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German Pages 265 [268] Year 1998
Series Maior
LEXICOGRAPHICA Series Maior Supplementary Volumes to the International Annual for Lexicography Supplements ä la Revue Internationale de Lexicographie Supplementbände zum Internationalen Jahrbuch für Lexikographie
Edited by Sture Allen, Pierre Corbin, Reinhard R. K. Hartmann, Franz Josef Hausmann, Ulrich Heid, Oskar Reichmann, Ladislav Zgusta 87
Published in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX)
Jean Rodoni
Dictionnaire Republicain et Revolutioniere (1793/94) sowie «Anecdotes Curieuses et Republicaines» (1795) Herausgegeben und eingeleitet von Ilona Pabst und Brigitte Schlieben-Lange
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme [Lexicographica / Series maior] Lexicographica: supplementary volumes to the International annual for lexicography / publ. in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX). Series maior. - Tübingen : Niemeyer. Früher Schriftenreihe Reihe Series maior zu: Lexicographica 87. Rodoni, Giovanni: Dictionnaire ripublicain et rdvolutionnaire. - 1998 Rodoni, Giovanni: Dictionnaire r6publicain et rdvolutionnaire: (1793/94). Sowie «Anecdotes curieuses et rdpublicaines»: (1795). Jean Rodoni. Hrsg. und eingeleitet von Ilona Pabst und Brigitte Schlieben-Lange. Tübingen: Niemeyer, 1998 (Lexicographica : Series maior ; 87) ISBN 3-484-30987-3
ISSN 0175-9264
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Hugo Nadele, Nehren
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis Vorwort
VII IX
1. Stichworte zur Revolutionslexikographie
1
2. Zum Standort von Rodonis Wörterbuch
5
3. Jean Rodoni. Eine kurze Chronik zu Leben und Werk
7
4. Zur Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte des Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire (DRR) 5. Zu Rodonis Quellen 5.1 Vorbemerkung 5.2 Der Dictionnaire de l'Academie Fran?aise (DAF) während der Französischen Revolution 5.3 Der DAF von 1762 - Rodonis Hauptquelle 5.4 Zu weiteren Quellen des DRR
15 19 19 19 20 21
6. Zur Makrostruktur 6.1 Zu Rodonis Absichten und Zielen 6.2 Zu den Titeln des DRR 6.3 Typologische Zuordnung des DRR aus der Perspektive des 18. Jahrhunderts 6.3 .1 Zur Tradition der Homonymenlisten und-Wörterbücher 6.4 Das Wörterverzeichnis des DRR aus heutiger Perspektive 6.4.1 Querverbindungen zwischen dem 1. und 2. Teil 6.5 Die Nomenklatur des DRR im Vergleich zu der des DAF 6.6 Das Wörterverzeichnis des DRR im Vergleich zu anderen Revolutionswörterbüchern
23 23 24
7. Zur Mikrostruktur 7.1 Das Lemma und seine Angaben 7.2 Die diasystematischen Markierungen 7.2.1 Die diatechnischen Markierungen 7.2.2 Die diachronischen Markierungen 7.2.2.1 Wörter, die vor der Französischen Revolution als Archaismen galten 7.2.2.2 Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen wurden 7.2.2.2.1 Kalendernamen 7.2.2.2.2 Vorrevolutionäre versus revolutionäre Sprache
36 36 37 37 40
24 26 29 33 33 35
40 41 41 41
VI
7.3 7.4
7.2.2.3 Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen werden können 7.2.3 Die diastratischen Markierungen 7.2.4 Die diakonnotativen Markierungen 7.2.5 Die dianormativen Markierungen 7.2.6 Zusammenfassung Zu den Definitionen Zu den Beispielen 7.4.1 Exkurs 1: Zu den Beispielen in der Lexikographie des 18. Jahrhunderts 7.4.2 Exkurs 2: Zur Anekdote im 18. Jahrhundert 7.4.3 Der Aufbau der Anekdoten im DRR 7.4.4 Zum Wortspiel im DRR
43 44 46 46 47 48 51 52 53 53 54
8.
Ausgewählte Beispiele aus DAF und DRR 8.1 Zur Orthographie
56 61
9.
Zu inhaltlichen Aspekten des DRR 9.1 Rodonis Dictionnaire als revolutionäres Brevier 9.2 Die Gesellschaft des Jahres II im Spiegel des DRR 9.3 Zur Darstellung des Muscadin 9.4 Zu Rodonis Antiklerikalismus 9.5 Zu Rodonis Rousseauismus
63 63 64 67 70 71
10. Manuskriptbeschreibung
73
11.
74 74 75
Vorbemerkung zur Edition 11.1 Vereinheitlichende Eingriffe 11.2 Orthographische Eingriffe
Faksimile
77
Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire
79
12. Vorbemerkung zu den Anecdotes Curieuses et Republicaines
219
Anecdotes Curieuses et Republicaines
221
13. Quellen und Literatur
233
14. Vorbemerkung zum Register
243
15. Register
245
Resümees
253
Abkürzungsverzeichnis
AEG AN AP BCUL BPP BPU DAF DRR PBMFC SSA
Archives d'Etat de Geneve Archives Nationales Archives Parlementaires Bibliotheque Cantonale et Universitaire de Lausanne Bibblioteca Palatina Parma Bibliotheque Publique et Universitaire de Geneve Dictionnaire de l'Academie Franfaise Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire Pubblica Biblioteca Maldotti Fondo Cani 84/8: Lettere e componimenti poetici di Rodoni Giovanni Battista Staats- und Stadtbibliothek Augsburg
Vorwort
Mit der vorliegenden Veröffentlichung von Jean Rodonis Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire (DRR) können frühere Ankündigungen eingelöst werden. 1978 entdeckte Brigitte Schlieben-Lange im Zuge ihrer Arbeiten zur Übersetzungspolitik während der Französischen Revolution in den Archives Nationales (Paris) unter der Signatur F17 1008 Β n° 1488 bzw. 1008 C n° 1585 die Manuskripte der Teile 1 und 2 des DRR. Teil 3 war und blieb unauffindbar. Der Beschluß, das Wörterbuch zu edieren, das - abgesehen von einer kurzen Erwähnung in Brunots französischer Sprachgeschichte - nicht bekannt zu sein schien, war schnell gefaßt. 1980 wurde auf das Wörterbuch während des XVI. Internationalen Romanistenkongresses in Palma de Mallorca erstmals öffentlich aufmerksam gemacht, 1986 und 1987 erschienen zwei Beiträge auf französisch, in denen es vorgestellt wurde. Die Veröffentlichungspläne konnten erst realisiert werden, als Ilona Pabst die Suche nach den Spuren Rodonis 1994 wiederaufnahm. Sie ermittelte und sicherte sämtliche biographischen Fakten und fand mehrere unbekannte Texte Rodonis. Ihr gelang auch der Nachweis der Hauptquelle seines Wörterbuchs. Auf dem Kongreß „Romania I" hat sie 1997 in Jena einige ihrer Arbeitsergebnisse und Thesen zur Diskussion gestellt. In ihrer Dissertation zur französischen und deutschen Revolutionslexikographie (1998) wird sie den DRR mitberücksichtigen und in Fortführung des hier Vorgelegten weitere Resultate mitteilen. Bei den intensiven Recherchen waren vor allem folgende Institutionen und Personen mit Auskünften und Kopien von Dokumenten behilflich: Staatsarchiv des Kantons Bern; Archives cantonales vaudoises (Chavannes-pres-Rennes); Archives d'Etat (Genf); Archives de la Ville de Geneve; Bibliotheque publique et universitaire (Genf); Jean-Daniel Candaux (Genf); Pubblica Biblioteca Maldotti (Guastalla); Archives de la Ville de Lausanne; Bibliotheque cantonale et universitaire (Lausanne); Archives diplomatiques (Paris); Archives Nationales (Paris); Archivio di Stato (Parma); Biblioteca Palatina (Parma); William Spaggiari (Parma); Istituto Deila Enciclopedia Italiana (Rom). Die Arbeit wurde durch Gespräche mit Eugenio Coseriu, Sonia Branca-Rosoff, Annie Geffroy, Jacques Guilhaumou, Rolf Reichardt und Sebastiano Vecchio nachhaltig gefördert. Bei der technischen Herstellung und bei einigen Recherchen haben uns Lony Bahnmüller, Roland Bernecker und Jochen Hafner unterstützt. Wir danken allen sehr herzlich, besonders der Generaldirektion der Archives Nationales (Paris), die die Genehmigung zur Publikation bereitwillig erteilt hat. Und schließlich haben wir vor allem den Reihenherausgebern und dem Niemeyer Verlag zu danken, die es dem Wörterbuch ermöglichen, die Existenzform eines chimärischen bibliographischen Verweises zu verlassen und sich endlich, nach über zweihundert Jahren, in gedruckter Form zu materialisieren. Ohne ihre Bereitschaft, das Buch in die Reihe Lexicographica. Series Maior aufzunehmen, wäre Rodoni, Eaux-Vives, wohl eine obskure Adresse geblieben. Die Herausgeberinnen
1. Stichworte zur Revolutionslexikographie
Die Französische Revolution von 1789 war bekanntlich von erheblichem Einfluß auf Sprache und Sprachbewußtsein in Frankreich. Unter den vielfältigen Veränderungen1 ist die Erweiterung des französischen Wortschatzes an erster Stelle zu nennen. So schreibt denn auch ein deutscher Zeitgenosse namens Johann August Bruel 1793: Eine so gewaltsame Staatserschüttening, wie Frankreich in seiner Revolution [...] den Augen der erstaunten Welt darstellt, muBte unter andern nicht zu berechnenden Folgen, auch die haben, dafi sie auf die Sprache eines Volkes wirkte, bei dem in einem so kurzen Zeitraum eine so große Menge neuer Begriffe in Umlauf kamen. [...] Allenthalben finden sich neue Worte, neue Wendungen, neue Zusammenfiigungen; theils eigene Erfindungen, theils Uebertragungen aus den Sprachen deijenigen Völker, aus deren Verfassungen man gewisse Begriffe entlehnt hat: Philosophen, und Freiheitsenthusiasten, Redner und Schwätzer, Schriftsteller und Pamphletschreiber, alle huldigen dieser Neuemngssucht [ | 2
Neben der Hervorbringung einer Vielzahl von (lexikalischen und semantischen) Neologismen ist zu beobachten, daß dem Purismus zum Opfer gefallene Wörter wiederbelebt und vorrevolutionäre Wörter bzw. einzelne Bedeutungen mehrdeutiger Wörter zu Archaismen erklärt werden. Damit sind drei Aspekte der lexikalischen Sprachveränderungen angesprochen, die Gegenstand der äußerst produktiven Revolutionslexikographie zwischen 1789 und 1804 sind.3 Insgesamt betrachtet stehen dabei die Neologismen im Zentrum der lexikographischen, aber auch außeriexikographischen Auseinandersetzungen. Die Diskussion um die 'richtige' Bedeutung mündet dabei nicht selten in einen regelrechten Kampf um Wörter (logomachie), in dem unterschiedliche gesellschaftliche und politische Gruppierungen einander gegenüberstehen. Sie bestimmen in je spezifischer Weise, wie das durch die Französische Revolution ins Wanken geratenene Verhältnis zwischen mot und chose/idee zu definieren ist. Dabei wirft jede Gruppe der anderen (gegnerischen) Gruppe vor, sie verdunkle mißbräuchlich die Bedeutung der Wörter und verfalsche in demagogischer Absicht ihren wahren Gebrauch. Die abus des /wote-Debatte, die während des gesamten 18. Jahrhunderts einen hohen Stellenwert in den Sprachdiskussionen eingenommen hatte, kommt somit während der Französischen Revolution zur vollen Entfaltung.4 Vor diesem Hintergrund schreibt der anonyme Verfasser einer zuerst 1794 im Mercure franqais erschienenen Artikelserie mit dem Titel „ Ueber den Mißbrauch der Worte und den Unbestand der Begriffe, während der Französischen Revolution ":
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4
Dazu Schlieben-Lange (1981, 1996). Bruel (1793:230). S. Broch (1991); Pabst (1998). Die Revolutionslexikographie wird im Gegensatz zu den tatsächlichen Veränderungen, die seit langem Gegenstand essayistischer und wissenschaftlicher Betrachungen sind - s. Lafargue (1894); Gohin (1903); Ranft (1908); Frey (1925); Brunot (1927, 1937, 1939, 1943); Proschwitz (1966) - erst in jüngster Zeit erschlossen: Branca-Rosoff (1985, 1986, 1988); Schlieben-Lange (1985, 1986, 1987a); Geflroy (1986, 1988); Antoine (1988); Dorigny (1988); Roger (1988, 1995); Sajous (1988); Branca-Rosofi/Lozachmeur (1989); Cellard (1989); Guilhaumou (1989); Rey (1989); Desmet/Rooryck/Swiggers (1990); Swiggers/Desmet (1990); Broch (1991); De Clercq/Desmet/Swiggers (1992); Swiggers (1993); Botsch (1994); Pabst (1998). Barny (1978); Ricken (1978a, 1990); Guilhaumou (1989).
2 Mißverständnisse waren es beynahe immer, um deren willen sich die Menschen, in metaphysischen Streitigkeiten, in Religionshändeln, in bürgerlichen und politischen Uneinigkeiten, verfolgten, haßten und mordeten. Der Einfluß der Worte auf die Begriffe, und der, der Begriffe auf die Handlungen, sind so mächtig, daß man der Revolution kaum einen größern Dienst hätte erweisen können, als wenn man den vorzüglichsten unsrer Gedankenzeichen ihre wahre Bedeutung angewiesen, und eh' man schwatzte, den Sinn der Worte genau angegeben hätte; [...] Täglich hört man sagen: jedermann sey über die Grundsätze einig, und man ist nicht einmal über den Sinn der Worte einig, mit denen man jene bezeichnet. [...] So lieferte man sich gegenseitig einen Wortkrieg, der nur lächerlich gewesen seyn würde, wenn der Einfluß der Worte auf die Sachen nicht so schrecklich wäre.3
Das Bedürfnis nach Beschreibung und Diskussion der rasanten und einschneidenden lexikalischen und semantischen Veränderungen des Wortschatzes manifestiert sich in allen nur denkbaren Textsorten der Revolutionszeit, wie z.B.: Presse, Belletristik, Almanach, Kalender, Katechismus, Karikatur, Lied, Rede etc. Es sind aber insbesondere die sogenannten Revolutionswörterbücher6 , die uns als Zeitspiegel sowohl und vor allem der sprachlichen (lexikologischen, semantischen, pragmatischen und lexikographischen) als auch gesellschaftlichen Veränderungen während der Französischen Revolution dienen. Um den Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire von Rodoni besser einordnen zu können, schicken wir einige summarische Bemerkungen zur Revolutionslexikographie voraus. Das 18. Jahrhundert ist ein Jahrhundert intensiver semantischer Diskussionen und umfassender lexikographischer Tätigkeit, ein siecle des dictionnaires. Es gibt keinen Bereich des menschlichen Lebens, dessen Beschreibung nicht in eine Wörterbuchform gebracht worden wäre.7 Es ist also nur folgerichtig, wenn die Revolutionslexikographen diese fureur des dictionnaireÄ8 fortsetzen. Die überwiegende Zahl der Lexikographen, die die Absicht verfolgen, die Sprachveränderungen gebündelt einem breiten Publikum zugänglich zu machen, tragen im Titel die Bezeichnung Dictionnaire. Dabei erweist sich, daß sie die traditionelle in der Encyclopedic von Diderot und d'Alembert vorgenommene Unterteilung des Dictionnaire in dictionnaires de mots, dictionnaires de fails und dictionnaire de choses (bzw. dictionnaire de langue, dictionnaire historique und dictionnaire de Sciences & Arts)9 unterlaufen, indem sie Mischformen favorisieren, die weit über die natürlichen Überschneidungen10 zwischen dictionnaire de mots und dictionnaire de choses hinausgehen. Die Veränderungen der französischen Gesellschaft sind offenbar zu tiefgreifend, als daß sich die Lexikographen ausschließlich bei metasprachlichen Betrachtungen aufhalten könnten. Da die Sprachtransformationen vorwiegend Ergebnis des radikalen gesellschaftlichen Umsturzes sind, würde ein 'rein' deskriptiver Ansatz unvollkommen erscheinen. Aus diesem Grund werden in den Wörterbüchern neben sprachlichen Phänomenen 5
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Hervorhebung von Hrsg., [Anonym]: (1795:189, 224). Diese Artikelserie wurde von Ludwig Friedrich Huber ins Deutsche übertragen, vgl. Reichardt (1988b:303). Zur Bibliographie und Beschreibung dieser Quellenserie s. vor allem Schlieben-Lange (1985) und Geffroy (1988). Zur Geschichte der Lexikographie in Frankreich Quemada (1967); Ritat (1984); Autour de Föraud (1986); Einleitung zu Voltaire (1994:3-19). Melchior Grimm, zit. nach Einleitung zu Voltaire (1994:4). Vgl. Artikel Dictionnaire. In: Encyclopddie (1754/1966, 4). Vgl. Auroux (1979:274): „Les mots 6tant les images de nos idees, une langue rifletant par lä les connaissances d'une nation, un dictionnaire de langue complet est ipso facto un dictionnaire de choses."
3 hervorragende Ereignisse, Orte, Personen und Daten ebenso erörtert wie die einzelnen Bestandteile des neuen Symboluniversums. Es ist darüber hinaus charakteristisch fur die Revolutionswörterbücher, daß die Beschreibung der mots und choses/idees in den meisten Fällen nicht ausschließlich sachlich distanziert nach traditionellen Definitionsverfahren (substantiell, relationell, intensionale bzw. extensionale Definition, Unterscheidung zwischen sens propre und sens figure) erfolgt, sondern ideologisch gefärbt. Diese Parteinahme (religiös, moralisch oder politisch) macht sie zu Dictionnaires engages11, fur die die Tradition des Dictionnaire philosophique insbesondere eines Voltaire12 prägend gewirkt haben dürfte. Die meisten Revolutionswörterbücher sind selektive Wörterbücher, die in alphabetischer Anordnung vorwiegend den sozio-politischen Wortschatz behandeln, welcher naturgemäß die meisten Transformationen erfahren hatte.13 Daneben gibt es langjährige, teilweise bereits vor der Revolution angelegte Projekte, den gesamten Wortschatz des Französischen einer grundlegenden Revision zu unterziehen und umfassend neu zu beschreiben. Ihre Realisierung ist mit der Französischen Revolution - zumal nach Auflösung der Academie Franijaise - in greifbare Nähe gerückt und wird vor dem Hintergrund der revolutionären Umgestaltungen auf allen Ebenen neu diskutiert.14 Die zeitliche Dimension spielt bei der Beschreibung der Sprachveränderungen in der Revolutionslexikographie eine zentrale Rolle. Sie wird lexikographisch in der Regel durch diachronische Markierungen wiedergegeben, die unterschiedlich gestaltet sein können. Bei lexikalischen Neologismen finden wir z.B. die Abkürzung N. für Nouveau, ferner nouveau mot, mot tres-nouvellement invente, dans le nouveau regime etc. Semantische Neologismen werden häufig antonymisch erläutert, indem eine vorrevolutionäre Bedeutung einer revolutionären Bedeutung gegenübergestellt wird, jeweils ergänzt um die Angaben ancien regime/nouveau regime·, vieux style/nouveau style-, autrefois/aujourd'hui etc. Es gibt auch den Fall, daß ausschließlich auf die revolutionäre Bedeutung eines Wortes hingewiesen wird, so als hätte die alte Bedeutung keine Gültigkeit mehr. Der neue Gebrauch ist für die prorevolutionären Lexikographen der richtige, der ere frangaise einzig angemessene. Die konterrevolutionären Autoren hingegen beharren auf der 'Richtigkeit' der alten Bedeutung und polemisieren gegen Bedeutungserweiterungen und Neologismen. Oftmals sind die Revolutionslexikographen jedoch nicht in der Lage, die Bedeutung eines Ausdrucks vollständig zu erfassen. Die Bedeutungstransformation einzelner Wörter schreitet im Zuge der Entwicklung der Französischen Revolution derart schnell voran, daß eine endgültige Festlegung in vielen Fällen nicht vorgenommen werden kann. In solchen Fällen werden die verschiedenen aktuell gültigen acceptions verbunden durch metasprachliche Formulierungen wie z.B. signifie aussi nebeneinander gestellt. Zusätzlich verwendete diastratische bzw. diaphasische Markierungen machen deutlich, daß eine bestimmte Bedeutung an eine bestimmte Sprachschicht, Person oder Gruppe geknüpft ist.
11
Vgl. Quemada (1967:529). Rey geht in der terminologischen Zuordnung der Revolutionswörteibücher noch weiter, wenn er behauptet: „la plupart de ces ouvrages, pseudo-dictionnaires, sont de vrais pamphlets" (1989:158).
12
Voltaire (1764/1994).
13
Vgl. Laplace/Tournier (1970); Reichardt (1985); Geffiroy (1988). Hier sind insbesondere Pougens, Domergue, Rivarol, Mercier und nicht zuletzt die Ideologen zu nennen. S. dazu z.B. Brunot (1943); Busse (1988); Busse/Dougnac (1992); Roger (1995).
14
4 Eng damit verbunden sind die Konnotationen. Sie spielen während der Französischen Revolution eine bedeutsame Rolle für die Sprachbewertung und damit für die Sprachveränderungen.15 Wörter, die vorwiegend von den Vertretern des Ancien Regime verwendet werden bzw. zu sehr an die alten Verhältnisse erinnern, werden fortan gemieden, umbenannt oder negativ konnotiert (das gleiche Verfahren wenden freilich die Revolutionsgegener gegenüber den von den Revolutionären favorisierten Begriffen an). Lexikographisch begegnet man diesem Sachverhalt auf unterschiedliche Art und Weise: 1. Alte Wörter werden ersatzlos aus dem Wörterbuch gestrichen. 2. Alte Wörter verbleiben im Wörterbuch, werden aber als Archaismus markiert (die Ankündigung einer eventuellen Streichung des Wortes in der Zukunft kann damit einhergehen). 3. Alte Wörter bleiben im Wörterbuch und werden Synonymen gegenübergestellt, die zu gegebenem Zeitpunkt an deren Stelle treten sollen. 4. Alte Wörter bleiben im Wörterbuch, werden aber mit einer negativen diakonnotativen Markierung versehen. 5. Alte Wörter verlieren Teile ihres Bedeutungsumfangs. 6. Alte Wörter werden zu konservatorischen Zwecken am Ende eines Revolutionswörterbuchs zusammengefaßt. 7. Man redet über die veränderten oder sich verändernden choses/idees und kündigt damit implizit eine Sprachveränderung an. Zur Darstellung eines Wortes im Kontext verwenden die Revolutionslexikographen entweder selbstkonstruierte Beispiele oder Zitate (einzelne Sätze bestimmter Personen, mehrzellige Auszüge aus Parlamentsreden, Gesetzesdekrete etc.). Darüber hinaus treffen wir auf häufig gebrauchte Fügungen wie idiomatische Redewendungen, Schlagworte, Slogans u.ä., die charakteristische Bestandteile des revolutionären Symboluniversums sind. Einige Lexikographen gehen noch weiter, wenn sie die rein metasprachliche Ebene verlassen. Sie kontextualisieren die erklärten Wörter in Geschichten und/oder Dialogen. Auf diese Weise nähern sich die Wörterbücher anderen Diskurstypen, die ebenfalls zur Verbreitung revolutionären Wissens instrumentalisiert werden, wie etwa die Katechismen und Almanache.16 Vielfach jedoch dient den Revolutionslexikographen das Lemma fast ausschließlich als Sprungbrett, um in aller Ausführlichkeit über die faits und choses zu sprechen.
13 16
S. dazu ausfuhrlich Pabst (1998). Zu diesen Textsorten Reichardt (1985); Gaspard (1988).
2. Zum Standort von Rodonis Wörterbuch
Rodonis Wörterbuch vereint mehrere der soeben skizzierten Merkmale der Revolutionslexikographie in charakteristischer Weise und geht in mancherlei Hinsicht über das epochenspezifisch Envartbare hinaus. Es ist angesiedelt in den pädagogischen Bemühungen des Jahres Π, in dem ein kompaktes Programm der nationalen Uniformierung und Umerziehung auf den verschiedensten Ebenen und mit den verschiedensten Medien ins Werk gesetzt wird. Anders als die anderen Wörterbücher der Serie ist es nicht einfach parteilich, sondern versteht sich als Sprachrohr einer rousseauistisch verstandenen volonte generale, die als solche keine anderen Parteinahmen zuläßt. Der Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire ist das erste Wörterbuch der Serie, das auf der Grundlage des Dictionnaire de l'Academie Frangaise vorwiegend den Alltagswortschatz des Französischen behandelt. Es ist damit das erste ausgearbeitete Wörterbuch, das dem - allgemein verspürten - Bedürfnis nach Neudefinition des Französischen entspricht, hier in Form revolutionärer Propaganda, während sich später immer umfassender werdende Bestandsaufnahmen durchsetzen. Es ist auch in einem engeren Sinn insofern lexikographisch interessant, als hier erstmals eine systematische Trennung zwischen Homophonen, Homonymen/Polysemen und Synonymen vorgenommen wird. Im 18. Jahrhundert gehören die Homophone zu den sogenannten homonymes equivoques und werden meist in orthographischen Abhandlungen bzw. solchen zur Aussprache behandelt. Die Homonyme/Polyseme bezeichnet man als homonymes univoques. Sie finden sich in einsprachigen Wörterbüchern, wenn auch noch nicht sehr differenziert.1 Theoretisch sind die Beziehungen zwischen homonymen/polysemen Bedeutungen Gegenstand einer semantisch gewendeten Rhetorik, wie sie Du Marsais entwickelt hat.2 Nur spärlich vertreten sind im 18. Jahrhundert die Homonymenwörterbücher,3 die sowohl homonymes equivoques als auch homonymes univoques vereinen, wobei hier erstere deutlich überwiegen. Synonymenwörterbücher können am Ende des 18. Jahrhunderts auf eine lange Tradition zurückblicken.4 Doch obwohl auch die französische Revolution eine Fülle von Synonymen (im weiteren Sinne) hervorgebracht hat,5 nehmen die Revolutionslexikographen den Wörterbuchtyp des Synonymenwörterbuchs mehrheitlich nicht in Anspruch, wenngleich sie vielfach in der Mikrostruktur auf synonyme Ausdrücke verweisen. Hinsichtlich der syntagmatischen Einbettung der zu erklärenden Wörter in feste Kollokationen, Slogans etc. entwickelt Rodoni besonders kohärente Verfahren. Einerseits kann man sein Wörterbuch als Kompendium revolutionärer Moral in Form zahlreicher einprägsamer Maximen und Schlagworte lesen (s. 9.1); andererseits kontextualisiert er seine Erklärungen (im 2. Teil kohärenter als im 1.) in Anekdoten, die ihrerseits wieder Dia-
Vgl. Rey-Debove (1982:140). Zur Semantik von Du Maisais in Des Tropes; Auroux (1980); Douay-Soublin (1988). Zu diesem Wörteibuchtyp Quemada (1967); Delesalle (1986); Hausmann (1990a). Zur Synonymik im 18. Jahrhundert Auroux (1984); Gauger (1973); Veldre (1994). Bereits Brunot (1939, X, 1:58) hielt es für lohnend, diese Synonyme stärker zu beachten. Zur Synonymie während der Französischen Revolution ausfuhrlich Pabst (1998).
6 löge 6 enthalten. So entsteht ein auch in lexikographischer Hinsicht interessantes Modell eines Anekdotenwörterbuchs in didaktischer Absicht. Die Anekdoten sind im Alltagsleben situiert, freilich in einem stilisierten und stereotypisierten Alltagsleben. Dies wiederum ist auch über das lexikographische Interesse hinaus für den Historiker von Erkenntniswert: als Quelle für eine Rekonstruktion revolutionärer Realität (s. 9.2), freilich in einer stark stilisierten Form, als Quelle aber eben auch für die im Jahr II wirksamen Verfahren der Stilisierung, Stereotypisierung und Dichotomisierung.
6
Zu den Techniken der Dialogisierung Schlieben-Lange (1989b; 1994).
3. Jean Rodoni. Eine kurze Chronik zu Leben und Werk
Die folgende Zusammenstellung der wichtigsten biobibliographischen Daten zum Autor des Dictionnaire Republicain et Revolutionnaire beruht auf intensiven eigenen Recherchen in über einem Dutzend europäischen Archiven und Bibliotheken. Dieser Aufwand war um so mehr gerechtfertigt, als von Rodoni bislang nicht mehr als der Name und sein zeitweiliger Aufenthaltsort Genf bekannt waren und umfangreiches neues Dokumentarmaterial erschlossen werden konnte (biographische Einzelheiten und weitere Schriften). Dennoch: längst nicht alle Überlieferungslücken konnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt geschlossen werden. So mußte etwa der Verbleib von Rodonis Nachlaß zum größten Teil ungeklärt bleiben. Feststeht, daß einige seiner Lausanner Manuskripte spätestens zu Beginn unseres Jahrhunderts beim Brand des Verlagsarchivs Grasset zerstört wurden. Von den (umfangreichen) Genfer Papieren, die er vermutlich seiner Tochter vererbte, fehlt jede Spur. Lediglich über die Handschriften, die er in Parma zurücklassen mußte, wissen wir etwas mehr. In der Bibliothek von Rodonis Geburtsort Guastalla stießen wir auf den Brief eines Rechtsanwalts namens Gaetano Ravazzoni aus dem Jahre 1848, aus dem hervorgeht, daß ein Teil von Rodonis Manuskripten offenbar beim Abfüllen von Salz und Tabak als Tüten benutzt wurde: Sono giä non so quanti anni dacchö in una officina di questa cittä destinata ad incartocciare tabacco, e sale rinvenni i pochi fogli che allego alia presente mia lettera, ed avendoli scorsi come soglio d'ogni scritto in che mi abbatto, non senza sorpresa riconobbi contener essi una lettera in buon latino ed una canzone in felici versi vulgari, dirette entrambe a sublime Personaggio in esse non indicato, composizioni tutte originali ed autografe dello sciagurato loro concittadino Giovanni Rodoni, le di cui peripezie mezzo secolo fa all'incirca, alzarono tanto rumore in questo paese.1
Wir hoffen dennoch mit der Chronik einen ersten Überblick von Rodonis Leben und Wirken geben zu können. Es zeigt sich, daß sein Werk eine Fülle autobiographischer Reminiszenzen enthält, welcher Umstand einmal mehr belegt, daß auch in der Metalexikographie der Revolutionswörterbücher zusätzlich zu den Texten die Person des Autors mehr Beachtung finden sollte, als dies bisher der Fall war. 1741 1759
Giovanni Battista Rodoni wird in Guastalla (Herzogtum Parma) geboren. 9. Februar: Rodoni verfaßt in Guastalla ein lateinisches Gedicht mit dem italienischen Titel L'Ammalato risponde a chi del suo male seco si condoleva. Vor 1767 Rodoni wird Lehrer an der Scuola della Steccata in Parma. Er widmet seinem Gönner, dem Bischof von Parma, Francesco Pettorelli Lalatta (1712-1767), eine italienische Canzone Allegorica und schreibt ihm einen mehrseitigen lateinischen Dankesbrief. 1779 11. September: Rodoni wird auf Befehl des neuen Bischofs aus Parma ausgewiesen. Der berühmte Typograph Giambattista Bodoni (1740-1813) kommentiert den Vorgang am 21. September 1779 in einem Brief an den Bibliothekar Paolo Maria Paciaudi (1710-1785): Sono giä 10 giorni che il Maestro della Scuola della Steccata per nome D. Giovanni Rodoni έ stato esigliato da tutti gli Stati di S.A.R. II Vescovo mandö il Cancelliere suo a leggerle la pena
1
PBMFC. Ähnlich erging es Unterlassenen Manuskripten Immanuel Kants: „Mindestens in einem Falle lagen wichtige Papiere Kants in dem Laden eines Gewürzkrämers, um zum Einwickeln von Kaffee und Heringen benutzt zu werden." Dilthey (1889:360).
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dell'ostracismo, e in seguito l'Ajutante Pugnetti andö a prenderlo ed acommpagnarlo fuori dello Stato per parte della Corte. Questo Prete, che faceva il Catechismo nella Steccata con un incontro grandissimo, ha dovuto esser vittima della invidia de' Parochi di Parma. Per renderlo poi odioso al Pubblico hanno seminato per la cittä, che egli fosse reo del delitto che venne attribuito al Bonfadio...Ma se tale era veramente, perchö solo intimarle l'esiglio? Comunque sia la cosa, so che si era giä proweduta quella scuola con un altro Maestro, e i Cavalieri dell'Ordine Costantiniano non vogliono piü la scuola in quel loro Quartiere. Questa mattina vidi il conte Rezzonico, che era di mal umore e veniva dal Sig.r Conte Sacco a cui raccontö l'accaduto del nuovo Maestro. Ma quegli si strinse nelle spalle e le disse che nulla potea fare.2 1780
1781 1782
20. Januar: Der Genfer Notar Jean-Pierre Vignier beurkundet einen Ehevertrag zwischen Rodoni und Andrienne Noiret (geboren am 8. Juni 1751 in Genf, Tochter von Leonard und Jeanne-Marie Piguet). 6. Februar: Rodoni beantragt in Lausanne eine Aufenthaltsgenehmigung, um Italienisch unterrichten zu können. Diese wird am 9. Februar bewilligt. Rodoni veröffentlicht in Kommission bei Francois Grasset (1722-1789) in Lausanne das Buch Trenta novelle dilettevoli ed instruttive sopra i costumi e la religione degl'Italiani/Trente nouvelles agreables et instructives sur les mceurs et la religion des Italiens3 Die zweisprachige Sammlung ist dem premier Pasteur des Eglises de Lausanne, Antoine-Noe Polier de Bottens (1713-1783) gewidmet, einem Vertrauten Voltaires und Mitarbeiter an der Encyclopedie.4 In seinem Widmungstext schreibt Rodoni: Qu'il est heureux pour les Prosölytes de trouver une personne telle que Vous, Monsieur, qui, touchd de pitiö, & sensible ä leurs infortunes, daigne, comme Vous le faites, les recevoir avec bontö, les consoler avec tendresse, & les soulager avec gönirositi. Qu'il est heureux pour moi d'avoir d'abord trouvö en Vous un Protecteur & un Pere! [...] Ne serois-je pas coupable de la plus noire ingratitude, si je ne Vous tömoignois en quelque fa;on ma reconnoissance? Excusez, Monsieur, ma timeriti, si j'ose Vous offrir ce petit livre, que j'ai composö sur la Religion. C'est etre bien hardi, je l'avoue, d'en avoir fait la traduction moi-meme; puisqu'il n'y a pas deux ans que je ne savois pas un mot de Francois; mais j'espere que Vous agreerez du moins l'envie que j'ai de me rendre utile. [...] [L]isez-le; & si Vous le jugez propre ä avancer la virite Evangelique au jour, souffirez, je Vous prie, qu'on mette votre illustre Nom ä la tete de cet ouvrage, comme une marque publique de ma reconnoissance pour la protection, dont Vous m'honorez.3 Dem Exemplar aus der Biblioteca Palatina in Parma ist folgende handschriftliche Vorbemerkung beigegeben: L'Autore έ il Sacerdote Don Giovanni Rodoni di Guastalla, stato maestro d'Infima Scuola nella Steccata di Parma. Dopo una vita scandalosa, pieno di vizi apostatö dalla Religione Catolica. Fuggi a Losanna, e condusse moglie. Rodoni rechnet in den Novellen mit seiner katholischen Vergangenheit ab und zeichnet in der 2. und 30. Erzählung sein Selbstporträt:
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Bodoni (1779) (1913:237). Dazu Croce (1945:26): „Frutto della sua nuova operositä Iii questo libro di novelle che satireggiano le idee e le pratiche della chiesa di Roma, messa a paragone di quella riformata, ο che contengono bensi aneddoti di vario genere, ma sempre seguiti da un' «applicazione» ο moralita. La polemica morale 6 contro i vizii, l'avarizia, il malcostume dei preti e frati, e i non meno triti argomenti della confessione auricolare, della messa, delle indulgenze, del celibato, dei pellegrinaggi, e simili." Wade/Torrey (1944). Im folgenden zitieren wir nach der französischen Fassung. Trenta novelle (1782:5,7,9).
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Nouvelle Deuxiime L'Auteur de ce livre sous la figure d'une brebis, qui passe ä des paturages plus sains, trace son propre portrait. Une pauvre brebis plong6e dans le plus noir chagrin n'avoit que des nuits de douleur, & des jours d'amertume, parce qu'un Berger cruel l'accabloit continuellement de coups, & ne la menoit qu'ä travers d'affreux precipices ä de Uts-mauvais paturages. Elle marchoit quelquefois au bord d'une petite riviere, & portoit ses regards avides sur le rivage opposö, eile y observoit des plaines riantes, les voyoit par-tout couvertes d'heibe & de fleurs; eile appercevoit de loin de charmans bosquets, & quantite de sources limpides, qui rendoient ce sijour delicieux. Elle ne pouvoit s'empecher de timoigner le desir le plus vif de passer de l'autie cote pour gouter ces nouveaux paturages. Mais le Pasteur, dont le cceur etoit de roc, se tenant toujours ä ses cötds, la frappoit mdement de sa houlette, & la pauvre brebis etoit contrainte de reculer, & de tourner ses pas vers la bergerie, qu'elle haissoit de tout son cceur. Un jour enfin brulant plus que jamais du desir naturel de chercher son bonheur, eile trouva le moyen de tromper l'attention de son gardien, courut au bord de la riviere, & sans se rebuter du peril se jetta ό la nage, & parvint heureusement έ ce rivage, qui avoit έίέ si long-tems l'objet de ses voeux les plus ardens. Combien ne binit-elle pas έ present l'heure ou elle a pu se resoudre ä quitter les autres brebis, qui vivent encore dans un dur esclavage? Elle bele sans cesse, & par son doux belement elle invite ses compagnes & suivre son exemple; mais helas! elles n'entendent point sa voix. Application Moi, qui icris ceci, j e suis la brebis fortunie, qui de l'itable infectöe de Rome suis heureusement passe i la saine Bergerie des Riformis. Ceux qui sont attaches ä la Communion Romaine ont coutume de dire, que si quelqu'un d'entr'eux se jette dans le sein de l'Eglise Reformöe, ce n'est que pour se mettre au-dessus des remords, pour lächer la bride ä ses passions, & se plonger librement dans le vice & dans l'erreur. Les motifs de ce changement peuvent etre di£f6rens, j'en demeure d'accord; mais sans pönötrer les raisons de ceux qui m'ont pr6c6Ji, j e ne pense qu'ä moi-meme. Je prens ä timoin de ce que j e dis le ciel & la terre, & tout ce qu'il y a de plus sacrö parmi les hommes; c'est avec la plus grande liberty d'esprit, & sans le moindre reproche de conscience, que j e me suis transport de Parme έ Geneve, & de Ιέ έ Lausanne; j'ajouterai meme, que j e n'ai jamais eu une aussi grande tranquilly d'ame que celle dont j e jouis ä present. J'ai toujours aime la veritö, & j e ne me suis jamais propose d'autre but, ni d'autre intöret, que de la connoitre. Elle brilla ä mes yeux lorsque j'examinai avec toute l'attention possible, & sans prevention les diverses opinions des Controversistes; alors Celles des Reformis me parurent toujours plus fond6es & plus conformes ä la raison, puisqu'elles n'ont d'autre but que la pureti de la Doctrine de Jesus-Christ. Je prechois tous les dimanches, j e disois avec franchise ce qui me paroissoit le plus conforme ä cette Doctrine; j'employois tous les moyens, dont j'etois capable pour &lairer mon peuple, & pour arracher le bandeau, qui cachoit la lumiere i ses yeux. Je m'attendois bien que mes demarches contraires aux maximes Romaines ne manqueroient pas de m'attirer la haine de tous ceux qui aiment voir les hommes croupir toujours dans l'ignorance la plus superstitieuse. En effet, aprös bien des persecutions, que j'ai essuyees avec courage, ils engagerent l'Eveque & se debarasser de moi. Eh bien, me voici dans le sein de l'Eglise Reformee, & de lä j e ne crains point de braver les ana themes, qu'on pourra ful miner contre moi. On dira que j e suis perdu, on me plaindra peutetre; mais ai-je cesse pour cela d'etre Chretien? Ah, mon Dieu! c'est & present plus que jamais, que j e me crois digne de ce beau nom. Ici, & par-tout, oü la Reformation a pin6trd, on adore Dieu, on croit en Jesus-Christ, & on mene une vie sans contredit plus honnete qu'en Italie; j'en appelle au Tribunal du monde sage & eclaire, que lui seul en decide. Nous sommes done tous enfans de Dieu par la foi en Christ, ä quoi servent ces ridicules distinctions de Catholiques, de Lutheriens, de Calvinistes? Nous ne sommes qu'un en Christ (1) [Als Anm.: Galat. 111.26], L'Eternel, qui m'a conduit au päturage de la pure doctrine de son Fils, est mon Berger, j e n'aurai pas de disette. II me fait reposer dans des pares herbus, il me conduit le long des eaux tranquilles; il restaure mon ame, & il me mene par des sentiers unis pour l'amour de son nom (2) [Anm.: Pf. XXIII. 1J.
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Cette terre, qui est souvent abreuvee de la pluye, qui tombe sur elle, & qui produit des herbes propres ä l'usage de ceux qui la cultivent, re^oit la bönddiction de Dieu. Mais celle, qui ne produit que des ipines & des chardons est abandonnöe, & prete ä etre maudite (3) [Anm.: Hebr. VI.7],6 Nouvelle trentiime L'Auteur de ce livre, sous la figure d'un domestique sincere, retrace son propre portrait, celui de l'Eglise Romaine, & de ses Theologiens. Une Dame avoit ötö dans sa premiere jeunesse une beaute accomplie. Alors elle n'avoit point d'art, elle n'en avoit que faire, la simple nature avoit pourvu ä tout. Tous ceux qui la voyoient ne pouvoient s'empecher de lui faire la cour, & de l'aimer. Ayant acquis de grands biens, sa fortune lui donna un orgueil insupportable...Mais ä peine eut-elle atteint l'äge de trente ans, qu'elle devint extremement laide & ford disagrdable Alors eile commence ä se farder, cherchant ä eblouir les yeux par le milange adroit des plus vives couleurs. On voyoit briller sur elle les diamans & les rubis; elle faisoit tout au monde pour conserver ses anciens amans, ou pour se donner de nouveaux adorateurs...Ceux qui savoient lui dire qu'elle 6toit encore la plus aimable femme qu'ils connussent, itoient bien surs de ses bontös & de ses faveurs les plus prdcieuses. Elle avoit plusieurs domestiques, parmi lesquels il y en avoit un qui, uniquement occupö de son devoir, avoit trop de vertu pour s'abaisser ä de laches flateries. Un matin sa Maitresse, i peine sortie du lit, & par consequent sans parure & sans fard, I'appella pour le charger d'une commission. II entra dans la chambre, baissa un peu la tete en signe de respect en disant: que veut Madame? Aussitöt elle le gronda vivement, le menafa meme. Alors ce fidele domestique lui dit: En quoi trouvez-vous, Madame, que j'aie manque έ mon devoir pour m'accabler de reproches? - En quoi? m&hant que tu es; c'est une grande faute que de me manquer d'ögards. Pourquoi n'imites-tu pas mes autres domestiques qui me traitent avec le respect qu'on doit ά mon mirite? - Ah! Madame, croyez-m'en sur ma parole: ce ne sont que des flateurs qui vous courtisent uniquement pour leur interet, ils vous elevent jusqu'aux nues en votre prösence; mais des qu'ils ne sont plus sous vos yeux ils se moquent de vous, & font de grands öclats de rire. - Tu en as menti: y a-t-il quelque chose en moi qui soit le moins du monde risible? - Ils disent, Madame, mais il le disent ä l'icait, que vous n'avez pour tout mörite que vos richesses, & que tout ce qui paroit beau en vous n'est que l'effet de l'art. - Temiraire! est-ce que je ne suis pas encore interessante par mes propres charmes & par mes graces naturelles ? - Ah! Madame, pardonnez-moi, vous n'avez pas encore fait votre toilette; regardez-vous, je vous prie, a ce miroir. En meme tems il eut le courage de le lui präsenter. Transportde de colere elle prit le miroir, le jetta par terre, le brisa en mille morceaux, & sur le moment elle chassa le pauvre domestique aprfes l'avoir accabli des injures les plus grossieres; & c'est ainsi qu'elle le r&ompensa pour avoir hazardd de lui dire la vöritd. Application Parve, nec invideo, sine me, liber ibis in ignem...(l) [Anm.: Ex OVID]. Mon pauvre petit livre!...On a chassi ton auteur...tu es le miroir, qui peux montrer i l'Eglise Romaine ses difformit6s; mais attends-toi bien i etre ddchire & br&16 sans misiricorde. .. Vous tous Catholiques, qui me lirez, & que je cheris encore comme mes freres, soyez persuadös que je ne cherche par ces Nouvelles, qu'ä faire luire la viritö ä vos yeux. Mais je n'ignore pas, qu'en voulant vous etre utile je m'attirerai toute votre haine. Cela n'y fait rien: sans cesser de prier pour vous, je dirai toujours avec Saint Paul: Suis-je done devenu votre ennemi en vous disant la viriti? (2) [Anm.: Galat. IV. 16].7
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Trenta novelle: 19, 21, 23, 25, 27, 29. Trenta novelle: 311, 313, 315, 317, 319.
11 Rodoni kündigt in den Novellen ein weiteres Buch an, das jedoch ungedruckt geblieben zu sein scheint: L'auteur va mettre au jour un autre livre de cent Nouvelles, toutes sur les Moines, dont le titre sera: l'Hypocrisie dömasquöe.8
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13. Juni: Rodonis Bruder Stefano Maria, Verfasser religiöser Schriften, nimmt in einem Brief aus Guastalla an Padre Ireneo Affö (1741-1797) in Parma Stellung zu la fatale abominevole rivoluzione del fratel mio. Er verurteilt die Trenta novelle auf das Schärfste und kündigt eine Gegendarstellung an. Aus Angst vor Verfolgung distanziert er sich in aller Form von seinem Bruder.9 8. Januar: Andrienne Rodoni bringt in Lausanne eine Tochter zur Welt, die am 16. Januar in der Kirche St. Franfois von Polier de Bottens auf den Namen Henriette getauft wird. Paten sind der englische Landadlige Henry Parkins Weston (Horslay, Grafschaft Surrey) und seine Frau Marianne (geboren am 9. Juli 1749 in Lausanne, gestorben am 11. März 1789 ebd.). 19. April: Rodoni erhält die Erlaubnis, noch zwei Jahre lang in Lausanne zu bleiben. Er wohnt im Quartier Saint-Laurent und ist dort als italienischer Sprachmeister tätig. 27. März: Rodonis Aufenthaltsgenehmigung wird um 2 Jahre verlängert. 13. März: Bewilligung weiterer 2 Jahre. 18. März: Die Aufenthaltsgenehmigung soll weitere 2 Jahre bewilligt werden. 15. März: Rodonis Aufenthaltsgenehmigung wird um 4 Jahre verlängert. 23. und 29. Januar: Rodoni gibt Anlaß zu öffentlichen Beschwerden, so daß erwogen wird, ihn aus der Stadt zu verweisen. 21. März: Der Conseil des Soixante beschließt einstimmig Rodonis Ausweisung. 26. März: Rodoni erhält eine Bescheinigung, aus der hervorgeht qu'il s'est occupe ä donner des legons de langue Italienne ä la satisfaction de ceux qui l'ont emploie. Ende März: Rodoni geht mit seiner Familie nach Genf. 5. Dezember (15 frimaire de l'an II): Rodoni schreibt an den Nationalkonvent und an das Comite destruction publique: Citoyens! Toffre έ la Nation Frangaise la premiere Partie d'un ouvrage, dont le litre n'est que le voile qui couvre mon but principal, qui est de faire cherir de plus en plus votre Sainte Revolution, et de lui ölever un autel dans les cceurs tendres et dociles de la Jeunesse Fran^aise. Ce n'a öte, jusqu'ici, que le fanatisme, la superstition et le despotisme qui ont donnö une nourriture empoisonnöe aux jeunes gens. Mon ouvrage, j'ose le dire, en sera un puissant antidote. Les exemples ou plutöt les plaisantes anecdotes que je mets, presque έ chaque mot, ne peuvent qu'enflammer, toujours plus, leur ame d'amour pour la Patrie, en les dibarassant de tous les prijugds et en leur inspirant une haine implacable pour les tyrans. Je sais bien, Citoyens, que la multiplicity toujours renaissante de vos affaires patriotiques ne vous permettront pas de le lire; mais faites-le parcourir ä quelques gens de lettres, bons patriotes, et j'espere d'en obtenir leur approbation. La premiere Partie contient les mots qui se prononcent de meme ou presque de meme; mais qui s'öcrivent difföremment, selon leurs diverses significations. La seconde Partie contiendra les mots qui s'&rivent et qui se prononcent de meme; mais qui ont des significations bien difförentes.
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Trenta novelle: 77. Rodoni, Stefano Maria (1782, 1787, 1793). S. auch Memorie (1825:119f): „Verso questi tempi ribellavasi dalla fede Catollico-Romana ed era messo a' bandi de' nostri Stati un Giovanni Rodoni, Prete Guastallese, giä conosciuto dall'Affö durante il suo soggiorno in Guastalla. Avea costui pubblicate alcune sue scritture che odoravano la ribellione."
12 La troisieme Partie contiendra toutes les questions que 1'on peut faire sur la Langue Frangaise, et les riponses. Citoyens! Si vous en agröez la premiere Partie, je prendrai courage ä mettre au net les deux autres. Vive la Republique! Vive la Nation Frangaise, la Rddemptrice du Genre humain! La seconde Annie Röpublicaine Frangaise. Genive, le 15 de Frimaire. Le Solitaire aux Eaux vives. Rodoni. 17. Dezember (27 frimaire de l'an II): Fran5ois-Louis-Michel Chemin Deforgues (1759-1840) Minister für auswärtige Angelegenheiten (21.6.1793-2.4.1794), schickt einen Brief an den Präsidenten des Konvents, Henri Voulland (1750-1802): Je te fais passer, Citoyen President, la premiere paitie d'un Dictionnaire Ripublicain et Rövolutionnaire de l'Orthographe Frangaise que le Citoyen Soulavie, Ministre de la Rdpublique frangaise ä Genive, m'a ριϊέ d'adresser ä la Convention Nationale de la part du Citoyen Rodoni patriote Genevois qui fait έ la convention nationale hommage de son ouvrage. 19. Dezember (29 frimaire de l'an II): Das Sitzungsprotokoll des Nationalkonvents enthält folgenden Vermerk: Mention honorable, insertion au "Bulletin", renvoi au comitö d'instruction publique.10 1794
10. Januar (20 nivose de l'an II): Rodoni schreibt an das Comite d'instruction Publique: Citoyens! Le brave Citoyen, Resident de la Ripublique Frangaise ä Geneve, vient de m'appiendre que l'Assemblöe Nationale a bien voulu agrder, d'une mani£re trds honorable pour moi, la premiere Partie de mon Dictionnaire Rdpublicain et qu'elle l'a remise entre vos mains. Cela m'a tenement flatt6, que j'ai fait serment, au fond de mon cceur, de consarer dösormais ma plume et ma vie ä la Röpublique Frangaise. Citoyens! La confiance que j'ai en vos lumieres et en votre bontö est si grande, que j'ose esperer que mon ouvrage obtiendra votre approbation. Je vous en envoie la Seconde Partie: je serai heureux, si je puis, en quelque maniere, contribuer ä donner une instruction vraiment patriotique ä la Jeunesse Frangaise. Que la tyrannie, la superstition et le fanatisme pörissent έ jamais. Vive la Ripublique! Vive la Nation Frangaise, la R6demptrice du genre humain! Geneve le 20 de Nivos; l'an second de la Ripublique Frangaise. Le Solitaire aux Eaux vives Rodoni. 20. Januar (1er pluviose an II): Deforgues wendet sich an das Comite d'instruction Publique: Je vous fais passer, Citoyens, la 2* partie du Dictionnaire Republicain du C.™1 Rodoni patriote Genevois. La Convention Nationale vous a renvoyö la 1°* partie de cet ouvrage que je lui avois adresste dans le courant de frimaire. 18. Februar (30 pluviöse an II): Rodoni schreibt an den Konvent: Citoyens! J'ai eu le bonheur de vous envoyer, par le moyen du Citoyen Soulavie, Risident ä Genfcve, les deux premieres Parties de mon Dictionnaire Röpublicain et Rdvolutionnaire. La premiere contient les mots qui se prononcent de meme; mais qui s'&rivent trts diffiremment. La seconde contient les mots qui s'öcrivent et qui se prononcent de meme, mais qui ont des significations bien diffirentes. Vous avez eu la bontö de les agr6er d'une maniere fort honorable pour moi. Voici done la troisiöme Partie qui contient les mots qui paroissent d'abord synonymes et que les jeunes gens peuvent facilement confondre. Je serai heureux, si ma plume et ma vie peuvent contribuer, en quelque maniere, & l'instruction patriotique de la Jeunesse Frangaise. En suivant le conseil du brave Sansculotte Soulavie, j'ai extrait de cette troisi&me partie une anecdote intöressante, dont j'ai έΐέ moi-meme l'heureux tömoin. La voici, Citoyens! Livre blanc, ou Livre en blanc. Un bon pere a un enfant ag6 de huit ans, et qui promet beaucoup. Un jour, il lui prisenta un livre blanc, sur le carton duquel il avoit 6crit ces mots: Vie de mon fils. L'enfant l'ouvrit pröeipitamment, le parcourut d'un ceil avide, et les larmes lui vinrent aux yeux, quand il vit que toutes les feuilles itoient blanches. Ah! Papa! s'icria-t-il; tu te moques de moi, je n'y trouve rien d'&rit - Mon eher enfant! tu es assez jeune; mais d6peche-toi de faire des actions dignes d'un
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AP (1969, 81:688).
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bon citoyen, et je les y öcrirai - Eh bien, Papa! prens ma petite bourse; donne le peu qu'il y a ä l'enfant d'une pauvre veuve, dont le man a versi son sang pour la Patrie - Viens, mon eher, viens dans mes bras. Vive la Ripublique Franipaise! Genfeve; le 30 de Pluvios. L'An Second de la Ripublique Frangaise - Rodoni.
4. März (14 ventöse an II): Deforgues richtet ein Schreiben an den Präsidenten des Konvents, Philippe-Jacques Ruhl (1737-1795): Je te fais passer, Citoyen Präsident, la 3e partie d'un Dictionnaire Revolutionnaire et Republicain de la langue francaise que le Citoyen Rodoni patriote de Geneve adresse a la Convention Nationale. Les deux premieres parties ont έΐέ renvoyöes au Comitö d'Instruction publique.
10. März (20 ventöse an II): Deforgues Schreiben wird verlesen, ebenso Rodonis Brief vom 18. Februar 1794. Aktennotiz des Deputierten Claude-Antoine Rudel du Miral (1719-1807): Renvoye au Comite d'instruction publique. Außerdem: renvoye ά la Section de la Bibliographie 27 Ventöse, Villar (Noel Gabriel Luce Villar, 1748-1826). 3. April: Rodonis 'Fürsprecher' Deforgues wird verhaftet. August/September: Rodoni tritt als Sekretär des revolutionären Zirkels Club des Egaux in Erscheinung.11 Dieser Klub mit Sitz in Pre-l'Eveque (Eaux-Vives) zählt etwa 70 Mitglieder und steht in regem Austausch mit anderen Vereinigungen, wie z.B. dem Club des Montagnards. Seine Mitglieder treffen sich einmal pro Woche, jeweils samstags, in einem Lokal namens Auberge Vichat, um über das politische Tagesgeschehen zu debattieren.12 2. September: Rodoni wird in einer Liste von Ausländern geführt, die aufgrund ihrers Engagements für die Französische Revolution in den Stand eines Citoyen de Geneve erhoben werden sollen: RODONI, Jean, ige S3 ans, maitre de langue, mariö ä une Genevoise, 1 enfant, söjour 15 ans.
Der Text, der diesem Eintrag vorausgeht, lautet: Les Clubs Insurgös ayant arreti d'admettre revolutionnairement, i la qualiti de Citoyens de Geneve, tous les Etrangers qui ont coopörö ä la Rövolution, sous la condition d'exercer une profession utile, et d'etre armis et öquipös; chaque Club, conformöment au mode par eux adopte, ayant du fournir la liste des personnes qui, ά leur connaissance, möritaient cette röcompense pour leurs vertus civiques et morales, ces listes ont ötö recensdes, et le resultat Ιίντέ ä l'impression, pour etre soumis en derniire opdration i la discussion des Clubs.13
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15. September: Rodoni unterschreibt als Sekretär einen Antrag auf Anschaffung von 12 Holzbänken für den Club.14 19 /20. Oktober: Rodonis Förderer Jean-Louis Giraud Soulavie (1752-1813) wird verhaftet. Ende Januar: Rodoni veröffentlicht eine Anekdotensammlung: Anecdotes Curieuses et Republicaines pour instruire la Jeunesse, en l'amusant. In-8, 8pp. Genf (ABC ä Arete). 15. Februar: Rodoni veröffentlicht eine Fortsetzung der ersten Sammlung: Anecdotes Curieuses et Republicaines pour instruire la Jeunesse, en l'amusant. In-8, 8pp. Genf (Argent ä Blanchir).
AEG, P. H. 5402. AEG, Mss. 243/20. AEG, Coli. Girod 36/20. AEG, P. H. 5402.
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1806
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Rodoni, seine Frau und seine Tochter werden bei einer Volkszählung registriert. Rodoni wohnt in Eaux-Vives, N°52, maison Petit. Gründung der helvetischen Republik. 25. Februar (7 ventöse de l'an II): Rodonis Frau erhängt sich. Aus der Sterbeurkunde geht hervor, daß sie von Rodoni geschieden lebte. Bis zu ihrem Tod wohnt sie in 6, rue de Rive. 3. Oktober: Rodoni stirbt als maitre de langues in Genf im Alter von 65 Jahren. Seine Adresse lautet zu diesem Zeitpunkt: place du Bourg-de-Four n° 233 (heute n° 18), maison Matthey, Stadtzentrum, Nähe Temple lutherien. Henriette-Emilie Rodoni heiratet Jean-Frederic Jubiz. Rodonis Tochter wird als Ausländerin bei einer Volkszählung erfaßt. Sie arbeitet als Lehrerin und wohnt im Temple lutherien. 6. Dezember: Sie erhält einen Paß und geht mit einem 5jährigen Kind nach Lyon.
4. Zur Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte des Dictionnaire Ripublicain et Rivolutionnaire (DRR)
Die Entstehung des DRR kann anhand der historischen Ereignisse, die Rodoni in seinem Wörterbuch thematisiert und zusätzlich der Absendedaten der drei Schreiben, die jeweils die Übersendung der Manuskripte des 1., 2. und 3. Teils begleiten (5. Dezember 1793, 10. Januar 1794 und 18. Februar, s. Chronik), annähernd bestimmt werden: Unter dem Eintrag An (1) bzw. Mois s.v. Moi (1) beschreibt Rodoni die neue Aufteilung eines Jahres in 12 Monate ä 30 Tage und verweist auf den nouveau Calendrier, den Revolutionskalender also, der am 5. Oktober 1793 institutionalisiert wird. Für den Abschluß des 1. Teils können wir demnach Herbst 1793 als Terminus post quem ansetzen. Das aktuellste Ereignis, das im 2. Teil erwähnt wird, ist die Rückeroberung Toulons (s.v. 2, Mener une citoyenne) vom 19. Dezember 1793, so daß die Fertigstellung des 2. Teils zwischen dieses Datum und den 10. Januar fallen dürfte. Der 3. Teil schließlich wird vor dem 18. Februar 1794 abgeschlossen. Die Entstehungszeit des DRR ist keineswegs ungewöhnlich, denn die Jahre 1793 und 1794 bilden den Höhepunkt der Diskussionen um eine reformierte, revolutionär geprägte Pädagogik, die an die Stelle deijenigen des Ancien Regime treten soll. Diese Periode weist das höchste Aufkommen an pädagogischen Schriften zwischen 1789 und 1799 auf (rund 41%).1 Sie bündeln die heftig geführten Debatten und stellen neue Lehrmethoden und -inhalte bereit. Thematisch gesehen überwiegen dabei die Texte zu republikanischer Moral und französischer Sprache.2 Rodonis Wörterbuch bewegt sich genau zwischen diesen beiden Bereichen. Die Textsorte, die er für seine Zwecke wählt, fällt jedoch deutlich aus dem üblichen Rahmen. Von den bei Harten verzeichneten 1346 pädagogischen Schriften der Revolutionszeit lassen sich neben Rodonis DRR3 lediglich acht weitere Wörterbücher nachweisen, unter denen das 2., 3., 4., 5. und 8. Sprachwörterbücher zu sein scheinen. Es handelt sich im einzelnen um: 1. Anonym (1796): Petit dictionnaire historique, pour servir ä Instruction de la jeunesse. Paris. (Harten 1989, Nr. 91: 36) 2. Chemin-Dupontes, J.-B. (1794): Alphabet republicain, suivi de conversations simples et ä la portee des enfants. Paris. (Harten 1989, Nr. 359: 60) 3. Jauffret, Louis-Franfois (1799): Dictionnaire etymologique de la langue franpaise, ä l'usage de la jeunesse. 2 vol. Paris, (ebd., Nr. 779: 97) 4. Lairas (de) (1789): Grammaire ou Dictionnaire, ou Methode philosophique qui concilie l'orthographe avec la prononciation pour apprendre ä parier avec purete le fran^ais. Paris, (ebd., Nr. 830: 102)
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Vgl. Harten (1989a: 11). Vgl. Harten (ebd.: lOf. u. 1641). Rodoni wird mit einem zweibändigen Werk an 1177. Stelle genannt, Harten (ebd.: 133).
16 5. Le Roy, Charles (1792): Traite de l'orthographie franfaise, en forme de dictionnaire. Poitiers, (ebd., Nr. 884: 106) 6. Macquart, L.-C.-H.(1799): Dictionnaire de la conservation de l'homme ou d'hygiene et d'education physique et morale. Ouvrage elementaire et ä la portee de tous les citoyens. 2 vol. Paris, (ebd., Nr. 942: 112) 7. Monnaye (1793): Dictionnaire complet de mythologie. O.O. (ebd., Nr. 1036: 120) 8. Wouves, P.-R. de (1791): Vocabulaire fra^ais. 0 . 0 . (ebd, Nr. 1346: 148) Obwohl das 18. Jahrhundert als ein siecle des dictionnaires gilt, scheint offenbar das Sprachwörterbuch für die pädagogisch-moralische Unterweisung und Umerziehung der Kinder und Jugendlichen am Ende des 18. Jahrhunderts noch nicht entdeckt zu sein. Im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte des DRR muß ein Wettbewerb erwähnt werden, den der Konvent zur Erstellung von Elementarwörterbüchern im Jahre II ausschreiben läßt. Dazu die wichtigsten Daten in Stichpunkten:4 13. Juni 1793:
Der Nationalkonvent stimmt über ein Dekret zur Eröffnung eines Wettbewerbs für die Erstellung von Elementarbüchern ab. 22. Januar 1794: Gregoire legt einen Rapport zur Eröffnung des Wettbewerbs vor. 28. Januar 1794: Ein entsprechendes Gesetz wird erlassen. 19. Juni 1794: Der Wettbewerb wird bis zu diesem Zeitpunkt offiziell ausgeschrieben. 6. Juli 1794: Eine Jury zur Begutachtung der Eingänge wird bestimmt. 21. Dezember 1794: Die Ausschreibungsfrist wird bis zu diesem Zeitpunkt verlängert. August/September 1795: Eine weitere Verlängerung bis zu diesem Zeitpunkt wird vorgenommen. Oktober/November 1795: Die Ergebnisse werden im Conseil des Cinq-Cents vorgestellt. März/April 1796: Ein Gesetz über die Prämierung wird erlassen. Wir wissen nicht, ob Rodoni Kenntnis von diesem Wettbewerb hatte. Er könnte ihn aber, wenn nicht veranlaßt, so doch wenigstens darin bestärkt haben, sein Wörterbuch den zuständigen Institutionen vorzulegen. Rodoni schickt sein Wörterbuch nicht direkt an den französischen Nationalkonvent. Als Vermittler zwischen Genf und Paris füngiert der ehemalige Priester Jean-Loüis Giraud Soulavie (1752-1813), von Juli 1793 bis September 1794 Resident Frankreichs in Genf.5 Soulavie, auf dessen schriftstellerisches Talent Goethe später große Stücke hält,6 ist während der Französischen Revolution vom ehemaligen Generalvikar zum französischen Gesandten aufgestiegen. Weil er sich offen für einen Anschluß Genfs7 an Frankreich ausspricht, ist er immer wieder 4 5
6 7
Ausführlich zu diesem Wettbewerb und zur Pädagogik des revolutionären Frankreich Harten (1989a, 1990). An Soulavie, den er als brave Sansculotte Soulavie bezeichnet (vgl. Brief vom 18. Februar 1794), dürfte Rodoni gedacht haben, als er das Syntagma s.v. Resident (1) verfaßte Vgl. Würffei (1986). Rodoni gehört vermutlich auch eher zu denen, die eine Annexion begrüßt hätten. Die Anekdote s.v. Bioquer (2) weist deutlich in diese Richtung sowie die zahlreichen über das gesamte Wöiteibuch verstreuten Aussagen zum Universalismus der Französischen Revolution.
17 heiligster Kritik von Seiten der Genfer als auch Frankreichs ausgesetzt.8 Welch geringe Meinung man in der Hauptstadt von ihm hat, belegt eine Äußerung Georg Forsters. Am 10. Juni 1793 urteilt er über seinen Diplomaten-Kollegen Soulavie, dieser sei „einer der schlechtesten und zugleich dümmsten Kerle, die es giebt!"9 Soulavie übersendet das Wörterbuch an seinen Dienstherrn, den Außenminister Deforgues, der das Werk an den Präsidenten des Nationalkonvents bzw. an das Comite ^Instruction Publique weiterleitet (s. die Briefe vom 17. Dezember 1793, 20. Januar 1794 und 4. März 1794 in der Chronik).10 Rodonis Wörterbuch stößt auf Resonanz. In der Sitzung vom 19. Dezember 1793 beschließt der Konvent für den 1. Teil des DRR eine mention honorable und insertion au bulletin.11 Diese Ehrung kommt jedem zu, der sich um das Vaterland verdient gemacht hat. Unter dem Eintrag Mdriter de la Patrie heißt es in einem zeitgenössischen Wörterbuch: Quoique cette phrase ne fut pas inconnue du tems du Rögime Royal, eile merite d'etre remarqude ici, parce qu'elle est divenue la grande formule de recompenser les Citoyens patriotiques de leur vertus et actions civiques [...] en leur donnant une ceitaine publiciti par l'insertion dans le Bulletin [...].12
Die Ehrung dürfte Rodoni zusätzlich motiviert haben, den zweiten und dritten Teil des Wörterbuchs fertigzustellen. Aus dem 2. Brief vom 18. Februar 1794 geht hervor, daß der 2. Teil offenbar ebenso wohlwollend wie der 1. Teil aufgenommen wird. Über die Aufnahme des 3. Teils indes fehlt uns bislang jeder Hinweis. Da Rodoni sein Wörterbuch bereits vor der offiziellen Ausschreibung des Wettbewerbs eingereicht und eine Ehrung erhalten hatte, mit der später ein Teil der prämierten Werke bedacht werden sollte,13 könnte es sein, daß er deshalb nicht mehr unter die für den Wettbewerb vorgesehenen Schriften aufgenommen wurde.14 Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum der DRR nicht bereits 1794 gedruckt wurde. Lag es an der für pädagogische Schriften ungewöhnlichen Textsorte eines Wörterbuchs, ja mehr noch an dem außergewöhnlichen Wörterbuchtyp, einem Homonymenwörterbuch in Gestalt eines Orthographiewörterbuchs? Oder galt Rodonis Text nach dem Thermidorsturz am 27. Juli 1794 als politisch inopportun, als ideologisch anstößig? Ein denkbarer äußerer Grund könnte zudem die Tatsache gewesen sein, daß der Entstehungsort des DRR im Ausland lag, in Genf.15 Die zentralistische und zunehmend xenophobe Politik16 der Revolutionsregierung des Jahres II könnte einer möglichen Veröffentlichung des DRR entgegengewirkt haben.
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11 12 13 14 13
16
Chapuisat (1936); Guichonnet (1975); Guilland (1913). Zu den schweizerisch-französischen Beziehungen während der Revolutionszeit Rufer (1974); Czouz-Tornare (1990); zur schweizer Historiographie der Französischen Revolution Czouz-Tomare/Maradan (1992). Förster (1989:17, 366). Eingehende Recherchen in den Archives Nationales und den Archives Diplomatiques in Paris lassen die Vermutung zu, daß der Briefwechsel zwischen Rodoni und Soulavie bzw. zwischen Soulavie und Deforgues nicht mehr erhalten ist. AP (1969: 81,688). Snetlage (1795:142). Vgl. Harten (1989a: 167-169). Vgl. Harten (1990:124-126). Die meisten pädagogischen Revolutionsschriften wurden in Frankreich gedruckt, vgl. Harten (1989a: 157159). Vgl. Wahnich (1988,1995).
18
Die Manuskripte der ersten beiden Teile des DRR befinden sich heute in den Archives Nationales in Paris. In dem 1892 erschienen Catalogue des Manuscrits conserves aux Archives Nationales ist neben den ersten beiden Teilen auch der 3. Teil bibliographisch erfaßt: 297 (F 17 , 1008, n° 1488). "Dictionnaire republicain et revolutionnaire de l'orthographe franfaise, premiere partie", par le citoyen Rodoni, Genevois. An II. Papier. 68 feuillets. 222 sur 180 millim. Cartonne. 300 (F 17 , 1008 bis, n° 1585). "Dictionnaire republicain, etc., seconde partie." - Voir n° 305 (F 17 , 1009, n°2164). An II. Papier. 69 feuillets. 315 sur 200 millim. Cartonne. 305 (F 17 , 1009, n° 2164). "Dictionnaire republicain, troisieme partie." - Voir n° 300 (F 17 1008 bis, n° 1585). An II. Papier. 72 feuillets. 210 sur 172 millim. Cartonne. 17 Was den Verbleib des 3. Teils angeht, so erhielten wir am 27. Juni 1995 von der Direktion der Archives Nationales folgende Auskunft: Ce troisieme tome du Dictionnaire ripublicain et revolutionnaire de l'orthographe franfaise, par le citoyen Rodoni, Genevois, d6signö sous la cote F/17/1009/B, η" 2164, par le Catalogue des Manuscrits conse^s aux Archives nationales (1892), n'est plus signal dfcs 1897 probablement, et en tout cas 1912. En effet, la lecture de l'inventaire analytique des cotes F/17/1001 ä 1480 qu'a dressi l'archiviste Paul Marichal, Γένέΐε sous les cotes : - F/17/1488/C, n° 1488, la transmission de la premiöre partie du Dictionnaire : 3 piöces. Ces 3 pi6ces sont, encore aujourd'hui, le volume lui-meme, cartonnö, et deux pieces de correspondance, reliöes έ meme la couverture du volume; - F/17/1009/B, n° 2164, l'envoi de la troisiime partie : 3 pitees. Ces 3 pi£ces sont les trois pieces de correspondance que le lecteur a pu consulter, reliöes en plaquette avec d'autres dossiers ; le volume luimeme n'est en consiquence, et la rfdaction de cet inventaire, pas sign aid comme present. La consultation des rapports mensuels de Paul Marichal (AB/X, carton IB 7) nous apprend que ce dernier a r6dig6 cette partie de son inventaire (F/17 1 έ 1010/A) dans „les six derniers mois de 1919", ridaction döfinitive concluant l'inventaire analytique commence en 1912, et la partie qui nous intöresse prdcisiment ici en mars-avril 1912 : „F/17a, 13 ripertoires et 25 cartons (F/17 1001-1008)". Ces memes cartons avaient cependant döjä ötö 6tudi6s une premiere fois par Marichal lui-meme d£s 1896 (rapport de ddcembre 1896 : ,,Vu F/17a 1000/1 k 1013 (31 cartons)", donnant lieu ä la rödaction de „593 bulletins analytiques". On peut penser que la disparition, entre 1897 et 1912, de ce troisi6me volume aurait 6tö relevde par Marichal; or, il n'en est rien. Son diclassement sous une autre cote en F/17 meme aurait encore έΐέ relev6 par Marichal, ce qui n'est pas le cas : son fichier nominatif pour F/17/1001 ä 1480 ainsi que sa „Table des grands articles" ne signalent pour Rodoni ou son Dictionnaire que les r^firences döjä connues. J'ai consult^, ä tout hasard, mais en vain, les 5 cartons de D XXXVIII, Comitö d'instruction publique. Aucun document ne fait itat de la remise de ce volume (et pourquoi alors lui seul ?) ä d'autres archives ou en biblioth£que. J'ai encore consultö, mais en vain, les itats de deficit dressis par d'anciens archivistes pour la sous-sirie F/17 (AB/X, carton IXB, d. 7). Je me suis enfin assuri de l'absence de ce volume ä la Biblioth^que des archives, dans les röserves du Musde de l'Histoire de France, comme dans la sous-sörie AB/XIX, „Papiers d'6rudits", qui, on le sait, recueille parfois des documents retrouves dans le bureau d'anciens archivistes... L'absence de tout document priparatoire ä la r6daction du Catalogue des Manuscrits (le mince dossier qu'on trouve en AB/XVII/5 ne contient que la correspondance avec rimprimeur relative ä des errata) ne permet malheureusement pas de juger si c'est le Catalogue lui-meme qui est fautif. En conclusion, cette recherche döcevante permet de fixer ä 1912, ou meme 1897, la constatation de ddficit du troisiäme volume du Dictionnaire de Rodoni.
17
Catalogue des Manuscrits (1892: 39f ).
5.
Zu Rodonis Quellen
5.1
Vorbemerkung
Die Feststellung, daß Lexikographen bei der Abfassung ihrer Wörterbücher auf andere Wörterbücher rekurrieren, ist mittlerweile zu einem Allgemeinplatz der Metalexikographie geworden. Um so erstaunlicher ist die Tatsache, daß diese Einsicht für die Interpretation von Revolutionswörterbüchern bislang kaum genutzt wird.1 Dieses Versäumnis hängt möglicherweise mit der Annahme zusammen, daß Revolutionswörterbücher besonders innovativ seien, verzeichnen sie doch in der Regel die mit der Französischen Revolution entstandenen Neologismen, die naturgemäß in keinem vorrevolutionären Wörterbuch enthalten sein können. Tatsächlich bewegen sich aber alle Lexikographen in lexikographischen Traditionen und beziehen sich implizit oder explizit, inhaltlich oder formal mehr oder weniger auf Vorgänger. So verweist z.B. der Göttinger Französischlehrer Leonard Snetlage auf mehrere Wörterbücher als Quelle für Definitionen seines eigenen Nouveau Dictionnaire2. Darunter befinden sich sowohl vorrevolutionäre als auch während der Französischen Revolution erschienene Wörterbücher.3 Der Vergleich mit der Vorlage, insbesondere mit einem vorrevolutionärem Wörterbuch ist deshalb so bedeutsam, weil er Aufschluß darüber geben kann, in welchem Maße und durch welche Verfahren ein Revolutionsiexikograph traditionelle lexikographische Methoden und Diskurse übernimmt oder modifiziert, um die neue revolutionär geprägte Sprache und die gesellschaftliche Realität zu beschreiben.
5.2 Der Dictionnaire de Γ Academie Fran9aise (DAF) während der Französischen Revolution Solange das Ancien Regime Bestand hat, gilt der DAF trotz verschiedener Konkurrenzunternehmen und Kritik aus den unterschiedlichsten Lagern4 als wichtigste Autorität auf dem Gebiet der französischen Lexikographie. Er stellt die Hauptbezugsquelle für Lexikographen dar.5 Mit der Französischen Revolution gerät diese Autorität ins Wanken. Zu sehr ist der DAF mit der gestürzten Herrschaft assoziiert. Die Auflösung der Academie Fran9aise am 8. August 1793 verlangt daher eine Entscheidung über die Zukunft des DAF. Die Meinungen dazu reichen von völliger Ablehnung bis hin zu moderateren Positionen, die das Wörterbuch einer grundlegenden Reform unterziehen wollen.6 Letztere setzen sich durch. Nachdem der Direktor der Academie Franpaise, Andre Morellet, dem Comite d'Instruction Publique das umfänglich 1
2 3 4 5 6
Nach wie vor ist es ein dringendes Desiderat, die für diesen Wörterbuchtyp in Frage kommenden lexikographischen Quellen aufzuspüren und intertextuell auszuwerten. Erste Ansätze dazu in Broch (1991, 1992); Pabst (1995). Pabst wird in ihrer Dissertation ausführlich auf Fragen der Intertextualität innerhalb der Lexikographie eingehen. S. den ausführlichen Titel in der Bibliographie. Ausführlich zu diesem Lexikographen und seinem Wörterbuch Pabst (1998). Popelar (1976). S. dazu ausführlich Quemada (1967). Zur Reform des DAF Brunot (1943); Branca-Rosoff (1986); Baum (1989).
20 annotierte Wörterbuchexemplar von 1762 ausgehändigt hat, beginnen die Arbeiten zu einer Neuauflage des Wörterbuchs. 1798 erscheint schließlich die 5. Auflage des DAF. Pierre-JeanGeorges Cabanis, einer der fuhrenden Ideologen, und Pierre-Louis Lefebvre-Laroche, die Verfasser des Supplement, contenant les mots nouveaux en usage depuis la Revolution, tragen auf 12 Seiten 418 während der Französischen Revolution aufgekommene Begriffe und Bedeutungsveränderungen zusammen.7 Trotz dieses Anhangs und Veränderungen innerhalb der Mikrostruktur des DAF bleibt das Wörterbuch umstritten, denn es unterscheidet sich insgesamt gesehen nur unwesentlich von der 4. Auflage von 1762.8 Ein Rezensent der Zeitschrift Decade schreibt dazu: N'est-il pas ötonnant que dans un Dictionnaire de la langue frangaise, imprimö en l'an VII de la Röpublique, et en vertu d'une autorisation speciale du Corps llgislatif, tout se trouve encore calqui sur l'ancien-rigime, et que personne n'ait röclamö jusqu'ici contre ce monument posthume de royalisme. (...) Vous y verrez ddfinis les Ordres du Roi, les Ordres de St Michel, de St Louis, du St Esprit et vous n'y verrez pas d6fini l'Ordre du jour. 9
Der Anspruch qu'ilfallait en öter tout ce qui etait contraire ä l'esprit republican0 bar von den mit der Reform des DAF betrauten Autoren11 nicht eingelöst worden.
war offen-
5.3 Der DAF von 1762 - Rodonis Hauptquelle Eine teilweise regeweratfow12 des DAF unternimmt Rodoni mit seinem DRR bereits fünf Jahre früher, freilich ohne an irgendeiner Stelle explizit darauf hinzuweisen. Wir können mit Gewißheit davon ausgehen, daß Rodoni der DAF als Vorlage und lexikographische Hauptquelle für seinen DRR gedient hat. Vergleiche zwischen den ersten vier Auflagen des DAF von 1694, 1718, 1740 und 1762 und dem DRR legen den Schluß nahe, daß sich Rodoni bis auf wenige Ausnahmen13 auf die 4. Auflage des DAF gestützt hat. Da diese jedoch Ausgangspunkt für eine Fülle von Nachdrucken zwischen 1765 und den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts ist14, muß einstweilen offen bleiben, ob Rodoni das Original oder einen Nachdruck des DAF verwendet hat. Während andere Verfasser von Revolutionswörterbüchern ihre Texte ausdrücklich als Ergänzungen zum DAF verstehen und sich damit in erster Linie auf eine Erweiterung der Makrostruktur beziehen - Snetlage nennt sein Wörterbuch im Untertitel Ouvrage additionnel au Dictionnaire de l'Academie Franqaise - geht es Rodoni vielmehr um eine regeneration der Mikrostruktur, die ganz im Sinne Domergues umfassen soll: definitions [...] dignes de la liberie15 sowie exemples republicainsi6. 7 8
9 10 11 12 13 14 15 16
Nachdruck des Anhangs, in: Les Mots de la Rövolution (1987: 13-49). Zu diesem Ergebnis kommt auch Antoine (1988), der die 4., 5. und 6. Auflage des DAF anhand ausgewählter Einträge des sozio-politischen Bereichs verglichen hat. S. auch Rey (1989:160). Weniger rigoros urteilt Villani (1991). Zit. nach Branca-Rosoff (1986:295). Morellet (1821), zit. nach Busse/Dougnac (1992:86). Zu den Autoren Baum (1989). Domergue (1791:2). So stimmen etwa die ersten beiden Definitionen s.v. grisette (2) mit denen aus der 3. Auflage überein. Höfler (1983:54). Domergue (1795:427). Domergue (1794a: 1).
21
Um anzudeuten, in welche Richtung sich Rodoni mit seinem Wörterbuch bewegt, zitieren wir den grammairien-patriote Domergue, der 1794, also etwa zeitgleich mit Rodonis DRR, schreibt: [E]rreurs politiques , danger ä chaque page, ä chaque mot, tels sont tous nos lexiques depuis le riche portatif, jusqu'au grand dictionnaire des quarante immortels, dont l'heureuse mort a άέΐίντέ la langue des chaines oü eile languissoit esclave, pauvre, sans honneur et sans courage. Faisons un dictionnaire röpublicain, avou6 par la raison, par le gout, par la saine politique, ού [...] l'ceil du fran^ais ne soit plus blessö en lisant ces definitions academiques: le roi est le souverain, le citoyen est l'habitant d'une ville, marquis, baron, comte, due, prince, sont des termes de dignitös. Un roi, est un usurpateur, un tyran, l'oppresseur de la libertö publique: un citoyen est un membre de la citi du corps social, du souverain. Marquis, baron, comte, due, prince, sont des expressions jadis inventöes par l'orgueil, βάορίέεε par la bassesse, maintenant effaeees par le niveau de l'dgalitö, et röliguees sur la scene, pour devenir un objet de derision.17
Worin nun die von Rodoni vorgenommene Reformierung und Umstrukturierung des DAF im einzelnen besteht, werden wir in den folgenden Kapiteln versuchen genauer darzulegen.18
5.4 Zu weiteren Quellen des DRR19 Rodoni nennt in seinem Wörterbuch mehrfach Texte, die er vermutlich auch als Quellen für die inhaltliche Gestaltung seines DRR benutzt hat. Es handelt sich dabei vorwiegend um Zeitschriften wie die Gazette allemande, den Courrier du Bas-Rhin, den Ρere Duchene und ganz besonders die Gazette de Berne, die auch als Gazette menteuse bezeichnet wird.20 Ohne nähere Angaben verweist Rodoni desweiteren auf eine Gazette etrangere, einen (vieux) journal und eine Feuille d'avis. Darüber hinaus zitiert er aus Briefen (z.B. s.v. 1, Bout, Dais) und einem Lied (s.v. 1, Etaim). Auf das Lied ςα ira und die Carmagnole wird mehrfach angespielt. Rodoni verwendet sogar eine Bildunterschrift (s.v. 1, Abaisse) sowie den Text einer Skulptur (s.v. 1, Gemi). Die Beispiele des DRR werden von der Textsorte Anekdote dominiert. Als unmittelbare Quelle steht Rodoni hier zunächst seine eigene 'Novellensammlung' von 1782 zur Verfugung. Zahlreiche Parallelen sind zwischen DRR und Trenta novelle auszumachen.21 Sie betreffen sowohl die Rahmenhandlungen und Personen (z.B. Vater-Sohn, Lehrer-Schüler, Mann-Frau, PatientArzt, Ausländer, Engländer, Priester etc.) als auch inhaltliche Aspekte (s. dazu Chronik und 9.4). Von unbestreitbarem Einfluß auf Wortspiel und Witz war die Tradition der Commedia dell'arte, deren Figuren ebenso in den Trenta novelle (Polichinelle in der 12. Novelle) als auch im Wörterbuch auftreten (s.v. 1, Cene, Lazzi). Weitere Anregungen gingen unverkennbar von der italienischen (Goldoni s.v. 1, Langue, Maree) und französischen Komödie (Moliere s.v. 1,
17 18
19
20 21
Domergue (1794b:3). Vgl. auch Frey (1925:13f ). Es bleibt einer eigenen Untersuchung von Ilona Pabst vorbehalten, die Rezeption des DAF durch Rodoni in allen Einzelheiten zu beschreiben. Dieser Überblick erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern will vielmehr eine Annäherung an mögliche Quellen Rodonis sein. S.Register. Es wäre sicher lohnend, den DRR und die Trenta novelle einer intertextuellen Auswertung zu unterziehen. Dies kann freilich in unserem Rahmen nicht geleistet werden.
22
Langue) aus. Außerdem dürfte in diesem Zusammenhang auch die Revolutionskarikatur, die vor allem zu Beginn der Französischen Revolution eine so herausragende Rolle spielt, nicht ohne Einfluß auf Rodoni gewesen sein (s.v. 1, Abaisse), arbeitet sie doch häufig mit der Kombination aus Bild und sprachlicher Pointe. 22 Der manifeste Antiklerikalismus des DRR speist sich aus persönlichen Erfahrungen (s. Chronik und 9.4), zusätzlich gestützt und gestärkt durch die Aufklärungsphilosphie (z.B. Voltaire s.v. 2, Pierre) und die Entchristianisierungskampagne des Jahres II. Auffällig oft verwendet Rodoni die erste Person Singular bzw. Plural in seinen Wörterbuchartikeln. Zusammen mit den persönlichen Stellungnahmen entsteht auf diese Weise das Bild eines emphatischen Anhängers der Französischen Revolution. In seinem Brief vom 18. Februar 1794 (s. Chronik) schreibt Rodoni, er sei Augenzeuge eines in einer Anekdote verarbeiteten Ereignisses geworden. Es ist also durchaus denkbar, daß Rodonis Anekdoten u.a. auf persönliche Erfahrungen im Alltag als Italiener, Sprachlehrer, Vater, Ehemann und Mitglied eines revolutionären Clubs zurückgehen.
22
Schmitt (1991).
6.
Zur Makrostruktur
6.1 Zu Rodonis Absichten und Zielen Rodoni stellt seinem Wörterbuch keine Einleitung o.ä. voran. Um zu einer ersten Einschätzung seiner Intentionen zu gelangen, sind wir daher zunächst auf die bereits erwähnten Begleitschreiben angewiesen. In seinem 1. Brief vom 17. Dezember 1793 übergibt Rodoni sein Wörterbuch ausdrücklich der französischen Nation. Diesen pauschalen Adressaten spezifiziert er im weiteren insofern, als er sich direkt an die französische Jugend wendet. Rodoni versteht und verwendet die Form des Sprachwörterbuchs gleichsam als geeignetes Mittel für die Umsetzung pädagogischer und politischer Ziele. Die rein sprachliche Seite seines Wörterbuchs stellt er als sekundär dar im Verhältnis zu der zu vermittelnden revolutionären Botschaft1, auf die es besonders in den Beispielen und Anekdoten ankomme. Nach der Ehrung des 1. Teils schreibt Rodoni mit zeitüblichem Pathos in seinem 2. Brief vom 10. Januar 1794, er habe geschworen, seine Feder und sein Leben der französischen Republik zu widmen. Im 2. und 3. Schreiben vom 18. Februar 1794 unterstreicht er nachdrücklich seine Hoffnung, einen Beitrag zur patriotischen Erziehung der französischen Jugend leisten zu können. Der Anspruch, die Vertreter des Ancien Regime an den Pranger zu stellen und demgegenüber die Vorstellung einer besseren, lebenswerten Welt, der neuen revolutionären französischen Gesellschaft, zu entwerfen, finden wir in zahlreichen Texten der Revolutionszeit wieder. Insbesondere die Revolutionskatechismen, die einen Schwerpunkt unter den revolutionären Schriften bilden, machen sich diesen Dualismus zu eigen. Wir zitieren im folgenden zum Vergleich das Vorwort zu Parents2 Catechisme frangais republicain, enrichi de la Diclaration des Droits de l'Homme et des maximes de morale republicaine, propres ä l'education des enfants de l'un et l'autre sexe aus dem Jahre 1794, weil es dem Anliegen Rodonis sehr nahe kommt. En parcourant les annales du monde, on serait tentö de croire que l'homme n'a έΐέ placö sur la terre que pour y devenir la proie du mensonge et de l'imposture. Partout les pretres lui ont prechö une doctrine absurde, extravagante, meurtrifcre: et si les lumiöres de la philosophie ne fussent venus dissiper les öpaisses tön&res, dont depuis des milliers de si&les, la superstition a couvert le globe, nous livrerions encore nos biens aux ministres des cultes, soit par crainte des peines de l'enfer, soit par celle de la metempsychose. Ces reveries sont enfin dissipöes, et le röpublicain, qui ne prodigue son encens qu'au Dieu de la Liberti, ne fl&hit pas le genou devant les idoles du vice et de l'hypocrisie: le g6nie de la Libertö öclaire l'esprit autant qu'il έΐένβ l'äme et forme le coeur. Ce changement subit, qui s'est fait dans nos maximes politiques, exige une nouvelle iducation. II est temps qu'on apprenne aux enfants ce qu'ils ont ä faire en ce monde, apiis avoir employö plusieurs si£cles ä les instniire de chimöres de l'autre. Tel est le but de ce petit Catdchisme; et s'il est eloigne d'atteindre au but qu'un homme libre doit se proposer, il est au moins plus raisonnable que celui que nos curös de village mettaiennt autrefois sous les yeux de nos enfants.3
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2 3
Als Hauptziel der Trenta novelle beschreibt Rodoni die Vermittlung der 'wahren' Botschaft des Evangeliums (s. Chronik). Osias Parent gehörte zu den erfolgreichsten Autoren des Jahres II. Vgl. Harten (1990:193). Zit. nach Durruty (1991:16).
24
6.2 Zu den Titeln des DRR Der Titel des 1. Teils lautet: Dictionnaire /Republicain & Revolutionnaire /de l'Orthographe Franqaise. /Premiere Partie /. Der 2. Teil ist überschrieben mit: Dictionnaire /Republicain et Revolutionnaire. / Seconde Partie. /Mots qui s'ecrivent et qui se prononcent de meme; / mais qui ont des significations bien differentes /. Für den 3. Teil beziehen wir uns auf die bibliographische Angabe des Catalogue des Manuscrits, der festhält: Dictionnaire Republicain, troisiemepartie. An II.4 Die politische Ausrichtung des als Sprachwörterbuch angelegten Wörterbuchs läßt sich in allen drei Obertiteln nachweisen. Die Art des Sprachwörterbuchs wird durch das Ende des Obertitels bzw. den Untertitel spezifiziert. Der Brief vom 5. Dezember 1793 belegt, daß der vermutlich ursprünglich für den 1. Teil vorgesehene Untertitel den Inhalt des Wörterbuchs differenziert beschreibt und ein Homophonenbzw. Paronymenwörterbuch im heutigen Verständnis erwarten läßt: mots qui se prononcent de meme ou presque de meme; mais qui s'ecrivent diffiremment, selon leurs diverses significations. Nachdem er den 1. Teil vorgelegt hat, versieht Rodoni dessen Inhalt erneut mit der usprünglichen Überschrift, streicht aber jetzt die Teile presque de meme und selon leurs diverses significations, (s. Brief vom 18. Februar 1794). Der endgültige Titel schließlich spart den phonetischen und semantischen Aspekt völlig aus und stellt allein die Orthographie ins Zentrum, so daß der Benutzer ein Orthographiewörterbuch vermuten kann.5 Den Untertitel des 2. Teils bewahrt Rodoni in allen Erwähnungen (s. die Briefe vom 5. Dezember 1793 und vom 18. Februar 1794). Die dreifache Perspektive Phonie, Graphie und Bedeutung ist auf einer Ebene angesiedelt und läßt auf ein Polysemen- bzw. Homonymenwörterbuch im modernen Sinne schließen. Der 3. Teil sollte urprünglich toutes les questions que Γοη peut faire sur la Langue Franqaise, et les reponses enthalten (s. Brief vom 5. Dezember 1793). Dieses höchst anspruchsvolle Vorhaben nimmt Rodoni jedoch etwas zurück und beschränkt sich schließlich darauf, vermeintliche Synonyme zu behandeln. In seinem Brief vom 18. Februar 1794 schreibt er: Voici done la troisifeme Partie qui contient les mots qui paroissent d'abord synonymes et que les jeunes gens peuvent facilement confondre.
6.3 Typologische Zuordnung des DRR aus der Perspektive des 18. Jahrhunderts Die Encyclopedie von Diderot und d'Alembert enthält einen Artikel, auf dessen Grundlage die ersten beiden Teile des DRR im Rahmen ihrer Entstehungszeit terminologisch und typologisch genauer zugeordnet werden können. S.v. Homonyme schreibt Beauzee6:
4 5 6
Catalogue des Manuscrits (1892:40). Zu diesem Wörterbuchtyp Nerius (1990). Der Artikel ist mit B.E.R.M. versehen und bedeutet aufgelöst Beauzie, Ecole Royale Militaire. Vgl. Christmann (1971:176). Beauzee übernimmt den Encyclopedie-Artikel wortgetreu und unverändert fur seine Encyclopidie mithodique (1784: 2, 256f.). Weil dieser Text in der Metalexikographie bislang kaum Beachtung gefunden hat, zitieren wir ihn etwas ausfuhrlicher.
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Pappellerois done homonyme univoque tout mot qui, sans aucun changement dans le matöriel, est destine par l'usage i diverses significations propres, & dont par consöquent le sens actuel depend toüjours des circonstances oil il est employö. [...] Tel est [...] en franijois le mot coin, qui signifie one sorte de fruit [...]; un angle [...]; un instrument ä fendre le bois [...]; la matrice ou l'instiument avec quoi Ton marque la monnoie ou les mödailles [...]. Tai dit diverses significations propres, parce que Ton ne doit pas regarder un mot comme homonyme, quoiqu'il signifie une chose dans le sens propre, & une autre dans le sens figurö. Ainsi le mot voix n'est point homonyme, quoiqu'il ait diverses significations dans le sens propre & dans le sens figurö: dans le sens propre, il signifie le son qui sort de la bouche\ dans le figuri, il signifie quelquefois un sentiment interieur, une sorte d'inspiration, comme quand on dit la voix de la conscience, & d'autres fois, un suffrage, un avis, comme quand on dit, qu';7 vaudroit mieux peser les voix que les compter. J'appellerois homonymes iquivoques, des mots qui n'ont entr'eux que des difiürences trts-ldgeres, ou dans la prononciation, ou dans l'orthographe, ou meme dans l'une & dans l'autre, quoiqu'ils aient des significations totalement diffirentes. Par exemple, les mots voler, latrocinari, & voter, volare, ne different entr'eux que par la prononciation; la syllabe vo est longue dans le premier, & breve dans le second; vSler, vOler. Les mots ceint, cinctus', sain, sanus; saint, sanctus; sein, sinus·, SL seing, chirographum, ne different entr'eux que par rorthographe. Enfin les mots täche, pensum, & tacke, macula, different entr'eux, & par la prononciation & par l'orthographe. L'idöe commune ä ces deux especes d'homonymes est done la pluralitö des sens avec de la ressemblance dans le materiel: leurs caracteres sp&ifiques se tirent de cette ressemblance meme. Si eile est totale & identique, les mots homonymes sont alors indiscernables quant ä leur matöriel; e'est un meme & unique mot, una vox; & e'est pour cela que je les distingue des autres par la ddnomi nation d'univoques. Si la ressemblance n'est que partielle & approchie, il n'y a plus unitö dans le matiriel des homonymes, chacun a son mot propre, mais ces mots ont entre eux une relation de parite, aequae voces·, & de-la la dänominiation Equivoques, pour distinguer cette seconde espece. Dans le premier cas, un mot est homonyme absolument, & indöpendamment de toute comparaison avec d'autres mots, parce que e'est identiquement le meme materiel qui disigne des sens difRrens dans le second cas, les mots ne sont homonymes que relativement, parce que les sens difKrens sont designös par des mots qui, malgrö leur ressemblance, ont pourtant entr'eux des differences, lögeres ä la virite, mais reelles. L'usage des homonymes de la premiere espece, exige que dans la suite d'un raisonnement, on attache constamment au meme mot le meme sens qu'on lui a d'abord suppose, parce qu'ä coup sur, ce qui convient ä l'un des sens ne convient pas ä l'autre, par la raison meme de leur difference, & que dans l'une des deux acceptions, on avanceroit une proposition fausse, qui deviendroit peut-etre ensuite la source d'une infinitö d'erreurs. L'usage des homonymes de la seconde espece exige de l'exactitude dans la prononciation & dans l'orthographe, afiii qu'on ne präsente pas par mal-adresse un sens louche ou meme ridicule, en faisant entendre ou voir un mot pour un autre qui en approche.7
Wenn wir die hier getroffene Unterscheidung der zwei Homonymentypen auf Rodonis Wörterbuch übertragen, so behandelt der 1. Teil die sogenannten homonymes equivoques, der 2. Teil die sogenannten homonymes univoques. Rodoni verwendet den Terminus homonyme, wie wir gesehen haben, nicht explizit in den Wörterbuchtiteln. Die Vermeidung des Fachterminus finden wir im allgemeinen immer dann vor, wenn Lexikographen sich den Beschränkungen der Homonymendefinition nicht unterwerfen wollen. So schreibt Lequien 1814 zu seinem Wörterbuch mit dem Titel Vocabulaire de mots franqais et de locutions (homonymes): J'avois d'abord intitulä ce livre, Dictionnaire des homonymes etc., mais voyant que j"y insdrois plusieurs mots qui ne peuvent pas etre considörts comme tels, j'ai supprimi ce titre, et l'ai remplacö par un autre qui, je pense, me laisse la libertd d'y placer beaueoup de mots qui ne sont certainement point homonymes, mais dont l'orthographe est peu connue, et que l'on confond tr£s souvent.8
7 8
Beauzde (1765, 8: 282f.). Zit. nach Quemada (1967:133).
26 Auch Rodoni geht über die Enzyklopädiedefinition der homonymes univoques hinaus, wenn er den sens propre und den sens figure als Unterscheidungskriterium bei der Beschreibung mehrdeutiger Wörter zuläßt (s. 7.3). Auch was die homonymes equivoques betrifft, folgt er nicht uneingeschränkt der Definition. Während diese offenbar in erster Linie lexikalische Homophone einschließt, enthält der 1. Teil des DRR zusätzlich syntagmatische und partielle lexikalische Homophone sowie Phraseologismen (s. 6.4). Diese Ergänzungen sind ein Beweis dafiir, daß Rodoni bereits am Ende des 18. Jahrhunderts einen extensiven Homonymiebegriff favorisiert. Trotz Rodonis Abweichungen von der Encyclopedie halten wir aber an der typologischen Zuordnung fest.
6.3.1 Zur Tradition der Homonymenlisten und -Wörterbücher Homonymes equivoques im Sinne der Encyclopedie tauchen im 17. Jahrhundert als Anhang oder eigenes Kapitel in Abhandlungen zur französischen Orthographie auf.9 D'Argents Traite de l'orthographe franqoise (1666) enthält einen Recueil de cinq cents vingt mots equivoques dont l'orthographe est difficile ά cause de l'egale prononciation™, De Blegnys Schrift L'orthografe franqoise (1667) integriert eine Liste mit Mots qui ayant une mime prononciation, ont une signification et une orthographe differentesn und Lesclaches Traite de l'orthographe (1669) widmet sein letztes 50 Seiten umfassendes Kapitel einer Aufstellung von mots ecrits de diverse moniere, & d'un sens different, qui ont toutefois la meme, ou presque la meme prononciation.12 Die erste Homonymensammlung, die man trotz ihres geringen Umfangs von 44 Seiten als autonomes Wörterbuch betrachten kann, stammt von Le Soyeur (1661) und trägt den Titel: Alphabet contenant les mots qui ont en une mesme prononciation diverse signification. Wie die genannten Listen behandelt das Alphabet offenbar vorzugsweise die homonymes equivoques und integriert darüber hinaus kurze Beispielsätze.13 Das zweite Homonymenwörterbuch mit nunmehr 631 Seiten wird erst über 100 Jahre später, 1775, von Hurtaut unter dem Titel Dictionnaire des mots homonymes de la langue franqoise, c'est-a-dire, dont la prononciation est la meme, & la signification differente veröffentlicht.14 Hurtaut behandelt homonymes equivoques und homonymes univoques in ein und demselben Band. Bei letzteren schließt er - wie Rodoni - auch solche Einträge ein, in denen einem sens propre ein sens figure zugeordnet wird. Im Vordergrund stehen für Hurtaut nunmehr Aussprache und Bedeutung der Einträge:
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S. für das 17. Jahrhundert nach Quemada (1967) auch Biedermann-Pasques (1992). Aus der engen Verknüpfung zwischen homonymes iquivoques und Orthographie wird ersichtlich, weshalb Rodoni den 1. Teil seines DRR als Orthographiewörterbuch bezeichnet. Zit. nach Hausmann (1990a: 1123). Zit. nach Quemada (1967:129). Diese und andere Homonymensammlungen, die wir bis ins 19. Jahrhundert verfolgen können, wurden bislang noch nicht systematisch ausgewertet. Da die Orthographie oftmals mit der Aussprache zusammen behandelt wurde, müßte man bei einer vergleichenden Analyse zudem die Arbeiten zur französischen Aussprache mitberücksichtigen. Das gleiche gilt für die Homonymenlisten innerhalb von Grammatiken. Quemada verweist für das 19. Jahrhundert etwa auf Lhomond (1813), (1967:130). Vgl. Quemada (1967:127 u. 134). Delesalle betrachtet Hurtauts Wörterbuch als das erste Homonymenwörterbuch überhaupt (1986:84).
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On desire depuis longtems un Ouvrage qui rassemble certains mots frangois, dont la prononciation etant la meme, ou presque la mime, different cependant entr'eux par leur signification. Wie Rodoni wendet er sich mit seinem Wörterbuch an die französische Jugend, jedoch nicht ausschließlich: Nous avons cru que ce travail seroit utile έ la Jeunesse Fran;oise des deux sexes, aux Etrangers, & peut-etre meme ä un grand nombre de particuliers qui n'ont point fait d'dtudes. Les premiers s'y formeroient le discernement, & les seconds la prononciation; l'Etranger, outre ce dernier avantage, y saisiroit sur le champ, (sur-tout s'il entend la langue latine), la vraie signification du mot, la force, son έ η β ^ ε , &c. & les derniers, en y apprenant des mots qu'ils ne connoissoient pas, y apprendroient aussi ä les prononcer comme il faut. 15 Zu seiner lexikographischen Methode merkt er an: Or, afin de präsenter cet Ouvrage, dans toutes ses parties, sous le point de vue le plus intelligible & le plus net, nous avons eu grand soin de mettre au moins un exemple fran^ois έ chaque mot. Nous y avons joint la traduction latine, tirie des anciens Auteurs, pour ceux qui savent cette langue; & pour en faire sentir les differences & les nuances intermödiaires, nous y avons souvent ajoutd les manieres de parier proveibiales & les plus ordinaires de la conversation. Enfin nous avons terminö le plus grand nombre des articles par des vers agriables de nos meilleurs PoStes Frangois, tant anciens que modernes, oü le mot dont il est question, se trouve en caract&e diffdrent, avec la syllabe principale chargöe du signe qui marque la dur6e de sa prononciation. Par-lä nous avons essayö d'öter la s&heresse qui rend ordinairement les Dictionnaires ennuyeux.16 Rodonis D R R wird im Jahre 1793/94 verfaßt und ist demnach das dritte Homonymenwörterbuch in der französischen Lexikographiegeschichte überhaupt. Unmittelbar im Anschluß an Rodoni legt Philipon-la-Madelaine 1798 bzw. 1802 1 7 le premier dictionnaire fonde sur des criteres raisonnes18 vor. Sein Titel lautet: Des homonymes frangois, ou mots qui dans notre langue, se ressemblent par le son et different par le sens. Ouvrage necessaire ά tous ceux qui desirent d'ecrire et de parier correctement le frangais. Philipon-la-Madelaine richtet sein Wörterbuch an les femmes, les etrangers, les jeunes gens.19 E s soll vor allem ein Hilfsmittel bei der Abfassung von Texten sein, die Orthographie rückt also wieder in den Vordergrund. Dies erklärt, warum Philpon-la-Madelaine sein Interesse im Unterschied zu Hurtaut auf die homonymes iquivoques konzentriert. Wir zitieren im folgenden seine Rechtfertigung für die Erstellung eines Homonymenwörterbuchs. Sofern sie die homonymes iquivoques betrifft, gilt die Begründung auch für Hurtaut und Rodoni. Notre langue a de bons dictionnaires, sans doute; mais les mots qui se ressemblent n"y ötant pas rapprochis, comment saisir, avec facilitö, les diffirences de leurs acceptions? Je trouve, par exemple, vers les commencemens du Dictionnaire, le mot ceint. Me faudra-t il recourir έ la fin de l'ouvrage, pour savoir en quoi ceint difßre de sein et de saint, avec lesquels mon oreille le confond? Souvent meme je ne soupgonnerai pas que je puisse rencontrer des expressions semblables pour la prononciation, sous des lettres diffgrentes pour l'orthographe. Et quand je le soupgonnerais, ma curiosite ne sauroit se satisfaire, qu'en feuilletant plusieurs dictionnaires au lieu d'un. Quelques exemples: Le Dictionnaire de l'Acadömie m'apprendra bien de quelle maniöre doivent s'öcrire, et dans quels sens doivent se prendre les monosyllabes quand et quant; mais il faudra recourir au Dictionnaire G&graphique, pour le mot Caen, qui s'identifie avec eux par la prononciation.
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Huitaut (1775:IIIf.). Ebd.: Vf. Philipon-la-Madelaine selbst bezeichnet die 2. Auflage als plus soignie, plus correcte et sur-tout plus complette (1802, Avertissement). Wir beziehen uns im folgenden auf diese Ausgabe. Quemada (1967:131). Philipon-la-Madelaine (1802:1).
28 Pari a sa place marquee dans le Dictionnaire de la Langue; Paris l'a dans le Dictionnaire de la Geographie; Paris, dans le Dictionnaire de la Fable. (...) Mon recueil facilite tous ces rapprochemens: ä quelque genre qu'ils appartiennent, tous les homonymes seront ici classes. 20
Was hingegen die homonymes univoques angeht, so verfährt Philipon-la-Madelaine ähnlich restriktiv wie Beauzee in der Encyclopedic: Mais je ne range point, parmi eux [zu den Homonymen, Hrsg.], les simples nuances d'un meme terme. (...) Les variitös qu'6prouve la signification d'un mot quelconque, ne doivent etre regardöes que comme les variations d'une phrase musicale; et l'objet des dictionnaires de langues est d'önconcer ces variations, ces acceptions diverses, et d'assigner i chacune la definition convenable. Pour rhomonymie (...) (i]l faut, pour tout dire, des mots qui n'aient absolument pas le meme gönirateur.21
Vor dem Hintergrund dieses Homonymieverständnis wirft er Hurtaut vor: nos vieux termes [d.h. also die Wörter, die wir heute eher als polysem bezeichnen würden] y reparoissent sans motifs. Zu den für sein Wörterbuch gewählten Beispielen merkt Philipon-la-Madelaine an: Peut-Stre des gens söveres me blämeront d'avoir prodiguö les anecdotes et les citations de vers. Mais pour rendre cet dcrit plus utile, j'ai du le rendre moins aride.22
Erst das 19. Jahrhundert kann als die eigentliche Blütezeit der Homonymenwörterbücher betrachtet werden. Hier ist besonders Degardin zu erwähnen. 1857 veröffentlicht er sein Wörterbuch unter dem Titel: Les homonymes et les homographes de la langue franqaise, ou traites et dictionnaires complets des mots qui ont une seule prononciation avec plusieurs orthographes, et des mots qui ont une seule orthographe avec plusieurs pronunciations. Wie Rodoni trennt er es in zwei thematische Teile. Im ersten Teil behandelt er die homonymes equivoques und die homonymes univoques, wobei die ersteren deutlich überwiegen, im 2. Teil die homographes, d.h. Wörter, die gleich geschrieben, jedoch unterschiedlich ausgesprochen werden und unterschiedliche Bedeutung haben. Darüber hinaus schickt Degardin den beiden Teilen jeweils eine ausführliche theoretische Abhandlung voraus. Eine interessante Abweichung von Hurtaut, Rodoni und Philipon-la-Madelaine besteht darin, daß er er sein Wörterbuch nicht alphabetisch, sondern phonetisch anordnet: J'ai 6crit pour les commengants, pour les ölÄves et les itrangers qui apprennent si pöniblement l'orthographe franfaise. (...) Pour eux, j'ai, dans le dictionnaire des homonymes, sacrifiö l'ordre des lettres ä l'ordre des sons. Je parle ä leur oreille avant de parier ä leurs yeux. En effet, l'enfant ne cherche un mot dans mon dictionnaire que pour en apprendre l'orthographe, afin de ne pas l'öcrire comme d'autres mots qui ont la meme prononciation. S'il ne sait pas comment ce mot s'öcrit, comment le trouvera-t-il? en tätonnant, en supposant au mot qu'il cherche toutes les formes d'orthographe initiale que notre langue admet. Heureux encore s'il finit par les deviner, ces formes! Mais qu'il en oublie une, qui soit justement celle du mot qu'il cherche, fatiguö, ρϋέ d'avoir perdu son temps et sa peine, il se decourage, il laisse lä son devoir...Et je n'invente rien. Qui de nous n'a autrefois senti le besoin d'un dictionnaire des commengants? Par Ιέ j'entends un dictionnaire οϊι les mots seraient rangös par ordre de sons iUmentaires, c'est-ä-dire, les plus simples possible, ce qui permettrait aux ignorants de trouver infailliblement et du premier coup le mot qu'il cherchent; pourvu qu'il connussent les signes de ces sons 61£mentaires. Les dictionnaires par ordre alphabetique rigoureux ne peuvent servir qu'ä ceux qui connaissent dijä l'orthographe du mot qu'ils veulent trouver;23
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Ebd.: 2f. Ebd.: 3f. Diese Ausführungen lesen sich wie Ansätze zu einer Polysemie-Homonymie-Unterscheidung avant la lettre. Ebd.: 9. 1 857 : 7f.
29 Ein weiterer Unterschied zu Hurtaut, Rodoni und Philipon-la-Madelaine besteht in dem Umstand, daß Degardin sein Wörterbuch auch für Gelehrte und Gebildete geschrieben hat und dabei den Anspruch erhebt, sämtliche Homonyme und Homographe des Französischen zu verzeichnen: J'&ris aussi pour les savants, notamment pour les grammairiens, les lexicographes, les linguistes et les philologues qui ont ä cceur le progr6s et le perfectionnement de l'orthographe frangaise. Pour eux j'ai tächi de rendre mon travail le plus complet possible: dans les traitös, j'ai approfoni la matiöre; dans les dictionnaires, j'ai consigni tous les homonymes et tous les homographes.24
Degardins Vollständigkeitsanspruch hinsichtlich der Makrostruktur geht jedoch auf Kosten der Mikrostruktur, die bei seinen Vorgängern extensiv angelegt ist.
6.4 Das Wörterverzeichnis des DRR aus heutiger Perspektive 1. Teil Aus heutiger Sicht behandelt Rodoni im 1. Teil seines Wörterbuchs vorwiegend Homonyme bzw. Homophone (verstanden als Untergruppe der Homonymie), d.h. Wörter bzw. Ausdrücke, die bei gleicher Aussprache unterschiedlich geschrieben werden und verschiedene Bedeutung haben. 25 Er setzt dabei jeweils ein ausgewähltes Homophon als Hauptlemma an, das in alphabetischer Reihenfolge erscheint. Ausnahmen sind: Biais, Bond, Connu, ϋέίβνβιΐΓ, Fais, Flotte, Ras, Raisonner, Saure, Saut, Sauter, Somme Die darunter angeordneten Homophone, von denen das erste in der Regel mit dem Hauptlemma überinstimmt (Ausnahmen: z.B. s.v. Autant, Bond, Cahot), sind dagegen nicht streng alphabetisch sortiert. Im 1. Teil sind alle Wortarten vertreten, wobei die Substantive, konjugierten Verbformen und Partizipien überwiegen. Es lassen sich im wesentlichen drei Homonymietypen unterscheiden:26 1. Die lexikalischen Homophone 27 : Chair - Chaire - Cher - Chere - Chere (s.v. Chair) Etaim - Etain - Eteint (s.v. Etaim) Saut - Sceau - Seau - Sot (s.v. Saut) 2. Die syntagmatischen Homophone 28 : Autrefois - (Une) autre fois (s.v. Autrefois) Deplaisir - Des plaisirs (s.v. D6plaisir) Doux - D'ou - D'Aoüt (s.v. Doux)
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Ebd.. 9. Vgl. Bußmann (21990:314). Zu den verschiedenen Homonymietypen Hausmann (1974:61, 1990a: 1120). Catach (1986:270) bezeichnet dieses Phänomen als Homonymie grammatical. Diese Gruppe faßt Catach unter die homonymies de discours, ebd.: 271.
30 3. Die partiellen lexikalischen Homophone bzw. Paronyme: Appareil - Pareil (s.v. Appareil) Danserons - Rond (s.v. Danserons) Detail - Taille (s.v. Ddtail) Neben diesen drei Haupttypen, von denen der erste Typ quantitativ dominiert, stoßen wir vereinzelt auf Phraseologismen:29 - Gre - Savoir bon gr6, ou savoir mauvais gre a quelqu'un - Gres (s.v. Grf) - Place - Avoir le cceur bien place - Placet (s.v. Place) - Presse - (Je) presse - Tenir en presse - Presse (s.v. Presse) Zahlreiche Einträge, die dem 1. Typ zuzuordnen sind, finden wir im 17. Jahrhundert etwa bei Lescalache (1669) als auch im 18. Jahrhundert bei Hurtaut sowie nach Rodoni im 19. Jahrhundert z.B. bei Philipon-La- Madelaine (1802) und Dejardin (1857) wieder. Die Typen 2 und 3 kommen häufig bei Dejardin, nur gelegentlich bei Hurtaut vor. Philipon-la-Madelaine übergeht sie im großen und ganzen.30 Phraseologismen stehen bei Hurtaut meist unter der Überschrift Maniere de Parier, nur selten begegnen wir ihnen bei Philipon-la-Madelaine und Dejardin.
2. Teil Im modernen Verständnis enthält der 2. Teil des DRR Homonyme (d.h. Ausdrücke, die gleich geschrieben werden, unterschiedliche Bedeutung haben und verschiedener etymologischer Herkunft sind31) und Polyseme (d.h. Ausdrücke mit zwei oder mehr Bedeutungen, die alle etwas gemeinsam haben und sich von einer Grundbedeutung ableiten32).33 In der Regel wählt Rodoni für jedes homonyme univoque unterhalb des Hauptlemmas einen eigenen Eintrag, was einem noch heute üblichen Verfahren entspricht, Homonyme zu verzeichnen. Daneben finden wir eine zweite Variante, die das homonyme univoque nur einmal auffuhrt, mit welcher Methode zahlreiche zeitgenössische Lexikographen heute Polyseme ansetzen.34 Gelegentlich treffen wir auch auf die Numerierung von Einträgen, welche erst im 19. Jahrhundert zum festen Bestandteil des lexikographischen Diskurses wird.35 Etwa 40 % der von Rodoni verzeichneten homonymes univoques treffen wir bereits in Hurtauts Wörterbuch an. Weit weniger homonymes univoques finden wir bei Dejardin, einen winzigen Teil dagegen bei Philipon, da dieser sich ja, wie wir gesehen haben, gegen die
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Dies erinnert an Lequien (1814), der später locutions zu den Homonymen rechnen wird. Quemada weist die syntagmatischen Homophone erst ab 1825 regelmäßig in Homonymenwörteibüchern nach (1967:132). Vgl. Bußmann (21990:314). Vgl. ebd.: 593. Die Diskussionen um eine genaue Differenzierung der beiden Begriffe Homonym und Polysem halten noch an. S. dazu etwa Hausmann (1974); Fries (1980); Schneider (1988). Vgl. Zöfgen (1989). Dennoch wäre es übertrieben, zu behaupten, daß Rodoni auf diese Weise Polyseme von Homonymen unterscheidet, denn oftmals werden Homonyme wie Polyseme angesetzt und umgekehrt. Vgl. Rey-Debove (1982:140).
31 univocite ausspricht und die homonymes univoques nur dann zuläßt, wenn sie eindeutig etymologisch getrennt sind (s.o.). Rodoni dagegen problematisiert nicht, ob und inwiefern die verschiedenen Bedeutungen zweier graphisch und phonisch identischer Zeichen aufeinander bezogen sind. Für ihn ist lediglich die Tatsache relevant, daß es sich bei den von ihm verzeichneten Ausdrücken um plurivalente Zeichen36 handelt, deren Mehrdeutigkeit*1 er offenlegen und beschreiben möchte. Quantitativ gesehen überwiegen im 2. Teil die Substantive, gefolgt von Verben im Infinitiv, Adjektiven und Adverbien. Partizipien werden vernachlässigt. Weitere Wortarten kommen bis auf eine Präposition nicht vor. Dagegen treffen wir Phraseologismen häufiger als im 1. Teil an. Für die systemimmanente Mehrdeutigkeit38 der Ausdrücke trifft Rodoni in Anlehnung an den DAF folgende Unterscheidungen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Adjektiv/Substantiv: Adverb/Adjektiv: Adverb/Substantiv: Verb/Reflexives Verb: Verb/Adjektiv: Präposition/Substantiv: Mit Objekt/ohne Objekt: Feminin/Maskulin: Singular/Plural: Stellung des Adjektivs: Propre/Figure:
Prochain Bref Franc Croiser Distrait Derriere Blanchir Cravate Ciseau Grand Fourmilliere
Rodoni beschließt den 2. Teil mit zwei Listen. Die erste überschreibt er mit Noms qui sont masculins ou ßminins selon leur differente signification.39 Die zweite Liste trägt den Titel: Noms, qui signifient une chose, si ladjectif les suit, et qui ont une differente signification, si l'adjectif les precede. Rodoni greift mit der Aufnahme dieser Liste in sein Wörterbuch Rivarol voraus, der wenige Jahre später, 1796, für sein Wörterbuchprojekt fordert: Rögler la place de l'dpithöte avant et aprts les noms. Cette rfegle, tirfe de la nature meme de la langue, sera extrgmement utile aux jeunes gens et aux ötrangeis, pour qui la place de l'ipithite est la pierre d'achoppement: nous la donnerons dans le discours pr61iminaire. Tout notre ötonnement est que l'Acadimie n'en ait pas fait mention. On y vena comment, parmi nos 6pith£tes, les unes sont fixes et les autres mobiles: cette rfegle est tellement inhirente au fond de la langue franfaise, que c'est de la place de l'lpithfete qu'elle a su tirer un si grand parti pour se faire une foule d'expressions variöes, qui ne döpendent que du lieu que l'6pith6te occupe; comme galant homme et homme galant; sage femme et femme sage, etc.40
Angesichts der Vielfalt der im DRR vereinten Homonymietypen (dazu zählen auch die unter der diatranszendenten Mehrdeutigkeit aufgeführten Fälle, s. 7.2) können wir zusammenfassend
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Hausmann (1974:126) schlägt die Plurivalenz der Zeichen als Oberbegriff für Homonymie und Polysemie vor. Wichter wählt diese Bezeichnung global für Homonymie und Polysemie, zit. nach Mehl (1993:75). Vgl. Macha (1992:28) in Anlehnung an Wiegand (1970). Dögardin (1857:21) bezeichnet diese Wörter als noms hermaphrodites. Rivarol (1796/1968,1: XXXV).
32 festhalten, daß Rodoni einen fur seine Zeit ungewöhnlich extensiven Homonymiebegriff41 zur Anwendung bringt, dessen Grenzen am Ende des 18. Jahrhunderts noch sehr durchlässig sind.42
3. Teil Den 3. nicht mehr auffindbaren Teil seines Wörterbuchs widmet Rodoni den Synonymen oder, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen, den mots qui paroissent d'abord synonymes et que les jeunes gens peuventfacilement confondre** (s. Brief vom 18. Februar 1794). Wie begreift nun Rodoni die Synonymie? Die zitierte Inhaltsangabe gibt uns einen ersten Hinweis. Rodoni geht es offenbar darum, auf die mögliche Verwechslung vermeintlich synonymer Wörter aufmerksam zu machen. Er möchte also vermeiden, daß seine Leser diese Wörter als absolut bedeutungsgleich identifizieren. Die synonymie parfaite, die impliziert, daß synonyme Wörter in allen Kontexten miteinander ausgetauscht werden können, schließt er demnach für sein Wortkorpus aus. Rodoni scheint von einem extensiven Synonymieverständnis auszugehen, das die Synonyme ganz im Sinne Girards als bedeutungsähnliche Wörter begreift, die eine gemeinsame Grundvorstellung (idee principale) haben, der jeweils unterschiedliche Nebenvorstellungen (idees accessoires) zugeordnet sind.44 Bedauerlicherweise ist uns der 3. Teil des DRR derzeit nicht erreichbar, so daß wir nicht beschreiben können, wie im einzelnen Rodoni sein Synonymieverständnis lexikographisch in die Praxis umgesetzt hat. Immerhin verfugen wir aber über drei Anekdoten, von denen die erste mit Sicherheit, die anderen beiden mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem verschollenen Synonymenwörterbuch stammen. Diese Anekdoten sind jeweils mit einem Synonymenpaar überschrieben. Es handelt sich im einzelnen um die Gegenüberstellung von Livre blanc - Livre en blanc (s. Brief vom 18. Februar 1794), aveuglement - ceciti45, s'absenter - s'eloigner (s. Anecdotes Curieuses). Wenn wir davon ausgehen, daß Rodoni für seine Anecdotes Curieuses den definitorischen Teil seines Wörterbuchs wegläßt, können wir umgekehrt darauf schließen, daß das Synonymenwörterbuch analog zu den ersten beiden Teilen die Gnindstruktur 2 oder mehr Hauptlemmata + 2 oder mehr Unterlemmata (also vermeintliche Synonyme) + Definition + Beispiel aufweist. Vor dem Hintergrund der ersten beiden Teile des DRR ist zu vermuten, daß Rodoni in der Behandlung der Synonyme in didaktisch-pädagogischer Absicht Bedeutungen differenzieren und im Kontext darstellen will. Mit diesem Ziel entspricht er der von Girard inaugurierten und besonders von Roubaud und Beauzee fortgesetzten Synonymik, die zuerst und zuletzt Synonymenscheidung ist 4 6 Dieser Synonymik geht es weniger um die Möglichkeit gleichwertiger, nur äußerlich variierender Verwendung von Synonymen [...], sondern um ihre Differen41 42
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S. auch Quemada (1967:137f ). Im 19. Jahrhundert wird man hinsichtlich des Umfangs der als Homonym geltenden Ausdrücke strenger verfahren, vgl. ebd.: 133. Vgl. die Formulierung des DAF, der sich ausdrücklich auf Girard bezieht: Avant que de dißnir un mot, on α άοηηέ presque toujours ses synonymes, c'est-ä-dire, les mots, qui paroissent signifier la meme chose. 1762: IV. Vgl. Gauger (1973:20). Zu diesem Wortpaar im 17. und 18. Jahrhundert, Berrendonner/Le Guern/Puech (1983). Die Autoren stellen fest, daß es im 18. Jh. nicht mehr als synonym gilt: 138f. Vgl. Gauger (1973:3 u. 20).
33 zierung und die präzise Bestimmung der Bedeutungjedes einzelnen Wortes als Voraussetzung für seinen richtigen Gebrauch.4,1
6.4.1 Querverbindungen zwischen dem 1. und 2. Teil Obwohl Rodoni den 1. und 2. Teil thematisch streng voneinander getrennt hat, lassen sich im 1. Teil zahlreiche homonymes univoques nachweisen. Besonders deutlich wird dies anhand der Einträge Cartier, Mine, Montre. Wir finden sie aber auch s.v. Bas, Cause, Faim, Gai, More, Somme etc. Daneben gibt es den Fall, daß ein Lemma sowohl im 1. als auch im 2. Teil vorkommt, z.B. Aile, Banc s.v. Ban, Boche, Depend (im 1. Teil konjugiert, im 2. Teil als Infinitiv), Grace, Lent (im 1. Teil maskulin, im 2. Teil feminin) etc. Gelegentlich zitiert und modifiziert Rodoni Wörterbuchartikel des 1. Teils oder Elemente daraus in seinem 2. Teil. Zur Demonstration dieses Verfahrens wird das erste Beispiel aus Teil 1 und 2 im folgenden vollständig gegenübergestellt: 1. Teil Alle Aile, f: ce qui sert aux oiseaux &c. έ voler: au figurö: les ailes d'une armöe, d'un bätiment, d'un moulin έ vent...une espece de bifere qu'on boit. Elle: pronom personnel fiminin. L'aile droite et 1'alle gauche de notre armde ont fait des prodiges de valeur. La Renommde vole devant nous έ tire d'aile; et eile publie par-tout nos victoires.
2. Teil Aile Un bon patriote dit un soir en soupant: les ailes de notre armie ont fait des prodiges de valeur. Son enfant qui n'avoit que six ans, demanda: Mon eher papa, est-ce que notre armde est un oiseau? oui, mon eher, ifyondit le pere, en souriant, un oiseau bien redouti, qui porte la terreur par-tout ou il vole. Aile, f: ce qui sert aux oiseaux &c. pour voler, ou ä se soutenir en l'air . au figure on dit: les ailes d'un bätiment, d'une armee &c.
6.5
Die Nomenklatur des DRR im Vergleich zu der des DAF
1 .Teil Der 1. Teil des DRR umfaßt 1617 Einträge.48 Der größte Teil der Nomenklatur geht auf den DAF zurück. Eine Ausnahme bilden die Eigennamen (z.B. Jean, Lyon, Vendee), die jedoch
47 48
Häßler (1991:42). Zu Rodonis Synonymik in der Mikrostniktur s. 7.3. Bei der Quantifizierung wurden sämtliche Unterlemmata einzeln ausgezählt. Als solche betrachten wir auch die numerierten Einträge z.B. s.v. Mine, Montre. Von den in einer Reihe aufgezählten Formen wurde jeweils nur die erste berücksichtigt. Wo Unterlemmata fehlen, wurden die in den Beispielen enthaltenen Homonyme quantifiziert, z.B. s.v. Deshonneur, Fidelle.
34 insgesamt gesehen selten im DRR vertreten sind. Die übrigen, nicht im DAF enthaltenen Einträge wie z.B. Alan, Roque, Tope, fallen kaum ins Gewicht. Was die konjugierten Verbformen, den größten Teil der Partizipien, syntagmatische Homophone und Phraseologismen angeht, die Rodoni verzeichnet, so sind sie im DAF in der Regel nicht als eigene Lemmata angesetzt, sondern stehen, wenn überhaupt, unter den jeweiligen Infinitiven bzw. einzelnen Begriffen aus den Syntagmen. Rodoni hat also aus den über den gesamten DAF verstreuten Homophonen eine Auswahl getroffen, sie herausgefiltert und schließlich jeweils in einem Wörterbuchartikel zusammengetragen. Dies entspricht Philipon-la-Madelaines Vorgehensweise (s.o.). Bei zahlreichen Lemmata Ubernimmt Rodoni nicht die Orthographie des DAF, siehe etwa:49 Aleze > Alese; Dessein > Dessin* s.v. Dessein; Different > Differend*; Grace > Grace*; Leche > Leche s.v. Laiche; Mere > Mere s.v. Maire; Moüt > Mout s.v. Mou; Pere > Pere s.v. Pair; Siege > Siege; Soulier > Souiller; Surtout > Sur tout s.v. Surtout, Temps > Tems s.v. Tan.
2. Teil Im 2. Teil verzeichnet Rodoni 489 Lemmata im Hauptteil50 und 89 bzw. 25 Einträge in den beiden Wortlisten. Sie sind sämtlich im DAF enthalten. Man könnte also sagen, daß der 2. Teil des DRR hinsichtlich der Lemmaauswahl ein Auszug aus einem einsprachigen Wörterbuch ist, der monoseme Einträge vernachlässigt. Auch hier gilt wie für den 1. Teil, daß Phraseologismen, die im DRR als eigene Lemmata angesetzt sind, im DAF in der Mikrostruktur enthalten sind. Die Orthographie der Hauptlemmata bewahrt Rodoni im 2. Teil im großen und ganzen. Ausnahmen sind etwa: Cäpre > Capre*; Fourmiliere > Fourmilliere; Grace > Grace*; Grossierement > Grossierement; Mendiant > Mendians; Mole > Mole (L); Trefle > Trefle.
3. Teil Auch für das Wörterverzeichnis des 3. Teils rekurriert Rodoni sehr wahrscheinlich auf den DAF. Das Wort Blanc hat im DAF sowohl als Adjektiv als auch als Substantiv einen eigenen Haupteintrag. In der Mikrostruktur des Substantivs treffen wir auf das Syntagma Livre en blanc. Dieses nimmt Rodoni als Ausgangspunkt, um Livre blanc und Livre en blanc als vermeintliche Synonyme miteinander zu kontrastieren. Aveuglement und Cecite sind ebenso im DAF enthalten, der als entscheidenden Unterschied die eigentliche und übertragende Verwendung der Begriffe festhält. Diese Differenzierung kommt in Rodonis entsprechender Anekdote
49
50
Im folgenden zu lesen: χ > y bedeutet: χ = Schreibweise des DAF wird zu y = Schreibweise des DRR. Mehrfach verweist Rodoni auf eine alternative Schreibweise, die derjenigen des DAF entspricht. Diese Fälle werden mit einem * versehen. (L) steht für Liste und verweist auf die Wortlisten am Ende des 2. Teils des DRR. Alle Hauptlemmata wurden einzeln quantifiziert. Sofern Veiben oder Substantive zweimal als solche erscheinen, wurden sie einfach berücksichtigt, s.v. Croiser, Etre, Main.
35
zum Tragen.51 S'absenter erscheint im DAF s.v. Absenter, s'eloigner s.v. Eloigner. S.v. Absenter notiert der DAF als Synonym s'eloigner und kommentiert: II marque ordinairement quelque fächeuse cause de Eloigner. 52
Auch dieser Unterschied spiegelt sich in Rodonis entsprechender Anekdote wider.
6.6 Das Wörterverzeichnis des DRR im Vergleich zu anderen Revolutionswörterbüchern Das von Rodoni gewählte Wortkorpus unterscheidet sich deutlich von dem der übrigen Revolutionswörterbücher, die in erster Linie den sogenannten sozio-politischen Wortschatz verzeichnen. Während hier die Beschreibung der lexikalischen und semantischen Neologismen im Vordergrund steht und die Archaismen insgesamt gesehen an dritter Stelle rangieren, enthält der DRR Begriffe, die man im wesentlichen dem Alltagswortschatz zurechnen kann. Dabei werden lexikalische Neologismen bis auf eine Ausnahme (Nivos s.v. 1, Niveau) nicht als eigene Lemmata angesetzt. Rodoni konzentriert sich vielmehr auf Archaismen und semantische Neologismen (s. 7.2.2). Der Anteil des sozio-politischen Wortschatzes ist nur indirekt (s. Register) zu erschließen.
51
52
Rivarol (1796/1968, 2:185) schreibt zur Unterscheidung zwischen sens propre und sens figuri bei vermeintlichen Synonymen: „Observons que toutes ces difförences, improprement appeldes synonymes, se trouvent toujours dans le passage du propre au figur6, et sont le double pivot sur qui roulent toutes les langues." 1762, 1:9.
7.
Zur Mikrostruktur
Die Grundstruktur eines Wörterbuchartikels des DRR besteht aus folgenden Elementen: Hauptlemma (im 1. Teil ein ausgewähltes homonyme equivoque, im 2. Teil ein homonyme univoque) + 1 oder mehrere Unterlemmata: homonymes equivoques im 1. Teil bzw. homonymes univoques im 2. Teil + Definition + 1 oder mehrere Beispiele. Im 1. Teil sind die Wörterbuchartikel vorwiegend induktiv aufgebaut, d.h. zunächst stehen die Definitionen, dann das Beispiel. Im 2. Teil verändert Rodoni den Aufbau seines Wörterbuchs spiegelbildlich zu Teil 1, indem er in der Mehrzahl der Fälle deduktiv das Beispiel an den Anfang stellt und daran anschließend die Definition liefert. Die Grundstruktur der Wörterbuchartikel wird in beiden Teilen um verschiedene Lemmaangaben, die sich auf die Grammatik, Aussprache und Orthographie der Untereinträge beziehen sowie diasystematische Markierungen ergänzt. Vorkommen, Anordnung, Verteilung und Gestalt dieser Elemente sind freilich in den Wörterbuchartikeln nicht immer homogen.
7.1 Das Lemma und seine Angaben 1. Teil Substantive sind in der Regel mit ihrem Genus versehen (f. bzw. m ), gelegentlich auch Adjektive (f., fem. oder feminin). Nur in Ausnahmefällen wird bei Substantiven zusätzlich die Wortart genannt (subst., subs, oder sub. bzw. nom propre). Sie steht dagegen regelmäßig bei Interjektionen (interjection), Artikeln (article), Präpositionen (preposition), Paritikeln (particule), Konjunktionen (conjonc., conjonction), Pronomen (pronom), Adjektiven (adj., adjectif), Adverbien (adv. oder adverbe), Numeralen (nombre), Partizipien (Partizip Präsens: gerondif; Partizip Perfekt: participe). Den Numerus finden wir fast ausschließlich hinter Pluralformen (pl., plur., pluriel) bzw. hinter Singularformen, die auf 's' enden (sing ). Konjugierte Verbformen werden im allgemeinen durch weitere Konjugationsformen und/oder den Infinitiv ergänzt. In einigen Fällen verweist Rodoni auf Konjugationsgruppen und Tempus. Weitere grammatische Angaben beziehen sich auf den reflexiven Gebrauch von Verben, seltener auf Morphologie und Syntax. Hinweise zur Aussprache finden wir relativ häufig, seltener hingegen solche zur Orthographie der Einträge. 2. Teil Im Vergleich zum 1. Teil sind die Lemmaangaben im 2. Teil sehr spärlich und unregelmäßig verteilt. Wenn die homonymes univoques je einen Eintrag erhalten, so steht, wenn überhaupt, ausschließlich bei dem ersten Substantiv das Genus (f. bzw. m.). In Fällen, in denen die homonymes univoques zwei verschiedenen Geschlechtern angehören, können beide Genusangaben verzeichnet sein. Die Wortart (subst. bzw. substantif) steht gelegentlich bei der Gegenüberstellung mit Adjektiven (adj.), Partizipien (gerondif) oder Adverbien (adv.). Der äußerst selten verzeichnete Numerus wird durch sing. bzw. pl., plur., pluriel wiedergegeben. Grammatische und syntaktische Erläuterungen sind kaum vertreten, morphologische fehlen gänzlich. Aussprache- und Orthographieangaben spielen im Vergleich zum 1. Teil eine untergeordnete Rolle.
37
7.2
Die diasystematischen Markierungen
Rodoni macht für den Aufbau seiner Wörterbuchartikel ausgiebigen Gebrauch von diasystematischen Markierungen und trägt damit der systemtranszendenten Mehrdeutigkeit Rechnung. Rodoni knüpft damit an lexikographische Techniken an, die insbesondere im 17. Jahrhundert in den Wörterbüchern von Richelet, Furetiere und dem Akademiewörterbuch entwickelt und in der Folgezeit systematisiert wurden.2
7.2.1 Die diatechnischen Markierungen Mit 76 bzw. 63 Vorkommen überwiegen die diatechnischen Angaben im 1. wie im 2. Teil.3 Sie werden vorwiegend mit terme de (Varianten: en terme de; en termes de; terme; terme ä; en; dans) eingeleitet. Bis auf einzelne Ausnahmen, die mit (-) versehen werden, lassen sie sich sämtlich im DAF nachweisen4. Nach der Frequenz ihres Auftretens und den Fachgebieten verteilen sie sich wie folgt: 1. Teil 1. Wissenschaft (19 Markierungen) Algebre: Arithmetrique: Mathematique: Blason: Geometrie. Chronologie: Botanique: Physique: Geographie: Astronomie: Chancellerie: Jurisprudence:
1 2
3
4
Monome Montant (-) Plan; Raison sesquialtere s.v. Sesquialtere; Je somme s.v. Somme Cors s.v. Cor; Pairle; Rouant s.v. Rouan; Tau; Vair Aire s.v. Air Ere s.v. Air Galle s.v. Gale Halo Pic; Pole (-) Pole (-) Seel s.v. Celle Regres
Vgl. Macha (1992:28) in Anlehnung an Wiegand (1970). Zu den Markierungssystemen in Wörterbüchern des 17. und 18. Jahrhunderts s. vor allem Glatigny (1990). In der Zuordnung der Markierungen folgen wir Hausmann (1977:112-143). Wir zählen ausschließlich die diatechnischen Markierungen exakt aus, während die übrigen Markierungen aufgrund zahlreicher Überschneidungen, die sich zwischen ihnen ergeben, welche eine konsequente Mehrfachzuordnung erfordern würden, ohne genaue Zahlenangaben aufgelistet werden. Es werden sowohl die Markierungen innerhalb der Definitionen als auch der Beispiele berücksichtigt. Wenn die gleiche Markierung sowohl in der Definition als auch im Beispiel auftaucht, wird sie einfach gezählt. Die mit (L) versehenen Lemmata stehen in einer der beiden Listen am Ende des 2. Teils. Rodoni übernimmt nicht fur alle Einträge die diatechnische Markierung des DAF.
38 2. Praxis und Handwerk (13 Markierungen) Pratique:
8:
Architecture: Ma^onnerie: Horlogerie:
Scel s.v. Celle; Coüt s.v. Cou; Defaut; Depens s.v. Depend; Hui; Huis s.v. Hui; Lods; Sevices (-) De s.v. Dais; Pose s.v. Pause; Tore s.v. Taure Montant Tout-ou-rien s.v. Tout ou rien
3. Militär (12 Markierungen) Guerre:
6:
Marine: Fortification:
5: 1:
Pose s.v. Pause; Piquet s.v. Pique; Je poste s.v. Poste, Poste; Tir; Tranchee Bau; Conserve; Lest; Lisse s.v. Lice; Serpant s.v. Serpent Traverse
4. Jagd- und Forstwesen (10 Markierungen) νέηέπβ: Chasse: Fauconnerie: Eaux et forets: Manege:
Alan (-); Cors s.v. Cor Bans s.v. Ban; Leurre (-) s.v. Leur; Repaire Affaiter; Leurre s.v. Leur; Montant Etant s.v. Etang Pommade
5. Spiel (9 Markierungen) Jeu de billard: Jeu de Trictrac: Jeu des echecs: Jeu de Piquet: Jeu de(s) cartes: Jeu:
Acquit s.v. Acquis Jan s.v. Gens; Sonnez s.v. Saune Mats s.v. Ma; Roque (-) s.v. Rauque Pic Pique s.v. Pic; Vole s.v. Vol Point s.v. Poing
6. Kunst (5 Markierungen) Theatre: Musique: Poesie:
Scene s.v. Cene Je pause s.v. Pause; Re s.v. Raie Autan s.v. Autant; Gent s.v. Gens
7. Finanzwesen (4 Markierungen) Negoce: 1: Finance: 1: Commerce maritime: 1 Commerce des banquiers: 1
Aval (-) Taille s.v. Detail Restaur Traite
39
8. Verschiedene (4 Markierungen) Didactique: 2: Commun ä beaucoup d'Arts et Metiers: 1: Palais 1:
Dense s.v. Danse; Ethique Repere s.v. Repaire Sevices
2. Teil 1. Wissenschaft (20 Markierungen) Philosophie: Grammaire: Logique: Chancellerie: Jurisprudence: Botanique: Jardinage: Medecine ou Anatomie: Chirurgie: Mecanique: Geometrie: Armoiries: Blason:
1 5 1 1 1 2 1
Mode (L) Accent (-); Acception; Article; Decliner; Mode (L) Apprehension Bätonner Habile Baie; Chaton Argot
1 2 1 2 1 1
Basilique (-) Coffre; Epervier Herisson Parallele (L); Scolie (L) Givre (L) Rencontre (L)
2. Militär (18 Markierungen) Guerre:
7:
Marine: Militaire: Fortification. Artillerie:
6: 2: 2: 1:
Cordon; Division; Frise; Herisson; Plateau; Poser les armes; Poste (L) Agreer; Debout; Empeser; Panne; Perroquet; Reläche (L) Diane; Halte Enveloppe; Lunette Mortier
3. Praxis und Handwerk (9 Markierungen) Imprimerie: Libraire: Mafonnerie: Fleuriste:
Bourdon; Caracteres s.v. Caractere; Grenouille; Marron Larron; Tranche Bioquer; Harpe Calice
4. Spiel (6 Markierungen) Jeu de piquet: Joueur: Jeux d'hombre:
2: 1: 1:
Quinte; Septieme (L) Beat Ponte (L)
40
Jeu des echecs: Jeu de cartes:
1: 1:
Echec Pique (L)
5. Kunst (4 Markierungen) Musique: Quadrille:
3. 1:
Mode (L); Quinte; Triton Ponte (L)
6. Verschiedene (6 Markierungen) Commerce: Escrime: Didactique: Chasse: Palais:
7.2.2
1 2 1 1 1
Remise (L) Botte; Quinte Scolie (L) Plateaux s.v. Plateau Fletrissure
Die diachronischen Markierungen
Die diachronischen Markierungen5 stehen innerhalb des Markierungssystems in quantitativer Hinsicht an zweiter Stelle. Sie treten in unterschiedlicher Gestalt auf und lassen sich drei Ebenen des Bedeutungswandels von Wörtern zuordnen: 1. Wörter, die vor der Französischen Revolution als Archaismen6 gelten. 2. Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen geworden sind. 3. Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen werden können.
7.2.2.1 Wörter, die vor der Französischen Revolution als Archaismen galten Im 1. Teil übernimmt Rodoni an zehn Stellen die Formulierung des DAF. - vieux mot: Horions s.v. Aurions; Lez s.v. Lai; L'heur s.v. Leur; s.v. Raine - ce mot est vieux: Huis s.v. Hui Fee s.v. Fais - c'etoit autrefois: s.v. Nu - on ecrivoit autrefois: Marri s.v. Mari - ce mot vieillit: - ce mot n'est plus en usage, qu[e]: s.v. Hui Seel s.v. Celle - il n'est plus d'usage que:
6
Wir verstehen diachronische Markierung in einem weiten Sinne und zählen darunter auch indirekte Formulierungen, die auf Bedeutungswandel verweisen. Unter einem Archaismus verstehen wir in Anlehnung an Reichmann (1990:1153): „all dasjenige, was von den Sprechern einer Sprache unter dem temporalen Dia-Gesichtspunkt [...] als veraltend oder gar veraltet beurteilt [...] wird."
41 7.2.2.2
Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen wurden
7.2.2.2.1 Kalendernamen Mit der Einführung des republikanischen Kalenders wird bei alten Kalendernamen und Datierungen die Bezeichnung vieux style allgemein gebräuchlich. Auch Rodoni macht sich diese Angabe zu eigen: - vieux style: 1. Teil: D'Aout s.v. Douz; Anekdote s.v. Jeune; s.v. Mai; Mars s.v. Marc 2. Teil: s.v. Disposition; Ferule Eine Variante dieser Markierung stellt die Formulierung suivant l'ere vulgaire dar: 1. Teil: s.v. Dimanche, Mai.
7.2.2.2.2 Vorrevolutionäre versus revolutionäre Sprache Rodoni kontrastiert explizit oder implizit einen alten vorrevolutionären mit einem neuen revolutionären Sprachzustand, der sich entweder auf das Wort als Ganzes (Umdefinition, Umbenennung) oder auf Teile seines Bedeutungsumfangs (Bedeutungsverengung, Bedeutungserweiterung) bezieht7: 1. Teil - autrefois ce mot signifioit - Aujourd'hui ce mot signifie (Apostat s.v. Aposta) - oü Ton disoit la messe - constellation de l'emisphere (s.v. Autel) - Oü sont ces Seigneurs qui ne savoient parier du Peuple, qu'en disant d'un air de mepris: le bas peuple? - II n'est plus bas (s.v. Bas) (Veraltet ist hier die syntaktische Verknüpfung von Peuple und bas8 ) - sur lesquels on disoit des prieres - certaines pustules (Chapelet s.v. Chapele) - celui qui [...] entroit dans l'etat ecclesiastique - celui qui ecrit et travaille sous un homme de pratique (s.v. Clerc) - ce n'est plus le tems de dire, qu'un Prince ne depend que de Dieu et de son epee (Beispiel s.v. Depend) (Ahnlich wie s.v. Bas wird hier eine bestimmte Kontextualisierung eines Ausdrucks als veraltet angesehen)
7 8
Wir zitieren die Beispiele nicht in extenso. In seinem Appendice Contenant les mots qui vont cesser d'etre en usage, et qu'il est nicessaire d'insirer dans nos archives pour l'intelligence de nos neveux verzeichnet Chantreau ähnlich wie Rodoni Peuple: petit peuple. (1790:193). Die zusätzlich mit CH versehenen Einträge stehen ebenfalls in Chantreaus Anhang.
42
- Le devoir qu'un vassal rendoit ä son Seigneur de fief (Hommage s.v. Dommage) - respect, devoir (s.v. Hommage) CH - Nous ne reconnoissons plus ni Pierre, ni Paul - On ne parle ici que des Poles arctique et antarctique (Anekdote s.v. Pole) - le mot de pompe ne sied pas dans une bouche republicaine - je l'appelle: tire-eau (Anekdote s.v. Pompe) 2. Teil - il n'y a plus aucune acception [...]: aucune acception de personnes - Mais en termes de grammaire, le mot: acception signifie le sens, dans lequel un mot se peut prendre (s.v. Acception) - nous n'avons plus d'eglises - ce ne sont plus que des temples consacres ä la Raison; Ce n'est pas un Monsieur - c'est un citoyen (s.v. Aiguille) - il n'y a plus d'ampoules en France - excepte celles qui viennent aux mains ou sous les pieds; signifie bien - ce mot ne se disoit qu'en parlant de (s.v. Ampoule) - tu paries le vieux langage - Nous ne connaissons d'autres anges que (Anekdote s.v. Ange) - c'etoit un ecclesiastique - qui fait souvent l'aumone aux pauvres (s.v. Aumonier) - La benediction dont tu paries n'etoit que - Ton n'en parle plus (Anekdote s.v. Benediction) - Dans ce sens, il n'y a plus de bourdons pour les Franfais, si ce n'est pour les emigres - terme d'imprimerie/espece de mouche (s.v. Bourdon) - nous ne voulons plus de ses brefs - court [...], enfin (Anekdote s.v. Brei) - il n'y a plus de chapitres - une des parties, en quoi certains livres sont divises (s.v. Chapitre) - Je ne connois d'autres dames que celles de bois, auxquelles on joue que j'ai [...] debaptisees - car je ne les appelle plus que muscadines (s.v. Dame) - Plus de Monsieur - Citoyen (s.v. Demoiselle) - on nous avoit jusqu'ici fait croire que ce mot Eglise signifie - Aujourd'hui la Raison nous a apporte du ciel la vraie signification de ce mot (s.v. Eglise) - les eminences ont disparu - hauteur, bien eleve, bien eminent (s.v. Eminence) - on appeloit jours gras - signifie aussi sale (s.v. Gras) - vieux style - nouveau style (Grisette)
43 - Oü sont ces viles et faux adulateurs, qui ont ose dire, que les rois sont la vive image de la Divinite? (s.v. Image) (wie s.v. Bas und Depend wird eine ganz bestimmte syntagmatische Einbettung des Wortes für unhaltbar erklärt) - dans son sens naturel - Selon la nouvelle acception (s.v. Lanterner) - Nous n'entendons pas [...]; c'est la Liberte des tyrans - nous combattons pour la Liberte des Peuples. Le Peuple est souverain (s.v. Liberte) - On m'avoit dit qu'il n'existe plus parmi nous aucun titre de noblesse - nous continuons ä nous servir de ce mot par mepris (Anekdote s.v. Marquise) - Les gens d'eglise nous avoient appris que miracle signifie - Ce mot miracle ne peut signifier qu[e] (s.v. Miracle) - petite pastille - on sait la nouvelle signification (s.v. Muscadin) - Voile qu'on tenoit /drap mortuaire que Ton mettoit/dais, sous lequel on portoit/dais qu'on presentoit - ustensile dont on se sert (s.v. Poele) - la religieuse qui avoit soin - ouverture [...] par oü Ton monte/la place oü Ton se met/une espece de rideau qu'on met (s.v. Portiere) - Celui qui regissoit - celui qui enseigne/il n'y aura plus en France d'autres Regent que nous (s.v. Regent) - tu ne prendras pas le mot Religion pour Croyance - Religion ne signifie que (s.v. Religion) - Autrefois le Peuple appeloit Sabbat/11 n'est plus temps de croire - les Juifs appellent/un grand bruit (s.v. Sabbat) - une boite qu'on posoit - le gros d'un arbre (s.v. Tronc) - Ne sais-tu pas que les usages ne sont plus d'aucun usage / Les libraires appeloient usage coutume, pratique (s.v. Usage)
7.2.2.3 Wörter, die durch die Französische Revolution zu Archaismen werden können Während Rodoni in den unter 7.2.2.2.2 angeführten Fällen einen alten oder veraltenden Sprachzustand einem neuen gegenüberstellt, bleibt eine derartige Kontrastierung in den nun folgenden Fällen aus. Hier konzentriert sich Rodoni vorwiegend auf einen discours sur les choses. Er beschreibt alte oder zukünftige Zustände, jedoch ohne hier bereits explizit die Konsequenz für die Sprache - wie unter 7.2.2.2.2, 7.2.3, 7.2.4 und 7.2.5 - aufzuzeigen.
44
1. Teil - nous n'aurons plus d'Abbes (s.v. Abb£) - redevance en argent que certains biens devoient (s.v. Cens) CH - la confession que les sots faisoient au pretre (s.v. Confesse) - Au diable les couvents (s.v. Couvent) CH - ού Ton conservoit l'eau (Fonts s.v. Fond) - II n'y a plus de Pairs en France (Anekdote s.v. Pair) - la cinquieme partie du quint que Ton payoit aux ci-devant Seigneurs (Requint s.v. Requin) - On m'avoit dit qu'il n'y a plus de Seigneurs de France (Anekdote s.v. Saigneur) - Au diable les Moines (Sandale s.v. Sandal) CH - Graces au Ciel, il n'y aura plus ni de Theologal, ni de Theologale (s.v. Theologal) 2. Teil - signifioit, dans les siecles d'ignorance (s.v. Croiser: Se croiser)
7.2.3 Die diastratischen Markierungen Diastratische Angaben stehen quantitativ an 3. Stelle im DRR. 9 Sie lassen sich zum größten Teil wörtlich oder in leicht abgewandelter Form unter den entsprechenden Einträgen im DAF nachweisen. Von Rodoni eigenmächtig vorgenommene Markierungen werden fortan mit einem R versehen. 1. Teil - dans le discours familier: s.v. Fi; Force; Or; Poupard; Style s.v. Stylet. - familierement: Goutte s.v. Gofite - mot familier: Leche s.v. Laiche - selon l'opinion vulgaire: Fee s.v. Fais (im DAF: selon l'opinion du peuple)
9
Wir folgen Hausmann (1989:651), der auch die gruppenspezifische Sprache zu den diastratischen Markierungen rechnet.
45
- nom que les enfans donnent: s.v. Tou-tou - selon les Paiens: Lares s.v. Lard - nom que les Protestants donnent: s.v. Cene (im DAF: Les Calvinistes donnent) - nom que les chasseurs donnent: Broquart s.v. Brocard - ce que dit un Avocat: Plaid - poet: s.v. Trame 2. Teil - dans le syle familier: s.v. Brave; Donzelle - famil.: s.v. Lanternier - populairement: s.v. Grison, Hypotheque - certain langage des gueux et des filoux: s.v. Argot - Les libraires appeloient: s.v. Usage - L'Organiste dit; L'Imprimeur; Le Matelassier; Le loueur de chevaux: s.v. Sommier R - Les Lutheriens et les Calvinistes appellent: s.v. Ministre -
Selon l'opinion des catholiques: s.v. Ange R
- Les gens d'eglise nous avoient appris: s.v. Miracle R - ce que l'eglise romaine appelle: s.v. Confirmation R - Les Catholiques appellent: s.v. Indulgence R - les gens d'Eglise appellent: s.v. Infidelle R - les Juifs appellent: s.v. Sabbat - dans le style soutenu: s.v. Oeuvre (L) - plutot poetique: s.v. Plage - On appelle dans la Fable: s.v. Triton -
si ce n'est pour les emigres: s.v. Bourdon R
46
7.2.4 Die diakonnotativen Markierungen 1. Teil - par mepris: Here s.v. Air - nom barbare: s.v. Confesse R - en plaisanterie et par mepris: Je flute s.v. Flute R - en plaisanterie: Horions s.v. Aurions
2. Teil - dans un sens odieux: s.v. Brave - terme de mepris: s.v. Maquereau R - par mepris: s.v. Marquise R - un mot detestable: s.v. Couronne R - ce sont des noms barbares: s.v. Noblesse R -
superstitieusement: s.v. Confirmation R
- terme de mepris et de ruse: s.v. Pasteur - par plaisanterie: s.v. Bureau d'adresse
7.2.5 Die dianormativen Markierungen 1. Teil - il vaut mieux dire un beau coup: Beau coup s.v. Beaucoup R - au lieu de moucher, dis: denoncer: s.v. Mouche R - nous ne reconnoissons plus ni Pierre ni Paul: s.v. Pole R - le mot de pompe ne sied pas dans une bouche republicaine; je l'appelle: tire-eau: s.v. Pompe R
47
2. Teil - il vaut mieux se servir du mot: guirlande: s.v. Couronne R - Au lieu d'appeler les papes les successeurs de Pierre, on devroit les appeler les successeurs de Judas: s.v. Gratis R - Ah! qu'il seroit utile, necessaire meme, de debaptiser tant de gens qui portent des noms si equivoques! s.v. Innocent R - par le mot Liberte, nous n'entendons pas: s.v. Liberte R - je debaptiserois tout ce qu'on appelle Louis, et quant ä la monnoie, je dirois: piece d'or: s.v. Louis R - dont il n'est pas honnete de se servir dans la conversation: s.v. Maquereau - ce mot [...] ne peut signifier que: s.v. Miracle R
7.2.6 Zusammenfassung Insgesamt betrachtet belegen die diasystematischen Markierungen, daß Rodoni ein Bewußtsein für Sprachvarietäten hat. Die diachronischen sowie die meisten von Rodoni hinzugefügten diakonnotativen und dianormativen Markierungen zeigen deutlich, daß der affektive Gehalt der Wörter von außerordentlicher Bedeutung fur ihn ist. Dies gilt im übrigen auch für die Revolutionslexikographen insgesamt.10 Für Wörter, die zu unmittelbar mit den Mißbräuchen des Ancien Regime assoziiert sind, stellt sich dabei geradezu eine paranoia linguistique11 ein, die es erforderlich macht, die Begriffe durch andere auszutauschen. Wo sie nicht ersetzt werden, müssen sie mit einer diakonnotativen Markierung, einer negativen Konnotation, versehen werden. Die diastratische Markierung ermöglicht es Rodoni zu zeigen, daß die Verwendung eines Ausdrucks nicht mehr zum allgemeinen Sprachgebrauch gehört, sondern auf eine ganz bestimmte Gruppe reduziert ist. Des weiteren enthält Rodonis Wörterbuch vereinzelt diatopische, diafrequente, diaintegrative und diatextuelle Markierungen. Bis auf die Markierung s.v. Boursier, Enseigne und Jouer gehen sie samt und sonders auf den DAF zurück.
10 11
S. dazu Brunots Kapitel Les passions et les mots (1937, IX, 2: 635-648). Ausführlich dazu Pabst (1998). Vgl. Blakemore (1988:83).
48
7.3 Zu den Definitionen Der Großteil der Definitionen des DRR ist an dem DAF orientiert und wird nach den noch heute üblichen Verfahren entweder relationeil oder substantiell formuliert. Ein Vergleich zwischen dem DRR und dem DAF macht folgende unterschiedliche Aneignungsverfahren Rodonis sichtbar.12 1. Vollständige Übernahme einer Definition bei meist politisch neutralen Begriffen: DAF BERGAMOTE.s.f. Espece de poire fondante d'un tres-bon goüt. [...] BERGAMOTE, est aussi une espece d'orange qui a une fort bonne odeur, & dont on tire une essence agreable.13 DRR (2) Bergamote, f.: espece de poire fondante d'un tres bon goüt... une espece d'orange qui a une fort bonne odeur, et dont on tire une essence agreable.
2. Mehr oder weniger starke Kürzung und Raffung der intensionalen bzw. extensionalen Definition: DAF PARAVENT.s.m. Sorte de meuble fait ordinairement d'etoffe attachee sur de grands chassis de bois, qui s'etendent & se plient Tun sur l'autre, & dont on se sert dans les chambres en hiver pour se parer du vent, pour rompre le vent qui vient des portes. 14 DRR s.v. Auparavant (1) Paravant, m.: meuble, pour se parer du vent.
3. Ideologische Erweiterung der Ausgangsdefinition durch Ergänzungen und Paraphrasen. DAF BENEDICTION.s.f. Action de Religion, qui se fait dans l'Eglise par le Pretre qui benit les Assistans, en faisant sur eux le signe de la Croix [...]. Les benedictions celestes,15 12
13 14 15
Der Übersichtlichkeit halber werden sie im folgenden getrennt beschrieben, obwohl häufig mehrere Verfahren für ein und denselben Wörterbuchartikel gelten. Wir berücksichtigen ausschließlich diejenigen Definitionen des DAF, die Rodoni unmittelbar für den Aufbau seiner Wörterbuchartikel heranzieht. DAF (1762, 1:170). DAF (1762, 2:295). Ebd.:l: 168.
49 DRR(2) Benediction, f.: action superstitieuse de religion, par laquelle les gens d'eglise pretendoient faire descendre les benedictions celestes sur les assistans, en faisant des signes de croix en l'air, en jetant 9a et lä de l'eau, ou en imposant les mains.
4. Austausch einzelner Substantive. Es handelt sich dabei in erster Linie um Begriffe, die mit dem Ancien Regime verhaftet sind und durch revolutionäre Begriffe ersetzt werden:16 Ampoule: Cadeau: Couronne: Eclairer: Idolätre: Ministre: Muguet: (Eillet: Poele: Regent: Souverain:
Rois de France Dames Gens dΈglise Monsieur Dieu Prince Etat Dames Au mois de Juillet Saint Sacrement Souverain Prince
> > > > > > > > > > > >
tyrans citoyennes charlatans ecclesiastiques citoyen Etre supreme Peuple Republique femmes au mois de Fervidor pain sans levain tyran Nation
etc.17
5. Änderung der Zeiten. In den meisten Fällen wird das Präsens durch das impar/ait ausgetauscht: DAF CENS.s.m. Redevance en argent, que certains biens doivent annuellement au Seigneur du fief dont ils relevent [.. .].18 DRR(l) Cens, m.: redevance en argent que certains biens devoient &c.
16
17
18
Wir berücksichtigen bereits an dieser Stelle Definitionen des OAF, die Eingang in Rodonis Beispiele gefunden haben. Das 1., 3. und 10. Wöiterpaar gehören zu einer ganzen Reihe von Synonymenpaaren, die während der Französischen Revolution von höchster Virulenz sind. Branot (1939, X, 1: 59) fiihit für den religiösen Bereich außerdem an: clerg6 - pretraille, Religion - fanatisme, Objets religieux - hochets du fanatisme, Ecclösiastique - calotin. Für den politischen Bereich nennt er z.B. Soldats ennemis - vils Satellites des despotes etc. DAF (1762, 1:262).
50
DAF HOMMAGE.s.m. Le devoir que le Vassal est tenu de rendre ä son Seigneur de fief.19 DRR s.v. Dommage (1) Hommage, m.: Le devoir qu'un vassal rendoit ä son Seigneur de fief.
6. Übernahme von Beispielen bzw. Teilen daraus für die Definition (s. bereits das Beispiel unter 3): DAF BERCEAU, se dit aussi De l'assemblage de plusieurs perches, les unes droites, les autres disposees en voüte dans un jardin, liees ensemble, & couvertes de jasmin, de chevrefeuil &c. [...]. Prendre le frais sous un berceau}0
DRR (2) Berceau [. ..] assemblage de plusieurs perches, les unes droites, les autres disposees en voütes dans un jardin, liees ensemble &c. pour prendre le frais &c.
7. Austausch einer Definition durch Polemik DAF CHAIRE.s.f. Siege. Ce mot n'a d'usage au propre; qu'en parlant du siege qu'un Eveque a dans son Eglise Cathedrale, au haut du choeur; ou de ce siege eleve; dans lequel un Predicateur annonce la parole de Dieu [...]. On appelle la chaire ou l'on preche. La chaire de verite. DRR s.v. Chair (1) Chaire, f.: oü les pretres prechent et trompent le peuple.
8. Weitgehende Umdefinition: s.v. Eglise (2) (s. 8) Die Definitionen werden häufig durch metasprachliche Formulierungen wie signifie, on le dit de, nom qu'on donne, dont on se sert...pour marquer, en parlant de etc. eingeleitet. Darüber hinaus verwendet Rodoni Formulierungen, die die Mehrdeutigkeit eines Ausdrucks hervorheben: cela signifie aussi, se dit pareillement, ce mot peut signißer, mais il se dit aussi, etc. Diese sind dem Inhalt gemäß häufiger im 2. Teil des DRR festzustellen. Die Kopula taucht 19 20
DAF (1762, 1:881). Ebd.: 1:170.
51
verhältnismäßig selten auf. Rodoni übernimmt die metasprachlichen Formulierungen aus dem DAF entweder wörtlich oder syntaktisch bzw. grammatisch leicht modifiziert. Gelegentlich läßt er sie weg oder ergänzt sie, wo sie dem DAF fehlen. Von inhaltlicher Bedeutung ist es, wenn er deren Tempus ändert, denn dies deutet darauf hin, daß ein noch im DAF gültiger Sprachzustand seine Gültigkeit verloren hat. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang die Kontrastierungen von alter und neuer Bedeutung, bei denen sich Rodoni stets gegen die Definitionen des DAF abgrenzt, (s. 7.2.2) In diesen Fällen sind seine Definitionen als ein Protest gegen den DAF interpretierbar. Neben den metasprachlichen Formulierungen enthalten die Wörterbuchartikel als Verknüpfungselement zwischen zwei Bedeutungen Auslassungspunkte oder die Konjunktion ou. Beides geht nur in Einzelfällen auf den DAF zurück. Da Rodoni die Wörterbuchartikel nicht immer vollständig aus dem DAF übernimmt, bedient er sich an vielen Stellen der Angabe &c., um anzuzeigen, daß es weitere Bedeutungen eines Ausdrucks gibt oder aber daß eine Definition noch weitergeführt werden kann. Besonders oft verweist er in Anlehnung an den DAF auf einen sens figure, der nur in wenigen Fällen explizit einem sens propre gegenübergestellt wird. Dieser wird im DAF an den betreffenden Stellen nicht explizit als solcher benannt. Anstelle oder zusätzlich zu einer Paraphrase setzt Rodoni in zahlreichen Wörterbuchartikeln ein oder mehrere Synonyme. In der Regel stammen auch diese aus dem DAF (Ausnahme z.B.: guillotiner s.v. 2, Decoller). Während Rodoni im 3. Teil seines Wörterbuchs sein Interesse scheinbar auf die idees accessoires richtet (s.o.), bedient er sich in der Mikrostruktur der ersten beiden Teile der sogenannten kumulativen Synonymik, die die idee principale in den Vordergrund rückt.21
7.4 Zu den Beispielen Für den Aufbau seiner Beispiele verzichtet Rodoni im Unterschied zu Hurtaut und Philipon-laMadelaine auf Zitate angesehener Autoren (s.o.). Wie der DAF zieht er statt dessen selbstkonstruierte Beispiele vor. Den Autoren des DAF geht es dabei primär um die möglichst umfassende Darstellung eines Wortes in seinen verschiedenen sprachlichen Kontexten:22 Aprfes les synonymes vient la ddfinition du mot. Pour achever d'en expliquer sa signification, on ajoute les exemples les plus propres έ bien faire comprendre quel est son vrai sens, & avec quels autres termes il peut etre joint. Des phrases composees expris pour rendre sensible toute la force d'un mot, & pour marquer de quelle maniäre il doit etre employö, donnent une idöe plus nette & plus precise de la juste itendue de sa signification, que des phrases tiries de nos bons Auteurs, qui n'ont pas eu ordinairement une pareille vue en terivant Voilä une des raisons qui ont ροΠέ l'Acadimie ä ne point emprunter ses exemples des Livres imprimis. 2 3
Für Rodoni hingegen steht der ideologische Aspekt im Vordergrund (s. 6.1 u. 9.1): Les exemples ou plutöt les plaisantes anecdotes que je mets, presque έ chaque mot, ne peuvent qu'enilammer, toujours plus, leur (der Jugend, Hrsg.) arne d'amour pour la Patrie, en les döbarassant de tous les pröjugös et en leur inspirant une haine implacable pour les tyrans 2 4
21 22 23 24
Zur kumulativen Synonymik s. Hausmann (1990c). Dies schließt freilich eine Ideologisierung der gewählten Beispiele nicht aus. DAF (1762:IV). Brief vom 5. Dezember 1793.
52 Die Beispiele des DRR erscheinen in unterschiedlicher Gestalt: Im 1. Teil überwiegen die einfachen Syntagmen. Es handelt sich dabei um ein oder mehrere Sätze neutralen oder politischen Inhalts, darunter zahlreiche calembours. Nicht selten geben sie die Meinung des Autors wieder, z.B.: - Iis sont sur une flüte, et flütent bien (s.v. Flute) gegenüber - II faudroit planter 9a et lä sur nos frontieres les tetes de nos rebelies, qui serviroient de Termes (s.v. Terme) An einigen Stellen treten die einfachen Syntagmen in Form von Maximen und Parolen auf (s. 9.1), z.B.: - La grande affaire d'un bon citoyen, c'est d'etre toujours pret a faire son devoir pour le salut de sa patrie. (s.v. Affaire) - Franfais! marchez, volez oü la Patrie et l'honneur vous appellent. (s.v. Volet) Insgesamt betrachtet werden die Beispiele des DRR jedoch durch die von Rodoni in seinem Brief besonders hervorgehobene Textsorte, die Anekdote, dominiert. In quantitativer Hinsicht überwiegt sie deutlich im 2. Teil des DRR. Hinsichtlich der Definitionen haben wir einen Eindruck davon vermittelt, mit welchen Verfahren sich Rodoni des DAF bemächtigt, um ihn für seine Zwecke umzuformulieren. Ganz analog verfahrt er, wenn er Defintionen und Syntagmen des DAF zum Aufbau seiner Beispiele verwendet. Für die Anekdoten werden dabei die Angaben des DAF in eine dialogische oder narrative Form überfuhrt (s. 8).
7.4.1 Exkurs 1: Zu den Beispielen in der Lexikographie des 18. Jahrhunderts Seit Beginn des 18. Jahrhunderts gilt in der französischen Lexikographie zunehmend der Leitspruch: Instruire en amüsant25. Zu diesem Zweck integrieren die Lexikographen neben Zitaten bekannter Autoren mehr und mehr Maximen, Sentenzen, Reflexionen und nicht zuletzt persönliche Stellungnahmen in ihren lexikographischen Diskurs.26 In diesem Zusammenhang ist besonders Voltaires Dictionnaire philosophique von 1767 hervorzuheben, der in der Einleitung festhält: Nous avons tächö de joindre l'agr&ible ä l'utile [...]. Les personnes de tout 6tat trouveront de quoi s'instruire en s'amusant.27
Rodoni reiht sich hervorragend in diese Entwicklung ein. Für den Untertitel seiner 1795 veröffentlichten Anecdotes Curieuses, die einen veränderten Auszug aus dem DRR darstellen, schreibt er geradezu in Analogie zu Voltaire: Pour instruire la Jeunesse, en l'amusant. Diese Zielsetzung trifft ebenso auf den DRR zu. 23
26 27
Der DAF indes weist diese Zielsetzung entschieden zurück mit dem Argument, der Leser dürfe nicht von der Hauptsache, der Beschreibung der Sprache nämlich, abgelenkt werden, vgl. Quemada (1967:525). Zu diesem Komplex insgesamt Quemada (ebd. 52411). Voltaire (1767/1994, 35:284).
53 7.4.2 Exkurs 2: Zur Anekdote im 18. Jahrhundert Als literarische Gattung ist die Anekdote in der französischen Literatur des 18. Jahrhunderts fest etabliert.28 Eine Flut von Anekdotenwörterbüchern überschwemmt den französischen Markt. Es handelt sich dabei aber nicht um Sprachwörterbücher im klassischen Sinn, sondern vielmehr um Anekdotensammlungen.29 Während der Französischen Revolution werden Anspielungen auf politische Hauptereignisse und Akteure integriert.30 Hinzu kommt, daß die Anekdoten in dieser Periode einen zunehmend politisch-didaktischen Charakter annehmen.31 Was die Verwendung von Anekdoten in Sprachwörterbüchern angeht, so lassen sie sich vor der Französischen Revolution nur vereinzelt nachweisen.32 Die zwischen 1789 und 1793/94 erschienenen Revolutionswörterbücher enthalten hin und wieder anekdotenähnliche Passagen. Hier ist insbesondere Chantreaus Dictionnaire national et anecdotique von 1790 zu nennen. Die systematische Verwendung von Anekdoten, wie wir sie fur Rodonis DRR feststellen können, stellt jedoch eine Neuerung in der lexikographischen Landschaft des 18. Jahrhunderts dar. Bereits fur seine erste Publikation in Lausanne wählt Rodoni eine der Anekdote sehr verwandte Form, die 'Novelle', weiß er doch als ehemaliger Priester und Katechismuslehrer um die didaktische und ideologische Wirksamkeit dieser stark von der Mündlichkeit geprägten Formen.33
7.4.3 Der Aufbau der Anekdoten im DRR Rodonis Anekdoten folgen in der Regel dem klassischen Aufbau einer schriftlich fixierten Anekdote mit der Dreiteilung: Occasio (Einleitung) - Provocatio (Überleitung) - Dictum (Pointe).34 Auch hier vereint Rodoni unterschiedliche Ausprägungen der Grundstruktur, die jedoch alle noch unter die Textsorte Anekdote gefaßt werden können.35 Wir konzentrieren uns im folgenden auf den für Rodonis Wörterbuch typischen Anekdotenaufbau und erläutern ihn anhand einer ausgewählten Anekdote des DRR in Anlehnung an Schäfer. II y a quelques annöes que 1'on fit entrer, dans un monastere de filles un bon cuisinier, pour leur appreter un excellent repas. C'dtoit en careme; mais il falloit se rijouir, & table, de ce que l'on venoit de sacrifier une nouvelle victime au fanatisme et & la superstition. Le Cuisinier avoit sous ses ordres plusieurs vieilles Nonnes, ä la place de gar9ons. Tout-ä-coup celui-ci s'&rie: L'abaisse est-elle prete? j'en ai besoin. Une de ces vieilles va appeler l'Abbesse, qui abaisse tant soit peu son voile, entre et dit: Que me voulez-vous beau Cuisinier? Ce n'est pas vous, röpond-il; c'est de la päte que je demande. (s.v. 1, Abaisse)
28 29
30 31 32 33 34 35
Zur Anekdote insgesamt Grothe (1984); Rohmer (1992); Schäfer (1982); Weber (1993). Vgl. Grothe (21984: 64). S. auch die zahlreichen anonym erschienen Anekdotensammlungen in Baibier (31872:1, 178-188). Vgl. Nies (1988:245). Vgl. Rieger (1988:135). Vgl. Quemada (1967:524-527). Zur Politisierung der Anekdote Rohmer (1992:573f ). Dazu Schäfer (1982). Zu den unterschiedlichen Anekdotentypen Schäfer (1982).
54
Die Occasio reicht von II y α bis entre et dit. Sie liefert den Rahmen für das Verständnis der Anekdote. Die Anekdoten-Personen werden eingeführt und in Raum und Zeit situiert. Die Provocatio besteht in der Frage Que me voulez-vous beau Cuisinierl Sie schließt unmittelbar an die Occasio an und ist eine Fehlinterpretation derselben. Die Provocatio kann nach Schäfer außerdem enthalten ein Mißverständnis, ein Nicht-Verstehen, ein Nicht-Wissen oder eine Unangemessenheit in psychischer Hinsicht.36 Sie provoziert zum Widersprach, zur Klarstellung. Das Dictum umfaßt die knappen Sätze: Ce n'est pas vous, repond-il; c'est la päte que je demande. Es stellt eine Antwort auf die Provocatio dar und macht die mißverstandene Occasio deutlich.
7.4.4 Zum Wortspiel im DRR Die Beispiele, die Rodoni für seinen DRR wählt, basieren im Unterschied zu denen von Hurtaut und Philipon-la-Madelaine in starkem Maße auf dem sogenannten jeu de mots, dem Wortspiel. Es beruht auf Homophonie und Paronymie im 1. Teil bzw. Homonymie und Polysemie im 2. Teil.37 Die Französische Revolution hat in enormer Menge Wortspiele produziert, die zum Teil bis heute bekannt geblieben sind. Ein vielzitiertes geflügeltes Wort< ist zum Beispiel einer der Aussprüche Dantons auf dem Weg zum Schafott. Zu dem Dichter Fabre d'Eglantine soll Danton kurz vor seiner Hinrichtung gesagt haben: bald werden wir auch Dichter sein wie Du: Nous ferons des vers de nos cadavres. (Wir werden Würmer von unseren Leichen machen. Das Wort bedeutet Verse und Würmer.)38
In der Karikatur kommen Wortspiele ganz besonders zur Geltung, Bild und Text gehen hier eine originelle Verbindung ein. Einen groben Eindruck davon vermittelt sogar Rodoni selbst s.v. Abaissd (l). 39 In Rodonis Wörterbuch dominiert das sogenannte horizontale Wortspiel nach dem Schema: A
A
Ii
I2
Es besagt, daß in einem Text ein Ausdruck Α mehr als einmal vorkommt und jeweils einem bestimmten Inhalt (I) zugeordnet ist. Im vertikalen Wortspiel, das im DRR rein quantitativ eine untergeordnete Rolle spielt, hat ein Ausdruck nur ein Vorkommen und umfaßt mehrere Inhalte:
36 37 38 39
Schäfer (1982:36). Zur Linguistik des Wortspiels Hausmann (1974). Vossische Zeitung, Berlin 1794, zit. nach Buchner (1913,11:151). Zu Sprachspiel und Karikatur in der französischen Revolution Schmitt (1991).
55
A
Ii
h"
In beiden Fällen werden die normalerweise in verschiedenen Situationen und in zeitlichen Abständen vorkommenden Inhalte in eine Situation gestellt,41 In dieser Situation stehen zumeist in den Anekdoten des DRR zwei oder mehrere Sprecher in direkter oder indirekter Rede einander gegenüber, die eine ganz bestimmte Bedeutung mit einem Ausdruck assoziieren, welche sich deutlich von deijenigen ihres Gegenübers unterscheidet. Die Sprecher befinden sich auf verschiedenen semantischen Ebenen, die durch den jeweiligen sprachlichen oder außersprachlichen Kontext, in dem sie sich bewegen, determiniert wird. Die Folge kann ein einfaches Mißverständnis sein (ζ. B. s.v. 1, Aune), das in ein amüsantes Fehlverhalten mündet (ζ. B. s.v. 1, Embrasser). Der sich dabei häufig einstellende witzige Effekt wird gesteigert, wenn die Ausdrücke zweideutig verwendet werden können (ζ. B. s.v. 2, Evacuation, Fondement, Incontinence). Einen makabren Unterton haben etwa die Anekdoten s.v. Decoller (2) und Oreille (2).
40 41
Zur Wortspieltypologie vgl. Hausmann (ebd.: 16-19 bzw. Kapitel 9). Ebd.: 17.
8. Ausgewählte Beispiele aus DAF und DRR
Im folgenden werden ausgewählte Wörterbuchartikel des DRR denen des DAF gegenübergestellt. Sie sollen dazu dienen, Rodonis Anverwandlungs- und Übernahmetechniken (s. 7.3) zusätzlich deutlich zu machen.1 Um unnötiges Blättern zu ersparen, werden die Einträge hier in extenso wiedergegeben. DAF AMPOULE, s.f. Fiole, petite Bouteille. En ce sens il ne se dit que de La sainte Ampoule, qui est une fiole oü l'on conserve soigneusement l'huile qui sert ä l'onction des Rois de France quand on les sacre. AMPOULE, se dit aussi De ces petites enflures qui se font sur la peau, & qui sont pleines d'eau. II lui est venu une ampoule ά la main. II α des ampoules, de grosses ampoules aux mains, des ampoules sous les pieds. (1762: 1,68) DRR (2) Ampoule Un etranger non suspect, qui ne savoit pas bien parier Franfais, entra dans une boutique, ou l'on vendoit des verres, et dit: Vendez-moi une ampoule. Le marchand repondit: mon ami, il n'y a plus d'ampoules en France, excepte celles qui viennent aux mains, ou sous les pieds. Ampoule, f., signifie bien: fiole; petite bouteille; mais ce mot ne se disoit qu'en parlant de la fiole ou Ton conservoit l'huile, dont la Superstition et le fanatisme se servoient ä l'onction des tyrans, quand on pretendoit les sacrer. Ampoule, signifie ces petites enflures qui se font sous la peau et qui sont pleines d'eau.
DAF CALICE.s.m Le vase sacre oü se fait la consecration du vin dans le Sacrifice de la Messe. Calice d'or. Calice d'argent. [. . .] CALICE, en termes de Fleuristes, est l'evasement de l'extremite des branches ou des queues qui portent les fleurs. La plupart des calices sont de couleur verte. (1762: 1,235) DRR (2) Calice Un bon citoyen qui etoit fleuriste, dit un jour ä table: la plupart des calices sont de couleur verte. Son enfant l'interronipit en disant: pardon, papa; l'on m'a dit que tous les calices qu'on porte a la Monnoie, sont d'or ou d'argent. Tu as raison, mon enfant, reprit le pere; mais sache, que calice en termes de fleuriste, c'est l'evasement de l'extremite des branches ou des queues qui portent les fleurs; et que les calices dont tu paries sont des vases d'eglise, des vases de superstition, dans lesquels les pretres catholiques pretendoient faire descendre leur dieu des millions de fois par jour - Ah! ah! 1
Auch hier zitieren wir aus den Wörterbuchartikeln des DAF nur die Ausschnitte, die Rodoni tatsächlich verwendet hat.
57 DAF COMA s.m. Terme de Medecine. Maladie soporeuse moins forte que le Carus. (1762: 1,334) COMMA.s.m. Terme de Musique. Difference du ton majeur au ton mineur. COMMA, en terme d'Imprimerie, signifie aussi une espece de ponctuation qui se marque avec deux points l'un sur l'autre. (1762: 1,336) DRR(l) Coma, Comma Un medecin se trouva, un jour, entre un musicien et un imprimeur; il voulut badiner, et dit: je gage, mes amis, que vous ne savez pas ce que c'est que Coma. Comment? repondit le musicien: Comma, c'est la difference du ton majeur au ton mineur. Comment? repliqua l'imprimeur; Comma, c'est une espece de ponctuation qui se marque avec deux points l'un sur l'autre. Ah! ah! repartit le medecin, n'ai-je pas raison? Coma ne veut rien dire de tout cela. C'est une maladie saporeuse moins forte que le Carus.
DAF COURONNE. s.f. Ornement qui entoure la tete, & qui est fait de branches, de fleurs, ou choses semblables, pour marque d'honneur, ou en signe de joie. [. . .] COURONNE, se dit aussi De l'ornement de tete que les Rois, Princes ou Seigneurs portent pour marque de leur dignite, & qui ordinairement est d'or. [...] On dit, La triple couronne, pour marquer la Tiare du Pape. [. . .] COURONNE, se dit encore De la tonsure clericale que l'on fait sur le haut de la tete des gens d'Eglise. [...] COURONNE, se dit aussi d'Une sorte de Chapelet qui n'a qu'une dixaine. (1762: 1: 426) DRR (2) Couronne Ah! mon eher pere, s'ecria un enfant: explique-moi cette phrase que je viens de lire dans ce livre: "Les gens d'eglise, partisans du pape, ne le sont que parce qu'ils ambitionnent la triple couronne". Ah! mon fils, repondit le pere. Ce mot couronne est un mot detestable; il ne donne l'idee que de la tyrannie ou de la superstition. II signifie, en premier lieu, l'ornement de tete que les tyrans portent pour marque de leur pouvoir usurpe sur les peuples imbecilles et ignorans. En second lieu, il signifie une certaine tonsure que l'on faisoit sur le haut de la tete des charlatans ecclesiastiques, ou une sorte de chapelet, sur lequel les gens sans memoire comptoient des prieres. Enfin, il signifie: un ornement qui entoure la tete et qui est fait de branches, de fleurs &c. pour marque d'honneur, ou en signe de joie. Mais dans ce sens, il vaut mieux se servir du mot: guirlande. Pour ce qui regarde la triple couronne, cela signifie le triple pouvoir que le pape a usurpe 1 ° sur tous les autres tyrans subalternes; 2 ° sur tous les peuples aveugles; 3 ° sur l'evangile, qu'il a audacieusement aristrocratise ä son avantage.
DAF EGLISE.s.f. L'Assemblee des Fideles [...] EGLISE, Signifie aussi un Temple consacre ä Dieu, un lieu destine ä la celebration du Service divin. [...] EGLISE, se prend encore pour l'Etat du Clerge, comme etant plus particulierement devoue au service de l'Eglise. (1762: 1, 595)
58 DRR (2) Eglise Par un etrange abus, on nous avoit jusqu'ici fait croire que ce mot Eglise signifie trois choses: 1° l'assemblee des fidelles, qui cependant n'ont jamais ete fidelies qu'aux pretres et aux tyrans: 2° un temple consacre ä la Divinite, oü cependant Ton ne sacrifioit qu'au fanatisme et i la superstition: 3 ° un nombre innombrable de gens, surnommes Clerge, qui cependant n'ont jamais ete que des charlatans, des imposteurs et des trait res. Aujourd'hui la Raison nous a apporte du ciel la vraie signification de ce mot: 1. l'assemblee de tous les hommes, qui aiment la Nature et cet Etre inconnu qui l'anime: 2 ° un temple, oü l'on ne parle, en langue vulgaire, que des droits et des devoirs de l'homme, et ou l'on ne chante que les actions des hommes illustres: 3 ° Les gens eclaires; les bons Patriotes qui ne prechent au peuple qu'une morale toute pure.
DAF ELEVER. v.a. Hausser, mettre, porter plus haut, rendre plus haut. [. ..] On dit aussi figurement, Elever quelqu'un aux charges, aux dignites, aux honneurs. [...] ELEVER, signifie aussi, Nourrir un enfant [...]. II signifie figurement, Instruire, donner de l'education. Elever la jeunesse, I'elever dans la crainte de Dieu. (1762: 1,599) DRR (2) Elever Elever: hausser, porter ou rendre plus haut. II se dit aussi au fig.: Ce n'est plus la cabale, ni rintrigue, ni la faveur qui elevent les hommes aux charges et aux dignites; c'est le vrai merite, c'est le patriotisme le plus pur. Elever: nourrir, soit au propre, soit au figure: Respectons toujours les femmes enceintes et celles qui nourrissent; car elles portent, ou elevent des enfans pour la Patrie ... II faut elever la jeunesse dans l'amour le plus ardent de la Patrie.
DAF ENTIER, IERE. adj. Complet, qui a toutes ses parties, ou que l'on considere dans toute son etendue. [...] Le monde entier. L'univers entier. [...] ENTIER, signifie aussi, Opiniätre, attache ä ses sentimens. C 'est un homme entier, bien entier, fort entier en ses opinions. (1762: 1,638) DRR (2) Entier Entier, adj.: complet, qui a toutes ses parties, ou que l'on considere dans toute son etendue ... Le Monde entier rendra justice a notre cause ... L'Univers entier tot ou tard suivra nos principes. Entier: opiniätre, attache ä ses sentimens ... Les fanatiques et les superstitieux sont fort entiers en leurs opinions; mais: 9a ira; ils deviendront enfin raisonnables.
59 DAF EPIER. v.a. Monter en epi. Les bles commencentάepier.[...] EPIER. v.a. Observer secrettement & adroitement les actions, les discours de quelqu'un. On Γα mis aupres de ce jeune Prince pour epier ce qu'ilfait. Prenez garde ά ce que vous direz, vous etes έρίέ. Je le fais epier. On dit aussi, Epier le mouvement des ennemis. Epier I'occasion, le temps pour. Epier le moment. (1762: 1,652) DRR (2) Epier Epier: sans regime, signifie: monter en epi... les bles commencent ä epier ... avec un regime, signifie: observer secretement et adroitement les discours, les actions de quelqu'un ... II faut bien epier les mouvements de nos muscadins.
DAF IMAGE, s.f. Representation de quelque chose en Sculpture, en Peinture, en Estampe, en Dessein a la main, &c. [. . .] IMAGE, signifie encore Ressemblance. Dieu a fait I'homme ά son image. L'homme est Vimage de Dieu. Les Rois sont la plus vive image de Dieu. Cet enfant est l'image de son pere, sa vraie image. Voir son image dans le miroir. Voir son image dans I'eau. Ce tableau presente bien l'image de la nature. Ce Peintre est fidelle ά son image. (1762: l,902f.) DRR (2) Image Image,f.: representation de quelque chose en sculpture, en peinture &c. ... Nous respectons les images qui nous represented les hommes illustres et les defenseurs de notre Patrie. Image: ressemblance . .. Ou sont ces viles et faux adulateurs, qui ont ose dire, que les rois sont la vive image de la Divinite? Dieu est done un tyran, si les rois lui ressemblent; quelle noire absurdite!
DAF MIRACLE.s.m. Effet de la puissance divine contre l'ordre de la nature. [...] Miracle, se dit aussi par exageration, & se prend d'ordinaire en bonne part, pour exprimer une chose rare, extraordinaire. (1762: 2,148) DRR (2) Miracle Les gens d'eglise nous avoient appris que miracle signifie: l'effet de la Puissance divine contre l'ordre de la Nature. Mais ä present nous voyons clair que cette definition est une absurdite. Rien n'arrive contre l'ordre de la Nature, il est et sera toujours immuable. II n'y a jamais eu, et il n'y aura jamais de miracle qu'aux yeux des ignorants, qui ne comprennent pas la cause cachee d'un effet extraordinaire. Ce mot miracle ne peut signifier qu'une chose rare, qui n'est pas selon la pratique ordinaire. C'est notre sainte Revolution qui a fait un vrai miracle en obligeant les ministres des saints de ne plus leur faire faire de faux miracles. C'est un vrai miracle que de
60
resister nous seuls ä tant de Puissances coalisees contre nous, et de les obliger ä nous demander la paix.
DAF NOBLESSE, s.f. Qualite par laquelle un homme est noble. [...] On dit proverbialement, Noblesse vient de vertu, pour marquer, qu'Un homme n'est proprement au-dessus d'un autre, que par la vertu & par le merite. (1762: 1,212) DRR (2) Noblesse Noblesse, f.: qualite, par laquelle un homme est noble ... Graces ä notre Revolution, il est etabli que: noblesse vient de vertu, et pas autrement. Noblesse de naissance; noblesse achetee; ce sont des noms barbares. Un homme n'est au-dessus d'un autre que par la vertu et par le merite.
DAF POELE.subst.m. Drap mortuaire qu'on met ä l'Eglise sur le cercueil. [...] POELE, se dit encore Du voile qu'on tient sur la tete des maries durant une partie de la Messe qui se dit pour la benediction nuptiale. [. . .] POELE,s m Dais sous lequel on porte le Saint Sacrement aux malades & dans les processions. [...] On appelle aussi Poele, Le dais qu'on presente au Roi, aux Princes, aux Gouverneurs de Province, &c. lorsqu'ils font leur entree dans une ville. [...] POELE.s.f. Ustensile de cuisine, dont le corps & la manche sont tout de fer, & dont on se sert pour frire, pour fricasser. [...] POELE, est aussi un ustensile sans queue, dont on se sert pour faire des confitures. (1762: 2:404f.) DRR (2) Poele Une vieilee citoyenne, toujours curieuse d'apprendre des nouvelles, en demandoit a tout le monde. On lui dit un jour qu'un Repräsentant du Peuple revenoit ä Paris avec plusieurs centaines de caisses, toutes remplies de bustes, de chandeliers, de poeles &c. Cette femme s'ecria: Ces poeles sont elles ä frire ou a faire des confitures? 1. Poele, f.: Voile qu'on tenoit sur la tete des maries, durant une partie de la messe qui se disoit dans la ceremonie superstitieuse de la benediction nuptiale . .. 2. drap mortuaire que l'on mettoit ä 1'eglise sur le cercueil ... 3. dais, sous lequel on portoit un peu de pain sans levain aux malades et dans les processions ... 4. dais qu'on presentoit au tyran ou ä ses satellites lorsqu'ils faisoient leur entree imposante dans une ville ... 5. ustensile dont on se sert pour faire des confitures, ou, dans la cuisine, pour frire, pour fricasser; masc.
61
8.1
Zur Orthographie
Hinsichtlich der Orthographie weicht Rodoni mehr noch als in der Makrostruktur in der Mikrostruktur von dem DAF ab. Zu diesen Abweichungen geben wir im folgenden einen Überblick. DAF 1. Teil croutes temps hemisphere poele ci viere mächoire tres-commune potagere grace carrieres derriere legere siege goutiere eclorre matieres tres-leger priere loix pere mere grossiere viscere riviere lumiere lisieres Israelite levier tres-dure lievres tres-vorace cinquieme ventosite mele mal-propre maniere leve cable
DRR croütes (Mie s.v. Amie) tems (s.v. Autant) emisphere (s.v. Autel) poele (Beignet s.v. Baigner) civiere (s.v. Bard) mächoire (Barres s.v. Bard) tres commune (s.v. Berce f.) potagere (Bette s.v. Bete) grace (s.v. Bienfait) carrieres (s.v. Bonbanc) derriere (Braie s.v. Brai) legere (Cabriolet s.v. Cabrioler) siege (Seile s.v. Celle) gouttiere (s.v. Cheneau) eclore (Couvant s.v. Couvent) matieres (Cendres s.v. Descendre) tres leger (Etain s.v. Etaim) priere (s.v. Exaucer) lois (Faux s.v. Faut) pere (Fils s.v. Fi) mere (") grossiere (Fleuret s.v. Fleurer) viscere (Foie s.v. Foi) riviere (Gue s.v. Gai) lumiere (Ombre s.v. Hombre) lisieres (Le s.v. Lai) Israelite (s.v. Levite) levier (s.v. Pince) tres dure (Roc s.v. Rauque) lievres (s.v. Repaire) tres vorace (s.v. Requin) cinquieme (Requint s.v. Requin) ventuosite (s.v. Rot) mele (s.v. Rouan) mal propre (s.v. Sale) maniere (s.v. Soufllet) leve (Taillon s.v. Taillons) cable (s.v. Toue)
62 2. Teil2 caractere secrette fideles tres-basse tres-petite tres-rapide colere demi-ivre tres-longue nouveau ne tres-violente tres-dangereuse Pseaume stale
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caractere (s.v. Chiffre) secrete (") fidelies (s.v. Eglise) tres basse (s.v. Fraises) tres petite (") tres rapide (s.v. Fregate) colere (s.v. Furie) demi ivre (s.v. Gris) tres longue (s.v. Immortelle) nouveau-ne (s.v. Layette) tres violente (s.v. Miserere) tres dangereuse (") Psaume (") stalle (s.v. Misericorde)
Wir berücksichtigen hier nur neu hinzugekommene Fälle.
9.
Zu inhaltlichen Aspekten des DRR
9.1 Rodonis Dictionnaire als revolutionäres Brevier Immer wieder enthalten die Beispiele, die Rodoni zur Erklärung der Lemmata einsetzt, als Kern eine prägnante Formulierung. Gelegentlich verweist dies auf die Schlagworte1 der Revolution, ζ. B. Nous voulons la Liberie, l'Egalite, l'Independance, la Republique une et indivisible, ou la mort (s.v. 1, Tout ou rien). An mehreren Stellen ist sie in Form einer allgemein gültigen Maxime formuliert, z.B.: chacun doit payer son tribut a la Patrie (s.v. 1, Tribu). In der Summe bilden all diese Schlagworte und Maximen eine Art Brevier, das die Grundzüge revolutionärer Moral, einen Katalog der Tugenden und - e contrario - Laster aus revolutionärer Sicht enthält. Rodonis Dictionnaire ist ebenso ein Wörterbuch wie ein moralisches Elementarbuch. Es ist nicht nur formal (Dialoge), sondern auch inhaltlich in der Nähe der Katechismen anzusiedeln. Es versteht sich als ein Teil der großangelegten Kampagne des Jahres II zur Schaffung eines neuen Symbol- und Werteuniversums. In dieser Perspekive schafft die pädagogische und moralische Finalisierung Konvergenzen zwischen bis dahin völlig getrennten Diskurstraditionen. Die Maximen beziehen sich zum größten Teil auf die allgemeinsten Prinzipien revolutionärer Lebensführung und deren Auswirkungen auf die Alltagspraxis. Ein beträchtlicher Teil der Sentenzen betrifft die Kriegsfuhrung. Besonders sticht eine Gruppe von Aussagen hervor, in denen Frankreichs Modellfunktion fur die ganze Welt betont wird. Es geht also um die Universalisierung revolutionärer Tugenden im Raum und in der Zeit: Notre revolution prend un grand empire sur notre globe: tous les empires empirent ä vue d'oeil (s.v. 1, Empire), Töt ou tard la Liberte doit triompher par-tout (Tot s.v. 1, Tau), Celebrons la descente de la Raison sur la Terre (s.v. 2, Descente), L'Univers entier töt ou tard suivra nos principes (s.v. 2, Entier)2 Auffallig ist auch die Tatsache, daß vor allem im 2. Teil die Erziehung mehrfach ausdrücklich thematisiert wird: II faut elever la jeunesse dans l'amour le plus ardent de la Patrie (s.v. 2, Elever), Une bonne education depend essentiellement des premiers elemens qu'on fait apprendre ά la jeunesse (s.v. 2, Element). Das Wörterbuch in moralisch-didaktischer Absicht wird sich also auch selbst zum Gegenstand. In welcher Form wird nun der verpflichtende Charakter der Kernsätze deutlich gemacht? Am häufigsten verwendet Rodoni einen Indikativ, der eine starke Verpflichtung impliziert: le vrai Frangais n'adore que la Raison et la Liberte (s.v. 1, Adore). Der verpflichtende Charakter wird dadurch deutlich, daß es sich um Allaussagen handelt: Jeder (chacun) oder jedenfalls jeder im Sinne der Revolution moralisch Handelnde (le vrai Franqais, tous les bons patriotes) folgt der jeweiligen Maxime. Seltener ist eine Explikation des normativen Status des Satzes durch Formen des Imperativs, den Konjunktiv im Hauptsatz oder durch Ausdrücke des Sollens (devoir, il faut). Gelegentlich finden sich auch elliptische Aufforderungen im Stile 'Aux armes, citoyens'. (s.v. 1, Bois)
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Zu den Schlagworten der Französischen Revolution Bahner (1963). Die Universalisierung folgt notwendigerweise aus der Unifonniening gemäß vernunftigen Prinzipien. Dazu Schlieben-Lange (1990, 1996). Eine besondere Rolle spielt die Frage der Universalisierbarkeit in der Diskussion um den neuen Kalender, s. Schlieben-Lange (1991).
64 Die Subjekte der neuen Moral sind die vrais Frangais, bons citoyens, bons patriotes, bons sansculottes, vrais patriotes, im zweiten Teil dann auch die Nation. Im Gegenzug werden die Feinde der Revolution charakterisiert und verworfen: royalistes, coalises, federalistes, rebelies de la Vendee, Anglais, traitres, fanatiques, superstitieux, alle Halbherzigen und jene, die zur division beitragen. Die Prinzipien schließlich, denen sich früher oder später das ganze Universum verpflichtet wissen soll und aus denen sich alle Einzelempfehlungen ableiten lassen, sind raison, liberie (diese beiden mit weitem Abstand), patrie (amour de la patrie, salut de la patrie), honneur. Im zweiten Teil kommen noch concorde, union, indivisibilite, philosophie und lumiere als explizit benannte Prinzipien hinzu. Die innere Einigkeit gewinnt nun an Bedeutung. Wenn das Wörterbuch seiner Bestimmung gemäß eingesetzt worden wäre, als Elementarbuch in der Schule nämlich, so hätten die jugendlichen Benutzer nicht nur etwas über Homophone, Homonyme/Polyseme und Syonyme lernen, sondern auch einen festen Vorrat an revolutionären Maximen erwerben können.
9.2 Die Gesellschaft des Jahres II im Spiegel des DRR Rodonis Wörterbuch ist nicht nur eine Einfuhrung in die revolutionäre Moral, sondern darüber hinaus ein (Zerr-)Spiegel der Gesellschaft des Jahres II. Diese Repräsentation ist stark stilisierend und dichotomisierend, aber gerade in dieser Stilisierung auch eine wertvolle Quelle für die Rekonstruktion revolutionärer Realität, die als solche natürlich schon eine interpretierte ist. Die Organisation der Anekdoten, sowohl intern als auch in ihrem wechselseitigem Bezug, beruht einmal auf der Opposition zwischen alt und neu, avant/apres la Revolution. Es gibt Anekdoten, die vor der Revolution spielen: dans le vieux temps, avant notre (Sainte Revolutionj. Sie dienen dazu, die mißbräuchlichen Praktiken (und damit verbunden: den mißbräuchlichen Sprachgebrauch) des Ancien Regime darzustellen. Der Großteil der Anekdoten ist jedoch in der revolutionären Gegenwart situiert. In dieser Gegenwart gibt es freilich Spuren der alten Zeit in Form von emigres, ci-devants, ex-nobles etc. Auch an diesen Überresten lassen sich die Übel der alten Zeit demonstrieren. Die Geographie der Anekdoten ist etwas komplexer als die Chronologie: die Gegenwelt der emigres, officiers allemands, eveques befindet sich im Ausland: in England, Deutschland, Italien. Die französische Schweiz (Lausanne, le pays de Vaud), in der Rodoni gelebt hat, und Genf, wo er zur Zeit der Abfassung des Wörterbuchs lebt, sind neutral dargestellt. Die Akteure der revolutionären und republikanischen Welt leben vorwiegend an einem geographisch nicht genau bestimmbaren Ort: sie befinden sich in ihrer Werkstätte, in einer auberge, im Club, in der societe populaire. In einigen Anekdoten wird auf Paris als Handlungsort verwiesen. Die andere große Achse der Organisation ist die Dichotomie zwischen den Subjekten der Revolution und ihren Feinden. Auf der einen Seite die Aristokraten, hier verstanden als Kollektivbegriff für alle Revolutionsgegner. Dafür wählt Rodoni sehr eindrücklich das Bild des sich immer wieder reproduzierenden Polypen, den er gewissermaßen in seinem Wörterbuch mikroskopisch betrachtet.
65 Vrai symbole de l'aristocratie, qui, quoique ecrasee, cherche ä se reproduire sous mille formes differentes (s.v. 2, Polype) 3
Im einzelnen handelt es sich dabei vor allem um: ci-devants, ex-nobles, emigres, etrangers suspects, federalistes, bigots, faux patriotes, traitres, royalistes, tyrans, superstitieux, soldats und officiers allemands. Die Figur des muscadin sticht ganz besonders ins Auge (s. 9.3). Gelegentlich nennt Rodoni sogar konkrete Namen, so z.B. Pitt, Brunswick, Custine, Dumouriez, Lafayette etc. (s. Register). Auf der anderen Seite die Repräsentanten des republikanischen und revolutionären Frankreich: citoyens, patriotes, sansculottes, membres de la Montagne bzw. bons Montagnards, Offiziere und Soldaten der Revolutionsarmee, auch Geistliche, sofern sie pretres assermentes et bons patriotes sind, die Vertreter der verschiedenen Berufe, paysans etc. Eine Zwischenstellung nehmen die domestiques, valets und servants ein, die auffällig oft in Erscheinung treten. Sie werden politisch neutral dargestellt. Diese Zurückhaltung ist möglicherweise darauf zurückzufuhren, daß in Wirklichkeit die Berufsgruppe der Dienstboten, die es noch während der Französischen Revolution gab, schwer zuzuordnen ist. Einerseits sehen die Patrioten im Diener gleichermaßen den Stellvertreter dessen, der ihn beschäftigt.4 Andererseits haben die Jakobiner ein schlechtes Gewissen gegenüber einer Gruppe, die nachweislich ihre Wurzeln im einfachen Volk hat und die gleichwohl verachtet und verdächtigt wird.5 Aus diesem Grund meiden die Sansculotten die Begriffe domestique und valet und ersetzen sie durch Euphemismen wie officieux, familier, homme de peine, nicht so Rodoni.6 Die männlichen Akteure sind also recht diversifiziert. Auf der Seite der Frauen gibt es wohl auch eine gewisse Differenzierung (Blanchisseuse, marchande de mode, nourrice, servante, bigotte, grisette, Prostituierte, ex-noble, muscadine), aber insgesamt doch eine stärkere Stilisierung in Richtung auf zwei Typen: einerseits die ex-noble, die muscadine, die sich nicht um ihre eigenen Kinder kümmert, nur ihren Schmuck und ihre dahinwelkende Schönheit im Sinn hat, kokett ist und ihren Mann betrügt. Auf der anderen Seite die jeune citoyenne, bonne patriote, die die schlechten Absichten insbesondere der muscadins wohl durchschaut und sie eindeutig zurückweist. Außerdem die um ihren Ehemann und ihre Kinder besorgte treue Ehefrau und Mutter, die es sogar hinnimmt, daß der Sohn das Vaterland als erste Mutter ansieht (s.v. 2, Caisse). Die Dialoge entstehen in zwei Grundsituationen. Häufig klären die Akteure der republikanischen Welt die Vertreter des Ancien Regime über die veränderten Verhältnisse auf. Eindeutig und bestimmt verkünden sie ihre Prinzipien (s.o.) und erklären ihre Schlüsselbegriffe. Neben diesen Gegenüberstellungen der Repräsentanten der verschiedenen Ordnungen findet sich auch eine andere typische Lehrsituation: Lehrdialoge zwischen Vater und Sohn, die eine Reihe von Anekdoten makrostrukturell verknüpfen7 (so z.B. zu Beginn des 2. Teils). Es geht in diesen Dialogen um die Erklärung der zentralen Begriffe der Revolution: liberie, egalite (die unter dem Lemma Naissance (2) abgehandelt wird) und um die Zurückweisung von tyrannie, S. auch s.v. Peuple (1). Vertreter des Ancien Rögime wurden häufig mit Insekten verglichen, ζ. B. bei Lichtenberg. Dazu Schöne (1982: 104 u. 178). 4
Petitfröre (1992:62).
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Ebd.: 63. Ebd.: 63f. Zu den revolutionären Euphemismen, die häufig in Form von Periphrasen auftauchten, Brunot (1939 X, 1:25-27). Diese Lehrdialoge zwischen Vater und Sohn, Mutter und Kind, Lehrer und Schüler kennzeichnen die meisten Revolutionskatechismen, vgl. Harten (1990:160f.).
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66 superstition und fanatisme, hier besonders in Form einer scharfen Kritik an der katholischen Kirche in Gegenüberstellung mit dem Calvinismus (s.v. 2, Huguenotte) und den Prinzipien der raison. Wir hatten oben gesagt, daß Rodonis Darstellung der Realität stark stilisiert ist. Die Realität, die wir - hier wie in anderen Texten - vorfinden, ist eine bereits interpretierte, durch und durch symbolisch aufgeladene. Das Jahr II ist eine symbolische Konstruktion, in der nichts einfach es selbst ist, sondern immer auch die Revolution (oder ihre Feinde) bedeutet. Der Sansculotte ist immer ein doppelter: er selbst und die Inkarnation der Revolution8. Diese symbolische Dichte charakterisiert auch Rodonis Wörterbuch, und zwar in zweierlei Hinsicht: das Symboluniversum der Republik des Jahres II wird ständig thematisiert und sowohl die erklärten als auch die zu ihrer Erklärung verwendeten Wörter sind bedeutungsschwer und verweisen auf etwas, das nicht (nur) die außersprachliche Realität ist (z.B. solitaire, promener, montagne) (s. 9.5). Die uniformierenden Bemühungen des Jahres II, die gleichzeitig wiederum die Revolution symbolisieren, haben sich auf Raum, Zeit und Sprache gerichtet9. Die Vereinheitlichung des Raums spielt bei Rodoni kaum eine Rolle, allenfalls wieder als Problem der Benennung10: so spricht er von la ci-devant Provence (s.v. 2, Baveuse). Daneben operiert Rodoni wie selbstverständlich mit dem Begriff departement. Demgegenüber nimmt der neue Kalender einen breiten Raum ein. Alle Zeitangaben werden dem alten oder dem neuen System zugeordnet (vieux style/nouveau style). Der neue Kalender wird mehrfach thematisch: L'ere de notre Republique a commence le 22. septembre 1792 (Ere s.v. 1, Air), die Aufteilung des Jahres in 12 Monate zu 30 Tagen wird s.v. Moi (1) erklärt, die Monatsnamen s.v. Niveau (1), die Sansculottiden s.v. An (1). Nicht selten begegnen wir Zitaten oder Verweisen auf Texte, vom Schlagwort (vgl. oben) über Lieder (carmagnole, ςa ira) hin zu ganzen Büchern und Autoren (wie etwa Rousseau oder die Bibel), die ihrerseits wieder die Revolution oder ihre Feinde symbolisieren. Interessant sind in dieser Hinsicht auch die zahlreichen Verweise auf Periodika, die ihrerseits teilweise wieder emblematischen Charakter haben, wie etwa der Pere Duchene (s.v. 2, Poissonniere). Auch die visuellen Symbole der Revolution sind präsent: die Trikolore (s.v. 1, Αιιηέ), der arbre de la liberie (s.v. 1, Plante), die hache republicaine (s.v. 1, Ache), ja sogar von der Revolution geprägte Münzen (s.v. 2, Lentille), Spielkarten (s.v. 2, Trefle) und Schachfiguren (s.v. 2, Echec). Bedeutsam sind ferner die Materialisierungen der Prinzipien der Revolution, wie eben der Freiheitsbaum, der temple de la Raison und die Droits de l'homme. In diesem Zusammenhang spielt Rodoni auch auf die Feste der Revolution an: On alloit donner une Fete Nationale dans le Temple de la Raison (s.v. 1, Appareil). Dieser Gewichtung des Symbolischen entspricht die symbolische Vernichtung der Gegner, repräsentiert durch guillotine und lanterneu. Aristokratische Handlungen werden denunziert: das Hutziehen (s.v. 1, Autant) etwa widerspricht dem Gleichheitsprinzip. Besondere Sorgfalt widmet Rodoni der Vernichtung der Symbole der Kirche, (s. auch 9.4) die ja bis zur Revolution das Symbolmonopol innehatte (auch die Symbole des Königtums waren letztlich abgeleitete): les trönes et les autels vont etre abaisses (s.v. 1, Abaisse) Frankreich ist keine Nation idolätre (s.v. 2, Idolatre) mehr. Die Glocken werden zu Kanonen geschmolzen (s.v. 1,
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Zur Dichte des revolutionären Symboluniversums Schlieben-Lange (1996). Zum Projekt der Uniformierung Schlieben-Lange (1990, 1996). Schlieben-Lange (1991). Zu 'lanteme' und 'lanterner' Pabst (1994).
67 Cloche), die Heiligenfiguren und Kultgegenstände ins Eigentum der Nation überfuhrt (s.v. 1, Niche, 2, Argenterie) Die symbolische Gewalt über Geburt (bapteme) und Tod (s.v. 1, Creme, Fond) wird der Kirche streitig gemacht. Alles, was an die Kirche erinnert, muß uminterpretiert, umgetauft werden. Die Wörter müssen ihren wahren, d.h. vernünftigen Sinn (zurück)erhalten (s.v. 2, Benediction, Eglise), die Objekte einem vernünftigen Gebrauch zugeführt werden, der seinerseits wieder Symbol der neuen Ordnung ist: Est-ce une profanation que de changer les eglises en höpitaux? Elles servent ainsi de temples consacres au soulagement de l'humanite (s.v. 2, Profanation). Das Wort debaptiser, das Rodoni wiederholt verwendet, weist den Weg ins Zentrum der revolutionären Symbolisierungsaktivitäten: die alten Symbole werden vernichtet, an ihre Stelle treten neue Symbole. Sie haben den gleichen Status wie die alten, nämlich eine - quasi-sakrale - Ordnung zu vertreten: so müssen sie auch mit gleicher Intransigenz verteidigt werden. Daß Rodonis Sicht auf ein damit einhergehendes ritualisiertes Verhalten keineswegs ungebrochen ist, belegt der Eintrag s.v. Tic (1). Da das gesamte Sprechen symbolisch aufgeladen ist, es keine unschuldigen Wörter gibt, wird das Sprechen gefährlich: die Fußangeln eines lese-parole lauern überall. Jeder kann zum schuldigen Opfer, zum unschuldigen Verräter werden. Das Werk, das Kinder zur Sicherheit im neuen Sprachund Symbolgebrauch anleiten und ihm einen festen Standpunkt im Wertesystem vermitteln will, läßt gleichzeitig auch die Irritationen und Gefährdungen des neuen durchsichtigen Menschen aufscheinen.12
9.3 Zur Darstellung des Muscadin Besonders häufig tritt in Rodonis Wörterbuch als Gegenspieler der Sansculotten die Figur des Muscadin in Erscheinung, (s.v. 1, Depense, 2, Botte, Chapon, Obscure, Tranche).13 Für die ursprüngliche Bedeutung des Worts, die seit Ende des 16. Jh./Anfang des 17. Jh. belegt ist,14 gibt Richelet in seinem Dictionnaire Fran?ois von 1680 folgende Definition an: Muscadin, muscardin, s.m. L'usage est pour muscadin. C'est une Sorte de fort petite friandise, oü il y a du musque, de l'ambre & du sucre qu'on mange pour avoir bonne haieine & pour se r6joui'r le coeur.15
Zum Vergleich und zu weiterfuhrenden Informationen seien im folgenden die Wörterbuchartikel zu muscadin aus zeitgenössischen Wörterbüchern angeführt: MUSCADIN.s.m. Ein Muscadin oder Stutzer. Les ci-devant petits-Maitres n'ont pas besoin d'fetre laborieusement ddfinis, parcequ'ils s'afiichent eux memes dans toute leur petite manure d'6tre aux yeux des spectateurs, quoique grands ä leurs propres yeux ils portent sur leur front l'empreinte de la suffisance. Iis sont deja reconnaissables par leurs manures affectees et doucereuses, leur delicatesse öxquise, leurs paroles musquees jointes au ton tranchant et d&isif, par l'ögoisme dans leur ame, la mollesse rdpandue sur toute leur 6xistence. Iis jouerent, il-y-a plus de cent ans, dans la guerre civile contre MAZARIN du tems des barricades ou de la Fronde, ä qui ils doivent leur grande naissance, un bien plus grand role, que ne jouent les Muscadins et les Muscadines dans la revolution presente, dans laquelle les Dames de la Halle et les Poissoniöres, qui ä leur nez
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Zur Problematik des homo novus und des durchsichtigen Menschen Cobb (1970), Baczko (1978) und Hunt (1984). Diese Kontrastierung findet sich noch heute in der Historiographie: „Les Muscadins paraissent [...] comme l'antithise sociale et politique des militants sans-culottes", Gendron (1979:1). Soboul (1968:21ff.) zitiert zahlreiche Aussagen von Sansculotten, in denen der aristokratische Habitus der muscadins vehement verurteilt wird. Vgl. Tnisor (1985:11,1243); Robert (21989:6,10). 1680:2,58.
68 ne sentent pas le Muse, donnent le ton, ainsi que la belle Duchesse de LONGUEVILLE la Soeur du grand CONDIi entouite de ses belles compagnes, serines et pressöes ä leur tour par leurs Preux-Chivaliers, donna le grand et imposant ton ä la Fronde. Voltaire, qui aima rire plus qu'aucun de ses contemporains de tout ce qui dans l'Esprit des gens du bon ton passe pour infiniment important, ajoute, qu'il ne reste de toute la fronde que le souvenir du ridicule et la naissance des Petit-Maitres. Si les Muscadins et Muscadines ne doivent pas leur naissance ä la involution presente, qui n'a produit que des hommes inergiques et rivolutionnaires, ils lui doivent au moins la giniration d'un nouveau nom plus propre ό les peindre, que le premier, parce qu'il dörive ou du vin suave de Muscat ou du Muse, dont ils sont parfumds, ou des paroles musquies, qui d&oulent de leurs lfevres pomadies. Voici les passage, qui caracterisent la Ginöration presente des Muscadins en France. (Döfiez vous d'une nuee de Muscadins et de Muscadines, qui va pleuvoir & Paris non pour contre-rövolutionner par la force de leurs bras, mais par l'önergie de leurs machoires. En mangeant tous les jours deux Cent Francs par-tete ä l'Hotel d'ögalitö pour un repas, ils consomment et rencherissent les vivres et font naitre la disette). Les Muscadins, qui roulent sur le ρβνέ de Paris, qu'on ne peut faire un pas sans les rencontrer, pour s'dxempter de la requisition de servir dans l'infanterie, declarent, qu'ils veulent servir dans la marine. Quand ils sont arriv6s dans un port de mir, ils font si bien par leur conduite, qu'il faut les chasser delä, ou ils ddclarent, qu'ils n'ont point d'aptitude pour la marine, mais bien pour les trouppes έ cheval. Arrivös A l'escadron reformäs par d6faut d'aptitude dans la Cavallerie, ils veulent rentrer dans la marine ou dans les ambulances ou dans les charrois. Enfin on s'est lassi si bien de leurs subterfuges de sauver la Patrie, qu'on aurait mieux röussi ä organiser l'armöe du Pape, qu'une armöe de Muscadins. Les Muscadins croquent tous les jours avec toute l'dnergie de leurs dents les petits ortolans et les tendres perdreaux de Pörigord, petits Messieurs, petits fibres d'armes, petits rövolutionnaires, petits en tout excepti en rdpas somtueux. Je fais la motion, qu'ils soient log6s aux Petits-Peres jusques ä la fin de la rivolution, afin que par la disette, qu'ils occasionnent dans Paris, ils ne concourent au renversement de la Constitution.16 Muscadin. Ein wohlriechender Süßling. Dans la langue des Jacobins, synonime ä Royaliste ou Aristocrate. Ainsi furent appellös, pendant plusieurs annees, les hommes qui avaient des culottes et un pourpoint, par ceux qui portaient des pantalons et des Carmagnoles. L'expression ayant pris ensuite de la marge, quiconque parlait Frangais, (c'est ä dire un Fran?ais pur) ou ne sentait, ni la pipe, ni le rogomme (l'eau de vie) itait un muscadin baffouö et outragi par les Bacchantes, ripandues et payöes, ä cet effet, dans tous les quartiere de la ville.17
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bezeichnet man mit muscadin den sogenannten petitmaitre.18 Dieser ist ein jeune ilegant, jeune elegante aux allures et aux manieres affectes et pretentieuses.I9 So nennt denn auch in Rodonis Wörterbuch eine patriote einen muscadin ironisch mon petit maitre (s.v. 2, Immortelle). Ein weiteres Synonym, das Rodoni für den muscadin verwendet, ist muguet (s.v. 2, Muguet). Diese Bezeichnung geht auf ein Parfüm zurück, das die eleganten und galanten Personen insbesondere des 17. Jahrhunderts benutzten. Der Robert gibt für die historische Bedeutung folgende Definition an. Jeune homme qui cherche ä plaire par des raffinements de coquetterie excessive.20 Die revolutionär geprägte Bedeutung, die den muscadin zum „Aristokraten", Royalisten bzw. Konterrevolutionär erklärt und die zunächst in Lyon in Umlauf kommt, gehört im Herbst 1793 zum festen Bestandteil der französischen Sprache.21 Auch wenn Rodoni keine Definition für die erweiterte Verwendung des Begriffs muscadin in seinen Wörterbuchartikel aufnimmt und lediglich auf den
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Snetlage (1795:152-154). [Reinhard] (1796:233f ). Trösor (1985:11,1243). Trisor (1988:13,185). Robert (1989:6,634). Vgl. Frey (1925:162); Bninot (1937:714f.). Aus den muscadins geht im Thermidor die jeunesse dorie hervor, die großen Anteil an der Verfolgung der Jakobiner und Sansculotten hatte. Ausfuhrlich dazu Gendron (1979). Zur Begriffsgeschichte von muscadin ab 1792 s. Höfer (1996).
69 Bekanntheitsgrad desselben verweist, so läßt sich aus anderen Einträgen und Anekdoten nach dem Mosaikprinzip eine sehr genaue Defintion des muscadin zusammensetzen. Dabei entsteht ein Bild, das wir auch heute noch in der Revolutionshistoriographie antreffen:22 Der muscadin fällt zunächst durch sein Äußeres auf. Er macht den Eindruck eines Wohlhabenden (s.v. 1, Rieh), was jedoch nur äußerer Schein sein kann (s.v. 2, Rien). Er duftet nach Moschus (s.v. 1, Fleurer), trägt teure Kleider aus Seide (s.v. 1, Soi) und Pelz (s.v. 2, Fourrer). Besondere Sorgfalt verwendet er/sie auf die Frisur, für die er/sie Unmengen an Geld ausgibt (s.v. 1, Boucle, Depense). Die Frauen achten auf ihren Teint (s.v. 1, Haie) und schminken sich ausgiebig (s.v. 2, Rouge). Der muscadin liebt Tiere und Pflanzen mehr als Menschen (s.v. 1, Bleme, Depend, 2, Immortelle). Guter Umgang und Reichtum sind ihm besonders wichtig (s.v. 2, Eclater, Limonier), Luxuswaren ziehen ihn an (s.v. 1, Cabrioler, 2, Muscadin, Vinaigrette), obwohl er im Grunde arm zu sein scheint (s.v. 1, Gage). Rodoni schildert die muscadin/muscadine als eitel (s.v. 1, Soie), oberflächlich (s.v. 2, Fleurettes), anmaßend (s.v. 1, Dos, 2, Grison), draufgängerisch, anzüglich, unverschämt, aggressiv, aber auch ungeschickt (s.v. 1, Beaucoup, Decente, Aine, 2, Fichu, Ruelle). Seine Sprache ist affektiert (s.v. 1, Affaiter).23 Ausgiebiges und gutes Essen schätzt er besonders, deshalb sehnt er sich auch nach den alten Zeiten zurück, da noch exotische Delikatessen auf dem Speiseplan standen (s.v. 2, Chapon, Mendians). Der muscadin ist dick, grobschlächtig (s.v. 1, Epais) und faul (s.v. 2, Tranche). Gleichheit und Brüderlichkeit sind für ihn/sie Fremdwörter (s.v. 2, Coin, Decoller, Garderobe, Obscure). Aufopferungsbereitschaft und Patriotismus kennt er nicht, denn er ist heuchlerisch, ängstlich und feige (s.v. 2, Botte, Dependre, Droit, 1, Fleurer, 2, Lache, 1, Pli). Zuweilen wirkt er lächerlich und wird deshalb gerne verlacht (s.v. 2, Adonis). Nicht nur sein äußeres Gebaren macht ihn für die Revolutionäre, vor allem die Sansculotten, zur Zielscheibe der Kritik, sondern auch und vor allem seine politischen Auffassungen (s.v. 1, A), und propos ineiviques, aufgrund derer er sogar angeklagt werden kann (s.v. 2, Blanchir, 1, Cause, Deraison). Insgesamt gesehen gilt der muscadin in Rodonis Wörterbuch als Feind der neuen Gesellschaft, den man verachtet uhd meidet, weil er das genaue Gegenteil eines Patrioten repräsentiert. Dennoch wird er vorerst geduldet,24 ja er wird sogar nicht völlig verdammt (s.v. 1, A, Affaiter).25 Um jedoch aller Gefahr aus dem Weg zu gehen, wird jeder seiner Schritte strengstens beobachtet (s.v. 2, Epier)
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S. insbesondere Gendron (1979). Gendron (1989:600) gibt an, sie hätten beim Sprechen mit Vorliebe das R in den Wörtern weggelassen: Ma pa-ole d 'honneu-, c'estho—ible! Als einige muscadins am 5. September 1793 dem Konvent eine Petition gegen die levie en masse vorlegen, reagiert Barire folgendermaßen: „ce mot [muscadin, Hrsg.] qu'une jeunesse orgueilleuse s'est fait donner et qui attestera ä la post6rit6 qu'il a existö en France, au milieu de la Revolution, des jeunes gens sans courage et sans patrie", zit. nach Gendron (1979:26). Für die Umerziehung eines muscadin verwendete man den Begriff dimuscadiner. Dazu Snetlage (1795:60) unter diesem Eintrag: ,ßntmuscadiniren. Ce mot vient de Muscadins, les ci-devant petits maitres. Dimuscadiner veut done dire: rendre quelqu'un moins muscadin, lui oter son air avantageux, son ton decisif, sa suffisance, ses manures iffront6es, son igoisme pernicieux ä la chose-publique en le rendant d'homme dinaturö qu'il itoit homme naturel, et Citoyen utile."
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9.4 Zu Rodonis Antiklerikalismus Plus je crois, moins je crois (s.v. 1, Crois) Es war bereits mehrfach davon die Rede, daß Rodonis Wörterbuch durch seinen massiven Antiklerikalismus geprägt ist. Dieser erscheint vor dem Hintergrund von Rodonis Vorgeschichte in einem besonders grellen Licht (s. Chronik). Rodoni ist zum Priester und Katechismuslehrer ausgebildet worden und praktiziert in diesen Funktionen mehrere Jahre in Parma. Als er anfängt, sich kritisch zur katholischen Kirche zu äußern, wird er Opfer der Zensur und schließlich aus der Stadt verjagt. Es dauert nicht lange bis er sich für diese Demütigung rächt. Als Proselyte verfaßt er 1782 seine Trenta novelle. Sie sind eine radikale Verurteilung und Abrechnung mit der katholischen Kirche auf sämtlichen nur denkbaren Ebenen. Heuchelei, Ausbeutung, Ausschweifung, Betrug, Egoismus, Irreführung der Gläubigen, Mißachtung und willkürliche Fehlinterpretation der biblischen Botschaft sind Leitmotive, die Rodoni in Fortführung des aufklärerischen Antiklerikalismus zur Charakterisierung der Päpste, Pfarrer, Mönche und ihrer Praktiken dient. Durch diese Publikation, die einen Skandal in Parma ausgelöst haben muß,26 vollzieht Rodoni den endgültigen Bruch mit der katholischen Kirche. Es sollte aber nicht dabei bleiben. In einer weiteren 'Novellensammlung' mit dem Titel L'Hypocrisie dimasquee beabsichtigt er, vor allem die Mönche zum Thema zu machen. Sie bleibt allerdings unveröffentlicht. In Italien führen offensichtlich Rodonis kritische Äußerungen gegenüber der Kirche zu seiner Verfolgung und Ausweisung. In der Schweiz weiß er sich durch die reformierte Kirche geschützt, um seinem Antikatholizismus Ausdruck zu verleihen. Er richtet sich hier noch in erster Linie an die Italiener. Die Französische Revolution schließlich bietet ihm die Möglichkeit, die gesamte katholische Kirche öffentlich sanktioniert an den Pranger zu stellen. Auf diese Weise hofft er einen Beitrag zur instruction vraiment patriotique de la Jeunesse Frangaise zu leisten. Er knüpft dabei - zum Teil wörtlich - an die Darstellungen der 'Novellensammlung' an. Gegenüber dem Papst zeigt er sich unerbittlich. Er plädiert dafür, die Päpste nicht Nachfolger Petri, sondern besser Nachfolger des Judas zu nennen (s.v. 2, Gratis). In einer Anekdote läßt er sinnigerweise den Hauptvertreter des Antiklerikalismus des 18. Jahrhunderts, Voltaire, zu Wort kommen, der dem Papst durch einen Bischof ausrichten läßt, seine Kirche ruhe auf äußerst unsicheren Fundamenten (s.v. 2, Pierre). Schließlich prophezeit Rodoni dem kirchlichen Oberhaupt ein nahes Ende (s.v. 2, Brei). Ganz im Tenor des Jahres II 27 schlüsselt Rodoni die Verfehlungen der Kirche auf. Programmatisch dafür steht der Eintrag s.v. Eglise (2). Wir finden die hier sehr dicht formulierten Ansichten über das gesamte Wörterbuch verteilt wieder. Die Kirche verführe (s.v. 1, Chaire) und täusche (s.v. 1, Couvent) das gutgläubige Volk, halte es bewußt in Unwissenheit (s.v. 2, Entretenir) und beute es zum eigenen Vorteil aus (s.v. 2, Aumdnier, Benefice) Dem Volk predige sie Enthaltsamkeit und gebe sich doch der größten Ausschweifung hin (s.v. 1, Abbesse, Chair, Chapele). Die Vertreter der katholischen Kirche sind für Rodoni Verräter, Heuchler (s.v. 1, Serpent) und Charlatane (s.v. 2, Couronne). Dennoch hofft er auf deren Einsicht und uneingeschränktes Bekenntnis zu den Idealen der Französischen Revolution (s.v. 1, Apostat, Creme, 2, Entier). Priestern allerdings, die den Konterrevolutionären in die Hände spielen, wünscht er den Untergang (s.v. 1, Vendee). Was 26 27
Dies legen die Briefe von Rodonis Bruder Stefano an Affö nahe, s. Chronik. Dazu Vovelle (1976); Soboul (1982); Bianchi (1985); Schleich (1988).
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die Symbolik angeht, so kennt Rodoni keine Kompromisse. Sie müsse vollständig durch die der Revolution ersetzt werden (s. 9.2). Besonders eindrucksvoll sind die von ihm vorgenommenen Profanisierungen religiöser Handlungen und Requisiten. Das heilige Sakrament wird zu einem Brot ohne Hefe (s.v. 2, Poele), das Rosenkranzbeten zu einem sinnlosen Zählen von Steinen (s.v. 2, Couronne), die Taufe zur Kopfwäsche (s.v. 1, Creme) etc. Trotz seiner harschen Kritik an der Kirche spricht Rodoni keineswegs einer radikalen Entchristianisierung das Wort.28 Vielmehr scheint auch er von der Notwendigkeit des Glaubens an ein etre supr&me überzeugt, das man en esprit et en νέηίέ verehren müsse (s.v. 2, Eglise, Idolätre, Jalous, Religion). Er lehnt jedoch in diesem Zusammenhang jegliche Form von Kulthandlung ab.29 Dazu findet sich eine Parallelstelle in den 'Novellen': L'Ecriture Sainte d&lare en plusieurs endroits, que ces solemnitös qui ne consistent qu'en fastueuses apparences & en vaines cörömonies, sont abominables aux yeux du Seigneur. En vain, dit-il, m'honorent-ils par leur tradition, & par des pratiques qui ne font que des commandemens d'hommes [...]. Dieu est esprit, & il faut que ceux qui l'adorent, l'adorent en esprit & en νέιϋέ. C'est de tels adorateurs que le Pere demande
I.·.]·30 Die einzige Religion, die Rodoni im DRR gelten läßt, ist die einer religion naturelle, die der raison eternelle (s.v. 2, Errant, Infidelle). Diese läßt dann auch einen Kult zu, der im Temple de la Raison, den ehemaligen Kirchen, zelebriert wird (s.v. 2, Eglise, Dignite). Bereits 1782 sagt Rodoni in den 'Novellen' voraus: II faut espörer que le beau jour de la raison luira enfin: qu'aprös avoir brisö les idoles du fanatisme & de la superstition; on vena enfin la vöriti assise sur son tröne dans tout l'&lat de la beautö et de sa gloire.31
Und mit der Französischen Revolution sieht er dann endlich seinen Wunsch in Erfüllung gegangen: Celebrons la descente de la Raison sur la Terre. (s.v. 2, Descente)
9.5 Zu Rodonis Rousseauismus In seinen Briefen an den französischen Nationalkonvent legt sich Rodoni den Beinamen le solitaire aux Eaux vives zu. Diese Selbststilisierung ist gleich zweifach von Rousseau inspiriert.32 Zum einen wird damit unverkennbar auf dessen Werk Les reveries du promeneur solitaire angespielt, das 1782 postum erschienen ist. Zum anderen verweist die Bezeichnung Eaux vives auf den gleichnamigen Genfer Vorort, in dem Rousseau 1754 gelebt hat.
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Deren Gefahr für die Errungenschaften der Revolution hatten viele Revolutionäre erkannt. Robespierre wies wiederholt darauf hin, daß die EntChristianisierung den Konterrevolutionären in die Hände spielte: Celui qui veut I 'empecher est aussi fanatique que ceiui qui dit la messe. Deshalb ließ er die Freiheit der Kulte am 8. Dezember 1793 gesetzlich verankern, vgl. Soboul (1982:414). Wenige Monate, nachdem Rodoni sein Wörtertuch abgeschlossen hatte, ließ Robespierre am 7. Mai 1794 indes den Kult des Höchsten Wesens von offizieller Seite einfuhren. Trenta novelle: 129, 131. Trenta novelle: 309. Vgl. auch Rey (1989:158).
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Wie für viele Zeitgenossen33 ist der grand Rousseau (s.v. 2, Rousseau) für Rodoni eine Leitfigur als Prophet de notre Revolution (s.v. 1, Auteur).34 Zugleich ist er das Ideal des Intellektuellen, der solitaire, dans une retraite champetre (s.v. 2, Ferule) lebt und sich dennoch nicht von der Gesellschaft abwendet.35 Mehrfach beschwört Rodoni in seinem Wörterbuch das Vorbild des Philosophe solitaire in seiner cabane [...], se rendant toujours utile ä sa Patrie par des ouvrages qu'il ne cessoit de composer, (s.v. 2, Bergerie) Wie subtil der Bezug auf Rousseau mitunter ist, belegt die Anekdote zum Lemma Fond (1): Un bon patriote disoit: Ceux qui ont tenu mon enfant sur les fonts, l'ont nommö Henri. Moi, qui ne fais aucun fond sur cette cörimonie superstitieuse que les pretres font tant valoir, pour augmenter leurs fonds; je Tai dibaptisö, et je l'appelle Emile.
Rodoni selbst hat eine Tochter, die auf den Namen Henriette getauft ist und die später Henriette-Emilie (!) genannt wird. In seinen Anecdotes von 1795 erweist Rodoni ein weiteres Mal Rousseau seine Reverenz und Referenz: Un citoyen monta, avec son domestique, sur une haute montagne. Le maitre s'amusoit, toujours en marchant, ä lire le Contrat Social de J.J.R. Tout-ä-coup il s'ecria: Ciel! Quel auteur! Le domestique rfyliqua: Ah! c'est bien vrai; quelle hauteur! (s.v. Auteur, N° 2: 11)
Diese Geschichte vom Fußmarsch auf die Montagne läßt sich als Gleichnis lesen. Schon in seinem Wörterbuch hat Rodoni nämlich die reale Landschaft in eine symbolische verwandelt, wenn er schreibt: Du sommet de la montagne oü nous sommes, nous n'envoyons ä l'ennemi qui nous a sommes d'autre röponse que les boulets de nos canons, (s.v. 1, Sommet)
Daß beim Begriff Montagne stets die sogenannte Bergpartei mitzudenken ist, liegt auf der Hand. Nos bons Citoyens de la Montagne, schreibt Rodoni, travaillent toujours pour le salut public (s.v. 1, Bouge). Und über das Volk heißt es bei Rodoni vielsagend: II n'estplus bas; il est enfm monte ä sa hauteur (s.v. 1, Bas). Zweifelsohne ist Rodoni hier außerdem stark von der revolutionären Metaphorik des Jahres II beeinflußt, in der das Symbol des Berges sehr dominant ist.36
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Allgemein zum Rousseauismus Link-Heer (1986). Der Club des Egaux beteiligt sich im Sommer 1793 aktiv an den Feiern zu Ehren Rousseaus. Mitglieder dieser Vereinigung legen Zweige am Fuße der neueingeweihten Büste Rousseaus nieder und präsentieren den Zuschauern seine Werke. Diese Feiern könnten den Hintergrund zu dem Eintrag Rousseau (2) darstellen. Daß dies kein Widerspruch sein muß, hat Jean Starobinski (1981:178f.) bezogen auf Bernardin de SaintPierre und Senancour hervorgehoben. Ausführlich dazu Harten/Harten (1989b), neuerdings Gaspard (1995).
10. Manuskriptbeschreibung
Teil 1 Der erste gebundene Teil umfaßt 135 Seiten. 67 Blätter sind beidseitig, das letzte Blatt nur einseitig (recto) beschrieben. Das Titelblatt ist aus bläulich-grauem Papier und hat ein Format von 169 χ 215 mm. Die Titelseite ist nicht numeriert, wird jedoch als Seite 1 und 2 gezählt. Die Numerierung am äußeren und oberen Seitenrand setzt mit der Seite 3, dem Beginn des eigentlichen Wörterbuchtexts ein. Er ist mit grau-schwarzer Tinte auf cremefarbenem, gut erhaltenem, festen Papier verfaßt, das keine nennenswerten Beschädigungen aulweist. Das Format der Wörterbuchseiten weicht geringfügig von dem der Titelseite ab. Sie haben durchgängig die Maße von exakt 176 x 2 1 9 mm. Alle Seiten (außer der Titelseite) sind jeweils mit zwei Längsrändern versehen. Der Innenrand variiert zwischen 8 und 10 mm. Der Außenrand weist eine konstante Breite von 45 mm auf. Hier stehen Ergänzungen und Änderungsanweisungen zum Haupttext. Teil 2 Der zweite Teil umfaßt 137 Seiten. 68 Blätter sind beidseitig, das letzte Blatt nur einseitig (recto) beschrieben. Im Gegensatz zum 1. Teil ist hier das für Titelseite und Wörterbuchtext verwendete Papier einheitlich. Alle Seiten haben dasselbe Format: 178 χ 218 mm. Das Papier ist wie im 1. Teil cremefarben und von fester Konsistenz, wenn auch leicht gewellt, die Tinte auch hier grau-schwarz. Dem Beispiel des 1. Teils folgend, beginnt der Haupttext mit Seite 3. Titelseite und Wörterbuchseiten sind mit Seitenrändern versehen. Der Innenrand ist konstant 5 mm, der Außenrand konstant 45 mm breit. Auch hier wurden wie im 1. Teil Ergänzungen von Rodonis Hand notiert. Rodoni hat eine flüssige, gleichmäßige und sehr gut lesbare Schrift. Er nimmt innerhalb des Texts nur geringfügige Korrekturen vor, die in der Regel gut nachzuvollziehen sind. Das gleiche gilt für die Ergänzungen am Außenrand.
11.
Vorbemerkung zur Edition
11.1 Vereinheitlichende Eingriffe Folgende vereinheitlichende Eingriffe in das Manuskript wurden vorgenommen:1 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.
20. 21. 22. 23.
1
Die Wörterbuchartikel werden zweispaltig angeordnet. Das im Manuskript zentrierte Hauptlemma wird jeweils an den Anfang des Wörterbuchartikels gestellt und fett gedruckt. Die Unterlemmata, die im Manuskript - bis auf einzelne Ausnahmen - unterstrichen sind, erscheinen in Fettdruck und etwas kleiner als das Hauptlemma. Neben den Unterlemmata stehen auch alle weiteren im Manuskript unterstrichenen Wörter in Fettdruck. Alle Anfangsbuchstaben der Untereinträge werden groß geschrieben. (I) Nach dem Unterlemma steht ein Doppelpunkt, wenn eine ausgeschriebene Wortartmarkierung folgt. (I) Dies gilt nicht durchgängig bei Inteijektionen. Nach dem Unterlemma steht ein Komma, wenn eine Genusmarkierung folgt. (I) Eine metasprachliche Angabe wie signifie, se dit de u.ä., wird von dem Unterlemma durch ein Komma getrennt. (I) Hinter Abkürzungen wird ein Punkt gesetzt. (I) Vor &c. steht kein Komma. (I) Nach Genus-, Numerus- und Wortartmarkierung steht ein Doppelpunkt, wenn eine Definition folgt. (I) Nach ein oder mehreren Verbformen steht ein Semikolon, wenn darauf folgt du verbe, du meme verbe oder χ du verbe (x steht für Angaben zu Wortart, Tempus, Modus u.ä ). (I) Frage- und Ausrufezeichen werden beibehalten. Die verschiedenen Verbformen werden durch ein Komma getrennt. (I) Nach dem Infinitiv steht ein Doppelpunkt, wenn eine Definition folgt. (I) Hinter au flg./au figure bzw. au propre etc. steht ein Doppelpunkt, wenn eine Definition bzw. ein oder mehrere Synonyme folgen. (I) Der Buchstabe Η in Η s'aspire wird groß geschrieben und in Klammern gesetzt. Bei Substantiven steht diese phonetische Angabe hinter der Genusmarkierung. (I) Die Auslassungspunkte werden auf drei vereinheitlicht. Die Einträge zu einem Unterlemma sowie jeder Wörterbuchartikel werden mit einem Punkt beschlossen, außer, wenn an dieser Stelle im Manuskript eine geschweifte Klammer, ein Frage- oder Ausrufezeichen steht. (I) Anstelle der Schleifen, die im Manuskript zur Absetzung von Syntagmen und Anekdoten dienen, wird eine Leerzeile eingefugt bzw. in einer neuen Zeile begonnen. Die abgesetzten Beispiele erfolgen in Kleindruck. Einrückungen werden aufgehoben. Die im Manuskript am Rand stehenden Ergänzungen werden in den laufenden Text integriert und kursiv wiedergegeben.
Das (I) steht für Inkonsequenz und weist darauf hin, dafi sich die beschriebene Version zwar bei Rodoni nachweisen läßt, aber nicht konsequent verwendet wird.
75 24. 25.
Anweisungen zu Umstellungen des Texts, die Rodoni an den Rand des Manuskripts gestellt hat, werden stillschweigend vorgenommen. Die wenigen Streichungen im Original werden nicht eigens markiert, zumal die getilgten Wörter in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr zu entziffern sind.
11.2 Orthographische Eingriffe Für einige Wörter bietet Rodoni innerhalb seines Wörterbuchs zwei Schreibweisen an. In diesen Fällen haben wir uns durchgängig für eine Variante entschieden. Es handelt sich um: benir (statt benir); Brunswick (statt Brunswik); courrier (statt courier); enfans (statt enfants); fenetre (statt fenetre); Fructidor (statt Fructidore); Geneve (statt Geneve); Genes (statt Genes); grace (statt grace); lievre (statt lievre); negre (statt negre); pere (statt pere); rebelle (statt rebelle); regle (statt regle); reglement (statt reglement); sansculotte (statt sansculote bzw. sans-culote); sansculottide (statt sans-culotide); serpens (statt serpents); siege (statt siege); theatre (statt theatre). An folgenden Stellen wurden Korrekturen vorgenommen: 1. Teil2 mettez nous parlamenter Alene bon regner veillard leur un fille il sont le fers nous nous sommes bouche ma chemin n'etre pas traites agranpas d'un saveur d'un temperature je vais voux trois tronc Fin, m. come muse debaptize ä se genoux puisque il 2
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mettons-nous (Anekdote s.v. Abord) parlementer (Anekdote s.v. Adresse) Alene (Hauptlemma) bons (Anekdote s.v. Appas) regner (a regne s.v. Araignee) vieillard (Anekdote s.v. Aupr£s) leurs (Anekdote s.v. Autrefois) une fille (Belle fille s.v. Belle-flUe) ils sont (Beispiel s.v. Bienheureux) les fers (Beispiel s.v. Bois)
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nous nous sommes bouches (Bouche s.v. Boucher) mais (Anekdote s.v. Broche) chemins (s.v. Cahot) n'etre pas traite (9. Bedeutungserläuterung s.v. Cartier) ä grand pas (Beispiel s.v. Clocher) d'une saveur (s.v. Doux) d'une temperature (s.v. Doux) je vais vous (Anekdote s.v. Doux) trois troncs (Anekdote s.v. Ecot) Fin, f. (Fin s.v. Faim) comme muse (Anekdote s.v. Fleurer) debaptise (Anekdote s.v. Fond) έ ses genoux (Anekdote s.v. Griller) puisqu'il (Guere s.v. Guerre)
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jeunent le methode Calandrier le morts il font martyres terrein le pres maniere da raillerie mecontement on vien c'est cela un certaine
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jeunent (Anekdote s.v. Jeune) la methode (L'art s.v. Larde) Calendrier (Beispiel s.v. Moi) les morts (Anekdote s.v. More) ils font (Beispiel s.v. Moule) martyrs (Beispiel s.v. Moule) terrain (s.v. Niveau) le pre (Anekdote s.v. Pare) maniere de raillerie (Je pince s.v. Pince) mecontentement (Je me plains s.v. Plain) on vient (Plaine adj. s.v. Plaine) C'est cela (Anekdote s.v. Plus) un certain (Anekdote s.v. Souci)
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aumonier (Unterlemmata) les pauvres (Anekdote s.v. Chapon) emigre (Anekdote s.v.Civette) victoire (Anekdote s.v. Confirmation) peines (Anekdote s.v.Cravate) insectes (s.v. Demoiselle) un jeune homme (Anekdote s.v. Ecuyer) mes bas (Anekdote s.v. Escarpins) les biens (Facultes s.v. Faculte) contraste (Famiiiens s.v. Familier) vieillards (s.v. Foiblesse) point (Anekdote s.v. Fondement) marchand (Anekdote s.v. Grenetier) pour (s.v. Habile) idolatre (Unterlemmata) homme (s.v. Magot) mepris (s.v. Maquereau) tout-ä-fait (Anekdote s.v. Marron) d'un vaisseau (s.v. Matelot) la preche (Ministres s.v. Ministre) ete (Anekdote s.v. Muette) trouveras (s.v. Necessaire) ils preferent (Anekdote s.v. Ordinaire) Martyrs (s.v. Patron) Lausanne (s.v. Perte) imprime (s.v. Piacard) anthropophages (Anekdote s.v. Pucelle) Nationale (Anekdote s.v. Revenant) grand (Anekdote s.v. Sabbat) dans (s.v. (Euvre) (L)
2. Teil aumonier le pauvre emigre victoires peine insects une jeune homme me bas les bien contrast veillards poin marcand pouur idolatre hommes mepris tou-ä-fait d'Un vaisseau le preche ete trouvera il preferent Martyres Lausane emprime antropophages Nationnale gran dan
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