat Hierzu zählen zum Beispiel Rücknahme, Widerruf, Anfechtung oder Konkretisierung des Antrags durch weitere Angaben. Zur Entgegennahme der Leistung gehören auch Bescheide hinsichtlich der Kürzung von Leistungen, siehe SG Mainz, Beschluss vom 29. 06. 2005, Az: S 10 ER 61 / 05 AS, juris. 981 Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 38, Rdn. 2; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 41; Spellbrink, NZS 2007, 121 (123 f.). Siehe auch SG Dortmund, JAmt 2005, S. 413. Zu den prozessualen Problemen einschließlich der Prozesskostenhilfe siehe Schoreit, FPR 2007, 364 ff. Ebenso das BSG, NZS 2007, 328 (330), welches aber für eine Übergangszeit die Klageerhebung durch den Vertreter der Bedarfsgemeinschaft akzeptiert. A.A. sind Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 18 und Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 25, die davon ausgehen, dass die Vollmachtsvermutung auch die Einlegung des Widerspruchs umfasst. A.A. ist auch das LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. 01. 2007, Az.: L 13 27 / 06 ER, juris, wonach die Vollmachtsvermutung auch für das Verwaltungsverfahren gilt. 982 Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 42. 983 LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. 09. 2007, Az.: L 20 B 152 / 07 AS ER, juris; SG Schleswig, ZfF 2007, 11 (14); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 38 SGB II, Fassung vom 17. 04. 2007, 38.4 und 38.5; Gerlach, ZfF 2007, 121(126); Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 38; Schoreit, FPR 2007, 364 (366 f.); Spellbrink, NZS 2007, 121 (124). 984 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 10. 985 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 12.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

der Leistungsträger vorab von Amts wegen zu prüfen.986 Der ausdrücklich oder konkludent geäußerte Wille eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ist somit vorrangig zu beachten.987 Die Erklärung ist dabei an keine Form gebunden988, der Betroffene muss nur deutlich machen, dass er seine Interessen selbst wahrnehmen will989. Dem Vertretenen muss deshalb zumindest mitgeteilt werden, dass für ihn Leistungen beantragt und entgegengenommen wurden, und es muss darauf hingewiesen werden, dass er erklären kann, seine Interessen selbst wahrnehmen zu wollen.990 Allerdings erlischt die Vermutungswirkung erst dann, wenn die entgegenstehenden Anhaltspunkte dem Leistungsträger mitgeteilt werden (siehe § 13 Abs. 1 Satz 4 SGB X), er also Kenntnis hiervon hat.991 Wenn der Bevollmächtigte auch die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bei der Entgegennahme der Leistung vertritt, muss der an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gerichtete Bescheid klar erkennen lassen, welche Personen betroffen sind.992 Er richtet sich inhaltlich nicht nur an den Bevollmächtigten, sondern an die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Inhaltsempfänger des Verwaltungsakts ist somit jeder Einzelne der Bedarfsgemeinschaft.993 Die Bevollmächtigung deckt unter dem Gesichtspunkt der Entgegennahme nicht ab, dass dem Bevollmächtigten die Bescheide im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X wirksam bekannt gegeben werden können.994 Die Auszahlung dagegen kann an den Bevollmächtigten erfolgen, da die Vermutung des § 38 SGB II auch die Entgegennahme erfasst. Leben in einer Bedarfsgemeinschaft mehrere erwerbsfähige Hilfebedürftige, regelt § 38 Satz 2 SGB II diese Konkurrenzsituation in der Weise, dass die Ver986 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 13; Loose, in: Hohm, SGB II, § 7, Rdn. 37; Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 20; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 23. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn in der Vergangenheit der Bevollmächtigte die Leistung nicht an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weitergeleitet hat, eine Trennung der Ehepartner unmittelbar bevorsteht oder der Vertretene einen Antrag stellt, siehe I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 8. 987 Anhaltspunkte liegen zum Beispiel vor, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gegenüber dem Leistungsträger zum Ausdruck gebracht hat, dass es seine Interessen selbst wahrnehmen will, siehe BT-Drs. 15 / 1516, S. 63, oder bereits einen Vertreter eingeschaltet hat. 988 Kossens, in: Jahn, SGB II, § 38, Rdn. 3. 989 BT-Drs. 15 / 1516, S. 63. 990 Verfassungskonforme Auslegung, siehe Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 20. Siehe auch Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 24, 31. 991 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 14. 992 Zu den Problemen in der Praxis siehe Schoreit, FPR 2007, 364 (365 ff.). 993 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 38 SGB II, Fassung vom 17. 04. 2007, 38.3; Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 23; Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 7, Rdn. 5. 994 Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 38, Rdn. 2. A.A. ist Schoch, in: LPK-SGB II, § 38, Rdn. 14, aber mit der Einschränkung, dass dem Betroffenen zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden muss, von dem Erlass an einen Dritten Kenntnis zu erlangen.

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mutungsregelung für denjenigen gelten soll, der die Leistungen nach dem SGB II zuerst beantragt.995 Die Antragstellung entfaltet Rechtswirkung für und gegen die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, und die Entgegennahme der Leistung als Empfangsberechtigter hat grundsätzlich Erfüllungscharakter im Sinne des § 362 BGB.996 Die von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vorgenommenen Verfahrenshandlungen wirken für und gegen den Vertretenen, so dass das vertretene Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein etwaiges Verschulden des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gegen sich gelten lassen muss997; insoweit steht das Interesse an einem reibungslosen Rechtsverkehr im Vordergrund. Weiterhin ist nicht ersichtlich, weshalb der Vertretene einen rechtswidrig erlangten Vorteil behalten soll. Ein anderes Ergebnis würde zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung der nur vermuteten Bevollmächtigung führen.998

IV. Exkurs: Bedarfsgemeinschaft und Unterhaltsansprüche Auch Unterhaltsansprüche können im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft relevant werden. Sie können in zwei Konstellationen auftreten: Entweder hat ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Unterhaltsansprüche gegen eine andere Person oder eine außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehende Person hat Ansprüche gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Diese beiden Konstellationen sollen im Folgenden näher betrachtet werden. 1. Unterhaltsansprüche eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft gegen einen außenstehenden Dritten In der ersten Konstellation kann es sich bei der anderen Person zunächst nur um einen außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehenden Dritten handeln. Denn bestehende Unterhaltsansprüche in der Bedarfsgemeinschaft werden durch die Regelung 995 BT-Drs. 15 / 1516, S. 63; Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 16; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 28. A.A. ist Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 38, Rdn. 3, der davon ausgeht, dass die Bevollmächtigung wechseln kann, wenn mehrere Anträge nacheinander gestellt werden. In solchen Fällen wird die getrennte Antragstellung aber eher ein Indiz für die Widerlegung der Vermutung sein, wie Löns auch zu Recht feststellt. 996 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 17; I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 7; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 26. So können in den Fällen, in denen die Leistungen nicht an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weitergeleitet werden, nur Leistungen als Darlehen im Sinne von § 23 SGB II erbracht werden. Anderes gilt nur, wenn die Vermutung des § 38 SGB II widerlegt wurde oder Anhaltspunkte dafür vorlagen. 997 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 19; Wagner, in: jurisPK-SGB II, § 38, Rdn. 18. 998 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 19.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

des § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II öffentlich-rechtlich realisiert, es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- und Leistungserwartung. Das SGB II knüpft nicht an die bürgerlich-rechtliche Unterhaltsregelung an, insbesondere nicht an das Bestehen einer Unterhaltspflicht; maßgeblich ist allein, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit vorliegt. § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II erfasst allerdings den gleichen Personenkreis unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass die Ehegatten oder Lebenspartner tatsächlich nicht dauernd getrennt leben oder die unverheirateten Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören. Dabei wird aber nicht primär an das durch Ehe und Familie hergestellte Band des Leistungsberechtigten zu seinem Ehegatten und seiner Familie angeknüpft, sondern an das Leben in der Familiengemeinschaft und an die Leistungsfähigkeit der Angehörigen. Nicht die gesetzliche Unterhaltspflicht, sondern die Erfahrung des täglichen Lebens, dass die eng miteinander Lebenden „aus einem Topf“ wirtschaften und in den Not- und Wechselfällen des Lebens gegenseitig füreinander einstehen, rechtfertigt es, im gewissen Umfang die Mittel zusammenzufassen, die den einzelnen Mitgliedern dieser Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zufließen. § 9 Abs. 2 SGB II hat damit eine Reihe von Unterhaltsverpflichteten aus der Betrachtung als bürgerlich-rechtliche Unterhaltsschuldner herausgelöst und sie in die öffentlich-rechtliche Einsatzgemeinschaft einbezogen. Er stellt damit eine die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht im Sinne der §§ 1601 ff. BGB modifizierende oder an deren Stelle tretende Sonderregelung dar, soweit die Ansprüche innerhalb der Bedarfsgemeinschaft bestehen.999 Für die Personen außerhalb der Bedarfsgemeinschaft bestimmt § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II allerdings, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht hilfebedürftig ist, wenn er die erforderliche Hilfe von anderen, insbesondere von Angehörigen, erhält. Angehörige meint hier, mangels Regelung im SGB II, die Angehörigen im Sinne der Legaldefinition des § 16 Abs. 5 SGB X.1000 Die Regelung des § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II könnte dazu führen, dass in Fällen, in denen nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige Unterhaltsansprüche hat, die tatsächlich realisiert werden können, die Anspruchsvoraussetzungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und damit die Leistungsansprüche nicht nur für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, sondern auch für die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen entfallen. Andererseits sieht § 33 Abs. 2 SGB II den Übergang von Unterhaltsansprüchen vor, wenn der Leistungsträger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht hat. Es stellt sich somit die Frage, welche Vorschrift vorrangig anzuwenden ist.1001 Aus der Gesetzesbegründung des SGB II ergeben sich keine Anhaltspunkte Siehe VGH Mannheim, FEVS 49, 201 (203). Dafür spricht schon der Wortlaut des § 9 Abs. 1 letzter HlbS. SGB II, denn hier heißt es nur „Angehörige“. Im Vergleich dazu heißt es „Angehörige der Bedarfsgemeinschaft“, wenn der Gesetzgeber die Personen meint, die der Bedarfsgemeinschaft angehören, zum Beispiel in § 28 SGB II, siehe Kap. 2, C., II., 2., a). 999

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für das Verhältnis zwischen § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II und § 33 SGB II. Für einen Vorrang von § 33 SGB II spricht allerdings, dass er eine klare Regelung für den Übergang von Ansprüchen gegen andere enthält, insbesondere auch für Unterhaltsansprüche gegenüber Angehörigen. Voraussetzung für einen Übergang im Sinne des § 33 SGB II ist, dass der Leistungsträger in Vorleistung getreten ist. Er dürfte aber gar keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbringen, wenn das Bestehen von zeitnah realisierbaren Unterhaltsansprüchen die Hilfebedürftigkeit bereits ausschließen würde. Außerdem sieht § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II einen gewissen Schutz für den Unterhaltsverpflichteten vor, denn der Übergang darf nur bewirkt werden, soweit Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten Person das nach §§ 11 und 12 SGB II zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen übersteigen. § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II macht außerdem den Übergang von Unterhaltsansprüchen von der Geltendmachung durch den Hilfebedürftigen abhängig. Einen solchen Schutz enthält § 9 Abs. 1 SGB II jedoch nicht. § 33 SGB II ist deshalb in Bezug auf die Unterhaltsansprüche die spezielle Regelung gegenüber § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II.1002 Eine andere Ansicht hätte zur Folge, dass bei Realisierung des Unterhaltsanspruchs auch die Ansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf Sozialgeld entfielen, da diese Leistung davon abhängig ist, dass die Personen mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben. Deren Absicherung über das SGB XII wäre aufgrund der in § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII enthaltenen Regelung zumindest zweifelhaft. Der Leistungsträger hat also, trotz Unterhaltsansprüchen, zunächst Leistungen zu erbringen und kann die Unterhaltsansprüche dann nach dem gesetzlichen Übergang geltend machen. Der Übergang des Unterhaltsanspruchs darf nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 SGB II nicht bewirkt werden, wenn die unterhaltsverpflichtete Person mit dem Verpflichteten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, da in einem solchen Fall die Unterhaltspflicht durch § 9 Abs. 2 SGB II öffentlich-rechtlich realisiert wird. Ein Übergang ist weiterhin ausgeschlossen, wenn die unterhaltsverpflichtete Person mit dem Verpflichteten verwandt ist und den Unterhaltsanspruch nicht geltend macht. Dies gilt allerdings nicht für gegenüber den Eltern bestehende Unterhaltsansprüche minderjähriger Hilfebedürftiger oder von Hilfebedürftigen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a und b SGB II). Ein weiterer Ausschluss besteht bei Unterhaltsansprüchen von Personen, die schwanger sind oder ihr leiblichen Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreuen, wenn diese in einem Kindschaftsverhältnis zum Verpflichteten stehen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Im Wesentlichen handelt es sich also neben den beiden Fällen des § 33 Abs. 2 Nr. 2 SGB um An1001 Ein ähnliches Problem stellt sich auch hinsichtlich § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, siehe Kap. 2, A., II., 2. 1002 Dies gilt auch für Fälle, in denen der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Anspruch gegen Angehörige hat. § 9 Abs. 1 letzter HlbS. SGB II gilt demnach nur für freiwillige Leistungen Angehöriger.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sprüche aus dem Ehegattenunterhalt oder des Unterhalts der Lebenspartner bei Getrenntleben (§ 1361 BGB, § 12 LPartG) und Scheidung der Ehe oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft, die auf den Leistungsträger übergehen können. In allen anderen Fällen darf der Übergang nur dann bewirkt werden, soweit Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten Person das nach §§ 11 und 12 SGB II zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen übersteigen. Hierbei handelt es sich um die aus dem Sozialhilferecht bekannte sozialrechtliche Vergleichsberechnung1003, durch die vermieden werden soll, dass der Unterhaltsverpflichtete seinerseits hilfebedürftig wird.1004 Sie ist allerdings unglücklich formuliert, denn schon § 11 SGB II gibt keine Grenze vor, die überstiegen werden kann. Deshalb ist es sinnvoller, die Regelung so zu verstehen, dass nach §§ 11 und 12 SGB II einsetzbares Einkommen und Vermögen des Unterhaltsverpflichteten seinen Bedarf nach dem SGB II übersteigen müssen.1005 Entgegen dem Unterhaltsrecht wird aber fiktives Einkommen nicht berücksichtigt.1006

2. Unterhaltsansprüche eines außenstehenden Dritten gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Die andere Konstellation, in der Unterhaltsansprüche gegen eine Person der Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden, betrifft ebenfalls die sozialrechtliche Vergleichsberechnung im Rahmen des § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II. Es stellt sich hier die Frage, ob innerhalb dieser der Unterhaltspflichtige auch den Bedarf weiterer Personen seiner Bedarfsgemeinschaft geltend machen kann und diese somit Vorrang vor den außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehenden Unterhaltsberechtigten haben. Gegen eine solche Ansicht spricht jedoch schon der Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II, da dieser eindeutig von der „unterhaltsverpflichteten Person“ spricht, die ihr Einkommen und Vermögen einzusetzen hat. Hätte der Gesetzgeber die sozialrechtliche Vergleichsberechnung auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ausdehnen wollen, hätte er dies ausdrücklich in § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II 1003 Bress-Brandmaier / Gühlstorf, ZfF 2005, S. 193 (197); Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1915); Krauß, MittBayNot 2004, S. 330 (334). Siehe auch die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 33 SGB II, Fassung vom 07. 02. 2007, 33.32, die anscheinend eine öffentlich-rechtliche Vergleichsberechnung vorsehen. In Bezug auf die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe in §§ 11, 12 SGB II ist auf die Lebensumstände des Unterhaltspflichtigen in seiner gegenwärtigen Situation abzustellen, da es sich bei dem Unterhaltspflichtigen eben nicht um einen Leistungsberechtigten handelt, siehe Münder, in: LPK-SGB II, § 33, Rdn. 40. 1004 BT-Drs. 15 / 1516, S. 62; Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1915); Löschau / Marschner, Rdn. 954. 1005 Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1915); Rust, FamRB 2005, S. 27 (30). Siehe auch Bress-Brandmaier / Gühlstorf, ZfF 2005, S. 193 (194). 1006 OVG Berlin, FEVS 44, 15 (17); Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1913); Rust, FamRB 2005, S. 27 (30).

C. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft

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regeln müssen. Auch aus § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ergibt sich nichts anderes1007, denn der erwerbsfähige Hilfebedürftige wird durch die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft zwar hilfebedürftig, obwohl er seinen Bedarf decken kann, er behält aber seinen eigenen Anspruch. Dass die einzelnen Bedarfe der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu einem „Gesamtbedarf“ zusammengefasst werden, heißt noch nicht, dass sich der Unterhaltsverpflichtete darauf berufen kann, dass zunächst der Unterhaltsbedarf seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Unterhaltsberechtigten gedeckt wird. Bei § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II handelt es sich lediglich um eine Berechnungsmodalität. Der Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bleibt somit außer Betracht.1008 Diesem Ergebnis entspricht auch § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II. Danach sind vom Einkommen auch Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag abzusetzen. Es bleiben also die Teile des Einkommens anrechnungsfrei, die aufgrund eines titulierten Anspruchs nicht als „bereites“ Einkommen zur Verfügung stehen, soweit es sich bei den Unterhaltsberechtigten um Personen handelt, die den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft im Rang zumindest gleichstehen.1009 Dies gilt vor allem in Bezug auf außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehende minderjährige Kinder, da durch eine solche Regelung vermieden werden kann, dass diese Kinder nach der Trennung oder Scheidung der Eltern auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen sind, weil der Unterhaltsverpflichtete sein gesamtes Einkommen und Vermögen für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einsetzen muss. Bei der Leistung von Unterhalt handelt es vor allem bei Kindern nicht nur um die Erfüllung einer beliebigen schuldrechtlichen Verpflichtung1010, sondern um eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern. Titulierte Ansprüche werden also von dem Einkommen abgesetzt, das nach Berücksichtigung aller Absetzungsbeträge und nach Abzug des Freibetrags bei Erwerbstätigkeit übrig bleibt.1011 Der Anspruch muss allerdings noch nicht gepfändet So aber Hußmann, FPR 2004, S. 534 (542); ders., ZEV 2005, S. 54 (60). So auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 33 SGB II, Fassung vom 04. 01. 2006, 33.76. Zweifelnd auch Klinkhammer, FamRZ 2004, S. 1909 (1915). A.A. sind Luthe / C. Dittmar, Rdn. 452; Hußmann, FPR 2004, S. 534 (542); ders., ZEV 2005, S. 54 (60). 1009 LSG Nordrhein-Westfalen, FEVS 56, 402 (405); SG Dortmund, info also 2005, S. 77 (78); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 11 SGB II, Fassung vom 09. 10. 2007, 11.32; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 11, Rdn. 98; Schürmann, FamRZ 2005, S. 148; Winkel, SozSich 2004, S. 338 (339). Siehe auch Hampel, FamRZ 1996, S. 513 (516); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (42). Dies gilt somit nicht gegenüber Kindern, die ein Partner mit in die Beziehung bringt, denn diesen gegenüber ist der Betroffene nicht unterhaltspflichtig; die außerhalb der Bedarfsgemeinschaft stehenden Kinder sind vorrangig, siehe Stellungnahme Fachkonferenz des DIJuF, JAmt 2004, S. 524 (525) und FuR 2005, S. 162 (163); Knittel, JAmt 2004, S. 397 (399). 1010 BVerwGE 55, 148 (153). 1007 1008

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

sein, es reicht aus, dass er pfändbar ist, um die Verfügbarkeit im Sinne einer Verfügbarkeit „bereiter Mittel“ zu verneinen.1012 Nicht titulierte Ansprüche können nicht berücksichtigt werden, da eine solche Auslegung des § 11 SGB II auf die Schaffung eines neuen Absetzungsbetrags hinausliefe und sie dazu führen würde, dass nicht die sachnäheren Zivilgerichte, sondern die Sozialgerichte die Unterhaltsansprüche dem Grunde und der Höhe nach feststellen würden. Dies dürfte aber vor allem im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht sachgerecht sein.1013 In einem solchen Fall liegen „bereite Mittel“ vor, die Aufzählung der Absetzungen nach § 11 SGB II ist jedoch schon vom Wortlaut her abschließend1014. Für die Einbeziehung nicht titulierter Ansprüche spräche zwar, dass dadurch eine ohnehin schon schwierige Lebenssituation nicht weiter belastet würde und die Kosten für die Titulierung gespart würden1015. Allerdings entstünden dadurch wieder Untersuchungspflichten des Leistungsträger für die tatsächliche Leistung des Unterhalts. Der Einbeziehung nicht titulierter Ansprüche steht auch der gesetzliche Wille entgegen, denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der bisherigen Rechtsprechung zur vergleichbaren Regelung des Bundessozialhilfegesetzes1016 auf eine entsprechende Klarstellung im SGB II verzichtet, er verweist in der Gesetzesbegründung1017 mehrfach auf die bisherige Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz, die ebenfalls einen Abzug bei fehlender Titulierung nicht vorsah.1018 Hinweise auf ein Redaktionsversehen in dem Sinne, dass dem Gesetzgeber die Folgen des Wegfalls einer § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB II entsprechenden Regelung bekannt waren, sind nicht ersichtlich.1019 Durch die Möglichkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II, den in notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarungen festgelegten Betrag ebenfalls vom Einkommen abzusetzen, können zudem auch freiwillige Unterhaltszahlungen ausreichend berücksichtigt werden. Ferner kann es 1011 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 11, Fassung vom 09. 10. 2007, 11.32; Winkel, SozSich 2004, S. 338 (339). 1012 BT-Drs. 16 / 1410, S. 20; SG Dortmund, info also 2005, S. 77 (79); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 11, Fassung vom 09. 10. 2007, 11.32; Winkel, SozSich 2004, S. 338 (339). 1013 LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. 02. 2005, Az: L 9 B 1 / 05 AS ER, juris; SG Düsseldorf, info also 2005, S. 77 (79). Siehe auch Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 11, Rdn. 98 f. Auch die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Sozialhilferecht entspricht dem, denn dort wurde der Abzug vom Einkommen verneint, wenn keine Titulierung vorlag, siehe BVerwGE 55, 148 (153); OVG Schleswig, info also 2002, S. 129 (129 f.). A.A. Tänzer, Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit 2005, S. 46 (52), wonach es bei tatsächlicher Erfüllung des Unterhaltsanspruchs nicht auf eine Titulierung ankommt. 1014 SG Augsburg, Beschluss vom 02. 06. 2005, Az. S 1 AS 89 / 05, Kurzwidergabe in SozSich 2005, S. 315. 1015 Siehe SG Düsseldorf, info also 2005, S. 77 (78). 1016 Siehe BVerwGE 55, 148 ff.; VGH Mannheim, FEVS 47, 364 (366 f.); OVG Schleswig, info also 2002, S. 129 f. 1017 BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. 1018 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 11, Rdn. 97. 1019 SG Düsseldorf, info also 2005, S. 77 (79).

D. Zusammenfassung

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sich auch um Unterhaltstitel handeln, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4 in Verbindung mit § 60 SGB VIII kostenfrei beim Jugendamt beschafft werden können.1020 Somit sind die Unterhaltsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft denen außerhalb der Bedarfsgemeinschaft gleichgestellt, was vor allem auch mit dem Unterhaltsrecht übereinstimmt. Insbesondere das familienferne Kind ist insoweit nicht mehr auf Sozialhilfe oder Sozialgeld angewiesen. Dem entspricht auch, dass nach § 11 SGB II die Teile des Einkommens anrechnungsfrei bleiben, die aufgrund eines titulierten Anspruchs nicht als „bereites“ Einkommen zur Verfügung stehen.

D. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Begriff der Bedarfsgemeinschaft die aufgrund einer Verwaltungsvereinfachung erfolgende Zusammenfassung von Bedarfen und Mitteln des in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Personenkreises umschreibt. Hintergrund der Regelung ist, dass die in § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen in der Regel „aus einem Topf“ wirtschaften. Für die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft ist zudem in § 7 Abs. 3a SGB II eine Beweislastumkehr formuliert, die im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Leistungen nach dem SGB II erhalten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft allerdings nur, wenn sie hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Zu den eigenen Kräften gehört vor allem die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II). Allerdings entfällt die Hilfebedürftigkeit nicht schon deshalb, weil der erwerbsfähige Hilfebedürftige keine zumutbare Arbeit annimmt. Die Regelung des § 31 SGB II ist insoweit vorrangig. Eigene Mittel sind in der Bedarfsgemeinschaft vorhandenes Einkommen und Vermögen. Was an Einkommen angerechnet und an Vermögen verwertbar ist, ergibt sich aus §§ 11 und 12 SGB II und der dazugehörigen Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (Alg II-V). Da die Hilfebedürftigkeit Voraussetzung für Leistungen nach dem SGB II ist, bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II dementsprechend, dass auch derjenige hilfebedürftig ist, der seinen eigenen Bedarf, nicht jedoch den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft, decken kann. Dies ist verfassungswidrig, denn wenn derjeni1020

BT-Drs. 16 / 1410, S. 20.

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Kap. 2: Die Bedarfsgemeinschaft des SGB II

ge, der durch Einkommen und Vermögen seinen Bedarf decken kann, seine Mittel für andere einsetzen muss, mit der Folge, dass er dadurch selbst mittellos wird und auf staatliche Hilfe angewiesen ist, ist sein Grundrecht auf Achtung und Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Auch die in § 9 Abs. 2 SGB II geregelte Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen in der Bedarfsgemeinschaft ist insoweit verfassungswidrig, als die Gemeinschaft von nicht leiblichem Elternteil und nicht leiblichem Kind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II darin einbezogen wird. Gleiches gilt für die Nichtberücksichtigung sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Im Übrigen ist die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 aber verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft bedeutet aber nicht, dass die einzelnen Mitglieder keinen eigenständigen Anspruch auf Hilfe haben. Einen Anspruch nur der Bedarfsgemeinschaft als eigenes Rechtssubjekt kann es nicht geben; jedes Mitglied der Gemeinschaft ist anspruchsberechtigt. Die Bedarfe werden nur aufgrund der Verwaltungsvereinfachung zusammengefasst. Als Leistungen, die aus diesem Einzelanspruch folgen, erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II) und Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II). Das Arbeitslosengeld II erfasst pauschal alle Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nicht erwerbsfähige Angehörige erhalten statt des Arbeitslosengeld II Sozialgeld nach § 28 SGB II, wobei die Vorschrift in analoger Anwendung auch auf behinderte Kinder zwischen 15 und 18 Jahren angewendet werden kann. Eine von der Regelleistung abweichende Erbringung von Leistungen ist nur nach § 23 SGB II möglich. Diese abweichende Leistung wird allerdings nur als Darlehen gewährt, das durch monatliche Aufrechnung mit der Regelleistung getilgt wird. Dabei dürfen die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nur dann zur Rückzahlung herangezogen werden, wenn ihnen die Leistung auch zugutegekommen ist. Für die Berechnung der Leistungen ist dem durch Addition der einzelnen Bedarfe der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ermittelten Gesamtbedarf das in der Bedarfsgemeinschaft vorhandene Einkommen gegenüberzustellen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass nach § 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB II nur Einkommen und Vermögen von Partnern gegenseitig und von Eltern gegenüber ihren Kindern angerechnet werden können. Dies kann bei der Leistungsberechnung schnell zu Fehlern führen, indem Personen einbezogen werden, deren Einkommen und Vermögen nicht angerechnet werden dürfen oder die gar nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Es wäre deshalb sinnvoller, die Leistungsberechnung einzeln für jede Person durchzuführen. Dem stehen aber der Gesetzeswortlaut und der Wille des Gesetzgebers entgegen. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige ist außerdem grundsätzlich pflichtversichert in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft können insoweit auch entsprechend familienversichert in der

D. Zusammenfassung

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Kranken- und Pflegeversicherung sein. Dies gilt jedoch nicht für Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft. Können sie zwar ihren Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken, reicht es aber nicht für eine freiwillige Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung aus, ist nach § 26 SGB II ein Zuschlag zu zahlen, um zu vermeiden, dass sie Leistungen nach dem SGB II erhalten und sie somit auch dessen Obliegenheiten treffen. In engem Zusammenhang mit den Leistungen an die Bedarfsgemeinschaft steht der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG. Er wird nur dann geleistet, wenn die Eltern ihren Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken können. In Zusammenhang mit dem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II besteht ein Wahlrecht zwischen diesem und dem Kinderzuschlag. Dieses Wahlrecht ist mit der Verfassung zu vereinbaren. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind trotz des Einzelanspruchs in einzelnen Teilbereichen aber auch vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abhängig. So können sie in die Eingliederungsvereinbarung einbezogen werden, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit dem zuständigen Leistungsträger abschließt. Dies ist mit der Vertragsfreiheit vereinbar, wenn sie entweder ein berechtigtes Interesse gegen die Einbeziehung geltend machen können oder aber als Vertragspartner einbezogen werden. Auch bei eventuellen Pflichtverletzungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne von § 31 SGB II werden die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mitbetroffen. Insoweit erfordern grundrechtliche Erwägungen, dass Leistungskürzungen beim erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht zu Lasten der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gehen. Die Abhängigkeit des einzelnen Mitglieds von der Bedarfsgemeinschaft zeigt sich des Weiteren in § 38 SGB II, der die Vertretung der Bedarfsgemeinschaft bei Beantragung und Entgegennahme von Leistungen durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen regelt, soweit nicht Anhaltspunkte, die von Amts wegen zu prüfen sind, entgegenstehen. Diese Vollmachtsvermutung ändert jedoch nichts an dem Einzelanspruch jedes Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft. Die im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft relevant werdenden Unterhaltsansprüche des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gegen außenstehenden Dritte führen nicht zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit und der Leistungsansprüche der Bedarfsgemeinschaft, sondern nur zum Übergang der Ansprüche auf den Leistungsträger nach § 33 SGB II. Ist der erwerbsfähige Hilfebedürftige gegenüber anderen Personen außerhalb der Bedarfsgemeinschaft unterhaltspflichtig, besteht kein Vorrang der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, sie werden nicht in die sozialrechtliche Vergleichsberechnung mit einbezogen. Titulierte Ansprüche sind vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abzuziehen, da sie keine bereiten Mittel im Sinne von § 11 SGB II sind.

Kapitel 3

Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII „Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen; gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt der Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht beschaffen, sind das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen“ (§ 19 Abs. 1 SGB XII). Diese, die Einsatzgemeinschaft betreffende Regelung des § 19 Abs. 1 SGB II bildet damit die Anspruchsgrundlage für die Hilfe zum Lebensunterhalt und löst § 11 Abs. 1 BSHG ab.1 Eng miteinander lebende Personen werden zu einer Gemeinschaft zusammengefasst und der Bedarf bestimmt. Im Vergleich zu der Vorgängerregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG hat der Anwendungsbereich der Regelung allerdings an Bedeutung verloren, sie kommt nur dann zur Anwendung, wenn nicht andere Vorschriften einschlägig sind; sie ist damit eine Auffangregelung. Von § 19 Abs. 1 SGB XII werden nur noch Personen erfasst, die auf absehbare Zeit unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (also nicht mehr erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II sind), aber noch nicht voll erwerbsgemindert sind (und somit noch keine Leistungen zur Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung erhalten), ferner diejenigen, die aus anderen Gründen nicht erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 8 SGB II sein können und nicht mit einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Bedarfsgemeinschaft bilden.2 Der Anwendungsbereich des SGB XII und damit der der Einsatzgemeinschaft ist insoweit also auf diesen Personenkreis beschränkt. Allerdings prägt die Einsatzgemeinschaft auch weiterhin das Recht der sozialen Sicherung, so dass sie im Folgenden dargestellt werden soll. Bei der Darstellung der Einsatzgemeinschaft – entsprechend der Darstellung der Bedarfsgemeinschaft – werden zunächst die einfachgesetzlichen Regelungen rele1 Wobei mit Absatz 1 im Wesentlichen inhaltsgleich die bisherige Regelung des § 11 Abs. 1 BSHG übertragen wird. 2 Siehe dazu schon Kap. 1, A., III.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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vant, da nur so verständlich wird, welche Voraussetzungen zusammenlebende Personen erfüllen müssen, um als Einsatzgemeinschaft betrachtet werden zu können. Zum anderen müssen die Vorschriften verfassungsrechtlich betrachtet werden. Denn nur wenn diese auch verfassungsrechtlich zulässig sind, können daraus Folgen für zusammenlebende Personen entstehen. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft sind somit als dritter Punkt zu betrachten.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft Der Kreis der Personen, die eine Einsatzgemeinschaft bilden, wird in §§ 19 Abs. 1 Satz 2, 20 SGB XII abschließend umschrieben, ohne dass aber der Begriff der Einsatzgemeinschaft genannt wird. Die Zugehörigkeit zur Einsatzgemeinschaft allein reicht jedoch nicht aus, um daraus Rechte und Pflichten begründen zu können. Hinzukommen muss die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Einsatzgemeinschaft.

I. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 19 Abs. 1 SGB XII als Ausgangspunkt Zum Personenkreis der Einsatzgemeinschaft gehören zunächst nach § 19 Abs. 1 SGB XII der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte und der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.3 Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft sind dabei – wie bereits die Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft gezeigt haben – durch das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft geprägt.4 3 Siehe zu den Begriffen des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw. Lebenspartners Kap. 2, A., I., 3., a), b). Siehe auch BVerwGE 97, 344 (346 f.); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 13, 14; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (176), Rdn. 132; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 23 ff.; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 17 f.; Haubelt, Rdn. 54; Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 19, Rdn. 14 ff.; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 11, Rdn. 14; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 124; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 25 f.; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 35; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 21 ff. So auch Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 19; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 21 ff.; ders., ZfF 2004, S. 169 (172), der allerdings annimmt, dass auch bei vorübergehendem Getrenntleben die Ehepartner getrennt im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 2 SGB XII leben. 4 § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII trägt damit dem Umstand Rechnung, dass Lebenspartner nach § 5 LPartG einander Fürsorge und Unterstützung, insbesondere Unterhalt, zu leisten haben. Der Nachrang erfordert es, auch von Lebenspartnern, die eine solche Unterhaltspflicht trifft, zu verlangen, dass sie wie nicht getrennt lebende Ehegatten einander vorrangig ihr Einkommen und Vermögen einsetzen, siehe BT-Drs. 15 / 1514, S. 57; BVerwGE 105, 313 (347);

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 2. Hlbs. SGB II haben auch Eltern für ihre minderjährigen unverheirateten Kinder Einkommen und Vermögen einzusetzen. Der Begriff Eltern beurteilt sich nach dem bürgerlichen Recht. Eltern sind damit die natürlichen Eltern, Adoptiveltern und Elternteile, nicht jedoch Pflege-, Groß- oder Stiefeltern oder sonstige Sorgeberechtigte.5 Stiefkinder bilden nur mit dem leiblichen Elternteil eine Einsatzgemeinschaft, nicht zugleich aber mit dem nicht leiblichen Elternteil.6 Minderjährig sind Kinder, die noch nicht volljährig sind (§ 2 BGB). Unverheiratet sind Kinder, die ledig oder geschieden sind, nicht aber getrennt lebende Kinder. Lebt ein minderjähriges unverheiratetes Kind ungefähr je zur Hälfte bei seinen nicht zusammenlebenden Eltern, so entsteht mit jedem Elternteil eine Einsatzgemeinschaft. 7 Zwischen den Eltern und den minderjährigen unverheirateten Kindern muss eine Haushaltsgemeinschaft bestehen, sie müssen zusammen leben und wirtschaften.8 Entscheidend ist, ob das Kind nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen seinen Lebensmittelpunkt im Haushalt seiner Eltern hat.9 So ist eine vorübergehende Abwesenheit (zum Beispiel für einen auswärtigen Schulbesuch, für eine auswärtige Berufsausbildung oder ein auswärtiges Studium) unbeachtlich, wenn die Kinder regelmäßig zurückkehren (zum Beispiel am Wochenende, in den Ferien) und den Willen besitzen, weiter in der Haushaltsgemeinschaft leben zu wollen.10 Nach § 20 SGB XII dürfen Personen, die in eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Das zur eheähnlichen Gemeinschaft in der Grundsicherung für Arbeitsuchende Gesagte gilt auch hier, denn die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind materiell als Sozialhilfe ausgestaltet11 und § 122 BSHG ist inhaltsgleich mit § 20 SGB XII; insoweit ist auch die Rechtsprechung für § 122 BSHG weiterhin gültig ist. AußerFreudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 5; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 26. 5 Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 15; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (177), Rdn. 134; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 27; Globisch, DVP 2000, S. 472 (476); Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 19, Rdn. 18; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 24; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 21; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 26. Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 23. 6 BVerwGE 108, 36 (38); OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33). 7 VG Hamburg, info also 1989, S. 100 (101); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 21; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 29. 8 Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 11. 9 BVerwGE 96, 152 (154); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 20. A.A. ist Schoch, NDV 2002, S. 8 (11), der ein tatsächliches Zusammenleben verlangt. 10 BVerwG, NVwZ 1995, 276; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 20; Schoch, NDV 1984, S. 431 (432). Siehe auch Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (177), Rdn. 134 und S. 431 (440), Rdn. 41. 11 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13. Rdn. 5.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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dem scheint es nicht vertretbar, in steuerfinanzierten Systemen von unterschiedlichen Begriffen ein und derselben gesellschaftlichen Erscheinungsform auszugehen.12 Im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung müssen deshalb die Begriffe der eheähnlichen Gemeinschaft im SGB II und im SGB XII gleich ausgelegt werden. Eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft sind damit als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu definieren.13 Allerdings liegt die Beweislast für das Vorliegen der eheähnlichen Gemeinschaft bei dem Leistungsträger. Sinnvoll und möglich wäre auch hier eine Umkehr der Beweislast. Denn auch hier bestehen aufgrund des Begriffs der eheähnlichen Gemeinschaft oder der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft erhebliche Beweisschwierigkeiten für den Leistungsträger. Eine solche Beweislastumkehr wäre auch verfassungsrechtlich zulässig, wie die Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft gezeigt haben.14 Nicht zur Einsatzgemeinschaft gehören nach § 19 Abs. 4 SGB XII Personen, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil leben und schwanger sind oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreuen. Zweck dieser Regelung ist die Stärkung der Entscheidung einer Minderjährigen für ihr Kind und gegen eine Abtreibung.15 Sie soll die mögliche Konfliktlage zwischen Eltern und der Schwangeren entschärfen. Nicht zur Einsatzgemeinschaft gehören ferner volljährige Kinder oder minderjährige unverheiratete Kinder, deren Einkommen oder Vermögen über ihrem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt. Keine Einsatzgemeinschaft liegt deshalb vor, wenn Eltern, die mit ihren minderjährigen unverheirateten, aber nicht bedürftigen Kindern in einem Haushalt leben, leistungsberechtigt sind. Kinder bilden nur eine Einsatzgemeinschaft mit ihrem leiblichen Elternteil, nicht jedoch mit dem nicht leiblichen Elternteil. Keinen Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt haben auch Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind, soweit kein Härtefall im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII oder ein Sonderfall nach § 22 Abs. 2 SGB XII vorliegt (siehe § 22 SGB XII). Die Regelung stimmt mit derjenigen des § 7 Abs. 5 und Abs. 6 SGB II überein. Nicht zu der Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 Abs. 1 SGB XII gehören auch diejenigen Personen, die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung erhalten (§§ 19 Abs. 2, 43 ff. SGB XII). Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 7. Zeitler, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 20, Rdn. 3; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 6; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 9; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 3; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 8. 14 Siehe dazu Kap. 2, A., I., 2., c), dd), (4), (b). 15 Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 11, Rdn. 3. Ähnlich auch Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 44; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 30; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 15. 12 13

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

II. Hilfebedürftigkeit jedes einzelnen Mitglieds der Einsatzgemeinschaft als weitere Voraussetzung Neben der Zugehörigkeit zum Personenkreis der §§ 19 Abs. 1, 20 SGB XII muss auch die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Einsatzgemeinschaft bestehen. Diese Voraussetzung ist zwar, im Gegensatz zum SGB II, nicht direkt in einer Vorschrift benannt worden, ergibt sich aber aus § 19 Abs. 1 SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können, Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII konkretisiert damit den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII.16 Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII besteht ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich nur dann, wenn zur Bedarfsdeckung nicht ausreichende eigene Mittel zu Verfügung stehen und der Einsatz eigener Kräfte nicht verlangt werden kann. Das Nichtvorhandensein eigener Mittel ist negatives Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, der Hilfesuchende trägt hierfür die materielle Beweislast.17 Es muss demnach Hilfebedürftigkeit vorliegen.18 § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ergänzt § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dahingehend, dass bei getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt nach § 20 SGB XII für die Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Ferner werden im Verhältnis der Eltern (oder des Elternteils) zu ihren Kindern ebenfalls Einkommen und Vermögen gemeinsam berücksichtigt. Der Gesetzgeber geht in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII von der typisierenden Annahme aus, dass zum einen die in der Vorschrift bezeichneten Personen „aus einem Topf“ wirtschaften und die finanzielle Leistungsfähigkeit des einzelnen Mitglieds daher durch die gemeinsamen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zutreffend beschrieben wird und dass zum anderen zwischen den Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft eine so enge Beziehung besteht, dass sie in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen.19 So führt § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dazu, dass das den eigenen Bedarf übersteigende verwertungsfähige Einkommen und Vermögen des einen Mitglieds der Einsatzgemeinschaft bei den mit ihm zusammenlebenden Personen zu berücksichtigen und diese dann gegebenenfalls von der Leistung ausgeschlossen sind. 16 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 7; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 5; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 5. Siehe auch Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 11, Rdn. 12; Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 5. 17 BVerwGE 21, 208 (213); OVG Lüneburg, FEVS 55, 355 (356); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 6. 18 Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 10; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 3. 19 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 20; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 6. Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 17.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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Keine Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten Leistungsberechtigte nach dem SGB II (§ 21 SGB XII) und Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind. Lediglich in besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden (§ 22 SGB XII).20 1. Fehlen eigener Mittel Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft besteht nur, wenn nicht ausreichend Mittel vorhanden sind, um den bestehenden Bedarf zu decken. Mittel sind vor allem Einkommen und Vermögen. Bei der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- oder Leistungserwartung21, die der Sozialhilfeträger bei der Sozialhilfefestsetzung berücksichtigt, obwohl zwischen den Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft in der Regel gesteigerte Unterhaltspflichten bestehen. § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII stellt damit eine die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht im Sinne der §§ 1601 ff. BGB modifizierende oder an deren Stelle tretende Sonderregelung dar, soweit die Ansprüche innerhalb der Einsatzgemeinschaft bestehen.22 Wird die Leistungserwartung allerdings nicht erfüllt, weil zum Beispiel dem Ehegatten der zu berücksichtigende Teil des Einkommens oder das verwertbare Vermögen seines Partners nicht zugutekommt, und leidet dieser Ehegatte Not, so darf der Sozialhilfeträger nicht untätig bleiben und hat Hilfe zu leisten.23 Dies ist aus der allgemeinen Aufgabe der Sozialhilfe (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) abzuleiten.24 Die Anrechnung des Einkommens und Vermögens nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II entspricht damit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz und dem Faktizitätsprinzip, denn nur in Fällen, in denen Unterhaltspflichten bestehen oder gemeinsam gewirtschaftet wird, ist die tatsächliche Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs gegeben.25 20 Da die Regelung des § 22 SGB XII mit der des § 7 Abs. 5 und 6 SGB II nahezu identisch ist, kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden, siehe Kap. 2, A., I., 5., b). 21 OVG Lüneburg, FEVS 55, 355 (358); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 8; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 20; ders., NDV 2002, S. 8 (10); ders., ZfF 2004, S. 169 (170). Siehe auch BVerwGE 25, 307 (310); VGH Kassel, FEVS 34, 19 (22); VGH Mannheim, FEVS 42, 284 (287); VG Hamburg, info also 2003, S. 160 (161); Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 21. Ähnlich auch Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 3.1., 8.2. 22 VGH Mannheim, FEVS 49, 201 (203). Siehe auch Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 30. 23 OVG Lüneburg, FEVS 34, 464 (465); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 15. Siehe auch Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 8 und 25. 24 OVG Lüneburg, FEVS 34, 464 (465 f.); Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 23 a. 25 Siehe auch Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 95; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 20. In den anderen Fällen hat § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II keine eigen-

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Weitere Mittel und Möglichkeiten der Bedarfsdeckung sind die Erschließung eigener Hilfsquellen wie zum Beispiel die Aktivierung eigener Kräfte, Untervermietung nicht benötigten Wohnraums und vor allem der vorrangige Einsatz von Arbeitskraft.26 a) Einsatz von Einkommen und Vermögen Der Hilfebedürftige hat somit sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, um seine Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Aus der Bedarfsorientierung des notwendigen Lebensunterhalts einerseits und dem Bedürftigkeitsprinzip als Konsequenz des Nachrangs andererseits resultiert die Praxis der Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs.27 Dem individuell zu ermittelnden Bedarf sind das einzusetzende Einkommen28 (§§ 82 ff. SGB XII) und das Vermögen29 (§§ 90 ff. SGB XII) gegenüberzustellen. Der Leistungsberechtigte kann aber nur auf den Einsatz von Einkommen und Vermögen verwiesen werden, wenn ihm diese auch als bereite Mittel zur Verfügung stehen30, insbesondere muss auch das Vermögen verwertbar sein (siehe § 90 ständige Bedeutung mehr neben der widerlegbaren Vermutung der Bedarfsdeckung aus § 36 SGB XII. 26 Die Aufnahme eines Kredites ist auch eine Selbsthilfemöglichkeit, wenn dieser in angemessener Zeit ohne Beeinträchtigung des sozialhilferechtlich gewährleisteten Lebensunterhalts abgetragen werden kann. Doch scheidet die Verweisung auf die Möglichkeit einer Darlehensaufnahme dann aus, wenn durch den Darlehensbezug eine vorhandene Sozialhilfebedürftigkeit nicht beseitigt, sondern verschleiert wird, siehe BVerfGE 27, 58 (59). A.A. ist Schwabe , Kap. 3, 3.3, S. 120, der eine solche Einschränkung nicht macht. 27 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 4. 28 Siehe Kap. 2, A, II., 2., a) zu den Ausführungen zum Einkommensbegriff des SGB II. Zu der Zuflusstheorie siehe BVerwGE 108, 296 (299) unter Aufgabe der Identitätstheorie. Siehe auch BVerwG, NJW 2004, S. 2608. Zustimmend äußern sich Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 12; Gottschick / Giese, BSHG, § 76, Rdn. 5.1.; Haubelt, Rdn. 91; Karmanski, in: Jahn, SGB XII, § 82, Rdn. 6; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 93; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 7; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 76, Rdn. 6; Paul, ZfF 1998, S. 198 (200); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 14, S. 22; Sauer, NDV 1999, S. 317 (320); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 88, Rdn. 16; Schoch, Sozialhilfe, B, 4.1.1, S. 256; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 82 SGB XII, Rdn. 8; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 76, Rdn. 11. Kritisch äußert sich Brühl, in: LPK-BSHG, § 76, Rdn. 10 ff. Bedarfszeitraum ist der jeweilige Kalendermonat, siehe BVerwG, NJW 2004, S. 2608; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (437), Rdn. 32; Karmanski, in: Jahn, SGB XII, § 82, Rdn. 7; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 76, Rdn. 4; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 12; Sauer, NDV 1999, S. 317 (318 f.); Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 277. Kritisch Brühl, in: LPK-SGB XII, § 82, Rdn. 6 f. 29 Zum Begriff des Vermögens siehe Kap. 2, A., II., 2., b). 30 BVerwGE 67, 163 (166); BGH, FamRZ 1999, S. 843 (845); Brühl, in: LPK-SGB XII, § 2, Rdn. 8; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 26, 94; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 97; Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 19, Rdn. 8; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 9; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 277; Seidel, in: Oestreicher / Decker,

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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Abs. 1 SGB XII). Entscheidend ist die tatsächliche Lage des Leistungsberechtigten. Bei rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen stehen dem Leistungsberechtigten keine bereiten Mittel zur Selbsthilfe zur Verfügung.31 Bestehende Ansprüche müssen kurzfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit realisiert werden können, um als bereite Mittel zu gelten.32 Vermögen ist allerdings auch dann verwertbar, wenn es zwar nicht sofort verwertbar ist, die Verwertbarkeit aber zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten ist, wie zum Beispiel bei einer Spareinlage, über die erst nach Einhaltung einer Kündigungsfrist verfügt werden kann.33 Unerheblich ist auch, ob die Mittel aufgrund rechtlicher Verpflichtung oder aufgrund sittlicher Pflicht gewährt werden. Es kommt nur darauf an, dass sie dem Leistungsberechtigten zufließen.34 Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen ist – wie bei der Bedarfsgemeinschaft – bei Ehegatten, Lebenspartnern und Partnern einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft eine „Zweibahnstraße“, hier sind das Einkommen und Vermögen des einen jeweils bei dem anderen zu berücksichtigen. Bezogen auf die minderjährigen unverheirateten Kinder ist die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eine „Einbahnstraße“, nur Einkommen und Vermögen der Eltern dürfen bei den Kindern berücksichtigt werden und nicht umgekehrt.35 Dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, dem Lebenspartner oder dem Partner der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ist es zwar zuzumuten, die Mittel für eine Hilfe zugunsten seines Partners aufzubringen, dies besagt aber nicht, dass der nicht leistungsberechtigte Ehegatte oder Partner gegenüber dem Sozialhilfeträger verpflichtet ist, sein Einkommen und Vermögen einzusetzen. Die gesetzliche Regelung ermächtigt den Sozialhilfeträger nicht, die Leistung zu erzwingen.36 Sie besagt lediglich, dass dem Leistungsberechtigten diese Hilfe nicht gewährt wird, wenn sein nicht getrennt lebender Ehegatte, Lebenspartner oder eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher SGB XII, § 19, Rdn. 16; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 82 SGB XII, Rdn. 12; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 6. 31 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 11; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 9; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 82 SGB XII, Rdn. 12. 32 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 11; Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 16; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 4. 33 Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 317. 34 BGH, ZfSH 1980, S. 210 (212); Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.8; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 12; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 10. Siehe auch BVerwGE 20, 188 (191). 35 Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 199; ders., in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 27; ders., info also 1995, S. 133 (136); ders., ZfF 2004, S. 169 (174). Siehe auch Schwabe, Kap. 5, 5.1.1, S. 164; Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 37. 36 BVerwGE 70, 278 (282).

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Partner zumutbar einzusetzendes Einkommen und Vermögen hat. Der Partner wird also nicht selbst in die Hilferegelung einbezogen. Empfänger der Hilfe ist nur, wer sachlich-rechtlicher Inhaber des Anspruchs gegenüber dem Sozialhilfeträger ist, also der Leistungsberechtigte, dem die Leistung selbst zugedacht ist, nicht aber dasjenige Mitglied der Einsatzgemeinschaft, dessen Einkommen ausreicht, um seinen eigenen laufenden Bedarf, nicht aber den der anderen Mitglieder, zu decken.37 Problematisch werden kann die Regelung des § 19 Abs. 1 SGB II im Rahmen des § 43 Abs. 1 SGB XII. In § 19 Abs. 1 SGB XII einbezogen sind die gemeinsamen minderjährigen Kinder. Das kann zu Schwierigkeiten führen, wenn in einem Familienverband ein Ehepartner dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, der andere Erwerbseinkommen bezieht und beide ein leistungsberechtigtes Kind haben. Nach der Regelung des § 43 Abs. 1 SGB XII müsste der erwerbstätige Ehepartner das Einkommen, das seinen eigenen Bedarf übersteigt, nur für den anderen Ehepartner einsetzen. Aus Sicht des leistungsberechtigten Kindes gilt aber § 19 Abs. 1 SGB XII. Hier wäre das Einkommen des Elternteils auch für das Kind einzusetzen. § 19 Abs. 1 SGB XII und § 43 Abs. 1 SGB XII sind also nicht gut aufeinander abgestimmt.38 Spätestens seit der Einordnung der Grundsicherung in die Sozialhilfe wird man davon ausgehen müssen, dass beide Regelungen anwendbar sind, und zwar § 19 Abs. 1 SGB XII im Verhältnis zum Kind und § 43 Abs. 1 SGB XII im Verhältnis zum Ehepartner. Damit gelangt man im Ergebnis zu einer Aufteilung des bedarfsüberschreitenden Betrags auf Ehepartner und Kind.39

b) Umfang des Einsatzes § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII führt lediglich aus, dass Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner ebenso wie das Einkommen und Vermögen der Eltern oder eines Elternteils eines minderjährigen unverheirateten Kindes gemeinsam zu berücksichtigen sind, sagt aber nichts darüber aus, in welchem Umfang dies zu geschehen hat. Einkommen sind nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme von Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und Gesetzen, die eine entsprechende Anwen37 BVerwG, FEVS 43, 268 (271); 43, 441 (443); 48, 352 (353); Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (69); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 21; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 83; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 13, 16. Siehe auch Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 3.1. Derjenige, der seinen Bedarf decken kann, bleibt somit Mitglied der Einsatzgemeinschaft, so dass ihm der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt nicht zugute kommt; es muss auch für dieses Mitglied eine normale Bedarfsberechnung erfolgen, siehe Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 24. 38 Anders zum Grundsicherungsgesetz noch Lutter, ZfSH / SGB 2003, S. 131 (132). 39 Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (207).

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dung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Nach § 82 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit der zugehörigen Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII sind vom Einkommen abzusetzen: die darauf zu entrichtenden Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen, soweit sie entweder gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben sowie Leistungen nach § 43 Satz 4 SGB IX. Im Einzelfall sind also die konkreten Beträge vom Bruttoeinkommen abzusetzen. Lediglich das so um die vom Gesetzgeber genannten Werte verminderte Einkommen (Nettoeinkommen40) kann eingesetzt werden. Ferner ist ein Freibetrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit des Leistungsberechtigten vom Leistungsträger abzusetzen. Der Freibetrag nach § 82 Abs. 3 SGB XII ist damit bei der Bedürftigkeitsprüfung stets zu berücksichtigen. Dafür ist nicht Voraussetzung, dass der Einkommensbezieher bereits ohne diese Absetzung Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Der Betrag ist auch dann abzusetzen, wenn nicht der Einkommensbezieher selbst, sondern ein anderes Mitglied der Einsatzgemeinschaft, bei dem das Einkommen zu berücksichtigen ist, der Hilfe bedarf. Das verlangt die vom Gesetzgeber dem Absetzungsbetrag zugeschriebene Anreizfunktion, einer Erwerbstätigkeit (weiterhin) nachzugehen und zu versuchen, sich aus der Sozialhilfe zu lösen.41 Kindergeld ist nach der Zurechnungsregelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII Einkommen des Kindes, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird.42 Das dem Kind zugerechnete Kindergeld wirkt sich einkommensmindernd auf das Einkommen des Kindergeldberechtigten aus.43 Bei volljährigen Kindern ist das Kindergeld somit als Einkommen der Eltern anzusehen.44 Kindergeld meint sowohl die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.9.1. (1), S. 219. Siehe OVG Lüneburg, FEVS 54, 382 (383); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 30; Sauer, NDV 1999, S. 176. 42 Zur Verteilung des Kindergeldes bei mehreren Kindern siehe Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 30 ff. 43 BVerwGE 60, 6 (9); Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 82 SGB XII, Rdn. 20. Das auf sämtliche Kinder entfallende Kindergeld wird nach Köpfen verteilt. Sollte bei einem oder mehreren Kindern das Kindergeld größer sein als der ungedeckte Bedarf, muss in einem weiteren Schritt eine weitere Pro-Kopf-Verteilung auf die übrigen Kinder mit noch ungedecktem Bedarf erfolgen. Erst wenn für kein Kind mehr ungedeckter Bedarf vorhanden ist, kann das Kindergeld auch zur Bedarfsdeckung der anspruchsberechtigten Person herangezogen werden, siehe Haubelt, Rdn. 91. 44 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 30. Siehe auch BVerwG, FEVS 53, 113 (114); OVG Lüneburg, FEVS 48, 527; OVG Koblenz, FEVS 54, 45 (47 ff.); OVG Hamburg, FEVS 54, 77 (79); VGH München, FEVS 55, 557; 56, 37 (39). 40 41

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als auch diejenigen nach §§ 31, 62 EStG. Die Regelung des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII löst damit die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts45 und die darauf beruhende Verwaltungspraxis der Sozialämter ab, wonach das Kindergeld in der Regel bei dem Elternteil als Einkommen anzurechnen war, der infolge der Trennung auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen im Rahmen einer Einsatzgemeinschaft für sich und für das Kind angewiesen war, und wonach es nur dann Einkommen des Kindes war, wenn der Kindergeldberechtigte es zweckorientiert durch einen weiteren Zuwendungsakt an das Kind weitergab.46 Die Zurechnung des Kindergeldes beim minderjährigen Kind, das typischerweise in einem gemeinsam wirtschaftenden Familienhaushalt lebt, hat zum Ziel, die Sozialhilfebedürftigkeit vieler Kinder zu beseitigen.47 Der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass der Kindergeldberechtigte das Kindergeld, das in der Regel an ihn geleistet wird, an das Kind weitergibt, auch wenn es sich um den Teil des Kindergeldes handelt, der einer monatlichen Steuerrückvergütung entspricht. Wird das Kindergeld allerdings nicht zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Kindes benötigt, ist es als Einkommen der Eltern oder des Elternteils anzusehen. Dies entspricht auch dem Gedanken des § 31 Satz 2 EStG, denn danach dient das Kindergeld nur der Förderung der Familie, soweit es für das Existenzminimum oder die steuerliche Freistellung des Existenzminimums (siehe § 31 EStG) des Kindes nicht erforderlich ist. Vermögen muss nur dann zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden, wenn es nicht von der Verwertung ausgeschlossen ist. Verwertbar ist das Vermögen, wenn ein Verkehrswert erzielt werden kann.48 Dabei spielt es keine Rolle, ob das von der Verwertung ausgenommene Vermögen bei der die Leistungen begehrenden Person oder bei seinem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, Lebenspartner oder eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partner oder bei den Eltern eines minderjährigen unverheirateten Kindes vorhanden ist.49 Welches Vermögen nicht verwertet werden darf und damit auch nicht zu einem Ausschluss der Leistungen zum Lebensunterhalt führen kann, ergibt sich aus § 90 Abs. 2 SGB XII. Dabei ist teilweise das Vorliegen einer Einsatzgemeinschaft zu beachten. Der Familie ist nach § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB II ein angemessener Hausrat zu belassen, der sich an den bisherigen Lebensverhältnissen orientiert. Ferner ist nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in der Einsatzgemeinschaft lebenden Person bewohnt wird, von der Verwertung ausgenommen. Dabei richtet sich die Angemessenheit aber nach der Zahl der Bewohner und nicht nur nach der Zahl der Mitglieder der Einsatz45 BVerwGE 60, 6 (9); 60, 18 (22 f.); 94, 326 (328); 114, 339 (340 f.). BVerwG, NVwZ 1986, S. 382; NJW 2004, S. 2541 (2541 f.). Siehe auch VGH München, FEVS 56, 37 (39); OVG Bautzen, FamRZ 1998, S. 1069 (1071). 46 Rust, FamRB 2005, S. 27 (30). 47 BT-Drs. 15 / 1514, S. 65 zu § 77 SGB XII-E (jetzt § 82 SGB XII). 48 Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 207. 49 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 25; ders., ZfF 2004, S. 169 (173).

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gemeinschaft. Besondere Berücksichtigung findet die Einsatzgemeinschaft bei der Verwertung kleinerer Barbeträge und Geldwerte (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII). Übersteigt danach das Vermögen des einen Ehegatten (oder eheähnlichen Partners) oder Lebenspartners (oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partners) den bei ihm von der Verwertung ausgenommenen Betrag von 1600 Euro, so ist er nicht leistungsberechtigt. Da aber für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (oder eheähnlichen Partner) oder Lebenspartner (oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partners) nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ein weiterer Freibetrag von 614 Euro hinzukommt, sind dann 2214 Euro von der Verwertung ausgenommen, ohne Rücksicht darauf, ob es dem einen oder dem anderen Ehegatten (oder eheähnlichen Partner) oder Lebenspartner (oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partner) zuzuordnen ist. Gleiches gilt auch für die mit ihren minderjährigen unverheirateten Kindern in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern oder Elternteile (siehe § 1 Abs. 1 Nr. 3 DVO). Ferner darf nach § 90 Abs. 3 SGB XII Vermögen nicht eingesetzt werden, wenn dies für die nachfragende Person eine Härte bedeuten würde. Berücksichtigungsfähig sind ferner nur Einkommen und Vermögen des nicht leistungsberechtigten Partners oder Elternteils, wenn sie den Betrag übersteigen, den der Einsatzpflichtige benötigt, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Denn dieser Bedarf bildet sein Existenzminimum, anderenfalls würde er selbst sozialhilfebedürftig. Eine andere Auslegung und Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII verstieße gegen das Grundrecht auf Achtung und Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), weil sie denjenigen, der sich selbst helfen kann (§ 2 Abs. 1 SGB XII), verpflichte, seine Mittel für andere einzusetzen, mit der Folge, dass er dadurch selbst mittellos würde und auf staatliche Hilfe angewiesen wäre.50 Dies wäre mit der Pflicht des Staates unvereinbar, dem Bürger von seinem selbst erzielten Einkommen zumindest das zu belassen, was er dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stellt.51 Der selbst nicht leistungsberechtigte Teil der Einsatzgemeinschaft ist somit nicht Leistungsberechtigter, die Vorschriften des SGB XII sind nicht auf ihn anzuwenden.52 Dem nicht leistungsberechtigten Mitglied der Einsatzgemeinschaft ist also ein Selbstbehalt zu belassen; dies ist aber nicht der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt53. Zwar bestehen zwischen Ehegatten, Lebenspartnern und Eltern gegen50 BVerwGE 108, 36 (38); BSG, FamRZ 1985, S. 379 (380); BGH, NJW 1991, S. 356; VG Hamburg, info also 2003, S. 160 (160 f.); Hampel, FamRZ 1996, S. 513 f.; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 22; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 28; ders., NDV 2002, S. 8 (13). 51 BVerwGE 108, 36 (38); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 27. 52 Siehe BVerwG, FEVS 43, 268 (271); OVG Lüneburg, FEVS 38, 145 (146); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (438), Rdn. 38; Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 3.1.; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 24.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

über ihren Kindern gesteigerte Unterhaltspflichten, der Grund für die Einsatzgemeinschaft ist jedoch nicht das bloße Bestehen von Unterhaltspflichten, sondern die Vermutung der tatsächlichen Erfüllung dieser Pflichten; die öffentlich-rechtliche Bedarfsdeckungs- und Leistungserwartung ist etwas anderes als die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht.54 Das nicht leistungsberechtigte Mitglied hat also nur einen Selbstbehalt in Höhe seines Bedarfs. Einkommen und Vermögen, das den Bedarf des Mitglieds der Einsatzgemeinschaft übersteigt, wird damit, unbeschadet der zivilrechtlichen Bestimmungen des Unterhaltsrechts, wie das Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten selbst angesehen.55 Zum Bundessozialhilfegesetz wurde erwogen, von dem Einkommen des nicht leistungsberechtigten Mitglieds der Einsatzgemeinschaft eine Pauschale56 zur Deckung seiner einmaligen Bedarfe abzuziehen, wenn es um die Prüfung ging, ob den anderen Mitgliedern laufende Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren war.57 Dies wurde damit begründet, dass es einmalige Leistungen, wie die Bekleidungspauschale, gab, die allen Hilfeempfängern als monatliche oder auf Monate umgerechnete Pauschale gezahlt wurden und somit auch bei dem nicht leistungsberechtigten Mitglied der Einsatzgemeinschaft berücksichtigt werden mussten.58 Da aber die Regelsätze im neuen Recht zum großen Teil die früheren einmaligen Bedarfe enthalten, kann der Abzug einer Pauschale nicht mehr gerechtfertigt werden.59 Gegen die Abziehung einer Pauschale spricht außerdem, dass § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB XII Ansprüche auf einmalige Leistungen auch solchen Leistungsberechtigten zuerkennt, die einen Anspruch auf laufende Leistungen nicht haben. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass Mitglieder der Einsatzgemeinschaft hiervon ausgeschlossen werden sollten.60 Die drei Ausnahmefälle der einmaligen Leistungen, die nach 53 Siehe VGH Mannheim, FEVS 49, 201 (203); OVG Greifswald, FEVS 51, 465 (467); VGH München, FEVS 53, 550 (553); OVG Lüneburg, FEVS 55, 355 (358); OVG Greifswald, NJ 2000, S. 499; VG Hamburg, info also 2003, S. 160 (161); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 7, 19; Schoch, in: LPKBSHG, § 11, Rdn. 11; ders., NDV 2002, S. 8 (10); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 24. 54 Flint, NJ 2000, S. 500; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 21; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 28; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 18. 55 Siehe Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 14. 56 Meist in Höhe von 15 Prozent des maßgebenden Regelsatzes. 57 VG Hamburg, info also 2003, S. 160 (161); Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 29; ders., NDV 2002, S. 8 (13); ders., info also 2003, S. 147 (148); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 24. A.A. sind OVG Lüneburg, FEVS 48, 170 (171); Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 23. 58 Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 29; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 24. 59 A.A. ist Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 35. 60 Siehe OVG Lüneburg, FEVS 48, 170 (171); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 29.

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§ 31 SGB XII auch im neuen Recht noch erbracht werden, treten eher selten auf und eignen sich deshalb nicht zur pauschalen Berücksichtigung. Wenn das Mitglied der Einsatzgemeinschaft, das wegen eigener Bedarfsdeckung keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hat, aber einen solchen einmaligen Bedarf geltend macht, ist der Sozialhilfeträger allerdings verpflichtet, den für diesen Bedarf erforderlichen Einkommensanteil nicht für den Bedarf der anderen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft zu veranschlagen.61 Die Höhe des dadurch nicht berücksichtigten Einkommens darf aber die Summe nicht übersteigen, die dem vom Sozialamt anerkannten Bedarf eines Sozialhilfeberechtigten entspricht.62 Bei einem unaufschiebbaren Bedarf ist es danach angezeigt, diesen vor seiner Deckung durch den Haushaltsangehörigen dem Sozialamt mitzuteilen, damit sowohl der Selbstbehalt als auch die Sozialhilfe an den Leistungsberechtigten entsprechend erhöht wird.63

c) Verteilung des Überschusses § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII legt nicht fest, nach welchen Kriterien das den individuellen Bedarf des einzelnen Mitglieds der Einsatzgemeinschaft übersteigende Einkommen und / oder Vermögen auf die übrigen Mitglieder zu verteilen ist. Unproblematisch ist die Frage, wenn kein oder nur geringes Einkommen vorhanden ist und kein Mitglied der Einsatzgemeinschaft seinen Bedarf decken kann, oder die Summe aller Einkommen und / oder Vermögen die Summe aller Bedarfe übersteigt. Kann aber ein Mitglied der Einsatzgemeinschaft seinen eigenen Bedarf durch Einkommen und / oder Vermögen decken, reicht der Überschuss aber nicht aus, um die restlichen bestehenden Bedarfe der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft zu decken, so stellt sich zwangsläufig die Frage, wie dieser Überschuss zu verteilen ist und welches Mitglied dadurch seine Hilfebedürftigkeit „verliert“.64 Es werden verschiedene Verteilungsmethoden65 diskutiert:

61 Atzler, Anmerkung zu OVG Lüneburg, info also 1998, S. 84, info also 1998, S. 84 (85); Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 29; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 29; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 27. 62 Atzler, Anmerkung zu OVG Lüneburg, info also 1998, S. 84, info also 1998, S. 84 (85); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 23. 63 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 23. A.A. ist Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 53, der einen Zuschlag von 5 bis 10 Prozent für einmalige Bedarfe berücksichtigen will. 64 Diese Frage stellt sich demgegenüber nicht, wenn der Einzelanspruch in § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verneint wird und von einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen wird, denn dann wird eine globale Berechnung des Bedarfs vorgenommen und das Einkommen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft davon abgezogen. 65 Für Rechenbeispiele hinsichtlich der einzelnen Methoden siehe Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (476).

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aa) Kaskadenmodell Nach dem Kaskadenmodell wird zunächst einer bedürftigen Person so viel aus dem Einkommens- und Vermögensüberschuss angerechnet, bis die Person nicht mehr leistungsberechtigt ist. Sofern danach weiterer Einkommens- und Vermögensüberschuss verbleibt, wird der Vorgang bei möglichst vielen Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft bis zur vollen Anrechnung des gesamten übersteigenden Einkommens und Vermögens wiederholt.66 Ein solches Verfahren ist aber mit dem Grundsatz des individuellen Leistungsanspruchs auf Sozialhilfe (§ 9 SGB XII) nicht in Einklang zu bringen, da es das Bestehen und den Umfang eines sozialhilferechtlichen Anspruchs von der Entscheidung der Sozialhilfebehörde abhängig macht, welches Mitglied der Einsatzgemeinschaft sie in welcher Rangfolge in die Berechnung einstellen will.67 Ohne Berücksichtigung des abgestuften Regelsatzsystems wird die möglichst hundertprozentige Bedarfsdeckung einzelner Haushaltsmitglieder angestrebt, um diese von Sozialhilfe freizustellen, ohne das eine Rechtfertigung der Bevorzugung einzelner gegenüber den anderen Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft ersichtlich ist.68 Dieses Modell ist ebenso ungeeignet, die Höhe der dem einzelnen Mitglied der Einsatzgemeinschaft gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt zu ermitteln, wenn es zur Wiederherstellung des Nachrangverhältnisses kommen sollte.69 Ferner führt es dazu, dass ein Bedarf, der zu einmaligen wirtschaftlichen Beihilfen bei einem vorrangig Berücksichtigten führt, die Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs und damit des sozialhilferechtlichen Anspruchs eines nachrangig Berücksichtigten berührt.70 Durch das Kaskadenmodell werden willkürlich Mitglieder der Einsatzgemeinschaft zu Leistungsberechtigten des SGB XII gemacht71, so dass es abzulehnen ist.

bb) Kopfteilslösung Nach der Kopfteilslösung wird der Einkommensüberschuss zu gleichen Teilen auf die übrigen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft verteilt. Ergibt sich dadurch bei einem Mitglied ein Einkommensüberschuss, muss der Verteilungsvorgang bei den übrigen Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft wiederholt werden.72 Für diese So vertreten von Schoch, ZfS 1989, S. 297 (303). OVG Schleswig, info also 2002, S. 129 (130). 68 Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (71); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (476 f.). 69 Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (203). 70 OVG Schleswig, info also 2002, S. 129 (130). 71 Kolakowski / Schwabe, ZfF 1995, S. 241; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 24; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 33; Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477). 72 OVG Schleswig, info also 2002, S. 129 (130); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 18; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 30; Nees / Neubig / Zuodar, Sozialhilfe, S. 99; Ost / Mohr / Estelmann, E, V, 1, a, aa, S. 379. 66 67

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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Lösung spricht, dass unter dem Aspekt, dass sich das Maß der Sozialhilfe unter anderem nach den Besonderheiten des Einzelfalls richtet (§ 9 Abs. 1 SGB XII) – in sachgerechten Grenzen – eine generalisierende, pauschalisierende Regelung nicht ausgeschlossen ist.73 Auch das Bundesverwaltungsgericht hat eine Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft nach Anzahl der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft in der Regel als sachgerecht und damit als rechtlich unbedenklich angesehen.74 Von anderen Argumenten vermag diese Lösung aber nicht gestützt zu werden.75 Gegen sie spricht, dass es zu einer Bedarfsdeckung über 100 Prozent kommen kann, die dann erst in einem weiteren Rechenschritt auf die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft zu verteilen ist, bei denen eine Unterdeckung vorliegt.76 Die Kopfteilslösung ist deshalb ebenfalls abzulehnen.

cc) Verhältnis- oder Prozentlösung Nach der Verhältnis- oder Prozentlösung erfolgt die Verteilung des Einkommens- und Vermögensüberschusses entsprechend dem prozentualen Anteil des nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Bedarfs des Einzelnen zum nicht durch Einkommen gedeckten Bedarf aller Mitglieder der Einsatzgemeinschaft.77 Jeder Bedürftige erhält also einen gleich großen Prozentanteil am Überschuss.78 Für sie spricht die verhältnisgerechte Überschussverteilung entsprechend der individuellen Bedarfsunterdeckung in der Familiengemeinschaft. Nur sie nimmt die familiengerechten Regelsätze zum Ausgangspunkt der Ermittlung des Anteils jedes leistungsberechtigten Familienmitglieds an der Gesamtsumme der Unterdeckung, um dann eine verhältnismäßige Beteiligung am Einkommensüberschuss zu ermöglichen. Somit ist das abgestimmte System der Regelsätze maßgeblich für die Verteilung des Einkommensüberschusses. Für diese Lösung sprechen auch verwaltungspraktische und prozessrechtliche Gesichtspunkte. Durch die rechnerische Koppelung von Bedarf und Überschuss kommt es zu keiner Bedarfsdeckung über 100 Prozent wie bei der Kopfteilslösung. Außerdem wird die Bestimmung der Aktivlegitimation des Widerspruchsführers oder Klägers erheblich erleichtert, denn Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (203). BVerwGE 79, 17 (20). Siehe auch OVG Hamburg, FEVS 54, 473 (474 f.); Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (71); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (203). 75 Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (72); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477). 76 Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (204). 77 So vertreten von Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (72); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (439), Rdn. 51; Kolakowski / Schwabe, ZfF 1995, S. 241 (244); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 35; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 24; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 33; ders., info also 1997, S. 107 (108); ders., NDV 2002, S. 8 (13); ders., ZfF 2004, S. 169 (173); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (204); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 36. 78 Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (70). 73 74

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infolge der rechnerisch stattfindenden Koppelung des gesamten Bedarfs an den vorhandenen Gesamtüberschuss gelingt nur in den seltensten Fällen eine hundertprozentige Bedarfsdeckung. Ferner lässt sich bei der Prozentlösung auch das Nachrangverhältnis – und damit die Höhe der an das einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft geleisteten Hilfe zum Lebensunterhalt – problemlos wiederherstellen.79 Sie entspricht auch den bürgerlich-rechtlichen Regelungen zur Verteilung im Mangelfall.80 Die Verhältnis- oder Prozentlösung ist deshalb für die Verteilung des Einkommens- und Vermögensüberschusses am besten geeignet.

2. Fehlen eigener Kräfte Der Leistungsberechtigte hat jedoch nicht nur seine eigenen Mittel und die seiner Einsatzgemeinschaft einzusetzen, um seine Bedürftigkeit zu vermeiden, sondern auch seine eigenen Kräfte (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Damit ist insbesondere der Einsatz von Arbeitskraft gemeint. Vom SGB XII werden jedoch nur noch Personen erfasst, die erwerbsgemindert sind und bei denen Restleistungsvermögen für eine Erwerbstätigkeit von bis zu drei Stunden besteht oder die aus anderen Gründen nicht erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit § 8 SGB II sind. Diesen Personen kann der Einsatz ihrer Arbeitskraft nur begrenzt zugemutet werden (siehe § 11 Abs. 4 Nr. 1 SGB XII), so dass der Einsatz der eigenen Kräfte des Leistungsberechtigten in der Regel nicht zur vollen Bedarfsdeckung ausreichen wird. Die Wendung „aus eigenen Kräften und Mitteln“ berechtigt den Sozialhilfeträger nicht, die Leistungen einzustellen, wenn der Leistungsberechtigte nicht bereit ist, zumutbare Arbeit zu leisten. Dies gilt nicht nur angesichts des Umstandes, dass für erwerbsfähige Hilfebedürftige ohnehin nicht mehr das Leistungssystem des SGB XII, sondern das des SGB II vorgesehen ist. Vielmehr sind die Sanktionen für Leistungsberechtigte, die die Aufnahme einer Tätigkeit oder die Teilnahme an einer erforderlichen Vorbereitung verweigern, spezialgesetzlich in § 39 SGB XII geregelt.81 Das schließt die Versagung der Hilfe unter Berufung auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des allgemeinen § 19 Abs. 1 SGB XII aus.82

79 Alber-Noack, ZfS 1996, S. 65 (72); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (477); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (204). 80 Münder, in: LPK-SGB XII, § 94, Rdn. 13; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 33; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 30; ders., ZfF 2004, S. 169 (173); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471. 81 Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 9. Siehe dazu Kap. 2, A., II., 2., wo das gleiche Problem im SGB II besteht. 82 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 10.

A. Einfachgesetzliche Regelungen zur Einsatzgemeinschaft

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3. Vorrangigkeit der Hilfe anderer Nicht nur das Vorhandensein von Einkommen und Vermögen und die Möglichkeit der Selbsthilfe stehen der Hilfebedürftigkeit entgegen; der Betroffene ist auch dann nicht hilfebedürftig, wenn er die Hilfe von anderer Seite erhält. Es sind also auch Verpflichtungen anderer, die im Rang vor den Leistungen des Sozialhilfeträgers zu berücksichtigen sind, seine Leistungspflicht ausschließen oder mindern oder ihn lediglich vorleistungspflichtig machen. Verpflichtung anderer meint dabei insbesondere solche von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen. Der Begriff der Angehörigen in § 2 Abs. 1 SGB XII bezieht sich zwar hier auch auf verwandtschaftliche und vergleichbare Beziehungen, er ist aber nicht nur im Rechtssinne zu verstehen, sondern wird auch anhand der tatsächlichen Verhältnisse bestimmt. Der Begriff „andere“ in § 2 Abs. 1 SGB XII als Allaussage erfasst auch die Angehörigen, unabhängig davon, ob dieser Begriff eng oder weit ausgelegt wird.83 Gemeint sind also tatsächliche oder auf privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen beruhende Leistungen Dritter.84 Bei den tatsächlichen Leistungen anderer spielt es keine Rolle, ob die Leistungen aufgrund einer gesetzlichen, vertraglichen oder sittlichen Verpflichtung erbracht werden, sondern nur, ob die Notlage ganz oder teilweise beseitigt wird.85 Als privatrechtliche Leistungsverpflichtungen kommen insbesondere Unterhaltsverpflichtungen86 und Verpflichtungen zur Zahlung von Arbeitsentgelt in Betracht. Öffentlich-rechtliche Leistungsverpflichtungen sind die Leistungsverpflichtungen anderer Sozialleistungsträger87. Die Regelung des § 2 Abs. 1 SGB XII dient vor allem der Klarstellung, denn der Sozialhilfeträger muss in vielen Fällen in Vorleistung treten, weil ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger nicht leistet. Sie stellt damit ein Instrumentarium zur Herstellung der von der Rechtsordnung gewollten Rangfolge zur Verfügung.88 Ergänzung erfährt § 2 Abs. 1 SGB XII durch § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, wonach die Sozialhilfe auch nachrangig gegenüber Ermessensleistungen anderer ist. Dadurch soll verhindert werden, dass andere öffentliche Stellen die 83 Freitag, § 7, Rdn. 2 f. Siehe auch Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 2 SGB XII, Rdn. 3. 84 Fichtner, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 2 SGB XII, Rdn. 3; Freitag, § 4, Rdn. 2; Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.1. (1), S. 109. 85 Haubelt, Rdn. 30; Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.2.2., S. 112; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 21; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 2 SGB XII, Rdn. 15. Die Mittel der Selbsthilfe müssen zeitlich mit dem Hilfebedarf zusammentreffen und auch tatsächlich zur Verfügung stehen, also rechtzeitig für die Bedarfsdeckung verwertbar sein, vgl. Kap. 1, C., II., 4. 86 Hier kommen aber nur Unterhaltsansprüche in Betracht, die auch der Sozialhilfeträger auf sich überleiten kann, siehe § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. 87 Bestehen Streitigkeiten zwischen den beiden Leistungsträgern, hat die Einigungsstelle nach §§ 44a, 45 SGB II zu entscheiden. Leistungsverpflichtungen können zum Beispiel Wohngeld, Kindergeld, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder Unterhaltsvorschüsse sein. 88 Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.2.3., S. 112.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Gewährung von Ermessensleistungen, die auf Rechtsvorschriften beruhen, verweigern, indem sie auf die Sozialhilfe und deren Hilfeleistungen verweisen.89

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Einsatzgemeinschaft Im Anschluss an die Darstellung der einfachgesetzlichen Vorgaben für die Einsatzgemeinschaft stellt sich weiter die Frage, ob § 19 Abs. 1 SGB XII der Verfassung entspricht, also die Gleichstellung der dort genannten Gruppen und die Einkommens- und Vermögensberücksichtigung mit Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 GG in Einklang stehen. Denn nur wenn die Vorschriften verfassungsgemäß sind, können – wie bei der Bedarfsgemeinschaft – aus der Feststellung Folgen abgeleitet werden. In Bezug auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Einsatzgemeinschaft kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft des SGB II verwiesen werden. Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft. Die Gleichstellung von Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft, eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG), wenn die Gemeinschaften als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft verstanden werden. Verweis des minderjährigen unverheirateten Kindes auf Einkommen und Vermögen seiner Eltern. Der Verweis des minderjährigen unverheirateten Kindes, das dem Haushalt der Eltern angehört, auf Einkommen und Vermögen seiner Eltern ist mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Die angeordnete Berücksichtigung der Mittel der Eltern kann keine Benachteiligung der Familie sein, weil die Familie der Ort des Ausgleichs zwischen Hilfesuchen und Hilfespenden ist.90 Wenn die Familie nicht über die Ehe bestimmt wird, sondern als Beziehungsverhältnis zwischen Eltern oder Elternteil und Kind definiert wird91, wird es schwierig, eine sinnvolle Vergleichsgruppe zu finden, der gegenüber der Verweis benachteiligend wirken könnte.92 Ungleichbehandlung von minderjährigen Kindern gegenüber volljährigen Kindern. Die Nichteinbeziehung von volljährigen Kindern gegenüber minderjährigen Kindern in die Einsatzgemeinschaft und damit in die Einkommens- und Vermö89 90 91 92

Schulte / Trenk-Hinterberger, 4.4.2.4., S. 112. BVerwGE 23, 149 (155). Siehe oben Kap. 3, A., IV., 1., a), bb), (1), (f). Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 13.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Einsatzgemeinschaft

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gensberücksichtigung ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar.93 Eine Ungleichbehandlung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Nach dem wesentlichen Vergleichselement der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sind die Gruppen jedoch im Wesentlichen gleich. Beide Gemeinschaften gründen auf einer Wohnund Haushaltsgemeinschaft und sind durch das Füreinander-Einstehen und die tatsächliche Unterstützung geprägt. Dass der Gesetzgeber ebenfalls von einer Vergleichbarkeit ausgeht, zeigt die Regelung des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wo für den Übergang von Unterhaltsansprüchen nicht zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern unterschieden wird. Nach dem wesentlichen Vergleichselement der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft liegt damit eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Diese Ungleichbehandlung ist auch sachwidrig. Der Gesetzgeber hat zwar bei Bestimmung des Personenkreises, auf den eine gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum zur Verfügung.94 Es ist grundsätzlich Sache des betroffenen Personenkreises, sich auf diese Regelungen einzustellen und nachteiligen Auswirkungen durch eigenes Verhalten zu begegnen.95 Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind jedoch Grenzen durch das Willkürverbot gesetzt, seine Freiheit endet dort, wo ein einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt96. Ein einleuchtender Grund für einen Unterschied in den Rechtspositionen der Vergleichsgruppen ist aber nicht ersichtlich. Beide Gruppen sind durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Eltern mit erwerbsfähigen Kindern, sobald diese volljährig werden, aus der Einsatzgemeinschaft herausfallen und nur noch eine Haushaltsgemeinschaft mit höheren Eigenbedarfsanteilen bilden sollen, obwohl sich an der Situation nichts geändert hat. Auch im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII wird vermutet, dass die Eltern aufgrund ihrer gesteigerten Unterhaltspflicht das ihren eigenen Bedarf übersteigende Einkommen und Vermögen einsetzen müssen, so dass wenig verständlich ist, worin der Unterschied zu einem minderjährigen Kind liegt. Das Recht des Gesetzgebers zur Typisierung kann die Ungleichbehandlung ebenso wenig rechtfertigen. Denn die Zahl der Haushaltsgemeinschaften von Eltern und Kindern wird sich nicht durch die Volljährigkeit des Kindes verringern. Haben diese bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bei ihren Eltern gewohnt, wird sich dies allein durch die Vollendung des Lebensjahres nicht ändern. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob sich die volljährigen Kinder in Ausbildung befinden oder nicht, da es in § 19 Abs. 1 SGB XII nicht auf eventuell bestehende Unterhaltspflichten an93 94 95 96

Siehe dazu Kap. 2, B., II., 3. BVerfGE 87, 234 (267). So BVerfGE 55, 72 (89); 60, 329 (346). BVerfGE 42, 64 (73); 60, 329 (347); 76, 256 (329).

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

kommt, sondern auf das Füreinander-Einstehen und das Wirtschaften „aus einem Topf“. Davon kann typisierend ausgegangen werden, wenn Eltern mit ihren volljährigen Kindern in einem Haushalt leben. Aus den gleichen Gründen ist auch keine Altersgrenze erforderlich, solange eine Haushaltsgemeinschaft besteht. Die sachwidrige Ungleichbehandlung der beiden untersuchten Personengruppen lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass die Lebensgemeinschaft von Eltern mit ihren volljährigen Kindern durch § 36 Satz 1 SGB XII zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis eine Gleichstellung mit der Gemeinschaft von Eltern und ihren minderjährigen Kindern erreicht. Zum einen ist dort der Eigenbedarfsanteil höher, zum anderen erspart § 19 Abs. 1 SGB XII nicht nur eine individuelle Prüfung, sondern bedeutet eine automatische Einkommens- und Vermögensberücksichtigung unabhängig von tatsächlichen Unterstützungsleistungen. Die Lebensgemeinschaft von Verwandten in gerader Linie bleibt demnach zwar nicht unberücksichtigt, die gebotene Gleichstellung, vor allem im wirtschaftlichen Bereich, wird durch § 36 Satz 1 SGB XII aber nicht erreicht. Gerade aber aufgrund bestehender Unterhaltspflichten bei Verwandten in gerade Linie wäre eine solche aber möglich. Dem steht auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG entgegen, denn dieser verbietet es weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung, den Familienbegriff in anderen Zusammenhängen zu erweitern oder daraus Folgerungen abzuleiten. Eine Berücksichtigung der nach bürgerlichem Unterhaltsrecht bestehenden Verpflichtung in der Annahme, dass diese in einer zusammenlebenden Familie realisiert wird, ist aufgrund der Lebensverhältnisse gerechtfertigt, bedeutet eine Vereinfachung der Verwaltung und erspart gegebenenfalls die Durchsetzung der Ansprüche vor dem Zivilgericht.97 Somit sind auch volljährige Kinder in die Einsatzgemeinschaft einzubeziehen, um die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 1 SGB XII ist nicht möglich. Dazu fehlt es jedoch schon an der Regelungslücke, denn der Gesetzgeber ist sich in der Sozialhilfe des Problems bewusst und hat sie deshalb als Haushaltsgemeinschaft in den § 36 Satz 1 SGB XII mit einbezogen. Der klare Wille des Gesetzgebers steht also einer analogen Anwendung entgegen. Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht leiblicher Elternteile. Die Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht leiblicher Elternteile in § 19 Abs. 1 SGB II ist mit der Verfassung vereinbar. Dies ergibt sich schon aus dem Umkehrschluss aus den Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft. Eine verfassungswidrige Vorschrift wie § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II existiert im SGB XII nicht. Nichteinbeziehung sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften. Die Nichteinbeziehung sonstiger Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften 97 Siehe Schoch, in: Arbeitsgruppe BSHG-Reform, S. 38, der den Vorschlag macht, unterhaltspflichtige Verwandte in § 11 BSHG einzubeziehen.

B. Verfassungsrechtliche Beurteilung der Einsatzgemeinschaft

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verstößt wie bei der Bedarfsgemeinschaft gegen die Verfassung. Diese sind in die Regelung miteinzubeziehen. Somit werden von der Regelung des § 19 Abs. 2 SGB II auch nicht leibliche Eltern erfasst, die mit den Kindern ihres Partners zusammenleben. Auch hier ist eine Beweislastumkehr wenig sinnvoll. Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen. Die Ungleichbehandlung von Ehe, eheähnlicher Gemeinschaft und eingetragener Lebenspartnerschaft gegenüber Ledigen verstößt auch hier nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Ungleichbehandlung gegenüber nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG könnte aber die Ungleichbehandlung von nicht dauernd getrennt lebenden und dauernd getrennt lebenden Ehegatten sein. Erstere müssen jedes über dem laufenden Bedarf liegende Einkommen für die Einsatzgemeinschaft einsetzen, für dauernd getrennt lebende Ehegatten dagegen gilt der Selbstbehalt nach dem Unterhaltsrecht. Dieser liegt in der Regel oberhalb des sozialhilferechtlichen Bedarfs. Ist der Abstand zu groß, wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen. Für die vergleichbare Regelung des § 11 Abs. 1 BSHG wurde dieses Problem dadurch gelöst, dass entweder die bürgerlich-rechtlichen Selbstbehalte frei bleiben sollten98 oder bei der Bedarfsberechnung einmalige Leistungen als Pauschale berücksichtigt wurden99. Das Freibleiben der unterhaltsrechtlichen Selbstbehaltbeträge würde dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen100 und kommt für das neue Recht nicht in Betracht. Denn der Grund für die Einsatzgemeinschaft ist nicht das bloße Bestehen von Unterhaltspflichten, sondern die Vermutung der tatsächlichen Erfüllung dieser Pflichten.101 Außerdem weichen der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt und der Bedarf jedes Ehegatten nicht so weit voneinander ab, dass diese Abweichung einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG bedeuten würde. Der Unterschiedsbetrag102 ist bei einer insoweit generalisierenden

98 So Globisch, DVP 2000, S. 472 (478); Roscher, LPK-BSHG, 5. Auflage, § 11, Rdn. 11; Schoch, info also 1997, S. 107 (109). Ihm folgend OVG Greifswald, ZfSH / SGB 2000, S. 401. A.A. sind VGH München, FEVS 53, 550 (553); Atzler, Anmerkung zu OVG Lüneburg, info also 1998, S. 84, info also 1998, S. 84 (85). Siehe auch Kap. 2, B., III., 2. 99 Schoch, info also 1997, S. 107 (108); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 27. Siehe auch VG Hamburg, info also 2003, S. 160 (161). 100 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 32. 101 Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 28. 102 Beispiel: Der bürgerlich-rechtliche Selbstbehalt beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle für einen nicht erwerbstätigen Einkommensbezieher 770 Euro, wobei darin eine Warmmiete von 360 Euro enthalten ist. Der Bedarf des einsatzpflichtigen Ehegatten beträgt 551 Euro (Regelsatz für einen Haushaltsvorstand in Höhe von 345 Euro zuzüglich der Hälfte der maximal anzuerkennenden Kosten für die Unterkunft für zwei Personen in Höhe von 206 Euro). Da die Wohnungskosten und entsprechend der insoweit bestehende Bedarf im Falle des Getrenntlebens erheblich voneinander abweichen, erscheint es sinnvoll, diese Beträge um die Wohnkosten zu bereinigen. Somit hat der getrennt lebende Ehegatte einen Selbstbehalt in

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

und typisierenden Betrachtung nicht so hoch, dass er einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten würde, er kann durch Einsparungen, die ein nicht dauernd getrennt lebendes Ehepaar erzielen kann, weil sie „aus einem Topf“ wirtschaften, aufgefangen werden. Denn die Kosten zum Beispiel für Miete, Telefon, Strom und Lebensmittel dürften nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Falle des Getrenntlebens deutlich höher sein. Außerdem ist fraglich, ob ein Vergleich mit dem bürgerlich-rechtlichen Selbstbehalt überhaupt zulässig ist, da die dafür maßgeblichen Unterhaltstabellen der Oberlandesgerichte für den Unterhalt bei „gescheiterten“ Ehen gelten, so dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs103 nicht ohne weiteres auf Unterhaltsansprüche in intakten Familien angewandt werden können, weil die in einer Wirtschaftseinheit zusammenlebenden Familienangehörigen sich in einer wirtschaftlich günstigeren Situation befinden als getrennt lebende Ehegatten.104 Außerdem ist bei zusammenlebenden Ehepartnern die Vermutung gerechtfertigt, dass sie einander Unterhalt leisten. Bei der Berücksichtigung von Pauschalen für einmalige Leistungen gilt, dass die einmaligen Leistungen zum großen Teil in die Regelsätze mit einbezogen werden, wodurch sich der Regelsatz erhöht, so dass dies ungefähr dem entspricht, was durch die Berücksichtigung von Pauschalen für einmalige Leistungen im Rahmen des § 11 BSHG erreicht wurde. Damit kann kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt werden.

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft Besteht eine Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 Abs. 1 SGB XII und ist festgestellt worden, welche Mitglieder hilfebedürftig sind, stellt sich die Frage, welche Folgen daran geknüpft werden. Diesbezüglich wird zunächst der Status der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft relevant; denn nur wenn jedes Mitglied einen eigenen Anspruch geltend machen kann, sind Leistungen an dieses möglich. Außerdem enthält auch das SGB XII Vorschriften, die einen Bezug zur Einsatzgemeinschaft haben. Im Gegensatz zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist der Leistungsberechtigte in der Sozialhilfe zwar nicht in einem solch großen Umfang vom Bestehen einer Einsatzgemeinschaft abhängig. Aber auch das SGB XII enthält weitere Vorschriften, in denen das Bestehen einer Einsatzgemeinschaft relevant werden kann.

Höhe von 410 Euro, der nicht getrennt lebende Ehegatten einen Selbstbehalt von 345 Euro. Dies ergibt einen Unterschiedsbetrag von 65 Euro. 103 BGH, NJW 1985, S. 1460 ff. 104 Siehe OVG Berlin, ZfSH / SGB 2004, S. 238 (247).

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft

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I. Statusfrage: Einzelanspruch oder Gesamtanspruch? Wie im SGB II stellt sich auch im SGB XII die Frage, ob die nachfragenden Personen einen Einzelanspruch haben, wenn sie mit den in §§ 19 Abs. 1, 20 SGB XII genannten Personen in einer Gemeinschaft leben. § 19 Abs. 1 SGB XII übernimmt zwar die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 BSHG, der Wortlaut wurde allerdings etwas geändert. Geändert wurde ebenfalls der mit § 19 SGB XII in Zusammenhang stehende § 9 Abs. 1 SGB XII, wonach sich die Leistungen des SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere aber auch nach denen des Haushalts richten. Dies bedeutet eine Veränderung gegenüber der früheren Regelung des § 3 Abs. 1 BSHG, der nicht auf den Haushalt abgestellt hat. Daraus könnte gefolgert werden, dass der dort bejahte Einzelanspruch im SGB XII aufgegeben worden ist. Nach § 17 Abs. 1 SGB XII besteht ein Anspruch auf Sozialhilfe, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Solange eine Person allein lebt, ergeben sich dabei keine größeren Probleme. Dies ändert sich jedoch, wenn ein Leistungsberechtigter mit anderen Personen zusammenlebt. Denn in § 19 Abs. 1 SGB XII werden Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft (§ 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 20 SGB XII) oder minderjährige unverheiratete Kinder mit ihren Eltern(-teilen) zu einer Gemeinschaft zusammengefasst. Es ist insoweit fraglich, ob dann auch weiterhin die einzelne Person einen eigenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hat, oder ob es nur einen Anspruch der Gemeinschaft gibt. Für die Regelung des § 11 Abs. 1 BSHG in Verbindung mit dem Individualisierungsgrundsatz des § 3 BSHG bestand in Rechtsprechung105 und Literatur106 Einigkeit, dass jede Person einen eigenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hat. Aufgrund der Veränderungen des Wortlauts in § 19 Abs. 1 SGB XII und § 9 Abs. 1 SGB XII wird dieser jedoch für das neue Recht in Frage gestellt.107 Ob ein Einzelanspruch 105 BVerwGE 25, 307 (310); 55, 148 (150); 89, 192 (198); 92, 1 (2); 97, 110 (112); BVerwG, FEVS 21, 1 (3); 43, 268 (271); 43, 441 (443); 49, 201 (202); 53, 111 (112); BVerwG, NJW 2004, S. 2541 (2542); OVG Lüneburg, FEVS 38, 145 (146); 48, 170; 55, 551 (552); VGH Kassel, FEVS 38, 271 (273); VGH Mannheim, FEVS 42, 284 (287); OVG Münster, FEVS 48, 352 (354); VGH München, FEVS 53, 550; OVG Bautzen, ZfF 1989, S. 273 (276); FamRZ 1998, S. 1069; NJW 2003, S. 3503. 106 Bley / Kreikebohm / Marschner, 8. Auflage, Rdn. 1100; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 5; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (437), Rdn. 36; Giese, ZfSH 1975, S. 129 (129 f.); Globisch, DVP 2000, S. 472 (475); Gottschick / Giese, BSHG, § 11, Rdn. 3.1.; Künkel, FamRZ 1994, S. 540 (544); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 7, S. 16; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 43; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 21; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.2, S. 153; ders., NDV 1984, S. 431; ders., NDV 2002, S. 8 (9); ders., ZfS 1989, S. 297 (299); ders., info also 2003, S. 147; ders., in: LPKBSHG, § 11, Rdn. 7; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.1. (1), S. 144; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (44); ders., ZfF 1993, S. 201; Trenk-Hinterberger, in: v. Maydell / Ruland, Kap. 22, Rdn. 28; ders., RdA 1991, S. 336 (339); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 5.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

weiterhin besteht, kann deshalb – parallel zu den Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft – nur durch eine Auslegung des Gesetzes beantwortet werden:

1. Wörtliche Auslegung Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 SGB XII ist „Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, . . .“, ferner „sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen“. Im Vergleich dazu hieß es in § 11 Abs. 1 BSHG „Hilfe zum Lebensunterhalt ist dem zu gewähren, . . .“ und „sind Einkommen und Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen“. Die Veränderung des Begriffs „dem“ zu „Personen“ könnte bedeuten, dass aufgrund der Verwendung des Plurals gerade nicht mehr auf die einzelne Person abgestellt werden soll. Auch die Veränderung von „beider“ zu „gemeinsam“ deutet auf eine Abkehr vom Einzelanspruch hin. Wird allerdings § 19 Abs. 1 SGB XII ohne den Vergleich zu § 11 Abs. 1 BSHG betrachtet, so bedeutet der Plural „Personen“ nur, dass die Gemeinschaft aus Einzelpersonen besteht und jeder Einzelne einen Anspruch auf Leistung hat108. Der Begriff „gemeinsam“ verdeutlicht wiederum nur, dass Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Gemeinschaft berücksichtigt werden sollen, dass also der Familienverband nicht gänzlich außer Betracht bleiben kann109. Die wörtliche Auslegung spricht somit mehr für einen Einzelanspruch als dagegen. 2. Historische Auslegung Etwas anderes könnte sich aus der historischen Auslegung ergeben, denn die Gesetzesmaterialien lassen Zweifel an einem Einzelanspruch entstehen. Nach der Gesetzesbegründung110 folgt der neue Hinweis auf die gemeinsame Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Änderung in § 9 Abs. 1 SGB XII und bewirkt, dass künftig die Leistungsberechnung für diese Familien einheitlich erfolgt und die Leistungsberechnung nur dann für einzelne Familienmitglieder durchgeführt wird, wenn zum Beispiel minderjährigen Kindern eigenes Einkommen und Vermögen ausreichend zur Verfügung steht. In der Praxis ist, so die Begründung, bisher insoweit unterschiedlich verfahren worden. Zu § 9 Abs. 1 SGB XII111 heißt es, dass bei der Feststellung der Bedürftigkeit mit dem Verweis 107 Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 6; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Fn. 5; W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (169). 108 So wollte auch die Arbeitsgruppe „BSHG-Reform“ durch Verwendung des Plurals „Personen“ im Wortlaut des § 11 Abs. 1 BSHG den Einzelanspruch betonen, siehe Schoch, in: Arbeitsgruppe BSHG-Reform, S. 37. 109 Siehe BVerwGE 25, 307 (310). 110 BT-Drs. 15 / 1514, S. 57. 111 BT-Drs. 15 / 1514, S. 56.

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft

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auf den Haushalt bei der Hilfe zum Lebensunterhalt auch die bislang offene Frage geklärt werde, dass es auch auf die Kräfte und Mittel des Haushalts ankomme, als insbesondere in § 19 SGB XII eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen geregelt sei. Insoweit werde das Individualisierungsprinzip des § 9 Abs. 1 SGB XII nicht mehr auf die einzelne Person bezogen, sondern aufgrund der Lebenswirklichkeit gemeinsam wirtschaftender Haushalte erweitert, was insbesondere bei der Leistungsberechnung nach § 19 SGB XII von Bedeutung sei. Wenn der Gesetzgeber allerdings die angedeutete Rechtsfolge hätte anordnen wollen, dann würde dies zur Wiedereinführung der Familiennotgemeinschaft im Sinne des § 5 der Reichsgrundsätze über Art und Maß der öffentlichen Fürsorge112 führen.113 Die Regelung des § 19 Abs. 1 SGB XII ähnelt § 5 der Reichsgrundsätze zwar sehr; hätte der Gesetzgeber aber die Familiennotgemeinschaft wieder einführen wollen114, hätte er dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Das Adjektiv „gemeinsam“ (gegebenenfalls in Verbindung mit dem Plural „Personen“) ist keine solche eindeutige Regelung. Auch die bei der Bedarfsgemeinschaft genannten verfassungsrechtlichen Hindernisse aus Art. 1 und Art. 20 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 Art. 2 und Art. 19 GG stehen dem entgegen. In der Gesetzesbegründung geht es daher nicht um die Abschaffung des individuellen Hilfeanspruchs, sondern um eine (vermeintliche) Berechnungsmodalität.115 In den Fällen, in denen eine gemeinsame Bedarfsberechnung möglich ist116, hat diese nun eine gesetzliche Grundlage117. Dies ergibt sich auch daraus, dass nach der Gesetzesbegründung die Bedarfsberechnung dem bisherigen Recht entsprechen soll.118 Der Verweis auf die Selbsthilfemöglichkeit des Haushalts hat nur klarstellende Bedeutung gegenüber § 19 SGB XII, wo auf die Eigenmittel sämtlicher Haushaltsangehöriger abgestellt wird.119 Denn ein Haushalt per se dürfte keine Kräfte oder Mittel sein Eigen nennen.120 Gemeint ist nur, dass die Haushaltssituation bei den Ansprüchen auf eine Leistung der Hilfe zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen ist.121

Vom 04. 12. 1924 in der Fassung vom 01. 08. 1931 (RGBl I S. 441). Siehe dazu Kap. 2, C., I., 2. 114 So aber Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 6; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Fn. 5. 115 Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 20. Siehe auch Globisch, DVP 2000, S. 472 (475). 116 Siehe dazu Kap. 3, C., II. 117 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 20. 118 BT-Drs. 15 / 1514, S. 56. 119 Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 9, Rdn. 10. Siehe auch Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 11 f. Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 41 nimmt insoweit eine verfassungskonforme Auslegung vor. 120 Busse, NDV 2004, S. 339 (343). 121 Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 11. 112 113

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Kein tragfähiges Argument für die Zulässigkeit der angestrebten Berechnung ist auch, dass die Praxis – wie in der Gesetzesbegründung angeführt wird – bisher unterschiedlich verfahren ist, denn dies zeigt nur, wie wenig die Sozialhilfepraxis sich an gesetzliche Regelungen und Gerichtsentscheidungen hält. Nicht das Gesetz hat sich der Praxis, sondern die Praxis hat sich dem Gesetz anzupassen. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich eine gemeinsame Bedarfsberechnung beabsichtigt, entstünden diesbezüglich auch Regelungslücken. Es fehlen Regelungen hinsichtlich der Fragen, ob ein Mitglied der Gemeinschaft auch dann Leistungsberechtigter mit allen Rechten und Pflichten werden soll, wenn es seinen eigenen Bedarf decken kann, ob diese Person auch den Sanktionen des § 26 SGB XII ausgesetzt sein soll, wenn sein Handeln nicht zu einer Sozialhilfebedürftigkeit für ihn führt, wer Adressat des Sozialhilfebescheides ist, oder ob die beiden Partner als Gesamtschuldner im Rahmen eines möglichen Kostenersatzes nach § 103 SGB XII bei einer Trennung haften. Dies alles hat der Gesetzgeber nicht neu geregelt, sondern nur das Wort „gemeinsam“ in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII eingefügt. Es muss insoweit davon ausgegangen werden, dass es bei einem individuellen Rechtsanspruch auf Sozialhilfe bleiben soll.122 3. Systematische Auslegung Die Zuordnung des Anspruchs zu einer Person und nicht zu einer Personenmehrheit wird auch durch andere Normen des SGB XII deutlich. Abgesehen von dem missverständlichen Verweis auf die Kräfte des Haushalts spricht auch der Individualisierungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 SGB XII für einen Einzelanspruch. Er verpflichtet den Sozialhilfeträger, auch bei Art, Form und Maß der Hilfe die individuelle Notsituation in den Blick zu nehmen, um gezielt und effektiv helfen zu können. Eine abstrakte, gruppenspezifische Betrachtung wird dem Anspruch des § 9 Abs. 1 SGB XII nicht gerecht, eine auf diese Weise generalisierende Hilfe ist unzulässig.123 Dies begründet den höchstpersönlichen Charakter der Sozialhilfe. Hieraus folgt für die Ebene der Anspruchszuordnung, dass im Falle der Hilfebedürftigkeit einer Familie jedes Familienmitglied einen eigenen Sozialhilfeanspruch hat.124 Auch der in § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB XII abweichend vom sonstigen Sozialleistungsrecht angeordnete Ausschluss der Übertragbarkeit sowie Pfänd- und Verpfändbarkeit erklärt sich aus der höchstpersönlichen Rechtsnatur des Sozialhilfeanspruchs.125 Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB XII (unwirtschaftliches Verhalten) oder § 39 Abs. 2 SGB XII (Arbeitsverweigerung) ist so weit wie möglich zu verhüten, dass die unterhaltsberechtigten Angehörigen oder andere mit Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 20. BVerwG, info also 1986, S. 82 (85); Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 9, Rdn. 12; Roscher, in: LPK-SGB XII, § 9, Rdn. 12. A.A. ist Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 6. 124 Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 43; ders., ZfSH 2000, S. 259 (270). 125 Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 9, Rdn. 10. 122 123

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ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Leistungsberechtigte durch die Einschränkung der Leistung mitbetroffen werden. Dies ist aber nur möglich, wenn jeder einen einzelnen Anspruch auf Leistung hat. Wenn das Gesetz von einem Gesamtbedarf ausgehen würde, müssten zum Beispiel bei Arbeitsverweigerung eines Mitglieds der Gemeinschaft die Leistungen für die gesamte Gemeinschaft entfallen. Ebenso werden die Kosten der Unterkunft nach § 29 SGB XII nach Köpfen aufgeteilt.126 Leben mehrere Personen in einer Wohnung, besitzt jede Person einen individuellen Unterkunftsbedarf und gegebenenfalls einen individuellen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen zur Deckung ihres Bedarfs.127 Wenn aber hinsichtlich des Unterkunftsbedarfs ein Einzelanspruch besteht, scheint es fraglich, warum etwas anderes für die Hilfe zum Lebensunterhalt gelten soll. Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist das Kindergeld (nur) dem Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt wird. Ferner wird nach § 3 Regelsatzverordnung die Hilfe zum Lebensunterhalt abgestuft, aber gesondert für jeden Haushaltsangehörigen festgesetzt.128 Auch beim Übergang des Unterhaltsanspruchs nach § 94 SGB XII ist es familienrechtlich unerlässlich, den individuellen Sozialhilfeanspruch festzustellen, der mit dem Unterhaltsanspruch korrespondiert.129 Aus der systematischen Auslegung ergibt sich somit auch ein Einzelanspruch.

4. Teleologische Auslegung Sinn und Zweck des § 19 Abs. 1 SGB XII sprechen ebenso für einen Einzelanspruch. Die Norm beruht auf dem Gedanken, dass die in einem Haushalt zusammenlebenden Familienangehörigen aufgrund der Erfahrung des täglichen Lebens „aus einem Topf“ wirtschaften.130 Sinn und Zweck des § 19 Abs. 1 SGB XII ist es, die Mittel des Haushalts, die den einzelnen Mitgliedern der Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft zufließen, in gewissem Umfang zusammenzufassen und festzustellen, ob innerhalb dieser Gemeinschaft genügend Einkommen und Vermögen vorhanden ist, um den Bedarf der in der Gemeinschaft lebenden Personen zu de126 Siehe BVerwGE 79, 17 (20); OVG Hamburg, FEVS 54, 473 (474 f.); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (438), Rdn. 44; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 29 SGB XII, Rdn. 16; Mrozynski, III.5, Rdn. 11. 127 BVerwGE 92, 1 (2 f.); 97, 110 (112); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 29 SGB XII, Rdn. 16. 128 Siehe auch BVerwGE 55, 148 (150), wonach an diesem Strukturprinzip auch der Umstand, dass beim Zusammenleben von mehreren Personen in einem Haushalt die Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe des § 2 Regelsatzverordnung abgestuft festgesetzt wird, nichts ändert. 129 Mrozynski, III.5, Rdn. 12. 130 Siehe BVerwGE 55, 148 (150); BVerwG, FEVS 21, 1 (3); 43, 268 (271 f.); OVG Lüneburg, ZfF 1989, S. 273 (276); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 18.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

cken. Ist dies nicht der Fall, ist dem Leistungsberechtigten Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten. Wenn aber der Anspruch von Personen dann, wenn sie mit Ehegatten oder eheähnlichen Partnern, Lebenspartnern oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partnern oder als minderjährige unverheiratete Kinder mit ihren Eltern(-teilen) zusammenleben, auf die Gemeinschaft übergehen soll und sie ihren eigenständigen Anspruch auf Hilfe verlieren, ist es möglich, dass der Bedarf der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft nicht mehr gedeckt wäre. Der Grundsatz der Bedarfsdeckung jeder einzelnen Person steht aber nicht zur Disposition des Gesetzgebers, auch dann nicht, wenn sie in einer Haushaltsgemeinschaft mit anderen lebt.131 Dem Gesetzgeber steht es zwar frei, als Besonderheiten des Einzelfalls nicht nur die Person des Leistungsberechtigten, sondern weitere Kriterien in den Blick zu nehmen, wie die örtlichen Verhältnisse und den Haushalt (§ 9 Abs. 1 SGB XII). Daran, dass das Fürsorgerecht den einzelnen Leistungsberechtigten aber als Rechtssubjekt in individueller Not wahrnimmt132, kann auch er nichts ändern. Eine Auslegung des Gesetzes gegen den Einzelanspruch würde demnach gegen den aus der Verfassung hergeleiteten Individualisierungsgrundsatz verstoßen133, und auch das Bedarfsdeckungs- und das Faktizitätsprinzip stehen einem Gesamtanspruch entgegen.134 5. Weitere Gründe für einen Einzelanspruch Für einen Einzelanspruch sprechen auch die bei den Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft dargestellten formalen Gründe.135 Würden alle Bedarfe in einer zusammenlebenden Familie undifferenziert zusammengefasst, können die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Hätte der Gesetzgeber eine andere Regelung treffen wollen, so hätte er dies ausdrücklich im Gesetz festlegen müssen. Eine ausdrückliche Ermächtigung, wie § 38 SGB II, fehlt aber im SGB XII. Wenn alle Bedarfe in einer gemeinsamen Anspruchsermittlung erfasst werden, die nicht Personen zuordnet, ist es außerdem schwieriger, die individuellen Ansprüche rechtlich exakt zu begründen (zum Beispiel die Aufteilung der Unterkunftskosten). Die Einzelanspruchsermittlung verdeutlicht, wer aus dem Sozialhilferechtsverhältnis welche Rechte und Pflichten hat.136 Wichtig ist die individuelle Einzelanspruchsermittlung auch für eventuelle Rückforderungsbescheide.137 Ferner ist die gesonSchoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 1; ders., ZfF 2004, S. 169. Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 86; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 12. 133 Siehe Kap. 1, C., II., 3. 134 Schoch , ZfF 2004, S. 169. 135 Siehe Kap. 2, C., II., 5. 136 Siehe Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.2, S. 205; ders., info also 1995, S. 133 (137). 137 Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 23. Siehe auch Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 23a. 131 132

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derte Berechnung aus Gründen des Rechtsschutzes, der ein Schutz individueller Rechte ist, eine zwingende Folge der Individualität des einklagbaren Anspruchs.138 Für das Bestehen eines Einzelanspruchs spricht ferner, dass, wenn der Sozialhilfeträger von einem gemeinsamen Bedarf der Mitglieder der Gemeinschaft ausgehen würde, ohne eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung der einzelnen Mitglieder vorzunehmen, derjenige, dem für seine Bedarfsdeckung hinreichendes Einkommen und Vermögen zur Verfügung stehen, auf diese Weise zum Leistungsberechtigten gemacht werden würde und somit auch sozialhilferechtliche Obliegenheiten hätte. Eine § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II vergleichbare Regelung fehlt aber im SGB XII. Die Einbeziehung dieser Personen hätte, neben der Verfassungswidrigkeit139, zur Folge, dass eventuell bestehende Unterhaltsansprüche der Person gegen einen Dritten auf den Sozialhilfeträger übergehen würden, obwohl die betreffende Person selbst gar nicht leistungsberechtigt ist. Dies ist nicht tragbar. Die Abhängigkeit des Sozialhilfeanspruchs des Leistungsberechtigten nicht nur von seinen eigenen Mitteln, sondern auch von denen Dritter (Eltern, Ehegatten, Lebenspartnern, eheähnlichen, lebenspartnerschaftsähnlichen Partnern) bezieht diese Dritten nicht (etwa als „Auch-Empfänger“) in die sozialhilferechtliche Leistungsbewilligung und -gewährung an den Leistungsberechtigten ein.140 Dies würde auch gegen das für den Sozialhilfeträger geltende Gebot aus § 1 Satz 2 SGB XII, Leistungsberechtigte zu befähigen, unabhängig von der Sozialhilfe zu leben, verstoßen. Die Verpflichtung, die Arbeitskraft einzusetzen, hat sozialhilferechtlich nur einen Adressaten, wenn dieser auch leistungsberechtigt ist. Wenn ein Einkommensbezieher aber ein den Sozialhilfebedarf deckendes Einkommen hat, ist er nicht Leistungsberechtigter.141 Würde er trotzdem miteinbezogen, träfen ihn sozialhilferechtliche Obliegenheiten, also auch die Arbeitspflicht, und die bei Verletzung dieser Pflicht eingreifenden Sanktionsnormen der §§ 26, 39 SGB XII. Würden alle Leistungsberechtigten in einer Gesamtberechnung erfasst und würde wegen der unterlassenen Zuordnung von Bedarf und Einkommen und Vermögen zu Einzelpersonen verkannt, wer tatsächlich Leistungsempfänger und damit Verpflichteter ist, würde bei einer Kürzung unzulässig die Sozialhilfe des Partners und gegebenenfalls der Kinder gekürzt.142 Gegen einen Einzelanspruch spricht auch nicht die Auffassung, dass eine Aufteilung des Bedarfs und des Einkommens nicht möglich ist, weil die Sicherung des Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 20. Siehe Kap. 2, A., II., 1. 140 BVerwG, FEVS 43, 441 (444); OVG Lüneburg, FEVS 38, 145 (146); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 15; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 8; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 7; ders., NDV 2002, S. 8 (9); ders., ZfF 2004, S. 169 (170). Siehe auch Hampel, FamRZ 1996, S. 513 (516); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (209). Kritisch äußert sich Kunkel, KommJur 2004, S. 175 (177). A.A. ist der VGH Kassel, FEVS 38, 271 (274). 141 Schoch, ZfS 1989, S. 297 (302). 142 Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 17 f. 138 139

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Existenzminimums zwangsläufig eine Gesamtbetrachtung verlange und die Aufteilung der bewilligten Sozialhilfe auf jedes einzelne Familienmitglied häufig nicht mit überzeugendem Ergebnis durchführbar sei; im sozialhilferechtlichen Regelsatz seien zum Beispiel auch bestimmte Bedürfnisse der gesamten Familie mit abgegolten, der Bedarf an Unterkunft, Beleuchtung, Heizung usw. werde der gesamten Familie zugesprochen, ohne Aufteilung auf die einzelnen Mitglieder.143 Eine Aufteilung des Bedarfs und des Einkommens auf Einzelpersonen gelingt nicht nur Teilen der Literatur, sondern auch den Sozialhilfeträgern in mehreren Bundesländern ebenso wie dem Bundesverwaltungsgericht.144 Außerdem muss spätestens im Rechtsbehelfsverfahren eine Aufteilung erfolgen. Gegen einen Gesamtbedarf spricht ferner, dass in Fällen, in denen sich derjenige, der seinen eigenen Bedarf decken kann, weigert, einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe zu stellen, dieser bei der Gewährung der Hilfe dennoch (zum Teil) als Leistungsberechtigter behandelt werden müsste und etwa bei unrechtmäßiger Gewährung von Hilfe wegen falscher Angaben eines anderen Mitglieds (zum Teil) auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden könnte.145 Nach dem Wortlaut der Regelung geht es um eine gesetzliche Anrechnungsregelung146. Die Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen der Personen in einer Bedarfsermittlung ist deshalb auch schon aus formalen Gründen falsch.147

6. Ergebnis Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich feststellen, dass Anspruchsinhaber im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII jeder einzelne Leistungsberechtigte ist, auch wenn er in einem Familienverband mit anderen lebt.148 Jedes 143 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 22; Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (202). Siehe dazu auch VGH Kassel, FEVS 38, 271 (274). 144 Siehe Schoch, info also 1997, S. 107 (108). 145 OVG Lüneburg, ZfF 1989, S. 273 (276); Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (209). 146 Siehe zum alten Recht Globisch, DVP 2000, S. 472 (475); Münder, NJW 2001, S. 2201 (2202); Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200; ders., info also 1995, S. 133 (137). 147 Siehe Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.2.1, S. 200; ders., info also 1995, S. 133 (137). Siehe auch BVerwG, FEVS 43, 268 (272). 148 So auch Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 5; Freitag, § 18, Rdn. 4; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 12; Grube, in: Grube / Wahrendorf, SGB XII, § 19, Rdn. 6; Haubelt, Rdn. 53; Hohm, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 19, Rdn. 5; Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 187; Luthe, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 9, Rdn. 10; Mrozynski, III.5, Rdn. 11 ff.; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil II, Kap. 3, Rdn. 94; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 1; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 81; ders., ZfF 2004, S. 169; ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 12; H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (755); Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 26, 41 f.; Schwabe, Kap. 5, 5.1.1, S. 164; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 3, S. 7. A.A. sind Frings, in: Jahn, SGB XII, § 9, Rdn. 6; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 8.

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Mitglied hat einen eigenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Damit folgt der Gesetzgeber der Fiktion, dass das Zusammenleben der in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII genannten Personen dazu führt, dass sie ihr Einkommen und Vermögen zur Bedarfsdeckung der Leistung Begehrenden zur Verfügung stellen. Wo dies nicht der Fall ist, gebietet der Bedarfsdeckungsgrundsatz mit dem Faktizitätsprinzip, Bedarfslücken zu schließen.149 Darin zeigt sich auch das Spannungsverhältnis zwischen der Festlegung des individuellen Anspruchs nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und der Aufrechterhaltung der Familie als Einkommens- und Vermögenseinheit in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Zwar soll die Sozialhilfe die besonderen Verhältnisse der Familie berücksichtigen (§ 16 SGB XII) und insoweit ist eine Gesamtbetrachtung notwendig, daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Familiengemeinschaft insgesamt als eine Haftungsgemeinschaft angesehen werden darf.150

II. Leistungen an jedes einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass jedes Mitglied einen eigenen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII hat. Bei den Leistungen, die der Leistungsberechtigte erhält, ist zwischen der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und der Hilfen nach den Kapiteln 5 bis 9 SGB XII zu unterscheiden. Die bisherige Aufteilung der Leistungen in Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen wurde aufgegeben.151 Die genannten Leistungen unterscheiden sich nur durch unterschiedliche Leistungsinhalte und unterschiedliche Modalitäten beim Einsatz des Einkommens und Vermögens.152 Für die hier behandelte Einsatzgemeinschaft sind nur die Vorschriften zur Hilfe zum Lebensunterhalt maßgeblich; die Vorschriften zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und zu den Hilfen nach den Kapiteln 5 bis 9 SGB XII enthalten Sonderregelungen für bestimmte Lebenssituationen, auf die es hier nicht ankommen soll.

149 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 6; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 85; ders., ZfF 2004, S. 169 (170). 150 Siehe Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 27; ders., NDV 2002, S. 8 (15). 151 BT-Drs. 15 / 1514, S. 53. Die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt und die einzelnen Leistungsarten der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen werden damit als gleichwertige Leistungen in unterschiedlichen Notlagen nebeneinander gestellt. 152 W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (168).

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

1. Hilfe zum Lebensunterhalt / Regelsätze Die Hilfe zum Lebensunterhalt wird in Regelsätzen gewährt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die Regelsätze enthalten pauschal den gesamten Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen mit den Ausnahmen, die definiert sind. Nach § 27 Abs. 1 SGB XII umfasst der notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch die Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Somit wird dem Leistungsberechtigten nicht nur das nackte Überleben, sondern die Führung eines menschenwürdigen Lebens in der Gesellschaft ermöglicht, was dem Menschenwürdegrundsatz entspricht. Diese laufende Hilfe zum Lebensunterhalt wird in Geld nach § 28 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII in Regelsätzen nach den Vorgaben der Regelsatzverordnung erbracht. Die Regelsätze sind aber nicht für alle Mitglieder der Einsatzgemeinschaft gleich. Nur der Haushaltsvorstand erhält den vollen Regelsatz –den „Eck-Regelsatz“ – von 345 Euro. Haushaltsvorstand ist dasjenige Haushaltsmitglied, das die Generalunkosten des Haushalts, also die zur allgemeinen Haushaltsführung gehörenden Aufwendungen, trägt.153 Es ist in der Regel anzunehmen, dass, wenn nur ein Mitglied des Haushalts Einkommen erzielt oder ein Mitglied höheres Einkommen als das andere Mitglied hat, dieses auch (überwiegend) die Generalunkosten des Haushalts trägt.154 Doch gilt diese Regelvermutung dann nicht, wenn hierzu Feststellungen nicht möglich sind, etwa weil kein Mitglied des Haushalts eigenes Einkommen erzielt oder alle über ein etwa gleiches Einkommen verfügen. Sie gilt ferner nicht, wenn es im Streitfall an einem Nachweis fehlt, wer die Generalunkosten trägt.155 In diesem Fall ist vielmehr ein „Mischregelsatz“ zu bilden, nämlich die Differenz zwischen dem Regelsatz des Haushaltsvorstandes und dem des Haushaltsangehörigen.156 Die Regelsätze für Haushaltsangehörige werden durch § 3 Regelsatzverordnung je nach Alter der Haushaltsangehörigen in Prozentsätzen des 153 Dieses Kriterium des § 2 Abs. 2 Regelsatzverordnung a.F. ist auch nach der Streichung dieser Vorschrift weiterhin heranzuziehen, siehe OVG Lüneburg, FEVS 47, 407 (408); info also 1997, S. 161 (162); Haubelt, Rdn. 68; Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 231; Roscher, in: LPK-BSHG, § 22, Rdn. 47; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 22, Rdn. 25. 154 BVerwGE 15, 306 (314); BVerwG, NDV 1966, S. 155; OVG Lüneburg, FEVS 33, 373 (378); 39, 65 (67); info also 1997, S. 161 (162); Haubelt, Rdn. 68. 155 BVerwGE 15, 306 (314); OVG Lüneburg, FEVS 47, 407 (408); 55, 501 (508); info also 1997, S. 161 (162); SG Schleswig, Beschluss vom 04. 05. 2005, Az: S 17 SO 82 / 05 ER, juris; Roscher, in: LPK-BSHG, § 22, Rdn. 47. 156 BVerwGE 15, 306 (314); OVG Lüneburg, FEVS 33, 373 (378); 39, 65 (67); 47, 407 (408); info also 1997, S. 161 (162); VGH Kassel, ZfSH / SGB 2005, S. 41 (42); Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.3.2.1. (1), S. 160; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (41); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 22, Rdn. 25; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 8.

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Eckregelsatzes festgelegt. Gleichwohl haben alle Mitglieder der Einsatzgemeinschaft einen Anspruch auf Leistung. Die richtige Zuordnung des Eckregelsatzes ist auch dann von Bedeutung, wenn ein Ehepartner mehrbedarfsberechtigt ist. Dann bestimmt der ihm zugeordnete Regelsatz zugleich die Höhe des Mehrbedarfs (§ 30 SGB XII).157 Leben Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner zusammen, beträgt der Regelsatz jeweils 90 vom Hundert des Eckregelsatzes. Individuelle Besonderheiten können nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII berücksichtigt werden. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 29 Abs. 1 SGB XII). Die Aufteilung der Unterkunftskosten erfolgt bei einer Einsatzgemeinschaft nach Köpfen.158 Mehrbedarfe werden nach § 30 SGB XII berücksichtigt. Einmalige Bedarfe werden nur noch im Rahmen des § 31 SGB XII erbracht, dies sind die Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung, Erstausstattung für Bekleidung und mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen einer schulrechtlichen Bestimmung. Somit werden über den bisherigen Umfang hinaus also auch Leistungen für Haushaltsgeräte, Kleidung usw. in den Regelsatz mit einbezogen. Damit wird neben einer Verwaltungsvereinfachung auch die Selbstverantwortung des Leistungsberechtigten gestärkt, da es ihm künftig obliegt, einen Teil der monatlichen Leistungen anzusparen, um bei entstehendem Bedarf auch größere Anschaffungen zu tätigen.159 2. Leistungsberechnung Die Ermittlung des Bedarfs, also des notwendigen Lebensunterhalts im Sinne des § 27 SGB XII, erfolgt durch einen Soll-Ist-Vergleich. Dem individuell zu ermittelnden Bedarf jeder einzelnen Person der Einsatzgemeinschaft sind die Selbsthilfemöglichkeiten, insbesondere das bereinigte Einkommen und das verwertbare Vermögen, gegenüberzustellen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII). Zwar heißt es in § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II, dass Einkommen und Vermögen gemeinsam berücksichtigt werden sollen, was gegen eine solche individuelle Bedarfsberechnung spricht. Allerdings bezieht sich das Wort „gemeinsam“ nur auf das Einkommen und Vermögen und nicht auch auf die Leistungen nach §§ 28 ff. SGB XII. Somit ist die Addition aller Bedarfe und aller Einkommen der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft nach wie vor nicht vorgesehen.160 Dies folgt schon daraus, dass nach der Gesetzesbegründung161 die Bedarfsfeststellung in § 19 Abs. 1 SGB II dem bisRoscher, in: LPK-BSHG, § 22, Rdn. 48. Berlit, in: LPK-SGB XII, § 29, Rdn. 24; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 34. 159 BT-Drs. 15 / 1514, S. 59 zu § 29 SGB XII-E (jetzt § 28 SGB XII). 160 Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 19. Vgl. auch Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 26. 161 Siehe BT-Drs. 15 / 1514, S. 56. 157 158

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

herigen Recht entspricht, so dass die geänderte Formulierung der jetzigen Regelung keine Rechtswirkung entfaltet. Die Feststellung des Bedarfs und des einzusetzenden Einkommens und Vermögens hat somit für jedes einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft zu erfolgen. Soweit Einkommen und Vermögen zur Bedarfsdeckung nicht ausreichen, ist Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe des Saldos zu leisten. Das bedeutet, dass Hilfe zum Lebensunterhalt sowohl in Höhe des gesamten Bedarfs als auch in jeder geringeren Höhe (als ergänzende Hilfe) zu leisten ist. Der Anspruch ergibt sich auch dann, wenn nur ein Minimalbetrag entsteht.162 Übersteigen Einkommen und Vermögen den Bedarf, kann der darüber hinausgehende Betrag bei den anderen Personen der Einsatzgemeinschaft berücksichtigt werden. Dies gilt jedoch nicht für das Kind, dessen Einkommen und / oder Vermögen seinen eigenen Bedarf übersteigen. Es ist nicht leistungsberechtigt und scheidet aus der Berechnung aus (siehe § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Gegebenenfalls zu leistende Sozialhilfe wird nur für die Eltern oder den Elternteil ermittelt. Die Leistungsberechnung für die Familie kann also, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt163, nur dann gemeinsam erfolgen, wenn entweder alle Mitglieder einer „klassischen“ Einsatzgemeinschaft aus Vater, Mutter und Kind nicht über Einkommen und Vermögen verfügen oder wenn nur die Eltern über ihren Bedarf nicht deckendes Einkommen und Vermögen verfügen. Allerdings ist stets der Einzelanspruch zu beachten. In allen anderen Fällen ist die Hilfe zum Lebensunterhalt durch Gegenüberstellung von Bedarf und Einkommen und Vermögen jedes einzelnen Mitglieds zu ermitteln. Dies gilt vor allem dann, wenn in der Einsatzgemeinschaft Kinder Einkommen und Vermögen haben, da sie nur dann in die Bedarfsberechnung einbezogen werden, wenn sie ihren Bedarf nicht völlig durch das Einkommen und Vermögen decken können, wobei aber nur in Höhe der Differenz Anspruch auf Leistungen besteht. Gleiches gilt bei sogenannten überlappenden Einsatzgemeinschaften. Solche können entstehen, wenn für Familienangehörige zwar der Einsatz von Einkommen und Vermögen Einzelner, nicht aber der ganzen Einsatzgemeinschaft in Frage kommt.164 Dies ist vor allem der Fall, wenn innerhalb einer Familie ein oder mehrere Kinder nur von einem Elternteil abstammen, da der nicht leibliche Elternteil nicht verpflichtet ist, sein Einkommen und Vermögen für das nicht leibliche Kind nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII einzusetzen. Es ist unzulässig, den Bedarf des Elternteils als (ganz oder teilweise) von dessen Partner gedeckt anzunehmen und nun dessen Einkommen und Vermögen zur Bedarfsdeckung im Rahmen einer Einsatzgemeinschaft für das Kind anzurechnen. Die Bildung einer solchen Einsatzgemeinschaftskette ist unzulässig.165 Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 13. Siehe BT-Drs. 15 / 1514, S. 57. 164 Siehe Haubelt, Rdn. 58; Schoch, ZfS 1989, S. 297 (303). 165 BVerwGE 108, 36 (39); OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 22; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 33; Schoch, 162 163

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In diesen Fällen würde bei einer gemeinsamen Berechnung die Gefahr bestehen, dass Personen in die Berechnung einbezogen würden, die nicht berücksichtigt werden dürfen, oder dass Einkommen und Vermögen bei allen Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft berücksichtigt werden, obwohl diese entweder gar nicht (wie minderjährige Kinder) oder nicht allen Mitgliedern gegenüber einsatzpflichtig sind. Hier wird das Spannungsverhältnis zwischen dem individuellen Hilfeanspruch des § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und der Aufrechterhaltung der Familie als Einkommens- und Vermögenseinheit in Satz 2 deutlich. Zwar soll die Sozialhilfe die besonderen Verhältnisse in der Familie berücksichtigen (§ 16 SGB XII), daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Familiengemeinschaft im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII als eine Haftungsgemeinschaft angesehen werden darf.166

III. Regelungen mit Bezug zur Einsatzgemeinschaft Auch wenn die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft Einzelansprüche haben und grundsätzlich unabhängig von den anderen Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft sind, gibt es Regelungen, in denen die Zugehörigkeit zur Einsatzgemeinschaft eine gewisse Bedeutung hat oder zu haben scheint. Dies sind Regelungen zur Leistungseinschränkung bei Fehlverhalten eines Mitglieds der Einsatzgemeinschaft, zum Verwaltungsverfahren und zu Unterhaltsansprüchen gegenüber oder innerhalb der Einsatzgemeinschaft. Sie sollen im Folgenden dargestellt werden. 1. Einschränkung von Leistungen bei Fehlverhalten eines Mitglieds der Einsatzgemeinschaft? Bei der Bedarfsgemeinschaft wirken sich Pflichtverletzungen unmittelbar auch auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus. Auch in der Sozialhilfe stellt sich die Frage, wie sich das Fehlverhalten eines Mitglieds auf die anderen Mitglieder auswirken kann. Nach §§ 26, 39 SGB XII ist es möglich, bei Fehlverhalten die Leistungen einzuschränken. Es ist jedoch so weit wie möglich zu verhüten, dass die unterhaltsberechtigten Angehörigen oder andere mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Leistungsberechtigte durch die Einschränkung der Leistung mitbetroffen werden (§§ 26 Abs. 1 Satz 2, 39 Abs. 2 SGB II). Sind ein Ehegatte, ein eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Partner, ein Lebenspartner oder ein Elternteil (oder beide Elternteile) zwar in die Einsatzin: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 28; ders., ZfS 1989, S. 297 (303); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 25. 166 Siehe BVerwG, FEVS 43, 268 (272); Schoch, in: LPK-SGB XII, 7. Auflage, § 19, Rdn. 52.

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gemeinschaft einbezogen, nicht aber anspruchsberechtigt, weil das Einkommen und / oder Vermögen dazu ausreicht, den eigenen Bedarf zu decken, so treffen diese Mitglieder auch keine sozialhilferechtlichen Obliegenheiten. Sie sind keine Leistungsberechtigten, mit der Folge, dass eine Einkommens- und Vermögensverringerung oder fortgesetztes unwirtschaftliches Verhalten nicht zu einer Leistungseinschränkung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 SGB XII führt.167 Es ist sachgerecht, danach zu unterscheiden, ob Angehörige des in §§ 19 Abs. 1 Satz 2, 20 SGB XII genannten Personenkreises aufgrund von Einkommen in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und deshalb nicht auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind oder ob sie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen.168 Eine andere Auslegung würde gegen den Einzelanspruchsgrundsatz verstoßen und wäre zudem nicht mit § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu vereinbaren, wonach es möglichst zu verhüten ist, dass die unterhaltsberechtigten Angehörigen durch die Einschränkung der Hilfe mitbetroffen werden. Die Hilfe kann somit für diejenigen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft, deren Bedarf nicht durch Einkommen und / oder Vermögen gedeckt ist, nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche eingeschränkt werden. Damit schaffen die Bedarfsdeckungsregelungen bei zusammenlebenden Personen unter den genannten Voraussetzungen zwar eine Einkommens- und Vermögenseinsatzgemeinschaft, nicht aber auch zugleich eine Verschuldensgemeinschaft. Die teilweise andere Praxis führt dazu, dass wegen der undifferenzierten Zusammenfassung aller Bedarfe und Einkommen in einer Bedarfsberechnung die Sozialhilfeträger nicht realisieren, wer in einer gemeinsamen Berechnung leistungsberechtigt ist und wer nicht.169 2. Einsatzgemeinschaft und Verwaltungsverfahren Die Einsatzgemeinschaft kann auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, zum Beispiel bei der Beantragung oder Entgegennahme von Leistungen, eine gewisse Rolle spielen. Im Gegensatz zur Grundsicherung für Arbeitsuchende findet sich in der Sozialhilfe keine Regelung in Bezug auf das Verwaltungsverfahren, insbesondere für die Vertretung der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft durch eines der Mitglieder. Deswegen kommen hier die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung. Da die Hilfe zum Lebensunterhalt antragsunabhängig ist, reicht es aus, wenn ein Mitglied der Einsatzgemeinschaft den Anspruch geltend macht (siehe § 18 167 Siehe BVerwG, FEVS 38, 145 (147); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 22; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 28. Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 27. Allerdings kommt hier dann ein Kostenersatz nach § 103 SGB XII in Betracht. 168 Siehe OVG Lüneburg, FEVS 145 (148). 169 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 29; ders., in: ZfF 2004, S. 169 (174).

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SGB XII). Handlungsunfähige Personen, also Kinder bis zum 15. Lebensjahr, bedürfen zur Antragstellung der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters (§ 36 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Jedes einzelne Mitglied der Einsatzgemeinschaft hat – wie dargestellt – einen eigenen Anspruch auf Sozialhilfe. Deshalb ist bei der Gewährung von Sozialhilfe an eine Einsatzgemeinschaft in dem Bewilligungsbescheid, insbesondere in den Bedarfs- und Einkommensberechnungen, klar zu regeln, welcher Teilbetrag der jeweils bewilligten Sozialhilfe auf die einzelnen Leistungsberechtigten entfällt.170 Der Bewilligungsbescheid ist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist. Der individuelle Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt verlangt, dass der Anspruch individuell festgesetzt und der Bescheid jedem Mitglied der Einsatzgemeinschaft gesondert bekannt gegeben wird171. Anders als § 38 SGB II ordnet § 19 SGB XII weder die Vertretung durch den Haushaltsvorstand oder den Antragsteller an noch ermöglicht er sie.172 Die teilweise angenommene Möglichkeit, Bescheide des Sozialhilfeträgers, die dem Haushaltsvorstand auch für seine Haushaltsangehörigen Sozialhilfe gewähren, dahingehend auszulegen, dass sie unter der Adresse des Haushaltsangehörigen an alle Familienmitglieder gerichtet sind173, stimmt weder mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch mit der überwiegenden Auffassung in der Literatur überein.174 Deshalb kann nur im Falle der Bevollmächtigung oder gesetzlichen Vertretung der Bescheid an den Haushaltsvorstand gerichtet werden, wobei aber auch hier die einzelnen Bedarfssätze auf die Familienangehörigen aufzugliedern sind.175 Soweit keine Bevollmächtigung nach §§ 13 bis 15 SGB X oder eine gesetzliche Vertretung vorliegt, ist jedem einzelnen Leistungsberechtigten der Bescheid bekannt zu geben.176 170 Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 36; Schoch, LPK-BSHG, § 11, Rdn. 33; ders., NDV 2002, S. 8 (14). 171 Bei Kindern unter 15 Jahren hat die Bekanntgabe an den Handlungsberechtigten zu erfolgen, § 36 SGB I. 172 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 13; Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 33. 173 So aber OVG Lüneburg, FEVS 48, 170; ZfF 1989, S. 273 (275); VGH Kassel, ZfSH 1972, S. 88; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 19, Rdn. 6; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 7; Seidel, in: Oestreicher / Decker, SGB XII, § 19, Rdn. 42; Schwabe, ZfF 1993, S. 201. Der Haushaltsvorstand wirkt dabei gleichsam als Bevollmächtigter seines Ehegatten und als gesetzlicher Vertreter seiner Kinder mit, siehe VGH Kassel, ZfSH 1972, S. 88. 174 Siehe BVerwG, FEVS 43, 268 (270); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 36; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 11, Rdn. 23; Schoch, NDV 2002, S. 8 (14); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 26; ders., in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 37. 175 OVG Münster, FEVS 48, 352 (354); Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 11; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 35; H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (755). 176 Siehe Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 13; Rothkegel, Strukturprinzipien, S. 43; ders., ZfSH 2000, S. 259 (270 f.); Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 35. A.A. sind Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 7.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Was für Leistungsbescheide gilt, muss ebenso für Rücknahme- und Rückforderungsbescheide bei Erstattung zu Unrecht gewährter Sozialhilfe gelten. Denn der Erstattungsanspruch ist das Spiegelbild des Leistungsverhältnisses.177 Wird der Rücknahmebescheid lediglich an den Haushaltsvorstand gerichtet, kann darin allenfalls die Rücknahme des diesem gegenüber ergangenen Bewilligungsbescheids gesehen werden.178 Ein Rückforderungsbescheid ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, wenn in seinem Tenor ein Gesamtbetrag von der Einsatzgemeinschaft gefordert wird. Es reicht auch nicht aus, wenn in der Begründung die Rückforderungssumme zwischen den Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft aufgeteilt wird, ohne dass eindeutig hervorgeht, welcher Betrag von welchem Mitglied der Einsatzgemeinschaft zurückgefordert wird.179 Denn die Einsatzgemeinschaft ist keine Haftungsgemeinschaft.180 Nimmt der Sozialhilfeträger einen Hilfe gewährenden Bescheid zurück, weil er die Hilfegewährung wegen des Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten für rechtswidrig hält, so kann er nur den Empfänger der Hilfe, nicht aber dessen nicht getrennt lebenden Ehegatten auf Rückzahlung in Anspruch nehmen181 Zwischen dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, der nicht selbst leistungsberechtigt ist, und dem Sozialhilfeträger besteht kein sozialhilferechtliches Leistungsverhältnis und folglich auch kein Erstattungsverhältnis.182 Das gilt auch dann, wenn einem minderjährigen Mitglied der Einsatzgemeinschaft zu Unrecht Sozialhilfe gewährt worden ist. Der Erstattungsbescheid kann auch dann nicht gegen die Eltern gerichtet werden, wenn diese die Überzahlung durch Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht verursacht und die überzahlten Beträge aufgrund ihres Sorgerechts vereinnahmt haben.183 Allerdings besteht dann die Möglichkeit der Rückforderung nach § 104 SGB XII. Auch die Möglichkeit, Rechtsschutz zu begehren, ist auf den einzelnen Anspruchsberechtigten bezogen, da nur derjenige, der konkret in seinen Rechten betroffen ist, Widerspruch einlegen kann und klagebefugt ist. Bei einer Familiengemeinschaft müssen alle Mitglieder, die betroffen sind, klagen184, bei Kindern der gesetzliche Vertreter (§ 36 SGB I). 177 BVerwG, FEVS 43, 268 (271); 43, 441 (442); Linhart, NDV 1996, S. 354 (355); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 37; Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 37; ders., NDV 2002, S. 8 (15). 178 Linhart, NDV 1996, S. 354 (355); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 37; Schoch, NDV 2002, S. 8 (15). 179 OVG Lüneburg, FEVS 55, 10 (12 f.); Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 37. 180 BVerwG, NDV 1993, S. 239 (240). 181 BVerwG, FEVS 43, 268 (272 f.); 43, 441 (443). 182 OVG Lüneburg, FEVS 55, 10. 183 BVerwG, FEVS 43, 324; 43, 441; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 13; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 23; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 36; Schwabe, ZfF 1993, S. 201 (202). Allerdings muss sich der Minderjährige das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen.

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft

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3. Unterhaltsansprüche Unterhaltsansprüche können in zweifacher Hinsicht einen Einfluss auf die Einsatzgemeinschaft haben. Zum einen bestehen zwischen den von § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu einer Einsatzgemeinschaft zusammengefassten Personen gesteigerte Unterhaltspflichten. Nach §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB sind Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern unterhaltspflichtig, zwischen Ehegatten bestehen Unterhaltspflichten nach §§ 1360, 1361 BGB (während bestehender Ehe), §§ 1569 ff. BGB (nach der Scheidung). Lebenspartner sind nach § 12 LPartG (während bestehender Lebenspartnerschaft), § 16 LPartG (nach Beendigung der Lebenspartnerschaft) zum Unterhalt verpflichtet. Andererseits können aber auch Unterhaltspflichten zwischen einem Mitglied der Einsatzgemeinschaft und einem Dritten bestehen. Während im ersteren Fall § 19 Abs. 1 SGB XII zur Anwendung kommt, gilt im zweiten Fall § 94 SGB XII.

a) Öffentliche Realisierung der Unterhaltspflicht Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit stellt das SGB XII nicht allein auf die Lebensverhältnisse des Leistungsberechtigten, sondern auch auf die Lebensverhältnisse der in § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII genannten Personen ab. Die Sozialhilfe bestimmt die in Übereinstimmung mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG durch Ehe und Familie typischerweise gegebene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation zum Ausgangspunkt der staatlichen Hilfe.185 Ehegatten, Lebenspartner und Eltern oder Elternteile sind zwar gesteigert unterhaltspflichtig und haben ihr Einkommen und Vermögen in gleicher Weise wie der Leistungsberechtigte selbst einzusetzen. Die Sozialhilfe knüpft aber nicht an die bürgerlich-rechtliche Unterhaltsregelung, insbesondere nicht an das Bestehen einer Unterhaltspflicht, an; maßgeblich ist allein, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit vorliegt.186 Denn die Sozialhilfe ist Ausdruck des sozialen Gestaltungswillens des Staates, der Erfüllung der Sozialstaatsklausel, während das Unterhaltsrecht auf dem Gedanken der Haftung des Familienverban184 BVerwG, NDV 1985, S. 136 (137); OVG Lüneburg, NJW 2003, S. 3503; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 35; ders., NDV 2002, S. 8 (14); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 37. 185 BVerwGE 23, 149 (154); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (476). 186 BVerwGE 23, 149 (154); 25, 307 (310); 66, 82 (88); VGH Kassel, FEVS 34, 19 (22); VGH Mannheim, FEVS 42, 284 (287); OVG Lüneburg, FEVS 49, 201 (203); 55, 355 (358); OVG Greifswald, FEVS 51, 465 (468); VGH München, FEVS 56, 37 (40); OlG Düsseldorf, FamRZ 1999, S. 885 (886); Freitag, § 18, Rdn. 6; Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 21; W. Schellhorn, FuR 1990, S. 20 (21); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 11; ders., NDV 2002, S. 8 (10); ders., in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 20; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 17. Siehe auch schon BVerfGE 9, 20 (30). Die gesteigerte Unterhaltspflicht war möglicherweise Motiv für die Schaffung der Einsatzgemeinschaft, die konkrete Regelung hat sich aber in Inhalt und Umfang von der bürgerlich-rechtlichen Betrachtung der Unterhaltspflicht gelöst.

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

des für bedürftige Angehörige beruht.187 § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst allerdings den gleichen Personenkreis unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass die Ehegatten oder Lebenspartner tatsächlich nicht dauernd getrennt leben oder die minderjährigen und unverheirateten Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören.188 Die Hilfe zum Lebensunterhalt knüpft dabei nicht primär an das durch Ehe und Familie hergestellte Band des Leistungsberechtigten zu seinem Ehegatten und seiner Familie an, sondern an das Leben in der Familiengemeinschaft und an die Leistungsfähigkeit der Angehörigen189. Die Sozialhilfegewährung (oder -ablehnung) unter Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII und die damit verbundene Einkommens- und Vermögensberücksichtigung wirken sich aber auf die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht dadurch aus, dass der Unterhaltsbedarf durch das Zusammenleben und Wirtschaften „aus einem Topf“ im Ergebnis öffentlich-rechtlich realisiert wird.190 b) Aufwendungsersatz bei unterlassener Unterhaltsleistung innerhalb der Einsatzgemeinschaft Unterhaltsansprüche des Leistungsberechtigten außerhalb der Einsatzgemeinschaft bleiben aber ungeachtet der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 2 BSHG und des Anspruchs bestehen. Nach § 2 Abs. 2 SGB XII ist ausdrücklich bestimmt, dass Verpflichtungen anderer, besonders Unterhaltspflichtiger, durch das SGB XII nicht berührt werden. Der Unterhaltsschuldner wird also durch die Sozialhilfeleistung an den Unterhaltsgläubiger nicht frei. Die Unterhaltsansprüche gehen nach § 94 SGB XII auf den Sozialhilfeträger über. Allerdings muss der Unterhaltsanspruch bestehen, das heißt, die Beteiligten müssen zum Personenkreis der Unterhaltsberechtigten / Unterhaltsverpflichteten gehören, es muss sich um einen Unterhaltsbedarf handeln und es muss Unterhaltsbedürftigkeit vorliegen.191 Von dem Anspruchsübergang ausgeschlossen ist aber der Personenkreis des § 19 SGB XII (§ 94 Abs. 1 Satz 3 1. Alt. SGB XII). Der Grund für die Regelung in § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII liegt darin, dass bereits bei der Bedarfsdeckung die Leistungsfähigkeit der zur Einsatzgemeinschaft gehörenden Personen berücksichtigt wird. Lebt der Leistungsberechtigte mit einem Unterhaltspflichtigen in einer Einsatzgemeinschaft zusammen, werden nach § 19 SGB XII nur so weit Leistungen erbracht, wie die unmittelbare Bedarfsdeckung durch diese Unterhaltspflichtigen nicht möglich ist.192 W. Schellhorn, FuR 1990, S. 20 (21). Schoch, NDV 2002, S. 8 (10). 189 BVerwGE 23, 149 (155); Schulte, ZfSH / SGB 1990, S. 471 (476). 190 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 11; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 11; ders., NDV 2002, S. 8 (10). Siehe auch BVerwGE 52, 11 (14). 191 Zu den Einzelheiten siehe Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (163 ff.). 192 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 94, Rdn. 47; Schröder, in: Jahn, SGB XII, § 94, Rdn. 7. 187 188

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft

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Setzen die Unterhaltspflichtigen allerdings ihr Einkommen und Vermögen nicht für das bedürftige Mitglied der Einsatzgemeinschaft ein, so kann der Sozialhilfeträger erweiterte Hilfe leisten und die Ersetzung dieser Aufwendungen nach § 19 Abs. 5 SGB XII von dem Mitglied der Einsatzgemeinschaft verlangen. Zwar sieht § 19 Abs. 5 SGB XII wie noch § 11 Abs. 2 BSHG für diese Fälle die Erbringung erweiterter Hilfe expressis verbis nicht vor. Wenn allerdings Leistungen erbracht worden sind, haben die Empfänger die Aufwendungen in diesem Umfang zu erstatten. Damit wird die Leistungserbringung auch in diesen Fällen logischerweise vorausgesetzt193, sonst käme ein gesamtschuldnerischer Aufwendungsersatz nicht in Betracht. Damit ist es auch im neuen Recht möglich, die Bedarfsdeckung dann zu erreichen, wenn Einkommen und Vermögen ausreichend vorhanden sind, dem die Leistung Begehrenden aber nicht zur Verfügung gestellt werden.194 Dieser öffentlich-rechtliche Aufwendungsersatzanspruch ist aber nicht vom Bestand oder Umfang einer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht abhängig.195 Allerdings gehen die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der in der Einsatzgemeinschaft einbezogenen Personen in ihrem Ausmaß grundsätzlich nicht über deren gesteigerte Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht hinaus.196 Erbringt der Sozialhilfeträger also Leistungen an den Leistungsberechtigten, obwohl ein Unterhaltsschuldner vorhanden ist, hat er einen Aufwendungsersatzanspruch. Ist der Unterhaltsschuldner Mitglied der Einsatzgemeinschaft, besteht dieser Anspruch nach § 19 Abs. 5 SGB XII, bildet er mit dem Leistungsberechtigten keine Einsatzgemeinschaft, ist er nach § 94 SGB XII ersatzpflichtig. § 19 Abs. 5 SGB XII wird dabei hauptsächlich in dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, die in Einsatzgemeinschaft leben, anwendbar sein. Im Hinblick auf die eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften ist anzunehmen, dass sie im Falle des § 19 Abs. 5 SGB XII wegen mangelnder gegenseitiger Unterstützung keine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft mehr sind und somit keine Einsatzgemeinschaft bilden, § 19 Abs. 5 SGB XII folglich auch nicht mehr zur Anwendung kommen kann. Ähnliches muss dann auch für das Verhältnis von Ehepartnern gelten, weil es sonst zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft kommen würde. In der Nichtgewährung von Leistungen muss die konkludente Erklärung des Getrenntlebens mit der Folge der Anwendung des § 94 SGB XII zu sehen sein.197 193 So BT-Drs. 15 / 1514, S. 57 zu Abs. 4 (jetzt Abs. 5): Danach überträgt diese Regelung inhaltsgleich den bisherigen § 11 Abs. 2 BSHG und den bisherigen § 29 BSHG. 194 Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn 9; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 10. Allerdings leistet der Sozialhilfeträger in diesen Fällen nach dem Bruttoprinzip, obwohl die Sozialhilfe an und für sich vom Nettoprinzip beherrscht wird, siehe Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 19, Rdn. 49; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 19 SGB XII, Rdn. 33. 195 BVerwGE 66, 82 (87 f.); Gottschick / Giese, BSHG, § 29, Rdn. 4.3.; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 29, Rdn. 23; ders., FuR 1993, S. 261 (262). 196 Schellhorn / Schellhorn, FuR 1993, S. 261 (263). 197 Siehe BVerwGE 98, 195 (201 f.); Cordes, ZfF 2001, S. 1 (6).

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

c) Übergang von Unterhaltsansprüchen Der Sozialhilfeträger hat nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII einen Aufwendungsersatzanspruch, wenn er Leistungen an einen Leistungsberechtigten erbringt, der für den Leistungszeitraum einen Unterhaltsanspruch hat.198 Lebt der Unterhaltspflichtige in einer Einsatzgemeinschaft, der der Unterhaltsberechtigte nicht angehört, kann der Anspruchsübergang dazu führen, dass ein anderes Mitglied der Einsatzgemeinschaft leistungsberechtigt wird. Das alte Recht sah in diesem Zusammenhang eine öffentlich-rechtliche Vergleichsberechnung vor, die auch die Einsatzgemeinschaft berücksichtigte. Für den Ausschluss des Anspruchsübergangs genügte schon, dass durch die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs ein beliebiges Mitglied der Einsatzgemeinschaft des Unterhaltsverpflichteten sozialhilfebedürftig wurde.199 Demgemäß hatten die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft Vorrang gegenüber den Unterhaltsgläubigern. Dies widersprach aber dem Unterhaltsrecht, da die Rangvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1582, 1609 BGB) das Rangverhältnis verschiedener Bedürftiger regeln und nicht nach der Haushaltszugehörigkeit unterscheiden. So können Unterhaltsberechtigte (zum Beispiel minderjährige Kinder) im Rang vor Mitgliedern der Einsatzgemeinschaft (zum Beispiel dem zweiten Ehegatte) vorgehen, so dass der nachrangige Gläubiger auch dann ausfällt, wenn er mit dem Unterhaltsverpflichteten zusammenlebt.200 Nach neuem Recht entfällt jedoch die öffentlich-rechtliche Vergleichsberechnung.201 Generell ist ein Anspruchsübergang nur noch ausgeschlossen, wenn der Unterhaltspflichtige selbst bereits Leistungsberechtigter nach dem 3. Kapitel ist oder dies bei Erfüllung des Anspruchs würde (§ 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB XII). Hier ist zwar auch eine sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung202 durchzuführen, aus der Gesetzesformulierung folgt aber, dass nur auf den Unterhaltspflichtigen selbst und nicht auf die mit ihm in einer Einsatzgemeinschaft lebenden weiteren Unterhaltsberechtigten abzustellen ist.203 Insofern ist das Gesetz eindeutig. 198 An der Regelung des § 94 SGB XII zeigt sich, wie wichtig die korrekte Bedarfsberechnung ist. Kann eine Person der Einsatzgemeinschaft ihren Bedarf durch Einkommen und Vermögen vollständig decken, kommt § 94 SGB XII bei dieser nicht zur Anwendung. 199 Brudermüller, FamRZ 1995, S. 1032 (1036); Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 91, Rdn. 11; Sartorius, S. 212; W. Schellhorn, FuR 1990, S. 20 (23); ders., FuR 1995, S. 10 (11 f.); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 91, Rdn. 73; dies., FuR 1993, S. 261 (266); H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (757). A.A. sind BGH, NJW 1996, S. 2793; Hußmann, FPR 2004, S. 534 (538); Schaefer / Wolf, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 91, Rdn. 58. Kritisch äußern sich Hampel, FamRZ 1996, S. 513 (518); Künkel, FamRZ 1994, S. 540 (546); Münder, in: LPK-BSHG, § 91, Rdn. 75. 200 Siehe BGH, FamRZ 1996, S. 1272 (1273). 201 BT-Drs. 15 / 1514, S. 66 zu § 89 SGB XII-E (jetzt § 94 SGB XII). 202 Krahmer / Müller, ZfF 2005, S. 79; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 73; Schröder, in: Jahn, SGB XII, § 94, Rdn. 12. 203 Siehe auch BGH, NJW 1996, S. 2793; Bress-Brandmaier / Gühlstorf, ZfF 2005, S. 193 (200); Hampel, FamRZ 1996, S. 513 (518); Künkel, FamRZ 1994, S. 540 (546); Münder, in:

C. Die Folgen der Feststellung einer Einsatzgemeinschaft

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Wenn der Gesetzgeber die jetzige sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung auf die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft hätte ausdehnen wollen, hätte diese in § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XII miterwähnt werden müssen. Denn selbst dann, wenn nach Anspruchsübergang der Unterhaltspflichtige den Bedarf der übrigen Haushaltsangehörigen nicht sicherstellen kann, werden nur diese leistungsberechtigt nach dem 3. Kapitel und nicht er selbst. Sein verbleibendes Einkommen liegt über dem Sozialhilfesatz.204 Außerdem würden bei der Berücksichtigung der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft die Regelungen über die Unterhaltsrangfolge (§§ 1582, 1609 BGB) umgangen. Mitglieder der Einsatzgemeinschaft sind somit bei der sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung nicht zu berücksichtigen. Bei der Einkommensberücksichtigung werden allerdings, entgegen dem Unterhaltsrecht, fiktive Einkünfte nicht berücksichtigt.205 Nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist außerdem unklar, wie im Rahmen der Vergleichsberechnung der Bezieher von Arbeitslosengeld II zu behandeln ist. Dieser kann nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II keine Sozialhilfe nach dem dritten Kapitel des Zwölften Buches (SGB XII) beziehen, so dass er nach dem Wortlaut des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XII nicht vom Anspruchsübergang verschont werden kann. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass der Schuldner mit dem Arbeitslosengeld II über kein höheres Einkommen verfügt, als er als Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen könnte, wenn er Leistungsberechtigter wäre. Allenfalls kann ein Anspruchsübergang dann in Betracht kommen, wenn der Unterhaltspflichtige in den ersten beiden Jahren nach Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I nach § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag zum Arbeitslosengeld II erhält.206 Die Neuregelung in § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XII beseitigt zwar den Widerspruch zum Unterhaltsrecht, denn die Unterhaltsberechtigten in der Einsatzgemeinschaft haben nicht mehr Vorrang vor den Unterhaltsberechtigten außerhalb der Einsatzgemeinschaft. Die Regelung führt aber dazu, dass das Mitglied der Einsatzgemeinschaft, das sozialhilfebedürftig wird, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Unterhaltspflicht nachkommt, sofort Sozialhilfe beantragen wird. Anstatt der beabsichtigten Verringerung des Verwaltungsaufwandes207 wird dieser um ein LPK-SGB XII, § 94, Rdn. 41. A.A. sind Brudermüller, FamRZ 1995, S. 1032 (1036); H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (759). 204 Hußmann, FPR 2004, S. 534 (538). 205 BGH, FamRZ 1998, S. 818 (819); 1999, S. 843 (846); 2000, S. 1358 (1359); OVG Berlin, FEVS 44, 15 (17); OlG Düsseldorf, FamRZ 1999, S. 885 (886); Brudermüller, FamRZ 1995, S. 1032 (1037); Cordes, ZfF 2001, S. 1 (7); Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 91, Rdn. 11; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 10; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 14, Rdn. 13; Schaefer / Wolf, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 91, Rdn. 56; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 91, Rdn. 40; W. Schellhorn, FuR 1990, S. 20 (25); H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (760); Schröder, in: Jahn, SGB XII, § 94, Rdn. 3; Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 82 SGB XII, Rdn. 17. 206 H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (758). 207 BT-Drs. 15 / 1514, S. 67 zu § 89 SGB XII-E (jetzt § 94 SGB XII).

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Kap. 3: Die Einsatzgemeinschaft des SGB XII

Vielfaches ansteigen. Außerdem sieht das Unterhaltsrecht teilweise höhere Eigenbedarfsgrenzen für den Unterhaltspflichtigen vor. Ferner erfolgt die Anrechnung von Kindergeld und Wohnkosten im Unterhalts- und Sozialhilferecht unterschiedlich. Diese Abweichungen des Sozialhilferechts vom Unterhaltsrecht können, insbesondere in ihrer Kumulation, bewirken, dass der Unterhaltsanspruch nur zu einem Teil auf den Sozialhilfeträger übergeht, obwohl der Unterhaltspflichtige die gesamte Sozialhilfe ohne Beeinträchtigung seines Selbstbehalts erstatten könnte. Allerdings ist die Abweichung nicht mehr so hoch wie im früheren Recht, denn die Anrechnung des Kindergeldes und die daraus resultierende andere Verteilung der Sozialhilfe auf die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft bewirken, dass sich Unterhaltsanspruch und die gewährte Sozialhilfe weitgehend decken.208

D. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft ebenso wie Eltern mit ihren minderjährigen unverheirateten Kindern eine Einsatzgemeinschaft und keine Bedarfsgemeinschaft bilden. Dies resultiert aus der Regelung des § 19 Abs. 1 SGB XII (in Verbindung mit § 20 SGB XII für die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft), der trotz Veränderung des Wortlauts im Vergleich zu § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG auch weiterhin einen Individualanspruch enthält, was sich aus der Auslegung des Gesetzes eindeutig ergibt. Sinn und Zweck der Einsatzgemeinschaft ist es, den Nachrang wiederherzustellen. Dieser wird dadurch gesichert, dass die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft alle verfügbaren Kräfte und Mittel einsetzen. § 19 Abs. 1 SGB XII liegt also der Gedanke zugrunde, dass Menschen, die in ehelicher Lebensgemeinschaft oder sonstiger enger familiärer Beziehung zusammenleben, gewöhnlich gemeinsam wirtschaften, also zumindest einen Teil ihrer Mittel für den Lebensunterhalt der Familie verbrauchen. Im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt können Einkommen und Vermögen der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft gemeinsam berücksichtigt und der Bedarf gemeinsam berechnet werden, solange die Einzelansprüche noch erkennbar bleiben und ein Mitglied keine seinen Bedarf übersteigendes Einkommen und Vermögen hat. In einem solchen Fall ist die Berechnung getrennt durchzuführen. Die Verteilung des Einkommens- oder Vermögensüberschusses erfolgt dabei entsprechend dem prozentualen Anteil des nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Bedarfs des Einzelnen zum nicht durch Einkommen gedeckten Bedarf aller Mitglieder der Einsatzgemeinschaft. Sind bereinigtes Einkommen und verwertbares Vermögen 208

Siehe dazu die Rechenbeispiele bei H. Scholz, FamRZ 2004, S. 751 (756).

D. Zusammenfassung

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ausreichend vorhanden, erhält die gesamte Einsatzgemeinschaft keine Leistungen, es sei denn, dass der Einkommens- und Vermögensinhaber es nicht zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stellt. Das nicht leistungsberechtigte Mitglied der Einsatzgemeinschaft ist kein Leistungsberechtigter und deswegen treffen ihn auch die sozialhilferechtlichen Obliegenheiten nicht. § 19 Abs. 1 SGB XII ist verfassungsgemäß, wenn alle sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften in die Regelung mit einbezogen werden. § 19 Abs. 1 SGB XII stellt auf die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse ab und nicht auf unterhaltsrechtliche Maßstäbe. Er enthält eine öffentlich-rechtliche Leistungserwartung. Allerdings wird das Unterhaltsrecht dadurch nicht berührt. In der Einsatzgemeinschaft bestehende, aber nicht erfüllte Unterhaltsansprüche kann der Sozialhilfeträger nach § 19 Abs. 5 SGB XII geltend machen. Die Regelung des § 94 SGB XII kommt zur Anwendung, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht der Einsatzgemeinschaft angehört. In die erforderliche sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung sind die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft nicht mit einzubeziehen. Unterhaltsrecht und Einsatzgemeinschaft stehen sich nach neuem Recht als relativ gleichberechtigt gegenüber, da die Widersprüche zwischen beiden minimiert wurden.

Kapitel 4

Die Haushaltsgemeinschaft Eine weitere Möglichkeit, das Zusammenleben von Personen zu erfassen, ist die Haushaltsgemeinschaft. Sie findet sich sowohl in der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch in der Sozialhilfe. Sie ist Ausdruck des Nachranggrundsatzes, denn es sollen erst Einkommen und Vermögen der mit dem Antragsteller zusammenlebenden Personen oder der Verwandten und Verschwägerten verbraucht werden, bevor der Sozialhilfeträger oder der Leistungsträger nach dem SGB II leisten muss. Die Haushaltsgemeinschaft ist für die Grundsicherung für Arbeitsuchende in § 9 Abs. 5 SGB II und für das Sozialhilferecht in § 36 SGB XII geregelt. Zwischen diesen beiden Haushaltsgemeinschaften bestehen allerdings wesentliche Unterschiede. Zum einen erfasst die Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II nur Verwandte und Verschwägerte des Hilfebedürftigen, während § 36 SGB II jede Haushaltsgemeinschaft von zusammenlebenden Personen erfasst. Zum anderen sieht § 36 SGB XII im Gegensatz zu § 9 Abs. 5 SGB II eine Beweislastumkehr für das Merkmal „gemeinsames Wirtschaften“ und der Leistungsfähigkeit zugunsten des Leistungsträgers vor. Im Folgenden sollen die Haushaltsgemeinschaften näher betrachtet werden.

A. Die Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Hilfebedürftige, die in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten und Verschwägerten leben, von diesen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Damit ist die bisherige in § 16 Satz 1 BSHG enthaltene Regelung in die Grundsicherung für Arbeitsuchende übernommen worden.1 Allerdings fehlt in § 9 Abs. 5 SGB II eine dem § 16 Satz 2 BSHG vergleichbare Regelung. Diese Vorschrift besagte, dass dem Betroffenen Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren war, soweit der Hilfesuchende von seinen Verwandten und Verschwägerten Leistungen zum Lebensunterhalt nicht erhält. Sie enthielt damit die Möglichkeit, die Vermutung des § 16 Abs. 1 BSHG zu widerlegen. Bei dem Fehlen 1 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 48. Insoweit kann auch die dazugehörige Literatur und Rechtsprechung weiter verwendet werden.

A. Die Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II

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kann es sich aber nur um ein Redaktionsversehen handeln2, denn nach der amtlichen Begründung3 enthält § 9 Abs. 5 SGB II eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen verwandte oder verschwägerte Personen, die nicht der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II angehören und in einem Haushalt mit dem Erwerbsfähigen leben, diesem Leistungen zum Lebensunterhalt erbringen. Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II ist somit auch widerlegbar. § 9 Abs. 5 SGB II stellt also die Vermutung auf, dass Verwandte oder Verschwägerte, die in Haushaltsgemeinschaft miteinander leben, unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht aufgrund sittlicher Verpflichtung in einer wirtschaftlichen Notsituation einander Unterhalt gewähren, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.4 Sie stellt damit eine gesetzliche Fixierung und Fortentwicklung der sogenannten Familiennotgemeinschaft dar, die in der Rechtsprechung zum Fürsorgerecht als erweiterte Haftung des Familienverbandes entwickelt wurde.5 Es wird darauf abgestellt, dass in funktionierenden Familien häufig aus sittlichen Gründen eine Unterstützung in Mangelsituationen erfolgt. Aus der einheitlichen und abschließenden Regelung der Familiennotgemeinschaft in § 9 Abs. 5 SGB II ergibt sich, dass es dem Träger der Sozialhilfe verwehrt ist, strengere Grundsätze anzuwenden, als sie in § 9 Abs. 5 SGB II enthalten sind.6 § 9 Abs. 5 SGB II enthält keine eigene, über das bürgerliche Recht hinausgehende öffentlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtung7, sondern lediglich eine ge2 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 49. Zustimmend äußert sich Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 3. 3 BT-Drs. 15 / 1516, S. 53. 4 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.21. Siehe auch OVG Lüneburg, FEVS 1, 42 (46) 1, 81 (81 f.); VGH München, FEVS 11, 290 (291); OVG Münster, FEVS 38, 319 (322 f.); Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 59; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 78; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 1; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (1), S. 189. Siehe auch Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 1; Oppermann, S. 141. 5 BT-Drs. III / 1799, S. 40; Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.21. Vgl. auch BVerwG, NDV 1966, S. 250; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 59; Freitag, § 18, Rdn. 9; Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 1; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 3; v. Maydell, ZfS 1963, S. 430; T. Müller, S. 150; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 1; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 2; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (1), S. 189. Siehe auch BVerwGE 23, 255 (257); BVerwG, FEVS 46, 441 (442); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 2. Zur Familiennotgemeinschaft vor § 16 BSHG siehe BVerwGE 10, 145 (147 f.); 15, 306 (312); BVerwG, NDV 1965, S. 311; VGH München, FEVS 11, 290 (291); OVG Lüneburg, ZfF 1952, S. 115 ff.; Jehle, DVBl. 1951, S. 65 (66 f.); ders., ZfSH 1963, S. 129. 6 Vgl. Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 1. 7 Vgl. BGH, FamRZ 1980, S. 40 (41 f.); DIV-GutA v. 29. 09. 1998, DAVorm 1999, S. 103 (104); Luckey, S. 40; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 12; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (2), S. 190.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

setzliche Vermutung und eine Regelung der Beweislast8. Die Vermutung ist allerdings gegenüber der Regelung des § 9 Abs. 1 SGB II nachrangig. Steht fest, dass der Antragsteller die erforderliche Hilfe tatsächlich von Angehörigen erhält, mit denen er in Haushaltsgemeinschaft lebt, ergibt sich der Ausschluss oder die Minderung seiner Hilfebedürftigkeit bereits aus § 9 Abs. 1 SGB II.9 Fälle, in denen die Vermutung zur Anwendung kommt, sind häufig diejenigen, in denen Kinder ab Vollendung des 25. Lebensjahres, Geschwister oder Großeltern mit ihren Enkeln in einem Haushalt leben. Nicht anwendbar ist § 9 Abs. 5 SGB II auf Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, da diese miteinander weder verwandt noch verschwägert sind.

I. Gesetzliche Vermutung Die Rechtsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II geht von drei Grundgedanken aus, und zwar davon, dass die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht nicht fürsorgerechtlich erweitert werden darf10, dass bei naheliegender Unterstützung eines Hilfesuchenden durch leistungsfähige Haushaltsangehörige eine Verpflichtung der Allgemeinheit zur Hilfeleistung weder veranlasst noch gerechtfertigt erscheint11 und dass nach allgemeiner Lebenserfahrung das hilfesuchende Mitglied einer Haushaltsgemeinschaft von anderen, leistungsfähigen Haushaltangehörigen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen billigerweise erwartet werden kann12. § 9 Abs. 5 SGB II ist somit Ausdruck des Nachranggrundsatzes, der ausdrücklich auch die vorrangige Berücksichtigung von Leistungen Angehöriger mit einschließt.13 Es erfolgt auch keine Umkehr der Beweislast durch die Vermutungsregel, da der Hilfesuchende ohnehin grundsätzlich die Voraussetzungen seiner Bedürftigkeit beweisen muss. Lassen sich Zweifel nicht aufklären, geht dies zulasten des Hilfesuchenden.14 8 Vgl. DIV-GutA v. 29. 09. 1998, DAVorm 1999, S. 103 (104); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 12. Siehe auch Oppermann, S. 141; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (2), S. 190. 9 Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 79. Siehe auch Schumacher, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 9, Rdn. 59. 10 Vgl. BT-Drs. III / 1799, S. 40. Siehe auch BVerwG, FEVS 49, 55 (57); BGH, FamRZ 1980, S. 40 (42); VG Frankfurt, FamRZ 2002, S. 1750; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 1. Kritisch äußern sich Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7a. 11 Vgl. BGH, FamRZ 1980, S. 1980, S. 40 (42); VG Karlsruhe, ZfF 1973, S. 262; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 12 Vgl. VG Karlsruhe, ZfF 1973, S. 262; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 13 Vgl. VGH München, FEVS 11, 290 (291); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 3; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 50; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (42). Siehe auch v. Maydell, ZfS 1963, S. 430. In beiden Fällen kommt es auf die tatsächliche Leistung an. 14 Vgl. Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 4. Siehe auch Oppermann, S. 141.

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II. Voraussetzung der Vermutung Voraussetzungen dieser gesetzlichen Vermutung sind zum einen das Leben in einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten und zum anderen die Leistungsfähigkeit der Angehörigen.15 Liegen die Vermutungsvoraussetzungen vor, so folgt daraus nicht nur die Vermutung, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch diese Personen gewährt werden, sondern auch die weitere (gesetzliche) Vermutung, dass die gewährten Leistungen nicht nur für den säumigen Leistungsträger erbracht worden sind.16 Einkommen und Vermögen können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur dann angerechnet werden, wenn ein Betroffener einer der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften des § 7 Abs. 3 SGB II angehört. Andere Lebensgemeinschaften, wie die Gemeinschaften von Eltern mit ihrem Kind, welches das 25. Lebensjahr vollendet hat, von Geschwistern oder von Großeltern mit ihren Enkelkindern werden dagegen nicht erfasst. Solche Gemeinschaften werden in der Regel aber auch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bilden. Dies hat zur Folge, dass solche Gemeinschaften lediglich der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II zugeordnet werden und somit Einkommen und Vermögen nur in begrenztem Umfang füreinander einzusetzen haben. Ob dies verfassungsrechtlich zulässig ist, soll im Folgenden überprüft werden.

1. Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten Erste Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung ist somit, dass der Hilfesuchende mit Verwandten oder Verschwägerten in einem Haushalt lebt. In Bezug auf die Verwandten und Verschwägerten stellt § 9 Abs. 5 SGB II auf den Verwandtschaftsbegriff des BGB ab.17 Nach § 1589 BGB sind verwandte Personen solche, von denen eine von der anderen abstammt (gerade Linie: Großeltern, Eltern, Kind). Ferner sind Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen (Seitenlinie: Geschwister, Tante / Onkel, Nichte / Neffe, Cousine / Cousin) verwandt. Verwandtschaft wird auch durch die Annahme eines Minderjährigen an Kindesstatt begründet, wobei dadurch gleichzeitig die Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten erlöschen (§§ 1754 ff. BGB). Durch die Annahme eines Volljährigen 15 Vgl. BVerwGE 23, 255 (259); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (55); OVG Münster, FEVS 44, 198 (199); Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 3; T. Müller, S. 150; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 5. Siehe auch OVG Lüneburg, FEVS 36, 108 (115). 16 Vgl. BVerwGE 23, 255 (258); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (55); Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 5. Siehe auch Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 4. 17 Vgl. Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 8; Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 3; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 3; Oppermann, S. 142; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 9.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

wird dagegen nur eine neue Verwandtschaft mit dem Annehmenden begründet (§ 1770 BGB). Verschwägert sind nach § 1590 BGB die Verwandten eines Ehegatten mit dem anderen Ehegatten (zum Beispiel Schwiegereltern, Schwager / Schwägerin, Stiefkinder). Die Schwägerschaft dauert auch fort, wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist (§ 1590 Abs. 2 BGB). Nach § 11 LPartG gelten die Verwandten des Lebenspartners als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert, so dass § 9 Abs. 5 SGB II auch auf sie anzuwenden ist. Insoweit bestehen, im Gegensatz zu der Regelung des Bundessozialhilfegesetzes, auch keine Zweifel mehr, denn das SGB II stellt die Lebenspartnerschaft ausdrücklich den anderen Partnerschaften gleich. Verwandtschaft und Schwägerschaft gelten ohne jede Begrenzung auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft.18 Je entfernter aber die Grade der Verwandtschaft oder Schwägerschaft sind, desto konkretere Anhaltspunkte müssen für die Haushaltsgemeinschaft vorliegen. Ehegatten gehören nicht zum Personenkreis des § 9 Abs. 5 SGB II. Zwar gehörten diese schon immer der Familiennotgemeinschaft an19, nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift können sie aber nicht als Verwandte angesehen werden20. In Ehegemeinschaften, die enger als sonstige Haushaltsgemeinschaften gestaltet sind, sind außerdem die Ehegatten primär füreinander verantwortlich, und diese Verantwortlichkeit kann nicht auf die Öffentlichkeit abgewälzt werden.21 Eine Einbeziehung der Ehegatten in den Personenkreis des § 9 Abs. 5 SGB II hätte zur Folge, dass diese auch die Vermutung widerlegen könnten. Eine solche Ausdehnung ist auch nicht erforderlich, denn zusammenlebende Ehegatten fallen unter die Bedarfsgemeinschaft des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II, und bei getrennt lebenden Ehegatten liegt keine Haushaltsgemeinschaft vor.22 § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II ist somit vorrangig als lex specialis anzuwenden.23 Gleiches muss dann auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft, die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartner18 Vgl. Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 211; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 10. 19 Vgl. Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 3; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 3. 20 Vgl. Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 9; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 211; ders., info also 1995, S. 133 (140). A.A. sind OVG Berlin, FEVS 15, 17 (18); Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 3; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 3; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (1), S. 189. 21 Vgl. v. Maydell, ZfS 1963, S. 430 (431). 22 Vgl. Conradis, LPK-BSHG, § 16, Rdn. 9. Siehe auch Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 211. 23 Vgl. BVerwG, SozArb 1967, S. 396; v. Maydell, ZfS 1963, S. 430 (431); Riehle, ZfSH / SGB 2000, S. 456 (458). Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 10; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 211; ders., info also 1997, S. 107 (109); ders., info also 1995, S. 133 (140); Wenzel, in: Wenzel / Fichtner, BSHG, § 16, Rdn. 5. A.A. sind OVG Berlin, FEVS 15, 17 (18); Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 3; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 3.

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schaftsähnliche Gemeinschaft gelten, da diese der Ehe in § 7 Abs. 3a SGB II gleichgestellt sind. Ebenfalls keine Anwendung findet § 9 Abs. 5 SGB II auf Beziehungen zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern, da er nur auf die durch blutmäßige oder rechtliche Bande verbundenen Familien angewandt werden kann.24 Die Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II ist auf eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten des Hilfebedürftigen beschränkt, die Angehörigen des eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partners gehören somit nach dem Wortlaut nicht dazu. Es kann sich auch hier nur um ein Redaktionsversehen handeln. Nach § 11 LPartG gelten die Verwandten des Lebenspartners als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert, so dass § 9 Abs. 5 SGB II auch auf sie anzuwenden ist. Ebenso sind die Verwandten des Ehegatten mit dem Hilfesuchenden verschwägert und § 9 Abs. 5 SGB II greift ein. Dann ist fraglich, warum dies nicht auch für die Verwandten des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft gilt. Durch § 7 Abs. 3 und Abs. 3a SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II werden Ehe, Lebenspartnerschaft, eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft gleichgestellt. Es läge aber eine Ungleichbehandlung vor, wenn die Verwandten des nicht hilfesuchenden Partners der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft nicht als verschwägert mit dem Hilfesuchenden gelten würden. § 9 Abs. 5 SGB II ist Ausdruck des Nachranggrundsatzes, so dass auch dieser für ein Redaktionsversehen spricht. § 9 Abs. 5 SGB II ist somit dahingehend auszulegen, dass auch die Angehörigen des eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Partners von dieser Regelung erfasst werden.25 Die sonstigen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften zwischen verwandten oder verschwägerten Personen finden bei der Bedürftigkeit nur im Rahmen des allgemeinen Grundsatzes des § 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II Berücksichtigung. Danach sind nur die tatsächlichen Unterstützungsleistungen, die der Hilfesuchende von seinem Mitbewohner erhält, anzurechnen.

2. Leistungsfähigkeit / Umfang der Vermutung Weitere Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung ist, dass von den Verwandten oder Verschwägerten ganz oder teilweise erwartet werden kann, für den Hilfesuchenden Leistungen zum Lebensunterhalt zu erbringen. Ob dies erwartet Vgl. Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 4. Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rn. 57; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 628; Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 55. A.A. sind LSG Hamburg, Beschluss vom 02. 08. 2005, Az: L 5 B 186 / ER AS, juris; Hess. LSG, Beschluss vom 20. 09. 2005, Az: L 9 AS 38 / 05 ER, juris. A.A. ist auch der DV, NDV 2005, S. 261 (263), der aber eine Gleichstellung durch Änderung des § 9 Abs. 5 SGB II fordert. 24 25

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

werden kann, hängt von der Leistungsfähigkeit des Verwandten oder Verschwägerten ab. Die Leistungserwartung besteht dabei unabhängig davon, ob auch zugleich eine Unterhaltspflicht besteht.26 Denn nur Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig, § 9 Abs. 5 SGB II erfasst jedoch auch Verwandte in der Seitenlinie und Verschwägerte. Aus dem unbestimmten Rechtsbegriff des „Erwarten-Könnens“ ergibt sich, dass die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des leistungsfähigen Verwandten oder Verschwägerten Grundlage für die gesetzliche Vermutung der vollständigen oder teilweisen Bedarfsdeckung des Hilfesuchenden sind. Dazu muss der Leistungsträger zunächst Kenntnisse über Einkommen und Vermögen des Verwandten oder Verschwägerten haben.27 Die Vermutung gilt jedoch nur, soweit nicht offensichtliche Tatsachen entgegenstehen, aus denen sich ergibt, dass der Hilfesuchende den Lebensunterhalt von seinen Verwandten oder Verschwägerten nicht erhält28, wie zum Beispiel die mangelnde Leistungsfähigkeit des Verwandten oder Verschwägerten. Für den Leistungsträger bedeutet dies, dass er zunächst die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verwandten oder Verschwägerten kennen und feststellen muss, bevor er die Bedarfsdeckung des Hilfesuchenden vermuten kann.29 Die in § 9 Abs. 5 SGB II genannten Personen sind unter den Voraussetzungen des § 60 SGB II verpflichtet, dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen. Dabei hängt die Erwartung lediglich von einer objektiven Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab. Auf subjektive Einstellungen der Verwandten oder Verschwägerten kommt es nicht an.30 Nur tatsächlich vorhandenes (und vom Leistungsträger festgestelltes) Einkommen kann die Erwartung der Leistung aus dem Einkommen auslösen, da von der tatsächlichen Lage auszugehen ist. Erst wenn der Tatbestand des § 9 Abs. 5 SGB II erfüllt ist, nämlich, dass eine Leistung erwartet werden kann, ist die Frage der Beweislast zu prüfen.31

26 Vgl. Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 2; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 4; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 56; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 211. Ähnlich Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 3; Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130). Siehe auch VG Karlsruhe, ZfF 1973, S. 262. 27 Dies ergibt sich auch schon aus der Auskunftsverpflichtung des § 116 BSHG (jetzt § 117 SGB XII), denn danach sind auch Personen zur Auskunft verpflichtet, von denen vermutet wird, dass sie Leistungen an andere Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbringen, siehe Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 212. 28 Vgl. Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 4. Siehe auch Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 60; Luckey, S. 40. Ähnlich Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (132); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8. 29 Vgl. OVG Bremen, FEVS 35, 443 (446); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 30 Vgl. OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (55); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 31 Vgl. Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 212.

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Eine Erwartung ist gerechtfertigt, wenn das maßgebliche Einkommen so beschaffen ist, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der gesamten Lebensumstände des Einzelfalls die Gewährung des Lebensunterhalts an den Hilfesuchenden angenommen werden kann.32 Dementsprechend richtet sich die Höhe der Leistungen nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Verwandten oder Verschwägerten. Dieser hat aber nicht sein volles, seinen eigenen Bedarf übersteigendes Einkommen und Vermögen einzusetzen. Eine volle Berücksichtigung des den eigenen Bedarf übersteigenden Einkommens oder des geschützten Vermögens wäre schon aufgrund der weiter gefassten Tatbestandsvoraussetzungen („soweit dies . . . erwartet werden kann“) unzulässig.33 Dabei ist nicht allein auf ein nach regelsatzmäßigen Gesichtspunkten zu wertendes Einkommen der Angehörigen abzustellen, vielmehr ist aus den Gesamtumständen des Einzelfalls zu schließen, ob und in welcher Höhe nach allgemeiner Lebenserfahrung eine Unterhaltsleistung erwartet werden kann.34 Es muss gewährleistet sein, dass dem Verwandten oder Verschwägerten ein Lebensstandard bleibt, der über dem eines Empfängers von Hilfe zum Lebensunterhalt liegt und ihm eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit lässt.35 Auf diese Weise wird verhindert, dass in ihm der Wunsch geweckt wird, die Haushaltsgemeinschaft mit dem Hilfesuchenden aufzulösen.36 Dem einsatzpflichtigen Verwandten oder Verschwägerten muss somit ein bestimmter Selbstbehalt gewährt werden, den er nicht für den Hilfebedürftigen einsetzen muss. Der Umfang, in dem von den Verwandten und Verschwägerten der Einsatz von Einkommen und Vermögen erwartet werden kann, entspricht der früheren Regelung des § 16 BSHG.37 Deshalb soll im Folgenden zunächst dargestellt werden, wie die Selbstbehalte im Rahmen dieser Regelung ermittelt wurden. Allerdings hat der Gesetzgeber für den Umfang des Einsatzes von Einkommen und Vermögen durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (Alg II-V) eine Regelung getroffen, so dass die, auch auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beruhende, uneinheitliche sozialhilferechtliche Praxis eine Vereinheitlichung erfährt. Deshalb schließt sich an die 32 Vgl. OVG Münster, FEVS 38, 319 (322); 44, 198 (200); Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 2; Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 5; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 84; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 213. 33 Vgl. Schoch, NDV 1984, S. 431 (436). 34 Vgl. BT-Drs. III / 1799, S. 40. Siehe auch BVerwG, FEVS 46, 441 (442 f.); 49, 55 (56); OVG Münster, FEVS 38, 319 (322); VG Braunschweig, info also 2004, S. 130 (131); Jehle, ZfSH 1963, S. 129; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 1. 35 Vgl. OVG Lüneburg, FEVS 37, 367 (370); VGH Mannheim, FEVS 38, 256 (259); VG Karlsruhe, info also 2003, S. 171 (172); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 36 Vgl. OVG Lüneburg, FEVS 37, 367 (370). 37 BT-Drs. 15 / 1516, S. 53.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Darstellung der Ermittlung der Selbstbehalte nach § 16 BSHG die Darstellung der Ermittlung der Selbstbehalte nach § 9 Abs. 5 SGB II an.

a) Selbstbehalte nach dem Bundessozialhilfegesetz Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen setzte nach § 16 BSHG voraus, dass das dem Verwandten oder Verschwägerten verbleibende Einkommen deutlich über dem sozialhilferechtlichen Bedarf der Hilfe zum Lebensunterhalt liegt.38 War das Einkommen bekannt, war zunächst der Eigenbedarf zu ermitteln. Für die Berechnung des Eigenbedarfs stellte das Bundesverwaltungsgericht39 auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe40 ab. Danach war allein die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht entscheidend. Damit war das Bundesverwaltungsgericht von seiner früheren Ansicht41 abgerückt, wonach für die Berechnung des Eigenbedarfs das Doppelte des Regelsatzes erforderlich war, um ein deutlich über dem Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts liegendes Eigenbedarfsniveau zu erreichen. Daneben waren weitere Absetzungsbeträge zu berücksichtigen. Weiterer Anhaltspunkt für die Bemessung des Eigenbedarfs sollte auch die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht sein. Dabei hatte sich das Gericht aber schon auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge bezogen, die ebenfalls die Berechnung des Eigenbedarfs durch den doppelten Regelsatz vorsahen.42 Allerdings waren diese Emp38 BVerwG, FEVS 49, 55 (56); FEVS 46, 441 (443); OVG Münster, FEVS 37, 367 (370); 38, 319 (322); 44, 198 (200); VGH Mannheim, FEVS 38, 256 (259); VGH München, FEVS 44, 412 (419); VG Karlsruhe, info also 2003, S. 171 (172); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 12; Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 5; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 6; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7a; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 213; ders., info also 1997, S. 107 (110); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. 39 BVerwG, FEVS 49, 55 (57). Ihm folgend OVG Lüneburg, FEVS 51, 299 (301); VGH Kassel, FEVS 52, 114; Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 16; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 58. So auch Wenzel, in. Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. 40 Empfehlungen DV, NDV 2000, S. 129 (134 ff.), Rdn. 58 ff., insbesondere Rdn. 116 ff. Siehe auch Empfehlungen DV, NDV 1995, S. 1 (5 ff.), Rdn. 71 ff. und NDV 2002, S. 161 (166 ff.), Rdn. 63 ff., insbesondere Rdn. 118 und 431 (440), Rdn. 66. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins sind wissenschaftlich fundierte Studien, siehe LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. 10. 2006, Az: L 9 SF 35 / 06 ER, juris. Das Bundesverfassungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei den Empfehlungen sogar um ein antizipiertes Sachverständigengutachten handelt, siehe Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 20. 06. 2006, Az: 1 BvR 2673 / 05, juris. 41 BVerwGE 46, 441 (443). Ihm immer noch folgend Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 2; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5. 42 Siehe Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 12, S. 13; Empfehlungen DV, NDV 1987, S. 273 (277 ff.), Rdn. 73 ff., insbesondere Rdn. 108 ff.

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fehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits durch neue abgelöst worden, die allein auf die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht abstellen. Dies hatte das Bundesverwaltungsgericht übersehen. In Fortführung seiner Rechtsprechung hat das Gericht dahingehend entschieden, dass die Beurteilung der Leistungsfähigkeit nach diesen neuen Empfehlungen erfolgen soll. Der Selbstbehalt wurde dabei aus den Tabellen und Leitlinien der Oberlandesgerichte entnommen, wobei er sich bei der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern um 20 Prozent erhöhte.43 Ab 01. 07. 2007 beträgt der Selbstbehalt (Eigenbedarf) nach der Düsseldorfer Tabelle 900 Euro gegenüber Ansprüchen von minderjährigen Kindern und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern sowie von Ehegatten, die gemeinsame Kinder betreuen, 1.100 Euro gegenüber volljährigen Kindern und mindestens 1400 Euro bei Ansprüchen gegenüber nicht gesteigert Unterhaltsberechtigten.44 Dabei sind auch die Nebenkosten und Heizkosten sowie ein Freibetrag bei Erwerbstätigkeit und sonstige nachgewiesene Belastungen, einschließlich Schuldverpflichtungen und besondere Bedarfe, zu berücksichtigen.45 War der Eigenbedarf ermittelt, musste bei der weiteren Berechnung des Umfangs der Zuwendung eine eventuell bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht und der Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit in Betracht gezogen werden.46 Denn von nahen Angehörigen können Leistungen zum Lebensunterhalt des Hilfesuchenden eher erwartet werden als von entfernteren Verwandten oder Verschwägerten.47 Der den Eigenbedarf übersteigende Betrag konnte bei unterhaltspflichtigen Verwandten ersten Grades, soweit sie gesteigert unterhaltspflichtig sind, wie Eltern gegenüber ihren volljährigen unverheirateten Kindern im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, die sich in Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB), in voller Höhe als zugewandter Lebensunterhalt angesehen werden.48 Jedenfalls dann, wenn unterhaltspflichtige Angehörige in Haushaltsgemeinschaft mit Bedürftigen leben, war dies sachgerecht, da die Anwendung der Empfehlung zu einer Gleichbehandlung der „freiwillig“ leistenden Unterhaltspflichtigen mit den herangezogenen führte und vom Unterhaltspflichtigen nach der Lebenserfahrung erwartet werden konnte, dass er freiwillig das zahlt, was die Träger der Sozialhilfe an Beitrag zum Lebensunterhalt des Unterhaltsberechtigten zumuteten.49 Empfehlungen DV, NDV 1995, S. 1 (8), Rdn. 114. Alle Beträge einschließlich der Kosten für die Unterkunft bis 450 Euro. 45 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. 46 Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 11; Gutachten DV, NDV 1967, S. 220 (221); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7. 47 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7. 48 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7b; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. 43 44

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Bei nicht gesteigert Unterhaltspflichtigen50 und bei unterhaltspflichtigen Verwandten zweiten Grades51 war es sachgerecht, dass nur 50 Prozent der den Eigenbedarf übersteigenden Summe als zugewendeter Lebensunterhalt angerechnet werden; denn dies entsprach dem Rechtsgedanken des § 91 Abs. 1 Satz 3 BSHG, nach dem der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger ab dem zweiten Verwandtschaftsgrad ausgeschlossen war.52 Bei der Bemessung des Eigenbedarfs von Verwandten (zum Beispiel Geschwister) und Verschwägerten, die dem Hilfesuchenden nicht nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichtet sind, konnten die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge nur Anhaltspunkte für die Anwendung des § 16 BSHG geben.53 Was an Unterhaltsleistungen von nicht unterhaltspflichtigen Verwandten oder Verschwägerten erwartet werden konnte, war nach dem Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen.54 Von ihnen konnte in der Regel nicht erwartet werden, dass sie einem Hilfesuchenden, der mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebt, in einem höheren Umfang Leistungen zum Lebensunterhalt zuwenden, als hierzu bürgerlich-rechtlich (nicht gesteigert) unterhaltsverpflichtete Personen in gleicher Lage nach Gesetz gehalten wären.55 Bei ihnen konnten somit in der Regel auch 50 Prozent der den Eigenbedarf übersteigenden Summe als zugewendeter Lebensunterhalt angerechnet werden.56 Bei weiter entfernten Verwandten und Verschwägerten war es sachgerecht, den Anteil an der den Eigenbedarf übersteigenden Summe noch einmal deutlich zu verringern57 oder einen höheren 49 BVerwG, FEVS 46, 441 (443); 49, 55 (56 f.). Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7a, wollen bei nicht gesteigert unterhaltspflichtigen Eltern, die mit ihren hilfesuchenden volljährigen Kindern in Haushaltsgemeinschaft leben, nur die Hälfte des den Selbstbehalt übersteigenden Einkommens anrechnen. 50 So zum Beispiel Eltern im Verhältnis zu ihrem über 21 Jahre alten Kind, Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern. 51 Eine solche Unterhaltspflicht besteht insbesondere im Verhältnis von Großeltern zu ihren Enkeln. 52 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7c; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. Siehe auch VG Frankfurt, FamRZ 2002, S. 1750. Im Ergebnis auch Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 214. Anders die Sozialhilferichtlinien in Bayern, die von Anrechnung in Höhe von 30 Prozent ausgehen, siehe Schoch, info also 1995, S. 133 (140). 53 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7a, 7c. Offen gelassen hat dies BVerwG, FEVS 49, 55 (57). 54 OVG Münster, FEVS 55, 58 (62); Gutachten DV, NDV 1967, S. 220 (221); Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (131); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7c. 55 BT-Drs. III / 1799, S. 40; Gutachten DV, NDV 1969, S. 200 (201); Schoch, Sozialhilfe, B 3.6.4, S. 214. 56 Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 67; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. Siehe auch VG Braunschweig, info also 2004, S. 130 (131), das vorschlägt, nur 30 Prozent des übersteigenden Einkommens anzurechnen. 57 Siehe Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7c; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12. Die Sozialhilferichtlinien in Bayern gehen von einer Anrechnung in Höhe von 20 Prozent aus, siehe Schoch, info also 1995, S. 133 (140).

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Eigenbedarf einzuräumen58. Besonderen Umständen, wie dem Vorhandensein von gegenüber dem Hilfebedürftigen vorrangig unterhaltsverpflichteten Personen oder einer Gefährdung der Haushaltsgemeinschaft bei Berücksichtigung vermuteter Unterhaltsleistungen, konnte dadurch Rechnung getragen werden, dass statt 50 Prozent des übersteigenden Einkommens nur 30 Prozent oder ein noch geringerer Satz berücksichtigt werden.59 Den auf diese Weise ermittelten Betrag hatte der Verwandte oder Verschwägerte dem Hilfesuchenden als Lebensunterhalt zuzuwenden, er war insoweit leistungsfähig. § 16 BSHG konnte damit sowohl zu einer völligen als auch zu einer teilweisen Versagung der Hilfe zum Lebensunterhalt führen. Bei dem Einsatz von Vermögen, das ein Verwandter einzusetzen hatte, um den Lebensunterhalt des mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Hilfesuchenden zu decken, war es ebenfalls sachgerecht, auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe60 zurückzugreifen.61 Danach musste Sachvermögen nicht eingesetzt werden, in Bezug auf das Geldvermögen musste dem Leistungspflichtigen mehr als das Schonvermögen verbleiben. Dabei war wie bei dem Einsatz von Einkommen die entsprechende verwandtschaftliche Nähe zum Hilfesuchenden zu beachten. So musste das geschützte Vermögen mindestens 12.500 Euro betragen, in abgeschwächten Unterhaltsverhältnissen 25.000 Euro, beim Elternunterhalt 75.000 Euro, falls der Pflichtige nicht Eigentümer des Hausgrundstücks war. Außer in den Fällen von nicht leiblichen Eltern musste daher regelmäßig mindestens ein Freibetrag von 25.000 Euro als geschütztes Vermögen anerkannt werden.62 Unterkunftskosten, einschließlich der Nebenkosten, waren nach der Zahl der Bewohner aufzuteilen, unabhängig von ihrem Alter.63 Überstieg das Einkommen des Leistungsfähigen aber seinen eigenen Bedarf, bestand die Vermutung, dass er 58 VG Karlsruhe, info also 2003, S. 171 (172); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7c. Siehe auch Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 18, der unter Hinweis auf eine in Bayern geltende Sozialhilferichtlinie eine Erhöhung um 50 Prozent als angemessen ansieht. Siehe auch Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 67, wo 30 Prozent vorgeschlagen werden. 59 Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 67. 60 Empfehlungen DV, NDV 2000, S. 129 (135 ff.), Rdn. 71 ff., insbesondere Rdn. 91. 61 Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 22; Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 69; Schoch, in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 98; Wenzel, in. Fichtner, BSHG, § 16, Rdn. 17a. 62 Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (170), Rdn. 91. So auch Conradis, in: LPKBSHG, § 16, Rdn. 22. A.A. ist das OVG Lüneburg, FEVS 51, 299 (302), wonach der Vermögenseinsatz dann nicht erwartet werden kann, wenn das Vermögen das Fünffache des durch § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVO zu § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG geschützten kleinen Barbetrags nicht übersteigt. Ihm folgend Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Wenzel, in. Fichtner, BSHG, § 16, Rdn. 17a. 63 BVerwG, FEVS 37, 272 (275); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 19.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

den Hilfesuchenden unentgeltlich in seiner Wohnung wohnen ließ, sofern er zuvor schon Inhaber der Wohnung war.64

b) Selbstbehalte nach § 9 Abs. 5 SGB II Hinsichtlich des Einsatzes von Einkommen nach § 9 Abs. 5 SGB II bestimmt § 1 Abs. 2 Alg II-V, dass bei der § 9 Abs. 5 SGB II zugrunde liegenden Vermutung, dass Verwandte und Verschwägerte an mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Hilfebedürftige Leistungen erbringen, die um die Absetzungsbeträge nach § 11 Abs. 2 SGB II bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50 Prozent der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten. § 11 Abs. 1 und 3 SGB II gilt entsprechend. Die Vorschrift ist als Regelvorschrift ausgestaltet, um die Berücksichtigung von besonderen Umständen des Einzelfalls65 zu ermöglichen.66 Dieser Freibetrag regelt damit zwei Gegenstände: Zum einen wird festgelegt, ob der Verwandte oder Verschwägerte überhaupt leistungsfähig ist, sein Einkommen also seinen Selbstbehalt überschreitet, zum anderen wird festgelegt, in welchem Umfang das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen als Leistung an den Hilfebedürftigen zu berücksichtigen ist.67 Der Selbstbehalt in Höhe des Doppelten des Regelsatzes zuzüglich der anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung soll nach der Gesetzesbegründung dem bürgerlich-rechtlichen Selbstbehalt der unterhaltsrechtlichen Praxis nachgebildet sein. Dies ist insoweit richtig, als dass die Düsseldorfer Tabelle (D, 1.) für den Verwandtenunterhalt ebenfalls die hälftige Anrechnung des über den Selbstbehalt hinausgehenden Einkommens vorsieht. Erhebliche Abweichungen zum Unterhaltsrecht ergeben sich aber hinsichtlich der Höhe des Selbstbehalts.68 So sind Eltern volljähriger Kinder im SGB II besser gestellt als im Unterhaltsrecht, denn die Düsseldorfer Tabelle (A, 5.) sieht hier nur einen Selbstbehalt in Höhe von 650 Euro (Eigenbedarf in Höhe von 1100 Euro abzüglich 450 Euro Warmmiete) vor, während nach § 1 Abs. 2 Alg II-V die Eltern einen Selbstbehalt in Höhe von 690 Euro (doppelter Regelsatz) haben. Dieser Umstand wird noch dadurch verschärft, dass der Unterhaltsanspruch ab Vollendung des 25. Lebensjahres auch nicht mehr 64 OVG Lüneburg, FEVS 31, 142 (146); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (56 f.); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 15. 65 Zum Beispiel vorrangige Unterhaltspflichten des Verpflichteten gegenüber Dritten, Vorhandensein von vorrangig unterhaltsverpflichteten Personen im Verhältnis zum Hilfebedürftigen, Zerstörung der Haushaltsgemeinschaft durch die Heranziehung. 66 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 57. 67 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 58. 68 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 59.

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nach § 33 SGB II übergeleitet werden kann (§ 33 Abs. 2 Nr. 2 b SGB II). Eine Möglichkeit, diese Widersprüche zu vermeiden, wäre es, die Selbstbehalte der Düsseldorfer Tabelle dem SGB II anzupassen. Leben die Eltern zusammen und bilden eine Bedarfsgemeinschaft, würde es aber schon ausreichen, dass § 1 Abs. 2 Alg II-V dahingehend verändert wird, dass maßgeblich nicht der Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II, sondern der nach § 20 Abs. 2 und 3 SGB II ist. Kindergeld für volljährige Kinder wird grundsätzlich als Einkommen des Kindergeldberechtigten berücksichtigt, sofern es nicht an das Kind ausgezahlt wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Die Selbstbehalte für sonstige Verwandte sind dagegen höher als im SGB II. Nach der Düsseldorfer Tabelle (D, 1.) ergibt sich im Rahmen des Verwandtenunterhalts ein Selbstbehalt in Höhe von 950 Euro (ohne Warmmiete in Höhe von 450 Euro), während Verwandten und Verschwägerten nach dem SGB II nur ein Selbstbehalt von 690 Euro zusteht. Dies ist nicht ermächtigungskonform.69 Nach der amtlichen Begründung sollte der Umfang der Unterhaltsvermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II ausdrücklich § 16 BSHG entsprechen. Dort bildete aber der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt nach der Düsseldorfer Tabelle die Untergrenze.70 Die Notwendigkeit eines dem Unterhaltsrecht entsprechenden Mindestselbstbehalts folgt neben diesem historischen Gesichtspunkt in systematischer Betrachtung auch aus dem Spannungsverhältnis zwischen der Unterhaltsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB II, die zumeist nicht unterhaltsverpflichtete Verwandte und Verschwägerte betrifft, und der Heranziehung tatsächlich unterhaltsverpflichteter Verwandter nach § 33 SGB II.71 Bereits im Rahmen des § 16 BSHG hatte das Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit einer Gleichbehandlung der Fälle der Unterhaltsvermutung und der Fälle der Heranziehung Unterhaltsverpflichteter nach § 91 BSHG erkannt72, zumal es nicht Sinn des § 16 BSHG sei, die Hilfeerwartung an unterhaltspflichtige Angehörige über die gesetzlich vorgesehene Inanspruchnahme durch die Träger der Sozialhilfe hinaus zu erweitern.73 Dies muss erst recht im Rahmen des § 9 Abs. 5 SGB II gelten, denn § 33 SGB II sieht gegenüber dem Bundessozialhilfegesetz (und dem SGB XII) eine stark eingeschränkte Möglichkeit zur Heranziehung Unterhaltspflichtiger vor. Deswegen wäre es ein nicht gerechtfertigter Wertungswiderspruch, die Verwandten und Verschwägerten, die bereits freiwillig eine Unterstützung erbringen, im Rahmen des § 9 Abs. 5 SGB II noch stärker zu belasten. Für eine solche Lösung spricht auch, dass bei der Ermitt69 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 60. Siehe auch H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 60. 70 Siehe BVerwG, FEVS 49, 55 (57), wo an die neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge angeknüpft und damit die Berechnung des Eigenbedarfs durch den doppelten Regelsatz (siehe BVerwG, FEVS 46, 441 [443], Empfehlungen DV, NDV 1987, S. 273 [277 ff.], Rdn. 73 ff., insbesondere Rdn. 108 ff.) aufgegeben wurde. 71 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 61. 72 BVerwG, FEVS 46, 441 (443). 73 BVerwG, FEVS 49, 55 (57 f.).

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

lung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts vorrangige Unterhaltspflichten des Verwandten gegenüber Dritten, die auch nach der Begründung zu § 1 Abs. 2 Alg II-V eine Abweichung von der Regelberechnung rechtfertigen sollen, bereits zu berücksichtigen sind.74 Deshalb ist § 1 Abs. 2 Alg II-V ermächtigungskonform dahingehend auszulegen, dass der maßgebliche Selbstbehalt durch Vergleich des doppelten Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II und des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts nach den Leitlinien des zuständigen Oberlandesgerichts ohne Berücksichtigung der Unterkunftskosten zu ermitteln ist.75 Dabei ist für nicht unterhaltsverpflichtete Verwandte und Verschwägerte mindestens der im Rahmen des Verwandtenunterhalts maßgebliche Selbstbehalt anzusetzen. Für unterhaltsverpflichtete Verwandte in der Haushaltsgemeinschaft ist allerdings § 33 Abs. 2 Nr. 2 SGB II vorrangig, wenn der Hilfebedürftige den Unterhaltsanspruch geltend macht oder eine der Ausnahmen des § 33 Abs. 2 Nr. 2a, b SGB II greift. Kommt es zu einem Zusammentreffen von Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft, z. B. wenn ein Ehepaar mit seinem Kind über 25 Jahren oder mit einem Verwandten eines Ehepartners zusammenlebt, ist hier zunächst nach allgemeinen Grundsätzen der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft bzw. des Mitbewohners festzustellen und aus dem jeweils eigenem Einkommen zu decken. Der etwa übersteigende Betrag des Einkommens ist dann auf die anderen Mitglieder zu verteilen, wobei insoweit dann die Nähe der Verwandtschaft eine Rolle spielt.76 Hinsichtlich des Vermögenseinsatzes bestimmt § 7 Abs. 2 Alg II-V, dass dasjenige Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, das nach § 12 Abs. 2 SGB II abzusetzen oder nach § 12 Abs. 3 SGB II nicht zu berücksichtigen ist. Soweit das zu berücksichtigende Vermögen die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteigt, kann eine Unterhaltsleistung bis zur Höhe des Bedarfs des Hilfebedürftigen angenommen werden, die bei diesem als Einkommen zu berücksichtigen ist. Danach mindert oder hindert Vermögen des Verwandten den Leistungsanspruch des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 5 SGB II im selben Umfang wie innerhalb der Bedarfsgemeinschaft, obwohl die Unterscheidung zwischen Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft einer Gleichsetzung entgegensteht. Korrigiert wird diese Systemwidrigkeit jedoch durch die fehlende Verpflichtung zum Vermögenseinsatz und die Widerlegbarkeit der Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II.77

Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 61. Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 62. Siehe auch Löschau / Marschner, Rdn. 305; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 627. Siehe auch H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 60. 76 Brühl / Schoch, in: LPK-SGB II, § 9, Rdn. 67; Mrozynski, II.7, Rdn. 33, 36; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 55. 77 Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 9, Rdn. 63. 74 75

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III. Beweislast / Widerlegung der Vermutung Der Leistungsträger hat gemäß § 20 SGB X die Beweislast für das Vorliegen der vorstehend erläuterten Vermutungsvoraussetzungen, er hat also das Wirtschaften „aus einem Topf“ und die Leistungsfähigkeit zu beweisen. Daraus darf er auf die tatsächliche Unterstützung schließen. § 9 Abs. 5 SGB II enthält somit keine Umkehr der Beweislast. Der Hilfesuchende kann diese Vermutung, entgegen dem Wortlaut aber bei entsprechender Auslegung78, widerlegen. Der Hilfesuchende muss den Gegenbeweis antreten, um zu belegen, dass er – entgegen der Leistungserwartung – von dem Verwandten oder Verschwägerten keine Leistungen zum Lebensunterhalt erhält.79 Der Hilfesuchende trägt also die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er Unterhaltsleistungen tatsächlich nicht erhält, obwohl dies von dem Verwandten oder Verschwägerten grundsätzlich erwartet werden kann. Welche Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung zu stellen sind, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls.80 So ist die Vermutung bereits dann hinfällig, wenn im Einzelfall offenkundig ist, dass Unterhaltsleistungen nicht erbracht werden.81 Liegen entsprechende Indizien vor, die die Vermutung in Zweifel ziehen, hat der Sozialhilfeträger im Rahmen des § 20 SGB X von Amts wegen zu ermitteln.82 An den Gegenbeweis können aber aus der Natur der Sache heraus keine hohen Anforderungen gestellt werden.83 Der mit dem Verwandten oder Verschwägerten Zusammenlebende hat keine rechtlichen Möglichkeiten, eine entsprechende Erklärung zu erzwingen84. Es muss aber nicht der volle Gegenbeweis geführt werden.85 Siehe dazu Kap. 4, A. Vgl. BVerwGE 23, 255 (259); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (56 f.); Schoch, info also 1995, S. 133 (141). 80 Vgl. H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 67; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8. Siehe auch OVG Münster, FEVS 44, 198 (200). 81 Vgl. OVG Münster, FEVS 44, 198 (200 f.); VGH Kassel, DVBl. 1963, S. 410 (411); Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 6; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 212; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 190; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. So, zum Beispiel, wenn aufgrund des Einkommens des nicht hilfebedürftigen Teils einer Haushaltsgemeinschaft nicht erwartet werden kann, dass er die hilfebedürftigen Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft unterhält, siehe VGH Kassel, ESVGH 13, 188; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 4; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8. 82 Vgl. Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 6; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 3; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 51; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 190; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. 83 Vgl. Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 23; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 16, Rdn. 4; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 67; Schoch, info also 1995, S. 133 (141); ders., info also 1997, S. 107 (110). Siehe auch OVG Münster, FEVS 44, 198 (201). 84 Vgl. OVG Münster, FEVS 44, 198 (201); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 23. 85 Vgl. T. Müller, S. 151; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 189; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. 78 79

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Die bloße Behauptung des Hilfesuchenden oder des Verwandten oder Verschwägerten, es würden keine Leistungen zum Lebensunterhalt erbracht, reicht im Allgemeinen jedoch nicht aus, um die Vermutung zu widerlegen.86 Es genügt aber, wenn der Hilfesuchende glaubhaft macht oder zweifelsfrei versichert, dass er keine Unterhaltsleistungen erhält.87 Auch offenkundige Tatsachen und Bekundungen Dritter können geeignet sein, die Richtigkeit der Vermutung in Zweifel zu ziehen.88 Abwägungskriterien für die Widerlegung der Vermutung können sein: Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft, Verhalten in der Vergangenheit, Dauer der bestehenden Haushaltsgemeinschaft, Bezug von kindesbezogenem Einkommen durch den Angehörigen, das durch den Hilfebedürftigen bedingt ist, die Höhe des Einkommens und Vermögens des Angehörigen (je höher das Einkommen, desto höher sind die Anforderungen an den Gegenbeweis), Intensität der Beziehung zwischen Antragsteller und Angehörigem.89 Gesteigerte Anforderungen sind allerdings dann zu stellen, wenn es sich bei dem Angehörigen um einen zu Unterhalt verpflichteten Elternteil oder Großelternteil handelt, da es zum einen der Lebenserfahrung entspricht, dass Eltern ihre Kinder unterstützen und da zum anderen die Unterhaltspflicht der Eltern zu beachten ist. Hier sind zur Widerlegung der Vermutung nachvollziehbare und überprüfbare Tatsachen zu verlangen.90 86 Vgl. VGH München, FEVS 11, 290; OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (56); OVG Münster, FEVS 44, 198 (200); RdLH 1998, S. 19; Erlenkämper / Fichte, III 9, Rdn. 21; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 4; T. Müller, S. 151; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 189; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. 87 Vgl. BVerwG, NDV 1966, S. 250; H. Schellhorn, in: Hohm, SGB II, § 9, Rdn. 67; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 213; ders., info also 1995, S. 133 (141). Siehe auch Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (132); ders., ZfSH 1964, S. 137 (142); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8; T. Müller, S. 151; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 4; Schoch, info also 1997, S. 107 (110); ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 7, Rdn. 98; Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 190; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. Das OVG Münster, FEVS 44, 198 (200) und Klaus, in: jurisPK-SGB II, § 9, Rdn. 91 verlangen zusätzlich, dass nachvollziehbare und überprüfbare Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht werden, die die Richtigkeit der gesetzlichen Vermutung erschüttern. Siehe auch die Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.35, wonach die gesetzliche Vermutung nur dann als widerlegt angesehen werden kann, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass der Verwandte oder Verschwägerte tatsächlich keine Unterhaltsleistungen erbringt. A.A. ist Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 23, der dies für zu weitgehend hält. 88 Vgl. Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.7.2.1. (1), S. 190; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 18. 89 Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.37. Siehe auch Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 23; Fasselt, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 9 SGB II, Rdn. 25. 90 Vgl. OVG Münster, FEVS 44, 198 (200). Siehe auch Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.36.

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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Insbesondere ist auch die Würde des Menschen91 zu berücksichtigen. Die Heranziehung des Angehörigen darf nicht zur Auflösung der Haushaltsgemeinschaft oder zur Zerstörung der Familie führen.92 Die Haushaltsgemeinschaft ist mit dem Ende des Wirtschaftens „aus einem Topf“ beendet, ein Auszug aus der dann vorliegenden Wohngemeinschaft ist nicht erforderlich. Für die Zeit zwischen Antragstellung und Bewilligung können Leistungen vom Leistungsträger nicht unter Hinweis auf die durch einen Verwandten oder Verschwägerten zur Überbrückung dieses Zeitraums erbrachte Unterstützung verweigert werden, soweit diese nur zur Vermeidung eines Notstandes erbracht wurden.93 Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Der Einwand, nur als Nothelfer eingesprungen zu sein, ist aber dann unbeachtlich, wenn der mit dem Hilfesuchenden in Haushaltsgemeinschaft lebende Verwandte diesem gegenüber unterhaltspflichtig ist.94 Denn die Unterhaltspflicht ist vorrangig und vom Leistungsträger auch gegen den Willen des Unterhaltspflichtigen durchsetzbar.95 Ist die Vermutung widerlegt, hat der Hilfesuchende Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Insoweit dürfen Einkommen und Vermögen auch nicht mittelbar (zum Beispiel durch die Annahme, dass die Wohnung kostenlos genutzt wird) angerechnet werden.96 Gegenüber bürgerlich-rechtlich Unterhaltspflichtigen besteht jedoch die Möglichkeit der Heranziehung nach § 33 SGB II.

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII Die Haushaltsgemeinschaft des Sozialhilferechts wird in § 36 SGB XII beschrieben: „Lebt eine Person, die Sozialhilfe beansprucht (nachfragende Person97), geVgl. OVG Münster, FEVS 44, 198 (202). Vgl. BVerwGE 54, 214 (223); OVG Münster, FEVS 55, 58 (63). So kann die Unterhaltsvermutung bei der Aufnahme eines minderjährigen Kindes durch einen Verwandten die Aufnahmebereitschaft untergraben bzw. zur Auflösung der Haushaltsgemeinschaft führen; aber auch die Schwierigkeiten, die sich aus dem Zusammenleben ergeben, können durch die Vermutung verstärkt werden. 93 Vgl. BVerwGE 49, 529 (530); 52, 214 (226); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 19. Ähnlich T. Müller, S. 154; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.4, S. 216. 94 Vgl. BVerwG, FEVS 49, 529 (530); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (56); OVG Lüneburg, FEVS 37, 367 (369); Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 4; T. Müller, S. 154; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 8; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 8. Siehe auch OVG Bremen, FEVS 35, 443 (447). 95 Vgl. BVerwG, FEVS 49, 529 (530). 96 Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 431 (440), Rdn. 61. 97 Mit dieser Formulierung will der Gesetzgeber verstärkt – im Verhältnis zur bisherigen Regelung im BSHG – zum Ausdruck bringen, dass Sozialhilfe (mit Ausnahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) mit dem Bekanntwerden einsetzt und nicht 91 92

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

meinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer anderen Unterkunft, so wird vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass sie von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann“. § 36 SGB XII enthält somit eine gesetzliche Vermutung, bezogen auf Personen, welche das zu ihrem Lebensunterhalt Notwendige nicht zur Verfügung haben und nicht selbst beschaffen können (Leistungsberechtigte nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Für den Fall, dass sie mit anderen Personen in häuslicher Gemeinschaft leben, ist davon auszugehen, dass sie von diesen bedarfsdeckende Leistungen erhalten. Diese Vermutung führt dazu, dass der Sozialhilfeträger insoweit aufgrund des Nachranggrundsatzes (§ 2 SGB XII) von seiner Leistungspflicht entbunden ist.98 Eine ähnliche Regelung war bereits im Regierungsentwurf des Bundessozialhilfe-Reformgesetzes 199699 vorgesehen, insbesondere die Ausweitung der Regelung des damaligen § 16 BSHG auf alle Personen einer Wohngemeinschaft. Nach den parlamentarischen Beratungen wurde jedoch aus fachlichen und verfassungsrechtlichen Gründen auf die Ausweitung verzichtet.100 Im Folgenden sollen deshalb die Vermutung und die mit ihr verbundene Beweislastumkehr näher betrachtet werden, um festzustellen, ob tatsächlich Gründe gegen die Ausweitung bestehen.

I. Gesetzliche Vermutung § 36 SGB XII entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 16 BSHG. Allerdings soll die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass in einem Haushalt zusammenlebende Angehörige (Verwandte / Verschwägerte) sich in Notlagen gegenseitig helfen, in Erweiterung des bisherigen § 16 BSHG künftig für alle Haushaltsgemeinschaften gelten.101 Die Vermutung, dass unterhaltssichernde Leistungen erbracht werden, beruht auf der Annahme, dass Menschen, die mit anderen zusammen in einer Wohnung leben, aus sittlichen oder moralischen Gründen im Rahmen ihrer Möglichkeiten füreinander einstehen.102 Die praktische Handhabung der Rechtsvermutung verlangt immer eine gebührende Rücksichtnahme auf die Würde des Menschen im Sinne der Grundsatzbestimmung des § 1 Satz 1 SGB XII und auf eine familiengerechte Hilfe im Sinne von § 16 SGB XII, um nicht das dort angestrebte Ziel einer Festigung der Familie zu gefährden oder gar eine Lösung der antragsabhängig ist (§ 18 SGB XII), siehe Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Fn. 75 zu Rdn. 35. 98 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 1. 99 BT-Drs. 13 / 2440, S. 20. Dort ist die Begründung zum geplanten § 16 BSHG fast identisch ist mit der Begründung zu § 36 SGB XII. Siehe auch BR-Drs. 452 / 95, S. 13. 100 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 7; Freitag, § 8, Rdn. 1. 101 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 102 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 1.

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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Haushaltsgemeinschaft herbeizuführen.103 Sind diese Grundsätze des Sozialrechts gefährdet, ist die Berufung auf die Zuwendungsvermutung nicht zulässig. Die Vermutung gilt nur für die Hilfe zum Lebensunterhalt, dagegen nicht für die Hilfen nach Kapitel 5 – 9.104

II. Voraussetzung der Vermutung § 36 Satz 1 SGB XII enthält eine doppelte gesetzliche Vermutung, nämlich dass Wohngemeinschaften auch Haushaltsgemeinschaften sind und dass ihnen notfalls gegenseitig Leistungen zum Lebensunterhalt erbracht werden, wenn dies aufgrund des Einkommens und Vermögens zu erwarten ist.105 Die Beweislast für diese Vermutungsvoraussetzungen liegt beim Sozialhilfeträger. Die nachfragende Person hat insoweit Mitwirkungspflichten zu erfüllen (§§ 60 ff. SGB I), und die mit ihr zusammenlebende Person ist auskunftspflichtig nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB XII.106 Die Vermutungsvoraussetzungen sollen im Folgenden dargestellt werden.

1. Wohngemeinschaft Es muss also zunächst eine Wohngemeinschaft vorliegen, damit die Vermutungsregel des § 36 Satz 1 SGB XII greift. Die Regelung knüpft an den objektiven Sachverhalt des „gemeinsamen Wohnens“ an. Der Begriff „Wohnung“ meint Wohnraum im Sinne des Wohngeldgesetzes, der darüber hinaus entsprechend der üblichen Zweckbestimmung einer Wohnung nach außen in gewisser Weise abgeschlossen ist.107 Nach § 4a WoGG sind Wohnraum Räume, die vom Verfügungsberechtigten zum Wohnen bestimmt und hierfür nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung tatsächlich geeignet sind. Der umfassende Begriff „Unterkunft“ ist § 27 Abs. 1 SGB XII entnommen. Eine „entsprechende andere Unterkunft“ ist also eine, die wie eine Wohnung nach außen in gewisser Weise abgeschlossen ist.108 Es

103 Gutachten DV, NDV 1967, S. 220 (221); Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130). Siehe auch BVerwGE 52, 214 (223); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 11; Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 14; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 13; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 20. 104 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 9; Kunkel, KommJur 2004, S. 175 (177). 105 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 35; ders., ZfF 2004, S. 169 (175). 106 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 10. Damit folgt aus dem insoweit klaren Wortlaut, dass Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht von § 117 SGB XII erfasst sind. A.A. ist Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 20. 107 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 108 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII).

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

kommt auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt an.109 Ein gemeinsames Wohnen liegt vor, wenn die Personen in einem Haushalt räumlich zusammenleben. Da aber auch in einer Wohnung getrennt gelebt werden kann (siehe § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB), kommt es darauf an, ob die betreffenden Personen die Räume gemeinsam nutzen, im Ablauf des täglichen Lebens zusammen sind und hauswirtschaftliche Dinge zusammen erledigen.110 Kurze Abwesenheit stellt das gemeinsame Leben nicht in Frage. Anders verhält es sich, wenn erkennbare Indizien vorliegen, dass eine Person aus einer Wohnung ausgezogen ist. Auf die Gründe, warum Personen zusammenleben, kommt es nicht an. So ist es unerheblich, ob es zu dem gemeinsamen Wohnen freiwillig oder aufgrund einer sittlichen Verpflichtung gekommen ist oder ob eine der Personen dies als unangenehm oder hinderlich empfindet.111 Liegt ein gemeinsames Wohnen in einer Wohnung vor, so greift die Vermutung, dass die Personen gemeinsam wirtschaften und somit der Lebensunterhalt „aus einem gemeinsamen Topf“ gedeckt wird. Für einige Personengruppen gibt es bei der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft allerdings Ausnahmen. Nach § 36 Satz 3 SGB XII gilt Satz 1 nicht für nachfragende Personen, die schwanger sind oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres betreuen und mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben oder die im Sinne des § 53 SGB XII behindert oder im Sinne des § 61 SGB XII pflegebedürftig sind und von in Satz 1 genannten Personen betreut werden; dies gilt auch, wenn die genannten Voraussetzungen einzutreten drohen und das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zu dem Zweck der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt. Durch die erste Alternative wird eine Lücke im Gesetz geschlossen112, die vorher nur durch eine analoge Anwendung der §§ 11 Abs. 1 Satz 3 und 91 Abs. 1 Satz 3, 2. Hlbs. BSHG zu schließen war.113 Durch die Regelung des § 36 Satz 3 SGB XII wird sichergestellt, dass der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 4 SGB XII nicht über die Haushaltsgemeinschaft umgangen werden kann.114 Allerdings ist der Ausschluss nach dem Wortlaut der Norm beschränkt auf den Ausschluss der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils, so dass die Vermutung der Bedarfsdeckung anzuwenden wäre, wenn eine minderjährige Schwangere oder die Mutter des Kindes Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 11. Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 5; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 6. 111 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 11. Siehe auch Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (130); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 2. 112 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 113 Lebt die minderjährige Schwangere oder Mutter des Kindes, welches das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, mit weiteren Personen in einer Haushaltsgemeinschaft, so wäre nach der Vorschrift die Vermutung der Bedarfsdeckung anzuwenden. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 51 und ZfF 2004, S. 169 (177) zweifelt daran, dass dies Sinn und Zweck der Norm entspricht. 114 Haubelt, Rdn. 57. 109 110

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres mit weiteren Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt. Dies kann aber nicht Sinn und Zweck der Norm sein115, so dass § 36 Abs. 3 SGB XII analog auch für diesen Personenkreis gelten muss. Durch die zweite Alternative soll eine persönliche Leistung, die innerhalb der Wohngemeinschaft erbracht wird, honoriert und gleichzeitig einem „Abschieben“ in stationäre Unterbringung entgegengewirkt werden. Es sollen auch Wohngemeinschaften nicht in die Regelung einbezogen werden, die zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung gebildet werden, wie dies zum Beispiel bei alten Menschen zunehmend der Fall ist. Dies dient auch der Entlastung öffentlicher Hilfen. Wird jedoch in solchen Fällen der Lebensunterhalt tatsächlich mit gedeckt, entfallen aufgrund des Bedarfsdeckungsgrundsatzes Leistungen der Sozialhilfe.116 § 36 Satz 1 SGB XII gilt nicht für Personen, die Leistungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Dies ergibt sich aus § 43 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB XII. Im Gegensatz zu § 9 Abs. 5 SGB II ist die Gemeinschaft in § 36 SGB XII also umfassender, weil sie sich auf alle Personen im Haushalt und nicht nur auf Verwandte und Verschwägerte erstreckt. Für diese Ausweitung seitens des Gesetzgebers spricht, dass es nicht nachvollziehbar ist, warum eine sittliche Verpflichtung zur wechselseitigen Unterstützung bei einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten und Verschwägerten unabhängig vom Grad der Verwandtschaft zu vermuten sein soll, aber nicht bezogen auf andere Personen, welche der nachfragenden Person häufig näher stehen.117 Deshalb heißt es auch in der amtlichen Begründung118: „Mit der Änderung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich zunehmend Wohngemeinschaften gebildet haben, in denen nicht verwandte und verschwägerte Personen die Vorteile einer gemeinsamen Haushaltsführung nutzen und sich auch in Notlagen beistehen. Auch gilt dies für eheähnliche Gemeinschaften, für die der bisherige § 16 BSHG nur eingeschränkt oder gar nicht anwendbar war. Der Bedarfsdeckungsgrundsatz (§ 9 Abs. 1 SGB XII), der Leistungen für – wie auch immer – schon gedeckten Bedarf ausschließt, wird dadurch handhabbarer und durchsetzungsfähiger“. Dem kann zugestimmt werden bei Paaren, die zwar zusammenleben, aber keine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 20 SGB XII bilden und für Gemeinschaften, die ähnlich Familien gemeinsam wirtschaften.119 Denn bei diesen kann die entsprechende sittliche Verpflichtung angenommen werden. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 51. BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 117 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 8. 118 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 119 A.A. ist Schoch, in: Arbeitsgruppe BSHG-Reform, S. 38 f.; ders., info also 1995, S. 133 (141 f.); ders., info also 1997, S. 107 (110), der die Haushaltsgemeinschaft nur auf unterhaltspflichtige Verwandte beschränken will. Siehe auch Stellungnahme DV, NDV 1995, S. 353 (354). 115 116

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Die Vermutung, dass alle Wohngemeinschaften sich im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft gegenseitig mit Mitteln zum Lebensunterhalt versorgen, entspricht aber nicht der Lebenswirklichkeit.120 Zum einen werden allein durch die Wohngemeinschaft pauschal persönliche Bindungen unterstellt, die vielleicht gar nicht bestehen. Zum anderen werden auch Wohngemeinschaften von jungen Menschen, von psychisch Kranken oder Suchtkranken in die Regelung einbezogen, bei denen außer dem gemeinsamen Innehaben einer Wohnung bei einer vorteilhafteren Verteilung der Wohnkosten eine gegenseitige materielle Unterstützung zum Lebensunterhalt nicht üblich ist.121 Zwar können diese Personengruppen die Vermutung des Sozialhilfeträgers widerlegen, es kann dabei aber im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten zu beweisen, dass nicht gemeinsam gewirtschaftet wird. Dann müsste im Notfall die Wohngemeinschaft ganz aufgelöst werden. Außerdem wäre es im Hinblick auf die verstärkte Förderung solcher Wohngemeinschaften als Alternative zur Einrichtungsbetreuung seitens der Träger der Sozialhilfe und der Träger der Jugendhilfe widersprüchlich, insoweit eine Bedarfsdeckung zu vermuten, die sich möglicherweise auch auf die mit den Betreuten in Wohngemeinschaft lebenden Betreuungspersonen richtet.122 Solche Wohngemeinschaften müssen aus dem Regelungsbereich des § 36 SGB XII herausgenommen werden, wie es schon für Behinderte und Pflegebedürftige in § 36 Satz 3 SGB XII geschehen ist. Denn sonst werden therapeutische Wohngemeinschaften weitgehend unmöglich.123 Wohngemeinschaften von Studenten und Auszubildenden passen ebenfalls nicht in den Regelungsbereich des § 36 SGB XII, da bei ihnen die vorteilhaftere Verteilung der Wohnkosten im Vordergrund steht. Auch hier ist es aufgrund der Umkehr der Beweislast und den damit verbundenen Schwierigkeiten des Gegenbeweises nicht gerechtfertigt, diese Personen zu verpflichten, füreinander einzustehen. Es wäre zwar möglich, dem Leistungsträger die Beweislast auch für die Wirtschaftsgemeinschaft aufzuerlegen, ähnlich wie dies in § 18 Nr. 4 WoGG geschehen ist. Es besteht aber ein wesentlicher Unterschied zwischen § 36 SGB XII und § 18 Nr. 4 WoGG: Während es bei letzterer Regelung „nur“ um Kosten der Wohnung geht, ist im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft des SGB XII das Existenzminimum der nachfragenden Person betroffen. Dieses zu sichern kann nicht von Personen verlangt werden, die mit der nachfragenden Person noch nicht einmal verwandt sind. Liegt tatsächlich eine materielle Unterstützung vor, kann diese hinreichend über § 2 SGB XII erfasst werden. Nicht zum Personenkreis des § 36 SGB XII gehören auch Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnSiehe Stellungnahme DV, NDV 1995, S. 353 (355); NDV 1995, S. 429 (431). Siehe Stellungnahme DV, NDV 1995, S. 353 (355); NDV 1995, S. 429 (431). 122 Siehe Stellungnahme DV, NDV 1995, S. 353 (355); NDV 1995, S. 429 (431); Schoch, info also 1995, S. 133 (142). 123 Schoch, info also 1995, S. 133 (142). 120 121

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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lichen Gemeinschaft.124 In Ehegemeinschaften, die enger als sonstige Haushaltsgemeinschaften gestaltet sind, sind die Ehegatten primär füreinander verantwortlich, und diese Verantwortlichkeit kann nicht auf die Öffentlichkeit abgewälzt werden. Dies würde aber geschehen, wenn man Ehegatten in den Personenkreis des § 36 Satz 1 SGB XII einbeziehen würde, denn dann könnten diese auch die Vermutung nach § 36 Satz 2 SGB XII widerlegen. Eine solche Ausdehnung ist auch nicht erforderlich, da zusammenlebende Ehegatten von der Einsatzgemeinschaft des § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst werden und bei getrennt lebenden Ehegatten überhaupt keine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist somit vorrangig anzuwenden. Mit den gleichen Argumenten gilt § 36 SGB XII auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht. Ebenfalls nicht erfasst sind eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften, da diese nach § 20 Satz 1 SGB XII nicht besser gestellt werden dürfen als die Ehe und § 36 SGB XII gemäß § 20 Satz 2 SGB XII nicht für die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft selbst gilt. § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist auch hier vorrangig anwendbar. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum § 20 Satz 2 SGB II auf § 36 SGB XII verweist. Diese Regelung wurde aus § 122 Satz 2 BSHG übernommen. Nach § 122 Satz 2 BSHG galt § 16 BSHG entsprechend. Die Bedeutung und Reichweite dieses Verweises war unklar und umstritten: Unklar war zunächst, welcher Personenkreis von der Verweisung betroffen war. Auf die Verwandten oder Verschwägerten des Hilfeempfängers als Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft war § 16 BSHG direkt anwendbar, so dass diese nicht gemeint sein konnten. Der Verweis konnte somit nur in Bezug auf die Verwandten und Verschwägerten des Partners der eheähnlichen Gemeinschaft Bedeutung erlangen. Denn dadurch, dass zwischen den Partnern keine Ehe geschlossen wurde, konnte auch zu den Verwandten des nichtehelichen Partners keine Schwägerschaft begründet werden. Da § 122 Satz 1 BSHG aber die Gleichbehandlung der eheähnlichen Gemeinschaft mit der Ehe verlangte, muss der Verweis auf § 16 BSHG bedeuten, dass die Verwandten des nicht leistungsberechtigten Partners, die mit dem Partner in Haushaltsgemeinschaft leben, mit dem Hilfesuchenden als verschwägert zu gelten hatten125. Denn dies wäre ja auch der Fall gewesen, wenn die Partner miteinander verheiratet gewesen wären.126 A.A. ist Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 24. Burhoff, Rdn. 951, 963; Gottschick / Giese, BSHG, § 122, Rdn. 4; Luckey, S. 39; T. Müller, S. 151; Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 20; ders., ZfSH / SGB 1986, S. 193 (198); Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 11a. Siehe auch BVerwG, SozArb 1967, S. 396; VGH Mannheim, ESVGH 36, 251 (253); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 10; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.6, S. 221 f.; ders., info also 1997, S. 107 (110); Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (41 f.). 126 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 20; Schellhorn / Schellhorn, § 122, Rdn. 10; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 11a. 124 125

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Fraglich war, ob dies auch für die Verschwägerten des nicht leistungsberechtigten Partners der eheähnlichen Gemeinschaft gelten konnte, weil dann eine „Verdopplung“ eingetreten wäre: § 16 BSHG hätte dann nicht nur bezüglich der direkt Verschwägerten des Hilfeempfängers gegolten, sondern über den nichtehelichen Lebensgefährten auch gegenüber den „Verschwägert-Verschwägerten“ (sogenannter Schwipp-Schwager). Das Bundesverwaltungsgericht127 war der Auffassung, dass die Verschwägerten des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft ebenso zu behandeln waren wie die in § 16 BSHG genannten Verschwägerten des Hilfesuchenden. Dem konnte aber nach dem Sinn der Verweisung, Ehe und eheähnliche Gemeinschaft gleichzustellen, nicht gefolgt werden. Die Anwendung auf „Verschwägert-Verschwägerte“ wäre dann keine entsprechende Anwendung mehr gewesen, sondern eine erweiternde, die auch von dem Sinn und Zweck der Verweisung des § 122 Satz 2 BSHG – das fehlende Schwägerschaftsverhältnis zu den Verwandten des Partners zu fingieren – nicht mehr getragen worden wäre.128 Die Verweisung bezog sich damit nicht auf die Verschwägerten des nichtehelichen Lebenspartners.129 Umstritten war auch, ob § 16 BSHG aufgrund des Verweises in § 122 Satz 2 BSHG für die eheähnliche Gemeinschaft selbst gegolten hat. Davon ging insbesondere ein Teil der Literatur130 aus. In Zusammenhang mit diesem Streit stand die Frage, in welchem Umfang § 122 Satz 2 BSHG auf § 16 BSHG verwies. Hätte § 16 BSHG auch die eheähnliche Gemeinschaft umfasst und hätte § 122 Satz 2 BSHG generell auf § 16 BSHG verwiesen131, dann wäre auch § 16 Satz 2 BSHG zur Anwendung gekommen, mit der Folge, dass dem Hilfesuchenden Hilfe zu gewähren gewesen wäre, falls er keine Unterstützung vom Partner erhalten hätte. Bezog sich § 122 Satz 2 BSHG nicht auf die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft132 127 BVerwGE 39, 261 (268). Zustimmend äußert sich Plate, FuR 1995, S. 273 (277). Siehe auch BGH, FamRZ 1980, S. 40 (41). 128 T. Müller, S. 152; Münder, ZfSH / SGB 1986, S. 193 (198 f.); Oppermann, S. 148; Schulte / Trenk-Hinterberger, BSHG, § 122, Anm. 5. 129 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 20; Oppermann, S. 148; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 11a. Nicht ausdrücklich, aber in diesem Sinne Gottschick / Giese, BSHG, § 122, Rdn. 4; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 122, Rdn. 4; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.6., S. 222. A.A. sind Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 4; Schoch, info also 1995, S. 133 (139). 130 Fichtner, ZfF 1964, S. 3 (4); Jehle, ZfSH 1963, S. 129 (132); ders., ZfSH 1964, S. 137 (141); v. Maydell, ZfS 1963, S. 430 (431). 131 So Battes, JZ 1988, S. 957 (961); de Witt / Hufmann, Rdn. 279; Fichtner, ZfF 1964, S. 3 (4); Happe, Jugendwohl 1997, S. 90 (93); Jehle, ZfSH 1964, S. 137 (141); v. Maydell, ZfS 1963, S. 430 (431); Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 21; Perl, ZfF 1971, S. 34 (35); Plagemann, ZVersWiss 1988, S. 187 (205 f.); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 21; R. Scholz, ZfSH / SGB 1983, S. 202 (205); Schulte / Trenk-Hinterberger, 6.2.7.1. (1), S. 189. Siehe auch BVerwGE 15, 306 (315); VG Schleswig-Holstein, FamRZ 1985, S. 185 (186). 132 So BVerwGE 39, 261 (267 f.); OVG Lüneburg, FEVS 34, 464 (466); Gottschick / Giese, BSHG, § 122, Rdn. 4; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 10; dies., BSHG, § 122,

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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und hätte die Vermutungsregelung des § 16 BSHG dementsprechend keine Anwendung gefunden133, so hätte sich der Verweis auch nicht auf § 16 Satz 2 BSHG bezogen134, und die Frage der Unterstützung wäre unbeachtlich gewesen. Im ersten Fall hätte dann der andere Lebenspartner durch Tatsachenvortrag glaubhaft machen können, keine Hilfe zum Lebensunterhalt vom Partner zu bekommen, weshalb ihm Sozialhilfe zu gewähren gewesen wäre, im anderen Fall wäre die Vermutung des § 16 BSHG unwiderleglich gewesen. Für die erste Auffassung sprach der Wortlaut des Gesetzes. Dagegen sprach aber, dass es dadurch zu einer nicht unerheblichen Besserstellungen von Lebensgefährten gegenüber Ehegatten gekommen wäre135, die gerade durch die Regelung des § 122 BSHG ausgeschlossen werden sollte.136 Denn die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft hätten die Vermutung des Sozialhilfeträgers widerlegen können, Ehegatten hätten sich Einkommen und Vermögen des anderen zurechnen lassen müssen, unabhängig davon, ob die Unterstützung auch tatsächlich erfolgt wäre. Die entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 2 1. Hlbs. BSHG auf die Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft wäre dann relativiert worden und jenem Grundsatz zuwidergelaufen, dass die Partner einer eheähnliche Gemeinschaft nicht besser gestellt werden sollen als Ehegatten.137 Außerdem war die Situation eine andere. Im Rahmen des § 16 BSHG übernahmen die Verwandten (oder Verschwägerten) gleichsam freiwillig den Unterhalt des Bedürftigen – ihnen stand nämlich ein Verweigerungsrecht zu –, für die eheähnliche Gemeinschaft wurde hingegen durch die gesetzliche Regelung eine Einstandspflicht begründet.138 Den Partnern einen über den Regelbedarf hinausgehenden Selbstbehalt wie bei Verwandten und Verschwägerten zu gewähren, hätte eine Benachteiligung von Ehepartnern bedeutet, die einen solchen Selbstbehalt nicht beanspruchen konnten. Im Ergebnis bestanden zwischen den beiden Auffassungen jedoch keine Unterschiede, denn die Wirtschaftsgemeinschaft ist ein Begriffsmerkmal der eheähnlichen Gemeinschaft. Erhielt der Hilfesuchende (oder Hilfeempfänger) keine Unterstützung vom nichtehelichen Lebenspartner, so lag überhaupt keine eheähnliche Gemeinschaft vor139, weil es an der Wirtschaftsgemeinschaft und an der materielRdn. 10; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (42); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 122, Rdn. 14; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 11. Siehe auch Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 4. 133 So BVerwGE 39, 261 (267 f.); BVerwG, SozArb 1967, S. 396; BGH, FamRZ 1980, S. 40 (41); OVG Lüneburg, FEVS 34, 464 (466); Burhoff, Rdn. 951, 963; Gottschick / Giese, BSHG, § 122, Rdn. 4; Schwabe, ZfS 1988, S. 33 (42). 134 Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 122, Rdn. 14. Siehe auch BGH, FamRZ 1980, S. 40 (41). 135 Plate, FuR 1995, S. 273 (277); Schulte / Trenk-Hinterberger, BSHG, § 122, Anm. 5. 136 Siehe dazu auch § 149 Abs. 5 AVAVG, der die Vorgängerregelung zu § 122 BSHG war. 137 OVG Lüneburg, FEVS 34, 464 (466). Siehe auch VGH Mannheim, ESVGH 36, 251 (253). 138 VG Koblenz, info also 1997, S. 160 (161).

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

len Unterstützung140 fehlte. In diesem Fall wäre § 122 BSHG überhaupt nicht zur Anwendung gekommen, so dass sich die Frage des Verweises von § 122 Satz 2 BSHG auf § 16 Satz 2 BSHG gar nicht mehr gestellt hätte.141 Im Ergebnis führten also beide Auffassungen dazu, dass Einkommen und Vermögen des seinen Partner nicht unterstützenden Lebensgefährten einem Sozialhilfeanspruch des anderen nicht entgegenstanden. Dem war auch zuzustimmen, da anders als bei Ehegatten (siehe § 2 Abs. 2 BSHG) der hilfesuchende nichteheliche Lebensgefährte nicht auf Unterhaltsansprüche gegen seinen Partner verwiesen werden kann.142 Wichtigster Anwendungsbereich der Verweisung war der Fall eines minderjährigen unverheirateten Kindes nur eines der beiden Partner, das mit in der eheähnlichen Gemeinschaft lebte. Dieses bildete nur mit seinem Elternteil eine Einsatzgemeinschaft nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG, nicht aber auch mit dem nichtehelichen Partner.143 Der Umstand, dass der Elternteil sowohl mit dem Kind als auch mit dem Partner jeweils eine Einsatzgemeinschaft (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG) bildete, führte nicht zu einer Einsatzgemeinschaft zwischen allen drei Personen. Die Bildung einer derartigen Einsatzgemeinschaftskette war unzulässig.144 Für den anderen Partner waren die Kinder Verschwägerte im Sinne des Verweises auf § 16 BSHG.145 Lebten beide Eltern des Kindes in einer eheähnlichen Gemeinschaft, hat nicht § 16 BSHG, sondern § 11 Abs. 1 Satz 2 2. Hlbs. BSHG eingegriffen.146 Durch die Ausweitung des Personenkreises in § 36 SGB XII auf gemeinsam wohnende Personen sind Verwandte und Verschwägerte des Partners der eheähnlichen Gemeinschaft ohnehin in die Regelung einbezogen.147 Der Verweis bedeutet 139 BVerwGE 98, 195 (201 f.); BSGE 63, 120 (127); Kärcher, FPR 1995, S. 115 (117); Luckey, S. 40; T. Müller, S. 152; Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 21; ders., ZfSH / SGB 1986, S. 193 (199); Oppermann, S. 148; Plate, FuR 1995, S. 273 (277); Rüfner, in; Landwehr, S. 84 (87 f.); Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 21; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 6; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.6, S. 221; ders., info also 1995, S. 133 (139). 140 BVerfGE 87, 324 (265); BVerwGE 98, 195 (201 f.); Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 21. 141 T. Müller, S. 152. Siehe auch Luckey, S. 39; Oppermann, S. 148; Münder, in: LPKBSHG, § 122, Rdn. 21; ders., ZfSH / SGB 1986, S. 193 (199). 142 Plate, FuR 1995, S. 273 (277). 143 OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33); Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 9; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 25; ders., in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 122, Rdn. 15. 144 OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33). Siehe auch Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Schoch, in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 22; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 25; ders., in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 11, Rdn. 22a. 145 Münder, in: LPK-BSHG, § 122, Rdn. 20; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.5, S. 217; Zeitler, in: Mergler / Zink, BSHG, § 122, Rdn. 13. Siehe auch T. Müller, S. 152. 146 OVG Hamburg, FEVS 47, 31 (33); Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 122, Rdn. 10; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 122, Rdn, S. 16. 147 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 36.

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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auch nicht, dass die Beweislastregelung des § 36 SGB XII auf die eheähnliche Gemeinschaft angewendet werden kann, mit der Folge, dass die nachfragende Person dann, wenn sie keine Unterstützung von ihrem Partner erhält, Hilfe zum Lebensunterhalt erhält. In einem solchen Fall liegt schon mangels materieller Unterstützung keine eheähnliche Gemeinschaft vor, so dass § 20 SGB XII gar nicht zur Anwendung kommt.148 Der Verweis in § 20 Abs. 2 SGB II kann damit nur ein Redaktionsversehen sein149, er hat keine inhaltliche Bedeutung150.

2. Leistungsfähigkeit / Umfang der Vermutung Weitere Vermutungsvoraussetzung ist, dass Leistungen zum Lebensunterhalt nach Einkommen und Vermögen erwartet werden können. Die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des leistungsfähigen Mitbewohners sind somit Grundlage für die gesetzliche Vermutung der vollständigen oder teilweisen Bedarfsdeckung der nachfragenden Person. Soweit dem Sozialhilfeträger keine Erkenntnisse darüber vorliegen, greift § 36 SGB XII nicht.151 Der Sozialhilfeträger hat damit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der mit der nachfragenden Person zusammenlebenden Person festzustellen. Eine Erwartung ist berechtigt, wenn das maßgebliche Einkommen so beschaffen ist, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der gesamten Lebensumstände des Einzelfalls die Gewährung des Lebensunterhalts an die nachfragende Person angenommen werden kann.152 Hinsichtlich des Selbstbehalts, der dem einsatzpflichtigen Verwandten oder Verschwägerten zusteht, kann auf die Ausführungen zu § 16 BSHG verwiesen werden.153 Ist die einsatzpflichtige Person mit der nachfragenden Person nicht ver148 Siehe Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 31; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 20, Rdn. 31; Schoch, in: LPK-SGB XII, § 20, Rdn. 17; Zeitler, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 20, Rdn. 16. A.A. sind BT-Drs. 15 / 1514, S. 61; Freitag, § 18, Rdn. 8; Rothkegel, in: Rothkegel, Teil IV, Kap. 2, Rdn. 29. Siehe auch Nothacker, in: HSRB, Teil II, Kap. 4, Rdn. 69. 149 Kunkel, in; ZfF 2004, S. 241 (245); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 36. Siehe auch BT-Drs. 13 / 2440, S. 52, wonach aufgrund der beabsichtigten Regelung des § 16 BSHG auch § 122 Satz 2 BSHG gestrichen werden sollte. 150 Freudenberg, in: Jahn, SGB XII, § 20, Rdn. 33; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 20 SGB XII, Rdn. 22; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 20 SGB XII, Rdn. 16. 151 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 12. 152 Siehe Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 13. 153 Siehe dazu Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 8; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 8 f.; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 37 ff. Siehe auch Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 18 ff., der sich allerdings noch an den alten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger (DV, NDV 1995, S. 1 (8), Rdn. 109 ff.) orientiert, aber zu dem Ergebnis kommt, dass dies für das neue Recht nicht mehr gelten kann, so dass er auch

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

wandt oder verschwägert, gilt bezüglich der Leistungserwartung grundsätzlich das Gleiche wie bei nicht unterhaltspflichtigen Verwandten oder Verschwägerten. Die Vermutung kommt nur bei einem deutlich über dem sozialhilferechtlichen Bedarf der Hilfe zum Lebensunterhalt liegenden Einkommen zur Anwendung.154 Mangels einer Regelung des Gesetzgebers ist eine für alle Fälle verbindliche Aussage über die Höhe des Selbstbehalts nicht möglich.155 Bei der Bemessung des Eigenbedarfs können jedoch, wie bei Bemessung des Eigenbedarfs von Verwandten und Verschwägerten, die der nachfragenden Person nicht nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichtet sind156, die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge Anhaltspunkte geben. Insoweit können auch hier die im bürgerlichen Recht angewandten Selbstbehalte zu Grunde gelegt werden, verbunden mit deutlich erhöhten Beträgen oder der Vermutung eines wesentlich geringeren prozentualen Teils als Leistung der nicht verwandten Person.157 Weiterhin sind von dem Einkommen des Betroffenen besondere Belastungen abzusetzen. Auch entspricht dies § 1 Abs. 2 Alg-V158, denn eine unterschiedliche Behandlung in beiden Gesetzen scheint nicht gerechtfertigt. Verwandte und Verschwägerte haben somit einen Selbstbehalt in Höhe des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts für Verwandte nach den Leitlinien des zuständigen Oberlandesgerichts. Das diesen Selbstbehalt übersteigende Einkommen ist in Höhe von 50 Prozent einzusetzen.159 Was genau an Unterhaltsleistungen von nicht mit der nachfragenden Person verwandten oder verschwägerten Personen erwartet werden kann, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen.160 Von ihnen kann in der Regel nicht die neuen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (Empfehlungen DV, NDV 2000, S. 129 (134 ff.), Rdn. 58 ff., insbesondere Rdn. 116 ff.) anwenden würde. Kritisch zu der Anwendung der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge äußert sich H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 12. 154 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 9; Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn.18; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 8; H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 12; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 40; ders., ZfF 2004, S. 169 (175); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 16. 155 Siehe dazu Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 43; ders., ZfF 2004, S. 169 (176). 156 Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7c. Offen gelassen hat dies BVerwG, FEVS 49, 55 (57). 157 Siehe Ottersbach, in: Jahn, SGB XII, § 36, Rdn. 13; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 43; ders., ZfF 2004, S. 169 (176); Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 16. 158 Verfassungskonform ausgelegt, siehe Kap. 5, A., II., 2., b). 159 Siehe Kap. 4, A., I., 2., a). So auch Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 13; Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 8; Klinger / Kunkel / Peters / Fuchs, Rdn. 197a; Schwabe, Kap. 5, 5.1.2, S. 167.

B. Die Haushaltsgemeinschaft des § 36 SGB XII

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erwartet werden, dass sie einer nachfragenden Person, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebt, in einem höheren Umfang Leistungen zum Lebensunterhalt zuwenden, als dies bei Unterhaltspflichtigen erwartet werden kann.161 Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 94 SGB XII.162 Sachgerecht ist es deswegen, bei nicht unterhaltsverpflichteten Personen entweder einen höheren Eigenbedarf einzuräumen, indem der Selbstbehalt nach den Leitlinien des zuständigen Oberlandesgerichts erhöht wird, oder den Anteil an der den Eigenbedarf übersteigenden Summe noch einmal deutlich zu verringern.163 Bei sich nahestehenden Personen kann das den Eigenbedarf übersteigende Einkommen durchaus zu 50 Prozent angerechnet werden164; so zum Beispiel bei Paaren, die zusammenleben, ohne dass die Voraussetzungen einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 20 SGB XII erfüllt sind, denn bei ihnen können durchaus Unterhaltsleistungen zu erwarten sein, die über das von entfernten Verwandten zu erwartende Maß hinausgehen.165 Je weniger nahe die in der gemeinsamen Wohnung lebenden Personen der Hilfe zum Lebensunterhalt nachfragenden Person stehen, umso weniger können Unterhaltsleistungen erwartet werden166, so dass sich der Prozentsatz des zu berücksichtigenden Einkommens durchaus noch deutlich verringern oder sich der Selbstbehalt noch deutlich erhöhen kann167. Bei der Einzelfallprüfung ist aber keineswegs nur auf die persönlichen Beziehungen abzustellen. Erbringt die Sozialhilfeleistungen nachfragende Person zum Beispiel in größerem Umfang Dienstleistungen für die Person, mit der sie in Haushaltsgemeinschaft lebt, so können Unterhaltsleistungen in größerem Umfang erwartet werden.168 Bei nicht leiblichen Kindern wird die Zuwendungsvermutung im Regelfall greifen, wenn der nicht leibliche Elternteil ein deutlich über dem Bedarf der Hilfe zum 160 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 12; Schwabe, Kap. 5, 5.1.2, S. 167. 161 Siehe dazu Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 3; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 40; ders., in: HSRB, Teil I, Kap. 12, Rdn. 93; ders., ZfF 2004, S. 169 (175). 162 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24; Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 10. Siehe auch BVerwG, FEVS 49, 55 (57). 163 Siehe Kap. 5, A., II., 2., b). Siehe auch Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 16. Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 42 geht für den Selbstbehalt für Unterhaltspflichtige ersten Grades von den Tabellen der Oberlandesgerichte aus, und erhöht diesen Selbstbehalt je nach Entfernung der Verwandtschaft um 25 bis 50 Prozent. Dies entspricht aber im Wesentlichen auch den Werten der Tabellen der Oberlandesgerichte für die jeweiligen Personengruppen. 164 Siehe Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24; Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (207); Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 43. 165 Siehe Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 26. 166 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24. 167 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 14 und Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 42 schlagen hier eine Erhöhung um nochmals mindestens 50 Prozent vor. 168 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 24.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Lebensunterhalt liegendes Einkommen hat und wenn nur ein Teil des Lebensunterhalts zugewendet wird, etwa kostenlose Unterkunft.169 Leben minderjährige unverheiratete Kinder in einem Haushalt mit ihrer Mutter und ihrem nicht leiblichen Elternteil zusammen, können nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nur Einkommen und Vermögen ihrer Mutter, nicht auch Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils berücksichtigt werden. Dieses kann nur nach Maßgabe des § 36 Satz 1 SGB XII berücksichtigt werden oder nur dann, wenn es der Mutter tatsächlich zugewendet wird und damit deren Einkommen oder Vermögen erhöht oder zumindest deren Eigenbedarf mindert.170 Anteiliges Kindergeld, Kinderzuschuss und durch das nicht leibliche Kind bedingter Steuervorteil sind als zugewandter Lebensunterhalt zu vermuten, solange der eigene Bedarf des nicht leiblichen Elternteils (in Höhe seines Selbstbehalts) durch das übrige eigene Einkommen gesichert ist.171 Für Kindergeld gilt dies allerdings nur bei volljährigen nicht leiblichen Kindern, denn nach § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII wird Kindergeld bei minderjährigen Kindern als Einkommen des Kindes angerechnet. Die Anrechnung erfolgt damit in Höhe der Vorteile, die der nicht leibliche Elternteil für sein Kind in Anspruch nimmt.172 Es kann nicht vermutet werden, dass ein nicht leiblicher Elternteil den Kindern seines Partners darüber hinaus Unterhalt leistet, wenn die wirtschaftliche Lage der Familie derartige Unterhaltsleistungen bei Berücksichtigung der Lebensverhältnisse nicht zulässt.173 Das übrige Einkommen des nicht leiblichen Elternteils kann ferner im Rahmen der Einsatzgemeinschaft nach § 19 SGB XII, die er mit seiner Ehefrau bildet, nicht „automatisch“ der Ehefrau als Mutter der Kinder zugerechnet und auf diesem Umweg als sozialhilferechtliche Brücke als den Kindern zugewandt angesehen werden.174 Für volljährige Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren Eltern leben, gilt, dass nach § 36 Satz 1 SGB XII erwartet werden kann, dass die Eltern das Kinder169 Siehe OVG Münster, FEVS 38, 319; OVG Lüneburg, info also 2003, S. 128 (129); Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 8; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 128; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.5, S. 221; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12a. 170 BVerwGE 108, 36 (39); VGH Mannheim, FEVS 49, 307; Dauber, in: Mergler / Zink, BSHG, § 11, Rdn. 24a; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 11, Rdn. 16; Neumann, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 19, Rdn. 24; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 11, Rdn. 16; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 19 SGB XII, Rdn. 25; ders., in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12a. 171 Brech, ZfF 2003, S. 241 (246); Brühl, in: LPK-SGB XII, § 83, Rdn. 50; Luthe / C. Dittmar, Rdn. 128; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 20. A.A. ist Schoch, in: LPK-SGB XII, § 19, Rdn. 28. Siehe auch Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 16; Gottschick / Giese, BSHG, § 16, Rdn. 5; Kruse / Reinhard / Winkler, BSHG, § 16, Rdn. 3; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 7; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 9; Schoch, Sozialhilfe, B, 3.6.5, S. 220 f.; ders., in: LPK-BSHG, § 11, Rdn. 22; ders., NDV 2002, S. 8 (12); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 12a. 172 Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 7. 173 VG Schleswig, FEVS 4, S. 73; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 7. 174 Wenzel, in. Fichtner, BSHG, § 16, Rdn. 12a.A.A. ist das VGH Mannheim, FEVS 49, 201.

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geld dem Kind zugutekommen lassen, und zwar auch dann, wenn ihr Einkommen geringer ist als der für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger maßgebende Selbstbehalt, denn das Kindergeld hat nach § 31 EStG den Zweck, das Existenzminimum des Kindes abzusichern.175 Im Hinblick auf den Vermögenseinsatz darf der Vermögensselbstbehalt bei dem nicht leistungsberechtigten Haushaltsangehörigen deutlich höher sein als der kleine Barbetrag oder sonstige Geldwert, der bei dem Leistung Begehrenden selbst von der Verwertung ausgeschlossen ist.176 Des Weiteren ist auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe177 zurückzugreifen.178 Hinsichtlich der Kosten für die Unterkunft muss differenziert werden: Soweit der oder die Mitbewohner Inhaber der Wohnung sind und ihnen auch nach Zahlung dieser Kosten der ausreichende Bedarf verbleibt, kann in der Regel angenommen werden, dass die Unterkunftskosten in vollem Umfang getragen werden.179 Dies gilt nicht, wenn die nachfragende Person mit Personen zusammenlebt, die mit ihr weder verwandt noch verschwägert sind. Kann nicht unterstellt werden, dass die Unterkunftskosten von den Mitbewohnern allein getragen werden, so ist als Bedarf der nachfragenden Person der Mietanteil nach Anzahl der Personen in der Haushaltsgemeinschaft zu berücksichtigen, wobei es auf das Alter der Personen nicht ankommt.180 Aufgrund der Ausweitung des Geltungsbereichs der Norm auf Personen, die nicht mit der nachfragenden Person verwandt oder verschwägert sind, haben die Kriterien der Unterhaltsverpflichtung und des Verwandtschaftsgrads als Maßstab für den Umfang der zu vermutenden Leistungen an Bedeutung verloren. Es fehlt an einer Verteilungsregelung, ähnlich wie § 1 Abs. 2 Alg II-V für das SGB II. So175 VGH Kassel, FEVS 52, 114 (115); Conradis, in: LPK-BSHG, § 16, Rdn. 20; Oestreicher / Schelter / Kunz, BSHG, § 16, Rdn. 5; Schellhorn / Schellhorn, BSHG, § 16, Rdn. 7b; Trenk-Hinterberger, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart 23 (2001), S. 405 (411 f.); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, BSHG, § 16, Rdn. 16. A.A. ist das VGH München, FEVS 56, 37 (39); Schoch, NDV 2002, S. 8 (12). 176 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 45. 177 Empfehlungen DV, NDV 2000, S. 129 (135 ff.), Rdn. 71 ff., insbesondere Rdn. 91 und 2002, S. 431 (440). 178 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 18; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 22. So muss das geschützte Vermögen mindestens 12.500 Euro betragen, in abgeschwächten Unterhaltsverhältnissen 25.000 Euro, beim Elternunterhalt 75.000 Euro, falls der Pflichtige nicht Eigentümer des Hausgrundstücks ist; außer in Stiefelternfällen muss daher regelmäßig mindestens ein Freibetrag von 25.000 Euro als geschütztes Vermögen anerkannt werden, siehe Empfehlungen DV, NDV 2002, S. 161 (170), Rdn. 91. 179 OVG Hamburg, FEVS 43, 51; Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 15. Dies gilt insbesondere bei Stiefkindern, wenn durch die Aufnahme in den Haushalt keine Mehraufwendungen entstehen. 180 BVerwG, FEVS 37, 272 (275); Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 15. Siehe auch OVG Berlin, FEVS 44, 15 (16 f.).

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

weit die Selbstbehaltspraxis des bürgerlichen Rechts auf diese öffentlich-rechtliche Regelung angewendet wird, spricht deren dortige Etabliertheit zwar für eine solche Anwendung.181 Da nun aber auch vermehrt nicht unterhaltspflichtige Personen mit einbezogen sind, wäre es sinnvoll gewesen, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, denn bei diesen können die Selbstbehalte des bürgerlichen Rechts nur Anhaltspunkte bieten. Je nach Intensität der Beziehung zur der nachfragenden Person müssen diese aber variiert werden, oder es muss ein wesentlich geringerer prozentualer Anteil davon als Leistung an den Hilfebedürftigen vermutet werden, da es dazu kommen kann, dass nicht unterhaltspflichtigen Personen ein höherer Einkommenseinsatz zugemutet werden kann als nicht gesteigert unterhaltspflichtigen Verwandten. Es wäre Sache des Gesetzgebers gewesen, klare Richtlinien vorzugeben, um die Einheitlichkeit der Beurteilung der verschiedenen Fälle in der Praxis zu bewahren. Die Lösung dieses Problems bleibt somit den Gerichten überlassen. Deshalb sollten neue Kriterien entwickelt werden, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang Unterhaltsleistungen vermutet werden können und wann Unterhaltsleistungen nicht zu erwarten sind. Solche Kriterien haben die konkreten Umstände zu berücksichtigen, da hiervon das Bestehen und der Umfang einer sittlichen Verpflichtung abhängen.182 Die Rechtslage ermöglicht bei Personen, die eine Haushaltsgemeinschaft bilden und nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind, eine abgestufte Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen.183 Der Sozialhilfeträger hat somit sowohl die Einkommens- und Vermögensverhältnisse festzustellen als auch zu prüfen, ob und in welchem Umfang Unterhaltsleistungen erwartet werden können. Nur wenn dies zu bejahen ist, erstreckt sich die Vermutungsregelung darauf, dass auch tatsächlich in diesem Umfang Leistungen erbracht werden.184

III. Beweislastumkehr / Widerlegung der Vermutung Liegen die Voraussetzungen der Vermutung vor, also eine Wohngemeinschaft und die Leistungsfähigkeit der mit der nachfragenden Person zusammenlebenden Person, stellt sich die Frage der Beweislast und der Widerlegung der Vermutung. Nach § 36 Satz 2 SGB XII ist der nachfragenden Person Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, soweit nicht gemeinsam gewirtschaftet wird oder die nachfragende Person von den Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft keine ausreichenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Nach der amtlichen Begründung185 stellt Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 43. Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 26. 183 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 26. Siehe auch Schoch, info also 1995, S. 133 (142). 184 OVG Bremen, FEVS 35, 443 (446); Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 13. 185 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII). 181 182

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§ 36 Satz 1 SGB XII zusammen mit dem erweiterten Satz 2 eine Beweislastumkehr für die weiteren Voraussetzungen „gemeinsames Wirtschaften“ und „Leistungserbringung“ dar, die von Personen einer Wohngemeinschaft eher widerlegbar als vom Träger der Sozialhilfe beweisbar sind. Ob und wann die Vermutung als widerlegt angesehen werden kann, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Im Regelfall wird eine Glaubhaftmachung oder zweifelsfreie Versicherung ausreichen.186 An den Nachweis können allerdings keine strengen Anforderungen gestellt werden.187 Denn es gibt zahlreiche Situationen, in denen die vom Gesetz unterstellte sittliche Verpflichtung, für einen anderen einzustehen, gar nicht besteht. Darüber hinaus gehört es auch zur allgemeinen Lebenserfahrung, dass von vielen Personen bestehende sittliche Verpflichtungen nicht beachtet werden. Bei der Frage, wann von getrenntem Wirtschaften auszugehen ist, kann auf die Rechtsprechung zu § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB verwiesen werden. In dieser Regelung wird, bezogen auf getrennt lebende Ehegatten, eindeutig anerkannt, dass auch sich ursprünglich nahestehende Personen in einer Wohngemeinschaft gemeinsam leben können, ohne gemeinsam zu wirtschaften. Dies kann selbst dann der Fall sein, wenn zum Beispiel Küche und Bad gemeinsam genutzt werden. Die dort entwickelten Maßstäbe sind auf § 36 SGB XII anwendbar.188 Steht also fest, dass nicht gemeinsam gewirtschaftet wird, ist die Vermutung widerlegt, ohne dass es weiterer Nachweise bedarf.189 Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 36 SGB XII. Gerade aber diese genannten Kriterien erschweren es den Betroffenen, die Vermutung zu widerlegen, wenn sie weiterhin zusammenwohnen. Deswegen sollten die Argumente, mit denen die gesetzliche Vermutung widerlegt werden soll, umso glaubhafter anzusehen sein, je entfernter die Verwandtschaft oder Schwägerschaft oder die persönliche Beziehung ist.190 186 BT-Drs. 15 / 1514, S. 61 zu § 37 SGB XII-E (jetzt § 36 SGB XII); Bubeck / Sartorius, ZAP, Fach 18 (2005), S. 857 (868); Luthe / C. Dittmar, Rdn. 131; Ottersbach, in: Jahn, SGB XII, § 36, Rdn. 21; Sartorius, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 13, Rdn. 24; H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 20; Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 44; ders., ZfF 2004, S. 169 (176); Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 7. Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 29 fordert zudem, dass in Fällen, in denen die Behauptung und Glaubhaftmachung konkreter Tatsachen gefordert wird, dass das Vorgehen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten muss. Nach Dauber, in: Mergler / Zink, SGB XII, § 36, Rdn. 10, den Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit zu § 9 SGB II, Fassung vom 01. 06. 2007, 9.37 und H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 20 sind umso höhere Anforderungen an die Widerlegung zu stellen, je höher das in der Haushaltsgemeinschaft vorhandene Einkommen und Vermögen ist. Schwabe, Kap. 5, 5.1.2, S. 168 verlangt, dass die Tatsachen behauptet und glaubhaft gemacht werden müssen. 187 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 6, 19; Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 28; Haubelt, Rdn. 57. 188 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 5; Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 30. 189 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 30. 190 Siehe Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 14.

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Der Einwand eines Mitbewohners, nur eine Notlage im Sinne von § 25 SGB XII zu beseitigen und damit als Nothelfer eingesprungen zu sein und nicht, um eine sittliche Pflicht zu erfüllen, muss auch nach § 36 SGB XII möglich sein und auch dann, wenn der Mitbewohner aufgrund seiner Einkommensverhältnisse als leistungsfähig anzusehen ist.191 Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass eine Widerlegung der Vermutung praktisch unmöglich wird. Es muss jedoch möglich sein, die eventuell in der Vergangenheit zutreffende Vermutung für die Zukunft zu widerlegen. Da die Sozialhilfe in der Regel monatlich gewährt wird, kann auch jederzeit eine andere Praxis innerhalb der Bedarfsgemeinschaft erfolgen.192 Ist die Vermutung widerlegt, dass die in einer Wohnung oder Unterkunft zusammenlebenden Personen nicht gemeinsam wirtschaften, so ist ohne weiteren Nachweis auch die Vermutung widerlegt, dass Unterhaltsleistungen erbracht werden.193 Die Problematik liegt also darin, dass die gesetzliche Vermutung der Bedarfsdeckung den Sozialhilfeträger teilweise von seiner Untersuchungspflicht (§ 20 SGB X) entbindet und der nachfragenden Person oder der mit ihr in einer Wohnung lebenden Person grundsätzlich die Darlegungslast aufbürdet, die Vermutung zu widerlegen. Anders ist es dies bei § 7 Abs. 3a SGB II, da dort der Leistungsträger die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft beweisen muss. Die nachfragende Person muss also nachweisen, dass sie tatsächlich keine Unterhaltsleistungen erhält. Soweit die Voraussetzungen der gesetzlich geregelten Vermutung gegeben sind, ist die tatsächliche Bedarfsdeckung somit zunächst nicht durch den Sozialhilfeträger zu prüfen.194 Durch diese Regelung wird dem Bedarfsdeckungs- und Faktizitätsprinzip gefolgt195, es wird trotz der vom Gesetzgeber verfügten Beweislastumkehr sichergestellt, dass der Sozialhilfeträger Leistungen zum Lebensunterhalt zu erbringen hat, wenn die Vermutung, die aus der Höhe des Einkommens und Vermögens des mit ihr in Haushaltsgemeinschaft Zusammenlebenden resultiert, von der die Sozialhilfe beanspruchenden Person widerlegt wird. Werden in der Praxis aber so hohe Anforderungen an die Widerlegung der Bedarfsdeckungsvermutung gestellt, dass es dem Bürger dadurch faktisch unmöglich ist, das Vorliegen der in § 36 Satz 2 SGB II genannten entgegenstehenden Fakten durchzusetzen, so wäre die Vermutung der Bedarfsdeckung rechtswidrig überzogen angewendet.196 191 Siehe H. Schellhorn, in: Schellhorn / Schellhorn, SGB XII, § 36, Rdn. 21; Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 23. Siehe auch OVG Lüneburg, FEVS 37, 367 (369); A.A. sind BVerwGE 23, 255 (258); BVerwG, NDV 1966, S. 250; OVG Münster, FEVS 38, 319 (322); OVG Hamburg, FEVS 43, 51 (56); Grube, in: Grube / Wahrendorf, § 36 SGB XII, Rdn. 14. 192 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 20. 193 Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 5; Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 30. 194 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 4. 195 Siehe BT-Drs. 15 / 1514, S. 61. 196 Schoch, in: Rothkegel, Teil III, Kap. 12, Rdn. 47.

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Dies wird aber der Fall sein, denn die nachfragende Person wird, wenn sie Leistungen unabhängig von den Einkünften ihrer Mitbewohner in Anspruch nehmen will, darstellen müssen, dass die Wohngemeinschaft keine Wirtschaftsgemeinschaft ist. Insoweit hat der Gesetzgeber die Messlatte hoch gelegt197, so dass nur in Ausnahmefällen davon auszugehen ist, dass die Wohngemeinschaft keine Wirtschaftsgemeinschaft ist.198 Kein tragfähiges Argument ist, dass der Sozialhilfeträger – wie von der Gesetzesbegründung angeführt – oft gar nicht oder nur unter erheblichem Aufwand in der Lage ist, tatsächliche Unterhaltsleistungen zwischen in einer Wohnung zusammenlebenden Personen nachzuweisen. Denn für die Betroffenen ist es ebenso schwierig zu beweisen, dass sie nicht gemeinsam wirtschaften und dass keine Leistungen erbracht werden. Die nachfragende Person hat, im Gegensatz zum Leistungsträger, keine rechtliche Möglichkeit, Nachweise und Erklärungen von den mit ihr zusammenlebenden Personen zu erzwingen, die ihr Vorbringen belegen können. Diese sind nur dem Leistungsträger gegenüber auskunftspflichtig (§ 117 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Kann die Vermutung des Sozialhilfeträgers nicht widerlegt werden, erhält die nachfragende Person auch keine Hilfe zum Lebensunterhalt, obwohl ihr die zur Bedarfsdeckung notwendigen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Es ist aber ein wichtiges Ziel der Sozialhilfe, dass bedarfsdeckende Leistungen jederzeit zuverlässig zur Verfügung stehen. Dies bedeutet, dass der notwendige Lebensbedarf von öffentlicher Seite sichergestellt sein muss, soweit Personen, die mit der unterstützungsbedürftigen Person in einer Wohnung leben, tatsächlich keine bedarfsdeckenden Leistungen erbringen.199 Der Bedarfsdeckungsgrundsatz wird durch die Regelung nicht handhabbarer und durchsetzungsfähiger200, sondern widerspricht der Beweislastverteilung. Im Rahmen des Regierungsentwurfs des Bundessozialhilfe-Reformgesetzes 1996 wurden gegen die damals für § 16 BSHG vorgesehene erweiterte Vermutung, die jetzt in § 36 SGB XII aufgenommen wurde, verfassungsrechtliche Bedenken geäußert201: Nach § 1 Satz 1 SGB XII (siehe auch § 9 SGB I) sei es Aufgabe der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Auch wenn es im Einzelnen schwierig sei, festzustellen, was zum Mindeststandard eines menschenwürdigen Lebens 197 Für die Kriterien zur Wirtschaftsgemeinschaft bei der eheähnliche Gemeinschaft, siehe Kap. 2, A., I., 2., c), aa). 198 R. Möller, ZfSH / SGB 2005, S. 1 (7). Wenzel, in: Fichtner / Wenzel, Grundsicherung, § 36 SGB XII, Rdn. 10 will insoweit nur von einer Haushaltsgemeinschaft ausgehen, wenn tatsächlich Einkommen und Vermögen zu Gunsten des Leistungsberechtigten eingesetzt wird. Dies stimmt aber weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck, nämlich die Beweislast dem Leistungsberechtigten aufzuerlegen, überein. Die Vermutungsregel des § 36 Satz 1 SGB XII wäre sonst sinnlos. 199 Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 2. 200 So aber BT-Drs. 15 / 1514, S. 61. 201 W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (171); Schoch, info also 1995, S. 133 (142 f.).

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

zählt202, so seien dazu sicherlich der Schutz der Autonomie und der Schutz vor Erniedrigung zu rechnen. Es erniedrige Menschen und mache sie unzulässig zum Objekt staatlichen Handelns203, wenn sie nicht Träger eigener Rechte und Pflichten, sondern staatlicher Gewalt unterworfen seien.204 Durch die in § 36 SGB XII vorgesehene Beweislastumkehr und die Möglichkeit der Leistungsverweigerung der Behörde unter Verweis auf die unterstellte Leistung von noch nicht einmal der Familie angehörenden Personen, werde der Hilfebedürftige zum Spielball von vermuteter Verwaltungspraktikabilität des Gesetzgebers.205 Dies widerspreche aber seiner Menschenwürde. Ebenso sei das soziokulturelle Existenzminimum gefährdet. Auch wenn die Bedarfsdeckungsunterstellung oder -vermutung bei Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft widerlegbar sei, so stünden dafür aber keine hinreichenden Hilfsmittel zur Verfügung. Lediglich die Behauptung der Hilfe begehrenden Person, keine Leistungen von den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zu erhalten, reiche nicht aus, den Gegenbeweis anzutreten.206 Dies hätten schon die Ausführungen zur eheähnlichen Gemeinschaft gezeigt. Dort sei die Beweislastumkehr erst dann gerechtfertigt, wenn der Leistungsträger neben der Haushaltsgemeinschaft auch die Wirtschaftsgemeinschaft zu beweisen habe. Die Annahme eines Verstoßes gegen die Menschenwürde ist allerdings zu weitgehend. Der Staat macht den Bürger nicht dadurch zum Objekt staatlichen Handelns, dass er ihm aufgibt, darzulegen, dass seine Wohngemeinschaft keine Haushaltsgemeinschaft ist. Darin ist noch keine Erniedrigung zu sehen, denn die Vorschrift ist nicht in Erniedrigungsabsicht geschaffen worden, sondern um demjenigen die Darlegungslast aufzuerlegen, der über die gebotenen Beweismittel verfügt, um die Vermutung zu widerlegen. Dass die Messlatte indes so hoch gelegt wurde, dass ein Gegenbeweis im Regelfall nicht möglich ist, führt noch nicht zu einer Erniedrigung, die den Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG berührt. Die angenommene Gefährdung des soziokulturellen Existenzminimums dagegen ist im Einzelfall nicht von der Hand zu weisen. Festzustellen bleibt aber, dass die Einbeziehung von Mitbewohnern in die Leistungserbringung für die nachfragende Person eine Inanspruchnahme von unbeteiligten Dritten bedeutet, die überdies keine familiäre Bindung zu der nachfragenden Person haben.207 Zudem liegt eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II. Denn dort werden nicht alle Wohngemeinschaften einbezogen und es erfolgt auch keine Beweislastumkehr. Zwischen den Personen, die in 202 203 204 205 206 207

Siehe Neumann, NVwZ 1995, S. 426 ff. Siehe BVerwGE 1, 159 (161). Schoch, info also 1995, S. 133 (142). Siehe Schoch, info also 1995, S. 133 (143). Siehe Schoch, info also 1995, S. 133 (143). Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 2; W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (171).

C. Zusammenfassung

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die Haushaltsgemeinschaften des SGB II und des SGB XII einbezogen sind, bestehen aber keine solchen Unterschiede, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würde. Der einzige Unterschied besteht darin, dass zumindest ein Hilfebedürftiger der Haushaltsgemeinschaft des SGB II erwerbsfähig ist, während im SGB XII alle Haushaltsgemeinschaftsmitglieder erwerbsunfähig sind. Die Erwerbsfähigkeit von über drei Stunden täglich darf aber nicht dazu führen kann, dass diese Personen besser behandelt werden als solche, die nur noch ein Restleistungsvermögen von unter drei Stunden täglich haben. Diese sind trotz ihrer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit ebenfalls verpflichtet, ihre Arbeitskraft einzusetzen (siehe § 2 Abs. 1 SGB XII). Zudem ist die Erwerbsfähigkeit nicht relevant, da es im Rahmen der Haushaltsgemeinschaft im Wesentlichen nur um die Einkommensund Vermögensberücksichtigung zusammenlebender Personen geht, unabhängig davon, woher diese Einnahmequellen stammen. Die Ungleichbehandlung gegenüber dem SGB II ist nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG.208 Zu dem Regierungsentwurf des Bundessozialhilfe-Reformgesetzes 1996 wurden noch weitere Bedenken geäußert209: Wenn bei jeder Haushaltsgemeinschaft die Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedes Bewohners überprüft werden müssten, weil ein Mitglied der Wohngemeinschaft Sozialhilfeempfänger ist, führe dies zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Im Ergebnis führe diese Regelung nur zu geringen Mehreinnahmen, die durch den erforderlichen Verwaltungsaufwand mehr als kompensiert werde.210 Ferner entstünden falsche soziale Auswirkungen. Das sinnvolle Zusammenleben von Menschen werde durch diese Regelung verhindert. Sie führe dazu, dass Sozialhilfeempfänger wegen der Einstandsvermutung und der Auskunftspflicht der anderen Mitbewohner in Wohngemeinschaften nicht mehr aufgenommen würden oder sogar ihr Auszug betrieben würde. Im Ergebnis würde dies zu erheblichen Mehraufwendungen bei den Sozialhilfeträgern führen, da Einzelwohnungen regelmäßig teurer sind als die Wohnkosten pro Person in einer Mehrpersonenwohnung. Aufgrund dieser fachlichen und sozialen Aspekte wurde im Rahmen der Bundessozialhilfegesetz-Reform auf die Ausweitung der Regelung des damaligen § 16 BSHG auf alle Personen einer Wohngemeinschaft verzichtet. Die gleichen Bedenken müssen auch für § 36 SGB XII gelten.

C. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Haushaltsgemeinschaft durch das Wirtschaften „aus einem Topf“ charakterisiert ist. Nach § 9 Abs. 5 SGB II sind Siehe auch Conradis, in: LPK-SGB XII, § 36, Rdn. 2. BR-Drs. 452 / 95, S. 13. 210 Siehe BT-Drs. 15 / 1514, S. 79; BR-Drs. 452 / 95, S. 13; Schoch, info also 1995, S. 133 (141); Stellungnahme DV, NDV 1995, S. 353 (355); NDV 1995, S. 429 (431). 208 209

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Kap. 4: Die Haushaltsgemeinschaft

Verwandte und Verschwägerte des Hilfesuchenden diesem bei Bedürftigkeit zur Leistung verpflichtet, soweit ihr Einkommen und Vermögen dieses zulassen. Vermutungsvoraussetzung ist das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten oder Verschwägerten und die Leistungsfähigkeit dieser Personen. Liegen die Vermutungsvoraussetzungen vor, für welche der Leistungsträger die Beweislast trägt, kann die Vermutung durch den Hilfesuchenden widerlegt werden. § 9 Abs. 5 SGB II entspricht der Regelung des § 16 BSHG. Im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit wird der Selbstbehalt, wie bei § 16 BSHG, nach den Selbstbehalten der Tabellen der Oberlandesgerichte bestimmt. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Auslegung des § 1 Abs. 2 Alg II-V. Auch § 36 SGB XII überträgt im Wesentlichen die Regelung des § 16 BSHG. Der Unterschied zu § 9 Abs. 5 SGB II besteht zum einen darin, dass Vermutungsvoraussetzung neben der Leistungsfähigkeit nur noch das Vorliegen einer Wohngemeinschaft ist. Es werden alle Personen von § 36 SGB XII erfasst, die mit der nachfragenden Person in einer Wohnung oder einer anderen Unterkunft leben. Der Sozialhilfeträger hat somit nur noch das Vorliegen dieser Wohngemeinschaft zu beweisen, jedoch nicht mehr die Wirtschaftsgemeinschaft. Daraus ergibt sich auch der zweite Unterschied, denn wenn der Sozialhilfeträger die Wirtschaftsgemeinschaft nicht mehr nachzuweisen hat, muss die nachfragende Person, wenn sie keine Leistungen von der mit ihr in Wohngemeinschaft lebenden Person erhält, beweisen, dass nicht gemeinsam gewirtschaftet wird. Es erfolgt also eine Beweislastumkehr. Eine solche Ausdehnung wie in § 36 SGB XII, die eine öffentlich-rechtliche Unterhaltspflicht installiert, zugleich verbunden mit einer Umkehr der Beweislast zum Nachteil der nachfragenden Person ist verfassungsrechtlich bedenklich. Viele Hilfebedürftige werden auch durch die Neuregelung die ihnen zustehenden Leistungen nicht mehr geltend machen, weil sie dann bei ihren Mitbewohnern „betteln“ gehen müssten und dadurch unterhalb des durch die Höhe der Sozialhilfe definierten soziokulturellen Existenzminimums leben würden. Dies ist angesichts der verfassungsrechtlichen Regelungen inakzeptabel.

Kapitel 5

Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen Die Bestandsaufnahme hat gezeigt, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe um zwei parallele Systeme handelt, die für den jeweiligen Personenkreis abschließend Pflichten und Leistungen vorsehen. SGB II und SGB XII sichern für den jeweils erfassten Personenkreis das Existenzminimum. Dabei dient die Sozialhilfe grundsätzlich als Referenzsystem für die Bemessung der Regelleistung im SGB II.1 Deshalb müssen die Regelungen, die die Bedarfsgemeinschaft, die Einsatzgemeinschaft und die beiden Haushaltsgemeinschaften betreffen, im Wesentlichen gleich sein. Ob dies tatsächlich der Fall ist, soll durch einen Vergleich ermittelt werden. Im Fall des Fehlens einzelner vergleichbarer Regelungen wird sich dabei die Frage der Vereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) stellen. Im Anschluss an den Vergleich sollen die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft, Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft abschließend betrachtet und Regelungsvorschläge gemacht werden. Denn es hat sich gezeigt, dass einige Regelungen verfassungswidrig sind, Ungereimtheiten aufweisen oder nach ihrem Wortlaut missverständlich sind.

A. Vergleich Das Zusammenleben von Personen wird in der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Bedarfsgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft und in der Sozialhilfe durch Einsatzgemeinschaft und Haushaltsgemeinschaft erfasst. Im Folgenden werden deshalb zunächst Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft miteinander verglichen, da diese beiden Gemeinschaften zentrale Anknüpfungspunkte für Leistungen der beiden parallelen Sicherungssysteme sind und sich insoweit gegenüberstehen. Daran anschließend erfolgt der Vergleich der beiden Haushaltsgemeinschaften von SGB II und SGB XII. Als letzter Punkt ist das Verhältnis von Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft zur Haushaltsgemeinschaft darzustellen. 1

BT-Drs. 15 / 1516, S. 56; 1410, S. 20 / 1410, S. 23.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

I. Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft sind die wichtigsten Begriffe im SGB II und SGB XII und schließen einander aus. Eine Person kann entweder einer Bedarfsgemeinschaft oder einer Einsatzgemeinschaft angehören. Die Abgrenzung erfolgt unter dem Gesichtspunkt der Erwerbsfähigkeit. Es ist also danach zu fragen, ob es in der jeweiligen Gemeinschaft einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gibt. Ist dies der Fall, sind die Regelungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschlägig, in allen anderen Fällen kommen die Regelungen zur Sozialhilfe zur Anwendung. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass in einem Haushalt entweder nur eine Bedarfsgemeinschaft oder eine Einsatzgemeinschaft bestehen kann. Es gibt Konstellationen, in denen Personen nicht der Bedarfsgemeinschaft angehören und deshalb Leistungen nach dem SGB XII erhalten und dort als Einsatzgemeinschaft betrachtet werden. Dies können die Fälle des Leistungsausschlusses nach §§ 7 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II sein oder der Fall, dass Eltern mit einem noch nicht voll erwerbsgeminderten Kind ab der Vollendung des 25. Lebensjahres zusammenleben, welches selbst ein Kind hat. Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft sind unter drei Gesichtspunkten zu vergleichen. Zunächst sind die einfachgesetzlichen Regelungen im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gemeinschaft, also die Regelungen zum Personenkreis und zur Hilfebedürftigkeit zu untersuchen. Denn nur wenn die beiden Gemeinschaften bezüglich dieser Punkte im Wesentlichen übereinstimmen, kann auch ein Vergleich der an die Feststellung der jeweiligen Gemeinschaft geknüpften Folgen vorgenommen und die Frage gestellt werden, ob eventuell bestehende Unterschiede im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich sind. 1. Die einfachgesetzlichen Regelungen zu den beiden Gemeinschaften Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft unterscheiden sich nach dem von der jeweiligen Gemeinschaft erfassten Personenkreis. Auch die Hilfebedürftigkeit wird in § 19 SGB XII etwas anders als in § 9 SGB II bestimmt. Ob dies aber dazu führt, dass beide Gemeinschaften nicht miteinander vergleichbar sind und somit die sie betreffenden Gesetze auch keine zumindest annähernd gleichen Regelungen enthalten müssen, soll im Folgenden festgestellt werden.

a) Personenkreis Der Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft wird in § 7 Abs. 3 SGB II und der der Einsatzgemeinschaft in §§ 19 Abs. 1, 20 SGB XII festgelegt. Von beiden Gemeinschaften sind minderjährige Kinder und ihre Eltern, Ehepartner, Partner einer

A. Vergleich

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eingetragenen Lebenspartnerschaft, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft erfasst. Im Rahmen dieses Personenkreise werden auch Einkommen und Vermögen berücksichtigt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB II, § 19 Abs. 1 SGB XII). Der SGB-II-Gesetzgeber weitet den Personenkreis der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft zum einen aber auch auf die Kinder des Partners aus (§ 7 Abs. 3 Nr. 2, 4 SGB II). Als Folge hat der nicht leibliche Elternteil im Verhältnis zu seinem nicht leiblichen Kind Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II einzusetzen. Diese Anrechnung von Einkommen und Vermögen ist allerdings verfassungswidrig, so dass das dieser Personenkreis außer Acht gelassen werden muss und damit SGB II und SGB XII im Ergebnis übereinstimmen. Die Einbeziehung dieser Personen in die Bedarfsgemeinschaft erfolgt, um die Wiedereingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu unterstützen und die Doppelzuständigkeit der Leistungsträger für die Leistungen innerhalb eines Haushalts zu vermeiden. Insofern ist die Erweiterung des Personenkreises der Bedarfsgemeinschaft gegenüber der Einsatzgemeinschaft gerechtfertigt. Zum anderen werden in den Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft auch volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einbezogen, die mit ihren Eltern in Haushaltsgemeinschaft leben. Die Einsatzgemeinschaft erfasst demgegenüber nur die Haushaltsgemeinschaften von Eltern mit ihren minderjährigen Kindern. Diese Regelung ist allerdings, wie bereits festgestellt, ebenfalls verfassungswidrig, es müssen auch volljährige Kinder mit ihren Eltern eine Einsatzgemeinschaft bilden. Damit stimmen Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft bezüglich des Personenkreises nicht ganz überein. Dieses ist aber unschädlich, da der Personenkreis hinsichtlich des Einsatzes von Einkommen und Vermögen identisch ist; denn die Einbeziehung von Stiefeltern in die Einkommens- und Vermögensanrechnung in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II und die Nichtberücksichtigung von Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in § 19 Abs. 1 SGB XII ist verfassungswidrig. Das SGB II sieht allerdings im Hinblick auf die eheähnliche Gemeinschaft und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft eine Beweislastumkehr zugunsten des Leistungsträgers vor, während nach dem SGB XII der Leistungsträger das Vorliegen dieser Gemeinschaften beweisen muss. Im SGB XII ist eine Beweislastumkehr aber sinnvoll und wäre verfassungsrechtlich, wie auch im SGB II, zulässig.2 Sie ist auch verfassungsrechtlich geboten. Denn das Fehlen einer Beweislastumkehr verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Eine Ungleichbehandlung verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Wesentliches Vergleichselement zwischen der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft im SGB II und solchen Gemeinschaften im 2

Siehe Kap. 2, A., I., 2., c), dd), (4), (b).

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

SGB XII ist das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Im SGB II umschreibt der Gesetzgeber die eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, während der Gesetzgeber im SGB XII die Gemeinschaften mit ihren Begriffen bezeichnet. Im Übrigen bestehen jedoch keine Unterschiede zwischen den eheähnlichen Gemeinschaften oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften von SGB II und SGB XII. Nach dem wesentlichen Vergleichselement sind diese Gemeinschaften also gleich, werden bei der Beweislastumkehr aber nicht gleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist sachwidrig. Der Gesetzgeber geht in beiden Gesetzen davon aus, dass eheähnliche Gemeinschaft und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft inhaltsgleich3, also durch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft geprägt sind. Dies bringt er in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eindeutig und in § 20 SGB XII durch den Bezug zur Ehe indirekt zum Ausdruck. Der einzige Unterschied zwischen eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft im SGB II und im SGB XII ist, dass der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft im SGB II mindestens eine erwerbsfähige Person angehören muss, während im SGB XII beide Partner nicht erwerbsfähig sind. Dies kann aber eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Denn Zweck der Beweislastumkehr ist es, Leistungsmissbrauch zu minimieren und den Beweisschwierigkeiten des Leistungsträgers entgegenzuwirken. Missbrauch und Beweisschwierigkeiten ergeben sich aber auch bei der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft des SGB XII. Dem Gestaltungsrecht des Gesetzgebers sind insoweit Grenzen gesetzt. Im Hinblick auf diesen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist auch in der Sozialhilfe eine Beweislastumkehr einzuführen.4 In beiden Gesetzen finden sich Sonderregelungen bezüglich der Leistungsberechtigung von Auszubildenden. § 7 Abs. 5 und Abs. 6 SGB II wurde dabei § 22 SGB XII angeglichen. Nach § 7 Abs. 5 SGB II und § 22 Abs. 1 SGB XII erhalten Auszubildende keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, soweit kein Härtefall vorliegt. Eine Ausnahmeregelung dazu enthalten § 7 Abs. 6 SGB II, § 22 Abs. 2 SGB XII. Durch diese Angleichung greift der Leistungsausschluss auch im Sozialhilferecht durch, wenn es sich um den ausbildungsbedingten oder -geprägten Bedarf handelt.5

b) Hilfebedürftigkeit Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft reicht aber nicht aus, damit die Mitglieder Leistungen der GrundBT-Drs. 16 / 1410, S. 34. So wurde auch schon bei früheren Gesetzesvorhaben in Bezug auf die Regelung des § 122 BSHG eine Beweislastumkehr in Erwägung gezogen, vgl. BT-Drs. 13 / 2440, S. 52. Sie wurde jedoch aufgrund kritischer Stimmen nicht umgesetzt. 5 Siehe Kap. 2, A., I., 5., b). 3 4

A. Vergleich

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sicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe erhalten. Hinzukommen muss die Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft. Dies ergibt sich für die Bedarfsgemeinschaft direkt aus § 9 Abs. 1 SGB II. Das SGB XII dagegen kennt den Begriff der Hilfebedürftigkeit nicht, regelt aber in § 19 Abs. 1 SGB XII das Gleiche. Beiden Regelungen liegt der Gedanke der Subsidiarität zugrunde. Ausgangspunkt der Bedürftigkeitsprüfung ist die Frage, ob die Betroffenen ihren Lebensunterhalt bestreiten können.6 Darüber hinaus ist nach § 9 Abs. 1 SGB II auch derjenige hilfebedürftig, der seine Eingliederung in Arbeit nicht durch eigene Kräfte und Mittel sichern kann. Ein solcher Verweis auf die Selbsthilfe durch Arbeit findet sich in § 19 SGB XII nicht, dies folgt aber lediglich daraus, dass diejenigen Personen, die unter den Regelungsbereich des SGB XII fallen, zum größten Teil nicht erwerbsfähig sind und von vornherein nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig sein können oder aus anderen Gründen an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert sind, so dass eine Selbsthilfe durch Arbeit kaum je möglich ist und somit in diesem Bereich Hilfsbedürftigkeit fast immer vorliegt. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht auch die Empfänger von SGB-XII-Leistungen zur Arbeit verpflichtet sind (siehe § 2 SGB XII).7 Die Arbeitsbereitschaft wird aber erst im Rahmen des Sanktionskatalogs (§ 39 SGB XII) wichtig.8 Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist auch derjenige hilfebedürftig, der seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht sichern kann. § 19 Abs. 1 SGB XII enthält eine solche ausdrückliche Regelung dagegen nicht. Dies folgt daraus, dass das SGB XII den Begriff der Einsatzgemeinschaft nicht kennt (und so auch nicht definiert) und den Hilfebedürftigen nicht, wie im SGB II, im Zusammenhang mit der Gemeinschaft sieht. Nach § 19 Abs. 1 SGB XII ist nur derjenige hilfebedürftig und leistungsberechtigt, der seinen eigenen Bedarf nicht decken kann, während nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 SGB II auch derjenige hilfebedürftig und leistungsberechtigt ist, der zwar seinen eigenen Bedarf, aber nicht den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft decken kann. Dieser Unterschied resultiert aus der Regelungsstruktur des SGB II. Zwar hat jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Anspruch auf Leistungen, die Leistungsberechtigung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hängt jedoch akzessorisch vom Vorliegen eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ab. Nur wenn auch derjenige hilfebedürftig bleibt, der seinen eigenen Bedarf, nicht aber den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft decken kann, erhalten die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen. Eine solche akzessorische Stellung der Mitglieder der Einsatzgemeinschaft kennt das SGB XII nicht.

Löns, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 9, Rdn. 2. Dies gilt vor allem auch für die Personen, die nicht voll erwerbsgemindert sind, aber nicht als erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II anzusehen sind, zum Beispiel Nichtsesshafte und Asylsuchende. 8 Siehe zur gleichen Problematik im SGB II Kap. 2, A., II., 1. 6 7

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

Wie gezeigt, ist diese Situation aber im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Sowohl nach § 9 Abs. 1 SGB II als auch nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII hat der Hilfebedürftige seine eigenen Kräfte einzusetzen, um die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Eigene Kräfte meint in beiden Gesetzen den Einsatz von Arbeitskraft, was § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II im Gegensatz zu § 19 Abs. 1 SGB XII noch einmal betont. Dies entspricht aber dem Grundgedanken der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die Hilfebedürftigen vorrangig in Arbeit einzugliedern, während die Sozialhilfe dieses Ziel nicht, zumindest nicht in diesem Umfang verfolgt. Zwar werden die Leistungsberechtigten auch nach § 2 Abs. 1 SGB XII zum Einsatz ihrer Arbeitskraft angehalten, dies hat jedoch aufgrund des vom SGB XII erfassten Personenkreises geringere Bedeutung. Eigene Mittel, die die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft einsetzen müssen, um die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen, meint den Einsatz von Einkommen und Vermögen. Der Einsatz von Einkommen ist im SGB II (§ 11) und im SGB XII (§ 82) annähernd gleich geregelt. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II entspricht § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Eine Entsprechung zu § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II gibt es im SGB XII nicht, da der Kinderzuschlag aufgrund der Abgrenzung des Empfängerkreises für das SGB XII keine Bedeutung hat.9 § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II entspricht § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, § 11 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SGB II entsprechen § 82 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB XII. Eine von § 11 Abs. 2 Nr. 6 SGB II deutlich abweichende Regelung über Freibeträge bei Erwerbseinkommen findet sich in § 82 Abs. 3 SGB XII. Der Unterschied wurde durch die Veränderung der Freibetragsregelung in § 30 SGB II verschärft, da im SGB XII keine Änderung vorgenommen wurde. Nach § 82 Abs. 3 SGB XII sind nur 30 Prozent des Einkommens neben den Pauschalen absetzbar. Dies bedeutet für Leistungsberechtigte, die krankheits- oder altersbedingt trotz Erschwernissen einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine erhebliche Schlechterstellung. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a, b SGB II entspricht den Regelungen der §§ 83, 84 SGB XII, § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II entspricht § 82 Abs. 2 SGB XII. Die Regelungen zur Vermögensberücksichtigung sind im SGB II wesentlich großzügiger als im SGB XII. So wird im SGB II ein Vermögen bis zur Höhe von 10.050 Euro geschont, zusätzlich können bis zu 16.750 Euro, die für die Altersvorsorge verwendet werden, von der Verwertung freigestellt werden (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB II in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3). Hinzu kommt nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II eine Pauschale von 750 Euro für einmalige Leistungen. Im Gegensatz dazu ist nach dem SGB XII nur ein kleiner Barbetrag in Höhe von 2.600 Euro oder 3.214 Euro bei Paaren von der Verwertung ausgenommen (§ 90 Abs. 1 Nr. 9 SGB XII) in Verbindung mit der entsprechenden Verordnung, es gibt keine Sonderregelung für angesparte Pauschalen und das Kapital, das der Altersvorsorge dient, ist nur nach dem engen Maßstab des § 90 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII 9

Mecke, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 11, Rdn. 3.

A. Vergleich

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geschont. Ferner gibt es im SGB XII keine Sonderregelungen für Kraftfahrzeuge, obwohl gerade erwerbsgeminderte Personen zur Ausübung einer Arbeitstätigkeit auf das Vorhandensein eines Kraftfahrzeuges angewiesen sein können.10 Andererseits ist das Vermögen im SGB II aber auch weniger geschont als bei der Hilfe zum Lebensunterhalt, so sind Familien- und Erbstücke (§ 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII), Gegenstände zur geistigen Befriedigung (§ 90 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII) und Gegenstände zur Ausübung der Erwerbstätigkeit (§ 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII) in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht von der Verwertung ausgeschlossen11, außerdem beurteilt sich die Angemessenheit des Hausrats an den bisherigen Lebensverhältnissen (§ 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII) und nicht an den Lebensverhältnissen während des Bezugs der Leistungen nach dem SGB II (§ 12 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Diese Konstellationen führen dazu, dass in Fällen, in denen ein SGB-II-Leistungsempfänger mit einem SGB-XII-Leistungsempfänger zusammenlebt, das Vermögen zunächst nach dem SGB II geschont wird. Bei der Berechnung der Leistungen nach den SGB XII muss aber wiederum das Vermögen nach den Regelungen des SGB XII eingesetzt werden. Das nach dem SGB II geschonte Vermögen muss bis auf einen Betrag von 3.214 Euro verbraucht werden, bevor der Partner Leistungen nach dem SGB XII beziehen kann. Dies führt insbesondere im Bereich der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung zu einer erheblichen Benachteiligung der Menschen, die mit einem älteren Partner zusammenleben12. Gleiches gilt aber auch für die umgekehrte Situation, denn der Leistungsempfänger nach dem SGB II hat Teile seines Vermögens einzusetzen, die eigentlich nach dem SGB XII geschont werden. Dadurch wird das Vermögen für SGB-XII-Leistungsempfänger noch weiter reduziert. Die unterschiedliche Behandlung für den Einsatz von Vermögen verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da sie nicht mit der Erwerbsfähigkeit und der geforderten Erwerbstätigkeit der SGB-II-Leistungsempfänger begründet werden kann.13 Auch SGB-XII-Leistungsempfänger sind im Rahmen ihrer Resterwerbsfähigkeit bis zu drei Stunden täglich zur Erzielung von Erwerbseinkommen gesetz10 § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII gilt nur Fahrzeuge, die für die Berufsausübung eingesetzt werden, wie zum Beispiel ein Lieferwagen. Dient ein PKW nur dazu, zur Arbeitsstelle zu kommen, ist er nicht geschützt, weil er nur mittelbar der Berufsausübung dient, siehe Wahrendorf, in: Grube / Wahrendorf, § 90 SGB XII, Rdn. 25. 11 In diesen Fällen kann aber auf die Härteregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 6 SGB II zurückgegriffen werden, soweit dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Siehe aber § 4 Abs. 1 Alg II-V bezüglich der Gegenstände zur Berufsausübung. 12 Bei Personen, die wegen Erwerbsunfähigkeit oder Alter aus dem SGB II in das SGB XII wechseln, führt der Unterschied dazu, dass der bisherige Vermögensschutz einschließlich Altersvorsorge wegbrechen kann. Dies ist nach Brühl / Geiger, in: LPK-SGB XII, § 90, Rdn. 3, nicht nur sozialpolitisch unsinnig, sondern auch im Hinblick auf den Eigentumsschutz des Art. 14 GG fragwürdig. 13 A.A. ist anscheinend Brühl, in: LPK-SGB II, § 5, Rdn. 47.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

lich verpflichtet (§ 2 Abs. 1 SGB XII), und im Falle einer Verweigerung von Arbeit sind empfindliche Leistungskürzungen vorgesehen (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB XII in Verbindung mit § 39 SGB XII). Gerade bei solchen Personen, die trotz ihrer Resterwerbstätigkeit eine Arbeit aufnehmen, ist eine Verschonung des Eigenmitteleinsatzes wie bei SGB-II-Leistungsempfängern gerechtfertigt. Die Ungleichbehandlung kann ferner nicht dadurch begründet werden, dass es sich bei dem Personenkreis des SGB II häufig um Personen handelt, die vormals Pflichtbeiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt haben und deshalb auch in der Fürsorge nicht völlig ohne Gegenleistung dastehen sollen. Denn diese Beiträge wurden nur für die reine Arbeitslosenversicherung, also das Arbeitslosengeld I, entrichtet, nicht aber für eine dauerhafte Versorgung durch SGB-II-Leistungen. Die Arbeitslosenversicherung ist zudem eine reine Risikoversicherung, ihre Leistungen werden nur zur annähernden Absicherung des bisherigen Lebensstandards während einer wesensmäßig als vorübergehend gedachten Zeit der Arbeitslosigkeit gewährt. Außerdem gehören zum Personenkreis des SGB II auch ehemalige Sozialhilfeempfänger ohne (nennenswerte) Beitragszeiten, so dass es nicht darauf ankommen kann, wie lange Beiträge gezahlt worden sind.14 Nicht hilfebedürftig ist nach beiden Gesetzten auch derjenige, der die erforderliche Hilfe von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 letzter Hlbs. SGB II, § 2 Abs. 1 SGB XII).

2. Die Folgen der Feststellung der jeweiligen Gemeinschaft Die Regelungen des SGB II und des SGB XII sind im Hinblick auf den in die Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft einbezogenen Personenkreis im Wesentlichen gleich. Auch die Hilfebedürftigkeit wird annähernd gleich bestimmt. Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft stimmen damit im Wesentlichen überein. Deshalb müssen auch die Folgen, die sich aus der Feststellung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft ergeben, zumindest insoweit gleich sein, als dass Unterschiede nicht durch systemimmanente Gesichtspunkte gerechtfertigt sind. Die Folgen der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft sind zunächst die Leistungen an jedes einzelne Mitglied der jeweiligen Gemeinschaft. Relevant werden aber auch die Vertretung der Mitglieder, die Eingliederungsvereinbarung, Pflichtverletzungen sowie eventuell bestehende Unterhaltsansprüche.

14

Luthe, SGB 2004, S. 729 (730).

A. Vergleich

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a) Leistungen an die einzelnen Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft Zunächst sollen die Leistungen an die Mitglieder der beiden Gemeinschaften betrachtet werden. Wie die Auslegung von SGB II und SGB XII ergeben hat, hat jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft einen eigenen Anspruch auf Leistungen nach dem jeweiligen Gesetz. Auch der Personenkreis, der in die Bedarfsberechnung oder Einsatzgemeinschaft mit einbezogen wird, ist gleich (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB II, § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Praktische Bedeutung haben die Bedarfsgemeinschaft und die Einsatzgemeinschaft zunächst bei der Berechnung der Hilfe. Für die Leistungen des SGB II ist das SGB XII das Referenzsystem, so dass die Leistungen annähernd gleich sein müssen. Weitere mögliche Leistungen neben der Regelleistung sind der Kinderzuschlag und der befristete Zuschlag. Hinzu kommt auch die Kranken-, Pflegeund Rentenversicherung.

aa) Bedarfsberechnung und Regelleistung Nur wenn der Bedarf der einzelnen Mitglieder der jeweiligen Gemeinschaft berechnet worden ist, stellt sich die Frage, welche Leistungen gewährt werden. Unterschiede zwischen Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft bestehen lediglich bei der Methode der Berechnung des Bedarfs, wenn Einkommen und Vermögen in der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft vorhanden sind. Zwar wird in beiden Fällen eine Zuordnung nach dem Verhältnis am Bedarf vorgenommen, jedoch ist der Ansatz des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II anders als die Verhältnislösung im Rahmen des § 19 SGB XII. Im SGB II wird zunächst ein „Gesamtbedarf“ durch die Addition der Einzelbedarfe ermittelt und von diesem das in der Bedarfsgemeinschaft vorhandene Einkommen und Vermögen abgezogen. Ist dann noch ein ungedeckter Bedarf vorhanden, wird der Anteil des Bedarfs am ungedeckten Bedarf ermittelt und entsprechend diesem Anteil Leistungen erbracht. Eine solche Berechnung führt dazu, dass auch derjenige Leistungen erhält, der zwar seinen eigenen Bedarf, nicht aber den der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft decken kann. Im SGB XII wird dagegen vom Einzelbedarf jeder Person das bei diesen vorhandene Einkommen und Vermögen direkt abgezogen, ohne zuvor einen „Gesamtbedarf“ gebildet zu haben. Eine Ausnahme im Sinne einer gemeinsamen Berechnung ist nur in den Fällen möglich, in denen keine Person der Einsatzgemeinschaft genug Einkommen und Vermögen zur Verfügung hat, um ihren eigenen Bedarf zu decken, und keine Besonderheiten bestehen.15 Kann ein Mitglied seinen Bedarf durch eigenes Einkommen und Vermögen decken, fällt er aus der Bedarfsberechnung hinaus. Ein eventueller Überschuss wird auf die anderen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft entsprechend dem prozentualen Anteil des 15

Siehe Kap. 2, C., II., 3.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Bedarfs des Einzelnen zum nicht durch Einkommen gedeckten Bedarf aller Mitglieder der Einsatzgemeinschaft verteilt. Deshalb kann die Gemeinschaft der Personen, die nach § 9 Abs. 2 SGB II Einkommen und Vermögen einzusetzen haben, auch nicht als Einsatzgemeinschaft, sondern muss weiterhin als Bedarfsgemeinschaft bezeichnet werden.16 Obwohl sich in der Regel bei beiden Berechnungsmethoden der gleiche Gesamtbedarf ergibt, hat die Berechnungsmethode des SGB XII im Vergleich zum SGB II Vorteile. Zum einen besteht bei ihr nicht die Gefahr, dass vorschnell Personen in die Bedarfberechnung mit einbezogen werden, die nicht einzubeziehen sind, so zum Beispiel Kinder mit genügend eigenem Einkommen und Vermögen. Denn bei der Berechnung des „Gesamtbedarfs“ im SGB II kann dies geschehen, wenn von dem Leistungsträger nicht die erforderliche Sorgfalt walten gelassen wird. Zum anderen ist bei der Rückzahlung einer eventuellen Überbezahlung im SGB XII im Gegensatz zum SGB II keine Nachberechnung erforderlich. Dies resultiert daraus, dass eine § 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII vergleichbare Regelung im SGB II fehlt. Außerdem bringt die Berechnung im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII deutlicher zum Ausdruck, dass jedes Mitglied der Gemeinschaft einen eigenen Anspruch auf Leistungen hat. Einziger Vorteil der Berechnung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist eine Verwaltungsvereinfachung in einigen Fällen, die wiederum aber im Streitfall zu erheblichen Problemen bei der Bestimmung der anspruchsberechtigten Personen oder der Höhe des Anspruchs führen kann. Entgegen dem SGB XII kann eine solche individuelle Berechnung aber nicht aus dem SGB II herausgelesen werden. Zum einen steht der eindeutige Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II und der eindeutige Wille des Gesetzgebers dem entgegen, zum anderen können aufgrund der akzessorischen Stellung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Leistungen an diese bei ausreichendem Einkommen und Vermögen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur eigenen Bedarfsdeckung entfallen. Die Leistungen an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft stimmen im Wesentlichen überein. Das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld sind wie die Hilfe zum Lebensunterhalt bedarfsorientiert und bedürftigkeitsgeprüft. Das Leistungsspektrum des Arbeitslosengeldes II umfasst eine Leistung, die am Niveau der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen ausgerichtet ist.17 Das Arbeitslosengeld II (wie dementsprechend auch das Sozialgeld) orientiert sich überwiegend an den Regelungen des SGB XII (§§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 20 ff. SGB II, §§ 28 Abs. 1, 29 ff. SGB XII). Es werden grundsätzlich dieselben Bedarfstatbestände wie bei der Bewilligung von Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII zugrunde gelegt. Von der Regelleistung18 werden sowohl laufende Bedarfe, Be16 17

Siehe Kap. 1, B., I. BT-Drs. 15 / 1516. S. 56.

A. Vergleich

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darfe an Heizung und Wohnung19 als auch einmalige Bedarfe erfasst. Nicht übereinstimmend geregelt sind die Fälle der ergänzenden Leistungen. Nach § 23 SGB II werden Regelabweichungsbedarfe nur noch als Darlehen erbracht, nicht wie nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII als Zuschuss. Deswegen sind Einzelfälle denkbar, in denen die Hilfe zum Lebensunterhalt des SGB XII über die vergleichbare Regelleistung des SGB II hinausgeht. Es ist fraglich, ob dem Gesetzgeber diese Abweichung im Bereich der Transferleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII bewusst gewesen ist. Insofern lässt sich den Gesetzesmaterialien zum SGB II und SGB XII lediglich entnehmen, dass die Ausgrenzungsregelungen des § 5 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 21 SGB XII nur vor dem Hintergrund eines „abgestimmten Leistungsniveaus“20 zwischen den Leistungen der Sozialhilfe und denen des SGB II gerecht erscheinen.21 Deswegen sind die Regelabweichungsbedarfe auch im SGB II als Zuschuss zu gewähren.22 Unterschiede könnten sich auch bei der Leistungshöhe des Arbeitslosengeldes II ergeben, da dieses nicht unmittelbar an das Sozialhilfesystem gekoppelt ist (§ 20 Abs. 2, Abs. 3 SGB II), sondern gesetzesunmittelbar und bundeseinheitlich festgelegt wird. Sie entspricht aber in der Regel der Hilfe zum Lebensunterhalt, da sie sich an der Hilfe zum Lebensunterhalt als das Referenzsystem für alle Regelleistungen der Sozialhilfe orientieren soll23. Die Abstufung der Regelsätze entspricht auf den ersten Blick den Regelsätzen nach § 3 Regelsatzverordnung und soll nach der Gesetzesbegründung24 mit der Regelsatzverordnung vereinbar sein. Nach § 20 Abs. 3 SGB II erhalten erwachsene Partner neunzig vom Hundert der Regelleistung, in der Summe erhalten sie also denselben Betrag wie bei der sozialhilferechtlichen Aufteilung in 100 Prozent für den Haushaltsvorstand und 80 vom Hundert für Haushaltsangehörige. Dies entspricht in beiden Fällen 180 Prozent der Regelleistung. Allerdings sieht die Regelsatzverordnung keine Durchschnittsbildung vor, sondern, im Gegensatz zum SGB II, die Unterscheidung zwischen Haushaltsvorstand und Haushaltsangehörigem. Dies ist in Fällen problematisch, in denen ein Partner Leistungen nach dem SGB II, der nicht erwerbsfähige Partner aufgrund des Ausschlusses nach § 7 Abs. 4 SGB II oder § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II aber Leistungen nach § 41 SGB XII erhält. Da dieser nicht erwerbsfähige Partner aber Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige lediglich 90 vom Hundert der Regelleis18 Im Gegensatz dazu heißt es in § 27 SGB XII nicht Regelleistungen, sondern notwendiger Lebensunterhalt. 19 Wobei die Wertungen des SGB II zur Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht mit denen des SGB XII übereinstimmen. 20 BT-Drs. 15 / 1514, S. 57; BT-Drs. 15 / 1516, S. 46. 21 Behrend, in: jurisPK-SGB II, § 20, Rdn. 24. 22 Siehe Kap. 1, A., IV. 23 BT-Drs. 15 / 1516, S. 56. 24 So BT-Drs. 15 / 1516, S. 56.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

tung (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Der nicht erwerbsfähige Partner müsste nach der Regelsatzverordnung entweder 100 Prozent der Regelleistung, wenn er Haushaltvorstand ist, oder 80 vom Hundert der Regelleistung, wenn er Haushaltsangehöriger ist. In beiden Fällen wären die 180 Prozent der Regelleistung nicht erreicht. Deshalb sieht § 3 Abs. 3 der Regelsatzverordnung vor, dass der Regelsatz jeweils 90 vom Hundert des Eckregelsatzes beträgt, wenn Ehegatten oder Lebenspartner zusammen leben. Nicht berücksichtigt dagegen werden Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft. Dies ist unter Gleichheitsgesichtspunkten sehr bedenklich, denn unter dem Blickwinkel der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sind keine Unterschiede ersichtlich, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden.25 Zudem kann es keinen Unterschied machen, ob der hilfebedürftige Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nun Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II erhält. Die Unterschiede sind nicht so groß, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden. Zur Beseitigung dieser Ungleichbehandlung könnte die Regelung des § 3 Abs. 3 der Regelsatzverordnung analog angewendet werden. Dazu müsste dann allerdings eine Regelungslücke bestehen. Einer solchen steht aber entgegen, dass die Regelsatzverordnung entsprechend ausgelegt werden kann. Denn es bestehen zwei Möglichkeiten: In Fällen, in denen der nicht erwerbsfähige Partner nur als Haushaltsangehöriger anzusehen ist, er also nur 80 vom Hundert der Leistung erhält, könnte der fehlende Betrag über § 28 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGB XII aufgestockt werden.26 Problematisch ist dabei allerdings, dass die Regelleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII unterschiedlich hoch sind und somit für die Aufstockung auf die für das SGB II maßgebliche Regelleistung zurückgegriffen werden muss.27 Durch diese Lösung können außerdem Fälle, in denen der nicht erwerbsfähige Partner der Haushaltsvorstand ist, nicht erfasst werden, denn dann müsste die Regelleistung auf 100 Prozent aufgestockt werden, was in Verbindung mit der Regelleistung für den erwerbsfähigen Partner nach dem SGB II zu einer Bedarfsüberdeckung führen würde. Deshalb ist die zweite Möglichkeit, nämlich im Rahmen des § 3 der Regelsatzverordnung die Regelleistung 90 Prozent zu 90 Prozent zu verteilen, vorzuziehen.28 Dies ist möglich, da die Regelvermutung des § 3 Regelsatzverordnung dann nicht gilt, wenn nicht festgestellt werden kann, wer der Haushaltsvorstand ist, weil etwa kein Mitglied des Haushalts eigenes Einkommen erzielt oder alle Mitglieder über etwa gleiches Einkommen verfügen.29 Außerdem geht § 20 Abs. 3 SGB II Siehe Kap. 2, B., I., 1., b). So SG Schleswig, Beschluss vom 04. 05. 2005, Az: S 17 SO 82 / 05 ER, juris. 27 Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 14. 28 Herold-Tews, in: Löns / Herold-Tews, SGB II, § 20, Rdn. 13; Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 14; Tänzer, Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit 2005, S. 46 (51). Siehe auch den DV, NDV 2005, S. 261 (263), der die Verteilung des § 20 Abs. 3 SGB II auch für das SGB XII für wünschenswert hält. 29 Siehe Kap. 3, C., II., 1. 25 26

A. Vergleich

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durch die Aufteilung von 90 Prozent zu 90 Prozent anscheinend davon aus, dass beide Partner die Generalunkosten anteilig tragen.30 Für den nicht erwerbsfähigen Partner ist ein „Mischregelsatz“ zu bilden, so dass auch er 90 vom Hundert der Regelleistung erhält. Durch die Einbeziehung von Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres wurde eine Schlechterstellung von Familien beseitigt, die insgesamt unter das SGB XII fallen. Nach der Regelsatzverordnung erhalten Haushaltsangehörige 80 vom Hundert des Regelsatzes. Auf die Zugehörigkeit zur Einsatzgemeinschaft kommt es nicht an. Der ehemalige § 20 Abs. 2 und 3 SGB II dagegen kannte nur Alleinstehende oder / und Angehörige der Bedarfsgemeinschaft. Konstellationen mit Haushaltsvorstand wurden – ohne den Begriff zu benutzen – in § 20 Abs. 3 SGB II im Wege der Aufzählung geregelt. Die Abstufungen galt aber nur für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Dies führte dazu, dass eine volljährige haushaltsangehörige erwerbsfähige Person mangels Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft als Alleinstehende im Sinne des § 20 Abs. 2 SGB II anzusehen war und damit 100 Prozent der Regelleistung erhielt, während sie nach der Regelsatzverordnung als Haushaltsangehöriger nur 80 vom Hundert der Regelleistung erhalten hätte. Nach dem nunmehr geltenden § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II erhalten haushaltsangehörige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nunmehr ebenfalls 80 vom Hundert der Regelleistung. Das Sozialgeld des § 28 SGB II entspricht der Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 28 SGB XII. Das SGB XII kennt zwar keine unterschiedlichen Leistungen für die Mitglieder der Einsatzgemeinschaft, die Abstufungen der Regelleistungen für Haushaltsangehörige nach deren Alter in der Regelsatzverordnung stimmen aber mit der des Sozialgeldes überein.

bb) Kinderzuschlag und befristeter Zuschlag Weitere mögliche Leistungen sind der Kinderzuschlag und der befristete Zuschlag. Der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG wird nur an Eltern gezahlt, die unter das System des SGB II fallen und ihren eigenen Bedarf durch eigenes Einkommen und Vermögen decken können. Durch den Kinderzuschlag soll die Hilfebedürftigkeit der Kinder vermieden und Arbeitsanreize für die Eltern geschaffen werden.31 Eltern, die unter das System des SGB XII fallen und ihren eigenen Bedarf (zum Beispiel durch eine EU-Rente) decken können, nicht aber den ihrer Kinder, erhalten dagegen keinen Kinderzuschlag, obwohl sich auch hier die Hilfebedürftigkeit der Kinder durch den Zuschlag vermeiden ließe. Der Ausschluss dieser Kinder vom Kinderzuschlag legt einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nahe. Zwischen den beiden Vergleichsgruppen liegen keine solchen Unterschiede von solcher Art 30 31

Schmidt, in: Oestreicher / Decker, SGB II, § 28, Rdn. 14. BT-Drs. 15 / 1516, S. 48.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

und solchem Gewicht vor, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. Denn in beiden Fällen können die Eltern zwar ihren eigenen Bedarf, nicht aber den ihrer Kinder decken und in beiden Fällen würde die Hilfebedürftigkeit der Kinder durch den Kinderzuschlag beseitigt. Auch die Förderung von Arbeitsanreizen, deren Ziel der Kinderzuschlag ebenfalls ist, kann die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, da auch Personen, die Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt haben, über ein Restleistungsvermögen von bis zu drei Stunden verfügen können, so dass durch den Kinderzuschlag gerade auch hier Arbeitsanreize geschaffen werden können, denn wenn es einen Grund für Anreize zur Arbeitsaufnahme gibt, dann bei den dauerhaft kranken und behinderten Sozialhilfeempfängern, denen hiermit vergleichsweise größere Anstrengungen abverlangt werden32. Auch durch eine Arbeitstätigkeit unter drei Stunden täglich ist es möglich, zusammen mit anderen Leistungen den eigenen Bedarf zu decken. § 6a BKGG ist also dahingehend zu ändern, dass auch Eltern, die unter das Leistungssystem des SGB XII fallen, den Kinderzuschlag erhalten können.33 Ähnlich verhält es sich mit dem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II, dem keine entsprechende Regelung im SGB XII gegenübersteht, obwohl auch hier Fälle denkbar sind, in denen der Hilfebedürftige vor Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt Arbeitslosengeld erhalten hat.34 Es sind ebenfalls zwischen diesen beiden Vergleichsgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht ersichtlich, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden. In beiden Fällen wurde vor den Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII Arbeitslosengeld bezogen und in beiden Fällen dient der Zuschlag dazu, den Einkommensausfall abzufedern, der durch die Umstellung von einer am Lebensstandard orientierten Leistung auf eine bedarfsorientierte Fürsorgeleistung entsteht.35 Deshalb ist es erforderlich, den befristeten Zuschlag auch an Personen zu leisten, die unter das Regelungssystem des SGB XII fallen. Eine entsprechende Regelung dazu muss geschaffen werden. Hinzu kommt, dass nach dem SGB II dieser Zuschlag zu den Leistungen an die Berechtigten hinzugerechnet wird, während im SGB XII der Zuschlag an den Leistungsberechtigten dem Partner leistungsmindernd zur Verfügung gestellt werden muss. Diese Probleme entstehen vor allem dann, wenn ein Partner älter ist als der andere und deshalb schon früher der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII unterfällt. Eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung von Ehegatten und Luthe, SGB 2004, S. 729 (731). So auch Kievel, ZfF 2005, S. 97 (105); Stellungnahme DV, NDV 2003, S. 496 (505), D. 34 Zum Beispiel wenn er vorher noch nicht voll erwerbsgemindert war und deshalb einer Arbeitstätigkeit nachgehen konnte oder er kurz dem Erreichen der Altersgrenze arbeitslos wurde. Dieser Versicherungsanspruch sei wiederum das Äquivalent der Beitragspflicht und damit der Zwangsmitgliedschaft. 35 Nach Herrmann / Söhngen, SozSich 2004, S. 412 (418) stellt der befristete Zuschlag zudem einen verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der Entwertung des Versicherungsanspruchs auf Arbeitslosengeld dar. 32 33

A. Vergleich

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Lebenspartnern in dieser Situation gegenüber ausschließlich nach dem SGB II Leistungsberechtigten ist nicht ersichtlich.36

cc) Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung Die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und ihre Angehörigen werden nach dem SGB II, anders als Personen nach dem SGB XII, in die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Dies führt im Rentenrecht dazu, dass für Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt Rentenanwartschaftszeiten verloren gehen. Hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung sind Sozialhilfeempfänger annähernd gleichgestellt (§ 32 SGB XII, § 264 Abs. 2 SGB V), gleiches gilt für die Zuzahlungen, die sowohl im SGB II als auch im SGB XII vom Regelsatz umfasst sind37. b) Vertretung der Mitglieder Weitere Folge des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft ist im SGB II die Vertretung der Mitglieder durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 38 SGB II). Diese ist allerdings auf die Beantragung und die Entgegennahme von Leistungen beschränkt. Eine gesetzliche Regelung für die Einsatzgemeinschaft existiert dagegen nicht und kann auch nicht aufgrund der allgemeinen Vertretungsregelungen der § 13 SGB X, § 73 S GG vermutet werden38. Eine solche ist aber auch nicht erforderlich, da die Sozialhilfe von Amts wegen gewährt wird, so dass bereits die Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit genügt (§ 18 SGB XII). Da nach § 37 SGB II die Leistungen des SGB II aber nur auf Antrag erbracht werden und gleichzeitig eine Bedarfsgemeinschaft geschaffen wurde, erschien es dem Gesetzgeber angezeigt, eine Vertretungsvermutung zu normieren.39 Für die Vertretung bei der Beantragung von Sozialhilfe gilt weiterhin die Regelung des § 13 SGB X.

c) Eingliederungsvereinbarung und Pflichtverletzung Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft können auch durch Eingliederungsvereinbarungen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige mit dem Leistungsträger schließt, betroffen sein. Die Verpflichtung zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung (§ 15 SGB II) existiert im SGB XII dagegen nicht. Allerdings entspricht 36 An der Verfassungsmäßigkeit zweifeln auch Friedrichsen, NDV 2004, S. 347 (352); Luthe, SGB 2004, S. 729 (730). 37 Siehe dazu Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (214 ff.). 38 BSGE 52, 245 (247 ff.); Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 5. 39 Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 38, Rdn. 5. Ähnlich I. Müller, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 38, Rdn. 4.

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

die Leistungsabsprache nach § 12 SGB XII funktional der Eingliederungsvereinbarung. Sie unterscheidet sich aber wesentlich von der Eingliederungsvereinbarung durch das Festhalten am Freiwilligkeitsprinzip (kein Kontrahierungszwang) und den Verzicht auf eine gesetzesunmittelbare Regelung der Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Absprache. Sie ist vom Gesetzgeber40 bewusst unverbindlich und nicht als öffentlich-rechtlicher Vertrag gestaltet worden.41 Dies entspricht der Systematik der beiden Gesetze, denn die Eingliederungsvereinbarung in § 15 SGB II soll zur Integration des Arbeitsfähigen in den Arbeitsmarkt dienen, während die Leistungsabsprache nach § 12 SGB XII zur Integration in die Gemeinschaft dienen soll. Insoweit liegt auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes vor, wenn der Leistungsempfänger nach dem SGB II einen Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung nach § 16 II SGB II hat. Pflichtverletzungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen werden in beiden Gesetzen sanktioniert (§ 31 SGB II und §§ 26, 39 SGB XII), wobei die Sanktionen bei Verletzung der Arbeitspflicht systembedingt im SGB II genauer geregelt sind als im SGB XII. § 26 Abs. 1 SGB II ist fast identisch mit § 31 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II. Allerdings ist der Schutz der mitbetroffenen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft in § 31 Abs. 3 Satz 7 SGB II schwächer ausgestaltet als der der Angehörigen der Einsatzgemeinschaft in § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Denn nach § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist es so weit wie möglich zu verhüten, dass die unterhaltsberechtigten Angehörigen oder andere mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebende Leistungsberechtigte durch die Einschränkung der Leistungen mitbetroffen werden, während nach § 31 Abs. 3 Satz 7 SGB II erst ab einer dreißigprozentigen Kürzung ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu erbringen sind. Der Schutz der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft ist damit schwächer ausgestaltet als der der Angehörigen der Einsatzgemeinschaft. Allerdings ist schon aus grundrechtlichen Erwägungen (Art. 6 Abs. 1 GG) auch im SGB II der unerlässliche Lebensunterhalt zu sichern, soweit nicht ausnahmsweise durch die konkrete Hilfeausgestaltung sichergestellt werden kann, dass die minderjährigen Kinder vor Einschränkung oder Benachteiligung bewahrt werden.42 d) Unterhaltsansprüche Die Feststellung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft hat auch Folgen für die bestehenden Unterhaltsansprüche. Bei dem Übergang von Unterhaltsansprüchen übernimmt § 33 Abs. 2 SGB II weitgehend die Ausschlüsse oder Einschränkungen des § 94 SGB XII. Insofern ist § 33 SGB II in Anlehnung an den ehemaligen § 203 SGB II eine Kombination aus § 93 SGB XII BT-Drs. 15 / 1514, S. 56. Berlit, in: LPK-SGB II, § 15, Rdn. 5; Rixen, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 15, Rdn. 2. Siehe auch W. Schellhorn, NDV 2004, S. 167 (169). 42 VGH Mannheim, FEVS 51, 423 (427); Berlit, in: LPK-SGB II, § 31, Rdn. 107. 40 41

A. Vergleich

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und § 94 SGB XII.43 Deutliche Unterschiede zwischen der Regelung des SGB II und der des SGB XII bestehen aber hinsichtlich des Personenkreises der Unterhaltspflichtigen. Der Übergang von Ansprüchen gegen Verwandte zweiten und dritten oder entfernteren Grades des Hilfebedürftigen ist, im Gegensatz zu § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, grundsätzlich nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 SGB II nicht ausgeschlossen. Entscheidend ist vielmehr, ob der unterhaltsberechtigte Hilfebedürftige den Anspruch geltend macht oder nicht. Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades dürfen nach § 33 Abs. 2 SGB II grundsätzlich ebenfalls nur bei Geltendmachung durch den Unterhaltsberechtigten übergeleitet werden, es sei denn, es liegt einer der Ausnahmetatbestände des § 33 Abs. 2 Nr. 2a und b SGB II vor. Nach § 94 SGB XII dagegen kann jeder Anspruch gegen einen Verwandten ersten Grades übergeleitet werden, unabhängig davon, ob er durch den Unterhaltsberechtigten geltend gemacht wird oder nicht. Diese Verschonung vom Übergang des Unterhaltsanspruchs in § 33 Abs. 2 SGB II kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht dadurch belastet werden sollen, Unterhaltsansprüche gegen ihre nahestehenden Verwandten geltend zu machen und dadurch die Reintegration in den Arbeitsmarkt zu fördern, da dies auch im Rahmen der Sozialhilfe Arbeitsanreize schaffen könnte. Außerdem ist eine Verschonung von der Inanspruchnahme von Verwandten gerade im Rahmen der Sozialhilfe sinnvoll, denn hier sind die Familienbeziehungen häufig aufgrund der Krankheit oder Behinderung der Hilfebedürftigen von großer Opferbereitschaft gekennzeichnet44. Es ist somit erforderlich, die Vorschriften anzugleichen. Der Übergang von Unterhaltsansprüchen darf jedoch nur dann erfolgen, wenn der Unterhaltsverpflichtete dadurch nicht selbst hilfebedürftig wird (§ 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II45, § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XII). Dabei ist in beiden Fällen eine sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung durchzuführen. Ob Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft durch den Übergang hilfebedürftig werden, ist unerheblich.46 Ebenfalls ausgeschlossen ist der Übergang nach § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, wenn er für den Unterhaltsverpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Eine solche Regelung kennt § 33 Abs. 2 SGB II nicht, obwohl sie im Gesetzesentwurf47 in die Regelung hineingelesen wird. Ein weiteres Problem besteht darin, dass beide Regelungen die Divergenzen zwischen dem zivilrechtlichen Unterhaltsrecht und dem unterhaltsrelevanten Teil des Fürsorgerechts nicht beseitigen können. Allerdings sind diese Unterschiede Münder, in: LPK-SGB II, § 33, Rdn. 2; ders., in: LPK-SGB XII, § 94, Rdn. 2. Luthe, SGB 2004, S. 729 (731). 45 Zwar nicht ausdrücklich, aber die Vorschrift muss in diesem Sinne verstanden werden, siehe Kap. 2, C, IV, 1. 46 A.A. ist Hußmann, FPR 2004, S. 534 (541) und ZEV 2005, S. 54 (60), der davon ausgeht, dass sich der Ausschluss in § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II auch auf Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bezieht. 47 BT-Drs. 15 / 1516, S. 62. 43 44

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

zum Teil sozialpolitisch gewollt, denn nur so kann der Sozialhilfeträger auf soziale Entwicklungen und Veränderungen reagieren.48 Außerdem wird das SGB II in Zukunft wahrscheinlich das Unterhaltsrecht im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheiten des Unterhalts- und Leistungsberechtigten und den zivilrechtlichen Selbstbehalt beeinflussen.49 3. Ergebnis Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass die Regelungen bezüglich der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft trotz Unterschieden im Wortlaut und unterschiedlicher systematischer Stellung einerseits in vielen Punkten übereinstimmen, sich aber andererseits auch in einigen Punkten unterscheiden. Dadurch können Probleme entstehen, wenn innerhalb eines Familienverbandes teils das SGB II und teils das SGB XII zur Anwendung kommt50. Dabei schadet es jedoch nicht, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in einigen Punkten besser behandelt werden als die der Einsatzgemeinschaft, solange der Gleichheitssatz nicht verletzt ist. Eine Ungleichbehandlung ist im Bereich der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gerechtfertigt. Andererseits darf aber die Bedarfsgemeinschaft nicht schlechter als die Einsatzgemeinschaft behandelt werden, insbesondere im Bereich der Leistungen und der Anrechnung von Einkommen und Vermögen, denn sowohl das SGB II als auch das SGB XII bilden die untere Grenze, das Existenzminimum. Außerdem sind beide Leistungssysteme steuerfinanziert und gewähren Leistungen nur bei Bedürftigkeit. Einige der Unterschiede zwischen Bedarfsgemeinschaft und Einsatzgemeinschaft, wie der Personenkreis, die Bedarfsberechnung oder die Vertretung der Mitglieder, sind durch das Regelungssystem des SGB II bedingt und dadurch gerechtfertigt, auch wenn diese Unterschiede nicht sinnvoll sind. Denn die unterschiedlichen Regelungen beeinträchtigen die Transparenz der mit der Reform verbundenen Konsequenzen und erschweren die Rechtsanwendung. In anderen Fällen, wie bei dem Einsatz von Vermögen, dem Kinderzuschlag, dem befristeten Zuschlag oder der Rentenversicherung, gebietet der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen, da die Erwerbsfähigkeit von über drei Stunden täglich nicht dazu führen kann, dass diese Personen besser behandelt werden als solche, die nur noch ein Restleistungsvermögen von unter drei Stunden täglich haben. Diese sind trotz ihrer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit verpflichtet, ihre Arbeitskraft einzusetzen (siehe § 2 Abs. 1 SGB XII). Identisch brauchen die Regelungen der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft nicht sein, weil die Regelungen gerade zur Abgrenzung der Leistun48 49

Münder, in: LPK-SGB XII, § 94, Rdn. 4. Rust, FamRB 2005, S. 85 (88 f.); Schürmann, FamRZ 2005, S. 148 f.

A. Vergleich

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gen nach dem SGB II und dem SGB XII dienen51. Sie sollen sicherstellen, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft keine weiteren Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII neben den Leistungen des SGB II erhalten. Andererseits müssen die Mitglieder der Gemeinschaften aber zumindest ähnlich behandelt werden, weil das SGB II und das SGB XII so eng verknüpft sind, dass eine wesentliche Abweichung nicht gerechtfertigt werden kann. Dies gilt umso mehr, als dass SGB XII und SGB II Leistungssysteme sind, die durch Steuern finanziert werden und die für den jeweils erfassten Personenkreis das Existenzminimum gewährleisten.

II. Die beiden Haushaltsgemeinschaften im Vergleich Die Haushaltsgemeinschaft kennen sowohl die Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch die Sozialhilfe. Dabei ist die Haushaltsgemeinschaft nach § 36 SGB XII umfassender als die nach § 9 Abs. 5 SGB II, weil sie sich auf alle Personen im Haushalt und nicht nur auf Verwandte und Verschwägerte erstreckt. Ferner ist Vermutungsvoraussetzung neben der Leistungsfähigkeit nur noch das Vorliegen einer Wohngemeinschaft. Wie aber bereits festgestellt worden ist, ist diese Regelung verfassungswidrig, insbesondere liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Bezug auf die Haushaltsgemeinschaft des SGB II vor.52 Daraus folgt, dass die beiden Regelungen angeglichen werden müssen.

III. Die Haushaltsgemeinschaft im Vergleich zur Einsatz- und Bedarfsgemeinschaft Als letzter Punkt sind die Haushaltsgemeinschaften mit der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft zu vergleichen. Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft ist weiter gefasst als der der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft. Zur Haushaltsgemeinschaft gehören alle Personen, die auf Dauer mit einer Person oder mehreren Personen zusammenleben, ohne jedoch eine Bedarfsgemeinschaft oder eine Einsatzgemeinschaft zu bilden. Gemeinsames Merkmal aller Gemeinschaften ist das Wirtschaften „aus einem Topf“. Unterscheidungskriterium ist der Personenkreis, der bei der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft gesetzlich definiert und durch die engeren (verwandtschaftlichen oder partnerschaftlichen) Beziehungen zum Hilfebedürftigen gekennzeichnet ist.53 Die wechselseitige Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen entspricht A.A. sind Mrozynski, ZfSH / SGB 2004, S. 198 (201); Steck / Kossens, Rdn. 65. Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7, Rdn. 16. 52 Siehe Kap. 4, B., III. 53 Löns, in: Herold-Tews / Löns, SGB II, § 9, Rdn. 7; Siehe auch BVerfG, info also 2004, S. 260; Hengelhaupt, in: Hauck / Noftz, SGB II, § 9, Rdn. 159. 50 51

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

bei der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft zivilrechtlichen Unterhaltspflichten, während es bei der Haushaltsgemeinschaft darauf ankommt, ob die Personen miteinander verwandt oder verschwägert sind (§ 9 Abs. 5 SGB II) oder in einer gemeinsamen Wohnung leben (§ 36 SGB XII). Das wirtschaftliche Füreinander-Einstehen ist bei der Haushaltsgemeinschaft im Vergleich zur Bedarfsgemeinschaft und zur Einsatzgemeinschaft deutlich abgeschwächt.54 Sind also die formalen Kriterien des § 7 Abs. 3 SGB II nicht erfüllt, liegt keine Bedarfsgemeinschaft vor und es ist zu prüfen, ob die Personen gemeinsam wirtschaften und verwandt oder verschwägert sind; dann besteht eine Haushaltsgemeinschaft. Kann das Vorhandensein einer Einsatzgemeinschaft nicht festgestellt werden, weil die Personen nicht zum Personenkreis des § 19 Abs. 1 SGB XII gehören, wird eine Haushaltsgemeinschaft immer dann vorliegen, wenn die Personen „aus einem Topf“ wirtschaften. In solchen Fällen wird dann nach § 9 Abs. 5 SGB II oder § 36 SGB XII vermutet, dass der Hilfebedürftige Leistungen von den anderen Personen der Haushaltsgemeinschaft erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Der Leistungsträger ist somit aufgrund des Nachranggrundsatzes von seiner Leistungspflicht entbunden. Daraus folgt aber auch, dass es in einem Haushalt sowohl eine Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft als auch eine Haushaltsgemeinschaft geben kann, wenn nur einige der Personen die Kriterien der Bedarfsgemeinschaft oder Einsatzgemeinschaft erfüllen, mit der Folge, dass Einkommen und Vermögen in zwei Gemeinschaften berücksichtigt werden müssen.

B. Schlussbetrachtung Die Bestandsaufnahme, die Betrachtung der einzelnen Gemeinschaften und deren Vergleich haben gezeigt, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe um zwei steuerfinanzierte und bedürftigkeitsabhängige Fürsorgeleistungen mit im Wesentlichen gleichen Regelungsinhalten handelt. Allerdings wurden durch die Neueinführung des SGB II und die Trennung vom SGB XII zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe Gerechtigkeitslücken eröffnet. Es sind Ungleichbehandlungen zwischen den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft und der Einsatzgemeinschaft entstanden, die nicht durch die Erwerbsfähigkeit der Leistungsberechtigten des SGB II gerechtfertigt werden können. Der Gesetzgeber hat es versäumt, die beiden Gesetze hinreichend miteinander abzustimmen. Dadurch wird das Zusammenleben von Personen belastet. Die Betrachtung der einzelnen Gemeinschaften hat gezeigt, dass der Gesetzgeber die Regelungen nicht gut durchdacht hat. So ist allein der Begriff der Be54

Falterbaum, in: Hauck / Noftz, SGB XII, § 36, Rdn. 1.

B. Schlussbetrachtung

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darfsgemeinschaft missverständlich, denn früher wurde er im Sinne einer Familiennotgemeinschaft verstanden, heute wird er als Zusammenfassung bestimmter Personen mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen verstanden, um durch die Zusammenrechnung der einzelnen Bedarfe dieser Personen und die Gegenüberstellung des in dieser Gemeinschaft vorhandenen Einkommens und Vermögens den Leistungsanspruch jedes Mitglieds der Gemeinschaft ermitteln zu können. Der Gesetzgeber gibt dem Begriff der Bedarfsgemeinschaft damit im SGB II einen neuen Inhalt, ohne dies näher zu begründen oder zumindest nähere Ausführungen zu machen. Deswegen wäre es sinnvoller gewesen, der Gesetzgeber hätte der Gemeinschaft im SGB II einen völlig neuen Namen gegeben oder, wie im SGB XII, ganz auf eine Bezeichnung der Gemeinschaft verzichtet. Es ist nicht ersichtlich, warum der Gesetzgeber überhaupt eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hat, da es keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zum früheren Recht der Arbeitslosen- und Sozialhilfe gibt. Die Verpflichtung zum Einsatz von Einkommen und Vermögen trifft nach wie vor nur Eltern, Ehepartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft und eingetragene Lebenspartner. Neu hinzugekommen sind lediglich Partner der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Zwar wird der Personenkreis in § 7 Abs. 3 SGB II auch auf die Kinder der Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ausgedehnt, die angeordnete Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des nicht leiblichen Elternteils gegenüber dem Kind seines Partners nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II ist jedoch verfassungswidrig. Die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft kann auch nicht mit der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gerechtfertigt werden, da sie verfassungswidrig ist. Diese Verfassungswidrigkeit kann nur durch eine neue gesetzliche Regelung beseitigt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass Leistungen an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vom Vorhandensein eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abhängen. Dies ist wiederum Folge der Bedarfsgemeinschaft. Es stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber die Stellung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft akzessorisch ausgestaltet hat. Zwar soll durch die Bildung der Bedarfsgemeinschaft erreicht werden, dass innerhalb der Gemeinschaft das gleiche System der Fürsorgeleistungen auf alle anwendbar und somit nur ein Leistungsträger zuständig ist. Dies ist jedoch nicht erreicht worden, denn die akzessorische Stellung der Mitglieder führt dazu, dass sie keine originären Ansprüche auf soziale Dienstleistungen haben und dadurch auf die Sozialhilfe verwiesen werden (der Ausschluss des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II greift hier nicht). Das Ziel, dass alle Mitglieder einer Familie in einem Haushalt Leistungen nach dem SGB II erhalten, kann auch anders erreicht werden. Hinsichtlich der anderen, die Bedarfsgemeinschaft betreffenden Vorschriften, bestehen, wie schon dargestellt, Ungereimtheiten, Widersprüche und Regelungslücken, die durch eine entsprechende Interpretation des Gesetzes oder eine Neufassung beseitigt werden müssen. Diese Gerechtigkeitslücken bestehen allerdings nicht mehr in dem Umfang, wie es bei Beginn der Arbeit an dieser Untersuchung

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

der Fall war. Der Gesetzgeber hat neben der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft auch die Gemeinschaft von Eltern und ihren Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen und eine Beweislastumkehr für die eheähnliche und die lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft eingeführt. Ferner besteht ein Wahlrecht zwischen Kinderzuschlag und befristetem Zuschlag, titulierte und notariell beurkundete Unterhaltsansprüche können vom Einkommen abgesetzt werden und Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden nicht allein durch das Fehlen der Mittel für eine private Krankenversicherung hilfebedürftig, sie erhalten diesbezüglich einen Zuschuss. Insgesamt lässt sich feststellen, dass durch das System der Anreize und Sanktionen im SGB II das Zusammenleben von Personen erschwert wird. In Hinsicht auf die Anreize, also die Leistungen, kann es passieren, dass die Bedarfsgemeinschaft schlechter gestellt wird als Einzelpersonen, was definitionsgemäß dann vor allem Ehe und Familie trifft. Dies geht allerdings nicht so weit, dass es einen Verstoß gegen Art. 6 GG bedeuten würde, da es durch das gemeinsame Wirtschaften ausgeglichen werden kann. Die Regelungen bezüglich der Einsatzgemeinschaft sind weit besser aufeinander abgestimmt. Dies folgt aber nur daraus, dass die Vorgängerregelungen des Bundessozialhilfegesetzes weitestgehend übernommen wurden. Die Veränderungen, die hinsichtlich der Einsatzgemeinschaft vorgenommen wurden, insbesondere im Hinblick auf den Einzelanspruch, sind misslungen, da sie zu Missverständnissen führen und eine entsprechende Auslegung des Gesetzes erfordern. Die Regelung des § 36 SGB XII ist verfassungsrechtlich bedenklich. Zwar kann es Sinn ergeben, nicht nur Verwandte und Verschwägerte, sondern auch andere Personen, die eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden, als Haushaltsgemeinschaft zu verstehen. Dies darf aber nicht gleichzeitig mit einer Beweislastumkehr zulasten des Hilfesuchenden verbunden werden. Eine Beweislastumkehr in gewissem Umfang kann, wie bei der eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft gesehen, sinnvoll sein. Wenn der Leistungsträger aber nur die Beweislast für das Bestehen einer Wohngemeinschaft hat, ist dies verfassungsrechtlich bedenklich. Ferner trifft der Gesetzgeber in § 9 Abs. 5 SGB II und § 36 SGB XII unterschiedliche Regelungen für den von der Haushaltsgemeinschaft erfassten Personenkreises. Dabei muss die Regelung des § 36 SGB XII § 9 Abs. 5 SGB II angeglichen werden. § 36 SGB XII bedeutet eine Inanspruchnahme von unbeteiligten Dritten. Dem kann auch nicht durch eine Beweislastumkehr für das Vorliegen des Merkmals einer Wirtschaftsgemeinschaft abgeholfen werden. Außerdem werden die meisten Haushaltsgemeinschaften unter das Regelungssystem des SGB II fallen. Dort hat der Gesetzgeber durch § 9 Abs. 5 SGB II zum Ausdruck gebracht, dass eine Haushaltsgemeinschaft nur zwischen Verwandten und Verschwägerten bestehen kann. Deshalb ist es sinnvoll, § 36 SGB XII dem § 9 Abs. 5 SGB II anzupassen.

C. Regelungsvorschläge

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C. Regelungsvorschläge Da es in Bezug auf die Bedarfsgemeinschaft, die Einsatzgemeinschaft und die Haushaltsgemeinschaft sehr viele Ungereimtheiten, Verfassungswidrigkeiten und Ungleichheiten gibt, ist es erforderlich, insbesondere an den Regelungen des SGB II einige Veränderungen vorzunehmen. Deswegen sollen im Folgenden Regelungsvorschläge gemacht werden. Für diese Regelungsvorschläge gibt es hinsichtlich des SGB II zwei Möglichkeiten: Entweder wird das jetzige System beibehalten und es werden punktuell Verbesserungen vorgenommen oder das Gesetz wird weitestgehend umgestellt.

I. Veränderungen an den vorhandenen Regelungen Wird das jetzige System der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe beibehalten, sind die dargestellten Verfassungswidrigkeiten und Unstimmigkeiten zu beseitigen.

1. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Bedarfsgemeinschaft § 7 Abs. 3 SGB II muss ein weiterer Unterpunkt für die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften hinzugefügt werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II auf diese keine Anwendung findet. Bezüglich der eheähnlichen und die lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft wäre es sinnvoll, diese beiden Begriffe im Gesetz zu nennen und dann, wie bereits in § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II, diese als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu definieren. Nach der gegenwärtigen Rechtslage wird nicht klar, dass nur eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft, nicht aber sonstige Gemeinschaften von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfasst werden. Weiterhin ist das „oder“ in § 7 Abs. 3a SGB II zu streichen, denn die Hinweistatsachen stehen nicht in einem Alternativverhältnis. Klarzustellen ist aber, dass zumindest immer eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen muss. Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft sollte ersetzt werden. Eine Möglichkeit wäre es, den Begriff der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu übernehmen, der die Verhältnisse der Personen untereinander gut charakterisiert. Allerdings ist es vorteilhafter, einen völlig neuen Begriff zu wählen. In Betracht käme zum Beispiel der Begriff der „Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft“. Weiterhin ist die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu streichen, da auch die nichterwerbsfähigen Mitglieder der Gemeinschaft Sach- und vor allem Dienstleistungen nach dem SGB II erhalten sollten, unabhängig davon, ob dadurch ihre Hilfebedürftigkeit vermieden oder verringert wird oder Hemmnisse bei der Ein-

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

gliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen beseitigt oder vermindert werden. Denn ansonsten müssten sie Leistungen nach dem SGB XII erhalten, was aber gerade nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe vermieden werden sollte. In Bezug auf § 9 SGB II sind Veränderungen so vorzunehmen, dass derjenige, der seinen eigenen Bedarf durch Einkommen und Vermögen decken kann, nicht verpflichtet wird, dieses Einkommen und Vermögen für die anderen Mitglieder der Gemeinschaft einzusetzen und dadurch selbst hilfebedürftig wird. Dies kann geschehen, indem § 9 Abs. 1 SGB II so verändert wird, dass derjenige hilfebedürftig ist, „der seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit oder den Lebensunterhalt der mit ihm in Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, . . . sichern kann“. Dadurch wird für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Hilfebedürftigkeit des „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, der seinen eigenen Bedarf decken kann, fingiert, so dass diese weiterhin Leistungen nach dem SGB II erhalten können. Der „erwerbsfähige Hilfebedürftige“ selbst wird dadurch nicht mittellos und ist nicht auf staatliche Hilfe angewiesen. Auszuschließen ist in diesem Fall aber, dass ihn die Obliegenheiten des SGB II treffen. Allerdings kann es hier weiterhin sinnvoll sein, Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erbringen, so dass die betreffende Person irgendwann in der Lage ist, den gesamten Bedarf der Gemeinschaft aus eigenem Einkommen und Vermögen zu decken. Es müssen aber vor allem Sanktionen bei Pflichtverletzungen ausgeschlossen werden. § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist dann wie folgt zu ändern: „Ist bei Personen einer Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft der individuelle Bedarf nicht aus eigenen Mitteln und Kräften zu decken, so gilt jede hilfebedürftige Person im Verhältnis ihres eigenen (ungedeckten) Bedarfs zum ungedeckten Gesamtbedarf als hilfebedürftig; in diesem Maß sind ihr überschießende Mittel der zum Einsatz heranzuziehenden Personen der „Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft“ zuzuordnen“.55 Eine solche Regelung führt allerdings dazu, dass die Bedarfsberechnung wieder für jede einzelne Person durchgeführt werden muss und der eventuelle Überschuss an Einkommen und Vermögen nach der Verhältnismethode aufgeteilt wird und somit die angestrebte Verwaltungsvereinfachung wieder aufgehoben wird. Allerdings muss auch bei richtiger Anwendung der aktuellen Fassung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II häufig der jeweilige Bedarf und das jeweilige Einkommen und Vermögen der Einzelperson ermittelt werden, und auch der „Gesamtbedarf“ wird nach dem Verhältnis des Einzelbedarfs zum Gesamtbedarf ermittelt, so dass sich im Ergebnis kein großer Unterschied ergibt. Hinsichtlich des Einsatzes von Einkommen und Vermögen ist § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II dahingehend zu ändern, dass alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihr Einkommen und Vermögen füreinander einzusetzen haben, soweit sie ihren indivi55 Ähnlich Kievel, ZfF 2005, S. 217 (224). Der DV, NDV 2007, S. 431 (434) schlägt vor, wieder zu Einsatzgemeinschaft zurückzukehren.

C. Regelungsvorschläge

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duellen Bedarf übersteigen. Somit wird nochmals betont, dass derjenige, der seinen eigenen Bedarf decken kann, nicht hilfebedürftig ist. Für unverheiratete Kinder in der Bedarfsgemeinschaft, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beschaffen können, darf dies nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II jedoch nur im Verhältnis zu ihren Eltern, einem Elternteil oder dessen Partner sowie zu sonstigen Personen, mit der sie in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft leben, gelten. Für den nicht leiblichen Elternteil ist die Inanspruchnahme aber insoweit einzuschränken, als dass der Einsatz von Einkommen und Vermögen nur vermutet wird. Dies hat den Vorteil, dass der nicht leibliche Elternteil, wie bei der Haushaltsgemeinschaft des § 9 Abs. 5 SGB II, die Vermutung widerlegen kann, ohne dass aber die Einschränkungen bezüglich der Höhe des einzusetzenden Einkommen und Vermögen zur Anwendung kommen. In § 9 Abs. 1 SGB II muss festgestellt werden, dass die Weigerung, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II führt, sondern dass in einem solchen Fall die Regelung des § 31 SGB II eingreift. Für den Fall der Rückforderung von Leistungen ist eine § 19 Abs. 5 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung, wonach im Falle fehlender Bedürftigkeit die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft für die Rückforderung des Sozialleistungsträgers haften, in das SGB II zu integrieren. Im Hinblick auf den Einsatz von Einkommen und Vermögen ist es sinnvoll, die Freibeträge so anzuheben, dass auch bei höheren Einkommen noch Arbeitsanreize bestehen und dass bei Partnereinkommen zumindest die hohe Steuerbelastung etwas ausgeglichen wird. Außerdem ist eine Angleichung mit den Vorschriften des SGB XII erforderlich, da es durchaus vorkommen kann, dass in einem Haushalt sowohl SGB-II- als auch SGB-XII-Leistungsempfänger leben. Ferner ist das SGB XII auch das Referenzsystem des SGB II und bildet das Existenzminimum. Da das SGB II aber auch das Existenzminimum für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die Angehörigen seiner Gemeinschaft bildet, ist es erforderlich, dass die Leistungen nicht unter das Niveau des SGB XII fallen. Dies kann aber geschehen, wenn bestimmte Einkommens- und Vermögenspositionen im SGB II nicht berücksichtigt werden und somit die Leistungen mindern. Bezüglich der Leistungen an die Mitglieder der „Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft“ ist es erforderlich, sich nicht nur an den Vorgaben des SGB XII zu orientieren, sondern aktuelle Feststellungen hinsichtlich der einzelnen Bedarfsgruppen zu treffen. Die Regelungslücke in §§ 20 Abs. 3 Satz 2 und 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB II hinsichtlich fehlende Einbeziehung nicht erwerbsfähiger Kinder zwischen 15 und 18 Jahren mit Behinderung ist durch eine entsprechende Ergänzung in § 28 SGB II zu schließen. § 23 SGB II ist so zu verändern, dass ausgeschlossen werden kann, dass Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zur Aufrechnung herangezogen werden, wenn es sich nicht um einen Bedarf der gesamten „Verwandten / Partner-Haushaltsgemein-

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Kap. 5: Vergleich der Gemeinschaften und Schlussfolgerungen

schaft“ handelt oder der Bedarf im wohlverstandenen Interesse aller Mitglieder der „Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft“ liegt. Hinsichtlich der Sanktionen bei Pflichtverletzungen ist sicherzustellen, dass das Mitglied der Gemeinschaft, welches keine Pflichtverletzung begangen hat, nicht von den Kürzungen des Regelsatzes betroffen wird. Deshalb ist § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II dahingehend zu verändern, dass der zuständige Träger Leistungen nach Satz 3 zu erbringen hat, wenn der Hilfebedürftige mit Personen in einer „Verwandten / Partner-Haushaltsgemeinschaft“ lebt. § 6a BKGG ist dahingehend zu ergänzen, dass auch Eltern, die ihren Bedarf nach § 19 Abs. 1 SGB XII decken können, nicht aber den ihrer Kinder, den Kinderzuschlag erhalten können. In Bezug auf den Übergang von Unterhaltsansprüchen ist in § 33 Abs. 2 SGB II klarzustellen, dass nicht auch die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bei Bedarfsberechnung des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt werden können. Sinnvoll wäre es zudem, für nicht erwerbsfähige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung nicht familienversichert sind, eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung einzuführen.

2. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Einsatzgemeinschaft Für das SGB XII gilt, dass in § 19 SGB XII auch die sonstigen Verantwortungsund Einstehensgemeinschaften mit einzubeziehen sind. Ferner sind in § 20 SGB XII die Begriffe der eheähnlichen Gemeinschaft und der lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft zu definieren und die Beweislast, wie in § 7 Abs. 3 SGB II, umzukehren. Der Einsatz von Einkommen und Vermögen muss in Bezug auf den nicht leiblichen Elternteil als Vermutung ausgestaltet werden. Weiterhin ist die Regelung des § 24 SGB II in das SGB XII zu übertragen. Die Vorschriften bezüglich des Einsatzes von Einkommen und Vermögen sind zumindest für diejenigen SGB-XII-Leistungsempfänger, die erwerbstätig sind, den Regelungen des SGB II anzupassen. Dies gilt insbesondere beim Schonvermögen, bei der Altersvorsorge und bei den Freibeträgen bei Erwerbstätigkeit, denn auch im SGB XII sind die Leistungsberechtigten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Ebenfalls verändert werden muss § 6a BKGG dahingehend, dass auch Eltern, die Leistungen nach dem SGB XII erhalten, einen Anspruch darauf haben. Dazu sind in § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG die §§ 82, 90 SGB XII zu ergänzen und in § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG ist „nach § 9 des Zweiten Buches“ zu streichen. Ferner sind die Leistungsempfänger des SGB XII auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, was der Änderung des § 3 Nr. 3a SGB VI bedarf.

C. Regelungsvorschläge

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3. Regelungsvorschläge hinsichtlich der Haushaltsgemeinschaft Die Regelungen der Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II und § 36 SGB XII sind anzugleichen, was bedeutet, dass § 36 SGB XII dem § 9 Abs. 5 SGB II anzupassen ist. Tatsächliche Unterstützungsleistungen, wie kostenloses Wohnen, können über den Nachranggrundsatz hinreichend erfasst werden. Ferner bedarf es der Änderung des § 1 Abs. 2 Alg II-V, so dass auch hier die Unterhaltsrichtlinien der Oberlandesgerichte anzuwenden sind. Sinnvoll ist auch eine entsprechende Verordnung für § 36 SGB XII. Allerdings wird der Anwendungsbereich des § 9 Abs. 5 SGB II / § 36 SGB XII nicht mehr sehr groß sein, denn § 7 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II / § 19 Abs. 1 SGB XII würde nach einer Neuregelung auch die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften erfassen, die vorher nur eine Haushaltsgemeinschaft gebildet hatten. Die Vorschriften kämen somit nur noch auf reine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften zur Anwendung, die aber in der Praxis dann eher seltener vorkommen werden. Deshalb wäre es durchaus möglich, ganz auf die Haushaltsgemeinschaft zu verzichten.

II. Völlige Umstellung der vorhandenen Regelungen Die zweite Möglichkeit, die Probleme der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu beseitigen, wäre der Verzicht auf die Bedarfsgemeinschaft. Sinnvoll wäre eine § 19 Abs. 1 SGB XII vergleichbare Regelung, in die aber auch hier die sonstigen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaften einzubeziehen sind. Somit muss in § 9 Abs. 1 SGB II „und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen“ gestrichen werden. Hinsichtlich des Einsatzes von Einkommen und Vermögen kann es somit bei der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II bleiben, sie ist allerdings bezüglich des Personenkreises, wie oben vorgeschlagen, anzupassen. § 9 Abs. 3 Satz 2 SGB II ist ersatzlos zu streichen. Die Personen, die in einem Haushalt zusammenleben, bilden damit eine Einsatzgemeinschaft, wobei auch nur derjenige, der seinen eigenen Bedarf nicht durch Einkommen und Vermögen decken kann, hilfebedürftig wird. Die Regelung des § 7 Abs. 1 SGB II kann erhalten bleiben, so dass im SGB II auch weiterhin der erwerbsfähige Hilfebedürftige das Kernelement ist. Ebenfalls kann es bei den Regelungen der §§ 20 und 28 SGB II bleiben, sie sind aber den Veränderungen anzupassen. So erhalten nicht erwerbsfähige Kinder bis 24 Jahre weiterhin Sozialgeld, wenn sie mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Haushaltsgemeinschaft leben und dieser Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 1 oder 2 SGB II einzusetzen hat. Diese akzessorische Stellung dieses Personenkreises muss beibehalten werden, damit in einer Familie das gleiche System von Fürsorgeleistungen zur Anwendung kommt. Kann der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen Bedarf decken, so ist er nicht mehr hilfebedürftig, und die nicht er-

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werbsfähigen Mitglieder seiner Gemeinschaft müssen Sozialhilfe erhalten, so dass § 5 Abs. 2 SGB II oder § 21 SGB XII dahingehend zu verändern sind. Die anderen Vorschriften sind dementsprechend so anzupassen, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige unabhängig von der Bedarfsgemeinschaft ist und umgekehrt die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weitestgehend unabhängig von dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sind. Verpflichtungen oder Pflichtverletzungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dürfen keine Auswirkungen auf andere Personen haben. Der erste Regelungsvorschlag hat allerdings den Vorteil, dass er sich an den vorhandenen Regelungen orientiert, die einen Schritt in die richtige Richtung machen. Werden die Gerechtigkeitslücken geschlossen, ist es durchaus vertretbar, es bei den vorhandenen Regelungen zu belassen. Deshalb wird hier der erste Regelungsvorschlag präferiert. Werden diese Veränderungen in dem Gesetzestext vorgenommen, wird das Zusammenleben von Personen gerechter geregelt und Missbrauch vorgebeugt.

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Sachwortverzeichnis Abstandsgebot 203 Abwehrrecht 45, 164, 187, 203, 204, 207 Adoptivkinder 177 Akzessorietät 277 Akzessorische Leistung 256 Akzessorische Stellung 153, 379, 384, 395, 401 Allgemeine Handlungsfreiheit 44, 182, 187, 197, 202, 204, 207, 211, 213, 218, 220, 228 Allgemeiner Gleichheitssatz 25, 30, 59, 61, 88, 161, 189, 190, 193, 204, 207, 213, 217, 225, 233, 237, 243, 309, 375, 377, 381, 393 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 182, 185, 186, 187, 195, 197, 202, 204, 205, 207, 211, 213, 218, 220, 229 Altersgrenze 27, 72, 131, 132, 221, 310 Altersrente 132, 134 Anscheins- oder Duldungsvollmacht 274 Anspruchsübergang 51, 159, 283, 330, 332, 333, 391 Arbeitslosengeld I 250, 252, 253, 263, 264, 333, 382 Arbeitslosengeld II 27, 55, 132, 140, 142, 147, 151, 161, 232, 246, 247, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 263, 264, 265, 266, 267, 275, 287, 288, 333, 343, 384, 399 Auffangfunktion 25, 26, 48, 49 Aufrechnung 65, 269, 288, 399 Aufwendungsersatz 331 Aufwendungsersatzanspruch 331, 332 Auskunftspflicht 110, 111, 342, 355, 371, 373 Bedarfsberechnung 39, 155, 226, 259, 262, 275, 311, 315, 316, 323, 324, 326, 383, 392, 398, 400 Bedarfsdeckung 27, 35, 47, 53, 58, 64, 65, 66, 69, 132, 217, 294, 296, 300, 303, 304,

305, 306, 318, 319, 321, 324, 330, 331, 335, 342, 356, 358, 363, 370, 371, 384 Bedarfsdeckungs- und Leistungserwartung 155, 224, 235, 247, 282, 295, 302 Bedarfsdeckungsgrundsatz 31, 48, 61, 62, 63, 66, 192, 248, 295, 321, 357, 371 Bedarfsgemeinschaft 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 25, 27, 28, 29, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 54, 55, 70, 71, 72, 73, 75, 76, 77, 78, 79, 81, 83, 85, 87, 89, 91, 93, 95, 97, 99, 100, 101, 103, 105, 107, 109, 111, 113, 114, 115, 117, 119, 121, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 191, 192, 196, 197, 208, 209, 215, 217, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 227, 229, 230, 231, 232, 234, 238, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 262, 263, 265, 266, 267, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 285, 287, 288, 289, 290, 291, 293, 297, 308, 310, 311, 314, 315, 318, 325, 334, 337, 340, 349, 350, 370, 375, 376, 377, 378, 379, 380, 382, 383, 384, 385, 387, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 395, 396, 397, 398, 399, 400, 401, 402 Befristeter Zuschlag 157, 263, 264, 265, 289, 333, 387, 388, 392 Benachteiligungsverbot 161, 188, 190, 204, 205, 207, 209, 211, 215, 231, 232 Beweislast 20, 52, 94, 97, 103, 110, 111, 117, 118, 119, 121, 124, 242, 293, 294, 337, 338, 342, 351, 355, 358, 368, 374, 396, 400

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Sachwortverzeichnis

Beweislastumkehr 20, 79, 101, 102, 104, 117, 118, 119, 121, 122, 123, 125, 126, 218, 242, 287, 293, 311, 336, 354, 368, 369, 370, 372, 374, 377, 396 Beweislastverteilung 117, 121, 124, 125, 230, 371 Beweismittel 102, 109, 110, 114, 117, 120, 372 Beweisschwierigkeiten 20, 79, 97, 102, 104, 117, 120, 121, 126, 242, 293, 378 Bundessozialhilfe-Reformgesetz 1996 354, 371, 373 Bundessozialhilfegesetz 22, 47, 51, 66, 69, 81, 84, 101, 155, 197, 206, 216, 246, 252, 256, 257, 286, 302, 340, 344, 349, 373, 396 Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtung 192 Bürgerlich-rechtlicher Selbstbehalt 161, 233, 234, 235, 236, 301, 311, 312, 348 Darlehen 31, 61, 65, 130, 133, 135, 148, 158, 247, 269, 288, 295, 385 Darlehensgewährung 67 Dienst- und Sachleistungen 32, 253, 258, 271 Dienstleistungen 31, 47, 189, 249, 250, 257, 365, 395, 397 Differenzierungsgebot 203, 205 Diskriminierungsverbot 167, 187, 198, 207 Doppelzuständigkeit 32, 268, 377 Eheähnliche Gemeinschaft 18, 20, 37, 41, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 111, 112, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 124, 125, 126, 137, 148, 149, 156, 160, 161, 162, 163, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 201, 202, 206, 207, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 219, 221, 225, 226, 229, 231, 232, 236, 241, 242, 243, 252, 254, 266, 287, 289, 292, 293, 334, 340, 359, 360, 361, 362, 363, 372, 377, 378, 395, 400

Ehebruch behaftete Lebensgemeinschaften 91 Ehegatte 17, 18, 37, 46, 71, 76, 77, 78, 81, 85, 86, 87, 88, 92, 96, 98, 104, 112, 118, 126, 149, 151, 161, 162, 167, 188, 190, 191, 195, 196, 205, 210, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 243, 254, 266, 282, 290, 291, 292, 294, 295, 297, 298, 300, 301, 311, 312, 313, 314, 318, 319, 323, 325, 328, 329, 330, 332, 334, 338, 340, 341, 345, 358, 359, 361, 362, 369, 386, 388 Eigenbedarf 260, 344, 345, 346, 348, 364, 365, 366 Eigenbedarfsanteil 223, 238, 240, 309, 310 Eigenbedarfsgrenze 334 Eingetragene Lebenspartner 18, 37, 76, 78, 94, 99, 100, 126, 148, 160, 161, 162, 197, 198, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 211, 212, 216, 217, 219, 221, 233, 242, 254, 266, 291, 323, 338, 340, 358, 359, 377, 395 Eingliederung 31, 54, 55, 56, 70, 72, 75, 76, 136, 139, 146, 157, 205, 224, 238, 244, 249, 250, 257, 270, 271, 287, 288, 379, 390, 392, 398 Eingliederungsleistung 271, 273 Eingliederungsmaßnahmen 271 Eingliederungsvereinbarung 54, 55, 152, 158, 270, 271, 272, 273, 274, 289, 382, 389 Einsatzgemeinschaft 18, 19, 20, 21, 22, 23, 33, 34, 35, 37, 40, 41, 42, 43, 92, 155, 246, 270, 282, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 304, 305, 306, 308, 309, 310, 311, 312, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 331, 332, 333, 334, 335, 359, 362, 366, 375, 376, 377, 378, 379, 380, 382, 383, 384, 387, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 396, 397, 400, 401 Einsatzgemeinschaftskette 324, 362 Einvernahme durch Augenschein 109 Einzelanspruch 21, 22, 34, 38, 39, 40, 42, 244, 246, 248, 249, 261, 288, 289, 313, 314, 316, 317, 318, 319, 324, 396 Eltern 17, 18, 36, 72, 127, 128, 129, 130, 137, 141, 144, 148, 149, 161, 176, 178, 180, 201, 220, 221, 222, 223, 224, 225,

Sachwortverzeichnis 226, 227, 229, 231, 236, 237, 238, 239, 254, 256, 259, 260, 262, 263, 264, 265, 267, 275, 282, 283, 285, 288, 289, 290, 292, 293, 294, 297, 298, 299, 300, 301, 308, 309, 310, 311, 313, 318, 319, 324, 328, 329, 331, 334, 339, 345, 348, 352, 356, 362, 366, 376, 377, 387, 395, 396, 399, 400 Elternteil 17, 128, 129, 130, 149, 159, 180, 220, 222, 226, 229, 230, 247, 256, 261, 282, 290, 293, 294, 298, 300, 301, 308, 324, 325, 330, 352, 356, 362, 377, 399 Enkelkinder 100, 127, 129, 162, 236, 237, 238, 239, 240, 259, 338, 339 Erstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch 18 Erwerbsfähigkeit 28, 30, 32, 33, 72, 73, 74, 129, 131, 132, 136, 157, 271, 373, 376, 381, 392, 394 Erwerbsobliegenheit 75, 392 Existenzminimum 21, 30, 32, 33, 45, 63, 122, 123, 140, 144, 191, 196, 228, 229, 232, 234, 246, 276, 300, 301, 320, 358, 367, 375, 392, 393, 399 Faktizitätsprinzip 63, 192, 248, 261, 295, 318, 321, 370 Familienberechnung 259, 261 Familiennotgemeinschaft 34, 38, 42, 245, 315, 337, 340, 395 Familienversicherung 266, 267, 268 Fehlverhalten 139, 325 Fiktiver Hilfebedürftiger 156, 158, 159 Finalprinzip 63 Fördern und Fordern 25, 48, 50, 51, 53, 54, 56, 61, 270 Freibetrag 49, 143, 144, 147, 192, 285, 299, 301, 345, 347, 348, 350, 380, 399 Füreinander-Einstehen 85, 89, 97, 156, 210, 213, 222, 224, 238, 309, 310, 394 Gesamtbedarf 34, 35, 39, 152, 244, 245, 258, 259, 260, 285, 288, 317, 320, 383, 384, 398 Gesamtbetrachtung 320, 321 Gesamtleistungsanspruch 262 Geschwister 82, 100, 236, 237, 238, 239, 254, 338, 339, 346

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Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende 18, 19, 20, 79, 102, 144, 149, 189, 266 Gesetzesentwurf zur Reform des Sozialhilferechts 101 Gesetzliche Vertretung 277, 278, 327 Gesteigerte Unterhaltspflicht 154, 223, 242, 285, 295, 302, 309, 329, 331, 345 Getrenntleben 77, 131, 233, 234, 284, 312, 331 Gewillkürte Stellvertretung 277, 278 Gewöhnlicher Aufenthalt 27, 72, 75 Großeltern 100, 149, 162, 236, 237, 238, 239, 240, 292, 338, 339 Großfamilie 176, 236 Haftungsgemeinschaft 277, 321, 325, 328 Härtefall 130, 133, 134, 135, 293, 295, 378 Hausbesuch 112 Haushaltsgemeinschaft 19, 20, 21, 22, 23, 33, 41, 43, 72, 100, 103, 104, 124, 130, 132, 176, 191, 208, 210, 213, 220, 222, 223, 225, 227, 230, 231, 232, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 248, 259, 292, 301, 304, 305, 309, 310, 317, 318, 325, 336, 337, 338, 339, 340, 341, 343, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 351, 352, 353, 355, 356, 357, 358, 359, 361, 363, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 375, 377, 390, 393, 394, 396, 397, 398, 399, 400, 401 Hilfebedürftigkeit 21, 22, 25, 55, 71, 73, 75, 99, 132, 133, 135, 136, 137, 138, 140, 144, 146, 148, 151, 152, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 160, 224, 230, 234, 244, 245, 257, 260, 262, 263, 264, 265, 271, 282, 283, 287, 289, 291, 294, 295, 296, 303, 307, 316, 329, 338, 376, 378, 379, 380, 382, 387, 389, 397, 398 Hinkende Ehe 174, 175, 186 Hinweistatsache 88, 89, 90, 98, 102, 103, 105, 108, 109, 114, 116, 117, 119, 122, 125, 126, 242, 397 Horizontalberechnung 260 Inaugenscheinnahme 112 Individualanspruch 260, 277, 334

426

Sachwortverzeichnis

Individualisierung 47, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 69, 134 Individualisierungsgrundsatz 48, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 66, 69, 155, 248, 260, 313, 316, 318 Institutsgarantie 165, 184, 203 Intim- und Sexualbereich 110 Intimbeziehungen 84, 90, 115, 183, 185 Intimsphäre 90, 105, 185, 196 Kaskadenmodell 304 Kenntnisgrundsatz 69 Kindergeld 37, 128, 142, 144, 247, 259, 263, 264, 299, 300, 317, 334, 349, 366, 367 Kinderzuschlag 27, 37, 128, 142, 159, 227, 230, 247, 250, 261, 262, 263, 264, 265, 289, 380, 383, 387, 392, 396, 400 Kleinfamilie 176, 220, 236 Knappschaftsausgleichsleistung 71, 130, 132 Kontrahierungszwang 271, 390 Kopfteilslösung 304, 305 Krankenversicherung 65, 250, 266, 267, 268, 288, 289, 383, 389, 396, 400 Lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft 18, 19, 79, 94, 97, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 116, 117, 121, 122, 123, 124, 126, 160, 161, 162, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 229, 231, 232, 233, 241, 242, 266, 267, 287, 293, 294, 297, 313, 331, 334, 341, 357, 358, 359, 365, 377, 378, 395, 396, 397, 400 Leibliche Kinder 225, 226, 229, 365, 366 Leiblicher Elternteil 149, 161, 226, 227, 228, 230, 292, 293, 400 Leibliches Kind 283 Leistungserwartung 295, 335, 342, 351, 364 Leistungsfähigkeit 57, 73, 178, 227, 282, 294, 330, 336, 339, 341, 342, 345, 351, 363, 368, 374, 393 Leistungsmissbrauch 102, 242, 378 Menschenwürde 21, 24, 25, 43, 44, 45, 47, 48, 52, 60, 69, 122, 145, 153, 156, 195, 288, 301, 372

Menschenwürdegarantie 56, 62 Menschenwürdegrundsatz 30, 43, 46, 47, 52, 60, 65, 145, 322 Mithaftung 269, 276 Mitwirkung 54, 95, 110, 164, 169, 278 Mitwirkungshandlung 110 Mitwirkungspflicht 53, 54, 110, 113, 121, 328, 355 Nachrang 39, 48, 49, 51, 69, 123, 125, 159, 296, 334 Nachranggrundsatz 19, 23, 48, 49, 55, 62, 92, 93, 136, 145, 150, 205, 217, 243, 294, 336, 338, 341, 354, 394, 401 Nicht gesteigert Unterhaltspflichtige 346 Nicht leiblicher Elternteil 149, 161, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 288, 292, 293, 324, 365, 366, 395, 399 Nicht leibliches Kind 227, 228, 377 Non liquet 123 Non-liquet 122, 123, 124 Nothelfer 98, 353, 370 Notlage 26, 45, 51, 53, 57, 58, 60, 62, 63, 64, 66, 68, 85, 140, 150, 190, 307, 354, 357, 370 Öffentlich-rechtliche Unterhaltsverpflichtung 337 Öffentlich-rechtliche Vergleichsberechnung 332 Öffentlich-rechtlicher Aufwendungsersatzanspruch 331 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 272, 390 Öffnungsklausel 60, 61 Pauschalierung 54, 60, 134, 136, 147, 215, 233, 239, 249, 305 Pflegeeltern 149, 341 Pflegekinder 177, 259, 341 Pflegeversicherung 65, 250, 266, 267, 268, 288, 383, 389, 400 Pflichtverletzung 139, 247, 274, 275, 289, 325, 382, 389, 390, 398, 400, 402 Privilegierungsgebot 167 Rechtsanspruch 68, 126, 316 Rechtsstaatsprinzip 122, 123

Sachwortverzeichnis Referenzsystem 26, 47, 250, 375, 383, 385, 399 Regelabweichungsbedarf 30, 31, 33, 61, 385 Regelleistung 19, 30, 31, 47, 56, 59, 65, 76, 152, 217, 232, 251, 252, 254, 255, 256, 269, 275, 288, 348, 375, 383, 384, 385, 386, 387 Regelsatz 46, 59, 60, 61, 66, 68, 252, 312, 320, 322, 323, 344, 348, 350, 385, 386, 387, 389, 400 Regelsatzverordnung 60, 257, 317, 322, 385, 386, 387 Rentenversicherung 250, 266, 288, 383, 389, 392, 400 Schulden 64 Schuldübernahme 64 Schutzpflicht 166, 167, 187 Selbstbehalt 148, 232, 233, 234, 235, 301, 303, 311, 334, 343, 344, 345, 348, 349, 350, 361, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 374, 392 Selbsthilfe 25, 26, 47, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 61, 69, 123, 125, 136, 138, 297, 307, 379 Selbsthilfegrundsatz 53, 54, 61, 65 Sozialer Typus 89, 209, 214, 215, 240 Sozialgeld 17, 27, 32, 55, 70, 132, 135, 139, 140, 142, 144, 147, 151, 221, 246, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 263, 264, 265, 267, 275, 277, 283, 287, 288, 343, 384, 387, 401 Sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung 332, 333, 335, 391 Sozialrechtliche Vergleichsberechnung 284, 289 Sozialstaatsprinzip 30, 122, 123, 145, 189 Soziokulturelles Existenzminimum 46, 47, 62, 250, 372, 374 Spannungsverhältnis 60, 187, 189, 211, 321, 325, 349 Stationäre Einrichtung 28, 71, 130, 131, 134 Stiefeltern 243, 292, 377 Stiefelternteil 228 Stiefkinder 177, 226, 229, 292, 340 Strukturprinzipien 48, 145, 163, 165 Subsidiäres Basissystem 25, 26

427

Titulierter Anspruch 285, 286, 287, 289, 396 Typisierung 57, 66, 82, 88, 154, 155, 192, 194, 198, 199, 215, 217, 224, 236, 239, 240, 243, 294, 309, 310, 312 Übergang des Unterhaltsanspruchs 51, 282, 283, 309, 317, 332, 346, 390, 391, 400 Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes 72, 74, 131 Unterhalt 83, 107, 158, 205, 206, 212, 223, 224, 225, 226, 235, 238, 284, 285, 286, 312, 329, 334, 337, 346, 352, 361, 364, 366, 392 Unterhaltsanspruch 22, 126, 151, 159, 226, 235, 240, 281, 282, 283, 284, 286, 289, 309, 312, 317, 319, 325, 329, 330, 332, 334, 335, 348, 350, 362, 382, 390, 391, 396 Unterhaltsgewährung 83, 108 Unterhaltspflicht 82, 96, 156, 188, 190, 194, 224, 228, 234, 282, 283, 295, 302, 329, 331, 333, 337, 338, 342, 344, 345, 352, 353, 374 Unterhaltspflichtige Angehörige 151, 345, 349 Unterhaltspflichtiger 221, 284, 330, 331, 332, 333, 334, 344, 345, 347, 349, 353, 365, 367, 391 Unterhaltsverpflichtung 194, 218, 219, 227, 307, 367 Unterkunftsbedarf 317 Unterkunftskosten 133, 246, 248, 251, 254, 275, 317, 318, 323, 347, 348, 350, 367 Urkunden 109, 112 Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft 40, 71, 78, 79, 82, 83, 87, 88, 91, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 106, 108, 109, 114, 116, 117, 118, 119, 121, 124, 125, 126, 169, 191, 192, 193, 204, 208, 210, 211, 213, 216, 219, 222, 225, 226, 229, 231, 233, 236, 237, 238, 239, 240, 242, 243, 291, 293, 308, 309, 339, 378, 386, 397, 399 Verfassungswandel 169, 171, 198, 199, 200 Verhältnis- oder Prozentlösung 305, 306 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 123, 196, 276

428

Sachwortverzeichnis

Vermutung 79, 80, 86, 101, 102, 103, 114, 117, 118, 120, 121, 131, 143, 218, 225, 228, 235, 247, 272, 277, 280, 302, 311, 336, 337, 338, 339, 341, 342, 347, 348, 350, 351, 352, 354, 355, 356, 358, 359, 361, 363, 368, 369, 370, 371, 372, 374, 397, 400 Vermutungsregel 103, 104, 109, 116, 230, 338, 355 Vermutungsregelung 114, 125, 126, 281, 361, 368 Vermutungstatbestand 103 Verschwägerte 93, 137, 151, 210, 242, 337, 339, 341, 342, 343, 344, 345, 347, 348, 349, 351, 352, 353, 354, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 374, 396 Versicherungspflicht 267, 400 Vertragsfreiheit 271, 273, 274, 289 Vertretung 278, 289, 326, 327, 382, 392 Vertretungsvermutung 274, 389 Verwandte 85, 89, 92, 93, 137, 151, 226, 231, 237, 238, 240, 241, 242, 310, 336, 337, 339, 340, 341, 342, 344, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 353, 354, 357, 359, 360, 361, 362, 364, 365, 368, 374, 391, 393, 396, 398, 399, 400

107, 190, 279, 340, 353, 364, 399, 117, 245,

336, 346, 357, 393,

389,

210, 262, 343, 351, 363, 397,

Vorwirkung 111, 173, 186 Wandlungsprozess 79, 83 Wertentscheidende Grundsatznorm 166, 184, 187, 188, 203, 207 Widerlegung der Vermutung 103, 351, 352, 368, 370 Wirtschaften aus einem Topf 38, 40, 41, 82, 83, 86, 88, 108, 130, 148, 155, 156, 157, 159, 190, 222, 224, 230, 232, 233, 235, 238, 282, 287, 294, 310, 312, 317, 330, 351, 353, 393 Wirtschaftsgemeinschaft 41, 83, 84, 85, 86, 87, 97, 99, 103, 104, 108, 124, 125, 169, 188, 210, 222, 230, 232, 233, 237, 242, 358, 361, 371, 372, 374, 396 Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft 23, 41, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 91, 94, 95, 97, 101, 104, 116, 124, 125, 126, 130, 210, 226, 231, 242, 282, 341, 370, 396, 397 Wohngemeinschaft 42, 84, 85, 86, 89, 99, 103, 104, 105, 115, 117, 118, 119, 122, 123, 124, 353, 354, 355, 357, 358, 368, 369, 371, 372, 373, 374, 393, 396 Wunschrecht 58 Zerrüttungsvermutung 90, 107 Zeugenvernehmung 109, 112 Zeugnisverweigerungsrecht 111 Zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch 229, 234