Der romanische Konjunktiv 9783111372891, 9783484540262


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German Pages 111 [112] Year 1986

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Inhaltsverzeichnis
1. Grundbegriffe und Beschreibungsansätze
2. Funktionen des Konjunktivs
3. Zur Einheit des Konjunktivs
Literaturverzeichnis
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Der romanische Konjunktiv
 9783111372891, 9783484540262

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Romanistische Arbeitshefte

26

Herausgegeben von Gustav Ineichen, Bernd Kielhöfer und Christian Rohrer

Otto Gsell / Ulrich Wandruszka

Der romanische Konjunktiv

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1986

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gsell, Otto: Der romanische Konjunktiv / Otto Gsell; Ulrich Wandruszka. -Tübingen : Niemeyer, 1986. (Romanistische Arbeitshefte ; 26) NE: Wandruszka, Ulrich:; GT ISBN 3-484-54026-5

ISSN 0344-676x

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1986 Alle Rechte vorbehalten. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus photomechanisch zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: Voralpendruck, Sulzberg im Allgäu Einband: Heinr. Koch, Tübingen.

INHALTSVERZEICHNIS

1. Grundbegriffe und Beschreibungsansätze 1.1. Modus und Modalität 1.2. Beschreibungsansätze und Methoden 1.2.1. Die Abstraktionsmethode 1.2.2. Die strukturalistische Methode 1.2.3. Der quantitativ-statistische Ansatz 1.2.4. Kommunikationsbezogene (pragmatische) Ansätze 1.3. Fortschritt in der Forschung? 1.4. Übungen 2. Funktionen des Konjunktivs 2.0. Allgemeiner Überblick 2.1. Volitiver Bereich 2.1.1. Neufranzösisch 2.1.1.1. Einführung in die Problematik 2.1.1.2. Modusvariation in bestimmten Umgebungen 2.1.1.3. Besonderheiten einzelner Nebensatzarten 2.1.2. Zur historischen Entwicklung des Konjunktivs im volitiven Satz 2.1.3. Zum volitiven Konjunktiv im Italienischen und Spanischen 2.2. Dubitativer Bereich 2.2.1. Neufranzösisch 2.2.1.1. Einführung in die Problematik 2.2.1.2. Modusvariation in bestimmten Umgebungen 2.2.1.3. Besonderheiten einzelner Nebensatzarten 2.2.2. Zur historischen Entwicklung des Konjunktivs im dubitativen Satz 2.2.3. Zum dubitativen Konjunktiv im Italienischen und Spanischen 2.3. Thematischer Bereich 2.3.1. Neufranzösisch 2.3.1.1. Einführiang in die Problematik 2.3.1.2. Modusvariation in bestimmten Umgebungen 2.3.1.3. Besonderheiten einzelner Nebensatzarten 2.3.2. Zur historischen Entwicklung des Konjunktivs im thematischen Satz 2.3.3. Der thematische Konjunktiv im Italienischen und Spanischen 2.4. Konjunktiv und Tempus 2.5. Übungen

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VI 3. Zur Einheit des Konjunktivs 3.1. Der problematische Grundwert 3.2. Die Frage nach der sprachlichen Leistung 3.3. Übungen Literaturverzeichnis

92 92 95 98 100

1.

GRUNDBEGRIFFE UND BESCHREIBUNGSANSÄTZE

1.1.

Modus und Modalität

Modus ist ein traditionsbelasteter, -von den antiken Granmatikern ererbter Begriff der europäischen Sprachwissenschaft. Ifen reiht ihn seit je in die grammatischen Kategorien ein, •verstanden als flexivische Formenreihen, die nach lautlicher Gestalt und Inhalt für bestimmte Wortklassen charakteristisch sind (daher auch morphologische oder genauer morphosyntaktische Kategorien). Typische verbale Kategorien sind Person, Numerus, Tempus, Diathese und eben Modus. Natürlich ist diese Liste ganz auf die bekannteren europäischen (Schul-) Sprachen zugeschnitten: von klassischen Griechisch und Latein bis zum modernen Französisch oder Deutsch. Schon die slawischen Sprachen •verfügen über eine eigene verbale Kategorie 'Aspekt', die nicht ohne weiteres auf andere, wie etwa die eben genannten Sprachen übertragbar ist. Von einer funktionierenden grammatischen Kategorie sollte man in jedem Fall die Grundeigenschaft eines sprachlichen Zeichens erwarten, nämlich eine klar umrissene und charakterisierte Form-Inhalt-Relation. Semantisch kann eine grammatische Kategorie im günstigsten Fall als referentiell (oder 'denotativ') bestimmt werden, insoweit sie sich unmittelbar auf Eigenschaften der außersprachlichen Welt bezieht; so etwa vrenn vom grarrrratischen Genus das natürliche Geschlecht von Lebewesen abgebildet wird. Ein solches Abbildungsverhältnis findet sich beim Genus etwa des französischen oder deutschen Nattens in der Hegel freilich nicht, so daß vor allem bei Bezeichnungen für Unbelebtes das Genus keine außersprachlich" referentielle , sondern allenfalls eine innersprachliche, morphologischsyntaktische Funktion hat (z.B. zur Auffindung des Bezugswortes anaphorischer Pronomina wie il/elle). Speziell den verbalen Kategorien könnt die Aufgabe zu, einen Sachverhalt mit der jeweiligen Redesituation in Bezug zu setzen; ob der Sprecher von sich selbst, van Angesprochenen oder von Dritten spricht, ob der Sachverhalt zeitlich zum Jetzt der Redesituation zu rechnen oder von ihr getrennt ist. Es ist jedoch ein Kennzeichen gerade dieser, aber auch anderer grairmatischer Kategorien in den genannten Sprachen, daß sie außer ihrer Grundfunktion, die meist sehr klar und eindeutig durch den bezeichneten Sach-

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verhalt festgelegt ist, mehr oder wsniger ausgeprägte und zahlreiche Zusatzexter Nebenfunktionen aufweisen. So steht z.B. der Plural, auf Einzelpersonen bezogen, im Dienst der Höflichkeit, und zumal bei den verbalen Kategorien Tertpus und Modus stößt man beim Versuch einer inhaltlichen Fixierung auf zunehmende Schwierigkeiten. Wäs ist der Bedeutungsunterschied zwischen französischem je t'écrirai und je vais t'écrire, zwischen il fit une découverte und il a fait une découverte? - Jedenfalls läßt er sich nicht ohne weiteres am bezeichneten Sachverhalt festmachen. Funktionale Mehrschichtigkeit, Mehrdeutigkeit und (Kon-)Textabhängigkeit sind Eigenschaften, die in besonderem Maße auch die gramtatische Kategorie Modus auszeichnen. Zu den Modi zählt man gängigerwaise Indikativ, Konjunktiv, Imperativ und Konditional (manche rechnen auch die infiniten Verbalformen wie Partizip, Gerund, Infinitiv sowie die unpersönliche Konstruktion dazu). Was verbindet und was unterscheidet sie untereinander auf der inhaltlichen Ebene? Als finiten Verbformen ist ihnen zunächst nichts gemeinsam, als daß sie bestürmte Sachverhalte, d.h. Inhalte, ausdrücken und in eine Beziehung zur außersprachlichen Wirklichkeit setzen können - ein Vorgang, den man auch als Prädikation bezeichnet. Die ausgedrückten Inhalte können dabei als Tatsachen behauptet oder nur als Vorstellungen, z.B. als Wunsch oder Annahme dargestellt werden; solche Differenzierungen gehören zu den zentralen Funktionen der Modi. Jeder Satz mit einer finiten Verbform nuß, sofern er als selbständige Äußerung auftritt, in irgendeiner Weise (lat. modus = Art und Weise) Stellung nehmen zur Geltung, zum Außenweltbezug seines Inhaltes. Nicht-finite \ferbformen hingegen, wie überhaupt die Wortklasse der Nomina, der sie in dieser Hinsicht angehören, enthalten keinen Hinweis auf einen solchen Bezug; sie nennen nur, ohne etwas zu sagen (zu prädizieren), z.B. pleuvoir /plu/ la pluie vs. il pleut/il aurait plu. Eine solche Angabe zur Geltung eines sprachlich ausgedrückten Sachverhaltes nennen wir modal und ordnen sie der inhaltlichen Kategorie der Modalität zu. Diese Termini sind auch in einer soeziellen Form der Logik, der sog. Modal— logik, üblich, in der Aussagen danach spezifiziert Warden, ob sie notwendigerweise oder möglichervreise wahr oder nicht wahr sind. Auch in zwei weiteren Spezialformen der modalen Logik, die gerade für unsere Belange von Bedeutung sind, ist von Modalitäten die Rede. Die epistemische Logik beschäftigt sich mit der logischen Struktur von Aussagen, deren Inhalt als gewußt oder geglaubt angegeben wird (griechisch epistéme 'Wissen, Kenntnis'). Die epistemische Modalität bezieht sich daher auf die Einschätzung der Gültigkeit einer Aussage durch den Sprecher, der das Bestehen eines Sachverhaltes für sicher, wahrscheinlich oder möglich halten kann. Die deontische Logik (griechisch dei

3 'es ist nötig, man muß') hingegen ist die Logik der Verpflichtung, des Erlaubtseins und des Verbotenseins; die deontische Modalität gibt somit darüber Auskunft, ob die Verwirklichung eines Sachverhaltes gefordert, erlaubt oder verboten ist, in einem weiteren Sinn auch, ob sie gewünscht oder angestrebt wird. Sie steht daher in einem inneren Zusairmenhang mit der temporalen Kategorie der Zukünftigkeit. Beide Modalitäten, die epistemische und die deontische, beziehen sich also auf eine Einstellung des Sprechers oder des jevreiligen Protagonisten zur Realisierung eines Sachverhaltes. Bevor wir damit beginnen, solche Inhaltskategorien den Modi genannten Verbalformen zuzuordnen, muß festgehalten werden, daß Modalitäten auf recht unterschiedliche Weise vergprachlicht werden können. Neben den Modi können dafür auch Formen in Frage, die man Üblichervreise als Tempora einstuft, wie z.B. das sog. epistemische Futur (Il aura manqué son train 'Er wird wohl seinen Zug verpaßt haben') oder das Imperfekt im Konditionalsatz (Si j'étais roi). Modale Funktionen können vor allem auch durch lexikalische (statt granmatische) Mittel ausgedrückt werden, etwa durch modalisierende Satzadverbien wie französisch peut-être oder deutsch hoffentlieh. Hier gilt sogar als allgemeine Regel, daß lexikalische Information (aufgrund ihrer größeren Explizitheit und Eindeutigkeit) gegenüber konkurrierenden Angaben mit grarimatisch-morphologischen Mitteln dominant ist und diese im Kcnfliktfall außer Kraft setzt oder ihnen sekundäre Funktionen zuweist. So kann etwa durch adverbiale Zeitangaben die Zeitstufenbestirtiiung des dazugehörigen Verbums neutralisiert werden: der Satz In zehn Minuten habe iah mich angezogen, dann fahren wir los enthält ein Präteritum bzw. ein Präsens für Zukünftiges. Ein Adverb wie peut-être genügt, um aus einer Behauptung eine Vermutung zu machen - das Verbum kann im Indikativ bleiben. Auch mit der Frageform lassen sich, mit oder ohne Beteiligung entsprechender Modi, verschiedene Modalitäten signalisieren, so etwa in: Tu viens? Aurait-il raison? N'a-t-il pas raison? Voulez-vous cesser de tricoter, s'il vous plaît? Das am häufigsten eingesetzte Mittel zum Ausdruck modaler Inhalte sind aber zweifellos spezielle Verben, die ein syntaktisch von ihnen abhängiges Verbum modal isieren und daher als Modalverben bezeichnet werden. Im Französischen sind die wichtigsten unter ihnen devoir, pouvoir und vouloir, doch versehen etwa aimer, désirer, entendre (mit Infinitiv) analoge Funktionen. Damit ist zugleich gesagt, daß die Kategorie der Modalität jeweils den gesamten Satz oder genauer die gesamte Proposition betrifft. Unter Proposition verstehen wir die Mange der semantischen Information eines Satzes, ohne Berücksichtigung des jeweiligen Sprechakttypus bzw. der Modalität, in

4 der er geäußert wird.^ Die Tatsache, daß solche Kategorien, die aus einer Proposition einen Satz, eine Äußerung, machen, formal vorzugsweise am Verbum zum Ausdruck gebracht werden, liegt eben daran, daß das Verbum der eigentliche Träger der Prädikation ist. Eine linguistische Fragestellung, die von einer inhaltlichen (und Übereinzelsprachlich definierten) Größe wie etwa 'epistemische/deontische Modalität' ausgeht und dann die verschiedenen Bezeichnungsmöglichkeiten für diese Kategorie in einer oder mehreren gegebenen Sprachen aufsucht und vergleicht, be2 zeichnet man auch als onomasiologiseh. Das komplementäre Gegenstück dazu ist die semasiologisehe Betrachtungsweise, die ihren Ausgang von gegebenen Ausdrücken und Ponten e i n e r

Sprache nirnitt und deren Inhalt und Funktionen

zu ermitteln sucht. In der Praxis der linguistischen Deskription greifen zwar die beiden Perspektiven ineinander; man wird kaum je einen Ausdruck auf seinen Inhalt hin analysieren ohne bestirmite Annahmen oder Intuitiönen auf der Basis von Allgene inbegriffen, und umgekehrt wird man vernünftigerweise keine onomasiologischen Kategorien ohne Rücksicht auf die Besonderheiten ihrer Realisierung in gegebenen historischen Sprachen konzipieren und anwenden. Der Linguist wird daher zur Lösung der ihm gestellten Probleme nach Bedarf bald die eine, bald die andere Perspektive einnehmen - ein Verfahren, das man auch mit dem Bild des hermeneutischen Zirkels charakterisieren kann. Trotzdem sollte er sich in jeder Phase seiner Untersuchung darüber im klaren sein, in welche Richtung diese jeweils orientiert ist. Auch wir müssen uns grundsätzlich entscheiden, ob wir die Kategorie Modus, deren Existenz wir aufgrund der granmatischen Tradition einmal als gegeben postulieren, zunächst von der Ausdrucksseite (semasiologisch) oder vcn der inhaltlich-begrifflichen Seite her (onomasiologiseh) angehen wollen. Die Entscheidung ist aber durch die vorgefundenen Verhältnisse weitgehend festgelegt. Wir haben ja gesehen, daß für die Bezeichnung der begrifflichen Kategorie 'Modalität' und deren Subkategorien eine ganze Reihe von eher disparaten Formen und Ausdrücken in Frage kamtt; eine spezielle Formengrufpe des Verbums wird dadurch nicht definiert. Daher müssen wir zum Zweck der Identifizierung der granmatisehen Kategorie 'Modus' im Französischen zunächst die Formen (reihen) des Verbums danach befragen, inwieweit sie für die Wiedergabe vcn Modalität tatsächlich funktional und charakterisiert sind. 1

2

Vgl. etwa das Satzmodell in Filimores erster Version seiner Kasusgrammatik (1968) mit den Konstituenten "Proposition" und "Modality"; letzterer werden allerdings außer dem Modus noch weitere den gesamten Satz betreffende Kategorien wie Tempus, Aspekt und Negation zugeordnet. Vgl. dazu Heger (1977, 1979), Baldinger (1984).

5 Die formale Identifizierung der verschiedenen Paradigmen bereitet dabei vergleichsweise geringe Schwierigkeiten, denn sie sind in den romanischen Sprachen in aller Pegel durch lautlich-morphologische Abwandlung der Verbalendungen eindeutig voneinander geschieden; am wenigsten ist dies übrigens beim französischen Subjonctif der Fall, wo man in rund 25-30% aller Auftretensfälle mit einer Form rechnen muß, die mit der des Indikativs identisch ist. Als sehr viel schwieriger erweist sich indessen der zweite Schritt in Gestalt der Semantisierung, d.h. der Lhischreibung der jeweiligen Form-InhaltBeziehung, doch bestehen hier im einzelnen beträchtliche Unterschieds. Am klarsten zeichnet sich der spezifische Inhalt des sog. Imperativs ab, der prinzipiell der decsitischen Modalität zuzurechnen ist, genauer gesagt, verschiedene Spielarten der direkten Aufforderung durch den Sprecher an den oder die Adressaten übermittelt, weshalb denn auch die 1. Person Singular und die 3. Person von Inperativparadigma ausgeschlossen sind. Gebrauchsweisen wie in französisch Oignez vilain, il vous poindra, ..., das als Quasi-Konditionalgefüge zu verstehen ist, sind auch für den naiven Sprachbenutzer leicht als abgeleitet zu erkennen. Imperativische Sätze sind im Neufranzösischen übrigens weniger durch spezielle Formen als durch die subjektlose Konstruktion ihrer Verben gekennzeichnet; die Verbformen selbst tendieren nicht nur im Französischen morphologisch zum Indikativ hin: deutsch kommt!; frz. chantez/chantons !, viens!, it. vieni! usw. In der 3. Person, die höflich-formelle Anrede eingeschlossen, wird hingegen der Inperativ durch den Konjunktiv vertreten: frz. Qu'il vienne!, it./span. (î )Venga\ Bereits komplizierter stellt sich die Sachlage beim sog. Konditional dar. Zwar sind in vielen Satzumjebungen Konditional oder Indikativ (seltener Konditional oder Konjunktiv) möglich und in solchen Fällen inhaltlich klar differenziert: (la) Le ministre démissionne/a démissionné vs. (lb) Le ministre démissionnerait/aurait démissionné 'dem Vernehmen nach'

oder: (2a) On souhaite que... vs. (2b) On souhaiterait que...,

oder in Wendungen wie Vous seriez des Peaux-Rouges 'Ihr seid Indianer' [im Spiel]. Hier nimrtt der Conditionnel in der Tat modale Funktionen wahr. Dem stehen jedoch gleichermaßen typische und vielleicht noch häufigere Satznuster gegenüber, in denen der Conditionnel weder durch einen anderen Modus ersetzbar ist, noch erkennbar eine spezifische Modalität vermittelt:

6 (3a) Elle savait déjà qu'elle accepterait

ist offenbar nur eine Zeitstufentransposition vrai (3b) Elle sait déjà qu'elle

acceptera

Eine Konditionalform wie accepterait in (3a) wird daher von den Gramtatikern meist als rein tenporal (futur du passé) angesehen; vrai da aus ist es nicht weit zu der Position, die Formen des Konditionals gehörten teils in die Kategorie Tenpus (des Indikativs), teils in die des Modus. Eine konsequentere und elegantere Lösung stellt die von nicht venigen Gramtatikern empfohlene Einbeziehung des Konditionals in das System des Indikativs dar, zumal Konditional und Futur in den romanischen Sprachen ausdrucks- und inhaltsseitig (übrigens auch genetisch) besonders eng verwandt sind. Man sollte sie also auch einheitlich klassifizieren, entweder als eigene Gruppe von 'Modaltempora' (oder 'Tenporalmodi' ), was bisher noch kaum jemand vorgeschlagen hat, oder eben als Untergruppe des Indikativs. Dies führt uns zu den Schwierigkeiten, die sich einer semantischen Bestimmung des Indikativs in den Weg stellen. An ihn denkt man im allgemeinen zuletzt, wenn von 'Modus' als verbaler Kategorie die Rede ist, obwohl (oder gerade wail) er zumindest nach der Auftretenshäufigkeit den Normalfall darstellt. Tatsächlich wird der Indikativ als die typische Verbform der uneingeschränkten Tatsachenbehauptung, der sog. kategorischen Assertion, auch von verschiedenen Sprachtheoretikern als modal unmarkiert bzw. non-modal eingestuft. Die Begründung ist die, daß in einfachen Behauptungen des Typs (4a) Elles sont parties cet après-midi

der Sprecher den Grad seiner Gewißheit nicht explizit angibt. Eine solche Äußerung irrpliziert zwar, daß sich der Sprecher seiner Sache sicher ist, da er seine Gewißheit in keiner Weise einschränkt, er teilt dies aber - im Unterschied zu Äußerungen der Form (4b) Assurément/je suis sûr/je sais qu'elles sont parties cet

après-midi

nicht ausdrücklich mit. Nun bleibt zwar die Tatsache, daß der Indikativ die typische Verbform der Assertion ist, andererseits ist aber nicht zu übersehen, daß diese Grundfunktion des Indikativs sehr oft neutralisiert wird, wann andere da zugeschaltete Mittel eine nicht-assertorische Modalität signalisieren: nicht nur, wie sehen gezeigt, in Kombination mit Modaladverbialen wie peutêtre, probablement, sans doute, sondern auch in Abhängigkeit von Verben wie croire, supposer etc. Der Indikativ vertritt auch geläufig den Imperativ: D'abord, tu te changes, et puis tu vas ehsreher Janine; in Sätzen des Typs

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Si seulement je pouvais te rejoindre drückt er einen Wunsch aus. Weiterhin ist dar Indikativ im direkten und indirekten Fragesatz zuhause, wo von Assertion ohnehin keine Rede sein kann, und ebenso in verschiedenen Kbnditicnalgefügen, in denen allenfalls die ' wenn-dann1 -Relation zwischen den Teilsätzen assertiert ist, nicht aber die Tteilsätze selbst: (5a) S'il fait beau, nous sortons/sortirons (5b) S'il faisait beau, nous sortirions

Andere romanische Sprachen allerdings verwenden in den genannten Satztypen z.T. den Konjunktiv, so das Italienische im indirekten Fragesatz: (6) Gli studiosi si sono interrogati sullo stato della nostra lingua, domandandosi quäle sia il suo destino

nach Verben des Glaubens und Meinens: Penso che abbia ragione und im irrealen Konditionalsatz: Se piovesse ... Dem Indikativ auf Grund dieser vor allem für das Französische typischen Neutralisierungen eine Grundfunktion rundweg abzusprechen, hieße aber das Kind mit dem Bade ausschütten. Assortiert wird - wie wir im einzelnen noch sehen werden - in der Hegel mit dem Indikativ. Die skizzierte Situation führt uns aber zu folgender nicht unwichtiger allgemeiner Erkenntnis: Die sogenannten Modi sind inhaltlich nicht definiert in dem Sinn, daß jeder einzelne Auftretensfall eine einheitliche positive Grundbedeutung repräsentierte, wohl aber sind sie charakterisiert in dem Sinn, daß neben Funktionen, die auch anders wiedergegeben werden, bestiimrte Inhalte nur bei ihnen auftreten, oder daß ein dominanter, prototypischer Inhalt zwar nicht nur bei ihnen, hier aber in charakteristischer Häufigkeit erscheint, oder auch daß bestimnte Sanktionen von ihnen prinzipiell nicht Übernamen werden. Dies trifft übrigens mehr oder minder auch auf die anderen graimatischen Kategorien zu, die sich nach einer Rangskala ihrer inhaltlichen Wbhldefiniertheit anordnen ließen; im oberen Bereich dieser Skala stünden wohl Numerus und Person, während Modus, aber auch Terqpus eher im unteren Bereich zu finden wären. Modus und Tenpus sind jedoch mehr als nur Nachbarn, sie greifen vielmehr ineinander über. Wie sehen gesagt, ist jede finite Verbform zugleich nach Modus und Tempus markiert: Wer sich als Sprachbenutzer für ein bestinnttes Iterrpus entscheidet, realisiert damit auch einen der Modi (es sei denn, man nähme den Indikativ aus dem Modussystem heraus), und wer umgekehrt einen Modus wählt, muß ein Tenpus mitwählen, vrenn dieses auch keine terrporale Funktion haben muß. Wöhl sind beim Konjunktiv die tenporalen Differenzierungsmöglichkeiten im Vergleich zum Indikativ ziemlich reduziert, innerhalb der Rxnania am stärk-

8 sten Im Französischen. Aber selbst hier wird obligatorisch die temporale Opposition 'vorzeitig' vs. 'nicht-vorzeitig' mit aktualisiert, z.B. in: (7a) Je ne crois pas qu'il le fasse vs. (7b) Je ne crois pas qu'il l'ait fait (Näheres dazu in 2.4.)

Auf der anderen Seite finden wir in unterschiedlichem Umfang modale Elmktianen bei den sogenannten Tenpora des Indikativs vor. Stellen das französische Imparfait der Typen Si j'étais roi und Je venais/voulais vous demander (nur in der 1. Person) noch scharf umrissene Sonderfälle dar, so ist beim Futur überhaupt keine eindeutige Grenze zwischen terrporalen und modalen Inhalten zu ziehen. In Abhängigkeit von einer mehr oder veniger engen Definition des Modus Indikativ und seiner Grundfunktion der Assertion kann man sich fragen, ob das E\itur überhaupt diesem Modus zuzuschlagen ist; denn zukünftige Sachverhalte lassen sich, bei aller Zuversicht, aufgrund naturgegebener Beschränkungen des menschlichen Wissens niemals stricto sensu, d.h. kategorisch behaupten, so wie das für zurückliegende oder gegenwärtige Sachverhalte möglich ist.^ Aussagen über Zukünftiges und damit die Flrturformen des Verbums sind daher sehr oft modal gefärbt, sei es epistemisch als Vorhersage oder als Absichtserklärung, sei es deontisch als höfliche bis kategorische Aufforderung: (8) Vous ferez mieux de rester au lit (9) Les candidats se présenteront le 10 mars, à 8 heures

Es überrascht daher nicht, daß z.B. der spanische Konjunktiv in bestiirmten Kontexten temporale Aufgaben des Futurs überniimrt: Cuando venga, empezamos 'Wenn (= sobald) er komrtt, fangen wir an' oder wenn einem futurischen französischen J'espère qu'il viendra ein konjunktivisches italienisches Spero ehe venga gegenübersteht. Es ist auch kein Zufall, daß in den hier berücksichtigten Sprachen (außer dem Spanischen und Portugiesischen) das Futur keine eigenen Konjunktivformen aufweist, da es Terrpus und Modus zugleich ist und gegebenenfalls durch den Konjunktiv Präsens oder auch durch Modalverbkonstruktionen, wie II doit revenir prochainement, ersetzt werden kann. Wir verstehen von daher auch, daß in denselben Sprachen die Riturfornen genetisch gesehen überwiegend auf Konstruktionen zurückgehen, die eindeutig modaler Natur waren, wie etwa der in der

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Eine scheinbare Ausnahme bilden notwendig wahre (tautologische) Aussagen wie II viendra ou il ne viendra pas oder Cinq minutes avant sa mort, il sera encore en vie. Die Richtigkeit solcher Sätze auch in der Zukunft ergibt sich jedoch aus ihrer zeitenthobenen Gültigkeit, die sie von den nur faktisch wahren (kontingenten) Aussagen abhebt.

9 Remania vorherrschende Ttyp aus lateinisch cantare + habeo 'ich habe (vor) zu singen'; vgl. auch das englische shall-/uill-Fatxir. Wie häufig in den natürlichen Sprachen, stehen sich also mit 'Teirpus' und 'Modus' zwei nur terminologisch sauber getrennte diskrete Größen gegenüber; in Wirklichkeit greifen und gehen die beiden Kategorien inhaltlich und formal ineinander über. Wir kernen die einzelnen Tempora auf einer Skala der nodalen Verfügbarkeit plazieren, mit dem Futur an der Spitze, dem Perfekt am Ende. Wie steht es nun mit der semantischen Charakteristik des Konjunktivs, der letzten hier einzuführenden Fonrengruppe, die traditionell den Modi zugerechnet wird - und sogar als deren prominentester Vertreter? Auch sie ist jedenfalls nicht konsistent und einheitlich (man spricht z.B. von einem 'volitiven' und einem 'dubitativen' Konjunktiv) , und zum Tteil semantisch überhaupt nicht ohne weiteres faßbar (wie Im Fall des sog. 'thematischen' Konjunktivs). Die Linguisten sind geteilter Meinung darüber, cfo eine semantische Definition oder Charakterisierung des romanischen Konjunktivs, und zumal des französischen Subjonctif, überhaupt möglich und angemessen ist. In diesem Heft soll gezeigt werden, daß Möglichkeiten der funktionalen Charakteristik, ja Definition wohl bestehen, diese aber nur zu erfassen sind, wenn die Fixierung auf die semantische Ebene aufgehoben wird zugunsten einer Einbeziehung der umgreifenden Ebene der Diskursgestaltung, näherhin der sog. Reliefgebung innerhalb der mündlichen oder schriftlichen Kcnrniinikation : der Konjunktiv eignet sich nicht für die rhematische, assertierende Mitteilung. Alle bisher vorgeschlagenen rein semantischen 'Grundwert ' -Definitionen bewegen sich in 'dünner Luft'. Der Konjunktiv stellt allerdings im Bereich der grammatischen Kategorien hinsichtlich der Schwierigkeit einer inhaltlichfunktionalen Beschreibung einen Extremfall dar. Dies mag gerade der Grund dafür sein, daß sich bereits so viele Linguisten zu dem Versuch herausgefordert fühlten, ihm einen Sinn zuzuschreiben bzw. abzusprechen. Die Schwierigkeit der Semantisierung liegt dabei nicht nur in der angesprochenen Disparatheit der einzelnen Funktionstypen begründet, sondern auch in den speziellen syntaktischen Gebrauchsbedingungen, d.h. in der syntaktischen Distribution des Konjunktivs in den romanischen Sprachen. Anders als Indikativ und Konditional tritt dort der Konjunktiv im selbständigen bzw. im übergeordneten Hauptsatz {proposition principale) nur in sehr begrenztem, ja geringem Umfang auf; man kann ohne weiteres sagen, daß der Konjunktiv, insbesondere im Französischen, durch seine Beinahe-Festlegung auf den abhängigen Satz (proposition subordonnée) deutlicher charakterisiert ist als durch seine etwaigen semantischen Eigenschaften. Insowsit sind die Benennungen, die sich aus lateinisch modus ooniunotivus oder

10 subiunctivus - 'Modus der syntaktischen Unterordnung' - herleiten, durchaus angemessen. Nun ist natürlich nicht nur die syntaktische Funktion, sondern auch die Modalität eines untergeordneten Satzes von seinem jeweiligen Matrixsatz abhängig. Da ein Nebensatz irrerer ein Teil nicht nur der syntaktischen Struktur des Gesamtsatzes, sondern auch des jeweiligen Sprechaktes ist, der durch das Satzgefüge realisiert wird, besitzt er keine modale Autonomie, sondern seine Modalität und damit sein Modus wird durch Inhalt und Modalität des jeveiligen Hauptsatzes best irrint: (10a) Je crois qu'il me rend/rendra ce Service vs. (10b) Je ne crois pas/crois-tu/si tu crois qu'il me rende ce Service (?); J'aimerais qu'il le fasse, etc.

Seitdem im Jahre 1953 Paul Urbs mit Nachdruck die vcn ihm als 'korrelativ' bezeichnete Natur des Subjonctif im abhängigen Satz herausgestellt hat, darf man eigentlich nicht mehr von einem dubitativen oder volitiven Konjunktiv sprechen, sondern nur noch von einem Konjunktiv im dubitativen/volitiven Satzgefüge. Die Modusformen passen sich gewissermaßen nur der jeweils vorgegebenen und anderswo bereits ausgedrückten Modalität an. Verschiedene Autoren erklären daher den durch einen übergeordneten Satz ausgelösten Modus schlichtweg für redundant und damit für infarmations- oder gar funktionslos. Nun ist es zwar richtig, daß die Wiederholung einer Information keine (neue) Information liefert, ebensowenig wie eine absolut vorhersehbare; aber auch ein vorhersehbares Signal verliert deswegen nicht seine Zeichenbedeutung. Z.B. veiß jeder aufgeklärte Verkehrsteilnehmer, daß an bundesdeutschen Verkehrsairpein der Signalfolge 1. rot, 2. rot und gelb das Signal 3. grün folgen muß, so daß das tatsächliche Erscheinen von grün nur noch über den Zeitpunkt des Signalvechsels informiert; ebenso kennte die Arrpel statt auf grün einfach ausgeschaltet Verden (was ja gelegentlich auch praktiziert wird). Dies äffiziert aber die Bedeutung des Signals grün 'freie Fahrtrichtung' in keiner Weise, und sie ist auch dort, wo das Signal vorhersehbar ist, nicht etwa reduziert im Vergleich zu Situationen, wo es nicht vorhersehbar ist und daher neue Information liefert. 'Redundant' ist also jedenfalls nicht gleich 'ohne Bedeutung' - auch nicht im Falle des Konjunktivs im abhängigen Satz. Es stellt sich allerdings die Frage, wie in solchen Satzumgebungen eine mögliche modale Bedeutung des Konjunktivs nachgewiesen und sichtbar gemacht Verden kann. Wenn vorhanden, ist sie jedenfalls 'überdeckt' durch die des weitaus expliziteren auslösenden Ausdrucks, und ohne diesen Kontext, aus der bloßen Konjunktivform heraus, wäre sie erst recht nicht erkennbar. Unmittelbare Evidenz ergäbe sich nur aus solchen Umgebungen, in denen die modale Kennzeichnung des Satzgefüges allein von der Modusform des Neben-

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satzes geleistet wird. Dies ist tatsächlich der Fall in Sätzen wie: (IIa) J'entends qu'elle apprend l'allemand vs. (IIb) J'entends qu'elle apprenne l'allemand

Die Modalität dieser Sätze bleibt aufgrund der Mehrdeutigkeit von j 'entends: (a) 'ich höre/erfahre',

(b) 'ich möchte'

solange offen, bis dieses Verbum durch den Modus vcn apprendre desairbiguiert wird; beide Verben zu samten liefern also in (b) die deontische Modalität. Eine ähnliche modale Differenzierung leistet der Modus des abhängigen Verbums in Relativsatzgefügen wie: (12) On cherche un petit chien qui a/ait trois oreilles.

Wo sich im selbständigen Satz Indikativ und Konjunktiv auf diese Weise gegenüberstehen, ist der Modus ganz allein zuständig für die Satzmodalität: (13a) Survient une autre surprise de ce genre vs. (13b) Survienne une autre surprise de ce genre

Ei Fällen wie: (14a) II s'en va

vs.

(14b) Qu'il s'en aille

geschieht diese Differenzierung im Verein mit der Konjunktion que. Leider sind Beispiele wie (11-14) viel zu selten, als daß man sie guten Gewissens auf die große Masse der Satzvorkorrmen mit festgelegter Modussetzung extrapolieren dürfte? weit entfernt davon, chrakteristisch für das Rjnktionieren des Subjonctif als sprachliches Zeichen zu sein, stellen sie vielmehr die Ausnahme dar. Wenn in den ibero- und italoromanischen Sprachen die 'Beweislage' für die Annahme eigenständiger modaler Funktionen des Konjunktivs etwas günstiger ist, bleibt uns bei einer Beschränkung auf das Französische zunächst nur das Postulat, der Subjonctif enthalte einen redundanten Himreis auf die Modalität des Gesamtsatzes, vergleichbar etwa der Zusatztafel rappel an französischen Verkehrsschildern. Es erhebt sich nun aber die Frage, welche Modalitäten es sind, auf die dieser Modus hinweisen soll bzw. durch vrelche Gegebenheiten des übergeordneten Satzes er jeweils ausgelöst wird, und warum gerade durch diese und nicht durch andere. Mit anderen Worten, wann es hierbei nicht gelingt, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der zumindest annähernd alle Nebensätze mit Konjunktiv auf eine für sprachliche Könrnunikation nutzbare, relevante Weise charakterisiert, bleibt die Modusregelung für den Sprachbenutzer letztlich willkürlich und unmotiviert. Wir dürften dann zumindest für das Französische nicht länger vcn einem 'Modus' Konjunktiv sprechen, sondern z.B. nur von einer

12 'B-Pom* des Indikativs/Konditionals (so Rothe 1967), die mit der 'A-Form' nach eher kcnplizierten, aber bis auf Reste funktionslosen und zusammenhanglosen Regelungen alterniert. Allenfalls könnten wir die Konjunktivformen von den 'tiroirs' (Paradigmen) des Indikativs auf negativem Wege abgrenzen, indem wir ihnen eine primär tenporale oder aspektuale Funktion absprechen. Eine Möglichkeit, zu einer umfassenden Formel zu gelangen, hat man auch in dem erwähnten Umstand gesehen, daß der Konjunktiv durch seine Spezialisierung auf den untergeordneten Satz gegenüber Indikativ und Konditional, gerade im Französischen, relativ gut charakterisiert ist. Es geht allerdings nicht an, die Konjunktivformen einfach als Signal für syntaktische Unterordnung, also die Transposition von Sätzen zu Satzgliedern, zu interpretieren, da in abhängigen Sätzen bekanntlich auch der Indikativ/Kcnditional angesiedelt ist. Eine zusammengewürfelte Teilmenge der abhängigen Sätze als solche zu markieren, kann kaum als übergreifende gramratische Funktion bezeichnet Warden, selbst wann unter bestürmten Bedingungen etwa im Italienischen und Spanischen die Konjunktivform in konjunktionslosen Satzgefügen tatsächlich als Nebensatzmarkierung fungiert (vgl. auch 2.1.3): (15)

(It.) Pare sia giusto

(Sp.) Rogamos remitan las peliculas

Ansonsten ist die syntaktische Unterordnung in den romanischen Sprachen durch entsprechende Konjunktionen ja hinreichend als solche gekennzeichnet. Der letztgenannte Ansatz ergäbe nur dann einen Sinn, wenn man unterschiedliche Grade von Unterordnung annimmt, wie dies z.B. von Schmitt Jensen (1970) für das Italienische vorgeschlagen wurde, d.h. wenn man postuliert, daß konjunktivische Nebensätze eine stärkere Unterordnung und Abhängigkeit aufweisen als etwa indikativische. Eine derartige Annahme müßte allerdings durch unabhängige Kriterien begründet werden, um nicht zirkulär mit dem Auftreten der Madi selbst zu argumentieren. Es ist jedenfalls nicht möglich, den syntaktischen Sachverhalt der Unterordnung generell mit einer spezifischen korrrrunikativen Funkticn zu unterlegen, etwa nach der Devise 'Nebensätze handeln von Nebensächlichem' .4 Mag eine solche Korrelation z.B. bei einem Teil der Adverbialsätze bestehen (16a, b), für Cbjektsätze wie (16c-e) gilt sie jedenfalls nicht:

4

Eine durchgehende Unterscheidung von Parataxe und Hypotaxe haben die hier betrachteten Sprachen ohnehin erst seit dem Mittelalter entwickelt und dies nur für die formellen Register des Sprachgebrauchs; Dialekt und Alltagssprache weisen dagegen seit jeher fließende Übergänge von der Nebenzur Unterordnung auf, vgl. etwa frz. Tu restes au lit, gue je te dis. Paice gue sinon, ?a va empirer encore.

13 (16a) (16b) (16c) (16d) (16e)

Quoi qu'il dise, il faut toujours lui donner tort Apres qu'il avait/ait fini de pleuvoir, on a fait une promenade J'ai vu alors qu'il fallait continuer Je vous Signale que vous allez trop vite J'insiste pour qu'on y fasse attention

Diesen Beispielen ist aber auch kein eindeutiger Zusaitmenhang zwischen Maduswahl und Informtionsgewicht der Nebensätze zu entnehmen: anscheinend unabhängig davon, ob der Teilsatz die wesentliche Mitteilung, das eigentliche Rhema der Äußerung enthält oder nur eine Neberibemerkung innerhalb des Gesamtsatzes darstellt, tritt sein Verbum bald im Indikativ, bald im Konjunktiv auf. Dennoch ist der Faktor der kantnunikativen Gewichtung eines Teilsatzes, wie wir noch sehen werden, für das Verständnis des Modusgebrauchs keineswegs ohne Bedeutung. Zuvor aber wallen wir unseren Einstieg in die Modusprobleratik mit einem (bewußt vereinfachenden) Uberblick über die bisher erfolgten Annäherungsversuche und die verschiedenen Methoden der Beschreibung abschließen. 1.2.

Beschreibungsansätze und Methoden

1.2.1. Die Abstraktionsmethode Dieses Verfahren hat zweifellos die älteste Tradition und die meisten Anwendungsversuche aufzuweisen, so daß es auch einfach als 'herkcrrmliche Methode' apostrophiert werden könnte - ganz abgesehen davon, daß es als allgemeines heuristisches Verfahren in der einen oder anderen Form auch den übrigen noch zu behandelnden Ansätzen zugrundeliegt. Es sei zunächst mit einem Zitat vorgestellt: "Der Grundwert des Konjunktivs kann nur durch fortschreitende Abstraktion gefunden werden, indem man von den einzelnen Bedeutungen ausgeht und schließlich zu einem Wert gelangt, der alle Gebrauchsweisen in sich enthält und auf alle Gebrauchsvreisen anwendbar ist" (Schifko 1967 S. 176). Man kann sich die praktische Anwendung etwa folgendermaßen vorstellen: Ausgangspunkt sei der Satztyp: Je ne crois pas qu'il ait raison. Hier steht der Konjunktiv offenbar für einen nicht als faktisch behaupteten, ungewissen Sachverhalt (was wie gesagt dem Hauptsatz und nicht dem konjunktivischen Nebensatz zu entnehmen ist). Als nächstes ninmt man die deontisch modalisierten (finalen, volitiven u. dgl.) Sachverhalte hinzu, wie in: Ii faut/je veux qu'il sorte, denn was erstrebt wird, ist (noch) keine Tatsache (vgl. Soltmann 1914 u.a.). Einem solchen 'Konjunktiv der Willensäußerung' ließen sich zur Not auch noch die Konzessivsätze (Bien qu'il proteste, ... 'Soll er doch protestieren') zuordnen, wenngleich es sich dabei eher um eine historisch-genetische Herleitung als um

14 eine synchronische Funktionsbeschreibung bandelt, denn der Inhalt solcher konzessiver Nebensätze wird jedenfalls als realisiert angenommen. Dies gilt nun insbesondere auch für den Satztyp Je regrette qu'elle ait échoué, dessen konjunktivischer Nebensatz ja ebenfalls harte Blakten wiedergibt und damit jedem Verallgemeinerungsversuch auf einen dergestalt semantisch (dubitativ/ volitiv) formulierten Grundwert hin ein massives Hindernis in den Weg stellt. Hier spätestens nuß die semantische (den außersprachlichen Sachverhalt betreffende) Ebene in Richtung auf ein heileres Abstraktionsniveau verlassen verden, wenn das Verfahren zu einem positiven Ende gebracht werden soll. Drei solcher Metaebenen sind in der Forschung der letzten 100 Jahre vor allem aufgesucht vrorden, eine psychologische, eine logische und eine sozusagen inner-linguistische. Die erste ist gleichzeitig die älteste und die verbreitetste : man erklärt eine bestimrrte Schau oder Sehweise des Sprechers im Hinblick auf den fraglichen Sachverhalt für die ausschlaggebende Instanz bei der Moduswahl: "Le subjonctif exprime, dans sa valeur fondamentale, un procès sinplenent envisagé dans la pensée, qui lui donne la teinte d'une interprétation ou d'une appréciation (à l'inverse de l'indicatif, qui actualise le procès en le situant dans l'une des trois époques de la durée) " 10 5 (Grevisse 1975 § 746). Diese von Clédat 1923 geprägte und durch Grevisses Bon usage weithin verbreitete Formel wurde aber auch im europäischen Strukturalisrrus getreulich überliefert, von Gougenheims Système grammatical (1938) bis zu Martinets Grammaire fonctionnelle du français (1979). Auch die Position von Schifko (1967) weicht nicht substantiell von dieser Tradition ab, die im übrigen schon in Grcber (1904) einen Vorläufer hat. Das zvreite, von uns 'logisch' genannte ibstraktiansrtuster hat einen seiner bekanntesten Vertreter in Dancurette-Pichon : "Le subjonctif indique un fait sur lequel on n'apporte pas d'assertion" (1911-1950, V, S. 590). Diese Richtung umfaßt neben älteren Autoren wie Kalepky eine Reihe ven Linguisten vor allem der generativen und postgenerativen Ríase der Forschung, wie Bronzi (1979), Lavandera (1983). Stairmerjohann scheint also nicht zu ahnen, welch lange Ahnenreihe seiner eigenen Formel vorausgeht: "im Subjcnctif ist die Assertion, die Opposition ven Affirmation und Negation neutralisiert

Der Modus Sub-

jonctif steht bei Assertionsindifferenz, Vagheit ist seine Definition" (1983 S. 81, 85). Die dritte, die 'linguistische' Abstraktion vollzieht sich im Rahmen der

5

Wenn man sie nicht sogar bis auf den Enzyklopädisten du Marsais zurückverfolgen kann (vgl. Damourette-Pichon, V, § 1931)!

15

Sprachtheorie Saussures und deren kategorischer Unterscheidung zwischen langue als der abstrakten Ebene des Sprachsystems und parole als der konkreten, d.h. empirisch zugänglichen Ebene der spezifischen einzelnen Gebrauchsweisen sprachlicher Ausdrücke. Die auch hinsichtlich der Zahl der Vertreter bedeutendste langne-Theorie des Konjunktivs ist die des französischen Linguisten G. Guillaume und seiner Schule, die jahrzehntelang die Syntaxforschung in Frankreich beherrscht hat. Ihrzufolge besteht das Wesen des Subjonctif darin, keine Zeitstufendifferenzierungen ausdrücken (Guillaume: "le mode du tenps amorphe") und daher einen Sachverhalt nur unvollständig "aktualisieren" zu können. Aus diesem abstrakten Grundwert seien die vielfältigen Gebrauchsbedingungen und sog. "Nutzvrerte" des Modus abzuleiten. Dieser Theorie sind neben orthodoxen Guillaumisten wie Moignet, Barrai, Warnant auch Modusforscher wie Iiribs, Bonnard, Hilty und sein Schüler Wunderli verpflichtet. Es ist nicht zu übersehen, daß diese drei Abstraktionsmuster teilweise miteinander kcirpatibel und ineinander konvertibel sind; die Unterschiede liegen teils in den Ausgangspunkten und cten allgemeinen theoretischen Voraussetzungen, teils in der Akzentuierung bestimnter Faktoren und Aspekte, teils auch in ihrer Eignung zur Operationalisierung und ttaformulierung in empirische Testverfahren. So läuft etwa die Behauptung, der konjunktivische Satz drücke einen nur vorgestellten oder nicht aktualisierten Sachverhalt aus, darauf hinaus, daß er nicht assertiert (noch in Abrede gestellt) sein kann; wie schon bemerkt, bedeutet Assertionsindifferenz allerdings nicht notwendig Tempusindifferenz. Geneinsam ist den dreien die negative Definition des Konjunktivs als einer Form, der etwas abgeht, was dem Indikativ zukcnntt bzw. van diesem geleistet werden kann (Defizithypothese); man vergleiche hierzu Charakterisierungen des Konjunktivs als "Knappform" (Kalepky), "Sparform" (Heinrich, Wunder Ii) . 6 Aus dieser partiellen Äquivalenz der drei Typen dürfen wir weiter folgern, daß sie entweder alle falsch sind oder aber alle zumindest einen wahren Kern enthalten müssen. Der Qualitätsunterschied wäre also graduell und läge im jeweiligen Grad ihrer Leistungsfähigkeit als umfassende und plausible Erklärung der Gegebenheiten und als Basis für eine präzise und praktikable Beschreibung der Einzelfakten. So kann gegen die in psychologisierende Termini wie 'Schau' 6

Im Vergleich zu den 1 Defizittheorien 1 sind die 1 Mehrwerttheorien' deutlich in der Minderheit. Ihnen zufolge besitzt der Konjunktiv gegenüber dem Indikativ ein zusätzliches Inhaltsmerkmal wie 'Subjektivität' oder 'Expressivität' (Van der Molen, Glättli, Le Bidois, M. Wandruszka); sie alle bedienen sich der psychischen Abstraktionsebene, im Unterschied zu den ansonsten ähnlichen Charakteristiken als 'Emphaseform* (Hunnius), 'Hervorhebung einer Alternative' (Martins Ferreira).

16 (visée), 'Vorstellung', 'erfassen' gekleideten Theorien im Bereich der Grarrmatik (hier Typ 1, teilweise auch Typ 3) folgendes eingewandt werden: Ctogleich natürlich kein Zweifel darüber besteht, daß jeder sprachlichen Äußerung direkt oder indirekt eine bestinrtte psychische Realität zugrundeliegt, läuft ein solcher Ansatz Gefahr, zu einseitig auf Weitsicht und Ausdrucksbedürfnis des Sprechers ausgerichtet zu sein und die wesentliche kommunikative Funktion des Werkzeugs Sprache, d.h. die Funktion der wie auch inner gearteten Beeinflussung des jeweiligen Errpfängers, aus dem Blick zu verlieren. Die Funktionalität einer sprachlichen Form wird sich irritier auch daran bemessen, inwieweit sie für den jeweiligen ürpfänger von Interesse ist. Wir haben es hierbei zwar mit den beiden Seiten einer Medaille zu tun, der koimunikative Gesichtspunkt verschafft uns aber den Vorteil, in einem strikt linguistischen Rahmen argumentieren und formulieren zu können und durch die Miteinbeziehung des Bipfängers und seiner Reaktion eine weitere Instanz zur Überprüfung unserer Annahmen zur Verfügung zu haben. Wenn wir damit also zuvörderst nach der intendierten Wirkung des Einsatzes bestimmter sprachlicher Mittel fragen, soll der Frage nach der in der Sprache möglicherweise zum Ausdruck könnenden Weltsicht des Sprechers nicht die Legitimität abgesprochen werden, sofern diese im Einzelfall nicht wieder nur mit der Verwendung der Form und diese mit der Weitsicht begründet wird; die prognostische Kraft einer solchen Theorie wäre sicher nicht sehr hoch zu veranschlagen. An jede linguistische Theorie ist der Anspruch zu stellen, daß sie ertp irisch itoerprüfbar ist, durch etwa ihr wider sprechende Belege widerlegt oder auch erweitert, präzisiert, verbessert vœrden kann. Es sollte also in unserem Fall unabhängig von der jeweils erfolgten ifoduswahl zu erkennen sein, ob die vcn der Theorie formulierten Bedingungen für diese Wähl erfüllt sind oder nicht. Einer solchen Forderung entspricht am ehesten das Kriterium des 2. Typs 'Assertionsneutralität' : Offenkundig nicht assertiert sind z.B. konjunktivische Sätze mit deontischen und epistemischen Modalwerten. Von der Definition des Assertionsbegriffes hängt es ab, wie man Sätze des Typs (17a, b) beurteilt: (17a) Le fait qu'il soit riche ne constitue pas en soi un crime (17b) Il arrive (arrivait) que Catherine sorte (sortît)

Wie wir noch sehen Verden (vgl. 1.2.4.), müssen nicht alle sprachlich als 'Tatsache' markierten Sachverhalte assert iert sein. Aus dem Uhistand übrigens, daß der mit Satz (17b) exenplifizierte Konjunktivgebrauch im Französischen erst neueren Datums ist, ergibt sich darüber hinaus die Forderung, daß auch eine synchronisch-funkticnelle Theorie sich abzeichnenden historischen Entwicklungen und Tendenzen Rechnung tragen, jedenfalls nicht mit ihnen ihkotrpatibel sein sollte.

17 1.2.2. Die strukturalistische Methode Wir wollen darunter das Verfahren samt der dazugehörigen Begrifflichkeit verstehen, das die Ehcnologie europäischer Prägung zur Inventarisierung und Analyse vcn Ehonemsystemen entwickelt hat. Darnach können zwei laute in einer bestimmten Umgebung zueinander in Opposition stehen und damit diskrete funktionale Einheiten (Phoneme) repräsentieren oder aber sich in Variation befinden, d.h. entweder fakultative (freie) oder konbinatorische (umgebungsbedingte) Varianten ein und desselben Phonems darstellen. Welche Relation im Einzelfall vorliegt, wird durch wechselseitige Substitution der in Frage kennenden Einheiten innerhalb der betreffenden Umgebung ermittelt. Grosso modo ergeben sich hierbei folgende Möglichkeiten:' (1) Austausch ist zulässig und führt zu einer Bedeutungsveränderung des Ausdrucks bzw. zu einem neuen Ausdruck: französisch voue vs. boue. (2) Austausch ist zulässig, ohne damit die Bedeutung des Ausdrucks bzw. die Identität des Zeichens zu verändern: französisch voue mit verschiedenen Spielarten des r (Zungen-r vs. Zäpfchen-r, etc.). (3) Austausch ist in einer oder mehreren Umgebungen nicht zulässig, wohl aber in anderen Umgebungen: deutsch lieb vs. *liew, aber Beil vs. weil. (4) Austausch ist in keiner Umgebung zulässig (führt zu unverständlichen bzw. als falsch oder abweichend bewerteten Ausdrücken): deutsch schlicht mit ac/j-Laut, Schlacht mit ich-Isat. In (1) liegt eine distinktive Opposition vor, in (2) eine fakultative Variation, in (3) eine neutralisierte Opposition und in (4) eine kombinatorische Variation. Die Fälle (3) und (4) kann man als 'Automatik' zusammenfassen, da die Entscheidung über die Wahl des Lautes nicht beim Sprecher liegt, sondern allein durch die Umgebung festgelegt wird. Dieses Verfahren läßt sich auch an einem Verzweigungsdiagraitim veranschaulichen:

Ist Austausch von A gegen B in Umgebung U zulässig? nein

distinktive Opposition

Führt er zu Sinnveränderung? nein ja

neutralisierte Opposition

Ist er in anderen Umgebungen zulässig? nein

7

freie Variation

kombinatorische Variation

Zur Anwendung auf den Konjunktiv vgl. Übung 10.

18

Diese Analysemethode wurde zuerst •von W. Rothe (1967) in aller Form auf den französischen Subjonctif angewandt. Das Resultat kann man sich nach dem bisher Gesagten mühelos vorstellen: In der erdrückenden Mehrzahl der Fälle beherrscht Automatik die Modus Setzung; der Bereich der Opposition ist demgegenüber so klein, daß man den Subjonctif im Rahmen dieser Theorie am besten als kcnbinatorische Variante des Indikativs ansieht, zumindest aber die Opposition zwischen den beiden Farmen bis auf einige Funktionsreste als neutralisiert bezeichnen muß. Das strukturalistische Verfahren ist für sich gesehen unanfechtbar, bewiesen wird aber damit nur, daß der Subjonctif in semantisch-referentieller Hinsicht selten (mehr) als eigenständiger Fuhktionsträger auftritt, über eine mögliche Funktionalisierung der Modi auf einer anderen Strukturebene der Sprache ist damit nichts ausgesagt, ebensowenig wie über die Möglichkeiten einer einheitlichen Beschreibung der Bedingungen, die dieser konbinatorischen Variation zugrundeliegend 1.2.3. Der quantitativ-statistische Ansatz Dieser im Vergleich zu den bisher behandelten theoretisch zunächst weniger anspruchsvolle Zugang zur Kaijunktivprcblematik besteht darin, ein möglichst repräsentatives und bezüglich der herangezogenen Quellen genau spezifiziertes Korpus vcn Belegen (die in der Regel die Satzgrenze nicht überschreiten) im Hinblick auf die Textfrequenz der verschiedenen Modi und soweit möglich auch hinsichtlich bestimnter quantifizierbarer Begleiterscheinungen ihrer Verwendung auszuwerten. Die typischen Vertreter dieser Arbeitsweise bekennen sich nicht selten als entschiedene Gegner jedes theoretischen Apriorisnus und aller Versuche, syntaktische Probleme anders als mit rein syntaktischen Begriffen anzugehen: "L'interprétation logique, philosophique, métaphysique mâre du subjonctif français ne présente pour nous qu'un intérêt secondaire" (Nordahl 1969 S. 10). Dieser Ansatz liefert insbesondere wertvolle Daten für den Bereich der Variation, der gerade beim Konjunktiv größer ist, als die normativen (und die meisten deskriptiven) Granmatiken ventuten lassen, und der auf allen Ebenen des Sprachgebrauchs im 20. Jahrhundert im Zunehmen begriffen ist. Damit hat auch das von Rothe (1967) gezeichnete Bild eines weitestgehend vcn 8

Es sei hier vermerkt, daß die generative Transformationsgrammatik keine Methode zur Analyse des Konjunktivs anbieten kann. Im Gegenteil benötigt sie gewissermaßen vom Start weg eine Entscheidung über den semantischen Wert oder Nicht-Wert der Modi: je nachdem, wie diese ausfällt, sind sie in einer frühen oder aber in der abschließenden Phase der Satz 1 erzeugung' einzuführen. Der transformationeil arbeitende Grammatiker (z.B. Gross, Ruwet, Rentsch) muß die fragliche Entscheidung also von anderen übernehmen oder sie mit nicht-transformationellen Methoden herbeiführen.

19 'Automatik' regierten Modusgebrauchs (Rothe -vergleicht ihn mit der Genuskongruenz von Substantiv und Attribut) erhebliche Einschränkungen und Differenzierungen erfahren. In weiten Bereichen der Modussyntax treten an die Stelle deterministischer Hegeln eine ganze Reihe von Faktoren, die das Auftreten des Subjonctif bald begünstigen, bald behindern, von den Spielarten der Satzkonstruktion und der Satzbedeutung bis hin zum einzelnen Tempus oder zur Person, in der eine Verbform des Haupt- oder Nebensatzes auftritt. Inwieweit ein solches komplexes Zusaitrrenspiel von morphologischen, syntaktischen, semantischen und kommunikativen Faktoren auch außerhalb des Französischen vorliegt, ist venig erforscht, doch zeigt sich zumindest im Italienischen der Gegenwart eine zunehmende Tendenz zur Variation im Modusgebrauch. Nur mittels statistischer Auszählung ist z.B. die tatsächliche Gültigkeit oder 'Akzeptanz' der hergebrachten Regel 'il semble que + Subjonctif, il me semble que + Indicatif' (vgl. Grevisse

10

1975 § 998) zu verifizieren: sie gilt nach Nardahls Erhe-

bungen in 77,2% bzw. 95,5% aller Vorkommen. Ähnliche Erhebungen haben Grammatiker veranlaßt, bei der Modussetzung nach le fait que, l'idée que oder im Relativsatz nach z.B. le premier / dernier genauer nach Untergruppen zu differenzieren und in jedem dieser Fälle eine deterministische Regel durch eine probabilistische Tendenz zu ersetzen. Zwar ist das quantitative \ferfahren - das übrigens eine ausgesprochene Domäne der skandinavischen Romanisten darstellt am sichersten und am reinsten bei der Erfassung von Einzelausdrücken wie den vorgenannten zu handhaben, doch läßt es sich natürlich auch mit dem Schritt auf eine hchere Abstraktionsstufe (Typ 1) kombinieren. Dies geschieht etwa in der zitierten Studie von H. Nordahl, der zunächst nach mehr oder minder evidenten (wenn auch nicht inner explizit begründeten) inhaltlichen Kriterien ein 'volitives', ein 'subjektives' und ein 'dubitatives' Teilsystem beim Subjonctif im Koiplementsatz unterscheidet und für jedes dieser Teilsysteme getrennte Erhebungen vorniamt. Wo der Schritt zur Verallgemeinerung unterbleibt, besteht die Gefahr, daß sich die Beschreibung auflöst in Listen von Einzelausdrücken samt ihrer jeweiligen Modussyntax und -statistik, d.h. daß vor lauter Bäumen der Wäld nicht mehr in den Blick kormtt. Semit lassen gerade die dem 'statistica! approach' verpflichteten Arbeiten erkennen, daß es zur verstehenden Erfassung der sprachlichen Fakten einer linguistischen Theorie bedarf. Gleichwohl liefert das quantitative Verfahren unentbehrliche Köntrollinstanzen für jeden Versuch, eine solche Theorie aufzustellen: soll sie empirisch adäquat sein, so darf das Material nicht (nur) aus der Schulgranmatik stammen, und selbst eine umfangreiche, aber unsystematisch durch Zufallsfunde bei der Lektüre zusammengekommene Belegsairmlung wie die von Cohen (1965) muß methodologisch als überholt gelten.

20

1.2.4. Konmunikationsbezogene (pragmatische) Ansätze Die Termini pragmatisch, Pragmatik, so wie sie hier verwandet werden, beziehen sich auf Paktoren und Formen des sprachlichen KontnunikationsvDrganges selbst, im Unterschied zur Semantik, die sich primär mit den Beziehungen zwischen sprachlichen Pannen und damit wiedergegebener außersprachlicher Vfelt bzw. im Text erschaffener Vfelt befaßt. Zu den Untersuchungsgegenständen der Pragmatik gehören also die Beziehungen zwischen den Teilnehmern an der Konnunikation (Sender und Qipfänger), etwa der Handlungscharakter von Sprechakten, soweit sie sich als soziales Verhalten verstehen lassen - überhaupt die intentionale Funktion von Äußerungen, aber auch die Rahmenbedingungen und Formen der Übermittlung sprachlicher Botschaften, Ablauf und Funktionieren der Kenmunikation. Während man semantische Inhalte im Prinzip auch isolierten, kentextlosen morphologisch" lexikal ischen Einheiten zuordnen kann (wie dies in Granmatiken und Wörterbüchern ja geschieht), pflegen pragmatische 'Inhalte' erst auf der Ebene der Äußerung, sei es der Einzeläußerung, sei es des Textes, greifbar zu werden. Stark vereinfachend könnte man formulieren: die Semantik betrifft das 'Was' und 'Worüber', die Pragmatik das 'Wie1 und 'Wbfür' der Kürmnunikation. Da freilich bei nahezu jeder Äußerung gleichzeitig semantisch und pragmatisch zu interpretierende Signale übermittelt werden, ist eine trennscharfe Darstellung der beiden 'Wellenbereiche' nicht imter möglich. Ihre relative Ausprägung ist auch von der jeweiligen Textsorte abhängig: je stärker in einem Text Sender und Qrpfänger selbst bzw. ihr Verhältnis zueinander deminieren (z.B. 'sich streiten', 'sich versöhnen'), desto mehr tritt die pragmatische Ebene in den Vordergrund, während sie etwa im Text eines Wirtschaftsberichtes oder einer Einführung in die Kanjuriktivprcblematik eine weniger bedeutende Polle spielt, zumal bei gedruckten Texten der Qrpfänger für den Sender anonym bleibt. Gramtatische Farmen und Kategorien können sowohl semantischen als auch pragmatischen Zwecken dienen. Wird beispielsweise durch ein Irrparfait ein Geschehen als 'habituell' gekennzeichnet, so ist dies ebenso wie die tenporal-deiktische Angabe 'zurückliegend' eine semantische Funktion; dient es hingegen der Ebrrrulierung einer höflichen Bitte oder der Strukturierung eines narrativen Textes in Vordergrund und Hintergrund, so sind dies pragmatische Funktionen. Solche übernimmt insbesondere die Wortstellung; je weniger starr sie fixiert ist, desto mehr kann sie für die kennunikative Reliefgebung (rnise en relief, Hervorhebung, Tcpikalisierung) genutzt werden, und jeder Sprecher weiß mit der Tatsache umzugehen, daß nicht alle Satzteile das gleiche Gewicht, den gleichen Informationswert innerhalb des Rede Zusammenhanges haben. So läßt sich die Tendenz beobachten, das an den vorausgehenden Text anknüpfende Element - etwa

21 ein entsprechendes Adverbial, häufig auch das Subjekt - an den Satzanfang zu stellen und das Satzglied mit der wichtigsten (neuen) Information an das Qide des Satzes. Es scheint unmittelbar einsichtig, daß eine solche Linearisierung dem Hörer die korrekte Aufnahme und Verarbeitung der ihm zufließenden Information im allgemeinen leichter macht als die umgekehrte Anordnung. Daneben können auch intonatorische Mittel zur unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen Informationseinheiten zum Zuge. Die so verstandene pragmatische Struktur von Sätzen oder Texten wird durch das Thema-Rhema-Modell abgebildet - von den Vertretern der Prager Schule auch 'Funktionale Satzperspektive' (FSP) genannt. Diese Forschungsrichtung hat seit den sechziger Jahren zunehmend an Umfang und Aktualität gewonnen, ohne freilich zu einem begrifflichen oder auch terminologischen Konsens zu gelangen. Die Vielfalt der vorgeschlagenen Benennungen und Definitionen deutet vielmehr darauf hin, daß die in diesem Rahmen untersuchten Phänomene nur scheinbar einfach und direkt faßbar und einsichtig sind (zur ersten Information vgl. Lutz 1981, Wandruszka 1984). Geläufige Definitionen oder Umschreibungen für Uiema (frz. theme, engl, auch topia) sind: 1 vrorüber etwas mitgeteilt wird/ Ausgangspunkt der Äußerung/ was an den Vortext anknüpft/ was schon bekannt ist/ was den geringsten Mitteilungswert hat'; für Rheim (auch Fokus, frz. propos, engl. eomment u.a.): 'was über das Thema mitgeteilt wird/ Zielpunkt der Äußerung/ was neu ist/ was die Konirunikation am stärksten vorantreibt/ was den höchsten Mitteilungswert besitzt'. Welche dieser in der praktischen Anwendung nur zum Teil gleichvrertigen, d.h. das gleiche Resultat erbringenden Formeln man vorziehen wird, hängt von einer Reihe weiterer Annahmen ab: da alle Sätze oder nur ein bestürmter Teil davon eine Thema-Rhema-Gliederung aufweisen, ob ein Satz nur ein einziges oder auch mehrere Themen enthalten kann, ob ein Satz ohne Rest in eine thematische und eine rhematische Konstituente zerlegbar ist, ob die Thema- bzw. Rhema-Eigenschaft jeweils nur einem Satzglied ungeteilt zukamt oder ob Thematizität/Rhematizität skalare Größen sind, die jedem Satzglied in geringerem oder stärkerem Ausmaß zugewiesen sind. Bei alledem stellt sich die Frage nach der Jßglichkeit einer objektiven Messung dieser abgestuften Informationswerte der einzelnen Satzglieder. Was hat dies nun mit dem Konjunktiv zu tun? Als Antwort sei die folgende Hypothese aufgestellt: Der Subjonctif und allgemein der romanische Konjunktiv tritt nicht in Sätzen auf, die ein Faktum wiedergeben und zugleich rhematisch sind (als Mitteilungsziel fungieren). Bevor wir in Kapitel 2 diese Hypothese an der Kasuistik des Konjunktivs

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erproben können, bedarf sie allerdings noch einiger Erläuterungen. Gegenüber anderen Hypothesen zum Grundwert des Konjunktivs besitzt sie zunächst den Vorzug, einerseits sehr allgemein gehalten zu sein, indem lediglich zentrale Begriffe der linguistischen Theorie verwendet werden, andererseits aber auch eirpixisch relativ gut überprüfbar zu sein. Letzteres gilt nicht nur für das Kriterium der Faktizität, womit die Eigenschaft einer Proposition gemeint ist, vom Sprecher bzw. dem jeweiligen Protagonisten für wahr gehalten zu Warden, sondern auch für das Kriterium der Rhematizität (Mitteilungsziel), da der relative Mitteilungswsrt von Gliedsätzen vergleichsweise sicher zu bestimmen ist. Innerhalb der zweigliedrigen syntaktischen Struktur eines HauptsatzNebensatz-Gefüges geht es zunächst einfach darum, die beiden Tteilsätze als Ganze unter diesem Gesichtspunkt miteinander zu vergleichen. Einer von ihnen fungiert als Rhema, d.h. er enthält den Schwerpunkt der Aussage, das Mitteilungsziel; ob der jewsils andere als Thema bzw. als thematisch gelten soll, sei hier einmal dahingestellt. Reichen im allgemeinen die beiden Kriterien 'faktisch' und 'rhematisch' aus, um den Ausschluß des Konjunktivs aus bestimmten Satzumgebungen zu begründen, so kctnmt doch in einigen Fällen ein weiteres hinzu in Gestalt der definiten Referenz. Diese liegt vor, wenn sich ein sprachlicher Ausdruck, z.B. ein Nebensatz, auf spezifische Sachverhalte oder Objekte bezieht. Bei indefiniter Referenz ist das nicht möglich, etwa mangels Angabe eines Zeitraums oder einer Quantität, d.h. eines Geltungsbereichs der Aussage. Indefinite Referenz kennzeichnet bestürmte konjunktivische Nebensätze, so etwa in (17b), Kap. 2.1., (23)-(25), 2.2. (19a), (46-49). Innerhalb des nicht-verneinten Aussagesatzes läßt sich wohl die definite Referenz als eine enger gefaßte Faktizität verstehen. Die Konbination der Merkmale 'faktisch' bzw. 'definit referierend' und 'rhematisch' verleiht nun dem Teilsatz einen bestinntten konrunikativen Charakter, den wir hier als 'eigenständige Mitteilung' oder kurz als Mitteilung bezeichnen wollen. Mit solchen .Äußerungen oder Teilen von Aißerungen wird ein für faktisch gehaltener ('positiver' oder 'negativer') Sachverhalt dem jeweiligen Adressaten mitgeteilt oder auch, mit einer geringfügigen begrifflichen Akzentverlagerung, assertiert (behauptet, festgestellt). Die eigentliche sprachliche P o m der Assertion, hier im Sinne eines spezifischen Sprechakttypus verstanden, ist zwar der unabhängige Hauptsatz (Deklarativsatz) und nicht der uns hier primär interessierende abhängige Satz. Wir kennen aber vorläufig unterstellen, daß faktischrhematische Teilsätze einen irrpliziten Assertionscharakter besitzen, den es anschließend noch aufzuzeigen gilt. Im folgenden wird jedenfalls der Ausdruck 'assertieren/Assertion' neben und gleichbedeutend mit 'mitteilen/Mitteilung' verwandet werden.

23

Wir kämen nun unsere Hypothese auch so famulieren: Sätze, die einen Sachverhalt mitteilen/assertieren, tun dies ausschließlich mittels des Modus Indikativ; der Konjunktiv kann folglich nur in Sätzen nicht-mitteilenden Charakters auftreten. Solche Sätze sind deswegen aber nicht seine exklusive Domäne, denn auch in diesem Bereich ist der Indikativ präsent, wie (abgesehen von der in 1.2.3. angesprochenen Madusvariation) die Sätze (18) und (19) illustrieren, deren indikativische Nebensätze entweder nicht rhematisch oder nicht faktisch sind: (18) Je ne voudrais pas que tu la prennes comme on boit/ boirait un verre d'eau (19) Ce parfum, qui est pourtant cher, ne produira guère l'effet voulu

Am deutlichsten wird die Konkurrenz des Indicatif im ureigenen Anwendungsbereich des Subjonctif wohl bei den indirekten Fragesätzen, wo jede andere Konjunktion als que zum Indikativ führt:9 (20) Je ne vois pas comment on peut (aber: qu'on puisse) proposer de faire du ski sur le toit de la maison - On comprend alors pourquoi on en vient (qu'on en vienne) aux prises avec ces gens-là

Auch unter diesem Aspekt erweist sich also der Indikativ als der extensive (unmarkierte) Term in der Opposition zwischen ihm und dem Konjunktiv. Nebenbei ergibt sich daraus auch die prinzipielle Unmöglichkeit einer 'positiven' Gesamtformel oder -regel, welche vorhersagen würde, wann der Konjunktiv, und nur er, zu stehen hätte. Was die enpirische Überprüfbarkeit unserer Hypothese anbelangt, so hat Bolinger (1968) ein interessantes \ferfahren vorgeschlagen, im den Mitteilungscharakter abhängiger Sätze zu testen: Läßt sich im Englischen der Nebensatz (Qbjektsatz) wahlveise auch als selbständiger Satz dem Hauptsatz voranstellen, vrcbei die Konjunktion that getilgt wird, so steht in dem entsprechenden französischen (spanischen) Satz der Indikativ, andernfalls erscheint der Konjunktiv: (21a) (21b) (21c) (22a) (22b) (22c)

I believe (that) they are ready They are ready, X believe Je crois qu'ils sont prêts (Creo que estân listos) I don't believe (that) they are ready *They are ready, I don't believe Je ne crois pas qu'ils soient prêts (No creo que estên listos)

Dieses und andere der \ron Bolinger vorgeführten Beispiele ließen sich auch ins Deutsche übertragen, wie etwa (23-24):

9

Das Italienische, zumindest in seinem formellen Register, bevorzugt dagegen den Konjunktiv im indirekten Fragesatz, vgl. 2.2.3.

24 (23a) (23b) (23c) (24a) (24b) (24c)

Er sagt, daß sie Hut hat Sie hat Mut, sagt er Il dit qu'elle a du courage Er will, daß sie Geduld hat *Sie hat/habe Geduld, will er Il veut qu'elle ait de la patience

Es bleibt noch im einzelnen zu ermitteln, In welchem Urnfang und ggf. mit welchen Modifikationen dieser Test nicht nur kontrastiv (germanisch-romanisch), sondern auch innerhalb des Französischen funktioniert. Nach Borillo (1982) ist die Nachstellung im Prinzip bei mehreren hundert "verbes assertifs" möglich, die sowohl Verben des Behauptens wie solche des Erkennens und Wahrnehnens umfassen, z.B. in (25a) On croit/espère qu'il viendra tôt (25b) Il viendra tôt, croit-on/espëre-t-on

Xnnerhin können wir uns schon jetzt das Prinzip, auf dem Bolingers Test beruht, zunutze machen: Ein Nebensatz, der sich in einen selbständigen Aussagesatz umwandeln läßt, ohne daß dadurch sein kotirunikativer und modaler Status wesentlich verändert wird, hat den Charakter einer Mitteilung im angegebenen Sinne und kann daher keinen Konjunktiv aufweisen. Keine Mitteilung enthalten solche Nebensätze, die kein Faktum wiedergeben, wie z.B. in (22c) oder (24c), aber auch solche, die diese Bedingung zwar erfüllen, das Faktum aber nicht assertieren, da es als bekannt vorausgesetzt (präsupponiert) wird, wie etwa in: (26a) *Du bist abgefahren, bedauert er (26b) Il regrette que tu sois partie (27c) *Tu es/sois partie, regrette-t-il

Dieser Ttest ergibt für alle drei in Kap. 2 vorgestellten Haupttypen des Konjunktivs, den volitiven, den dübitativen und den thematischen, die gleichen Resultate. Er ist offenkundig in Zusammenhang zu bringen mit der Annahme verschiedener Grade der (kcnmunikativen) Unterordnung von Nebensätzen. Nicht in selbständige Sätze transformierbare Cbjektsätze^ würden dementsprechend einen heileren Abhängigkeitsgrad aufweisen, und der Konjunktiv wäre als Exponent dieses 10

Adverbialsätze und determinierende (restriktive) Relativsätze sind nicht in gleicher Weise in selbständige Sätze unwandelbar. Zur Abhängigkeit von Objektsätzen vgl. Wüest (1980) , der eine hohe positive Korrelation zwischen obligatorischem daß im Dt. als explizitem Anzeiger der Subordination und obligatorischem Subjonctif im Franz. feststellt. Auch läßt sich eine deutliche Affinität zwischen den konjunktivischen Nebensätzen und den noch stärker untergeordneten Infinitivphrasen beobachten (etwa bei sans que/ avant que neben sans/avant de + Inf.), erst recht übrigens im Rumänischen und in anderen Balkansprachen, wo der Konjunktiv den Infinitiv z.T. regelrecht ersetzt hat.

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Merkmals zu betrachten oder mit anderen Worten, die Merkmale 1 Subordination' und 'Nicht-Mitteilung' stellen sich als die beiden Seiten ein und derselben Medaille dar. Von da aus erklären sich auch gewisse irtmer wieder auftretende Tendenzen unserer Sprachen, den Konjunktiv ohne Rücksicht auf die semantischpragmatischen Gegebenheiten zu einem Kennzeichen rein formal syntaktischer Unterordnung 'umzufunktionieren'; für die Rxnania hat dies etwa Badla Margarit (1953) herausgestellt. 1.3.

Fortschritt in der Forschung?

Die Überfülle der bisher zum Therta Konjunktiv publizierten Arbeiten könnte den Anschein erwacken, als drehe sich die (romanistische) Forschung seit hundert Jahren mehr oder weniger im Kreis und ersetze nur irtmer wieder die alten Formulierungen durch neue, ohne die Sache selbst dabei in den Griff zu bekamen. Ein solcher Eindruck ist sicher zum Teil berechtigt, etwa wenn man an die oft recht gekünstelten Abgrenzungen zwischen den Spielarten der 'Defizithypothese' (vgl. 1.2.1.) denkt, mit all ihren terminologischen Variationen vcn 'Realität' und 'Aktualität', 'Kbnkretheit* und 'Virtualität'. Wiederholungen, redites, finden sich nicht nur bei den Versuchen, zu einer Glcbalforrtel zu gelangen, sondern bis in Detailbeobachtungen und Einzelargumente hinein. Hinzu koimrt noch, daß von Jahr zu Jahr die ältere Borschungsliteratur inner weniger aufgenannen und verarbeitet wird, was im übrigen in der heute weltweiten Linguistik schon mangels Verbreitung ausreichender Deutschkenntnisse erschwert 11 ist - Sprachbarrieren zwischen Sprachwissenschaftlern. Dennoch täuscht der Anschein einer hilflos-chaotischen Meinungspluralität. Die Fortschritte in der Kenntnis und im Verstehen der Modussyntax sind in diesem Jahrhundert beträchtlich, wenn sie auch in der wissenschaftlichen Diskussion nur langsam und bis heute unvollständig rezipiert worden sind. Am augenfälligsten ist zunächst der Fortschritt in der Erfassung der faits bruts, der empirischen Daten des Sprachgebrauchs, vor allem im Französischen. Die Literatur der ersten Jahrhunderthälfte diskutiert weithin auf der - schon damals irrigen Grundannahme einer einheitlichen, stabilen Norm, operiert vielfach mit selbsterdachten Belegsätzen und führt nur in besonderen Fällen einzelne Originalzitate aus der Belletristik an, über deren rechte Auslegung dann hin und her 11

Als Musterbeispiel für scharfsinnige Kritik an vorausgehenden Konjunktivtheorien, von denen sich die eigene Hypothese aber nur verbal unterscheidet, wäre Hanse (1960) zu nennen, als Extremfall einer von jeder Forschungstradition unbeleckten 'Neuentdeckung' dubitativ-affektiver Grundwerte des Konjunktivs Nathan-Epro (1984).

26

gestritten wird: die Interpretation hat Vorrang vor der Description. Seither sind mehrere umfangreiche Belegsaxrmlungen erschienen, angefangen bei dem Pionier Van der Molen (1923) über die große Granmatik vcn Damourette und Pichon bis zu Cohen (1965) und Rothe (1967). Mitte der sechziger Jahre beginnt dann die Ära der Skandinavier, die mit der .Auszählung geschlossener Textcorpora auch methodisch eine neue Stufe erreichen: die Liste der einschlägigen Studien geht von Börjeson und Ronsjö (beide 1966) bis (vorläufig) zu Eriksson (1979). Die mit der ertp irisch-quantitativen Methode einhergehende Beschränkung auf Teilgebiete des Kdnjunktivgebrauchs wie Korrpletivsatz, Relativsatz und noch speziellere Umgebungen ist wohl kaum als Nachteil zu werten und hat im übrigen mit der Grammaire française von Togeby (1982) eine Synthese gefunden, die allen anderen Referenzgranmatiken an schierem Faktenreichtum um ein Vielfaches überlegen ist. Auch für ältere Sprachstufen des Französischen haben Moignet (1959), Wunderli (1970), Lau (1970), Silenstam (1973) eine breite Materialbasis vorgelegt, so daß heute eigentlich nur noch für die gesprochenen und informellen Varianten des Französischen (ebenso des Italienischen, Spanischen...) eine repräsentative Datenerhebung aussteht. Weniger eklatant als die Fortschritte in der Erfassung der Fakten sind die Verbesserungen und Verfeinerungen der Analyseverfahren. Eazu zählt jedenfalls die v.a. durch Damaurette-Pichon eingeführte Trennung von Sprecher und Protagonist eines Satzes (dazu Kap. 2.2.), ferner die systematische Anwendung der Küimutationsprobe (1.2.2.), die über Umfang und Grenzen einer semantisch motivierten Koaijunktivsetzung objektive Auskunft gibt, ebenso wie über das ganze Ausmaß ihres Eingebundenseins in den Satzkontext. Noch differenzierter werden die Einflüsse der syntaktischen Ungebung in der eben erwähnten skandinavischen Forschung untersucht, wo etwa nicht mehr global der Indikativ dam Konjunktiv gegenübergestellt wird, sondern zwischen einzelnen Tempora, ja Personen der jeweils betrachteten \ferben unterschieden wird. Freilich bestehen innerhalb dieser Etorschungsrichtung auch große Unterschiede in der weiteren Auswertung jener cberf lachen syntaktischen Detailanalyse, deren Ergebnisse bald nach abstrakt-formalen , 'iirmanentistischen' Kriterien (z.B. bei Boysen 1971), bald unter semantisch-funktionalen Aspekten (z.B. bei Carlsson und Schülern) interpretiert Verden. Einen wichtigen methodischen Fortschritt bedeutet die Einbeziehung des Kbntexts über die Satzgrenze hinaus und gleichzeitig damit die Einbeziehung komnunikativer Gesichtspunkte in die Analyse des Modusgebrauchs. Zwei Jahre, bevor noch Brunot das angeblich gleichwertige Satzpaar Que cela soit vrai, j'en conviens und Je conviens que cela est vrai als 'Beweis' für den "eirploi illogique des modes" anführt (1922 S. 521), hatte schon Lerch ge-

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zeigt, daß solche Sätze zwar auf den gleichen Sachverhalt, nicht aber in den gleichen Redezusaitmenhang passen. Allerdings ist es auch typisch für den venig geradlinigen Gang der Forschung, daß noch Rothe (1967) und Hunnius (1976) die Argumentation vcn Brunot wiederholen, während im anderen Extrem die pragmatisch orientierten Beschreibungsansätze von Bggs (1981) und Heinrich (1982) die satzsyntaktischen Gegebenheiten sich selbst überlassen und die eigentliche Sinngebung des Modusgebrauchs nur noch in den Text- und Redeintentionen suchen. Noch immer ungeklärt ist auch der Einfluß der (präskriptiven) Norm auf den Modusgebrauch. Es gehört seit Brunot zu den Topoi der Subjanctif-Literatur, daß manche willkürlich erscheinende Detailregelung als 'servitude graitmaticale1 durch den Druck der normativen Tradition bedingt oder aufrechterhalten sei. Ein positiver Beweis für diese Annahme ist noch in keinem Fall erbracht worden (vgl. auch Harmer 1979, Hunnius 1979). Nicht unbedingt müssen die originellsten Konjuriktivtheorien auch die erkenntnisträchtigsten sein, und umgekehrt sind die Intuitionen früherer Generationen von Forschern nicht einfach deshalb zu verwerfen, weil sie in eine heute überholte Begrifflichkeit gekleidet sind. Oft braucht man ihre Aussagen nur zu übersetzen in die explizitere Sprache der modernen Linguistik, um ein beachtliches (und beruhigendes) Maß an Kontinuität in der Forschung aufzudecken. So ist der logisch fundierte Assertionsbegriff eindeutiger als der des 'simplement envisagé' bzw. 'situé sur le plan de la réalité', der sachlich wohl auf das gleiche hinausläuft. Ähnlich ist die Konjunktivtheorie vcn Hilty und Wunderli derjenigen des Guillaumismus zwar in der Substanz verpflichtet, in der Form aber überlegen, da sie an die Stelle einer esoterisch psychologisierenden Ausdrucksvreise genuin linguistische Begriffe setzt. Was schließlich Lerch den "Konjunktiv des psychologischen Subjekts" nannte, entspricht weitgehend dem hier als thematisch bezeichneten Typ (vgl. 2.3.; der Terminus "thematisch" wird schon vcn Regula verwendet). Auch die von uns aufgestellte Hypothese steht in der von Kalepky, Lerch und Regula begründeten Rorschungstradition, mit dem Unterschied freilich, daß jene Autoren im nicht-mitteilenden Charakter des Nebensatzes eine hinreichende, wir jedoch nur eine notwendige Bedingung für das Auftreten des Subjonctif erblicken. Was schließlich ältere Autearen 'psychologische Unterordnung' oder ähnlich nennen, angefangen vcn Rickens (1900) "unselbständig gefaßter Vorstellung" über ds Boer und Gamillscheg, meint im Kern wohl dasselbe wie die hier verwendete 'kemnunikative Unterordnung ' ; nur daß an die Stelle einer impressionistisch-psychischen Größe jetzt ein Begriff tritt, der mittels linguistischer Kriterien und Testverfahren (vgl. 1.2.4.) der wissenschaftlichen Nachprüfung zugänglich gemacht ist.

28 1.4.

Übungen

1. Geben Sie für den mehrdeutigen Satz Elle a dû parler allemand zwei deutsche Ubersetzungen, die der deontischen bzw. epistemischen Modalität von a dû entsprechen. 2. Der Modusbegriff in der älteren Sprachwissenschaft (ausgehend etwa von Arens 21969, Brunot 1922 (31965), Jespersen 1924). 3. Geben Sie einen Oberblick über den Modus- und Modalitätsbegriff in der neueren Linguistik, ausgehend etwa von Langue française 21 (1974), Langages 43(1976), Heger (1977, 1979), Lyons (1977), Schnur (1977), Palmer (1979), Coates (1982), David-Kleiber (1983), Lüdtke (1984), Chung-Timberlake, Hrsg. Shopen (1985). 4. Hürdigen Sie die Abgrenzung der Begriffe 'Modus' und 'Aspekt' in Grevisse (1°1975) und anderen Grammatiken und terminologischen Wörterbüchern. 5. Recherchieren Sie die Auffassungen zur Stellung des Conditionnel innerhalb des franz. Verbalsystems in der grammatischen bzw. modussyntaktischen Literatur (mit besonderer Berücksichtigung der Kategorien 'Modus' und 'Tempus'). 6. Stellen Sie nach Imbs (1960) oder anderen deskriptiven Grammatiken die nicht-temporalen Verwendungsweisen des Futur, Conditionnel, Imparfait zusammen und prüfen Sie deren Häufigkeit in einem selbst ausgewerteten Corpus. 7. Zeigen Sie anhand von Textauswertungen die Affinität des modal gebrauchten Conditionnel zum Hauptsatz bzw. selbständigen Satz, und die des temporalen Conditionnel zum Nebensatz. Welche Sonderstellung nimmt dabei der sog. innere Monolog (style indirect libre) ein? 8. Vergleichen Sie die Konditionalformen im Franz., Ital., Span, (einschließlich der -ra-Form) hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede, ausgehend von z.B. Togeby (1953), Henrichsen (1971). 9. Klassifizieren Sie die Nebensätze mit Indikativ in einem franz. (ital., span.) Textcorpus nach dem Merkmal [+ Mitteilung]. 10. Wenden Sie das auf S. 20f. gegebene phonologische Klassifikationsschema auf die in Kap. 2.1. bis 2.3. enthaltenen Satzbeispiele an. 11. Erörtern Sie die These von der 'korrelativen' Bedeutung des Konjunktivs, ausgehend von Kalepky (1927), Imbs (1953), Regula (1958), Nordahl (1969, bes. S. 17-20), Wunderli (1976, S. 22), Rohr (1980, S. 154-159). 12. Vergleichen Sie die Forschungsberichte in Moignet (1959), Rothe (1967), Schifko (1967), Nordahl (1969), Christmann (1970) im Hinblick auf Klassifikationsprinzipien, Wertungen und Bewertungsmaßstäbe. 13. Würdigen Sie die Subjonctif-Deutungen des 17.-19. Jhs. vor dem Hintergrund der modernen Syntaxforschung (Hinweise in Imbs 1953, Rothe 1967). 14. Kann man der Auffassung von Lerch recht geben, wonach seine Konjunktivtheorie mit der von Kalepky und Regula im wesentlichen übereinstimmt? Inwieweit ist der 'Bolinger-Test' in Lerch (1930a, S. 137) schon angedeutet? 15. Untersuchen Sie ausgehend von Borillo (1982) den potentiellen Anwendungsbereich des 'Bolinger-Tests' im Französischen. Vergleichen Sie Bolingers Ansatz mit dem von De Poerck (1966) vorgestellten 'transformationeilen' Verfahren. 16. Prüfen Sie, ob und in welchem Onfang die folgenden Ideen in den Arbeiten Th. Kalepkys vorweggenommen sind: (a) Rolle der Intonation im Hauptsatz

29 mit Konjunktiv (Imbs 1953; Kalepky 1927 S. 457); (b) "jeu de bascule"/ Bild der Waagschalen (de Boer 1954; Kalepky z.B. 1927 S. 459, 461); (c) Unterscheidung von Sprecher- und Hörerperspektive (Imbs 1953 S. 48f., Christmann 1968; Kalepky 1928 S. 126f., 1928a S. 74f.); (d) Typ Tu vois bien que 1 'ami est venu als angeblich thematischer Nebensatz mit Indikativ (Rothe 1967 S. 9; Kalepky 1928 S. 129f.); (e) 'Abstraktheit", 'Virtualität* von konjunktivischen Relativsätzen (Carlsson 1969, Nordahl 1970, Andersson 1972, Eriksson 1979; Kalepky 1894, 1927 S. 461); (f) Aktualisierungs-Hierarchie der finiten und infiniten Verbformen (Wunderli 1970, 1967; Kalepky z.B. 1928 S. 129f.). 17. Die Autoren der von 1967-1976 erschienenen Monographien zum Subjonctif als Kritiker und Rezensenten 'konkurrierender' (im gleichen Zeitraum erschienener) Arbeiten: ein geschlossenes System? 18. Zeigen Sie anhand von Zitaten die Haltung von Wunderli (1970, 1976) zur 'Abstraktionsmethode'. Welche begriffliche oder methodische Verbindung besteht zwischen dem von W. postulierten 'Grundwert' t}es Konjunktivs und seinen 'Nutzwerten'? (Vgl. auch Übung 21) 19. Diskutieren Sie ausgehend von Kalepky (1929), Wunderli (1970, 1976), Bonnard (1971-1978 S. 5760) die Frage, inwieweit sich mit der Verwendung des Konjunktivs eine Ersparnis oder aber ein Mehraufwand verbindet. 20. Zeichnen Sie beginnend bei Carlsson (1969a) die Diskussion in der skandinavischen Modusforschung um die Adäquatheit einer semantischen vs. immanentistischen Sprachbetrachtung nach. Welchen wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund hat diese Diskussion? 21. Erläutern Sie den in nachstehenden Zitaten enthaltenen Vorwurf: "Man kann sich unter dieser Definition nichts Rechtes vorstellen" (Christmann 1970 S. 221); "Aber auch Hunnius' Erklärung ist schwer einzuklagen" (Stammerjohann 1983 S. 84); "Weiterhin scheint der Grundwert des französischen Konjunktivs...einem quasi 'überzeitlich'-konstanten 'Reich der reinen Werte' anzugehören, dem ein kapriziös-veränderliches 'Reich' unvermittelt gegenübersteht, in dem konkrete Äußerungsabsichten und sonstige menschliche Strebungen zur 'Trübung' des Rein-Sprachlichen führen" (Oesterreicher 1981 S. 270). Was haben diese Kritiken gemeinsam? 22. "Los estudios del modo en la lingüistica generativa no han aportado nada sustancialmente distinto a la gramática tradicional y estructural" (Manteca 1981 S. 150): diskutieren Sie diese Einschätzung unter Berücksichtigung von Saltarelli (1976), Rentsch (1981), Martins Ferreira (1984), Bossong (1985) . 23. Läßt sich eine linguistisch-theoretische Grundlage für die Behandlung des Subjonctif in Confais (1978), Wartburg-Zumthor (31973), Klein-Kleineidam (1983) finden und wenn ja, welche?

2.

FUNKTIONEN DES KONJUNKTIVS

2.0.

Allgeneiner tiberblick

Das nachfolgende Kapitel, abschon es den (französischen) Madusgebrauch vergleichsweise detailliert behandelt, strebt weder die Übersichtlichkeit einer Lerngrarrmatik noch die Vbllständigkeit einer Referenzgranratik an. Sein Ziel ist es vielmehr, zu einem Verstehen dieses Gebrauchs zu führen, der in den seltensten Fällen vom bloßen Zufall regiert wird. Auch dort, vro die globalen Ziffern der Statistik auf ein hohes Maß an Variation hindeuten, liegen der Moduspräferenz des Sprechers/Autors im einzelnen Anwsndungsfall zumeist konstante und zielgerichtete Tendenzen zugrunde, die es aufzuzeigen gilt. Damit soll nicht geleugnet Warden, daß im Einzelfall die Maduswahl des Sprachbenutzers auch auf dessen schulischen Bildungsgang oder die Konsultation einer normativen Grairmatik zurückgehen kann. Doch auch die präskriptive Norm ist weitgehend ein Niederschlag der eben genannten Tendenzen und sollte jedenfalls nicht ohne nähere Prüfung in Gegensatz zu einem vom 'System' der Sprache her motivierten Gebrauch gestellt werden. E i n

Problem hat freilich auch diese

Darstellung mit allen anderen Madussyntaxen gemeinsam, nämlich das der Klassifikation jener Vielzahl verschiedenartiger Typen und Untertypen, die zusaitmen den emploi du subjonctif so kompliziert machen, übrigens auch aus der Sicht des sprach- und norrröewoßten Frankophonen: "L'honnête hemme qui essaie de conprendre sa langue éprouve devant le subjonctif français une sorte d'horreur sacrée: l'accord du participe n'est que jeu d'enfant à côté du maniement autrement délicat du subjonctif, qu'il n'y a décidément pas moyen de faire entrer dans un réseau cohérent de règles" (Irrbs 1953 S. 17). Eine ideale, gewissermaßen naturgegebene Gliederung dieses Konplexes scheint nicht zu existieren, wie schon die bisherigen Versuche mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen zeigen. Wir bevorzugen in dieser Situation eine Dreierklassifikation auf der Basis inhaltlicher und komtunikativer Merkmale, die uns relativ aussagekräftig und zudem übersichtlich erscheint.^ 1

In ähnlicher Form, jedoch mit anderer Begründung und beschränkt auf die Kompletivsätze, wurde diese Klassifikation bereits von Nordahl (1969) praktiziert. Vgl. auch die von Wunderli (1976 S. 23ff.) aufgestellten drei Haupttypen von 'Nutzwerten'.

31 Die Abschnitte 2.1. und 2.2., den 'volitiven1 und den 'dubitativen' Bereich betreffend, folgen einem semantischen Kriterium, nämlich der deontischen bzw. epistemisehen Modalität des Gesamtsatzes, die zugleich auch den Nebensatzinhalt als nicht oder eingeschränkt faktisch erscheinen läßt. Während jedoch beim volitiven Satzsinn vorausgesetzt ist, daß das angestrebte Geschehen (noch) nicht realisiert ist, geht es beim dubitativen gerade darum, zur (möglicherweise schon erfolgten oder noch erfolgenden) Realisierung des fraglichen Geschehens, zu seiner Faktizität, Stellung zu nehmen. Während in sporadischen Fällen der Konjunktiv im Nebensatz für sich allein den volitiven Satzsinn festlegen kann (vgl. 1.1., 2.1.1.), ist Entsprechendes im dubitativen Bereich noch seltener zu verzeichnen. \Aon diesen beiden Teilkomplexen hebt sich der nicht semantisch, sondern pragmatisch definierte 'thematische' Bereich deutlich ab, der in Abschnitt 2.3. besprochen wird. Auch entspricht dem thematischen Charakter eines Nebensatzes keine übergreifende Modalität des Satzgefüges; vielmehr tritt der thematische Teilsatz in 'reliefgeberischen' Kontrast zu einem übergeordneten Satz. In seiner lexikalischen Besetzung (was das Prädikat des Hauptsatzes anbelangt) ist der volitive Bereich am schärfsten umrissen. Der dubitative Bereich ist im Vergleich zu ihm weniger gut überschaubar, zumal er ja nicht nur Prädikate der epistemischen Einschätzung (verbes d'opinion) umfaßt, sondern unter dem Einfluß etwa der Negation auch die Ausdrücke des Wahrnehmens, Feststellens, Behauptens. Innerhalb der thematischen Nebensätze bilden die Ausdrücke der affektiven Bewertung (verbes de sentiment) die charakteristische Hauptgruppe von kanjunktivauslösenden Prädikaten (vgl. 2.3.1.1.), ohne jedoch diesen Bereich allein abzudecken. Formalsyntaktisch gesehen ist schließlich der volitive Bereich durch weitgehende Unabhängigkeit, der dubitative, aber auch der thematische Bereich durch mehr oder weniger starke Abhängigkeit der Modussetzung von der Satzkonstruktion (z.B. Negation, Art des Satzanschlusses, Stellung des Nebensatzes) charakterisiert. Trotz dieser Insgesamt griffigen Kennzeichnung der drei Bereiche sind Überschneidungen im Detail von vorneherein einzukalkulieren und Verden z.T. auch als solche im folgenden erörtert. Beispielsweise gehören die unpersönlichen Ausdrücke der Form il est + Adjektiv zu den beurteilenden Prädikaten und damit in den thematischen Bereich; einige von ihnen, wie il est exaot oder il est préférable, zählen aber ebenso auch zum dubitativen bzw. volitiven Bereich. .Ähnlich kann être d'avis bald deontisch-volitive, bald deklarative Bedeutung haben, während das semantisch fast gleichwertige estimer nur in letzterem Sinn (und folglich mit Indikativ) gebraucht wird. Vollständige Auskunft über solche

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nicht systematisierbare Einzelfälle kann da nur die Referenzgranmatik geben. Insbesondere sei hier auf Togeby (1982) verwiesen, aus dem auch die große Mehr2 zahl der in Kapitel 2 angeführten Belegsätze entnanren ist. Die Abschnitte 2.1. bis 2.3. sind, um dem Leser das Zurechtfinden zu erleichtern, alle nach folgendem Schema gegliedert: Einführung in die Problematik - Modusvariation in bestürmten Umgebungen - Besonderheiten einzelner Nebensatzarten - Historische Eltwicklung van Latein zum Neufranzösischen - tiberblick über die Verhältnisse im Italienischen und Spanischen. 2.1.

Volitiver Bereich

2.1.1. Neufranzösisch 2.1.1.1. Einführung in die Problematik Volitive Sätze im engeren Sinn drücken den Willen des Satzsubjekts bzw. Protagonisten hinsichtlich der Realisierung des Nebensatzinhaltes aus; d.h. er will oder will nicht, daß der durch den abhängigen Satz wiedergegebene Sachverhalt verwirklicht werde. Im Unterschied zu den imperativi sehen Sätzen - und zu den Relikten konjunktivischer Hauptsätze im Neufranzösischen - wird in den hier zur Diskussion stehenden Satztypen die volitive Bedeutung nicht allein durch den Modus des den Sachverhalt wiedergebenden Verbums angezeigt, sondern primär durch einen lexikalischen Ausdruck des jeweils übergeordneten Satzes. Modus und Modalität des Hauptsatzes selbst sind hierbei ohne Belang, es sei denn, der volitive Charakter der Äußerung ergibt sich allein aus dem Hauptsatzmodus (s.u.). Durch diese Trennung von rrodalisierendem Hauptsatz und modalisiertem Nebensatz kann einmal der Wille des Protagonisten explizit als Wunsch, Bitte, Forderung, Befehl, Verbot, Erlaubnis, Absicht u. dgl. qualifiziert werden, und zum anderen kann nicht nur der Wille des Sprechers, sondern auch der einer beliebigen anderen Person zum Ausdruck gebracht werden: Sors! vs. Je veux/il veut/elle voudrait que tu sortes. Zu den volitiven zählt man aber auch solche Äußerungen, die einen Willensträger bzw. eine Norm setzende Instanz zwar voraussetzen, aber nicht explizit benennen, wie etwa unpersönliche Konstruktionen der Art II est nécessaire/ il faut bien que tout le monde vive. Man kann somit zwischen einer subjektiven und einer objektiven deon2

Spanische bzw. italienische Belegsätze überwiegend aus Fente et. al. ( 4 1981), Schmitt Jensen (1970).

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tischen Modalität unterscheiden (vgl. Lycris 1977). Das volitive Elemsnt maß nicht im Hauptsatz als solchem enthalten sein, sondern kann auch durch bestimmte Konjunktionen eingebracht werden, die z.B. eine Mittel-Zweck-Relation zwischen Haupt- und Nebensatz etablieren: Il retient sa respiration afin qu'on ne l'entende pas (->• il veut qu'on ne l'entende pas).

Es ist offensichtlich, daß dieser Kcnjunktivgebrauch mit unserer unter 1.2.4. formulierten Hypothese zum französischen bzw. romanischen Konjunktiv kompatibel ist. Vcn volitiven Ausdrücken abhängige Nebensätze teilen kein Faktum mit, da die Verwirklichung des betreffenden Sachverhaltes ja erst erreicht bzw. verhindert Warden soll. Der durch diese futurische Konponente bedingte Unsicherheitsfaktor, der verschiedene Granmatiker veranlaßt hat, diesen Gebrauch des Konjunktivs aus seiner Verwendung in dubitativen Sätzen abzuleiten (u.a. Le Bidois 1935, Caitproux 1958), wird jedoch als wesentliches Erklärungselement nicht benötigt. Im Unterschied zu den epistemisch modalisierten Äußerungen geht es hier nicht primär um eine Stellungnahme zur Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit der Realisierung eines Sachverhaltes, sondern um den Ausdruck des Willens zu seiner Verwirklichung/\terhinderung, dessen mögliche Durchsetzung zunächst einmal offengelassen werden muß. (Davon abgesehen schließt eine Äußerung wie II faut que p nicht notwendig aus, daß p bekanntermaßen bereits der Fall ist). Wir brauchen nicht eine spezielle Gebrauchsweise aus einer arideren abzuleiten, wenn beide gleichermaßen auf ein allgemeineres Prinzip zurückgeführt werden können: in keinem der beiden Fälle wird der NebensatzInhalt assertiert, weder im logischen noch im kcmnunikativen Sinn des Wortes. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß der volitive Konjunktiv (wenn wir ihn einfachheitshalber einmal so nennen wollen) eine gewisse Sonderstellung einninrtt, die es zu erklären gilt. Oft wird angenommen, daß er eine Art Kernbereich des Konjunktivs im Französischen darstelle, oder andersherum, daß der Subjonctif vor allem der Modus der Willensäußerung sei. Begründet wird dies durch den statistisch belegbaren ünstand, daß der volitive Konjunktiv im Französischen solider verankert ist als der dubitative und der thematische. Er weist in etilen syntaktischen Distributionen und Registern eine höhere Frequenz auf als die beiden anderen Typen und bildet dort, wo diese nur noch sporadisch in Erscheinung treten, wie etwa im français populaire, ein letztes Rückzugsgebiet des Konjunktivs überhaupt.^ Dieses Ehänorasn ist wohl in erster 3

Der volitive Subjonctif hat offenbar auch beim Erstspracherwerb zeitliche Priorität (4. Lebensjahr), vgl. Kielhöfer-Jonekeit (1983) S. 55, Remacle (1966) .

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Linie damit zu erklären, daß der volitive Satz als Ausdruck decntischer Modalitäten inhaltlich einen vergleichsweise kompakten, positiv definierbaren Typus darstellt, auch im Zusammenhang mit den entsprechenden Sprechakttypen 'Bitte', 'Aufforderung', 'Befehl' etc. Im Gegensatz zu den ineinander übergehenden epistemisehen Modalitäten, wo man es mit den verschiedensten Arten und Abstufungen von Gewißheit und Zweifel zu tun hat, ist die volitive Modalität allenfalls in ihrer Intensität, nicht aber in ihrer grundsätzlichen Intentionalität graduierbar. Eine volitiv modalisierte Äußerung ist daher etwas prinzipiell anderes als eine Behauptung. Insofern ist unser negatives Merkmal 'nicht-assertierend ' gerade beim volitiven Konjunktiv besonders deutlich ausgeprägt. Die Sonderstellung des volitiven Konjunktivs wird im Neufranzösischen noch dadurch verstärkt, daß die letzten Reste des Subjonctif im unabhängigen Satz - abgesehen etwa ven der überkamenen Wandung je ne sache pas que (an Stelle eines in sich widersprüchlichen *je ne sais pas que p) - fast ausschließlich diesem Typus (meist optativisch) angehören: (1) Dieu vous entende; Qui m'aime me suive; Ne vous en déplaise; Vive les mini-jupes; Puisses-tu m'aider; Plaise au ciel; Advienne que pourra; Béni soit-il u.a.

Dasselbe gilt für einfache, nicht von einem expliziten Hauptsatz abhängige que-Sätze mit Subjonctif: (2) Que Dieu l'en préserve; Qu'à cela ne tienne; Qu'elles s'en aillent; Que ton ami comprenne donc tout cela etc.

In diesen Fällen - und zumal dort, wo die Modalität an keinen weiteren formalen Indizien erkennbar ist, wie etwa in den beiden ersten Beispielen der Gruppe (1) - ist der Subjonctif ein eigenständiger Träger des semantischen Merkmals 'volitiv'; jedenfalls kann der Subjonctif in solchen Sätzen gerade nur diese Bedeutung haben. Dies heißt jedoch nicht, daß man dem Konjunktiv im Neufranzösischen einen volitiven Grundwert zusprechen muß. 2.1.1.2. Modusvariation in bestinmten Umgebungen Bemerkenswertervreise erscheint nun, trotz der quasi obligatorischen Setzung des Konjunktivs in volitiv modalisierten Nebensätzen, unter bestiimtten Bedingungen auch hier der Indikativ. Wenn wir davon ausgegangen sind, daß beim Ausdruck eines Willens die Frage der Erfüllbarkeit im Französischen sprachlich nicht von Relevanz ist, sollte damit nicht ausgeschlossen werden, daß dort, wo die Möglichkeit der Nicht-Erfüllung gar nicht ins Auge gefaßt wird,

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der Indikativ zum Zuge können kann. Dies ist bei einer vornehmlich in der Verwaltungssprache geläufigen Gruppe von Verben der Fall, den sog. verbes de résolut-ion/décision, die heute in der Regel den Indikativ bzw. Conditionnel auslösen. So z.B. arrêter, convenir, décider, décréter, disposer, établir, prescrire, régler, résoudre, stipuler in Sätzen wie: (3) L'Assemblée Nationale décrête que l'émission des voeux monastiques sera suspendue dans tous les monastères Ils viennent de décider que leur enfant naîtra

Es ist sicher richtig - und zwar unter pragmatischem wie auch semantischen Aspekt -, diese Gruppe nur bedingt den Volitiven zuzuschlagen, da es dabei ja nicht in erster Linie um den Ausdruck eines natürlich auch hier involvierten Willens oder Wunsches geht, sondern um eine verfügende Setzung einer (zukünftigen) Realität, die in dem abhängigen Satz als solche mitgeteilt wird. Dieser erhält, wie sich durch die hier mögliche üfttformung zeigen läßt: L'Assemblée Nationale décrète: L'émission des voeux sera suspendue, damit auch eine vergleichsweise größere Autonomie, analog etwa den Nebensatz nach deklarativen Verben, denen diese Gruppe häufig auch zugeschlagen wird. Selbst das zentrale volitive Verbum, nämlich vouloir, kann an die Peripherie des hier ausgegrenzten semantischen Bereiches gedrängt werden. Eine solche Abschwächving des volitiven Potentials erfolgt dort, wo sich das Verbum nicht auf ein menschliches Subjekt als Willensträger, sondern metonymisch auf einen 'objektivierten' Willen bezieht, wie etwa in: la loi/la légende/ la tradition/l'usage veut que. Dann auch in Wendungen wie le malheur/le hasard a voulu que, die in^ae sondere in Vergangenheitstenpora der Funktion eines kcmrentierenden Satzadverb ials wie malheureusement/par hasard nahekommen und damit lediglich die Mitteilung eines Faktums einleiten (vgl. etwa die Verselbständigung der Mitteilung durch Koordination in deutsch Der Zufall wollte es und er lief mir über den Weg). Erwartungsgemäß ist in derartigen Umgebungen der Indikativ eher möglich: (4) Le hasard voulut qu'un an plus tard, ..., je reconnus dans le mari de celle-ci le précédent locataire de mon appartement Le malheur voulut qu'il y eut ballottage

Da die Beibehaltung des Subjonctif in solchen Sätzen als Bewahrung des volitiven Potentials von vouloir interpretiert werden kann, läßt sich auch hier eine gewisse semantische Funktionalität des Modus erkennen. Ein weiterer den Indikativ begünstigender Faktor, dessen Relevanz für die Modussetzung vor allem von Nordahl (1969) untersucht worden ist, kann die syntaktische Struktur des Gesamtsatzes sein. Zwei Grundmuster sind zu unter-

36 scheiden: (1) der volitive Ausdruck geht dem abhängigen Satz unmittelbar voran: ("construction cantactuelle") : je veux que/il

est souhaitable que/la volonté que p; (2) volitiver Ausdruck und abhängiger Satz sind durch die Kopula (o')est voneinander getrennt: l'essentiel/ma volonté est que p/c'est que p. Die zwei Ausprägungen dieses Musters sind insofern für uns von Interesse, als sie nach Nordahls Auszählungen einen Indikativ-/Conditionnel-Anteil vcn 16% und 21% aufweisen: (5) Le second principe de Varvara Petrovna était que l'argent ne doit pas être mêlé à l'amour (6) Le principal, c'est que ta charrette doit rouler mieux, et que tu seras pas obligé de coucher à la belle étoile.

Obgleich die Relevanz dieser syntaktischen Eàktoren gerade im volitiven Satz vergleichsweise gering ist (s.u. 2.2.1.), erscheint die Annahme Nordahls plausibel, daß das volitive Potential in dieser Distanz Stellung 'NP- (c') est-que-p ' insgesamt reduziert sein kann. Die Funktion des abhängigen Satzes besteht dann darin, den Inhalt des übergeordneten volitiven Ausdrucks zu explizieren, wie dies etwa durch die Paraphrase 'Sein Wille besteht darin, daß p' verdeutlicht werden kann. Vcn Bedeutung ist, daß die unmittelbare Abhängigkeit vcn dem volitiven Ausdruck hier bereits durch die syntaktische Konstruktion gelockert wird. Die Stärkung der semantisch-kcmrunikativen Autonomie des Nebensatzes zeigt sich auch darin, daß die reinen Indikativ-Fälle eher selten sind und die decntische Modalität entweder durch Conditionnel oder mittels eines Modalverbs eigens wiedergegeben wird (vgl. die Sätze 5 und 6). Wesentlich ist hierbei der nominale Status des explizierten volitiven Ausdrucks, wie der 100% Subjanctif-Anteil in 'Pseudo-Cleft'-Sätzen

der Form:

(7) Ce que nous voulons, c'est que notre drame personnel rejoigne le drame collectif Ce qui est important, c'est que tu nous fasses du pain

beweist, wo das hervorgehebene volitive Element verbaler oder adjektivischer Natur ist (cf. 2.3.1.). Ebenfalls nahezu ausschließlich konjunktivisch sind durch die komplexe Konjunktion â ae que eingeleitete Nebensätze, da hier das volitiv-finale Element explizit durch eine einheitliche Kodierung angezeigt ist, und somit einer Automatisierung Vorschub geleistet wird. So z.B. in folgenden Sätzen nach Verbum, Adjektiv und Notnen: (8) N'était-il pas parvenu à ce que même sa voix fût anonyme? Notre Saint-Père n'était pas opposé à ce qu'il lui succédât ... une grande aspiration à ce que tout soit arrêté

37 Hat diese Konjunktion eindeutig keine volitive Funktion und wird mit dem abhängigen Satz ein Faktum mitgeteilt, wie etwa in: (9) Cela tient surtout à ce qu'il est un homme du secret

tritt erwartungsgemäß der Indikativ auf - im Gegensatz zu folgendem Beispiel, in dem sich das gleiche Verbum auf ein menschliches Subjekt bezieht und damit eine volitive Bedeutung erhält: (10) Je tiens à ce que vous sachiez que je n'approuve pas Maman

Damit kotiren wir auf das schon unter 1.1. angesprochene Phänctren der semantisch altbivalenten und allein durch den jeweiligen Modus des untergeordneten Satzes desairbiguierten Verben zurück. Dies läßt sich an Satzpaaren wie dem folgenden demonstrieren: (lia) Il fit signe qu'il comprenait très bien vs. (11b) Le patron fit signe qu'on les serve

Entsprechend auch Paare wie prétendre + Indikativ 'behaupten' vs. prétendre + Konjunktiv 'fordern', rêver + Indikativ 'im Traum sehen' vs. rêver + Konjunktiv 'wünschen', prendre garde + Indikativ 'bemerken' vs. prendre garde + Konjunktiv - 'aufpassen, vermeiden' u.a. Da der Modus in diesen Fällen den jeweiligen Wert des semantischen Merkmals [+faktisch] bzw. [+volitiv] (oder 'deklarativ' vs. 'volitiv') anzeigt, ist seine Vöhl unmittelbar semantisch motiviert. Dies wird besonders in solchen Fällen deutlich, in denen der Subjonctif nicht eigentlich die Bedeutung des übergeordneten Verbums verändert, sondern lediglich den Nebensatz volitiv modalisiert - ein weitgehend offenes Prograitm des Französischen, das sich schématisch am Beispiel des zentralen Verbums dire so darstellen läßt: dire que Pind 'sagen, daß p' vs. dire que Psubj ' s a 9 e n '

P

+

sollen'. Ein schönes Beispiel ist das Verbum téléphoner

in Satzpaaren wie: (12a) Il a téléphoné que tout allait bien vs. (12b) Et à midi, il a simplement téléphoné qu'on ne l'attende pas

Eine häufige Variante des konjunktivischen Nebensatzes ist der Infinitivanschluß: ...de ne pas l'attendre. Auch Verben wie avertir, convaincre, écrire, informer, persuader, prévenir, rappeler, répondre oder faire comprendre können in diesen Kentexten auftreten. Der Unstand, daß diese Erscheinung hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich (vgl. 2.3.1.), den Wart des Merkmals 'volitiv' betrifft, unterstreicht von neuem die relativ hohe Funktionalität des Subjonctif in volitiven Äußerungen. In diesen Zusairmenhang ist auch das Verbum faire 'bewirken' zu stellen, das

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zwar mehrheitlich den Indikativ auslöst, zumal dann, wenn der Inhalt des Nebensatzes bereits 'bewirkt' ist, wie z.B. in: (13a) Mais quelque chose faisait que leur vérité était moins sûre

Ist hingegen das gesamte Satzgefüge volitiv modalisiert, etwa wenn das Hauptsatzverbum im Iirperativ steht und sich somit auf ein menschliches Subjekt bezieht, erscheint regelmäßig der Konjunktiv: (13b) De grâce, Monsieur, faites qu'il y ait des drames dans ma vie

Dazwischen befindet sich eine tbergangszoœ, innerhalb derer je nach Dominanz des volitiven Elementes Konjunktiv oder Indikativ gesetzt wird. Ist das Verbum verneint und der Nebensatzinhalt damit in Abrede gestellt oder als nicht realisierbar gekennzeichnet, ist der Konjunktiv die Regel: (14) On ne peut pas faire que demain soit hier

Der Fall des Antonyms empêcher ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Affirmativ verwendet regiert das Verbum stets den Konjunktiv: (15) Les Vénitiens empêchèrent que l'affaire ne tournât au désastre

Der Kcnjunktivgebrauch ist bei diesem Verbum ('erreichen, daß nicht-p1 ) doppelt abgesichert: einmal durch die volitive Relation zum Nebensatzinhalt und zum anderen durch die Erplikation der Nicht-Realisierung dieses Sachverhaltes. Bei Verneinung genügt das fortbestehende, dem Verbum inhärente volitive Element, um trotz der nun positiven Inplikation weiterhin den Konjunktiv auszulösen, insbesondere bei belebtem Subjekt, während bei unbelebtem auch der Indikativ möglich ist: (16) Paul ne put empêcher que du vin coulât sur sa main et sur le sol

Wir Warden auf diese Erscheinung einer sozusagen 'äußeren1 Negation - schematisch (Neg (empêcher que Pg^j) ) ~ noch des öfteren zu sprechen können (vgl. v.a. 2.2.1.). Nach den Wendungen Cela/ça

n'empêche

pas

que,

I l n'empêche

que,

N'empêche que erscheint nun, in dieser Reihenfolge, zunehmend der Indikativ, nach der letzten sogar ausschließlich. Das volitive und zugleich subordinierende Element wird hier schrittweise reduziert bis auf die Stufe einer Art Konjunktignal adverb mit der Bedeutung von néanmoins/cependant; als solches wird übrigens n'empêche in der Umgangssprache verwandet: II est paresseux, n'empêche. Entsprechend niitint die relative Selbständigkeit des Nebensatzes zu bis hin zu einer quasi unabhängigen Assertion: (17) N'empêche que cette aventure me laissa un certain sentiment de malaise

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2.1.1.3. Besonderheiten einzelner Nebensatzarten Wir vollen nun im folgenden einen Blick auf die volitiven Adverbialsätze werfen, deren Modus nicht wie bei den Kcrrpletivsätzen durch einen volitiven Ausdruck des übergeordneten Satzes, sondern durch entsprechende Konjunktionen gesteuert wird. Neben explizitem und eindeutigem afin/pour que findet sich aber auch einfaches, nicht weiter spezifiziertes que in derselben Funktion, die dann über die Modalität des Matrixsatzes vermittelt werden nuß. In syntaktischer Abhängigkeit etwa vcn einem Irrperativ wird der durch que eingeleitete konjunktivische Gliedsatz final interpretiert: (18) Venez, ma soeur, que je vous reconduise à votre mère

Entsprechend aber auch z.B. nach einer Frage mit volitiven Potential: (19) Peux-tu me prendre avec toi, que nous causions

Die Modalität des Matrixsatzes bewirkt nicht die finale Funktion des Nebensatzes, sie legt jedoch eine solche Interpretation nahe. Auch in diesen als freie Angaben fungierenden Adverbialsätzen zeigt sich wieder die relativ hohe funktionelle Eigenständigkeit des volitiven Konjunktivs. Im Falle der kottplexen konsekutiven Konjunktionen de (telle) faaon/manière/ sorte que macht der volitive Charakter des Hauptsatzes aus der 'Folge' eine 'Absicht', die durch den Subjonctif als solche gekennzeichnet wird: (20a) Les deux acteurs s'efforcent, ..., de raconter l'histoire de telle sorte qu'elle soit à la fois brève et agréable vs. (20b) J'y crois de telle sorte que le monde s'évanouit à mes yeux comme un songe

M ersten Beispiel wird eine Absicht wiedergegeben, im zweiten ein ïàktum mitgeteilt. Die modale Funktion kann aber auch allein durch den Modus des Nebensatzverbums vermittelt sein: (21) L'étudiant parle de telle manière qu'on le comprend/comprenne

Nach den erheiterten Farmen de façon/manière à ce que ist der Konjunktiv generalisiert (vgl. oben das zu à ee que Gesagte). In einem weiteren Sinne volitiv sind schließlich auch komplexe konditionale Konjunktionen wie à (la) condition/sous réserve que, da das Stellen einer Bedingung im Sinne einer Forderung dem Bereich der deontisehen Modalität zugehört. Der Konjunktiv ist hier die Norm: (22) Le Père me dit qu'il me pardonnait à condition toutefois que je prisse la résolution de m'amender

Das Ziel des Willens muß nun jedoch nicht notwendig die Verwirklichung eines

40 Sachverhaltes, sondern kann auch ein Objekt mit sein oder jedenfalls sprachlich als ein solches derlichen oder gewünschten Eigenschaften können lativsatzattributes zugeordnet werden, wie etwa

entsprechenden Eigenschaften dargestellt werden. Die erfordem Cbjekt in Form eines Rein folgendem Satz:

(23) Je veux un tapis qui fasse usage et qui aille avec ma salle à manger de type espagnol

Die semantische Verbindung zu dem bisher betrachteten Typ des Koqpletivsatzes läßt sich durch folgende Umfannulierung verdeutlichen: (23a) Je veux que le tapis fasse usage et qu'il aille avec...

Ähnlich wie bei empêcher ist auch hier die Konjunktivsetzung doppelt motiviert: zum einen durch den volitiven Tenor des Matrixsatzes, zum anderen aber durch die Uribestinmtheit der Referenz bzw. die nicht vorausgesetzte Existenz des gewünschten Objekts, das daher auch durch eine indefinite Notminalgruppe wiedergegeben wird. Die fehlende Existenzpräsupposition (in der Literatur auch 'Virtualität', 'hypothetischer Inhalt' genannt) ist schon für sich allein eine hinreichende Bedingung für das Auftreten des Konjunktivs im Relativsatz, auch wenn dieser keinen volitiven oder finalen Charakter aufweist: (24a) Au bout d'une journée, on peut confectionner un bloc-tiroir qui tienne debout vs. (24b) Au bout d'une journée, on a pu confectionner un bloc-tiroir qui tient/tenait debout

Auch in Sätzen wie (24a), die man eher dem dubitativen Bereich zuordnen würde (vgl. 2.2.1.3.), bezieht sich der Subjonctif auf einen nicht faktischen und nicht assertierbaren Sachverhalt. Ebensowenig ist der in diesem Kontext vereinzelt auftretende definite Artikel mit einer Existenzpräsupposition verbunden und bleibt daher mit der Kcnjunktivsetzung durchaus vereinbar: (25) Il cherchait l'échappée par laquelle il pût sortir de la prison de 1'aimer

Auch der Conditionnel ist in dieser Funktion gebräuchlich: (26) Nous cherchons quelqu'un qui pourrait diriger le camp de réfugiés

Relativsätze dieser Art spezifizieren also nicht ein Individuum, sondern charakterisieren einen Typ, eine Gattung (s.u. 2.2.1.). Ist das gesuchte Cbjekt existent und spezifisch, erscheint indessen der Indikativ: (27) J'ai fait le choix d'un censeur que conduit la raison

Auch hier kann das volitive Element entweder durch einen lexikalischen Aus-

41

druck - wie in (23, 25, 26) - oder durch den Modus des tibergeordneten Satzes eingebracht werden: (28) Montre-moi un homme qui soit bon

Nicht selten jedoch ist der Konjunktiv im abhängigen Satz wieder das einzige Indiz für die volitive Modalisierung (vgl. Togeby 1982 S. 235): (29) J'écoute, l'oreille tendue vers l'escalier, un bruit qui nous interrompe

Abschließend ist noch auf ein Phänomen hinzuweisen, das ebenfalls sowohl im Kaipletiv- als auch im Relativsatz zu beobachten ist. Die volitive Modal isierung miß nicht unbedingt vcn dem Satzteil ausgehen, dem das nominale Antezedens angehört, sondern kann durch einen diesem übergeordneten Hauptsatz bedingt sein: (30) Il était souhaitable que parat une étude d'ensemble qui en fit la synthèse

Man hat es hier mit einer Art von 'attraction modale* zu tun, wenngleich der Konjunktiv in solchen Relativsätzen gleichermaßen mit der Wiedergabe einer gewünschten Eigenschaft zu begründen ist. Charakteristischerweise enthält der Koqpletivsatz ein praktisch infoonationsloses Existenzprädikat zur Einführung des nominalen Antezedens. Vergleichen wir also zusanmanfassend die Gegebenheiten im volitiven Konjuriktional- und Relativsatz, erkennen wir ein durchgehendes Prinzip und weitgehend identische Einzelfaktoren, die die Moduswahl in diesem semantischen Kantext bestirnten. 2.1.2. Zur historischen Entwicklung des Konjunktivs im volitiusn Satz Auch entwicklungsgeschichtlich nlsmt der volitive Konjunktiv insofern eine Sonderstellung ein, als seit dem Entstehen dieses Modus im Indogermanischen die volitive Funktion durchgehend eine zentrale Rolle spielt.4 M Lateinischen dient der Konjunktiv zunächst besonders zum Ausdruck des Hillens und des Wunsches im Hauptsatz: Eamue 'Laßt uns gehen'; Quid faciam? 'Was soll ich tun?; Utinam illum diem videam 'Möge ich diesen Tag erleben '. Während das Griechische neben dem Konjunktiv noch ein eigenes Cptativparadigma kennt, sind im Lateinischen die beiden Modi miteinander verschmolzen. 4

Vgl. KOhner-Stegmann (1962 S. 169) : "Der indogermanische Konjunktiv stand teils in voluntativem, teils in futurischem Sinne; der Redende deutet an, daß er die Verwirklichung einer Handlung entweder will oder erwartet".

42 In den aus selbständigen Sätzen hervorgegangenen abhängigen Begehrungssätzen steht im Lateinischen grundsätzlich der Konjunktiv. Man kann sich den Ubergang von Konjunktivgebrauch im Hauptsatz zu dem im Nebensatz vereinfacht etwa folgendermaßen vorstellen: Eat! Postulo 'Er gehe! Ich verlange es'. Daraus: Postulo, eat; schließlich: Postulo, ut eat 'Ich verlange, daß er geht' (Landgraf-Leitschuh 1968 S. 201). Der Konjunktiv wird hier also im Nebensatz in eben der Funktion verwendet, in der er zunächst im Hauptsatz auftrat. Im klassischen Iatein freilich ist der Konjunktiv im Nebensatz nicht mehr ausschließlich aus einem entsprechenden Gebrauch im Hauptsatz abzuleiten und entwickelt sich mehr und mehr zu einem formalen Kennzeichen für (starke) syntaktische Unterordnung (etwa bei den sog. innerlich abhängigen Nebensätzen) . Die Verhältnisse im Bereich der abhängigen Begehrungssätze des Lateinischen sind weitgehend auf die eben dargestellten des Neufranzösischen übertragbar. Auch hier ist z.B. das Verfahren der semantischen Differenzierung des Hauptsatzverbums durch den Modus des untergeordneten Satzes (im Verein mit einer bestimnten syntaktischen Konstruktion) geläufig: persuadere + ut + Könj. 'überreden' vs. persuadere + .fiel 'überzeugen', moneve + ut + Konj. 'ermahnen, auffordern' vs. monere + Acl 'erinnern' u.a. Auch im Lateinischen steht, ganz allgerrein, der Konjunktiv sowohl nach Verben, die (positiv) eine Bitte, Förderung, Absicht und dgl. ausdrücken, als auch nach solchen, die (negativ) ein Verbot, eine Vfervreigerung oder Verhinderung bezeichnen, wie impedive, interdiaere, prohibere, reousare (+ne + Konjunktiv) . Zu den abhängigen Begehrungssätzen werden im Lateinischen auch die von einen Ausdruck des Fürchtens dominierten Nabensätze gerechnet, die ebenfalls mit der negativen Konjunktion ne eingeleitet werden: Timeo, ne veniat 'ich fürchte, daß er könnt'; entsprechend noch im Neufranzösischen Je orains qu'il ne vienne. Dieser Satztyp ist wieder unter dem Gesichtspunkt der Entstehung abhängiger volitiver Sätze aus unabhängigen, bzw. allgemein von Satzgefügen aus Satzfolgen, von Interesse. Die negative Konjunktion läßt sich aus einem unabhängigen Wunschsatz in Verbindung mit einer gegenteiligen Befürchtung erklären: Ne veniat. (Sed) timeo 'Möge er nicht körnten. (Aber) ich befürchte es1. Eine solche Beiordnving des negativen Wunsches zum Ausdruck des Fürchtens ist auch im Altfranzösischen noch ohne weiteres möglich: Mais je oriem bien, ne vos enuit 'Aber ich fürchte sehr, es möge Euch (nicht) verdrießen'. Im Neufranzösischen wird die Negationspartikel inner seltener gesetzt, ebenso übrigens wie nach Ausdrücken des Vterbietens, die bis ins 17. Jh. analog zum Lateinischen mit ne konstruiert wurden:

43 (31) Si deffendit incontinant à ces gens qu'ilz ne dissent a personne qu'il estoit

So auch nach Ausdrücken wie prendre garde oder éviter. Konjunktionslose quasi-beiordnende Konstruktionen finden sich im frühen Altfranzösisch auch nach positiven volitiven Prädikaten: (32) Ço vuelt Ii reis par amur cunvertisset Se Ii reis vuelt, prez sui pur vus le face

Die Abhängigkeit des beigeordneten Satzes wird hier formal allein durch den Madus angezeigt. Betrachtet man derartige Konstruktionen bereits als Satzgefüge, so ist die Konjunktivform als Unterordnungsmorphem zu sehen (vgl. 2.1.3.). Schließlich sei noch erwähnt, daß es auch im lateinischen die Erscheinung des volitiv-finalen Relativsatzes mit konjunktivischem Prädikat gibt. Wie schon zu Beginn dieses Kapitels angedeutet, wird der unabhängige volitive Satz im Altfranzösischen zunächst lediglich durch den Konjunktiv gekennzeichnet, wenngleich auch die durch que eingeleitete Variante seit ältester Zeit auftritt. Noch im 17. Jh. sind konjunktionslose Konstruktionen wie die folgenden üblich: (33) Je sois exterminé, si je ne tiens parole; Un plus savant le fasse; Me préserve le Ciel d'en avoir la pensée

Der verstärkte Einsatz der Konjunktion ist einmal im Zusaimenhang mit der sehr häufigen formalen Identität der beiden Modi im Neufranzösischen zu sehen und zum anderen, unter einem allgemeineren typologischen Aspekt, mit dem zunehmend analytischen und prädeterminierenden Charakter des Französischen im Sinne einer Tendenz zur Vbranstellung grammatischer Morpheme. An dieser Stelle müssen wir noch auf einen weiteren Verwendungstyp des französischen Konjunktivs eingehen, der nur unter historischem Aspekt dem volitiven Typus zuzurechnen ist. Es handelt sich um den Konjunktiv im Konzessivsatz. In der Tat besteht - wie der Terminus bereits andeutet - eine inhaltliche Verwandtschaft zwischen konzessiven und volitiven Sätzen: mit einer Konzession wird, häufig widerwillig, eingeräumt, gewissermaßen zugelassen, daß etwas der Fall sei (vgl. etwa konzessive Wendungen im Deutschen wie Laß' ihn (dooh)/Soll er doch ... + Inf.). So geht z.B. die heute veraltete Konjunktion encore que 'cbwohl' auf eine Kbrrbination von encore mit einem Konjunktiv der Aufforderung zurück: (34) Encor soies tu rois des Cieus, si es tu mes sire e mes filz

'Ich gebe zu, daß du der König der Hirrmel bist; du bist aber doch mein Herr und mein Sohn' (vgl. Gamillscheg 1957 S. 692). Aus den Sätzen, die von der

44

sich hieraus entwickelnden korcplexen Konjunktion encore que eingeleitet werden, verliert sich dann die volitive Karponente, was zur Folge hat, daß auch der Indikativ in die Konstruktion eindringen kann. Die heute geläufige Konjunktion quoique hingegen ist auf einen verallgemeinernden Relativsatz zurückzuführen, in dem das Prancmen quoi als Objekt fungierte: Quoi qu'il fasse 'Was er (auch initier) nacht'. Der Ibergang zur konzessiven Konjunktion ist eindeutig dann vollzogen, wenn dieser Ausdruck mit einem intransitiven Verbum koirbiniert werden kann: quoiqu'il vienne. Wir werden im Zusaitmenhang mit dem thematischen Konjunktiv das Problem des ffodus im Konzessivsatz noch einmal aufgreifen. Auf eine ursprünglich volitive Konstruktion geht auch die alternative Einräumung der Farm Qu'il fasse beau, qu'il fasse laid; Qu'il vienne ou qu'il ne vienne pas zurück, ftsenso das auch dîne Konjunktion verwendete soit (que) ... soit (que), das im Neufranzösischen zu einer Art koordinierender Konjunktion geworden ist, mittels der sich nicht nur Sätze miteinander verbinden lassen: (35) Soit indifférence, soit crainte superstitieuse, elle ne parlait jamais de religion

2.1.3. Zum volitiven Konjunktiv im Italienischen und Spanischen Wie zu erwarten, finden sich im Bereich des volitiven Konjunktivs nur wenige spezifische Unterschiede zwischen dem Französischen und den beiden südrcmanischen Sprachen. Die Abweichungen ergeben sich vielmehr aus allgemeineren typologischen Differenzen und betreffen insbesondere die Möglichkeiten der konjunktionslosen Konstruktion. So ist der unabhängige volitive Satz ohne che auch im heutigen Italienisch noch lebendig. Zunächst in der Funktion eines Inperativs der 3. Person in Sätzen wie: (36) Di nuovo, se sbaglio me lo dica Se ci tiene a conservarsela, non la lasci morire di freddo

m bestimmten Fällen auch als Inperativ der 2. Person Plural: äbbiate. Dann aber auch in Willensäußerungen, die nicht unmittelbar an das jeweilige Subjekt des Verbums gerichtet sind: (37) Sia nominato subito tenente; Presto, gli sia aperto.

Charakteristisch für das Italienische ist jedoch der Unstand, daß in vielen Fällen die Setzung der Konjunktion fakultativ ist: (38a) Ma stasera, che non passino il ponte stasera vs. (38b) Non attraversino il ponte, stasera

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Wir können hier auf die Bedingungen dieser Variatimi nicht im Detail eingehen und lediglich darauf hirareisen, daß die Konjunktion normalerweise nur dann getilgt werden kann, wenn der Verbalgruppe kein ve iteres Lexem vorangeht (vgl. hierzu Schmitt Jensen 1970 S. 686). Also etwa: (39) Che la porta gli sia aperta/(che) gli sia aperta la porta vs. *La porta gli sia aperta

Auch ein Wünsch kann in dieser doppelten Form geäußert werden: Crepi l'avarizia/ Che l'avarizia crepi. Ein Wunsch- kann aber auch im Konjunktiv Präteritum formuliert werden (vgl. französisch Plùt à Dieu) : (40) Che soltanto passasse presto quel giorno della corsa. Venisse presto la sera. Fossi milionario

Häufig wird der Wünsch auch durch magari eingeleitet: Magari non fosse morto Tonino. In Verbindung mit pure kann der konjunktionslose konjunktivische Satz auch eine konzessive Funktion haben: (41) Fossero pur vecchi ..., ma i loro sensi induriti ... dovevano tanto più aver bisogno dell'urto ... della vita

(vgl. die erstarrte französische Wendung fút-ce). Auch im Italienischen hat demnach der Konjunktiv im selbständigen Satz in erster Linie volitive Funktion. Im Spanischen ist der volitive Konjunktiv noch stärker in das Imperativparadigma integriert. Er erscheint hier als verneinter Inperativ der 2. Person Singular und Plural: ¡No aantes/no cantéis! bzw. ¡No cante(n)l und als Inperativ der 1. Person Plural: ¡cantemos! Dan italienischen Optativ Fossi milionario entspricht im Spanischen die Konstruktion Quién fuera millonario, einem italienischen Magari fosse qui ein spanisches Ojalá fuera aquí, im Gegensatz zu magari ist ojalá aber auch mit dem Konjunktiv Präsens konbinierbar: ¡Ojalá venga mañana!, womit eine optimistischere Einschätzung der möglichen Erfüllung des Wjnsches zum Ausdruck gebracht werden kann. Insgesamt sind konjunktionslose Konstruktionen im Spanischen - abgesehen von den imperativen - weniger gebräuchlich als im Italienischen. Die Konjunktion che/que kann jedoch im Italienischen und Spanischen - wie im 1. Kap. schon angemerkt - nicht nur im Hauptsatz, sondern gelegentlich auch im Nebensatz fehlen. Diese Möglichkeit ist allerdings nicht auf den volitiven Kentext beschränkt (s. 2.2.3.). Einige Beispiele für die Tilgung nach volitivem Hauptsatzverbum: (42) Desidero tu veda se è cosi che si deve portare Non fu necessario lo dicesse

46 Vergleichbare Konstruktionen finden sich auch im Spanischen, insbesondere nach volitivem Verbum: (43) Me encargö le avisara sin falta Le ruego a lld. me conteste sin tardar

m diesem Zusammenhang sei abschließend noch auf die unterschiedliche Modussetzung nach einem im weiteren Sinne volitiven Verbum im Französischen einerseits und im Italienischen und Spanischen andererseits hingewiesen. Während das (positive) französische espérer heute in der Regel den Indikativ (bzw. Conditionnel) auslöst, folgt der italienischen und spanischen Entsprechung tendenziell der Konjunktiv: Spero ehe venga - auch ohne Konjunktion: Speravano si realizzassero - und Espero que venga, wobei der Modus im Spanischen semantisch relevant ist, da esperar + Ind. Fut., in einem Satz wie Espero que vendra pronto, die Bedeutung 'annehmen' hat. Nichtsdestoweniger läßt sich resümierend feststellen, daß der volitive Konjunktiv in diesen romanischen Sprachen in vergleichbarer Weise fest verankert ist und daß seine Gebrauchsbedingungen im Prinzip identisch sind. 2.2.

EXjbitativer Bereich

2.2.1. Neufranzösisch 2.2.1.1. Einführung in die Problematik Dubitative Äußerungen gehören dem Bereich der epistemischen Modalität an, die - wie wir im 1. Kap. gesehen haben - mit der Einschätzung der Gültigkeit einer Aussage bzw. des Bestehens eines Sachverhaltes durch den Sprecher oder den jeweiligen Protagonisten zu tun hat. Der negative Tteilbereich dieser Modalität erstreckt sich in kontinuierlichen Übergängen von einer relativen Gewißheit, daß der durch den abhängigen Satz ausgedrückte Sachverhalt nicht realisiert ist (Je ne crois pas que p) , bzw. von einer absoluten Gewißheit, wann man die glatte Leugnung der Wahrheit hier miteinbezieht (Il n 'est pas vrai que p), über verschiedene Grade des Zweifels (Je doute/Il est douteux que p) und der Unsicherheit bis zu einer mehr oder weniger abgeschwächten oder relativierten Annahme (Il est possible/Il semble que p). Verkürzt formuliert: Von der Gewißheit des Nicht-Bestehens bis zur Ungewißheit des Bestehens. Die Tatsache, daß man es hier mit den verschiedensten Graden und Arten des Vorbehaltes gegenüber der Wahrheit des Nebensatzes zu tun hat, läßt bereits erwarten, daß sich auch der Modusgebrauch weniger einheitlich darstellt und stärkeren Schwankungen

47 unterworfen ist - -von Sprecher zu Sprecher wie auch in Abhängigkeit vom Sprachregister -, als im ïcille des Konjunktivs in volitivem Kontext. Unterhalb der Stufe der kategorischen Assertion bzw. eines modal expliziten Je sais que p oder II est sûr que p nuß ein Wendepunkt angencarmen werden, an dem eine eher negative Einschätzung des Wahrheitsgehaltes in eine eher positive umschlägt, der aber aufgrund der sprachlichen Eckten nicht ohne vre itérés präzise zu bestirnten ist. 2.2.1.2. Modusvariation in bestimnten Umgebungen Gehen wir einmal davon aus, daß die Modusregelung im Neufranzösischen bezüglich der epistemisehen Einschätzung aussagekräftig ist, so werden Madalisierungen wie je crois que p und il est probable/vraisemblable que p eher dem positiven Bereich zugewiesen. D.h. von diesen Prädikaten abhängige Sätze sind als Mitteilungen von Quasi-Fakten zu sehen - auch dies jedoch nicht mechanischzwangsläufig, da der Konjunktiv nach probable und besonders nach vraisemblable keineswegs ausgeschlossen ist und seine Wahl die Bedeutung des übergeordneten Adjektivs in Richtung auf possible verschieben kann. Ebenfalls in dieser Zwischenzone bewegen sich die Prädikate il paraît und il semble : während ersteres nahezu ausschließlich den Indikativ nach sich zieht, wird il semble que zwar überwiegend, aber keineswegs grundsätzlich mit dem Konjunktiv kombiniert (vgl. 1.2.3.). Dieses Schwanken ist zweifellos inhaltlich zu begründen, selbst wenn man nicht annimnt, daß die Moduswahl in jedem Fall genau den Grad der Gewißheit des Sprechers widerspiegelt. Die innerhalb dieser Übergangs zone angesiedelten Ausdrücke sind insofern semantisch ambivalent, als sie einmal in bewußter Distanz zur kategorischen Assertion verwendet werden ('Es scheint jedenfalls, daß p' ) und zum anderen im Sinne vorsichtiger Tatsachenbehauptungen aufgrund bestirrrrtter Indizien. In diesem Fall, in dem sich etwa ein il paraît que dem Status eines Satzadverbials mit der Bedeutung 'anscheinend', 'dem Vernehmen nach' annähert, hat der Nebensatz den Charakter einer seirantisch-konrnunikativ relativ selbständigen Mitteilung und wird daher gemäß unserer Grundhypothese tendenziell indikativisch konstruiert. Eine stärkere Gewichtung des übergeordneten Prädikats andererseits bewirkt auf der semantischen Ebene eine stärkere Einschränkung der Faktizität und auf der kemnunikativen Ebene eine Reduzierung des Mitteilungswertes und damit eine verstärkte Subordination des Nebensatzes. Wir werden auf dieses interessante Zusaittrenspiel semantischer und kcmirtunlkativ-pragmatischer Faktoren bei der Modusselektion in den «manischen Sprachen noch öfter zurückkönnen. In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung Nordahls (1969) erwähnenswert, daß der Subjonctif-Anteil nach il semble bien que

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eher noch höher liegt als nach dem einfachen Ausdruck ohne Adverb. Selbst in Verbindung mit affirmativen Adverbialen wie il semble décidément/en définitive/ en fait tritt der Konjunktiv auf. Der Versuch Nordahls, diese Erscheinung damit zu erklären, daß durch derartige Adverbiale das "quantum dubitatif" des Prädikats unterstrichen und verstärkt würde, erscheint allerdings nicht als besonders plausibel, betrachtet man etwa das von ihm selbst zitierte Beispiel : (1) Il semble bien que son attachement soit sincère

Zutreffend ist jedoch zumindest, daß sich dadurch das relative kamtunikative Gewicht des Hauptsatzes gegenüber dem des Nebensatzes erhöht. Selbst in Kombination mit dem indirekten Objekt me/nous ist hier der Konjunktiv geläufig: (2) Il me semble bien que ces puissances soient "les autres"

Ansonsten läßt ja die Anwesenheit eines Praneminalobjekts das Pendel entschieden nach der anderen Seite ausschlagen: Nach il me/nous semble que registriert Nordahl fast ausschließlich den Indikativ. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, daß die Faktizität des Nebensatzinhaltes hier explizit als persönlicher Eindruck des Sprechers dargestellt wird, wie z.B. in folgendem Satz: (3) Il me semble quelquefois que ta femme dort sa vie

Dies wird durch den umstand unterstrichen, daß der Konjunktiv-Anteil leicht steigt, wenn das Cbjekt nicht den Sprecher bezeichnet, zumal wenn es nominal ist wie in: (4) Il semblait au romancier qu'il s'enfonçât dans l'aventure

Mit der Wendung il me semble que soll nicht primär eine Einschränkung der Gewißheit ausgedrückt werden, sondern das Vorliegen eines persönlichen Eindrucks (vgl. etwa auch den Indikativ-Gebrauch nach j'ai l'impression que) ; im abhängigen Satz wird dann der Inhalt dieses Eindrucks mitgeteilt. Daher ist der Indikativ hier auch nicht notwendigerweise ein Indiz für die Gewißheit des Sprechers, sondern kann auch dort erscheinen, wo der Nebensatz ganz offensichtlich kein Faktum wiedergibt, wie etwa in dem folgenden Beispiel mit imperfektivischem Prädikat: (5) Il me semblait que j'étais une bouteille pleine de vin rouge

Entsprechendes gilt für il m'apparaît que p, während das einfache il apparaît que p, übersetzbar mit 'es ist offensichtlich, daß p', eindeutig wahrbeitsbekräftigende Funktion hat. Es läßt sich also bereits hier erkennen, daß die Art und Weise, in der das Msrkmal [faktisch] die Wähl des Modus beeinflußt, konplizierter ist als häufig angenanmen. Im übrigen bewährt

49 sich auch bei il (me) semble der Bolinger-Test: II est content, il me semble vs. *Il est content, il semble. Ebenfalls in dieser anbivalenten Zwischenzone befinden sich Verben im Bedeutungsfeld von 'annehmen, vermuten'. Analog etwa dem französischen supposer kann auch das deutsche Verbum annehmen einmal - in einem Satz wie Ich nehme an, daß p - eine relative Gewißheit bezüglich der Hährheit des Nebensatzes ausdrücken und zum anderen - in einem Satz wie Ich nehme eirtmal an, daß p oder Nehmen wir einmal an, daß p - eine reine Hypothese ohne Wahrheitsanspruch. Dieser semantischen Differenzierung entspricht nun auch, zumindest in Form sehr deutlicher Tendenzen, die Modussetzung im Französischen. Der in Grairmatiken oft konrrentarlos vermerkte Umstand, daß es vor allem bestürmte Formen dieser Verben sind, die mehrheitlich den Konjunktiv auslösen, läßt sich auf der Basis dieser Bedeutungsdifferenzierung im Rahmen unserer Grundhypothese über den neufranzösischen Subjonctif erklären. Der Konjunktiv steht mit durchschnittlich User 85% nach dem Inperativ und etilen infiniten Formen (gérondif, participe présent/passé, infinitif), also genau dort, wo der übergeordnete und damit der gesamte Satz keine Mitteilung in unserem Sinne darstellt. Handelt es sich hingegen um eine solche, etwa bei finitem indikativischem Hauptsatzverbum, steht mit wenigen Ausnahmen der Indikativ: (6) Elle suppose, et moi aussi, que Maurice s'est tu pour assurer à ses filles un foyer heureux

In Kcnstrukticnen wie Supposons/en supposant/supposê/â supposer que ce soit Dieu qui me l'ait enlevé wird der Nabensatzinhalt weder behauptet noch mitgeteilt. Dies gilt natürlich auch für supposer mit unbelebtem Subjekt in der Bedeutung vcn 'voraussetzen': (7) Le recours au passé simple suppose que l'usager perçoive clairement les limites de l'action verbale envisagée

Aufschlußreich ist der Vergleich mit den semantisch partiell gleichwertigen Verben admettre und imaginer, die im Prinzip dieselbe modale Distribution aufweisen wie supposer, in Einzelheiten jedoch differieren. Admettre hat im Aussagesatz die Bedeutung 'anerkennen, zugeben', wenn der abhängige Satz einen Indikativ enthält, und die Bedeutung 'Verständnis dafür haben, akzeptieren', wenn dieser einen Konjunktiv aufweist (vgl. comprendre in 2.3.1.) , wie in: (8) J'admets que l'on puisse se battre pour garder l'Algérie

Im Inperativ admettons/-ez und im Gérondif hat das Verbum dieselbe Bedeutung wie die entsprechenden Fanten vcn supposer, wann ein konjunktivischer Nebensatz folgt. Anderenfalls niirmt das Verbum wieder die Bedeutung 'anerkennen' an:

50 (9a) En admettant que notre traduction soit fidèle, la solution proposée par Hegel ne peut nous contenter vs. (9b) Tout en admettant qu'il avait de la culture, ..., elle lui trouvait quelque chose de mièvre dans le visage

Wir haben es hier also wieder mit einem Kontext zu tun, in dem der Nebensatzmodus eine semantisch desanbiguierende Funktion hat. Das dritte Verbum ist imaginer mit den Bedeutungsnuancen 'sich vorstellen, meinen, glauben' in Sätzen wie: (10) Il ferma les yeux et, absurdement, imagina qu'ils arrivaient tous à Sangue

Auch in diesem Fall ist offensichtlich die Frage der Faktizität des Sachverhaltes für den Sprecher nicht von Relevanz. Soll jedoch der Nebensatz deutlich als reine Hypothese gekennzeichnet werden, kann auch hier der Konjunktiv auftreten, zumal nach Irrperativ, wobei im Vergleich zu supposer und admettre die eindeutig kontrafaktische Annahme überwiegt: (11) Seulement, imagine que je me sois appelé Charles!

Auch hier kann man aber dan Indikativ begegnen: (12) Imaginons aussi que je perds mes dents, ou que je deviens aveugle

ïm Gegensatz zu en supposant/admettant que fungiert en imaginant que nie als eine konjunktivauslösende Quasi-Konj unktien und wird grundsätzlich mit dem Indiaktiv korb iniert (vgl. hierzu auch Togeby 1982 S. 129). Die modale Selektion solcher Verben ist ein anschauliches Beispiel für das differenzierte Zusanmenwirken ven Modalität, syntaktischer Funktion und lexikalischer Bedeutung des Hauptsatzprädikats. Ctogleich angesichts dieser Vielschichtigkeit der Bezüge ausiahmslose, komplementäre Verteilungen der verschiedenen Modi nicht zu erwarten sind, zeichnen sich doch sehr klare Tendenzen ab, und es bestätigt sich auch hier, daß es inner wieder dieselben Grundfaktoren sind, auf die sich diese Tendenzen zurückführen lassen, nämlich Faktizität bzw. persönliche Vorstellung und Mitteilung, Assertion. Dabei wird der Konjunktiv charakteristischerwsise dort eingesetzt, wo der Hauptsatz die Funktion hat, Unsicherheit und Zweifel des Protagonisten auszudrücken oder aber eine bewußt kontrafaktische oder wahrheitswertneutrale Hypothese anzuzeigen. Der Subjonctif hat in der Regel aber nicht die Aufgabe, eine Vorstellung oder eine Meinung des Protagonisten, deren Inhalt im Nebensatz mitgeteilt wird, als (möglichervreise) nicht mit der Wirklichkeit übereinstirrmend, sozusagen als 'falschen Glauben' zu kennzeichnen. (Als 'Protagonist' bezeichnet man den Hauptbeteiligten des im Satz ausgedrückten Geschehens, syntaktisch im

51 Regelfall als Subjekt kodiert). In diesem Sinne wäisen auch croire/penser que p den Indikativ auf, unabhängig vom tatsächlichen bzw. von Sprecher angenonnenen Wahrheitsgehalt von p. Der Subjonctif findet sich stattdessen überwiegend nach Verben, die lediglich eine Eventualität ausdrücken wie envisager, risquer oder nach entsprechenden Nomina wie chance, possibilité, in Sätzen wie: (13) Vous risquez surtout qu'il fasse mauvais là-bas aussi, que la course n'ait pas lieu

Die Bedingungen für die Setzung des Subjonctif sind natürlich insbesondere bei Verben des Zweifels wie douter oder des Bestreitens wie nier, démentir, contester, gegeben, mit denen explizit zum Ausdruck gebracht wird, daß der Protagonist den Nebensatzinhalt für nicht realisiert hält. Die Moduswahl ist entsprechend eindeutig: (14) Un porte-parole du "G.P.R.A." a démenti que ces contacts aient été pris à Tunis entre ...

Wenngleich kein deklaratives Verbum, sei an dieser Stelle auch die Wendung il s'en faut que erwähnt, mit der ebenfalls das Zutreffen des Nebensatz Sachverhalte s in Abrede gestellt wird: (15) Au reste, il s'en fallait que leur goût fût excellent

Auch das Verbum empêcher, das bereits unter 2.1.1. behandelt wurde, kann in diesem Zusairmenhang angeführt werden: (16) Son ventre empêche qu'on le prenne tout à fait au sérieux

Nicht zu dieser Klasse zu rechnen, ofcwahl dies manchmal geschieht, sind Verben wie cacher oder dissimuler. Der von solchen Verben abhängige Nebensatz wird ja gerade für wahr gehalten und daher auch in aller Kegel indikativisch konstruiert: (17) Clé dissimula qu'elle était déçue

Es ist ein nicht untypischer Fehler von Darstellungen des Subjonctif, inhaltlich heterogene Klassen aufzustellen - wie etwa "les verbes de négation et de doute" bei Nordahl, zu denen eben auch cacher und dissimuler gezählt werden -, um dann zu konstatieren, daß "la statistique des verbes de négation et de doute montre à quel point il est impossible de formuler des règles ou des tendances qui couvrent la totalité des ses merrbres" (1969 S. 140) . Ebenfalls zu dieser Gruppe v œ Verben, deren gemeinsamer semantischer Nenner darin besteht, daß die Wahrheit des von ihnen abhängigen Satzes verborgen bleibt, gehören oublier und ignorer. In beiden Fällen ist der Indikativ der

52 normale Nebensatzncdus, der Konjunktiv ist jedoch - vor. allem nach ignorer keine Seltenheit: (18) Il avait oublié qu'elle eût le teint aussi fortement bistré Mais j'ignorais qu'elle fût dans la région

Wie ist nun diese Maduswahl zu verstehen? Während der Indikativ hier damit begründet werden kann, daß es sich um sog. faktive Prädikate handelt (vgl. 2.3.1.), deren Qbjektsatz vom Sprecher inner als wahr vorausgesetzt ist und zudem eine (rhematische) Mitteilung enthalten kann, so wird die Verwendung des Konjunktivs dadurch erklärlich, daß der Nebensatzsachverhalt für den Protagonisten zum beschriebenen Zeitpunkt nicht realisiert war. Durch den Konjunktiv wird also die Perspektive des unwissenden Protagonisten, durch den Indikativ die des wissenden Sprechers wiedergegeben. Hierzu paßt auch die Tatsache, daß der Konjunktiv nur nach präteritalem ignorer auftritt, also in Äußerungen, in denen Geschehens- und Sprechaktzeitpunkt nicht zusantrenfallen ; bezieht sich das Hauptsatzprädikat auf den Sprecher, ist eine solche zeitliche Differenz ohnehin logisch zwingend. Wir werden auf diese Funktion der Moduswahl noch ausführlicher zu sprechen kamen. Bereits vcn den volitiven Relativsätzen her bekannt ist der Faktor der indefiniten Referenz, der bei dem unpersönlichen Ausdruck il arrive que in rund 60% der Fälle einen konjunktivischen Nebensatz auslöst; übrigens hat sich der Subjonctif hier erst seit dem 17. Jh. durchgesetzt. Er erscheint hier mit großer Mehrheit nach Präsens und Inperfekt, auch nach einem Passé catposé scheint er noch zu dominieren, während nach Passé sinple ausschließlich der Indikativ auftritt: (19a) Quand on veut faire de l'esprit, il arrive que l'on mente un peu Il arrivait que Judith luttât vs. (19b) Il arriva qu'un jour, au cours d'une promenade, une ronce au derrière lui déchira son pantalon

Dieser Distribution kann man entnehmen, daß bei der Mitteilung eines singulären Geschehens erwartungsgemäß der Indikativ gewählt wird, während bei der Einführung eines Vargangstypus ein generalisierender Konjunktiv gesetzt werden kann, wie wir ihn vor allem im Relativsatz vorfinden (vgl. auch 2.2.1.3.). Der Vargangstypus (Proposition) wird durch den abhängigen Satz wiedergegeben und sein tatsächliches Stattfinden (Referenz) durch das Prädikat arrive mitgeteilt. Das Deutsche würde hier eher den übergeordneten Satz modalisieren: 'Es könnt schon einmal vor/Es mochte wohl vorkamen, daß'. Nach negativem und interrogativem Hauptsatz steht der Subjonctif hier regelmäßig.

53

Negation, Frage, Bedingung Im Bereich der epistemisehen Modalität ist die Negation des Hauptsatzprädikats grundsätzlich von Relevanz für den Wahrheitswsrt des jeweiligen Nebensatzes. Während bei der Negierung volitiver Sätze (Je ne veux pas que p) die volitive Relation inhaltlich unberührt bleibt und lediglich das tatsächliche Bestehen einer solchen Relation im fraglichen Fall verneint Verden soll - ohne damit den Wahrheitsgehalt voi p zu beeinflussen - wird bei epistemisch modalisierenden Prädikaten die Einschätzving der Wahrheit des Nebensatzes durch die Negation - vereinfacht fontuliert - in den jewsils entgegengesetzten Bereich verschoben, gewissermaßen umgepolt. Im Hinblick auf die uns hier interessierenden sprachlichen Einheiten stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Werden Ausdrücke, die eine Möglichkeit oder einen mehr oder weniger hohen Grad an Wahrscheinlichkeit wiedergeben, negiert, wird die Faktizität des Nebensatzsachverhaltes entsprechend negativ eingeschätzt. In übereinstimnung damit wird auch die Modus Setzung umschlagen: Der Konjunktiv-Anteil wird nach Ausdrücken dieses Typs, die bereits ohne Negation in der Regel oder überwiegend diesen Modus nach sich ziehen, soweit möglich, noch weiter steigen; so z.B. nach il n'est pas possible bzw. il est impossible que oder il ne semble pas que. Dort, vro im positiven Scill der Indikativ gefordert ist oder vorherrscht, wird nun ebenfalls mehrheitlich der Konjunktiv zu finden sein. So etwa nach il ne paraît pas que oder nach il n'est pas probable bzw. improbable/invraisemblable, aber auch nach il est peu probable: (20) Il est peu probable qu'il s'agisse d'une coïncidence

Ebenso nach verneinten Wahrheitsbestätigenden Adjékti\ren wie il n'est pas vrai/ certain/sûr que; der Indikativ ist in diesem Kentext eher selten und nur unter spezifischen Bedingungen anzutreffen. Entsprechende s gilt für assuré, convaincu, persuadé: (21) Mais c'est précisément pourquoi je ne suis pas assuré que notre présence lui fût bien agréable

Auch nach den oben besprochenen Verben der Annahme, der Vfertraitung, admettre, imaginer und supposer, dominiert bei Negation eindeutig der Konjunktiv; am deutlichsten im Falle ven admettre, das in Sätzen wie dem folgenden auch eine volitive bzw. wertende Färbung annehmen kann: (22) Elle ne peut pas admettre qu'une autre femme soit capable, elle aussi, d'inspirer de l'amour

Der konjunktivische Nebensatz kann eine für den Protagonisten (zunächst) nicht vorstellbare Möglichkeit ausdrücken, unabhängig davon, ob diese dann tatsächlich Realität wurde:

54 (23) Elle ne pouvait imaginer que Dieu lui manquât jamais Je n'aurais jamais supposé que vous fussiez capable d'une telle pensée

Der Indikativ wird vor allem dann eingesetzt, wenn der durch den Kompletivsatz wiedergegebene Sachverhalt entgegen der Annahme des Protagonisten realisiert ist, besser gesagt: vom Sprecher zum Zeitpunkt der Äußerung für realisiert gehalten wird: (24) Ils refusaient toujours d'admettre qu'ils étaient souffrants Je n'ai pas imaginé qu'une conspiration était formée pour m'empêcher de briller au théâtre

Wir begegnen hier also wieder der Funktion des Modus, Protagonisten- und Sprecherperspektive voneinander zu trennen - ein Phänomen, das besonders von Damourette und Pichon hervorgeheben und als "processus de réinvasion nynêgocentrique" (aus griechisch nyn 'nun' und lateinisch ego) bezeichnet worden ist. Gemeint ist damit eben das Geltendnachen des Sprecherwissens von der Faktizität des Nebensatzinhaltes, das sich formal durch die Setzung des Indikativs nach negativem epistemischem Verbum ausdrückt. Es kann hinzugefügt werden, daß das kenmunikative Gewicht und die relative Selbständigkeit des untergeordneten Satzes dadurch erhöht werden. Diese Möglichkeit der Differenzierung zwischen der Meinung des Protagonisten und der des Sprechers besteht bei der Verwendung epistemischer Prädikate im Prinzip inner. Während bei affirmativer Verbform, wie wir gesehen haben, hiervon kein Gebrauch gemacht wird (ein 'falscher Glaube1 wird von Sprecher nicht durch den Konjunktiv als solcher gekennzeichnet), spielt die 'rêinvasion nynêgocentrique' eine wesentliche Rolle bei der Modusselektion im negativen 5

Fall.

Dies sei noch einmal exemplarisch am Beispiel des Verbums cvo%re vor-

geführt. Nach der 1. Pers. Präs., je ne crois pas que p, stellt der Konjunktiv den Normalfall dar, da Protagonist und Sprecher hier identisch sind und daher nur die im Matrixsatz enthaltene negative Einschätzung zum Ausdruck gebracht Warden kann. Bei der Versrendung der 1. Person in einem Vergangenheitstertpas oder beim Auftreten der 2. und 3. Person niirrnt der Indikativ sprunghaft zu, im Präteritum schon wegen der Obsoletheit der entsprechenden Konjunktivformen: (25) Je ne croyais pas que je t'aimais tant ('aimasse) Si bel homme, on ne peut pas croire qu'il a quarante-cinq ans

5

Obwohl man den statistischen Angaben bei Nordahl aus dem'vorhin genannten Grund mit einer gewissen Reserve begegnen sollte, ist es erwähnenswert, daß er einen etwa gleich hohen Anteil der beiden Modi nach verneinten 'verbes déclaratifs' ausmacht.

55 Die Zunahme der komnunikativen Autonomie des Nebensatzes durch die Setzung des Indikativs soll noch einmal durch folgendes Beispiel mit seiner der gesprochenen Sprache nachempfundenen 'reprise pronominale' illustriert werden: (26) Je ne croyais pas que les larmes, ça rendait si fort

Freilich ist der Indikativ nach verneintem croire kein absolut sicheres Indiz für die Wahrheit des Nebensatzes, wie die folgenden Äußerungen zeigen: (27) Il ne faut pas croire que je suis aveugle, moi non plus! Mais ne croyez pas que tout est parfait

Die semantische Struktur solcher Sätze kann schematisch etwa folgendermaßen wiedergegeben werden: (Neg(croire que p)); d.h. die Adressaten werden aufgefordert, den 'Glauben, daß p' - dessen Inhalt im Nebensatz mitgeteilt wird nicht zu teilen. Analog auch folgendes Beispiel mit der 1. Pers. Präs.: Je ne crois jamais qu'on me dit toute la vérité, paraphrasierbar etvra mit: 'Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, daß p'. Dieser Effekt ist natürlich nur dann möglich, wenn dem Hauptsatz eindeutig zu entnehmen ist, daß der Sprecher auch zum Sprechaktzeitpunkt nicht die Meinung vertritt, daß p der Fall sei. Ein analoges Hiänomen, wenn auch insgesamt vcn geringerer Frequenz, läßt sich bei den 'verba dicendi' beobachten. Stellvertretend für sie sei das Verbum dire herausgegriffen. Der Konjunktiv wird hier fast nur durch die 1. Pers. Präs. ausgelöst, in Sätzen, in denen das Verbum in etwa dieselbe Bedeutung hat wie verneintes croire : (28) Je ne dis pas qu'il ait tort d'employer la mort de Klein

Der Indikativ steht auch hier speziell dann, wenn sich die Verneinung auf den Matrixsatz, d.h. in diesem 1^11 auf den Akt der Äußerung bezieht und nicht auch auf deren Inhalt (vgl. auch Togeby 1982 S. 136). Dies wird für unsere Zwacke am besten wieder so schematisiert, daß man den gesamten Satz als Bereich der Negation ansetzt: (Neg(dire que p)), wobei p der nach positivem dire übliche Modus Indikativ zugewiesen und der ganze Satz dann global - gewissermaßen von außen (vgl. 2.1.1.) - negiert wird. So z.B. in einer Äußerung wie: (29) Je ne dis pas que le communisme est devenu une religion, mais je dis que les communistes sont en train de devenir des curés

Die indikativischen Konstruktionen kommen der Wiedergabe direkter Rede durch einen syntaktisch unabhängigen Satz näher: Je ne dis pas: "Le communisme est devenu une religion ...", und sie werden daher besonders dann verwendet, wenn eine bestimnte vorerwähnte Äußerung dementiert werden soll. Auch imperati-

56 vische Konstruktionen haben in der Regel diese semantische Struktur (-vgl. auch die Beispiele unter 27). In einen Satz wie: Ne me dites pas que vous l'avez compris, werden die Angesprochenen aufgefordert, eine bestinmte Äußerung nicht zu tun. In Kcnfcinaticn mit den Modalverben pouvoir und vouloir steigt wiederum der Subjcnctif-Anteil: (30) Je ne peux pas dire que je me sente allégé Mais je ne veux pas dire que leur huile à eux soit mauvaise

So auch - mit gewissen Unterschieden - nach den Wendungen on ne peut pas dire, oela ne veut pas dire, oe n'est pas à dire. Meist jedoch ist in diesen Fällen dire eher den verba sentiendi ('glauben, meinen' etc.) als den verba dicendi zuzurechnen. Analoge Prinzipien regieren die Machos Setzung nach negierten Verben der Wahrnehmung wie z.B. voin (31a) Il ne voit pas que l'êrotisme sublime le conduit naturellement vers Dieu vs. (31b) Il ne voyait pas qu'il pût guérir un jour

Der Konjunktiv ist hier speziell auch ein Hinweis darauf, daß das Verbum voir in einen nicht-faktiven Sinn gebraucht ist, und die Wahrheit des von ihm abhängigen Satzes daher nicht von Sprecher präsuppcxiiert wird. Wenn nun also Prädikate aus dem positiven Bereich der epistemischen Modalität durch Verneinung in deren negativen Bereich verschoben werden, finden sich epistemisch inhärent negative, wie z.B. douter, bei Negation im positiven Bereich wieder. Uberraschenderweise läßt sich nun hier kein entsprechendes Umkippen des Modusgebrauchs als Kensequenz der modalen tlrpolung feststellen: auch nach verneintem douter bleibt der Subjonctif der Normalfall (ca. 80%) : (32) Je ne doute pas que cela (ne) soit vrai Il ne doutait pas que je fusse de son avis

Die sich um dieses Phänomen rankende Diskussion ist unter methodologischen Gesichtspunkten aufschlußreich (vgl. zum folgenden auch Nordahl 1969 S. 144f). Eine Gruppe von Graimatikern hält den Konjunktiv nach ne pas douter für unlogisch, da die doppelte Verneinung einer Affirmation gleichkäme. Eine zweite Gruppe, die ebenfalls von der Prämisse ausgeht, daß die Funktion des Konjunktivs eigentlich darin bestehe, die mangelnde Gewißheit des Protagonisten anzuzeigen, hält diesen Gebrauch dennoch nicht für unlogisch, da bei einer Äußerung des Typs Je ne doute pas que p initier noch ein Rest ven Zweifel mitschwinge und die beiden Verneinungen sich nicht vollständig gegeneinander auf-

57 höben. Eine dritte Gruppe ist der Ansicht, daß sich ne pas douter gar nicht überwiegend mit den Konjunktiv, sondern eher mit dem Indikativ verbinde. Eine vierte Gruppe schließlich befindet, daß beide Modi möglich, logisch und daher auch zuzulassen seien. Ihre jeweilige semantisch-pragmatische Funktion bestete eben darin, einen Rest von Zweifel anzudeuten bzw. auszuschließen. Die These van 'Bestzweifel1 erscheint nicht besonders einleuchtend bei einer Wendung, mit der der Zweifel gerade explizit verneint wird. Ohne einen weiteren Vorschlag zu einer möglichen semantischen Interpretation der ftodnsselekticn in diesem Kontext zu machen, wollen wir diese Erscheinung hier einmal rein deskriptiv erfassen und einordnen. Man kann auch in diesem ïfcll wieder zwischen einer externen und einer internen Negierung unterscheiden, je nachdem ob sie sich nur global auf das Satzgefüge oder direkt auch auf den abhängigen Satz bezieht. En ersten Kall wird verneint, daß der Protagonist einen bestimmten Zweifel hegt: Der nach positiven Verbum des Zweifeins übliche Konjunktiv bleibt bewahrt: Je ne doute pas qu'il soit très intelligent, was dann wieder etwa so zu paraphrasieren ist: 'Es ist nicht der Fall, daß ich bezweifle, daß p'; schematisch: (Neg(douter que p)). Im anderen Hall ist die Negation gewissermaßen in das Verbum integriert, vergleichbar einer lexikalischen Negierung, wodurch ein quasi affirmatives Prädikat entsteht, das die Negierung des Nebensatzinhaltes aufhebt. Schematisch kann diese innere Struktur folgendermaßen dargestellt werden: (douter^^ue p). Dort, wo nur eine solche Analyse möglich ist, dominiert entsprechend der Indikativ: (33) Il est hors de doute que notre rugby national est riche en joueurs de valeur

So auch nach il ne fait/il n'y a point de doute que, il ne fait aucun doute que. Auch der hohe Indikativ-Alteil nach dem adjektivischen il n'est pas douteux ist auf diese Weise zu erklären. Die Modusvariation spiegelt - abgesehen von den natürlich auch hier relevanten unterschiedlichen sprachlichen Registern - offensichtlich auch verschiedene Grade von Unterordnung bzw. karnurukativer Gewichtung des Nebensatzes wider. Der Inhalt des von ne pas douter abhängigen Satzes wird in der Regel nicht mitgeteilt, sondern erscheint als häufig vorerwähnter Gegenstand der Stellungnahme des Protagonisten bzw. des Sprechers, wie çtwa in (34a) : (34a) Personne rie doute plus, pourtant, que le président fédéral ait réellement dressé ces plans vs. (34b) Je m'éloignai, ne doutant pas que j'avais persuadé le jardin entier qu'il existait des amitiés seins réserve

Qrtsprechenctes gilt für inhärent negative Verben wie nier, contester, démentir:

58 der Indikativ nimmt bei Verneinung zu, ohne jedoch eindeutig zu daninieren (vgl. 2.1.1. zu ne pas empeoher). Es ist also festzuhalten, daß Verben, die affirmativ verwendet den Konjunktiv nach sich ziehen, die externe Negierung begünstigen, d.h. bei Negation den ursprünglichen Nebensatzmodus tendenziell beibehalten. Erwartungsgemäß werden die von Verben wie caehev und dissimuler abhängigen Sätze bei Negation fast ausschließlich indikativisch, wo dieser Modus ja bereits im positiven Fall überwiegt: (35) Je ne vous cache pas que je suis tres intriguée

Im Anschluß an den Faktor 'Negation' sind noch zvrei weitere "typen nicht-affirmativer Hauptsätze und deren modale Distribution zu betrachten, nämlich Fragesatz und 'bedingter' Satz. Zunächst einmal die F r a g e

: Cbwohl auch der

vcn einer Etage abhängige Korrpletivsatz natürlich nicht behauptet wird, wird er doch nicht explizit verneint oder in Zweifel gezogen. Daher ist die Subjcnctif-Quote hier bedeutend geringer als nach negiertem Hauptsatz. Davon abgesehen, sind es mutatis mutandis dieselben Faktoren, die die Moduswahl im Nebensatz steuern. Der Konjunktiv in einer Krage wie: Crois-tu qu'il puisse se taivel ist damit zu begründen, daß der Nebensatz nicht den Inhalt eines bestimmten Glaubens wiedergeben soll, sondern den Inhalt einer diesbezüglich neutralen Entscheidungsfrage ('Was glaubst du: cb er wohl schweigen kann?'). Richtet sich das Interesse des Fragenden jedoch primär auf den Glauben des Angesprochenen, d.h. möchte er wissen, ob der Befragte den Inhalt des Nebensatzes für wahr hält, so wird dieser den Indikativ aufweisen: (36) Crois-tu que c'est bon de toujours redire les choses?

Die semantische Struktur auch dieser Äußerung kann schematisch folgendermaßen dargestellt werden: (Int(croire que p)), paraphrasierbar durch 'Ist es der Fall, daß difp glaubst?', 'Glaubst du wirklich, daß p?' Auch hier liegt also eine externe Determination vor. Es ist bemerkenswert, daß die est-oe que-'FraqQ genau die Gestalt dieser Paraphrase aufweist und gleichzeitig fast ausschließlich den Indikativ auslöst: (37) Est-ce que tu crois que le restaurant est fermé?

Dasselbe gilt für den Fall, daß der Fragende selbst von der jewsils positiven Alternative überzeugt ist, was man auch als eine Art von 'réinvasion nynégocentrique' bezeichnen kann. Erst recht ist allein der Indikativ angemessen, wenn die Etage nicht auf die als bekannt vorausgesetzte Verbalhandlung, sondern auf eine Ergänzung bzw. ein Adverbial zielt:

59 (38) Pensez-vous que l'enfant a été emmené loin de Paris?

Man hat es hier allerdings mit semantisch-pragmatischen Nuancen zu tun, deren Korrelationen mit der Madussetzung sich irrmer wieder einer deterministischen Beschreitung entziehen, zumal sich gerade im Bereich der Frage starke Neutralisierung Stenden zen zugunsten des Indikativs bemerkbar machen. Sehr deutliche Frequenzunterschiede sind jedoch im Hinblick auf die Form der Frage festzustellen: In der Intonationsfrage ist der Konjunktiv-Anteil noch geringer, ja dieser Modus scheint hier, abgesehen von seltenen Fällen wie Tu crois que ton père soit mort?, nahezu ausgeschlossen zu sein. Etwas höier liegt die Subjonctif-Fceguenz bei der Wbrtfrage, wo ebenfalls die jeweilige Präsupposition und der Wissenshintergrund des Fragenden modusrelevant sind. Der Konjunktiv wird tendenziell dann gewählt, wenn der Fragende primär eine Information bezüglich des Nebensatzinhaltes wünscht: Où croyez-vous qu'elle soit? Der Indikativ überwiegt wieder dann, wenn der Fragende primär an einer Information viser den Glauben des Angesprochenen interessiert ist: (39) Combien croyez-vous qu'il y a eu de chevaux tués?

Auch hier dürfte es jedoch schwierig sein, Hegeln mit einigermaßen zuverlässigem prognostischem Wert zu famulieren. Der Umstand übrigens, daß wie nach verneintem Hauptsatz auch in der Frage der Konjunktiv-Anteil nach croire und penser bedeutend hcfrer ist als nach dire, wo man in der Regel den Indikativ findet, ist darauf zurückzuführen, daß bei diesem Verbum, mit dem zunächst der Äußerungs-Akt bezeichnet wird, eine externe Determination naturgemäß näher liegt. Insgesamt noch geringer ist der Subjonctif-Gebrauch nach diesen Verben in hypothetischer Konstruktion. Aber auch hier begegnen wir den bekannten Faktoren der Steuerung der Moduswahl. Der Indikativ wird vor allem dann bevorzugt, wenn der Sprecher davon ausgeht, daß der Nebensatzinhalt tatsächlich dem Glauben des Protagonisten entspricht: (40) Si vous croyez que Madame Numance avait lâché la bride, vous vous trompez

Dieses Beispiel verdeutlicht noch einmal, daß die Aferwendung des Indikativs nicht schlicht damit zu begründen ist, daß der Nebensatz van Sprecher als wahr angenoimen wird. Ist die im 3¿-Satz genannte Bedingung nicht erfüllt, zumal in Kcnbination mit den Modalverben pouvoir und devoir, wird der Konjunktiv möglich:

60 (41) - Ah! fit-elle avec emportement, si je pouvais croire qu'il pût mettre, cet argent, l'ombre d'une ombre entre nous, je préférerais, ...

Schemtisch kann man daher auch hier den geläufigeren Indikativ-Typus so darstellen, daß der konditionale Operator den konplexen Satz als ganzen betrifft und somit seine nodale Binnenstruktur nicht tangiert: (Kcnd(croire que p) ) - 'wann es (tatsächlich) der Fall ist, daß er glaubt, daß p', Auch in diesem Kontext sind es vor allem die Verben penser und croire, Vinter Unständen auch savoir, die den Subjonctif auslösen können. Diese Variation der Modus Setzung in Abhängigkeit davon, cb sich der jeweilige Operator (Neg, Int, Kond) global auf den gesamten Satz bezieht oder direkt auch auf den abhängigen, läßt sich schließlich auch bei verschiedenen Korrbinationen von normalerweise Indikativ auslösenden \ferben mit Konjunktiv fördernden Elementen beobachten. So etwa bei syntaktischer Abhängigkeit von einem Prädikat der emotionalen Reaktion oder Beurteilung wie in: (42) Il est étrange de penser que ce qui est le Tout ne puisse point se suffire!

Desgleichen nach Wandungen wie il serait absurde de croire que, on a été frappé de constater que u. dgl., aber auch nach dubitativen und semi-negativen Konstruktionen wie on pourrait croire que, croire difficilement que. Es besteht hier jedoch eher die Tendenz, den Modalisator des Gesamtsatzes gewissermaßen nicht in dessen innere Struktur eindringen zu lassen und den Modus des Nebensatzes nicht als Funktion dieser Gesamtmodalität zu betrachten. Auf die Erscheinung, daß der dem Hauptsatz vorangestellte Kompletivsatz regelmäßig den Konjunktiv aufweist, werden wir in 2.3.1.3. noch zu sprechen können. 2.2.1.3. Besonderheiten einzelner Nabensatzarten Neben den bisher betrachteten Konpletivsätzen gehören dem dubitativen Bereich auch bestürmte Typen VCHI Adverbialsätzen und Relativsätzen an. Bei den ersteren erfolgt die Verneinung des Nebensatzinhaltes nicht durch einen Ausdruck des Hauptsatzes, sondern durch die Konjunktion, in Gestalt der \terbindung von que mit einer negativen Präposition. Zu nennen ist insbesondere sans que, das den Inhalt des abhängigen Satzes als nicht realisiert kennzeichnet und daher inner mit dem Konjunktiv verbunden wird: (43) Les dents lui poussèrent, sans qu'il pleurât une seule fois

Dieselbe Wirkung, unter einem etwas anderen Aspekt, erzielt die ebenfalls Konjunktiv auslösende konplexe Konjunktion au lieu que:

61 (44) Au lieu que les éléments de la phrase soient simplement juxtaposés, ils sont rassemblés en groupes de mots

Mit einem durch avant que ... (ne) eingeleiteten Satz wird die Faktizität des Sachverhaltes zu einem bestimmten Zeitpunkt - dem Zeitpunkt des Hauptsatzgeschehens - verneint, was aber nicht notwendig voraussetzt, daß der Nebensatzinhalt später tatsächlich auch realisiert wurde, wie das folgende Beispiel verdeutlicht: (45) La charge a pu être neutralisée quelques instants avant qu'elle ne saute

So wie die Wahrheit eines Kcnpletivsatzes durch die Negation des Hauptsatzprädikates in Abrede gestellt werden kann, so auch die Iteferenzialität eines Relativsatz-Attributes und seines Bezug snanens durch die Negation der Existenz einer so charakterisierten Objektklasse. D.h. Relativsatz-Attribut und Bezugsnctten bezeichnen die leere Menge. Diese in der Regel von indefiniten Nominalgruppen abhängigen Relativsätze weisen zumeist ein konjunktivisches Prädikat auf: (46) Il n'y a pas un individu dans toute l'Union soviétique qui connaisse Marx Mais je n'ai encore jamais vu un pauvre qui ait touché du pognon venant de mon cinéma

So auch bei Verneinung von Existenz in einem weiteren Sinn, wie in folgendem volitiv modalisiertem Satz: (47) Il était interdit d'exprimer sur la question une opinion qui s'écartât des positions officielles

Charakteristischervreise ist mit solchen durch einen konjunktivischen Relativsatz erweiterten Naninalgruppen nicht ein spezifisches Cbjekt oder Individuum gemeint, sondern eine mögliche Klasse bzw. ein beliebiges Element aus dieser Klasse (vgl. die volitiv modalisierten Relativsätze unter 2.1.1.3.). In seltenen Fällen begegnet auch der Indikativ: (48) Je compris qu'il manquait à Patrick une grande personne qui pouvait l'accompagner dans ses rêveries

Die Tatsache, daß Wendungen der Form II n'y a Tien qui m'attend, Il n'y a rien qui tient dans ce que vous avez fait häufiger den Indikativ enthalten, ist darauf zurückzuführen, daß hier einfach die Subjekt-Präsentierungsfarmai il y a X qui ... verwendet wird, um ein enphatisch wirkendes Rien ne m 'attend, Rien ne tient zu vermeiden. Ganz analog zu den Kcnpletivsätzen fördert auch hier ein interrogativer Kontext, in dem nach einer möglichen Referenz der Nominalphrase gefragt wird, die

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Verwendung des Subjonctif, der hier eine globale Häufigkeit von 35-40%, in der Inversionsfrage vcn 50% erreicht (Eriksson 1979) s (49) N'as-tu pas une amie qui puisse t'accompagner?

Die schon bekannte Vorzugsstellung der Inversionsfrage deutet zudem auf gehobenere sprachliche Register hin. Desgleichen findet sich der Subjonctif innerhalb eines Ifanditicnalgefüges, wenn auch mit einer niedrigeren Frequenz (nach Eriksson 1979 ca. 35%): (50) Si j'avais le bonheur de trouver une femme qui ressemblât un peu à mon Amazone, je pourrais être heureux et fidèle

In diesem Satz hat man es gleichfalls mit einer nicht-referentiellen Ncminalphrase zu tun, im Unterschied etwa zu folgendem Beispiel: (51) S'il y eut jamais un homme à qui les événements donnèrent raison ... ce fut bien Orsini

Hier verbindet der Sprecher mit dem indefiniten Antezedens un homme ein bestimmtes Individuum. Es zeigt sich also vcn neuem, daß es im Prinzip dieselben Faktoren sind, die die Moduswahl im Kcnjunktional- und im Relativsatz determinieren. Diese \ferbundenbeit sei an folgendem Fäll noch einmal sinnfällig gemacht, wo das neutrale Relativpronomen qui und die Konjunktion que gegeneinander austauschbar sind: (52) Que croit elle donc qui/qu'il puisse arriver?

Dn Anschluß hieran wollen wir noch einen Blick auf das vieldiskutierte Phänomen des Konjunktivs im Relativsatz nach superlativischem bzw. durch seul, premier determiniertem Antezedens verfen. Betrachten wir zunächst einen Satz wie den folgenden: (53) Jean est l'homme le plus sympathique que je connaisse

so stellen wir fest, daß die Determinationsrelatian zwischen Antezedens und Relativsatz-Attribut koirplexer ist als z.B. in dem Satz: Jean est l'homme que j'aime. Der Relativsatz que je connaisse bezieht sich - im Unterschied zu que j'aime - nicht unmittelbar auf das durch l'homme bezeichnete Individuum, wie folgende Umformulierung sichtbar macht: *Jean est l'horme que je connaisse. Aber auch die an sich korrekte Aussage Jean est l'homme que je connais ist hier nicht gemeint. Que je connaisse determiniert vielmehr eine Gesamtheit, eine Klasse von Personen, und zwar alle die (Männer), die der Sprecher kennt. Die definite Nominalgruppe l'homme bezeichnet also nicht einfach das Individuum

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Jean, sondern darf Iber hinaus die Kategorie Männer, eingeschränkt durch die Spezifikation 'die ich kenne' (vgl. hierzu schon Kalepky 1894; Wunder Ii 1970, Eriksson 1979). Insofern hat auch hier das Antezedens (l'homme) keine spezifische, individuelle Referenz, sondern bezieht sich mit seinem RelativsatzAttribut auf eine Klasse von Objekten, die das Vergleichsfeld der superlativischen Wertung bilden. Mit einer solchen Äußerung soll daher - unter kcrrrrunikativem Aspekt betrachtet - auch nicht mitgeteilt werden, daß die Sprecherin diesen Mann kennt, sondern eben, daß er von allen Männern, die sie kennt, der synpathischste ist. Daß sich dieser Relativsatztypus nicht direkt auf ein Individuum beziehen kann, wird vor allem dort erkennbar, wo die Generalisierung durch verallgemeinernde Adverbiale wie jamais oder au monde expliziert und unterstrichen wird: (54) C'est peut-être la plus charmante soirée que j'aie jamais passée

Also nicht: *la soirée que j'ai(e) jamais passée, sondern (de) toutes les. soirées que j'ai(e) jamais passées. In Konfoinatian mit solchen Mverbialen ist der Kbnjuriktiv-Anteil überdurchschnittlich hoch. Auch hier soll natürlich nicht mitgeteilt werden, daß der Sprecher den Abend verbracht hat, da diese Information vorausgesetzt werden kann. Auch auf diesen Satztyp läßt sich eine abgeschwächte Version des BolingerTests anwenden, die zwar keine-Ja-Nein-Entscheidung erlaubt, aber doch heuristischen Wart besitzt. Je weniger eine Umwandlung des Relativsatzes in einen selbständigen Satz syntaktisch möglich und je weniger ein solcher im Text sinngemäß mit enthalten ist, desto weniger ist der Indikativ zu erwarten und umgekehrt: (55a) C'est le problème le plus grave qu'on ait jamais discuté entre chefs d'Etat vs. (55b) On a *jamais discuté le problême entre chefs d'État (56a) Le problème le plus grave qui a été discuté à Bruxelles est celui de la guerre des olives vs. (56b) Le problême a été discuté à Bruxelles

Man kann also sagen, daß in Relativsätzen, in denen die Norm eine Modusvariation zuläßt, der Konjunktiv den rhematischen Charakter des Superlativs im Hauptsatz unterstreicht, der Indikativ hingegen den Nebensatz zur Mitteilung macht. Entsprechendes gilt für den von einer Ncminalphrase des Typs seul + N dominierten Relativsatz, wo der Konjunktiv ebenfalls überwiegt: (57) Jeanne est la seule femme à qui on puisse se fier

paraphrasierbar etwa durch 'Jeanne ist die einzige Vertreterin der Kategorie

64 Frau, der man vertrauen kann', d.h. die einzige, für die gilt, daß sie Frau ist und daß man ihr vertrauen kann. Die konnunikative Intention auch dieses ftißerungstyps liegt nicht primär darin, dem Subjektreferenten die durch den Relativsatz ausgedrückte Eigenschaft zuzusprechen - wie in dem Satz: Jeanne est une femme à qui on peut ee fier (= A Jeanne on peut se fier) -, sondern in der Mitteilung, daß Jeanne die einzige Vertreterin dieser Kategorie ist. Auch in diesem Kontext kann der Gültigkeitsbereich des adjektivischen Attributs durch verallgemeinernde Adverbiale expliziert werden: (58) Cela m'a frappé, parce que c'est le seul message qu'elle ait jamais eu

Auch hier kann der Relativsatz nicht unmittelbar auf ein Individuum bezogen werden: *le message qu'elle ait jamais eu. Referentiell fallen bei den durch seul determinierten Nomina Klasse und Individuum natürlich zusanmen. Notwendigerweise mehr als ein Element enthalten hingegen die durch die quasi-superlativischen Attribute premier/dernier konstituierten Objektklassen. In den von einem solchen Antezedens abhängigen Relativsätzen befindet sich der Konjunktiv allerdings stark in der Minderheit mit einem Anteil zwischen 10 und 17% (Ander sscn 1974): (59a) Le premier endroit où cette mode fait son apparition est le club Castel vs. (59b) Un des derniers commentaires, d'ailleurs excellents, qui leur aient été consacrés, est celui de M. Jean Frappier

Das zweite Beispiel hat in etwa schon die Form unserer üblichen Paraphrase: 'Einer der letzten aus der Menge der Konmentare, die ihnen gewidmet wurden". Die konmunikative Struktur derartiger Äußerungen entspricht nutatis mutandis derjenigen der zuletzt behandelten Relativsatztypen. 2.2.2. Zur historischen Entwicklung des Konjunktivs im dubitativen Satz Auch die dubitative Funktion des Konjunktivs war schon im Lateinischen fest verankert. So z.B. nach fieri (non) potest ut - 'es ist (un)möglidh, daß', multum abest ut 'es fehlt viel, daß'; auch schon nach negiertem Zweifel: non dubito quin. Desgleichen etwa nach antequam/priusquam 'ehe, bevor' im tenporalen Adverbialsatz. Auch im Relativsatz nach negativem Antezedens ist der Konjunktiv bereits die Regel: Nemo exstat qui ibi sex menses vixerit. Im Unterschied zum Neufranzösischen aber auch im abhängigen Fragesatz: Nesaio quid faoiam, oder in der Satzfrage: Epaminondas quaesivit, num salvus esset olipeus. Dieser Konjunktiv-Typus ist jedoch auch im unabhängigen Satz äußerst geläufig. So etwa als Potentialis zum Ausdruck einer abgeschwächten Behauptung,

65 mit einer futurischen Koirponente: dicat/dixerit aliquis 'es könnte/wird vielleicht jemand sagen'; entsprechend im Potentialis der Vergangenheit: crederes 'man hätte glauben kennen', quis crederet 'wer hätte glauben mögen'? Diese Funktionen werden im Neufranzösischen durch die Peonen des Konditional wahrgenonmen: vous diriez, on dirait, on aurait dit, in literarischer Sprache allerdings auch noch mit dan Subjonctif Plusquamperfekt: (60) On eût dit qu'un vent de folie soufflât sur les dominateurs anglais

Oder in der Frage: Rodrigue, qui l'eût cru? - Chimène, qui l'eût dit? Darüber hinaus fungiert der lateinische Konjunktiv im unabhängigen Satz als Irrealis: faoerem 'ich täte' (tue aber nicht), feaissem 'ich hätte getan': Caesar adversarios fortasse servasset. Auch in dieser Funktion wird im Neufranzösischen der Conditionnel verwendet: je ferais/j 'aurais fait. Bitsprechend auch im Kcnditionalgefüge, wo dem lateinischen Konjunktiv Präsens oder Perfekt im Potentialis bzw. dem Konjunktiv Inperfekt oder Plusquamperfekt im Irrealis die neufranzösische Kombination 'Inperfekt oder Plusquanperfékt Indikativ (im untergeordneten Satz) - Conditionnel I oder II' gegenübersteht. Dagegen noch im älteren Französisch: (61) Se je ne fusse en tel prison, bien achevasse cest afere

Seit dem 16. Jh. wurde der Konjunktiv, der bis dahin die übliche Form in beiden Teilsätzen des Irrealis war, mehr und mehr van Conditionnel bzw. Brparfait verdrängt. Nur auf einer ausgesprochen literarischen Ebene kann man bis heute den Konjunktiv in einem der beiden oder sogar in beiden Teilsätzen noch finden: S'il avait/eût cherché, il aurait/eût trouvé. In dubitativer Funktion hat sich der Subjonctif im Neufranzösischen also praktisch gänzlich aus dem unabhängigen Satz zurückgezogen - im Konditionalsatz auch aus den abhängigen. Der dubitative Konjunktiv ist aber nicht nur aus bestürmten syntaktischen Umgebungen, in denen er van Lateinischen bis zum Mittelfranzösischen heimisch war, verschwunden, sondern es hat sich seine eigentliche modale Funktion gewandelt. Wie wir gesehen haben, verliert er weitgehend die Funktion, einen positiv formulierten Eindruck oder Glauben des Protagonisten zu relativieren oder in Frage zu stellen, mit dem Ergebnis, daß in dem rai einem affirmativen verbum sentiendi abhängigen Satz heute grundsätzlich der Indikativ vorherrscht; dasselbe gilt für die verba dioendi. Während diese \ferben im klassischen Latein meist mit Acl konstruiert wurden, richtet sich in den entsprechenden qätlateinischen Konjunktionalsätzen die Wähl des Modus nach der jeweiligen Einschätzung ihres Realitätsgehaltes. So steht etwa nach scire, credere vorwiegend der Indikativ und nach dicere, referre eher der Konjunktiv, und ebenso

66 nach verneintem Hauptsatz wie noch im Naufranzösischen. Diese ifodussetzung bleibt im Prinzip bis ins 17. Jh. erhalten. Dit Altfranzösischen stehen irehrere Verben zum Ausdruck des Glaubens und Vermutens zur Verfügung: Croire z.B. löst nur sporadisch den Konjunktiv aus, cuidier hingegen in den meisten Fällen: Bien ouidai que il fussent dis; penser neigt wiederum eher dan Indikativ zu. Nachdem das Verbum cuidier mit seiner negativen Konponente ('wähnen') im 16. Jh. außer Gebrauch kcrrrtt und damit die epistemische Differenzierung nicht mehr lexikalisch wiedergegeben werden kann, tritt nun auch nach croire und penser häufiger der Konjunktiv auf, in literarischer Sprache vereinzelt bis heute: II croyait qu'il fût onze heures, Il pensait que ce fût un crime. Erst durch Vaugelas wurde dann die bis heute gültige Regelung eingeführt, gemäß der der Subjonctif, von Ausnahmen abgesehen, nur noch nach verneintem, interrogativem und hypothetischem Hauptsatz zu verwenden ist. Genau unter diesen Bedingungen wird übrigens bis zum 16./17. Jh. der Konjunktiv auch im indirekten Fragesatz gesetzt, aus dem er sich dann ja vollständig zurückgezogen hat (vgl. Gamillscheg 1957 S. 635): (62) Je ne sai a quoi tex hom vaille.

Zusairttenfassend läßt sich der Wandel des Kcnjunktivgebrauchs in dem hier betrachteten Bereich also etwa so beschreiben: Bei einem allgemeinen Rückgang der spezifisch dubitativen Funktion bleibt der Konjunktiv im Nebensatz noch dort erhalten, wo - wie z.B. nach Negation oder Frage - der Inhalt des abhängigen Satzes vcn niemandem geglaubt oder behauptet wird, er verschwindet jedoch dort, wo der Inhalt einer tatsächlichen Annahme oder Äußerung mitgeteilt wird. Der Subjonctif wird so - im Einklang mit unserer Grundhypothese - zunehmend zum ffodus der Nicht-Mitteilung. Eben dies erklärt auch seinen Rückzug aus dem unabhängigen Aussagesatz, wo er durch den Conditionnel ersetzt wird. Zur Abschwächung des Wahrheitsanspruches einer Annahme dient der Subjonctif allenfalls noch in dem vcn il semble regierten Satz. 2.2.3. Zum dubitativen Konjunktiv im Italienischen und Spanischen Das Italienische hat die charakteristische Entwicklung des Französischen seit dem 17. Jh. nicht vollzogen. Der Konjunktiv wird hier nach den Verben des Glaubens und Weinens nicht nur im Falle des Zweifels oder der Negierung der Wahrheit des Nebensatzes gesetzt, sondern er dient generell auch zur Nuancierung des Wahrheitsanspruches einer positiv forrrulierten Annahme. Wir können nach solchen Verben sogar eine ausgeprägte Tendenz zum Cangiuntivo feststellen: (63) Molti crödono che la Borsa abbia toccato il suo tetto

67 Dasselbe gilt für pensare in H-jgg^r Bedeutung, während penso che + Indikativ mit 'ich finde, daß' zu übersetzen wäre, oder für Verben des Vemutens wie supporre, sospettare oder der Vorstellung wie immaginare, avere l'impressione: Si immaginò ohe l'avesse fatto salire. Es darf allerdings nicht vergessen werden, daß der Modusgebrauch gerade auch im Italienischen starker registerbedingter Variation unterliegt und daß etwa von credere abhängige Sätze in mündlicher Kcmamikation einen höheren Grad an Selbständigkeit annehmen können (vgl. z.B. die geläufige Hauptsatzwortstellung im deutschen ueiZ-Satz). Es muß kaum eigens hervorgehoben werden, daß auch im Italienischen Verneinung, Frage und Renditinna 1 gefüge den Kcnjunktivgebrauch fördern: (64) Tu non credi che Dino sia tuo figlio e hai ragione

Die deklarativen Verben, wie z.B. dire, verhalten sich im Prinzip wie ihre neufranzösischen Entsprechungen : Indikativ nach positivem Hauptsatz und, allerdings in größerem tinfang, Möglichkeit der Kcnjunktivsetzung nach Verneinung und Frage: (65) E chi ti ha detto che i preti non siano sensuali?

zumal wenn der Sprecher Zweifel an der Wahrheit des Nebensatzes anklingen lassen will. Sporadisches Auftreten des Konjunktivs ist aber selbst nach Ausdrücken wie imparare/affermare/scoprire che bezeugt (Francescato 1974 S. 121); in solchen Ungebungen fällt es allerdings schwer, eine funktional motivierte Wahl des Modus anzunehmen. Der Konjunktiv hat im Italienischen also insgesamt eine größere Extension und auch eine ausgeprägtere semantische Funktionalität als im Neufranzösischen. Dies trifft auch für die unpersönlichen Ausdrücke des Scheinens sembra und pare zu, die beide überwiegend den Kcnjunktiv nach sich ziehen, im Gegensatz zum Französischen ist das Auftreten eines persönlichen "Itapic1 in Farm eines indirekten Objekts nicht modusrelevant : (66) Perchè mi pare che lei esageri A me sembra gualche volta che vada nuda e non lo sappia

Die Moduswahl im Relativsatz nach superlativischen und verwandten Aasdrücken gehorcht weitgehend denselben Prinzipien wie im Französischen: (67) Sei la donna piti perfetta e adorabile che sia mai esistita

Hinzu könnt jedoch der Kcnjunktiv in Abhängigkeit von ogni in Sätzen wie: (68) Semplice nei modi, come ogni fiorentino che sia nato gentiluomo

68 wo der Modus wohl auch durch die konditionale Kcnpanente der Konstruktion begünstigt wird (vgl. Schmitt Jensen 1970 S. 564). Bitsprechend findet sich der Konjunktiv auch nach den Indefinitpronomina qualunque und qualsiasi: (69) Le padrone rifiutavano qualunque modo di soccorso che potesse giungere per parte di quelli...

Dies und der Utastand, daß - wenngleich in sehr viel geringerem Unfang - auch durch den Aliquanter tutti determinierte Ncminalphrasen den Konjunktiv auslösen kämen: (70) C'è qua dentro un segreto più importante di tutte le responsabilità che si possano dare

ist insofern von allgemeinerem Interesse, als dadurch belegt wird, daß die Generalisierung und die Kennzeichnung von Klassen in der Tat eine genuine Funktion des Konjunktivs iin romanischen Relativsatz darstellt (vgl. auch den lat. Typus Sunt, qui putent/diaant). Im Unterschied zum Nfz. steht in den durch che eingeleiteten Vergleichssätzen regelmäßig der Konjunktiv, meist in Verbindung mit einem expletiven non: (71) Ma nel '65 tu cadrai sotto un'auto molto più spaventosa che non sia stata quella del '35

m den durch di eingeleiteten unabhängigen Relativsätzen erscheint cter Congiuntivo insbesondere nach (di) quanto: È ancora molto più piccolo di quanto (non) pensasse. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zum Nfz. ist darin zu sehen, daß in der indirekten Frage auch der Konjunktiv auftreten kann. Ist der übergeordnete Satz präsentisch, wird in der Hegel der Indikativ gewählt, während nach einem \fergangenheitstenpus beide Modi möglich sind: (72) Ognuno lo sa perché fa il partigiano Costui sapeva perfino chi fosse

Auch hier erhöht die Hauptsatznegation die Frequenz des Konjunktivs, der in diesem Ikll sogar im Präsens möglich wird: Non so chi tu sia. Auch im Italienischen spielt - wie schon angedeutet - der Grad der Unterordnung bzw. der relativen Autonomie des Nebensatzes eine Bolle. So bewirkt etwa die Vorwegnähme des Fragesatzes durch das Pronomen lo eine gewisse \ferselbständigung dieses Satzgliedes - eine Annäherung an den Status einer unabhängigen Frage - (Schmitt Jensen 1970 spricht von "deconpositicn") und damit eine \ferStärkung der Tendenz zum Indikativ. So etwa in folgendem Beispiel trotz des negativen Hauptsatzes, der allerdings selbst interrogativ ist: (73) Nessuno lo sa dove sono i nidi dei ragni?

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In der direkten Frage kann der Konjunktiv für den TtyP der zweifelnden, zögernden Frage gebraucht Vierden: Che sia effetto del vino?, si domandò 'Sollte es etwa die Wirkung des Weines sein?' In seltenen Fällen kann sogar die Konjunktion fehlen: (74) Dio ce ne scampi, fosse cavaliere di Malta?

Auch hier verwendet das Nfz. statt des Konjunktivs den Conditionnel: Serait-ce l'effet du vin? Abschließend sei noch auf die unterschiedliche Gestalt der Konditionalphrase hingewiesen, wo das Italienische ebenfalls den ursprünglichen romanischen Zustand besser bewahrt hat. In der irrealen Hypothese, im Präsens wie im Präteritum, wählt das Italienische die Folge Konjunktiv Präteritum - Konditional: Se fossi ricco, mi comprerei una villa al mare bzw. Se fossi stato ricco ... Interessanterweise kann in der Umgangssprache der Kon juriktiv und/ oder der Konditional II durch einfaches lirperfekt ersetzt werden. Also: (75) Per me se mi lasciavi lassù, era tanto meglio

statt: se avessi lasciato ..., sarebbe stato ... Im Unterschied zum Französischen wird hier also selbst bei Vergangenheitsbezug das einfache Irrperfekt statt des Plusquairperfekts (si tu avais laissè) gebraucht. Das Spanische verwandet - ähnlich wie das Französische - nach \ferben des Glaubens und Meinens wie creer oder pensar in der Regel Indikativ in der positiven und Konjunktiv in der negativen (oder interrogativen) Version: Creo que viene vs. No creo que venga. Nach Verben der Annahme/\fermutung wie imaginar, sospechar, suponer kann, je nach den Grad der Abschwächung der Gewißheit, Indikativ oder Konjunktiv gewählt werden, wobei im positiven Fall der Indikativ überwiegt: Sospecho que tiene (tenga) la culpa, und im negativen der Konjunktiv: No sospechaba que tuviese (tenia) la culpa. Das Spanische ninrnt hier also eine Position zwischen dem Italienischen und dem Französischen ein; im Hinblick auf die semantische Funktionalität des Modus jedoch steht es dem Italienischen grundsätzlich näher. Das Spanische unterscheidet sich von den beiden anderen romanischen Sprachen aber durch einige Eigenarten, die wir im folgenden kurz ansprechen wollen. In terrparalen Nebensätzen, dessen Inhalt als noch nicht realisiert angenorrmen wird, erscheint normalerweise der Konjunktiv. Cf. etwa: Cuando llego, me saluda vs. Citando llegue, me saludarà. In diesen Fällen kormrt die ursprüngliche futurische Korrponente des Modus Konjunktiv zum Tragen. So auch bei formal identischem Hauptsatz, wie z.B. in: Baja cuando se lo ordenan vs. Baja cuando te lo ordenen J

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Diese semantische Opposition zwischen 'experiencia' und 'anticipación' (vgl. Bull 1960) kann auch nach anderen tenporalen Konjunktionen durch den ftodus dargestellt werden: Ellos beben hasta que se emborrachan vs. Beberán hasta que se emborrachen. Aber auch nach einen konzessiven aunque ist die Möglichkeit einer solchen semantischen Differenzierung allein durch den Modus gegeben: Aunque estudia, no aprueba vs. Aunque estudie, no aprobará. Im arelten Fall wird die Realisierung des Nebensatzinhaltes offengelassen, wodurch der Nebensatz eine konzessiv-kcmditionale Bedeutung erhält. In diesem Zusammenhang ist auch das konditionale como zu erwähnen, das im Gegensatz zu seinem kausalen Gebrauch mit Konjunktiv konstruiert wird und der Äußerung einen mahnenden oder warnenden Unterton gibt: Como no me escribas pronto, me enfadaré. Die Moduswahl im Relativsatz basiert auf denselben Prinzipien wie im Französischen und Italienischen, doch auch hier zeigt das Spanische eine gewisse Eigenständigkeit. Nach superlativischem Antezedens ist der Konjunktiv eher selten: Es el mejor libro que ha/(haya) escrito. Andererseits zeigt das Spanische interessante Weiterungen des Konjuriktivgehrauchs im Relativsatz zur Charakterisierung des Antezedens als nicht-spezifisch. So etwa in Sätzen wie: (76) Juega con la pelota que le han comprado vs. Jugará con la pelota que le compren Oye la emisora que le gusta vs. Oirá la emisora que le guste

(übrigens auch ital.: rimase obbligato a mantenere ... un esercito ..., con cui prender parte alle guerre che al governo di Parigi piacesse di fare - hier innerhalb eines präteritalen Hauptsatzes). Bei pluralischem Antezedens referiert der Indikativ auf eine konkrete, spezifische Msrtge von Individuen, während mit don Konjunktiv lediglich ein bestimmter Typus konstituiert wird: (77) Me refiero a los españoles que no han/hayan salido de España Los que no están/estén de acuerdo, que lo digan

Un Französischen würde dem Subjuntivo hier ein Conditionnel entsprechen: Les personnes licenciées qui souhaiteraient créer une entreprise bénéficieront d'une réduction In folgendem Beispiel wird durch den Modus ein Unterschied in der syntaktischen Struktur des untergeordneten Satzes angezeigt: lDirne lo que quieres! indirekter Fragesatz vs. ¡Dime lo que quieras 1 - verallgemeinerter Relativsatz (... 'was inner du willst'). Im indirekten Fragesatz ist der Konjunktiv im Spanischen übrigens sehr viel weniger geläufig als im Italienischen. Abschließend sei noch auf die fakultative Verwendung des Subjuntivo im

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Hauptsatz nach den epistemischen Satzadverbien quizâ(s), tal vez, acaso hingewiesen: (78) Tal vez ya sepas (sabes) que llegan mañana Quizá le haya (ha) contado lo que ocurrió

Man könnte sagen, daß die \ferben ven den vorangehenden Adwsrbialen abhängen, da diese bei Nachstellung nicht den Konjunktiv auslösen: (79) Iré, quizá, mañana.

Zusanmenfassend läßt sich serait feststellen, daß der Konjunktiv im Italienischen und Spanischen einen deutlich größeren Anwendungsbereich besitzt als im Französischen, und daß darüber hinaus der Modus in den beiden südromanischen Sprachen, zumal im Spanischen, in höherem Maße als nicht-redundanter, eigenständiger Funktionsträger erscheint als im Französischen (vgl. auch Blücher 1979). 2.3.

Thematischer Bereich

2.3.1. Neufranzösisch 2.3.1.1. Einführung in die Problematik Der Versuch, den neufranzösischen Konjunktiv auf einen dubitativen Grundwert zurückzuführen, scheitert - wie im 1. Kapitel schon bemerkt - spätestens angesichts von Sätzen des Typs: (1) Je regrette qu'elle soit déjà sortie Je suis heureux que vous ayez fait appel à moi

Daß es an solchen Versuchen dennoch nicht gefehlt hat, sei hier nur erwähnt. So meint etwa Soltmann (1914 S. 111), daß der affektive, subjektive Charakter in die "Aussage eine gewisse Unsicherheit hineinbringt". Zunächst ist jedoch einmal folgendes festzuhalten: In Äußerungen dieses Typs steht die Wahrheit des Nebensatzes bzw. die Sicherheit des Protagonisten oder Sprechers überhaupt nicht zur Debatte. Es wird weder mitgeteilt, daß jemand den Nebensatz für wahr hält, noch daß jemand an seiner Wahrheit zweifelt. Bs verhält sich vielmehr so, daß die Wahrheit des Nebensatzes von Sprecher vorausgesetzt, präsupponiert wird. Diese Präsupposition ist eine notwendige Bedingung für eine sinnvolle Verwendung derartiger Sätze: mann kann nur etwas bedauern oder über etwas glücklich sein, was man für ein Faktum hält. Verben dieser Art bezeichnet man daher auch als Faktive, die u.a. daran zu erkennen sind, daß sie in der Regel

72 die konplexe NF le fait que p als Konplement zu sich nehmen kämen: Je regrette le fait qu'elle soit sortie, und daß bei Negation, Interrogation und Hypothese - im Unterschied zu den in 2.2. behandelten epistemisehen Verben - der Wahrheitswert des Nebensatzes bzw. die Einschätzung seiner Faktizität konstant bleibt: Il ne regrette pas qu'elle soit sortie präsupponiert ebenfalls: elle est sortie und zwar sowohl für den Sprecher als auch für den Protagonisten. Hieraus erklärt sich auch die Irrelevanz der Hauptsatzmodalität für die Modusvrahl ijn Nebensatz. Der Inhalt des Nabensatzes wird also nicht als ein realisierter Sachverhalt mitgeteilt, assertiert, sondern als bereits gegebenes Faktum vorausgesetzt. Mitgeteilt wird lediglich der Inhalt des übergeordneten Satzes, der im weitesten Sinne eine Beurteilung/Bewertung des durch den untergeordneten Satz bezeichneten Faktums enthält. Vcm Hauptsatz her erklärt sich auch der insofern etwas irreführende Terminus 'subjektiver Konjunktiv', als der Modus selbst keine Subjektivität vermittelt. Gleichfalls unangemessen ist der traditionelle und noch von Hunnius (1976) verwendete Ausdruck 'Verben der Gemütsbewegung', 'verbes de sentiment', dem man wohl kaum Prädikate wie se venger, c'est déjà beaucoup oder selbst trouver normal zurechnen würde, obwohl auch sie Faktiva sind und als solche den Konjunktiv regieren. Der Voraussetzung der existenziellen Gegebenheit des Sachverhalts entspricht nun auf der kctimunikativen Ebene die Voraussetzung des informationellen Gegebenseins. D.h. Sätze des Typs (1) werden normalerweise dann verwendet, wenn der Sprecher davon ausgeht, daß dem Adressaten das durch den Nebensatz bezeichnete Faktum bekannt ist; anderenfalls hat er die Möglichkeit, dem Inhalt der gesamten Äußerung auch eine andere Form zu geben. Dies bedeutet natürlich nicht, daß eine solche Annahme zwangsläufig richtig sein muß; sei es veil der Sprecher den Kenntnisstand des Adressaten falsch einschätzt, sei es weil er bewußt diese Äußerungsform benutzt, um bestinmte stilistisch-rhetorische Effekte zu erzielen. Solche Nebensätze bzw. ihre Wahrheit sind also inhärent - d.h. kontext-unabhängig - präsupponiert und haben daher im Normalfall einen niedrigeren Mitteilungswert als der jeweils übergeordnete Satz; sie können somit innerhalb der gesamten Äußerung als (inhärent) thematisch bezeichnet werden. Die Tatsache, daß in solchen Nebensätzen fast ausschließlich der Konjunktiv auftritt, entspricht nun wieder exakt unserer Hypothese über den Grundwert des Subjonctif, nach der dieser Modus im Prinzip die Funktion hat, einen Satz oder Satzteil als Nicht-Mitteilung zu kennzeichnen. Die inhärente Thematizität dieser Nebensätze bedeutet gleichzeitig einen hohen Grad an kortnunikativer Unselbständigkeit und Unterordnung, und der Konjunktiv lenkt die Aufmerksamkeit auf das eigentliche Mitteilungsziel, nämlich die im Hauptsatz ausgedrückte persönliche Bewertung.

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2.3.1.2. Modusvariation In bestimnten Umgebungen Ein wichtiges Indiz für die Realität des thematischen Konjunktivs liefern die auch in diesem Bereich anzutreffenden Verben, deren \rerschiedene Bedeutungen oder Bedeutungsnuancen durch den Modus im Nebensatz signalisiert werden. So etwa im Falle des fakti\ren Verbvms se plaindre, das in Kombination mit einem Indikativ als deklaratives Prädikat mit der Bedeutung 'mit Bedauern mitteilen' zu interpretieren ist. Aufschlußreich ist der Umstand, daß der Indikativ vor allem nach dem Passé siirple auftritt, also nach dem für die Bezeichnung von Sjarechakten charakteristischen Tenpus: (2a) Il se plaignit alors que cette guerre lui faisait perdre beaucoup de temps vs. (2b) Daniel se plaint que cet enfant soit difficile

Analog verhalten sich auch: admirer, s'etonner + Indikativ - 'constater avec admiration/êtcnnement', se vanter 'dire de manière vantarde' (s. Nordahl 1969 S. 93). Der bekannteste Fall ist das Verbum comprendre mit seinen Bedeutungsvarianten 'begreifen, erkennen' mit Indikativ und 'Verständnis aufbringen' mit Konjunktiv, zur Bezeichnung der geistigen Wahrnehmung respektive Beurteilung eines gegebenen Faktums. Es ist naheliegend, daß die zweite Variante vor allem mit der 1. Perscn realisiert wird: (3a) Je (= (3b) Je (=

comprends très bien que tu ne veuilles pas me croire ich kann (das) sehr gut verstehen, daß/wenn...) vs. comprends bien que le personnage est complexe ich erkenne wohl, daß ...)

Eine Wendung wie on comprend que wird ihrem üblichen Sinn 'man kann verstehen, daß' entsprechend fast ausschließlich mit dem Konjunktiv konstruiert: (4a) On comprend qu'un tel homme ait pensé â l'espace

im Unterschied etwa zu einem durch ein Adverbial perfektivierten Ausdruck wie on comprend très vite/une fois de plus, il comprend enfin/soudain /brusquement mit der Bedeutung 'man begreift sehr schnell, daß'. Perfektivierend wirkt natürlich auch das Passé sinple, das daher, im Gegensatz zum Inparfait, praktisch nur mit dem Indikativ kcnpatibel ist: (4b) Et Besson comprit tout à coup que cette voix était vieille

Ungefähr so wie comprendre verhält sich in modaler Hinsicht auch das Werbum concevoir'. (5) Je conçois très bien qu'un jeune homme se plaise dans la compagnie de charmantes personnes

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Etwas anders gelagert ist der Fall des Verbums expliquen Mit einem beiästen Subjekt regiert es den Indikativ, da es dann den Status eines \ferbums der Mitteilung hat, während bei unbelebtem Subjekt die Frequenz des Subjonctifs die des Indikativs Uber steigt, da expliquer dann die Bedeutving des faktiven Prädikats 'verständlich machen ', 'erklären, warum' annimmt (vgl. Ibgeby 1982 S. 125): (6a) Entre deux sanglots, elle m'explique ... que sa grand-mère est morte vs. (6b) C'est ce qui explique qu'il y ait toujours un public pour les procès d'assises

Die zweite Bedeutung, bei belebtem Subjekt, hat das \ferbum in einer Frage der Form: Comment expliquez-vous que p?, was erklärt, warum auch in diesem EcLLl der Subjcnctif gesetzt werden kann. Auch das reflexive s 'expliquer wird in diesem Sinne gebraucht und regiert deshalb fast ausschließlich den Konjunktiv: (6c) Ainsi on s'explique que Xénophon n'ait pas entendu prononcer ce nom

gehört zu dieser \terbgruppe; darüber hinaus die Wendungen d'où Auch justifier vient que? und de là vient que, die ebenfalls die Wahrheit des von ihnen abhängigen Satzes präsuppanieren und daher mit dem Konjunktiv verbunden werden: (7) Mais d'où vient alors que l'oeuvre de Rabelais soit restée si vivante, si proche de notre monde? De là vient qu'ils ne soient pas tendres

Als thematischer Konjunktiv im engeren Sinne ist auch der sog. Konjunktiv des Fragegrundes zu betrachten: der durch que eingeleitete Nebensatz bezeichnet den pr äsuppcn i er ten Sachverhalt, durch den die erstaunte Frage ausgelöst wurde: (8) Où est-elle donc que vous soyez à pied comme 9a? Ne te souviens-tu plus de m'avoir aimé toi-même, que tu puisses ainsi te plaire à me torturer?

Auch hier ist der Konjunktiv ein Indiz dafür, daß der Nebensatz, trotz seiner relativ lockeren syntaktischen Anbindung, keine eigenständige Mitteilung enthält. Es ist daher nicht notwendig, mit Togeby (1982 S. 206) anzunehmen, daß dieser Konjunktivgebrauch unter dam Einfluß des ebenfalls nur durch que eingeleiteten Finalsatzes der Farm: Venez,

ma soeur,

que

¿e

vous

reconduise

à

votre mère (vgl. 2.1.1., Satz 18) entstanden wäre. Am Bande sei vermerkt, daß selbst nach Ausdrücken wie il est vrai ¡certain que, wenn auch nur sporadisch, der Konjunktiv auftaucht: (9) Il est vrai qu'Alceste soit amoureux d'une coquette et logique que, de ce fait, il devienne ridicule et malheureux

Es ist aber nicht eindeutig zu erkennen, inwieweit auch hier ein niedriger

75 Mitteilungswert des Nebensatz inhalte s den Gebrauch des Konjunktivs begünstigt. Eine derartige Annahme ist insofern nicht abwegig, als in Sätzen dieses Typs, oder auch in: II est exact que p, das kcnnunikative Hauptgewicht tendenziell auf dem übergeordneten Prädikat liegt. Ausschlaggebend für die Wahl des Modus in solchen Äußerungen ist jedoch ihre Funktion als Wahrheitsbestätigung, allgemeiner gesagt: Gehört ein Prädikat zugleich dem thematischen und dem dubitativen/volitiven Bereich an, so richtet sich sein Modus-verhalten im Prinzip nach letzterem. Daher regiert auch ein Verbum wie savoir im Prinzip den Indikativ, obwohl es semantisch gesehen den ( semi-)faktiven Prädikaten zugerechnet werden kann. Es gehört indessen nicht zu den beurteilenden/bewertenden Verben, sondern zu den epistemischen Ausdrücken, mit denen explizit zum Wahrheitsgehalt des untergeordneten Satzes Stellung genonmen wird. Dieser Faktor ist für die Moduswahl offensichtlich ausschlaggebend - auch dafür, daß nach verneintem savoir der Konjunktiv sehr wohl erscheinen kann (vgl. 2.1.1.). Die Verneinung von savoir modifiziert das epistemische Verhältnis des Protagonisten zum Nebensatzsachverhalt, während bei der Negation vrai beurteilenden faktiven Prädikaten - wie zu Beginn dieses Kapitels schon angedeutet dieses Verhältnis für den Sprecher und für den Protagonisten konstant bleibt. Die Sanderstellung von savoir zeigt sich im übrigen auch daran, daß es nicht die NP le fait que als direktes Cbjekt zu sich nehmen kann (*je sais le fait que), und daß der vrai ihm regierte Satz auch bei Voranstellung in der Regel indikativisch bleibt: Que l'humanité n'est pas belle, on le sait. Ein weiterer Kronzeuge für unsere Interpretation des Konjunktivs in dem als wahr präsupponierten Nebensatz ist das Modusverhalten der vai le fait que abhängigen Sätze. Diese Nebensätze, deren Inhalt ausdrücklich als Tatsache bezeichnet wird, sind in gut 2/3 der Fälle mit Konjunktiv konstruiert. Interessanterweise ist der Kcnjunktiv-Anteil gerade dort besonders hoch, wo le fait eindeutig als Thema einer Mitteilung fungiert, nämlich in der Bolle eines satzeinleitenden Subjekts: (10) Mais le fait même qu'elle ait eu lieu demeure capital

Hat dagegen die Nominalphrase einen rhematischen Status, z.B. als direktes Cbjekt, so wird die Moduswahl weitgehend von dem relation Mitteilungswert, ihres Inhalts und von jeweiligen Hauptsatzprädikat gesteuert: Indikativ etwa nach einem assortierenden Verb, Konjunktiv nach einem faktiven Verb der Beurteilung: (lia) André Villiers souligne le fait que le Dom Juan de Molière n'est pas l'homme à bonnes fortunes vs.

76 (11b) Notre vieille Jeanne, qui se voyait soudain reprocher le fait que la lampe fumât

Un Gegensatz zu dem Urteil vcn Nordahl (1969 S. 245) erscheint also die Modusregelung nach le fait que keineswegs als "contraire à l'esprit du subjonctif français". Die Tatsache, daß die semantisch partiell verwandten Naninalphrasen l'idée que und la pensée que in den entsprechenden Funktionen den Konjunktiv sehr viel seltener auslösen, zeigt, daß es gerade das durch le fait que explizit zum Ausdruck gebrachte Merkmal 1 faktiv1 ist, das den Konjunktiv entscheidend begünstigt, und stimnt mit unserer unter 2.2.1. ganachten Feststellung überein, daß der Inhalt von Vorstellungen und Gedanken im Neufranzösischen tendenziell Im Indikativ wiedergegeben wird. Daß andererseits etwa nach la pensée que der Subjonctif eine relativ höhere Frequenz (ca. 16%) aufweist als nach einem verbalen je pense que, liegt daran, daß im zweiten Fall der Nebensatz Teil einer expliziten Assertion ist. Auf der anderen Seite - und dies beeinträchtigt die Annahme eines thematischen Konjunktivs keineswegs, sondern stützt sie vielmehr - lösen Konstruktionen wie il/c'est un fait que den Indikativ aus: C'est un fait connu que vous êtes amis. Die Faktizität des Nebensatzinhaltes wird hier nicht präsuppaniert, sondern assertiert, wie etwa in einer adjektivischen Konstruktion der Form II est certain que p. Nach bewertendem faktiven C'est un fait naturel/remarquable hingegen dominiert wieder der Konjunktiv. Entsprechendes trifft zu, dessen kornrunikative grundeliegenden Struktur satz zum Mitteilungsziel fast nur der Indikativ:

für das Konstruktionsnuster le fait est/ reste que p Funktion eben darin besteht, das Prädikat einer zu'p est un fait* zu thematisieren und den Subjektzu machen. Es findet sich in diesem Kentext daher

(12) Le fait est que ces deux méthodes sont bonnes

Ein massiver Einfluß der Satzkonstruktion auf die Modussetzung läßt sich auch in den Prädikativsätzen nach Ausdrücken der affektiven Bewertung und der Beurteilung beobachten. So stellt Nordahl fest, daß der Konjunktiv-Anteil in dem Typus Le malheur/l'étonnant/le plus bizarre est que p nur noch ca. 50% beträgt: (13) Le malheur est qu'aucun d'eux ne lui plaisait Le plus singulier est qu'il est très sincère quand ...

Da der faktive Charakter dieser Prädikate indessen nach wie vor gegeben ist, bleibt - im Gegensatz zu le fait est que - der Konjunktiv-Anteil doch relativ hoch. So besonders nach le miracle est que : (14) Le miracle est que cette oeuvre ait trouvé, dès son apparition, son parfait interprète

77 Nach l'ennui est que wiederum dominiert eindeutig der Indikativ. Offensichtlich ist jedoch die Moduswahl davcn abhängig, inwieweit der Nabensatz als Mitteilung in unserem Sinne konzipiert ist. \ferschiedene Adjektive dieses Typus sind semantisch im Grenzbereich zwischen den faktiven und den volitiven Prädikaten angesiedelt. Diese Merkmale schließen sich übrigens nicht gegenseitig aus, da ein Sachverhalt realisiert sein und seine Realisierung gleichzeitig als (weiterhin) erwünscht oder erforderlich bezeichnet werden kann. Dies gilt z.B. für important oder essentiel, die hier bevorzugt mit dem Konjunktiv verbunden werden: (15) L'essentiel est qu'il fasse profiter les jeunes générations de sa longue expérience

Noch krasser als in den eben besprochenen 'einfachen1 Prädikativsätzen ist der Rückgang des Subjonctif in dem Itypus: Le malheur/l'étonnant/le plus bizarre, c'est que p. Dies ist damit zu begründen, daß die prcncminale Wiederaufnahme (Segmentierung) die Theiratisierung des Prädikats einerseits und die relative Unabhängigkeit bzw. den Mitteilungscharakter des Nebensatzes andererseits noch stärker hervortreten läßt: (16) L'ennui, c'est que les sessions sont maintenant très concentrées

Auch innerhalb dieser Konstruktion ist der Konjunktiv aber nicht ausgeschlossen und nach bestirrmten Ausdrücken sogar dominant. So z.B. wieder in den vcn le miracle ... abhängigen Sätzen, deren Inhalt wohl auch in der Hegel nicht mitgeteilt wird: (17) Le miracle, c'est qu'elle n'ait pas été écrasée par son volant

Dies gilt auch für die genannten Adjektive mit volitiver Kcrrponente, essentiel und important, in diesem Kontext. Nach superlativischem Adjektiv hingegen ist der Indikativ nahezu alleinherrschend : (18) Le plus curieux, dans son cas, c'est qu'il ne songeait même pas à fuir

- hier ist die Segmentierung vrohl auch am einschneidendsten. Die kamunikative Struktur solcher Äußerungen entspricht in etwa derjenigen einer Konstruktion, in welcher der Nebensatzinhalt durch einen unabhängigen Satz wiedergegeben wird: Voici le plus curieux: Il ne songeait même pas à fuir. Es ist hingegen kaum angebracht, hier auf semantischer Ebene mit einer 'Neutralisierung' der Subjektivität der Bewertung durch den definiten Artikel und das Demonstrativpronomen zu argumentieren, wie dies in verschiedenen Darstellungen (z.B. bei Nordahl 1969) geschieht.

78 Im gleichen Sinne ist schließlich auch der Umstand zu sehen, daß die 'Pseudo-Cleft'-Sätze der Poem Ce qui est affreux, c'est que p in ca. 80% der Fälle den Indikativ aufweisen: (19) Ce qui est amusant, c'est que les médecins n'ont pas la moindre idée de tout ça

Auch hier hat der Nebensatz bzw. der Satzteil a'est que p tendenziell die Funktion einer eigenständigen Mitteilung. Wendungen wie ce qu'il y a de terrible, a'est que ziehen sogar fast ausschließlich den Indikativ nach sich: (20) Ce qu'il y avait de réconfortant, c'est que les communistes ne 1'attaquaient plus

Die Verwendung dieser Präsentierungsformel setzt im Prinzip die Annahme voraus, daß das Präsentierte den Adressaten noch nicht bekannt ist. Enthält der abgespaltene Satzteil hingegen statt eines Adjektivs ein Verbum, überwiegt wieder der Konjunktiv: (21) Ce qui m'amuse, c'est qu'il soit en même temps l'homme de confiance du gratin catholique

Man kann annehmen, daß diese Konstruktion insbesondere dann gewählt wird, wenn die emotionale Reaktion und die persönliche Beurteilung eines an sich bekannten Faktums im Vordergrund stehen. An dieser Stelle ist noch die Konstruktion mit de ce que zu erwähnen, die einen relativ hohen Indikativanteil ven ca. 35% aufweist: (22) Le gouvernement fédéral s'agace de ce que les Français ont été jusqu'à présent les grands profiteurs de cette Communauté

Wir stellen zunächst einmal fest, daß durch die indirekte Konstruktion im Verein mit dem präsentatiusn Deitmstratiypronanen dem Nebensatz wieder ein höherer Grad an Selbständigkeit und ein verstärkter Mitteilungscharakter verliehen wird. Häufig nähern sich diese Kcrrplementsätze dem Wert eines rhematischen Kausalsatzes an. In diesem größeren Zusamnenhang ist auch der ausschließliche Gebrauch des Indikativs in solchen Sätzen zu sehen, die syntaktisch von einem kcaimentierenden Satzadverbial abhängig sind wie: Heureusement qu'elle est sortie gegenüber Je suis heureux qu'elle soit sortie. Es handelt sich hierbei um nur formal untergeordnete Sätze, die pragmatisch dem Status eines selbständigen Satzes der Form Heureusement, elle est sortie nahekamen.

79 2.3.1.3. Besonderheiten einzelner Nebensatzarten Die Annahme, daß Thematizität für die Modusvehl relevant sein kann, ist nicht nur für den inhärent thematischen Konjunktiv (nach faktiven Prädikaten) , saidern auch für andere Funktionstypen von Bedeutung, da kontextbedingte Thematisierung ja nicht nur in Zusaitttenhang mit präsupponierten Sachverhalten auftritt. Da die Thematisierung eines Satzgliedes vor allem durch seine Vbranstellung, also durch die Einsetzung in die unmarkierte Themaposition bewirkt bzw. angezeigt wird, wäre anzunehmen, daß dem Hauptsatz vorangehende Ronpletivsätze tendenziell den Subjonctif aufweisen. Dem ist bekanntlich auch so, und zwar nicht nur dort, wo dieser Modus auch bei Nachstellung des Nebensatzes bevorzugt wird, sondern in allen Fällen, unabhängig w i der semantischen Struktur des jeweils übergeordneten Satzes. Also nicht nur in Sätzen wie Qu'elle s'en aille, a'est embetant/impossible / souhaitable, sondern auch in solchen wie Qu'elle s'en aille, a'est vrai/aertain/tres probable oder ... je le arois bien und dgl. Dieser Umstand verdeutlicht noch einmal, daß es nicht angebracht ist, den Subjonctif auf einen rein semantisch definierten Grundwert zurückzuführen, da der gemeinsame Nenner dieser vorangestellten Konpletivsätze offensichtlich anderer Natur ist. Er besteht in ihrer Thematizität, die sich in aller Regel sowohl als anaphorische Rückbindung an den vorangehenden Text wie auch als inhaltliche Zweitrangigkeit gegenüber dem im TtextZusammenhang wichtigeren Hauptsatz äußert. Heil nun der 'proleptische' Kbnpletivsatz thematisch ist, wird eine Kennzeichnung seines Wahrheitswertes bzw. seiner Referenz entbehrlich; er repräsentiert eine diesbezüglich neutrale Präposition, der - aus der Sicht des Texterrpfängers - erst im nachfolgenden Hauptsatz eine bestinmte Modalität zugewiesen wird. Selbstherrliche Urteile über diesen Konjunktivgebrauch, wie "enploi illogique" (Brunot 1922 S. 521) oder "disconcerting illogicality" (Harmer 1954 S. 219) ergeben sich also aus einem verfehlten Grundansatz. Hinzu kamt übrigens, daß der Konjunktiv den vorangestellten que-Satz von einem exklamativen Hauptsatz des Typs Qu'il est laidl unterscheiden hilft. Die Thematizität des Nebensatzes wurde noch an einer ganz anderen Stelle für die Setzung des Konjunktivs verantwortlich gemacht, nämlich nach verneinten Verben des Sagens und Denkens (vgl. 2.2.1.2.). So schreibt etwa Lerch (1931 S. 94): "Wenn ich eine von irgend jemand aufgestellte Behauptung bestreite, so nuß diese Behauptung eben erst aufgestellt worden sein, d.h. mit anderen Wörten: eine n e g a t i v e

Aussage kann ich nur über etwas bereits

Behauptetes oder \ferrrutetes, über ein psychologisches Subjekt machen, und die Ableugnung (je ne arois pas) ist dann immer psychologisches Prädikat". Dieser

80

Erklärungsversuch ist in sich durchaus stirrmig und auch bisher nicht empirisch widerlegt. Es ist jedoch unnötig darauf zu insistieren, da sich der nichtassertierende Status (tes Nebensatzes ja bereits aus der Negation des Hauptsatzverbums ergibt. Dieses Argument entfällt allerdings bei einer Übertragung dieses Erklärungsansatzes auf die Setzung des Subjonctif nach verneinten Verben des Leugnens und Zvreifelns (Je ne doute pas qu'il soit intelligent, vgl. 2.2.1.2.), da der Sprecher hier den Nebensatzinhalt gerade für gegeben hält. Wir haben schon unter 2.1.1. und 2.2.1. festgestellt, daß es Im Grunde dieselben Faktoren sind, die den Konjunktiv im Konjunktional- und im Relativsatz bedingen. Es überrascht daher nicht, daß in Relativsätzen, deren Antezedens ein Element der Beurteilung enthält, gleichfalls der Konjunktiv verwendet Verden kann: (23) M. Vachelin s'étonna de recevoir d'Orléans une lettre qui ne fût pas de son fils Tu as la chance d'avoir un père qui soit trop bon

Auch hier wird im übrigen mittels des Konjunktivs eine bestimmte Klasse/Kategorie von Cbjekten bzw. Personen konstituiert: 'einen Brief/einen Vater der Art...'. Abschließend ist noch ein Blick auf solche Adverbialsätze zu werfen, die im Zusanmenhang mit dem Hiänomen des thematischen Konjunktivs diskutiert werden können. Die zunehmende Verwendung des Subjonctif nach après que wird im allgemeinen als Analogie zur ttodussetzung nach der anderen Ungleichzeitigkeit ausdrückenden Konjunktion, nämlich avant que, erklärt: (24) Je ne la trouvais pas, après que j'eusse salué ces jeunes filles, plus disposée à me faire connaître ses amies

Mangels umfassender Erhebungen ist noch nicht mit Sicherheit zu behaupten, daß auch hier der Subjonctif vor allem dann gewählt wird, wenn der Tenporalsatz keine neue Mitteilung enthält. In der Tat dienen solche Nebensätze ja sehr häufig nur der Fixierung und Identifizierung eines Zeitpunktes, ohne daß durch sie neue Information eingeführt werden soll, wie etwa in Satz (24) oder auch in folgendem Beispiel: (25) Il est arrivé tout de suite après que vous soyez parti

Die Zeitangabe als solche ist hier zwar rhematisch, der Inhalt des Nebensatzes dem Angesprochenen jedoch notwendigerweise bekannt (hierzu auch Wunderli 1970). Der Gebrauch des Konjunktivs im Konzessivsatz geht historisch gesehen (siehe 2.1.2.) auf eine voliti\re Funktion zurück. Für das Neufranzösische ist dagegen vcn einer Umdeutung in Richtung thematischer Konjunktiv auszugehen.

81 Konzessive Adverbialsätze sind zwar faktisch wahr, aber nicht erfragbar und können daher nicht das Rhema einer Äußerung bilden, was sicher intuitiv einleuchtet (vgl. auch Blumenthal 1973). In dieser Art von Reliefgébung dürfte auch der wahre Kern einer Auffassung liegen, wonach die Modussetzung dadurch bedingt sei, daß der Konzessivsatz eine cause stèrile, d.h. einen Kausalfaktor enthalte, der das Hauptsatzgeschehen letztlich nicht verhindere. Auch einer solchen Erklärung liegt unausgesprochen die Prämisse zugrunde, daß der Teilsatz, 'auf den es ankormtt', der Hauptsatz ist. Hiervon abgesehen wird quoique im modernen Ungangsfranzösisch sehr häufig auch mit dem Indikativ konstruiert, zumal wenn die Abhängigkeit von Hauptsatz verhältnismäßig locker ist: (26) Il faisait chaud, quoique je suis sûr qu'y devait faire meilleur à Nantes qu'à Brest, c'te nuit-là

Die Konjunktion hat in solchen Sätzen fast schon den Status eines einen unabhängigen Satz einleitenden Konjunktionaladverbs (vgl. ïbgeby 1982 S. 212).

Van Interesse sind unter diesem Gesichtspunkt schließlich noch die Kausalsätze. Zum einen deswegen, weil der Standard-Typus, d.h. der durch parce que eingeleitete Kausalsatz, inhärent rhenatisch ist und daher grundsätzlich den Indikativ aufweist. Zum anderen deshalb, weil auch im nicht-rhematischen Kausalsatz nach den hierfür vorgesehenen Konjunktionen carme und puisque ebenfalls nur der Indikativ verwendet wird: (27) Comme elle arrive demain, il faut préparer une chambre Puisque vous désirez vous entretenir avec moi, nous serons mieux dans mon cabinet de travail

Dies gilt auch für die gleichfalls thematisches Material einführende Wendung étant

donné que:

Etant

donné qu'il

ne vient

pas,

nous pouvons partir.

Diese

Beispiele zeigen, daß die Ihematizität des Nebensatzes allein noch keine hinreichende Bedingung für die Wähl des Konjunktivs ist, solange der Nebensatz eine relativ unabhängige Feststellung wiedergibt. 2.3.2. Zur historischen Bitwicklung des Konjunktivs im 'thematischen' Satz Im klassischen Tatein steht nach den Verben der Gemütsbewegung (verba affectus), wie gaudere,

ad me scribere

mirar

dolere,

nrLrari etc. - wenn nicht der Pel:

Te

- normalerweise der Indikativ: Gaudeo, quod mihi

nihil scribis

te valere. Bereits hier war jedoch, wie dann auch im Spätlatein, der Konjunktiv nach quod und quia keineswegs ausgeschlossen. So etwa bei Petronius, wo nach Hunnius (1976) ein weitgehend ausgewogenes Verhältnis zwischen den bei-

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den MxLi besteht: Melissa mea mirari aoepit, quod tarn sero ambularem. Un ££ätlateini sehen kamen noch die mit ut konstruierten unpersänlicten Wendungen wie absurdum/aequum/turpe est ut hinzu: nee rrtimm est, ut eis loquentia de deo verba non plaaeant. Aber auch nach Ausdrücken wie manifestum est quod kann der Konjunktiv auftreten, und Im Gegensatz zum Französischen sogar nach saire: Saio enim quia valde me bene ames. Auf der Basis der vorliegenden Untersuchungen ist kaum zu erkennen, inwieweit schon im Lateinischen die für das Französische als maßgebend angenommenen Faktoren bestürmend waren. Eine solche Annahme erscheint aber zumindest als erwägenswert, zumal gerade im Spätlateinischen der Konjunktiv zunehmend als das charakteristische verbale Indiz syntaktischer Unterordnung und enger Abhängigkeit auftritt. Bei der Moduswohl spielt allerdings nicht nur im Mverbial-, sondern auch im Kcrpletivsatz die Konjunktion selbst eine wichtige Bolle. Während sich bei einer Erhebung aus Vulgatatexten für quod ein Verhältnis ven 12:3 zugunsten des Konjunktivs ergab, zeigte sich, daß das nachdrücklichere quia praktisch inner (14:1) den Indikativ auslöst (Hunnius 1976 S. 91). Daß Faktoren wie Subordinationsgrad und Thematizität auch im klassischen Latein eine Bolle gespielt haben, läßt sich darüber hinaus an Erscheinungen wie dem sog. 'cum inversum1 erkennen, das als Einleitung Thematischer nachgestellter Nebensätze den Indikativ regiert, im Unterschied zu dem tendenziell vorangestellten und thematischen Nebensatz mit 'cum historicum' und Konjunktiv: (28a) Cenebamus modo apud amicum, cum utrique nostrum redditae sunt litterae vs. (28b) Cum Persae Atticae appropinquarent, Athenienses urbem suam reliquerunt

Entsprechendes trifft für das kausale cum zur Einleitung vorangestellter Kausalsätze zu, das im Gegensatz zum neufranzösischen comme oder puisque den Konjunktiv nach sich zieht. Im Altfranzösischen sind nach affektiven Verben zwar auch beide ffcxü möglich, es ist jedoch ein sehr starkes Überwiegen des Indikativs zu beobachten. Dies zeigt sich, in Obereinstirmung mit unseren Grundannahmen, besonders in den im Altfranzösischen beliebten Ersatzkaistruktionen für den einfachen queKonpletivsatz, denen insgesamt eine sehr viel lockerere syntaktische Aribindung und ein geringerer Unterordnungsgrad eigen ist. Häufig werden dafür kausale oder terrporale Konjunktionen eingesetzt, wie z.B. in folgenden Beispielen: (29) "Sire", fet Keus, "mout liez an sui quant il vos plest que je i aille" Joie a por ce que il antant, que ses fiz a proesce antant.

83 In diesem Zusammenhang ist auch die oben erwähnte Indikativsetzung nach s'étonner de ce que im Neufranzösischen zu sehen: De ce que hatte zunächst, vergleichbar dem altfranzösischen por ce que, kausalen Charakter, den es später verlor, um so annähernd synonym mit dem einfachen que zu werden und sich entsprechend häufiger auch mit dem Konjunktiv zu verbinden. Aber auch nach einfachem que ist der Konjunktiv in diesen Bereich Im Altfranzösischen eher selten: (30a) Molt par sui liez que vos estes seins et haitiez vs. (30b) Qex dolors est que Saisne vos aient a baillie

Der Gesichtspunkt der Eaktizität behält hier also die Oberhand gegenüber dem ffektor der Präsuppcsiiertheit. Man kann daher die geringe Frequenz des Konjunktivs auch nicht allein mit dem Umstand der häufigen Ersetzung voi que durch vreniger stark unterordnende Konjunktionen begründen. Gleichwohl besteht natürlich ein innerer Zusaittnenhang zwischen der sich seit dem 15. Jh. bemerkbar machenden Zunahme des Konjunktivs in unserem Bereich und einer zunehmend hypotaktischen Syntax in dieser Epoche. Im Laufe des 16. Jhs. breitet sich der Konjunktiv des thematischen Typs inner weiter aus und überwiegt im 17. Jh. bereits eindeutig (vgl. Lau 1970). Der Indikativ weist in dieser Übergangsperiode allerdings noch eine höhere Frequenz auf als in der Folgezeit, erst recht im informellen Briefstil; so etwa in den folgenden Belegen aus \foiture (31) und »iE de Sêvigné (32) : (31) Je m'étonne que vous me dites cela dans votre lettre (32) Il est ravi que je suis hors d'affaire

Wir erleben also in dieser Epoche innerhalb der Modussetzung einen zweifachen Unbruch - einmal zugunsten des Indikativs nach den Verben des Glaubens und Meinens und einmal zugunsten des Konjunktivs nach den beurteilenden/bewertenden Ausdrücken. Da man auch den ersteren Entwicklungsstrang - wie unter 2.2.1. im einzelnen begründet wurde - als eine Tendenz interpretieren kann, durch den Kenjunktiv starke Unterordnung und Abhängigkeit zu markieren, ist es möglich, diese beiden gegenläufigen Bewegungen entwicklungsgeschichtlich unter einen Hut zu bringen. Die vreitaus meisten Bereiche, in die der Konjunktiv bei einem gleichzeitigen Rückgang seiner Gesamtfrequenz - im Laufe des Neufranzösischen eindringt, sind jedenfalls als typische Kontexte und Auslöser des thematischen Konjunktivs zu werten: Der Konjunktiv nach le fait que tritt seit dan 19. Jh. häufiger auf, der Konjunktiv nach comprendre im Sinne ven 'Verständnis haben für' seit dem 18./19. Jh., der Konjunktiv nach s'expliquer in der nämlichen Bedeutung ebenfalls seit dem 19. Jh.; ab dem 17. Jh. breitet

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sich der Konjunktiv des Fragegrundes aus, und der Konjunktiv nach der gleichfalls zu dieser semantischen Gruppe gehörenden Wendung d'ozi vient que wird so wie nach de là vient que - erst im 20. Jh. geläufiger. Dies gilt auch für den Konjunktiv nach après que und il arrive que, die zumindest insoweit diesem modernen Trend entsprechen, als in beiden Fällen die Faktizität des NebensatzInhaltes außer Frage steht. Man hat es hier also mit einem langfristigen und bis ins Gegenwartsfranzösische hinein lebendigen Wandel zu tun. 2.3.3. Der 'thematische' Konjunktiv im Italienischen und Spanischen Die Situation im heutigen Italienisch ist mit der neufranzösischen im Prinzip vergleichbar. In der gehebenen Schriftsprache wird der Konjunktiv nach affektiven Ausdrücken als korrekt angesehen: (33) Ero felice che fossero venuti

Ebenso etwa nach Adjektiven wie: indignato, lieto, meravigliato, orgoglioso, riconoscente, sbalordito, soddisfatto, sorpreso, stupito etc. So auch nach den entsprechenden Verben, deren unmarkiertes Topic im Italienischen sehr oft als direktes oder indirektes Cbjekt auftritt wie: mi piace, mi rimorde, mirincresce, mi sorprende, mi secca etc.: (34) A Liuli rincrebbe ch'egli le avesse veduta la vera matrimoniale ('Ehering')

Innerhalb einer stilistischen Mittelschicht ist eine Variation festzustellen, die von denselben Faktoren gesteuert wird wie im Neufranzösischen. Im italiano popolare schließlich überwiegt insgesamt der Indikativ (vgl. v.a. SchmittJensen 1970): (35) La gente era contenta che noi italiani s'era stati buttati a mare

Auch hier wird der Indikativ bevorzugt, wenn der Nebensatz durch seinen Informationsgehalt ein besonderes Gewicht erhält, eine eigene Mitteilung darstellt: (36) Mi piaceva specialmente che potevo andarmene quando volevo

Ebenso entspricht die Modusdistribution nach il fatto che weitgehend der nach le fait que, d.h. Kcnjunktiv bei thematischem Status, insbesondere in Anfangsposition: Il solo fatto che io sia stato in guerra ..., während die kctnrunikative Funktion des Mitteilungsziels den Indikativ begünstigt, welbst wenn der Inhalt des Nebensatzes als bekannt vorauszusetzen ist. Auch in initialer Position ist der Indikativ jedoch nicht völlig ausgeschlossen: (37) Il fatto poi che tutti s'inchinavano davanti a lui rendeva il Sovrintendente troppo adorabile perché ...

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Genau wie im Französischen dominiert im Italienischen der Indikativ, »renn die Wahrheit des Nabensatzes nicht präsupponiert, sondern mittels des Prädikats è un fatto mitgeteilt wird: (38) Ed era un fatto, comunque, ch'egli amava soprattutto la compagnia dei letterati

Aber Konjunktiv in einem faktiven, wertenden Kontext: È un fatto buono ohe lui sia guarito. Das Phäncmen des Konjunktivs nach Ausdrücken wie è certo ohe ist auch im Italienischen anzutreffen: (39) E certo che Adso lo conoscesse, ma rimane il fatto che egli ne cita dei brani ...

Parallelität besteht auch hinsichtlich der Modussetzung in dem Typus: (40) E il bello fu che avevano steso un cencio nero sulla tavola,

WD der Indikativ auf die Rhematisierung des Nebensatzes zurückzuführen ist. Etwas häufiger als im Französischen ist der Konjunktiv in Pseudo-Cleft-Konstruktionen der Form oid ohe è bello è ohe, während die entsprechende rein verbale Konstruktion ja auch im Französischen mehrheitlich den Konjunktiv auslöst: (41) Ciò che più stupisce è che tutto questo sia accaduto e possa tornare ad accadere ...

Wie im Französischen an bestinmte karmentierende Satzadverbien, so kann im Italienischen an verschiedene artikellose Nomina unmittelbar ein Kcrpletivsatz angehängt werden. Der Indikativgebrauch ist zwar nicht die Regel, er wird aber durch die schwache subordinierende Kraft der Nomina gefördert: (42a) Peccato che la strada era lunga vs. (42b) Peccato che non sia venuto

Analog auch nach anderen wertenden Nomina wie fortuna oder meraviglia, die vcn einem Adjektiv begleitet sein können: (43) Gran fortuna per tutti, in Italia, che i toscani siano uomini intelligenti

Die Tilgung der Konjunktion ist nach faktiven Prädikaten eher selten, wenn auch nicht ganz ausgeschlossen: È stata una fortuna non fossi armato. Die fornalsyntaktische Unabhängigkeit dieser juxtaponierten 'Nebensätze' ist offenbar keine angemessene Rann für die Wiedergabe präsupponierter Fakten (vgl. etwa auch deutsch: *Es ist ein Glück/ärgerlioh, sie könnt gegenüber z.B. Es soheint/Er glaubt, sie könnt). Auch im Italienischen kann in einigen Fällen durch die Maduswahl eine be-

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stimmte Bedeutungsvariante des Hauptsatzprädikates ausgezeichnet werden; z.B. bei comprendere oder capire,

in denselben Sinn wie bei den französischen Ent-

sprechungen: (44a) Egli capi allora che Sergia si era mossa soltanto per mostrargli quella stuoia vs. (44b) Capiva che in cittä si lamentassero e non volessero saperne

In Konzessivsätzen, die durch sebbene und dgl. eingeleitet werden, verlangt die Norm wie im Französischen den Konjunktiv, nach anahe se jedoch nur in kontrafaktischen ('irrealen') Sätzen: anche se io votes si vs. anahe se é

vero.

Zur Moduswahl nach span. aunque 'cbwohl' vgl. S. 70. Das Spanische zeigt, sowohl hinsichtlich der historischen Entwicklung als auch des heutigen Zustandes, keine grundlegenden Abweichungen, sondern allenfalls gewisse Unterschiede in der Frequenz der beiden Modi in entsprechenden Kontexten. In den von Ausdrücken der psychischen Reaktion, des Beurteilens und Bewertens regierten Sätzen ist der Konjunktiv der übliche Modus: (45) Me sorprende que estés aqui. Siento que hayáis llegado tarde Es natural que haya occurido. Es lógico que haga calor

Auch das Spanische kennt den Konjunktiv nach el hecho de que bzw. einfachen el que, wo er im ganzen nicht seltener als im Französischen und unter analogen Bedingungen wie dort auftritt: (46) El hecho de que venga a vernos, significa que nos tiene afecto El que Picaso pinte todavía, demuestra que el genio no tiene edad

Wie in den beiden anderen romanischen Sprachen erhöhen Fherratizität und geringerer SubcardinatAansgrad den Indikativ-Anteil: (47) Y todo ha surgido del hecho feliz, y al parecer insignificante, de que Juan II "el Gordo" engulló en aquel lugar unos manjares hace quinientos setenta y nueve años

Bewahrt hat sich das Spanische - wenn auch nur auf gehobener Stilebene und ausschließlich im Präteritum - den Gebrauch des Konjunktivs in dem durch como eingeleiteten, inhärent thematischen Kausalsatz in Initialposition: (48) Como nadie le respondiera, se retiró Como supiese que Gonzalo era excesivamente aficionado a la caza, le hizo el obsequio de una magnifica escopeta

Aber auch in folgendem durch porque eingeleiteten, ebenfalls inhärent thematischen Nebensatztypus mit konzessiver Färbung findet sich der Konjunktiv (vgl. Fente et al. 41981 S. 38): (49) Yo creo que porque tenga un "Cadillac", no tiene derecho a presumir tanto

87 Die Differenzierung zwischen einem thematischen 'nur weil' und einem rhenatischen 'weil' wird fontal also nur durch den Modus geleistet. Der Konjunktiv nach verneintem porque, in Sätzen wie: (50) No es porque sea español, pero creo que El Escorial es impresionante

in denen das durch den Adverbialsatz wiedergegebene Faktum als möglicher Grund zurückgewiesen wird, ist auch im Italienischen bekannt: Lo stesso uomo ohe è fiero di sé, non perché sia uomo... Das Französische dagegen behält hier den Indikativ bei. Konjunktiv findet man dort nur nach der Wendung non (pas) que, mittels der allerdings nicht nur die kausale Funktion, sondern auch die Faktizität des Nebensatzsachverhaltes in Abrede gestellt wird: (51) Olivier jugea bon de s'éclipser, non qu'il eût peur, mais parce qu'il portait le deuil

Übrigens kennt auch das literarische Italienisch seit dem 18. Jh. konjunktivische Nebensätze, die durch oome eingeleitet werden, doch hat dieses nicht wie span. oomo einen kausalen Sinn, sondern scheint eine Art stilistischer Variante zum indikativischen Cbjektsatz nach ohe zu sein: (52) Ciò prova come Suor Virginia sia un essere dal carattere sensibilissimo

Eine überzeugende Erklärung für diesen Gebrauch, die wohl mehrere Faktoren zu berücksichtigen hätte, steht noch aus; doch fällt an den von Christmann (1983) gegebenen Belegen auf, wie viele davcn im Hauptsatz die Uiematizität des oome-Satzes mit Prädikaten wie Ho già detto/è notorio/spiegare/ricordare etc. andeuten. Abschließend sei noch vermerkt, daß im Italienischen wie im Spanischen zwar der Konjunktiv in vorangestellten (proleptischen) Subjektsätzen überwiegt, aber doch in viel höherem Maß als im Französischen Wahlfreiheit des Sprechers besteht: (53) Que sea/es francés, no quiere decir que entienda de vinos

Im Italienischen ist hier der Indikativ mehr oder wsniger auf die informellen Register beschränkt: Che sono partiti è sicuro. 2.4.

Konjunktiv und Tenpus

Fast Iberall wird gerade der französische Konjunktiv mehr oder minder behandelt, wie wenn er ateirporal wäre; dies wSil vor allem, weil in informeller Sprache das Imparfait du subjonctif inexistent ist. Aber auch das 'vitale' Präteritum des Typs qu'il ait chanté wird weithin vernachlässigt oder sogar ausdrücklich als Variante des Présent bezeichnet, so von Wünderli, für den es

88 den "Akticnsstand der Abgeschlossenheit auf der präsentischen Tenpusstufe" (1970 S. 48) darstellt. Doch abgesehen davon, daß eine solche Forirulierung eine terrporale Relation der Vorzeitigkeit logisch in sich schließt, ist das Präteritum des Subjonctif keineswegs an eine "präsentische Zeitstufe" gebunden, sondern kann ebenso wie das Présent nach jedem Tenpus des Hauptsatzes in Erscheinung treten: (1) Il faut/fallait/a fallu/aurait fallu/faudra qu'il pleuve (2) Je suis/êtais/ai été/serai content qu'il ait plu Personne ne peut/pouvait/a pu/pourra/pourrait prouver qu'il ait participé au crime

Die Gebrauchsbedingurig für das Präteritum des Konjunktivs ist ganz einfach die Vorzeitigkeit der Nebensatzhandlung zu der des Matrixsatzes (bzw. zum Sprechzeitpunkt), die nur auf diese Weise deutlich genacht werden kann. Den Akticnsstand 'abgeschlossen1 kann der Ttyp ait su zwar auch anzeigen, aber wiederum unabhängig vcn 'Gegenwärtigkeit ' : (3) Il faut qu'avant dix minutes, tu aies pris une décision On attendit qu'ils aient pris place 'bis sie Platz genommen hatten'

Schließlich kann das Tteitpus des Subjonctif das einzige Mittel sein, um einen volitiven Satzsinn vcn einem kctmentierenden zu unterscheiden: (4a) Il vaut mieux qu'on paie quand même (4b) Il vaut mieux qu'on ait payé quand même

Die Hilter Scheidung funktioniert deshalb, weil in (4b) die tenporale Festlegung des Nebensatzes auf 'vorzeitig' zugleich die modale Lesart 'faktisch-präsuppaniert' mitliefert und somit die Deutung als 'volitiv', d.h. 'nicht faktisch' ausschließt, die in (4a) korrekt ist.

Verwehrt bleibt hingegen dem rudimentären Tenpussystem des Konjunktivs mit seiner einzigen Opposition 'vorzeitig' vs. 'nicht vorzeitig' der Ausdruck eines Nachzeitigkeitsverhältnisses. Wfenn es aber dem Sprecher geraten erscheint, ein solches Verhältnis deutlich zu machen, muß er sich entsreder (normgerecht) mit einer Periphrase behelfen oder er wird zu Futur und Conditionnel greifen, also sog. Zeiten des Indikativs: (5) Je ne crois pas qu'il doive partir/qu'il partira Je ne croyais pas qu'il partirait

Aus eindeutig volitiven Prädikaten geht freilich die Nachzeitigkeit der Nebensatzhandlung automatisch mit hervor, so daß das Présent hier unproblematisch ist; ungekehrt ist bei faktiven Prädikaten eine Nachzeitigkeit u.U. als widersprüchlich auszuschließen:

(6) Elle préfère que tu partes/*partiras le plus tôt possible Elle est contente que tu aies/*auras tant de succès Ähnlich tritt an die Stelle eines (aus stilistischen Gründen unerwünschten) Präteritums des Subjonctif nicht selten das Imperfekt des Indikativs, um die zeitliche Anteriorität klarzustellen: (7) Est-il exact que le timbre fiscal ne soit plus obligatoire et qu'il n'était pas utile de le coller sur les quittances et factures? Je ne crois pas qu'elle était abattue Weitere Belege für den "eitploi du terrps aux dépens du mode" liefern Ttgeby (1982 S. 154, 260-265), Gougenheim (1965), Connors (1978), Lindjvist (1979). Man wird insgesamt sagen können, daß die Tenpusgliederung des Konjunktivs zwar deutlich defektiv ist, aber desvregen doch nicht inexistent und damit auch, daß die Verhältnisse im Französischen sich hier gar nicht so weit von denen im Italienisch/Spanischen entfernen. 2.5.

Übungen

1. Begründen Sie den Modusgebrauch in nachfolgenden Belegen: Rien n'indique, aujourd'hui, qu'un coup d'Etat a failli renverser le président Diem... Mais rien n'indique qu'il ait été prévu. - Je n'affirmerai pas que Racine a quitté le théâtre pour devenir historiographe. - Il suffit d'une voiture qui fait/fasse un peu de bruit pour le mettre en colère. - Cet objet, il dépend du hasard que nous le rencontrions avant de mourir, ou que nous ne le rencontrions pas. - On s'est toujours ennuyé à l'école... Le fait nouveau est que cet ennui soit aujourd'hui mal supporté. - Comment justifier que le passé simple ne produise un effet inchoatif qu'avec un certain type de lexèmes? - On comprend aussi pourquoi l'apparition du Conditionnel est liée à la présence d'un verbe déclaratif. - Il aurait pu se faire que ce qui n'est pas ait été. - La C.S.L. estime que "la décision du gouvernement laisse espérer que Talbot vive". - Le gouvernement a obtenu de l'entreprise qu'elle réduise de 1000 le nombre des licenciements. - La C.F.D.T. estime qu'il faut occuper l'usine par solidarité. - Ce n 'est pas vrai que la mutation industrielle doit se faire en marginalisant des millions de Francais. - Selon qu'ils aient été ou non sensibles aux charme du garçon, les spectateurs ont aimé ou détesté ce film. 2. Ist der 'congiuntivo' in den nachstehenden Belegen sinnvoll oder abusiv? Befragen Sie dazu auch italienischsprachige Personen; suchen Sie in der Presse nach ähnlichen Belegen. Il presidente della Fiat é convinto che si debba proseguire in quest 'azione. - Dicono che l'inverno stia arrivando finalmente anche in Austria. - Per me non sussiste alcun dubbio che gli abitanti delle valli dolomitiche del Sella... debbano essere considerati degli autentici Tirolesi. 3. Werten Sie einen längeren Text (z.B. Theaterstück, Tageszeitung, Wochenmagazin) auf seine Modussyntax hin aus. Achten Sie dabei auch auf Umgebungen, in denen der Konjunktiv möglich wäre, aber durch ein Tempus

90 (welches?) des Indikativs vertreten wird. Welche Textsorten (z.B. Bericht, Kommentar, Interview, Reportage) lassen einen relativ höheren, welche einen niedrigeren Konjunktivanteil erwarten und warum? 4. Vergleichen Sie die Typologien des Konjunktivgebrauchs in Imbs (1953 S. 49), Regula (1958 S. 260f.), M. Wandruszka (1969 S. 386-401), Wunderli (1976 S. 23-25), Blücher (1979), Togeby (1982) Weinrich (1982 S. 231-240). Bewerten Sie sie nach den Gesichtspunkten a) quantitative Ausgewogenheit, b) Trennschärfe der Einteilungskriterien, c) Aussagekraft der Einteilungskriterien. 5. Stellen Sie aus Togeby (1982) diejenigen Paragraphen zusammen, die sich den hier volitiv, dubitativ und thematisch genannten Bereichen zuordnen lassen. 6. Stellen Sie im Überblick sämtliche in Kap. 2.1. bis 2.3. zur Erklärung von Modusvariation herangezogenen Faktoren zusammen und überprüfen Sie sie auf Widerspruchsfreiheit. 7. Schreiben Sie das in Confais (1978 § 143) gegebene 'Programm' so um, daß es die in Kap. 1.4. und 2. eingeführten Kriterien der Konjunktivsetzung enthält und selbständig (ohne Verweise auf anderweitige Informationen) verwendbar ist. Das Programm kann auch die Form eines Verzweigungsdiagramms (vgl. 1.2.2.) haben. Testen Sie das Programm anhand verschiedenartiger Einzelsätze auf seine Funktionstüchtigkeit. 8. Beziehen Sie Stellung zur Diskussion um den Modus nach negiertem douter (vgl. Soltmann 1914, Clfedat 1923, Martinon 1927, Le Bidois 1935, DamourettePichon 1911-1950, Imbs 1953, Thomas 1956, Cohen 1965). 9. Oberprüfen Sie am weiteren Kontext der in Hunnius (1971) angeführten Belege, inwieweit die dort aufgestellte Behauptung zutrifft: "Es ist selten, daß der vorangestellte Nebensatz in enger Beziehung zu vorausgehenden Äußerungen steht". 10. Konfrontieren Sie die positiven und die negativen Stellungnahmen zur Existenz eines thematischen Konjunktivs (z.B. Lerch 1920, Regula 1925, Kalepky 1927, Gamillscheg 1957, Ronsjö 1966, Börjeson 1966, Rothe 1967, Lau 1970, Bonnard 1971-1978, Wunderli 1976, Hunnius 1976, Wüest 1980, Togeby 1982, U. Wandruszka 1982, Schwarze 1983). 11. Inwieweit sind savoir, comprendxe, s'apercevoir u.a. Verben des Feststellens und Wahrnehmens faktive Verben? Zeigen Sie die Abgrenzungsprobleme bei der Klasse der (Semi-)Faktiva ausgehend von Kiparsky (1970) , Hooper (1974), Hooper-Terrell (1974), Míírdrup (1975), Terrell (1976). 12. Diskutieren Sie ausgehend von Rivero (1971), Bronzi (1979), Eggs (1981), Lavandera (1983), inwieweit der Begriff der faktiven Prädikate bzw. der Präsupposition für eine Theorie des Konjunktivs (un)entbehrlich ist. 13. Untersuchen Sie die Thema-Rhema-Gliederung in Satzgefügen mit Relativsatz nach superlativischem Ausdruck (vgl. dazu Lerch 1920 S. 343, Regula 1958 S. 268, Carlsson 1969 S. 84, Martins Ferreira 1984 S. 356 Anm. 141). 14. Prüfen Sie anhand von Belegen und deren Kontext die Behauptung Lerchs (z.B. 1920 S. 340) nach, daß Kompletivsätze nach verneinten Verben des Sagens und Meinens thematisch ("psychologisches Subjekt") seien. 15. Skizzieren Sie im Überblick die Entwicklung der diachronisch orientierten (romanistischen) Modusforschung seit Moignet (1959). 16. Welche Trends kennt der französische Modusgebrauch seit dem 19. Jahrhundert? (Angaben in Lerch 1928, Wunderli 1976, Gsell 1979, Hunnius 1979).

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7. Ermitteln Sie Unterschiede zwischen der franz./ital./span. Modussyntax anhand von UberSetzungen aus der einen Sprache in die andere bzw. parallelen Übersetzungen aus einer dritten Sprache (vgl. dazu Schifko 1967, Christmann 1971, 1980, M. Wandruszka 1969, Schäfer 1970). 18. Wie ist die in Schmitt Jensen (1970) vorgestellte Theorie von der Kritik aufgenommen worden? Inwieweit ist sie auf andere romanische Sprachen übertragbar? 19. Überprüfen Sie durch systematische Variation von Belegsätzen die in 2.4. gemachte Aussage, wonach der Subjonctif die Zeitstufenopposition [¿vorzeitig] zum Ausdruck bringt und vergleichen Sie Ihren Befund mit der in Wunderli (1976) vertretenen Position zur (A)-Temporalität des Subjonctif. 20. Welche semantischen und/oder pragmatischen Funktionen des Subjonctif bzw. romanischen Konjunktivs können mit welchen Mitteln in der Übersetzung ins Deutsche wiedergegeben werden? 21. Suchen Sie ausgehend von Kielhöfer (1975 S. 97f., 197) weitere typische 'Fehlerregeln1 bzw. Interferenzen zwischen deutschem und franz./ital./span. Konj unktivgebrauch. 22. Geben Sie ausgehend von Stammerjohann (1983) einen Überblick über die in der Fremdsprachendidaktik vertretenen Meinungen zur Vermittlung des Subjonctif im Französischunterricht. Versuchen Sie durch Beobachtung bzw. Mitschnitte festzustellen, inwieweit sich die Frequenz des Subjonctif in der Textsorte "Unterrichtsgespräch1 von derjenigen in der Alltagskonversation (z.B. nach Eschmann 1984, vgl. Kap. 3) entfernt.

3.

ZUR EINHEIT DES KONJUNKTIVS

3.1.

Der problematische Grundwart

Die Frage nach der Einheit führt uns zu den im 1. Kapitel angeschnittenen Problemen zurück; denn nur wenn sich eine einheitliche Grundfunktion des Konjunktivs nachwaisen läßt, ist es berechtigt, ihn als Modus im vollen und herkcmiilichen Sinn des Wortes gelten zu lassen (vgl. 1.1). Bevor wir aber prüfen, ob sich unsere Beobachtungen und Überlegungen zu einem positiven oder negativen Fazit verdichten, sollten wir nochmals einen Blick auf die bisherige Forschung werfen, da dort Begriffe wie 'Einheit' oder 'Grundwert' (valeur fondamentale) eine zentrale Holle spielen. Eine solche Einheit wird wohl in allen Phasen der Forschungsgeschichte, die derzeitige eingeschlossen, von einer ffehrheit der Autoren bejaht. Freilich wird sie mehr im Sinn eines Axioms postuliert, ohne auf induktivem Weg wirklich nachgewiesen zu werden. Wir haben ja schon gesehen, daß eine semantische Füllung des Konjunktivs durch die Zuordnung zu einer (z.B. deontisehen oder epistemischen) Modalität eben nur in Teilbereichen möglich ist. Folgerichtig hat man den Grundwert auf einem höheren Abstraktionsniveau gesucht (vgl. 1.2.1); die hier wrgeschlagenen Formeln pflegen zwar mit der Fülle der Einzelfälle begrifflich vereinbar zu sein, entziehen sich aber weitgehend dem Versuch der eirpirischen E^lsif izierung. Die funktionale Einheit des Konjunktivs ist daher bis heute mehr Glaubenssache als Gegenstand oder Resultat methodisch operierender Suche. Fast alle monistischen Konjuriktivtheorien sind es auch bezüglich des Indikativs, d.h. der Grundvrert beider Modi leitet sich ihnen zufolge aus der Opposition ab, in der sie zueinander stehen. Diese wird überwiegend als eine exklusive (privative, bei Guillaume graduelle) gesehen, in der dem Indikativ oder aber dem Konjunktiv ein distinktives Merkmal eignet, das dem Gegenüber fehlt (vgl. 1.2.1., Defizittheorien vs. Mehrwerttheorien). Einige Linguisten nehmen hingegen eine inklusive (partizipative) Opposition an, in der wiederum der Indikativ (Tbgeby) oder aber der Konjunktiv (Kalepky) der unmarkierte, neutrale, oft 'amodal1 genannte Term ist, der die Charakteristik seilies mar-

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kierten Gegenterms mit ifcergreift. Ändere Differenzen betreffen, wie im 1. Kapitel ausgeführt, die begriffliche Ebene, auf der die Grundopposition angesiedelt wird, ob primär sprecherpsychisch bzw. kormunikativ oder logischsemantisch oder im engeren Sinne granmatisch. Bei manchen durchaus unitarischen Theorien fällt aber die eindeutige Zuordnung zu einer dieser drei G n p pen schwer, so bei Xnbs, Dietrich, Lerch und erst recht bei dem proteisch formulierenden Regula. Lerch und Regula markieren zugleich den Ubergang von den monistischen zu den dualistischen und pluralistischen Theorien des Konjunktivs: beide akzeptieren zwar einen durchgängigen Grundwart, insistieren aber vor allem auf den markanten Kontrasten zwischen nodalem (semantisch motiviertem) und amodalem ("psychodynamischem", "thematischem/psychologisches Subjekt") Konjunktiv. Das angebliche Fehlen eines einheitlichen Basiswartes wird öfters sprachhistorisch begründet, ausgehend von den im Lateinischen oder gar im Indogermanischen vorgegebenen Verhältnissen (so z.B. bei Gamillscheg, Cohen, Cairproux); Nordahl schließlich gelangt zu einer triadischen Klassifikation allein für die Konpletivsätze, wobei er das "systeme dubitatif" ausdrücklich als SanneIbecken diverser Untertypen bezeichnet, andererseits aber auch mehrfach von einer grundlegenden Opposition zwischen Indicatif und Subjonctif spricht. In letzterem steht er M. Wandruszka nahe, der jedoch seinerseits die diversen emplois des Konjunktivs als eher autonom bis hin zum "geistlosen" (unmotivierten) Gebrauch darstellt. Er führt uns zu einer Gruppe von Linguisten, die die entscheidende Grenze danach ziehen, ob der Subjonctif (eigenständiger) Träger einer inhaltlichen Opposition ist oder aber durch den Kontext automatisch ausgelöst wird (Bull, Connors, Blücher, Wüest); auch nach Hunnius schwankt der Konjunktiv zwischen formalsyntaktischen Abhängigkeiten und (inzwischen verblaßter) metaphorischer Ausdruckskraft. Von hier ist es nicht mehr weit bis zu der generellen Skepsis gegenüber einer Funktionalität und damit auch einem inneren Zusammenhang der Gebrauchsfälle des Konjunktivs; die 'servitude grannaticale' wird ebenso betont wie die angebliche semantische Auszehrung dieser Etormen seit dem Mittelalter, die heute nicht viel mehr seien als Zeichen für syntaktische Subordination (Transposition) oder überhaupt nur noch Ebssilien, übriggeblieben aus einer früheren Phase der Entwicklungsgeschichte. Die Anhänger dieser Position reichen von Brunot, Ebulet und Bally bis zu Harmer, Schogt, Rothe und Ruwet ("pseudo-mode"). Insgesamt ist also kaum eine Stellungnahme zur Einheit des Konjunktivs vorstellbar, die nicht in irgendeiner Schattierving schon in der bisherigen Forschung vertreten worden wäre. Langfristig betrachtet ninntt der Anteil jener

94 Stinmen eher zu, die sich gegen eine solche Einheit aussprechen. Vor allem aber wächst forschungsgeschichtlich gesehen der Dissens über den Konjunktiv schlechthin: die Vielfalt der in den letzten 20 Jahren vorgestellten Hypothesen und Theorien zum romanischen Ranjünktiv ist schwsr zu überbieten und läßt die Versuchung eines achselzuckenden Agnostizismus aufkamen. Weisen wir eine solche solution de facilité von uns, so bleibt uns mangels einer anerkannten Autorität oder einer comrunis opinio der Granmatiker nur noch die Wähl, von unserer eigenen Hypothese, wie sie in den Kapiteln 1 und 2 entwickelt vorden ist, auszugehen und in ihrem Lichte die Frage nach der Einheit des Subjonctif abschließend noch einmal zu stellen. Die Bestimnung des Konjunktivs als eine Gruppe von Verbformen, die von der sprachlichen Funktion des Mitteilens bzw. der Assertion im weiteren Sinne ausgeschlossen sind, scheint zwar auf den ersten Blick die Existenz jener fraglichen Einheit zu bestätigen, doch sind auch hier gewisse Einschränkungen zu machen. Es handelt sich um eine vergleichsweise präzise, aber doch negative Bestimmung, die es erlaubt, rein semantische und im engeren Sinn modale Teilfunktionen wie 'volitiv' oder 'dubitativ' - mit dem gerne insairen Nenner der negierten oder eingeschränkten Faktizität - und semantisch-pragmatische wie 'präsupponiert1 (also faktisch) bzw. rein pragmatische wie

1

thematisch' unter

einen selbst wiederum eher pragmatischen Oberbegriff zu subsumieren. Es konnte eingevrendet Verden, daß sich die nicht mitteilend-assertierende Funktion eines volitiven Nebensatzes zwar aus dessen semantischen Merkmalen auch ergibt, aber eigentlich nicht das wesentliche Charakteristikum dieses Nebensatztypus ausmacht. Wir sind ja in 2.1 > bereits auf diese Problematik und die diesbezügliche Sonderstellung des Konjunktivs in volitiver Funktion eingegangen. Es bleibt dennoch festzuhalten, daß andererseits gerade dieser Konjunktivgebrauch unserer Grundhypothese in besonders unproblematischer Vfeise entspricht. Im dubitative« Bereich hat sich - wie wir inner wieder festgestellt haben - das semantisch-pragmatische Merkmal [¿mitteilend] als ein wesentlicher Beschreibüngs- und Erklärungsfaktor gut bewährt. Eben dies sollte aber zunächst das entscheidende Argument zur Rechtfertigung einer sprachwissenschaftlichen Hypothese sein. Darüber hinaus kann nur im Kähmen eines derartigen globalen Ansatzes ein sich abzeichnender allgemeiner Funktionswandel des Konjunktivs erfaßt und angemessen dargestellt werden. So gerade der Umstand, daß diesem 'Madus' im Neufranzösischen mit dem Kriterium der verminderten Faktizität allein noch veniger bei zukamen ist als sehen im Altfranzösischen oder im Lateinischen. Es sei außerdem aber noch einmal daran erinnert, daß unsere Hypothese einen Grundwert ansetzt, der, wenngleich negativer Art, der Annahme positiv definierter Teilfunktionen keineswegs entgegensteht.

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Daran schließt sich nun die Frage, inwieweit es berechtigt ist, hier überhaupt noch von einem Modus zu sprechen. Gehen wir einmal vcn einer relativen inhaltlichen Einheit des Subjonctif in unserem Sinne aus, handelt es sich hierbei lediglich um eine Frage der Definition der Begriffe Modus und Modalität. Begreift man diese im weitesten Sinne als die Art und Vfeise der Äußerung eines Sachverhaltes im Hinblick auf seine Faktizität, kann neben 'Behauptung, Wunsch, Befehl' u. dgl. etwa auch die sprachliche Wiedergabe eines Sachverhaltes als nicht-assertierte Präsupposition miteinbezogen werden. Unter entwicklungsge schichtlichem Aspekt ist die Situation im Neufranzösischen - wie wir gesehen haben - insofern auch nicht grundsätzlich verändert, als eine Uber die gemeinsame Grundfunktion hinausgehende semantische Eindeutigkeit der Fernen, wie sie etwa innerhalb des Inperativparadigmas vorliegt, im Falle des Konjunktivs schon im Lateinischen nicht (mehr) gegeben war. 3.2.

Die Frage nach der sprachlichen Leistung

Ein anderer Strang der Reflexion über die Einheit des Konjunktivs führt, wie gesagt, iiier die Frage, ob denn überhaupt vcn einer durchgehenden Funktionalität unseres Modus die Rede sein kenne, unabhängig davon, ob diese letztlich auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen ist oder nicht. Anders formuliert: Kennen die Sprecher des Französischen, das hier den Prüfstein auch für die anderen romanischen Sprachen darstellt, etaras 'anfangen' mit der Möglichkeit, bestirmtbe (Neben-) Sätze als Nicht-Mitteilung zu kennzeichnen? Inwieweit wissen sie um eine solche Möglichkeit, inwieweit machen sie sich Sprecher und Hörer, Schreibende und Lesende zunutze? Mangels einschlägiger Untersuchungen sind wir hier freilich auf das Samueln verstreuter Beobachtungen und eigene Verrtutungen angewiesen. Eindeutig positiv müßte die Antwort nur in den Fällen sein, wo der Konjunktiv semantisch autonem ist und etwa in einer mehrdeutigen Satzumgebung 'Nicht-Fakten' vcn 'Fakten' unterscheidet. Solche Fälle koninen aber eher selten vor (vgl. 1.1.), auch wenn sie die subjektive Einschätzung des Frankophonen stark prägen mögen. Häufiger und überdies im Zunehmen begriffen sind jene Kontexte, besonders im dubitativen/epistemisehen Teilsystem, in denen die Moduswahl frei oder jedenfalls uneinheitlich ist. Einige Sprachbenutzer, vor allem wenn sie die Bostulate der normativen Grairmatik kennen und respektieren, werden diese Freiheit in erster Linie zur Hervorhebung der (Nicht-)Faktizität zu nutzen bestrebt sein. Andere werden im fakultativen Konjunktiv primär ein sozio stilistisches Merkmal des eläborated cocle erblicken und dementsprechend im Indikativ einen Anzeiger für nachlässige, informelle Ausdrucksweise oder auch den restricted aode des unbedarften Spre-

96 chers. Generell ist vor allem für das Französische und das Italienische festzuhalten, daß von einer Einheitlichkeit des Konjunktivgebrauchs durch alle Soziolekte und Register hindurch keine Rede sein kann. Hinzu konmt, daß im code parlé des Neufranzösischen bekanntlich das Imparfait und Plusqueparfait des Subjonctif ebenso fehlen wie Passé sirtple und Passé antérieur bei den Tempora, so daß diese tiroirs zu den Indikatoren des oode écrit gehören. Freilich betreffen solche morphologischen Verschiebungen die globale Häufigkeit des Konjunktivs so lange nicht, als im code parlé nur die eine Subjonctif-Ftirm durch eine andere ersetzt wird. Dies ist indes nur teilvreise der Fall; vielfach treten für das Inparfait des Subjonctif Formen des Indikativs ein, nämlich Futur oder Inparfait bzw. Conditionnel (vgl. 2.4.) Es existieren, wie bereits bemerkt, noch keine quantitativ erhärteten Studien darüber, walche Bereiche des Konjunktivgebrauchs in welchem Ausmaß register- und schichtenspezifische Variation aufweisen. Alle Beobachter sind sich aber einig darüber, daß der Konjunktiv im volitiven Satzgefüge am stabilsten ist (vgl. 2.1.1.1.), während er ansonsten in informeller bzw. 'ungebildeter' Ausdrucksweise signifikant weniger häufig ist als in formell-korrekter Sprache, und zwar nicht nur global gerechnet, was man auf die geringere Neigung der Spontansprache zur Subordination zurückführen kann, sondern auch bezogen auf den einzelnen Kontexttyp. Beispielsweise stehen in J. Eschmanns Texten aus dem français parlé (1984) von insgesamt 3021 finiten Verbformen ganze 65, d.i. knapp über 2%, im Subjonctif; bezogen auf die Zahl der abhängigen Sätze dieses Mikro-Corpus machen sie inmerhin 10% ausJ Sind schon das allgemein zu beobachtende effritement de la norme und die Gebrauchsschwankungen bis in den einzelnen Idiolekt hinein nicht gerade dazu angetan, in den Sprechern das Gefühl für die potentielle Leistung des Modus zu stärken, so muß ein Umfunktionieren seines Gebrauchs als Indikator diaphasisch-d.i astratischer Niveaus erst recht zu seiner inhaltlichen Demotivation auf der Ebene der Grairnatik beitragen. Für eine übergreifende Sinn-Gebung eher abträglich dürfte auch das statistisch größte Segment des Konjuriktivgebrauchs sein, wo der Modus obligatorisch und damit vorhersehbar und redundant ist (Rothes "Automatik"): So kann man für das Corpus des français fondamental annehmen, daß 35-45% aller Kon-

1

Unbeschadet der relativ niedrigen Textfrequenz des Subjonctif ist das Paradigma der konjunktivauslösenden Verben auch im heutigen Französisch sehr viel umfangreicher als das der indikativauslösenden: Nach den Erhebungen von M. Gross (1978 S. 64) ziehen von 730 verbalen Ausdrücken immerhin 480 oder zwei Drittel den Subjonctif nach sich.

97 junktive durch eine Form von fallo-Lr im übergeordneten Satz bedingt sind.

ZWEIT

kennte der auslösende Kontext zu einer Indirekten Motivation dar ausgelösten Verbform durch ein 'Abfärben' der Satznodalität führen; dem steht jedoch wieder die Verschiedenartigkeit dieser Modalitäten im Wege ('vgl. aber auch 2.1.). Besonders interessant wäre es natürlich zu wissen, ob der Durchschnittssprecher - bewußt oder unbewußt - den thematisch-präsupponierten Charakter bestimmter Nebensätze mit dem darin auftretenden Subjonctif assoziiert, etwa so, wie er weitgehend unreflektiert bestürmte Wbrtstellungs- und Könstruktionsmuster bevorzugt, die der Informationsstruktur der jeweiligen Äußerung angemessen sind. Es fehlt bisher aber noch an Befragungsmethoden, die zuverlässig Aufschluß geben könnten über die Intuition grairmatisch nicht vorgebildeter und verbildeter Sprecher, oder gar über den Bewußtseinsgrad einzelner Iteilkonpetenzen. Auch wenn eine sprachliche Kegel so beschaffen ist, daß sie eine gezielte Wahl aus mehreren Alternativen erfordert, setzt ihre korrekte Anwendung kein explizites Kennen und 'richtiges' Verstehen voraus; diese kann vielmehr auf unterschiedlichen Analogieschlüssen zu modellhaften Einzeltypen beruhen. Im übrigen führt eine solche Fragestellung, so bedeutsam sie für die Linguistik (und die Sprachdidaktik) selbst sein kann, sehr rasch in das Gebiet der Psycholinguistik: Welchen kognitiven Zugriff haben die Sprecher zu ihrer eigenen Kompetenz, inwieweit aktualisieren sie ihn bei der Performanz? Aus rein innersprachlicher Sicht bleiben irtmerhin zwei Tatsachen zu würdigen. Erstens: der nicht bestreitbare thenatisch-präsupponierte Status einer bestimmen Klasse von Kcnpletivsätzen (Ii est normal/je regrette que p) liefert die bisher einzige plausible Begründung für das unter rein semantischem Aspekt hier unverständliche Auftreten des Konjunktivs. Zweitens: Der Konjunktiv in derartigen Nebensätzen hat sich von den älteren Sprachstufen an Schritt für Schritt bis in die Gegenwart ausgebreitet (vgl. 2.3.2.), während er gerade im Französischen in anderen Bereichen zurückgegangen oder sogar geschwunden ist. Es fällt schwer, sich eine so geradlinige Entwicklung über etliche Jahrhunderte hinweg als ein unbecteutsames Zufallsprodukt vorzustellen. Bn übrigen hat auch das Qiglische - völlig unabhängig vcm Französischen - eine Parallele in Gestalt des sog. 'emotional should' entwickelt. Es kann schließlich auch noch auf andere Erscheinungen im Bereich der Syntax hingewiesen werden, wo ebenfalls potentiell bereitstehende Oppositionen nur in Ansätzen tatsächlich genutzt werden. So steht das sog. Futur proche zur Verfügung für den pragmatischen Aspekt des Sprecherinteresses am zukünftigen Geschehen bzw. für dessen aktuelle Relevanz für die Redesituation. Aber es ist doch fraglich, ob diese an sich systemgerechte Möglichkeit eines futu-

98 rischen Pendants zum Passé ocnposé heute systematisch genutzt wird, und mehr als fraglich, ob dem Durchschnittssprecher etaras von dieser Differenzierung der beiden Futurtypen bewußt ist, zumal das rrarphosyntaktische System auch hier, wie beim Subjonctif, mit Code- und Hegisternormen interferiert. Desgleichen läßt das français écrit etwa die Freiheit, nach satzeröffnendem Lokaladverbial das Subjekt eines intransitiven \ferbums nachzustellen. Diese Inversion hat tendenziell den Effekt, einen neu eingeführten Ftedegegenstand an das Satzende zu bringen, also in eine Position, die für rhematische Satzglieder natürlich ist. Trotzdem erscheint es als wahrscheinlich, daß ein solcher Effekt eher unbewußt angesteuert wird, und auf keinen Fall können wir heute schon von einer regelgeleiteten und systematischen Mutzung der seit dem 19. Jahrhundert wiedergewonnenen Stellungsfreiheit innerhalb dieses Satzmusters sprechen. Iii einer vergleichbaren Situation könnte sich auch der thematische Konjunktiv befinden. So führt also auch die Prüfung der Funktionalität des Konjunktivs zu einem offenen Ende. Ebenso wie die zuvor geprüfte inhaltliche Einheit dieses Modus läßt sie sich mit linguistischen Argumenten aufgrund der sprachlichen Daten weder ausschließen noch zwingend beweisen, wie etwa im Falle des Imperativs. Aber vœn interessiert schon der Iirperativ? Offen bleibt schließlich auch die Prognose für die zukünftige Entwicklung des romanischen Konjunktivs. Auch wenn manche Autoren (schon seit 60 Jahren) der Ansicht sind, er sei insgesamt im Niedergang begriffen, läßt sich eine solche Tendenz durch eirpirische Fakten nicht belegen, es sei denn, man habe, wie etwa. Van der Molen oder Harris, sehr langfristige typologische Wandlungstendenzen im Auge. Vieles deutet hingegen darauf hin, daß der Gebrauch des Konjunktivs im ausgehenden 20. Jahrhundert in vergleichsweise raschem Wändel begriffen ist, mehr als irgendeine andere Etarmengruppe des romanischen Verbums - und auch das macht für den Linguisten einen Tleil der Eàszination aus, die dieser nach seiner praktischen Bedeutung eher zweitrangige Modus auf ihn ausübt. 3.3.

Übungen

1. Versuchen Sie eine begründete Entscheidung zu treffen, ob die in diesem Heft vorgeschlagene Konjunktivcharakteristik 'monistisch' oder 'dualistisch' ist. 2. Bewerten Sie die gegensätzlichen Stellungnahmen zu einem Grundwert des Konjunktivs in Nordahl (1969 S. 12-14) und Wunderli (1970 S. lOff.). Welche Prämissen liegen ihnen jeweils zugrunde, auf welche Argumente stützen sie sich? 3. Warum führt ein onomasiologischer Frageansatz (vgl. 1.1.) tendenziell zu einer niedrigen Einschätzung der Funktionalität des Konjunktivs (vgl. Brunot 1922, Bally 4 1965, Klare 1978)?

99 4. Sammeln Sie Material zum registerabhängigen Modusgebrauch im Franz./Ital./ Span. (Zum Franz. vgl. Pohl 1962 S. 84-103, Ebneter 1976, Gsell 1979, Söll 1980 S. 126-129, Sand 1983, Stammerjohann 1983 S. 76f; zum Ital. vgl. Moni 1983, Schwarze 1984). 5. "L'impression demeure, cependant, qu'à l'âge de quatre à cinq ans, les enfants n'ont encore qu'une perception floue et incertaine de la valeur fonctionnelle du subjonctif et qu'il leur faudra des années encore avant de maîtriser vraiment l'emploi de ce mode difficile" (Remacle 1966 S. 305): Sammeln Sie in der Literatur zum Erstspracherwerb bzw. zur Zweisprachigkeit, ggf. auch durch Befragen geeigneter Informanten, Hinweise auf Zeitraum und Umstände der Erlernung des Modusgebrauchs in der Muttersprache, die das vorstehende Zitat bestätigen bzw. ihm widersprechen. 6. Markiert das Englische thematische Sätze durch should und wenn ja, in welchem Umfang? (Vgl. Visser 1969 §§ 1539, 1541, 1544f., Jespersen 1931 S. 336-339, sowie Fragesätze des Typs Why should Spanish have such a rule, as opposed to English, which does not? I have found it impossible to determine why the adverbial phrase should come at times in the middle of the phrase). Vergleichen Sie Ihre Befunde mit der Situation im Französischen. 7. Vergleichen Sie die Aussagen von Warnant (1974) zum Subjonctif im Wallonischen mit geeigneten Karten des Atlas Linguistique de la France. 8. Existiert eine Kategorie 'Modus' in den französischen Kreolsprachen? (Vgl. Bollfee 1977, Stein 1984).

LITERATURVERZEICHNIS

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