Der römische Circus: Massenunterhaltung im Römischen Reich 3805339445, 9783805339445

English summary: They witnessed triumphal marches as well as bitter defeats: the circus installations of the Roman Empir

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German Pages 152 [153] Year 2009

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Quellen zum römischen Circus
Schriftliche Quellen
Bildquellen
Gebäude der Massenunterhaltung - Circus, Stadion, Amphitheater und Theater
Architektonische Vorbilder des römischen Circus
Hippodrome bei den Griechen
Etrusker und Wagenrennen
Der römische Circus - Bestandteile, Einzelformen und ihre Entstehung
Grundriss des Circus
Ausrichtung
Dimensionen der Circusanlagen
Zuschauerkapazitäten
Das äußere erscheinungsbild des circus
Bögen
Die Startseite des Circus
Die Arena
Das Liniensystem
Metae
Die Barriere
Der euripus
Dekoration der Barriere
Funktionselemente auf der Barriere – die Rundenzähler
Die porta libitinaria
Das pulvinar
Sicherheit im Circus
Die Ludi - Basis der Circusspiele
Explosionen der Rennen - Je mehr, desto besser
Der Renntag - Ablauf im Circus
Die pompa circensis
Das Rennen
Unfälle in der Arena und Notfallmedizin
Das Arbeitsgerät - Wagen, Pferde und Berufskleidung
Fahrzeuge
Gespanne
Pferde
Berufskleidung
Fahrer und ihre Rennkarrieren
Die Herkunft
Die Ausbildung
Die Laufbahn
Das leben nach der aktiven Zeit
Circusparteien - Nichts als Geschäfte
Wie entstanden die factiones?
Die Geburt der factiones
Konkurrenten oder Partner – Kooperation verschiedener Gesellschaften
Die factiones im Wandel der Zeit
Ausbreitung der factiones
Die factio als Wirtschaftsbetrieb – Personal und Firmensitz
Stabula – Firmensitze, nicht Ställe
Die Besucher des Circus
Wetten - Flüche - Konsequenzen
Andere Veranstaltungen im Circus
Kunstreiter – desultores und cursores
Troja-Spiele
Wagenrennen ohne Pferde
Tierschauen und Jagden (venationes)
Athletische Wettkämpfe
Kaiser und Rennsport - Zwischen wahrer Leidenschaft und politischem Kalkül
Geschäfte rings um den Circus
Baufinanzierung und Bauunterhalt
Öffentliche Finanzierung
Privatfinanzierung
Fazit
Circusspiele - Für den Veranstalter ein teures Vergnügen
Finanzierung der Spiele bis zum Ende der Republik
Die Finanzierung in der Kaiserzeit
Kommunale Charity
Verbreitungen von Circusanlagen
Italien
Balkanregion
Kleinasien
Der syrisch-palästinensische Raum
Ägypten
Die Provinz Creta et Cyrene
Nordafrika
Iberische Halbinsel
Nordwest-Provinzen
Großbritannien
Fazit
Circus und Stadt - Fragen zu urbanen Strukturen
Der topographische Faktor
Der kulturelle Faktor
Der Umweltfaktor
Der Kostenfaktor
Der Circus – ein singulärer Bau in römischen Städten?
Palast und Circus
Anhang
Glossar
Literaturverzeichnus
Anmerkungen
Abbildungsnachweis
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Der römische Circus: Massenunterhaltung im Römischen Reich
 3805339445, 9783805339445

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Der römische Circus Massenunterhaltung im römischen Reich

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Der römische Circus Massenunterhaltung im römischen Reich

Wolfram Letzner

Verlag Philipp von Zabern

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152 Seiten mit 57 Farb- und 12 Schwarzweißabbildungen

Umschlagabbildung: Wagenrennen, Terrakotte. Foto: akg-images/Erich Lessing; Wagenrennen im Circus Maximus, Holzstich, um 1890. Foto: akg-images.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detail­lierte bibliografische Daten sind im Internet über ab­ruf­bar. Weitere Publikationen aus unserem Programm finden Sie unter: www.zabern.de

© 2009 by Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. ISBN: 978-3-8053-3944-5

Gestaltung: Melanie Barth, scancomp GmbH, Wiesbaden Gestaltung des Titelbildes: Claas Möller, b3K text und gestalt GbR, Frankfurt am Main und Hamburg Lektorat: Andrea Rottloff, Gersthofen Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in frem­de Sprachen, vorbehalten. Ohne aus­drück­liche Geneh­mi­gung des Verlages ist es auch nicht ge­stattet, ­ dieses Buch oder Teile daraus auf photomecha­nischem Wege (Photokopie, ­Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elek­tronischer Systeme zu verarbeiten und zu ver­breiten. Printed in Germany by Philipp von Zabern Printed on fade resistant and archival quality paper (PH 7 neutral) · tcf

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Inhalt

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Vorwort

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Quellen zum römischen Circus



8 Schriftliche Quellen | 9 Bildquellen

11 Gebäude der Massenunterhaltung – Circus, Stadion, Amphitheater und Theater 15 Architektonische Vorbilder des römischen Circus

15 Hippodrome bei den Griechen | 16 Etrusker und Wagenrennen

18

Der römische Circus – Bestandteile, Einzelformen und ihre Entstehung



19 Grundriss des Circus | 24 Ausrichtung | 26 Dimensionen der Circusanlagen | 27 Zuschauerkapazitäten | 28 Das äußere Erscheinungsbild des Circus | 29 Bögen | 31 Die Startseite des Circus | 34 Die Arena | 36 Das Liniensystem | 37 Metae | 40 Die Barriere | 40 Der euripus | 42 Dekoration der Barriere | 47 Funktionselemente auf der Barriere – die Rundenzähler | 48 Die porta libitinaria | 48 Das pulvinar | 49 Die Schiedsrichterloge | 50 Der Zuschauerraum (cavea) | 53 Sicherheit im Circus

56

Die ludi – Basis der Circusspiele

59 Explosion der Rennen – je mehr, desto besser 61

Der Renntag – Ablauf im Circus 61 Die pompa circensis | 67 Das Rennen | 72 Unfälle in der Arena und Notfallmedizin

74

Das Arbeitsgerät – Wagen, Pferde und Berufskleidung



74 Fahrzeuge | 76 Gespanne | 77 Pferde | 79 Berufskleidung

81

Fahrer und ihre Rennkarrieren



81 Die Herkunft | 82 Die Ausbildung | 83 Die Laufbahn | 86 Das Leben nach der aktiven Zeit

87 Circusparteien – nichts als Geschäfte

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87 Wie entstanden die factiones? | 87 Die Geburt der factiones | 88 Kon­ kur­renten oder Partner – Kooperation verschiedener Gesellschaften | 89 Die factiones im Wandel der Zeit | 90 Ausbreitung der factiones |

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91 Die factio als Wirtschaftsbetrieb – Personal und Firmensitz | 92 Stabula – Firmensitze, nicht Ställe

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Die Besucher des Circus

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Wetten – Flüche – Konsequenzen

100 Andere Veranstaltungen im Circus

100 Kunstreiter – desultores und cursores | 101 Troja-Spiele | 101 Wagen­ rennen ohne Pferde | 102 Tierschauen und Jagden (venationes) | 105 Athle­ tische Wettkämpfe

106 Kaiser und Rennsport – zwischen wahrer Leidenschaft und politischem Kalkül 110 Geschäfte rings um den Circus 112 Baufinanzierung und Bauunterhalt

112 Öffentliche Finanzierung | 114 Privatfinanzierung | 116 Fazit

117

Circusspiele – für den Veranstalter ein teures Vergnügen



117 Finanzierung der Spiele bis zum Ende der Republik | 118 Die Finanzierung in der Kaiserzeit | 121 Kommunale Charity

122

Verbreitung von Circusanlagen 122 Italien | 124 Balkanregion | 124 Kleinasien | 125 Der syrisch-paläs­tinensische Raum | 125 Ägypten | 125 Die Provinz Creta  et Cyrene | 126 Nordafrika | 126 Iberische Halbinsel | 127 Nordwest-Provinzen | 128 Großbritannien | 128 Fazit

129

Circus und Stadt – Fragen zu urbanen Strukturen



129 Der topographische Faktor | 133 Der kulturelle Faktor | 134 Der Umweltfaktor | 135 Der Kostenfaktor | 135 Der Circus – ein singulärer Bau in römischen Städten?

137 Palast und Circus 141 ANhang

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141 Glossar | 142 Literaturverzeichnis | 149 Anmerkungen | 152 Abbildungsnachweis

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Vorwort Der römische Circus – mit diesem Begriff verbindet man häufig eine Vielzahl von unterschiedlichen Veranstaltungsarten, angefangen mit Wagenrennen bis hin zu Gladiatorenkämpfen. Besonders durch zahlreiche „Sandalenfilme“ aus Hollywood und historische Romane ist dieses Bild geprägt worden. Dabei hat vor allem der Zeitgeist Pate gestanden. Das vorliegende Buch möchte ein differenziertes Bild auf dem aktuellen Stand der Forschung geben. Dabei treten schriftliche Quellen und archäologische Befunde gleichberechtigt nebeneinander. Bei der Behandlung des Themas hat sich gezeigt, dass es zwei Schwerpunkte gibt. Einmal handelt es sich um die Entstehung des römischen Circus als Bauform, zum anderen gilt es, die Entwicklung der Veranstaltungen im ­Circus und die organisatorischen Abläufe darzustellen. Es war eine Gewissenfrage, mit welchem Schwerpunkt die Betrachtung beginnen sollte. Der Verfasser hat sich dafür entschieden, die bauliche Entwicklung an den Anfang zu setzen. Der Rahmen der vorliegenden Publikation hat es aber notwendig gemacht, einige Aspekte lediglich kurz zu betrachten. Eine Vertiefung der dort behandelten Themen hätte zu größeren Exkursen geführt, die nicht unmittelbar mit dem Circus und dem dortigen Geschehen in Verbindung gestanden hätten. Das Literaturverzeichnis beschränkt sich weitgehend auf Veröffent­ lichungen, die nach 1986 erschienen sind. Die ältere Literatur lässt sich über die grundlegende Publikation zum römischen Circus von J. H. Humph­rey erschließen. Jedoch wurden auch einige ältere Titel aufgenommen, die entweder bei Humphrey keine Berücksichtigung fanden oder aber für den deutschsprachigen Leser von größerer Relevanz sind. Das Literaturverzeichnis gliedert sich in zwei Bereiche. Im ersten Teil findet sich die Literatur zu Sachthemen, die dabei in alphabetischer Abfolge angeordnet sind. Der zweite Teil des Verzeichnisses ist der Literatur zu einzelnen Circusanlagen, die in der vorliegenden Publikation angesprochen werden, vorbehalten. Sie sind nach Orten ebenfalls alphabetisch gegliedert. Für die Leser, die sich nicht so mit der Thematik und Terminologie auskennen, wurde ein ausführliches Glossar erstellt. Bei den hier abgebildeten Karten und Plänen handelt es sich z. T. um bewusste thematische Auszüge. Diese wurden gewählt, um den Informationsgehalt der einzelnen Darstellungen nicht zu überfrachten. Der Verfasser möchte seinen Dank folgenden Personen für die Über­ lassung von Bildmaterial aussprechen: Prof. Dr. J. Eingartner (Augsburg), Dr. B. Jahn (Düsseldorf ), Dr. F. Martens (Leuven), Dipl.-Ing. G. Wiplinger (Wien). Der Dank gilt auch dem Verlag Philipp von Zabern und allen seinen Mitarbeitern, die in gewohnter Weise die Veröffentlichung betreut haben. Wolfram Letzner Hamm, im November 2008

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Quellen zum römischen Circus Behandelt man ein Thema wie den römischen Circus, ist es sinnvoll, an den Anfang der Betrachtung einen kurzen Überblick zu den Quellen ­dieser Denkmälergruppe zu stellen. Die Breitenwirkung, die der römische Circus noch heute hat, lässt die Vermutung aufkommen, dass wir auf eine Vielzahl von Quellen zurückgreifen können, die ausführlich über den Circus berichten. Bei näherem Hinsehen ergibt sich aber ein differenzierteres Bild1.

Schriftliche Quellen Betrachten wir zunächst die literarischen Quellen. Sicherlich auffällig ist, dass in unserer wichtigsten schriftlichen Quelle zur römischen Architektur, Vitruvs „De architectura libri decem“, in denen das breite Spektrum des Bauens und Planens um die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts dargestellt wird, der Bereich des Circus nicht vorkommt. Lediglich an drei Stellen werden die damals vorhandenen großen stadtrömischen Circusanlagen – der Circus Maximus und der Circus Flaminius – erwähnt. Dabei geht es aber nicht um die Anlagen selbst, sondern sie erscheinen als Ortsangaben. Das Schicksal der Nichtbeachtung durch Vitruv trifft auch das Amphitheater. Einem anderen Bau der Massenunterhaltung – dem Theater – gibt Vitruv dagegen weiten Raum. Das Fehlen des Circus im Werk des Vitruv, so bedauerlich es auch ist, bedeutet nicht, dass keine schriftlichen Quellen vorliegen. Soweit es literarische sind, beziehen sie sich überwiegend auf stadtrömische Verhältnisse und hier besonders auf den Circus Maximus. Daher sind wir über ihn gut informiert, auch wenn er bislang nicht vollständig untersucht ist und im heutigen Stadtbild von seinem ehemaligen Glanz nichts mehr erkennbar ist (Abb. 1). Trotz des Überlieferungsschwerpunktes mit dem Circus Maximus geben die schriftlichen Quellen auch Informationen über Circusanlagen in den Provinzen. Hier sind etwa Berichte über Bauten in den antiken Metro­ polen wie Karthago oder Antiocheia am Orontes anzuführen. Hinsichtlich ihres Informationsgehaltes lassen sich die genannten Quellen in zwei Bereiche gliedern. Zum einen liefern sie Angaben zur baulichen Ausgestaltung und zur Entwicklung des römischen Circus. Daneben berichten sie oft eindrucksvoll – wenn auch häufig ideologisch verzerrt – von den dortigen Geschehnissen. Exemplarisch sei hier der in Karthago geborene, hochgebildete Tertullian (ca. 160/170 – 212 n. Chr.) angeführt, der aus christlicher Sicht die Massenveranstaltungen in Circus und Amphitheater beschrieb.

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Ein anderer Bereich der schriftlichen Quellen wird vom epigraphischen Material bestimmt. Dieses beleuchtet in weit stärkerem Maße die Entwicklung des Circus, vor allem aber Fragestellungen zur Baugeschichte, Bau­ finanzierung oder dem Bauunterhalt. Ein Vorteil des epigraphischen Materials liegt auch darin, dass es Informationen über Bauten in den Provinzen des Römischen Reiches liefert und nicht nur Monumentalbauten dokumentiert. Daneben vermögen es die Inschriften aber auch, Fragen nach Einzelschicksalen von Menschen, die im Kontext des Circus gelebt und gearbeitet haben, zu beantworten. Dies gilt besonders für die Rennfahrer, seien sie erfolgreich oder nicht.

Bildquellen Haben wir bislang einen Blick auf die schriftlichen Quellen geworfen, so richtet sich nun unsere Aufmerksamkeit auf die bildlichen Quellen, die insgesamt sehr heterogen sind. Bei ihrer Betrachtung ist vor allem die Frage zu klären, welche Aussagen sie ermöglichen. Sicher die wichtigste Gruppe unter den Bildquellen wird von den Mosaiken gebildet. Sie geben sowohl bauliche Strukturen als auch das Geschehen im Circus wieder. Gegenüber anderen Bildquellen haben die Mosaiken einen großen Vorteil: Sie können recht beachtliche Ausmaße haben und so ein detailreiches Bild zeichnen. Ihr individueller Aussagewert hängt selbstverständlich etwas von den handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten des jeweiligen Mosaizisten ab, nicht minder aber auch von den Intentionen, die durch den Auftraggeber des Mosaiks vorgegeben waren2. In der römischen Kunst waren vermutlich Wandbilder gleichwertig neben den Mosaiken vertreten. Bis auf wenige Ausnahmen – ein Wandbild aus Augst etwa – ist kaum etwas erhalten geblieben, was im Medium selbst begründet ist, da es in besonderem Maße gegen Feuchtigkeit empfindlich ist. Außerdem waren besonders die Wände der Zerstörung ausgesetzt. Wichtige Zeugnisse zum Circus liefern die Reliefs. Eine große, in sich geschlossene Gruppe von Sarkophagen – aus der stadtrömischen Produktion kommend – zeigt etwa Circusrennen mit Putten und Eroten. Diese Sarkophage datieren ab 150 n. Chr. und reichen bis in das frühe 4. Jh. n. Chr. ­hinein. Neben der eigentlichen Darstellung des Rennens dokumentieren sie aber auch die Vorbereitung und die Siegerehrung3. Daneben treten Reliefs von Grabdenkmälern und solche aus gänzlich anderem Kontext. Hervorzuheben sind die Campana-Platten aus Rom, die mehrfach Circus-Motive zeigen. Im Bereich der Kleinkunst lassen sich Gemmen und Münzen anführen, die trotz ihrer geringen Größe einen gewissen Quellenwert haben. Sie ­beschränken sich dabei aber auf einzelne Aspekte des Circus. Außerdem kränkelt ihr Aussagewert oft daran, dass sie sich auf den Circus Maximus in

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Rom beziehen. Vom Medium her ebenfalls sehr klein sind Circus-Darstellungen auf Lampen. Daher greifen sie zumeist ebenfalls nur ein Motiv heraus. Datiert werden diese Lampen vom 1.– 4. Jh. n. Chr. Neben den bislang erwähnten Aspekten des Informationsgehaltes dieser bildlichen Darstellungen muss aber noch ein Bereich angesprochen werden. In der Forschung sind diese Funde insgesamt, besonders aber die Mosaiken, herangezogen worden, um Rückschlüsse auf die Existenz von Circusanlagen am Fundort oder in dessen Nähe anzunehmen. Bei der weit verbreiteten Begeisterung für den Rennsport in der römischen Gesellschaft sollten solche Rückschlüsse aber mit einem gewissen Vorbehalt gesehen werden4.

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Gebäude der Massenunterhaltung – Circus, Stadion, Amphitheater und Theater

Abb. 1 Rom, Circus Maximus. Vom antiken Glanz lässt sich heute nichts mehr beobachten.

Das Bild, das über Gebäude der Massenunterhaltung in der Antike besteht, bedarf einer genaueren Klärung, um im Folgenden Verwechslungen zu vermeiden. Dies gilt besonders in Bezug auf das Verhältnis von Circus und Stadion in ihren baulichen Ausprägungen. In der Literatur kommt es sehr häufig zu Verwechslungen zwischen ­Circusbauten und Stadien und auch der Besucher antiker Stätten fragt sich oft, ob der Bau, in dem er sich gerade befindet, ein Circus oder ein Stadion ist. Diese Konfusion lässt sich durchaus verstehen, wenn man die Grundrisse dieser Anlagen oberflächlich gegenüberstellt. Sowohl der Circus (Abb. 2 a) als auch das Stadion (Abb. 2 b) stellen sich als lange, schmale ­Gebäudekomplexe dar, bei denen eine Schmalseite mit einer Kurve versehen ist, also der typische U-förmige Grundriss entsteht. Bei Stadien kann es aber auch recht häufig vorkommen, dass beide Schmalseiten abgerundet sind und so durchgehende Zuschauertribünen aufweisen. Solche Anlagen

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können durchaus die Bezeichnung Amphitheater tragen, obwohl sie mit derartigen Bauten und deren Funktionen wenig gemein haben. Strabon bezeichnet etwa eine Anlage in Nysa (TR) als Amphitheater (στάδιον αµφιθέατρον), die von der Forschung mit einem Stadion mit zwei gekurvten Seiten in Ver­bindung gebracht wird5. Sehr gut kann man diesen Grundriss im Stadion von Aphrodisias beobachten (Abb. 3. 4). Bei näherer Betrach­tung zeigen sich aber die Unterschiede zwischen Circus und Stadion. Sicherlich der präg­nanteste Unterschied besteht dabei in der Größe: Das Stadion weist etwa eine Länge von 160 – 200 m und eine Breite von 30 m auf, während der Circus eine Größenentwicklung besitzt, die im Regelfall bei mehr als dem Doppelten dieser Maße liegt. Diese Größen­ unterschiede lassen sich durch die Funktion erklären. Das Stadion ist in der antiken Welt vorrangig geschaffen worden, um den Rahmen von sportlichen Veranstaltungen zu bilden, die man mit dem heutigem Begriff „Leichtathletik“ umschreiben kann und die in der römischen Welt als „Griechische Wettkämpfe“ (certamina Graeca) bezeichnet wurden. Eine zentrale Rolle nahm ­dabei der Stadionlauf ein. Die Maßeinheit des Stadions beträgt 600 Fuß, ­wobei die Länge des Fußes lokal erheblich schwanken kann. Daher kann ein Stadion zwischen etwa 162 m und 210 m lang sein. Im Vergleich dazu sind Circusbauten mehr als doppelt so lang. Auch im Breitenverhältnis spiegelt sich dies wider. Während für das Stadion etwa 30 m Breite be-

Abb. 2 Übersicht zu den Größen­ verhältnissen bei Bauten für Massenveranstal­ tungen am Beispiel stadtrömischer Anlagen: Circus Maximus (a), Stadion des Domitian (b), Kolosseum (c) und Marcellus-Theater (d).

Abb. 3 Aphrodisias (TR), schema­ tisierter Grundriss des Stadions. Die gekurvten Schmalseiten, die bei verschiedenen Stadien vorkommen, haben dazu geführt, dass für solche Anlagen auch der Begriff „Amphitheater“ auftaucht.

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Abb. 4 Aphrodisias (TR), das Innere des Stadions. Blick aus östlicher Richtung.

legt sind, bedarf man in der Circusarena etwa 70 m. Weitere Unterschiede ergeben sich aus spezifischen Einrichtungen wie den Startvorrichtungen und den verschiedenen Einbauten in der Arena. Diese lassen sich bei den erhaltenen Denkmälern – seien es nun Circus oder Stadion – vor Ort kaum nachvollziehen, weil diese Anlagen durch ihre Größe oft nicht vollständig ausgegraben werden.

Abb. 5 Aphrodisias (TR), Blick auf das östliche Ende der Arena. Im Vordergrund sind Spuren der veränderten Nutzung erkennbar.

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Formal lässt sich das Amphitheater als Bautypus klar von den beschriebenen Bauten unterscheiden. Im Gegensatz zu Circus und Stadion handelt es sich hier um einen runden bis ovalen Bau, der gegenüber jenen von den Dimensionen her kleiner ist. Aufgrund der Form der Arena und deren Größe sind Wagenrennen hier nicht möglich, während Veranstaltungen, die im ­Amphitheater durchgeführt werden, durchaus auch im Circus stattfinden können und dort zum Teil ursprünglich auch durchgeführt wurden (Abb. 2 c). In den Kontext der Bauten für Massenunterhaltung gehören ebenso die Theater. Von ihrem Bauvolumen her stellen sie den kleinsten Gebäudetypus dar und sie werden im Folgenden auch nicht weiter berücksichtigt, weil sie durch ihre baulichen Strukturen nicht in den hier zu behandelnden Bereich gehören (Abb. 2 d). Eine Ansprache eines Gebäudes als Circus, Stadion oder Amphitheater allein aufgrund der dort durchgeführten Veranstaltungen ist problematisch. Bevor etwa das Amphitheater sich als Bautypus entwickelte, haben sowohl Gladiatorenkämpfe als auch Tierhetzen (venationes) in Circusanlagen stattgefunden und im Verlaufe der späteren Kaiserzeit sollten etwa Stadien und Theater mit als Veranstaltungsort für Gladiatorenkämpfe gedient haben, wie man etwa im Stadion von Aphrodisias erkennen kann (Abb. 4. 5).

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Architektonische Vorbilder des römischen Circus In der Forschung ist bereits oft die Frage gestellt worden, wo die Wurzeln des römischen Circus als Bautypus liegen. Unstrittig ist, dass diese in der ­mythisch verklärten römischen Vorzeit zu finden sind. Es geht bei der ­Diskussion eher darum, ob Griechen oder Etrusker das Vorbild geliefert ­haben. Schauen wir kurz auf deren Anlagen.

Hippodrome bei den Griechen Die Voraussetzungen des griechischen Hippodroms waren recht einfach. Es bedurfte lediglich eines ebenen Geländes, auf dem ein oder zwei Wende­ marken errichtet wurden. Eine weitere Voraussetzung war die Existenz von Abhängen, die als Zuschauertribünen dienen konnten. Bis auf das Hippodrom von Olympia, wo Rennen mit Quadrigen ab 680 v. Chr. und mit Bigen ab 408 v. Chr. belegt sind, gab es keine dauerhaften Architekturformen bei dieser Art Sportstätte. Auch während des Hellenismus entstanden keine festen Anlagen. Der Sonderfall Olympia mag darin begründet sein, dass entsprechende Wettbewerbe regelmäßig stattfanden und eine große Zuschauerzahl nach gewissen baulichen Maßnahmen verlangte. In Olympia ist sicherlich außerdem das durch Pausanias beschriebene Startsystem hervorzuheben, das in der Forschung zwar kontrovers diskutiert wurde, hier aber nicht ausführlich behandelt werden kann (Paus. 6, 20, 10–15). In Anbetracht des Mangels an weiteren Hippodromen sei es an dieser Stelle gestattet, einen ausführlicheren Blick auf die Anlage in Olympia zu werfen. Nur so lassen sich mögliche Bezüge zu römischen Circusbauten erkennen. Das Hippodrom lag südlich des Stadions im Überflutungsgebiet des Flusses Alphaios, der letztlich dazu beigetragen hat, dass auch von dieser Rennbahn nicht mehr viel erhalten ist6. Weil es sich hier um eine Naturanlage handelte, gab es also keine Tribünenbauten. Allerdings war nach Süden hin ein Erdwall aufgeschüttet und nach Norden hin bot ein natürlicher Hang den Zuschauern Platz. Am westlichen Ende wurde die Anlage von einer Halle begrenzt, die durch den Architekten Agnaptos errichtet wurde. Sie wies etwa eine Breite von 64 m auf. Von hier aus entwickelte sich die von Kleoitas konstruierte Startanlage. Sie lief spitz zu wie ein Schiffsbug und besaß etwa eine Seitenlänge von 125 m. In den Seiten dieser Konstruktion waren die Startboxen untergebracht, die nach vorne mit einem Tau versehen ­waren. In der Mitte der Startanlage befand sich ein Altar, von dem ein bronzener ­Adler scheinbar von selbst aufstieg. Hier können wir sicher ein Beispiel

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antiker ­Ingenieurskunst annehmen, die wir etwa aus Schriften des Heron von Alexandria oder des Philon von Byzanz kennen. Ein bronzener Delphin befand sich an der Spitze der Anlage auf einer Stange, der zusammen mit dem Adler als Startsignal diente, indem er zu Boden fiel. Um einen sicheren und fairen Start zu gewährleisten, wurden die hinteren Startboxen zuerst freigegeben. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Gespanne beim Erreichen der eigentlichen Rennbahn – wie von Pausanias angenommen – tatsächlich auf gleicher Höhe waren. Der oben genannten Textstelle bei Pausanias können wir sicher entnehmen, dass es im Hippodrom von Olympia zwei Wendemarken gab. Besonders hervorgehoben war die am Beginn der Rennbahn stehende Wendemarke, weil diese eine Bronzestatue der Hippodameia mit einer Siegerbinde in der Hand trug. Sie bildete zugleich das Ziel. Über die weitere Rekonstruktion ist in der Forschung heftig diskutiert worden. Für Verwirrung sorgte lange Zeit eine byzantinische Handschrift aus dem 12. Jh., die in Konstantinopel gefertigt wurde und die Abschrift ­eines älteren Werkes darstellen muss, weil dem Kopisten zahlreiche Fehler im Text unterliefen. Erst vor kurzem gelang es J. Ebert, den Text wiederherzustellen: „Das olympische Kampfspiel verfügt über eine Pferderennbahn, die (eine Längsausdehnung von) acht Stadien (1536 m) hat. Davon umfasst je eine Längsseite drei Stadien und ein Plethron (608 m), die breite Fläche aber bis zur Ablaufstelle ein Stadion und vier Plethra (320 m), insgesamt 4 800 Fuß (1536 m). In der Nähe des Tara­xippos, hinter dem sich – wie man sagt – ein Heros verbirgt, biegen die Pferde im Lauf um eine Wendesäule; bei der Bildsäule der Hippodameia aber befindet sich der Zielpunkt der Rennen.“7 Aufgrund der Quellenlage hat U. Sinn einen Rekonstruktionsversuch vorgelegt, der von älteren abweicht und durchaus Ähnlichkeiten mit einem römischen Circus aufweist (Abb. 6).

Abb. 6 Olympia (GR), schematisierter Grundriss des Hippodroms. Startanlage (a), Anlauf (b), erste Wendemarke (c2), zweite Wendemarke,„Säule der Hippodameia“ (c1), mögliche Lage des Altars des Taraxippos (d).

Etrusker und Wagenrennen Bei den etruskischen Rennbahnen haben wir mit durchaus vergleichbaren Problemen zu kämpfen. Wie die Griechen haben die Etrusker diese Wettkampfstätten nie architektonisch gefasst. Daher sind sie praktisch nicht im Befund nachweisbar. Aber eine Reihe von bildlichen Darstellungen vermit-

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Abb. 7 Tarquinia (I), Tomba delle Bighe. Umzeichnung eines Wandbildes mit der Darstellung einer Tribüne.

telt uns ein Eindruck von diesen Anlagen. Dabei handelt es sich Wandmalereien aus Gräbern oder auch Reliefs. Deren Datierung lässt sich auch recht gut mit den schriftlichen Quellen verbinden. Blicken wir zunächst auf die schriftlichen Quellen. Livius (Liv. 1, 35, 8) berichtet, bereits Tarquinius Priscus habe im Tal zwischen Palatin und Aventin, dem Vallis Murcia, eine Rennbahn abgesteckt. Auch Tarquinius Superbus, so Livius, habe dort Sitze errichten lassen (Liv. 1, 56, 2). Dass dies keineswegs singulär war, belegen Stellen bei Plinius und Plutarch (Plin. nat. 8, 161; Plut. Poblicola 13, 4). Sie dokumentieren für Veii spätestens seit dem Ende des 6. Jhs. v. Chr. eine Rennbahn. Etwa zeitgleich finden wir auch bildliche Darstellungen, so in der Tomba delle Bighe in Tarquinia, die uns interessante Einblicke geben. So belegen die Bilder aus dem Grab die Existenz von Tribünen, die als Holzarchitektur ausgeführt waren. Auch ein Sonnensegel, das in römischer Zeit als velum bezeichnet wird und vor allem durch Untersuch­ungen an Amphitheatern bekannt ist, wird hier belegt (Abb. 7). Ein Cippus aus Chiusi, der sich heute im Nationalmuseum Palermo befindet und in das 5. Jh. v. Chr. ­datiert, zeigt ein Podium mit Sitzen für Magistrate und Schiedsrichter. Insgesamt gesehen sind also unsere Quellen über mögliche architekto­ nische Vorbilder zum römischen Circus recht dürftig. Allein die geographische Nähe Etruriens zu Rom und die etruskische Herrschaft über die Stadt machen es aber wahrscheinlich, hier die Vorbilder anzunehmen.

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Der römische Circus – Bestandteile, Einzelformen und ihre Entstehung Um den römischen Circus zu verstehen, ist es sinnvoll, alle seine Bestandteile ausführlich zu besprechen. Aufgrund des Erhaltungszustandes der meisten Anlagen sind wir gezwungen, hier auf verschiedene Bauten zurückzug­reifen, um ein verlässliches Bild zu gewinnen. Diese Vorgehensweise birgt eine nicht zu unterschätzende Problematik: Jeder Circus – mag er auf den ersten Blick auch so aussehen wie alle anderen auch – weist Besonderheiten auf, die sich vor allem in lokalen Traditionen und Dekorationen widerspiegeln. Auf diese kann hier nicht eingegangen werden, selbst wenn es verlockend wäre. Auch für den Circus Maximus trifft dies zu. Verschiedene Heiligtümer etwa, die sich in seinem Bereich befinden, so der Tempel des Sol, können

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hier nicht behandelt werden. Es erfolgt eine Konzentration auf Elemente, die entweder relevant für das Geschehen oder aber doch mehrfach belegt sind.

Grundriss des Circus

Abb. 8 Karthago (TN), Grundriss des Circus.

In unseren Vorstellungen hat sich der Grundriss des Circus dahingehend verfestigt, mit ihm eine lange U-Form zu verbinden. Geprägt wurde diese Ansicht durch eine Vermischung der Bauformen von Circus und Stadion. Betrachtet man aber die Pläne von einigermaßen erforschten Circusan­lagen, so zeigen sich doch Unterschiede. Sicherlich die verbreitetste Form ist diejenige, die mit dem Grundriss des Stadions korrespondiert. Repräsentiert wird dieser Typus etwa durch die Anlagen in Karthago (Abb. 8), Leptis ­Magna (Abb. 9),

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 Abb. 9 a Leptis Magna (LAR), Grundriss des Circus. 1 Startboxen; 2 Treppen zur Cavea; 3 Gänge; 4 Durchgang zum Amphitheater; 5 Box; 6 Bogendurchgang; 7 metae; 8 euripus; 9 sog. Tempelpavillon.  Abb. 10 a Mérida (E), Grundriss des Circus. 1 Startboxen; 2 Barriere; 3 Bogendurchgang. Im Plan ist noch eine Straße angegeben, die einen Teil der Startseite überlagert. Diese ist inzwischen entfernt worden.  Abb. 9 b Leptis Magna (LAR), Satellitenbild des Circus und des Amphitheaters.

 Abb. 10 b Mérida (E), Satellitenbild des Circus, hier bereits ohne Straße.

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Toledo, Mérida (Abb. 10), Arles, Tyros oder Antinoopolis, um nur ­einige wenige zu nennen. Diese Form findet eine gewisse Modifikation, indem der Bereich der Startseite schmaler ist und sich zur gerundeten Seite hin leicht verbreitert. Dies zeigen die Anlagen in Bosra (Abb. 11), Gerasa (Abb. 12) und Aquileia. Einen anderen Grundriss sehen wir aber bei der größten aller römischen Circusanlagen, dem ­Circus Maximus in Rom ­(Abb. 13). Während die nördliche Lang­seite des U gerade verläuft, entwickelt sich die südliche leicht schräg, um dann etwa auf der Höhe der zweiten Wendemarke parallel zur nörd­ lichen Seite zu verlaufen. Das bedeutet, dass im Bereich der Startboxen der Circus etwas schmaler war und erst später seine volle Breite entwickelte. Diese ­Grundrissdisposi­tion ist aber nicht auf den Circus Maxi­mus beschränkt. In Rom selbst ist dieser Grundriss eindeutig belegt im Circus der MaxentiusVilla an der Via Appia (vgl. Abb. 18) und im Circus Neronis, wenn man dem Grundriss von C. Saleri und F. Magi folgt. Betont werden muss aber, dass es sich hier nicht um ­einen

Abb. 11 Das Hippodrom von Bosra (SYR) wurde bei den Ausgrabungen der Princeton University in den 30er Jahren des 20. Jhs. teil­weise untersucht. Ein Zu­gang zur Arena (B) bestand durch ein überwölbtes Tor (A). Die Zuschauer erreichten ihre Sitze möglicherweise über Außentreppen (E). Die Sitzreihen der Cavea (C) hatten eine Tiefe ­von 18,50 m, die im nordöstlichen Bereich gemessen wurde. Die Sitze selbst werden mit einer Tiefe von 0,68 m und einer Höhe von 0,45  ­m angegeben. Die Zahl der Sitzreihen wird bei etwa 20 gelegen haben. Humphrey datiert die Anlage in die Regierungszeit des Philippus Arabs (244–249 n. Chr.), wobei der bauliche Befund eine untergeordnete Rolle spielt.

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Abb. 12 a Gerasa (JOR), Grundriss des Circus. Inzwischen ist der Bau weiter er­ forscht und der Bereich der Starttore ist wiederhergestellt.

Abb. 12 b Gerasa (JOR), Circus im Satellitenbild.

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besonderen stadtrömischen oder italischen Typus handelt. Vergleichbare Anlagen finden wir im spanischen Tarragona oder in Gortyn auf Kreta. Daneben existieren Anlagen, die man als nicht-kanonisch bezeichnen kann. Exemplarisch sei hier der Circus von Dougga (Abb. 14) angeführt, der noch nicht vollständig erforscht ist. Nach dem gegenwärtigen Bild waren beide Längsseiten der Anlage abgewinkelt und es gab auch keine halbkreisförmige Schmalseite. Diese abweichende Form lässt sich mit der Lage des Circus erklären, der in eine Senke eingebaut wurde und man sich umfassendere Felsabarbeitungen ersparen wollte.

Ausrichtung Aus unseren schriftlichen Quellen wissen wir, dass in der römischen Architektur die Ausrichtung von Gebäuden nach Himmelsrichtun­gen eine sehr wichtige Rolle gespielt hat. Um dies nachzuvollziehen, reicht ein Blick in die Bücher

Abb. 13 a Rom, Circus Maximus. Rekonstruierter Grundriss des Zustandes im frühen 3. Jh. n. Chr. 1 Bogen des Titus; 2 Türme des oppidums; 3 Startboxen; 4 Arena; 5 Liniensystem für die Startphase; 6 Startlinie; 7 metae; 8 Barriere (euripus); 9 Rundenzähler; 10 porta libitinaria; 11 pulvinar; 12 Schiedsrichtertribüne; 13 Ziellinie; 14 Cavea; 15 ConsusHeiligtum; 16 MurciaHeiligtum. Abb. 13 b Rom, Circus Maximus. Die Aufnahme zeigt den Circus Maximus im Modell von Gismondi mit der Längsachse, die durch die Barriere gekennzeichnet ist. Unten rechts ist die porta triumphalis des Titus zu erkennen. Oben links sind die Startboxen (carceres) sichtbar. Rech­ terhand des Circus liegen die Kaiserpaläste auf dem Palatin.

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Abb. 14 a, b Der Circus von Dougga (TN), inschriftlich sicher in das Jahr 224 n. Chr. datiert, gehört zu den kleineren Anlagen, die teilweise ausgebaut waren. Auffällig ist bei dieser Anlage der ungewöhnliche Grundriss, bedingt durch die Topographie. Durch ­Geländeabbrüche im Westen (nicht mehr im Plan) und Osten (H) sind die Befunde nicht ganz eindeutig. Die Lage der c­ arceres im Westen (A) ist wahrscheinlich. Unklar ist, inwieweit die Anlage über Sitze (K) verfügte (Humphrey bezweifelt deren Existenz). An der Nordseite einige Quermauern (J), vielleicht Teil einer Tribünenarchitektur. In der Arena (B): Reste der beiden metae (C) mit Inschriften, Begrenzungsmauern der Barriere (euripus) (D). Innerhalb der spina zudem Reste von nicht gedeuteten Strukturen (E). Als Zugang zur Arena ist eine Tür (I) dokumentiert.

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des Vitruv. Daher sollten wir erwarten, auch bei Circusbauten eine gewisse ­Regelhaftigkeit erkennen zu können. Wie sieht aber die Realität aus? Wir werden wohl davon ausgehen können, dass es keine bevorzugte Ausrichtung gab. Schaut man etwa auf nordafrikanische Anlagen, so sind die Circi in El Djem, Karthago oder Leptis Magna mehr oder weniger mit einer OstWest-Ausrichtung versehen, während hingegen jene in Sousse oder Sétif eine Nord-Süd-Orientierung aufweisen. Man wird vielleicht annehmen, dies sei eine typisch nordafrikanische Erscheinung. Es lässt sich recht schnell feststellen, dass es auch in den anderen Provinzen des Römischen Reiches keine einheitliche Orientierung bei Circusanlagen gab, wenn man die vorhandenen Pläne miteinander vergleicht. Exemplarisch lassen sich für eine Nord-Süd-Ausrichtung auf der Iberischen Halbinsel Anlagen wie Toledo oder Santiago do Cacém anführen. In Mérida hingegen finden wir eine Ost-West-Ausrichtung. In Frankreich zeigt die Anlage in Arles eine Ost-West-Ausrichtung, während in Vienne eine Nord-SüdAusrichtung zu beobachten ist. In der östlichen Reichshälfte lassen sich bei den Anlagen in Antiocheia oder Gerasa Nord-Süd-Orientierungen feststellen. Das Hippodrom in Gadara hingegen zeigt eine Ost-West-Ausrichtung. Weitere Beispiele ließen sich anführen, würden aber kaum zu einem anderen Ergebnis führen. Noch diffuser wird das Bild, wenn man darauf achtet, an welcher Seite die Startboxen (carceres) angebracht waren. Auch hier lässt sich keine eindeutige Gewichtung erkennen.

Dimensionen der Circusanlagen Man mag annehmen, es sei relativ einfach, über die Dimensionen der römischen Circusbauten Aussagen zu treffen. Das vorliegende Zahlen- und Planmaterial ist aber recht fragmentarisch und nicht immer genau. So ist es unmöglich und auch nicht unbedingt gewollt, einen vollständigen Überblick zu geben. Vielmehr ist es an dieser Stelle sinnvoll, sich auf einige Anlagen zu beschränken. Vorrangig wurden die Maße aufgegriffen, die die äußeren Dimensionen zeigen. Bei einigen Bauten musste aber auf die Maße der Arena zurückgegriffen werden, aus denen man dann zumindest die Information ablesen kann, dass der Gesamtbau größer war als die Arena8. Gelegentlich musste auch eine Längenangabe reichen, um die Größe des Baus zu verdeutlichen. Aber aus Angaben von Länge und Breite lässt sich keine Aussage darüber treffen, wie viele Zuschauer in den jeweiligen Bauten Platz fanden. Diese Fragestellung wird weiter unten zu behandeln sein. Die größte Anlage von der Gesamtlänge her ist der Circus Maximus in Rom. Er liegt bei 620 m. Seine Gesamtbreite beträgt 140 m. Damit wird er seiner Sonderstellung gerecht. Anlagen, die zwischen 600–500 m groß sind, kommen häufiger vor. Sie sind nicht auf Italien beschränkt. Anzuführen sind

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hier exemplarisch die Circusbauten in Karthago (Arena: 500 x 78 m), El Djem (516 m), Antiocheia am Orontes (Arena: 492 x 70–75 m), Arles (500 m), oder Sirmium (527 x 92 m). Von den Dimensionen her gehört auch der Circus der Maxentius-Villa an der Via Appia (520 x 92 m) in diese Gruppe. Anlagen, die deutlich über 500 m Längserstreckung liegen und sich beinahe den Dimensionen des Circus Maximus annähern, sind in Italien belegt. Dabei handelt es sich um den Circus Varianus mit gesicherten 565 m und den Circus des Caligula bzw. des Nero mit 560 m, beide in Rom. Für den letztgenannten Circus muss man allerdings die Größenangabe mit einem Fragezeichen versehen. Ein Großteil der Circusanlagen liegt von der Größe her zwischen 400–500 m. Dazu zählen Anlagen in Tyros (ca. 480 x 114 m), Mailand (ca. 460 x 70 m), Sétif (450–500 x 77 m), Cherchel (470–480 m), Leptis Magna (über 450 m), Vienne (455 x 118 m), Alexandria (ca. 450 m), Bosra (über 440 x 120–134 m), Trier (über 440 m), Antinoopolis (ca. 440 x 77 m), Mérida (429 x 120 m), Toledo (423 m), Sousse (400 m), Thessaloniki (400 m) und Konstantinopel (400 m). Kleinere Anlagen sind mehrfach noch aus dem Größenbereich 300–400 m belegt. Angeführt werden können die Bauten aus Gortyn (über 374 m), Kyrene (356 x 74 m), Sagunt (354 x 73 m), Tarragona (340 x 100–116 m), Bovillae (über 328 x 60 m) oder Dougga (300 m). Es stellt sich schließlich die Frage, ob es noch kleinere Circusbauten gibt? Diese Frage ist eindeutig mit einem Ja zu beantworten. Das beste Beispiel dafür ist das Hippodrom von Gerasa, dessen Länge etwas über 244 m liegt und das über 51 m breit ist. Bislang gilt diese Anlage als der kleinste Circus. Im Nahen Osten lassen sich durchaus weitere Anlagen in dieser Größenordnung beobachten. Dabei handelt es sich um eine in Caesarea Maritima, deren Ursprünge bereits in der Zeit Herodes des Großen liegen, und um ein Hippodrom in Neapolis, dem heutigen Nablus. In die gleiche Richtung verweist auch eine Anlage in Utica, deren Länge zwischen 250–270 m angegeben wird. Es mögen viele weitere Circusbauten in diesem Bereich existiert haben, die aber vielleicht aufgrund der Befundsituation als Stadion angesprochen werden, oder aber nie architektonisch gefasst wurden.

Zuschauerkapazitäten Unmittelbar an die Frage nach den Dimensionen der Circusanlagen schließt sich an, wie viele Menschen in diesen Platz hatten. Bei der Beantwortung dieser Frage gerät man sicherlich häufig ins Spekulieren, denn längst nicht für alle Anlagen existieren Zahlenangaben. Bei der Kalkulation geht man davon aus, dass pro Person ein Sitz mit etwa 0,40 m Breite angesetzt werden muss. Der größte aller Circi ist der Circus Maximus. Hier schwanken die Angaben von 150 000 bis 350 000 Personen. Wahrscheinlich wird die korrekte Zahl bei etwa 250 000 liegen. Eine außerordentlich hohe Kapazität besaß auch

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der circus in antiocheia am Orontes. hier werden 80 000 Plätze angesetzt. schon deutlich kleiner war die anlage im rennbegeisterten Karthago mit geschätzten 40 000–45 000 Plätzen. mehrere circusbauten fassten zwischen 20 000–30 000 Besucher. Dazu zählen sirmium (25 000–30 000) oder leptis magna (20 000–23 000). Zu den kleineren circusbauten gehören etwa die anlagen in Bovillae (8 000), gerasa (15 000) und der circus in der maxentiusVilla (10 000). Bei der zuletzt genannten anlage ist aber zu bedenken, dass es sich hier um einen Bau der kaiserlichen repräsentation handelt, der nicht von der breiten masse der römischen Bevölkerung besucht wurde.

Das äußere erscheinungsbild des circus Blicken wir zunächst auf das äußere erscheinungsbild römischer circusanlagen, welches den rahmen für den gesamtbau darstellt. sicher ist, dass viele dieser Bauten eher bescheiden waren und sich architektonisch nicht großartig hervorhoben. man wird z.t. an holzarchitekturen denken müssen, von denen sich naturgemäß nichts erhalten hat. Über ihr äußeres erscheinungsbild lässt sich somit auch nichts aussagen. auf der anderen seite stehen die monumentalen Bauten, die in stein ausgeführt waren, und deren äußeres erscheinungsbild – die Fassade – einen großartigen eindruck hinterließ. Dabei handelte es sich um Bauten, die freistehend errichtet waren. um ein Bild von der äußeren erscheinung des circus zu gewinnen, sind wir neben den schriftquellen vor allem auch auf Darstellungen angewiesen, die neben die wenigen Bauten treten, bei denen der archäologische Befund so viel material erbracht hat, um eine zeichnerische oder in teilen reale rekonstruktion zu ermöglichen.Werfen wir zunächst wieder einen Blick auf den circus maximus in seiner monumentalisierten Form zu Beginn des 2. jhs. n. chr. Welchen eindruck der Bau auf die menschen damals gemacht hat, verdeutlicht vielleicht eine stelle im „Panegyricus“ des jüngeren Plinius auf trajan (Plin. paneg. 51, 2–5). Darin führt er aus, die Fassade des circus maximus könne mit der schönheit der tempel konkurrieren. allerdings sollte man bei dieser aussage nicht die literarische gattung und deren intentionen außer acht lassen. Die heute sichtbaren reste vermögen es jedenfalls nicht, ein Bild vom Bau zu geben. allerdings verfügen wir über Darstellungen wie etwa auf einer münze aus der Zeit trajans, der sich aber noch andere münzen anschließen lassen, die den circus maximus von norden zeigt (abb. 15). Deutlich erkennbar ist die mehrgeschossigkeit der anlage, wobei man allerdings der geringen größe des mediums rechnung tragen muss. Deutlich erkennbar sind die großen arkaden im erdgeschossbereich. Darüber zeigen

abb. 15 Der circus maximus in rom, abgebildet auf einem sesterz des trajan, der zwischen 104 –111 n. chr. geprägt wurde. neben der außenansicht vom Palatin aus erlaubt die Darstellung auch einen Blick in das innere: erkennbar sind die metae, der augusteische Obelisk und die Delphine, die seit agrippa als rundenzähler Verwendung fanden (Privatsammlung, Berlin).

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Abb. 16 Tyros (RL), wiederhergestelltes Segment der Cavea des Hippodroms. Gut erkennbar ist in der Aufnahme die Umfassungsmauer der Arena, die Sitzreihen und eine bekrönende Porticus.

die Münzen eine geschlossene Fläche, die aber mit Öffnungen versehen war und hinter der sich zwei weitere Stockwerke verbargen. In ihrer Höhenentwicklung lassen sich diese Bauten nicht immer eindeutig bestimmen. In gewissem Maße trifft dies auch auf den Circus Maximus zu, wenngleich hier etwa eine Höhe von gut 20 m angenommen werden kann. Die meisten Anlagen waren aber mit Sicherheit deutlich niedriger als Amphitheater oder Theater. Einen recht guten Eindruck vermittelt das ­Hippodrom von Tyros. Hier ist ein Segment der Cavea rekostruiert worden (Abb. 16).

Bögen In einem unmittelbaren Kontext zur Fassade stehen monumentale Bögen, die als wesentliche Bestandteile des römischen Circus genannt werden müssen. Man kann hier von zwei Bögen ausgehen; der eine befand sich an der gekurvten Seite des Circus, der andere an der gegenüberliegenden Seite. Ihren Ursprung haben diese wiederum im Circus Maximus, wie Humphrey herausstellte. Der früheste Bogen (fornix), der im Circus Maximus errichtet wurde, stammt aus dem Jahre 196 v. Chr. Er gehörte zu einem Bauprogramm des L. Stertius, das insgesamt drei Bögen umfasste. Finanziert wurde es aus der Beute eines Spanienfeldzuges. Jedoch ist dieser Bogen im Circus nicht lokalisiert. Humphrey schließt daher auch eine Position am gegenüber­ liegenden Ende nicht aus. In Darstellungen erscheint ein Bogen im Circus Maximus erstmals auf der bereits erwähnten Münze Trajans. Danach handelte es sich um einen Bogen mit einem Durchgang, der auf seiner Attika

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eine Quadriga einschließlich des Fahrers trug. Im frühen Mittelalter konnte man auf dem Bogen noch eine Inschrift lesen, die ihn in die Jahre ­80/81 n. Chr. datierte und sich mit dem Triumph über die Juden verbinden ließ. Offen bleibt ­allerdings, ob es sich nicht um eine trajanische Erneuerung handelte, die aber die alte Inschrift erneut wiedergab. In späteren Darstellungen ist der Bogen mit drei Durchgängen versehen. In dieser Art zeigt ihn etwa das entsprechende Fragment der forma urbis zu Beginn des 3. Jhs. n. Chr. Haben wir bislang über den Bogen im Circus Maximus gesprochen, so wollen wir nun einen Blick auf die Provinzen werfen. Dabei werden wir feststellen, dass diese Bögen nicht auf Rom oder Italien beschränkt sind. Ohne hier eine vollständige Liste vorzulegen, sei auf Belege in Nordafrika mit den Anlagen in Leptis Magna oder Sétif verwiesen, oder für den Nahen Osten in Antiocheia, Tyros oder Gerasa (Abb. 17). In Spanien konnten entsprechende Bögen in Mérida und Toledo nachgewiesen werden. Auch der Circus in Arles verfügte über ein solches Bauelement. Der zweite Bogen, der ­bereits kurz erwähnt wurde, bildete jeweils den Haupteingang zum Circus. Er war mittig zwischen den Startboxen angeordnet. Seine aufwendige Gestaltung lässt sich durch die Funktion erklären. Für die pompa circensis bildete er den Rahmen für den Einzug in den Circus, während andererseits die pompa triumphalis diesen durch ihn wieder verließ. In den Provinzstädten wird man natürlich den Triumphzug als Motiv für diesen Bogen ausschließen können.

Abb. 17 Gerasa (JOR), Blick auf die gerundete Seite des Hippodroms. In der Mitte ist die porta triumphalis erkennbar.

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Die Startseite des Circus

Abb. 18 Rom, Villa des Maxentius an der Via Appia. Blick auf das oppidum.

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Die Schmalseite des römischen Circus bildet ein komplexes System, das sich auch in einer sehr differenzierten Terminologie spiegelt. Der gesamte Komplex wird als oppidum bezeichnet. Der Begriff gibt eigentlich den Rechtsstatus einer Stadt wieder, kommt hier aber zur Anwendung, weil das äußere Erscheinungsbild an das einer Stadtmauer erinnert. Gut erkennbar sind diese Strukturen etwa auf einer Münze des Trajan, die den Circus Maximus darstellt (vgl. Abb. 15). Deutlich wird der Charakter des oppidum aber auch im Circus des Maxentius außerhalb Roms (Abb. 18). Prägnant sind dabei die Türme, welche die Eckpunkte des oppidum bilden. Zwischen ihnen verläuft in leicht gebogener Form der Teil des oppidum, der den repräsentativen Eingang in die Arena und die Startboxen aufweist. Anschaulich wird dies in Gerasa. Hier wurde die Front des oppidum mit den Toren anhand des vorhandenen Steinmaterials wiederhergestellt (Abb. 19). Innerhalb der Gestaltung der oppida geht die Forschung von unterschiedlichen Möglichkeiten aus. So ist es denkbar, dass das oppidum mit seinen Starttoren sich über die gesamte Schmalseite erstreckte. Daneben ist

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wahrscheinlich auch eine andere Option möglich, die das oppidum mit den Starttoren auf einen Teil der Schmalseite reduziert und diese zudem aus der Flucht des Circus schiebt. Im unteren Bereich nahm das oppidum die Startboxen (carceres) auf, die für den geordneten Start beim römischen Wagenrennen sehr wichtig ­waren. Eine der wenigen Regeln, die es für Rennen gab, betraf den Start. Durch bauliche Maßnahmen versuchte man im römischen Circus, diesen Vorgang zu optimieren. Es wurden Startboxen angelegt, die zumeist in einer leicht gekurvten Linie lagen. Wenn wir im Regelfall zwölf Boxen bei Circusanlagen finden, so liegt dies am Vorbild: Der Circus Maximus lag im relativ engen Taleinschnitt der Murcia und bot nicht mehr Platz. Allerdings muss auch betont werden, dass die Boxen hier größer dimensioniert waren als in anderen Circusbauten. Die Startboxen des Circus Maximus wurden schon sehr früh angelegt. Sicher belegt sind sie für das Jahr 329 v. Chr. (Liv. 8, 20, 2). Weil sie aus Holz bestanden, mussten sie im Laufe der Jahrhunderte mehrfach erneuert werden, so etwa im Jahre 174 v. Chr. (Liv. 41, 27, 6). Die carceres sind im Circus Maximus nicht erhalten geblieben. Eine Rekonstruktion ist aber aufgrund des Befundes im Circus von Leptis Magna, der sehr gut erhalten ist, möglich (Abb. 20). Daneben finden wir zahlreiche Informationen zu diesem Element des römischen Circus auf Reliefs und Mosaiken (Abb. 21). Die Boxen waren durch doppelflügelige Tore (rapagula) zur Arena hin geschlossen. Für die Startphase war es nun wichtig, dass alle Tore sich gleichzeitig öffneten. Die Quellen überliefern einen Öffnungsmechanismus, bei dem die Riegel an der Außenseite der Tore über Seilzüge von einem Podium oberhalb der carceres freigegeben wurden. Die Tore waren mit einem Fe-

Abb. 19 Gerasa (JOR), Hippodrom. Blick von Norden auf das oppidum und die carceres.

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Abb. 20 Leptis Magna (LAR), Circus. Blick von Süd­ osten auf die carceres.

dersystem versehen, das auf dem Prinzip der Torsion beruhte: Sehnenbündel wurden durch Drehung so stark angespannt, dass bei der Freigabe die Kraft explosionsartig freigesetzt wurde. Das Prinzip war in Rom seit dem 4. oder spätestens 3. Jh. v. Chr. aus der hellenistischen Welt bekannt und hatte auch Eingang in die römische Geschütztechnik gefunden. Bedient wurden der Öffnungsmechanismus durch besondere Kräfte, die tentores. Dieser Mechanismus barg aber ein Problem. Die Torflügel schlugen unkontrolliert auf und kollidierten mit denen der Nachbarboxen. Zur Problemlösung errich-

Abb. 21 Mosaik aus Gafsa (TN). Das 4,70 x 3,40 m große Mosaik aus dem 4. Jh. n. Chr. zeigt das Renngeschehen und die Zuschauerränge im Circus. Erkennbar sind aber auch die Starttore und die Barriere (Tunis, Musée du Bardo).

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tete man zwischen den Toren Pfeiler, die meist als Hermen gestaltet waren. Um die Hermenpfeiler vor Schäden durch die aufspringenden Tore zu bewahren, setzte man diese in Leptis Magna auf größer dimensionierte Basen, die somit als eigentliche Stopper für die Torflügel dienten (Abb. 22).

Abb. 22 Leptis Magna (LAR), Circus. Fragment eines Hermenpfeilers.

Die Arena Sicherlich der wichtigste Bestandteil des Circus ist die Arena, die von der Podiumsmauer eingefasst war9. Zugleich sind wir aber über diese nur mangelhaft informiert, weil – wie eingangs schon betont wurde – die wenigsten Circus­anlagen ausgegraben sind. Beim Circus Maximus in Rom etwa liegen die für diese Fragestellung wichtigen Schichten unter meterhohen Ablagerungen (Abb. 23. 24). Der deutsche Begriff „Arena“ leitet sich vom lateinischen harena her und bedeutet schlicht „Sand“. Im erweiterten Sinn bedeutet das Wort aber auch „Ort eines Wettkampfes“, das in der Antike sowohl für den Circus als auch für das Amphitheater verwendet wurde. In der Frühzeit dürfte die Arena kaum mehr gewesen sein als eine ebene Fläche mit natürlichem Untergrund, wie wir es etwa auch im Circus Maximus zu erwarten hätten. Man kann sich unschwer vorstellen, dass eine natürliche Rennbahn kaum den Anforderungen entsprach, die sich im Laufe der Zeit entwickelten. Es musste gewährleistet sein, dass mit der Zunahme des Renngeschehens der Untergrund einmal langfristig befahrbar blieb und zum anderen die Sicht der Zuschauer nicht durch eine zu große Staubentwicklung beeinträchtigt wurde. So sehr man Filmen wie „Ben Hur“ kritisch gegenüberstehen mag, so war es doch dieser Film, für den unbewusst experimentelle Archäologie betrieben wurde. Folgt man der Darstellung von Humphrey, so hatten die Produzenten für das große Wagenrennen in Rom den Aufbau der Rennbahn

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Abb. 23 Rom. Circus Maximus. Blick aus südwestlicher Richtung auf die angedeutete Barriere und den Palatin. Die eigentliche Fahrbahn ist verschüttet.

zunächst mit einer etwa 0,25 m starken Schotterschicht begonnen, die verfestigt wurde. Es folgte eine weitere, gleich starke Schicht aus gröberem Steinmaterial, die schließlich mit einer 0,20 m dicken Schicht aus feinem Steinmaterial abgedeckt wurde. Inzwischen haben weitere archäologische Untersuchungen gezeigt, dass es bei den Bahnen recht unterschiedliche Konstruktionen gab. So ist in Karthago ein Boden aus fester, gestampfter Erde nachgewiesen, während in Arles der Untergrund der Arena aus einer sehr dichten Lage aus Ton bestand, über der eine kiesartige Schicht aus sehr hartem Kalk aufgebracht war. Die obersten Schichten, die unmittelbar vom Rennbetrieb betroffen waren, mussten aber immer wieder neu aufgeschüttet werden. In Sirmium hingegen wurde eine 0,30 m dicke Schicht aus Kies und Sand beobachtet.

Abb. 24 Leptis Magna (LAR). Blick auf die Arena.

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Die Versuche zur Anlage der Rennbahn für „Ben Hur“ zeigten außerdem die Notwendigkeit einer Drainage. Dies war eigentlich keine Überraschung, denn wer die heftigen Regenfälle kennt, die rings um das Mittelmeer niedergehen können, weiß wie wichtig eine ausreichende Wasserführung auf Straßen und Plätzen ist. Schon im Circus Maximus ließen sich Drainagen nachweisen, die allerdings mit dem ursprünglichen euripus in Verbindung gestanden haben können. Sicher nachgewiesen sind aber derartige Einrichtungen im Circus von Antiocheia, der in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts teilweise untersucht wurde. Andere Beispiele der Wasserführung sind in Sirmium und Thessaloniki bekannt. Hier sind die Drainagesysteme entlang der Podiumsmauer geführt. Als Alternative bot es sich auch an, die Arenen insgesamt mit einer leicht gewölbten Oberfläche zu versehen und das Wasser in Richtung der Zentralachse abfließen zu lassen. In Arles etwa konnte beobachtet werden, dass der Arenaboden zu den Seiten hin, also zur Podiumsmauer, leicht anstieg. Sicherlich eine Besonderheit fand sich im Circus Maximus, die nur punk­ tuell fassbar ist. Unsere schriftlichen Quellen berichten nämlich, dass die oberste Schicht der Rennbahn gelegentlich eingefärbt wurde. Dies hat nichts mit der Funktion der Anlage zu tun, sondern lässt sich auf das exzent­ rische Verhalten Caligulas und Neros zurückführen. Beide waren fanatische Anhänger des Rennsports und hatten ihre favorisierten Parteien. So ließ ­Caligula den Sand der Arena mit verschiedenen Mineralien einfärben, um das Grün oder Rot seiner Lieblingsrenngesellschaft zu erzielen. Nero pflegte den Sand einfärben zu lassen, wenn er in den Farben seiner liebsten Renngesellschaft selbst auf den Wagen stieg.

Das Liniensystem Blicken wir heute auf Sportarten, so finden sich fast keine, die ohne eine Markierungen des Spielfeldes, eine Start- oder Ziellinie auskommen. Dies war auch beim römischen Circus nicht anders. Die Forschung hat herausgefunden, dass es drei wichtige Linien bzw. Liniensysteme gab. Teils können wir dies unseren schriftlichen Quellen entnehmen, teils müssen wir uns auf bildliche Darstellungen, bei denen es sich überwiegend um Mosaiken handelt, verlassen. Grundsätzlich werden wir wohl davon ausgehen können, dass von den Startboxen (carceres) aus insgesamt zwölf Fahrbahnen markiert waren, um einen geordneten Rennbeginn zu ermöglichen. Ein wichtiger Punkt für den weiteren Rennablauf war die linea alba, eine quer über die Fahrbahn gezogene Linie, die durch Cassiodor belegt ist (Cassiod. var. 3, 51, 7). Danach befand sie sich nicht weit von den carceres entfernt. Diese Beschreibung ist allerdings nicht sonderlich präzise. Jedoch helfen uns hier Mosaikdarstellun-

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Abb. 25 Das Mosaik stellt eine wichtige Informationsquelle für die Architektur des Circus dar. Am rechten Bildrand: der Bereich mit den carceres, in der Mitte: die Barriere mit den metae. Unterhalb zwei ­Linien: Die erste von rechts ist als Startlinie, die zweite als Ziellinie zu deuten (Lyon, Musée de la Civilisation Gallo-Romaine).

gen weiter. Sicher das bekannteste ist das 1806 in Lyon gefundene CircusMosaik, das sich heute im Musée de la Civilisation Gallo-Romaine befindet (Abb. 25). Hier ist die Startlinie kurz hinter der meta secunda dargestellt. Das Mosaik zeigt aber eine weitere Linie. Wie ist sie zu deuten? Überträgt man die dort dargestellten Verhältnisse auf reale Anlagen, wird ihre Funktion deutlich. Sie korrespondiert mit der Schiedsrichterloge, dem Tribunal. Besonders deutlich wird dies im Circus des Maxentius an der Via Appia, wo das Tribunal etwa in der Mitte der eigentlichen Rennbahn zu finden ist, entsprechend der Darstellung unseres Mosaiks.

Metae Innerhalb der Arena besaßen die metae ein wichtige Funktion. Um eine v­ ernünftige Renndistanz zu erzielen, musste man eine entsprechend lange Strecke anlegen, was aber von der Ausführung und der Zuschauerfreundlichkeit her unsinnig war. Folglich musste also die Renndistanz durch die Schaffung von Bahn und Gegenbahn erreicht werden. Die Fahrer benötigten in diesem Fall aber zwei Markierungen, die ihnen die Wendepunkt anzeigten. Diese Wendepunkte wurden als metae bezeichnet. Hinter dem Begriff meta verbirgt sich eine Vielzahl von Bedeutungen, die nichts mit der Wendemarke im Circus gemein haben, sieht man vielleicht von der Form ab. Die Begriffsinhalte reichen vom Heuschober, der konisch um eine Stange herum aufgebaut ist, über die Bezeichnung eines Grabmals, z. B. der

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meta romuli, bei der es sich nach ausweis des archäologischen Befundes um einen pyramidenförmigen Bau gehandelte hat, bis hin zur Brunnenanlage. Die früheste erwähnung der metae im circus maximus (abb. 26) stammt aus dem jahre 174 v. chr. jedoch ist davon auszugehen, dass bereits vor diesem Zeitpunkt Wendemarken vorhanden waren, weil diese einfach unerlässlich sind, um ein geordnetes rennen durchzuführen. humphrey geht bei der erwähnung von 174 v. chr. von einer restaurierung oder reparatur aus. Die früheste bildliche Darstellung der metae stammt aus dem 1. jh. n. chr. Dabei handelt es sich um silberne gefäße aus Pompeji, die bereits eine kanonische ausbildung der Wendemarken zeigen: drei konische elemente auf einem hohen unterbau. technische gründe für die Dreizahl gibt es nicht. Diese Zahl muss daher anders erklärt werden. humphrey versucht eine erklärung zu finden, die in den Vorbildern des römischen circus begründet ist. er glaubt, hier lebe eine etruskische tradition in monumentaler Form fort, die in einer Vorliebe der etrusker für die Zahl 3 ihre ursache habe. im griechischen hippodrom, dem anderen potentiellen Vorbild für den römischen circus, bestehen Wendemarken aus einzelnen säulen oder Bauelementen, die nicht dauerhaft waren. ein weiteres argument für etruskische Wurzeln sieht er im Vorkommen von metae im grabbrauch.

abb. 26 rom. circus maximus. Darstellung der metae und des genius loci auf einem sesterz des hadrian (117–138 n. chr.), der im jahre 121 n. chr. geprägt wurde. in der Darstellung umfasst der genius die drei metae, deren Basis ebenfalls zu erkennen ist (Privatsammlung, Berlin).

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 abb. 28 leptis magna (lar), circus. Konischer schaft einer meta.

 abb. 27 leptis magna (lar), circus. halbrunde Basis der prima meta, von süden gesehen.  abb. 29 leptis magna (lar), circus. aufsätze für die metae.

Dabei weist humphrey aber darauf hin, es gäbe in diesem Kontext keine kanonische Zahl. neben den bereits genannten Wurzeln für die metae führt humphrey weitere theorien an, die in diesem Zusammenhang nicht weiter verfolgt werden können. im circus maximus bestanden die metae an beiden enden der rennbahn seit augusteischer Zeit aus jeweils drei konischen elementen auf einer Basis. nach tertullian wurden die südöstlichen metae im circus maximus als metae primae bezeichnet, während die Wendemarken am entgegengesetzten ende als metae secundae benannt wurden (tert. de spect. 5). Dies mag im ersten moment unlogisch erscheinen, doch bei näherer Betrachtung wird diese Bezeichnung verständlich. Die Fahrer umrundeten schließlich als erste metae jene an der gekurvten seite und die an den carceres erst nach der ersten runde. gut belegt sind die metae aber nicht nur in bildlichen Darstellungen. auch im realen Befund sind sie dokumentiert. in leptis magna konnten die metae mit ihrem halbrunden Podium und auch im aufgehenden freigelegt werden (abb. 27–29).

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Die Barriere10 Zwischen den metae befand sich nun ein Streifen, der wohl zunächst nicht gestaltet gewesen sein dürfte. Im Renngeschehen muss er aber den Fahrern Möglichkeiten geboten haben, die Wendemarken nicht zu umfahren und so Vorteile im Rennen erzielen zu können. So wenig der Römer von Regeln beim Rennen hielt, dürfte diese Praxis kaum Beifall gefunden haben, weil der Unterhaltungswert der Veranstaltung darunter litt. Die logische Konsequenz war es, den Freiraum zwischen den metae zu blockieren. In der modernen Forschung hat sich für den Mittelstreifen in der Arena der Begriff spina ­verankert11. Die Untersuchungen von John Humphrey belegen aber, dass der Begriff nicht der antiken Terminologie entspricht. Erst im 6. Jh. n. Chr. wurde dieser von Cassiodor genutzt (Cassiod. var. 3, 51). Auch sonst findet er in einer spätantiken oder mittelalterlichen Erläuterung zu einer Stelle bei Juvenal Verwendung (Iuv. 6, 588)12.

Der euripus Nachdem Humphrey den Begriff spina als nicht-klassisch erkannt hatte, suchte er nach einem anderen Ausdruck für dieses Bauelement. Dabei stieß er auf die Bezeichnung euripus. Diese Bezeichnung sei in den Quellen über längere Zeiträume hinweg von verschiedenen Autoren benutzt worden (Tert. de spect. 8; Tert. adv. Hermog. 31; FGrHist II A 489 f. Nr. 34 [Charax von Pergamon]; Serv. Aen. 9, 702; ­Sidon. carm. 23, 359 f.; Anth. Lat. 197, 13; Lyd. mens. 1, 12; Cassiod. var. 3, 51, 8). Darüber hinaus ist der Begriff im Hippodrom von Thessaloniki inschriftlich belegt und auch für die Anlage in Konstantinopel ist explizit ein euripus dokumentiert13. Was versteht man aber unter dem Begriff euripus? Er leitet sich aus dem Griechischen ab und lässt sich in seiner Hauptbedeutung als „Meerenge“ übersetzen. Er fand aber in übertragenem Sinne eine andere Bedeutung:„Kanal“. Auf dieser

Abb. 30 Pompeji,„Casa di Loreio Tiburtino“. Blick auf den Garten-euripus.

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Abb. 31 Leptis Magna (LAR). Blick auf den euripus von Osten.

Grundlage finden wir euripi in sehr unterschiedlichen Kontexten, so etwa bei Brunnenanlagen in Gärten. Als Beispiel sei die „Casa di Loreio Tiburtino“ in Pompeji angeführt, deren Gartenbereich von einem langen schmalen Kanal durchzogen wird (Abb. 30). Neben den archäologischen Befunden sind es vor allem bildliche Darstellungen – so auf Mosaiken –, die uns Auskunft über die euripi geben. Exemplarisch sei hier das schon erwähnte Circusmosaik aus Lyon (vgl. Abb. 25) angeführt, das eindrucksvoll dieses Element darstellt. Auch auf einem Mosaik aus Gafsa (vgl. Abb. 21) lässt sich ein euripus erkennen. Schauen wir auf den realen Befund. Im Gegensatz zu den bildlichen Darstellungen wird hier deutlich, dass der euripus oder die Barriere häufig nicht genau in der Achse der Rennbahn liegt. Durch eine etwas abweichende Richtungsgebung hoffte man, den Renn­ablauf in seiner Startphase zu erleichtern. Kommen wir nun zum euripus selbst. Er kann sehr unterschiedlich gestaltet gewesen sein. Er mag aus einem durchgehenden Becken bestanden haben oder – was aus technischen Gründen wahrscheinlicher ist – aus mehreren Einzelbecken, die aneinandergereiht waren. Gut dokumentiert ist diese Form wiederum im Circus von Leptis Magna (Abb. 31). Dort sind fünf Becken nachgewiesen. Aber die Existenz von euripi lässt sich auch in anderen Circusbauten mühelos nachweisen. Hinsichtlich der Bauausführung kann festgehalten werden, dass die Becken in unterschiedlichen Techniken ausgeführt werden konnten. Die Wände ­bestanden aus Ziegeln, Quadern oder Steinplatten. Gemeinsam war aber allen Varianten der wasserdichte Innenverputz, den wir auch sonst aus ­Wasserbecken kennen. Ein Problem besteht aber darin, dass dieses Element des römischen Circus nicht allein aus einem Kanal bestand. Sein Charakter wurde durch diverse Dekorationselemente mitbestimmt, und es ist auch nicht auszuschließen, dass es Circusanlagen gab, die keinen euripus besaßen. Außerdem kommen euripi im Circus auch in einem anderen Zusammenhang vor14.

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Dekoration der Barriere Aus den schriftlichen Quellen und bildlichen Darstellungen wissen wir, dass die Barrieren in römischen Circusanlagen über eine reiche Dekoration verfügten. Wie schon so oft, bildet der Circus Maximus einen Höhepunkt in diesem Bereich, so dass ihm wiederum eine etwas größere Aufmerksamkeit gewidmet sein muss. Die Bildquellen zeigen immer wieder die gleichen Dekorationselemente im Circus Maximus. Es handelt sich dabei um Altäre, aediculae und Statuen, unter denen die Kybelegruppe hervorzuheben ist. Um die Dekoration am euripus bzw. der Barriere besser zeigen zu können, müssen wir uns dem ­Circus der Maxentius-Villa zuwenden. Zu Beginn des 19. und auch während des 20. Jhs. wurden in der Villa umfassende Untersuchungen durchgeführt. In Verbindung mit diesem Bauelement konnten diverse Reliefs und Statuen nachgewiesen werden. In Konstantinopel wurde die Barriere ebenfalls mit weiteren Denkmälern versehen. Schon Konstantin ließ hierher geschichtsträchtige Monumente verbringen. Dazu gehört etwa die Schlangensäule aus Delphi, die 478 v. Chr. als Weihegeschenk nach dem griechischen Sieg in Plataiai er­richtet wurde (Abb. 32). Die Säule ist – neben den Obelisken – das einzige Denkmal des Hippodroms von Konstantinopel, das sich noch heute an seinem ursprünglichen Platz befindet. Daneben fanden aber auch Kunstwerke hier ihre Aufstellung. Die hier skizzierte Situation lässt die Vermutung aufkommen, dass die Barriere mit ihren vielfältigen Dekorationselementen zwar das Auge des Betrachters zu erfreuen vermochte, dem rennbegeisterten Fan aber ein Dorn im Auge gewesen war. Man muss sich klar darüber werden, dass die Barriere ein massives Sichthindernis darstellte und über weite Strecken tote Winkel schuf. P. Rose hat in einer Studie ermittelt, welche Distanzen vom Zuschauer überhaupt

Abb. 32 Istanbul, Hippodrom. Von den Denkmälern im Hippodrom hat sich in situ nur die Schlangensäule erhalten, im Jahre 478 v. Chr. als Weihung aus Anlass des Sieges von Plataiai über die Perser errichtet. Sie wurde unter Konstantin in die neue Hauptstadt gebracht. Auf den drei Schlangenköpfen stand ursprünglich ein Kessel. Einer der Köpfe befindet sich heute im Archäologischen Museum in Istanbul.

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Abb. 33 Rom, Circus Maximus. Die Sichtverhältnisse für die Zuschauer sind im römischen Circus keineswegs optimal. Der Plan dokumentiert: Der Zuschauer hat nur in einem Teilbereich (grün) optimale Sichtverhältnisse. Die maximale Sicht (blau) reicht zwar recht weit, doch kommt es sowohl bei der optimalen als auch bei der maximalen Sicht zu erheblichen Einschränkungen durch die Barriere, die tote Winkel (rot) ausbildet.

überblickt werden konnten und welche toten Winkel entstanden. Dabei zeigte sich besonders die Barriere als Hindernis (Abb. 33). Sicher die prägnantesten Elemente bei der Dekoration der Barriere sind die Obelisken, die wir im Folgenden betrachten wollen. Ausgangspunkt dafür ist wiederum der Circus Maximus, der unter Augustus den ersten monumen­talen Obelisken erhielt, dem unter Constantius II. (337–361 n. Chr.) im Jahre 357 n. Chr. anlässlich seines Aufenthaltes in Rom noch ein weiterer hinzugefügt wurde. Den Obelisken kommt – unabhängig von ihrer ­ursprünglichen Symbolik – eine bedeutende Rolle zu, weil ihre Errichtung mit immensem Aufwand verbunden war, der allein durch kaiserlichen Willen ­ermöglicht wurde. Der Obelisk, den Augustus im Jahre 10 v. Chr. im Circus Maximus in der Mitte der Barriere aufstellen ließ, stammte aus Heliopolis. Er war jedoch die zweite Wahl: Augustus hatte ­ursprünglich einen Obelisken aus Theben vorgesehen, der aber offenbar für den Transport zu groß war. Der Obelisk war nicht als reines Schmuckelement des Circus vorgesehen. Unsere Quellen berichten, dass es sich hier um eine Weihung an Sol handelte, dessen Tempel wir ebenfalls im Kontext des Circus Maximus finden (CIL VI 701; Tert. de spect. 8). Der zweite große Obelisk wurde dort, wie oben bereits erwähnt, erst unter Constantius II. errichtet. Dabei handelte es sich um jenen ­Obelisken aus Theben, den schon Augustus aufstellen wollte. Als man den Abtransport aus Ägypten plante, war ursprünglich nicht Rom das Ziel, sondern Konstantinopel. Constantius ließ ihn angesichts der grandiosen Kulisse des Circus Maximus nach Rom umleiten. Wie schon der augusteische Obelisk war auch dieser Sol geweiht. Der Obelisk des Augustus im Circus Maximus sollte grundsätzlich die Dekoration von monumentalen Circusanlagen in Rom beeinflussen. Als ­Caligula seinen Circus, der von Nero vollendet wurde, im Gebiet des Vatikan errichten ließ, war es für ihn wichtig, dort ebenfalls ein derartiges Denkmal aufzustellen. In seinem Wunsch, noch den Obelisken des Augustus an Größe zu übertreffen, ließ er aus Ägypten ein 25 m hohes Exemplar herbeischaffen. Welche logistischen Probleme damit verbunden waren, zeigt der Umstand, dass für den Transport ein riesiges Schiff gebaut werden musste. Als Claudius den Hafen von Ostia ausbauen ließ, wurde das Schiff für die Fundamentierung der Mole versenkt. Reste dieses Schiffes konnten vor geraumer Zeit ausgegraben werden15. Die Inschriften der Basis belegen, dass Caligula den

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Obelisken seinen Vorgängern Augustus und Tiberius weihte. Während der Obelisk des Augustus schon damals ein antikes Stück war, wurde dieser von C. Cornelius Gallus, der als Praefect in Ägypten in augusteischer Zeit nachgewiesen ist, für ein von ihm errichtetes Forum Iulium vermutlich in Alexandria in Auftrag gegeben16. Weitere Obelisken wurden in stadtrömischen Circusanlagen aufgestellt. Zu erwähnen sind hier noch jene im Circus Varianus aus Regierungszeit Elagabals und im Circus der Maxentius-Villa. Zu nennen ist sicherlich noch der Fund eines Obelisken und einer zugehörigen Basis in den Horti ­Sallustiani. Die Basis wird heute im Garten der Kirche S. Maria in Aracoeli aufbewahrt, während der Obelisk vor der Kirche S. Trinità dei Monti steht. Dieser bildet den augusteischen Obelisken aus dem Circus Maximus nach. Vielleicht steht er ebenfalls mit einem Circus in Zusammenhang. Wahrscheinlicher ist aber eine Verbindung mit einem Hippodrom-Garten, der sich in seiner Gestalt am Grundriss des Circus orientierte17. Haben wir bislang unser Augenmerk auf stadtrömische Verhältnisse ­gerichtet, so stellt sich nun zwangsläufig die Frage, in welchem Umfang Obelisken im Hippodrom von Konstantinopel aufgestellt waren; gilt es doch zu bedenken, dass die Stadt von ihrer Planung in konstantinischer Zeit an als zweites bzw. neues Rom verstanden wurde. In Konstantinopel waren ebenfalls zwei Obelisken vorhanden, die heute als Gemauerter Obelisk und als Obelisk des Theodosius bezeichnet werden. Sie sind nicht zeitgleich entstanden. Einen Beleg dafür liefern die Sockelreliefs des Theodosius-Obelisken, auf denen bereits zwei Obelisken dargestellt sind (Abb. 34). Der ältere Obelisk – vielleicht auch ein Vorgänger – ist jedenfalls der aus Kalksteinquadern errichte Gemauerte Obelisk (Abb. 35). Vermutlich war er mit vergoldeten Bronzeplatten versehen, deren letzte Fassung bei der Plünderung Konstantinopels im Jahre 1204 durch die Teilnehmer des vierten Kreuzzugs entfernt wurde. Der zweite ­Obelisk wurde wohl in der Regierungszeit Theodosius’ I. (379–395 n. Chr.) errichtet. Bei ihm handelt es sich um ein Denkmal Thutmosis’ III., das aus dem Amun-Tempel von Karnak stammt (Abb. 36). Der Sockel, der an allen vier Seiten Reliefs trägt, ruht auf vier

Abb. 34 Istanbul, Hippodrom. Ausschnitt aus einem der Sockelreliefs des Theodosius-Obelisken. Das untere Register zeigt das Rennen, gut erkennbar auch Details der spina. Neben einer Aedicula sind zwei ­Obelisken dargestellt: der Theodosius-Obelisk und der gemauerte Obelisk (oder ein Vorgänger).

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Abb. 35 Der gemauerte Obelisk ist ein weiteres sichtbares Zeugnis der Dekoration des Hippodroms von ­Istanbul. Er könnte bereits im 4. Jh. n. Chr. vorhanden gewesen sein, da zwei Denkmäler dieser Art auf den Sockelreliefs des TheodosiusObelisken abgebildet sind. Der aktuelle Zustand geht auf eine Wiederherstellungsmaßnahme unter Konstantin VII. Porphyrogennetos (913–959) zurück. Die Dübellöcher, die heute zu sehen sind, stammen von einer Verkleidung mit vergoldeten Bronzeplatten, die vermutlich bei der Plünderung der Stadt durch die Kreuzfahrer im Jahre 1204 geraubt wurden.

Abb. 36 Istanbul, Hippodrom. Obelisk des Theodosius. Bei dem Obelisken handelt es sich um ein Denkmal aus der Zeit Thutmosis III. aus Karnak. In Konstantinopel aufgestellt wurde der Obelisk wohl um das Jahr 390 n. Chr.

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bronzenen ­Blöcken (Abb. 37). Die Reliefs selbst sind in den Bereich der kaiserlichen Repräsentation einzuordnen. Eine Frage im Kontext der Aufstellung von Obelisken im Circus bzw. Hippodrom stellt sich noch: Wie weit verbreitet waren diese Denkmäler in den Circusanlagen der Provinzen? Diese Frage ist sicherlich nur schwer zu beantworten, angesichts der allgemeinen Forschungssituation und des Denkmalverlustes generell. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass Obelisken in Circi in Metropolen wie Antiocheia vorkamen. Der Beleg für Antiocheia ist vorhanden. Man wird daher zu Recht deren Existenz in anderen Metropolen vermuten können. Einschränkend wird man aber auch sagen müssen, dass sie dort wahrscheinlich kleiner ausgefallen sind und im Gegensatz zu den stadtrömischen Obelisken nicht als Monolithe errichtet waren. Wir haben schließlich schon gesehen, dass im Hippodrom von Konstantinopel einer der Obelisken aus Quadern errichtet war. Auch im Circus von Vienne bestand der Obelisk aus Quadermauerwerk. Neben den bislang genannten Obelisken sind weitere Exemplare in Tyros und Caesarea belegt.

Abb. 37 Istanbul, Hippodrom. Ausschnitt aus einem der Sockelreliefs des Theodosius-Obelisken. Das Relief zeigt den Kaiser mit ­seinen Angehörigen in der Loge. Außerdem zeigt die Aufnahme die vier Blöcke aus Bronze, auf denen der Obelisk ruht.

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Abb. 38 Relief mit der Darstellung einer Jagdszene im Circus Maximus. In der Bildmitte sind die eiförmigen Elemente des Rundenzählers auf dem zugehörigen Unterbau dargestellt (Rom, Museo Nazionale Romano).

Funktionselemente auf der Barriere – die Rundenzähler Man kann sich recht gut vorstellen, dass sowohl das Publikum als auch die Fahrer das Bedürfnis hatten, den Überblick während des Rennens zu behalten. Es stellte sich immer wieder die Frage, wie viele Runden noch zu absolvieren waren. Für den Circus Maximus sind zwei Einrichtungen überliefert, die diese Funktion wahrgenommen haben. Dabei handelt es sich einmal um die ova, große eiförmige Gebilde aus Holz, die jeweils auf einem Unterbau am Ende der Barriere standen (Abb. 38). Neben ihrer praktischen Funktion stellten sie zugleich auch ein mythisches Symbol dar: Das Ei stand nämlich für Castor und Pollux, die aus einem solchen geboren wurden und denen man in Rom eine besondere Bedeutung beimaß. Die Eier wurden nach Zeugnis des Livius im Jahre 174 v. Chr. eingeführt. Er betonte ausdrücklich ihre Funktion als Rundenzähler (Liv. 41, 27, 6). Nach jeder absolvierten Runde wurde ein Ei vom Gestell entfernt. Ihre Deutung wird in der Forschung weitgehend akzeptiert. Einen anderen Ansatz verfolgt dagegen S. Cerutti, der davon ausgeht, das Publikum und die Fahrer seien auch ohne diese Rundenzähler ausgekommen, zumal es Probleme gäbe, die Position der Vorrichtung mit der Ziellinie in Verbindung zu bringen18. Er glaubt, ihre Funktion dahingehend umdeuten zu können, dass sie nicht die Runden eines Rennens anzeigen, sondern die Anzahl der Rennen eines Veranstaltungstages

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verdeutlichen würden. Dabei stützt er sich auf Inschriftenmaterial, welches darauf hindeutet, diese Zahl sei an normalen Renntagen üblich gewesen (CIL VI 32326-32336). Zum anderen wurde in augusteischer Zeit eine weitere Einrichtung zu diesem Zweck eingeführt, die aus Delfinen bestand. Auch sie waren mythologisch hinterlegt: Delfine standen in einer engen Verbindung zu Neptun, der aber zugleich auch als Neptunus Equester – als Gott der Pferde – ­verstanden wurde. In dieser Funktion wurde er mit dem Gott Consus, der in einem Heiligtum im Circus Maximus verehrt wurde, gleichgesetzt. Eher eine ideologische Interpretation der Delfine besteht darin, sie mit einem Seesieg des Agrippa über Sextus Pompeius in Verbindung zu bringen. Seit dem 2. Jh. n. Chr. scheinen sie aber ihre Funktion als Rundenzähler verloren zu haben und wurden zu Wasserauslässen umfunktioniert19. Beide Arten der Rundenzähler sind nicht nur im Circus Maximus nachgewiesen. Es sei ergänzend auf den Circus der Maxentius-Villa hingewiesen.

Die porta libitinaria Aus unseren Quellen wissen wir, dass bei Wagenrennen ein hohes Unfallrisiko bestand. Um die anderen Fahrer nicht zu gefährden und das Rennen weiter attraktiv zu gestalten galt es, die Bahn nach Kollisionen schnell zu räumen. Es musste eine Art Notausgang geschaffen werden: die porta libitinaria. Innerhalb des Circus wurde dieser Zugang in der Höhe der ersten meta angelegt, weil gerade an den metae die meisten Unfälle vorkamen. Der porta libitinaria kam aber auch noch eine weitere Funktion zu. Mit dem Ende des Rennens gehörte die Arena dem siegreichen Fahrer und dessen Konkurrenten verließen den Circus durch diesen Zugang. Verlassen wir nun die eigentliche Arena und kommen zu baulichen Elementen, die für den Circus nicht minder wichtig waren. Dabei handelt es sich um Elemente, die in den Zuschauerraum, die cavea, integriert sind.

Das pulvinar Mit dem pulvinar können wir erneut einen Bezug zwischen Spielen und ­Religion ausmachen. Nachdem die Götterfiguren mit der pompa circensis den Circus erreicht hatten, wurden sie in das pulvinar gebracht. Unter dem Begriff pulvīnar (polvīnar) wurde allgemein ein mit kostbaren Decken belegter Polstersitz für die Götter verstanden, den man beim lectisternium, dem Göttermahl, verwandte. In übertragenem Sinne konnte der Begriff auch für Tempel allgemein stehen. Der sakrale Charakter des pulvinars im Circus

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Maximus wird dadurch klar, dass in der griechischen Version der res gestae des Augustus, dem Monumentum Ancyranum, der Begriff Naos (νάος, Tempel) verwendet wurde20. Die enge Verbindung des pulvinars mit der pompa ­circensis legt von vorneherein nahe, hier einen obligatorischen Bestandteil der Circusarchitektur annehmen zu müssen. Allerdings wird der Nachweis einer „Götterloge“ in allen bekannten Circi aufgrund des Erhaltungszustandes oder des Freilegungsgrades kaum möglich sein. Dass dieses Element des römischen Circus nicht allein auf Italien beschränkt war, lässt sich aber epigraphisch sehr gut belegen. In der Lex coloniae Iuliae Genetivae, einem Gesetzestext aus dem heutigen Osuna, östlich von Sevilla gelegen, der mit fünf Bronzetafeln erhalten ist und sich heute in Madrid befindet, wird dies deutlich21. Darüber hinaus konnten auch in anderen Anlagen pulvinaria nachgewiesen werden, so etwa in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts im Circus von Tarragona. Allerdings sind wir hinsichtlich des pulvinars wiederum recht gut über die Situation im Circus Maximus und im Circus des Maxentius informiert. Beim Circus Maximus können neben den schriftlichen Quellen auch bildliche Darstellungen herangezogen werden. Dabei handelt es sich um die forma urbis und ein Mosaik aus Luni. Im Circus des Maxentius ist hingegen der bauliche Befund erhalten. Blicken wir beispielhaft auf den Circus Maximus. Obwohl der monumentale Ausbau des pulvinars erst in augusteischer Zeit erfolgte, ist davon auszugehen, dass es zum ursprünglichen Baubestand gehörte. Allerdings dürfte es sich dabei um eine einfache Holzkonstruktion gehandelt haben, die mit einem Zeltdach versehen war. Wie das pulvinar in augusteischer Zeit ausgesehen hat und wie es positioniert war, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Einigermaßen sicher wird die Gestalt des Gebäudes mit dem Ausbau des Circus Maximus unter Trajan. Obwohl die forma urbis im Grundriss den Baubestand in severischer Zeit zeigt, wird doch der Zustand unter Trajan dargestellt, weil die Quellen keine größeren Baumaßnahmen für den Circus nach Trajan überliefern. Das Mosaik aus Luni hingegen dokumentiert den Aufriss. Folgen wir diesen beiden Quellen, so lag das pulvinar im oberen Bereich der Zuschauerränge an der palatinischen Seite. Zum Circus hin stellte sich der Bau als Tempel mit sechs vorgestellten Säulen dar, die Gebälk und Giebel ­trugen. Vom Circus aus erfolgte der Zugang über symmetrisch angelegte Treppen. Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass das pulvinar im späten 2. Jh. n. Chr. direkt mit der Palastbebauung auf dem Palatin verbunden war.

Die Schiedsrichterloge Angesichts der Bedeutung, die das Wagenrennen in der römischen Welt besaß, war es für den Ablauf und die Wahrung des Friedens im Circus wichtig, dass der Sieger einwandfrei benannt werden konnte. Folglich waren

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Schiedsrichter eingesetzt, die über den Ausgang des Rennens zu befinden hatten. Für sie wurde eine Loge eingerichtet, die sich auf der Höhe der Ziel­ linie befand. Dieses tribunal iudicium muss bei allen Anlagen vorhanden ­gewesen sein. In verschiedenen Circusbauten konnte es auch nachgewiesen werden.

Der Zuschauerraum (cavea) Für den Besucher einer Sportstätte ist es besonders wichtig, dass er das Geschehen gut beobachten kann. Diese Notwendigkeit war in der antiken Welt bereits früh erkannt worden. Man wählte als Schauplatz einen Ort, an dem natürliche Abhänge den Zuschauern die Möglichkeit boten, aufgrund der Höhenunterschiede die Ereignisse zu beobachten. Während heute der Zuschauer nach einem gewissen Komfort verlangt – das Mindeste ist ein Schutz gegen Regen oder Sonne –, so galt dies in der Frühzeit nicht. Schaut man auf griechische Hippodrome, so finden sich dort weder Tribünen mit Sitzplätzen noch Schutzdächer. In Etrurien waren hingegen hölzerne Tribünen, die auch über Sonnensegel verfügten, bekannt. Welche Konsequenzen hat dies nun in der Genese des römischen Circus? Am Circus Maximus, der die älteste römische Anlage darstellt, haben am ­Anfang die Abhänge des Palatin und des Aventin als Tribünen gedient. Da wir zeitlich noch in die etruskische Königszeit kommen, lassen sich hölzerne Tribünen vermuten, die aber sicherlich nicht über die gesamte Länge des Circus erstreckten und wahrscheinlich der römischen Oberschicht vorbehalten gewesen sein dürften. Gleichzeitig stellt sich hier die Frage, ob die Holzkonstruktionen nur zu den großen Veranstaltungen aufgebaut wurden. Selbst für spätere Zeit ist bekannt, dass Bauten aus dem Bereich der Massenunterhaltung nur temporär errichtet wurden. Mit zum ältesten Bestand an Circusbauten in Rom gehört das „Trigarium“, der Circus der Dreigespanne, der im Bereich der Via Giulia entlang des Tiber lokalisiert wird. Auch er verfügte nie über dauerhafte Tribünen. Nach Ausweis von Inschriften wurden hier lediglich zu einigen Festen – October Equus, Equirria und ludi saeculares – hölzerne Tribünen errichtet. Dass hier nie richtige Tribünen angelegt wurden, erklärt sich aus der relativ geringen Nutzung für die großen ludi. Außerdem diente diese Anlage als Trainingsstätte für die verschiedenen ­Circusfactionen. Sie bedurfte daher nicht unbedingt einer monumentalisierten Ausprägung. Ein anderes Beispiel für das Fehlen aufwendiger Tribünenkonstruktionen in der Zeit der römischen Republik findet sich im Circus Flaminius, der 221 v. Chr. durch C. Flaminius Nepos angelegt wurde. Die Forschung neigt dazu, in dieser Anlage einen einfachen Platz zu sehen, wobei man sich auf ein Fragment der forma urbis stützt.

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Abb. 39 Gerasa (JOR), Blick auf die Sitzreihen des Circus. Im Vordergrund ist deutlich eine kleine Treppenanlage zu erkennen, die den Zugang ermöglichte.

Führt man sich den monumentalen Ausbau des Circus Maximus in s­ päterer Zeit vor Augen, erwartet man insgesamt für die Kaiserzeit großartige Zuschauerräume im gesamten Römischen Reich. Es ist aber vielmehr davon auszugehen, dass es zahlreiche Anlagen gab, die nie über einen ausgebauten Zuschauerbereich – also über Tribünen – verfügten. Diese circi sind häufig nur durch Inschriften belegt. Kehren wir zurück nach Rom, in den Circus Maximus als beispielhafte Anlage für diesen Architekturtypus. Ausschlaggebend für die bauliche Entwicklung des Zuschauerbereiches ist das Anwachsen der stadtrömischen Bevölkerung und die Möglichkeit der politischen Selbstdarstellung zunächst der res publica, also des römischen Volkes selbst, und später einzelner Persönlichkeiten und schließlich der Kaiser. Im Zusammenhang mit der Cavea ist aber noch eine Teilfrage zu klären: Wie kamen die Zuschauer zu ihren Plätzen? Bei kleineren Anlagen mit nicht zu vielen Sitzreihen war der Zugang direkt von der Straße aus möglich, indem man Treppenanlagen direkt an der Außenseite errichtete; der ­Zuschauer also von den oberen Reihen der Cavea nach unten gehen musste. Als Beispiel dafür lässt sich der Circus von Toledo anführen. Eine andere Zugangsmöglichkeit bestand darin, mit Korridoren die Substruktionen der Cavea bis zur Arena hin zu durchstoßen und hinter der Podiumsmauer Treppen anzulegen. Zugleich war es denkbar, eine Öffnung zur Arena zu schaffen und hier eine weitere Möglichkeit des Zugangs – den Besuchern stand vielleicht auch der Haupteingang zur Verfügung – zu schaffen. Mit Sicherheit aber war hier ein Fluchtweg gegeben. Die zuletzt beschrieben Zugangsmöglichkeit findet sich z. B. in Gerasa (Abb. 39), Leptis Magna (Abb. 40) und Tyros.

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Für eine Cavea mit mehr als 40 Sitzreihen und einer Unterteilung in drei Zonen – vergleichbar der Gestaltung der Cavea eines Amphitheaters – wurde ein weitaus komplexeres System benötigt. Treppenhäuser und Korridore erschlossen die Zuschauerränge, wie der Schnitt durch einen Abschnitt der Cavea des Circus Maximus verdeutlicht (Abb. 41). Bei den Großbauten dürften die Eingänge aber immer die neu­ ralgischen Punkte gewesen sein; aus den Quellen wissen wir, dass es gerade beim Betreten des Circus zu tumultartigen Szenen kam22. Was erwartete aber den Besucher in der Cavea? Komfort war es jedenfalls nicht. Die Sitze waren maximal 0,40 m breit und hart, wenn man sich nicht ein Kissen mitgebracht hatte. Außerdem war man Sonne und Regen ausgesetzt.

Abb. 40 In Leptis Magna (LAR) ­findet sich eine mit Gerasa vergleichbare Zuwegung zur Cavea. Die Aufnahme zeigt eine enge Treppe.

Abb. 41 Rom. Circus Maximus. Schnitt durch ein Segment der Cavea.

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Sicherheit im Circus Abschließend stellt sich die Frage, wie sicher die römischen Circusanlagen waren. Wo entstanden Gefahren und welche Maßnahmen wurden ergriffen, um diese zu verhindern? Bei der Betrachtung dieses Themas wird man sich vornehmlich auf die Sicherheit der Zuschauer konzentrieren müssen. Dabei kann man den Komplex in zwei Bereiche unterteilen: Einmal in präventive Maßnahmen, die gegen Gefahren aus der Arena dienen, und zum anderen gegen solche, die aus dem Zuschauerbereich selbst entstehen. Wenn wir auf die Gefahren aus der Arena schauen, müssen wir uns zunächst noch einmal vergegenwärtigen, dass der Circus bis zur dauerhaften Etablierung von Amphitheatern ein Multifunktionsbau war und auch später noch für Veranstaltungen wie venationes (Tierhetzen) genutzt wurde. Als Ursache war zu erkennen, dass es vielen Städten unmöglich war, mehrere Bauten der Massenunterhaltung zu finanzieren. Die Hauptaufgabe zur Gewährleistung der Sicherheit bestand darin, die Zuschauer vom Geschehen in der Arena räumlich zu trennen, ohne zugleich eine zu große Distanz zu schaffen. Dazu konnten mehrere bauliche Mittel eingesetzt werden, die von der Kostenstruktur her sehr unterschiedlich ­waren. Gewiss die einfachste und günstigste Art bestand darin, einen umlaufenden Zaun aus Holz zu errichten, der aber, wenn er seine Zwecke erfüllen sollte, eine nicht unerhebliche Höhe haben und recht massiv ausfallen musste. Der Nachteil bestand darin, dass die Zuschauer der unteren Sitzreihen das Geschehen nicht gut verfolgen konnten, sie in ihrer Sicht beeinträchtigt waren. Weitaus besser konnte daher ein Zaun aus Eisen diese Aufgabe erfüllen. Belegt ist ein solcher, allerdings nur temporär errichteter Zaun im Circus Maximus, der aber extremen Belastungen auch nicht standhielt, wie die Ereignisse des Jahres 55 v. Chr. belegen, als dort zwanzig Elefanten durchgingen und unter den Zuschauern eine Panik auslösten. Als Reaktion darauf ließ Caesar im Circus Maximus im Jahre 46 v. Chr. einen die Arena umlaufenden, wasserführenden Graben anlegen, der in den Quellen als euripus bezeichnet wird. Der Kanal war etwa 3,00 m breit und 3,00 m tief. Die Quellen sprechen von zehn Fuß. Erst in neronischer Zeit wurde dieser Kanal wieder zugeschüttet, wie der ältere Plinius berichtet (Plin. nat. 8, 2021). Der so gewonnene Raum wurde für eine Erweiterung der Zuschauerränge genutzt. Die Kosten für diese Art der Sicherung hingen sehr stark vom Untergrund ab. Je härter dieser war, umso mehr Zeit wurde benötigt, und damit entstanden auch mehr Kosten. Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Sicherheit im Circus bestand in einer massiven baulichen Maßnahme. Statt eines Zaunes oder eines euripus ging man dazu über, die ersten Zuschauerreihen generell auf ein ­höheres Niveau zu legen, also ein Podium auszubilden, dessen senkrechte Vorderfront es etwa wilden Tieren unmöglich machte, die Zuschauer zu

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­ rreichen. Ein geringer Nachteil bestand aber darin, dass sich bei dieser e ­Lösung ein toter Winkel ergab. Dieser war aber zu vernachlässigen, weil sich beim Renngeschehen die Ereignisse doch in der Mitte der Arena vollzogen. Die Ausbildung eines Podiums zur Trennung von Arena und Zuschauern findet sich auch bei anderen Bauten der Massenunterhaltung. Gut erkennbar ist dies etwa bei dem Amphitheater von El Djem (Abb. 42) oder dem Multifunk­tionsbau in Lixus. Haben wir im Vorangehenden gesehen, dass man großen Aufwand trieb, um Gefahren aus der Arena vom Zuschauer fernzuhalten, gilt unser Blick nun der Sicherheit der Zuschauer in ihrem eigenen Bereich. Dazu müssen wir uns noch einmal vergegenwärtigen, dass die Zuschauertribünen in vielen Circusanlagen in ihren oberen Bereichen aus Holzkonstruktionen bestanden. Dies war keineswegs unüblich für Großbauten im Bereich der Massenunterhaltung. Hölzerne Theater und Amphitheater sind bis in die Kaiserzeit hinein belegt. Holz als Baumaterial birgt vor allem ein Problem in sich: Es kann austrocknen und daher wie Zunder brennen. Tatsächlich ist der Circus Maximus mehrfach durch Feuer zerstört worden, so 31 v. Chr. und 64 n. Chr. während des großen Stadtbrandes. Bei letzterem ging das Feuer von den tabernae in den Arkaden aus, in denen es durch die dort gelagerten Waren reichlich Nahrung fand.

Abb. 42 El Djem (TN). Amphitheater. Gut erkennbar ist in dieser Aufnahme die Podiumsmauer, die dazu diente, die Zuschauer vor Gefahren aus der Arena zu schützen. Eine vergleichbare Funktion besaß auch die Podiumsmauer im Circus.

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Aber inwieweit waren diese Feuer für die Zuschauer gefährlich? Vermutlich war es ein eher zu vernachlässigendes Problem gewesen, weil die meisten Veranstaltungen bei Tageslicht durchgeführt wurden. Daher bestand auch keine Notwendigkeit, im Zuschauerbereich mit offenem Feuer als Beleuchtung zu hantieren. Auch im Falle eines Feuerausbruchs dürften die meisten circi schnell zu räumen gewesen sein. Wir bewegen uns hier ­allerdings im Bereich des Spekulativen, weil die Anlagen häufig nicht mehr besonders gut erhalten oder kaum erforscht sind. Auch hier vermag ein Blick auf den Circus Maximus, uns Informationen zu geben. Am gekurvten Ende hat sich genug von den Substruktionen erhalten, um Aussagen über die Besucherführung zu treffen. Danach waren diese in Gruppen gegliedert, die aus einem Laden, einem Durchgang und einem Treppenhaus bestanden. Damit scheinen ausreichende Fluchtwege bestanden zu haben. P. Rose weist in diesem Kontext darauf hin, dass der soziale Status mitbestimmt hat, wer auf dem schnellsten Wege den Circus verlassen konnte. Während etwa im Brandfall im Circus für die Evakuierung eine gewisse Vorwarnzeit bestand, so ging von der Holzkonstruktion der Cavea im oberen Bereich eine Gefahr aus, die die Besucher unmittelbar traf. Dabei handelt es sich um die Statik, die im Gegensatz zu heute oft nicht ausreichend berechnet wurde. Stellt man sich nun die Menschenmassen vor, die sich auf den Tribünen befanden und dabei auch nicht ruhig sitzen blieben, kann man sich unschwer vorstellen, was passiert, wenn es mit der Stabilität des Baus nicht gut bestellt ist. Tatsächlich sind für den Circus Maximus eine BeinaheKatastrophe und mindestens zwei Unglücke überliefert. Das erste Ereignis, von dem Sueton berichtet (Suet. Aug. 43), fällt in die Regierungszeit des ­Augustus. Bei einer Veranstaltung drohte offenbar eine Tribüne einzustürzen. Wohl allein durch die Geistesgegenwart des Princeps – so Carcopino – sei diese Katastrophe verhindert worden. In der Regierungszeit des Antoninus Pius (138–161 n. Chr.) brachen nach Aussage der Historia Augusta Teile der Tribüne ein und mehr als 1 000 Menschen fanden den Tod (SHA Ant. Pius 9, 1). Weitaus größer war aber ein Tribüneneinsturz gegen Ende des 3. Jhs. n. Chr., bei dem etwa 13 000 Menschen ums Leben gekommen sein sollen (Chronogr. v. 354). Man möchte gerne solche Zahlen als Übertreibung ansehen, doch belegen andere Unglücksfälle noch größere Verluste an Menschen. Im Jahre 27 n. Chr. kam es zu einem Einsturz in einem von Privatleuten errichteten Amphitheater. Dabei kamen – so berichtet Tacitus – 50 000 Menschen um (Tac. ann. 4, 62). Was für Sicherheitsmaßnahmen konnte man gegen solche Unglücksfälle ergreifen? Die Möglichkeiten sind natürlich begrenzt gewesen. Einiger­ maßen sinnvoll erschien es, von Privatleuten, die ein privates Amphitheater, Theater oder einen Circus bauen wollten, ein Mindestvermögen zu verlangen, um einen solchen Bau auch tatsächlich finanzieren zu können, also die Statik nicht aus Kostengründen zu vernachlässigen.

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Die ludi – Basis der Circusspiele Wer sich mit dem römischen Circus auseinandersetzt, wird immer wieder auf den Begriff ludus stoßen, der zunächst nichts anders als „Spiel“ bedeutet. Bei näherer Beschäftigung mit dem Begriff wird aber deutlich, dass hier sportliche Wettkämpfe unterschiedlicher Art mit einem religiösen Motiv verbunden sind. Fast zwangsweise wird man wiederum auf Rom schauen müssen, weil hier im Wesentlichen die Ursprünge zu finden sind, die in späterer Zeit auch die Grundlage für ludi im ganzen Imperium bilden sollten. Von grundsätzlicher Bedeutung für die öffentlichen ludi ist ein Umstand: Es handelt sich um Veranstaltungen, die mit Freudenfesten der res publica verbunden sind. Daher waren alle römischen Bürger dazu eingeladen, wie man einer Stelle bei Cicero entnehmen kann (Cic. har. resp. 26). Dieser ­Charakterzug hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert, und nur so kann man das Bestreben der römischen Magistrate und später der Kaiser erklären, Circusanlagen zu monumentalisieren und auch bei der Durchführung das Angebot zu erhöhen. Sicherlich nicht außer Acht lassen darf man den politischen Aspekt, der sich mit dem Circus verband. Mit dem ludus verbanden sich feste Abläufe, die den religiösen Charakter verdeutlichten. Grundsätzlich waren bei diesen öffentlichen Spielen feste Riten einzuhalten, deren Nichtbeachtung dazu führen musste, die Veranstaltung zu wiederholen (instauratio). Dazu zählten das Opfer, die Prozession, die uns als pompa circensis begegnen wird, und Gebete. Der religiöse Charakter der Spiele blieb formelhaft über das Ende der alten Staatsreligion hinaus erhalten, weil dessen Elemente durch die Zeit nicht mehr als religiöse Akte, sondern nur noch als traditionell zugehörig empfunden wurden. Besonders die pompa circensis erwies sich als besonders resistent gegenüber Veränderungen, wie ägyptische Papyri des 6. Jhs. n. Chr. belegen. Der Beginn der ludi lässt sich wohl in das 6. Jh. v. Chr. datieren. Damit kommen wir auch in eine Zeit, in der etruskischer Einfluss nicht auszuschließen ist. An öffentlichen Feiertagen, den feriae publicae, wurden im Rahmen des Kultes sportliche Veranstaltungen durchgeführt. Bei diesen handelte es sich um Wagenrennen und athletische Wettkämpfe23. Letztere sollten aber in der Folgezeit an Bedeutung verlieren. Tarquinius Priscus, dessen Herrschaft zwischen 616–578 v. Chr. datiert wird, ließ zu diesem Zweck im Tal der Murcia, zwischen Aventin und Palatin gelegen, den Circus Maximus anlegen. Über Anzahl und genauen Anlass dieser Spiele liegen keine genaueren Angaben vor. Vermutlich wurde schon hier zwischen Spielen mit religiösem Hintergrund und sog. Votivspielen, die aus einem Gelöbnis resultierten, unterschieden. Bei der ältesten Veranstaltung, den ludi magni, handelt es sich um Votivspiele anlässlich der Eroberung Veiis im Jahre 392 v. Chr. (Liv. 5, 19, 6; 5, 31, 2). Sie wurden anfangs nicht regelmäßig durchgeführt. Erst im Jahre

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366 v. Chr. wurden sie als ludi Romani in den jährlichen Festkalender aufgenommen. Der Reiz dieser Veranstaltung muss aber schon so groß gewesen sein, dass man die ludi von ursprünglich einem Tag auf vier verlängerte. Die ludi Romani fanden nun vom 15. bis 18. September regelmäßig statt. Diese Regelung hielt bis zum Jahre 44 v. Chr., als auch noch der 19. September den Spielen zugeschlagen wurde. Die Vermehrung der ludi publici verlief über lange Zeit sehr zurückhaltend. Erst gegen Ende des 3. Jhs. v. Chr. nahm die Zahl der ständigen Spiele zu. Den Anfang machen die ludi Plebeii im Jahre 216 v. Chr. (Liv. 23, 30, 17). Im Jahre 208 v. Chr. folgten die ludi Cereales, die am 19. April stattfanden, kurz darauf die ludi Apollinaris, die am 13. Juli abgehalten wurden. Als Anlass der Etablierung weiterer Spiele sollte die Einführung des Kultes der Magna Mater, der als Kybelekult in Kleinasien verbreitet war, im Jahre 204 v. Chr. dienen (Liv. 29, 14, 13–14). Die Spiele wurden ludi Megalenses genannt und besaßen von Anfang an den Charakter von ludi circenses. Diese wurden jedoch in den 190er Jahren v. Chr. um Theateraufführungen erweitert. Durchgeführt wurden sie am 10. oder 12. April. Nach einer längeren Pause kamen 173 v. Chr. noch die ludi Floreales hinzu. Sie fanden am 3. Mai statt. Gegen Ende des 2. Jhs. v. Chr. veränderten sich Staat und Gesellschaft in Rom nachhaltig. Auf diese Veränderungen kann an dieser Stelle nicht im Einzelnen eingegangen werden. Ein wesentlicher Aspekt im Hinblick auf das Thema, das uns hier beschäftigt, ist aber, dass einzelne Persönlichkeiten das öffentliche Leben Roms dominierten und die Durchführung von ludi als Instrument der Selbstdarstellung nutzten. Man kann sie mit dem Begriff der Gedenkspiele am Besten fassen, weil mit ihnen an ein besonderes Ereignis erinnert werden sollte. In diesem Kontext lassen sich Lucius Cornelius Sulla anführen, der die ludi Victoriae Sullanae im Jahre 81 v. Chr. initiierte, oder C. Julius Caesar, der die ludi Victoriae Caesaris im Jahre 46 v. Chr. einführte. Besonders die Gedenkspiele haben dazu geführt, den römischen Festkalender immer mehr auszudehnen. So gab es zur Zeit Caesars 109 Feiertage, an denen verschiedene Veranstaltungen durchgeführt wurden24. Auch ­Augustus bediente sich dieses Mittels der Selbstdarstellung, als er 11 v. Chr. Spiele einführte, die nach seinem Tod den Namen ludi Divi Augusti et Fortunae reducis führten. Dieses Verhalten führte in der Kaiserzeit zu einer außerordentlichen Vermehrung der ludi, weil etwa kaiserliche Geburtstage, besondere Ereignisse im Leben des Kaisers oder politische Erfolge nach innen und außen so dargestellt werden konnten. Die Durchführung von Spielen blieb formal gesehen aber keineswegs dem Kaiser vorbehalten. Unsere Quellen belegen, dass auch Konsuln bei ihrem Amtsantritt Spiele gaben. Allerdings sollten wir hier eines nicht vergessen: Während der Kaiserzeit war das Konsulat zu einem Ehrenamt geworden und praktisch mit Parteigängern des Kaisers besetzt. Die oben geschilderte geschichtliche Entwicklung lässt sich auch

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in Zahlen ausdrücken, selbst wenn diese Lücken aufweisen. In der Zeit der späten Republik gab es an 17 Tagen Veranstaltungen im Circus, die parallel zur Gesamtzahl der Veranstaltungstage in der Kaiserzeit zunahm. Gegen Ende des 1. Jhs. n. Chr. muss die Anzahl der ludi insgesamt bereits so hoch gewesen sein, dass Nerva im Jahre 96 n. Chr. regulative Maßnahmen einleitete, die allerdings keinen Erfolg hatten. Weeber geht davon aus, dass um die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. die Zahl der Circustage zwischen 50 und 60 pro Jahr lag. In der Mitte des 4. Jhs. sind 64 Circustage bei 175 Festtagen insgesamt belegt. Diese Angaben sind dem Kalender des Furius Dionysius Philocalus zu entnehmen, einem Codex, der in mehreren Handschriften überliefert ist und zahlreiche Informationen zur Religions- und Kulturgeschichte enthält25. Dass zwischen dem 2. und 4. Jh. n. Chr. keine so großen Unterschiede bei der Anzahl der Circustage vorliegen, lässt sich recht einfach begründen: Ein Teil der Spiele überlebte ihren Stifter nicht. Sie wurden nach dessen Tod eingestellt. Darüber hinaus hatte sich die politische und ökonomische Situation im Reich dramatisch verschlechtert.

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Explosion der Rennen – je mehr, desto besser Die zentrale Veranstaltung im Circus war unbestritten das Wagenrennen. In den schriftlichen Quellen wird es als missus bezeichnet. In der Forschung wird allgemein davon ausgegangen, dass ein Rennen aus sieben curricula (Umläufen) bestand. Für die Rennen stellen sich zwei Fragen. Einmal gilt es zu klären, wie viele Rennen pro Tag durchgeführt wurden. Zum anderen muss beleuchtet werden, über welche Distanzen die Rennen gingen. Kommen wir zunächst auf die Anzahl der Rennen. Wir dürfen aufgrund einer Stelle bei Livius davon ausgehen, dass bis weit in das 2. Jh. v. Chr. hinein die Anzahl der Rennen nicht sehr groß war. Für das Jahr 169 v. Chr. berichtet er nämlich, bei den ludi circenses sei ein Rennen mit Quadrigen und eines mit Kunstreitern (desultores) durchgeführt worden. Beide Veranstaltungen zusammen hätten nicht einmal eine Stunde gedauert. Nach diesem Zeitpunkt muss diese Anzahl aber erheblich angestiegen sein. Möglich wurde dies durch die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Während des 2. Jhs. v. Chr. waren nämlich enorme materielle Werte nach Italien gelangt, die eine Ausdehnung des öffentlichen Luxus – dazu zählen auch die Veranstaltungen im Circus – ermöglichten. Die Entwicklung der Rennen lässt sich spätestens ab der frühen Kaiserzeit besser in Zahlen fassen. Den außerordentlichen Anstieg kann man aber auch in einer allgemeinen Formulierung erkennen, die bei Sueton mehrfach benutzt wurde. Danach dauerte der Renntag vom Morgen bis zum Abend. Dies impliziert natürlich eine Vielzahl von Rennen. Schauen wir aber nun auf konkrete Zahlen. Die Anzahl der einzelnen Rennen lag bis zur Zeit Caligulas bei zehn, wie man einer Stelle bei Cassius Dio entnehmen kann26. Caligula, in seiner Begeisterung für Wagenrennen, steigerte ihre Zahl zunächst auf zwanzig und schließlich auf vierzig. Belegen lässt sich dies ab dem Jahr 37 n. Chr. bei der Einweihung des Tempels des Divus Augustus (Cass. Dio 59,7). In der Konsequenz bedeutete die enorme Vervielfachung der Rennen das Ansteigen der Kosten ins Unermessliche. Daher griff Claudius – wie Cassius Dio berichtet – reglementierend ein, indem er die Zahl der Rennen auf maximal vierundzwanzig reduzierte (Cass. Dio 60, 27). Man kann sich unschwer vorstellen, dass diese Reglung bei der plebs urbana nicht gerade große Begeisterung auslöste. Claudius war sich dessen aber wohl bewusst, da er – folgt man wiederum Cassius Dio – versprach,„so viele Wagenrennen, wie man an einem Tag nur haben konnte, nichtsdestoweniger gab es nicht mehr als zehn, denn in den Pausen zwischen den Rennen wurden Bären getötet oder man ließ Athleten kämpfen; Kinder aus Asien tanzten die Pyrrhiche“ (Cass. Dio 60, 23)27. Unter Nero wurde die Anzahl von vierundzwanzig Rennen kanonisch. Diese Zahl sollte bis in das 6. Jh. n. Chr. hinein weitgehend verbindlich sein,

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wie unsere Quellen belegen. Der Kalender des Philocalus aus dem Jahre 354 n. Chr. überliefert, dass an 57 der 64 Renntage vierundzwanzig Rennen stattfanden, also an fast 90 Prozent aller Tage. Von den verbleibenden Tagen wurden an zweien jeweils nur zwölf für die Unterweltsgötter durchgeführt und an drei Tagen 30 bzw. 36 für Jupiter und Sol Invictus. Diese hohe Zahl der Rennen lässt sich durch die Bedeutung der beiden Götter im römischen Staatswesen erklären. Daneben gab es noch zwei Tage mit 48 Rennen, die eigentlich den kanonisierten zugerechnet werden müssten, weil hier zwei Ereignisse, die gefeiert werden mussten, zusammenfielen. Dabei handelte es sich etwa um die Geburtstage zweier Kaiser oder einen Geburtstag und einen Sieg. Gehen wir davon aus, dass ein Rennen im Durchschnitt eine halbe Stunde dauerte, wird es schon schwierig, die üblichen 24 Rennen pro Tag bei vernünftigen Lichtverhältnissen durchzuführen. Wir müssen schließlich auch die Aufräumarbeiten in der Arena und das Rahmenprogramm berücksichtigen. Unmöglich wird die Realisierung des Tagesprogramms bei 48 Rennen. Eine mögliche Lösung des Problems könnte die Reduzierung der Rundenzahl bei den einzelnen Rennen sein, d. h. statt der üblichen sieben Runden könnten fünf gefahren worden sein. Das brächte lediglich eine Zeitersparnis von acht Minuten pro Rennen. Diese Reduzierung wurde ausdrücklich durch Sueton für die Saecularspiele des Jahres 88 n. Chr. betont (Suet. Dom. 4, 7). Allerdings bereitet diese Überlieferung einige Schwierigkeiten, denn während der Saecularspiele ­sollen 100 Rennen durchgeführt worden sein, also eine Nettorennzeit von gut 36 Stunden. Als Problemlösung bietet sich ein Überlieferungsfehler im Text Suetons an. So müsse man statt „Tag“ (die) „Tage“ (diebus) lesen28. Mit den Saecularspielen haben wir aber auch schon einen Bereich angesprochen, der sich – sieht man von solchen Ausnahmen wie unter Domitian einmal ab – gegenüber den anderen ludi deutlich absetzt. Sie gehören nämlich zu einer Gruppe von Spielen, die so altehrwürdig waren, dass man sie in ­ihrem Charakter nicht zu ändern wagte. Dies dokumentiert sich etwa in den Saecularspielen des Jahres 204 n. Chr., die von Septimius Severus durchgeführt wurden. Die erhaltenen Akten belegen nur sieben Rennen während der Veranstaltung (CIL VI 32326-32336). Ein anderes Beispiel, welches dieses traditionelle Verhalten verdeutlicht, sind die Feste der fratres Arvales, die in ihrem eigenen Circus stattfanden. Ein gänzlich anderer Ansatz besteht darin, den Begriff des curriculum neu zu interpretieren. Geht man nämlich davon aus, der Terminus bezeichne nicht eine Runde, sondern gäbe lediglich die Länge der einfachen Bahn an, so würde sich die Rennstrecke erheblich reduzieren und damit auch die Dauer des einzelnen Rennens. Diese Ansicht erscheint durchaus überlegenswert, wenn man bedenkt, dass eine Renndistanz von 5 000 m (im Circus Maximus) die Pferde extrem beanspruchen würde29.

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Der Renntag – Ablauf im Circus Der Ablauf eines Renntages im römischen Circus war sehr stark formalisiert und innerhalb des Reiches recht einheitlich. Der eine oder andere Aspekt wurde allerdings den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Die Darstellung des Renntages orientiert sich im Folgenden an stadtrömischen Verhältnissen. Auf gravierende Abweichungen wird jedoch entsprechend eingegangen. Die Geschehnisse gliedern sich in zwei Abschnitte. Zunächst wird auf die pompa circensis und dann auf das Renngeschehen selbst eingegangen.

Die pompa circensis Erinnern wir uns daran: In Rom waren die Veranstaltungen im Circus eng mit Sakral- und Staatsfesten verbunden. Spätestens seit dem 5. Jh. v. Chr. sind in diesem Kontext Umzüge (πομπαί, pompai) belegt, die ihre Vorbilder in der griechischen Welt hatten (Dion. Hal. ant. 7, 70–71, nach Fabius Pictor). Der sicherlich bekannteste Umzug Roms ist die pompa triumphalis, die sich in der heute bekannten Form erst seit dem 3. Jh. v. Chr. fassen lässt. Die literarischen Quellen überliefern Beschreibungen der pompa triumphalis und der pompa circensis. Gibt es zum Triumphzug zahlreiche Belegstellen unterschiedlicher Güte, so sind es bei der pompa circensis vor allem zwei ausführliche Beschreibungen. Dabei handelt es sich um einen Bericht bei Dionysios von Halikarnass und eine Darstellung bei Tertullian (Dion. Hal. ant. 7, 72; Tert. de spect. 7,72). Vergleicht man die Beschreibungen der pompa triumphalis und der pompa circensis miteinander, so erkennt man, dass sich beide Umzüge in ihrer Ausführung sehr ähnlich sind. Der gravierendste Unterschied besteht in der umgekehrten Routenführung. Der Triumphzug begann auf dem Marsfeld, das außerhalb der sakralen Stadtgrenze, dem pomerium, lag. Von dort aus führte der Weg über das Forum Holitorium, den Gemüsemarkt, und das Forum Boarium, den Viehmarkt, zum Circus Maximus. Dieser wurde dann in seiner gesamten Länge von Westen nach Osten passiert. Nach ­Verlassen des Circus wurde der Palatin umrundet, um schließlich durch das Forum Romanum das Kapitol zu erreichen, das den Endpunkt der pompa darstellte. Die pompa circensis, die gegenläufig zur pompa triumphalis ­verlief, begann also auf dem Kapitol und folgte der Route bis zum Circus Maximus. Aus verständlichen Gründen endete die pompa dort (Abb. 43, rot). Bei dem Verlauf der pompa circensis gab es allerdings eine Ausnahme. Der Umzug anlässlich der ludi Apollinares begann nicht auf dem Kapitol, sondern am Apollontempel auf dem Marsfeld (Abb. 43, grün). Die pompa circensis wurde vom Veranstalter angeführt. In republikanischer Zeit waren es Magistrate Roms. Während der Kaiserzeit vollzog sich

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Abb. 43 Rom.Verlauf der pompa circensis. Für die meisten ludi begann die pompa circensis auf dem Kapitol und endete im Circus Maximus (rote Streckenführung). Bei den ludi Apollinares begann der Festzug am Apollontempel (grüne Streckenführung).

aber ein Wechsel: Die Kaiser übernahmen die Funktion der Spielegeber. Als jedoch im Rahmen der Verwaltungsreform des späten 3. Jhs. n. Chr. Rom als Residenz seine Bedeutung verlor, übernahmen kaiserliche Beamte, wie etwa Stadtpräfekten, diese Funktion. Einen Eindruck davon vermittelt etwa eine Einlegearbeit (opus sectile) aus der 1. Hälfte des 4. Jhs. n. Chr., die Iunius Bassus (cos. 331 n. Chr.) als Spielegeber zeigt (Abb. 44)30. Der Spielegeber hatte sich in der Tracht ganz dem Triumphator angeglichen. Neben der schriftlichen Überlieferung existieren zahlreiche bildliche Belege. Sehr informativ ist dabei eine Reihe sog. Konsular-Diptychen, die zeitlich in spätantike oder – je nach Sichtweise – in frühbyzantinische Zeit fallen. Ihre Tracht bestand aus Toga und Tunica, bei denen es sich um Purpurgewänder handelte, die reich mit Gold bestickt waren. Die kostbaren Stickereien lassen sich an den Diptychontafeln des Areobindus beobachten, die sich heute in Zürich (Schweizerisches Landesmuseum), Besançon, Paris (Musée Cluny) und St. Petersburg (Eremitage) befinden. Sie werden in das Jahr 506 n. Chr. datiert. Vergleichbares zeigen auch die aus dem Jahre 517 n. Chr. stammenden Diptychen des Anastasius, von denen sich eine Platte früher im Antiquarium Berlin befand, und weitere in der Bibliothèque Nationale in Paris aufbewahrt werden. Wohl wie der Triumphator hielt der Spielegeber in seiner rechten Hand einen Lorbeerzweig und in der Linken ein elfenbeinernes Adlerszepter, das auch sehr gut in den Konsular-Diptychen belegt ist. Der Staatssklave, der hinter ihm stand, hatte zwei Aufgaben: Einmal hatte er einen Goldkranz zu halten und zum anderen daran zu erinnern, dass Spielegeber oder Triumphator doch nur ein Mensch sei. Sicher das Auffälligste war, dass das Gesicht der Hauptperson – wie beim Triumphzug – zinnoberrot gefärbt war.

Abb. 44 Opus Sectile-Darstellung der pompa circensis. Das Bild (0,73 x 1,11 m) gehört in eine Reihe von vier Tafeln und stammt aus der Basilika des Iunius Bassus auf dem Esquilin in Rom. Neben dem Spielegeber werden auch Vertreter der vier factiones darstellt (Rom, Museo Nazionale Romano/Palazzo Massimo alle Terme Inv. 375831).

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Abb. 45 Rom, Titus-Bogen. Ausschnitt aus dem Relief an der Nordseite des Durchgangs: Titus auf dem Triumphwagen (currus triumphalis), der auch in der pompa circensis Verwendung fand.

Auch der Wagen, der vom Spielegeber bei der pompa benutzt wurde, entsprach dem des Triumphators. Der currus triumphalis ist etwa aus bildlichen Darstellungen in römischen historischen Reliefs gut bekannt. Exem­ plarisch seien hier Darstellungen vom Titusbogen (Abb. 45) oder aus Leptis Magna (Abb. 46) angeführt. Daneben existieren Belege aus anderen Kunstgattungen. Der Wagen der pompa circensis ist hingegen im Bild nicht besonders gut belegt. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang ein

Abb. 46 Leptis Magna (LAR). Relief mit der Darstellung eines Triumphwagens (Tripolis, Nationalmuseum).

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Abb. 47 Relief mit der Darstellung eines Wagens (tensa), auf dem die Götterbilder transportiert wurden (British Museum, London).

heute ­verschollenes Relief aus dem Palazzo Mattei in Rom angeführt. Bei dem ­Triumphwagen und auch beim Wagen der pompa handelte es sich um einen einachsigen hohen Wagen, der von vier Pferden gezogen wurde. Die Höhe erzielte man vor allem durch Räder mit großem Durchmesser. Zusätzlich war der aufwendig gestaltete Wagenkasten recht hoch. Daher lag der Schwerpunkt sehr ungünstig und machte das Gefährt unsicher. Hinzu kam, dass dieses Fahrzeug im Gegensatz zu römischen Reisewagen nicht gefedert war. Auf unebenem Grund konnte es so zu Unfällen kommen. Für das Jahr 500 v. Chr. ist durch Dionysios von Halikarnass überliefert, dass der amtierende Konsul, Manius Tullius Longus, bei dem Festzug im Rahmen der ludi Romani aus dem Wagen fiel und zwei Tage später verstarb (Dion. Hal. ant. 5, 57, 5). Auch rund 450 Jahre später blieben diese Fahrzeuge nicht unproblematisch: Caesar erlitt – wie Sueton berichtete – mit seinem currus triumphalis bei seinem Gallischen Triumph im Jahre 46 v. Chr. einen Achsbruch und musste den Rest des Zuges zu Fuß gehen (Suet. Iul. 37). Dem Spielegeber folgten Jugendliche zu Fuß und zu Pferde. Danach kamen die Hauptakteure der Veranstaltung: die Fahrer mit ihren Wagen und ihrem Begleitpersonal. War eine Tierhetze (venatio) im Rahmen des Veranstaltungstages vorgesehen, folgten die bestiarii. Bei einigen Veranstaltungen im Circus waren noch andere sportliche Elemente vorgesehen, so dass ­deren Akteure sich anschlossen. Nach diesem ersten Block wandelte sich der Charakter der pompa circensis. Auf Wagen (tensae) folgten die Götterbilder, die nach der pompa für die Dauer der Veranstaltung ihren Platz im pulvinar finden sollten. Im Regelfall wurden die tensae von Pferden gezogen, wie ein Relief zeigt, das sich heute im British Museum London befindet (Abb. 47). In den unmittelbaren Kontext der Götter gehörten deren Attribute, die auf Tragegestellen (fercula) hinter ihnen hergetragen wurden.

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Abb. 48 Rom. Titus-Bogen. Ausschnitt aus dem Relief an der Südseite des Durchgangs mit der Darstellung von Tragen (fercula), auf denen sowohl beim Triumph als auch bei der pompa circensis Schaustücke oder Götterbilder mitgeführt wurden.

Diese fercula konnten in ihrem Erscheinungsbild sehr unterschiedlich sein. Sie sind durch römische historische Reliefs gut belegt, wie etwa auf einem der Innenreliefs des Titusbogens in Rom (Abb. 48). Die darauf aufgestellten Gegenstände konnten durchaus ein großes Gewicht haben. Die Träger waren aber darauf vorbereitet, indem sie Kissen auf der Trageschulter hatten. Außerdem führten sie Stützen mit sich, um im Falle eines Falles das ferculum absetzen zu können. In der Kaiserzeit wurde das Spektrum der mitgeführten Bilder erweitert: Es kamen Porträts der Mitglieder der kaiserlichen Familie und von Ahnen hinzu, besonders dann, wenn sie vergöttlicht waren. Gelegentlich bediente man sich hier besonderer Gespanne, um den Stellenwert der Vorfahren zu betonen. Claudius etwa führte das Bildnis seiner Großmutter Livia, die er im Jahre 42 n. Chr. konsekrieren ließ, auf einem Wagen mit, der von vier Elefanten gezogen wurde. Wie dies ausgesehen haben mag, lässt sich anhand eines Medaillons zeigen, das anlässlich der consecratio des Lucius Verus im Jahre 169 n. Chr. entstand. Sobald diese am Publikum vorbeigetragen wurden, pflegte die Masse heftig zu applaudieren. Ursache war weniger die Frömmigkeit des Volkes als vielmehr die Abhängigkeit von der kaiserlichen Familie in sozialen Fragestellungen. Sie war es schließlich, die der plebs Wohltaten erwies. Der sakrale Teil der pompa circensis fand in einem großen Tieropfer seinen Abschluss. Auch hier folgte man dem Vorbild des Triumphzuges31. Die Zuschauer, die schon seit dem frühen Morgen auf ihren Plätzen saßen, sahen wohl seit dem Ende der Republik in dieser Veranstaltung nur noch eine Pflichtübung, die man aus Traditionsgründen hinnahm. Bereits Seneca schrieb dazu: „Ich weiß, wie verhasst die Pompa bei den Circusspielen ist.“

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abb. 49 relief mit drei Bildregistern, aus dem hippodrom von Konstantinopel stammend. im mittleren register wird die losvorrichtung gezeigt. Datiert wird es in das 6. jh. n. chr (antikensammlung, staatliche museen zu Berlin).

(sen. contr. 1 prooem.). Die pompa hatte einem genauen ablauf zu folgen, um ihren Zweck zu erfüllen. abweichungen von den Durchführungsregeln führten dazu, dass die ludi wiederholt werden mussten. Dieser Vorgang wird als instauratio bezeichnet. Daher war es im interesse der factiones, wenn etwas danebenging. neue rennen bedeuteten zusätzliche einnahmen. claudius hatte diesen missstand erkannt und angeordnet, nur für einen tag die spiele zu erneuern. Damit war die gefahr des missbrauchs erheblich reduziert32. ein indiz dafür mag der ablauf der rennen in alexandria sein. Durch verschiedene Papyri aus Oxyrhynchos, die aus dem 6. jh. n. chr. stammen und die das Programm eines renntages beschreiben, wissen wir, dass man im circus von alexandria von der ursprünglichen reihenfolge abwich und erst ein rennen durchführte, bevor die pompa erfolgte.

Das rennen angesichts der Begeisterung, die bei den Zuschauern für die einzelnen rennparteien vorhanden war, musste man seitens der Veranstalter alles daransetzen, manipulationen beim rennen zu vermeiden. schnell konnte nämlich die freudige erregung der Zuschauer in Wut und gewalt umschlagen. ein mögliches risiko lag in der startaufstellung. Durch absprachen wäre es möglich gewesen, dem Wagen einer gegnerischen factio eigene Wagen an die seite zu stellen und diesen so bereits in der startphase zu behindern. Damit konnte man dem eigenen spitzenreiter Vorteile verschaffen. Dieses Problem war aber bekannt und man hatte eine lösung gefunden, die kaum raum zur manipulation ließ. man griff zu einem lossystem, das man vielleicht mit der lostrommel beim Zahlenlotto vergleichen kann. ein relief aus Konstantinopel, das wahrscheinlich in das 6. jh. n. chr. datiert werden muss, gibt auskunft über das aussehen dieser Vorrichtung (abb. 49). Dabei handelte es sich um ein großes bauchiges gefäß (κυλίστρα), das mit zwei Zapfen an einem gestell befestigt war. Für jeden Fahrer wurde eine Kugel in das gefäß gegeben. Diese

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abb. 50 Kolossalstatue eines spielegebers, der gerade durch den Wurf der mappa das rennen startet (rom, musei capitolini, Palazzo dei conservatori).

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war – wie Junkelmann vermutet – nicht mit einem Namen versehen, sondern wies die Farbe einer Rennpartei auf. Nach dem Mischvorgang fiel jeweils eine Kugel aus der Lostrommel und der Fahrer, dessen Farbe nun gezeigt wurde, konnte sich seine Startbox frei wählen. Gewiss war dieses Verfahren auch nicht frei von Problemen. Blickt man noch einmal auf die Konstruktion der Rennbahn und besonders auf die carceres zurück, wird deutlich, dass die Startboxen, die genau in der Achse der Rennbahn lagen, Vorteile bargen: Man musste nur geradeaus fahren. Andererseits konnte es auch durchaus sein, dass derjenige, der als Letzter seinen Startplatz einnehmen konnte, nicht durch Konkurrenten flankiert war, während der, der zu Beginn des Losverfahrens seinen Startplatz gefunden hatte, durch geg­nerische Gespanne flankiert wurde. Dieser Problematik war man sich auch in der Antike bewusst, wie eine Stelle bei Symmachus aus dem Jahre 384 n. Chr. belegt. In seinen relationes – Gesuchen, die er in seiner Funktion als Stadtpräfekt in Rom an den Kaiser richtete – schrieb er: „Die Wahl ist eine zweifelhafte ­Sache, wenn man sich zwischen so ähnlichen Alter­ nativen entscheiden muss“ (Symm. rel. 9, 6). Durch die Wahlmöglichkeit der Startbox per Losverfahren gewann die Auslosung selbst auch schon an Bedeutung. Die Zuschauer wollten genau wissen, welche Startbox ihr Favorit einnahm und sie wollten nicht minder genau sehen, dass die Auslosung ohne Manipulationen ablief. Daher wurde das Auslosen eine öffentliche ­Angelegenheit, die vom Spielegeber oder dessen Stellvertreter vor den ­Augen der Zuschauer durchgeführt wurde. Welche Rolle das Auslosen für das Publikum bedeutet hat, lässt sich anhand einer Stelle aus einer Schrift Tertullians erkennen. Dort heißt es: „Der Beamte rollt die Loskugel, und die Augen des Volkes hängen an ihm, als würden sie mit den Kugeln rollen“ (Tert. de spect. 6). Vielleicht muss man einige Abstriche an der Aussage machen, die in der Person Tertullians begründet sind. Tertullian, in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. (ca. 160/170) in Karthago geboren und dort nach 212 n. Chr. gestorben, war in den 190er Jahren zum Christentum übertreten. Wie zahlreiche Konvertiten hegte er eine sehr intensive Abneigung gegen alles, was dem christ­ lichen Wertesystem widersprach, so auch Veranstaltungen im Amphitheater und Circus. Wo das Verfahren im Einzelfall stattfand, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es gibt zwei Möglichkeiten. Einmal könnte es auf der Tribüne über den carceres stattgefunden haben, oder aber auf dem tribunal, der Schiedsrichterloge. Führt man sich allerdings die Größe der circi vor Augen, wird auch schnell deutlich, dass nur ein Bruchteil der Zuschauer wirklich den Vorgang genau sehen konnte. Nachdem die Fahrer mit ihren Gespannen an ihren Positionen waren, gab der Spielegeber das Startzeichen. Dies geschah von der Tribüne oberhalb der carceres aus. Hier existieren zahlreiche schriftliche Belege, die in die Zeit vom 1. bis in das 3. Jh. n. Chr. datiert werden können. Es handelt sich dabei

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um Inschriften, die von Mitgliedern der fratres Arvales stammen – einem Priesterkollegium, das im Dienst der Dea Dia stand. Gefunden wurden sie im Heiligtum der Göttin, das etwa 7– 8 km westlich vom Rom an der Via Campana, heute Magliana Vecchia, liegt. Im Rahmen der Kulthandlungen wurden auch Rennen im „hauseigenen Circus“ durchgeführt. In den Inschriften finden sich immer wieder Formulierungen wie „Super carceres circi adscendit et signum quadrigis, bigis, desultoribus misit“ (Er [der Spielleiter] stieg auf die Plattform über den Startboxen und gab den Quadrigen, Bigen und Kunstreitern das Zeichen zum Start)33. Nach Ansicht von Junkelmann folgte ein Trompetensignal, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf den Start zu lenken. Der Spielegeber warf ein weißes Tuch, die mappa. Zwei Kolossalstatuen in den Musei Capitolini, Palazzo dei Conservatori, die im sog. Tempel der Minerva Medica, einem Nymphaeum, gefunden wurden, zeigen Magistrate in ihrer toga praetexta gerade in dem Moment, als sie die mappa mit der rechten Hand werfen wollen (Abb. 50). Auch auf den schon genannten Konsular-Diptychen des Areobindus und des Anastasius wird der Spielegeber mit der mappa dargestellt. Den Augenblick des Wurfes zeigt hingegen das Missorium des Konsuls Ardabur Aspar aus dem Jahre 434 n. Chr., heute im Archäologischen Museum von Florenz. Die zeitliche Einführung der mappa beim Rennen ist nicht ganz sicher. Cassiodor (ca. 490–ca. 590 n. Chr.) überliefert in seinen Variae, einer im Jahre 538 entstandenen Sammlung von Edikten und Briefen der Gotenkönige, eine Anekdote, nach der Nero, als er im Circus speiste, seine Serviette als Startsignal geworfen haben soll (Cassiod. var. 3, 51, 9). Mit dem Wurf der mappa – und wohl auch durch ein mündliches Kommando – wurde der Startmechanismus betätigt, so dass die Tore sich schlagartig öffneten. Die Wagenlenker mussten nun zusehen, die optimale Bahn zu bekommen. Um aber in dieser frühen Phase Rennunfälle zu vermeiden, bestand eine Art Überholverbot bis zur linea alba. Gerade in dieser frühen Phase des Rennens hätten andernfalls viele Unfälle stattfinden können, die damit durch zahlreiche Ausfälle den weiteren Rennverlauf uninteressant gemacht hätten, wie Cassiodor vermerkte (Cassiod. var. 3, 51, 7). Mit Erreichen der Startlinie strebten die Fahrer mit ihren Gespannen nun die optimale Bahn an. Es ist davon auszugehen, dass die innerste Bahn, also jene, die direkt am euripus verläuft, die beste war, weil man hier die kürzeste Wegstrecke hatte. Abgesehen von den Regeln, die beim Start galten und die durch Schiedsrichter (iudices), denen heute im Rennsport etwa die Stewards entsprechen, überwacht wurden, liefern unsere Quellen keine Informationen über Regeln während des laufenden Rennens. Vermutlich fehlte ein entsprechendes Regelwerk. Jeder Fahrer wird wohl versucht haben, mit allen Mitteln – Abdrängen oder Blockieren des Gegners – an die Spitze des Rennfeldes zu kommen. Da nun mehrere Fahrzeuge der gleichen factio im Rennen unter-

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wegs waren, ist auch davon auszugehen, dass es eine Stallorder gegeben hat. Dies lässt sich anhand von Grabinschriften erschließen. Als besonders aussagekräftig wird von Junkelmann in diesem Kontext die Inschrift des C. Appuleius Diocles angeführt. Besonders die Erwähnung, er habe 36 Siege als praemissus (als Vorausgeschickter) gewonnen, kann so gedeutet werden, dass er am Anfang seiner Laufbahn für einen anderen Fahrer seiner Partei als Schrittmacher unterwegs gewesen war und durch nicht näher bestimmbare Umstände trotzdem zum Sieg gelangt sei. Andere Termini, die nach Junkelmann auf taktische Maßnahmen bzw. Stallorder hindeuten sollen, lassen sich nicht unbedingt dahingehend interpretieren. Wenn Diocles 502mal dem Gegner den Sieg entriss (eripuit et vicit), so kann dies genauso dahingehend interpretiert werden, dass er lange Zeit an zweiter Stelle lag und dann erst kurz vor dem Ziel die Möglichkeit zum Überholen hatte. Das Chaos des Rennens wurde weiter gesteigert, weil sich zwischen den Wagen Reiter der verschieden factiones tummelten, die als hortatores ­bezeichnet wurden, als Aufmunterer oder Mahner. Sie sind in zahlreichen bildlichen Darstellungen zwischen dem 1. und 4. Jh. n. Chr. belegt. Ihre Funktion bestand darin, die Fahrer, denen die ausreichende Sicht fehlte, über die Situation voraus zu unterrichten. Je nach Größe des Circus mussten die Wagen eine Renndistanz von rund 5 000 m zurücklegen. Für den Circus Maximus errechnet Junkelmann eine Rennstrecke von 5 200 m und für den Circus des Maxentius 4 570 m. Die Siegerehrung verlief im Grunde nicht anders als heutige. Der Sieger stieg die Treppen zum Tribunal hinauf, um die Zeichen seines Sieges – Lorbeerkranz und Siegespalme – sowie die Siegprämie in bar entgegenzunehmen. Unterdessen hatten die Verlierer die Arena durch die porta libitinaria zu verlassen. So hatte der Sieger nun die Rennbahn für seine abschließende Ehrenrunde für sich allein. Haben wir bisher den Ablauf eines öffentlichen Wagenrennens beschrieben, so gilt es nun, einen kurzen Blick auf private Rennveranstaltungen zu werfen. Dabei können wir uns auf eine Darstellung des Sidonius Apollinaris aus der zweiten Hälfte des 5. Jhs. n. Chr. stützen. Sidonius schildert ein Rennen, das durch den Kaiser zum 1. Januar initiiert und von Angehörigen des Hofes durchgeführt wurde. In der Natur der Sache lag es, dass nicht eine factio oder der Fahrer selbst die Gespanne zur Verfügung stellte, sondern der Kaiser. Es entspricht vom Ablauf her vollständig den großen Rennen. Lediglich die Ausführenden gehörten einer anderen Gesellschaftsschicht an (Sid. epist. 13, 303-427).

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Unfälle in der Arena und Notfallmedizin Neben der Startphase, wenn sich die Wagenlenker um die beste Bahn in der Arena bemühten, waren es vor allem die Wendepunkte, bei denen ein hohes Unfallrisiko bestand. Die Fahrer wollten kaum ihre einmal erreichte Position verlieren und setzten alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ein, die man heute kaum mit dem Begriff des fair play bezeichnen wird. In unseren bildlichen Quellen finden sich häufig die Unfallsituationen an einer Wendemarke. Darüber hinaus kam es aber auch sonst zu Karambolagen, die man insgesamt als nau­fragia (Schiffbrüche) bezeichnete. Welche Gefahren gab es für den Wagenlenker? Weil er die Zügel um den Leib gebunden hatte, um die Hände für andere Aufgaben frei zu haben, wird eine Gefahr schnell deutlich: Bei einem Unfall konnte der Fahrer vom Wagen geschleudert und von den durchgehenden Pferden mitgeschleift werden. Zur Notfallausrüstung des Wagenlenkers gehörte zwar ein kurzes krummes Messer, um die Leinen zu zerschneiden. Doch bis es dem Fahrer gelang, diese zu lösen, konnte er sich schon massive Verletzungen zugezogen haben. Ein weiteres Risiko beim Unfall bestand darin, nach einem Sturz vom Wagen von den folgenden Gespannen überrollt zu werden. Insgesamt dürften also Schürfwunden, Prellungen und diverse Knochenbrüche den Hauptanteil an Verletzungen ausgemacht haben. Da in die Ausbildung der Fahrer durch die factiones durchaus größere Summen investiert wurden, fanden sich Ärzte, die sich um die Verunglückten kümmerten. Deren Möglichkeiten waren beschränkt, wenn es sich um innere Verletzungen handelte, während viele der renntypischen Verletzungen gut behandelt werden konnten. Der ältere Plinius geht in seiner Naturalis Historia auf diese Problematik kurz ein. Er schreibt: „Verrenkungen und Wunden, die durch einen Schlag entstanden sind, behandelt man mit dem Kot von wilden Ebern, den man im Frühjahr sammelt und trocknet. Das gleiche Mittel wendet man bei Rennfahrern an, die geschleift worden oder von einem Rad verletzt worden sind oder auf ­irgendeine andere Weise arge Beschädi­ gungen davongetragen haben. ­Manche glauben, der Kot wirke besser, wenn er in Essig gekocht wird. Man vertritt auch die Ansicht, zu Pulver gestoßen und in die Trinkflüssigkeit ­gegeben sei dies eine gute Kur für Knochenbrüche und Muskelzerrungen, während man es denen, die frisch bei einem Unfall verletzt worden sind, besser in Essig verabreicht. Besonders vorsichtige Ärzte brennen den Kot zu Asche und mischen ihn mit Wasser. […] Wenn man keinen Wildeberkot bekommen kann, dann ist das nächstbeste Mittel der von Hausschweinen“ (Plin. nat. 28, 237)34. Neben solchen Rezepten waren natürlich auch andere Heilungsmethoden bekannt. Wir können davon ausgehen, dass etwa ­Knochenbrüche oder andere ernsthafte Verletzungen durchaus geheilt werden konnten. Diese Annahme kann als wohlbegründet gelten, wenn wir auf einen anderen Bereich antiker Massenveranstaltungen schauen: die Gladiatorenkämpfe. Forensische Untersuchungen an den Skeletten des

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Gladiatorenfriedhofes von Ephesos, der 1993 entdeckt wurde, haben zahl­ reiche verheilte Verletzungen dokumentiert. Ein Unfall in der Rennbahn musste daher nicht zwangsläufig zum Tode führen, wenn auch die Grabsteine ein anderes Bild zeichnen.

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Das Arbeitsgerät – Wagen, Pferde und Berufskleidung Da es im Circus vorrangig um Wagenrennen ging, ist es notwendig, auch einen Blick auf das Arbeitsgerät des Agitators oder der Aurigae zu werfen. Zwei Aspekte sind dabei zu beleuchten. Einmal handelt es sich um die Fahrzeuge selbst und zum anderen um die Gespanne. Nicht berücksichtigt ­werden an dieser Stelle die Beschaffung der Tiere, weil diese Aufgabe in den organisatorischen Bereich der factiones gehörte. Neben diesen Fragestellungen gilt es, in diesem Abschnitt auch einen Blick auf die Berufskleidung zu werfen. Ohne hier allzu weit vorauszugreifen, sei der Hinweis erlaubt, dass die Berufskleidung – wie heute auch – bestimmte Funktionen besaß, die im Rennen von Bedeutung waren.

Fahrzeuge Beim römischen Rennwagen (currus) stehen wir vor dem Problem, dass wir vor allem durch Bildquellen über sein Aussehen informiert sind, die es im Folgenden zu beleuchten gilt. Dabei müssen wir uns von der Vorstellung trennen, die durch moderne Darstellungen bestimmt ist. Ihnen liegt eher der Triumphwagen (currus triumphalis) mit seinem hohen Wagenkasten und seinem reichen Dekor zugrunde35. Stellen wir uns zunächst doch ­einfach die Frage, was wir heute von einem Rennfahrzeug erwarten. Im Vordergrund steht natürlich die Motorleistung, die wir auch heute noch in PS rechnen. In der römischen Zeit haben wir es im Renngeschehen überwiegend mit Gespannen zu tun, die aus zwei oder vier Pferden bestanden. Eine relativ alte Gespannform ist das Dreigespann (triga)36. Darüber hinaus sind aber auch Sechsspänner und gelegentlich Zehnspänner (decemiugae) bekannt. So zeigt etwa ein Tonmodel aus Ostia, das in das 3. Jh. n. Chr. datiert wird, ein derartiges Gespann. Allerdings wird man sich fragen müssen, wie Rennen mit solchen großen Gespannen gestartet wurden. Die einzelnen Boxen der carceres waren definitiv zu schmal, um zehn Pferde nebeneinander aufnehmen zu können. Über die Zahl der Gespannpferde hat sich auch die Klassifikation der Fahrzeuge ergeben. So handelt es sich bei dem Begriff „bigae“ um die verkürzte Form von „biiugae“, das in seiner Grundbedeutung zunächst nichts anderes bedeutet als zwei Zugtiere unter einem Joch, ohne sich zunächst auf eine bestimmte Art der Zugtiere festzulegen, sich dann aber doch überwiegend auf Pferdegespanne bezieht37. Analog ist so auch der Begriff der Quadrigae, der Viergespanne, zu erklären38. Was erwarten wir heute sonst noch von einem Rennfahrzeug? Es bedarf einer guten Straßenlage und sollte leicht sein. Eine gute Straßenlage

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erzielt man in der Regel dadurch, dass man den Schwerpunkt des Fahrzeuges tieflegt. Dieses Problem lässt sich verhältnismäßig einfach lösen, indem man Räder mit einem kleineren Durchmesser verwendet, der ­Wagenkasten also nicht allzu viel über dem Boden liegt. Ursprünglich ging Junkelmann davon aus, dass der Durchmesser der Räder im Regelfall die 0,60 m nicht überschritten haben dürfte oder sogar darunter blieb. Später revidierte er diese Angabe geringfügig. Die Räder hätten einen Durch­messer von 0,75 m besessen. Anders ausgedrückt, haben wir bei den Wagen eine Bodenfreiheit von etwas mehr als 0,37 m. Die Anzahl der Speichen bei den Rädern schwankt zwischen vier und sechs, wie zahlreiche Reliefs und Mosaiken belegen. Sicherlich vorteilhaft für die gute Straßenlage war die Positionierung der Achse und ihre Länge. Ihre Gesamtlänge liegt bei 1,90 m, während die Spurbreite 1,65 m ausmacht. Die Achse war nach hinten verschoben, wie man sehr gut auf einem Mosaik aus der Villa von Piazza Armerina erkennen kann oder auf einem Sarkophag in den ­Vatikanischen Museen (Sala della Biga 609). Diese Darstellungen sind natürlich nicht unproblematisch, weil sie Achspositionierungen zeigen können, so auf einem Sarkophagrelief aus Aquino, bei denen die Räder der dargestellten Fahrzeuge weit nach vorne geschoben sind. Da aber nun der Wagenlenker weiter vorne im Wagenkasten stand, konnte das Fahrzeug relativ gut ausbalanciert werden.

Abb. 51 Die von Junkelmann vorgelegte Rekonstruktion zeigt einen typischen Rennwagen (currus circensis) der Kaiserzeit. Der Wagen zeichnet sich durch die Verwendung von leichten Baumate­ rialien aus.

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Der Wagenkasten selbst bestand überwiegend aus leichtem Holz und wahrscheinlich auch aus Flechtwerk oder Leder. Auch hier sind Reliefs und Mosaiken unsere wichtigsten Quellen. Damit hatte der Wagenkasten eine große Stabilität. Von der Größe her wird er etwa 0,55 x 0,55 m groß gewesen sein und seine Höhe dürfte die 0,75 m nicht überschritten haben. Folgt man den bildlichen Darstellungen, so scheinen die Wagenkästen aber niedriger gewesen zu sein, selbst wenn man handwerkliches Unvermögen oder künstlerische Intentionen berücksichtigt (Abb. 51). Es bleibt noch die Frage nach der Deichsel und dem Joch. Aus unseren Quellen wissen wir, dass die Pferde mit Deichsel und Joch angespannt wurden. Für die Deichsel, die starr angebracht war, können wir eine Länge von 2,50 m annehmen. Das Joch, so Junkelmann, soll 0,90 m breit gewesen sein. Dies gilt für alle Wagentypen und lässt sich an der Art der Schirrung erklären, bei der nur die inneren Pferde unter dem Joch ­liefen, während die äußeren unter Leinen liefen. Um die äußeren Pferde mit dem Wagen zu verbinden, waren direkt am Wagenkasten entsprechende Ösen angebracht. Insgesamt, so Junkelmann, dürfte der komplette Wagen alleine nicht mehr als 30 kg gewogen und mit dem Fahrer ein Gesamt­ gewicht von etwa 100 kg besessen haben. Im Chaos des Rennens war es natürlich auch wichtig, die Gespanne voneinander unterscheiden zu können. So war es verständlich, dass sie einen Anstrich in den Farben ihrer factio aufwiesen.

Gespanne Wir haben bereits gesehen, dass die Klassifikation der Wagen im Rennen über die Anzahl der Gespannpferde erfolgte. Kann man sich dies bei den Bigae oder auch noch bei den Quadrigae gut vorstellen, so wird dies bei ­Gespannen mit noch mehr Tieren problematisch. Aber selbst bei den Normalgespannen gibt es gegenüber der Art des Anspannens große Unterschiede. Während heute Gespanne mit dem Kummet, einem Schultergeschirr, vor Kutschen laufen, gingen die Pferde bei der Biga beide unter dem Joch. Sie werden daher als iugales (von iugum [Joch] kommend) bezeichnet. Gleiches gilt auch für die beiden mittleren Pferde der Quadriga. Bei letzterer sind die zusätzlichen Pferde durch Leinen mit dem Wagen verbunden. ­Aufgrund dieser Schirrart werden sie funales genannt. Dabei sind die ­Zugseile um den Hals der Tiere gelegt worden. Man mag vermuten, durch die Belastung während der Fahrt sei der Hals zugeschnürt worden. Diese Annahme wird von Junkelmann zu Recht negiert mit der Begründung, Wagen samt Fahrer seien von so geringem Gewicht, als dass sie einen entsprechenden Druck auf die Seile hätten ausüben können.

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Wohl besonders kräftige und zuverlässige Pferde wurden als iugales eingesetzt. Für das Renngeschehen besonders wichtig waren aber die Außenpferde. Dabei musste das rechte Außenpferd (funalis dexter) das schnellste sein, weil es in der Rennbahn die längste Strecke zurücklegen musste, während das linke Außenpferd (funalis sinister) das eigentliche Führungspferd war. Es musste nämlich aufgrund seiner physischen Leistungsfähigkeit und seiner Erfahrung mit der Problematik der engen Linkskurven an den metae zurechtkommen.

Pferde Zu den Arbeitsgeräten zählten auch die Pferde. Hier sollen uns zwei Fragen interessieren, nämlich um was für Tiere es sich handelte und wo sie herkamen. In Darstellungen treten sie uns als wohlproportionierte Wesen entgegen. Die wichtigste Aussage, die im Zusammenhang mit den Pferden zu treffen ist, bezieht sich auf deren Größe. Während wir bei heutigen Pferden von einem Stockmaß von 1,60–1,65 m ausgehen, lag dieses bei antiken Pferden nur bei 1,35–1,55 m. Das entspricht etwa dem Stockmaß eines modernen Ponys. Mit dem antiken Pferd sind von der Größe her ebenfalls die Tiere vergleichbar, die heute noch in Nordafrika oder im Nahen Osten gezogen werden (Abb. 52). Mit der Größe hängt natürlich auch die Frage der Propor-

Abb. 52 Berber Zafira Al Saïda. Mit einem Stockmaß von 145–157 cm entspricht diese Pferderasse, in Nordafrika beheimatet, vom Körperbau her am ehesten den bei den ­Rennen im Circus verwendeten Pferden.

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tion zusammen. Die Pferde waren selbstverständlich auch schmaler gebaut. nur so kann man sich vorstellen, wie etwa Quadrigen aus den engen startboxen überhaupt starten konnten. Weiter kann man davon ausgehen, dass die rennpferde auf ausdauer gezüchtet waren, wenn man sich die renndistanzen vor augen führt. in diesem Bereich entsprachen sie den modernen araberpferden. Wesensmäßig waren es temperamentvolle tiere, die ganz darauf ausgerichtet waren, im rennen als erste ans Ziel zu gehen, unabhängig von den äußeren umständen. Deutlich wird das aus einer episode, die Plinius überliefert. Bei einem rennen seien die Pferde eines gespanns so ungestüm gestartet, dass der Fahrer noch in der startbox aus dem Wagen geschleudert worden sei. Doch die Pferde hätten auch ohne Fahrer gesiegt (Plin. nat. 8, 160). aber auch Ovid berichtet vom temperament der tiere (Ov. met. 2, 153–155; Ov. trist. 5, 9, 29–30). Die zweite Frage zu beantworten, wäre sicherlich schwieriger, wenn die römer nicht so rennbegeistert gewesen wären und in inschriften die namen der siegreichen rennpferde verewigt hätten. grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass italien allein kaum den Bedarf an rennpferden decken konnte, obwohl unsere Quellen die Pferdezucht etwa in apulien und calabrien belegen (z. B. Plin. nat. 37, 202). selbst wenn man sizilien – aus römischer sicht eine Provinz – hinzuzieht, konnte der Bedarf nicht gedeckt werden. anhand des vorliegenden materials lassen sich einige Zuchtgebiete erkennen und darüber hinaus auch, wann die Pferde aus diesen gebieten besonders nachgefragt

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waren. Für das 1. und 2. jh. n. chr. waren besonders tiere aus afrika beliebt39. Die Zahl der mit afrikanischen Pferden eingefahrenen siege war enorm. Die schon genannten spitzenfahrer Diocles und gutta bevorzugten tiere dieser herkunft. Bei der auswertung einer anderen überlieferten inschrift ergab sich, dass von 74 der genannten tiere 46 der Provinz africa Proconsularis entstammten. Prozentual ausgedrückt bedeutet dies 62 zu 48 Prozent. Diese restlichen 48 Prozent kamen aus den unterschiedlichsten teilen des imperiums40. auf diese wird später noch einzugehen sein. um den großen Bedarf in den rennbahnen der Zeit zu decken, entstanden in afrika gestüte. sicher belegt ist z. B. ein solches gestüt in thagaste, heute souk-arhas in algerien. Der Besitzer war ein gewisser sorothus, der es allerdings vorzog, in hadrumetum (sousse) zu leben. thuillier folgerte aus der großen Distanz, die zwischen thagaste und hadrumetum lag, dass die geschäfte des sorothus außerordentlich umfangreich gewesen seien41. im 3. und 4. jh. n. chr. verlagerten sich die schwerpunkte der Pferdezucht auf die iberische halbinsel und nach Kappadokien. ein eindrucksvolles Zeugnis, das die rolle der Pferdezucht auf der halbinsel spiegelt, liefert die Korrespondenz des symmachus im Zusammenhang mit der ausrichtung von circusspielen im jahre 401 n. chr.42. aber auch die Bemühungen antiocheias, Pferde von dort zu erlangen, spiegeln deren Bedeutung wider. aus den inschriften wird aber auch deutlich, dass in anderen regionen des imperiums rennpferde gezüchtet wurden. Für griechenland sind Pferdezuchten in thessalien, aitolien, arkanien und epidauros belegt, ebenso für lakonien. Bedeutung für die Pferdezucht hatte aber auch gallien.

Berufskleidung

abb. 53 statue eines Wagenlenkers mit siegespalme (rom, Vatikanische museen).

Wie heute auch, hatten in der antike verschiedene Berufe ihre spezifische Berufsbekleidung, so auch die rennfahrer. Die Wurzeln der römischen renntracht sind bei den etruskern zu finden. Bis in augusteische Zeit hinein trugen die Fahrer eine tunica mit kurzen ärmeln, die bis zur mitte der Oberschenkel reichte. an der taille war sie gegürtet. ein griechisches Vorbild kann man ausschließen, wenn man sich etwa die statue des Wagenlenkers von Delphi vor augen führt. am auffälligsten ist dabei, dass er ein langes gewand (xystis) trägt. eine Verfestigung der Berufstracht findet sich erst in der Zeit des augustus und ändert sich dann auch nicht mehr wesentlich, wenn man von einigen regionalen eigenarten, auf die noch einzugehen sein wird, absieht. unsere hauptquelle zur tracht der Wagenlenker für die Kaiserzeit sind zahlreiche bildliche Darstellungen. am Bekanntesten ist wohl die marmorstatue eines siegreichen Wagenlenkers aus dem 2. jh. n. chr., die im jahre 1785 in die Vatikanischen sammlungen gelangte (abb. 53). Die statue selbst war stark

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beschädigt und wurde restauriert, doch tangiert dies den Quellenwert für unsere Fragestellung nicht, da die Beobachtungen, die man an dieser Statue machen kann, durch eine Vielzahl anderer Darstellungen bestätigt werden. Dabei handelt es sich um die unterschiedlichsten Materialien, so etwa Darstellungen auf Mosaiken, Lampen oder auch um weitere Statuen. Wie schon in voraugusteischer Zeit üblich, trägt der Fahrer aus den Vatikanischen Sammlungen eine kurze Tunica. Diese war in der Farbe der factio gehalten, was man der Statue heute nicht mehr entnehmen kann. Belege dafür ­finden sich aber in einem Mosaik, das aus einer Villa an der Via Cassia bei Rom stammt und um 200 n. Chr. datiert wird. Ein weiterer Beleg findet sich auf einem Mosaik, das aus einem Grabbau in Rom stammt. Beide ­genannten Mosaiken befinden sich im Museo Nazionale Romano, dem Thermenmuseum. Zur Kleidung gehörten auch noch kurze Hosen, die kaum länger waren als die Tunica. Der Brustkorb war mit Bändern oder Riemen umwickelt, die mit einem senkrechten Lederriemen vor der Brust zusammengehalten ­wurden. Dieser Bestandteil der Tracht hatte definitiv die Aufgabe, den Fahrer vor schweren Verletzungen zu schützen. Die Bekleidung wurde vervollständigt durch Wickelgamaschen, die man gut auf den bereits genannten Mosaiken erkennen kann, und Halbschuhe. Um Kopfverletzungen vorzubeugen, ­trugen die Fahrer Kappen aus Leder, wie man sie etwa von einem Porträtkopf kennt, der sich heute im Louvre befindet. Wichtig für den Fahrer und daher auch immer zur Ausrüstung gehörig waren eine kurze Peitsche und ein gebogenes Messer. Eine Variante des Brustschutzes zeigt ein um 400 n. Chr. entstandenes Mosaik aus Dougga, heute in Tunis, Musée du Bardo. Es zeigt den Rennfahrer Eros auf seiner Quadriga. Der Brustschutz lässt sich recht prägnant als Korsett bezeichnen, dessen Schnürung vor der Brust ist. Einen ähnlichen Schutz kann man auf dem Mosaik mit dem großen Wagenrennen aus Piazza Armerina erkennen, welches in die erste Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. gehört. Besonders bei dem Brustschutz lassen sich aber regionale Unterschiede erkennen. Funde aus Gallien – hier in Malereien aus Auxerre – und Britannien – Tonplatten aus Colchester – zeigen Fahrer, die komplett mit Lederriemen eingewickelt sind. Eine vergleichbare Tracht zeigt die Darstellung im Spiegel einer Lampe, deren Entstehung um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. datiert wird. Thuillier denkt durchaus daran, hier eine Tradition in den nordwestlichen Provinzen des Römischen Reiches zu sehen. Auf der anderen Seite scheint man in Gallien aber auch auf jegliche Schutzkleidung verzichtet zu haben. Auf dem Lyoner Mosaik und auf Malereien, die aus einer Villa in Liégaud, in der Nähe von Limoges gelegen, stammen, scheinen die Fahrer lediglich in der Tunica zu fahren.

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Fahrer und ihre Rennkarrieren Die Rennfahrer und ihr Können bildeten den Ausgangspunkt für die Faszination des Circus. Daher gilt es, die verschiedenen Aspekte zu beleuchten. Es stellen sich die Fragen nach ihrer Herkunft, ihrer Lebensführung, ihrer Rennlaufbahn und ihrem Leben nach der aktiven Zeit.

Die Herkunft Die wichtigsten Quellen zur sozialen Herkunft der Wagenlenker sind vor allem deren Grabinschriften. Insgesamt sind uns aus der Kaiserzeit 229 Wagen­ lenker namentlich bekannt. Dies muss auch nicht verwundern, weil wir es nunmehr mit einer inflationären Entwicklung der ludi zu tun haben und die gestiegene Anzahl von Rennen auch mehr Personal benötigte. Daher erklärt sich auch das vermehrte epigraphische Material. Aus den Inschriften lässt sich ablesen, dass die Masse der Berufsfahrer aus bescheidenen sozialen Schichten kam. Dabei handelte es sich überwiegend um Sklaven und Freigelassene. Der Anteil der freigeborenen Fahrer lag nur bei wenigen Prozenten. In mehr als der Hälfte der Inschriften wurden die Genannten ausdrücklich als Sklaven oder Freigelassene bezeichnet. Darüber hinaus geben auch die Namen eindeutige Hinweise auf die soziale Stellung der Fahrer. Auf Sklaven deuten Namen hin, die ihren Ursprung in historischen Persönlich­keiten oder mythologischen Figuren haben. Belegt sind Namen wie Alexander, Castor, Crescens, Diocles, Dionysos, Epaphroditos, Eutyches, Felix, Fortunatus, Orpheus, Philippus, Polyphemus usw. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, in diesen Namen Künstler- oder Kampfnamen zu vermuten. Das geringe Vorkommen von Mitgliedern anderer sozialer Schichten unter den Rennfahrern erklärt sich mit mehreren Gründen. Einmal waren die Chancen, im Circus während des Rennens ums Leben zu kommen, sehr hoch. Zum anderen gehörte der Stand nicht zu den angesehenen und brachte eine soziale Abseitsstellung mit sich. Allerdings war die soziale Stellung der Rennfahrer höher angesiedelt als die der Gladiatoren. Sie litten nicht wie diese unter der infamia, d. h. ihr Gewerbe wurde nicht als Schandfleck an­ gesehen und war daher auch nicht mit dem Verlust bürgerlicher Rechte verbunden (Tert. de spect. 22). War man als Rennfahrer allerdings erfolgreich, so gewann man nicht nur ein Vermögen, sondern erfuhr auch einen sozialen Aufstieg. Als Liebling der Massen waren die Fahrer in der Stadt omni­präsent, wie man einer Stelle bei Martial entnehmen kann. Er schrieb über den ­Wagenlenker Flavius Scorpus, der uns noch weiter begegnen wird: „Überall funkelt einem die goldene Nase des Scorpus entgegen“ (Mart. epigr. 5, 25). Weitaus bedenklicher als dieser Starkult war das Ver-

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halten, das von den Stars der Rennbahn an den Tag gelegt wurde. Unsere Quellen berichten davon, sie hätten sich zeitweise in einem rechtsfreien Raum bewegt. Streiche, Betrügereien und Körperverletzungen blieben für sie aufgrund ihrer Popularität straffrei. Dieses Verhalten ging selbst Nero, dem begeisterten Anhänger des Circus, zu weit, so dass er eingriff (Suet. Nero 16). Bei den freien Fahrern lag das Motiv für die Berufswahl sicherlich in den sehr guten Verdienstaussichten, wenn man für diese Tätigkeit talentiert war. Der Reiz des Geldes und die Aura eines erfolgreichen Sportsmannes waren so groß, dass in den Jahren 19 und 11 v. Chr. Senatsbeschlüsse herbeigeführt werden mussten, um freie römische Bürger von der Rennkarriere abzu­ halten. Dabei setzte man auf Altersgrenzen, nach denen man erst nach dem 25. Lebensjahr diese Laufbahn beschreiten durfte, also im Grunde bereits zu alt für den Beruf war43. Auch die Sklaven – wenn sie denn die Möglichkeit der Wahl hatten – durften sich Hoffnungen auf die Freiheit und ein großes Vermögen machen. Bei Publikumslieblingen wurde oft gefordert, diese freizulassen. Diese Freilassungen waren aber nicht auf Rom beschränkt. Dies legt etwa eine Inschrift aus Valeria, dem heutigen Valera de Arriba (Spanien), nahe. Ein Aelius ­Hemeros, der im Alter von 33 Jahren verstarb, war vermutlich der Sohn eines Staatssklaven, der aufgrund seiner Erfolge im Circus des Status des Freigelassenen erreichte44. Claudius sah sich gezwungen, übertriebenen Forderungen nach Freilassung per Gesetz Einhalt zu gebieten. Ein dominierender Grund aber für die Häufigkeit an Sklaven dürfte der Kostenfaktor sein. Das Lenken eines Rennwagens bedurfte einer langen Ausbildung. Konnte ein freier Bürger möglicherweise sofort danach seine factio verlassen, ehe er ­einen Gewinn gebracht hatte, war der Sklave Eigentum der factio und stand damit längerfristig zur Verfügung.

Die Ausbildung Der Rennbetrieb, der von den factiones betrieben wurde, bedurfte zahlreicher Menschen unterschiedlicher Qualifikationen. Hier bot sich dann auch das Reservoire für die künftigen Rennfahrer. Man kann sich unschwer vorstellen, wie das Management unter den Stallburschen und anderen Hilfskräften nach Talenten Ausschau hielt. Eine Ausbildung als Fahrer dürfte etwa mit 13 Jahren begonnen haben, weil mit diesem Alter langsam auch die physischen Eigenschaften erreicht wurden, um einigermaßen mit ­Gespannen umgehen zu können. Die künftigen Rennfahrer wurden mit Sicherheit nicht sofort in das reale Renngeschehen geschickt. Vielmehr werden sie langsam auf ihre Aufgabe vorbereitet worden sein. Dies impliziert, dass mit den kleinsten Gespannen,

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den Bigae, gearbeitet wurde. Als Beleg dafür kann exemplarisch eine Grabinschrift aus Tarragona (Spanien) herangezogen werden, die von Flavius Rutinus und Sempronia Diofania für ihren Sklaven Eutyches gesetzt wurde. Eutyches, der im Alter von 22 Jahren wohl aufgrund einer Erkrankung verstorben war, wird als rudis auriga, also als unfertiger Fahrer, bezeichnet45. Die Formulierung legt nahe, Eutyches habe entweder sehr spät mit seiner Ausbildung begonnen oder er habe nicht über ein besonderes Talent für den Rennsport verfügt. Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man sich die Fahrer in einem vergleichbaren Alter anschaut, die zu den Großverdienern zählten.

Die Laufbahn Über die Laufbahn von Wagenlenkern sind wir vor allem durch Inschriften gut informiert. Dabei zeichnet sich ein sehr differenziertes Bild ab. Auf der einen Seite haben wir die erfolgreichen Fahrer, die mehr als 1 000 Siege errangen und aufgrund dieses Umstandes milliarii genannt wurden, während es andererseits eine große Zahl von Fahrern gab, denen der große Erfolg in der Arena verwehrt blieb und die früh durch Unfälle starben. Schauen wir zunächst auf die Elite der Rennfahrer. Zu den am besten bekannten Karrieren zählt die über 20-jährige Laufbahn des Gaius Appuleius Diocles, der im Jahre 105 n. Chr. in der Provinz Lusitania zur Welt kam. Sein erstes Rennen fuhr er im Alter von 17 Jahren, also im Jahre 122 n. Chr. Dabei vertrat er die factio ­albata, die Weiße Partei. Zwei Jahre später erzielte er für diese den ersten Sieg. Im Jahre 128 n. Chr. entschloss sich Diocles, seinen Arbeitgeber zu wechseln und für die Grüne Partei zu fahren. Nach einer relativ kurzen Verweildauer von drei Jahren wechselte er zur Roten Partei, bei der er bis zu seinem Karriereende im Jahre 147 n. Chr. blieb. Er zog sich danach nach Praeneste, dem heutigen Palestrina, zurück. Nicht allein die Dauer der Karriere lässt Respekt aufkommen. Auch seiner Erfolgsbilanz, die durch die Inschrift überliefert wird, ist überaus eindrucksvoll. Insgesamt startete Diocles 4 257-mal. Dabei erzielte er insgesamt 1 474 Siege, bei denen die Siege mit Quadrigae 1 462 ausmachten, jene mit Bigae sechs, mit Trigae vier und mit dem Sechsergespann zwei. Der Inschrift ist auch weiter zu entnehmen, welche Platzierungen Diocles bei den Rennen mit den Quadrigae erzielte. So erreichte er 861-mal den zweiten Platz, 576-mal den dritten und nur ­einmal den vierten. Die Inschrift beleuchtet zugleich noch einen Aspekt des Renngeschehens, indem sie darauf hinweist, dass es Rennteams gab. Neben dem Einzelstart konnten die factiones zwei oder drei Wagen an den Start schicken. Beim Einzelstart siegte Diocles 1 064-mal, im Zweierteam 347-mal und im Dreierteam 51-mal. Die Frage bleibt, was Diocles mit seinen ganzen Erfolgen verdient hat? Als er sich zur Ruhe setzte, hatte er 35 863 120 Sesterzen erwirtschaftet. Diese

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Summe muss nicht verwundern, wenn man von Siegesprämien ausgeht, die zwischen 15 000 und 60 000 Sesterzen schwankten. Dass Gaius Appuleius Diocles mit seinen Erfolgen nicht allein dastand, belegt die Karriere seines Zeitgenossen Publius Aelius Gutta Calpurnianus, der 1 127-mal im Circus siegte. Wie Diocles fuhr er für alle vier factiones. Betrachtet man seine Statistik, so scheint die kürzeste Verweildauer bei der Roten Partei gewesen zu sein. Hier sind nur 78 Siege belegt. In der Zeit für die Weiße Partei fuhr er 102 Siege ein, für die Grüne 364 und schließlich für die Blaue 583. Ein unmittelbarer Vergleich zwischen Diocles und Gutta ist jedoch nicht möglich, weil die Angaben über die Platzierungen bei Letzterem fehlen, die in der Inschrift für Diocles aufgeführt werden (CIL VI 10047)46. Einen anderen Wagenlenker rühmt Martial in seinen Epigrammen mehrfach. Es handelt sich dabei um den schon erwähnten Flavius Scorpus. Insgesamt hat er in 2 048 Rennen gesiegt und große Summen verdient. Dies hat bei Martial einen gewissen Neid hervorgerufen. In den Epigrammen gibt er die Siegprämie an, indem er schreibt: „… während Scorpus in einer einzigen Stunde fünfzehn schwere Säcke mit Gold als Sieger davonträgt.“ (Mart. epigr. 10, 74). Allerdings muss man sich auch die Frage stellen, um welchen Preis dies geschah. Schon mit 27 Jahren fand er nämlich den Tod, wie man es weiteren Epigrammen entnehmen kann. Dort heißt es:„Ich bin jener Scorpus, der Ruhm des lärmenden Circus, von Beifall umrauscht, war ich dein kurzlebiger Liebling, den die neidische Parze hinweggerafft hat in seinem 27. Jahr, indem sie die Palmen zählte, hielt sie mich für einen Greis“ (Mart. epigr. 10, 53). Dass es sich hier um einen Berufsunfall handelt, belegt eine weitere Stelle in den Epigrammen: „Betrogen um die Blüte deiner Jugend, Scorpus, bist du gefallen und allzu früh spannst du die dunklen Pferde des Todes ein. Warum nur wurde der Wendepunkt im Circus, dem du so oft in ­rasender Fahrt mit deinem Wagen zugestrebt, zum Endpunkt deines ­Lebens?“ (Mart. epigr. 10, 50). Die Liste der Rennstars lässt sich problemlos noch erweitern. So siegte ein Pompeius Epaphroditus 1 467-mal und ein Pompeius Muscolus 3 559mal. Eine Betrachtung der Spitzenfahrer wäre sicher unvollständig, wenn man Porphyrios ausließe. Mit ihm verlassen wir die römische Kaiserzeit und ­nähern uns dem byzantinischen Zeitalter, in dem aber die Tradition des ­Circus ungebrochen blieb. Dem Porphyrios, der in das frühe 6. Jh. n. Chr. gehört und der als einer der erfolgreichsten Wagenlenker aller Zeiten galt, wurden im Hippodrom von Konstantinopel insgesamt sieben Ehrendenkmäler gesetzt47. Weil er im Laufe seiner langen Karriere, die mehr als 40 Jahre dauerte, mehrfach die Parteien wechselte – so wie die Spitzenfahrer der Kaiserzeit – traten sowohl die Blauen als auch die Grünen als Stifter dieser Denkmäler auf. Als Beleg für diese lange Karriere kann die griechische Inschrift auf einem der Sockel herangezogen werden. Dort heißt es:„Die einen verdanken ihre Statuen dem Alter, die anderen aber brauchen keine grauen

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Haare, um als Sieger zu gelten, sondern ihr natürliches Können, aus dem der Ruhm entspringt, weshalb Porphyrios zweimal die Ehre solcher Stiftungen erlangt hat. Dein Alter noch nicht einmal nach Jahrzehnten zählend, scharen sich deine Siege zu vielen Hunderten und alle errungen in größter Eleganz.“48 Bei den Ehrendenkmälern, die auf der Barriere standen, handelte es sich um vergoldete Bronzestatuen auf Basen. Während die Bronzen im Laufe der Jahrhunderte dem Metallraub zum Opfer fielen, blieben zwei der Sockel erhalten (Abb. 54), die sich heute im Archäologischen Museum von Istanbul befinden. Sie sind 2,85 m bzw. 3,57 m hoch. Ihre Reliefs beleuchten die verschiedenen Aspekte des Circuslebens, verständlicherweise aus dem Bereich der Siege. Zugleich verdeutlichen sie aber auch, dass die Stars der Rennbahn nicht ortsgebunden waren. Darstellungen der Tyche von Nikomedeia, dem heutigen İzmit, und der Tyche von Berytos, heute Beirut, belegen außerordentliche Siege in den dortigen Hippodromen49. Blicken wir nun auf jene Fahrer, die es nicht unter die milliarii schafften. Besser dokumentiert sind aber dabei die talentierteren. Ursache dafür war der vorzeitige Tod in der Arena. Ein Beispiel dafür ist Crescens, der mit 22 Jahren ums Leben kam. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aber schon Preisgelder in Höhe von 1 600 000 Sesterzen erworben. Das Potential für große Erfolge auf der Rennbahn hatten aber auch die Söhne des Polyneices, der selbst Rennfahrer war und der – wie die Söhne auch – aus dem Sklavenstand kam. Aus der vom Vater gesetzten Inschrift können wir einiges entnehmen (CIL VI 10049). Der eine Sohn, Marcus Aurelius Polyneices, wurde 29 Jahre, neun Monate und fünf Tage alt. Im Laufe seiner Karriere erzielte er 739 Siege. ­Dabei erlangte er 655 für die Rote Partei, 55 für die Grüne, 17 für die Weiße und schließlich 12 für die Blaue. Bemerkenswert ist dabei, dass er 20 Siege mit außergewöhnlichen Gespannen erzielte. Dreimal gewann er mit einem Sechsspänner, achtmal mit einem Achtspänner und sogar neunmal mit ­einem Zehnspänner. Der Bruder, Marcus Aurelius Mollicius Tatianus, wurde 20 Jahre, acht Monate und sieben Tage alt. Aufgrund seiner kürzeren Laufbahn ist seine Statistik nicht ganz so beeindruckend. Er wurde insgesamt 125-mal im Rennen Sieger. Wie die anderen genannten Rennfahrer fuhr er für alle Parteien. Man kann aus den Schicksalen des Scorpus, Crescens und der beiden Brüder ablesen, dass Können nicht vor dem Tod in der Rennbahn schützte. Anfänger dürften hingegen einem besonders hohen Unfallrisiko ausgesetzt gewesen sein. Da bei diesen keine großen Leistungen vorhanden waren, ist deren berufliches Leben nicht so gut dokumentiert. Als Beispiel mag der Grabstein des Florus herangezogen werden, der von seinem Lehrer Ianucerius gesetzt wurde. Auf diesem Stein heißt es:„Das bin ich, Florus, der kleine Wagenlenker, wie ich falle. Als ich beschleunigte, fiel ich in die Schatten der Lethe“ (CIL VI 10078). Die Inschrift beschränkt sich somit auf die Namensnennung und die Todesursache.

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Das leben nach der aktiven Zeit rennen zu fahren war mit physischer leistungsfähigkeit verbunden. Daher schieden diejenigen Fahrer, die bis dahin überlebt hatten, aus dem täglichen renngeschehen aus, sobald diese nachließ. erfolgreiche Fahrer wie etwa Diocles konnten sich nach ihrem Karriereende zur ruhe setzen oder traten in leitender Funktion einer factio bei. auch für die weniger erfolgreichen Fahrer bot die factio nach ihrer aktiven laufbahn weitere möglichkeiten. sie konnten etwa als trainer tätig werden50.

abb. 54 Porphyrios galt als einer der besten rennfahrer aller Zeiten. ihm wurden im hippodrom von Konstantinopel mehrere Denkmäler gesetzt. Davon erhalten sind zwei Basen (heute im archäologischen museum von istanbul, inv. 2995. 5560). Beide Denkmäler wurden im zweiten hof des topkapi saray entdeckt, jedoch nicht als geschlossener Fund (letzter Fund 1963).

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Circusparteien – nichts als Geschäfte Ein Phänomen in der römischen Welt sind die Circusparteien, die factiones. Entgegen einer heute weit verbreiteten Ansicht handelte es sich dabei nicht um „Fanclubs“, wie man sie etwa bei Fußballvereinen findet. Vielmehr ­waren es Wirtschaftsunternehmen, deren Ziel der größtmögliche Gewinn war.

Wie entstanden die factiones? Während in der griechischen Welt die Oberschicht den Rennsport per­ sönlich ausübte oder die Gespanne finanzierte, wie es zahlreiche Belege dokumentieren, kam dies für die Aristokratie Roms überhaupt nicht in Betracht. Dafür gab es einen einfachen, wenn auch heute nicht mehr nachvollziehbaren Grund. Die Angehörigen der römischen Oberschicht standen untereinander im ununterbrochenen Wettstreit um persönliches Ansehen, Ehre und dem daraus resultierenden politischen Einfluss. Eine persönliche Niederlage in jeder Art von Wettkampf bedeutete deren Minderung. Cornelius Nepos brachte diesen Sachverhalt vielleicht etwas vereinfachend, aber doch treffend, auf den Punkt. Er schrieb:„In fast ganz Griechenland galt es als Auszeichnung, bei den Olympischen Spielen als Sieger ausgerufen zu werden. Auch auf der Bühne aufzutreten und sich vor dem Volk zu produzieren, bedeutete für niemanden in diesen Ländern etwas Ehrenrühriges. Bei uns haftet an all dem der Ruch des Schandbaren oder Unfeinen und Unanständigen an“ (C. Nepos Vir ill. praef. 5, Krafft – Olef-Krafft). Das römische Volk hatte aber nun eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber dem Staat und seinen Amtsträgern, die eben aus dieser Oberschicht stammten. Da diese im Regelfall als Einzelpersonen agierten, standen sie vor der Frage, wie sie Wagenrennen durchführen sollten. Aus ihren eigenen Kreisen, die über die nötigen Mittel für diesen teuren Sport verfügten, konnte man kaum Teilnehmer gewinnen. So war es nur logisch, dass man die praktische Abwicklung in private Hände gab, die Fahrer, Wagen und sonstige Infrastruktur zur Verfügung stellten.

Die Geburt der factiones Die Motivlage, die zur Entstehung der Renngesellschaften geführt hat, war recht einfach zu klären. Wann die factiones jedoch genau entstanden und wie viele es zu diesem Zeitpunkt waren, lässt sich nicht eindeutig ermitteln. Gehen wir von den Verhältnissen der späten Republik oder der frühen Kaiserzeit aus, so können wir annehmen, dass es wahrscheinlich schon

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damals mehrere Gesellschaften gab, die zur besseren Unterscheidung – auch im Renngeschehen – durch Farben gekennzeichnet und benannt wurden: die factio prasina (Grüne Partei), die factio veneta (Blaue Partei), die factio russata (Rote Partei) und schließlich die factio albata (Weiße Partei). Sie bestanden wohl schon im 1. Jh. v. Chr. Der ältere Plinius (23/24–79 n. Chr.) berichtete von einem Vorfall aus den 70er Jahren des 1. Jhs. v. Chr. In seiner Natur­ geschichte schildert er nämlich ausführlich die Leichenfeier eines ­gewissen Felix, der als Wagenlenker für die Rote Partei gearbeitet hatte. Aus lauter Verzweiflung über dessen Tod – so Plinius – habe sich ein „Fan“ in die Flammen gestürzt. Während die Roten dies als Ehrerweis interpretierten, hielten die Anhänger der anderen Parteien dagegen, es sei lediglich ein Unfall gewesen (Plin. nat. 7, 186). Dieser Bericht liefert also nicht nur einen terminus ante quem, sondern belegt zugleich die Existenz von mehreren Circusparteien.

Konkurrenten oder Partner – Kooperation verschiedener Gesellschaften Wir stellen uns oft vor, dass die einzelnen Circusparteien in grundsätzlich­er Konkurrenz zu den Mitbewerbern standen. Dieses Bild muss revidiert werden. Aus den Quellen wissen wir, dass es zu Kooperationen zwischen den Renngesellschaften kam. Dabei waren die Blaue und die Grüne Partei jeweils die Seniorpartner. Die Blaue Partei kooperierte mit der Weißen, während die Grüne mit der Roten Partei eine Allianz einging. Diese Kombination sollte bis in byzantinische Zeit reichen und dort ein Standard sein. Mochten die Fans auch die gegnerischen Parteien hassen, so hatten die Parteien untereinander aus wirtschaftlichem Interesse heraus kartellartige Strukturen ent­wickelt. Als Beleg dafür kann eine Episode aus dem Jahre 54 n. Chr. angeführt werden, die von Cassius Dio überliefert wird. Im Rahmen seiner Amtsführung als Praetor sollte Aulus Didius Gallus Fabricius Veiento Rennen durchführen. Die Kosten, die durch die factiones angesetzt wurden, schienen ihm deutlich überhöht. Gaben die Nebenparteien bei den Vertragsverhandlungen scheinbar nach, blieben die Grüne und die Blaue Partei hart, wohl wissend, dass ein Rennen mit nur zwei Parteien kaum den Wünschen des Publikums entsprach. Der Praetor, der von Natur aus ein recht spöttischer Mensch war und auch nicht immer an die Konsequenzen dachte, ließ daraufhin Hunde trainieren. Nero beendete die Geschichte, indem er die Kosten übernahm (Cass. Dio 66, 6, 1). Vielleicht kann man die Einführung von zwei weiteren Renngesellschaften – der Goldenen und der Purpurnen – unter Domitian als Versuch werten, die Macht des Kartells zu reduzieren. Diese beiden Parteien überlebten Domitian aber nicht lange (Suet. Dom. 7).

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Die factiones im Wandel der Zeit Im Laufe der Darstellung haben wir gesehen, dass die Zahl der Renntage und die Anzahl der Rennen pro Veranstaltung während der Kaiserzeit enorm angestiegen war. Das Kartell der factiones hatte seine Position immer ­weiter ausbauen können. Die Konsequenz bestand darin, dass die Spielegeber – und damit auch die öffentliche Hand (der Kaiser) – die Kosten für die ­großen Veranstaltungen kaum noch tragen konnten. Während des 3. und. 4. Jhs. n. Chr. vollzog sich ein genereller Wandel: In die römische Verwaltung zog ein gewisser Zentralismus ein, der auch das große Segment der Massenunterhaltung umfassen sollte. Die Durchführung der Spiele – auch im Circus – ging in die Regie des Staates über. Gerne wird in diesem Zusammenhang von einer Verstaatlichung der Renngesellschaften gesprochen. Das deutlichste Kennzeichen für den Wandel von einem gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen zu einem Staatsunternehmen, das andere Zielsetzungen verfolgte, dokumentiert sich an der Spitze der factio. Aus dem dominus factionis51, der aus dem Ritterstand kam, wurde der factionarius, der auch aus anderen gesellschaftlichen Kreisen stammen konnte. Altgediente Fahrer oder andere Mitarbeiter einer factio konnten an deren Spitze gelangen, wobei dann nicht unbedingt die Qualifikation vorhanden war. Wie wir aber aus der jüngsten Geschichte wissen, entwickeln Staatsbetriebe schnell organisatorische und wirtschaftliche Defizite. Im späten 4. Jh. scheinen die Renngesellschaften, die Rom tätig waren, kaum noch in der Lage gewesen zu sein, Pferde in ausreichender Qualität zur Verfügung stellen zu können. Ein wichtiger Zeuge dafür ist Symmachus, der sowohl unter seinem eigenen Namen als auch unter dem Namen seines Sohnes Memmius nicht weniger als drei Rennveranstaltungen zwischen 391– 401 n. Chr. durchführte. Seine Korrespondenz gibt tiefe Einblicke in das Geschehen52. Nach der klassischen Verfahrensweise hätte Symmachus die Renngesellschaften mit der Organisation der Circusspiele beauftragt. Stattdessen finden wir ihn damit beschäftigt, geeignete Pferde zu beschaffen. Die ersten Vorbereitungen für die Spiele von 401 n. Chr. fielen schon in das Jahr 399 n. Chr. Zwar gab es Fachleute, welche die Pferde einkauften, doch benutzte Symmachus auch alle seine privaten und politischen Kontakte, um zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. So überliefern seine Briefe, dass er die Präfekten Italiens und Spaniens und den Vicarius von Spanien, den höchsten Verwaltungsbeamten und Vertreter des Kaisers, für seine Ziele einspannte. Selbst Flavius Stilicho, der sich als geschäftsführender Minister des Kaisers Honorius zu dieser Zeit mit großen außen- und innenpolitischen Problemen auseinanderzusetzen hatte, wurde in die Bestrebungen des Symmachus eingebunden. Wäre der Aufwand nötig gewesen, wenn es noch wirklich funktionierende Renngesellschaften in Rom gegeben hätte?

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Ausbreitung der factiones Die eben geschilderten Entwicklungen innerhalb der Renngesellschaften brachten aber noch andere Veränderungen mit sich. Sahen wir während der frühen und mittleren Kaiserzeit die factiones in Rom als ausführende Kräfte von Rennveranstaltungen, so sollten sie sich nach der Überführung in die Staatsregie auch in den Provinzen etablieren. Es bleibt aber die Frage, in welchem Umfang dies geschah. Zur Beantwortung stehen uns verschiedene Quellen zur Verfügung. Dabei handelt es sich um Inschriften, aber auch um Mosaiken und Objekte aus dem Bereich des Kunsthandwerks, die aber nicht vollständig angeführt werden können. Versuchen wir anhand dessen die Existenz von factiones in den Provinzen des Reiches nachzuweisen. Das Material ist allerdings zu gering, um dies für jede einzelne Provinz durchzuführen, so dass wir auf Großräume beschränken müssen. Beginnen wir mit Afrika. Hier sind die factiones mehrfach belegt. Hervorgehoben werden kann etwa eine Inschrift aus Karthago, welche die Grüne Rennpartei nennt. Darüber hinaus belegen „Fluchtafeln“, die sich gegen Angehörige bestimmter Renngesellschaften richten, die Existenz der factiones in Afrika. Weitaus dürftiger ist das Material für die Iberische ­Halbinsel. Dies erstaunt insofern, als sich hier ein bedeutendes Zentrum der antiken Pferdezucht befand. Für Tarragona jedenfalls ist epigraphisch die factio veneta belegt; diese Inschrift impliziert damit aber auch die Existenz der anderen factiones. Blicken wir noch auf das Vorkommen von Renngesellschaften in Frankreich, so dokumentieren Funde wie das Circusmosaik aus Lyon (vgl. Abb. 25) oder Medaillons deren Vorhandensein. Für die übrigen Gebiete im Westen des Römischen Reiches ist es müßig, nach Renngesellschaften zu suchen, wenn man die geringe Zahl der nachgewiesenen Circusanlagen betrachtet. Schauen wir auf den östlichen Teil des Imperiums, so wird unser Bild von der Situation im spätantiken und frühbyzantinischen Konstantinopel geprägt. Hier gab es factiones, die sehr stark das öffentliche Leben prägten, die zu Exponenten politischer Richtungen werden konnten. Der letztgenannte Aspekt kann hier nicht weiter verfolgt werden. Andererseits gilt es aber zu beachten, dass wir im Osten mit einer anderen Tradition des Rennsports rechnen müssen. Noch während der Kaiserzeit haben hier nach alter Sitte Privatleute ihre Gespanne ins Rennen geschickt. Ein Wandel lässt sich wohl erst zu Beginn des 4. Jhs. n. Chr. konstatieren. Als Ursache dürften sich finanzielle und praktische Gründe anführen lassen, wie bereits Humphrey vermutete. Allerdings sollte man auch nicht die veränderte politische Situation außer Acht lassen: Mit der endgültigen Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Konstantinopel etablierten sich viele aus dem Westen stammende wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen nachhaltig im Osten. Wenn man auf die Metropolen im Osten des Imperiums schaut, sieht man das

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Entstehen der Renngesellschaften in Alexandria im frühen 4. Jh. n. Chr., in Konstantinopel erstaunlicherweise erst gegen Ende des 4. Jhs. und in Antiocheia am Orontes etwa um 450. In anderen Städten entstanden factiones dann bis zum Ende des 6. Jhs. Aus unseren Quellen wissen wir aber auch, dass die Renngesellschaften auf Tour gingen oder zumindest Fahrer und Material für Veranstaltungen an anderen Orten als dem „Firmensitz“ zur Verfügung stellten. In diesem Kontext darf man vielleicht noch einmal auf Porphyrios hinweisen, der nicht nur in Konstantinopel, sondern auch in Nikomedeia und Berytos für seine Gesellschaft siegte.

Die factio als Wirtschaftsbetrieb – Personal und Firmensitz Eingangs wurde bereits kurz erwähnt, dass das Ziel einer factio darin bestand, den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. Dieses Unternehmensziel setzte eine komplexe Struktur voraus, die sowohl das Personal als auch die entsprechenden baulichen Einrichtungen umfasste. Es lassen sich so durchaus Vergleiche zu modernen Wirtschaftsunternehmen ziehen. An der Spitze des Unternehmens stand der dominus factionis, dessen Funktion man mit der eines geschäftsführenden Direktors vergleichen kann. Er war mit Sicherheit verantwortlich gegenüber den Geschäftspartnern. Von ihm dürften alle grundsätzlichen Entscheidungen getroffen worden sein, die sich mit Fragen des Kapitals beschäftigten. Ein dominus factionis wird aber weder die Zeit noch das nötige Detailwissen gehabt haben, um in allen Bereichen des Geschäftes allein verantwortungsvoll entscheiden zu können. Er musste auf qualifizierte Mitarbeiter zurückgreifen. Hierarchien innerhalb der factiones wird es unzweifelhaft gegeben haben. Gut vorstellen kann man sich, dass etwa der Stallmeister (doctor), der Verwalter (conditor) und die Trainer in unmittelbarem Kontakt zum dominus standen. Selbstverständlich dürften auch die Spitzenfahrer der factio direkten Zugang zum Chef gehabt haben. Ärzte für Human- und Veterinärmedizin gehörten ebenfalls zum Personal der factio. In beiden Bereichen handelte es sich für die damalige Zeit sicher um qualifizierte Mediziner. Wie sie aber in das hierarchische System des Unternehmens eingeordnet waren, lässt sich nicht so leicht klären, weil in Rom ein ambivalentes Verhältnis zu den Ärzten bestand; sie waren häufig Sklaven oder Freigelassene. Daneben gab es zahlreiche Mitarbeiter, die aber aufgrund ihrer Funktion im unteren Bereich der Hierarchie anzusiedeln sind, so etwa Handwerker wie Geschirrmacher (sacrinatores) oder Sattler (sellarii). Dazu kam noch das Stallpersonal wie die Pferdeknechte, Striegler und Tränker. Zu erwähnen sind außerdem noch einige Berufe bei den factiones, die nicht hinter den Kulissen des Unternehmens tätig waren, sondern im Circus. Es gab z. B. die

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Einpeitscher, die iubilatores, die das Publikum – wenn das überhaupt noch nötig war – dazu bringen sollten, die Gespanne der Partei lautstark zu unterstützen. Auf die sparsores und tentores wurde bereits bei der Darstellung des Renngeschehens hingewiesen.

Stabula – Firmensitze, nicht Ställe Wir haben gesehen, dass die factiones große Wirtschaftsbetriebe waren, die auch über eine umfassende Infrastruktur verfügen mussten. Diese waren in den stabula vorhanden. Der Begriff stabulum bietet für sich genommen einen weiten Rahmen für die Interpretation. Ihn einfach nur mit „Stall“ zu übersetzen, wäre sicherlich zu kurz gegriffen, weil wir hier zunächst einfach an die Unterstellmöglichkeiten für Tiere denken. Das Lateinische bietet ­unter dem Schlagwort stabulum u. a. auch die Möglichkeit, hier ein Lager von Menschen und Tieren zu sehen. Aus den schriftlichen Quellen wissen wir, dass die Renngesellschaften in Rom auf dem südlichen Marsfeld ihre stabula unterhielten und dort einen vicus stabularius bildeten. Man befand sich also in unmittelbarer Nähe zum Circus Flaminius und dem Trigarium, das als Übungsplatz diente. Ergänzend zu diesen Informationen konnte vor relativ kurzer Zeit ein Fragment des severischen Stadtplans, der forma urbis, wieder richtig eingesetzt werden, so dass sich alle Informationen langsam zu einem Gesamtbild verdichten. Sicher lokalisiert ist nun das stabulum der factio prasina, der Grünen Partei. Es lag im Bereich des heutigen Palazzo della Cancelleria, eines Renaissancepalastes, mit dessen Bau 1485 begonnen wurde, und der Kirche San Lorenzo in Damaso53. Ein weiteres stabulum konnte unter dem Palazzo Farnese ­lokalisiert werden, das möglicherweise der factio veneta zugeordnet werden kann, weil in unmittelbarer Nähe eine Inschrift gefunden wurde, die sich auf die Victoria venetianorum – die Victoria der Parteigänger der Blauen – bezieht (CIL VI 10044). Bei den stabula handelte es sich um große Komplexe. Neben den eigent­ lichen Ställen gab es Werkstätten für die Handwerker, Speicher für Materialien aller Art, so auch Räume für die Rennfahrzeuge, Unterbringungsmöglich­ keiten für die Fahrer und die anderen Beschäftigten, Büroräume und – wovon wir sicher ausgehen können – auch zahlreiche Repräsentationsräume, da die factiones durchaus hohen Besuch erhielten. Nachdem wir gesehen haben, dass die Renngesellschaften sich auch in Provinzen etablierten, können wir auch dort mit deren Geschäftsbauten rechnen. In Karthago glaubt man, ein solches Gebäude gefunden zu haben. Selbstverständlich gab es auch in Konstantinopel einen entsprechenden Baukomplex. Weil die ursprünglichen vier factiones sich zu zwei Gruppierungen zusammengeschlossen hatten, errichtete man lediglich zwei Ställe im Nordwesten des Hippodroms, die als Dihippion bezeichnet wurden54.

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Die Besucher des Circus Das Interesse am Circus war in der Antike unbestreitbar ein Massenphänomen. Dieses spiegelt sich sowohl im archäologischen Befund, wenn man auf die monumentalen Bauten blickt, als auch in den schriftlichen Quellen ­wider. Bei den letztgenannten wird man sich aber immer wieder vor Augen führen müssen, dass sie häufig subjektive Meinungen darstellen. Sicher die größte Zahl der Besucher kam aus den Reihen der plebs ­urbana, von der ein großer Teil durch staatliche Leistungen versorgt wurde. Diese Leute hatten also reichlich Zeit, um sich dem Circus zu widmen. Man würde aber die Problematik zu knapp fassen, wenn man sich auf diese Gruppe konzentrierte. Der Arbeitsalltag in der Antike sah im Vergleich zu heute etwas anders aus; der normale Bürger musste etwa fünf Stunden am Tag für seinen Lebensunterhalt arbeiten. So hatte auch er genug Zeit, um Veranstaltungen im Circus oder Amphitheater zu besuchen. Ermöglicht wurde der Besuch für beide Gruppen, weil er kostenlos war. Als wichtigster Grund lässt sich anführen, dass es sich bei den ludi circenses um einen religiösen Akt handelte, der zugleich ein Staatsakt war. Natürlich dürfen auch die politischen Intentionen nicht vergessen werden, welche die Spielegeber mit den Veranstaltungen verbanden. Unsere Quellen berichten immer wieder von Angehörigen der Oberschicht – darunter auch Intellektuelle –, die vom Geschehen der Rennbahn begeistert waren. Sie nahmen sogar persönliche Risiken auf sich: Um in den Circus zu gelangen, stürzten sie sich nächtens in das Getümmel des „ge­meinen Volkes“. Wer zu spät kam, durfte nicht mehr mit einem guten Platz rechnen. Dabei gingen sie das Risiko ein, in ihrer Würde (dignitas) beeinträchtigt zu werden. Aber es bestand auch die Gefahr, Leib und Leben zu ­riskieren. Wir dürfen wohl annehmen, auch Fremde und Sklaven als Zuschauer im Circus zu finden. Selbst wenn sie vom Besuch ausgeschlossen gewesen wären, muss man nicht mit Eingangskontrollen rechnen. Bei dem oben skizzierten Spektrum der Besucher wird eines deutlich: Der Circus war ein demokratischer Ereignisort. Während der Kaiserzeit, beginnend mit Augustus (Suet. Aug. 44, 2; Calp. ecl. 7; Cass. Dio 55, 22, 4), wurde versucht, die sozialen Schichten an Stätten wie Circus, Amphitheater oder Theater zu trennen. So versuchte Augustus im Jahre 5 n. Chr., die Senatoren vom „gemeinen Volk“ abzutrennen. Dabei bediente er sich einer sehr subtilen Methode, indem er Bekleidungs­ vorschriften einführte. Dies war aber nicht von Erfolg gekrönt, wie ein Versuch des Claudius aus dem Jahre 41 n. Chr. dokumentiert. Er wollte es den römischen Senatoren nur dann gestatten, unter dem Volk zu sitzen, wenn sie auf ihre senatorische Kleidung und damit auf ein Stück ihrer persön­ lichen Würde verzichten würden (Dion. Hal. ant. 60, 7, 4). Nur wenige Jahre

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­später startete Nero einen weiteren Versuch, indem er für die römischen ­Ritter eigene Sitzreihen einführte. Dazu ließ er den euripus Caesars im Circus Maximus zuschütten (Tac. ann. 15, 32; Suet. Nero 11, 1). Aber an eine Sache traute sich keiner heran. Während im Theater oder Amphitheater eine konsequente Geschlechtertrennung durchgeführt wurde, blieb es im Circus bei der althergebrachten geschlechtlichen Durchmischung. Für manchen Besucher mag auch hierin ein gewisser Anreiz gelegen haben. Haben wir bislang einen Blick auf die Besucher des Circus in einer Zeit geworfen, die sich mit dem klassischen Rom verbindet, so stellt sich eine Frage: Gingen Christen an diesen Ort der moralischen Verwerflichkeit? Diese Frage lässt sich mit einem einfachen Ja beantworten. Die Tradition war so tief in der Gesellschaft verwurzelt, dass man sie nicht ausrotten konnte. Gegen klerikale Eiferer waren schnell gute Gründe gefunden, um den Circusbesuch zu rechtfertigen. So wurde etwa als wichtigstes Argument angeführt, der Prophet Elias sei auf einem Wagen in den Himmel gefahren, also könne das Fahren mit Wagen keine Sünde sein und so auch nicht die Wagenrennen.

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Wetten – Flüche – Konsequenzen Im Rahmen des Sports wird heute auf die vielfältigsten Arten gewettet, mit legalen und illegalen Mitteln manipuliert und es werden auch heute noch Trostpflaster für die Verlierer verteilt. Wie sah es im antiken Rom aus? Die Wettleidenschaft durchzog alle gesellschaftlichen Schichten Roms. Allerdings waren die Motive dabei sehr unterschiedlich. Ging es den Reichen eher um den Nervenkitzel, so stellte das Wetten für die unteren Schichten eine Möglichkeit dar, auf einem schnellen Weg das dürftige Einkommen aufzubessern. So stellt sich die Frage, bei welchen Anlässen die Römer der Wettleidenschaft frönen konnten und unter welchen Rahmenbedingungen die Wetten (sponsiones) abgeschlossen wurden. Ein Blick auf die Quellen zeigt aber nur begrenzte Möglichkeiten, während wir heute die Option ­haben, auf sehr unterschiedliche Dinge wetten zu können. Danach konnten ­Wetten – nach antiker Terminologie – bei drei Anlässen erfolgen. Es handelte sich um das Würfelspiel, das wir heute eher in die Kategorie des Glückspiels ­einordnen, sowie um Wetten auf den Ausgang von Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen. Besonders die Würfelspiele waren sehr beliebt, weil sie an jedem Ort, zu ­jeder Zeit und mit jedem Einsatz gespielt werden konnten. Dabei ging es nicht gerade um kleine Summen, was schnell auch Kritik nach sich zog. Bereits im 3. Jh. v. Chr. wurde das Würfelspiel in Rom staatlicherseits verboten, wie man einer Stelle im „Miles gloriosus“ des Titus Maccius Plautus (ca. 240–ca. 184 v. Chr.) entnehmen kann (Plaut. Mil. 164). Eine Ausnahme stellten die Saturnalia dar, an denen öffentlich gewürfelt werden durfte. Das Verbot scheint aber nicht immer sonderlich ernst genommen worden zu sein. Während der Kaiserzeit musste es mehrfach erneuert werden. Selbst das Christentum war im 6. Jh. nicht in der Lage, allein aus dem moralischen Anspruch heraus das Würfelspiel zu verbieten, denn Justinian (527–565 n. Chr.) sah sich mit einem Erlass vom 22. September 529 nochmals genötigt, das Würfelspiel zu untersagen, weil es ausgeufert sei. Von Verboten nicht betroffen waren wohl alle Wetten, die sich auf sportliche Wettkämpfe bezogen. In dem oben schon erwähnten Erlass vom 22. September 529 wird genau aufgeführt, bei welchen Veranstaltungen gewettet werden durfte: das Springen mit und ohne Stange, Speerwerfen ohne Schwungriemen, Ringen und Pferderennen. Dabei wurde im Erlass auch betont, dass diese Erlaubnis nur dann gelte, wenn die Spiele ohne Arglist und Betrug durchgeführt würden. Außerdem wurde für die Wetten ein Höchstbetrag festgesetzt, der bei einem Goldstück lag, wenn der Wetter reich sei. Die Erlaubnis, auf den Ausgang von Sportereignissen zu wetten, kann man sicherlich auf einen Umstand zurückführen: Beim Sport kam es weniger auf das Glück an als vielmehr auf die Leistungsfähigkeit der Athleten.

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Abgesehen von den staatlichen Restriktionen waren Wetten in der r­ ömischen Welt – so wird es in der Forschung häufig vertreten – reine Privat­ angelegenheiten, die zwischen natürlichen Personen geschlossen wurden, d. h. es gab keine Buchmacher oder Wettbüros im heutigen Sinne. Wetten wurden häufig spontan abgeschlossen, sei es unmittelbar vor dem Rennen oder etwa am Abend vorher, wie es eine Stelle in den Satyrica des Petronius Arbiter belegt. Dort bietet der Koch seinem Herrn immer wieder eine Wette auf den Ausgang des Rennens des nächsten Tages an (Petron. Satyr. 70, 13). Andererseits scheinen Wetteinsätze auch langfristig geplant gewesen und darüber hinaus auch von Leuten getätigt worden zu sein, die ihren Wohnsitz nicht am Ort des Renngeschehens hatten. Der ältere Plinius berichtet uns in seiner Naturalis Historia eine entsprechende Episode. Aulus Caecina, aus einer etruskischen Adelsfamilie stammend und dem Ritterstand ange­hörig, habe seine Mitbürger in Volterra per Brieftauben über den Ausgang der gewetteten Rennen informiert. Dabei sei das Gefieder der Tauben jeweils mit den Farben der siegreichen Partei gekennzeichnet worden (Plin. nat. 10, 71)55. Wie hoch die Leidenschaften beim Sport und bei Wetten, besonders aber bei Rennen, gehen konnten, dokumentiert eine Denkmalgruppe besonderer Art: Fluchtafeln, die tabellae defixionum. Bei diesen tabellae handelt es sich um kleine Schriften auf unterschiedlichen Materialien, wie etwa Blei, ­Papyrus, Wachs, Kalkstein oder Scherben. Es haben sich vorrangig Fluchtafeln erhalten, die aus beständigem Material, also Blei, Kalkstein oder Scherben, gefertigt waren. Dabei wurde oft Blei bevorzugt, weil man den magischen Text leicht darin einritzen konnte und das weiche Metall sich gut aufrollen oder falten ließ. Auf ihnen wurde zumeist formelhaft der Wunsch oder Befehl an eine Gottheit oder einen Dämon gegeben, jemandem Schaden zuzufügen oder ihn zumindest zu behindern. Innerhalb der römischen Gesellschaft war der Glaube an solche Magie weit verbreitet. Dabei war dieser weder auf untere soziale Schichten noch auf bestimmte Religionen begrenzt. Während der Kaiserzeit griff der Glaube an Magie und Schadenszauber derart um sich, dass schon der geringste Verdacht ausreichte, um eine ­Anklage vor Gericht zu bewirken. Kam es zu einer Verurteilung, so war mit harten Strafen zu rechnen. Dass diese Strafen auch tatsächlich angewandt wurden, lässt sich an zwei Beispielen aus dem Rennsport belegen. Ammianus Marcellinus berichtet etwa von einem Wagenlenker, der im Jahre 364 n. Chr. zum Tode verurteilt worden war. Er habe seinen Sohn zu einem Zauberer in die Lehre gegeben. Einen anderen Fall überliefert Cassiodor. Ein aus dem Osten stammender Wagenlenker, ein gewisser Thomas, stand wegen der Häufung seiner Siege unter dem Verdacht, ein Zauberer zu sein56. Fluchtafeln im Rennsport – aber auch im Stadion und im Amphitheater – scheinen insgesamt gesehen verbreitet gewesen zu sein. Funde aus Italien (Rom), Griechenland (Athen, Delos, Isthmia und Korinth), Syrien (Antiocheia, Apamea und Damaskus), Libanon (Beirut), Tunesien (Hadrumetum

Abb. 55 Umzeichnung einer Fluchtafel aus Hadrumetum, dem heutigen Sousse (TN).

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[Sousse] und Karthago), Algerien (Constantine) sowie Libyen (Leptis Magna) belegen dies. Ergänzen lässt sich diese Liste noch mit Materialien aus byzantinischer Zeit, so einer Fluchscherbe aus Ägypten, deren genaue Herkunft nicht bekannt ist. Die Inhalte dieser Fluchtafeln konnten sehr drastisch ausfallen. Exemplarisch sei hier ein Fund aus Hadrumetum (Abb. 55) angeführt: „Ich beschwöre dich, Dämon, wer immer du seiest, und verlange von dir, dass du von dieser Stunde, von diesem Tag, von diesem Augenblick an die Pferde der Grünen und Weißen quälst und tötest, und dass du die Wagenlenker Clarus, Felix, Primulus und Romanus tödlich verunglücken lässt, auf dass in ihnen kein Lebenshauch mehr bleibe […]“57. Über den Umgang mit den Tafeln im Rennsport liegen unterschiedliche Ansichten vor. Geht etwa Junkelmann davon aus, dass die tabellae defixionum in Gräbern deponiert worden seien, damit sie ihren Adressaten erreichten, berichtet Thuillier von Funden aus dem Circus von Karthago. Dort seien Fluchtafeln in unmittelbarer Nähe der Startboxen gefunden worden. Gerade in der Startphase, die als besonders risikoreich gilt, mag der Fluch gewirkt haben. Weiter oben war schon kurz angesprochen worden, dass der Glaube an Magie in der römischen Gesellschaft weit verbreitet war. Eine Frage stellt sich hier noch: Waren die Christen mit ihren hohen moralischen Ansprüchen gegen den Glauben an Magie immun oder siegte doch der Fanatismus im Circus? Eine Fluchtafel aus Karthago gibt einen möglichen Hinweis, wobei allerdings gewisse Vorbehalte existieren. Die Formulierungen des griechischen Textes lassen nämlich neben der Urheberschaft durch einen Christen auch einen jüdischen Ursprung zu. Statt eines Dämons wird „Gott im Himmel oben, der über den Cherubim thront

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und das Land vom Meer getrennt hat“ angerufen. Interessant ist der Text außerdem, weil er auf ein Tieropfer hinweist, was für einen Christen höchst bedenklich ist. Das Fortleben dieser Tradition belegen aber auch tabellae defixionum aus spätantiker und ­byzantinischer Zeit. Exemplarisch seien hier Funde angeführt, die an der Via Appia an der Porta San Sebastiano (heute Porta Appia) gemacht wurden. Diese aus der Zeit des Theodosius und des Honorius stammenden Fluchtafeln riefen nicht mehr die alten, paganen ­Dämonen an, sondern die Engel und Heiligen58. Damit dürfte klar sein, dass auch Christen – wenn es um den Rennsport ging – auf Altbewährtes zurückgriffen und der Fanatismus über den Glauben siegte. Eine Konsequenz der Wettleidenschaft bestand darin, dass die Zuschauer sowohl im Verlauf des Rennens als auch danach ihren Gefühlen freien Lauf ließen. Für viele Besucher des Circus stand die Frage nach Sein oder Nichtsein im Raum. Die Veranstalter der Spiele waren sich der Gefahren für die ­Öffentlichkeit bewusst, die von einer emotional entfesselten Menschenmenge ausgehen konnte. Daher entwickelte man während der frühen ­Kaiserzeit Strategien, um auf das Gefühlsleben der fanatisierten Massen einwirken zu können, die aber nicht immer funktionieren sollten. Bei diesen Strategien handelte es sich um die Verteilung von Geld- und Sachpreisen, den sparsiones und missilia. Einschränkend ist aber festzuhalten, dass es mit dem zunehmenden Wert der Preise fast zwangsläufig zu Tumulten kommen musste (Stat. silv. 1, 6, 66; Sen. ep. 74, 7; Cass. Dio 49, 43, 1). Schließlich wollte jeder an der Großzügigkeit des Spieleausrichters teilhaben. Dies galt auch für die römische Oberschicht, die sich nicht scheute, Geschenke dieser Art anzunehmen (Suet. Dom. 4, 5). Schon Marcus Vipsanius Agrippa ließ während der von ihm veranstalteten Spiele Geld und Gutscheine für Kleidungsstücke verteilen. Verfahrenstechnisch wird man sich den Vorgang so vorstellen müssen, dass nicht die Sachpreise selbst wahllos in das Publikum geworfen wurden, sondern an deren Stelle Lose – die Quellen berichten von gekennzeichneten Bällen. Aus diesem Vorgang erklären sich auch die lateinischen Begriffe sparsio und missilium für diese Geschenke. Wer das Glück hatte, ein Los aufzufangen, konnte es am Ende der Veranstaltung gegen den Preis eintauschen (Cass. Dio 64, 25, 6). Wie auch die Spiele im Laufe der Zeit immer aufwendiger ­wurden, so stiegen auch die sparsiones und missilia im Wert. So überliefern unsere Quellen die Ausgabe von Gutscheinen für ein Haus, einen Bauernhof oder ein Schiff (Suet. Nero 11, 2; Cass. Dio 61, 18, 1). Ausgegeben wurden während der Rennen oder eher in den Rennpausen auch Knabbereien. Domitian ließ bei solchen Gelegenheiten Obst – Feigen, Pflaumen und Nüsse – aber auch Gebäck und Kuchen sowie Geflügel als sparsio verteilen (Stat. Silv. 1, 6, 9 ff.; 1, 6, 65). Die Aussicht auf ein gutes Essen – das normale Essen der plebs urbana war eher sehr bescheiden – mochte manchen Gefühlsausbruch im Zaume halten.

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Haben wir bislang die für die Empfänger positiven Seiten dieser Verlosung gesehen, soll auch die andere Seite nicht zu kurz kommen. Elagabal führte nämlich Nieten ein. Wer eine solche bekam, erhielt im besten Falle wertlose Dinge wie Haselmäuse oder Lauchstangen. Im schlimmsten Falle wurde er aber mit Tierkadavern oder gar lebenden Raubtieren – es sind für ein Los zehn Bären überliefert – bedacht. Diese Gewinne lösten aber im Publikum keinen Unmut aus, denn bekanntlich ist die Schadenfreude die größte Freude (SHA Elag. 23, 2 f.). Im Rahmen einer Veranstaltung im Circus konnte es aber auch eine Einladung zu einem feierlichen Mahl, einem epulum, geben, wie es Sueton für Domitian überliefert (Suet. Dom. 4). Diesen Bereich können wir aber kurzfassen, weil es sich hier um sehr seltene Ereignisse handelte. Die Durchführung stellte sicher ein logistisches Problem dar. Um einen halbwegs geordneten Ablauf zu ermöglichen, musste extrem viel Personal bereitstehen, das kleine Körbe mit ausgewählten Speisen und Getränken an die Zuschauer verteilte. Alternativ konnte aber auch Geld ausgeteilt werden. Dies wurde dann als congiarium bezeichnet (Suet. Aug. 42, 2).

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Andere Veranstaltungen im Circus Aus unseren Quellen wissen wir, dass der Circus nicht allein für Wagenrennen diente. Es gab andere Veranstaltungen, die hier stattfanden und im folgenden Abschnitt beleuchtet werden sollen. Dabei handelt es sich um sehr unterschiedliche Formen der Massenunterhaltung.

Kunstreiter – desultores und cursores Immer noch sehr nahe am Wagenrennen befinden wir uns mit den Kunstreitern (desultores). Sie waren auch Angehörige der Circusparteien. Wie es scheint, gehören die Wettkämpfe der desultores zu einem Bestand, der bis in etruskische Zeit zurückreicht. Aus den Quellen wissen wir, dass zwei unterschiedliche Arten des Wettkampfes durchgeführt wurden. Isidor von Sevilla (ca. 560–636 n. Chr.) erklärt nämlichen den Namen desultor damit, dass die Reiter einst entweder am Ende eines Rennens zu Boden sprangen und die restliche Strecke zu Fuß liefen, oder von einem Pferd auf ein anderes gesprungen seien (Isidor von Sevilla, Etymologiae 18, 39). Besonders die letztgenannte Variante ist durch schriftliche Quellen und bildliche Darstellungen gut überliefert. Thuillier führt exemplarisch etwa eine Öllampe des 1. Jhs. n. Chr. an, in deren Spiegel ein desultor mit zwei Pferden dargestellt ist. Interessant ist die Darstellung aber auch, weil sie einen Blick auf dessen Tracht erlaubt. Zu ihr gehörte als Kopfbedeckung eine spitze Mütze (pileus). Aber auch die andere genannte Variante ist in den Quellen weiter belegt. Vorrangig muss hier eine Grabinschrift angeführt werden, anhand derer diese Aufführungsart identifiziert werden konnte. Sie berichtet von einem cursor (Läufer) mit dem Namen Fuscus, der für die Grüne Partei arbeitete. Seine Karriere ließ sich zwischen 35–40 n. Chr. datieren, in deren Verlauf er u. a. in Bovillae und in Rom selbst siegte (ILS 5278). Die Inschrift legt aber auch nahe, dass er eben vor dem Ziel vom Pferd sprang und den Rest lief. Obwohl das Regelwerk dieser Wettkämpfe nicht genau bekannt ist, scheint es nach heutigen Maßstäben etwas zivilisierter zugegangen zu sein als bei den Wagenrennen. Das mag vor allem auch daran gelegen haben, dass von jeder factio nur ein Reiter auf der Bahn war und Regelwidrigkeiten zum Abbruch führen konnten. Der Start scheint nicht aus den carceres heraus erfolgt zu sein und ein Pferdewechsel erfolgte nach jeder Runde oder vielleicht sogar bei jeder meta. Wie beim Wagenrennen absolvierte der ­Reiter, gelegentlich stehend, eine Ehrenrunde im Circus und erhielt ebenso die Siegespalme. Die desultores und cursores waren aber nicht nur bei ­Circusveranstaltungen in Rom zu finden. Aufgrund numismatischer

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Belege sind sie in den Provinzen nachgewiesen, so explizit in Tarragona. Die entsprechenden Nominale dort gehören in das 2. Jh. n. Chr.

Troja-Spiele Recht häufig fanden im Circus die sog. Troja-Spiele statt, deren Ursprung unklar ist. Sie fallen gegenüber den anderen Veranstaltungen aus dem ­Rahmen, weil hier nicht Profisportler agierten, sondern der Nachwuchs der römischen Aristokratie. Dabei führten die bewaffneten Teilnehmer in mehreren Gruppen ein Reiterspiel durch, bei dem es darum ging, die Geschicklichkeit des Reiters und die gute Ausbildung des Pferdes zu demonstrieren. So harmlos, wie es sich anhört, war das Geschehen aber nicht. Unsere Quellen überliefern, dass es durchaus zu manchen blauen Flecken kam, wenn der Reiter vom Pferd stürzte oder das Pferd nicht so wollte wie der Reiter und man gegen einen anderen Teilnehmer prallte. Aber auch ernsthafte Verletzungen sind belegt. Sueton berichtet davon, dass bei einem Troja-Spiel, das Augustus ausrichten ließ, der Enkel des Redners Asinius Pollio sich das Bein brach. Pollio verklagte daraufhin Augustus, der danach auf die Durchführung dieses Schauspiels verzichtete (Suet. Aug. 43, 2).

Wagenrennen ohne Pferde Diese Überschrift mag auf den ersten Blick irritieren, verbinden wir doch mit dem antiken Wagenrennen Pferde. Tatsache ist aber, dass im Circus auch ­andere Tiere als Gespanntiere eingesetzt wurden. Diese Art von Rennen kennen wir vornehmlich aus bildlichen Darstellungen, die man als Fantasien interpretieren kann, wenn etwa Eroten als Wagenlenker dargestellt sind oder Vögel die Wagen ziehen. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob nicht auch andere Tiere als Pferde in der Arena zum Einsatz kamen und – wenn dies zu bestätigen ist – nach den Intentionen, die damit verbunden waren. Schauen wir auf die schriftlichen Quellen. Aus der Zeit Neros sind mehrere geplante oder durchgeführte Einsätze von anderen Tieren als Pferden belegt. Auf eine Episode ist bereits im Zusammenhang mit den factiones hingewiesen worden, als der Ausrichter wegen ­Kostentreiberei der Circusparteien Hunde trainieren ließ. Dies mag als Provokation verstanden werden, deren Durchführung aber durchaus im Rahmen des Möglichen lag. In eine ganz andere Richtung ging da der Einsatz von Kamelgespannen durch Nero. Er ließ bei öffentlichen Spielen – also im Circus Maximus – Kamelquadrigen starten (Suet. Nero 11, 3). Der Unterhaltungswert für das stadtrömische Publikum dürfte recht groß gewesen sein, während solche Rennen in den afrikanischen Provinzen vielleicht verbreiteter waren.

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Immerhin gibt es eine entsprechende Darstellung auf einer Tonplatte, die sich heute im Musée du Bardo in Tunis befindet und die vielleicht aus Dougga stammt. Für Elagabal sind ebenfalls Kamelgespanne überliefert. In seiner Hybris versuchte er es sogar mit Elefanten als Gespanne. Allerdings fanden seine „Rennen“ wohl eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (SHA Elag. 23, 1). Insgesamt gesehen sollten wir doch festhalten, dass zwar andere Tiere für das Renngeschehen eingesetzt werden konnten, der Regelfall aber blieben Pferdegespanne. Die Intention, die bei anderen Gespannformen zugrunde lag, schwankte zwischen Provokation, Unterhaltung und der Hybris Einzelner.

Tierschauen und Jagden (venationes) Der Reiz der exotischen Tiere für die Zuschauer war bereits im 3. Jh. v. Chr. recht groß. Die Quellenlage ist nicht immer eindeutig, ob es sich um eine reine Zurschaustellung oder um eine ventatio handelte. Im Jahre 275 v. Chr. wurden die ersten vier Elefanten in Rom präsentiert. Sie waren aber keine spezielle Beschaffung zum Zweck der Schaustellung, sondern stammten aus der Pyrrhus-Beute von Benevent (Sen. De brev. vit. 13, 3). Wenige Jahre später – 251 v. Chr. – zeigte L. Caecilius Metellus im Circus Maximus insgesamt 142 Elefanten, die ebenfalls aus einer Beute stammten (Polyb. 1, 84). Mit der Ausdehnung der römischen Welt lernte man selbstverständlich auch andere Tierarten kennen, die in Rom gezeigt wurden. Eine Zunahme lässt sich für die 2. Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. beobachten. Giraffen oder Krokodile wurden etwa als Exoten gezeigt, die man aber nicht im Rahmen einer Jagd erlegte59. Zweckbauten für Massenveranstaltungen in römischen Welt sollten sich – wie wir schon gesehen haben – erst langsam entwickeln. Dazu gehörten auch die Amphitheater, die sich erst im 1. Jh. v. Chr. als Bautypus finden. ­Gladiatorenkämpfe waren bereits im 3. Jh. v. Chr. und Tierhetzen oder, neutraler gesagt, Jagden im frühen 2. Jh. v. Chr. in Rom verbreitet. Die ersten venatio in Rom ist sicher für das Jahr 186 v. Chr. belegt. M. Fulvius Nobilior (cos. 189 v. Chr.) führte nach seiner siegreichen Rückkehr aus dem Aitolischen Krieg, der in den Konflikt mit Antiochos III. (222–187 v. Chr.) eingeordnet werden muss, zehntägige Spiele durch. Bei diesen wurde eine venatio auf Löwen und Panther durchgeführt (Liv. 39, 22, 2). Extrem aufwendige Jagden wurden auch im Jahre 169 v. Chr. veranstaltet. Die kurulischen Aedilen P. Cornelius Nasica und P. Lentulus hatten für ihre Circusspiele 63 afrikanische Raubkatzen, 40 Bären und Elefanten beschafft (Liv. 44, 18, 8)60. Wenn wir weiterhin auf Rom schauen, so war der Circus Maximus für lange Zeit der einzige Ort, an dem solche Veranstaltungen durchgeführt werden konnten. Neben dem Sicherheitsaspekt gab es hier so viel Raum, dass sich das jagdliche Geschehen in seinem ganzen Spektrum entwickeln konnte. Während die Gladiatorenkämpfe sich schnell in die dafür geschaf-

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fenen Amphitheater verlagerten, blieben die venationes teilweise bis in die späte Kaiserzeit im Circus beheimatet61. Sie konnten als Beiprogramm eines normalen Renntages durchgeführt werden. Unter Claudius war es üblich, nach jeweils fünf Wagenrennen eine venatio durchzuführen (Suet. Claudius 21, 6). Geht man davon aus, dass in claudischer Zeit 24 Rennen durchgeführt wurden, so gab es vier venationes pro Renntag. Daneben existierten aber auch eigenständige Jagdveranstaltungen. Augus­ tus ließ in seiner langen Regierungszeit mehrere durchführen. Austragungsorte dieser Jagden, in deren Verlauf 3 500 afrikanische Tiere erlegt wurden, ­waren der Circus, das Amphitheater und auch das Forum (Aug. res gestae 22). Die Beliebtheit von Jagden im Circus sollte im Laufe der Kaiserzeit nicht verloren gehen. In der kurzen Regierungszeit Gordians I. (238 n. Chr.) habe dieser, so die Quellen, an einem Tag 100 libysche Raubtiere – wohl Löwen – jagen lassen. An einem anderen Tag sollen gar 1 000 Bären den Jägern zum Opfer gefallen sein. Die Begeisterung für venationes war so ausgeprägt, dass in der Zeit Gordians I. auch ein monumentales Bild entstand, in dem 1 320 Tiere unterschiedlicher Gattungen dargestellt worden sein sollen. Diese ­Anzahl teilt sich auf in 200 Damhirsche, 30 wilde Pferde, 100 wilde Schafe, 10 Elche, 100 zyprische Stiere, 300 Strauße, 30 Wildesel, 150 Wildschweine, 200 Steinböcke sowie 200 Antilopen (SHA Gord. 6–7). Von diesem Bild hat sich nichts erhalten. Jedoch geben zahlreiche Mosaiken unterschiedlicher Provenienz ein nicht minder beeindruckendes Bild vom Geschehen62. Dies gilt ­besonders für Mosaiken aus Nordafrika und Syrien, die auch Löwen und Bären zeigen. Ein Mosaikboden aus der am Anfang des 4. Jhs. n. Chr. entstandenen Villa von Piazza Armerina auf Sizilien verdeutlicht, dass über die ­genannten Tiere hinaus noch andere Exoten für Jagden genutzt wurden. Der Boden ist insofern noch interessant, weil er neben dem eigentlichen Jagdgeschehen auch zeigt, wie die Tiere vom Schiff getrieben wurden. Zu den dargestellten Tieren zählen Elefanten, Nashörner und Tiger. Darüber hinaus zeigen sie aber auch weitere Tiere, die bei derartigen Veranstaltungen zum Einsatz kamen. Auf einem recht provinziell wirkenden Relief, das sich heute in Sofia befindet, wird ebenfalls eine venatio dargestellt. Neben den bereits genannten Tieren ist hier auch ein Krokodil abgebildet. Haben wir bisher gesehen, welche Tiere zum Einsatz kamen, stellt sich nun die Frage nach dem Ablauf der Jagd bzw. welche Tiere gegeneinander antraten oder auf welche Art und Weise sie gejagt wurde. Zunächst ist festzuhalten, dass es innerhalb der venationes zu sehr unterschiedlichen Ausführungen kommen konnte. Vor allem durch unsere bildlichen Quellen ist dies dokumentiert. So verschiedenartige Tiere wie Löwen, Bären und Strauße wurden aufeinander losgelassen, was natürlich auch den Reiz für die Zuschauer ausmachte. Aber es treten auch Bären gegen Stiere an, die ebenso in der Natur aufeinander treffen konnten. Das schon genannte Relief aus Sofia zeigt den sich anbahnenden Kampf zwischen dem Krokodil und einem Bären.

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Neben reinen Tierkämpfen kamen aber auch reguläre Jagden vor. Unsere Quellen belegen etwa Reiter, die mit einem Jagdspieß bewaffnet sind. Daneben werden Jäger abgebildet, die zu Fuß unterwegs sind und ebenfalls mit einem Jagdspieß oder mit Pfeil und Bogen ihr Wild zu erlegen versuchen. Es mag aber auch gelegentlich vorgekommen sein, dass ein unbewaffneter Mann gegen wilde Tiere antrat. Eine andere Möglichkeit der Jagd bestand wohl darin, dass die Jäger auf den falae, den Gestellen für die Rundenzähler am euripus, Stellung bezogen. Von dort aus konnten sie aus sicherer Position das Wild erlegen63. Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit den venationes – gleichgültig, ob es sich um Veranstaltungen im Amphitheater oder im Circus handelt – ist, welche Tiere woher kamen. Aus den schon genannten Quellen war zu ersehen, welche Tiere zum Einsatz kamen und wie sie beschafft wurden. Es wäre müßig, an dieser Stelle die Herkunft gesondert zu beschreiben. Eine Kartierung (Abb. 56) zeigt dies für die wesentlichen Tierarten weitaus ­prägnanter. Die dort angegebenen Herkunftsangaben mögen den einen oder anderen verwundern, etwa, wenn Tiere, die heute südlich der Sahelzone beheimatet sind, aus Nordafrika stammen. Diese Tiere sind teils aufgrund der klimatischen Veränderungen verschwunden, teils wurden sie durch die umfangreichen Fangaktionen ausgerottet. Bereits in der Antike gab es partielle Beschaffungsprobleme, denen man begegnete, indem schon im 1. Jh. n. Chr.

Abb. 56 Übersichtskarte zu den Bezugsquellen für Wildtiere zu Jagden und von Pferden: 1 Affe; 2 Antilope; 3 Auer­ochse; 4 Bär; 5 Bison; 6 Eber; 7 Elch; 8 Elefant; 9 Gazelle; 10 Giraffe; 11 Gnu; 12 Hirsch; 13 Hund; 14 Kamel; 15 Krokodil; 16 Leopard; 17 Löwe; 18 Luchs; 19 Nilpferd; 20 Pferd; 21 Rhinozeros; 22 Stier; 23 Strauß; 24 Tiger; 25 Wildesel; 26 Wildpferd; 27 Zebra.

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vivaria (Tiergärten) angelegt wurden, in denen man Tiere für die Arena züchtete. Zugleich bildeten diese eine Art Zwischenlager für Tiere, die noch aus freier Wildbahn stammten und importiert wurden. In den Fanggebieten operierten Profis, die sich z. T. zu Jägervereinigungen zusammengeschlossen hatten und eine Art Kartell – ein Gegenstück zu den factiones – bildeten. So bestimmten sie die Preise. Einen Gegenpol zu den Privatunternehmen bildete das römische Heer. Dieses stellte Fachleute ab, die Fangaktionen durchführten. Epigraphisch belegt ist dies etwa in Köln. Ein centurio namens Tarquinius Priscus dankte der Diana für seinen Erfolg. Innerhalb von sechs Monaten hatte er nämlich 50 Bären eingefangen (CIL XIII 8639). Beim Transport kam das Militär ebenfalls zum Zuge. Per Wagen wurde die Jagdbeute bis zum nächsten Fluss- oder Seehafen gebracht, um von dort zu ihrem Bestimmungsort gebracht zu werden. Dabei kamen z. T. Spezialschiffe zum Einsatz, die aber nicht gewährleisteten, dass das Transportgut lebend am Ziel ankam.

Athletische Wettkämpfe Während in Griechenland und der griechischen Welt die athletischen Wettkämpfe ein hohes Ansehen besaßen, wurden sie in Rom eher kritisch gesehen. Sicher der deutlichste Ausdruck dieser Haltung spiegelt sich darin, dass erst Domitian in Rom ein Stadion errichten ließ. Dies bedeutete aber nicht das generelle Fehlen von athletischen Wettkämpfen: Der Circus Maximus – wie auch jeder andere Circus im Römischen Reich – bot mehr als genug Raum, um solche Veranstaltungen durchzuführen. Athletische Wettkämpfe im Rahmen der ludi publici gehen bis in die Frühzeit zurück. Die dabei ausgeübten Sportarten waren der Faustkampf, der Ringkampf und der Lauf. Stellt man sich die Dimensionen eines Circus vor, so wird schnell deutlich, dass nur ein Bruchteil der Zuschauer das sportliche Geschehen verfolgen konnte. Mochten die Laufwettbewerbe noch zwischen den Rennen stattfinden, war dies für die beiden anderen Sportarten nicht mehr möglich, weil sie eine besondere Vorbereitung der Arena benötigten: Ein spezieller Sand musste für die Ring- und Boxkämpfe aufgebracht werden. Dieser Faktor trug dazu bei, die Kämpfe an das Ende eines Renntages zu setzen, weil der Rückbau der Arena – auch wenn nur ein kleiner Teil der Fläche mit dem Spezialsand versehen war – den Betrieb doch sehr aufgehalten hätte. Diese Ansicht ­findet ihre Unterstützung in der Beschreibung der pompa circensis, die die Athleten an das Ende des Festzuges setzte (Dion. Hal. ant. 7, 73, 3). In späterer Zeit – wir bewegen uns im 6. Jh. n. Chr. – berichtet ein Papyrus aus dem ägyptischen Oxyrhynchos allerdings davon, dass diese Wettkämpfe zwischen dem fünften und sechsten Rennen durchgeführt wurden. Dabei gab es an diesem Tag in Oxyrhynchos insgesamt nur sechs Wagenrennen.

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Kaiser und Rennsport – zwischen wahrer Leidenschaft und politischem Kalkül Wir haben bereits gesehen, dass die Massen in Rom dem Rennsport außerordentlich zugetan waren und dies nicht unbedingt auf die plebs urbana beschränkt blieb. Daher stellt sich die Frage, wie die Kaiser – unabhängig von der politischen Bedeutung der Circusveranstaltungen – zu den Wagenrennen standen. Es lassen sich sicherlich extreme Positionen beobachten, einmal diejenigen, die mit den Veranstaltungen im Circus persönlich nichts anfangen konnten, zum anderen die, die sich mit Leib und Seele diesem Vergnügen hingaben. Selbstverständlich gab es auch Kaiser, deren Verhältnis irgendwo dazwischen lag. M. J. André formulierte zum Verhältnis der ­Herrscher zum Sport folgendes: „Das Temperament und die persönliche ­Mußevorstellung eines Herrschers scheinen häufig in der jeweiligen Freizeitpolitik durch. Seine Haltung kann von politisch motivierter Teilnahme bis zu lebhafter Begeisterung an den Schauerveranstaltungen reichen und sogar in der Gestalt eines politischen Schaustücks ihren Ausdruck finden.“64 Zunächst sei aber ein Blick auf Caesar gestattet, weil sich aus seinem Verhalten manches für die Kaiserzeit ableiten lässt. Mit Sicherheit kann festhalten werden, dass er wohl kein begeisterter Anhänger des Rennsports war. Wenn er sich dazu gezwungen sah, in den Circus zu gehen, konzentrierte er sich nicht auf die Geschehnisse in der Arena, sondern erledigte seine Korrespondenz und las Akten. Man kann ihm – ohne zu übertreiben – ein absolutes Desinteresse am Geschehen in der Arena zuschreiben. Sein Verhalten wurde von der plebs urbana allerdings nicht besonders gut aufgenommen. Sein Nachfolger Augustus machte diesen Fehler nicht. Wenn er im Circus war, konzentrierte er sich auf die Geschehnisse dort. Es bleibt aber die Frage offen, ob er wirklich Interesse daran hatte. Dieser Weg, der von Augustus eingeschlagen wurde, dürfte von manchem seiner Nachfolger ebenfalls ­beschritten worden sein. Andere Extreme finden wir bei Caligula (37–41 n. Chr.) und Nero (54– 68 n. Chr.), die man als fanatische Anhänger des Rennsports und der damit verbundenen Circusparteien bezeichnen kann. Man wird die Begeisterung zu Spielen aller Art zunächst relativieren müssen, weil sie wohl bei der ­aristokratischen Jugend generell beliebt waren. Dieser Fanatismus, der sich bei Caligula und Nero fand, überschritt das Übliche und hatte neben Erscheinungen, die wir als Kuriositäten bezeichnen würden, durchaus kriminelle Machenschaften hervorgerufen. So überliefert Cassius Dio, Caligula habe sowohl Pferde als auch Wagenlenker der gegnerischen Renngesellschaften vergiften lassen (Cass. Dio 69, 14, 5). Einen vergleichbaren Fanatismus, der

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ins Kriminelle umschlug, lässt sich z. B. bei Vitellius (69 n. Chr.) beobachten. Er ließ die Feinde seiner bevorzugten Rennpartei – es war die Blaue – hinrichten. Caracalla (211–217 n. Chr.) begnügte sich hingegen damit, die Wagenlenker der Grünen Partei exekutieren zu lassen (Cass. Dio 77, 10)65. Eher als Kuriosum oder exzentrisches Verhalten würden sich einige Episoden bei Caligula bezeichnen lassen. Bei näherem Hinsehen können aber andere Gründe für diese Handlungen erkannt werden. Aus unseren Quellen wissen wir, dass Caligula der Grünen Partei besonders zugetan war. So verwundert auch nicht die Nachricht, er habe im stabulum dieser Partei häufiger zu speisen gepflegt und dort auch übernachtet. Dem Wagenlenker Eutychus sprach er bei einem Gelage neben anderen Festgeschenken ein Donativ von zwei Millionen Sesterzen zu (Suet. Cal. 55). Für seinen tierischen Liebling, den Hengst Incitatus, war ihm kein Aufwand zu groß. Vor einem Rennen ließ Caligula durch Soldaten im Umfeld des Stalles eine absolute Nachtruhe durchsetzen, damit der Hengst am folgenden Tag für das Rennen in Topform war (Suet. Cal. 55). Daneben errichtete er dem Tier einen Stall aus Marmor. Die Futterkrippe war aus Elfenbein, die Pferdedecken waren aus Purpurstoff. Dazu kam kostbarer Schmuck. Der Höhepunkt war aber ein komplett ausgestattetes Haus. Zu Anfang des Jahres 39 n. Chr. soll Caligula sogar geplant haben, den Hengst zum Konsul zu machen, wie es etwa Sueton überliefert (Suet. Cal. 55,2). Während Sueton diese scheinbar überzogene Leidenschaft – besonders das Konsulat des Pferdes – als Ausdruck des Wahnsinns bei Caligula wertete, müssen wir hier eine durchdachte Aktion annehmen. Mit allen diesen Handlungen gab er nämlich die römische Aristokratie der Lächerlichkeit preis und reagierte wohl so auf eine Verschwörung aus dem Kreis des Senates66. Caligulas Begeisterung für den Rennsport dokumentiert sich auch in der Anlage eines privaten Circus in seinen Gärten jenseits des Tibers, den auch Nero entsprechend nutzte. Nero war offenbar vom Rennsport von Anfang an begeistert. Ein Zeugnis dafür liefert Sueton. Er schreibt: „Für Pferde hatte er schon in früher Jugend eine ganz besondere Leidenschaft, auch unterhielt er sich, trotz allen Verboten [der Lehrer], über die Circusrennen, und einmal, als er seinen Mitschülern klagend erzählte, dass ein Fahrer der Grünen Partei geschleift worden sei, und der Lehrer ihn deswegen tadelte, log er sich damit heraus, dass er von Hector spreche“ (Suet. Nero 22, Stahr). Diese unmittelbare kindliche Neigung zum Circus wird uns auch von Kaiser Julian (361–363 n. Chr.) überliefert. Sein skythischer Erzieher, der Eunuch Mardonios, antwortete ihm trocken, er müsse nur das Buch XXIII der Ilias lesen (Iul. mis. 351 d). Damit haben wir eine Umkehrung der Argumentation. Was in der Kindheit Neros begann, setzte er auch als princeps fort. Zu Anfang seiner Regierungszeit – noch ganz unter dem Einfluss seiner Erzieher Seneca und Burrus – begnügte er sich damit, mit Quadrigen aus Elfenbein Wagenrennen zu spielen, wie Sueton berichtet. An gleicher Stelle heißt es aber auch schon, dass er jedes

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Rennen in Rom besuchte, selbst wenn er sich in einer seiner Villen aufhielt (Suet. Nero 22). Mit zunehmender Emanzipation von seinen Erziehern sollte Nero ­einen neuen Weg einschlagen. Dazu schreibt Tacitus: „Eine alte Liebhaberei von ihm war es, einen Rennwagen mit Viergespann zu fahren, und nicht minder anstößig war seine Neigung, wie ein Bühnenkünstler zur Kithara zu ­singen. Wagenrennen sei eine königliche, von den führenden Persönlichkeiten der alten Zeit gerne geübte Kunst, pflegte er zu sagen, […] Man konnte ihm nicht mehr Einhalt gebieten: Da schien es Seneca und Burrus zweckmäßig, damit er nicht beides durchsetzte, ihm das eine zu gestatten, und man ­friedete im Vaticanischen Tal einen Platz ein, auf dem er Rosse lenken konnte, nicht jedoch vor den Zuschauern jedes Standes“ (Tac. ann. 14, 14, 1–2, Heller ). Der Plan Senecas und des Burrus ging aber nicht wirklich auf, wie Tacitus weiter berichtet: „Bald wurde das Volk von Rom sogar eingeladen und spendete Beifall; der Pöbel ist ja so vergnügungssüchtig und freut sich, wenn die ­Neigung des Fürsten in die gleiche Richtung geht“ (Tac. ann. 14, 14, 2, Heller). Im Jahre 59 n. Chr. brach in den Augen der römischen ­Historiker ein Damm: Nero trat im Circus Maximus in den Farben seiner bevorzugten Rennpartei – der factio prasina, der Grünen Partei – als Wagenlenker auf. Das Geschehen scheint aber wenig mit einem realen Rennen gemein ­gehabt zu haben. Statt Rennprofis fuhren Angehörige verarmter aristokratischer Familien gegen Barzahlung und selbst die ehrwürdige Rolle des Spielegebers fiel einem Freigelassenen zu. Der Tabubruch war so groß, dass Tacitus sich weigerte, den Vorgang zu beschreiben und Sueton diesen eher summarisch erwähnte (Suet. Nero 22). Die Begeisterung Neros dokumentiert sich auch in der Einrichtung eigener Spiele, der Neronia, im Jahre 60 n. Chr., die alle fünf Jahre stattfinden sollten. Sie umfassten neben den musischen Agonen im weitesten Sinne auch hippische. Allerdings trat Nero wohl nur bei den zweiten Neronia im Jahre 65 n. Chr. mit einem Gedicht über den Trojanischen Krieg und als Kitharöde auf (Cass. Dio 62, 29, 1; Suet. Nero 21, 1; Tac. ann. 16, 4). Aber nicht nur in Rom suchte Nero das Ausleben seiner Rennleidenschaft. Ihren Höhepunkt fand diese in der Teilnahme des Kaisers an den Spielen in Olympia im Jahre 67 n. Chr. Sueton bemerkt dazu: „Er trat an vielen Orten selbst als Wagen­ lenker auf, in Olympia sogar mit einem Zehngespann, obgleich er gerade das in einem eigenen Gedicht an König Mithridates getadelt hatte. Bei diesem Rennen wurde er aus dem Wagen geschleudert und wieder hineingehoben; da er jedoch nicht durchhalten konnte, gab er vor dem Ziel auf, wurde aber nichtsdestotrotz bekränzt“ (Suet. Nero 53, 2, Thuillier). Nach dem Tode Neros ließ man in Olympia wieder Objektivität walten: Man strich dessen Erfolge – sowohl die musischen als auch die hippischen – aus den Siegerlisten. Allerdings nicht unerwähnt bleiben darf der Umstand, dass über Nero die damnatio memoriae verhängt wurde, d. h. alle Spuren seiner Herrschaft wurden

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getilgt. Dieses Verhalten Neros zu erklären, ist nicht ganz einfach. Es nur auf die Rennleidenschaft zurückzuführen, ist problematisch. Bemerkenswert ist vielleicht der Ansatz, Nero habe die auctoritas, die als Ursache für die politische Legitimität galt, durch die Berühmtheit ersetzen wollen, die man im Theater oder im Circus erwarb, so als wolle er seinen Herrschaftsanspruch massenkompatibel machen67. Ein Fanatiker – wenn auch nicht überzogen – war auch Lucius Verus. ­Unsere Quellen belegen, dass er Anhänger der Grünen Partei war. Wie seinerzeit Caligula hatte er eine große Zuneigung zu dem Pferd Volucer (der ­Geflügelte) entwickelt. Befremden löste offenbar der Umstand aus, dass er eine goldene Statuette des Pferdes ständig mit sich trug. Außerdem sorgte er für besonderes Futter: Trauben und Nüsse. Bis hierhin mag man das ­Verhalten noch für einigermaßen normal halten. Als jedoch das Pferd starb, ließ Lucius Verus ihm auf dem Vatikanischen Hügel ein Grabmal errichten (SHA Verus 6, 1–5). So viel Leidenschaft war Marcus Aurelius, der zusammen mit Lucius Verus auf dem Kaiserthron saß und der kein Anhänger der Rennen war, wohl doch zuviel. Er dankte in den Selbstbetrachtungen seinen Erziehern dafür, dass er „weder ein Grüner noch ein Blauer geworden sei“ (M. Aur. 1, 5). Ob er aber wirklich ein derartig großes Desinteresse am Circus hatte, wie eine Stelle in den Scriptores Historiae Augustae belegt, muss fraglich bleiben. Es heißt dort, er habe wie Caesar beim Circusbesuch in seiner Loge gearbeitet, was ihm den Spott der Massen eingetragen habe (SHA Aur. 15,1).

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geschäFte rings um Den circus Wir haben gesehen, dass überall dort, wo natürliche abhänge fehlten oder nicht ausreichten, große substruktionen für die Zuschauerränge des circus errichtet werden mussten. gleiches galt auch für andere stätten der massenunterhaltung wie theater, amphitheater oder stadion. in den substruktionen befanden sich zahllose räume, die sich zur straße hin öffneten und sich daher besonders für geschäftsräume eigneten. Wer das glück hatte, sich dort einmieten zu können oder in unmittelbarer nähe ein ladenlokal besaß, konnte angesichts der vielen Veranstaltungstage in der Kaiserzeit mit glänzenden geschäften rechnen. aber welche geschäfte wurden hier abgewickelt? am besten sind wir natürlich über den circus maximus in rom unterrichtet und können uns so ein lebhaftes Bild von der dortigen situation machen. aber dieses Bild lässt sich problemlos auf andere metropolen wie Karthago, antiocheia am Orontes oder alexandria übertragen. generell werden wir unterscheiden können zwischen den „ehrbaren“ geschäftsleuten und den weniger ehrbaren, wobei diese Begriffe immer interpretationsfähig sind. schauen wir zunächst auf die seriöseren geschäfte. Wo viele menschen zusammenkommen, besteht immer der Bedarf an lebensmitteln, damals wie heute. Belegt wird die existenz von lebensmittelhändlern durch eine inschrift, die einen c. iulius epaphora als Obsthändler am circus maximus nennt. Daneben gab es aber auch souvenirhändler, die neben allerhand Kitsch durchaus auch hochwertigere erinnerungsstücke feilboten. und dies war auch keineswegs auf rom beschränkt, wie etwa eine bemalte glasflasche mit der Darstellung eines Wagenrennens im rheinischen landesmuseum Bonn zeigt, die aus einer römischen gutsanlage in Dürffenthal (Kreis euskirchen) stammt (abb. 57). andere glasobjekte, die als souvenirs von circusbesuchen gesehen werden, wurden etwa in trier gefunden, so ein glasbecher aus einem grab unter st. matthias. es ließen sich weitere Beispiele anführen. Beliebt waren auch öllampen, die circusmotive aufgriffen,

abb. 57 glasflasche mit circusmotiven, gefunden auf einem römischen gutshof Dürffenthal (heute in Bonn, rheinisches landesmuseum, inv. 17303).

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wie etwa eine lampe aus Köln, heute im römisch-germanischen museum. sie hatten natürlich den Vorteil, dass sie weitaus weniger zerbrechlich waren als etwa die glasobjekte. aus den souvenirfunden lässt sich aber nicht ableiten, bei welcher gelegenheit und wo die erinnerungsstücke erworben wurden. man kann sich allerdings vorstellen, dass etwa der Becher aus trier dort selbst gekauft wurde. schließlich verfügte die stadt seit dem 2. jh. n. chr. über einen circus. sicher wurden in den läden auch nützliche Dinge vertrieben. aus unseren Quellen wissen wir, dass die Besucher, die einen gewissen Komfort auf den tribünen haben wollten, dort sitzkissen erwerben konnten, die mit stroh gefüllt waren. Zu den eher fragwürdigen geschäften zählen aus unserer heutigen sicht die vielen Wahrsager und astrologen, die hier ein dankbares Publikum fanden. gegenstand so mancher Weissagung dürfte der ausgang der rennen gewesen sein und den einen oder anderen circusbesucher zu gewagtem Wetteinsatz veranlasst haben (cic. div. 1, 132; juv. 6, 582; hor. sat. 1, 6,113). Dass gerade am circus die astrologie als geschäft blühte, lag an der gleichsetzung von baulichen Bestandteilen des circus mit astrologischen inhalten. schlüsselt man dies auf, so wurde die arena als Bild der erde verstanden, der euripus als symbol für die meere und der Obelisk als sinnbild der sonne. Die zwölf tore der carceres wurden in der astrologie mit den tierkreiszeichen verbunden. Die kanonischen sieben runden pro rennen erfuhren eine gleichsetzung mit den sieben sich wandelnden Planeten, die ihrerseits für die sieben tage der Woche standen (cassiod. var. 3, 51; isid. 18, 36; anth. lat. 1, 197). ein gewerbe war am circus maximus besonders stark vertreten. unsere schriftlichen Quellen weisen mehrfach darauf hin, dass hier zahlreiche Prostituierte ihrem geschäft nachgingen und dabei regen Zuspruch erfuhren (sha elag. 26, 3. 32, 9). Der Kunde, der von ihnen angesprochen wurde, stammte eher aus den unteren sozialen schichten der römischen gesellschaft. Die Oberschicht – soweit sie überhaupt auf Prostituierte zurückgreifen musste – bevorzugte nach ausweis der Quellen etablissements in der nähe des templum Pacis. in den Kontext von circus und Prostitution gehört unzweifelhaft eine durch juvenal überlieferte geschichte, nach der Valeria messalina (20/25–48 n. chr.), die dritte ehefrau des Kaisers claudius, hier mit einer Perücke verkleidet ihre neigungen ausgelebt haben soll (juv. 6, 115132), auch wenn der Wahrheitsgehalt nicht nachprüfbar ist. juvenal bewertete noch an einer weiteren stelle diese situation bezogen auf rom kritisch (juv. 3, 60 ff.). Besonders dieses umfeld war christlichen autoren ein Dorn im auge, wenn sie sich negativ zum circusbesuch äußerten. Der gebürtige Karthager caecilius cyprianus (um 200–258 n. chr.), der nach 240 zum christentum konvertierte und schon 248/249 zum Bischof von Karthago wurde, stellte fest, der Zugang zum circus erfolge direkt durch ein Bordell (cypr. spect. 5).

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Baufinanzierung und Bauunterhalt Die Errichtung eines Circus, sofern er in monumentaler Form entstehen sollte, verschlang enorme Mittel. Wie wurden diese Bauten finanziert und welche Intentionen verbanden sich damit? Bei der Beantwortung dieser Fragen wird man in mancherlei Hinsicht unterscheiden müssen. So kann man von vornherein in zwei große Bereiche trennen: den Bereich der öffentlichen und den der privaten Finanzierung. Es ist ebenso klar, dass bei der öffentlichen Finanzierung andere Aspekte im Vordergrund standen als bei der privaten. Gleichzeitig wird man auch unterscheiden müssen zwischen Rom als caput mundi und den Provinzen. Schauen wir zunächst auf die öffentlich finanzierten Bauten.

Öffentliche Finanzierung Blicken wir auf die Zeit der Republik zurück, müssen wir unser Augenmerk auf Rom richten, und hier besonders auf den Circus Maximus, der als Bautypus Modellcharakter annehmen sollte. Die Quellenlage über die Finanzierung ist hier sehr vage. Jedoch wird aus den Quellen deutlich, dass der Circus Maximus langsam entstand. Nach und nach wurden Teile, die den Circus ausmachten, wohl mit öffentlichen Mitteln durch die zuständigen Beamten errichtet, wie dies für alle Bauten der res publica üblich war. Im 2. Jh. v. Chr. setzte aber ein Wandel ein. Die römische Aristokratie sah in der Architektur zunehmend die Möglichkeit der Selbstdarstellung68. Um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. hatten Persönlichkeiten wie Cn. Pompeius und C. Iulius Caesar die Architektur in besonderem Maße als politisches Mittel erkannt. Mit Großprojekten versuchte Caesar seinen Führungsanspruch zu manifestieren. Neben Bauten, die in einen politisch-religiösen Kontext gehörten – so das Forum Iulium mit dem Tempel der Venus Genetrix – richtete sich seine Aufmerksamkeit auch auf Bauten, die dem unmittelbaren Nutzen der breiten Masse der res publica dienten. Dazu gehörte der Circus Maximus, der jetzt seine kanonische Grundform erhielt69. Augustus und alle weiteren Machthaber danach waren sich der Wirkung der Architektur – besonders, wenn sie mit so beliebten Ereignissen wie Circusspielen verbunden waren – bewusst. Für Rom als Brennpunkt bedeutete dies seit Augustus eine Überführung derartige Bauprojekte gänzlich in kaiserliche Hand und bestenfalls wurde deren Ausführung an Familienangehörige oder enge Vertraute delegiert. Zwar fand sich oft die althergebrachte Formel, die Senat und Volk von Rom als Ausführende des Projektes bezeichnen, doch hatte dies mit der Realität in der Kaiserzeit nur noch wenig zu tun70. Genauso lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass ab Augustus die

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Grenzen zwischen dem privaten Vermögen des Kaisers und dem staatlichen Vermögen zunehmend verwischten71. Konkretisieren wir diese Aussagen etwas: Augustus zeichnete selbst verantwortlich für die Errichtung des pulvinars und des ersten Obelisken im Circus Maximus. Im Jahre 31 v. Chr. gingen große Teile des Circus in einem Brand unter, so dass Augustus die Anlage massiv erneuern musste72. Eine Reihe von Baumaßnahmen am Circus Maximus ging auf M. Vipsanius Agrippa (64/63–12 v. Chr.) – den Freund, Schwiegersohn und potentiellen Nachfolger des Augustus – zurück, der in Rom auch sonst als Ausführender bei öffentlichen Bauvorhaben in Erscheinung trat. Im Circus ließ er in seiner Funktion als Aedil im Jahre 33 v. Chr. die Rundenzähler aufstellen73. Bis in die Regierungszeit Trajans sind am Circus Maximus durch die Kaiser immer wieder kleinere Baumaßnahmen durchgeführt worden. Jedoch erst unter Trajan erfolgte eine völlige Neugestaltung, die dem Bau sein end­ gültiges Aussehen geben sollte. Finanziert wurde das Bauprogramm des Trajan aus öffentlichen Mitteln, so auch aus der Beute der Dakerkriege74. In der Folgezeit nahmen die Kaiser immer wieder Ergänzungen und ­Restaurierungen vor. Erst mit der Verlagerung des politischen Zentrums von Rom in die einzelnen Residenzen und schließlich nach Konstantinopel veränderte sich das Bild. Kaiserliche Beamte übernahmen zunehmend die Verantwortung für den Unterhalt des Baus. Belegt wird dies durch eine ­Statuenbasis, die 1935 gefunden wurde und vermutlich ursprünglich am euripus des Circus Maximus stand. Die erste Inschrift auf dieser Basis datiert in die Jahre 341/342 n. Chr. und belegt eine Dedikation an Kaiser Constans (335–350 n. Chr.) durch den praefectus urbi Aurelius Celsinus. Die zweite ­Inschrift an der Basis, bei der es sich ebenfalls um eine Dedikation handelte, gehört in die Jahre 363/364 n. Chr. Eine weitere Inschrift, die nicht ganz ­sicher datiert ist, aber vielleicht in die Regierungszeit Constantius’ II. (337– 361 n. Chr.) oder Julians (361–363 n. Chr.) gehört, belegt ein vergleichbares Bild: Der praefectus urbi ließ große Teile des Circus wiederherstellen75. Der Wechsel in der Verantwortung für den Bauunterhalt lässt sich auch in den Provinzen finden. Besonders deutlich wird dies etwa durch eine Inschrift aus Augusta Emerita (Mérida, Spanien), die zwischen dem 9. September 337 und März/April 340 datiert. Sie belegt, dass auf die Initiative des Tiberius Flavius Laetus (comes der spanischen Provinzen) hin Iulius Saturnus (praeses der Provincia Lusitania) den Circus in Mérida restaurierte76. Haben wir bislang gesehen, dass in Rom die Finanzierung von Circusbauten in der Kaiserzeit zur hoheitlichen Aufgabe geworden war, stellt sich die Frage, wie es in den Provinzen aussah. Für eine Reihe von Städten lassen sich Circusbauten als kaiserliche Wohltaten ausmachen77. Oft verbindet sich dabei ein besonderes Ereignis mit der Errichtung eines Circus oder es existieren persönliche Beziehungen des Kaiserhauses zu einer Stadt.

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Exemplarisch sei hier das Hippodrom von Bosra (Syrien) angeführt. Mit Erhebung zur Hauptstadt der neuen Provincia Arabia unter Trajan wurde vermutlich die Anlage ausgeführt78. Auch Sitifis (heute Sétif, Algerien) erhielt durch kaiserlichen Willen einen Circus, als die Stadt in tetrarchischer Zeit politisch aufgewertet wurde79. Die Stadt Tyros erhielt ein Hippodrom als Geschenk des Septimius Severus. Anlass für diese Schenkung war die Veränderung des Rechtsstatus; in den 190er Jahren wurde die Stadt zur colonia erhoben80. Großzügig erwies sich Septimius Severus auch gegenüber der Stadt Laodikeia, dem heutigen Latakia in Syrien, weil die Stadt severische Interessen im Bürgerkrieg unterstützt hatte81. Persönliche Beziehungen zu einer Stadt als Ursache der Schenkung eines Circus können sehr wahrscheinlich auch für die Anlage in Thysdrus (El Djem, Tunesien) ausgemacht werden. Die Familie der Gordiani besaß hier emotionale Bindungen: Gordian I. (238 n. Chr.) war Proconsul in Africa und wurde in dieser Stadt zum ­Kaiser ausgerufen. Sein Sohn, Gordian II. (238 n. Chr.) diente hier als Legat und Gordian III. (238–244 n. Chr.) wurde vermutlich in El Djem geboren82. Ein anderes Beispiel für die Errichtung eines Circus bzw. eines Hippodroms durch einen Kaiser findet sich im bithynischen Nikomedeia. Diokletian, der hier eine seiner bevorzugten Residenzen hatte, ließ 303/304 n. Chr. einen entsprechenden Bau errichten. Dabei gehörte das Hippodrom in ein städte­ bauliches Programm, welches das Ziel verfolgte, Nikomedeia an Rom anzugleichen, wenn man Lactanz (ca. 250–325 n. Chr.) folgen mag, der vom Kaiser als Lehrer für Rhetorik dorthin berufen wurde (Lactant. De Mort. Persec. 8, 8–10)83.

Privatfinanzierung Für einzelne Personen oder Familien wird die Errichtung eines monumentalen Circus als Einheit kaum zu finanzieren gewesen sein. Gleiches gilt vermutlich auch für umfassende Renovierungsarbeiten. Dass die im Folgenden angeführten Beispiele aus den Provinzen kommen, hängt ausschließlich damit zusammen, dass hier weitaus mehr Circusanlagen bzw. Hippodrome vorkommen als in Italien. Ein Beispiel der Gesamtfinanzierung eines Hippodroms findet sich in Antiocheia am Orontes. Johannes Malalas, der bis zum Beginn der zweiten Hälfte des 6. Jhs. n. Chr. lebte, berichtet, dass in den Jahren 67/66 v. Chr. der Proconsul der Provinz Cilicia, Q. Marcius Rex, ein Hippodrom mit eigenen Mitteln errichtete84,obwohl Antiocheia zu diesem Zeitpunkt Residenz Philipps II.,eines Klientelkönigs, war. Schon bei diesem Hippodrom muss es sich um eine monumentalere Anlage nach stadtrömischem Vorbild gehandelt haben, da sie in den Quellen noch mehrfach erwähnt wird. Bei der Finanzierung der Anlage in Antiocheia wird man sich aber fragen müssen, ob nicht doch

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öffentliche Gelder verwendet wurden, weil kurz nach der Errichtung des Hippodroms auch ein Amphitheater entstand. Beide Bauten könnte man als Mittel der Romanisierung verstehen, die bewusst herbeigeführt werden sollte, daher auch öffentliche Mittel verdeckt eingesetzt wurden. Ein bedeutenderes Beispiel des privaten Euergetismus bei der Finanzierung von Circusanlagen ist aus Auzia (heute Aumale oder Sour el Ghoziane, Algerien), einer Stadt 150 km westlich von Sétif, überliefert. Die Stadt selbst gewann erst gegen Ende des 2. Jhs. n. Chr. an Bedeutung. Eine Inschrift aus dem Jahre 227 n. Chr. belegt, dass Decennius Claudius Iuvenalis Sardicus, der in seiner Heimatstadt mehrfach als Wohltäter in Erscheinung trat, zur Erinnerung an seinen Sohn und zwei Enkel mehrere Teile des Circus errichten ließ. Dabei handelte es sich um die metae, den Rundenzähler und das ­Tribunal für die Schiedsrichter85. Ein Beispiel für Teilfinanzierung findet sich in Dougga. Laut einer leider nicht ganz vollständigen Inschrift vermachte Gabinia Hermonia im Jahre 214 n. Chr. ­ihrer Heimatstadt das Gelände für den Circus (CIL 26546. 26639. 26650)86. Eine Zeit lang wurden die Rennen hier in sehr bescheidenem Rahmen durchgeführt. Dann, im Jahre 224 n. Chr., trieb die Stadt den Ausbau teilweise voran. Inschriften belegen, dass zwei duoviri und einige Aedilen für die Bezahlung der Baumaßnahmen verantwortlich waren, wie die Formulierung sua pecunia nahelegt (CIL VIII 26549–26550. ILT 1413)87. Als Lösung bot sich an, den Circus in Bauabschnitte (Baulose) zu gliedern, die finanzierbar waren. Solche Möglichkeiten sind mehrfach belegt. Im spanischen Luz, dem römischen Balsa, belegen zwei Inschriften diese Vorgehensweise. Sowohl ein C. Licinius Badius als auch ein L. Cassius ­Celer kamen für die Kosten von 100 Fuß Podiumsmauer auf. Ihre Abschnitte ­wurden durch Inschriften gekennzeichnet. Humphrey geht davon aus, dass die ­Podiumsmauer eine Gesamtlänge von 700 m aufwies. Damit würden für das Podium rund 23 bis 24 Baulose vorliegen88. Ein etwas anderer Weg wurde in Zafra, 60 km südlich von Mérida, eingeschlagen. Hier teilten sich L. Valerius Amandus und L. Valerius Lucumo die Kosten für die Podiumsmauer, deren Länge bei 180 m gelegen haben dürfte89. In Lyon belegt eine heute verlorene Inschrift die Schenkung von 100 ­Sitzen im Circus durch den Aedilen Sextus Iulius Ianuarius im 2. Jh. n. Chr. Die Lesung der Zahlenangabe ist etwas problematisch: Es könnte sich auch lediglich um zehn Sitze gehandelt haben. Bei den hier genannten Sitzen handelte es sich wohl um steinerne. Die überwiegende Masse der Sitze im Circus von Lyon bestand sehr wahrscheinlich aus Holz. Humphrey betont, dass diese Inschrift die einzige sei, welche die Schenkung von Sitzen belegt90. Eine weitere Inschrift, die sich im Lyoner Musée de la Civilisation Gallo-Romaine befindet, beschäftigt sich nochmals mit den Sitzen des Sextus Iulius Ianuarius. Zu Anfang des 3. Jhs. n. Chr. waren die Sitze nicht mehr intakt, so dass L. Fulvius Aemilianus, der als curator in Lyon in der Regierungszeit des

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Septimius Severus und des Caracalla nachgewiesen ist, die Corporation der centonarii – die Gilde der Schneider oder der Feuerwehrleute – dazu bewegte, auf deren eigene Kosten die Sitze zu restaurieren (CIL XII 1805)91.

Fazit Monumentale Circusanlagen wurden im Römischen Reich überwiegend durch öffentliche Mittel finanziert. Auch deren Bauunterhalt lag in staat­ licher Obhut. Nach Ausweis der Quellen finden wir in den Provinzen Privatleute, die mit eigenem Geld Teile von Circusanlagen errichteten oder für notwendige Reparaturen sorgten. In welchem finanziellen Rahmen sich diese Aufwendungen beliefen, ist schwierig zu ermitteln, da die Quellen zumeist keine Summen nennen und häufig die archäologischen Befunde fehlen, um diese erbrachten Leistungen zu quantifizieren.

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Circusspiele – für den Veranstalter ein teures Vergnügen Wir haben schon gesehen, dass mit Veranstaltungen im Circus hohe Kosten verbunden waren. Es stellt sich die Frage, wer bereit war, diese Lasten zu tragen und welche Motive ihn umtrieben. Sicher ist dabei eine Kostenentwicklung zu beobachten, so dass man hier unterscheiden muss zwischen der Zeit der Republik und der Kaiserzeit.

Finanzierung der Spiele bis zum Ende der Republik In der Zeit der Republik lag die Finanzierung der Spiele beim Staat. Dieser stellte den Aedilen einen bestimmten Betrag (pecunia certa) zur Verfügung, mit dem sie die Spiele organisieren konnten. In diesem Rahmen besaßen sie eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Schon gegen Ende des 3. Jhs. v. Chr. scheinen die Kosten explodiert zu sein. Im Jahre 217 v. Chr. wurde der Etat für die ludi Romani von 200 000 Sesterzen auf 333 333 1/3 Sesterzen angehoben, wie Dionysios von Halikarnass und Livius berichten (Dion. Hal. ant. 7, 71, 2; Liv. 20, 10, 7). Jedoch sollte diese Summe auf Dauer gesehen nicht ausreichen. Dafür gab es zwei Gründe: Die Zuschauer stellten immer höhere Erwartungen an die Ausrichter, die wiederum die Spiele als wichtiges Instrument für ihre weitere politische Laufbahn sahen. Neben öffentlichen Mitteln wurde daher zunehmend privates Vermögen eingesetzt. Wer diesem Weg nicht folgen wollte oder aus finanziellen Gründen nicht folgen konnte, fiel beim Volk gnadenlos bei den Wahlen durch. Diese Erfahrung hat etwa Lucius Cornelius Sulla machen müssen. Als sich Sulla für das Jahr 98 v. Chr. unter Umgehung der für ihn wenig interessanten Aedilität für die Praetur bewarb, konnte er dieses Amt nicht besetzen. Seiner Überzeugung nach habe das Volk ihn nicht gewählt, weil es sich um große Spiele betrogen glaubte. Schließlich besäße er doch hervorragende Kontakte zu König Bocchus von Mauretanien, der ihn mit Sachleistungen unterstützen könne. Für die Verweigerungshaltung Sullas gab es neben dem Desinteresse am Amt des Aedilen einen weiteren Grund: die Kosten. Um aus den Spielen politischen Nutzen ziehen zu können, hätte er die Spiele der Jahre 100 und 99 v. Chr. übertreffen müssen, die aber extrem aufwendig gewesen waren. Dazu verfügte Sulla aber nicht über die entsprechenden Mittel. Erst als er versprach, in seiner Praetur Spiele durchzuführen, die er geschickt mit den ludi Apollinares verband, die von einem seiner Vorfahren eingerichtet worden waren, wurde er gewählt (Plut. Sulla 5, 3)92. Ein anderes Beispiel bietet C. Julius Caesar nur wenige Jahrzehnte später. Um sich auf der

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politischen Bühne Roms etablieren zu können, hatte er bis zum Jahre 61 v. Chr. Schulden in Höhe von 25 Millionen Denaren gemacht, von denen ein guter Teil sicher in die Veranstaltungen während seiner Aedilität im Jahre 65 v. Chr. geflossen war. Leute wie Sulla oder Caesar waren aber nicht der Wohlfahrt verpflichtet. Durch ihre weitere politische Karriere erhielten sie die Gelegenheit, ihre angeschlagenen Finanzen während ihrer Provinzverwaltung zu sanieren, d. h. danach nicht nur schuldenfrei zu sein, sondern darüber hinaus auch ein Vermögen anzusammeln. Die Praxis, Veranstaltungen der Massenunterhaltung durch öffentliche Kassen zu decken, hat dazu geführt, dass in der Forschung die Behauptung aufgestellt wurde, die Finanzierung sei ausschließlich zu Lasten der Provinzialen gegangen. Dies ist sicherlich eine verkürzte Sichtweise, wenn man sich die Zusammensetzung des Staatsbudgets während der Republik anschaut. Es ist zwar richtig, dass die Provinzialen als Untertanen einer direkten Besteuerung unterlagen, die bei durchschnittlich 10 Prozent der Wirtschaftsleistung lag. Daneben traten aber auch Einnahmen aus Pachten und Zöllen sowie aus Luxussteuern, die auch der römische Bürger zu tragen hatte93.

Die Finanzierung in der Kaiserzeit In diesem Kontext wird man zwei unterschiedliche Bereiche sehen müssen. Einmal haben wir die Spiele in Rom, denen sich sicherlich vergleichbare Veranstaltungen in den späteren kaiserlichen Residenzstädten an die Seite stellen lassen. Zum anderen sind Circusveranstaltungen in den Provinzen zu sehen, die nicht oder nur bedingt durch kaiserliche Wohltaten finanziert wurden. Blicken wir zunächst auf den erstgenannten Bereich.

Rom und die kaiserlichen Residenzen In der Regierungszeit des Augustus erfolgte ein Wechsel bei der Durch­ führung der Spiele. Die Verantwortung wurde von den Aedilen auf die Praetoren übertragen. Am Finanzierungsmodell änderte sich dabei aber nichts. Amtsträger, die etwas auf sich hielten, stockten den Etat aus eigenen Mitteln auf. Es kam allerdings vor, dass die Praetoren die benötigten Summen nicht aufbringen konnten. Hier sprang dann gelegentlich der Kaiser ein. Exemplarisch sei hier Trajan angeführt, der seinen späteren Nachfolger Hadrian mit zwei Millionen Sesterzen unterstützte. Es ist in der Forschung betont worden, dass die kaiserliche Freigiebigkeit eher die Ausnahme gewesen sei. Als Grund dafür werden die Kosten an­geführt, die der Kaiser schon bei den Spielen zu tragen hatte, die unter

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dessen eigener Verantwortung durchgeführt wurden. Um die Durchführung der Spiele weiter zu gewährleisten, scheint man bereits unter Augustus die staatlichen Zuschüsse aufgestockt zu haben, wie eine Stelle bei Cassius Dio nahelegt (Cass. Dio 54, 2, 3). Konkrete Zahlen werden dabei aber nicht genannt. Allerdings kennen wir aus den Fasti Antiatini, die ins Jahr 51 n. Chr. datieren, die Zuschüsse für die großen ludi. Danach wurden die ludi Romani mit 700 000 Sesterzen, die ludi Plebeii mit 600 000 Sesterzen und die ludi Apollinares mit 380 000 Sesterzen bezuschusst (CIL2 S. 248 f.). Aber selbst diese Summen mussten noch von den Spielegebern aufgestockt werden. Man wird sich fragen müssen, warum die römische Aristokratie überhaupt noch in Veranstaltungen der Massenunterhaltung investierte. Ging es in der Zeit der Republik darum, durch glanzvolle Veranstaltungen ­politische Vorteile zu gewinnen und bis an die Spitze des Staates zu gelangen, fällt dies in der Kaiserzeit ganz aus. Die politische Verantwortung liegt ausschließlich beim Kaiserhaus. Als Ursache muss man daher das Selbstverständnis der römischen Oberschicht sehen: Sie definiert sich über alther­ gebrachte Institutionen. Die Krisensituation des 2. Jhs. n. Chr. brachte die römische Aristokratie an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Seit dem 3. Jh. n. Chr. verzichtete man zunehmend darauf, mit Kosten verbundene Ämter zu übernehmen. Zu Beginn des 4. Jhs. war es sogar so weit gekommen, dass nicht mehr genug Freiwillige für das Amt des Praetors zur Verfügung standen. Kaiser Konstantin war daher gezwungen, Kandidaten für die Praetur zwangszuverpflichten. Aber es gab auch im 4. Jh. noch Ausnahmen: Q. Aurelius Symmachus, der uns schon mehrfach begegnet ist, richtete im Jahre 401 für die Praetur seines Sohnes Memmius siebentägige Spiele aus, die ihn 2 000 Pfund Gold kosteten, nachdem er selbst schon mehrfach unter seinem eigenen Namen und unter dem seines Sohnes ­solche ausgerichtet hatte. Dabei dürfen wir Symmachus aber keineswegs als weltfremd oder als Verschwender betrachten. So begrüßte er etwa im Jahre 384 einen kaiserlichen Erlass zur Begrenzung der Ausgaben für die Spiele (Symm. rel. 8). Nachdem wir gesehen haben, dass die stadtrömische Aristokratie im 4. Jh. n. Chr. kaum noch in der Lage war, Spiele mit eigenem Geld zu finanzieren, stellt sich die Frage, wie spätestens seit der Tetrarchie mit der Verlagerung der kaiserlichen Residenzen nach Trier, Mailand oder Thessaloniki und schließlich mit der Erhebung Konstantinopels zur Hauptstadt in Rom selbst die Spiele finanziert wurden. Diese Frage lässt sich recht einfach beantworten: Die Kaiser zahlten einfach weiter, weil der Symbolwert Roms zu groß war. Dies dokumentiert sich auch in anderen kaiserlichen Maßnahmen. Zu erwähnen ist etwa eine Reihe von Erlassen, die der Bewahrung der ehrwürdigen Denkmäler und Bauten in Rom dienen sollten.

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Spiele in den Provinzen Haben wir bislang die Situation in Rom betrachtet, so stellt sich noch die Frage, wie ludi außerhalb der Hauptstadt finanziert wurden. Selbst­ verständlich kamen auch die Provinzialen in den Genuss von Circusveranstaltungen, die durch den Kaiser finanziert wurden. Ein Beispiel dafür ist aus Lyon überliefert: Caligula, der sich im Winter 39/40 n. Chr. hier aufhielt, um einen Kriegszug nach Germanien vorzubereiten, ließ es sich nicht nehmen, eine Reihe von aufwendigen Veranstaltungen zu finanzieren, die neben den Circusspielen auch Theateraufführungen u. a. umfassten94. Neben solchen Großereignissen waren es aber die lokalen Eliten, die für die Durchführung von Circusveranstaltungen verantwortlich waren. Dies geschah, indem sie die entsprechenden Ämter übernahmen und so zur ­Finanzierung beitrugen oder auch ohne Ämter Mittel zur Verfügung stellten. Die Gründe für die Durchführung der Spiele sind vielfältig. Die Bereitstellung von Mitteln ist aber allgemein ein Bestandteil antiker Stadtkultur gewesen und beschränkte sich daher nicht auf spezielle Veranstaltungen oder Bauten. In Auzia, dessen Circus bereits im Kontext der Baufinanzierung angesprochen wurde, sind etwa halbjährliche Spiele belegt, die an den Geburtstagen des Stifters und seiner Frau abgehalten wurden. Die Spiele dauerten jeweils einen Tag und kosteten insgesamt 1080 Sesterzen (CIL VIII 9092)95. Einen ganz anderen Grund, Circusspiele zu geben, hatte ein Sextus Ligurius Marinus aus Lyon, der dort Quaestor und Duovir war. Anlass für ihn war die Erlangung des Amtes des pontifex (CIL XIII 1921). Gelegentlich lassen sich die Gründe für die Stiftung von Circusspielen nicht klären. Aus Cástulo – heute Cazlone – ist eine Gruppe von Inschriften bekannt, die über den privaten Euergetismus in der 1. Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. berichten. Die erste Inschrift erzählt davon, eine Cornelia Marullina habe mehrere Silberstatuen, ein öffentliches Bankett und Circusspiele gestiftet. Der Anlass selbst ist der Inschrift nicht zu entnehmen, doch es wird vermutet, diese Wohltaten würden mit der Verleihung der toga virilis an ihren Sohn L. Cornelius Marullus zusammenhängen. Eine weitere Stiftung erfolgte wenig später, wie eine weitere Inschrift belegt. L. Cornelius Marullus verstarb und die Mutter erhielt die Erlaubnis oder wurde eventuell vom örtlichen Senat aufgefordert, für ihren Sohn, sich selbst und die ­Pietas Statuen zu errichten. Anscheinend hat die Mutter den Sohn nicht lange überlebt, denn nach Ausweis der Inschrift wurden diese Statuen erst von deren Erben, C. Cornelius Bellicus, errichtet. Außerdem stiftete er in diesem Kontext weitere Circusspiele96. Ein anderes Beispiel der Finanzierung durch testamentarische Verfügung ist aus Gallien bekannt. Ein Annius Camares, der im 2. Jh. n. Chr. zur Führungselite der Stadt Arles zählte und als Präfekt in der Provinz Africa tätig gewesen war, vermachte seiner Heimatstadt einen Betrag in Höhe von 200 000 Sester-

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zen, dessen Zinserträge zur Durchführung von jährlichen Spielen genutzt werden sollten. Freigestellt blieb den Veranstaltern aber, ob sie athletische Wettkämpfe oder Wagenrennen durchführen wollten. Daneben wird aber auch der soziale Aufstieg als Grund für die Veranstaltung von Circusspielen eine Rolle gespielt haben, wie eine weitere Inschrift aus Cástulo berichtet. Danach gab ein Freigelassener – der Name ist unbekannt – aus Dank für die Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs (sevir) verschiedene Spiele, darunter eine viertägige Veranstaltung mit Theateraufführungen, Circusspielen und Vorführungen im Amphitheater. Außerdem stiftete er eine Statue des Antoninus Pius. Dadurch ist die Datierung 154–155 n. Chr. gesichert97. Aber wie in Rom lässt der private Euergetismus ab der Mitte des 2. Jhs. nach. Dies gilt für alle Bereiche.

Kommunale Charity Welche Gründe gab es für eine Stadt, Circusspiele auszurichten, die nicht durch staatliche oder religiöse Vorgaben initiiert wurden? Diese Frage führt in ein weites Feld und wird sich hier sicherlich nicht vollständig beantworten lassen, teils weil die Quellen – es handelt sich zumeist um epigraphische – nur punktuelle Einblicke gewähren, zum anderen, weil die Gründe zu ­vielschichtig sind. Häufiger wird man annehmen können, dass eine Stadt Spiele zu Ehren der kaiserlichen Familie durchführte. So kennen wir etwa aus Cumae das Fragment einer Inschrift, die einen Beschluss des lokalen ­Senats wiedergibt, aus diesem Grund Circusspiele zu veranstalten98. Neben dem Staat – repräsentiert durch Reichsbeamte – und den Privatpersonen kam es auch vor, dass eine Stadt zu Ehren einer verdienten Persönlichkeit Spiele ausrichtete. So wurde im 3. Jh. n. Chr. in der Stadt Cástulo dem Q. Torius Culleo, Procurator Augusti der Baetica, eine Ehrung zuteil, weil er als Wohltäter der Stadt in Erscheinung getreten war. Diese Ehrung war mehrteilig: Sie bestand aus einer Statue und es wurden zweitägige ­Circusspiele durchgeführt, welchen der Wohltäter vorstand und bei denen er so öffent­liche Wahrnehmung und Dank empfangen konnte99. Aus Sorrentum (Sorrent) ist eine Ehreninschrift bekannt, die belegt, dass ein örtlicher Notabler als Aedil Gladiatoren- und Circusspiele gegeben habe. Die Inschrift ist aber in der Lesung unsicher, ob wirklich beide Veranstaltungen durchgeführt wurden oder nur eine davon.

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Verbreitung von Circusanlagen

Abb. 58 Verbreitung römischer Circusanlagen.

Wir haben gesehen, dass in der römischen Welt der Circus eine augenscheinlich große Rolle gespielt hat. Daher stellt sich die Frage, in welchem Maße die Anlagen im Imperium tatsächlich verbreitet waren (Abb. 58). Diese wird sich nicht in allen Details beantworten lassen, weil sich oft Anlagen nicht erhalten haben oder bislang noch nicht lokalisiert wurden. Vielfach müssen indirekte Belege herangezogen werden, um auf einen Circus an einem Ort zu schließen. Dabei handelt es sich vor allem um Inschriften, die auf ein Circusumfeld hindeuten. Aber auch Mosaiken oder Häufungen von Kleinfunden erlauben es unter Umständen, einen Circus anzunehmen.

Italien Als Ausgangspunkt für diese Fragestellung bietet sich Italien an. Schauen wir zunächst auf die Hauptstadt selbst. Sie wies neben dem Circus Maximus noch eine Reihe von weiteren Anlagen auf, die man sicherlich in private und öffentliche Bauten gliedern kann. Am Wichtigsten war neben dem Circus Maximus der Circus Flaminius, der uns bereits im Kontext der pompa circensis begegnet

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ist und der ebenfalls als Austragungsort von ludi diente. Ein weiterer Circus mit öffentlichem Anspruch innerhalb Roms war das Trigarium, dem aber im Laufe der Zeit mehr und mehr der Charakter einer Trainingsanlage zukam. Recht spät entstand der Circus Varianus in der Peripherie Roms. Zu den ­Anlagen, die zunächst einen privaten Charakter hatten, zählt der Circus des Caligula im Bereich des Vatikan. Dieser wurde erst später – und sicherlich auch nicht durchgehend – dem Volk von Rom zugänglich gemacht. Im Umfeld der Hauptstadt entstanden ab augusteischer Zeit weitere ­Anlagen. Dazu gehört der Circus von Bovillae, der archäologisch nachgewiesen ist. Auch in Antium gab es einen Circus, der in der Regierungszeit Neros entstand. Unsere Quellen belegen für diese Circusanlage Spiele zu Ehren der Claudier und Domitier. Den Bau selbst glaubte man lange Zeit im Bereich der Villa Serena identifiziert zu haben. Jedoch wird man diese Ansicht revidieren und ihn in der Villa des Nero ansiedeln müssen. Ein weiterer Bau im Umfeld Roms fand sich in Lorium. Er entstand in der Regierungszeit des Antoninus Pius, der an diesem Ort aufgewachsen war und dort auch verstarb. In einem von ihm errichteten Palastbau dürfte sich der Circus befunden haben, der aber nicht nachgewiesen ist. Als Beleg für diese Anlage kann der Kalender von 354 herangezogen werden, der für den 25. Februar – dem Datum der Adoption des Antoninus Pius durch Hadrian – Spiele belegt. In einen vergleichbaren Kontext gehört auch der Circus des Maxentius (vgl. Abb. 18). Als Bestandteil einer kaiserlichen Villa war er nicht für die Unterhaltung der plebs urbana gedacht. Er diente der kaiserlichen Selbstdarstellung. Schließlich ist für das Umfeld Roms noch der Circus der fratres Arvales zu erwähnen, der an der Via Campana etwa 7,5 km außerhalb von Rom liegt. Besonders bekannt ist diese Anlage durch ihr reiches Inschriftenmaterial, das uns auch Einblicke in das Renngeschehen gegeben hat. Entfernen wir uns weiter von Rom, so zeigt sich, dass auch hier nicht so viele Circusanlagen vorhanden waren. Nach Süden hin sind Teano, Cumae oder Sorrent belegt. In Puteoli befindet sich ein Bau westlich der Stadt an der Via Domitiana, der aber aufgrund der Forschungssituation noch nicht eindeutig interpretiert ist. Man schwankt zwischen Stadion und Circus. Nach Norden hin lassen sich Anlagen z. B. in Mailand oder Aquileia feststellen. Sie gehören in die Spätantike und stehen z. T. mit tetrarchischen Palastanlagen in Verbindung. Auffällig ist jedenfalls, dass es nur wenige Circusanlagen in Italien gibt, die in der Zeit der Republik oder bis in die mittlere Kaiserzeit ­hinein entstanden sind. Außerdem ist zu konstatieren, dass diese Anlagen keineswegs einen monumentalen Ausbau erfahren haben. Es stellt sich hier die Frage, warum dies so war. Schon Humphrey vermutete, dieses Phänomen sei allein auf wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen. Alle Ressourcen seien auf den Schauplatz Rom hin ausgerichtet worden. Diese Ansicht gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man einen Bericht des Cassius Dio heranzieht. ­Danach habe Maecenas in einem Brief seinem Freund Augustus geraten,

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alle Circusrennen außerhalb Roms zu verbieten. Dazu habe er – so Cassius Dio – drei Gründe angeführt. Einmal solle durch das Verbot verhindert ­werden, dass durch die Circusspiele ungeheure Geldsummen verschwendet würden (das bezieht sich sowohl auf die Errichtung von Circusbauten als auch die Durchführung der Rennen). Zum anderen müsse vermieden werden, dass sich das Volk in den Sport vernarre (was in der Zeit des Augustus bereits weltfremd war) und schließlich würde durch den Bedarf an hervorragenden Pferden in der Rennbahn dem Militär entsprechendes Material vorenthalten (Cass. Dio 52, 30, 7–8).

Balkanregion Schaut man auf die Verbreitungskarte, so fällt auf, dass hier nur ein römischer Circus und ein Hippodrom wirklich gesichert sind. Dabei handelt es sich um die Anlagen in Thessaloniki und Sirmium, die in tetrarchische Zeit datiert werden. Eine weiterer Bau befindet sich möglicherweise im epirotischen Nikopolis. Er ist im Befund wohl nur schwer zu deuten. Dies bedeutet aber nicht, dass in dieser Region keine Wagen- oder Pferderennen stattgefunden haben. Vielmehr wurden die griechischen Anlagen weiter genutzt, die aber nie einen monumentalen Ausbau erfahren haben. Sie lassen sich mit den großen Heiligtümern Griechenlands verbinden. Zu nennen sind Renn­bahnen in Olympia, Delphi, Korinth (Isthmia) oder Nemea.

Kleinasien Im kleinasiatischen Raum – im Wesentlichen identisch mit der heutigen Türkei zwischen der Küste des Schwarzen Meeres und dem Taurusgebirge – zeigt sich ebenfalls eine geringe Verbreitung von Hippodromen. Sicher ­belegt sind sie in römischer Zeit in Konstantinopel und Nikomedeia. Durchaus ergänzen lässt sich dies mit einer Anlage auf dem Musala Mezarlık in Pergamon, die allerdings bis heute nicht ergraben wurde und wie die benachbarten Bauten (Amphitheater und Theater) durch Überbauung bedroht ist. In der Literatur wird der Bau auch als Stadion angesprochen, doch die Dimensionen – eine Längserstreckung von fast 300 m und einer Breite von ca. 55 m – lassen auch eine Nutzung als Hippodrom zu. Eine Verdichtung von Circusanlagen ergibt sich in dem Moment, wenn man epigraphisch oder literarisch überlieferte Spiele hinzufügt. Es kommen dann Ancyra (Ankara),Caesareia (Kaysarı), Xanthos und Aphrodisias hinzu.Schließlich stellt sich die Frage, ob in Kleinasien nicht auch ältere Anlagen weiter genutzt wurden? Diese Frage lässt sich zwar mit einem Ja beantworten, doch ist ein entsprechender Bau, aus hellenistischer Zeit stammend, nur in Sardes nachgewiesen.

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Der syrisch-palästinensische Raum Der syrisch-palästinensische Raum umfasst den Teil der Türkei, der diesseits des Taurusgebirges liegt, die Gebiete des modernen Syriens, des Libanon, ­Israels, Jordaniens und der palästinensischen Autonomiegebiete. Ein Blick auf die Verbreitungskarte zeigt ein völlig anderes Bild als in den bisher ­besprochenen östlichen Regionen des Römischen Reiches. Im Befund ­belegt sind Anlagen in Edessa, Anazarbus, Aegeae, Antiocheia am Orontes, Laodikeia, Apamea mit ­einer späten Anlage, Beirut, Tyros, Gadara, Bosra, ­Gerasa und Caesarea. Vermutet werden Circi in Seleukeia ad Calycadnum und Tarsos. Ergänzen wir die Liste erneut um Bauten aus hellenistischer Zeit, so treten wahrscheinlich vier weitere Orte hinzu: Seleukeia Pieria, Damaskus, Jerusalem und Magdala/Tarichaea. ­Außerdem sollen drei weitere Anlagen nicht unerwähnt bleiben, die unter ­Herodes d. Gr. entstanden sind. Sie befinden sich in Caesarea Maritima am ­Palast, in Jericho und beim Unteren Palast von Herodium. Zusätzlich sind in der Region an zwei Orten Rennen belegt: in Gaza und Neapolis.

Ägypten Gegenüber dem syrisch-palästinensischen Raum sind Circusanlagen in Ägypten nicht so stark vertreten. Dies mag daran liegen, dass sich der ­Lebensraum auf das Niltal und einige wenige große Städte beschränkte. Hippodrome, die durch baulichen Befund oder eine umfassende Quellenlage bekannt sind, lassen sich an vier Orten nachweisen. Die wichtigste Anlage ist zweifelsfrei jene in Alexandria, der von der Bedeutung her direkt jene aus Antinoopolis folgt. Auch in Oxyrhynchos hat ein Circus existiert, der aber bislang noch nicht lokalisiert wurde. Seine Existenz ist jedoch durch zahlreiche Papyri eindeutig gesichert. Zwei weitere Anlagen in Ägypten gehören in die späthellenistische Zeit, wurden aber definitiv in römischer Zeit weiter genutzt. Es handelt sich um ein Hippodrom in Herakleopolis (datiert 45/44 v. Chr.) und ein weiteres in Memphis (datiert 64/ 63 v. Chr.). Erwähnt werden müssen noch Spiele in Hermopolis Magna.

Die Provinz Creta et Cyrene Es mag verwundern, wenn an dieser Stelle eine römische Provinz als Region gesondert behandelt wird, während im Vorangehenden eher Großräume besprochen wurden. Die Kyrenaika stellt sowohl geographisch als auch ­historisch gesehen einen abgeschlossenen Raum dar, der durch Wüsten einerseits von Ägypten und andererseits von den römischen Siedlungsschwerpunkten Nordafrikas abgetrennt ist. Auch in seiner historischen Entwicklung unterscheidet sich die Kyrenaika vom übrigen Nordafrika.

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Kreta auf der anderen Seite ist vom griechischen Festland getrennt und hat mit der Kyrenaika eine Zeit lang eine gemeinsame Provinz gebildet, so dass hier diese Auswahl gerechtfertigt erscheint. Bedenkt man die relativ ­geringe Siedlungsdichte in der Kyrenaika und die Größe der Städte, so erwartet man auch nicht unbedingt eine größere Anzahl von Hippodromen. Eine Anlage ist in Kyrene belegt und eine weitere gab es in Ptolemais, wie Satellitenbilder nahelegen. Als wichtigste Stadt und Sitz der Provinzverwaltung liegt es natürlich nahe, dass auch Gortyn über ein Hippodrom verfügte, das aber, weil es unter Kulturland liegt, nur unzureichend erforscht ist.

Nordafrika Im römischen Nordafrika sind diverse Circusanlagen überliefert. Allerdings ergibt der dortige Bestand ein sehr heterogenes Bild. Humphrey unterscheidet dabei in drei Hauptgruppen. Einmal handelt es sich um monumentale Bauten, die überwiegend in den Küstenstädten vorkommen. Hier nennt er Anlagen in Cherchel, Utica, Karthago, Sousse und Leptis Magna. Zu diesen gesellen sich im Binnenland noch die Bauten in Sétif und El Djem. Das andere Extrem, so Humphrey, spiegelt sich in Hinweisen auf Circi in kleineren Städten. Hier handelt es sich im Wesentlichen um Inschriften, die auf Rennveranstaltungen hinweisen. Dort konnten jedoch keine Circusbauten nachgewiesen werden. Die Vermutung liegt somit nahe, dass es keine Steinbauten gab und im Falle einer Veranstaltung entweder eine Naturanlage genutzt oder ein Circus aus Holz errichtet wurde. Schließlich verweist Humphrey auf eine Gruppe von Circusanlagen, die zwischen diesen Extremen steht. Hier wurden nur Teile des Circus in Stein ausgeführt. Als bestes Beispiel nennt Humphrey den Circus von Dougga. Zwei weitere Anlagen werden dieser Gruppe – wenn auch unter Vorbehalt – zugeordnet: Aumale und Thibari. Die meisten Circusbauten Nordafrikas stammen aus dem 2. Jh. n. Chr. oder sind noch später. Man wird dort aber mit weiteren Anlagen rechnen dürfen, weil zahlreiche Mosaiken und andere Materialien den Circus thematisieren und die Beliebtheit des Rennsports in diesen Provinzen belegen. Betrachtet man die Verbreitungskarte, so fällt auf, dass eine Region Nordafrikas keine Circusanlagen zeigt. Es handelt sich dabei um das Gebiet des heutigen Marokko, die Provincia Mauretania Tingitanra.

Iberische Halbinsel Auf der Verbreitungskarte römischer Circi für die Iberische Halbinsel können rund 20 Anlagen sicher dokumentiert werden, die seit dem 1. Jh. n. Chr. entstanden. Davon monumental ausgebaut waren etwa Tarragona, Sagunt,

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Toledo, Calahorra sowie Mérida. Sie bilden einen Schwerpunkt im Süden der Halbinsel aus. Nach Norden hin ist eine deutliche Ausdünnung zu erkennen. Die nördlichsten Bauten finden sich in Tarragona und Calahorra. Eine kleinere Anlage konnte in Santiago do Cacém nachgewiesen werden. Aufgrund von Inschriften, die Circusspiele belegen oder Circusanlagen selbst erwähnen, lassen sich z. B. in Granátula, Cástulo oder Osuna weitere Bauten erschließen. Folgt man der Methode Humphreys, indem man Mosaiken mit Circusmotiven als Beleg für die Existenz eines Circus gelten lässt, so verändert sich das Bild nicht wesentlich. Wie in den anderen Regionen darf man aber auf der Iberischen Halbinsel ebenso davon ausgehen, dass es zahlreiche kleinere Anlagen gab, die nie ausgebaut wurden. Dies gilt umso mehr, als die spanischen Provinzen ein Zentrum der Pferdezucht waren und ihre Ware – Rennpferde – bis nach Rom lieferten. Da es sich dabei aber z. T. auch um ausgebildete Tiere handelte, müssen diese unter realen Bedingungen geschult worden sein.

Nordwest-Provinzen Unter dem Begriff der Nordwest-Provinzen sind im Wesentlichen die Staatsgebiete Frankreichs, Belgiens, der Niederlande, der Schweiz und Deutschlands zu verstehen. Großbritannien muss aufgrund der separierten Lage gesondert betrachtet werden. Die Verbreitungskarte von Humphrey für diese Region zeigt, dass hier mehr Circusanlagen mit Fragezeichen versehen sind als tatsächlich nachgewiesen. Allerdings erscheint es als selbstverständlich, wenn man bei einer Reihe von Städten die Existenz einer Rennbahn annimmt. Dazu zählen etwa Paris oder Narbonne, die als Provinzhauptstädte eine entsprechend große Bedeutung besaßen und über ein ausreichendes wirtschaftliches Potential verfügten. Humphrey räumt in der Diskussion um die Verbreitung in dieser Region allerdings ein, es gäbe hier deutlich weniger epigraphisches Material als etwa in Nordafrika oder auf der Iberischen Halbinsel, welches Circusspiele dokumentiere. Schauen wir aber nun auf die tatsächlich nachgewiesenen Anlagen. ­Dabei liegen mehrere Circusbauten im Tal der Rhône. Sicher der bedeutendste davon ist jener in Arles, daneben tritt Vienne. Auch wenn Lyon im archäologischen Befund nicht gesichert ist, liefern uns doch die schrift­ lichen Quellen und das schon mehrfach angesprochene Circusmosaik einen ­unbestreitbaren Beleg für dessen Existenz. In Nîmes ist die Lage insofern etwas schwieriger, weil heute keine Baureste mehr vorhanden sind. Jedoch geben alte Toponyme, wie etwa via ad carceres, deutliche Hinweise auf eine derartige Anlage. Darüber hinaus konnten im Jahre 1874 im Stadtgebiet Reste von Substruktionen beobachtet werden, die mit einem Circusbau in Verbindung stehen dürften. Wenn wir uns vom Mittelmeer und dem Rhône-

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gebiet lösen und nach Westen hin orientieren, fällt auf, dass deutlich weniger Circi ­nachgewiesen sind. Im Befund ist nur die Anlage in Saintes belegt. Selbst das übrige Quellenmaterial, das von Humphrey gerne zur Verdichtung des ­Bildes herangezogen wurde, fehlt. Besonders auffällig ist dies für Zentralfrankreich. Wandern wir in der Betrachtung weiter nach Norden, so sind kaum noch Bauten dieser Art überliefert. Lediglich in Trier ist im Befund ein monumentaler Circus nachgewiesen. Logisch wäre es, wenn man auch in ­einer der bedeutendsten Städte in den germanischen Provinzen, Köln, ­einen Circus annehmen würde. Doch ist die Beweislage hier ausgesprochen dürftig.

Großbritannien Als Humphrey sein grundlegendes Werk über römische Circusbauten schrieb, musste er feststellen, dass in seiner Heimat die Anzahl der Rennbahnen wohl sehr gering gewesen sei. Außerdem hielt er fest, es sei bisher – also bis 1986 – in Großbritannien kein Circus nachgewiesen. Inzwischen hat sich die Lage etwas geändert. In Colchester gelang es, außerhalb des antiken Stadtgebietes einen Circusbau nachzuweisen. Anzunehmen ist aber auch, dass in der Hauptstadt des römischen Britannien, in Londinium, ebenfalls ein Circus existierte. Verschiedene Befunde im Stadtgebiet Londons könnten, so Humphrey, mit einem derartigen Bau in Verbindung gebracht werden. Sonst werden für Großbritannien nur indirekte Belege für Circusspiele und Circusbauten angeführt. Doch selbst diese sind nicht sehr häufig.

Fazit Zieht man ein Fazit hinsichtlich der Verbreitung von Circusbauten, so stellt man fest, dass diese sich doch vorrangig rings um das Mittelmeer konzentrierten. Entweder entstanden sie im Zuge der Romanisierung oder in Regionen, die über entsprechende Traditionen verfügten. Dort wurden auch ältere Bauten weiter genutzt. Erinnert sei an Anlagen im syrisch-palästinensischen Raum. Nicht fassbar waren Bauten, die in Holz ausgeführt waren oder sich auf einige wenige Bestandteile beschränkten. Über ihre Anzahl und Verbreitung kann man nur spekulieren.

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Circus und Stadt – Fragen zu urbanen Strukturen Bereits bei der Besprechung der Einzelformen des Circus war erkennbar, dass Circusanlagen – ähnlich wie Amphitheater oder Stadien – einen sehr großen Raumbedarf aufweisen und außerdem durch ihre Form gewisse Ansprüche an die Topographie stellen. Welche städtebaulichen Anforderungen sind aber insgesamt an Circusanlagen zu richten und welche Konsequenzen bergen sie in sich? Zunächst soll geklärt werden, was unter städtebaulichen Faktoren hier verstanden werden soll, um einen entsprechenden Rahmen zu finden. Es stellen sich die Fragen nach topographischen und kulturellen Bedingungen sowie nach Umweltfaktoren. Da bei der Stadtplanung Geld schon immer eine große Rolle gespielt hat, soll auch dieser Faktor kurz angesprochen werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Circus ein singulärer Bau in römischen Städten war.

Der topographische Faktor Als vorrangiger Faktor muss der topographische genannt werden, weil für den Circus ein Gelände zur Verfügung stehen muss, das ausreicht, um eine Rennbahn und die Zuschauerränge aufzunehmen. Über den Platzbedarf für Circusanlagen wurden bereits im Kapitel über die architektonischen Einzelformen ausführlich gesprochen. Da bei der Errichtung von Großbauten auch in der Antike durchaus kostenbewusst geplant wurde, boten sich Orte an, die mit wenig Aufwand zu einem Circus ausgebaut werden konnten. Seit frühester Zeit wurden vorrangig Standorte in Taleinschnitten ausgewählt, an deren Hängen die Zuschauer ihren Platz finden konnten und wo nur ­geringe Baumaßnahmen durchgeführt werden mussten. Sicher das bekannteste Beispiel stellt der Circus Maximus dar, der im Tal der Murcia entstand und der ins 6. Jh. v. Chr. zurückverfolgt werden kann. Dass eine solche Platzwahl aber kein Phänomen der Frühzeit war, belegen diverse Circusanlagen, wenn auch Modifizierungen vorgenommen wurden. Ein Beispiel dafür findet sich in Kyrene, wo eine natürliche Vertiefung im anstehenden Felsen für das Hippodrom erweitert wurde. Im französischen Saintes nutzte man als Bauplatz für den Circus ebenfalls einen Taleinschnitt. In Leptis Magna wurde eine Variante dieses Modells aufgegriffen. Hier wählte man eine Terrasse an der Küste aus, so dass man an der Hangseite auf den anstehenden Felsen zurückgreifen konnte und nur an der Seeseite aufwendiger bauen musste (vgl. Abb. 62). In Dougga finden wir in der ­wenig monumentalisierten Anlage ebenso das Prinzip, natür­liche Struk-

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turen für die Rennbahn zu nutzen. Alternativ sind größere ebene Areale für eine Rennbahn geeignet. Sie setzten dann aber aufwendige Substruktionsarchitekturen voraus, die wir etwa in Mérida, Arles oder Tyros, dem heutigen Sur (Libanon), finden. Dabei erhebt diese Liste nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ebenfalls als topographischer Faktor ist die Einbindung des Circus in das Straßennetz anzusehen. Bedenkt man die Länge einer durchschnittlichen Circusanlage mit gut 400 m oder vergegenwärtigt man sich den Circus ­Maximus mit mehr als 600 m, so wird deutlich, dass derartige Bauten wie ein Riegel innerhalb des Stadtgebietes liegen und über eine große Strecke im Straßensystem Querverbindungen abschneiden. Dies würde auch dann gelten, wenn es sich nicht um eine Planstadt handelt. Schon Humphrey wies darauf hin, dass ein Circus mitten in der Stadt ungewöhnlich sei und als Indiz für eine frühe Entstehungszeit der Anlage gedeutet werden könne. Als ­Beispiel führte er den Circus von Tarragona an, der direkt unterhalb des ­Forums liegt100. Im Stadtplan von Pergamon kann man recht gut nachvollziehen, wie sich Großbauten wie Stadion oder Circus auf diesen auswirken. Im westlichen Teil der römischen Stadterweiterung entstand im 2. Jh. n. Chr. ein Quartier, in dem die Stätten der Massenunterhaltung konzentriert waren: Theater, Amphitheater und Stadion (Circus)101. Der letztgenannte Bau unterbricht an seiner östlichen Seite zwei Ost-West-Verbindungen und an der gegenüberliegenden drei, während nur eine Nord-Süd-Verbindung tangiert wird (Abb. 59). Dieses Problem lässt sich nur schwer lösen. Es gibt im Grunde nur einen vernünftigen Ansatz, wie man ihn etwa in Karthago beobachten kann. Geht man davon aus, dass das kaiserzeitliche Karthago ein orthogonales Straßensystem besaß, hat man dort den Circus zunächst einmal in die Peripherie des Stadtgebietes gerückt und dann die Anlage so in das Straßennetz eingefügt, dass die Schmalseite Circus zu den Schmalseiten der Wohnblocks orientiert war (Abb. 60, 1). Die periphere Lage gilt auch für das Amphitheater Karthagos (Abb. 60, 2). Ein anderes Beispiel für einen Circus am Rande der Stadt bildet wohl die Anlage in Nîmes. Hier nutzte man die augusteische Stadtmauer zugleich kostensparend als Bauelement des Circus. Dieses Phänomen lässt sich aber noch bei anderen Großbauten beobachten. Stadtmauern und Stadion von Aphrodisias etwa gehen eine enge Verbindung ein. Eine radikale Lösung dieses Problems bietet sich an, wenn man den ­Circus bzw. das Hippodrom generell aus dem eigentlichen Stadtgebiet verbannt, zumal man hiermit ein weiteres Problem beseitigt, das sowohl bei Circusbauten als auch bei Amphitheatern oder Stadien auftritt. Diese Bauten mussten so angelegt werden, dass große Menschenmassen sie problemlos erreichen konnten. Dies gilt sowohl für die städtischen Besucher selbst als auch für die Bewohner des Umlandes, die an vielen Orten einen nicht unerheblichen Anteil an Zuschauern ausgemacht haben dürften. Mit der Verle-

Abb. 59 Pergamon (TR). Stadtplan. Es wird hier deutlich, dass der Circus oder das Stadion die Straßenverbindungen unterbricht.

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Abb. 60 Karthago. Übersichtsplan der archäologisch belegten bzw. literarisch bezeugten Denkmäler der römischen Kaiserzeit. Nicht erfasst wurden christliche Baudenkmäler und die außerstädtischen Nekropolen. 1 Circus; 2 Amphitheater; 3 Theater; 4 Odeion; 5 AntoninusThermen; 6 Tempel; 7 Zisterne; 8 Villenviertel; 9 Mausoleum; 10 Zis­terne; 11 decumanus maximus; 12 cardo maximus; 13 Kriegshafen; 14 Handel­s­ hafen; 15 Stadtmauer; 16 Aquaedukt.

gung der Circusanlagen an die Ausfallstraßen ergibt sich ein weiterer Punkt, der beachtet werden muss. Hier konnten Bauvorhaben mit bestehenden Nekropolen kollidieren. Die Circusanlagen müssen dabei nicht unbedingt weit von der städtischen Bebauung entfernt sein. In Gerasa (Djerash, Jordanien) etwa liegt das Hippodrom in geringer Distanz südlich der Stadt an der Straße nach Philadelphia (Amman) (Abb. 61). Ähnlich ist die Situation auch in Gadara (Umm Qeis, Jordanien). Deutliche Abgrenzungen lassen sich aber häufiger beobachten. In Leptis Magna wird die Abtrennung des Circus und des Amphitheaters sogar recht extrem (Abb. 62). Vom Stadtzentrum sind diese Anlagen etwa 2 km entfernt. Eine deutliche Zäsur liefert dabei das Wadi Lebdah. Folgt man den aktuell vorliegenden Plänen, so ist zwischen dem Stadtkern und beiden Stätten der Massenunterhaltung keine Bebauung nachgewiesen, und wenn, so dürfte diese z. T. auch gewerblich geprägt gewesen sein, weil der Hafen auf der ­gleichen Seite des Wadi Lebdah liegt wie die uns hier interessierenden Bauten. Aber nicht nur in größeren Städten finden wir diese Lösung. In ­Colchester etwa entstand der Circus weit außerhalb des Stadtgebietes. ­Welche Gründe dafür herangezogen werden müssen, bleibt spekulativ. Möglich wäre es, dass die planenden Magistrate glaubten, ihre Stadt würde eine entsprechende Wachstumsphase durchleben.

 Abb. 61 Gerasa (JOR). Stadtplan. Der Circus liegt unmittelbar nördlich der Stadtmauer. 1 Hadriansbogen; 2 Hippodrom; 3 Marianoskirche; 4 Modernes Besucherzen­ trum; 5 Waditor; 6 Südtor; 7 Untere Terrasse des Zeusheiligtums; 8 Zeustempel; 9 Südtheater; 10 Ovaler Platz; 11 Tell; 12 „Haus der Blauen“; 13 Macellum; 14 Pro­ kopiuskirche; 15 Kirche der Heiligen Peter und Paul; 16 Begräbniskirche; 17 Süd-Tetrapylon; 18 Südbrücke; 19 Ostthermen; 20 Omajjadisches Haus; 21 Nymphäum; 22 „Kathedrale“; 23 Bad des Plakkus; 24 Kirche des Heiligen Theodor; 25 Kirche der Heiligen Cosmas

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und Damian; 26 Kirche Johannes des Täufers; 27 Georgskirche; 28 Gensiuskirche; 29 Nordbrücke; 30 Kirche im Propylon; 31 Omajjadische Moschee(?); 32 Büro des jordanischen Antikendienstes; 33 Propylon des Artemis­ tempels; 34 Zwischenterrasse; 35 Artemistempel; 36 Synagogenkirche; 37 Nordtheater; 38 Jesajakirche; 39 Westbad; 40 NordTetrapylon; 41 Nordtor; 42 Theater am Birketein; 43 Birketein-Wasserbecken; 44 Grab des Germanus

Der kulturelle Faktor Neben diesen grundsätzlichen praktischen Erwägungen musste darauf geachtet werden, dass keine vorhandenen städtebaulichen Strukturen zerstört wurden. Hier finden sich verschiedene Aspekte, über die in der heutigen Zeit gerne hinweggesehen wird. Die moderne Stadtplanung geht bei Großprojekten oft genug großzügig mit dem Bestand der Stadt um. Auf vorhandene Elemente wird aus zweckdienlichen Gründen keine Rücksicht genommen, wie jüngst die Diskussion über die Waldschlößchenbücke im Dresdener Elbtal belegt. Zwar wurde auch in der antiken Welt bei der Errichtung neuer Bauten ältere Bausubs­tanz abgerissen, doch besonders Heiligtümer konnten nicht ohne Weiteres zugunsten eines Neubaus niedergelegt werden. Sakralrecht und Tradition in der römischen Welt spielten hier eine nicht unerhebliche Rolle.

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Der Umweltfaktor Ein weiteres Problem betrifft noch das Verhältnis der Besucher von Massenveranstaltungen zu potentiellen Anwohnern, das wir aus unserer heutigen Sicht vielleicht überbewerten, aber das dennoch nicht vernachlässigt werden darf. Niemand wird bestreiten wollen, dass überall dort, wo viele Menschen zusammenkommen, eine große Lärmkulisse entsteht. In antiken Metropolen bestand – wie wir aus unseren Quellen wissen – durchaus schon ein Lärmproblem. Bei der Wahl des Bauplatzes für einen Circus oder ein Amphitheater wird man dieser Problematik durchaus Rechnung getragen und Plätze ausgesucht haben, die nicht inmitten von dichtbesiedelten Flächen der Stadt lagen. Nur so waren Konflikte zwischen Besuchern und Anwohnern zu vermeiden.

Abb. 62 Leptis Magna (LAR). Stadtplan. Circus (Nr. 29) und Amphitheater liegen weit außerhalb des Stadtzentrums.

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Der Kostenfaktor Ein ganz wesentlicher Faktor ist auch die Frage des Baugrundes. Innerhalb der Stadt, die eine hohe Bebauungsdichte aufweist, ist es schwierig, eine passende Fläche zu finden, wenn man von einer existierenden Stadt ausgeht, während bei Neugründungen sofort Flächen für Stätten der Massenunterhaltung eingeplant werden konnten. Gewiss war es möglich, auch innerhalb des Stadtareals entsprechende Freiräume zu schaffen, jedoch wären die Kosten aufgrund des Grunderwerbs explodiert. Der Grundstückspreis für eine innerstädtische Anlage von der Größe des Circus Maximus hätte in Rom während der Kaiserzeit wohl bei einer knappen Milliarde Sesterzen gelegen. Dies lässt sich ungefähr errechnen, wenn man die Kosten für den Grunderwerb des Forum Caesaris zugrunde legt, für das Caesar 100 Millionen Sesterzen aufwenden musste102.

Der Circus – ein singulärer Bau in römischen Städten? Diese Frage stellt sich, wenn man römische Städte hinsichtlich der Bauten für Massenunterhaltung betrachtet. Ohne hier näher auf einzelne Beispiele eingehen zu müssen, lassen sich in den größeren Städten des Römischen Reiches sehr oft mehrere Theaterbauten beobachten. Dabei ist sicher zu beachten, dass diese Gebäude durchaus unterschiedliche Funktionen wahrnahmen. Wir müssen etwa zwischen den Odea als gedeckten Theaterbauten und den großen szenischen Theatern unterscheiden. Die unterschiedlichen Funktionen haben sicher mit zur Existenz mehrerer Theater geführt. Daneben dürften aber auch ganz pragmatische Gründe für die Existenz mehrerer Theaterbauten in römischen Städten eine Rolle gespielt haben. Der Platzbedarf für diese Gebäude war deutlich geringer als etwa für Circusanlagen, Stadien oder Amphitheater. Geringerer Platzbedarf bedeutete aber auch geringere Kosten bei der Errichtung und dem Unterhalt. Wiederholt haben wir gesehen, dass in Rom die Singularität des Circus außer Kraft gesetzt war. Im 4. Jh. n. Chr. existierten in der Stadt mindestens vier öffentliche Circi (Circus Maximus, Circus Flaminius, Trigarium und ­Circus Varianus), die zwar zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind, aber doch nebeneinander genutzt wurden. Nicht berücksichtigt sind dabei Anlagen, die nur einem begrenzten Publikum zugänglich waren. Hier ist vor allem der Circus des Maxentius zu nennen. Möglicherweise bestand ein weiterer Circus im Bereich der Horti Sallustiani, der einer Villa zugerechnet werden muss. Als Indiz sieht Coarelli die Existenz eines Obelisken, der den augusteischen des Circus Maximus nachbildet103. Wie sah es aber in den übrigen Metropolen des Reiches aus – gab es mehrere zeitgleiche Circusanlagen? Blicken wir nach Karthago und An-

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tiocheia am Orontes. Für Karthago, das sich besonders durch den Fanatismus der Zuschauer auszeichnete, zeigt sich folgendes Bild: Für die Kaiserzeit nimmt man in Karthago eine Bevölkerungszahl von etwa 300 000 Einwohnern an. Bei einer Kapazität von etwa 40 000–45 000 Zuschauern gibt es hier praktisch nur für rund 15 Prozent der Bevölkerung Platz im Circus. Es bestünde also durchaus noch Bedarf für eine weitere Anlage. Diese ist ­jedoch ­weder literarisch noch archäologisch belegt. In Antiocheia am Orontes sieht die Situation etwas anders aus. Hier haben wir eine Bevölkerungszahl von rund 250 000 Einwohnern. Für den Circus werden etwa 80 000 Plätze angenommen. Damit konnte etwa ein Drittel der Bevölkerung gleichzeitig an Veranstaltungen im Circus teilnehmen104. Aber hier tragen die schrift­ lichen Quellen zu einem eher unklaren Bild bei, die von einem alten und einem neuen Hippodrom sprechen. Humphrey hat versucht, die Problematik zu klären. Folgt man seiner Darstellung, so gab es in Antiocheia seit dem späten 3. Jh. v. Chr. in Daphne, einem Vorort Antiocheias, eine entsprechende Anlage. Im Jahre 67 v. Chr. wurde durch Q. Marcius Rex ein Circus römischen Musters in der Stadt selbst errichtet. Diese Anlage sei – aus der Sicht der jüngeren Quellen – das alte Hippodrom, welches Agrippa im Jahre 15 v. Chr. renovieren ließ. Bei dem neuen Hippodrom, das von Malalas erwähnt wird, könne es sich um einen sog. Hippodrom-Garten handeln, der vielleicht auch nachgewiesen ist105. Damit dürfte Antiocheia als Stadt mit zwei zeitgleichen Circusbauten ausscheiden. Umso erstaunlicher ist es, wenn für eine Provinzstadt wie Utica von A. Lézine zwei zeitgleiche Circi angenommen werden, auch wenn dies nicht ganz unumstritten ist. Beide Anlagen liegen dabei außerhalb des Stadtgebietes. In neueren Veröffentlichungen wird jedoch lediglich eine Anlage in den Plänen berücksichtigt106. Eine Ausnahme könnte aber in Caesarea ­Maritima bestehen. Das Hippodrom, das durch Herodes den Großen angelegt worden war, hatte wahrscheinlich bis in das 3. Jh. n. Chr. hinein Bestand. Das römische Hippodrom gehört mit seiner Entstehungszeit in das 2. Jh. n. Chr. Damit könnten für eine Übergangszeit zwei Anlagen gleichzeitig in Betrieb gewesen sein. Generell dürfen wir nur einen Circus oder ein Hippodrom in römischen Städten annehmen. Betont werden muss allerdings an dieser Stelle, dass durchaus mehrere Circusanlagen vorkommen können, diese dann aber aufeinander folgen und nicht gleichzeitig genutzt wurden.

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Palast und Circus Gegen Ende des 3. Jhs. n. Chr. stand das Imperium Romanum vor gewaltigen Problemen. Neben einer Phase der politischen Instabilität – das Reich hatte seit der Herrschaft des Septimius Severus (193–211 n. Chr.) insgesamt 25 Kaiser und Gegenkaiser gesehen, die teilweise nicht einmal ein Jahr an der Macht waren – und großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, gab es an den Grenzen Probleme. Im Westen drangen immer wieder germanische Völker in das Reichsgebiet ein; im Osten hatten sich die Sassaniden als hartnäckige Gegner erwiesen. Als Diokletian (284–305 n. Chr.) im Jahre 284 n. Chr. durch seine Truppen in Nikomedeia (heute İzmit) zum Kaiser ausgerufen wurde, war er sich der Problematik bewusst. Ihm war klar, dass er alleine kaum in der Lage war, an allen Krisenpunkten des Reiches gleichzeitig agieren zu ­können. Daher ernannte er im Jahre 285 n. Chr. Maximian, einen alten Kriegskameraden, zunächst zum Caesar und im Folgejahr zum Mitkaiser (286–310 n. Chr.). Im Jahre 293 n. Chr. ging Diokletian noch einen Schritt weiter. Er berief Galerius und Constantius Chlorus zu Caesares. Parallel dazu adoptierte er Galerius und Maximian den Constantius. Damit war eine Kontinuität gewährleistet. In der so entstandenen Tetrarchie erfolgte eine Aufteilung des Reiches in Zuständigkeitsbereiche. Maximian verwaltete Italien, Spanien und Afrika, Constantius Gallien und Britannien. Diokletian hatte für sich den Nahen Osten vorbehalten, während sein Caesar im Wesentlichen für den Donauraum von Noricum bis zur Donaumündung zuständig war. Mit dieser Aufgabenteilung verlor einerseits Rom als Hauptstadt seine reale Bedeutung, während andererseits neue Residenzen errichtet werden mussten. Dabei standen die Architekten, die mit der Errichtung der neuen Regierungssitze beauftragt waren, vor zwei großen Problemen: Wie baut man einen repräsentativen Verwaltungssitz und wie kommt man den Anforderungen des Auftraggebers nach? Da kein Handbuch für diese Aufgabe existierte, musste man sich zwangsläufig an den Kaiserpalästen auf dem ­Palatin orientieren. Sicherlich betraf eine Maßgabe den Circus. Die römischen Kaiser hatten im Laufe der Zeit die Bedeutung des Circus als politisches Instrument erkannt und unter Domitian (81–96 n. Chr.) wurde mit der Domus Augustana eine Verbindung von Palast und Circus geschaffen. Dies geschah mit der großen Exedra, deren konkaver Bogen mehr als 80 m breit war und eine eindrucksvolle Fassade zum Circus Maximus bildete. Hier bot sich dem Kaiser die Möglichkeit, sich von oben herab dem Volk im Circus zu zeigen und gleichzeitig seine Herrschaftsauffassung zum Ausdruck zu bringen. Mit der Distanz zum Volk unterstrich er, dass er sich nicht nur als dominus, sondern auch als deus verstand, wie einer Stelle bei Sextus Aurelius Victor im 4. Jh. n. Chr. belegt (Aur. Vic. 11,1–2)107. Eine vergleichbare Herrschaftsauffassung

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finden wir auch bei den Augusti und Caesares der Tetrarchie. Daher wollten sie auch nicht auf einen Schauplatz der Selbstdarstellung wie den Circus oder das Hippodrom verzichten. In insgesamt sechs kaiserlichen Residenzen wurden Paläste in Ver­ bindung mit einem Circus errichtet. Dabei handelt es sich um Anlagen in Antiocheia, Nikomedeia, Thessaloniki, Sirmium, Mailand und Trier (Abb. 63). Weil es sich bei diesen Städten nicht um Neugründungen handelte, nahmen diese Palastkomplexe im Gegensatz zu Rom eine periphere Lage im Stadtplan ein, auch wenn man nicht davor zurückschreckte, ältere Stadtteile für die Neubauprojekte abzutragen. Sicher ist aber, dass bei den Planungen verwertbare ältere Bauten einbezogen wurden. In der Forschung wird die Anlage in Nikomedeia als Prototyp der Verbindung von Palast und Hippodrom angesprochen. Die Stadt bildete eine

Abb. 63 Vergleichende Übersicht von Residenzstädten der Tetrarchie mit Rom in Bezug auf das Verhältnis von Stadt, Circus- und ­Palastbezirk. Deutlich wird die Randlage bei den tetrarchischen Anlagen Antiocheia, Thessalolinki Trier, ­Mailand und Sirmium. Nicht berücksichtigt in der Übersicht ist Nikomedeia, da der Forschungsstand zu gering ist.

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Abb. 64 Istanbul. Übersichtsplan des Palastbezirks mit dem Hippodrom in justinianischer Zeit. 1 Hagia Sophia; 2 Augusteion; 3 Hippodrom; 4 Thermen des Zeuxippos; 5 Palast der Magnaura; 6 Nea-Kirche; 7 Kaiserlicher Palast; 8 Tribunal der 19 Liegen; 9 Drei­ konchen-Phiale; 10 Dreikonchen-Saal; 11 Chrysotriklinion; 12 Kaiserliche Loge (Kathisma); 13 sog. Haus des Justinian; 14 Tzikanisterion (Polo-Spielfeld); 15 Bosporus.

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bevorzugte Residenz des Diokletian, die er auch umfassend ausbauen ließ (Lib. or. 61, 7; Lactant. De Mort. Persec. 8, 8–10). Problematisch ist aber, dass der Komplex in Nikomedeia kaum erforscht ist und sich so keine detaillierten Aussagen treffen lassen. Es wird vermutet, der Kaiser habe ein älteres Hippodrom durch einen massiven Steinbau ersetzt, der im Jahre 304 n. Chr. eingeweiht wurde. In Antiocheia errichtete Diokletian wahrscheinlich in den letzten ­Jahren des 3. Jhs. n. Chr. auf einer Orontesinsel einen weiteren Palastbau. Hier nutzte er – wie schon in Nikomedeia – das bereits vorhandene Hippodrom. Eine Nutzung älterer Bausubstanz lässt sich auch in Thessaloniki beobachten. Galerius (305–311 n. Chr.), der hier von 308/309 bis 311 n. Chr. residierte, fand ein älteres Hippodrom vor. Vergleichbar war auch die Situation in Trier. Hier bestand ein Circus seit dem 2. Jh. n. Chr., an dem sich der Palastbau orientieren konnte. Anders verhält es sich hingegen in Sirmium. Maximian errichtete hier zu Anfang des 4. Jhs. n. Chr. den Palast und das Hippodrom zeitgleich108. Verlassen wir die Zeit der Tetrarchie und werfen abschließend einen Blick auf Konstantinopel109. Die Stadt konnte auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurückblicken, bevor Kaiser Konstantin (306–337 n. Chr.) sich im Jahre 324 n. Chr. entschloss, das alte Byzantion nicht nur in Konstantinopel umzubenennen, sondern es auch zur Hauptstadt zu erheben. Obwohl er es als neues Rom verstand, orientierte sich die Stadtplanung nicht unmittelbar am alten Rom, sondern ihre Vorbilder fand sie in den tetrarchischen Residenzstädten Thessaloniki und Nikomedeia. So verwundert es auch nicht, dass in Konstantinopel eine Verbindung von Palast und Hippodrom zu finden war. Ob Konstantin hier auf eine ältere Anlage zurückgreifen konnte, oder ob er ein neues Hippodrom errichten musste, ist in der Forschung nicht ganz unumstritten. Gelegentlich möchte man dieses mit einer Stadterneuerung in severischer Zeit in Verbindung bringen. Archäologische Belege fehlen ­allerdings. Ein großer Palastbezirk entstand im Südosten der Stadt unterhalb des Akropolishügels. An das Hippodrom schloß sich in östlicher Richtung, zum Meer hin, der Palast an. Der Kaiser konnte unmittelbar vom Palast aus in seine Loge gelangen (Abb. 64). Was als politischer Wille – die Darstellung kaiserlicher Macht – im Circus Maximus begann und in den ­tetrarchischen Anlagen weiter gepflegt wurde, fand hier im Hippodrom von Konstantinopel seine deutlichste Ausprägung, sowohl, was die Zeit Kons­ tantins betraf, als auch die seiner Nachfolger.

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missilium (missilia) Geschenk(e)

Glossar

missus Rennen

Agon

griech. Wettkampf

oppidum (oppida) Eigentlich Bezeichnung für den rechtlichen Status einer Stadt, im Circus jedoch Bezeichnung für die Schmalseite des Circus, an der sich die carceres befinden

Auriga

Wagenlenker (wohl der Biga)

ostium (ostia) Starttor(e)

Biga

Zweispänniger Wagen

Podium

Begrenzungsmauer der Arena zu den Zuschauerrängen

pompa circensis

Feierlicher Einzug des Spielegebers und der Akteure der Rennen in den Circus

pompa triumphalis

Feierlicher Einzug eines siegreichen Feldherrn mit seinem Heer

Agitator

Wagenlenker (wohl der Quadriga und noch größerer Gespanne)

carceres Startboxen im Circus Cavea

Zuschauerraum (gilt ebenso für Theater und Amphitheater)

curriculum (curricula) Umlauf in der Rennbahn cursor (cursores)

Kunstreiter

desultor (desultores)

Kunstreiter

dominus factionis Leiter einer factio euripus

Wasserführender Kanal

editor ludi Spielegeber factio (factiones) Circuspartei(en) forma urbis

Plan der Stadt Rom auf Marmorplatten, aus severischer Zeit

fratres Arvales

Kollegium aus zwölf Priestern, deren Kult (Dea Dia) in einem Heiligtum mit Circus durchgeführt wurde

funalis (funales)

Pferd im Gespann, das nur durch eine Leine mit dem Wagen verbunden ist

Hippodrom Griechisches Äquivalent für Circus hortator Aufmunterer/Mahner, Reiter, der während des Rennens den Fahrer seines Rennstalls über die Lage auf der Bahn informiert instauratio

Wiederholung eines Vorgangs aus sakralrechtlichen Gründen

iudex/iudices Eigentlich Richter, im Circus Schiedsrichter iugalis (iugales)

Pferd im Gespann, das unter dem Joch (iugum) läuft

porta libitinaria Tor im Circus, durch das vorzeitig ausgeschiedene Fahrer die Rennbahn verlassen konnten pulvinar Ursprünglich Loge für die Götter­bilder, die in der pompa circensis mitgeführt wurden, wird aber später zugleich kaiserliche Loge Quadriga

Vierspänniger Wagen

rapagula Schwingtore der carceres revocatio Rückruf bzw. Abbruch eines Rennens sparsio (sparsiones)

Wurfgeschenk(e)

sparsor Hilfskraft in der Arena spina Eigentlich Rückgrat, im Circus mit der Bedeutung der trennenden Barriere in der Rennbahn sponsio (sponsiones)

Wette(n)

stabulum factionis (stabula factionum) Stallung(en) einer Renngesellschaft tabellae defixionum

Fluchtafeln

taberna (tabernae) Läden, hier speziell Läden in den Substruktionen der Circusanlagen tentor (tentores)

Kathisma Griechisches Äquivalent zu  pulvinar

Bezeichnung für das Personal, das für den Öffnungsmechanismus der Carceres verantwortlich ist

linea alba Startlinie („weiße Linie“)

tribunal iudicium Schiedsrichterloge

locus (loca) Sitz(e)

Triga

metae

venatio (venationes) Tierhetze(n)

Wendemarken

Dreispänniger Wagen

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Literaturverzeichnis Abkürzungen Die verwendeten Abkürzungen für Zeitschriften und Corpora folgen den Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts (http://www.dainst.de). Antike Autoren werden nach Maßgabe des Neuen Pauly I (1996) XXXIX ff. zitiert. Daneben finden folgende Abkürzungen Verwendung: Georges, Wörterbuch I–II: K. E. Georges, Ausführliches deutsch-lateinisches Wörterbuch I–II (81913). Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien: A. Hönle – A. Henze, Römische Amphitheater und Stadien. Gladia­ toren und Circusspiele (1981). Humphrey, Roman Circuses: J. H. Humphrey, Roman Circuses. Arenas for Chariot Racing (1986). Junkelmann, Reiter Roms I: M. Junkelmann, Die Reiter Roms. Teil I: Reise, Jagd, Triumph und Circusrennen. Kulturgeschichte der antiken Welt 45 (21993). Meijer, Wagenrennen: F. Meijer, Wagenrennen. Spektakelshows in Rome en Constantinopel (2004). Museo Nacional, Ludi: Museo Nacional de Arte Romano (Hrsg.), Ludi romani: espectáculos en Hispania Romana. Ausstellungskatalog (2002). Museo Nacional, El circo: Museo Nacional de Arte Romano (Hrsg.), El circo en Hispania Romana. Congresso Internacional „El Circo en Hispania Romana“, Mérida 22–24 de marzo 2001 (2001). Thuillier, Sport: J.-P. Thuillier, Sport im antiken Rom (1999). Weeber, Panem et circenses: K.-W. Weeber, Panem et circenses. Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom, Sondernummer AW (1994). Weeber, Luxus: K.-W. Weeber, Luxus im alten Rom. Die öffent­ liche Pracht (2006).

Sachgebiete Allgemein Junkelmann, Reiter Roms I, 89 ff. Abb. 88–152. Weeber, Luxus 72 ff. H. v. Hesberg, Römische Baukunst (2005) 142 ff. Meijer, Wagenrennen. Thuillier, Sport. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Weeber, Panem et circenses 40 ff. J.-M. André, Griechische Feste, römische Spiele: die Freizeitkultur der Antike (1994). H. A. Stützer, Kunst und Leben im antiken Rom (1994) 128 ff.

K.-W. Weeber, Brot und Spiele, Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom (1989). Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien. Amphitheater J.-C. Golvin, L’Amphitheatre Romain (1988). Architektonische Vorbilder Thuillier, Sport 9 ff. DNP II (1997) 1210 f. s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 5 ff. Athletische Wettkämpfe im Circus Thuillier, Sport 116 ff. Barriere J.-C. Golvin, Les images du cirque, source de connaissance de son architecture? Leur importance pour le restitution des édifices de la spina, in: Museo Nacional, El circo 41 ff. L. Cagiola, Il Circo Massimo. Strutture edilizie e spina dal confronto tra fonti letterarie ed iconografie. Aspetti realistici ed influente locali, in: Deutsches Archäologisches Institut (Hrsg.), Akten des XIII. Internationalen Kongresses für Klassische Archäologie Berlin 1988 (1990) 535 f. Humphrey, Roman Circuses 175 ff. A. Manodori, Anfiteatri, circhi e stadi di Roma (1982). Besucher J. Edmondson, Public Spectacles and Roman Social Relations, in: Museo Nacional, Ludi 41ff. Berufskleidung Thuillier, Sport 133 f. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 96 f. Circusarchitektur P. Rose, Spectators and Spectator Comfort in Roman Entertainment Buildings, BSR 73 (2005) 99 ff. S. F. Ramallo Asensio, La arquitectura de el espectáculo en Hispania: teatros, anfiteatros y circos, in: Museo Nacional, Ludi 91 ff. H. Dodge, Amusing the Masses. Buildings for Entertainment and Leisure in the Roman World, in: D. S. Potter – D. J. Mattingly (Hrsg.) Life, Death, and Entertainment in the Roman Empire ( 1999) 205 ff. J. H. Humphrey, Roman Circuses. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien. Circusparteien Weeber, Luxus 24 ff. Thuillier, Sport 158 ff.

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DNP IV (1998) 391 f. s. v. Factiones II (A. Hönle). DNP II (1997) 1219 s. v. Circus [F] (A. Hönle). Junkelmann, Reiter Roms I, 130 ff. P. Veyne, Brot und Spiele (1988) 596 ff. A. Cameron, Circus Factions. Blues and Greens at Rome and Byzantium (1976). Cursor/Desultor Thuillier, Sport 97 f. Ders., Les desultores de l’Italie antique, CRAI 1989, 33 ff. Ders., Les cursores du cirque étaient-ils toujours des coureurs à pied?, Latomus 47, (1988) 378 ff. J.-M. André, Griechische Feste, römische Spiele: die Freizeitkultur der Antike (1994) 156. Darstellungen von Circusrennen Ch. Hugoniot, Les spectacles de l’Afrique romaine. Une culture officielle municipiale sous l’Empire romain III (2003) 54 ff. J. M. Blázquez, La popularidad de los espectáculos en la musivaria hispania, in: Museo Nacional, Ludi 65 ff. bes. 79 ff. Abb. 1–10. J. Stumpf, Cupids at the Circus. Missouri’s Chariot Sarcophagus, Muse 29 (1995/1996) 74–89. K. Schauenburg, Die antiken Sarkophagreliefs 5.2. Die stadtrömischen Erotensarkophage, Zirkusrennen und verwandte Darstellungen (1995). M. Yacoub, Il folle amore per i giochi del circo, in: M. H. Fantar – F. Ghedini (Hrsg.) I mosaici romani di Tunisia (1995) 177 ff. Festmahle Weeber, Luxus 53. Finanzierung von Spielen J. Harries, Favor populi: Pagans, Christians and Public Entertainment in Late Antique Italy, in: K. Lomas – T. Cornell (Hrsg.), „Bread and Circuses“. Euergetism and Municipal Patronage in Roman Italy (2003) 125 ff. J. Edmondson, Public Spectacles and Roman Social Relations, in: Museo Nacional, Ludi 41 ff. Weeber, Panem et circenses 45 ff. Fluchtafeln J. Tremel, Zur Fluchscherbe gegen die Renngesellschaft der Grünen, Nikephoros 18 (2005) 179 ff. Ders., Magica agonistica. Fluchtafeln im antiken Sport, Nikephoros Beih. 10 (2004) 67 ff. 105 ff. A. Hollmann, A Curse Tablet from the Circus at Antioch, ZPE 145 (2003) 67 ff. Ch. Hugoniot, Les spectacles de l’Afrique romaine. Une

culture officielle municipale sous l’empire romain I. Diss. Paris 1996 (2003) 639 ff. Thuillier, Sport 67. 140. 164. 166. F. Heintz, Agonistic Magic in the Late Antique Circus (Roman Empire) (1999). Ders., Circus Curses and their Archaeological Contexts, JRA 11 (1998) 337 ff. DNP III (1997) 363 ff. s. v. Defixio (H. S. Versnel). Junkelmann, Reiter Roms I, 130 f. Abb. 128. A. Audollent, Defixionum tabellae (1904) 287 f. Geschäfte rings um den Circus E. Künzl – G. Koeppel, Souvenirs und Devotionalien. Zeugnisse des geschäftlichen, religiösen und kulturellen Tourismus im antiken Römerreich, Sonderband AW (2002) 20 ff. Abb. 27–29. 31–34. 36. A. Dierichs, Erotik in der Römischen Kunst, Sonderband AW (1997) 67 ff. K.-W. Weeber, Brot und Spiele. Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom (1989) 95. Geschenke Weeber, Luxus 52. Konsular-DiptYchen S. Lehmann, Ein spätantikes Relief mit Zirkusspielen aus Serdica in Thrakien, BJb 190 (1990) 139 ff. Ludi S. Bell – G. Davies (Hrsg.), Games and Festivals in Classical Antiquity: Proceedings of the Conference held in Edinburgh 10–12 July 2000, BAR Internat. Ser. 1220 (2000). DNP VII (1999) 477 ff. s. v. Ludi (G. Uggieri). D. G. Kyle, Spectacles of Death in Ancient Rome (1998) 41 ff. H. H. Scullard, Festivals and Ceremonies of the Roman ­Republic (1981). RE Suppl. VII (1940) 1641 ff. s. v. ludi circenses (J. Regner). Medizinische Versorgung M. Junkelmann, Gladiatoren. Das Spiel mit dem Tod (2008) 175 ff. Ders., Reiter Roms I, 148. Obelisken C. Vogel, Eine Spurensuche – Römische Obelisken auf ­einen Blick, in: L. Habachi – C. Vogel, Die unsterblichen Obelisken Ägyptens. Sondernband AW (2000) 103 ff. Pferde Meijer, Wagenrennen 79 ff. Junkelmann, Reiter Roms I, 140. 142.

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Politik und Spiele K. Goethert, Circus und Wagenrennen, in: A. Demandt – J. Engemann (Hrsg.), Konstantin der Große. Ausstellungskatalog Trier (2007) 344 ff. Abb. 1–9. K. Lomas – T. Cornell (Hrsg.), Bread and Circuses: Euergetism and Municipal Patronage in Roman Italy (2002). C. Heucke, Circus und Hippodrom als politischer Raum (1994). H. Gabelmann, Circusspiele in der spätantiken Repräsentationskunst, AW 11, 4 (1980) 25 ff. Pompa Circensis Meijer, Wagenrennen 92 ff. Weeber, Panem et circenses 61 f. Abb. 92. Hönle – Henze, Römische Amphitheater und Stadien 89. 90. Abb. 53. 56–57. E. Künzl, Der römische Triumph, Siegesfeiern im antiken Rom (1988) 105 f. T. Hölscher, Victoria Romana. Archäologische Untersuchungen zur Geschichte und Wesensart der römischen Siegesgöttin von den Anfängen bis zum Ende des 3. Jhs. n. Chr. (1967) 82 f. Pulvinar Deutsches Archäologisches Institut (Zentrale), Jahresbericht 2007, AA (2008) 1 (Beibl.), 12 f. Abb. 10. Humphrey, Roman Circuses 78 ff. Quellen H. Groot, Zur Bedeutung der öffentlichen Spiele bei Tacitus, Sueton und Cassius Dio. Überlegungen zur Selbstbeschreibung der römischen Gesellschaft, Antike Geschichte und Kultur 12 (2009) (Die Publikation konnte leider nicht mehr berücksichtigt werden). G. Binder, Der Kalender des Filocalus. Eine illustrierte Ausgabe des römischen Festkalenders aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., in: W. Geerlings (Hrsg.), Der Kalender. Aspekte einer Geschichte (2002) 61 ff. M. Salzmann, On Roman Time: The Codex-Calendar of 354 and the Rhythm of Urban Life in Late Antiquity (1990). H. Stern, Le Calendrier de 354 (1953). Rennablauf Meijer, Wagenrennen 92 ff. Junkelmann, Reiter Roms I, 149 ff. Rennkarrieren Meijer, Wagenrennen 116 ff. 189 ff. J. Edmondson, Public Spectacles and Roman Social Relations, in: Museo Nacional, Ludi 41 ff. G. Horsmann, Die Wagenlenker der römischen Kaiserzeit (1998).

Junkelmann, Die Reiter Roms I, 156 ff. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 101 ff. Ringen s. v. Athletische Wettkämpfe im Circus Rundenzähler S. Cerutti, The Seven Eggs of the Circus Maximus, Nikephoros 6 (1993) 167 ff. Sicherheit im Circus P. Rose, Spectators and Spectator Comfort in Roman Entertainment Buildings, BSR 73 (2005) 99 ff. Weeber, Luxus 73. Ders., Panem et circenses 60. W. Will, Der römische Mob. Soziale Konflikte in der späten Republik (1991) 143 f. J. Carcopino, Rom. Leben und Kultur in der Kaiserzeit (21979) 294. Sparsio s. v. Geschenke Spina s. v. Barriere Stabula s. v. Circusparteien Stadion DNP XI (2001) 888 ff. s. v. Stadion [3] (Ch. Höcker), mit weiterführender Literatur. Venationes Weeber, Luxus 47 ff. (wenn auch stark auf das Amphitheater bezogen). F. Bernstein, Ludi publici (1998). D. G. Kyle, Spectacles of Death in Ancient Rome (1998) 42. 187 f. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 104 ff. Abb. 72– 77. Vorbilder des römischen Circus Meijer, Wagenrennen 27 ff. Thuillier, Sport 9 ff. DNP II (1997) 1210 f. s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 5 ff. Wagen/Gespanne Meijer, Wagenrennen 86 f. mit Anm. 43. M. Junkelmann, Mit Ben Hur am Start. Wagenrennen im Circus Maximus, in: E. Köhne – C. Ewigleben (Hrsg.), Gladiatoren und Caesaren. Die Macht der Unterhaltung im antiken Rom (2000) 91 f. Ders., Die Reiter Roms III. Zubehör, Reitweise, Bewaffnung. Kulturgeschichte der antiken Welt 53 (21996) 217 ff. Ders., Reiter Roms I, 142. 144 f.

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Wetten DNP XII 2 (2002) 500 s. v. Wetten [B] (S. Müller). K.-W. Weeber, Alltag im Alten Rom (21995) 412 f. M. B. Poliakoff, Kampfsport in der Antike (1989). A. Gutmann, Sport Spectators (1986) 179 f.

Orte Alexandria Humphrey, Roman Circuses 505 ff. Abb. 254. Antiocheia U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62 ff. 61 Abb. 2. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 444 ff. 631 f. Abb. 206–218. Antinoopolis K. Lempke – C. Fluck – G. Vittmann, Ägyptens späte Blüte. Sonderband AW (2004) 30 Abb. 44. Humphrey, Roman Circuses 255 ff. Abb. 255. Arles P. Gros, Gallia Narbonensis. Eine römische Provinz in Südfrankreich, Sonderband AW (= Orbis Provinciarum) (2008) 86 f. Abb. 69. M. Droste, Arles. Gallula Roma – Das Rom Galliens, Sonderband AW (2003) 84 ff. Abb. 116–119. C. Sintès, Quelques remarques sur la spina du cirque d’Arles, in: Ch. Landes (Hrsg.), Le Cirque et les courses de chars. Rome-Byzance (Ausstellungskatalog) (1990) 55 ff. J. M. Rouquette – C. Sintès, Arles antique (1989) 89. Humphrey, Roman Circuses 390 ff. Abb. 180–185. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 189 f. 208. Aquileia Humphrey, Roman Circuses 621 ff. Abb. 299–300. Auzia A. Pichot, Théâtres, amphithéâtres et cirques des Maurétanies romaines, in: L’Africa Romana. Atti del 17. Convegno di Studio, Sevilla 2006 (2008) 268 f. Humphrey, Roman Circuses 329 ff. Bosra DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). R. Burns, Monuments of Syria. An Historical Guide (1995) 68. Humphrey, Roman Circuses 392 ff. Abb. 245.

Caesarea E. Netzer, Die Paläste der Hasmonäer und Herodes’ des Großen. Sonderband AW (1999) 109 Abb. 155. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Y. Porath, Herod’s„Amphiteatre“ at Caesarea: a Multipurpose Entertainment Building, in: JRA, 14. Suppl. (1995) 15 ff. Humphrey, Roman Circuses 477 ff. Abb. 236–244. Cherchel A. Pichot, Théâtres, amphithéâtres et cirques des Maurétanies romaines, in: L’Africa Romana. Atti del 17. Convegno di Studio, Sevilla 2006 (2008) 268 f. Humphrey, Roman Circuses 308 ff. Abb. 141. Colchester http://www.colchestermuseums.org.uk/infodesk/download/circus mangagement plan.pdf Dougga M. Khanoussi, Dougga (21998) 61. Humphrey, Roman Circuses 321 ff. Abb. 146–147. El Djem Humphrey, Roman Circuses 315 ff. Abb. 145. Gadara C. Bührig, „Alle Wege führen nach Rom“. Die Einbindung der Dekapolisstädte in das römische Verkehrsnetz, in: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), 10 000 Jahre Kunst und ­Kultur aus Jordanien. Ausstellungkatalog Bonn / Berlin (2004) 187 Abb. 8.16 Nr. 28. K. Brodersen (Hrsg.), Antike Stätten am Mittelmeer (1999) 691 s. v. Gadara / Umm Ques (K.-J. Matz). Humphrey, Roman Circuses 504 f. Abb. 253. Gerasa J. Seigne, Gerasa – Jerasch – Stadt der 1000 Säulen, in: A. Hoffmann – S. Kerner (Hrsg.), Gadara – Gerasa und die Dekapolis, Sonderband AW (2002) 17. 6 Abb. 2 Nr. 2. 16 Abb. 22. K. Brodersen (Hrsg.), Antike Stätten am Mittelmeer (1999) 692 s. v. Gerasa / Jerash (K.-J. Matz). DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 495 ff. Abb. 246–252. I. Browning, Jerash and the Decapolis (1982) 57. 105. 107 ff. 127. Abb. S. 83. 109–110. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 208. Gortyn DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 523 ff. Abb. 257.

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Jericho E. Netzer, Die Paläste der Hasmonäer und Herodes’ des Großen. Sonderband AW (1999) 56 ff. Abb. 78–81. Karthago DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). N. J. Norman, Le cirque romain, in: Pour sauver Carthage. Exploration et conservation de la cité punique, romaine et byzantine (1992) 161 ff. N. J. Norman – L. Pintozzi, Archaeological News 17 (1992) 11 ff. Humphrey, Roman Circuses 296 ff. Abb. 139–140. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 208. Köln E. Thomas, Bemerkungen zum Circus des römischen Köln, Boreas 7 (1984) 157 ff. Taf. 8. Konstantinopel S. Basset, The Urban Image of Late Antique Constantinople (2007) 221 ff. S. Yerasimos, Konstantinopel. Istanbuls historisches Erbe (2005) 30. 32. 35. 39. 41. 61. 84. 326. G. Vespignani, Il circo di Constantinopoli nuova Roma, Quaderni della Rivista di Bizantinistica 4 (2001). A. Berger, Bemerkungen zum Hippodrom von Konstantinopel, Boreas 20 (1997) 5 ff. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 197 f. Abb. 187– 188. Kyrene W. Letzner, Kyrene – Griechenland in Afrika, AW 39, 3 (2008) 76. 69 Abb. 3 Nr. 18. J. Willeitner, Libyen. Tripolitanien, Syrtebogen, Fezzan und die Kyrenaika (32007) 309 Abb. S. 298 Nr. 48. L. Bacchielli – C. Parisi Presicce – S. Ensoli, Die Kyrenaika, in: A. Di Vita – G. Di Vita-Evrard – L. Bacchielli, Das antike Libyen. Vergessene Stätten des römischen Imperiums (1999) Plan S. 194 Nr. 21. Humphrey, Roman Circuses 520 ff. Abb. 256. R. G. Goodchild, Kyrene und Apollonia. Ruinenstädte Nord­afrikas 4 (1971) 149 Plan 1, 42. Leptis Magna J. Willeitner, Libyen. Tripolitanien, Syrtebogen, Fezzan und die Kyrenaika (32007) 126 Abb. S. 107 Nr. 58. G. Di Vita-Evrard, Leptis Magna, in: A. Di Vita – G. Di VitaEvrard – L. Bacchielli, Das antike Libyen. Vergessene Stätten des römischen Imperiums (1999) Plan S. 48 Nr. 29. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 25 ff. Abb. 7–31. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 208.

M. Floriani Squarciapino, Leptis Magna, Ruinenstädte Nordafrikas 2 (1966) 129 ff. Abb. 94. Plan 22. Lyon P. Gros, Gallia Narbonensis. Eine römische Provinz in Südfrankreich, Sonderband AW (= Orbis Provinciarum) (2008) 86. Humphrey, Roman Circuses 398 ff. Abb. 186–187. Mailand U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62 ff. 61 Abb. 2. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 613 ff. Abb. 294–298. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 208. Magliana vecchia J. Scheid, Commentarii fratrum arvalium (1996). Mérida DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). F. J. Sánchez-Palencia – A. Montavolo – E. Gijón, El circo romano de Augusta Emerita, in: Museo Nacional, El circo 75 ff. Humphrey, Roman Circuses 362 ff. Abb. 165–176. Nablus K. Brodersen (Hrsg.), Antike Stätten am Mittelmeer (1999) 729 s. v. Nablus / Sichem / Neapolis (H. Greiling). Y. Porath, Herod’s„Amphitheatre“ at Caesarea: a Multipurpose Entertainment Building, in: JRA 14. Suppl. (1995) 23 f. Nikomedeia U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 59 ff. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 581 ff. Nîmes P. Gros, Gallia Narbonensis. Eine römische Provinz in Südfrankreich,Sonderband AW (= Orbis Provinciarum) (2008) 86. Humphrey, Roman Circuses 409 f. Olympia U. Sinn, Das antike Olympia. Götter, Spiel und Kunst (2004) 134 ff. 142 Abb. 49.

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H. Schöbel, Olympia und seine Spiele (61984) 79 ff. H. Wiegartz, Zur Startanlage im Hippodrom von Olympia, Boreas 7 (1984) 41 ff. Pergamon W. Radt, Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole (1999) 262 ff. 58 Abb. 12. Ptolemais J. Willeitner, Libyen, Tripolitanien, Syrtebogen, Fezzan und die Kyrenaika (32007) 282 Abb. 23 (dort nur als vermutet bezeichnet). Rom. Circus Maximus U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62–64. 61 Abb. 2. F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 22. 68. 150. 173. 180. 249. 264. 289. 301. 310. 312. 315. 317. 342. 351. P. Ciancio Rossetto, Il Circo Massimo: la creazione di un modello archiettonico, in: Museo Nazional, El circo 13 ff.  25. L. Cagiola, Il Circo Massimo. Strutture edilizie e spina dal confronto tra fonti letterarie ed iconografie. Aspetti realistici ed influente locali, in: Deutsches Archäologisches Institut (Hrsg.), Akten des XIII. Internationalen Kongresses für Klassische Archäologie Berlin 1988 (1990) 535 f. R. Stupperich, Gedanken zu Obelisk und Pulvinar in Darstellungen des Circus Maximus in Rom, in: H. J. Drexhage (Hrsg.), Migratio et commutatio. Studien zur Alten Geschichte und deren Nachleben. Thomas Pekáry zum 60. Geburtstag am 13. September 1989 dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern (1989) 265 ff. Humphrey, Roman Circuses. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 183 ff. 208. Abb. 169–174. Rom. Circus Flaminius F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 258. 260 ff. 268. 270. 272. 276. 309. Humphrey, Roman Circuses 540 ff. Abb. 261–262. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 187. 208. Rom. Circus Varianus F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 30. 212.

Humphrey, Roman Circuses 552 ff. Abb. 265. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 191 Abb. 178. Rom. Circus des Caligula F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 334. 342. F. Castagnoli, Il Vaticano nell’antichità classica. Studi e documenti per la storia del Palazzo Apostolico Vaticano 6 (1999). F. Castagnoli, Il circo di Nerone in Vaticano, Rendiconti della Pontificia Accademia di Archeologia 32 (1959– 1960) 97 ff. Humphrey, Roman Circuses 545 ff. Abb. 263–264. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 187 ff. 208 Abb. 175–176. Rom. Maxentius-Villa U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 77 Abb. 17. G. Pisani Sartorio, Il circo di Massenzio: funzionalità privata e publica di una strutture circense nel IV secolo, in: Museo Nacional, El circo 27 ff. F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) Abb. S. 356. I. Camaro – A de Simone – J. C. Grenier – G. Iopollo – L. Luschi – G. Pisani Sartorio – E. Rodriguez Almeida, La Villa di Massenzio sulla Via Appia. Il circo. I monumenti romani X (1999). Humphrey, Roman Circuses 582 ff. Abb. 273–290. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 191ff. Abb. 178– 186. Sagunto I. P. Buyé, El circo Romano de Sagunto, in: Museo Nacional, El circo 155 ff. Humphrey, Roman Circuses 344 ff. Abb. 154–156. Santiago do Cacém Humphrey, Roman Circuses 376 ff. Abb. 177–178. Sétif A. Pichot, Théâtres, amphithéâtres et cirques des Maurétanies romaines, in: L’Africa Romana. Atti del 17. Convegno di Studio, Sevilla 2006 (2008) 268 f. Humphrey, Roman Circuses 310 ff. 142–144. Sirmium U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.),

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Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62 ff. 61 Abb. 2. I. Popović, Sirmium (Šremska Mitrovica) – Residenzstadt der römischen Kaiser und Stätte der frühen Christen, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 23. 25 ff. 22. Abb. 5 [2] 26 Abb. 10. Humphrey, Roman Circuses 606 ff. Abb. 292–293. Sousse Humphrey, Roman Circuses 317 ff. Šremska Mitrovica s. v. Sirmium Tarragona J. Ruiz de Arbulo – R. Mar, El circo de Tarraco, un monumento provincial, in: Museo Nacional, El circo 141 ff. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 339 ff. Abb. 150–153. Thessaloniki U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiser­ villen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62 ff. 61 Abb. 2. 62 Abb. 3. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 625 ff. Abb. 301–303.

Toledo F. J. Sánchez-Palencia – M. J. Sáinz Pascual, El circo de Toletum, in: Museo Nacional, El circo 97 ff. Humphrey, Roman Circuses 350 ff. Abb. 157–164. Trier U. Wulf-Rheidt, Residieren in Rom oder in der Provinz. Der Kaiserpalast Felix Romuliana im Spiegel der tetrarchischen Residenzbaukunst, in: U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan. Spätantike Kaiservillen und Stadtanlagen in Serbien (2007) 62 ff. 61 Abb. 2. DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 308 f. 602 ff. Abb. 291. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 208. Tyros DNP II (1997) 1213 s. v. Circus (I. Nielsen). Humphrey, Roman Circuses 461 ff. Abb. 219–235. Utica F. Chelbi, Utique, la splendide (1996) 40 Plan S. 18. Humphrey, Roman Circuses 306 f. Vienne R. Lauxerois, La pyramide, obélisque du cirque de Vienne: histoire, tradition et légendes, in: Ch. Landes (Hrsg.), Le Cirque et les courses de chars. Rome-Byzance (Ausstellungskatalog) (1990) 65 ff. Humphrey, Roman Circuses 401 ff. Abb. 188–190. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 189 f. 90. 208

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Abb. 177. Anmerkungen

Auf die einzelnen Quellen wird im Kontext eingegangen. Dies gilt sowohl für die schriftlichen als auch die bildlichen Quellen, weil sie dort an Aussagekraft gewinnen. 2 Diese Aussage muss selbstverständlich auf jede handwerkliche oder künstlerische Arbeit übertragen werden. 3 Vgl. etwa G. Koch, Sarkophage der römischen Kaiserzeit (1993) 85 mit Anm. 374. 4 Vgl. dazu den Abschnitt über die Verbreitung römischer Circi. 5 Vgl. dazu etwa E. Akurgal, Griechische und römische Kunst in der Türkei (1987) 440 Abb. 187. 6 Beim Hippodrom von Olympia bestand außerdem das generelle Problem der Lokalisation, doch scheinen neue Untersuchungen im Frühjahr 2008 die Lage südöstlich des Stadions zu bestätigen. Vgl. G. Chatzi-Spilipoulou – R. Senff – N. Müller – Ch. Wacker, Olympische Rennbahn entdeckt?, AW 39, 5 (2008) 4. 7 Zitiert nach U. Sinn, Das antike Olympia (2004) 136. 8 Es war teilweise möglich, fehlende Maße aus Plänen zu entnehmen, doch zu geringe Maßstäbe in den Vorlagen bewirken fast zwangsweise Ungenauigkeiten, so dass man hier nur von ungefähren Angaben sprechen kann. Im Interesse der Lesbarkeit sind die Zahlenangaben, die überwiegend auf den Angaben bei Humphrey, Roman Circuses, beruhen, gerundet. 9 Zur Podiumsmauer vgl. den Abschnitt über Sicherheit im Circus. 10 Der Terminus „Barriere“ geht auf Humphrey zurück, der nachweisen konnte, dass der Begriff spina nicht antik ist. Da aber archäologische Befunde zu diesem Bauelement nicht immer mit einem spezifischen Terminus zu verbinden sind, hat er den Begriff der Barriere eingeführt, der auch hier verwandt wird. 11 Vgl. etwa Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 93 ff.; Junkelmann, Reiter Roms I, 111. 114; H. v. Hesberg, Römische Baukunst (2005) 145; Thuillier, Sport 65 f., in modifizierter Sichtweise; Meijer, Wagenrennen 61 ff., ebenfalls modifiziert. 12 Vgl. Humphey, Roman Circuses 175. 13 Humphrey, Roman Circuses 653 Anm. 8. 14 Vgl. dazu den Abschnitt über Sicherheitseinrichtungen im Circus. 15 Vgl. F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 342 f. 16 Vgl. ebd. 343. 17 Vgl. ebd. 249. 18 S. Cerutti, The Seven Eggs of the Circus Maximus, Nikephoros 6 (1993) 167 ff. 1

Vgl. dazu etwa Junkelmann, Reiter Roms I, 114. Georges, Wörterbuch 2082. – Vgl. Humphrey, Roman Circuses 78. 21 Humphrey, Roman Circuses 383. 22 Vgl. den Abschnitt über Besucher im Circus. 23 Es gibt eine Reihe von ludi, die sehr alt sind, sich zwar mit Pferden beschäftigen, aber nicht alle mit Pferdeoder Wagenrennen verbunden sind. Daher werden sie hier nicht berücksichtigt. Vgl. dazu etwa Thuillier, Sport 34 f. 24 s. Humphrey, Roman Circuses 85 f. 25 Thuillier, Sport 46; Humphrey, Roman Circuses 86. 26 J. Carcopino, Rom. Leben und Kultur in der Kaiserzeit (2 1979) 297 geht von zwölf Rennen am Tag in augusteischer Zeit aus. 27 Bei der Pyrrhiche (lat. pyrrhica) handelt es sich um einen in der Antike weit verbreiteten Waffentanz. Vgl. DNP X (2001) 642 f. s. v. Pyrrhiche (R. Harmon). 28 Alternativ könnte man auch an mehrere Veranstaltungsorte denken. Jedoch stellt sich die Frage, ob die noch zur Verfügung stehenden Circusbauten überhaupt über die nötige Infrastruktur (z. B. Tribünen) verfügten, um im Rahmen solcher Großveranstaltungen eingesetzt werden zu können. 29 Vgl. dazu S. Cerutti, The Seven Eggs of the Circus Maximus, Nikephoros 6 (1993) 173 f. – Cerutti führt als unterstützendes Argument die Distanzen bei modernen Pferderennen an, die denen im Circus entsprechen würden, wenn man von den einfachen Längen ausgeht. 30 In der älteren Literatur (vgl. Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 89 Abb. 53) wird als Aufbewahrungsort das Museo Capitolino angegeben. Zur heutigen Aufbewahrung s. M. Fortini, Opus sectile mit pompa circensis aus der Basilika des Iunius Bassus, in: A. Demandt - J. Engemann (Hrsg.), Konstantin der Große. Ausstellungskatalog Trier (2007) I.17.43. 31 Vgl. dazu etwa Carcopino, a. O. 287. 32 Thaillier, Sport 41 f. 33 Zitat nach M. Junkelmann, Reiter Roms I, 151. 34 Zitat nach ebd. 148. 35 Belegstellen bei Georges, Wörterbuch I, 1841 s. v. currus. 36 Georges, Wörterbuch II, 3219 s. v. trigae. 37 Ebd. I, 827 s. v. bigae. 38 Ebd. II, 2115 s. v. quadrigae. 39 In der Literatur wird der Begriff „Afrika“ sehr unterschiedlich benutzt. Teilweise versteht man darunter im geografischen Sinn das heutige Nordafrika. An anderer Stelle steht Afrika für die Provinz Africa Procon­sularis. Deutlich wird dies, wenn andere in Afrika gelegene Regionen gesondert aufgelistet werden, wie etwa die Kyrenaika. 19 20

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Vgl. dazu Junkelmann, Reiter Roms I, 142. L. Foucher, Hadrumetum (1964) Taf. 19; Humphrey, Roman Circuses 320; Thuillier, Sport 137. 42 Zusammenstellung der Belege bei J. Harries, Favor populi: Pagans, Christians and Public Entertainment in Late Antique Italy, in: K. Lomas – T. Cornell (Hrsg.), „Bread and Circuses“. Euergetism and Municipal Patronage in Roman Italy (2003) 125 ff. 43 Überlieferung durch die Tabula Larinas. 44 Humphrey, Roman Circuses 350. 45 Ebd. 344 Anm. 10–12. 46 Vgl. G. Binder, Von Rom nach Rimini. Eine Reise auf der Via Flaminia, Sonderband AW (2008) 30. 154 T 10. 47 Zu Porphyrios vgl. A. Cameron, Porphyrius the Charioteer (1973); Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 102 f. Abb. 85; Junkelmann, Reiter Roms I, 148 Abb. 174. 48 Übersetzung nach Junkelmann, Reiter Roms I, 148. 49 Arch. Mus. Istanbul Nr. 2995. 5560. 50 Vgl. dazu weiter den Abschnitt über die Circusparteien. 51 Zum dominus factionaris s. u. 52 Die Belegstellen zusammengefasst von J. Harries, Favor populi. Pagans, Christians and Public Entertainment in Late Antique Italy, in: K. Lomas – T. Cornell (Hrsg.),„Bread and Circuses“. Euergetism and Municipal Patronage in Roman Italy (2003) 125 ff. 53 Thuillier, Sport 161 mit Rückverweis 75 Anm. 35–36, verweist auf den Namen der Kirche als San Lorenzo in Prasina, der einen deutlichen Bezug zu dem stabulum der Grünen geben würde. 54 Vgl. W. Müller-Wiener, Bildlexikon zur Topographie Istanbuls (1977) 232. 55 Ohne Bezugnahme auf Wetten berichtet J. Heurgon, Die Etrusker (21977) 293 von dem Geschehen. 56 Vgl. dazu L. Friedländer, Sittengeschichte Roms (o. J.) 458 f. (Der Zirkus). 57 Zitat der Texte nach Junkelmann, Reiter Roms I, 130. 58 Vgl. Meijer, Wagenrennen 141 f. 59 Vgl. D. G. Kyle, Spectacles of Death in Ancient Rome (1998) 42. 60 Kyle a. O. 61 Anm. 43 weist das Ereignis eher einer Schaustellung zu als einer venatio. 61 Humphrey, Roman Circuses 175 ff. – Zu Aspekten der venationes im Amphitheater vgl. etwa Hönle – Henze, Amphitheater und Stadien 38 f. 62 Bei den Bildquellen ist es aber nicht immer deutlich, wo die Handlung anzusiedeln ist, weil sich die Darstellung in den meisten Fällen auf das dramatische Geschehen der Jagd konzentriert und keine architektonischen Elemente, die einen Circus oder ein Amphitheater als Handlungsraum definieren, vorkommen. 40 41

So Thuillier, Sport 66. – Die Aussage von Thuillier ist nur schwer nachzuvollziehen, weil auch Handwörterbücher den Begriff der falae ausschließlich in den Kontext der Rundenzähler einordnen. Vgl. etwa Georges, Wörterbuch I, 2674 s. v. fala II. 64 J.-M. André, Griechische Feste, römische Spiele: die Freizeitkultur der Antike (1994) 186. 65 Vgl. sonst Meijer, Wagenrennen 227 Anm. 122. 66 A. Winterling, Caligula. Eine Biographie (32004) 99 ff. 67 J.-M. André, Griechische Feste, römische Spiele: die Freizeitkultur der Antike (1994) 186. 68 Zur Bedeutung von Bauprogrammen vgl. etwa J. Champeaux, Le culte de la Fortune dans le monde romaine, Coll. de l’ École Française de Rome 64 (1987) 154 ff.; P. Gros – G. Sauron, Das politische Programm der öffentlichen Bauten, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik. Eine Ausstellung im MartinGropius-Bau, Berlin, 7. Juni–14. August 1988 (1988) 48 ff.; W. Letzner, Lucius Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie, Schriften zur Geschichte des Altertums 1 (2000) 84 ff. 69 Humphrey, Roman Circuses 72 f. mit Anm. 90–91. 70 Eine entsprechende Formulierung ist etwa durch den Codex Einsiedlensis, der im 8. oder 9. Jh. n. Chr. entstand, für den Ehrenbogen des Titus im oder am Circus Maximus belegt. Vgl. Humphrey, Roman Circuses 97. 71 In diesem Sinne auch K. Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit (2005) 110 f., wenn er darauf hinweist, dass Augustus neue Kassen einrichtete, die unter seiner Kontrolle standen. 72 Humphrey, Roman Circuses 73 Anm. 93. 73 Ebd. 73 mit Anm. 94. 74 Zum Bauprogramm des Trajan einschließlich des Circus Maximus vgl. A. Nünnerich-Asmus, Er baute für das Volk?! Die stadtrömischen Bauten des Traian, in: Dies. (Hrsg.), Traian. Ein Kaiser der Superlative am Beginn einer Umbruchzeit? AW Sonderband (2002) 97 ff. 75 Humphrey, Roman Circuses 129 mit Anm. 290–291. 76 Diese Vorgehensweise war keineswegs unüblich. Vergleichbar sind Restaurierungsarbeiten in den Jahren 333 und 335 n. Chr. beim Theater von Mérida. Vgl. Humphrey, Roman Circuses 373 f. 77 Hilfsleistungen des Kaisers nach Naturkatastrophen (Erdbeben) sind in den Quellen mehrfach erwähnt. Vorrangig werden mit diesen Mitteln aber grundlegende Infrastrukturmaßnahmen bezahlt worden sein. 78 Humphrey. Roman Circuses 495. 79 Ebd. 314. 80 Ebd. 462 mit Anm. 48. 81 Ebd. 492. 63

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Ebd. 317 mit Anm. 25. – Die hier getroffenen Aussagen zur Beziehung der Gordiani zu El Djem gewinnen an Wahrscheinlichkeit, wenn man sich das Beispiel der Severer vor Augen führt, die ein ganz besonderes Verhältnis zu Leptis Magna entwickelten. Vgl. dazu etwa M. Floriani Squarciapino, Leptis Magna, Ruinenstädte Nordafrikas 2 (1966) 16 ff.; G. Di Vita-Evrard, Leptis Magna, in: A. Di Vita – G. Di Vita-Evrard-L. Bacchielli, Das antike Libyen. Vergessene Stätten des römischen Imperiums (1999) 108 ff. 83 Humphrey, Roman Circuses 582. 84 Ebd. 456 Anm. 6. – Es sei an dieser Stelle schon vorab darauf hingewiesen, dass Malalas die Anlage als „altes Hippodrom“ bezeichnet und indirekt auf eine weitere Anlage hindeutet. Ob es zwei Anlagen in Antiocheia gab, wird in einem anderen Abschnitt behandelt. 85 Humphrey a. O. 329 mit Anm. 47. – perfectis metis et ovaris itemque tribunali iudicium. 86 Ch. Hugoniot, Les spectacles de l’Afrique romaine. Une culture officielle municipale sous l’empire romain I. Diss. Paris 1996 (2003) 64 f. 87 Humphrey, Roman Circuses 322 mit Anm. 40. 327 mit Anm. 41; Hugoniot a. O. 65 f. 88 Humphrey, Roman Circuses 380 Anm. 49–50. 89 Ebd. 381 mit Anm. 53. 90 Ebd. 398 mit Anm. 11. 91 Ebd. 398 f. 92 Vgl. auch W. Letzner, L. Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie (2000) 92 ff. 93 Weeber, Panem et circenses 170 ff. 94 Vgl. dazu insgesamt A. Winterling, Caligula (32004) 110 f. 95 Humphrey, Roman Circuses 329. 96 Ebd. 360 Anm. 25–26. 97 Ebd. 360 f. Anm. 28. 98 Ebd. 572 mit Anm. 123. 99 Ebd. 360 Anm. 27. 100 Vgl. ebd. 343. 101 Vgl. W. Radt, Pergamon. Geschichte und Bauten einer antiken Metropole (1999) 262 ff. – Eine eindeutige Festlegung, ob es sich um ein Stadion oder einen 82

Circus handelt, ist aufgrund der Forschungssituation nicht möglich. 102 Errechnet man den Quadratmeterpreis auf der Grundlage der schriftlichen und archäologischen Quellen, so ergibt sich der Betrag von acht Millionen Sesterzen. Geht man von einer Fläche von etwa 112 000 m² für den Circus Maximus aus, ergibt sich der oben genannte Betrag. 103 F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (22000) 249. 104 Die hier angegebenen Bevölkerungszahlen stellen zumeist Schätzungen dar, wie auch die Kapazitäten in den besagten Anlagen durchaus von den hier genannten Werten abweichen können. Zu den Einwohnerzahlen in Karthago s. F. Kolb, Die Stadt im Altertum (1984) 208; W. Eck, Die Wasserversorgung im römischen Reich: Sozio-politische Bedingungen, Recht und Administration, in: Frontinus-Gesellschaft e. V. (Hrsg.), Die Wasserversorgung antiker Städte, Geschichte der Wasserversorgung 2 (1987) 54. – Zu Antiocheia s. Eck a. O. 54; Ch. Kondoleon, The City of Antioch: An Introduction, in: Dies. (Hrsg.), Antioch. The Lost Ancient City (2000) 10. 105 Humphrey, Roman Circuses 456 ff. 106 Für einen zweiten Circus A. Lézine, Précisions topographiques sur un épisode de la guerre civile, Karthago 7 (1956) 129 ff. bes. 137 mit Anm. 46–47; ders., Utique. Notes de topographie, in: Mélanges d’archéologie et d’histoire offerts à A. Piganiol III (1966) 1241 ff., bes. 1248; Humphrey, Roman Circuses 306, mit weiterer Lit.; F. Chelbi, Utique, la splendide (1996) 40 Plan S. 18. 107 Vgl. zur Domus Augustana sonst H. Knell, Bauprogramme römischer Kaiser, Sonderband AW (2004) 157 ff. bes. 165 f. 108 Zum Hippodrom vgl. Amm. 21, 10, 1. 109 Nicht berücksichtigt werden kann an dieser Stelle der Circus in der Villa des Maxentius in Rom. Dafür spricht vor allem ein Grund: Der Circus war nicht dazu konzipiert worden, das Volk zu beeindrucken, sondern stand nur einem ausgewählten Publikum offen.

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Abbildungsnachweis 1: akg-images/Tristan Lafranchis | 2, 8, 9 a, 10  a, 11, 13 a, 14 a: Umzeichnung nach Humphrey, Roman Circuses 2 Abb. 1, 302 Abb. 139, 26 Abb. 7, 363 Abb. 165, 493 Abb. 245 a, 120 Abb. 54, 323 Abb. 146 | 3: Umzeichnung nach E. Akurgal, Griechische und römische Kunst in der Türkei (1987) 413 Abb. 150 | 6: Umzeichnung nach U. Sinn, Das antike Olympia (2004) 142 Abb. 49 | 7: nach Thuillier, Sport 27 Abb. 15 | 9 b, 10 b, 12 b: 2009 Digital Globe/ Google Earth | 12 a: nach I. Browning, Jerash (1982) 109 Abb. 46 | 13b, 50: bpk | 15, 26: Privat | 16: akg-images/ Philippe Maillard | 17: Femke Martens | 19, 39: Gilbert Wiplinger | 23: Birgit Jahn | 25, 38: akg-images/Erich Lessing | 33: Umzeichnung nach P. Rose, BSR 73 (2005) 123 Abb. 12 | 41, 45, 51, 55: Marcus Junkelmann | 43: nach DNP XII 1 (2002) Abb. Sp. 839–840 | 44: Ministero per i Beni e le Attività Culturali – Soprintendenza Speciale per i Beni Archeologici di Roma | 47: Trustees of the British Museum | 49: bpk/Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, SMB/Jürgen Liepe | 52: Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5/Alexander Kastler | 53: Alinari Archives, Florenz | 54: Arkeoloji Müzesi, Istanbul | 57: Rheinisches Landesmuseum Bonn | 59: nach W. Radt, Pergamon (1999) 58 Abb. 12 | 60: Um­zeichnung nach DNP VI (1999) 299 f. s. v. Karthago | 61: nach Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), 10 000 Jahre Kunst und Kultur in Jordanien (2004) 186 Abb. 8.15 | 62: nach A. Di Vita – G. Di Vita-Evrard – L. Bacchielli, Das antike Libyen (1999) S. 48 Plan 29 | 63: nach U. Brandl – M. Vasić (Hrsg.), Roms Erbe auf dem Balkan (2007) 61 Abb. 2 | 64: nach H. Stierlin, Byzantinischer Orient (1996) 61 Abb. 48 | Alle übrigen Abbildungen vom Verfasser.

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