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German Pages 161 [162] Year 2022
Schmuck Deutsch für Juristen
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Deutsch für Juristen Vom Schwulst zur klaren Formulierung
von
Michael Schmuck Rechtsanwalt und Journalist Berlin
5. Auflage 2021
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64412-3 ©2021 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist u rheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Klares Deutsch und lesbare Texte – daran sind Juristinnen und Juristen offenbar immer noch oder sogar immer mehr interessiert. Trotz oder vermutlich eher wegen der vielfältigen neuen Möglichkeiten und Zwänge, Texte zu verhunzen. Erstens das zunehmend beliebte Copy-and-paste: Einfach fremde oder alte eigene Texte einsetzen oder Muster nutzen, ohne zu prüfen, ob das passt und lesbar ist. Zweitens die steigende Arbeitsgeschwindigkeit, die es kaum noch zulässt, mit Bedacht auf den Punkt zu schreiben. Drittens die elektronische Übermittlung via beA, die den Blick für knappe Anwalts-Schriftsätze verloren gehen lässt, weil der analoge, dicke Papierstapel nicht mehr so auffällt, wenn er erst einmal digitalisiert ist. Und schließlich viertens: Immer komplexere und vielschichtigere Rechtsprobleme machen es schwer, klar zu argumentieren und einfach zu formulieren. Also, trotz allem oder deswegen: Das ist nun die fünfte Auflage in 18 Jahren. Wieder ist sie etwas umfangreicher geworden, vor allem ergänzt um Beispiele und Übungen. Danke an meine Seminarteilnehmer und Leserinnen, die mir wieder viele kuriose und verworrene Rechtstexte überlassen haben, um die 5. Auflage zu speisen. Der große Zuspruch zu diesem Buch und meinen Seminaren zeigt: Klare Sprache ist wichtig für das Recht. Die Sprache ist das wichtigste Handwerkszeug der Juristerei, der Rechtspflege. Recht wird mit Sprache transportiert. Gerade komplexe Sachverhalte bedürfen einer möglichst einfachen Formulierung. Wenn die Worte missverständlich und verworren sind, können Recht und Gesetz nicht richtig angewendet werden. Ist das Transportmittel Sprache transparent, wird das Recht verständlicher, es wird sichtbarer und bekommt Konturen. Ich behaupte: Die Hälfte aller Rechtsprobleme, die sich in Rechtstexten ergeben, sind in Wahrheit Formulierungsprobleme, sprachliche Missverständnisse. Verständigungsprobleme gibt es zuhauf: Mandanten verstehen den Anwalt nicht, die Anwältin schreibt und redet an ihrer Kollegin vorbei, Zeugen missverstehen Fragen der Richterin. Vieles in der Juristerei könnte viel besser funktionieren, wenn die Beteiligten sich verstünden. Und viele juristische Diskussionen entstehen nur, weil Gesetze, Urteile oder Ver| V
Vorwort
träge rein sprachlich verworren und missverständlich formuliert sind. Von den vielen Musterschreiben, die inzwischen aus dem Internet sprudeln, sind leider viele auch kryptisch formuliert. Juristisch absolut korrekt, aber schwer zu verstehen. In vielen Unternehmen arbeiten Juristinnen und Juristen an Unternehmenstexten, Rundschreiben, Arbeitsanleitungen und Kundenbriefen mit – und machen sich wegen ihrer kryptischen, umständlichen Formulierungen bei Nichtjuristen unbeliebt. Sie stiften Verwirrung und verderben die Kommunikation. Kundenbriefe, die juristisch „verseucht“ sind, stören oder zerstören das Vertrauen in das Unternehmen. Juristendeutsch macht skeptisch. Diesem Sprachproblem soll das Buch abhelfen. Es soll Sie vor allem sensibilisieren für klare Formulierungen. Es zeigt Ihnen die typischen Fallen und Hürden der Verständlichkeit. Sie werden mit geschärftem Blick an Ihre Texte herangehen, in Fallen nicht mehr tapsen, Hürden überwinden. Sie bekommen Einfühlungsvermögen für die Sprache und für Ihre Leserinnen und Leser. Das Buch vermittelt Ihnen auf wenigen Seiten mit vielen Tipps, Beispielen und Übungen die wichtigsten Regeln für verständliches Deutsch, zunächst mit einer Mischung aus normalen und juristischen Texten, erst dann mit rein juristischen Texten. Normale Sätze ohne juristischen Bezug sind nötig, damit Sie lernen, klar zu formulieren, ohne sich dabei gleich in inhaltlichen, juristischen Fragen zu verfangen. Am Ende des Buches finden Sie viele praktische Übungen – an denen Sie „Ihren Spaß“ haben werden. Vielen Dank für Ihr Interesse an einer klaren Sprache. Berlin, im April 2021 Michael Schmuck (www.Klares-Juristendeutsch.de)
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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Literaturempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX A. Tipps für klares Deutsch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Das Wichtigste nach vorn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Überflüssiges weglassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3. Vorsicht mit Adjektiven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4. Kein Nominalstil, sondern kräftige Verben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 5. Viel Aktiv, wenig Passiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6. Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze. . . . . . . 41 7. Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze . . . . 49 8. Konkret, nicht abstrakt erzählen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 9. Positive Begriffe, keine Verneinungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 10. Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 B. Textgliederung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 C. Praxis-Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Gesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Anklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3. Klage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4. Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5. Musterschreiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6. Auszug aus einem Gutachten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 7. Aufsatz aus einer juristischen Zeitschrift. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
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D. Briefmuster/Empfehlungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Brief an eine Kollegin/einen Kollegen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Briefe an die gegnerische Partei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 E. Grundlagen der Pressearbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 1. Presse und Juristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Voraussetzungen für gute Pressearbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Die Pressemitteilung in Stichpunkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Was Journalisten und Journalistinnen interessiert. . . . . . . . . . . . . . . . 137 5. Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 6. Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
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Literaturempfehlungen Ahrens, Wilfried, Der Geschädigte liegt dem Vorgang bei. Juristische Stil blüten, C.H. Beck, 7. Aufl. 2010 Berger, Peter, Flotte Schreiben vom Amt, Carl Heymanns, 2004 Duden, Verständlichkeit als Bürgerrecht?, 2008 Engelken, Eva, Klartext für Anwälte, Linde-Verlag 2010 Hirsch, Eike Christian, Deutsch kommt gut, C.H. Beck, 2009 Lauterbach, Anja, Deutsch für Juristen, in Anwalt 2/2000, S. 20 Neuland, Eva (Hrsg.), Sprache und Schicht, Diesterweg, 1978 Reiners, Ludwig, Stilfibel, C.H. Beck, 2007 Rössner, Michael-Christian, Die Sprache des Rechtsanwalts, in Anwaltsreport, Serie in den Heften: 10/1998, S. 1; 12/1998, S. 2; 2/1999, S. 8; 3/1999, S. 5; 6/1999, S. 15 Schmuck, Michael, Professionell texten, Verlag Rommerskirchen, 2007 Schmuck, Michael, Recht und Sprache, in MDR 1995, S. 782 (= Berliner Anwaltsblatt 1996, S. 237) Schmuck, Michael, Klares Deutsch statt Schwulst, in Die Kanzlei 2000, Heft 8, S. 283 Schmuck, Michael, Die zehn Regeln für klares Deutsch, in NJW 33/2008, S. XIV Schmuck, Michael, Eine Sprachwissenschaft für sich, in Zeitschrift für Forderungsmanagement 5/2015, S. 191 ff Schmuck, Michael, Nein, nein und nochmals nein, in Kommunikation & Recht 9/2015, S. 608 Schneider, Wolf, Deutsch fürs Leben, rororo-Sachbuch, 1995 Schneider, Wolf, Deutsch für Profis, Goldmann-Taschenbuch, 2001 Schneider, Wolf, Deutsch für Kenner, Serie Piper, 10. Aufl. 2005 Walter, Tonio, Kleine Stilkunde für Juristen, C.H. Beck, 3. Auflage 2017 Whorf, Benjamin Lee, Sprache – Denken – Wirklichkeit. Beiträge zur Metalinguistik und Sprachphilosophie, rororo – rowohlts enzyklopädie, 1988 Für die Suche nach treffenden und kürzeren Wörtern empfehle ich: Textor, A.M., Sag es treffender, rororo-Sachbuch, zuletzt überarbeitete Neuauflage 2014 | IX
A. Tipps für klares Deutsch Juristische Texte gleichen Gebrauchsanweisungen. Wer sie nicht versteht, läuft Gefahr, etwas Falsches zu tun, mit womöglich schwerwiegenden Folgen. Wer Gebrauchsanweisungen oder juristische Texte verfasst, trägt die Verantwortung, wenn er Lesern und Leserinnen komplizierte Sätze zumutet und ihnen Rätsel aufgibt. Formulieren Sie Ihre Texte verständlich. Verständlichkeit ist die Basis aller guten Texte, seien es Gedichte, Romane, Reportagen oder Gesetze, Urteile, Schriftsätze oder Verträge. Was Leserinnen und Leser nicht verstehen, ist für den Papierkorb geschrieben oder führt zu Problemen.
Der Perspektivwechsel Das Wichtigste und gleichzeitig das Schwierigste ist der Perspektivwechsel. Sie müssen sich auf Ihre Adressaten einstellen, sich in Ihre Leser oder Zuhörerinnen hineinversetzen: Wissen sie, was ich ihnen sagen will? Sind es Fachleute oder Laien? Juristen oder Mandanten? Richterinnen oder Zeugen? Stets müssen Sie bedenken, wie Sie ihnen Ihre Botschaft vermitteln, mit welchen Wörtern und Formulierungen. Was können Sie voraussetzen, was müssen Sie erläutern? Eines gilt bei allen Zielgruppen gleichermaßen, seien es Laien oder Fachleute: klarer Satzbau, lesbare Sätze. Wenn Ihre Adressaten Ihre Texte nicht verstehen, haben Sie wertvolle Zeit vertan. Klare Texte sparen Zeit beim Verfassen – und die Zeit, Missverständnisse aufzuklären, die durch komplizierte Texte entstanden sind. Wenn Missverständnisse nicht mehr aufzuklären sind, kostet es unter Umständen sogar den Prozess. Und das alles kostet Geld.
Missverständnisse vermeiden Bedenken Sie: Sie wissen, was Sie sagen wollen, Sie kennen die Zusammenhänge und die Hintergründe Ihrer Sätze. Darum halten Sie es womöglich für absurd oder gar dumm, wenn Ihre Leserinnen und Leser, etwas falsch verstehen. Doch oft haben Sie ihnen eine Falle gestellt – ohne es zu bemerken.
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Tipps für klares Deutsch
Schon scheinbare Kleinigkeiten können Verwirrung stiften, wenn Leserinnen und Leser den Zusammenhang nicht kennen oder Ihre Perspektive, die Autorenperspektive, nicht haben:
Eine Bande hat ein Lagerhaus mit Waffen gestürmt. Hmm, wo waren da die Waffen? Bei der Bande oder im Lager? Die Autorin weiß das selbstverständlich und kommt gar nicht auf die Idee, dass jemand diese „dumme“ Frage stellen kann. Also besser ohne die Falle: Entweder: Eine bewaffnete Bande hat ein Lagerhaus gestürmt. Oder:
Eine Bande hat ein Waffenlager gestürmt.
Auch schön:
Die Folgen der Maskenpflicht für Babys. Gibt oder gab es wegen Corona eine Maskenpflicht für Babys? Nein! Es ging darum, wie die Babys auf „maskierte“ Eltern reagieren. Genauer, wohl ohne Missverständnis wäre gewesen:
Die Maskenpflicht und ihre Folgen für Babys. Oft ist es nur die Wortstellung oder die Betonung, die Verwirrung stiften kann, wie auch hier:
Auf der Rolltreppe müssen Hunde getragen werden. Wenn Sie „Hunde“ betonen, dürfen Sie die Treppen nur mit Hund betreten. Besonders amüsant ist auch diese missverständliche Überschrift:
Polizist erschießt mit Revolver bewaffneten Mann. Wenn das möglichst kurz bleiben soll, muss der Revolver weg:
Polizist erschießt bewaffneten Mann. Und das mögliche Missverständnis ist dann auch weg. Mit Revolver sollte es heißen:
Polizist erschießt einen mit Revolver bewaffneten Mann.
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Tipps für klares Deutsch
Das Justizministerium Rheinland-Pfalz hat zur folgenden Veranstaltung eingeladen:
Übergabe des Jahresberichtes 2016 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter an Justizminister Herbert Mertin. Selbstverständlich wird der Bericht an den Justizminister übergeben und nicht die Folter an ihm verhütet. Doch gehen wir mal über zu etwas Komplexerem und zur Juristerei. § 243 StGB regelt in Absatz 1 Nr.7, dass ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegt, wenn der Täter
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt. Wie lesen Sie das ohne spezielles Wissen? Sind Maschinengewehre und Maschinenpistolen, voll- und halbautomatische Gewehre auch solche im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder sind es „nur“ die Sprengstoff enthaltenden Kriegswaffen? Worauf bezieht sich also „im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes“? Jedenfalls sind all diese Waffen auch im Kriegswaffenkontrollgesetz aufgezählt. Sie sehen: Bereits solche scheinbar sprachlichen Kleinigkeiten können juristische Fragen aufwerfen. Und zum Schluss der Missverständlichkeiten noch ein schönes Beispiel aus dem Anwaltsalltag, aus einem Gutachten:
Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen keine anderen Kriterien wie der Heizwert der Abfälle, der Schadstoffgehalt der verbrannten Abfälle oder die Frage der Vermischung der Abfälle herangezogen werden. Tja, was ist da mit den aufgezählten Kriterien? Dürfen sie gerade nicht oder eben nur herangezogen werden?
Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen als Kriterien nicht / nur (???) der Heizwert der Abfälle, der Schadstoffgehalt der verbrannten Abfälle oder die Frage der Vermischung der Abfälle herangezogen werden. Die Autorin oder der Autor weiß es. Leserinnen und Leser müssen raten.
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Tipps für klares Deutsch
Kurz klar und konkret Formulieren Sie also verständlich für Ihre Leserinnen und Zuhörer. Verständlich heißt: kurz, klar und konkret. Einfach zu formulieren, ist keine Hexerei. Wenn Sie zehn einfache Grundregeln beachten und sie nach und nach verinnerlichen, werden Ihre Texte kürzer und klarer. Der Inhalt wird sich dadurch nicht verändern. Es geht bei einfachen Formulierungen nicht um den Inhalt, sondern – wie das Wort es sagt – um die Form. So sind die zehn Regeln rein formale Regeln. Sie machen das Transportmittel Sprache transparenter, und so ist das Transportgut, der Inhalt, besser zu erkennen. Beherrschen Sie diese Grundregeln, werden Sie automatisch auch sensibler für andere sprachliche Fallen und Hürden, wie etwa die dargestellten Missverständnisse. Es wird wohl etwas dauern, bis Sie die Regeln ganz selbstverständlich beachten, aber Sie werden von Text zu Text Fortschritte bemerken. Das wird damit beginnen, dass Ihnen Nominalstil und Schachtelsätze immer abscheulicher vorkommen werden. Sie beginnen, damit zu „fremdeln“. Oft ist gerade das Einfache das Schwierige. Schon Goethe schrieb an seine Schwester:
Ich schreibe Dir einen langen Brief, weil ich keine Zeit hatte, Dir einen kurzen zu schreiben. Nehmen Sie sich die Zeit. Formulieren Sie auch fremde Texte oder Muster klarer, bevor Sie sie übernehmen. Müssen Sie Zitate einbauen, sollten Sie sie wenn nötig mit einfachen Worten übersetzen.
Die zehn Tipps Das sind die zehn Regeln für klares Deutsch: – Wichtiges nach vorn – Überflüssiges weglassen – Vorsicht mit Adjektiven – keinen Nominalstil, sondern kräftige Verben – viel Aktiv, wenig Passiv – Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze – kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze 4 |
Tipps für klares Deutsch
– konkret, nicht abstrakt erzählen – positive Begriffe, keine Verneinungen – wenige Fremdwörter und Fachbegriffe Wenn Sie diese Regeln beachten, werden Ihre Texte automatisch kürzer – erfahrungsgemäß bis zu 50 Prozent. Sie müssen sich also das Kürzen nicht als Aufgabe oder Ziel setzen, das geschieht wie von selbst.
Die Faustregel: der Küchenzuruf Die zehn Regeln lassen sich grob in einer Faustregel zusammenfassen. Sie halten die zehn Regeln beinah automatisch ein, wenn Sie bei all Ihren Texten vorweg diese Faustregel beachten – den „Küchenzuruf“. Mit dieser anschaulichen, journalistischen Regel lässt sich schön in ein alltägliches Bild umsetzen, was klare, adressatenorientierte Kommunikation bedeutet. Stellen Sie sich einmal vor: Sie kommen abends von der Arbeit nach Hause, Ihr Partner oder Ihre Partnerin steht in der Küche und kocht Ihr Lieblingsgericht. Sie haben den ganzen Tag noch nichts gegessen, haben großen Appetit und möchten schnell zu Tisch. Doch bevor Sie essen, wollen Sie noch etwas sehr Wichtiges loswerden, das Sie am Tag erlebt haben. Während Sie im Flur Jacke und Schuhe ausziehen, rufen Sie in die Küche:
Stell Dir vor, was heute passiert ist: … Was dann, nach dem Doppelpunkt, folgt, ist der „Küchenzuruf“. Es ist das, was für Sie so wichtig ist, dass Sie nicht warten können, bis Sie die Hausschuhe angezogen haben oder gar am Tisch sitzen. Und dieses Wichtige rufen Sie als Erstes Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin in die Küche zu. Und intuitiv wählen Sie ein Thema, das auch oder vielleicht nur ihn oder sie interessiert. Denken Sie bei all Ihren Texten zunächst an den „Küchenzuruf“. Sie beachten damit wie selbstverständlich die meisten Regeln für klares Deutsch. Sie werden das Wichtigste nach vorn und nicht ans Ende setzen und Sie werden Verben und keinen Nominalstil benutzen. Sie werden keinen Schachtelsatz bauen, sondern einen klaren deutschen Satz.
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Tipps für klares Deutsch
Sie werden beispielsweise rufen:
Du, wir haben den Prozess gewonnen. Sie werden aber wohl kaum rufen:
Du, nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung seitens des Gerichts erging ein Urteil zu unseren Gunsten. Oder:
Heute ist bezüglich eines Prozesses diesseitig ein positives Ergebnis zu verzeichnen gewesen. Oder:
Es ist, nachdem der Prozess, den ich heute für einen Mandanten, dessen Namen ich hier aus Gründen meiner Verschwiegenheitspflicht nicht nennen kann, festzustellen, dass das Urteil unstreitig nicht zu Gunsten des Gegners, sondern im Gegenteil zu unseren Gunsten ausging. Nein, das würden Sie nicht in die Küche rufen. Dann sollten Sie so etwas auch nicht einem Kollegen, einer Richterin oder Mandanten zumuten. Schreiben Sie prinzipiell so, wie Sie es auch sagen würden. Schreiben Sie zunächst, wie Sie sprechen. Dann können Sie Ihren Text noch zurechtschleifen, ihn niveauvoll und fein formulieren.
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Das Wichtigste nach vorn
1. Das Wichtigste nach vorn Im Studium haben Juristen und Juristinnen gelernt, im Gutachtenstil zu schreiben. Das heißt, zunächst all das zu prüfen und zu schreiben, was nicht in Betracht kommt. Der Gutachtenstil schiebt das Wichtigste ans Ende. Das entspricht nicht der natürlichen Erzählweise und ist nervend für die Zuhörerin oder den Leser. Normalerweise erzählen Menschen schon intuitiv zuerst das Wichtigste. Automatisch wählen sie auch aus, ob es für den Adressaten wichtig ist. Journalisten nennen das auch Nachrichtenstil. Auch bei einem Urteil steht das Wichtigste vorn, damit Klägerin und Beklagter oder die Angeklagten gleich wissen, wie das Gericht entschieden hat. Vermeiden Sie lexikalisch-historische Einstiege in Ihre Texte nach dem Schema
Urkundlich zum ersten Mal erwähnt … oder Das deutsche Wort Grundgesetz kam im 17. Jahrhundert auf und gilt unter Sprachwissenschaftlern … Polizei kommt von griechisch Politeia, der Staat … Ein Professor hat die Besprechung eines Urteils des BayObLG, in dem es konkret um die Trunkenheitsfahrt mit E-Scootern ging, im März 2021 so allgemein begonnen:
Wegen seiner Alltagshäufigkeit ist das Verkehrsstrafrecht mit Blick auf die mitunter einschneidenden Rechtsfolgen nach §§ 69ff, 44 StGB von allgemeiner Bedeutung. Im Kernstrafrecht geht es um konkrete wie abstrakte Gefährdungsdelikte, zugleich aber auch um Straftatbestände mit verschiedenen Vorsatz-Fahrlässigkeitskombinationen. … Nach dreißig Zeilen kommt er dann endlich zum Urteil. Nehmen Sie das als abschreckendes Beispiel. Erzählen Sie keine Märchen mit Es war einmal … Außer natürlich, Sie schreiben eine historische Betrachtung, ein Lexikon oder ein Märchenbuch. Wäre zum Beispiel der Bundesgesundheitsminister zurückgetreten, so würden Sie das etwa so sagen:
Stell Dir vor: Gestern ist der Gesundheitsminister zurückgetreten. Erst danach würden Sie die Umstände des Rücktritts erzählen. Sie würden aber wohl kaum so berichten:
Gestern läuteten in Berlin wie gewohnt die Glocken des Doms zur Mittagsstunde, der Brunnen am Platz vor dem Neuen Museum spritzte wie immer | 7
Tipps für klares Deutsch
das Wasser in die Höhe und es war bewölkt, als der Bundesgesundheitsminister der Bundesrepublik Deutschland zurücktrat. Gerade bei der Regel „Wichtiges nach vorn“, hilft Ihnen der „Küchenzuruf“. Was soll folgendes Schild in einer Regionalbahn dem Fahrgast sagen?
Achtung, klimatisiertes Fahrzeug! Offene Fenster führen zum Ausfall der Klimanlage. Das ist um die Ecke gedacht oder zäumt das Pferd von hinten auf, wie es früher gern hieß. Der Küchenzuruf, und damit das Wichtigste vorn, wäre:
Bitte Fenster geschlossen lassen. Bei offenen Fenstern fällt die Klimaanlage aus. Oder:
Bitte Fenster nicht öffnen. Sonst fällt die Klimaanlage aus. Oft kommt es in Arbeitsanleitungen oder Gebrauchsanweisungen vor, dass das Wichtigste hinten steht, weil es der Autorin als Spezialistin schlichtweg zu klar ist.
Glühlampe wie folgt wechseln: Alte Glühlampe herausdrehen …. Und dann nach mehreren Zeilen ganz am Ende:
Achtung! Vorher unbedingt die Sicherung ausschalten. Aber das findet sich leider auch sehr oft in Gesetzen und Urteilen, zum Beispiel in § 8 StVO:
(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht: 1. Wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (…) In früheren Zeiten, etwa bis in die 1970er-Jahre, mag diese Reihenfolge noch berechtigt gewesen sein. Heute ist das statistisch oder quantitativ gesehen wohl die falsche Reihenfolge.
Die Vorfahrt wird durch Verkehrszeichen geregelt (…) Gibt es keine solche Regelung, hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt.
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Das Wichtigste nach vorn
Diese Fälle sind häufig. Mit der Zeit wurden die Ausnahmen zur Regel und die frühere Regel zur Ausnahme. Und damit dreht sich die Rangfolge um.
Übung: Stellen Sie das Wichtigste nach vorn. 1. Ich habe mir keinen Opel gekauft, auch keinen Ford. Ein VW hat mir auch nicht gefallen. Einen Japaner lehne ich aus volkswirtschaftlichen Gründen ab, und amerikanische Autos mag ich nicht. Was ich mir schließlich gekauft habe, ich muss es jetzt sagen, es war ein Mercedes. 2. Gestern war der Prozess gegen Klaus Schmitt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn angeklagt, seine Frau ermordet zu haben. Sein Verteidiger hat Freispruch gefordert, der Staatsanwalt lebenslange Haft. Der Verteidiger hat vorgebracht, man habe Schmitt nicht nachgewiesen, dass er der Täter gewesen sei, es gebe nur eine Reihe schwacher Indizien. Der Staatsanwalt hingegen sah Schmitt als des Mordes überführt an. Das Gericht beriet fast zwei Stunden. Dann verkündete es das Urteil: Es sah die Indizien als nicht ausreichend an und sprach Schmitt frei. 3. Mein Mandant hat mich gestern aufgesucht und ein längeres Gespräch mit mir geführt. Dabei kam zur Sprache, dass er sich überlegt hat, sich bei Ihnen zu entschuldigen. Das möchte er gern am Mittwoch um 13 Uhr in meiner Kanzlei persönlich tun. 4. Stell Dir vor, was passiert ist: Bei uns ist heute Nacht ein Dieb durch das Fenster eingestiegen, hat sich durch den Flur geschlichen und ist ins Schlafzimmer gegangen. Mein Mann wurde wach und fragte, was los sei. Da hat der Dieb ihn erschlagen. 5. Der Richter ist krank. Der Prozess, der am 17. Oktober stattfinden sollte, ist deshalb verschoben worden. Der neue Termin findet nunmehr am 31. Oktober statt. 6. In vorbezeichneter Angelegenheit möchten wir Ihnen hiermit mitteilen, dass wir aus den bereits mündlich besprochenen Gründen nicht länger bereit sind, für Sie tätig zu sein. Daher sehen wir uns zu unserem Bedauern gezwungen, das Mandat niederzulegen. 7. Mein Mandant ist Opfer einer Straftat geworden. Er ging gestern gegen 17 Uhr von zu Hause in Richtung Karstadt. Auf dem Weg wurde ihm von einem großen, kräftigen, blonden Mann mittleren Alters die Brieftasche geraubt. | 9
Tipps für klares Deutsch
Lösungen: 1. Ich habe mir einen Mercedes gekauft. Andere Marken kamen nicht in Frage. 2. Klaus Schmitt ist freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, seine Frau ermordet zu haben, und lebenslänglich gefordert. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert, weil es nur wenige schwache Indizien gebe. Das Gericht beriet fast zwei Stunden und folgte schließlich den Argumenten des Verteidigers. 3. Mein Mandant möchte sich gern persönlich bei Ihnen entschuldigen; wenn es Ihnen passt, am Mittwoch um 13 Uhr in meiner Kanzlei. Zu diesem Schluss ist er nach einem langen Gespräch mit mir gekommen. 4. Mein Mann ist von einem Dieb erschlagen worden. Der Dieb war heute Nacht in unser Schlafzimmer geschlichen. Mein Mann wurde wach, da hat der Dieb zugeschlagen. 5. Der Prozess am 17. Oktober fällt aus; der neue Termin ist für den 31. Oktober festgesetzt. Der Richter ist krank geworden. 6. Wir legen das Mandat nieder. Wir wollen nicht länger für Sie tätig sein. Die Gründe haben wir Ihnen bereits mehrfach erläutert. 7. Meinem Mandanten ist gestern gegen 17 Uhr die Brieftasche geraubt worden. Der Täter war ein großer, blonder Mann mittleren Alters. Mein Mandant war gerade auf dem Weg von seiner Wohnung zu Karstadt. Wenn das Wichtige vorn steht, wird Ihre Botschaft klarer. Und weil das Wichtige nach oben gehört, sollten Sie Wichtiges nicht unten in Fußnoten verstecken, schon gar nicht, wenn Laien die Zielgruppe eines Textes sind. Für Laien sind Fußnoten eher merkwürdig. Noch ein schönes Beispiel für falsch gewählte Reihenfolge aus einer Urteilsbegründung:
Was die von den Klägern begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Leistungsgewährung betrifft, geht die Kammer davon aus, dass diese sich nicht mehr auf den zunächst noch mit der Klagebegründung verfolgten Leistungszeitraum von Juli bis einschließlich Dezember 2004 erstreckt, sondern lediglich der Juli 2004 erfasst sein soll. Denn insoweit haben sie mit der „Rücknahme“ ihrer mit Schriftsatz vom 7. 12. 2005 angekündigten und auf den Zeitraum August bis Dezember 2004 bezogenen „Klageerweiterung“ auf den im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 1. 3. 2006 reagiert. In diesem Beschluss wurde – 10 |
Das Wichtigste nach vorn
ebenso wie im Beschluss der Kammer vom 16. 11. 2005 – aufgezeigt, dass das von den Klägern verfolgte, über den Zeitraum des Juli 2004 hinausgehende Verpflichtungsbegehren nicht in zulässiger Weise zum Gegenstand gerichtlicher Überprüfung gemacht werden kann. Die Kläger haben mit der im Schriftsatz vom 22. 3. 2006 geäußerten „Zurücknahme“ ihrer auf diesen Zeitraum bezogenen „Klageerweiterung“ deutlich gemacht, dass sie diesen Zeitraum im vorliegenden Klageverfahren nicht weiter verfolgen wollen. Daher legt die Kammer diese Erklärung insoweit als Zurücknahme der Klage aus. Das Verfahren war daher, was den Zeitraum ab August 2004 betrifft, einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO). Das Wichtigste steht hinten. Hier können Sie den Text beinah Satz für Satz von hinten lesen und die Reihenfolge stimmt:
Das Verfahren war, was den Zeitraum ab August 2004 betrifft, einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO). Die Kammer legt die Erklärung der Kläger im Schriftsatz vom 22. 3. 2006 als Klagerücknahme aus. Darin haben sie geäußert, dass sie ihre zuvor auf diesen Zeitraum bezogene „Klageerweiterung“ zurücknehmen. Die Kläger haben damit deutlich gemacht, dass sie diesen Zeitraum im vorliegenden Klageverfahren nicht weiter verfolgen wollen. Damit reagierten sie auf den Beschluss …
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Tipps für klares Deutsch
2. Überflüssiges weglassen Sie haben es bei der Übung oben wohl bemerkt: Wenn Sie den Inhalt der Sätze nach seiner Bedeutung ordnen, werden manche Teile überflüssig, weil Sie darin nur Belangloses mitteilen. Sie können in der Übung oben – nachdem Sie das Wichtigste nach vorn gestellt haben – oft die hinteren Sätze weglassen, ohne dass etwas Bedeutsames fehlt. Oft finden sich in juristischen Texten bei genauem Hinsehen versteckte Floskeln und Wiederholungen:
Sie können gegen den vorliegenden Bescheid innerhalb einer gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung bzw. Bekanntgabe in Schriftform Widerspruch einlegen. Für den Fall, dass Sie Widerspruch gegen diesen Bescheid einlegen, so bitten wir Sie, den Widerpruch zu begründen. Viele Floskeln und viel Doppeltes:
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats ab Zustellung schriftlich Widerspruch einlegen. Bitte begründen Sie ihn. Es ist wohl klar, dass der Widerspruch nur begründet werden sollte, wenn er eingelegt wird. Überflüssiges kann aber nicht nur in Satzteilen stecken, sondern bereits in einzelnen Wörtern oder Wortteilen. Denken Sie daran: Jede Silbe, die Sie weglassen, spart Zeit – für Sie als Verfasserin oder Verfasser und für den Leser. Sich mit dem Wesentlichen zu begnügen, hat zudem mehr Aussagekraft. Denken Sie an die alte Regel: „Fasse Dich kurz!“ Was ist hier überflüssig? – Bauchnabel – er nickt mit dem Kopf
– – – – – – –
sie tritt mit dem Fuß Zukunftspläne Zukunftsperspektive zugelassener Rechtsanwalt der erfolgte Beschluss das Ergebnis der Untersuchung hat ergeben bei der Durchführung der Durchsuchung
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Überflüssiges weglassen
– die anwesenden Zuhörer klatschten Beifall – Danke für die ausgesprochene Einladung Es genügt: – Nabel (wo ist er sonst?) – er nickt (womit sonst?) – sie tritt (womit sonst?) – Pläne (sind immer auf die Zukunft gerichtet) – Perspektive (ist auch immer auf die Zukunft gerichtet) – Rechtsanwalt (es gibt keinen ohne Zulassung; hier genügt meist sogar Anwalt) – Beschluss (erfolgt wird er wohl sein, sonst wäre er nicht Thema) – die Untersuchung hat ergeben (ja wohl aufgrund des Ergebnisses) – bei der Durchsuchung (das ist ja die Durchführung) – die Zuhörer applaudierten (hoffentlich waren sie anwesend, sonst waren sie sicher nicht zufrieden) – Danke für die Einladung (wenn jemand sich dafür bedankt, wird die Einladung ausgesprochen worden sein)
Beispiel: Floskeln mit Dubletten Oft sind Texte mit Floskeln überfrachtet, wie Sie in der Liste oben schon sehen konnten. Das ist schon schlimm genug. Aber viele Floskeln sind zudem Doppelungen, also aus zweifacher Sicht überflüssig. Wenn Sie aus Ihren Texten nur die Floskeln verbannen, werden Ihre Texte deutlich kürzer. Denn die Summe der Floskeln braucht viel Platz. | 13
Tipps für klares Deutsch
Mögliches Risiko, mögliche Chancen, mögliche Gefahren
Risiko, Chance, Gefahr (die Möglichkeit ist in den Begriffen enthalten) Das ist sehr wahrscheinlich möglich Das ist sehr wahrscheinlich Wie zum Beispiel … usw. Zum Beispiel; wie (usw. ist bei beispielhaften Aufzählungen überflüssig) Maximal bis zum Höchstbetrag Maximal bis/bis zum Höchstbetrag von/bis zum Höchstbetrag von nicht mehr als Zeitlich befristet Befristet Das Ergebnis des Gutachtens hat Das Gutachten hat ergeben ergeben Klar auf der Hand Klar; es liegt auf der Hand Noch weitere Fragen Noch Fragen/weitere Fragen Prosperierender/zunehmender Wachstumsmarkt Wachstumsmarkt Permanente Dauerbelastung Dauerbelastung Exakter Wortlaut Wortlaut Ausgedrückte Formulierung Formulierung Geballte Faust Faust Größter anzunehmender GAU GAU/größter anzunehmender Unfall Kleine Nuancen Nuancen Wichtige Eckpfeiler Eckpfeiler Bisher noch nie da gewesene Nie da gewesene Er tritt mit dem Fuß Er tritt Sie blinzelt mit den Lidern Sie blinzelt Leere Worthülse Worthülse Normaler Standard Standard 14 |
Überflüssiges weglassen
Konkreter Einzelfall Konkrete Einzelmaßnahme
Einzelfall, konkreter Fall Einzelmaßnahme, diese Einzelmaßnahme Näher konkretisieren konkretisieren Wie ursprünglich geplant Wie geplant Jede sich bietende Gelegenheit Jede Gelegenheit Aktueller Status quo Status quo Im Termin zur Hauptverhandlung In der Hauptverhandlung Schwulst Eine besondere Form von Überflüssigem sind gestelzte, schwülstige und umständliche Formulierungen. Benutzen Sie, wenn möglich, stets die kürzeste Formulierung für das, was Sie sagen wollen. Die meisten Leserinnen und Leser empfinden aufgeblasene Formulierungen zumindest intuitiv als heiße Luft, als „Dampfplauderei“ – und gerade nicht als das, was der Autor damit vielleicht bewirken will: als gebildet und intellektuell. Das haben Untersuchungen bestätigt. Wunderbar schrecklich aufgeblasen ist die juristisch-akademische Umschreibung für das schlichte „kurz vor der Entlassung“ (eines Straftäters), die das Bundesverfassungsgericht einst in seiner Lebach-Entscheidung ersonnen hat:
In zeitlicher Nähe zu seiner bevorstehenden Entlassung Die Richter waren damit wohl die „Bläh-Boys“ des Jahres 1973. Und Verwaltungsjuristen lassen das Mittelalter hochleben, wenn sie schreiben:
… ist der Antrag abschlägig zu bescheiden. Verwaltungsrichter beweisen ihre Leidenschaft für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation mit folgender literarischen Höchstleistung:
Ist dem Antrag der Erfolg verwehrt oder noch besser:
Es gebricht der Klage am Erfolg … | 15
Tipps für klares Deutsch
Ganz typische Blähungen und Dubletten leiten oftmals Briefe und Schriftsätze ein:
… in vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf das heutige, gemeinsam geführte, fernmündliche Gespräch und bedanken uns für die Beauftragung. In welcher Angelegenheit schreibt die Anwältin, wenn nicht in der im Betreff bezeichneten? Ein gemeinsam geführtes, fernmündliches Gespräch ist schlicht ein Telefonat oder Telefongespräch. Und genügt nicht der Dank für den Auftrag? Also:
… vielen Dank für das freundliche Telefonat und den Auftrag. – Das war’s. Im folgenden „Blählexikon“ finden Sie einige Beispiele für Schwulst und Anregungen für kurze Formulierungen. Die Formulierungen in der linken Spalte sollten Sie vermeiden. Vor allem, wenn Sie von dieser Art zu viele einsetzen, klingt Ihr Text nach heißer Luft. Eine Faustregel lautet: höchstens eine solche gestelzte Formulierung pro Absatz. – Besser aber keine!
Beispiele für Schwulst – kleines Blählexikon in Abrede stellen auf den Weg bringen zum Verzehr bringen eine Untersuchung durchführen eine Abholung veranlassen die mit der Arbeit verbundene Zeit anzahlmäßig beziffern zeitlich begrenzt eine Vielzahl von in vollem Umfang in Gänze in ihrer Gesamtheit aus diesem Grunde in Anbetracht des 16 |
leugnen, bestreiten beginnen, anfangen essen, verzehren untersuchen, testen abholen lassen Arbeitszeit zählen befristet viele ganz ganz, alle alle darum wegen
Überflüssiges weglassen
er hat die Berechtigung ich bin in der Lage sie hat die Möglichkeit die Vertretung übernehmen zur Wehr setzen mit großer Spontaneität mit hoher Sorgfalt zum Wegfall bringen erfährt eine Verstärkung durch zur Anwendung bringen ich bin der Überzeugung in nächster Zeit zeitnah notwendigerweise am heutigen Tag zu einem späteren Zeitpunkt Temperatur von 24 Grad es handelt sich dabei um im Protokoll festhalten unter Beweis stellen Prüfung der Zweckmäßigkeit durchführen
er darf, er ist berechtigt ich kann sie kann vertreten wehren spontan sorgfältig streichen wird verstärkt von anwenden ich bin überzeugt bald bald, schnell, kurz davor zwingend heute später 24 Grad das ist protokollieren beweisen prüfen, ob es zweckmäßig war
Auch hier sehen Sie, wie viel Platz Sie mit kurzen, klaren Worten sparen. Sie können Ihre Texte um bis zu 25 Prozent verkleinern, wenn Sie auf Blähdeutsch und Floskeln verzichten.
Beispiele für Silbenmüll in Verben Oft sind es nur Kleinigkeiten, die in der Summe Texte unnötig verlängern. So werden zum Beispiel gern gestelzte „Langversionen“ von Verben be| 17
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nutzt, obwohl die einfache Version meist ausreicht. Auch das bringt überflüssige Silben. Zur Klarstellung: Natürlich gibt es auch Fälle, in denen Sie die Verben aus der linken Spalte brauchen. gestelzt:
behelfen losfahren weggehen bestrafen befragen herüberbringen herkommen besagen nachzählen übergeben nachprüfen zusammentreffen verschicken, zuschicken zusammenpacken beschwören vorzeigen, herzeigen vorausplanen
meist genügt: helfen fahren gehen strafen fragen bringen kommen sagen zählen geben prüfen treffen schicken packen schwören zeigen planen
Beispiele für Silbenmüll in Substantiven Auch Hauptwörter kommen oft gestelzt daher. Auch hier sollten Sie ein Gespür dafür entwickeln, dass manche Silben hinten oder vorn nur überflüssige Garnitur sind. In Corona-Zeiten sind die „Testungen“ oft im Gespräch gewesen. Das sind wohl schlicht nur „Tests“ oder „das Testen“.
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Überflüssiges weglassen
gestelzt:
Bestrafung Begutachtung Beschrankung Beantragung Bevorratung Beantwortung Bestuhlung Befindlichkeit Bezuschussung Eifrigkeit Mandantschaft Testungen Unterschiedlichkeit Übermächtigkeit Veränderung Zitation
meist genügt: Strafe Gutachten Schranke Antrag Vorrat Antwort Stühle Befinden (Zustand) Zuschuss Eifer Mandant(en) Tests, Testen Unterschied Übermacht Änderung Zitat
Übung: Entfernen Sie das Überflüssige. 1. Die erhobene Klage war in der Sache unbegründet. 2. Die im Saal befindlichen Zuschauerinnen waren entsetzt. 3. Der Angeklagte sagte vor Gericht zu den gegen ihn in der Anklage erhobenen Tatvorwürfen aus. 4. Der Inhaber des betroffenen Ladens bemerkte den angewandten Trick. 5. Gegen den Täter wurde eine Freiheitsstrafe von exakt fünf Jahren Gefängnis verhängt. 6. Sein mandatierter Strafverteidiger hielt das Plädoyer für den Angeklagten. 7. Aufgrund des Ergebnisses des vom Sachverständigen ausgearbeiteten Gutachtens traf das Gericht die entsprechende Entscheidung. | 19
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Lösungen: 1. Die Klage war unbegründet. 2. Die Zuschauerinnen im Saal waren entsetzt. Oder nur: Die Zuschauerinnen waren entsetzt. 3. Der Angeklagte sagte aus. 4. Der Ladeninhaber bemerkte den Trick. 5. Der Täter bekam eine Strafe von fünf Jahren. 6. Sein Verteidiger hielt das Plädoyer. 7. Aufgrund des Gutachtens traf das Gericht seine Entscheidung. Sie haben bemerkt: Oft steckt in Sätzen Überflüssiges, das Sie auf den ersten Blick übersehen. Dafür müssen Sie Ihr Auge schulen. Es geht hier nicht darum, prinzipiell Wörter zu verbieten oder alles krampfhaft zu verschlanken. Nein, es geht darum, beim Schreiben oder Sprechen darüber nachzudenken, ob all das, was Sie kommunizieren, einen „Nährwert“ für den Leser oder die Zuhörerin hat. Fehlt dieser, ist die Floskel, die Null-Information erkannt und das Wort oder die Blähung kann weg. Dafür möchte ich Sie sensibilisieren. Zum Schluss ein lehrreiches Beispiel aus einem Schriftsatz:
Eine Kapitalbeschaffung durch Venture Debt ist zeitlich meist schneller zu realisieren als dies beispielsweise durch Venture Capital-Finanzierungsrunden möglich ist, da häufig nur der Kreditnehmer und der Kreditgeber an den Vertragsverhandlungen beteiligt sind. Was können Sie da alles weglassen oder „eindampfen“?
Kapital ist durch Venture Debt schneller zu beschaffen als durch Venture Capital-Finanzierungsrunden, da häufig nur Kreditnehmer und Kreditgeber miteinander verhandeln. Der erste Satz hatte 32 Wörter und 262 Zeichen, der bearbeitete noch 20 Wörter und 168 Zeichen.
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Vorsicht mit Adjektiven
3. Vorsicht mit Adjektiven Im vorangehenden Abschnitt ist Ihnen wohl aufgefallen: Oft sind es Adjektive, Attribute oder Partizipien, die überflüssig sind (ich nenne sie hier alle schlicht Adjektive). Daher sollen sie besonders betrachtet werden. Denn sie sind oft nicht nur überflüssig, sondern können Leser und Leserinnen verwirren. Drei Grundtypen sind kritisch zu betrachten: a) Kombinationen mit Substantiven, so genannte Spreizkonstruktionen, die Sie durch ein treffendes, kräftiges Substantiv ersetzen können:
Ein anwaltlicher Berater ist ein Anwalt, eine männliche Person ist ein Mann, ein gerichtliches Verfahren ist ein Gerichtsverfahren, ein warnender Hinweis ist eine Warnung, ein literarisches Schriftwerk ist ein Buch, seelischer Beistand ist Trost oder Seelsorge, positive Entwicklungen sind Verbesserungen oder Steigerungen, eine weibliche Begleitung ist eine Begleiterin. b) Nichtsagende Adjektive oder Zugaben. Sie sind uns schon als Wortmüll begegnet. Die durchgeführte Untersuchung hat ergeben, das eingenommene Medikament wirkte, er hat die absolvierte Prüfung bestanden. Alle Adjektive sind hier überflüssig. Niemand zweifelt daran, dass die Untersuchung durchgeführt wurde, wenn sie etwas ergeben hat, oder die Prüfung absolviert wurde, wenn die Absolventin sie bestanden hat. c) Adjektive, die einem Substantiv die Wirkung nehmen, weil die Bedeutung des Adjektivs meist schon darin enthalten ist (meist ein so genannter Pleonasmus, eine Doppelung): Verheerende Verwüstungen, ein heftiger Orkan, ein großer Riese, ein hoher Wolkenkratzer, kleinwüchsige Zwergkaninchen, dunkle Nacht, letztinstanzliche BGH-Rechtsprechung, der zugelassene Rechtsanwalt, gesetzliche Mehrwertsteuer, konkreter Einzelfall, schweres Kapitalverbrechen, eine fünfköpfige Schwurgerichtskammer
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Solche Zugaben können zudem bei Laien Verwirrung stiften: Ein Leser, dem das Thema fremd ist, kann eine gut gemeinte Verstärkung oder Erklärung als Unterscheidung verstehen:
Der rote Schönfelder ist ein Standardwerk. Der ist selbstverständlich immer rot. Wer das aber nicht weiß, kann glauben, es gäbe auch einen blauen oder einen grünen.
Die fünfköpfige Schwurgerichtskammer ist immer fünfköpfig. Aber Laien können glauben, es gäbe auch eine andere Besetzung. Denn ein Adjektiv dient üblicherweise zur Unterscheidung.
Sein jüngerer Bruder promovierte in Hamburg. Das kann den Eindruck erwecken, er habe auch einen älteren.
Mein Berliner Büro, das Karlsruher Bundesverfassungsgericht. Gibt es noch eines?
Sie wurde verhaftet, weil sie ihren netten Mann erstochen hat. Und wenn er nicht nett gewesen wäre? Wäre sie dann auch verhaftet worden? Und das alltägliche
zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Gibt es denn auch eine nicht gesetzlich festgelegte, etwa eine private? Im hochspeziellen Mehrwertsteuer- oder Umsatzsteuerrecht mag „gesetzlich“ ausnahmsweise nötig sein, im Alltag nicht. Die gut gemeinte Erklärung steht also besser in einem eigenen Satz; jedenfalls nicht in einem Adjektiv:
Der Schönfelder ist ein Standardwerk. Es ist eine rote Gesetzessammlung. Sein Bruder promovierte in Hamburg. Er ist übrigens jünger als er. Er kann zwar auch einen älteren Bruder haben, aber der Gedanke wird so nicht erzeugt.
Er hat sein Büro in Berlin. Das Bundesverfassungsgericht sitzt in Karlsruhe. 22 |
Vorsicht mit Adjektiven
Sie wurde verhaftet, weil sie ihren Mann erstochen hat. Es war ein netter Mensch. Und noch immer steht in Formularen von Landgerichten:
Sie müssen sich von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einer zugelassenen Rechtsanwältin vertreten lassen. Darum stellen viele Mandanten die „seltsame“ Frage an ihre Anwältin oder ihren Anwalt: „Sind Sie denn zugelassen?“ Ein Hinweis des Gerichts:
Den exakten Wortlaut entnehmen Sie bitte dem Sitzungsprotokoll. Ja, gibt es denn auch einen nicht exakten Wortlaut? Hier wollte das Gericht allerdings etwas anderes sagen und lag mit dem exakt einfach nur daneben:
Den vollständigen Wortlaut entnehmen Sie bitte dem Sitzungsprotokoll. Setzen Sie Adjektive ein, um zu unterscheiden, zu werten, zu bekräftigen oder zu charakterisieren:
Es war ein weiser Richter. (also ein besonderer)
Das blaue Auto fährt vorn. (nicht das grüne)
Das ist eine gute Entscheidung. Er hat nur einige magere Fälle als Anwalt. Er beauftragte seine Frankfurter Anwältin. (nicht die Berliner)
Sie ist eine charmante Frau. Er hat einen neuen Kollegen. Fazit: Setzen Sie Adjektive nur bewusst, gezielt und mit Bedacht ein. Schauen Sie genau hin, ob Sie diese Wörtchen benötigen: Muss das bleiben oder kann das weg?
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Gerade in juristischen Texten können überflüssige Adjektive verwirren und Diskussionen hervorrufen – wie im folgenden Schachtelsatz aus einem Urteil des Bundesfinanzhofes:
Eine promovierte Chemikerin, die Zertifikate als „DGQ-Fachauditor für die chemische Industrie“ und als „DGQ-Umweltsystem-Auditor“ besitzt und die Unternehmen auf die von diesen gewünschte Zertifizierung vorbereitet, Umweltgefährungspotenziale analysiert, Managementsysteme für den betrieblichen Umweltschutz entwickelt, Arbeitsplätze des Unternehmens im Hinblick auf die für die Arbeitnehmer ausgehende Gefährdung beurteilt, entsprechende Lösungen zur Gefahrenabwehr erarbeitet, geeignete Lagerungssysteme zur sicheren Aufbewahrung von das Grundwasser gefährdenden Flüssigkeiten auswählt und entsprechenden Betriebsanweisungen erstellt, übt eine einem Handelschemiker ähnliche Tätigkeit aus … Es stellt sich hier die Frage, ob das Adjektiv „promoviert“ von irgendeiner Bedeutung ist. Es könnte schließlich eine Voraussetzung für die Gleichstellung mit dem Handels-Chemiker sein. Ist es aber nicht. Das Adjektiv ist belanglos. Dort könnte ebenso gut blonde, große oder 40-jährige stehen. Die Chemikerin, um die es in dem Fall ging, hatte promoviert und darum war das Wörtchen zufällig im Urteil enthalten. Ebenfalls überflüssig ist das geeignet. Wenn die Lagerungssysteme zur sicheren Aufbewahrung dienen, sind sie wohl dazu geeignet. Solche überflüssigen Wörtchen können bei Juristen zur überflüssigen Diskussion, etwa über argumento e contrario führen. Sie sehen: Sprachliche Probleme führen zu juristischen Problemen. Oft sind juristische Pro bleme genau betrachtet eher sprachliche Probleme. Wenn Sie nun den Text mit der Chemikerin weiter unter die Lupe nehmen, fällt noch einiges auf: Was sind Lagerungssysteme zur Aufbewahrung? Lagern und aufbewahren? Ist das doppelt gemoppelt? Genügt da nicht sichere Lagerungssysteme oder Systeme zur sicheren Lagerung? Und eine weitere Frage taucht auf: Müssen die entsprechenden Lösungen und die entsprechenden Betriebsanweisungen sein? Die Zugaben entsprechenden sind wohl nicht zwingend. Das alles bemerken Sie erst, wenn Sie sensibel an die Texte herangehen.
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Vorsicht mit Adjektiven
Das entsprechende wird in Rechtstexten gern eingesetzt. Die entsprechende Lösung für ein Problem, die entsprechende Antwort auf eine entsprechende Frage. Sehr oft plustert das vorliegende Texte auf, ist aber meist entsprechend überflüssig. Sehr beliebt ist auch der konkrete Einzelfall. Einen allgemeinen Einzelfall gibt es wohl nicht. Der Text mit der Chemikerin wird uns übrigens später auch wegen des üblen, leserverachtenden Schachtelsatzes beschäftigen.
Übung: Entfernen oder ersetzen Sie überflüssige Adjektive. 1. Der mit mir verheiratete Mann, (oder) die mit mir verheirate Frau. 2. Meine mir schon aus der Schule bekannte Freundin. 3. Die Vorsitzende Richterin ließ den angeklagten Mann hereinführen. 4. Das junge, achtjährige Mädchen lieferte uns ganz konkrete Beweise. 5. Der anwesende Zeuge nannte sein aktuelles Alter. 6. Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält oft gut ausgedrückte Formulierungen. 7. Die eingetroffene Polizei nahm die verdächtige Frau fest. Lösungen: 1. Mein Mann, meine Frau Oder, wenn nötig, zum Beispiel steuer- oder familienrechtlich: Mein Ehemann (bitte nicht Gatte oder Gemahl, das ist eher 19. Jahrhundert), meine Ehefrau. 2. Meine Schulfreundin. 3. Die Vorsitzende ließ den Angeklagten hereinführen. 4. Die Achtjährige lieferte uns Beweise. 5. Der Zeuge nannte sein Alter. 6. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält oft gute Formulierungen. 7. Die Polizei nahm die Verdächtige fest.
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4. Kein Nominalstil, sondern kräftige Verben Die Juristensprache ist vor allem wegen des Nominalstils, wegen der substantivierten Verben bei Durchschnittsmenschen verpönt. Nominalstil ist Hauptmerkmal der Juristensprache: Verfügung, Bewertung, Befähigung, Verletzung. Verben mutieren zu Hauptwörtern. Nominalstil ist umständlich, gestelzt und daher meist schwer zu verstehen. Wir brauchen Verben. Verben sind die wichtigsten Wörter im Satz, Verben teilen uns mit, was passiert oder was wir tun sollen. Von Kindesbeinen an sind wir ganz natürlich an Verben gewöhnt.
Räum’ auf. Iss auf. Geh’ ins Bett. Wir laufen. Du sprichst. Sie streiten. Es ist unnatürlich, Verben durch ein Hauptwort zu ersetzen – das, was geschieht, mit einem Substantiv mitzuteilen: Gespräch führen, Streit durchführen. Besonders widernatürlich und irritierend ist es, Verben mittels - ung oder -keit in Hauptwörter zu verwandeln. Aus durchsuchen wird Durchsuchung durchführen, aus verurteilen wird die Verurteilung erfolgt. Aus streiten wird eine Streitigkeit haben. Da jeder Satz ein Verb braucht, muss dem echten oder künstlichen Hauptwort ein aussageschwaches Stützverb zugegeben werden: durchführen, stattfinden, erfolgen, vollziehen. Im normalen Leben sagt aber niemand:
Führ’ eine Aufräumung deines Zimmers durch, lass eine Endbespeisung erfolgen, vollziehe eine Früh-ins-Bett-Gehung. Diese „künstliche Hauptwörterei“ im Juristendeutsch wird darum als distanziert, unfreundlich, aufgeblasen, arrogant und hochnäsig empfunden. Die „Opfer“ des Nominalstils fühlen sich von oben herab behandelt. Und sie „fremdeln“ mit dem Nominalstil; sie sind ihn nicht gewohnt. Nominalstil ist vermeidbar – für den, der es möchte.
Wir betrauen ihn mit der Durchführung der Untersuchung des Falles, heißt nichts anderes als:
Wir betrauen ihn damit, den Fall zu untersuchen. Oder: Er soll den Fall untersuchen. Der aufgeblasene Satz
Es muss eine Beschlagnahme der Akten durch die Staatsanwaltschaft erfolgen, 26 |
Kein Nominalstil, sondern kräftige Verben
heißt nichts anders als:
Die Staatsanwaltschaft muss die Akten beschlagnahmen. Schreiben Sie nicht:
Es erfolgt eine Umstrukturierung des Unternehmens durch einen Wirtschaftsberater, sondern:
Ein Wirtschaftsberater strukturiert das Unternehmen um. Das alles klingt umständlich und das ist es auch. Ein Grund für den Nominalstil mag sein, dass die Überschriften zu Gesetzen meist nur aus Nomina bestehen: Beschlagnahme, Festnahme, Personenbeförderung. Daraus folgt dann, dass die Beschlagnahme erfolgt, die Festnahme durchgeführt wird und die Personenbeförderung vorgenommen wird. Genauso gut – und zudem viel kürzer – kann es heißen:
beschlagnahmen, festnehmen, Personen befördern. Indizien für Nominalstil sind die Substantiv-Endungen -ung und -keit und die Verben
erfolgen, durchführen, vornehmen, vollziehen. Also Achtung, wenn Sie diese Wörter diktieren oder schreiben. Besonders gefährlich ist es, Nomina zu einer Nominalstilkette aufzureihen. Sie ist nicht nur umständlich und lang, sie kann auch zu Missverständnissen führen, wenn substantivierte Verben mittels Präpositionen oder Genitivkonstruktionen aneinandergereiht werden.
Ziel der Aktion waren Beschlagnahmen, Durchsuchungen und Identifizierungen von Fahrzeugen und Kleidung des Täters. Was gehört wie zusammen? Sie können die Nominalstilkette unterschiedlich verstehen:
1. Fahrzeuge und Kleidung wurden beschlagnahmt, durchsucht und identifiziert. 2. Es gab Beschlagnahmen und außerdem wurden Fahrzeuge und Kleidung durchsucht und identifiziert. 3. Es gab Beschlagnahmen und Durchsuchungen und außerdem wurden Fahrzeuge und Kleidung identifiziert. | 27
Tipps für klares Deutsch
4. Es gab Beschlagnahmen, Durchsuchungen und es gab Identifizierungen der Fahrzeuge und außerdem war die Kleidung des Täters Ziel. Beispiel: Mit Verben kann das nicht passieren. Ziel der Aktion war es, Kleidung und Fahrzeuge des Täters zu beschlagnahmen, zu durchsuchen und zu identifizieren. Oder:
Bei der Aktion sollten Kleidung und Fahrzeuge des Täters beschlagnahmt, durchsucht und identifiziert werden. Ein anderes Beispiel einer Nominalstilkette:
Neu eingeführt wurde in § 10 Ziff. 1 Kategorie 1e) die Bewertung von Audiodeskriptionen von Filmen für Blinde, wie sie insb. Arte sendet, mit fünf Punkten. Hier stellen sich zwei Fragen: 1. Was ist neu? – Die Bewertung insgesamt? Oder nur die Bewertung mit fünf Punkten? Oder ist neu, dass das Ganze jetzt in § 10 Ziff. 1 Kategorie 1e) steht? 2. Worauf bezieht sich der Nebensatz? Was also sendet Arte? – Etwa Filme für Blinde? Oder Audiodeskriptionen für Filme für Blinde? Oder die Bewertungen? Die Antworten auf Frage 1 weiß nur der Autor. Weil hier Nomina aneinandergereiht sind, ist der Sinn des Satzes nicht zu erfassen. Solche Kon struktionen kommen in Gesetzen häufig vor und führen dann zu unterschiedlichen Auslegungen und Rechtsproblemen – nur weil jemand schlecht und mehrdeutig formuliert hat. Bei der Frage 2 kann man sich die Antwort erarbeiten: Arte sendet Audio deskriptionen (gesprochene Untertitel); denn Filme für Blinde zu senden, ist wohl Unsinn. Wegen solcher Konstruktionen kommt es auch in Gesetzen oft zu Missverständnissen.
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Kein Nominalstil, sondern kräftige Verben
Und noch eine kurze Nominalstilkette:
In einer Stellungnahme vom 2. Oktober 2014 hatte sie sich deutlich positio niert und auf die negativen Konsequenzen der spürbaren Anhebung der Schwellenwerte für kleine Kapitalgesellschaften hingewiesen. Hat die Anhebung negative Konsequenzen für die Kapitalgesellschaften – oder für einen Dritten? Für die Kapitalgesellschaften:
… und auf die negativen Konsequenzen für kleine Kapitalgesellschaften hingewiesen, die die spürbare Anhebung der Schwellenwerte hat. Zum Schluss ein schönes Beispiel aus der ZPO. In § 755 können Sie diesen Satz „genießen“ (oder zum Genusse bringen):
Ist der Schuldner Unionsbürger, darf der Gerichtsvollzieher die Daten nach Satz 1 Nummer 1 nur erheben, wenn ihm tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung der Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts vorliegen. Eine Übermittlung der Daten nach Satz 1 Nummer 1 an den Gerichtsvollzieher ist ausgeschlossen, wenn der Schuldner Unionsbürger ist, für den eine Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nicht vorliegt. Vermutung, Übermittlung, Feststellung, Nichtbestehen, Verlust? Müssen so viele verkettete Substantivierungen und Hauptwörter sein? Nein! Es geht auch ohne:
Ist der Schuldner Unionsbürger, so gilt für die Daten nach Satz 1 Nummer 1 Folgendes: – Der Gerichtsvollzieher darf sie nur erheben, wenn ihm tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die vermuten lassen, es sei festgestellt, dass das Freizügigkeitsrecht verloren gegangen ist oder nicht besteht. – Sie dürfen dem Gerichtsvollzieher nicht übermittelt werden, wenn für den Schuldner weder festgestellt wurde, dass sein Freizügigkeitsrecht nicht besteht, noch, dass er es verloren hat. Sie haben es sicher bemerkt: Weil im ersten Satz des Gesetzestextes wieder so viele Substantivierungen aneinandergereiht sind, wissen Sie nicht, ob sich die Feststellung nur auf das Nichtbestehen oder auch auf den Verlust bezieht oder die Vermutung direkt auf den Verlust. Das müssen Sie dann einfach wissen, sich erschließen oder es raten | 29
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Übung 1: Weg mit dem Nominalstil, nutzen Sie Verben. 1. Durch die vorgenommene Beschrankung des Bahnübergangs Müllerstraße wurde eine Senkung der Unfallquote an diesem Gefahrenpunkt auf null erreicht. 2. Schulseitig wird die Beantragung einer Bezuschussung der Klassenreise nach Amsterdam seitens der Schulbehörde in Erwägung gezogen. 3. Die Festsetzung des Verspätungszuschlages in Höhe von EUR 1000,00 erfolgte ohne Ausübung von pflichtgemäßem Ermessen. 4. Die Erfolgsaussichten unterliegen der Beurteilung durch das Landgericht. 5. Die Zusendung von unberechtigter E-Mail-Werbung stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. 6. Die Abnahme der Arbeit kann erst nach Einarbeitung aller Änderungswünsche erfolgen. 7. Eine Gefährdung der Resozialisierung ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine den Täter identifizierende Sendung über eine schwere Straftat nach seiner Entlassung oder in zeitlicher Nähe zu seiner bevorstehenden Entlassung ausgestrahlt wird. Lösungen: 1. Seit es am Bahnübergang Müllerstraße eine Schranke gibt, geschehen dort keine Unfälle mehr. 2. Die Schule will einen Zuschuss zur Klassenreise nach Amsterdam beantragen. 3. Der Verspätungszuschlag von EUR 1000,00 wurde ohne pflichtgemäßes Ermessen festgesetzt. 4. Das Landgericht beurteilt die Erfolgsaussichten. 5. E-Mail-Werbung unberechtigt zuzusenden, verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht. 6. Wir nehmen die Arbeit erst ab, wenn alle Änderungswünsche eingearbeitet sind. 7. Die Wiedereingliederung ist gefährdet, wenn nach oder kurz vor der Entlassung eines Straftäters ein Film über die Tat gezeigt wird, in dem der Täter zu identifizieren ist. 30 |
Kein Nominalstil, sondern kräftige Verben
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Tipps für klares Deutsch
Übung 2: Die Anwendbarkeit dieser Alternative hängt jedoch von der Ansässigkeit und umsatzsteuerrechtlichen Registrierung des Händlers im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat sowie vom EU-Mitgliedsstaat des Transportbeginns ab. Folglich wäre hier eine weitere Prüfung im Einzelfall nötig. Lösung: Diese Alternative ist anwendbar, wenn der Händler im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat ansässig und umsatzsteuerrechtlich registriert ist. Zudem ist entscheidend, in welchem EU- Mitgliedsstaat der Transport begonnen hat. Das müsste (hier jeweils) geprüft werden. Übung 3: Durch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ohne Kündigung bringt ein Auftraggeber regelmäßig zum Ausdruck, dass für ihn eine Vertragsverletzung eine Fortsetzung des Vertrages gerade nicht unzumutbar macht. Lösung: Setzt ein Auftraggeber das Vertragsverhältnis fort, bringt er regelmäßig zum Ausdruck, dass die es für ihn nicht unzumutbar ist, den Vertrag trotz Vertragsverletzung fortzusetzen.
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Viel Aktiv, wenig Passiv
5. Viel Aktiv, wenig Passiv Ein anderes Übel, das Juristen pflegen, ist das Passiv. Es ist meist mit dem Nominalstil symbiotisch verbunden und klingt ebenfalls unfreundlich und distanziert. Das Passiv ist umständlich, zäumt das Pferd sozusagen von hinten auf und verschweigt meist, wer der Handelnde ist. Es ist wie der Nominalstil eher unnatürlich. Nichtjuristen „fremdeln“ damit. Wir nutzen im normalen Alltag selten Passiv; denn wir sagen Dinge direkt und nennen gern den Handelnden. Das Passiv braucht zudem immer zwei oder gar drei Prädikatsteile: ein oder zwei Hilfsverben und ein Hauptverb (wird geschlagen – ist geschlagen worden). Daher kann es bei längeren Sätzen auch noch passieren, dass die Prädikatsteile im Satz verstreut sind und das wichtige Verbteil hinten steht, was den Leser anspannt (siehe Schachtelsatz, S. 49). Also nicht:
Er wird von einem großen Mann mit dunkler Brille und schwarzem Mantel im Park verfolgt. Sondern besser:
Ein großer Mann mit dunkler Brille und schwarzem Mantel verfolgt ihn im Park. Passiv ist nicht nur umständlich und klingt distanziert, es kann auch zu Missverständnissen führen, wenn Sie die Passivfalle aufstellen.
Die Sache konnte durch Befragung von Expertinnen geklärt werden. Welche Rolle spielen in diesem Satz die Expertinnen? Fragen sie jemanden oder werden sie von jemandem befragt? Das ist nicht klar, und zwar wegen des Passivs. Ein aktiver Satz birgt keine Missverständnisse in sich:
Expertinnen klärten die Sache mittels Befragung. Oder: Wir klärten die Sache, indem wir Expertinnen befragten. Und eine noch gemeinere Passivfalle:
Das kann von der verantwortlichen Stelle nicht erwartet werden. Tja? Erwarten wir etwas von der verantwortlichen Stelle? Oder erwartet sie etwas von uns?
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Tipps für klares Deutsch
Der Airbus A340 „Konrad Adenauer“ war im Jahre 2011 von der Lufthansa übernommen worden. Hat die Lufthansa den Airbus übernommen? Oder hat hier die Luftwaffe ihn von der Lufthansa bekommen? Und es geht noch weiter: Der Airbus ist nach Angaben der Luftwaffe im Jahre 1999 gebaut worden. Hmm? Nach Angaben der Luftwaffe gebaut? Hatte die Luftwaffe den Bauplan erstellt? Oder hat die Luftwaffe bloß mitgeteilt („angegeben“), dass der Airbus 1999 gebaut wurde? Nun verfallen Juristen in solchen Fällen wie den Passivfallen in heftige Debatten und haben dazu verschiedene Auffassungen, herrschende und nicht herrschende. Sie verbreiten so genannte richtige Meinungen, überwiegend vertretene oder Mindermeinungen. Oder sie beginnen auszulegen: historisch, grammatikalisch, systematisch, teleologisch oder gar verfassungskonform. Das ist wissenschaftlicher Disput – der aber gar nicht nötig wäre, wenn die Autorin des Textes gleich verständlich und eindeutig hingeschrieben hätte, was sie sagen möchte. Doch die Autorin hat die Passivfalle, die sie in juristischer Feinarbeit gebaut hat, selbstverständlich nicht erkannt; denn sie weiß ja, was sie mit dem Satz sagen will, und kommt nicht auf die Idee, dass es ein Missverständnis geben könnte. Darum: Einfach das Passiv vermeiden, im Aktiv schreiben; und die Gefahr, eine Passivfalle zu bauen, ist äußerst gering. In Schriftsätzen lesen Sie oft:
Es wird bestritten. Bedeutet das nun, dass jemand (wohl der Gegner) es bereits bestritten hat oder aber, dass die Autorin es gerade mit diesem Satz bestreitet? Das müssen Leser und Leserinnen sich erschließen. Sie sehen: Passiv kann verwirren und zu juristischen Diskussionen führen.
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Viel Aktiv, wenig Passiv
Übung 1: Setzen Sie ins Aktiv um 1. Der Gesuchte wurde am Freitag von der Polizei gefunden. 2. In das Ledergeschäft in der Schillerstraße ist am Freitag von drei Jugendlichen eingebrochen worden. 3. Wir wissen nicht, ob der Antrag von Herrn Müller bearbeitet wurde. 4. In der Bar fand eine Durchsuchung seitens der Polizei statt. 5. Das Gesetz ist von der Regierung nicht beachtet worden. 6. Das Urteil wurde gestern verkündet. 7. Das vom Verteidiger gehaltene Plädoyer wurde vom Publikum bejubelt. Die Zuschauer wurden darum des Saales verwiesen. Lösungen: 1. Die Polizei fand den Gesuchten am Freitag. 2. Drei Jugendliche brachen am Freitag in das Ledergeschäft in der Schillerstraße ein. 3. Wir wissen nicht, ob Herr Müller den Antrag bearbeitet hat. Oder (Passivfalle!): Wir wissen nicht, ob Herr Müllers Antrag bearbeitet wurde. 4. Die Polizei durchsuchte die Bar. 5. Die Regierung hat das Gesetz nicht beachtet. 6. Das Gericht verkündete gestern das Urteil. 7. Die Zuschauer bejubelten das Plädoyer des Verteidigers, der Richter schickte sie daraufhin aus dem Saal. Übung 2: Die seitens der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 30. März 2021 erfolgte aufgrund eines vorliegenden wichtigen Grundes. Deshalb kann die Klägerin lediglich verlangen, dass die bis zum Ausspruch der Kündigung erbrachten Leistungen (auf Basis der vertraglichen Regelungen) vergütet werden, freilich unterstellt diese sind mangelfrei erbracht.
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Lösung: Die Beklagte kündigte am 30. März 2021 aus wichtigem Grund. Darum kann die Klägerin nur verlangen, dass die bis dahin erbrachten Leistungen (auf Basis des Vertrages) vergütet werden – unterstellt, sie sind mangelfrei. Und zum Schluss wieder ein kurioses Beispiel. Auf einem Hinweisschild auf dem Juristentag 2000 in Leipzig stand:
Achtung! Am heutigen Donnerstag findet in der Glashalle um 13.00 Uhr eine Führung durch Frau Dr. Ladwig-Winters durch die Ausstellung „Anwalt ohne Recht“ statt. Eine typisch juristische Sprachkonstruktion mit Passiv und Nominalstil. Wie Sie hoffentlich bemerkt haben, bringt das Passiv neben Passivfallen hier auch ungewollten Humor: Führung durch Frau Dr. Ladwig-Winters. Die arme Frau! Viel kürzer und klarer geht es ohne Passiv und ohne Nominalstil, mit Verben und Aktiv:
Heute führt Frau Dr. Ladwig-Winters um 13 Uhr in der Glashalle durch die Ausstellung „Anwalt ohne Recht“. Wenn der Text so kurz und klar ist, wird die Überschrift Achtung! überflüssig – die ohnehin als boshaft verstanden werden kann: Achtung! klingt fast so, als solle vor der Führung gewarnt werden. Und damit Sie sehen, dass auch Text-Profis wie Journalisten solche Kuriositäten basteln, hier drei schöne Überschriften:
Mutter von sieben Kindern erstochen Trommler von Rock-Band erschossen Mörder von Dienstmädchen gefasst
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Viel Aktiv, wenig Passiv
Halbzeitstand Nach fünf Regeln können Sie bereits beginnen, Sätze mit mehreren Stilfehlern zu „zerschlagen“ und kurz und klar zu formulieren, auch wenn Sie die weiteren fünf Regeln erst noch näher kennen lernen werden. Denken Sie bei der Lösung wieder an den „Küchenzuruf“ (S. 2).
Übung 1: Wortmüll und Blähdeutsch. 1. Die gemachten Aussagen seitens des Präsidenten der Kammer sind klar formuliert. 2. In ähnlich gelagerten Fällen werden oftmals von verschiedenen Gerichten unterschiedliche Entscheidungen getroffen. 3. Die im Gerichtsaal vorhandene Bestuhlung ist nicht ausreichend für die Zahl der Zuschauer und Zuschauerinnen. 4. Der Schweregrad der Unfälle betreffend die Autobahnen geht einer Steigerung entgegen. 5. Der Vorstand ist in überwiegender Mehrzahl aus Frauen zusammengesetzt. 6. Von der Kostenseite her ist dieses Buch zu preisaufwendig. 7. Wir werden kostenmäßige Reduzierungen auf dem Personalsektor vornehmen müssen. 8. Seine Erwartungshaltung betreffend die zeitnahe und möglichst ausreichende Durchführung der Corona-Impfungen in der Bevölkerung war sehr hochgeschraubt. Lösungen: 1. Die Aussagen des Kammerpräsidenten sind klar. 2. Verschiedene Gerichte entscheiden ähnliche Fälle oft unterschiedlich. 3. Es gibt zu wenige Stühle im Gerichtssaal. 4. Es gibt immer schwerere Unfälle auf Autobahnen. 5. Im Vorstand gibt es überwiegend Frauen. 6. Das Buch ist zu teuer.
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7. Wir müssen Leute entlassen. Oder: Wir müssen die Löhne senken. 8. Er setzte hohe Erwartungen daran, dass schon bald möglichst viele Menschen gegen Corona geimpft werden können. Oder: Er hoffte sehr, dass schon bald …. Übung 2: Als Höhepunkt der Halbzeit-Übungen ein Brief eines Schulamtes. Bitte formulieren Sie den Brief einfach und zielgruppengerecht und schreiben Sie das Wichtige an den Anfang. Der Brief richtet sich an eine Mutter und juristische Laiin.
Sehr geehrte Frau Mayer, Bezug nehmend auf unseren Bescheid vom 1. 8. 2019 bezüglich des Transportes zwischen o. g. Wohnung und Sprachheilkita Lindenberger Weg gemäß §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i. V. m. §§ 55 Abs. 2 Nr. 2 56 SGB IX als Hilfe zur Sicherstellung heilpädagogischer Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, für Hannah bis zu Ihrer Einschulung, voraussichtlich im August nächsten Jahres durch die Firma Fuhrbetrieb Klaus Müller, Karl-Schweizer-Straße 321, 12345 Musterstadt in Höhe von beförderungstäglich 9,36 Euro bei Hin- und Rückfahrt bzw. 4,68 Euro bei Hinfahrt ohne Rückfahrt jeweils zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer laut Kostenvoranschlag der Firma vom 8. 10. 2018 ergeht folgender ergänzender Bescheid: Der Vorbehalt des fehlenden Nachweises über die Zugehörigkeit zum berechtigten Personenkreis Hannahs wird aufgehoben, da der Nachweis erbracht wurde. Die Firma wird entsprechend informiert. Im Übrigen behält der Bescheid vom 1. 8. 2019 voll inhaltlich seine Wirksamkeit.
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Viel Aktiv, wenig Passiv
Fundstellen: BSHG – Bundessozialhilfegesetz i. d. F der Bekanntmachung vom 23. März 1994 (BGBl. I S. 646), zuletzt geändert durch Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – SGB IX (BGBl. I 2001 S. 1046) Lösung: Sie haben es ganz sicher gesehen: Hier ist sehr viel überflüssig und falsch gewichtet. Das Wichtige steht unten. Von Bürgernähe kann da keine Rede sein, auch bei der Wortwahl: Fuhrbetrieb und Transport passen nicht so gut zu der kleinen Hannah, die zur Sprachheil-Kita gefahren wird. Was ist Hinfahrt ohne Rückfahrt? Doch wohl nur eine simple Hinfahrt. Hinfahrt ohne Rückfahrt ist eine typische juristische Doublette, um ganz sicher zu gehen, dass das verstanden wird. Aber es ist eher absurd und kann das Gegenteil bewirken. Und dann die typische gesetzliche Mehrwertsteuer; zudem fremde Wörter wie beförderungstäglich. Auch die §§-Ketten und Abkürzungen wie BSHG und SGB IX sind für eine Normalbürgerin fremd und abstoßend. Schön wäre es, Frau Meyer da „abzuholen“, wo sie zuletzt war und was der Anlass für den Brief ist.
Sehr geehrte Frau Mayer, vielen Dank für das Attest. Nun übernehmen wir die Fahrtkosten für Ihre Tochter Hannah zur Sprachheilkita Lindenberger Weg ohne Vorbehalt. Umfang und Höhe haben wir Ihnen bereits in unserem Bescheid vom 1. August 2019 mitgeteilt. Mit freundlichen Grüßen …… Rechtsgrundlagen: §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 8 Bundessozialhilfegesetz i. V. m. §§ 55 Abs. 2 Nr. 2, 56 Sozialgesetzbuch IX Nach diesen Übungen verdienen Sie zur Halbzeit, zur puren Unterhaltung, eine kleine Belohnung – ein Schreiben eines Anwaltes an eine Ärztekammer, auch als Vorgeschmack auf Schachtelsätze:
Die Feststellung einer wie beim Kläger vorhandenen nahezu vollständigen Beseitigung des Knorpels sowohl im Ober- als auch Unterschenkelbereich, | 39
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3 Monate nach der durchgeführten Operation, während derer der Kläger unter den erheblichen voran benannten schmerzhaften Einschränkungen der Beweglichkeit sowie der starken Geschwollenheit des Knies litt, lässt sich unter Berücksichtigung von typischen Geschehensabläufen ausschließlich mit einer durch den Beklagten während der Operation durchgeführten diesbezüglichen Beschädigung der Knorpelschichten erklären. Hier ist jemand komplett versunken in seinem Wort-Morast. Danke für das schöne Beispiel.
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Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze
6. Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze Vielfach stiften Juristinnen und Juristen in Gesetzen, Urteilen und Schriftsätzen Verwirrung, weil sie in ihren Sätzen die Inhalte nicht nach Bedeutung in die grammatische Struktur einordnen. Sie gehen eher nach dem Motto vor: Egal, wo etwas steht, wichtig ist nur, dass es im Satz enthalten ist. Das ist ein großer Irrtum. Inhalte müssen nicht nur im Text nach ihrer Bedeutung geordnet werden („Wichtiges vorn“), sondern auch in den einzelnen Sätzen. Sie müssen der grammatisch vorgesehenen Rangordnung folgen: Hauptsachen müssen in Hauptsätzen, Nebensachen in Nebensätzen stehen. Der Leser orientiert sich unbewusst oder automatisch an dieser vorgegebenen grammatischen Abstufung. Dazu gibt es sie. Kennt er die Bedeutung der Inhalte und ihre Rangfolge nicht, geht er davon aus, dass im Hauptsatz Wichtiges steht und im Nebensatz weniger Wichtiges. Es kann zu Missverständnissen und Trugschlüssen führen, wenn in Nebensätzen Wichtiges steckt. Verstecken Sie Hauptsachen nicht in Nebensätzen. Sie verschleiern das Wichtige. Vor allem „so-dass-Sätze“ verdrehen die Bedeutung; meist sind das umgedrehte „weil-Sätze“. Und „dass-Sätze“ schieben das Wichtige meist automatisch in den Nebensatz:
Tatsache ist, dass … Es steht fest, dass … Wir empfehlen, dass … Wir haben festgestellt, dass … Das sind zudem überflüssige Satzanfänge. Schreiben Sie nicht:
Die Polizei hatte ihre Ermittlungen abgeschlossen, so dass sie die Akte an die Staatsanwaltschaft weitergab, wenn Sie mitteilen wollen, dass die Polizei die Akte an die Staatsanwaltschaft gab.
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Sondern:
Die Polizei gab die Akte an die Staatsanwaltschaft weiter, nachdem (oder weil) sie ihre Ermittlungen beendet hatte. Nicht:
Müller hat aufgrund erdrückender Beweise gestanden, dass er die Bank überfallen hat. Sondern:
Müller hat die Bank überfallen, wie er aufgrund erdrückender Beweise gestanden hat. Oder:
Müller hat die Bank überfallen; das hat er aufgrund erdrückender Beweise gestanden. Die Hauptsache gehört in den Hauptsatz, die Nebensache in den Nebensatz oder eventuell in einen nachgestellten weiteren Hauptsatz. Stellen Sie sich vor, Sie dürften nur einen (Teil-)Satz schreiben. Das wäre dann die Hauptbotschaft in einem Hauptsatz. Denken Sie an den „Küchenzuruf“. Stellen Sie sich die Frage: Welche Information könnte ich eher weglassen? Diese Information gehört in den Nebensatz. Wie falsche Wertigkeiten zu Missverständnissen führen können, zeigt ein Satz aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:
… Der Kläger hat eine Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde abgegeben, die er nicht für begründet hält … (aus: BVerfG – 1 BvR 199/00). Natürlich hält der Kläger die Verfassungsbeschwerde für nicht begründet – nicht seine eigene Stellungnahme. Der Leser versteht das aber erst, wenn er zweimal gelesen und nachgedacht hat. Richtig nach Bedeutung geordnet muss es heißen:
Der Kläger hielt die Verfassungsbeschwerde nicht für begründet, wie er in seiner Stellungnahme ausgeführt hat. Oder:
Der Kläger hat eine Stellungnahme abgegeben: Er hält die Verfassungsbeschwerde nicht für begründet. 42 |
Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze
Übung 1: Packen Sie die Hauptsache in den Hauptsatz. 1. Der Richter, der im Saal zusammenbrach, hatte gerade ein Glas Wasser getrunken. 2. Es regnete in Strömen, als der Angeklagte die Vorsitzende angriff. 3. Es ist eine historische Tatsache, dass Christian Wulff Bundespräsident war. 4. Hiermit teilen wir mit, dass der Staatsanwalt zur Tür hereinkam, als die Bombe explodierte. 5. Die Angeklagte möchte einen neuen Verteidiger, was den alten so aggressiv macht. 6. Der Kläger betrat den Saal, nachdem gerade das Versäumnisurteil ergangen war. 7. Die Beklagte konnte die Mängel nicht beweisen, so dass sie den Prozess verlor. Lösungen: 1. Der Richter brach im Saal zusammen, nachdem er ein Glas Wasser getrunken hatte. 2. Der Angeklagte griff die Vorsitzende an, als es in Strömen regnete. 3. Christian Wulff war Bundespräsident. 4. Die Bombe explodierte, als der Staatsanwalt zur Tür hereinkam. 5. Der alte Verteidiger ist so aggressiv, weil die Angeklagte einen neuen möchte. 6. Das Versäumnisurteil war gerade ergangen, als der Kläger den Saal betrat. 7. Die Beklagte verlor den Prozess, weil sie die Mängel nicht beweisen konnte. Übung 2: Eine verdrehte Empfehlung an eine Mandantin:
Gemäß Handbuch von Dr. Kühnen ist in der Praxis die Bankbürgschaft üblich, sodass diese Sicherheitsleistungsart zu empfehlen ist.
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Lösung: Stellen Sie die Hauptsache in den Hauptsatz, ist das für die Mandantin eine klare Empfehlung:
Hier ist die Bankbürgschaft zu empfehlen, denn sie die übliche Sicherheitsleistung (nach Handbuch von Dr. Kühnen) Exkurs: Vorsicht beim Relativsatz Eine erhebliche Gefahr für Missverständnisse steckt in Relativsätzen, vor allem bei Fachtexten. Ein Relativsatz ist ein zwielichtiger Nebensatz. Wer einen Relativsatz einsetzt, kann eine ganz hinterlistige Falle für den Leser aufbauen – ohne es auch nur zu ahnen. Das Hauptproblem ist dabei die fehlende logische Verknüpfung zwischen Hauptsatz und Relativsatz. Der Relativsatz dient nur dazu, ein Hauptwort näher zu bestimmen. Er wird aber oft falsch und ziellos eingesetzt, wo eine treffende Konjunktion hingehört. Darum lässt er Raum für Interpretationen und kann verwirrend für Leserin und Leser sein. Je nach Einstellung, Vorverständnis oder sogar Vorurteilen kann der Leser den Satz so oder ganz anders verstehen. Schreiben Sie nicht:
Die Frau, die ihren Mann geschlagen hatte, wurde gestern festgenommen, wenn Sie sagen wollen:
Weil sie ihren Mann geschlagen hatte, wurde die Frau gestern festgenommen. Schreiben Sie nicht:
Der Mann, der aus dem Fenster geklettert war, wurde gestern festgenommen, wenn Sie sagen wollen:
Der Mann wurde festgenommen, nachdem er aus dem Fenster geklettert war. Vielleicht wollen Sie ja auch sagen:
Der Mann wurde festgenommen, obwohl er aus dem Fenster geklettert war oder weil er aus dem Fenster geklettert war.
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Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze
In dem Relativsatz ist das aber nicht zu erkennen. Was Sie sagen wollten, wissen zwar Sie, aber der Leser kann es nur raten. Wenn es eine treffende Konjunktion gibt (z. B. weil, obwohl, wenn), sollten Sie die treffende Konjunktion auch benutzen, nicht den schwammigen Relativsatz. Doch der Relativsatz birgt eine weitere Gefahr in sich: Auch wenn er richtig als Erklärung eines Hauptwortes eingesetzt ist, kann man gelegentlich erkennen, ob er bestimmend oder erklärend ist, ob er nur beiläufig etwas mitteilt oder für das Verständnis zwingend ist.
Richter, die sehr weise sind, entscheiden immer richtig. Wären alle Richter sehr weise, so wäre der Relativsatz eine bloße beiläufige Erklärung. Da aber nicht alle Richter sehr weise sind, ist der Relativsatz hier bestimmend; denn ohne ihn könnte der Leser zwar ahnen, dass nur die Gruppe der weisen Richter gemeint sein soll, aber das wäre nicht zwingend. Er weiß nicht genau, was die Autorin ihm sagen will. Um zu unterscheiden, würde allerdings genügen:
Weise Richter entscheiden immer richtig. Bestimmende Relativsätze können also meist durch eine kurze Ergänzung des Substantivs, ein Adjektiv, ersetzt werden. Wäre der Relativsatz oben nur erklärend gemeint, so müssten Sie formulieren:
Richter entscheiden immer richtig; denn sie sind sehr weise. So gibt es keinen Zweifel oder Irrtum über den Inhalt des Satzes. Der Relativsatz wird oft auch fälschlich statt eines neuen Hauptsatzes eingesetzt:
Er erkannte den Täter, den er festnahm. Richtig muss es heißen:
Er erkannte den Täter und nahm ihn fest. Nicht:
Sie rannte auf den Mann zu, den sie anschrie.
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Sondern:
Sie rannte auf den Mann zu und schrie ihn an. Fazit: Setzen Sie Relativsätze nur mit Bedacht ein und wenn, dann gezielt, um ein Substantiv zu bestimmen:
Ich habe das Geld gefunden, das er verloren hatte. Wir haben den Comedian vertreten, der den Präsidenten beleidigt hat. Übung: Was soll der Relativsatz sagen? Stellen Sie es kurz und klar dar. 1. Die Stühle, die immer in der Küche stehen, stelle ich vorübergehend in den Flur. 2. Eine Kollegin, der mit mir befreundet ist, vertritt den Gegner. 3. Der Zuschauer, der die Richterin mit Zwischenrufen störte, bekam ein Ordnungsgeld. 4. Ein Richter, der studiert hat, kann manche Probleme einfacher Leute nicht verstehen. 5. Ein Rechtsanwalt, der Zwangsmitglied in der Rechtsanwaltskammer ist, kann bei unkollegialem Verhalten eine Rüge von der Kammer bekommen. 6. Ein Zivilgerichtsverfahren, das sehr lange dauert, kann den Kläger zur Verzweiflung bringen. 7. Juristen, die ohne zu überlegen Sätze formulieren, verwirren ihre Leserinnen oder Zuhörer. Lösungen: 1. Ich stelle die Küchenstühle vorübergehend in den Flur. 2. Eine befreundete Kollegin vertritt den Gegner. 3. Der Zuschauer musste ein Ordnungsgeld zahlen, weil er die Richterin mit Zwischenrufen gestört hatte. (Hier war eine Falle eingebaut: Der Zuschauer bekommt kein Ordnungsgeld, aber so wird es oft umgangssprachlich gesagt.) 4. Ein Richter kann manche Probleme einfacher Leute nicht verstehen, weil er studiert hat. 46 |
Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze
(oder obwohl er studiert hat? Je nachdem, wie der Leser das sehen will.)
5. Ein Rechtsanwalt kann bei unkollegialem Verhalten eine Rüge von der Rechtsanwaltskammer bekommen. Jeder Anwalt ist Zwangsmitglied der Kammer. 6. Ein Zivilgerichtsverfahren kann den Kläger zur Verzweiflung bringen, wenn es sehr lange dauert. 7. Juristen verwirren ihre Leserinnen oder Zuhörer, wenn sie ohne Bedacht Sätze formulieren. Oder: …, weil sie ohne Bedacht Sätze formulieren. Oft gibt es bei Relativsätzen ein weiteres Problem, selbst wenn alles andere stimmt: Leser und Leserinnen können nicht erkennen, auf welches Hauptwort sich das Relativpronomen bezieht. Es gibt Bezugsprobleme:
Die Mutter der Frau, die wir bereits kannten, wollte juristischen Rat. Der Chef des Mandanten, der mit Kündigung drohte, will eine gütliche Einigung. Jungen und Mädchen, die sehr stark sind, können das schaffen. Tja, worauf beziehen sich nun die Relativpronomen? Kennen wir die Frau oder deren Mutter? Drohte der Chef oder der Mandant? Müssen nur die Mädchen stark sein? Der Duden empfiehlt: Der Relativsatz sollte sich auf das am nächsten vor dem Komma stehende Hauptwort beziehen; das entspricht dem natürlichen Leseverhalten. Aber das ist weder eine zwingende Regel, noch ist das immer möglich. In Urteilen oder Gesetzen kann das zu folgenreichen Irrtümern führen.
Auch die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die Versicherten zusteht … Hier bezieht sich der Relativsatz eindeutig auf die Rente – obwohl diese am weitesten vom Komma weg steht. Aber hier ist das anders:
Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel … | 47
Tipps für klares Deutsch
Hier weiß zwar die Spezialistin, dass das „die“ sich auf öffentliche Veranstaltungen und auf Ansammlungen bezieht. Zwingend ist das aber grammatisch nicht. Ähnlich ist es hier:
Versammlungsstätten im Freien mit Szenenflächen und Freisportanlagen, deren Besucherbereich jeweils mehr als 1000 Besucher/innen fasst und ganz oder teilweise … Worauf bezieht sich „deren“? Nur auf Freizeitsportanlagen? Auf Szeneflächen und Freizeitsportanlagen? Oder auf die Versammlungsstätten im Freien mit …? Hier hat der Gesetzgeber ein „jeweils“ eingebaut, das vielleicht hilft klarzumachen, was gemeint ist. Ja, höchstwahrscheinlich sind es die Szeneflächen und Freizeitsportanlagen. Oder doch die Versammlungsstätten insgesamt? . Also Vorsicht, wenn Sie solche Konstruktionen bauen oder lesen. Und bei diesen Beispielen bekommen Sie fast „einen Knoten ins Hirn“:
Wer ist die Frau, die Beck beerbt? Darüber freut sich Rechtsanwältin Petra Meyer, die Claudia Schulze im Urlaub vertritt. Beerbt Herr Beck die Frau oder beerbt die Frau Herrn Beck? Vertritt Petra Meyer ihre Kollegin Claudia Schulze oder umgekehrt?
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Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
7. Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze Zum nächsten großen Problem des Juristendeutschs, nämlich den langen und verschachtelten Sätzen. In dem guten Willen, alles detailreich, mikroskopisch genau und trennscharf zu regeln, formulieren Juristen unendlich scheinende Satz-Ungetüme. Noch eine Ausnahme hineinstopfen, noch eine Schranke oder Schranken-Schranke, noch eine Variante und Alternative einklinken – und dann, nach vielen, vielen Kommata, der rettende Punkt. Bloß nicht mehrere Sätze bilden, da sonst die Leserinnen und Leser womöglich nicht alles lesen könnten. Das ist verwirrend. So entstehen Sätze von oft 20 Zeilen mit weit über hundert Wörtern. Solche Kunststücke können sie vielleicht gerade noch lesen, aber nicht mehr erfassen. Ein schwerwiegendes Indiz für einen verworrenen langen Satz ist das Fazit der Leserinnen und Leser: „Oje, das muss ich noch einmal lesen. – Ganz langsam!“ Der Leser sollte aber den Text gleichzeitig lesen und verstehen können. Kurze, übersichtliche Sätze zu schreiben bedeutet nicht, Hackstil oder Stakkato zu produzieren. Sätze sollten aber eine gewisse Länge einhalten, damit sie überschaubar und verständlich bleiben – und Leser oder Zuhörerinnen nicht in „Atemnot“ geraten. Lesen Sie sich den Satz zur Kontrolle einmal laut vor. Eine Faustregel lautet: Nicht mehr als 20 Wörter pro Satz. Daran müssen Sie sich nicht akribisch halten. Es ist nur eine Faustregel. Sie sollten jedoch die Größenordnung wahren. Bei 25 Wörtern sollten Sie dringend über einen Punkt nachdenken und einen neuen Satz beginnen. Sätze dürfen selbstverständlich auch Nebensätze haben, auch mehrere. Das Konstrukt muss aber lesbar bleiben. Schwer zu erfassen und verworren sind vor allem Schachtelsätze, also Sätze mit – meist mehreren – eingeschobenen Nebensätzen. Das Hauptproblem der Schachtelungen und Einschübe: Meist steht das Verb, das Prädikat des Satzes weit hinten. Der Leser erreicht es erst nach vielen Satzgirlanden und Umwegen hinweg über andere Informationen. Meist hat er dann vergessen, zu welchem Satz das „gefundene“ Verb gehört. Das Verb ist aber meist das wichtigste Wort, die Hauptinformation im Satz. Leserinnen und Leser brauchen das Verb, um den Satz und seinen Inhalt zu verstehen. Erst das Verb gibt ihnen die Information, was | 49
Tipps für klares Deutsch
geschieht oder um was es geht. Steht diese Information weit hinten, entsteht beim Lesen eine unbewusste Anspannung. An einem Sondern-Satz ist das wunderbar zu zeigen:
Ich will nicht mit den Kollegen Meyer, Müller und Schulze, sondern mit den Kollegen Reis, Samimi und Schons zusammenarbeiten. Viel besser und entspannter zu erfassen ist die folgende Variante, weil das Verb oder Prädikat vorn steht:
Ich will nicht mit den Kollegen Meyer, Müller und Schulze zusammenarbeiten, sondern mit den Kollegen Reis, Samimi und Schons. Darum: Ziehen Sie die Verben nach vorn zum Anfang oder Rest des Satzes; das ist für die Leserinnen und Leser erheblich entspannter und Sie können die Information „Happen und Happen“, Satz für Satz konsumieren. Ein plastisches Beispiel von Heinz Erhardt, dem Komiker und Gedichteschreiber:
Man muss so genannte Schachtelsätze, die als Unart vieler Dichter, die teilweise sogar noch leben, weil man vergessen hat sie totzuschlagen, gelten, meiden. Hier erkennen Sie sehr gut wie „ungünstig“ es ist, die Verben nach hinten zu setzen und so auch die Gedanken des Lesers zu verschachteln. Es geht so einfach, Verben nach vorn:
Man muss so genannte Schachtelsätze meiden, die als Unart vieler Dichter gelten, die teilweise sogar noch leben, weil man vergessen hat sie totzuschlagen. Vom Kabarett zurück zur Juristerei: Was will uns zum Beispiel der BGH mit folgendem Satz-Labyrinth sagen? (Pressemitteilung vom 20. Oktober 2015 zu XI ZR 166/14)
Die Auslegung der umfassend formulierten Regelung – die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach auf sämtliche Fälle bezieht, in denen der Kunde bei der Beklagten wegen der Ausstellung einer Ersatzkarte vorstellig wird – ergibt, dass die Bank hiernach auch dann die Zahlung des Entgelts in Höhe von 15 € verlangen kann, wenn die Ausgabe der Ersatzkarte wegen der vereinbarungsgemäß erfolgten Sperrung der Erst- bzw. Originalkarte nach § 675k Abs. 2 BGB notwendig geworden ist, deren Verlust oder Diebstahl – 50 |
Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
als nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallende Vorgänge – der Kunde gemäß § 675l Satz 2 BGB angezeigt hat. Das können Sie zwar rein mechanisch lesen, aber auch beim zweiten oder dritten Mal kaum verstehen. Wie wäre es auch ohne Gewurschtel, also mit klarem Satzbau? Einen Satz nach dem anderen. Informationen logisch aneinanderreihen.
Die umfassend formulierte Regelung bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf alle Fälle, in denen der Kunde bei der Beklagten wegen der Ausstellung einer Ersatzkarte vorstellig wird. Die Auslegung der Regelung ergibt, dass die Bank das Entgelt von 15 € auch dann verlangen kann, wenn die Ausgabe der Ersatzkarte notwendig geworden ist, weil die Erstbzw. Originalkarte nach § 675k Abs. 2 BGB vereinbarungsgemäß gesperrt wurde. Der Verlust oder Diebstahl der Originalkarte, den der Kunde gemäß § 675l Satz 2 BGB angezeigt hat, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Und vielleicht noch mit etwas volksnahen Formulierungen:
Die ausführliche Regelung betrifft nach ihrem klaren Wortlaut alle Fälle, in denen der Kunde von der Beklagten eine Ersatzkarte möchte. Danach kann die Bank die 15 € auch dann verlangen, wenn der Kunde eine Ersatzkarte braucht, weil seine alte Karte nach § 675k Abs. 2 BGB vereinbarungsgemäß gesperrt wurde. Dafür, dass eine Karte gestohlen wird oder verloren geht, wie es der Kunde gemäß § 675l Satz 2 BGB angezeigt hat, ist die Beklagte nicht verantwortlich. Vermeiden Sie Konstruktionen mit „dass“. Denken Sie auch an die Regel „Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze“. Dass-Sätze sind oft eine Hauptursache für verworrene Sätze. Um für das Problem des Schachtelsatzes noch sensibler zu werden, sollten Sie sich in die Lage eines Simultan-Dolmetschers hineindenken. Er kann mit der Übersetzung, zum Beispiel ins Englische, erst beginnen, wenn er den ganzen Satz gehört hat, insbesondere, wenn er das Verb kennt. Hoffentlich hat er dann die Einschübe nicht wieder vergessen!
In Deutschland ist die Todesstrafe, auch wenn sie gerade bei Kindesentführung, Kindesmissbrauch und Kindesmord vielen Menschen angemessen erscheint und die verständlichen Rachegefühle der Eltern befriedigt, aus guten Gründen abgeschafft. | 51
Tipps für klares Deutsch
Oft entsteht so wegen eines Einschubes auch ein falscher Zwischensinn – noch schlimmer für den Dolmetscher:
Der Richter versagte, nachdem er das Urteil gegen den Angeklagten gefällt hatte, dem Verteidiger, von dem er sich nicht verabschiedete, den Respekt. Der Richter hat aber nicht versagt, wie der Leser zunächst glauben mag. Besser wäre:
Der Richter versagte dem Verteidiger den Respekt: Nachdem er das Urteil gefällt hatte, verabschiedete er sich nicht von ihm. Klarer ist es, wenn das Verb vorn steht und die Leserinnen sofort erfahren, um was es geht:
In Deutschland ist die Todesstrafe aus guten Gründen abgeschafft, auch wenn sie gerade bei Kindesentführung, Kindesmissbrauch und Kindesmord vielen Menschen angemessen erscheint und die verständlichen Rachegefühle der Eltern befriedigt. Um den folgenden Wurmfort-Satz zusammenzubasteln hat das OLG Karlsruhe (Urteil vom 2. Juni 2017, 12 U 161/16) wohl einige Stunden gebraucht, vermutlich länger, als es dauert, ihn halbwegs lesbar zu machen.
Soweit die Berufung geltend macht, die bislang ergangenen Entscheidungen zur Anwendbarkeit des § 808 BGB im Falle einer fehlgeschlagenen Abtretung hätten sämtlich nicht die Fallkonstellation der Nichtigkeit der Übertragung der Lebensversicherung betroffen, weshalb diese Frage in Rechtsprechung und Literatur ungeklärt sei, folgt der Senat dem im Anschluss an das Oberlandesgericht München (vgl. hier und im Folgenden: OLG München, Urteil vom 07. April 2017 - 25 U 4024/16 -, Rn. 28/29, juris) nicht, da die in Rechtsprechung und Literatur zur Grenze des Schuldnerschutzes nach § 808 BGB anerkannten Wertungskriterien eine Dif ferenzierung zwischen unwirksamen und nichtigen Abtretungen nicht erkennen lassen und der Bundesgerichtshof vielmehr in ständiger Rechtsprechung diejenigen Fallkonstellationen benannt hat, in denen die Legitimationswirkung der Urkunde nicht eingreift, nämlich wenn der Schuldner die mangelnde Verfügungsberechtigung des Inhabers positiv kennt oder sonst gegen Treu und Glauben die Leistung bewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08 -, Rn. 16-18, juris, Rn. 17 m.w.N.).
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Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
Das ist ein einziger Satz von 1. 116 Zeichen oder 156 Wörtern. In drei Sätze aufgeteilt liest es sich besser – und es sind nur noch 888 Zeichen oder 129 Wörter:
Der Senat folgt der Berufung nicht, soweit sie geltend macht, keine der bisherigen Entscheidungen zur Anwendung des § 808 BGB bei fehlgeschlagener Abtretung betreffe den Fall, dass die Übertragung der Lebensversicherung nichtig sei; dies sei daher ungeklärt. Der Senat schließt sich dem Oberlandesgericht München an (Urteil vom 7. April 2017, 25 U 4024/16, Rn. 28/29, juris): Die in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Kriterien zur Grenze des Schuldnerschutzes nach § 808 BGB unterscheiden offenkundig nicht, ob eine Abtretung unwirksam oder nichtig ist. Vielmehr ist es ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Legitimationswirkung der Urkunde nicht greift, wenn der Schuldner weiß, dass der Inhaber nicht verfügungsberechtigt ist, oder sonst entgegen Treu und Glauben leistet (BGH, Urteil vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08 -, Rn. 16-18, juris, Rn. 17 m.w.N.). Auch der BGH liefert immer mal wieder morastige Bandwurmsätze. Hier eine Vorlage an den EuGH (BGH VI ZR 476/18, 27. Juli 2020):
Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz der ihn betreffenden personen-bezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet- Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachen-behauptungen und auf Tatsachenbehaup tungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise – z.B. durch eine einstweilige Verfügung – Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte?
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Tipps für klares Deutsch
Ob der EuGH, diese Frage sie so einfach verstanden hat? Oder erst bei dritten oder gar vierten Lesen? Nach wie vielen Versuchen haben Sie die Frage verstanden? Es wäre wohl einfacher mit mehreren Sätzen, die aufeinander aufbauen – und mit weniger gestelzten Formulierungen:
Ein Betroffener beantragt gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes die Auslistung eines Links. Der Inhalt, zu dem der Link führt, enthält Tatsachenbehauptungen sowie Werturteile, die auf Tatsachenbehauptungen beruhen. Ob der Inhalt rechtmäßig ist, hängt davon ab, ob die Tatsachenbehauptungen richtig sind. Der Betroffene behauptet, sie seien falsch. Bei der Prüfung des Auslistungsbegehrens muss gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO abgewogen werden zwischen den widerstreitenden Rechten und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh. Dabei stellt sich folgende Frage: Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar, maßgeblich auch darauf ab zustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise – z.B. mit einer einst weiligen Verfügung – Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen kann und so zumindest vorläufig klären könnte, ob der von der Suchmaschine verlinkte Inhalt wahr ist? Doch nun ist nicht so ganz genau klar, was der BGH eigentlich genau vom EuGH wissen will. Soll der Betroffene darauf verwiesen werden können, zunächst gegen den Inhalteanbieter vorzugehen? Oder darf er beim Auslistungsbegehren auch auf andere Weise die Unwahrheit der Behauptungen belegen? Tja, oft ist es leider so: Ist die Formulierung endlich transparent und lesbar, wird der Inhalt unscharf. Achtung: Wer so kompliziert schreibt, denkt auch kompliziert, und wer kompliziert denkt, macht Fehler. Darum ist ein Schachtelsatz höchst fehlerträchtig. Autor oder Autorin verfangen sich irgendwann im Gestrüpp der Schachtelung, wissen nicht mehr, was sie sagen wollten und wie sie den Satz richtig beenden sollen. Die Form des Schachtelsatzes vernebelt den Inhalt. Wer den Schachtelsatz lesen muss, ist so beschäftigt, ihn überhaupt formal, grammatisch zu verstehen, dass er den Blick verliert für den Inhalt. Glauben Sie also nicht, Schachtelsätze sprächen für besondere Sprachgewandtheit. Aber selbst 54 |
Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
wenn es so wäre: Was nutzt die akrobatischste Wortgewandtheit, wenn sie keiner versteht? Warum nicht so, wie Sie es vermutlich zu Hause oder im Büro erzählen würden? Denken Sie wieder an den „Küchenzuruf“. Und nun vom Bundesgerichtshof zurück zum Bundesfinanzhofes und dem Urteil mit der promovierten Chemikerin, das Sie schon von den Adjektiven kennen (S. 24):
Eine promovierte Chemikerin, die Zertifikate als „DGQ-Fachauditor für die chemische Industrie“ und als „DGQ-Umweltsystem-Auditor“ besitzt und die Unternehmen auf die von diesen gewünschte Zertifizierung vorbereitet, Umweltgefährungspotenziale analysiert, Managementsysteme für den betrieblichen Umweltschutz entwickelt, Arbeitsplätze des Unternehmens im Hinblick auf die für die Arbeitnehmer ausgehende Gefährdung beurteilt, entsprechende Lösungen zur Gefahrenabwehr erarbeitet, geeignete Lagerungssysteme zur sicheren Aufbewahrung von das Grundwasser gefährdenden Flüssigkeiten auswählt und entsprechenden Betriebsanweisungen erstellt, übt eine einem Handelschemiker ähnliche Tätigkeit aus … Das verstehen Sie wohl selbst beim dritten Lesen nicht einmal ansatzweise. Das Hauptproblem ist die Schachtelung. Der Einschub im Hauptsatz ist 63 Wörter lang, bei der Zeilenlänge hier im Buch sind es zehn Zeilen. Ohne Schachtelkunststück, also ohne Einschub, ist der Satz recht einfach zu lesen:
Eine promovierte Chemikerin übt eine ähnliche Tätigkeit wie ein Handels chemiker aus, wenn sie – die Zertifikate als „DGQ-Fachauditor für die chemische Industrie“ und als „DGQ-Umweltsystem-Auditor“ besitzt, – die Unternehmen auf die von diesen gewünschte Zertifizierung vorbereitet, – Umweltgefährungspotenziale analysiert, – Managementsysteme für den betrieblichen Umweltschutz entwickelt, – Arbeitsplätze des Unternehmens im Hinblick auf die für die Arbeitnehmer ausgehende Gefährdung beurteilt, – entsprechende Lösungen zur Gefahrenabwehr erarbeitet,
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– geeignete Lagerungssysteme zur sicheren Aufbewahrung von das Grund-
wasser gefährdenden Flüssigkeiten auswählt und
– entsprechende Betriebsanweisungen erstellt.
Nun fällt übrigens auch viel eher auf, dass das promoviert wohl keine Voraussetzung sein soll. Aber das hatten wir ja schon bei den Adjektiven. Und auch die schon behandelten geeigneten Lagerungssysteme zur sicheren Aufbewahrung fallen eher ins Auge, weil der gesamte Text so viel besser zu lesen ist und Leserinnen und Leser nicht von der Schachtelung abgelenkt werden.
Gesetz der drei Sekunden Nach dem so genannten „Gesetz der drei Sekunden“ kann ein Leser einen Gedanken höchstens drei Sekunden behalten, dann springt er um. Das heißt: Ein eingeschobener Satz darf höchstens drei Sekunden lang sein, sonst vergisst der Leser den Satz, in den der andere eingeschoben wurde. Er verliert den Anschluss und muss das ganze Satzkonstrukt noch einmal lesen. Drei Lesesekunden sind etwa zwölf Silben oder drei bis vier Wörter. Zwingen Sie Ihre Leser nicht dazu, Ihre Texte zwei- oder dreimal zu lesen, um sie zu verstehen. Das raubt ihnen die Zeit. Das „Gesetz der drei Sekunden“ wurde ursprünglich hergeleitet aus der Zeit, die es dauert, bis ein so genanntes Springbild für den Betrachter umspringt (siehe nächste Seite). Wer zuerst die Vase sieht, sieht nach etwa drei Sekunden die beiden Gesichter, und umgekehrt. Der erste Gedanke kann nur drei Sekunden gehalten werden.
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Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
Noch einmal der Tipp: Lesen Sie sich Ihre Sätze zur Kontrolle laut vor.
Übung: Hier sollten Sie nicht nur entschachteln, sondern auch gleich Sprachschwulst und Blähdeutsch entfernen.
1. Die Häuser, die sich auf dem Weg, der vor dem Platz, der vor dem Rathaus liegt, abgeht, befinden, werden renoviert. 2. Der Igel setzte sich der Schlange gegenüber, der er eine Reihe von Bissen beibrachte, schnell zur Wehr und fraß das getötete Tier dann auf. 3. Der Polizist, der an der Ecke, die abends den stärksten Verkehr aufweist, Dienst tat, ergriff, als er den Unfall, der ihm zunächst, weil er einen geparkten Wagen notierte, entgangen war, bemerkte, sofort alle nötigen Maßnahmen. 4. In Ziffer 9(d) Satz 3 wird vereinbart, dass, soweit Änderungen am Produkt durchgeführt werden die vom ursprünglichen Produkt abweichen, MN weiterhin verpflichtet ist, das ursprüngliche Produkt herzustellen und zu liefern. | 57
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5. Er war, als seine Eltern, die telefonisch herbeigerufen worden waren, eintrafen, schon tot. 6. Vor allem kommt es darauf an, dass sich sprachliche Wendigkeit mit dem Willen, wirklich verstanden zu werden, verknüpft. 7. Der Trend zur asynchronen Kommunikation, bei der Adressat und Empfänger nicht zeitgleich verbunden sein müssen, wächst. Lösungen: 1. Die Häuser am Weg zum Rathausplatz werden renoviert. 2. Der Igel biss die Schlange tot und fraß sie auf. 3. Der Polizist bemerkte an der abends meistbefahrenen Ecke einen Unfall nicht, weil er einen Falschparker notierte. Dann aber ergriff er alle Maßnahmen. 4. In Ziffer 9(d) Satz 3 wird vereinbart: MN ist weiterhin verpflichtet, das ursprüngliche Produkt herzustellen und zu liefern, soweit Änderungen am Produkt durchgeführt werden, die vom ursprünglichen abweichen. 5. Er war schon tot, als seine Eltern eintrafen. Sie waren telefonisch verständigt worden. 6. Vor allem kommt es darauf an, dass sich sprachliche Wendigkeit mit dem Willen verknüpft, wirklich verstanden zu werden. Oder ohne einleitenden Nebensatz: Sprachliche Wendigkeit muss sich mit dem Willen verknüpfen, wirklich verstanden zu werden. 7. Es gibt immer mehr asynchrone Kommunikation. Dabei sind Sender und Empfänger nicht gleichzeitig verbunden. Haben Sie den Fehler in Satz 7 bemerkt, als Sie entschachtelt haben? Adressat und Empfänger sind dasselbe. Der Schachtelsatz versteckt den Fehler, weil er den Blick für den Inhalt vernebelt und ihn vor allem auf die Form lenkt. Sie können noch so klug und intelligent sein, noch so belesen. Irgendwann hat der Schachtelsatz Sie in den Fängen. Üblicherweise nutzen Sie beim Lesen 80 Prozent Ihrer Aufmerksamkeit für den Inhalt des Satzes (die Botschaft) und etwa 20 Prozent für die Form (grammatische Struktur, Satzbau). Bei einem oder gleich mehreren Schachtelsätzen hintereinander verdrängt aber die Aufmerksamkeit für die Form schleichend und 58 |
Kurze Hauptsätze, wenige Nebensätze, keine Schachtelsätze
unbemerkt nach und nach die für den Inhalt. Und irgendwann benötigen Sie mehr Aufmerksamkeit für die Form. Und spätestens dann verlieren Sie den Blick für den Inhalt und damit für Fehler.
80 %
20 %
Inhalt
Form
Fazit: Erst denken, dann schreiben oder diktieren.
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8. Konkret, nicht abstrakt erzählen Würden Sie so erzählen?
Ich habe anlässlich eines entsprechenden Feiertages einer nahen Angehörigen Blumen geschenkt. Wohl kaum. Sie würden sagen:
Ich habe meiner Mutter zum Muttertag Rosen geschenkt. Wenn Sie das Konkrete kennen, dann schreiben Sie auch das Konkrete. Die Kommunikation lebt vom Konkreten, vom Bildhaften, Beispielhaften und Vorstellbaren, nicht vom Allgemeinen und Abstrakten. Abstrakte Formulierungen sind zwar in Gesetzen nötig, um viele konkrete Fälle allgemein zu regeln, aber im konkreten Fall müssen Sie ganz selten abstrahieren. Dass wir als Juristen und Juristinnen lernen zu abstrahieren, heißt ja nicht, dass wir nicht auch das Konkrete nennen dürfen. Sie müssen also nicht schreiben:
Der Täter verletzte das Opfer, indem er ihm ein Messer ins Bein stach. Der Täter war Herr Müller, das Opfer hieß Meyer. Dass der Messerstich das Opfer verletzte, ist jedem Leser klar, wenn Sie nur das Konkrete schreiben, also:
Müller stach Meyer ein Messer ins Bein. Dass Müller Täter und Meyer Opfer war, können sich Leserinnen und Leser dann denken. Das Abstrakte ist nur dort nötig, wo eine Subsumtion unter einen Tatbestand gerade das Thema ist, etwa um zu klären, ob der Täter oder die Täterin tatbestandlich gehandelt hat. Meist wissen die Beteiligten aber, um welchen Tatbestand es geht, und subsumieren automatisch. Daher können Sie meist auch vorangestellte abstrakte Einleitungen weglassen:
Gestern geschah wegen Unachtsamkeit im Straßenverkehr ein schwerer Unfall: Ein Lkw raste an der Kreuzung Rathausplatz in einen Schulbus. Zehn Kinder wurden verletzt. Der Lkw-Fahrer hatte das Rotlicht übersehen. Wenn Sie nur das Konkrete erzählen, weiß der Leser auch ohne die abstrakte Einführung, dass es ein schwerer Unfall wegen Unachtsamkeit war. 60 |
Konkret, nicht abstrakt erzählen
Konkret zu formulieren, ist eine Säule der Kommunikation. Ohne Konkretes können Ihre Zuhörer und Leserinnen oft nicht verstehen, was Sie ihnen sagen möchten. Ihnen fehlt die Vorstellung, ein Bild vor Augen. Wenn Sie von „Getränk“ sprechen, ohne es zu konkretisieren oder Beispiele zu nennen, sucht der Leser nach Konkretem; er stellt sich Konkretes vor: Kaffee, Tee, Wasser, Cola, Bier oder Wein. „Getränk“ als Sammelbegriff kann er in dieser Abstraktheit nicht vor seinem geistigen Auge sehen. Er stellt sich Konkretes vor, aber vielleicht etwas anderes, als Sie damit meinen. Oder er fragt nach: „Was genau meinen Sie damit?“ Wenn Juristen und Juristinnen also etwa ihre unbestimmten Rechtsbegriffe benutzen, kommunizieren sie allgemein und abstrakt: fahrlässig gefährlich ungeeignet ausreichend schwer, schwerwiegend grausam wesentlich / unwesentlich
zumutbar / unzumutbar
berechtigt / unberechtigt
über das unvermeidliche Maß hinaus
unbillig benachteiligen
angemessener Zeitraum
Treu und Glauben
Gute Sitten
zuverlässig Sie sollten das konkretisieren oder typische Beispiele nennen, damit Leserinnen und Leser sich vorstellen können, was damit gemeint ist. Auch Begriffe wie Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung, Diebstahl – das sind leere Worte, wenn Sie nicht das Konkrete nennen: nieder-
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Tipps für klares Deutsch
geknüppelt, zerkratzt, Ziege genannt, 1000 Euro gestohlen. In aller Regel können Leserinnen und Leser sich das abstrakte Delikt denken. Was Juristen allerdings so alles unter Konkretisierung verstehen, ist für Außenstehende oft das Gegenteil: ein Rätsel. Die „guten Sitten“ definieren Juristen als „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ und „verwerflich“ als „erhöhten Grad sittlicher Missbilligung“. So recht hilft das nicht weiter, deshalb nennen Sie stets das möglichst Konkrete. statt:
besser:
Getränk Bekleidung sprechen
Kaffee, Tee, Wasser, Limonade, Bier, Sekt, Wein Hemd, Hose, Jacke, Rock, Hut, Schuhe faseln, flüstern, nuscheln, schreien, rufen, lamentieren, lallen Hund, Katze, Maus, Pferd, Kuh, Schwein, Vogel Adler, Drossel, Sperling, Specht, Amsel, Schwalbe Onkel, Neffe, Vetter, Vater, Tochter Haus, Fabrik, Stall, Kirche, Brücke, Turm erschossen, ertränkt, erstickt, erdrosselt, vergiftet, erschlagen, erstochen, erhängt Mord, Raub, Diebstahl, Betrug, Körperverletzung Stich, Schlag, Tritt, Hieb, Faustschlag, Ohrfeige, Schuss, Nasenstüber Auto, Lastwagen, Traktor, Motorrad Mann, Frau, Mädchen, Junge, Kleinkind, Säugling Messer vor die Nase gehalten
Tier Vogel Verwandter Gebäude getötet Straftat Körperverletzung Kraftfahrzeug Person bedroht Übung 1:
Bei diesen Beispielen müssen Sie sich übungshalber das konkrete Geschehen meist ausdenken, da die abstrakte Formulierung es gerade offen lässt.
1. Gestern hat sich ein schwerer Unfall ereignet; daher sollen an der betreffenden Kreuzung unfallverhütende Maßnahmen getroffen werden. 62 |
Konkret, nicht abstrakt erzählen
2. Der Täter brach den Gewahrsam des Opfers an dessen Uhr und eignete sie sich zu. 3. Der Gatte brachte seine Frau ums Leben, indem er ihr mit einem elek trischen Küchengerät einen kräftigen Schlag auf den Kopf beibrachte. 4. Der Geschäftsführer schloss einen Kaufvertrag über eine neue EDV-Anlage. 5. Er hat juristischen Rat eingeholt. 6. Das ist höchstrichterlich entschieden. 7. Sie ist winterlich gekleidet. Lösungen: 1. Gestern überfuhr ein Lkw drei Kinder an der Kreuzung Müllerstraße/ Meyerstraße. Nun will die Stadt dort Fußgängerampeln aufstellen. 2. Der 15-Jährige stahl die Uhr der Rentnerin. 3. Der Mann erschlug seine Frau mit einem Mixer. 4. Der Geschäftsführer kaufte fünf neue Computer. 5. Er hat seinen Anwalt gefragt. 6. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. 7. Sie trägt einen langen Wollmantel.
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9. Positive Begriffe, keine Verneinungen Vielen Menschen, vor allem Juristen, sind Verneinungen schon in Fleisch und Blut übergegangen: unwesentlich, ungeeignet, nicht unerheblich, nicht mangelhaft. Juristen sagen:
Kommen Sie nicht ohne Ihren Ausweis statt
Bringen Sie Ihren Ausweis mit. Verneinungen gehören zum Berufsalltag. Aber sie zwingen den Leser zu oft, um die Ecke zu denken. Menschen können strukturell gesehen nicht negativ denken. Sie denken geradlinig und positiv. Hören oder lesen sie eine Verneinung, übersetzen sie sie automatisch in ein positives „unverneintes“ Wort: unzulässig = verboten. So, als übersetzten sie Vokabeln aus einer Fremdsprache. Doppelte Verneinungen sind besonders gefährlich. In der Doppelform nicht unwesentlich ist die Verneinung ausgesprochen schwer zu erfassen – wenn Sie sie nicht kennen, also die Vokal gelernt haben. Ein Beispiel: Wenn jemand sagt, er parke nicht unweit vom Gericht, glauben Sie, er parke nah. Na, klar! Aber: nicht unweit bedeutet weit. Die doppelte Verneinung verwirrt. Denn diese Vokabel kennen Sie noch nicht und können Sie nicht automatisch übersetzen – im Unterschied zu Juristinnen und Juristen Eine Dreifachverneinung ist ganz besonders schwierig, wie bei diesem Parkverbotsschild auf einem Polizeiparkplatz:
Unerlaubtes Parken für Unbefugte unzulässig Genügt hätte schlicht Parken verboten. Ausgenommen sind Dienstfahrzeuge oder noch besser
Nur für Dienstfahrzeuge.
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Positive Begriffe, keine Verneinungen
Nutzen Sie das Positive. Schreiben Sie nicht:
Er hat den Ausweis nicht vergessen. Sondern besser:
Er hat den Ausweis mitgebracht. Lassen Sie Ihre Wertsachen nicht unbeaufsichtigt! bedeutet positiv und klar:
Achten Sie auf Ihre Wertsachen! Wenn Sie ein Wort verneinen, transportieren Sie auch oft genau den Begriff, den Sie vermeiden wollen, nach dem Motto: Denken Sie jetzt nicht an einen Elefanten. Sie erzeugen die Vorstellung im Kopf des Zuhörers oder Lesers, die er gerade nicht haben soll oder von dessen Gegenteil Sie ihn überzeugen möchten: unkompliziert enthält kompliziert. Bei einfach würden Sie das Wort nicht servieren. Zudem erzeugen Sie unter Umständen negative Stimmung. Wenn Sie jemandem die Angst nehmen wollen, sollten Sie besser sagen
Alles in bester Ordnung, alles klar! Das kriegen wir hin! statt:
Keine Angst wegen der Schlangen! (Oder wegen der Anwaltskosten.) Ein typisches Beispiel aus einem juristischen Text zeigt, dass Verneinungen oft nur das Verständnis erschweren, den Text verlängern, aber sonst offenbar keine Funktion haben:
Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist ohne Bedeutung für Versicherte, die nicht wenigstens noch drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Wenn Sie die beiden Verneinungen ohne und nicht entfernen, bleibt der Text inhaltlich gleich, ist aber deutlich besser zu lesen und damit zu begreifen:
Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nur von Bedeutung für Versicherte, die wenigstens noch drei Stunden täglich erwerbstätig sein können. Oder aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes:
Für den Warensektor „Schuhe und Schuhwaren“ ist im Regelfall nicht davon auszugehen, dass bei einem zusammengesetzten Wortzeichen die Her| 65
Tipps für klares Deutsch
stellerangabe in der Sicht des Verkehrs nicht ins Gewicht fällt und den Gesamteindruck der Marke nicht mitprägt. Das ist schwer zu erfassen. Einfacher zu lesen ist es ohne Verneinungen:
Für den Warensektor „Schuhe und Schuhwaren“ ist im Regelfall davon auszugehen, dass bei einem zusammengesetzten Wortzeichen die Herstellerangabe in der Sicht des Verkehrs ins Gewicht fällt und den Gesamteindruck der Marke mitprägt. Verneinungen zwingen den Leser, um die Ecke zu denken. Muten Sie ihm das nicht zu; juristische Texte sind ohnehin schon kompliziert genug. Benutzen Sie positive Begriffe. Das klingt besser und ist in aller Regel klarer für den Leser oder Zuhörer. Nehmen wir die Lösung aus der Nominalstil-Übung 3 in Abschnitt 4:
Setzt ein Auftraggeber das Vertragsverhältnis fort, bringt er regelmäßig zum Ausdruck, dass die es für ihn nicht unzumutbar ist, den Vertrag trotz Vertragsverletzung fortzusetzen. Da steht die doppelte Verneinung nicht unzumutbar. Sie kann weg, der Sinn bleibt erhalten:
Setzt ein Auftraggeber das Vertragsverhältnis fort, bringt er regelmäßig zum Ausdruck, dass die es für ihn zumutbar ist, den Vertrag trotz Vertragsverletzung fortzusetzen. Was meinte das Landgericht Kaiserslautern wohl hiermit?
Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kfz einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat. Es meint:
Danach kann für einen Unfall mit einem Kfz nur haften, wer zehn Jahre oder älter ist. Oder: …mindestens zehn Jahre alt ist. Das Landgericht hat genau betrachtet sogar etwas Falsches gesagt:
Danach ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kfz einem anderen zufügt, verantwortlich, wer jünger als sieben und älter als neun Jahre ist. 66 |
Positive Begriffe, keine Verneinungen
Es haften also Null- bis Sechsjährige. Verneinungen sind kompliziert. Vermeiden sie dieses Denk-Chaos. Oft kommt es auch vor, dass das Positive und spiegelbildlich das Negative gesagt wird – um sicher zu gehen.
Kommen Sie mit zum Essen – oder nicht? Oder: Nur Rechtsabbiegen erlaubt. Linksabbiegen und Geradeausfahren verboten! Wenn es dafür keinen besonderen Grund gibt, bitte die Verneinung weglassen. Das spart auch Platz. So wie hier:
Rauchfreier Bahnhof Bitte beachten Sie das das Rauchen im gesamten Bahnhof nicht gestattet ist. Ausgenommen sind nur die gekennzeichneten Raucherbereiche. Es hätte völlig genügt:
Rauchfreier Bahnhof Bitte rauchen Sie nur in den gekennzeichneten Raucherbereichen. Und auch hier: Sogar Text-Profis verwirren mit Verneinungen.
Sie reist nie ohne geruchsarmen Proviant (Bahn mobil, 11/2015) Womit reist sie also? Immer mit geruchsarmem Proviant, etwa Tomaten.
Die Häuser sind mehr intakt als befürchtet (Tagesschau, 17. April 2016) Das befürchtet konterkariert das intakt. Verwirrend. Unten finden Sie einige Beispiele. Die Begriffe in der rechten Spalte sind nur mögliche Übersetzungen für den negativen Begriff links. Wenn Sie für „Un-Wörter“ stets den konkreten positiven Begriff suchen, wird sich Ihr Vokabular nach und nach erweitern. statt:
besser:
unzulässig, unerlaubt unbekleidet unbeherrscht unbemerkt
verboten, untersagt, nur zulässig/erlaubt für nackt jähzornig, aufbrausend heimlich, still und leise | 67
Tipps für klares Deutsch
unwesentlich unbedeutend unangenehm unrechtmäßig unrichtig unpünktlich unstreitig unanständig nicht mangelhaft nicht annehmen nicht gewinnen unentgeltlich zuungunsten
gering, klein, banal, belanglos belanglos, gering, bedeutungslos peinlich, lästig, aufdringlich rechtswidrig, verboten, falsch falsch zu spät sicher, es steht fest, sie sind einig über schamlos, schmutzig, anzüglich mangelfrei, in Ordnung ablehnen, sich verweigern verlieren kostenlos, gebührenfrei, gratis, frei zu Lasten
Besonders umständlich und meist sinnlos sind doppelte Verneinungen, denn sie sagen in aller Regel nichts anderes als das nackte Wort ohne Verneinungen:
nicht unstreitig nicht unwesentlich nicht unglaubwürdig nicht ohne nicht unzweckmäßig nicht unweit nicht unabgeneigt
streitig, umstritten wesentlich, bedeutend glaubwürdig mit, inklusive zweckmäßig, sinnvoll weit abgeneigt
Übung 1: Schreiben Sie das positiv: 1. Ich habe den Prozess nicht gewonnen. 2. Er hat unverständlich und nicht laut gesprochen. 3. Rechtsanwalt Müller war unfähig. 68 |
Positive Begriffe, keine Verneinungen
4. Wenn Sie nicht glauben, dass ich Ihnen nicht schaden will, nehme ich das Mandat nicht an. 5. Die Polizei ist dem Täter nicht mehr auf der Spur, sie kann die Spur nicht mehr finden. 6. Der Richter hat die Sitzung unerwartet nicht fortgesetzt. 7. Wer das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen auf Tonträger aufnimmt, handelt nicht schon deshalb nicht unbefugt, weil die Aufnahme mit Wissen des Sprechenden erfolgt. Lösungen: 1. Ich habe den Prozess verloren. 2. Er hat genuschelt. 3. Rechtsanwalt Müller hat versagt. 4. Wenn Sie daran zweifeln, dass ich Ihnen helfen will, lehne ich das Mandat ab. 5. Die Polizei hat die Spur des Täters verloren. 6. Der Richter hat die Sitzung überraschend unterbrochen. 7. Wer das nicht öffentlich (privat?) gesprochene Wort eines anderen auf Tonträger aufnimmt, handelt nicht schon deshalb befugt, weil der die Sprechende von der Aufnahme weiß. (Eine doppelte Verneinung konnten Sie entfernen. Wenn Sie nichtöffentlich und privat – etwas unjuristisch – gleichsetzen, können Sie auch das „nichtöffentlich“ entfernen. Übung 2: Damit haben wir uns gleich zu Anfang des Studiums herumgeschlagen:
Eine Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Drücken Sie das positiv aus. Ja, das geht.
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Tipps für klares Deutsch
Lösung: Eine Bedingung, die gegeben sein muss, damit der Erfolg eintritt. Oder ganz einfach:
Der Erfolg tritt nur ein, wenn diese Bedingung vorliegt. Übung 3: Sie kennen wohl § 164 Absatz 2 BGB. Er ist ein klassisches Beispiel für Kettenverneinung:
Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht. Versuchen Sie es mal mit positiven Begriffen. Juristisch muss Ihr Versuch nicht gleich mikroskopisch genau dasselbe sagen, er darf aber nicht stark danebenliegen.
Lösung: Bleibt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, verborgen, so wird der Wille, in eigenem Namen zu handeln, angenommen. Und entschachtelt:
Bleibt der Wille verborgen, in fremdem Namen zu handeln, so wird der Wille angenommen, in eigenem Namen zu handeln. Oder, noch einfacher:
Bleibt verborgen, dass jemand in fremdem Namen handeln will, so handelt er in eigenem. Übung 4: Gerade bei der Regel „positiv formulieren“ können Sie sehen: Der Blick auf den Inhalt ist schärfer, wenn der Text klar und lesbar ist, also das Transportmittel Sprache transparent formuliert. Hier kann man zeigen, wie formal die zehn Regeln für klares Deutsch funktionieren. Darum biete ich Ihnen zum Schluss ein Kabinettstück des BGH (X ZR 94/12 vom 25. März 2014): 70 |
Positive Begriffe, keine Verneinungen
Ein grob undankbares Verhalten kann sowohl mangels Umständen, die objektiv die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers vermissen lassen, als auch deshalb zu verneinen sein, weil sich das Verhalten des Beschenkten jedenfalls subjektiv nicht als Ausdruck einer undankbaren Einstellung gegenüber dem Schenker darstellt. Die Beurteilung der subjektiven Seite des Tatbestands kann jedoch in der Regel erst dann erfolgen, wenn sich der Tatrichter darüber Rechenschaft abgelegt hat, welche Sachverhaltselemente objektiv geeignet sind, einen den Widerruf der Schenkung rechtfertigenden Mangel an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme zum Ausdruck zu bringen. Was ist das? Das hat sich aber jemand große Mühe gegeben, bloß nicht positiv zu formulieren. Da stecken auch noch getarnte Verneinungen drin: mangels, vermissen lassen, verneinen, Mangel. Zwar sind das formal positive Begriffe, aber in Kombination mit klassischen Verneinungen sind sie Stolpersteine. Aber auch sonst ist das ein schönes Beispiel für grässliches Juristendeutsch.
Lösung: Viel einfacher und „ungrässlich“ wäre:
Ein grob undankbares Verhalten liegt vor, wenn – es Umstände gibt, die objektiv die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers vermissen lassen, – sich das Verhalten des Beschenkten jedenfalls subjektiv als Undankbarkeit gegenüber dem Schenker darstellt. Die subjektive Seite kann der Richter in der Regel erst beurteilen, wenn er sich klargemacht hat, was objektiv einen Mangel an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme ausdrückt und deshalb den Widerruf der Schenkung rechtfertigt. Fraglich ist wegen der ganzen Wurtschelei und Bläherei, ob die beiden Punkte des grob undankbaren Verhaltens kumulativ oder alternativ gemeint sind, ob also dazwischen ein und oder ein oder stehen soll. Vermutlich soll das kumulativ sein, also und. Die von Dankbarkeit geprägte Rücksichtnahme ist wohl ein Fachbegriff und muss so bleiben.
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Tipps für klares Deutsch
Es gibt allerdings eine Kurz-Lösung aus einem meiner Seminare von Expertinnen und Experten des IWW – Institut für Wissen in der Wirtschaft. Ich hätte mich das so kurz nicht getraut:
Hat der Beschenkte weder objektiv gegen die Interessen des Schenkers verstoßen noch zum Ausdruck gebracht, dass er von seiner inneren Einstellung her undankbar ist, kann der Schenker sich nicht auf groben Undank berufen. Und das dann positiv gesagt: Variante 1: Der Schenker kann sich nur auf groben Undank berufen, wenn der Beschenkte objektiv gegen die Interessen des Schenkers verstoßen und zum Ausdruck gebracht hat, dass er undankbar eingestellt ist. Variante 2, ganz knapp: Der Schenker kann sich nur auf groben Undank
berufen, wenn der Beschenkte rücksichtslos gegenüber dem Schenker war und erkennbar undankbar eingestellt ist.
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Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe
10. Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe In wissenschaftlichen Abhandlungen und auch in manchen Klagen sind juristische oder technische Fachbegriffe nötig. Meist aber geht es in Schriftsätzen und vor allem in Briefen an Mandanten nicht um tiefgreifende rechtswissenschaftliche Probleme, sondern um Sachverhaltsfragen. Benutzen Sie nur dort Fremdwörter oder Fachbegriffe, wo sie nötig sind und die Leserin oder der Zuhörer sie kennt. Bedenken Sie: Fachleute verstehen auch die einfachen Begriffe, Laien nur die einfachen. Das alles gilt auch für Abkürzungen. Abkürzungen mit den wir als Juristinnen und Juristen ganz selbstverständlich umgehen, sind für Laien völlig unbekannt. Einige Beispiele für Fachbegriffe oder Fremdwörter, die Sie für Laien übersetzen sollten:
kausal konkludent forensische Tätigkeit eruieren obiter dictum praktische Konkordanz er handelte mit Vorsatz Replik Präjudiz keine Passivlegitimation Rubrum Tenor, Urteilstenor substantiiert darlegen
ursächlich stillschweigend bei/vor Gericht auftreten herausfinden nebenbei erwähnt/am Rande bemerkt Abwägung er tat es ganz bewusst Erwiderung, Einwand vorangegangene, einschlägige Entscheidung er kann nicht verklagt werden, es ist die falsche Beklagte die Einleitung des Urteils, Zusammenfassung der wichtigsten Daten das eigentliche Urteil, die Entscheidung konkret begründen
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Tipps für klares Deutsch
postulationsfähig Präzedenzfall contra legem Zeugnis verweigern Spruchkörper im Termin Geschäftsstelle Notfrist Zustellung Versäumnisurteil anhängig rechtshängig
am Gericht zugelassen Vorbild, Beispiel für Fälle gleicher Art gegen das Gesetz nicht aussagen die Richterinnen und Richter, das Schöffengericht, die Strafkammer in der mündlichen Verhandlung, im Prozess, vor Gericht, in der Gerichtsverhandlung Sekretariat, Vorzimmer der Richter/innen die Frist kann nicht verlängert werden, die Frist ist zwingend offizielle, amtliche, förmliche Postsendung Sie verlieren den Prozess, wenn Sie oder Ihr Anwalt nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint Klage ist bei Gericht eingegangen Die Klage wird vom Gericht bearbeitet und ist dem Beklagten zugeschickt/zugestellt worden [Zivilrecht]
Wie gesagt, auch Abürzungen sind Laien oft fremd. Darum sollten Sie Abkürzungen für Laien ausgeschrieben, jedenfalls einmal am Anfang eines Textes und dann in Klammern die Abkürzung setzen, also so:
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, … Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) … Das hat die Leitende Oberstaatsanwältin (LOStAin) entschieden…
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Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe
Oder:
In der JVA, der Justizvollzugsanstalt, ist … Das BMI, das Bundesinnenministerium, hat dazu eine … Und Vorsicht: Abkürzungen können mehrere Bedeutungen haben. So bedeutet etwa KSK Kommando Spezialkräfte, Künstlersozialkasse oder Kreissparkasse. Hier eine kleine Sammlung juristischer Abkürzungen, die auch andere Bedeutungen haben und darum – je nach Zielgruppe – unterschiedlich verstanden werden können: AG
Arbeitsgemeinschaft, Auftraggeber, Arbeitgeber
BGH
In der JVA: besonders gesicherter Haftraum – BgH
BKA
Berliner Kabarett-Anstalt, Braunkohleausschuss
BMI
Body-Mass-Index
BVG
Berliner Verkehrsbetriebe
DBB
Deutscher Brauer-Bund
FA
Fachabteilung, Facharzt, Fachabitur, Fernmeldeamt, Finanzamt
KG
Krankengymnastik
WEG
Württembergische Eisenbahngesellschaft
Neben den echten Fachbegriffen und Fremdwörtern, die der Leser gleich als solche erkennt, gibt es auch Begriffe, die für den Laien nicht als Fachbegriff oder Fachsprache zu erkennen sind, weil es diese Begriffe auch in der normalen Sprache gibt. Allerdings haben sie dort eine andere oder nicht die spezielle Bedeutung, die sie in der Rechtssprache haben. Das beste Beispiel ist das Wort regelmäßig. Im normalen Deutsch bedeutet das: einer zeitlichen Regel folgend, in gleichen zeitlichen Abständen, also beispielsweise alle zwei Stunden, täglich, jeden Mittwoch, jeden Monat. Juristen benutzen das Wort aber anstelle von in aller Regel oder statt meist. Ähnlich verhält es sich mit grundsätzlich. Für Juristen sind bei grundsätzlich viele Ausnahmen möglich; andere Menschen können da runter auch ausnahmslos oder stets verstehen, vor allem Naturwissenschaftler.
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Tipps für klares Deutsch
In einer Ärztezeitung schrieb ein Fachanwalt für Medizinrecht:
Um ihrer Aufsicht- und Sorgfaltspflichten zu genügen, muss die Ärztin regelmäßig ihre Mitarbeiter schulen lassen. Was verstehen die Ärztinnen und Ärzte unter „regelmäßig“? Auch das was der Anwalt meinte: grundsätzlich, prinzipiell? Oder vielleicht doch eher: vielleicht monatlich, vierteljährlich oder jährlich? Die gleiche Frage stellt sich in einer Betriebsratsmitteilung:
Der Betriebsrat überprüft regelmäßig die Überstundenstatistik nach Ausreißern. Probleme bereitet auch das vollendet beim Lebensalter. Das 18. Lebensjahr vollendet hat für viele Laien der, der seinen 19. Geburtstag begangen hat. Aber auch Juristen tun sich oft schwer mit dem vollendeten Lebensjahr. Das vollendet verwirrt, weil es nach mehr klingt als nur nach schlicht 18 Jahre alt. Sonst würde ja wohl genügen: Wer 18 Jahre alt ist. Selbst das recht simple Im Übrigen, können Laien missverstehen, etwa bei dem Satz:
Im Übrigen behält der Bescheid seine Wirksamkeit. Manche verstehen das als ‚Übrigens‘, also so wie ein P.S. Das mag für Juristen und Juristinnen kaum zu glauben sein, aber gerade deshalb ist der Perspektivwechsel, ein Hineindenken in den Laien so wichtig. Bedenken Sie, was „normale“ Menschen unter den Begriffen verstehen können, und übersetzen Sie gleich richtig. Einige Denkanstöße: statt:
besser:
regelmäßig grundsätzlich
in der Regel, meistens in der Regel, fast immer, mit einigen Ausnahmen das ist so, wenn einen Bescheid, einen Brief schicken
kommt in Betracht, wenn bescheiden
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Wenige Fremdwörter und Fachbegriffe
Im Übrigen behält der Bescheid seine Wirksamkeit hat das 18. Lebensjahr vollendet Ladung Vorsitzender, Vorsitzende Summarische Prüfung Augenschein
Darüber hinaus/über die Änderung hinaus bleibt der Bescheid wirksam. Abgesehen davon bleibt der alte Bescheid wirksam ist 18 Jahre alt Aufforderung zu erscheinen die/der das Sagen im Prozess hat, der Haupt-Richter/in eher oberflächliche, grobe, einfache, schnelle Prüfung, Durchsicht anschauen, betrachten, vor Gericht zeigen
Formulierungs-Tipps für Briefe und Schriftsätze Am Ende der Regeln, als Abschluss, noch einige Beispiele, wie Sie umständliche Standardformulierungen vereinfachen können: statt:
besser:
sehr geehrte Damen und Herren
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen (überflüssig, Sie schreiben nur in in vorbezeichneter Angelegenheit dieser) (überflüssig, was dann folgt, ist Ich weise darauf hin, dass … wichtig) (überflüssig, was dann folgt, ist Es wird darauf aufmerksam wichtig) gemacht, dass (überflüssig, was dann folgt, ist teilen wir mit, dass wichtig) beiliegend übersende ich Ihnen das beiliegend/hier das bei unserem fernmündlichen am Telefon Gespräch der Unterzeichner/Unterzeichnete ich | 77
Tipps für klares Deutsch
wir bestätigen den Eingang Ihres Schreibens vom Rückantwort/Rückfrage Sie sind dem Zahlungsersuchen trotz Mahnung nicht nachgekommen die seitens des Klägers geäußerte Bitte das klägerische Verhalten Nichteinhaltung der im Vertrag festgelegten Vereinbarungen durch den Kläger in der Sache unbegründet die Fälligkeit der Rechnung ist gegeben die Auftraggeberseite führte die Abnahme der Werkleistung durch der Beklagte hatte sich mündlich dahingehend geäußert unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung beim Kläger handelt es sich um einen seriösen Geschäftsmann der Automobilbranche die Wahrung der Fristen war nicht eingehalten die erfolgreiche Erreichung der klägerischen Zielsetzungen mit der Bitte um Mitteilung seitens des Gerichts, wann mit einer Terminfestsetzung zur mündlichen Verhandlung zu rechnen sein wird 78 |
vielen Dank für Ihren Brief vom Antwort/Frage Sie haben trotz Mahnung nicht bezahlt die Bitte des Klägers das Verhalten des Klägers der Kläger hielt sich nicht an festgelegten Vereinbarungen unbegründet die Rechnung ist fällig der Auftraggeber nahm das Werk ab der Beklagte hatte gesagt ohne Gewährleistung der Kläger ist ein seriöser Auto händler er hat die Frist versäumt das Ziel des Klägers erreichen wann wird die mündliche Verhandlung stattfinden?
B. Textgliederung Obwohl es in diesem Buch vor allem um Formulierungen geht, möchte ich Ihnen auch Tipps geben, wie Sie Texte gliedern und aufbauen können und einen roten Faden knüpfen. Sie haben es bereits bei einzelnen Sätzen und kurzen Textpassagen gemerkt: Wenn Sie einfach drauflos formulieren, können Sie sich ganz schön verrennen und viel Schwulst produzieren. Auch die Gliederung eines Textes kann den Leser und Leserin verwirren. Darum gilt auch für den Aufbau eines Textes: Finden Leserinnen und Leser nicht sofort den roten Faden oder verlieren sie ihn sehr bald, steigen sie aus dem Text aus oder lesen unaufmerksam weiter.
Erst denken, dann schreiben. Zunächst einmal Hände weg vom Computer oder Diktiergerät. Machen Sie sich zuerst einmal eine Skizze, was Sie in Ihrem Text mitteilen wollen; zeichnen Sie einen „Text-Fahrplan“. Denken Sie dabei an Ihre Zielgruppe und an den Küchenzuruf. Schreiben Sie die Aspekte in Stichworten auf. So vermeiden Sie, dass Sie zusammengehörige Punkte über den ganzen Text verstreuen. Ein zusammenhängender Gedanke, ein Aspekt bildet einen Absatz. Ein Absatz ist eine inhaltliche Unterteilung, keine optische. Die optische Gliederung ist die Folge der inhaltlichen, nicht umgekehrt. Absätze sind die Schubladen, in die Sie Gedanken einsortieren. Was zusammengehört, muss in einen Absatz. Grundsatz der Textgliederung ist: Jeder neue Gedanke erfordert einen neuen Absatz. Ohne neuen Gedanken keinen neuen Absatz. Mit der Reihenfolge Ihrer Gedanken, also Ihrer Absätze, knüpfen Sie dann den roten Faden; Sie bauen damit die Logik Ihres Textes. Das ist eine natürliche, intuitive Art zu gliedern, für den Sender, wie für den Empfänger. Wenn Sie etwas erzählen oder schreiben, teilen Sie beinah automatisch Ihre Gedanken in Absätze in und machen danach eine kurze Pause, bis Sie mit dem nächsten Gedanken oder Absatz beginnen.
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Textgliederung
Die Grundregel des Aufbaus „das Wichtigste nach vorn“ ist bereits vorn behandelt. Das Wichtigste sollte im ersten Absatz stehen. Dann gibt es vor allem zwei Grundmethoden: 1. Weiter nach der Bedeutung gliedern: die Absätze nach der Wichtigkeit ordnen. 2. Nach dem ersten Absatz chronologisch oder logisch aufbauen. Welche Methode Sie wählen, hängt von Ihrem Text ab. Wenn Sie aufzählen, wenn Sie Fakten, Thesen oder Argumente aneinanderreihen, bietet sich die erste Methode an, vor allem bei Pressemitteilungen. Wenn Sie einen Vorgang, einen Ablauf oder eine Entwicklung beschreiben, bietet sich eher die zweite Methode an. Bei längeren Texten müssen Sie nicht nur in Absätzen, sondern auch in Abschnitten oder Kapiteln denken. Ordnen Sie Ihren Text zunächst nach einer der beiden Methoden in Abschnitte/Kapitel ein, dann ordnen Sie die Absätze innerhalb eines Abschnitts nach der einen oder anderen Methode, je nachdem, welche besser passt. Sie können die Methoden also mischen. Bei Klageschriften zum Beispiel können Sie, je nach Fallgestaltung, zunächst den gesamten Sachverhalt Aspekt für Aspekt und damit Absatz für Absatz darstellen und danach Ihre rechtliche Bewertung. Oder Sie schreiben zu jedem Teil oder Aspekt/Absatz des Sachverhaltes gleich die rechtliche Bewertung dazu. Welcher Aufbau zum besseren roten Faden führt, hängt von Ihrem Ziel und dem Fall ab. Jedenfalls muss der Text flüssig lesbar sein. Noch ein Tipp: Scheuen Sie sich nicht davor, bei Aufzählungen das Aufgezählte mit Gedankenstrichen oder Punkten aufzulisten. Das macht den Text übersichtlicher und lesbarer (wie etwa beim Beispiel auf Seite 55). Eine weitere Faustregel: Ein Absatz hat im Durchschnitt rund 500 Zeichen, wenn es ein guter lesbarer Absatz sein soll. Das zeigt nicht nur die Erfahrung, sondern ist auch wissenschaftlich bewiesen. Nach etwa 500 Zeichen (oder etwa 30 bis 40 Sekunden Lese-/Zuhördauer) braucht der Leser eine kurze Zäsur, um dem Text folgen zu können, um den roten Faden nicht zu verlieren. Absätze, die deutlich länger oder deutlich kürzer als 500 Zeichen sind, also 700 oder 350 Zeichen, geben in aller Regel keinen Aspekt wieder und stören das Leseverhalten. 80 |
Textgliederung
Diese Faustregel ist eine rein inhaltliche Regel und hat zunächst mit der Optik Ihres Textes nichts zu tun. Es geht nicht darum, einfach irgendwo ein Absatzzeichen zu machen, damit der Text „hübsch“ und ansprechend aussieht. Es geht vielmehr darum, den Leserinnen und Lesern Ihre „Geschichte“ in inhaltlich appetitlichen, verdaubaren Häppchen zu vermitteln. Dann aber spielt die Optik doch eine Rolle: Da Leser und Leserinnen „im tiefsten Innern“, intuitiv wissen, dass übersichtliche Absätze von etwa 500 Zeichen für eine gute Gliederung, für einen klaren Aufbau sprechen, finden Sie einen so auch optisch gut gegliederten Text ansprechender und appetitlicher. Einen Text hingegen, der aus dicken, langen Absätzen besteht oder aus kleinen Fetzen, finden Sie intuitiv schon beim ersten Blick eher abstoßend. Fazit: Wenn Sie erst denken, dann schreiben, sparen Sie erfahrungsgemäß bis zu 70 Prozent Arbeitszeit! Sie werden sehen.
Übung: Gliedern Sie sinnvoll: Teilen Sie den folgenden Text in Gedanken ein, also setzen Sie sinnvolle Absätze. Und bearbeiten Sie den Text auch gern nach den zehn Regeln. Det Text ist schon recht ordentlich formuliert, kann aber noch optimiert werden.
Allen Entscheidungen kritisch zu entgegnen ist, dass bei der Auslegung der Regelungen des § 22 Abs. 2 VerpackG die Systematik des § 17 Abs. 1 KrWG und damit die Grundsätze der Überlassungspflicht außer Acht gelassen werden. Das VerpackG konstituiert für die Systeme ein Entsorgungssystem, das schon mit Blick auf den klaren Wortlaut des § 17 Abs. 2 KrWG einen Ausnahmefall darstellt. Dem öffentlichen Entsorgungssystem, das gerade nach dem Wortlaut der Regelungen zu den gewerblichen Sammlungen einem besonderen Schutz unterstellt ist (mit Verweis auf öffentliche Interessen und die Funktionsfähigkeit der Entsorgung) kommt insoweit ebenso eine Vorrangstellung zu wie dem in § 20 Abs. 1 KrWG legal definierten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Diesem ist zudem ein weites Gestaltungs- und Organisationsermessen für sein eigenes hoheitliches Entsorgungssystem eingeräumt. Die Nachrangigkeit des dualen Systems, das – sowohl in Bezug auf die originären Aufgaben des örE als auch die tatsächliche Gesamtmenge aller Abfälle – eine völlig untergeordnete Rolle bei der Ent| 81
Textgliederung
sorgung von Abfällen spielt, muss daher auch in der Auslegung der Regelungen zur Abstimmung ihren Ausdruck finden. Dieser grundsätzlichen, über das KrWG hinausgehenden Entscheidung und Wertung des Gesetzgebers entspricht auch die grundsätzliche Maßgabe in § 22 Abs. 1 Satz 3 VerpackG, demnach die Belange des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besonders zu berücksichtigen sind. Da die Rahmenvorgabe nur einen Ausschnitt der Abstimmungsvereinbarung betrifft, gilt es, diese Maßgabe auch und erst recht bei der Auslegung der Regelungen zur Rahmenvorgabe zu berücksichtigen. Mehr noch: da es sich um eine auf ein bereits vorhandenes Entsorgungssystem des örE bezogene Abstimmung handelt, ist dieses zwingend auch maßgebend für den inhaltlichen Umfang der Rahmenvorgabe. Dies gilt es vor allem bei der Zulässigkeit der Rahmenvorgabe für den sog. Full-Service zu berücksichtigen, damit sich das Entsorgungsangebot der Systeme auch aus Sicht des mitwirkenden Abfallbesitzers durch seine dies betreffende Gleichartigkeit optimal in das vorhandene Entsorgungskonzept des örE einfügt, um letztlich die gesetzlichen Ziele von KrWG und VerpackG zu verwirklichen. Lösung: In allen Entscheidungen haben die Gerichte bei Auslegung des § 22 Abs. 2 VerpackG die Systematik des § 17 Abs. 1 KrWG und damit die Grundsätze der Überlassungspflicht außer Acht gelassen: Das VerpackG konstituiert für die Systeme ein Entsorgungssystem, das schon nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 KrWG eine Ausnahme darstellt. Das öffentliche Entsorgungssystem ist gerade nach dem Wortlaut der Regelungen zu den gewerblichen Sammlungen einem besonderen Schutz unterstellt – mit Verweis auf öffentliche Interessen und die Funktionsfähigkeit der Entsorgung. Ihm kommt insoweit ebenso eine Vorrangstellung zu wie dem in § 20 Abs. 1 KrWG legal definierten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Diesem ist zudem ein weites Gestaltungs- und Organisationsermessen für sein eigenes hoheitliches Entsorgungssystem eingeräumt. Die Nachrangigkeit des dualen Systems muss daher auch bei Auslegung der Regelungen zur Abstimmung ihren Ausdruck finden; es spielt eine völlig untergeordnete Rolle bei der Entsorgung von Abfällen, sowohl bezüglich der originären Aufgaben des örE als auch der tatsächlichen Gesamtmenge aller Abfälle. Diesem grundsätzlichen, über das KrWG hinausgehende 82 |
Textgliederung
Standunkt des Gesetzgebers entspricht auch der Grundsatz in § 22 Abs. 1 Satz 3 VerpackG; danach sind die Belange des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besonders zu berücksichtigen. Diese Maßgabe ist erst recht bei der Auslegung der Regelungen zur Rahmenvorgabe zu berücksichtigen. Denn diese Vorgabe betrifft nur einen Ausschnitt der Abstimmungsvereinbarung. Mehr noch: Da es eine Abstimmung ist, die sich auf ein vorhandenes Entsorgungssystem des örE bezieht, ist dieses auch maßgebend für den inhaltlichen Umfang der Vorgabe. Dies ist vor allem zu berücksichtigen, wenn es um die Zulässigkeit der Rahmenvorgabe für den sog. Full-Service geht. Denn nur dann fügt sich das Entsorgungsangebot der Systeme auch aus Sicht des mitwirkenden Abfallbesitzers optimal in das Entsorgungskonzept des örE ein, und verwirklicht letztlich so die gesetzlichen Ziele von KrWG und VerpackG.
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C. Praxis-Übungen 1. Gesetze Gesetze müssen zwar abstrakt formuliert sein, aber nicht umständlich und kryptisch – und dabei denselben Regelungsinhalt haben
Übung: Schreiben Sie folgende Vorschriften in kurzes, klares Deutsch um. BGB § 538 Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch
Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten. Luftverkehrsordnung § 5a Startverbot (alte Fassung)
(1) Wird anlässlich des Ergebnisses einer luftaufsichtlichen Untersuchung eines nicht in einem deutschen Luftfahrzeugregister eingetragenen Luftfahrzeugs ein Startverbot verhängt, so hat die für die Gewährung der Verkehrsrechte zuständige Behörde unverzüglich den betreffenden Eintragungsstaat oder, falls dieser nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb dieses Luftfahrzeuges führt, den für die Aufsicht über ein Flugbetrieb dieses Luftfahrzeuges zuständigen Staat über die Befunde, die zur Verhängung des Startverbotes führten, zu unterrichten und anschließend entsprechend seiner Bewertung zu verfahren. StVO § 21 Personenbeförderung
(…) (1a) Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die kleiner als 150 cm sind, dürfen in Kraftfahrzeugen auf Sitzen, für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind, nur mitgenommen werden, wenn Rückhalteeinrichtungen für Kinder benutzt werden, die den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c | 85
Praxis-Übungen
der Richtlinie 91/671/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 über die Gurtanlegepflicht und die Pflicht zur Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen in Kraftfahrzeugen (ABl. L 373 vom 31. 12. 1991, S. 26), der zuletzt durch Artikel 1 Absatz 2 der Durchführungsrichtlinie 2014/37/EU vom 27. Februar 2014 (ABl. L 59 vom 28. 2. 2014, S. 32) neu gefasst worden ist, genannten Anforderungen genügen und für das Kind geeignet sind. Abweichend von Satz 1 1. ist in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t Satz 1 nicht anzuwenden, 2. dürfen Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr auf Rücksitzen mit den vorgeschriebenen Sicherheitsgurten gesichert werden, soweit wegen der Sicherung anderer Kinder mit Kinderrückhalteeinrichtungen für die Befestigung weiterer Rückhalteeinrichtungen für Kinder keine Möglichkeit besteht, 3. ist a. beim Verkehr mit Taxen und b. bei sonstigen Verkehren mit Personenkraftwagen, wenn eine Beförderungspflicht im Sinne des § 22 des Personenbeförderungsgesetzes besteht, c. auf Rücksitzen die Verpflichtung zur Sicherung von Kindern mit amtlich genehmigten und geeigneten Rückhalteeinrichtungen auf zwei Kinder mit einem Gewicht ab 9 kg beschränkt, wobei wenigstens für ein Kind mit einem Gewicht zwischen 9 und 18 kg eine Sicherung möglich sein muss; diese Ausnahmeregelung gilt nicht, wenn eine regelmäßige Beförderung von Kindern gegeben ist. (1b) In Fahrzeugen, die nicht mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, dürfen Kinder unter drei Jahren nicht befördert werden. Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr, die kleiner als 150 cm sind, müssen in solchen Fahrzeugen auf dem Rücksitz befördert werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftomnibusse. EGGVG § 8
(1) Durch die Gesetzgebung eines Landes, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet werden, kann die Verhandlung und Entscheidung der zur 86 |
Gesetze
Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes gehörenden Revisionen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einem obersten Landesgericht zugewiesen werden. (2) Diese Vorschrift findet jedoch auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in denen für die Entscheidung Bundesrecht in Betracht kommt, keine Anwendung, es sei denn, dass es sich im Wesentlichen um Rechtsnormen handelt, die in den Landesgesetzen enthalten sind. Wohnungseigentumsgesetz § 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums
(1) Das Sondereigentum kann ohne den Miteigentumsanteil, zu dem es gehört, nicht veräußert oder belastet werden. (2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zu ihm gehörende Sondereigentum. § 20 Bauliche Veränderungen
(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. (2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die 1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, 2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, 3. dem Einbruchsschutz und 4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen. (3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. | 87
Praxis-Übungen
(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden. Lösungen: BGB § 538 Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch
Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch hat der Mieter nicht zu vertreten. Oder so kurz und einfach, wie es in der Überschrift der Vorschrift steht:
Abnutzungen der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch hat der Mieter nicht zu vertreten. Luftverkehrsordnung § 5a Startverbot (alte Fassung)
Wird nach einer luftaufsichtlichen Untersuchung für ein im Ausland eingetragenes Luftfahrzeug ein Startverbot verhängt, so hat die zuständige Behörde sofort den für die Aufsicht zuständigen Staat über den Grund des Startverbots zu unterrichten und dann nach seiner Bewertung zu verfahren. Anmerkung: Hier sehen Sie sehr deutlich, wie gefährlich Schachtelsätze sein können: – Ein ganzer Halbsatz ist überflüssig:
… den betreffenden Eintragungsstaat, und, falls dieser nicht die Aufsicht über den Flugbetrieb führt, … – Am Ende ist fraglich, ob der Gesetzgeber vor lauter Gewurstel nicht seiner mit ihrer verwechselt hat: Das Pronomen kann sich ja nach normalem Rechtsverständnis nur auf die deutsche Behörde beziehen und nicht auf den ausländischen Staat. Aber selbst wenn das Pronomen richtig ist und der ausländische Staat entscheidet, so hat die Schachtelei dazu geführt, dass der Leser es bezweifelt. Denn er findet kaum noch den Bezug.
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Außerdem der grandiose Schwulst:
die Befunde, die zur Verhängung des Startverbotes führten sind schlicht
die Gründe für das Startverbot. Doppelt so viele Wörter und ein Einschub statt eines klaren Begriffs. StVO § 21 Absatz 1a Personenbeförderung
(1a) Kinder, die jünger als 12 Jahre und kleiner als 150 cm sind, dürfen in Kraftfahrzeugen nur auf Sitzen mit Sicherheitsgurt und nur in Kindersitzen mitgenommen werden. Abweichend von Satz 1 dürfen Kinder • ab drei Jahren auf Rücksitzen mit den vorgeschriebenen Sicherheitsgur-
ten gesichert werden, soweit wegen der Sicherung anderer Kinder mit Kindersitzen weitere Kindersitze nicht befestigt werden können, • ab drei Jahren in Kraftfahrzeugen, in denen keine Sicherheitsgurte vorhanden sind, auf dem Rücksitz befördert werden. • in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t auch auf Sitzen ohne Sicherheitsgurte und ohne Kindersitze befördert werden. (1b) Abweichend von Absatz 1a Satz 1 ist • beim Verkehr mit Taxen und • bei sonstigen Verkehren mit Personenkraftwagen, wenn eine Beförde-
rungspflicht im Sinne des § 22 des Personenbeförderungsgesetzes besteht,
auf Rücksitzen die Verpflichtung, Kinder mit Kindersitzen zu sichern, beschränkt auf zwei Kinder mit einem Gewicht ab 9 kg, wobei wenigstens ein Kindersitz für ein Kind mit einem Gewicht zwischen 9 und 18 kg vorhanden sein muss. Diese Ausnahmeregelung gilt nicht, wenn eine regelmäßige Beförderung von Kindern gegeben ist.
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(1c) Kindersitze im Sinne dieser Vorschrift sind Rückhalteeinrichtungen für Kinder, die den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 91/671/ EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 über die Gurtanlegepflicht und die Pflicht zur Benutzung von Kinderrückhalteeinrichtungen in Kraftfahrzeugen (ABl. L 373 vom 31. 12. 1991, S. 26), der zuletzt durch Artikel 1 Absatz 2 der Durchführungsrichtlinie 2014/37/EU vom 27. Februar 2014 (ABl. L 59 vom 28. 2. 2014, S. 32) neu gefasst worden ist, genannten Anforderungen genügen und für das Kind geeignet sind Das war eine schwere Geburt. Diese Vorschrift steht in der Straßenverkehrsordnung, einem Regelwerk für Jedermann, das mindestens jeder Führerscheininhaber und jede Führerscheininhaberin verstehen sollte. Das ist in der amtlichen Fassung wohl kaum der Fall. Ich habe mir erlaubt, diese Vorschrift anders zu gliedern, einfacher zu formulieren – und ausnahmsweise inhaltlich ein ganz klein wenig zu modifizieren. Es erschien mir nicht zweckmäßig, dass nach Absatz 1a Kinder prinzipiell auch auf Sitzen mitgenommen werden dürfen für die keine Gurtpflicht besteht. In der modifizierten Form regelt die Vorschrift nun, dass Kinder prinzipiell in Kindersitzen mitgenommen werden müssen und nicht nur in Kraftfahrzeugen für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind. So erscheint es zweckmäßiger, verständlicher und ich behaupte, es ist wohl auch so vom Verordnungsgeber gewollt. Alles andere wäre merkwürdig und ist wohl durch das schreckliche Flickwerk entstanden. In dieser Modifizierung fällt auch automatisch die Ausnahme des § 1 b Satz der amtlichen Fassung weg. Zudem waren wohl in dem amtlichen Absatz 1b auch die Kraftomnibusse mit einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen gemeint und nicht alle Kraftomnibusse. Und es waren in der amtlichen § 1b Satz 1 wohl Kraftfahrzeuge gemeint und nicht Fahrzeuge; das wäre hier wohl systemwidrig. Soll aber inhaltlich die amtliche Regelung beibehalten werden, käme die Ausnahme aus dem amtlichen § 1b Satz 1 als ein Ausnahmepunkt hinzu und der Anfang würde einfach formuliert so lauten:
(1a) Kinder, die jünger als 12 Jahre und kleiner als 150 cm sind, dürfen in Kraftfahrzeugen auf Sitzen, für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind, nur in Kindersitzen mitgenommen werden.
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Abweichend von Satz 1 dürfen Kinder • unter drei Jahren, nicht in Kraftfahrzeugen befördert werden, die nicht
mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind.
• ab drei Jahren auf Rücksitzen mit den vorgeschriebenen Sicherheitsgur-
ten gesichert werden, … [wie gehabt]
EGGVG § 8
Ein Land mit mehreren Oberlandesgerichten kann die Revisionen in bürgerlichen Streitigkeiten, für die der Bundesgerichtshof zuständig ist, einem obersten Landesgericht zuweisen, wenn es sich im Wesentlichen um Normen handelt, die in Landesgesetzen enthalten sind. Wohnungseigentumsgesetz 6 Unselbständigkeit des Sondereigentums
(1) Das Sondereigentum kann nur mit dem Miteigentumsanteil veräußert oder belastet werden, zu dem es gehört. (2) Rechte an dem Miteigentumsanteil erstrecken sich auf das zugehörige Sondereigentum. § 20 Bauliche Veränderungen
(1) Bauliche Veränderungen sind Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Sie können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden. (2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die einem der folgenden Zwecke dienen 1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, 2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, 3. dem Einbruchsschutz 4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität.
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Wie diese Maßnahmen durchgeführt werden, ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen. (3) Über Absatz 2 hinaus kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer einverstanden sind, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hi naus beeinträchtigt werden. (4) Weder beschlossen noch gestattet und nicht verlangt werden dürfen bauliche Maßnahmen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen.
2. Anklage Anklagen sind oft überaus gestelzt formuliert, obwohl auch oder vor allem die Angeklagten sie verstehen sollten.
Übung: Den Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt: Am Samstag, dem 17. Juli 2010, etwa gegen 11. 45 Uhr, betraten die Angeschuldigten X und Y den in 12345 Berlin gelegenen Zeitschriften- und Tabakladen des Geschädigten Z. Aufgrund eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatentschlusses verlangte der Angeschuldigte X die Herausgabe von Bargeld. Als der Geschädigte dem Verlangen nicht nachkam, zog der Angeschuldigte X zur Bekräftigung seines Begehrens eine nicht geladene Schreckschuss pistole aus der Jackeninnentasche, hielt sie in Richtung des Geschädigten und äußerte ihm gegenüber: „Beeil dich, kommt ein Kunde, bist du tot.“ Als der Geschädigte daraufhin in den Nebenraum gehen wollte, lehnte sich der Angeschuldigte X über die Ladentheke und entnahm der Kassenlade einen Bargeldbetrag in Höhe von 100 Euro. Sodann flüchteten beide. Die Angeschuldigten beabsichtigten, den Bargeldbetrag für eigene Zwecke zu verwenden.
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Klage
Lösung: Den Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt: Am Samstag, dem 17. Juli 2010, gegen 11. 45 Uhr betraten die Angeschuldigten X und Y den Zeitschriften- und Tabakladen des Geschädigten Z in 12345 Berlin. Aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses verlangte der Angeschuldigte X Geld vom Geschädigten. Weil der Geschädigte nichts herausgab, zog der Angeschuldigte X eine nicht geladene Schreckschusspistole aus der Jacke, richtete sie auf den Geschädigten und schrie: „Beeil dich, kommt ein Kunde, bist du tot.“ Als der Geschädigte daraufhin in den Nebenraum gehen wollte, lehnte sich der Angeschuldigte X über die Theke und nahm 100 Euro aus der Kasse. Dann flüchteten die Angeschuldigten. Die Angeschuldigten wollten das Geld für eigene Zwecke verwenden.
3. Klage Die Lösungen sind inhaltlich nur Vorschläge. Es geht darum, sprachlich zu vereinfachen.
Übung: Den richtigen Inhalt müssen Sie im jeweiligen Fall bestimmen.
An das Amtsgericht … In der Sache … erhebe ich Klage und werde beantragen: 1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, ein Funkgerät in einer Weise zu betätigen, die den Rundfunk- und Fernsehempfang des Klägers beeinträchtigt. 2. (…) Begründung: Der Kläger ist Eigentümer eines Fernsehgerätes sowie eines Rundfunkgerätes, die er in seiner Wohnung regelmäßig benutzt. Seit einigen Wochen ma| 93
Praxis-Übungen
chen sich während des Abendprogramms häufige starke, über längere Zeit anhaltende Störungen im Fernseh- und Rundfunkempfang bemerkbar, für die zunächst weder der Kläger noch ein von ihm zu Rate gezogener Fachmann eine Erklärung besaßen. Nunmehr hat der Kläger durch mehrere Personen erfahren, dass die Störungen durch ein vom Beklagten betätigtes Funkgerät ausgelöst werden und der Beklagte sich hieraus sogar einen Spaß macht. Dies hat der Beklagte mehrfach gegenüber den nachbenannten Zeugen geäußert. Beweis: Zeugnis … Außerdem ist der Beklagte verschiedentlich von der Zeugin X beim Funken beobachtet worden, und zwar zu folgenden Zeiten: … Beweis: Zeugnis … … Lösung: In der Sache … erhebe ich Klage und werde beantragen: 1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, ein Funkgerät so zu betätigen, dass es den Radio- und Fernsehempfang des Klägers stört. 2. (…) Begründung: Seit einigen Wochen stört der Beklagte mit seinem Funkgerät abends stark und lang anhaltend den Empfang des Radios und des Fernsehgerätes des Klägers, unter anderem am … von … und … Uhr … von … und … Uhr … Beweis: Zeugnis … Der Beklagte hat Nachbarn erzählt, dass er sich einen Spaß daraus mache, den Kläger damit zu ärgern. 94 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
Beweis: Zeugnis … Die Zeugin X hat den Beklagten mehrfach beim Funken beobachtet, und zwar am … Beweis: Zeugnis … … Haben Sie bemerkt, wie kurz und klar die Begründung wird, wenn Sie Nominalstil, Passiv und Überflüssiges wegnehmen?
4. Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen 4.1 Europäischer Gerichtshof Übung: Der Europäische Gerichtshof ist bekannt dafür, stark verquaste Sätze und Formulierungen zu verwenden. Das mag gelegentlich auch an der Übersetzung liegen, ist aber keine Entschuldigung. Hier ein neues Kabinettstückchen der 7. Kammer, C-289/17 vom 28. Februar 2018: Der Leitsatz
Art. 17 Buchst. a und Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen sind dahin auszulegen, dass eine gerichtliche Entscheidung, die ergangen ist, ohne dass der Schuldner von der Anschrift des Gerichts unterrichtet worden ist, an das seine Antwort zu richten ist, vor dem er zu erscheinen hat oder bei dem er gegebenenfalls einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann, nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann. In den Gründen geht es dann weiter:
Damit eine eventuelle Nichteinhaltung der Mindestvorschriften für Verfahren über unbestrittene Forderungen nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 805/1004 geheilt werden kann, muss der Schuldner die Möglichkeit haben, einen eine uneingeschränkte Überprüfung umfassenden Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einzulegen, und in der Entscheidung oder in einer zusammen damit zugestellten Belehrung ordnungsge| 95
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mäß über die verfahrensrechtlichen Erfordernisse für die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs, einschließlich der Bezeichnung und der Anschrift der Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, unterrichtet werden. Und nun die Übersetzung in die Lesbarkeit:
Eine Gerichtsentscheidung kann nur als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn dem Schuldner mit der Entscheidung die Anschrift des Gerichts mitgeteilt worden ist, an das er seine Antwort zu richten hat, vor dem er zu erscheinen hat oder bei dem er gegen die Entscheidung einen Rechtsbehelf einlegen kann. In dieser Weise auszulegen sind Art. 17 Buchst. a und Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen. … Sollten die Mindestanforderungen für Verfahren über unbestrittene Forderungen nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 805/1004 verletzt werden, so ist das nur dadurch zu heilen, dass es dem Schuldner möglich ist, einen Rechtsbehelf einzulegen, der die Entscheidung umfassend und uneingeschränkt überprüft. Dazu muss der Schuldner in der Entscheidung oder in einer damit zugestellten Belehrung ordnungsgemäß unterrichtet werden, was verfahrensrechtlich erforderlich ist, um einen solchen Rechtsbehelf einzulegen, einschließlich der Bezeichnung und Anschrift der Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist.
4.2 Bundesfinanzhof Übung: Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom 23. Februar 2018 (X B 65/17) gezeigt, wie kompliziert ein Satz vor allem dann werden kann, wenn Verfasser oder Verfasserin in der Sache unsicher ist oder sich nicht festlegen will:
Auch wenn die vom FA vorgenommene Bargeldverkehrsrechnung nicht in den Akten enthalten ist, die dem Senat vorliegen, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es jedenfalls nicht als grundsätzlich ausgeschlossen erscheint, die vom FG in der Bargeldverkehrsrechnung festgestellten punktuellen Mängel (unterbliebene Einbeziehung der unstreitigen zusätzlichen Bareinnahmen aus den Trinkgeldern, fehlende Berücksichtigung von An96 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
fangs- und Endbeständen, Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung für die Höhe der angesetzten Lebenshaltungskosten) im weiteren Verlauf des Verfahrens noch zu beheben. Sollte es danach möglich sein, eine ordnungsgemäße Bargeldverkehrsrechnung zu erstellen und sollte diese weiterhin zu Fehlbeträgen führen, wäre zu erwägen, ob eine solche – unmittelbar auf den individuellen Verhältnissen des Steuerpflichtigen basierende – Schätzung im Vergleich zu einem bloßen Sicherheitszuschlag (der als Unterfall einer griffweisen Schätzung anzusehen ist) vorzugswürdig sein könnte. Eine griffweise Schätzung stellt im Spektrum der verschiedenen denkbaren Schätzungsmethoden diejenige dar, die mit den größten Unsicherheiten behaftet ist und konkreter Tatsachengrundlagen vollständig oder nahezu vollständig entbehrt. Sie ist daher grundsätzlich nachrangig (BFH-Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 3.). Lösung: Doch das geht deutlicher, auch wenn die Wankelmütigkeit enthalten bleibt:
Zwar ist die Bargeldverkehrsrechnung des FA nicht in den Akten enthalten, die dem Senat vorliegen. Jedoch scheint es aus Sicht des Senats erscheint noch möglich, im weiteren Verfahren die vom FG in der Bargeldverkehrsrechnung festgestellten punktuellen Mängel zu beheben: die nicht einbe zogenen zusätzlichen Bareinnahmen aus Trinkgeldern, die nicht berücksichtigten Anfangs- und Endbestände und die fehlende nachvollziehbare Begründung für die angesetzten Lebenshaltungskosten. Sollte es so möglich sein, noch eine ordnungsgemäße Bargeldverkehrsrechnung zu erstellen, aber diese weiterhin zu Fehlbeträgen führt, wäre zu erwägen, ob eine Schätzung, basierend auf den individuellen Verhältnissen des Steuerpflichtigen, einem Sicherheitszuschlag vorzuziehen wäre. Denn der Sicherheitszuschlag ist ein Unterfall einer griffweisen Schätzung; und diese ist von allen Schätzungsmethoden die unsicherste, basiert selten auf konkreten Tatsachen und ist daher grundsätzlich nachrangig (BFH-Urteil vom 24. Juni 1997, VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51, unter 3.).
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4.3 BGH Übung: Der BGH hat am 25. Januar 2017 (VII ZR 249/15) ein wunderbares Worträtsel kreiert. Finden Sie die Logik? Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 556 Abs. 3 BGB das Ziel verfolgt hat, Abrechnungssicherheit für den Mieter und durch eine zeitnahe Abrechnung der Betriebskosten rasche Klarheit und Rechtssicherheit über die diesbezüglich bestehenden gegenseitigen Forderungen der Mietvertragsparteien zu schaffen und damit Streit in diesem von ihm als „äußerst streitträchtig“ (BT-Drucks. 14/4553, S. 37) erachteten Bereich des Wohnraummietrechts zu vermeiden. Dieser mit der Abrechnungsfrist und dem Ausschluss von Nachforderungen des Vermieters nach Ablauf dieser Frist verfolgten Zielsetzung liefe es zuwider, die Abrechnung der Betriebskosten einer vermieteten Eigentumswohnung – wie von der Revision gefordert – an die weitere Voraussetzung der im Gesetz nicht vorgesehenen und aus den vorstehend unter II 2 a cc (1) genannten Gründen keine Bindung für das Mietverhältnis entfaltende Beschlussfassung der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung zu knüpfen und damit die Einhaltung der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB unnötig zu gefährden.
Lösung: Enträtselt soll das vermutlich bedeuten:
Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass der Gesetzgeber mit dem § 556 Abs. 3 BGB folgende Ziele erreichen wollte: • Abrechnungssicherheit für den Mieter • rasche Klarheit und Rechtssicherheit über die gegenseitigen Forderun-
gen der Mietvertragsparteien durch zeitnahe Betriebskostenabrechnung und • damit Streit in diesem vom Mieter als „äußerst streitträchtig“ (BTDrucks. 14/4553, S. 37) angesehenen Bereich des Wohnraummietrechts zu vermeiden. 98 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
Das soll eine Abrechnungsfrist festsetzen und Nachforderungen des Vermieters nach Fristablauf ausschließen. Diesem Ziel liefe es zuwider, die Betriebskostenabrechnung einer vermieteten Eigentumswohnung - wie die Revision fordert - an die weitere Voraussetzung zu knüpfen, dass die Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung beschließen. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen, hat aus den unter II 2 a cc (1) genannten Gründen keine Bindung für das Mietverhältnis und gefährdet unnötig die Einhaltung der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB.
4.4 Kammergericht Übung: Der nachfolgende Satz des Kammergerichts (Beschluss vom 3. Mai 2017, 4 Ws 61/17) hat eine deutliche Überlänge:
Denn auch soweit nicht die Auffassung vertreten wird, dass die in § 324 AO gegebene eigene Sicherungsmöglichkeit der Finanzbehörden bereits dem Arrestgrund entgegenstehe (so Bach JR 2010, 286, 289 mwN), oder dass dem steuerrechtlichen der generelle Vorrang vor dem strafprozessualen dinglichen Arrest zukomme (vgl. LG Mannheim StraFo 2007, 115; LG Berlin, Beschluss vom 6. März 2006 – 526 Qs 47-49/06 – [juris-Rn. 37] = wistra 2006, 358, 359), wird überwiegend mit Recht angenommen, dass ein strafprozessualer dinglicher Arrest zugunsten des Steuerfiskus nicht angeordnet werden – jedenfalls aber nicht über längere Zeit aufrechterhalten bleiben – darf, wenn der Steuerfiskus von der ihm zustehenden Möglichkeit, selbst einen dinglichen Arrest nach § 324 AO zu erlassen, ohne erkennbaren Grund keinen Gebrauch gemacht und dadurch ein fehlendes oder zumindest stark eingeschränktes Sicherungsbedürfnis in Bezug auf den strafprozessualen Arrest gezeigt hat (vgl. OLG Celle StV 2009, 120; OLG Oldenburg StraFo 2008, 25; LG Saarbrücken NStZ-RR 2008, 284; LG Bochum wistra 2008, 237; HK/Gercke, StPO 5. Aufl., § 111b Rn. 20; Rogall aaO, § 111b Rn. 37; Graf/Huber, StPO 2. Aufl., § 111d Rn. 7; KMR/ Mayer, StPO 80. EL, § 111b Rn. 25; s. auch OLG Zweibrücken StraFo 2009, 462; LG Landshut wistra 2003, 199; a.A. LG Hamburg [Entfallen des Rechtschutzbedürfnisses erst, wenn das zuständige Finanzamt bereits nach § 324 AO vorgegangen ist]; LG Halle wistra 2009, 39). | 99
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Lösung: Die kurze Übersetzung:
Zurecht wird überwiegend wird angenommen, dass ein strafprozessualer dinglicher Arrest zugunsten des Steuerfiskus nicht angeordnet werden oder längere Zeit aufrechterhalten bleiben darf, wenn der Fiskus es ohne sichtlichen Grund unterlässt, selbst einen dinglichen Arrest nach § 324 AO anzuordnen. Denn damit hat er gezeigt, dass für ihn kein oder ein stark eingeschränktes Bedürfnis an einem strafprozessualen Arrest besteht (…).
Dieser Auffassung sind auch diejenigen, die nicht vertreten, dass bereits die Sicherungsmöglichkeit der Finanzbehörden nach § 324 AO dem Arrestgrund entgegenstehe (…), oder dass der steuerrechtliche dingliche Arrest generell dem strafprozessualen vorrangig sei. (…). Und in die Klammern sollten weniger Nachweise und keine eckigen Klammern mit weiteren Erläuterungen.
4.5 OLG Rostock Übung: Auszug aus OLG Rostock, Beschluss v. 12. Februar 2018, 4 U 100/16:
Denn, dass dies allein auf eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers abzielt, im Sinne einer Schadensabwendungs- oder –minderungspflicht die Entstehung von Ansprüchen (nur) zu seinen Lasten zu verhindern, folgt nicht zuletzt aus der von der Beklagten selbst mit Schriftsatz vom 11. 05. 2016 vorgelegten Fassung ihrer AVB KT2011HP, die von der seitens der Klägerin eingereichten leicht abweicht. Dort lautet Ziffer 13. 4, letzter Spiegelstrich dahingehend, dass kein Versicherungsschutz bestehe für „Ansprüche, soweit sie darauf beruhen, dass Sie einen berechtigten Einwand oder ein begründetes Rechtsmittel nicht oder nicht rechtzeitig vorgebracht oder eingelegt haben“. Die betreffende Anrede kann sich zwangsläufig nur an den Versicherungsnehmer der Beklagten, nicht aber an den dritten Schädiger richten, der die Versicherungsbedingungen nicht zu Gesicht bekommt. Spätestens ergäbe sich dieses Ergebnis ansonsten aufgrund einer Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB, nach welcher Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) zu 100 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
Lasten des Verwenders gehen. Selbst wenn man nämlich die Klausel gegebenenfalls auch im Sinne der Beklagten verstehen könnte, beziehen sich doch zum einen die übrigen Fallgruppen der Ziffer 13. 4 der AVB für einen Ausschluss des Versicherungsschutzes durchweg (ebenfalls) auf Umstände aus bzw. in der Sphäre des Versicherungsnehmers; zum anderen dürfte bei einer Gesamtschau des Regelungsgefüges vornehmlich Ziffer 13. 5 der AVB bezüglich des Erfordernisses der Erwirkung eines Vollstreckungstitels auf eine Absicherung des Versicherers gegen die von der Beklagten angesprochene Besorgnis zielen, der Versicherungsnehmer könne unberechtigte Forderungen im Säumnisverfahren durchsetzen. Lösung: Das geht lesbarer:
Denn schon aus den AVB KT2011HP der Beklagten folgt: Dies allein zielt auf eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers ab, im Sinne einer Pflicht zur Schadensabwendung- oder -minderung (nur) zu seinen Lasten zu verhindern, dass Ansprüche entstehen. Die jeweilige Fassung der AVB KT2011HP, die die Beklagte (Schriftsatz vom 11. 05. 2016) und die die Klägerin eingereicht hat, sind nahezu deckungsgleich. Dort regelt Ziffer 13. 4, letzter Spiegelstrich, dass kein Versicherungsschutz bestehe für „Ansprüche, soweit sie darauf beruhen, dass Sie einen berechtigten Einwand oder ein begründetes Rechtsmittel nicht oder nicht rechtzeitig vorgebracht oder eingelegt haben“. Die Anrede kann sich nur an den Versicherungsnehmer der Beklagten richten, nicht aber an den dritten Schädiger, denn er bekommt die Versicherungsbedingungen nicht zu Gesicht. Letztlich ergäbe sich dieses Ergebnis ohnehin bei Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB. Danach gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) zu Lasten des Verwenders. Denn selbst wenn man die Klausel auch im Sinne der Beklagten verstehen will, beziehen sich die übrigen Fallgruppen der Ziffer 13. 4 der AVB zum Ausschluss des Versicherungsschutzes durchweg ebenfalls auf Umstände aus bzw. in der Sphäre des Versicherungsnehmers. Was das Erfordernis betrifft, einen Vollstreckungstitel zu erwirken, dürfte bei einer Gesamtschau der Regelungen zudem vornehmlich Ziffer 13. 5 der AVB darauf abzielen, den Versicherer gegen die von der Beklagten angesprochene | 101
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Besorgnis abzusichern, der Versicherungsnehmer könne unberechtigte Forderungen im Säumnisverfahren durchsetzen.
4.6 Landgericht Mannheim Übung: Das Landgericht Mannheim hat mit seinem Urteil vom 24. Januar 2017 ein Meisterstück an Sprachverknotung geliefert (Az. 2 O 195/15). Beachten Sie die vielen Satzzeichen im ersten Teil, die zu einer zusätzlichen Verwirrung führen.
Die Klägerin hatte im Rahmen jenes Rechtsstreits als Grundlage ihrer Anspruchsberechtigung zunächst (zum Teil wiederholte) Abtretungsvereinbarungen aus den Jahren 2003/2004/2005/2007 – nachfolgend: ,erste Abtretungsrunde’ – und vorsorgliche erneute Abtretungsvereinbarungen aus den Jahren 2008/2009 – nachfolgend: ,zweite Abtretungsrunde’ – angeführt. Die Klägerin hatte sich in jenem Verfahren auf den Vorwurf gestützt, (insbesondere) die Beklagte sei an einem „bundesweiten Kartell“ beteiligt gewesen, in dem die dort beklagten Zementhersteller eine bundesweit wirkende ,Grundabsprache’ über die Aufteilung des Bundesgebiets in Kartellregionen getroffen hätten, die in den insoweit gebildeten Regionen von den dort agierenden Zementherstellern jeweils nach Maßgabe noch näher zu bestimmender Absprachen über Lieferquoten umzusetzen gewesen sei.
…“ Lösung: Wie einfach hätte es sein können:
Die Klägerin hatte bei jenem Rechtsstreit zunächst zwei Abtretungsrunden angeführt, um ihren Anspruch zu begründen: Abtretungsvereinbarungen aus den Jahren 2003/2004/2005/2007 („erste Abtretungsrunde“) und vorsorgliche, erneute Abtretungsvereinbarungen aus den Jahren 2008/2009 („zweite Abtretungsrunde“). … Die Klägerin hatte sich in jenem Verfahren darauf gestützt, die Beklagte gehöre zu einem „bundesweiten Kartell“: In einer „Grundabsprache“ hätten die beklagten Zementhersteller das Bundesgebiet in Kartellregionen aufteilt. In den Regionen sei die Absprache von den dort agierenden Zement 102 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
herstellern umzusetzen gewesen – jeweils nach noch abzusprechenden konkreten Lieferquoten.
4.7 Diverse Leitsätze Manche Gerichte glauben, ein Leitsatz müsse aus einem einzigen grammatischen Satz bestehen, und bauen die unglaublichsten Schachtelkunststücke. Außerdem ist im Leitsatz oft zu viel enthalten. Vereinfachen Sie die folgenden Leitsätze:
Leitsatz 1: Zur Frage der Abgrenzung eines typischen Bolzplatzes, der auch und vor allem der spielerischen und sportlichen Betätigungen Jugendlicher und junger Erwachsener dient, von einem Ballspielbereich innerhalb eines Kinderspielplatzes, der auf die körperliche Freizeitbetätigung von Kindern zugeschnitten ist. Leitsatz 2: Auch bei einer Entfernung von 80 m zwischen Verkaufsstand und Bundesstraße kann der für eine Untersagung des Anbietens von Waren und Leistungen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVO erforderliche enge Zusammenhang zwischen dem Anbieten von Waren bzw. Leistungen und Straße (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. 10. 1991 – 11 C 44. 92, BVerwGE 94, 234 = NJW 1994, 1082) noch gegeben sein, wenn eine Einwirkung der Verkaufsstätte auf den Straßenverkehr beabsichtigt ist, um Verkehrsteilnehmer (spontan) als Kunden zu gewinnen. Leitsatz 3: Im Prozesskostenhilfeverfahren sind Erklärungen und Unterlagen des Antragstellers vom Gericht des ersten Rechtszugs auch dann zu berücksichtigen, wenn diese zwar nicht innerhalb der vom Gericht hierfür gesetzten Frist, jedoch noch vor einer Abhilfeentscheidung über die Beschwerde gegen einen zunächst auf das Fehlen der Unterlagen gestützten ablehnenden Beschluss vorgelegt werden.
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Leitsatz 4: Ebenso wenig wie ein lediglich gerade erreichter „Stand der Dinge“ innerhalb eines ständig wechselnden Geschehens ohne weiteres zu Gunsten eines Asylsuchenden einen objektiven Nachfluchttatbestand begründen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13. 5. 1993 – 9 C 59/92, InfAuslR 1993, 354), muss sich ein bis vor Kurzem beachtlich wahrscheinlich gefährdeter Rückkehrer Prozesse und Abläufe innerhalb länger dauernder Entwicklungen gefährdungsmindernd entgegenhalten lassen, wenn diese nicht eindeutig eine völlig neue Tendenz zur (positiven) Veränderung des Geschehens anzeigen. Lösung Leitsatz 1: Zur Frage, was einen typischen Bolzplatz von einem Ballspielbereich in einem Kinderspielplatz unterscheidet. Lösung Leitsatz 2: Selbst bei 80 Metern Entfernung zwischen Verkaufsstätte und Bundesstraße liegt der für ein Verbot des Anbietens von Waren erforderliche enge Zusammenhang zwischen Anbieten und Straße (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVO) vor, wenn mit der Verkaufsstätte Verkehrsteilnehmer spontan als Kunden geworben werden sollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20. 10. 1991 – 11 C 44. 92, BVerwGE 94, 234 = NJW 1994, 1082). Lösung Leitsatz 3: Im Prozesskostenhilfeverfahren muss das Gericht des ersten Rechtszuges Erklärungen und Unterlagen des Antragstellers auch nach der vom Gericht gesetzten Frist berücksichtigen, falls sie noch vorgelegt werden, bevor über die Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluss entschieden wurde. Das gilt auch, wenn der Beschluss zunächst auf das Fehlen der Unterlagen gestützt war. Lösung Leitsatz 4: Für einen Rückkehrer, der kürzlich wahrscheinlich noch gefährdet war, sind Veränderungen innerhalb langer Entwicklungen nur dann gefährdungsmindernd, wenn sie eine deutliche Verbesserung der Lage anzeigen – eben104 |
Auszüge aus Gerichts-Entscheidungen
so wie ein gerade erst erreichter „Stand der Dinge“ in einem wechselhaften Geschehen nur ausnahmsweise einen Nachfluchttatbestand zu Gunsten eines Asylsuchenden begründet (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13. 5. 1993 – 9 C 59/92, InfAuslR 1993, 354).
4.8 Orientierungssätze 4.8.1 OLG Thüringen Übung: In Juris sind folgende Orientierungssätze des OLG Thüringen zu finden und zu überwinden (1 U 981/13, vom 4. Dezember 2014):
Eine Zahlungseinstellung ist anzunehmen, wenn die Erklärung, eine fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, sich auf eine Forderung bezieht, deren Nichterfüllung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung, der Person des Schuldners und dem Zuschnitt des Geschäftsbetriebs, als ausreichendes Indiz für eine zumindest ruhende Zahlungsfähigkeit darstellt (Anschluss BGH, 1. Juli 2010, IX ZR 70/08, WM 2010, 1756).(Rn.21) Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteilungsvorsatz des Schuldners hat der Anfechtende zu beweisen. Die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InSO bewirkt allerdings eine Umkehr der Beweislast. Während die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands des § 133 Abs. 1 S. 1 InSO vom Insolvenzverwalter zu beweisen sind, obliegt dem Anfechtungsgegner dann, wenn der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 S. 2 InSO gegeben ist, der Gegenbeweis. Der Anfechtungsgegner muss darlegen und beweisen, dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste. Lösung: Zur besseren Orientierung:
Eine Zahlungseinstellung ist in folgendem Fall anzunehmen: Jemand erklärt, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, und das er| 105
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scheint für den Anfechtungsgegner als Indiz für eine zumindest ruhende Zahlungsfähigkeit, wenn er alle für ihn ersichtlichen Umstände betrachtet, insbesondere die Art der Forderung, die Person des Schuldners und den Zuschnitt des Betriebes. (Anschluss BGH, 1. Juli 2010, IX ZR 70/08, WM 2010, 1756). Der Anfechtende muss beweisen, dass der Anfechtungsgegner den Vorsatz des Schuldners kannte, den Gläubiger zu benachteiligen. Allerdings kehrt die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InSO die Beweislast um. Während der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes des § 133 Abs. 1 S. 1 InSO beweisen muss, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis, wenn die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InSO vorliegt. Der Anfechtungsgegner muss darlegen und beweisen, dass er nichts vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste oder dass der Schuldner keinen solchen Vorsatz hatte.
4.8.2 Landgericht Berlin Übung: Achten Sie bei diesem Kunststück des Landgerichts Berlin (27 O 530/09 vom 1. September 2009) insbesondere auf Doppeltes:
Wenn ein Rechtsanwalt auf seiner Website Informationen über den Stand verschiedener (verwaltungs-)gerichtlicher Verfahren und dazu auch Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Gegenseite veröffentlicht, so besteht hiergegen kein Verfügungsanspruch, wenn aufgrund einer Einzelfallabwägung nicht feststellbar ist, dass die Veröffentlichung der Schriftsätze einen betriebsbezogenen Eingriff darstellt, der sich nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Prozessvertreter der Gegenseite richtet und eine Schadensgefahr birgt, die über die bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung hinausgeht und geeignet ist, den Betrieb in empfindlicher Weise zu beeinträchtigen. Nicht jede Berichterstattung über Interna ist unzulässig; zudem fehlt es vorliegend an jeglicher Darlegung, dass Betriebsinterna oder Betriebsgeheimnisse veröffentlicht wurden. Weiter sind die Informationen nicht rechtswidrig beschafft worden.
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Musterschreiben
Lösung: Informiert ein Rechtsanwalt auf seiner Website über (Verwaltungs-)Gerichtsverfahren und veröffentlicht er dabei Schriftsätze der gegnerischen Prozessbevollmächtigten, so kann dagegen nur dann ein Verfügungsanspruch bestehen, wenn das einen betriebsbezogenen Eingriff darstellt. Die Veröffentlichung muss sich objektiv gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Prozessbevollmächtigten richten und die Gefahr bergen, den Betrieb empfindlich zu beeinträchtigen. Nicht jeder Bericht über Interna ist unzulässig. Zudem ist hier nicht dargelegt, dass Betriebsinterna oder -geheimnisse veröffentlicht wurden. Die Informationen sind rechtmäßig beschafft worden.
5. Musterschreiben Die folgenden Schreiben sind aus gängigen Prozessformularbüchern oder freien Angeboten im Internet entnommen. Schreiben Sie sie klarer, kürzer und freundlicher. Es geht vor allem um sprachliche Kürzungen; lassen Sie aber auch alles weg, was inhaltlich überflüssig ist. Bei Briefen an „Normalbürger“ denken Sie daran, dass Laien Fachbegriffe nicht verstehen; wenn nötig, müssen Sie sie erklären. Die Lösungen sind nicht zwingend, sondern nur Vorschläge, wie Briefe kürzer und klarer formuliert sein können. Was Sie davon für sich inhaltlich übernehmen, müssen Sie selbst entscheiden.
5.1 Datenschutzerklärung Die Datenschutzgrundverordnung schreibt in § 12 Absatz 1 zwingend vor, dass Datenschutzerklärungen in klarer und einfacher Sprache abgefasst werden müssen. Das kann Juristinnen und Juristen, die solche Erklärungen verfassen, arge Probleme bereiten. Beispiele aus einer Datenschutzerklärung, wie sie zurzeit online (selbstverständlich erlaubt und kostenlos) zum Herunterladen angeboten wird:
Die nachfolgende Datenschutzerklärung gilt für die Nutzung unseres Online-Angebots [www.xyz.de] (nachfolgend „Website“). Wir messen dem Datenschutz große Bedeutung bei. Die Erhebung und Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten geschieht unter Beachtung | 107
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der geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). … Wir nutzen diese Protokolldaten ohne Zuordnung zu Ihrer Person oder sonstiger Profilerstellung für statistische Auswertungen zum Zweck des Betriebs, der Sicherheit und der Optimierung unserer Website, aber auch zur anonymen Erfassung der Anzahl der Besucher auf unserer Website (traffic) sowie zum Umfang und zur Art der Nutzung unserer Website und Dienste, ebenso zu Abrechnungszwecken, um die Anzahl der von Kooperationspartnern erhaltenen Clicks zu messen. Aufgrund dieser Informationen können wir personalisierte und standortbezogene Inhalte zur Verfügung stellen und den Datenverkehr analysieren, Fehler suchen und beheben und unsere Dienste verbessern.
Hierin liegt auch unser berechtigtes Inte resse gemäß Art 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO.
Wir behalten uns vor, die Protokolldaten nachträglich zu überprüfen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der berechtigte Verdacht einer rechtswidrigen Nutzung besteht. IP-Adressen speichern wir für einen begrenzten Zeitraum in den Logfiles, wenn dies für Sicherheitszwecke erforderlich oder für die Leistungserbringung oder die Abrechnung einer Leistung nötig ist, z. B. wenn Sie eines unserer Angebote nutzen. Nach Abbruch des Vorgangs der Bestellung oder nach Zahlungseingang löschen wir die IP-Adresse, wenn diese für Sicherheitszwecke nicht mehr erforderlich ist. IP-Adressen speichern wir auch dann, wenn wir den konkreten Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit der Nutzung unserer Website haben. Außerdem speichern wir als Teil Ihres Accounts das Datum Ihres letzten Besuchs (z.B. bei Registrierung, Login, Klicken von Links etc.).
Lösung: Und nun in klarer und einfacher Sprache, nach § 12 DSGVO
Diese Datenschutzerklärung gilt für unser Online-Angebot auf der Website www.Muster-abc.de Der Datenschutz ist uns sehr wichtig. Wenn wir Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten, beachten wir das aktuelle Datenschutzrecht, vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), (und weiter) … 108 |
Musterschreiben
Mit diesen Protokolldaten erstellen wir kein Profil und ordnen sie auch nicht auf andere Weise Ihrer Person zu. Wir werten die Daten nur für statistische Zwecke aus, um den Betrieb und die Sicherheit der Website zu gewährleisten, sie zu optimieren, die Besucherzahl anonym zu erfassen (traffic) und um zu messen, wie und wie oft unserer Website und Dienste genutzt werden. Außerdem dienen die Protokolldaten zur Abrechnung: um die von Kooperationspartnern erhaltenen Clicks zu zählen. Mit all diesen Informationen können wir Ihnen personalisierte und standortbezogene Inhalte anbieten. Wir können damit den Datenverkehr analysieren, Fehler suchen, sie beheben und unsere Dienste verbessern.
Darum haben wir gemäß Art 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO ein berechtigtes Interesse an der Datenspeicherung.
Sollte der berechtigte Verdacht bestehen, dass unsere Website rechtswidrig genutzt worden ist, prüfen wir die Protokolldaten nachträglich. IP-Adressen speichern wir für eine begrenzte Zeit in den Logfiles, wenn das erforderlich ist, um die Sicherheit zu gewährleisten oder um eine Leistung zu erbringen und abzurechnen, zum Beispiel eine Bestellung. Wird ein Bestellvorgang abgebrochen oder ist die Zahlung eingegangen, löschen wir die IP-Adresse, es sei denn, sie wäre zu Sicherheitszwecken erforderlich. Außerdem speichern wir IP-Adressen, wenn wir den konkreten Verdacht haben, bei der Nutzung unserer Website sei eine Straftat begangen worden. Wir speichern auch das Datum Ihres letzten Besuchs als Teil Ihres Accounts (z.B. bei Registrierung, Login, Klicken von Links).
Sie sehen: Die Summe vieler Kleinigkeiten macht den Unterschied.
5.2 Korrespondenz-Mandat Ursprungsfassung:
Sehr geehrter Herr Kollege, ich bitte Sie darum, ein Mandat der von mir ständig vertretenen Firma A. zu übernehmen. Diese wurde von der Firma B. mit der in Kopie anliegenden Klage überzogen. Das wirksam als zuständig vereinbarte Landgericht … hat Termin auf den … bestimmt und eine Frist zur Klageerwiderung bis … gesetzt. In der Anlage füge ich einen Entwurf für die Klageerwiderung bei mit der Bitte um Überprüfung, ggf. Ergänzung nach Ihrem Ermessen | 109
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und Einreichung bei Gericht. Die Korrespondenz bitte ich mit mir zu führen. Für eine Bestätigung des Mandats wäre ich dankbar. Sollten Sie an der Übernahme oder Durchführung des Mandats verhindert sein, bitte ich Sie, das Mandat einem geeigneten Kollegen weiterzugeben. Rechtsanwalt Lösung: Sehr geehrter Herr Kollege, könnten Sie ein Mandat der Firma A übernehmen? Ich vertrete A ständig. Am … hat die Firma B sie verklagt. Zuständig ist das Landgericht L. Es hat Termin auf den … bestimmt und eine Frist für die Klageerwiderung auf den … gesetzt. Den Entwurf einer Klageerwiderung füge ich bei. Ergänzen Sie ihn, falls nötig, und reichen Sie ihn bei Gericht ein. Bitte führen Sie die Korrespondenz mit mir. Bitte bestätigen Sie mir das Mandat. Mit freundlichen und kollegialen Grüßen Rechtsanwalt
5.3 Mandatsniederlegung Ursprungsfassung:
Sehr geehrter Herr …, nachdem Sie mein Vorschussersuchen bis heute trotz Mahnung ignoriert haben, sehe ich mich nicht in der Lage, für Sie weiter tätig zu sein. Ich lege daher das Mandat nieder. Die Niederlegung habe ich gegenüber dem Landgericht … angezeigt. Ich weise noch einmal darauf hin, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung ansteht am … Ich werde den Termin nicht wahrnehmen. Sofern für Sie kein anderer Anwalt auftritt, müssen Sie mit dem Erlass eines Versäumnisurteils gegen sich rechnen. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
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Musterschreiben
Lösung: Sehr geehrter Herr …, da sie trotz Mahnung meinen Vorschuss nicht gezahlt haben, werde ich nicht länger für Sie tätig sein und lege mein Mandat nieder. Das habe ich dem Landgericht … bereits angezeigt. Die mündliche Verhandlung wird am … stattfinden. Ich werde den Termin nicht wahrnehmen. Falls Sie keinen anderen Anwalt finden, der in dem Termin für Sie auftritt, müssen Sie mit einem Versäumnisurteil rechnen; das bedeutet, Sie können den Prozess allein deshalb verlieren, weil Sie keinen Anwalt haben. Mit freundlichen Grüßen Rechtsanwalt
5.4 Abtretungsanzeige durch den Zedenten Ursprungsfassung:
Sehr geehrte Frau …, Wie Ihnen bekannt ist, haben Sie Ihre Verbindlichkeit mir/uns gegenüber aus unserem Kaufvertrag vom … (Datum) über … (Kaufgegenstand) trotz Fälligkeit bislang nicht beglichen. Zu Ihrer Unterrichtung teile/n ich/wir Ihnen mit, dass ich/wir von dieser Forderung über Euro … (Betrag) heute am … (Datum) an Herrn/Frau/Firma … (Name/Anschrift) einen Teilbetrag in Höhe von Euro … (Betrag) mit Vorrang zugunsten des Abtretungsempfängers abgetreten habe/n. Mit freundlichen Grüßen … Lösung: Sehr geehrte Frau …, Sie haben den … bisher nicht bezahlt, den Sie am … bei uns gekauft haben. Wir haben heute … Euro der Kaufpreisforderung an die Firma … abgetreten.
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Das bedeutet: Sie müssen zuerst die … Euro an die Firma … zahlen und dann den Rest des Kaufpreises in Höhe von … Euro an uns. Mit freundlichen Grüßen …
5.5 Abtretungsanzeige durch den Zessionar Ursprungsfassung:
Sehr geehrter Herr …, aus Ihrem Kaufvertrag vom … (Datum) mit Herrn/Frau/Firma … (Name des Zessionars) über … (Kaufgegenstand) ist eine Verbindlichkeit Ihrerseits trotz Fälligkeit offen. Ich/Wir geben Ihnen hiermit zur Kenntnis, dass Herr/Frau/Firma … (Name des Zedenten) von seiner/ihrer Forderung an Sie über Euro … (Betrag) heute am … (Datum) an mich/uns einen Teilbetrag in Höhe von DM … (Betrag) mit Vorrang zu meinen/unseren Gunsten abgetreten hat. (Ggf.: Eine beglaubigte Abschrift der Abtretungser klärung überreiche/n ich/wir in der Anlage.) Bitte überweisen Sie diesen Betrag binnen vier Wochen mit dem Vermerk … auf eines der im Kopf dieses Schreibens angegebenen Konten. Ich/wir möchte/n Sie darauf aufmerksam machen, das eine Zahlung an den Zedenten Herrn/Frau/Firma (Name des Zedenten) Sie nicht von Ihrer Verpflichtung befreien würde, den abgetretenen Betrag der Forderung an mich/uns zu erbringen. Im eigenen Interesse werden Sie sicherlich vermeiden wollen, diesen Betrag gegebenenfalls zum zweiten Mal zahlen zu müssen. Sollte die Forderung nicht mehr bestehen oder sollten Ansprüche Dritter oder zur Aufrechnung geeignete Gegenansprüche vorhanden sein, so benachrichtigen Sie mich/uns bitte umgehend. Mit freundlichen Grüßen …
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Musterschreiben
Lösung: Sehr geehrter Herr …, Sie haben bisher den … nicht bezahlt, den Sie am … bei Herrn A … gekauft haben. Herr A … hat heute … Euro von der Kaufpreisforderung an uns abgetreten. Bitte überweisen Sie diesen Betrag bis zum … auf unser Konto Nr. … bei der … Sollten Sie trotz der Abtretung die … Euro an Herrn A … zahlen, müssten Sie trotzdem auch an uns zahlen. Sollten Sie schon bezahlt haben, teilen Sie uns das bitte sofort mit. Mit freundlichen Grüßen …
5.6 Rechtsgeschäft durch einen Minderjährigen Ursprungsfassung:
Sehr geehrte Frau …, sehr geehrter Herr …, Ihre/Ihr Tochter/Sohn … (Name) hat am … (Datum) bei uns eine Campingausrüstung zum Preis von Euro … (Betrag) bestellt. Nachträglich ist uns zur Kenntnis gekommen, dass Ihre/Ihr Tochter/Sohn noch gar nicht volljährig ist und deshalb derartige Verträge nicht rechtswirksam abschließen kann. Zu unserem Bedauern sehen wir uns deshalb genötigt, unsere Annahme dieser Bestellung Ihrer/Ihres Tochter/Sohnes vom … (Datum) entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen hiermit zu widerrufen. Gleichzeitig möchten wir Sie bitten, Ihre/Ihren Tochter/Sohn von diesem Vorgang in Kenntnis zu setzen. Mit freundlichen Grüßen …
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Lösung: (Hierbei habe ich berücksichtigt, dass das Unternehmen wohl nicht da ran interessiert ist, den Kauf abzulehnen, sondern vernünftigerweise eine Genehmigung möchte. Das ist schon dem Grunde nach falsch in dem Muster.)
Sehr geehrte Frau …, sehr geehrter Herr …, Ihre Tochter/Ihr Sohn … hat am … eine Campingausrüstung für … Euro bei uns bestellt. Wir haben festgestellt, dass Ihre Tochter/Ihr Sohn minderjährig ist und deshalb in dieser Höhe nichts bestellen durfte. Vorsichts halber wenden wir uns daher an Sie. Wir können die Bestellung nur annehmen, wenn Sie einverstanden sind. Bitte teilen Sie uns mit, ob wir die Bestellung ausführen dürfen oder stornieren sollen. Mit freundlichen Grüßen …
5.7 Antrag des Kindes, den Namen seiner Mutter zu bekommen Ursprungsfassung:
An das Standesamt … Nachdem rechtskräftig festgestellt worden ist, dass Herr Oskar Scheiner, …, dessen Familiennamen Scheiner ich, Michael Scheiner, derzeit führe, nicht mein leiblicher Vater ist, beantrage ich hiermit, den Namen, den meine Mutter, Frau Amalie Mayer, …, bei meiner Geburt geführt hat, zu führen, so dass ich Michael Mayer heiße. Ich, Frau Amalie Mayer, stimme hiermit als alleinige gesetzliche Vertreterin meines Sohnes Michael diesem Antrag zu. Michael Scheiner
Amalie Mayer
Lösung: An das Standesamt … Ich, Michael Scheiner, beantrage, den Familiennamen Mayer zu führen; das ist der Name, den meine Mutter, Frau Amalie Mayer,…, bei meiner Geburt geführt hat. Derzeit führe ich den Familiennamen des Herrn Oskar 114 |
Musterschreiben
Scheiner. Nachdem rechtskräftig festgestellt worden ist, dass Oskar Scheiner nicht mein leiblicher Vater ist, möchte ich diesen Namen nicht mehr führen. Ich, Frau Amalie Mayer, stimme als alleinige gesetzliche Vertreterin meines Sohnes Michael diesem Antrag zu. Michael Scheiner
Amalie Mayer
5.8 Vorwort einer Kammer zu Vertragsmustern Vorwort Der Unternehmer schließt im Laufe seiner Geschäftstätigkeit eine Vielzahl von Verträgen ab. Um eine Orientierungshilfe zu bieten, stellen die Kammern Musterverträge zur Verfügung. Bei vertragsrechtlichen Einzelfragen sollte jedoch grundsätzlich fachkundiger Rat, sei es bei den Industrie- und Handelskammern oder Rechtsanwälten, eingeholt werden. Eine Liste der Industrie- und Handelskammern ist im Anhang beigefügt. Hinweis zur Benutzung des Mustervertrages: Dieses Vertragsformular wurde mit größter Sorgfalt erstellt, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Es ist als Checkliste mit Formulierungshilfen zu verstehen und soll nur eine Anregung bieten, wie die typische Interessenlage zwischen den Parteien sachgerecht ausgeglichen werden kann. Dies entbindet den Verwender jedoch nicht von der sorgfältigen eigenverantwortlichen Prüfung. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird auf die Nennung der drei Geschlechter verzichtet, wo eine geschlechtsneutrale Formulierung nicht möglich war. In diesen Fällen beziehen die verwendeten männlichen Begriffe die weiblichen und diversen Formen ebenso mit ein. Der Mustervertrag ist nur ein Vorschlag für eine mögliche Regelung. Viele Festlegungen sind frei vereinbar. Der Verwender kann auch andere Formulierungen wählen. Vor einer Übernahme des unveränderten Inhaltes muss daher im eigenen Interesse genau überlegt werden, ob und in welchen Teilen gegebenenfalls eine Anpassung an die konkret zu regelnde Situation und die Rechtsentwicklung erforderlich ist. Auf diesen Vorgang hat die Industrie- und Handelskammer natürlich keinen Einfluss und kann daher naturgemäß für die Auswirkungen | 115
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auf die Rechtsposition der Parteien keine Haftung übernehmen. Auch die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist grundsätzlich ausgeschlossen. Falls Sie einen maßgeschneiderten Vertrag benötigen, sollten Sie sich durch einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens beraten lassen. Lösung: Das geht alles deutlich kürzer und leserfreundlicher für die Zielgruppe:
Vorwort Als Unternehmerin oder Unternehmer schließen Sie viele Verträge ab. Um Sie dabei zu unterstützen, stellen wir Ihnen Musterverträge zur Verfügung. Bei Einzelfragen sollten Sie aber Fachleute um Rat bitten, Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen oder bei den Industrie- und Handelskammern. Dieses Vertragsmuster haben wir sehr sorgfältig erstellt. Es ist eine Checkliste mit Formulierungshilfen und soll nur ein Vorschlag sein, eine Anregung und Orientierung für typische Interessenlagen. Rechtsfragen sind oft sehr komplex und von Fall zu Fall unterschiedlich. Darum müssen Sie Ihren konkreten Vertrag sorgfältig prüfen und ggf. Fachleute um Rat fragen, ob das Muster auf Ihren Fall in jedem Punkt zutrifft oder geändert werden muss. Darum können wir keine Haftung für Ihren konkreten Vertrag übernehmen. Falls Sie einen maßgeschneiderten Vertrag benötigen, sollten Sie sich durch einen Anwalt oder eine Anwältin beraten lassen. In dem Muster haben wir nur der Einfachheit halber bei den beteiligten Personen die weibliche Form benutzt. Bitte streichen Sie bei männlichen Personen einfach das „in“ oder ändern das, wie Sie es benötigen.
6. Auszug aus einem Gutachten Übung Hier geht es vor allem um den roten Faden, um den „Flow“, das flüssige Lesen. Der Text ist im Grunde in Ordnung, aber den Flow können Sie deutlich verbessern. 116 |
Auszug aus einem Gutachten
Es ist umstritten, ob dieses Recht auf eine Kopie ein Teil des Auskunftsrechts ist und somit bei jeder Auskunftsanfrage direkt erfüllt werden muss oder ob es sich um ein selbständiges Recht handelt, welches neben dem Auskunftsrecht besteht. In diesem Fall müsste sich der Kunde ausdrücklich auf das Recht auf eine Kopie der Unterlagen berufen. Für die erste Ansicht spricht, dass die Kopie der Unterlagen im Grundtatbestand der Auskunftserteilung enthalten sein muss, da nur so eine Überprüfung der rechtmäßigen Verarbeitung möglich ist und zudem Abs. 3 lediglich für „weitere Kopien“, nicht aber für die erste Kopie einen gesonderten Antrag der betroffenen Person verlangt. Außerdem wird in Erwägungsgrund 63 kein Unterschied zwischen dem Auskunftsrecht und der Kopie der personenbezogenen Daten gemacht, sondern die Beschränkung des Abs. 4 vielmehr auch auf das Auskunftsrecht von Abs. 1 bezogen. Folgt man dieser Ansicht wäre Art. 15 Abs. 3 DSGVO lediglich als eine Art Formvorschrift zu verstehen. Dagegen spricht jedoch der konkrete Wortlaut des Art. 15 DSGVO, welcher einmal vom „Recht auf Auskunft“ und einmal vom „Recht auf Erhalt einer Kopie“ spricht und sich Abs. 4 ausdrücklich nur auf die Herausgabe der Kopie bezieht. Diese Differenzierung würde keinen Sinn machen, wenn die Herausgabe der Kopie bereits im Auskunftsrecht enthalten wäre. Zudem ergänzt das Recht auf eine Kopie der Unterlagen den Auskunftsanspruch nur, kann ihn aber nicht gänzlich ersetzten. Denn eine Datenkopie gibt zwar einen ungefilterten Eindruck über die personenbezogenen Daten, jedoch dürften diese Kopien bei komplexeren Verarbeitungen teilweise schwer verständlich für die betroffene Person sein, sodass eine erläuternde Auskunft zusätzlich nötig ist, damit die betroffene Person überhaupt weiß, um welche Daten es sich handelt. Lösung Es ist umstritten, wie das Recht auf eine Kopie einzuordnen ist: als Teil des Auskunftsrechts, das somit bei jeder Anfrage automatisch erfüllt werden muss, oder als selbständiges Recht, auf das sich der Kunde ausdrücklich berufen muss? Für die erste Ansicht spricht: Nur wenn die Kopie im Grundtatbestand der Auskunftserteilung enthalten ist, ist eine Überprüfung der rechtmäßigen Verarbeitung möglich; zudem verlangt Abs. 3 lediglich für „weitere Kopi| 117
Praxis-Übungen
en“, nicht aber für die erste Kopie einen gesonderten Antrag der betroffenen Person. Außerdem wird in Erwägungsgrund 63 kein Unterschied zwischen dem Auskunftsrecht und der Kopie der personenbezogenen Daten gemacht, vielmehr wird die Beschränkung des Abs. 4 auch auf das Auskunftsrecht von Abs. 1 bezogen. Folgt man dieser Ansicht, wäre Art. 15 Abs. 3 DSGVO aber nur als eine Art Formvorschrift zu verstehen. Für die zweite Ansicht spricht: Der Wortlaut des Art. 15 DSGVO nennt einmal das „Recht auf Auskunft“ und einmal das „Recht auf Erhalt einer Kopie“; zudem bezieht sich Abs. 4 ausdrücklich nur auf die Herausgabe der Kopie. Diese Differenzierung wäre sinnlos, wenn das Auskunftsrecht die Herausgabe der Kopie bereits enthielte. Das Recht auf eine Kopie kann den Auskunftsanspruch außerdem nur ergänzen, aber nicht ersetzen; eine Kopie gibt zwar einen klaren Eindruck über die personenbezogenen Daten, jedoch dürften Kopien bei komplexen Verarbeitungen teils schwer verständlich für die betroffene Person sein. Damit sie weiß, um welche Daten es sich handelt, ist zusätzlich eine erläuternde Auskunft nötig.
7. Aufsatz aus einer juristischen Zeitschrift Eine sehr lange Übung. Strukturieren Sie den Beitrag, indem Sie zunächst alles Überflüssige und Doppelte wegstreichen und dann Schachtelsätze und Nominalstil zerschlagen. Danach können Sie sich an die Detailarbeit machen und konkret und aktiv formulieren. Um Ihnen zu zeigen, wie Sie Schritt für Schritt Wortmüll entfernen können, sind die Arbeitsschritte abgedruckt. Ursprungsfassung:
Im polnischen Strafgesetzbuch von 1997 wird die Problematik des grenz überschreitenden Frauenhandels in Art. 204 Abs. 4 geregelt, der lautet: „Mit der in Abs. 3 genannten Strafe (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zehn Jahre – Anm. d. Verf.) wird auch derjenige bestraft, der eine andere Person zum Zwecke des Nachgehens der Prostitution ins Ausland lockt oder entführt.“ Eine einschlägige (veröffentlichte) Rechtsprechung polnischer Gerichte zu der oben zitierten Bestimmung des Art. 204 Abs. 4 StGB liegt hier nicht vor, was angesichts der relativ kurzen Geltungsdauer dieser, in dem bis 1998 118 |
Aufsatz aus einer juristischen Zeitschrift
geltenden polnischen StGB von 1968 nicht vorgesehenen Strafbestimmung auch erklärbar ist. Die folgenden Bemerkungen zum Inhalt dieser strafrechtlichen Regelung stützen sich somit auf die entsprechenden Äußerungen in den polnischen StGB-Kommentaren und haben einen „theoretischen“ Charakter. Inwieweit diese Interpretationen auch von den Gerichten übernommen werden, kann zur Zeit noch nicht vorausgesehen werden. a) Unterschiede zum tschechischen Recht Im Vergleich zum Straftatbestand des „Frauenhandels“ im Sinne des § 246 des geltenden tschechischen StGB, weist die hier zitierte Bestimmung des Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB von 1997 folgende Unterschiede auf: – Anders als § 246 des tschechischen StGB findet diese Bestimmung nicht
nur dann Anwendung, wenn das „Opfer“ eine Frau ist, sondern auch dann, wenn es sich bei diesem um eine männliche Person handelt, – der Täter muss mit der Handlung das Ziel verfolgen, dass die von ihm ins Ausland „gelockte“ bzw. „entführte“ männliche oder weibliche Person zum Nachgehen der „Prostitution“ also zu sexuellen Handlungen mit einer größeren unbestimmten Zahl wechselnder Partner, die grundsätzlich nicht ausgewählt werden, gegen Bezahlung bestimmt wird. Nicht strafbar nach dieser Bestimmung ist (anders als nach § 246 des tschechischen StGB) der Täter, wenn er das Opfer ins Ausland lockt oder entführt, damit es dort „gelegentlich“ sexuelle Kontakte mit anderen Personen aufnimmt, ohne dass es die Absicht des Täters ist, dass das Opfer solchen Kontakten sozusagen „professionell“ mit einer Vielzahl wechselnder Personen gegen Bezahlung (d. h. der Prostitution) nachgeht. Wesentliche Unterschiede zwischen der tschechischen und der polnischen Regelung gibt es auch bezüglich der Formen, in denen die Straftat nach § 246 des tschechischen bzw. nach Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB begangen werden kann. Während in Tschechien zu diesen Formen die Verlockung (mit anderem Inhalt als in Polen), die Vermittlung oder die Beförderung der Frau ins Ausland gehören, sieht Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB lediglich die folgenden zwei Begehungsformen der Straftat vor: – Die „Verlockung“ der betroffenen Person ins Ausland; dem Begriff „Lo-
cken“ (zwabiac) wird dabei in den polnischen StGB-Kommentaren ein anderer Inhalt als in Tschechien beigemessen; demnach ist das „Locken“ mit der Irreführung des Opfers bzw. der Ausnutzung des Irrtums des | 119
Praxis-Übungen
Opfers bezüglich des tatsächlichen Zwecks der Ausreise ins „Ausland“ verbunden. Das Verlocken einer Frau durch (wahrheitsgemäße) Versprechungen zum Nachgehen der Prostitution im Ausland gilt als erfüllt, wenn die Frau diesen Zweck kannte und damit einverstanden ist. – Die „Entführung“ der betroffenen Person ins Ausland; Merkmal der „Entführung“ ist die Handlung gegen den Willen des Opfers. Nach Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB wäre ein Täter, der eine Frau auf deren Bitte ins Ausland „vermittelt“, damit sie dort der Prostitution nachgehen kann, diese dazu allerdings nicht mit unwahren Versprechungen „lockt“, nicht strafbar; in Frage käme hier allerdings unter Umständen die Strafbarkeit wegen der Straftat des „Menschenhandels“ nach Art. 253 StGB (vgl. unten). Ebenfalls unterliegt ein Täter, der die Frau ins Ausland lediglich beförderte, ohne ihren Entschluss (den er kannte), der Prostitution im Ausland nachzugehen, durch irgendwelche Versprechungen beeinflusst zu haben, nicht (anders als in Tschechien) der Strafbarkeit nach Art. 204 Abs. 4 StGB. Dabei sei zu vermerken, dass nach dem bis zum Inkrafttreten des StGB von 1997 geltenden Rechtszustand eine Vermittlung einer Person für die Ausübung der Prostitution (im In- oder im Ausland) auch dann strafbar gewesen ist (auf Grund der Einführungsvorschriften zum StGB von 1968), wenn dies mit Zustimmung der betroffenen Person erfolgte. (…) Erster Schritt Entfernen Sie Überflüssiges und Schwulst und entschachteln Sie nach den oben dargestellten Regeln. Nun bleibt noch übrig:
Im polnischen Strafgesetzbuch von 1997 wird der „grenzüberschreitende Frauenhandel“ in Art. 204 Abs. 4 geregelt: (…) „Mit der in Abs. 3 genannten Strafe (Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahre – Anm. d. Verf.) wird auch derjenige bestraft, der eine andere Person zum Zwecke des Nachgehens der Prostitution ins Ausland lockt oder entführt.“ 120 |
Aufsatz aus einer juristischen Zeitschrift
Veröffentlichte Rechtsprechung polnischer Gerichte dazu gibt es noch nicht. Die folgenden Bemerkungen stützen sich auf die polnischen StGB-Kommentare. a) Unterschiede zum tschechischen Recht Im Vergleich zum Straftatbestand des „Frauenhandels“ im Sinne des § 246 des tschechischen StGB weist Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB folgende Unterschiede auf: – Er findet nicht nur Anwendung, wenn das „Opfer“ eine Frau ist, son-
dern auch, wenn es ein Mann ist,
– der Täter muss das Ziel verfolgen, dass die von ihm ins Ausland „gelock-
te“ bzw. „entführte“ Person zum Nachgehen der „Prostitution“, also zu sexuellen Handlungen mit einer größeren unbestimmten Zahl wechselnder Partner, die grundsätzlich nicht ausgewählt werden, gegen Bezahlung bestimmt wird. Nicht strafbar nach dieser Bestimmung ist der Täter, wenn er das Opfer ins Ausland lockt oder entführt, damit es dort „gelegentlich“ sexuelle Kontakte aufnimmt, ohne dass es die Absicht des Täters ist, dass das Opfer solchen Kontakten „professionell“ mit einer Vielzahl wechselnder Personen gegen Bezahlung nachgeht.
Während in Tschechien zu den Begehungsformen die Verlockung (mit anderem Inhalt als in Polen), die Vermittlung oder die Beförderung der Frau ins Ausland gehören, sieht Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB lediglich die folgenden zwei Begehungsformen der Straftat vor: – Die „Verlockung“ der betroffenen Person ins Ausland; „Locken“ (zwabi-
ac) ist mit der Irreführung des Opfers bzw. der Ausnutzung des Irrtums des Opfers bezüglich des tatsächlichen Zwecks der Ausreise ins „Ausland“ verbunden. Das Verlocken einer Frau durch (wahrheitsgemäße) Versprechungen zum Nachgehen der Prostitution im Ausland ist erfüllt, wenn die Frau diesen Zweck kannte und damit einverstanden ist. – Die „Entführung“ der betroffenen Person ins Ausland; Merkmal der „Entführung“ ist die Handlung gegen den Willen des Opfers. Nach polnischem Recht wäre ein Täter nicht strafbar, wenn er eine Frau auf deren Bitte ins Ausland „vermittelt“, damit sie dort der Prostitution nachgehen kann, diese dazu allerdings nicht „lockt“; in Frage käme hier allerdings unter Umständen die Strafbarkeit wegen „Menschenhandels“ nach Art. 253 StGB. Ebenfalls nicht strafbar ist es, eine Frau ins Aus| 121
Praxis-Übungen
land zu befördern, ohne ihren Entschluss (denn er kannte), der Prostitution nachzugehen, beeinflusst zu haben. Dabei sei zu vermerken, dass nach dem bis zum Inkrafttreten des StGB von 1997 geltenden Rechtszustand eine Vermittlung einer Person für die Ausübung der Prostitution (im In- oder im Ausland) auch dann strafbar gewesen ist (auf Grund der Einführungsvorschriften zum StGB von 1968), wenn dies mit Zustimmung der betroffenen Person erfolgte. (…) Zweiter Schritt Formulieren Sie mit kürzeren Worten, entfernen Sie übrig gebliebenen Wortmüll, gliedern Sie neu, wenn nötig. Dann bleibt noch:
Im polnischen Strafgesetzbuch von 1997 wird der „grenzüberschreitende Frauenhandel“ in Art. 204 Abs. 4 geregelt: (…) „Mit der in Abs. 3 genannten Strafe (von einem bis zehn Jahre – Anm. d. Verf.) wird auch bestraft, wer jemanden ins Ausland lockt oder entführt, damit er der Prostitution nachgeht.“ Rechtsprechung polnischer Gerichte dazu ist nicht veröffentlicht. Meine Bemerkungen stütze ich auf polnische StGB-Kommentare. a) Unterschiede zum tschechischen Recht Zum „Frauenhandel“ nach § 246 des tschechischen StGB weist Art. 204 Abs. 4 des polnischen StGB folgende Unterschiede auf: – Er greift auch, wenn das „Opfer“ ein Mann ist. – Der Täter muss das Ziel verfolgen, dass die Person, die er ins Ausland
„gelockt“ bzw. „entführt“ hat, zur „Prostitution“ bestimmt wird, also zu sexuellen Handlungen gegen Bezahlung mit vielen wechselnden Partnern. Nicht strafbar ist es, das Opfer ins Ausland zu locken oder zu entführen, damit es dort „gelegentlich“, nicht „professionell“, sexuelle Kontakte aufnimmt.
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Aufsatz aus einer juristischen Zeitschrift
In Tschechien gehören zum Tatbestand das Verlocken, das Vermitteln und die Beförderung der Frau ins Ausland; das polnische Recht sieht hingegen nur zwei Begehungsformen vor: 1. Die „Verlockung“ ins Ausland; „Locken“ (zwabiac) ist verbunden mit Irreführung oder mit Ausnutzen des Irrtums des Opfers über den Reisezweck. Das „Verlocken“ nach tschechischem Recht kann hingegen mit wahren Versprechen geschehen, also wenn die Frau mit dem Zweck einverstanden ist. So war es in Polen nach altem Recht. Eine bloße Vermittlung (auf Wunsch der Frau) kann aber heute noch „Menschenhandel“ nach Art. 253 sein. 2. Die „Entführung“ ins Ausland; Merkmal der „Entführung“ ist die Handlung gegen den Willen des Opfers. (…) Sie sehen, wie kurz der Text geworden ist, ohne dass etwas vom Inhalt fehlt.
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D. Briefmuster/Empfehlungen 1. Brief an eine Kollegin/einen Kollegen In Briefen an Kollegen erscheinen Anrede, Einleitungssatz und Schlussformel oft sehr „verstaubt“, kühl und geschäftsmäßig. Doch gerade mit diesen Elementen können Sie den Ton des Briefes steuern. Schreiben Sie nicht:
Sehr geehrter Herr Kollege Steffen, … wenn Sie eine besonders freundliche und warme Atmosphäre mit dem Brief erzeugen wollen. Das ist zwar freundlich, aber doch sehr geschäftsmäßig. Schreiben Sie:
Lieber Herr Kollege Steffen, … Verehrte Frau Kollegin kann ich nicht empfehlen; es klingt antiquiert und gestelzt. Den Zusatz Kollege/Kollegin empfinde ich als zu geschäftsmäßig, antiquiert und vor allem überflüssig. Jeder weiß doch, dass er Kollege oder Kollegin des anderen ist. Man muss es nicht noch schreiben. Zudem steht es ja bereits im Adressfeld des Briefes. Aber es gehört wohl noch zum guten Ton. Viel wichtiger als die Anrede ist der Einleitungssatz. Vermeiden Sie vor allem die floskelhafte Standardformulierung: in vorbezeichneter oder o. g. Angelegenheit. Das ist erstens überflüssig, weil sie ja wohl in keiner anderen Sache schreiben als der im Betreff bezeichneten, und zweitens ausgesprochen kalt, schwülstig und geschäftsmäßig. Also bitte nicht so:
In vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf das heute geführte Telefonat und bedanken uns für die Beauftragung. Sondern so:
Vielen Dank für das freundliche Telefonat und den Auftrag. | 125
Briefmuster/Empfehlungen
Beginnen Sie beispielsweise damit, dass Sie den Brief, auf den Sie antworten, bekommen haben, oder knüpfen Sie an ein Gespräch an, so wie in dem Beispiel oben. Sie sparen Sie so auch die amtlich wirkende Bezugszeile und lassen gleich den gewünschten Ton anklingen. Stufen Sie ab:
Ich bestätige den Eingang Ihres Schreibens vom … (kühl und geschäftsmäßig)
Ihr Schreiben vom … habe ich erhalten. Die xy GmbH hat mich gebeten, Ihnen auf Ihre Mahnung/Ihren Brief vom 3. 4. 2016 zu antworten. (geschäftsmäßig, aber nicht so kühl)
Vielen Dank für Ihren Brief vom … (freundlich)
Vielen Dank für Ihren freundlichen Brief vom … (freundlich und dialogbereit)
Herzlichen Dank für Ihren Brief vom … (besonders freundlich und offen) Wenn Sie natürlich gar nicht auf einen Brief des Empfängers antworten, sondern den Briefverkehr eröffnen, helfen Ihnen die Vorschläge nichts. Dann sollten Sie beginnen mit
Frau …, … X-straße … in …, hat mich gebeten, ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen. Es geht um … Nach der Einleitung schreiben Sie kurz und klar – ohne Nominalstil und Schachtelsätze – Ihr Anliegen. Die Schlussformel sollte in der Regel lauten:
Mit freundlichen Grüßen oder, wenn Sie darauf Wert legen,
Mit freundlichen und kollegialen Grüßen, aber nicht
Mit freundlichen kollegialen Grüßen. 126 |
Brief an eine Kollegin/einen Kollegen
Denn was freundliche kollegiale Grüße (ohne Komma und ohne „und“) sind, konnte mir bis heute noch keiner erklären. Ist freundlich kollegial etwas anderes als freundlich oder eine besondere Form der Freundlichkeit oder eine besondere Form der Kollegialität? Offenbar wird diese Schlussformel seit vielen, vielen Jahren durch Generationen hindurch übernommen, ohne dass je einer darüber nachgedacht hat, was das heißen soll. Auch bei der Schlussformel können Sie den zu Beginn gewählten Ton steuern:
Mit kollegialer Hochachtung (abweisend, an der Grenze zur Beleidigung)
Mit kollegialen Grüßen (geschäftsmäßig und kühl)
Mit freundlichen und kollegialen Grüßen (freundlich, aber noch geschäftsmäßig)
Mit besten Grüßen (freundlich und offen)
Mit herzlichen Grüßen (besonders freundlich und sehr offen) Mit der Mischung der drei Elemente Anrede, Einleitung und Schlussformel können Sie den Ton des Briefes bestimmen und damit die Atmosphäre, die zwischen Ihnen und dem Empfänger herrschen soll. Wie Sie das tun, ist Geschmackssache und natürlich Ihnen überlassen.
Muster für einen Standardbrief – Entgegnung /Antwort Sehr geehrte Frau Kollegin Musterfrau, der Verlag „Blindtext“ hat mich gebeten, Ihnen auf Ihr Schreiben vom 23. November 2020 zu antworten. Ich vertrete den Verlag „Blindtext“ ständig. Die Vollmacht versichere ich anwaltlich und reiche sie in den nächsten Tagen schriftlich nach.
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Briefmuster/Empfehlungen
Mein Mandant wird den umstrittenen Satz alsbald von seiner Website entfernen und in der Druckversion unkenntlich machen – allerdings nur, um hier überflüssigen Streit zu vermeiden, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für künftige Fälle. Mein Mandant wird daher nicht die Anwaltskosten Ihrer Mandantin ersetzen. Somit kann ich für meinen Mandanten folgende Unterlassungserklärung abgeben: … Muster für einen freundlichen Brief: An Frau Rechtsanwältin Petra Schmitt … Schulz ./. Sander Ihr Zeichen: … Sehr geehrte Frau (Kollegin) Schmitt, herzlichen Dank für Ihren Brief vom … Januar 2019. Dass Ihr Mandant unseren Vergleichsvorschlag angenommen hat, freut uns sehr. Mein Mandant wird die Vergleichssumme von 2500 Euro noch heute auf Ihr Konto überweisen. Mit besten Grüßen … Muster für einen geschäftsmäßigen, kühlen, leicht ironischen Brief: Sehr geehrter Herr Kollege Mustermann, Ihr Fax-Schreiben von heute habe ich erhalten und den Inhalt zur Kenntnis genommen: Sie rechnen die Geschäftsgebühr nicht zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr an. Wegen unserer unterschiedlichen Auffassungen dazu bitten Sie mich, den Kostenfestsetzungsbescheid abzuwarten. Gern warte ich den Kostenfestsetzungsbescheid des Landgerichts ab und bin sehr gespannt, was darin zur Geschäftsgebühr steht. Offenbar lernt man nie aus. Bislang war mir weder bekannt, dass im Kostenfestsetzungsverfahren die Geschäftsgebühr festgesetzt wird, noch, dass es zur Anrechnung auf die Verfahrensgebühr ein neues Gesetz gibt. Ich lasse mich überraschen. 128 |
Briefe an die gegnerische Partei
Bitte teilen Sie aber noch mit, wann Sie den KFA gestellt haben. Mit kollegialen Grüßen …
2. Briefe an die gegnerische Partei An … Müller ./. Meyer AG Sehr geehrter Herr Meyer, Herr Peter Müller, Kirchstraße 5 in … Köln, hat mich gebeten, seine rechtlichen Interessen wahrzunehmen. Sie haben Herrn Müller am 10. Januar 2001 eine Mahnung über 1998 Euro für einen Scanner geschickt und darin gedroht, das Geld einzuklagen. Mein Mandant hatte Ihnen aber bereits in seinem Brief vom 3. Dezember 2000 mitgeteilt, dass er Ihr Paket mit dem Scanner nicht bekommen hat. Mein Mandant wird daher trotz Ihrer Mahnung nicht bezahlen. Mit freundlichen Grüßen … Böser Brief an gegnerische Partei Meier . /. Betrugsbande Ihre Rechnung Nr. 123456 für irgendwelche angeblichen Leistungen Kunden-Nr. 789 10 Widerruf und Feststellungsklage Sehr geehrter Herr Langfinger, sehr geehrte Damen und Herren, Frau Sabine Muster, Musterstraße 73 in 12345 Berlin, hat mich gebeten, ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen. Die Vollmacht liegt bei. Sie haben meiner Mandanten mit Datum vom 15. April 2015 eine Rechnung (Nr. 123456) über 474,67 Euro für irgendwelche angeblichen Leistungen geschickt. Meine Mandantin hatte Ihnen im April 2015 irrtümlich einen ausgefüllten Fragebogen geschickt. Diesen Fragebogen hielt sie – das | 129
Briefmuster/Empfehlungen
war ja wohl auch so Ihre Absicht – für einen amtlichen Fragebogen zu statistischen Zwecken und hat ihn nur darum ausgefüllt. Selbstverständlich wird meine Mandantin die Rechnung nicht begleichen. Sie wissen, dass meine Mandantin den Bogen nur ausgefüllt hat, weil sie von Ihnen ganz bewusst getäuscht wurde. Ihr Angebot war betrügerisch. Meine Mandantin macht vorsichtshalber auch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch. Falls Sie mir nicht bis zum 5. Mai 2015 bestätigen, dass die Rechnung storniert und hinfällig ist, werde ich eine negative Feststellungsklage erheben. Solche Feststellungsklagen habe ich schon oft mit Erfolg gegen Unternehmen eingelegt, die ähnlich arbeiten wie Sie. Wie eine solche Klage ausgeht, wissen Sie ja bestens. Zudem werde ich Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bonn wegen Betruges stellen, wenn Sie nicht die Stornierung bestätigen. Rechtsanwalt
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E. Grundlagen der Pressearbeit 1. Presse und Juristen Gerade für Anwältinnen und Anwälte sind Pressemitteilungen ein Marketinginstrument, mit dem sie sich in die Öffentlichkeit und damit ins Gespräch bringen können. Aber Juristen kommunizieren oft anders als „normale“ Menschen. Juristen haben andere Ziele, Schwerpunkte, Interessen und vor allem ein anderes Verständnis. Ihr Blickwinkel auf viele Sachverhalte ist anders geprägt. Das zeigt sich ganz besonders in der PR und Pressearbeit von Juristen. Journalisten haben in vielen Fällen einen völlig entgegengesetzten Blickwinkel. Journalisten interessieren sich oft für Themen oder Aspekte eines Themas, die Juristen für bedeutungslos halten oder für völlig banal. Vor allem ein möglicher Unterhaltungswert, eine Skandalträchtigkeit und die Kuriosität eines Gesetzes oder Urteils sind für den Journalisten von großer Bedeutung, für den Juristen aber eher belanglos. Auch Aspekte, die aus juristischer Sicht keine Rolle spielen, können für die Presse wichtig sein, zum Beispiel Alter, Herkunft, Familiengeschichte oder Aussehen eines Beteiligten, oft sind das rein menschliche Aspekte. Journalisten fragen danach, wo es in einer Geschichte „menschelt“. Vor allem in Social Media ist das wichtig. Gerade bei Rechtsthemen fragen Journalisten auch nach dem Nutzwert eines Urteils oder eines neuen Gesetzes für den Leser, Zuhörer oder Zuschauer. Was bedeutet das konkret? Welche Folgen und Auswirkungen hat das? Griffige Beispiele und klare Darstellungen sind gefordert. Nur wenn Sie Journalisten knapp und verständlich informieren, werden sie sich für Ihre Pressemitteilung interessieren. Journalisten und Juristen sollen zwar nicht fünf immer gerade sein lassen, aber dem Leser oder Zuschauer Sachverhalte einfach, verständlich und anschaulich darstellen. Dabei kann es legitim sein, auf haarkleine Abgrenzungen und mikroskopisch genaue Betrachtungen verzichten. Aus einer gewissen Distanz, aus größerer Höhe, gewinnt man einen besseren Überblick über eine Sache, verliert aber die Trennschärfe für De| 131
Grundlagen der Pressearbeit
tails. Aber genau diese Trennschärfe lieben Juristen und Juristinnen. Auch das ist ein anderer Blickwinkel. Dieser Perspektivwechsel, der veränderte Blick – sich einzustellen auf den Journalisten – ist Voraussetzung für erfolgreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Wer nicht erkennt, was die Presse und die Öffentlichkeit interessiert, arbeitet an seinen Kunden vorbei. Pressearbeit ist Kundendienst am Journalisten. Sie müssen sich auf die Bedürfnisse und Inte ressen der Journalisten und der Öffentlichkeit einstellen. Die Presse mitteilung oder Ihr Beitrag in einer Zeitung muss nicht Ihnen und den Kanzleiinhabern gefallen, sondern Ihrer Zielgruppe. In der Pressearbeit gilt der alte Satz: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Negativbeispiel: Ob der folgende Bandwurm aus einer Pressemitteilung des BGH vom 28. Januar 2015 zum Glücksspielrecht dem Fisch schmeckt, ist fraglich:
… Der EuGH hat die Vorlagefragen dahin beantwortet, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen sei, dass er einer der Mehrheit der Gliedstaaten eines föderal strukturierten Mitgliedstaats gemeinsamen Regelung, die die Veranstaltung und die Vermittlung von Glücksspielen im Internet grundsätzlich verbietet, während ein einzelner Gliedstaat für einen begrenzten Zeitraum neben den restriktiven Rechtsvorschriften der übrigen Gliedstaaten bestehende weniger strenge Rechtsvorschriften beibehalten hat, dann nicht entgegensteht, wenn diese gemeinsame Regelung den in der Rechtsprechung des EuGH aufgestellten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügt. Ob dies der Fall sei, sei durch das das vorlegende Gericht zu prüfen. …
2. Voraussetzungen für gute Pressearbeit Informativ, kurz und schnell wollen Journalisten von Presse- und Öffentlichkeitsarbeitern bedient werden; keine Belanglosigkeiten, kein Geschwafel, keine Zeiträuberei. Das gilt für alle Formen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, auch für die Pressemitteilung, das Hintergrundgespräch und das Interview.
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Voraussetzungen für gute Pressearbeit
Journalisten bekommen täglich viele Pressemitteilungen und viele Einladungen; je nach Medium und Verbreitung mehr oder weniger viel. Journalisten sind im Zweifel stets in Zeitnot und überarbeitet. Daher müssen sie sich schnell einen Eindruck verschaffen können, ob die Pressemitteilung es wert ist, veröffentlicht zu werden, oder ob es sich lohnt, einer Einladung zu folgen.
Medienkenntnis Medienkenntnis ist Grundvoraussetzung. Schlecht ist, wenn Sie die Presse ansprechen, aber die Presse nicht kennen. Wichtig ist dabei vor allem, die Interessen der Journalisten zu kennen, also die Fragen zu beantworten, die Journalisten zu einem Thema, zu einem Fall haben. Das sind in erster Linie die so genannten W-Fragen: Wer hat was wann wie wo wa rum und wozu getan? Und diese Fragen wollen Journalisten so konkret wie möglich beantwortet haben. Hier spielt also die Regel „konkret“ aus den zehn Regeln eine wichtige Rolle. Sie müssen aber auch wissen, wie Ihre „Kunden“ funktionieren: zum Beispiel Arbeitsweise, Erscheinungsweise, Verbreitung, Zielgruppe, Redaktionsschluss. Sonst machen Sie sich nicht nur lächerlich; Sie arbeiten nicht effektiv. Einer Tageszeitung sollten Sie nicht erst um 16 Uhr eine Pressemitteilung oder einen Beitrag anbieten, wenn sie/er Informationen enthält, die Sie ebenso gut bereits um 9 Uhr hätten schicken können. Die beste Zeit für Pressemitteilungen an Tageszeitungen ist 9 Uhr, weil Ihre Informationen dann eine Chance haben, in den Redaktionskonferenzen besprochen zu werden. Außerdem kann die Meldung zusätzlich über eine Presseagentur in die Redaktion gelangen (selbstverständlich nur, wenn Sie sie dort hingeschickt haben). Und das wiederum erhöht die Chance, publiziert zu werden. Ohne Not kurz vor oder nach Redaktionsschluss (zwischen 17 und 18 Uhr) etwas zu schicken, was noch für den nächsten Tag „mitgenommen“ werden soll, zeigt fehlende Medienkenntnis.
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Grundlagen der Pressearbeit
Fürs Web und für Social Media können Sie im Grunde immer schreiben und Ihre Themen anbieten. Da gibt es prinzipiell keinen Redaktionsschluss; vor allem, wenn Sie die eigenen Kanäle bedienen. Twittern und bei Facebook posten können Sie immer. Ob diese Kanäle Ihnen allerdings viel Aufmerksamkeit und lohnenden Zuspruch bei Ihren Kunden und potenziellen Kunden bringen, das sollten Sie zuvor genau prüfen. Auch das gehört zu Medienkenntnis. Und bedenken Sie: Social Media kann Ihnen rasch aus den Händen gleiten, Sie können die Kontrolle verlieren. Außerdem müssen Sie die Posts auf Ihrer Seite im Auge behalten, um Fake News und Beleidigungen zu unterbinden. Wenn Sie Zeitschriften/Magazine „bedienen“, sei es gedruckt oder online, müssen Sie wissen, dass dort besonders gern Bilder zu einer Geschichte publiziert werden. Also schicken Sie Bilder mit. Die Erscheinungsweise und der Redaktionsschluss sind sehr wichtig für Ihre Pressearbeit. Bei Print gilt zudem: Einer Wochenzeitschrift können Sie nicht zwei Tage vor Erscheinen noch Informationen für die nächste Ausgabe schicken; dann ist sie in aller Regel bereits gedruckt. Schicken Sie Ihre Informationen zehn Tage vor Erscheinen. Monatszeitschriften sollten Sie Ihre Informationen vier, besser fünf Wochen vor Erscheinen schicken, damit sie eine Chance haben, in der nächsten Ausgabe veröffentlicht zu werden. Falls Sie auf die Idee kommen, ein Film-Team einzuladen, um etwas über Sie oder einen Ihrer Fälle zu berichten, muss es etwas geben, was das Film-Team filmen kann. Fernsehen ohne Bilder funktioniert nicht. Also müssen Sie zum Beispiel einen Interviewpartner und Akten im Bild anbieten können. Kommt eine Hörfunkreporterin zu Ihnen, muss es etwas zu hören geben: Gesprächspartner, Geräusche, Aussagen (so genannte O-Töne) von Mandanten, Mitarbeiterinnen, Firmenleitung. Irgendwohin muss er sein Mi krofon richten können. Das müssen Sie vorbereiten.
Sachkenntnis Sachkenntnis erwarten Journalisten ganz selbstverständlich auch: Es ist blamabel, wenn Sie auf Nachfragen zu einem Ihrer Rechtsgebiete oder einem Ihrer Fälle keine Antwort kennen. Sie können durchaus um Zeit 134 |
Voraussetzungen für gute Pressearbeit
bitten, um sich erst einmal kundig zu machen oder den Spezialisten in Ihrer Kanzlei nennen. Aber eine Antwort schuldig zu bleiben, hinterlässt einen sehr schlechten Eindruck bei Journalisten und Journalistinnen.
Pfiff und Humor Auch Pfiff und Humor sind von Nutzen. Staubtrockene Typen werden in Journalistenkreisen eher übersehen. Das ist für Juristen oft ein Problem, weil sie per Definition als Menschen gelten, die zum Lachen in den Keller gehen. Dieses Vorurteil müssen Sie zunächst beseitigen. Die Kanzlei und die Themen angemessen locker und witzig (aber trotzdem seriös) zu präsentieren, kommt gut an. Verwechseln Sie aber bitte nicht Witz und Humor mit Albernheit. Und: Zuverlässigkeit geht vor Witz.
Zuverlässigkeit Zuverlässigkeit wird hoch geschätzt; von Journalisten ganz besonders. Sie haben mit Terminen und dem Redaktionsschluss zu kämpfen. Wer ihnen Arbeit abnimmt oder zumindest nicht noch zusätzliche bereitet, genießt ihre Sympathie. Wenn Sie zum Beispiel zusagen, dass ein Journalist bis 16 Uhr die gewünschte Information hat, muss er sie dann auch haben, denn er hat ein Problem, wenn er sich darauf verlassen hat.
Stets die Wahrheit sagen Wenn Sie mit der Presse Kontakt haben wegen einer Ihrer Fälle oder einer Ihrer Mandanten: Wahrhaftig und offen zu sein, ist die Basis für Vertrauen. Sie müssen ja nicht immer gleich alles verraten und können einige Informationen etwas zurückhalten, wenn sie nicht schon aus anderen Quellen bekannt sind. Aber Lügen ist ein Tabu. Wenn ein Journalist Sie bei einer Lüge ertappt, ist nicht nur Ihr Ruf, sondern oft auch der Ihrer Kanzlei und Ihrer Mandanten dahin. Wie sollen Ihnen die Journalisten und Journalistinnen beim nächsten Mal glauben, dass Ihre Informationen richtig sind?
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Grundlagen der Pressearbeit
Keine Journalistin und kein Journalist nimmt Ihnen übel, wenn Sie sagen: Das weiß ich jetzt nicht, ich muss mich erst einmal schlau machen; Sie bekommen die Informationen in einer Stunde. Aber jeder reagiert sauer, wenn Sie vorgeben, nichts zu wissen oder etwas leugnen und sich später herausstellt, dass Sie damit gelogen haben. Und es nimmt Ihnen auch keiner übel, wenn Sie als Anwalt oder Anwältin gewisse Daten eines Falles zum Schutz des Mandanten nicht nennen können oder dürfen. Das sollten Sie dann aber auch so offen sagen. Überhaupt: Seien Sie so offen wie möglich. Irgendwann bekommen Journalisten heraus, was sie wissen wollen. Es ist besser, es ihnen zuvor selbst mitzuteilen. Dann können Sie gerade bei negativen Dingen noch die Richtung und den Tonfall vorgeben. Sie können erklären und entkräften, wenn Sie selbst an die Öffentlichkeit gehen. Agieren ist immer besser als reagieren. Offenheit darf aber nicht mit Kumpanei verwechselt werden. Freundschaftlich dürfen Sie sein zu „Ihren“ Journalistinnen und Journalisten, aber es muss stets klar sein, dass Sie auf der anderen Seite des Tisches sitzen.
Aktive Pressearbeit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit muss aktiv sein. Sich in den Sessel zu setzen und auf Anrufe von Journalisten zu warten, ist die falsche Haltung. Ständig müssen Sie sich fragen: Was könnte die Presse und die Öffentlichkeit interessieren von dem, was meine Kanzlei macht oder was sich in meinem Rechtsgebiet tut, und wie kann ich es so interessant darstellen, dass es gedruckt oder gesendet wird? Haben Sie die Antworten gefunden, müssen Sie sie in Pressemitteilungen gießen. Sie stehen in ständigem Wettbewerb zu allen anderen Pressestellen – nicht nur der Ihrer Konkurrenten. Zeitungen, Zeitschriften und Sender haben nur begrenzten Platz, und davon müssen Sie sich etwas sichern. Passivität ist da der falsche Weg.
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Was Journalisten und Journalistinnen interessiert
3. Die Pressemitteilung in Stichpunkten – – – –
Inhalt: interessant und ansprechend Sprache: kurz, klar, einfach Stil: Nachricht – Wichtigstes nach vorn Überschrift: einladend und appetitlich, darüber die Zeile „Pressemitteilung“ – Umfang und Form: maximal zwei Blatt à 30 Zeilen zu 35 Zeichen je Zeile, also nicht mehr als rund 2000 Zeichen; weitere Informationen, wenn nötig, anhängen. Eine zu lange Pressemitteilung kann im Papierkorb landen, nur weil sie zu lang ist. Journalisten lieben die Kürze. – Schreiben Sie die Pressemitteilung in die E-Mail selbst und hängen Sie sie zusätzlich als PDF an. Dann können die Redaktionen sie auf jeden Fall lesen. – Denken Sie immer an Ihre Zielgruppen: Journalisten, Öffentlichkeit, Laien. Kurzum: Die Pressemitteilung muss einen „Küchenzuruf“ haben. Um im Gespräch zu bleiben, sollten Sie etwa alle zwei bis drei Wochen eine Pressemitteilung verschicken; nicht viel seltener, aber auch nicht viel öfter. Keine inflationäre Pressearbeit: Sagen Sie nur etwas, wenn Sie etwas zu sagen haben. Fragen Sie in den Redaktionen, wer für Rechtsthemen zuständig ist. Wenn Sie einen neuen „Kunden“ bedienen, fragen Sie, ob Sie ihm Ihre Pressemitteilungen per E-Mail oder noch per Fax schicken sollen. Stellen Sie sich auf den Kunden ein.
4. Was Journalisten und Journalistinnen interessiert … weil es Leserinn/Zuhörer/Zuschauerinnen interessiert. Die Interessen von Journalisten und Juristen sind, wie gesagt, oft sehr unterschiedlich. Journalistinnen und Journalisten interessiert das Besondere, das Außergewöhnliche – jedenfalls nicht das Langweilige. Für Juristen ist aber leider oft (für andere) Langweiliges das Interessante.
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Grundlagen der Pressearbeit
Interessant
Beispiele
– Neues, Aktuelles
Neues Gesetz, neues Urteil
– Superlative, Rekorde, Zahlen
Statistiken und Studien jeglicher Art
– Kurioses, Witziges
Bankräuber bedroht Kassiererin mit bunter Wasserpistole, Bienenhaltung im Nachbargarten, mobiles Haus als festes Grundstücksbestandteil? Wie schnell ist Schrittgeschwindigkeit? Abgrenzung von neuen und gebrauchten Pferden
– Klatsch und Tratsch
Wer mit wem in irgendeiner Weise verbandelt ist
– Skandale
Bankchef besticht Politiker, Richterin nimmt Bestechungsgeld. Strafrichter ist Ehemann des Verteidigers und spricht Angeklagte frei.
– Geheimnisvolles
Schatzsuche in versunkenen Schiffen, Berichte aus geheimen Akten, die dunkle Vergangenheit eines Staats anwaltes
– Herz-Schmerz-Geschichten
Wal wird gerettet, Eltern finden verlorenes Kind wieder, Liebevoller Mutter wird nach langem Streit mit bösem Vater Sorgerecht wieder zugesprochen (oder umgekehrt)
– Ungerechtigkeiten
Arme Rentnerin muss Millionär Schmerzensgeld wegen Beleidigung zahlen: „Geldsack“
– David-Goliath-Geschichten
Arme Rentnerin gewinnt Prozess gegen Millionär
– Schadenfreude
Verkehrsrichter wird beim Rasen erwischt. Gericht wird durch Computervirus lahmgelegt
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Was Journalisten und Journalistinnen interessiert
– Persönliche oder lokale Nähe Jede Form von Nachbarstreit, Familienkrach, Erbstreitigkeiten, Ärger mit dem Chef oder der Chefin. Kündigung. Mietstreitigkeiten. Verbotene Downloads, Private Fotos im Internet – Nützliches/Tipps/Service:
Jede Form von Rechtstipps für den Alltag. Ganz allgemein: Geld, Gesundheit, Erfolg, Schönheit, Image, jung bleiben, Handwerk, Haus und Garten, Zeit sparen, Bequemlichkeit, Schutz, Cleverness, modern sein, Mode.
Für Anwältinnen und Anwälte ist meist das Interesse an Servicethemen und Tipps der Schwerpunkt ihrer Pressearbeit: Steuern sparen, Unterhaltsfragen und Erbschaftssachen, Nachbarstreitigkeiten, Mietrecht, Wohnungseigentumsrecht, Baurecht, Verkehrsunfallrecht – und seit einigen Jahren ganz wichtig: IT-Recht. Was darf man aus dem Web runterladen, welche Bilder darf der Schüler posten, wann haften die Eltern? Sie sehen dabei, dass die persönliche Nähe zur Sache eine wichtige Rolle spielt. Seerecht oder Internationales Handelsrecht sind dem Leser und damit den Medien weniger nah. Nachbarrechtsfälle zum Beispiel enthalten meist kuriose Aspekte, Schadenfreude und David-Goliath-Geschichten, wenn etwa der reiche Nachbar mit protzigem Swimmingpool gegen die arme, alte Nachbarin wegen ihrer Katze streitet und verliert. Das Juristische daran interessiert eher weniger. Sie müssen sich aus Ihrem Repertoire an Fällen und Rechtsgebieten also Themen auswählen, die sich für die Medien eignen. Dabei müssen Sie die Perspektive wechseln. Suchen Sie nach dem Anteil an Kuriosem, Außergewöhnlichem und Witzigem in Ihren Fällen. Die folgende alte Pressemitteilung der Rechtsanwaltskammer Berlin ist wegen ihres Anteils an Kuriosem, Witzigem, der Spur Schadenfreude und der Prise Klatsch und Tratsch bundesweit gedruckt worden und sogar die Tagesthemen haben damals darüber berichtet.
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Grundlagen der Pressearbeit
Pressemitteilung Anwälte klauen Roben wie die Raben
In Berliner Gerichten werden immer öfter Roben stibitzt. Es handelt sich dabei um Roben, die Anwälte bei Bedarf im Gericht auf Vertrauensbasis ausleihen können, wenn sie keine eigene mithaben. Offenbar „vergessen“ manche Anwälte, die Roben wieder zurückzugeben. Allein im vergangenen Jahr kamen 25 Roben abhanden. Der Preis einer Robe liegt bei 380 Mark. Der Berliner Anwaltskammer, die die Leihroben angeschafft hat, ist so ein Schaden von rund 10 000 Mark entstanden. 12. Februar 1996 (Name) Noch Fragen: Telefon … Aber auch weniger kuriose Themen haben eine Chance auf Veröffentlichung, wenn sie gut dargeboten und vor allem klar formuliert und gegliedert sind. Ein Beispiel der Schultze & Braun GmbH Anwaltsgesellschaft:
5. Beispiele Beispiel 1 für eine gelungene Pressemitteilung Schultze & Braun gewinnt Verfahren vor dem französischen Bundesgerichtshof zur Frage der Zulassung von deutschen Anwälten in Frankreich
Ein jahrelanger Rechtsstreit um die Zulassung einer deutschen Rechts anwaltsgesellschaft in Frankreich ist nun von der Cour de Cassation in Paris (vergleichbar mit dem deutschen Bundesgerichtshof) zu Gunsten der Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft entschieden worden. Ausgangspunkt für den Rechtsstreit war die Weigerung der Straßburger Rechtsanwaltskammer, die französische Niederlassung der Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft zur Kammer zuzulassen. Schultze & Braun hatte argumentiert, dass die Straßburger Rechtsanwaltskammer damit gegen Europäisches Recht verstößt. Das wurde jetzt auch durch die Cour de Cassation in Paris bestätigt.
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Beispiele
Das Gericht führt in seiner Entscheidung aus, dass eine wirksam nach dem Recht eines Mitgliedsstaates gegründete Gesellschaft mit dem Sitz innerhalb der Europäischen Union im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit behandelt werden müsse wie eine natürliche Person. Sie müsse also im Rahmen der Ausübung ihrer Niederlassungsfreiheit in dem Staat der Niederlassung behandelt werden wie deren eigene Staatsangehörige. So müsse eine ausländische Rechtsanwaltsgesellschaft auf der eigens für Rechtsanwaltsgesellschaften vorgesehenen Liste einer französischen Rechtsanwaltskammer eingetragen werden, wie dies auch für französische Anwaltsge sellschaften praktiziert wird, sofern diese ausländische Gesellschaft die gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen hinsichtlich der Geschäftsführung, Kontrolle und Zusammensetzung des Stammkapitals erfüllt. Die Cour de Cassation in Paris hat damit zugleich auch die Frage be antwortet, ob eine deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zugelassen werden kann. Die Gegenseite, die Straßburger Rechtsanwaltskammer, hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass das nicht möglich sei. Mit dieser Argumentation war sie bereits in der ersten Instanz vor der Cour d’Appel in Colmar (vergleichbar mit einem deutschen Oberlandesgericht) gescheitert, hatte aber dennoch im November 2006 Revision bei der Cour de Cassation in Paris eingelegt. Die Leiterin der Straßburger Niederlassung, Rechtsanwältin und Avocate Ellen Delzant, freut sich über das Ergebnis: „Dieses Urteil ist von grundsätzlicher Bedeutung für das europäische Anwaltberufsrecht und bestätigt, dass die Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union nicht nur für Rechtsanwälte als natürliche Personen, sondern auch für Anwaltsgesellschaften gilt. Es wird europäischen Anwaltsgesellschaften den Schritt über die französischen Grenzen erheblich erleichtern.“ Kontakt: Rechtsanwältin und Pressesprecherin Ronja Sebode, Schultze & Braun, Niederlassung Achern, [email protected], Tel.: 07841/708-0 Die Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft berät Mandanten in allen Rechtsfragen, insbesondere insolvente Unternehmen in Fragen der Sanierung und Restrukturierung, und zeigt gesunden Unternehmen vorbeugende, insolvenzvermeidende Maßnahmen auf. Neben Achern beste| 141
Grundlagen der Pressearbeit
hen weitere Niederlassungen in Berlin, Bremen, München, Nürnberg und Straßburg. Ganz wichtig ist hier die so genannte nachrichtliche Gliederung: Das Wichtigste muss in den ersten Absatz, dann wird es von Absatz zu Absatz immer weniger wichtig. So können Journalisten den Text von hinten nach vorn kürzen, ohne dass etwas Wichtiges fehlt. Selbst wenn nur der erste Absatz gedruckt wird, ist das Wichtigste veröffentlicht.
Beispiel 2 für eine gelungene Pressemitteilung Pressemitteilung Alt – und wieder sexy Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bleibt eine attraktive, weil sichere Altersvorsorge. In Zeiten niedriger Zinsen ist eine Sondereinzahlung für viele eine sinnvolle Verbesserung der Altervorsorge. Ab 1. Juli 2016 wird die Altersgrenze für Sondereinzahlungen vom 55. auf das 50. Lebensjahr gesenkt. „Private Zusatzversicherung“ war in den vergangenen 15 Jahren die Zauberformel für einen sicheren Lebensabend. Es wurde heftig geriestert – aber von zu wenigen. Doch was tun, wenn die privaten Verträge wegen sinkenden Zinsniveaus kaum noch Dividenden bringen? Wenn das sorgenfreie Leben im Alter doch nicht mehr so sicher ist? Das neue Zauberwort heißt „Ausgleichszahlungen in die DRV“. Wer sein Erspartes, eine Abfindung, eine kleine Erbschaft oder das 13. Monatsgehalt in der DRV „anlegt“, erhöht seine Rente und kann dabei Steuern sparen – profitiert also doppelt. Das wird in der aktuellen Rentendiskussion bisher völlig vergessen. Zwischen 3,5 und 3,9 Prozent Dividende verspricht die DRV und unabhängige Experten bestätigen das. Manche sprechen von „nur“ 2 bis 3 Prozent. Das ist in Zeiten von Nullzins recht hoch. Hinzu kommt der Steuervorteil: Der Betrag, der als Ausgleichszahlung in die DRV eingezahlt wird, muss meist nicht versteuert werden. Der Fiskus greift zwar je nach Höhe auf die Rente zu, da aber Rentner weniger Steuern zahlen, sparen sie mit einer Ausgleichszahlung zusätzlich. Für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es in aller Regel die letzte Möglichkeit, die Rente aufzubessern, und das ohne Gesundheitsprüfung. 142 |
Übungen
Rechtsanwalt Dietrich Growe, Fachanwalt für Arbeitsrecht, hat mit einem Berater der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg dazu Tipps, Checklisten und Beispielsrechnungen zusammengestellt. Besonders vorteilhaft kann eine Ausgleichszahlung sein, wenn sie über den Arbeitgeber gezahlt wird. Dann sind die Steuerersparnisse besonders hoch. Bei einer Scheidung kann eine Ausgleichszahlung deren Schäden für die Rente auffangen. Auch wer früher in Rente gehen möchte, kann mit der Sonderzahlung den Abschlag ausgleichen, den die Frühverrentung mit sich bringt. Ein Beispiel: Eine 55-jährige alleinstehende Mitarbeiterin mit einem Jahreseinkommen von 32. 500 Euro plant, zwei Jahre früher in Rente zu gehen. Bis dahin hatte sie einen gesetzlichen Rentenanspruch von monatlich 1. 000 Euro. Die geplante vorzeitige Rente mindert die Rente um 72 Euro monatlich. Zahlt sie rund 18. 100 Euro ein, gleicht sie damit die 72 Euro Minderung aus. Durch die Einzahlung in die DRV wird sie zudem etwa 5. 000 Euro Steuern sparen. Unterm Strich zahlt sie also nur rund 13. 000 Euro mit eigenem Geld ein. Und: Wenn sie später doch bis zur Regelaltersgrenze arbeiten will, wird ihre Rente um 72 Euro höher ausfallen. 25. April 2016, Kanzlei Growe, ArbeitsrechtMannheim.com Der Aufsatz, der im Juni in der Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ (AiB) erscheinen wird, hängt zur Information an. Bitte beachten Sie das Urheberrecht und zitieren nur mit dem Hinweis auf AiB. Gern steht Ihnen Dr. Dietrich Growe für Fragen zur Verfügung. Wir freuen und über Ihren Anruf unter (0621) 862 4610 oder eine E-Mail: mail@ kanzlei-growe.de. Hier war es vor allem wichtig, das eher dröge und komplizierte Thema Rente appetitlich, anschaulich und verständlich darzustellen.
6. Übungen Übung Pressemitteilung 1: Die überaus schleppende Regulierung eines Schadenfalles kann eine Versicherung teuer zu stehen kommen. Das Landgericht Saarbrücken verhängte gegen ein säumiges Assekuranzunternehmen in einem Prozess um Schmerzensgeld einen erheblichen Aufschlag. | 143
Grundlagen der Pressearbeit
In dem Verfahren ging es um ein Kind, das bei einem Verkehrsunfall sehr schwerwiegende Schädel- und Hirnverletzungen erlitten hatte. Das Mädchen wird sein Leben lang entstellt bleiben, leidet weiter psychisch und physisch unter den Unfallfolgen und ist nur noch in der Lage, eine Sonderschule zu besuchen. Unter Verweis auf angebliche Vorschäden und wegen behaupteter Zweifel, dass die gesamten Ausfallerscheinungen Folgen des Unfalls sind, hatte die beklagte Versicherung auch über zwei Jahre nach dem fatalen Unfall erst 13 000 Euro überwiesen. Selbst nach einem Urteil, das die Haftung der Versicherung dem Grunde nach feststellte und das Kind von einem Mitverschulden freisprach, dauerte es vier Monate, bis weitere 50 000 Euro flossen. Das Gericht, das unter Berufung auf mehrere ärztliche Gutachten sämtliche Behinderungen des Mädchens als unfallbedingt ansah, setzte auch unter Berücksichtigung der verspäteten Regulierung das Schmerzensgeld drastisch herauf. Fünf Jahre und zwei Monate nach dem Unfall bekam das Kind 300 000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Aufgaben: Bitte bearbeiten Sie folgende Punkte, die für die Medien sehr wichtig sind. 1. Welche wichtigen Fragen bleiben für Journalisten offen? Welche Fragen wird der Journalist stellen? Hier fehlt Konkretes. 2. Schreiben Sie den Text um in eine verständlichere Formulierung und beantworten Sie fiktiv die offenen Fragen.
Lösung Pressemitteilung 1: Zu 1: 1. Wie hoch ist der Aufschlag für die verspätete Regulierung oder wie hoch war das ursprüngliche Schmerzensgeld? 2. Was war das für ein Unfall? Konkretes? Zum Beispiel mit dem Fahrrad oder beim Überqueren der Fahrbahn? Unfallgegner: Auto, Lkw oder Bus?
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Übungen
3. Verletzungen? Etwas konkreter bitte, ohne Blutrünstigkeit zu bedienen. 4. Wie alt war das Mädchen? 5. Welche „Vorschäden“ und welches Mitverschulden hat die Versicherung behauptet? 6. Welches Versicherungsunternehmen war das? Zu 2: Die konkreten Details sind hier für die Lösung erfunden.
Die überaus schleppende Regulierung eines Unfallschadens kann eine Versi cherung teuer zu stehen kommen. Das Landgericht Saarbrücken verhängte gegen die XY-KFZ-Versicherung 100 Prozent Aufschlag auf das Schmerzensgeld. Fünf Jahre und zwei Monate nach einem Verkehrsunfall bekam das schwer verletzte Opfer 300 000 Euro zugesprochen. Ohne diese Verspätung hätte die Versicherung nach den einschlägigen Schmerzensgeldtabellen etwa 150 000 Euro zahlen müssen. In dem Verfahren ging es um einen Verkehrsunfall zwischen einem siebenjährigen Mädchen und einem Lkw. Der Lkw hatte das Kind auf einem Zebrastreifen erfasst; der Fahrer hatte es übersehen. Das Mädchen erlitt schwere Schädel- und Hirnverletzungen, wird sein Leben lang durch Narben entstellt bleiben und nur noch eine Sonderschule besuchen können. Die XY-Versicherung behauptete, dass Kind habe bereits Kopfverletzungen von einem früheren Sturz gehabt, die Behinderungen seien nicht alle Folgen des Unfalls. Zudem sei das Kind ganz plötzlich auf den Zebrastreifen gelaufen. Die Versicherung überwies daher mehr als zwei Jahre nach dem Unfall nur 13 000 Euro. Selbst nach einem ersten Urteil, das dem Lkw-Fahrer die alleinige Schuld an dem Unfall gab, dauerte es vier Monate, bis weitere 50 000 Euro flossen. Das Gericht sah aufgrund von Gutachten sämtliche Behinderungen als unfallbedingt an und setzte auch wegen der verspäteten Regulierung das drastische Schmerzensgeld fest. Übung Pressemitteilung 2: Vor allem, wenn Sie für Nichtjuristen schreiben, müssen Sie darauf achten, dass Sie alles weglassen, was den Laien nicht interessiert oder für ihn belanglos, unverständlich und daher überflüssig ist.
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Grundlagen der Pressearbeit
Für die Endverbraucher, die Leserinnen und Leser – die „Medien-User“ –, sind nicht alle Feinheiten wichtig, die juristisch relevant sein können oder die der medizinische Sachverständige aufgeschrieben hat. Daher können Sie hier stark kürzen.
1. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in dem in Berlin-Spandau gelegenen Wohnheim für Asylbewerber dem ihm bekannten Zeugen Alaskar S. im Verlauf eines verbal geführten Streits in Tötungsabsicht ein Küchenmesser wuchtig in den Unterleib gerammt zu haben. Der Geschädigte erlitt eine mehrfache Verletzung des Dick- sowie des Dünndarms. Sein Leben konnte nur durch eine sofort eingeleitete Not operation im Krankenhaus gerettet werden. 2. Dem Angeklagten, der seit mehreren Jahren alkoholabhängig und suizid gefährdet ist, wird vorgeworfen, seine Lebensgefährtin und noch zwei weitere Personen im Zeitraum März/April körperlich misshandelt zu haben. Außerdem soll er mit einem Gasrevolver dreimal auf seine Lebens gefährtin geschossen sowie zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Küchenmesser in Richtung ihres Gesichts eingestochen haben. Die Geschädigte, die den Stich mit der linken Hand abwehren wollte, erlitt eine tiefe Schnittverletzung am linken Zeigefinger. Dieser musste aufgrund einer später eintretenden Wundinfektion amputiert werden. Auch auf andere Personen, die der Geschädigten helfen wollten, sich dem Einflussbereich des Angeklagten zu entziehen, soll er teils mit einem Beil, teils mit einer Flasche eingeschlagen haben, wodurch es zu ernsthaften Verletzungen kam. Lösung Pressemitteilung 2: 1. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, in einem Spandauer Asylbewerberheim Alaskar S. im Streit ein Küchenmesser in den Unterleib gerammt zu haben, um ihn zu töten. Dabei wurde Alaskar schwer verletzt; sein Leben konnte durch eine Notoperation gerettet werden. 2. Außerdem soll der Angeklagte seine Lebensgefährtin und zwei andere Personen misshandelt haben. Mit einem Gasrevolver soll er dreimal auf seine Lebensgefährtin geschossen und mit einem Küchenmesser in Richtung ihres Gesichts gestoßen haben. Als seine Lebensgefährtin das Messer abwehren wollte, verletzte sie sich am linken Zeigefinger. Die Wunde 146 |
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infizierte sich, der Finger musste amputiert werden. Auf Personen, die der Frau helfen wollten, soll der Angeklagte mit einem Beil eingeschlagen haben. Übung Pressemitteilung 3: Schreiben Sie die folgende Pressemitteilung des Deutschen Anwaltvereins um und achten Sie dabei vor allem auf eine sinnvolle Gliederung. Auch hier müssen Sie natürlich alles Doppelte und Überflüssige streichen; denn der Journalist, der die Mitteilung bekommt, will so wenig wie möglich lesen:
Das Präsidium des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hat die Änderungsvorschläge der Bundesregierung bzw. der Regierungsfraktionen zum Entwurf der Änderungen der Zivilprozessordnung und des Gerichtsverfassungsrechts beraten und ist befriedigt darüber, dass Anregungen, Bedenken und Forderungen des DAV von der Rechtspolitik wahrgenommen und schließlich auch teilweise berücksichtigt worden sind. Entsprechend der Forderungen des DAV soll nunmehr weiterhin auch im Berufungsverfahren eine Überprüfung der Tatsachenfeststellung möglich sein. Zudem soll in der Berufungsinstanz grundsätzlich ein Richterkollegium aus drei Richtern entscheiden. Nach wie vor lehnt der DAV eine Konzentration aller Berufungen bei den Oberlandesgerichten (OLG) ab. Daher stößt die in den Änderungsvorschlägen den Ländern nunmehr eingeräumte Experimentiermöglichkeit auf erhebliche Bedenken. „Es ist gut, dass schließlich die Bedenken, Forderungen und Anregungen der Anwaltschaft doch Gehör gefunden und zu den jetzt vorliegenden Änderungen geführt haben“, so Rechtsanwalt Dr. Michael Streck, ehemaliger Präsident des DAV. Nach wie vor seien die gewichtigen Argumente gegen eine Konzentration der Berufung bei den OLGs, wie Verstopfung der Berufungsinstanz, Kostenerhöhungen und weite Wege, nicht widerlegt worden. Dies seien Barrieren für den Zugang des Bürgers zum Recht. Erfreulich ist, dass nach den Änderungsvorschlägen auch in der ersten Instanz beim Landgericht anstelle des Einzelrichters ein Richterkollegium die Sache an sich ziehen kann, wenn die Parteien dies durch übereinstimmenden Antrag wünschen. Sinnvoll scheint auch der Änderungsvorschlag, dass – wenn beide Parteien zustimmen – das Gericht per Videokonferenz verhandeln kann. Hiermit werde die Voraussetzung geschaffen, den Ge| 147
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richtsprozess durch Einführung eines neuen Kommunikationsmittels zu modernisieren, so der DAV. Lösung Pressemitteilung 3: Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt die meisten Änderungsvorschläge der Bundesregierung und Regierungsfraktionen zum Änderungsentwurf der Zivilprozessordnung und des Gerichtsverfassungsrechts. Viele Anregungen und Forderungen des DAV sind darin berücksichtigt: – Wie bisher soll es in der Berufung möglich sein, die Tatsachenfeststel-
lung zu überprüfen. – In der Berufungsinstanz sollen grundsätzlich drei Richter entscheiden. – In der ersten Instanz beim Landgericht kann anstelle des Einzelrichters ein Richterkollegium entscheiden, wenn beide Parteien das wünschen. – Das Gericht kann per Videokonferenz verhandeln, wenn die Parteien zustimmen. Nach wie vor lehnt der DAV allerdings ab, alle Berufungen bei den Oberlandesgerichten zu konzentrieren. Dagegen spricht, dass – die Berufungsinstanz verstopft wird, – die Kosten steigen – und die Wege weit sind. Das behindert den Zugang des Bürgers zum Recht. Übung Pressemitteilung 4: Pressemitteilung des BGH vom 18. März 2021
Stuttgarter „Raser-Fall“ rechtskräftig abgeschlossen. Erste Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dem neu geschaffenen Straftatbestand des „Alleinrennens“ (§ 315d Absatz 1 Nr. 3 StGB) Ausgabejahr 2021 Erscheinungsdatum18. 03. 2021 Nr. 058/2021
Beschluss vom 17. Februar 2021 - 4 StR 225/20
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Übungen
Dem Angeklagten lag zur Last, mit seinem hochmotorisierten Fahrzeug mit Höchstgeschwindigkeiten durch die Stuttgarter Innenstadt gefahren zu sein, dabei einen schweren Verkehrsunfall und den Tod zweier unbeteiligter Verkehrsteilnehmer verursacht zu haben. Der zur Tatzeit 20 Jahre alte Angeklagte wurde wegen dieser Tat vom Landgericht Stuttgart wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und einem anderen Straßenverkehrsdelikt zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt; ferner wurde ihm für vier Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts lehnte das Landgericht ab. Der u.a. für Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte nur über die Revisionen der Nebenkläger, der Eltern der Tatopfer, zu entscheiden, die mit ihrem Rechtsmittel eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes erstrebten. Der Senat war in diesem Verfahren jedoch auch erstmals mit dem neu geschaffenen Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB (sog. „Alleinrennen“) befasst. Dem Urteil des Landgerichts lagen folgende Feststellungen zugrunde: Im Laufe des 6. März 2019 unternahm der Angeklagte mit einem von ihm gemieteten 550 PS-starken Fahrzeug eine Vielzahl von Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Innenstadt von Stuttgart, die er oder seine ihn auf einigen Fahrten begleitenden Freunde und Bekannten teilweise mit dem Smartphone filmten und auf Kommunikationsplattformen hochluden. Kurz vor Mitternacht fuhr er mit maximaler Beschleunigung auf einer innerstädtischen Straße stadteinwärts durch eine für ihn unübersichtliche langgezogene Rechtskurve. Bei einer Geschwindigkeit von mindestens 163 km/h erkannte er, wie ca. 100 Meter vor ihm ein ihm entgegenkommendes nach links abbiegendes Fahrzeug seine Fahrbahn kreuzte. Bei dem durch ihn sofort eingeleiteten Ausweichversuch verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug, raste über den sich an die Fahrbahn anschließenden Grünstreifen und prallte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h frontal in die Beifahrerseite eines in einer Parkplatzausfahrt stehenden Kleinwagens. Dessen beide Insassen erlitten schwerste Verletzungen, an denen sie noch an der Unfallstelle verstarben. Der Senat hat die Revisionen der Nebenkläger als unbegründet verworfen. Insbesondere vermochte der Senat einen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler in der von den Nebenklägern angegriffenen Beweiswürdigung, mit der das Landgericht einen (bedingten) Tötungsvorsatz des Angeklagten | 149
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verneint hatte, nicht zu erkennen. Das Landgericht hatte seine entsprechende Überzeugung in Ansehung der Rechtsprechung des Senats zu hochriskantem Fahrverhalten im Straßenverkehr gebildet und seine Entscheidung ausführlich und tragfähig begründet. Auch die auf die Revisionen der Nebenklage durch den Senat ebenfalls zu überprüfende Verurteilung des Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB war nicht zu beanstanden. Der Senat hatte anhand dieses Falles erstmals Gelegenheit, Kriterien und Leitlinien zur - in Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutierten – Auslegung der Strafvorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu entwickeln. Hieran gemessen war die Verurteilung des Angeklagten wegen der Durchführung eines verbotenen „Alleinrennens“ rechtsfehlerfrei. Lösung Pressemitteilung 4: Tödliches „Allein-Rennen“ war kein Mord
Der BGH sieht bei dem Stuttgarter „Raser-Fall“ keinen Tötungsvorsatz, sondern ein Rennen mit Todesfolge. Zwei Menschen dabei waren gestorben. Erste Entscheidung des BGH zum neuen Delikt des „Alleinrennens“. 18. 03. 2021 • Nr. 058/2021 Im März 2019 hatte in Stuttgart ein Raser zwei Menschen getötet. Der Bundesgerichtshof musste nun prüfen, ob der Tod der Unbeteiligten Mord war und ob das Rasen als „Allein-Rennen“ einstufen ist. Er bestätigte das Urteil des Landgerichts Stuttgart: Es hatte keinen Tötungsvorsatz gesehen und darum keinen Mord und den Angeklagten u.a. wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem wurde ihm für vier Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Der Angeklagte, damals 20 Jahre alt, war am 6. März 2019 mit einem gemieteten 550-PS-Audi mit bis zu 200 km/h mehrfach durch die Stuttgarter Innenstadt gerast, hatte einen schweren Unfall verursacht und dabei zwei Menschen getötet. Seine Fahrten filmten er oder Freunde und luden die Filme ins Internet.
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Kurz vor Mitternacht fuhr der Angeklagte mit Höchstbeschleunigung auf einer unübersichtlichen langen Rechtskurve. Bei etwa 160 km/h sah er, wie ca. 100 Meter vor ihm ein entgegenkommendes Auto nach links abbog und seine Spur kreuzte. Er wollte ausweichen, verlor die Kontrolle über das Auto und prallte mit etwa 90 km/h in einen Kleinwagen, der in einer Parkplatzausfahrt stand. Die beiden Insassen starben noch an der Unfallstelle. Der 4. Senat des BGH musste über die Revisionen der Eltern der Opfer entscheiden. Die Eltern waren Nebenkläger und wollten eine Verurteilung wegen Mordes. Der BGH sah aber in dem Urteil des Landgerichts keinen Rechtsfehler. Es hatte sein Urteil mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH zu hochriskantem Fahrverhalten gefasst und es ausführlich und tragfähig begründet. Der BGH war in diesem Verfahren erstmals mit dem neuen Straftatbestand des „Alleinrennens“ nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB befasst und hatte Gelegenheit, Kriterien und Leitlinien zur umstrittenen Auslegung der neuen Strafvorschrift des verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu entwickeln (§ 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB). Danach war auch die Verurteilung wegen eines verbotenen „Alleinrennens“ rechtsfehlerfrei und nicht zu beanstanden. Der Fall ist damit rechtskräftig beendet BGH, Beschluss vom 17. Februar 2021 - 4 StR 225/20 An der Pressemitteilung sehen Sie schon im ersten Satz die unterschiedliche Perspektive des BGH. Ihm ist es wichtig mitzuteilen, dass der Fall nun rechtskräftig abgeschlossen ist. Von der für die Medien wichtigen Frage des Mordes ist in der Überschrift oder dem Vorspann/Teaser nichts zu lesen, sondern nur vom neuen Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Im Text selbst gibt es viel zu viele juristische, fachliche Ausführungen, die allenfalls ans Ende gehören. Und die umständlichen Formulierungen haben Sie ja wohl bemerkt.
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