Der Pharao 9783170216587, 3170216589

English summary: For over 3000 thousand years he protected, ruled and stood for Egypt: the pharaoh. His person guarantee

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Titel
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Zur Einführung
1.2 Der Nil
1.3 Ein historischer Überblick24
1.4 Die Maat
2 Der Pharao – Das Amt
2.1 Allgemeine Überlegungen
2.2 Wer wird Pharao?
2.3 Die Männer hinter dem Thron
2.4 »Aufwiegler«
3 Der Pharao – Sein Leben
3.1 Ausbildung
3.2 Thronbesteigung
3.3 Krönung28
3.4 Die Königsnamen
3.5 Sedfest
3.6 Der Tod des Pharaos
3.7 Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen
4 Der Pharao als Gott
4.1 Der Sohn der Sonne
4.2 Götterhochzeit
4.3 Ehemalige Könige als Götter
5 Der Pharao und die Götter
5.1 Der Pharao als Priester
5.2 Der Unterhalt für die Götter
6 Der Pharao als Herr Ägyptens
6.1 Verwaltung und Beamte
6.2 Kronrat
6.3 Gesetzgebung
6.4 Rechtsprechung61
7 Der Pharao als Krieger
8 Der Pharao im Alltag
8.1 Das Hofzeremoniell
8.2 Residenz und Palast7
8.3 Der Pharao vergnügt sich
9 Der Pharao im Bild
10 Der Pharao als Ehemann
10.1 Heiratspolitik
10.2 Harim12
10.3 Königin und Königinmutter29
11 Anhang
11.1 Abkürzungsverzeichnis
11.2 Literatur1
11.3 Liste der Pharaonen
11.4 Anmerkungen Kapitel 1 Einleitung
Kapitel 2 Der Pharao – Das Amt
Kapitel 3 Der Pharao – Sein Leben
Kapitel 4 Der Pharao als Gott
Kapitel 5 Der Pharao und die Götter
Kapitel 6 Der Pharao als Herr Ägyptens
Kapitel 7 Der Pharao als Krieger
Kapitel 8 Der Pharao im Alltag
Kapitel 9 Der Pharao im Bild
Kapitel 10 Der Pharao als Ehemann
Kapitel 12 Literatur
11.5 Karten
11.6 Abbildungs- und Quellenverzeichnis
Register
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Der Pharao
 9783170216587, 3170216589

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Band 711

Manfred Clauss

Der Pharao

Verlag W. Kohlhammer

Alle Rechte vorbehalten. © 2012 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Umschlagmotiv: Tutanchamun auf dem Streitwagen (akg-images 1AE-4-E7-1) Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH und Co. KG, Stuttgart Printed in Germany ISBN: 978-3-17-021658-7

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung 1.1 1.2 1.3 1.4

2

Der Pharao – Das Amt 2.1 2.2 2.3 2.4

3

Allgemeine Überlegungen Wer wird Pharao? Die Männer hinter dem Thron »Aufwiegler«

Der Pharao – Sein Leben 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7

4

Zur Einführung Der Nil Ein historischer Überblick Die Maat

Ausbildung Thronbesteigung Krönung Die Königsnamen Sedfest Der Tod des Pharaos Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen

Der Pharao als Gott 4.1 Der Sohn der Sonne 4.2 Götterhochzeit 4.3 Ehemalige Könige als Götter

7 7 11 14 26 31 31 39 42 46 53 53 60 63 73 81 89 97 102 103 113 117

6

5

Inhaltsverzeichnis

Der Pharao und die Götter 5.1 Der Pharao als Priester 5.2 Der Unterhalt für die Götter

6

Der Pharao als Herr Ägyptens 6.1 6.2 6.3 6.4

Verwaltung und Beamte Kronrat Gesetzgebung Rechtsprechung

125 125 131 137 138 149 156 159

7

Der Pharao als Krieger

162

8

Der Pharao im Alltag 8.1 Das Hofzeremoniell 8.2 Residenz und Palast 8.3 Der Pharao vergnügt sich

177 177 179 186

Der Pharao im Bild

195

10 Der Pharao als Ehemann

209 209 216 220

9

10.1 Heiratspolitik 10.2 Harim 10.3 Königin und Königinmutter

11 Anhang 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6

Register

Abkürzungsverzeichnis Literatur Liste der Pharaonen Anmerkungen Karten Abbildungs- und Quellenverzeichnis

228 228 229 232 238 258 260 263

1

Einleitung

1.1

Zur Einführung

Dies ist die Geschichte eines Amtes. Der ägyptische Priester und Geschichtsschreiber Manetho führt in seiner im 3. Jahrhundert1 in griechischer Sprache verfassten Darstellung Ägyptens 330 Pharaonen2 aus 30 Dynastien auf, die das Land etwa 3000 Jahre regierten. Zeitgleich damit kamen und gingen im Vorderen Orient die Reiche von Sumer, Hattusa, Mitanni, Assur und Babylon, um nur die bekanntesten zu nennen. Übertragen wir diese Zeitspanne einmal auf das Gebiet des heutigen Deutschland, hieße dies, ein politisch/kultisches Führungsamt von den frühen Kelten um 1000 vor Christus, über die Römische Zeit von Caesar bis ins 5. nachchristliche Jahrhundert, die deutschen Könige des Mittelalters, die Fürsten der Neuzeit bis zum Kaisertum des ausgehenden 19. Jahrhunderts und die Bundesrepublik zu verfolgen. Wenn ein solcher Überblick über das Amt im alten Ägypten möglich ist, liegt dies an den erstaunlichen Konstanten königlicher Macht trotz des auch in Ägypten vorhandenen Wandels von der sich langsam herausbildenden Staatswerdung seit der Mitte des 4. Jahrtausends bis zur Eroberung durch den Makedonenkönig Alexander den Großen im Jahre 332. Dies betrifft die Lage im Innern des Landes wie seine Rolle im Mächtegefüge des Vorderen Orients. Diese Darstellung berücksichtigt auf der einen Seite die historische Entwicklung, was vor allem durch zahlreiche Textbeispiele aus unterschiedlichen Epochen geschieht. Der Blick richtet sich dabei weitgehend auf die stabilen Zeiten der Monarchie, also auf die Pharaonen des Alten, Mittleren und Neuen Reiches (S. 14).

8

1 Einleitung

In diesen Zeiten gab es einen zentralen Faktor der Kontinuität: der göttliche Pharao, einmal mehr, einmal weniger stark, der Ägypten regierte und Garant seiner Existenz im weitesten Sinne war. So steht auch die Kontinuität stärker im Zentrum dieser Darstellung als der Wandel – eine erstaunliche Kontinuität über Jahrtausende hinweg,3 wie das Bild des Königs, der seine Feinde erschlägt. Die entsprechenden Beispiele in dieser Darstellung reichen von Narmer aus dem 4. Jahrtausend bis zum Pharao Trajan (98 – 117 n. Chr.), dem Kaiser, als Ägypten längst Teil des Römischen Reiches geworden war (S. 166). Aber es gibt Probleme bei der Darstellung des Amtes. A. H. Gardiner, einer der besten Kenner der ägyptischen Quellen, hat einmal unverblümt festgestellt: »Was stolz als ägyptische Geschichte ausgegeben wird, ist nicht viel mehr als eine Sammlung von Bruchstücken und Fetzen.«4 Mit dieser Einsicht im Hintergrund, die so oder ähnlich allerdings für manche historischen Zeiträume gilt, möchte ich andeuten, dass vieles, was wir gerne über den Pharao wüssten, unbekannt bleibt. Alles Persönliche bleibt außen vor, jede Suche nach Individuellem ist müßig. Das Denken und Fühlen der Herrscher, ihre Ängste und Befürchtungen, ihre Liebe und ihr Hass, ihre Wünsche und Pläne sind uns unbekannt – ja es ist schon Spekulation, ob sie derartige Kategorien überhaupt kannten. Wichtige Aspekte ihres Lebens und Wirkens sind aufgrund der besonderen Quellenlage nicht zu erfassen. Überliefert sind uns die offiziellen königlichen Monumente und Dokumente, in denen für Alltägliches kein Raum war. Selbstzeugnisse wie bei dem spätantiken Kaiser Julian, der mehr von sich preisgegeben hat als jeder andere römische Herrscher, liegen nicht vor. Etwaige Entwicklungen im Lebensweg, Sackgassen oder Umkehrungen, wenn es sie überhaupt bei jemandem gab, der seit seiner Geburt zum Herrn der Welt bestimmt war – wir kennen sie nicht. Für einen Herrscher wie den ägyptischen König kommt hinzu, dass es keinerlei reflektierte zeitgenössische Darstellungen über ihn gibt. Werke antiker Historiker wie eines Thukydides, Tacitus oder Sueton haben wir über die Pharaonen nicht.

1.1 Zur Einführung

9

Dies ist die Geschichte eines Amtes, aber es ist auch die Geschichte einer Fiktion. In einem Brief an Amenophis III. (1388 – 1350) schreibt der babylonische König KadeshmanEnlil: »Du bist der König. Du tust, was dir gefällt.«5 Das mag richtig sein, ja es lässt sich vordergründig durch Formulierungen belegen, wie sie sich in einer Inschrift Sesostris’ III (1872 – 1852) finden: »Ich bin ein König: Es wird gesagt, und es geschieht. Was mein Herz denkt, das geschieht.«6 Aber dieses wie auch nahezu allen anderen Zeugnisse aus Ägypten geben nichts her, um eine solche Einschätzung nach unseren Maßstäben zu beweisen.7 Alle Texte und Bildnisse sind in hohem Maße durchstrukturiert, fußen weitgehend auf uralten Traditionen und haben nur ein Ziel, wie wir meinen: den Pharao zu verherrlichen. Aber ist Verherrlichung die richtige Kategorie? Hätte ein Pharao diese Texte und diese Einschätzung ebenso verstanden? Können wir uns heute überhaupt noch vorstellen, was es heißt, Herrscher der Welt zu sein? Sämtliche Zeugnisse, ob Inschriften oder Bilder, ob solche des Königs oder seiner Beamten, folgen derselben Logik. Sie haben vor allem eine magische Funktion, beschwören im Wortsinn eine Wirklichkeit, die es geben kann, die auf jeden Fall aber durch die Texte und Bilder entsteht. Der Akt des Schreibens schafft Realität. Dies kann mit dem, was wir ›Wirklichkeit‹ nennen, übereinstimmen, muss es aber nicht. Auch in den ›historischen‹ Texten, zu denen man die königlichen Stelen zählen kann, ist nicht der historische Ablauf der Ereignisse maßgebend, sondern der vom Königsdogma geforderte Verlauf, die »Wahrheit«.8 In dem, was wir Geschichte nennen, hat der Pharao die zentrale Rolle, weil er ihren Fortgang wie den Erhalt des Kosmos garantiert. Geschichte und Welt sind einem Kreislauf unterworfen, der mit der Schöpfung begann und sich dauernd fortsetzt; daher gibt es eigentlich keine ungewisse Zukunft, sondern eine beständige Erneuerung wie bei der Krönung eines Pharaos. Und dies alles kommt in zahllosen Zeugnissen zum Ausdruck. Jeder dieser Texte ist daher »mit einem Zweck verbunden und soll grundsätzlich einen Vorgang schaffen, wie

10

1 Einleitung

er der ›Wahrheit‹ nach hätte sein sollen«9 – und das heißt: für ägyptisches Verständnis auch war. In der Eingangshalle seines großen Tempels in Abu Simbel hat Ramses II. (1279 – 1213) auf einer Stele einen Text verewigen lassen, in dem er Ptah-Tatenen, einen Gott der Regeneration, in einer für die gesamte ägyptische Geschichte typischen Diktion den König preisen lässt: »Ich (Ptah-Tatenen) bin dein Vater, der dich erzeugt hat als Gott, um als König Beider Ägypten zu atmen auf meinem Thronsitz. Ich überantworte dir die Länder, die ich geschaffen habe. Ihre Fürsten tragen für dich ihre Abgaben herbei; sie kommen zu dir, mit ihren Tributen beladen, um der Größe deiner Hoheit willen. Die Fremdländer sind vereint unter deinen Sohlen, sie gehören deinem Ka (Seele) für alle Zeit, du wandelst auf ihnen in Ewigkeit. Ich bin dein Vater, der dich als Gott erzeugte, so dass alle deine Glieder Götter sind. Ich habe dich zum ewigen König gemacht und zum immerwährenden Herrscher. Ich habe deinen Körper aus Gold gebildet, deine Knochen aus Kupfer und deine Glieder aus Himmelserz (Eisen). Ich habe dir mein göttliches Amt übertragen, damit du die Beiden Länder als König von Ober- und Unterägypten beherrschst.«10

Solche, im Überfluss auf uns gekommenen Texte haben dazu geführt, dass W. Helck bemerkt: »Diese Betonung des Königs als der eigentlichen alleinigen bewegenden Kraft hat ja auch in der Ägyptologie dazu geführt, dass das utopische Bild des Königs so in den Mittelpunkt der Untersuchungen gerückt worden ist, dass alles andere neben ihm versinkt.«11

Wenn solche Texte ein utopisches Bild zeichnen, kann eine Darstellung wie die folgende über den Pharao nur ein »theoretisches Modell« behandeln, ein »geistiges Konzept«,12 dass es aber mit der »Wirklichkeit nichts zu tun hat«, wie Helck bemerkt, scheint mir übertrieben. Man kann sich aber darauf verständigen, dass ich keine Geschichte des Amtes biete, sondern eine »Ideologiegeschichte«.13

1.2 Der Nil

1.2

11

Der Nil

Ramses II. war, wie viele Könige vor und nach ihm, König »Beider Länder«, wie es zahllose ägyptische Inschriften formulieren. Damit war ein Dualismus angesprochen, der in vielfacher Hinsicht ägyptisches Denken bestimmte (S. 70). Es war aber auch die konkrete Beschreibung jener beiden Landesteile, die Ägypten ausmachten. Der Unterschied der Beiden Länder, um nochmals die klassische Formulierung der Texte zu verwenden, war den Ägyptern, die beides kannten, bewusst. Ihn beschreibt die Erzählung des Sinuhe, indem sie ein Bild des Gegensatzes Unter- gegen Ober-Ägypten für dessen Verwirrung sucht. Diese Verwirrung ist »wie wenn sich ein Deltabewohner in Elephantine sieht oder ein Mann der Sümpfe im Nubierland.«14 Oberägypten, das war das schmale Niltal vom heutigen Kairo bis Assuan, ein 900 km langes Band, das sich mit dem Fluss dahinzieht, mit einem Fruchtland, das kaum breiter ist als 10 km. Unterägypten bildete das große fruchtbare Marschland des Deltas von Kairo bis zur Meeresküste mit 24 000 Quadratkilometern, von dem der »Vater der Geschichtsschreibung«, der Grieche Herodot, feststellte: »Heute freilich gibt es kein Volk auf der Erde, auch keinen Landstrich in Ägypten, wo die Früchte des Bodens so mühelos gewonnen werden wie hier.«15 Beide Landesteile verband und prägte in gleicher Weise der Nil.16 Kann man seine überragende Bedeutung überhaupt in Worte fassen? Am Anfang jeglicher Beschreibung des Nil wie der Geographie Ägyptens muss jener Satz stehen, den der genannte Herodot als Ausspruch ägyptischer Priester wiedergibt: die Charakterisierung Ägyptens als Geschenk des Nil. Der Fluss ist dafür verantwortlich, dass sich inmitten einer der heißesten Wüstenzonen der Erde ein grünes Band sagenhafter Fruchtbarkeit erstreckt. Wenn die »Amme des ganzen Landes«17 nicht genügend Wasser gab, war das Leben Tausender bedroht. Die Hymne an die Überschwemmung preist den Nil und macht deutlich, dass Schlamm und Wasser für das Leben wichtiger sind als sagenhafte Schätze:

12

1 Einleitung

»Es gibt niemanden, dessen Hand mit Gold webt, es gibt keinen, der von Silber trunken wird, echten Lapislazuli kann man nicht essen. Gerste (aber) ist die Grundlage des Wohlergehens.« Ägypten ist der Nil, und der Nil ist der Pharao. Als der römische Kaiser Vespasian sich im Jahre 69 n. Chr. in Alexandria, damals Hauptstadt Ägyptens, aufhielt, soll er sich den Ägyptern mit den Worten präsentiert haben: »Schöpfet aus mir wie aus dem Nil!«18 Es war der von Gott eingesetzte Pharao, selbst Gott, der vom sagenhaften ersten König Menes (S. 15) über den erwähnten Ramses II. bis zu den römischen Kaisern, für den Nil, die Fruchtbarkeit des Landes, letzten Endes für alles zuständig und verantwortlich war, was in Ägypten geschah. Ägypten ist allerdings ebenso ein Geschenk der Sonne, was den – männlichen – Himmelskörper wie den Gott gleichermaßen betrifft (S. 110). Dem arabischen Autor des 10. nachchristlichen Jahrhunderts Al-Masu¯dı¯ verdanken wir folgende anschauliche Beschreibung der besonderen Fruchtbarkeit Ägyptens: »Ein Weiser hat Ägypten folgendermaßen beschrieben: Drei Monate ist es eine weiße Perle, drei Monate schwarzer Moschus, drei Monate ein dunkelgrüner Smaragd und drei Monate ein Barren roten Goldes: Eine weiße Perle ist Ägypten in den Monaten Juli, August und September, wenn es von den Fluten überschwemmt ist, wenn die von allen Seiten vom Wasser umgebenen Dörfer auf ihren Hügeln und Erhebungen über dem weiß schimmernden Land den Sternen gleichen und wenn man nur noch mit Booten von einem zum anderen Ort gelangen kann. Schwarzer Moschus ist Ägypten in den Monaten Oktober, November und Dezember, wenn das Wasser in das Bett des Nil zurückfließt und einen schwarzen Boden hinterlässt, der von den Bauern bestellt wird und einen Duft ausströmt, der dem des Moschus gleicht. Ein grüner Smaragd ist Ägypten in den Monaten Januar, Februar und März, wenn die überall sprießenden Gräser und Pflanzen ihm den Glanz dieses Edelsteins verleihen. Und ein Barren roten Goldes ist Ägypten in den Monaten April, Mai und Juni, wenn die Saat reift und das Gras rötliche Farbe annimmt, so dass das Land sowohl vom Anblick wie vom Nutzen her dem Gold gleicht.«19

1.2 Der Nil

13

Es ist das Wasser von dem Ägypten lebt, aber ebenso wichtig ist der Schlamm, den der Nil transportiert: »Es zittern die, welche den Nil sehen, (wenn) er (Wellen) schlägt. Da lachen die Sumpfwiesen, die Ufer grünen, die göttlichen Opfergaben steigen herab, die Menschen . . . und die Götter freuen sich.«20 Die Zeit der Nilschwemme war für das Land von solcher Wichtigkeit, dass sie ein zentrales Bild von der Schöpfung prägt: So wie im Fluss die Sandbänke erscheinen, so soll aus dem Ur-Ozean einst ein Hügel, der Anfang der Welt, aufgetaucht sein. Und das Wunder der Nilschwemme ereignete sich über Jahrtausende mit faszinierender Regelmäßigkeit. Daher war der Nil das Maß aller Dinge, das Maß aller Flüsse. Als die Ägypter den Euphrat kennenlernten, war dieser, im Gegensatz zum Nil, das Wasser, das man abwärts fährt – weil es nach Süden fließt.21 Am Schluss dieser Einführung sind zwei technische Vorbemerkungen notwendig. Die erste betrifft den Gebrauch der Bezeichnung ›Pharao‹. Seit der Zeit Thutmosis’ III. (1479 – 1425) übertrug man den Begriff für den Palast des Königs, für seine Verwaltung, Güter oder Hofstaat, per-aa, »Großes Haus«, auf den Herrscher selbst; so sprechen auch wir heute beispielsweise vom »Weißen Haus« oder vom »Kreml«. Das ägyptische Wort ist über das Hebräische in die griechische Übersetzung des Alten Testaments gelangt: Pharao. Als Titel, der vor dem Namen des Königs steht, lässt sich »Pharao« erst seit König Siamun (978 – 960), dem vorletzten Herrscher der 21. Dynastie, belegen; seine Übertragung auf einen früheren König ist daher zwar anachronistisch, hat sich aber eingebürgert und erlaubt eine größere sprachliche Vielfalt. Eine zweite gilt der Schreibweise: Bereits in den 1920er Jahren hatte sich der englische Ägyptologe J. B. Hurry einmal die Mühe – oder besser gesagt den Spaß – gemacht, alle voneinander abweichenden Wiedergaben des Namens ij-mhtp, Imhotep, des Baumeisters des Königs Djoser (2624 – 2605), zu zählen, die sich im modernen Schrifttum finden: Er kam auf 34 verschiedene Variationen.22 Und um die Verwirrung komplett zu machen: Einige Namen ägyptischer Könige sind von

14

1 Einleitung

griechischen Schriftstellern in anderer Form überliefert. Amenhotep beispielsweise heißt dort Amenophis, und so schreibe ich es auch, darin, wie auch bei anderen Begriffen, dem »Lexikon der Ägyptologie« folgend.23

1.3

Ein historischer Überblick24

In Abydos, im dortigen Heiligtum des Osiris, des Gottes des Todes, der Wiederauferstehung und der Fruchtbarkeit, ist ägyptische Geschichte in Stein gemeißelt: In einem Tempel, den Sethos I. (1290 – 1279) errichtete, befindet sich eine königliche Ahnentafel. In drei Reihen werden 76 Könige aufgeführt. Diese sind nicht als Personen dargestellt, sondern werden durch ihre Namen repräsentiert. Für Sethos I. sollte die Liste Legitimität dokumentieren; er stellte sich in eine Tradition, die bis zum »Anfang« zurückreichte.

Abb. 1: Königsliste aus Abydos

Auf dem Ausschnitt, den ich abbilde (Abb. 1), erkennt man oben von links nach rechts die ersten Herrscher der 4. Dynastie: Snofru (2589 – 2554), Cheops (2554 – 2531), Djedefre (2531 –

1.3 Ein historischer Überblick

15

2522), Chephren (2522 – 2496) und Mykerinos (2489 – 2461).25 Den Anfang der Liste macht Menes. Dieser Menes, eine Sagengestalt,26 ferner Mentuhotep I. (2119 – 2103) und Ahmose (1550 – 1525) galten zur Zeit der 19. Dynastie jeweils als Gründer einer Epoche der ägyptischen Geschichte: Wir nennen sie »Altes«, »Mittleres« und »Neues Reich«. Die Ägypter kannten bereits ein Geschichtsbild, das die Entwicklung des Landes in große Zeitabschnitte unterteilte, die wir heute Reiche nennen. Das Konzept der Reiche ist also alt, der Begriff selbst stammt aus dem 19. nachchristlichen Jahrhundert und ist in Anlehnung an das preußische Reich gebildet worden.27 Am Anfang der Geschichte nahezu jeden Volkes steht ein Stadt- oder Reichsgründer, dessen Existenz sich in der Welt der Mythen verliert. Das ist bei den Ägyptern nicht anders als bei den Hebräern, Spartanern, Athenern oder Römern. Allerdings unterscheiden Moses, Lykurg, Theseus oder Romulus sich in einem Punkt von jenem Menes, der seit der 18. Dynastie als Reichsgründer galt: Die spätere Überlieferung schrieb Menes außer den ›normalen‹ historischen Leistungen auch Schöpfungstaten zu. Er soll den Ursumpf trockengelegt, die erste Stadt, Memphis, gegründet und die Menschheit mit der ihr zuvor unbekannten Kultur und Zivilisation vertraut gemacht haben. Gegen solche Vorstellungen sprechen allerdings Zeugnisse der Archäologie. Daher verliert sich der Ursprung der ägyptischen Kultur für uns nicht im Archetypischen, sondern kann in der geschichtlichen Wirklichkeit des 4. Jahrtausends verfolgt werden.28 Langsam entstanden damals Königtum, Verwaltung, Schrift, Kunst und Religion. Diese Entstehung des ägyptischen Staates wird durch neuere Forschungen immer komplexer, dürfte damit aber näher an der antiken Wirklichkeit liegen als Rekonstruktionen, die das Geschehen auf die wenigen Generationen der Könige Skorpion, Narmer und Aha einengen.29 Allerdings treten in den zeitgenössischen Quellen um 3000 vor allem zwei Herrscher hervor: Narmer, »der wütende Wels«, und Aha, »der Kämpfer«.

16

1 Einleitung

Sie scheinen bereits beide der später so genannten Landeshälften kontrolliert zu haben. Narmer wird mit den beiden Kronen dargestellt, die später Ober- und Unter-Ägypten symbolisieren. Bei Aha finden wir Darstellungen mit beiden Kronengöttinnen und beiden Wappenpflanzen neben seinem Namen. Mit ihm beginnt die Reihe der Dynastien ägyptischer Pharaonen.30 Eine weitere Etappe auf dem Weg zum Großreich gelang am Ende der 2. Dynastie Chasechemui (2684 – 2657). Sein Ausgleich gegensätzlicher Kräfte sicherte die Einheit des Staates nicht nur politisch, sondern auch religiös. Altes Reich Wenn man mit der 3. Dynastie eine neue Epoche beginnen lässt, dann liegt das auch an den Umwälzungen auf architektonischem Gebiet, vor allem im Pyramidenbau. König Djoser (2640 – 2620) und sein Bauleiter Imhotep fassten bisher getrennte Elemente des Königsgrabes in einer einzigen monumentalen Anlage zusammen; gleichzeitig verwendeten sie Stein in großem Stil als dauerhaftes und damit der Ewigkeit angemessenes Baumaterial (Abb. 14, S. 98). Mit Snofru (2589 – 2554) beginnt die 4. Dynastie; sein Name ist mit drei Pyramiden verknüpft, einer ersten, unvollendeten, in Medum sowie zwei weiteren in Dahschur, der »Knickpyramide« und der »Roten Pyramide«. Solche Bauten stellten die Verwaltung des Pharaos vor immer größere und komplexere Aufgaben; es bedurfte nun ganzer Stäbe von Schreibern, Büros und einer hierarchisch abgestuften Bürokratie mit dem Wesir an der Spitze. Der Stellenwert dieser Verwaltung lässt sich daraus ablesen, dass hohe Beamte die Erlaubnis erhielten, westlich der Pyramide ihre Privatgräber anzulegen. Cheops (2554 – 2531) folgte seinem Vater auf dem Thron; der Name ist für alle Zeiten mit seiner Pyramide in Gisa verknüpft, dem größten antiken Bauwerk und ältesten der »Sieben Weltwunder«. Nach Chephren (2522 – 2496) baute dessen Sohn Mykerinos (2489 – 2461) nochmals eine Pyramide in Gisa, die jedoch weit hinter denen seiner Vorgänger

1.3 Ein historischer Überblick

17

zurückblieb. Vielleicht war inzwischen deutlich geworden, dass ein Riesenbau wie die Cheops-Pyramide nicht in jeder Regierungszeit errichtet werden konnte, ohne die wirtschaftlichen Möglichkeiten Ägyptens zu überfordern. Bald mehrten sich die Anzeichen des allmählichen Machtverfalls der königlichen Zentralgewalt. Deren Schwächung brachte vielen Menschen ein größeres Maß an Individualität und stärkte vor allem das Selbstbewusstsein der Beamten und Priester. Unter Neferirkare (2433 – 2413) und Neferefre (2406 – 2395) vollzog sich in religiöser Hinsicht eine bedeutsame Entwicklung, als neben Re, dem Gott des Lebens, Osiris, der Herrscher der Unterwelt, immer stärker in den Vordergrund trat. In diesen Zusammenhang gehören die Pyramidentexte des 24. und 23. Jahrhunderts, Inschriften, die das Bestattungsritual des Königs beschreiben, wie wir sie aus der Grabkammer des Unas (2317 – 2297) besitzen. Da dieser Unas offensichtlich keinen Sohn hinterlassen hatte, fiel die Herrschaft bei seinem Tod an Teti (2297 – 2287), der die 6. Dynastie begründete. Die zunehmende Betonung des menschlichen gegenüber dem göttlichen Aspekt des Königs ist ein Kennzeichen dieser Zeit. Pepi I. (2285 – 2235) ließ sich als erster König kniend beim Opfer vor den Göttern darstellen; das bedeutete aber keinen grundsätzlichen Abschied von der Vorstellung, der Herrscher sei auch Gott. Allerdings geriet das Königtum in immer stärkere Abhängigkeit von mächtigen Bezirksfürsten. Unter Pepi I. (Phiops) erhielt die Residenz der ägyptischen Könige ihren bleibenden Namen von der abgekürzten Bezeichnung seiner Pyramidenanlage: mn-nfr-(Phiops) »bleibend und vollkommen (ist Phiops)«, griechisch Memphis. In den sechs Jahrzehnten der Regierung Pepis II. (2229 – 2169) kündete sich rückblickend gesehen der Zusammenbruch des Alten Reiches an. Wägt man die äußeren und die inneren Ursachen für diese Entwicklung gegeneinander ab, so dominieren zweifellos die inneren. Da ist zunächst die lange Regentschaft zu nennen, in der die Mutter Pepis II. und ihre Bezirksfürstenfamilie die Politik bestimmten. Weiterhin

18

1 Einleitung

dürfte die ständig wachsende Zahl von königlichen Immunitätsdekreten die Wirtschaftskraft des Staates belastet und den verbliebenen Steuerzahlern immer größere Abgaben auferlegt haben. Am Ende standen Katastrophen, Hungersnöte und der Kampf ums nackte Überleben. Anstelle der königlichen Zentralmacht nahmen die lokalen Fürsten das Heft in die Hand, um wenigstens für den eigenen Einflussbereich Reste von Verwaltung, funktionierender Wirtschaft und sozialer Ordnung zu retten. Nach dem Tode Pepis II. regierte sein Sohn Merenre II. (2169 – 2168) nur kurze Zeit. Ihm folgten mindestens ein Dutzend Könige, die zwar noch in Memphis residierten und nominell das ganze Land beherrschten, aber immer weniger echte Macht besaßen. Danach setzt Manetho, dem wir die ausführlichste Liste der Pharaonen verdanken, eine 7. Dynastie an, deren Könige so rasch wechselten, dass er 70 von ihnen nur je einen Tag lang regieren lässt; sie entfällt eigentlich. Ähnlich kurz und wohl auch unbedeutend waren die Herrscher der 8. Dynastie. Mit ihrem Untergang war der vorläufige Schlusspunkt der Entwicklung erreicht: Die Einheit Ägyptens war beendet, Memphis nicht länger die Residenz des Königs. Die späteren Königslisten markieren einen entsprechend deutlichen Einschnitt: den Untergang des Alten Reiches. Was sich zu jener Zeit im Land zugetragen hat, bleibt weitgehend unklar. Die ehemalige Hauptstadt des Reiches, Memphis, stand unter der Kontrolle einer Bezirksfürstenfamilie, welche die Königswürde übernahm. Manetho zählte diese Herrscher als 9. und 10. Dynastie; wir sprechen von der ersten Zwischenzeit. Ihr bekanntester Pharao ist Merikare (um 2050) wegen der »Lehre für König Merikare«, in der angeblich sein Vater eine Reihe von Gedanken und Geboten für den künftigen Pharao zusammengestellt hat. In Theben entstand ein zweites Machtzentrum, dessen Herrscher ebenfalls die Königstitulatur annahmen. Als sein Gründer galt ein Mentuhotep – »Month ist zufrieden«. Mit seinem Sohn Antef I. (2119 – 2103) lässt man die 11. Dynastie beginnen. Sein Bruder Antef II. (2103 – 2054) hatte fast ein halbes Jahrhundert Zeit,

1.3 Ein historischer Überblick

19

seine Stellung zu konsolidieren. Dadurch, dass die Könige ihre Gräber in ihrer Heimat anlegten und den bisher bedeutungslosen Ort zur Hauptstadt machten, entstand in Theben ein neuer Mittelpunkt mit zwei Zentren, die später Weltruhm erlangen sollten: Die Kultstätte des Gottes Amun beim heutigen Dorf Karnak und die thebanische Metropole auf dem Westufer. Da die beiden Dynastien in Memphis und Theben weiterhin mit nahezu permanenten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, kam es zu einer Art Stillhalteabkommen zwischen ihnen. Erst als die Könige des Südens über mehrere Generationen hinweg ihre Herrschaft stabilisiert hatten, wagte es einer von ihnen, die Eroberung des Nordens in Angriff zu nehmen. Jedoch vergingen weitere Jahrzehnte kriegerischer Auseinandersetzungen, bis Mentuhotep II. (2046 – 1995) die Herrschaft endgültig stabilisierte, wozu nicht zuletzt seine lange Regierungszeit beitrug. Nachdem er etwa in seinem 30. Regierungsjahr die Kontrolle vollständig errungen hatte, nannte er sich »Horus, der die Beiden Länder vereinigt.« In weiteren drei Jahrzehnten konnte er das Werk des Neuaufbaus fortsetzen. Mittleres Reich In der 12. Dynastie haben über zwei Jahrhunderte hinweg Herrscher mit größtenteils langen Amtszeiten regiert. Sie waren es, die den Sonnengott Amun-Re an die Spitze der Götterwelt stellten. Oberstes Ziel der Könige musste die Beseitigung der Feudalherren und die Wiederherstellung der eigenen Souveränität sein; dies wurde vollständig erst nach mehreren Generationen erreicht. Der Kontinuität der Dynastie kamen die Mitregentschaften zugute. Das letzte Jahrzehnt seiner Herrschaft teilte Amenemhet I. (1976 – 1947) mit seinem Sohn Sesostris I. (1956 – 1910). Die guten Erfahrungen beider leiteten eine Praxis ein, die sich während der ganzen Dynastie fortsetzte. Unter Sesostris war das Reich stabil und prosperierte, was sich einmal mehr an der lebhaften

20

1 Einleitung

Bautätigkeit dokumentierte, die der König im ganzen Land entfaltete; als Bauherrn übertrafen ihn erst wieder die Könige der 18. Dynastie. Der Pharao betrieb eine energische Außenpolitik und integrierte vor allem Unternubien in sein Reich. E. Hornung spricht sogar vom Anfang einer regelrechten ägyptischen Kolonialpolitik.31 Mit der Erschließung des Fajjum – mit 11 000 Quadratkilometern neuen Ackerbodens die bedeutendste Erweiterung der anbaufähigen Fläche Ägyptens – ist der Name Sesostris II. (1882 – 1872) untrennbar verbunden. Sein Sohn, Sesostris III. (1872 – 1852), zerschlug das alte System des erblichen Fürstentums endgültig und ersetzte es durch einen Verwaltungsapparat, dessen Beamte direkt dem König in seiner Residenz unterstanden. Ägypten war nun ein nach außen und innen gefestigtes Reich, das sich über 1500 Kilometer Niltal erstreckte. Am Schluss der Dynastie steht – ähnlich der 6. – eine Königin. Sobeknofru (1797 – 1793) versuchte, die Herrschaft noch zu sichern – allerdings vergeblich. Die zweite Zwischenzeit begann. Bei Manetho folgen eine 13. Dynastie mit 60 thebanischen Königen und eine 14. mit 76 Königen aus Xoïs, die während der letzten 70 Jahre der 13. im Delta regierte. Um 1650 erlebte Ägypten die Eroberung durch die »Hyksos«. Dies ist ein Titel, mit dem bei den Ägyptern seit langem die Kleinfürsten SyrienPalästinas bezeichnet worden waren. Die Machtergreifung durch die fremden Herrscher war das Ergebnis einer allmählichen Unterwanderung Nordägyptens wie militärischer Unternehmungen überlegener Truppenverbände. Die Hyksos-Könige brachten eine bis dahin unbekannte, überlegene Kriegstechnik mit – den Kampf mit Pferd und Streitwagen, die eine schnelle und mobile Plattform für die Bogenschützen bildeten. Diese Wagenkämpfer waren Berufskrieger. Um sich ganz auf ihre militärischen Aufgaben konzentrieren zu können, bedurften sie wirtschaftlicher und sozialer Privilegien, die sich durch die Schaffung größeren Grundbesitzes garantieren ließen; so entstand eine neue Oberschicht. Die eigentlichen Hyksos-Dynastien – die 15. und 16. – dauerten etwas über 100 Jahre; die wichtigste Herrschergestalt war Chajan um

1.3 Ein historischer Überblick

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1600. Der entscheidende Impuls zur abermaligen Neuordnung Ägyptens ging von den Herrschern der 17. Dynastie aus. Kamose (1555 – 1550) begann den später so bezeichneten »Befreiungskrieg«. Sein Gegner war der Hyksos Apophis (1587 – 1546), dem Kamose in einer angeblichen Prophezeiung sein Ende verkündete. Das Neue Reich Als Ahmose (1550 – 1525) Memphis eingenommen hatte, brach um 1540 der verbliebene Machtbereich des Hyksos in wenigen Jahren auseinander. Nach der erfolgreichen Konsolidierung des Landes und seiner außenpolitischen Sicherung in Palästina und Nubien widmete sich Ahmose dem Aufbau einer neuen zentralen Verwaltung. Um dieses Ziel zu erreichen, griff er auch auf die uralte Vorstellung von der Gottessohnschaft des Herrschers zurück. Während der Regierung seines Sohnes Amenophis’ I. (1525 – 1504) wurde der Grundstein für eine neue kulturelle Blüte gelegt. Mit dem Nachfolger Thutmosis I. (1504 – 1492) begann außenpolitisch eine wichtige Epoche. Von seiner unangefochtenen Position aus – die Dynastie herrschte mittlerweile fast ein halbes Jahrhundert – konnte Thutmosis die militärischen Möglichkeiten ausnutzen und seine Feldzüge bis an den Euphrat ausdehnen. Er wurde zum Begründer des ägyptischen Imperiums und seine Expansionspolitik gliederte dem Reich in Nord und Süd neue Provinzen an. Das militärische Hauptquartier richtete der Pharao in Memphis ein. Den Mittelpunkt des geistigen Lebens bildete dagegen immer noch der Hof in Theben. Hier wirkte der oberste Baumeister Inene, der die Anlage des königlichen Felsgrabes im Tal der Könige leitete.32 Thutmosis II. (1492 – 1479) erhob seine Halbschwester Hatschepsut zu seiner Hauptgemahlin. Als er starb, war aus der Ehe eine Tochter, Nofrure, hervorgegangen. So fiel der Thron an den noch unmündigen Sohn einer Nebengemahlin, der wie seine beiden Vorgänger den Geburtsnamen Thutmosis trug. Zunächst führte seine Stiefmutter Hatschepsut die

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1 Einleitung

Regierungsgeschäfte. Weibliche Regentschaften hatte es bereits früher gegeben, doch sollte sich bald zeigen, dass Hatschepsut nicht gewillt war, sich mit einer solchen Stellung zu begnügen. Bereits 1478 ließ sie sich zum ›König‹ krönen. Für zwei Jahrzehnte lag nun die Regierungsgewalt bei ihr (1479 – 1457). Ein bleibendes Denkmal schuf sich die Herrscherin durch den Bau ihres ›Königstempels‹ auf der thebanischen Westseite. Thutmosis III. trat seine Alleinregierung (1479/57 – 1425), die er allerdings ab 1479 zählte, zu einem Zeitpunkt an, zu dem Ägyptens immer latente Kontrolle des syrisch-pälestinensischen Gebietes prekär wurde. Sechzehn Jahre kämpfte er, um die Region wiederzugewinnen und die ägyptische Verwaltung zu stabilisieren. Für seine Zeit und für die Nachwelt ist er der große Eroberer gewesen, dessen Feldzüge in zahlreichen Abenteuergeschichten weiterlebten. Als er starb, war sein Sohn Amenophis II. (1428 – 1397) schon seit einiger Zeit Mitregent gewesen. Es gelang ihm ein Vierteljahrhundert lang, das von seinen Vorgängern aufgebaute Großreich zusammenzuhalten. Gegen Ende seiner Regierungszeit zeichnete sich eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses im Vorderen Orient ab: Die Hethiter dehnten ihre militärischen Aktionen ins nördliche Syrien aus; als sie dadurch das Mitannireich bedrohten, kam es zu einer Verständigung zwischen Ägypten und Mitanni unter Thutmosis IV. (1397 – 1388). Amenophis III. (1388 – 1350) erkaufte sich die außenpolitische Ruhe mit Gold. Rückblickend ist klar, dass er damit auf lange Sicht die Weltmachtstellung seines Reiches verspielte. Keiner – einmal abgesehen von Ramses II. (1279 – 1213) – baute so viel und derartig kolossal wie Amenophis III. Vor allem sein Königstempel sollte an Ausmaß und Pracht alle vergleichbaren Bauten seiner Vorgänger übertreffen; erhalten geblieben von ihm sind die beiden Memnonskolosse (Abb. 38, S. 206). Die wesentlichen, durch Amenophis IV. (1351 – 1334), den späteren Echnaton, veranlassten Veränderungen betrafen die Erscheinungsform und die Bezeichnung des von ihm verehrten Sonnengottes. Die seinem Sonnenglauben zugrunde liegen-

1.3 Ein historischer Überblick

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den Gedanken waren zwar nicht neu, wurden allerdings von seiner Hauptstadt Amarna aus mit einer bislang unbekannten Intoleranz und Einseitigkeit verwirklicht. Er ging vor allem gegen den Gott Amun vor, dessen Tempel ihm wohl wirtschaftlich zu mächtig waren (S. 134). Mit Semenchkare (1337 – 1333) und vor allen Dingen mit dem jungen Tutanchamun (1333 – 1323) begann eine allmähliche, weitgehend gewaltfreie Restauration der alten Zustände. Für den unmündigen Tutanchamun führte der »Gottesvater« Eje die Regentschaft. Von Memphis aus erließ er ein sehr allgemein gehaltenes Restaurationsedikt. Die Thronerhebung Ejes (1323 – 1319) dürfte dadurch möglich geworden sein, dass er, der keinen männlichen Erben hatte, den General Haremheb (1319 – 1292) zu seinem Stellvertreter und Nachfolger ernannte. Unter diesem wiederholte sich, was bereits nach dem Tod der Hatschepsut geschehen war: Die Vorgänger wurden ignoriert, Haremhab zählte seine Regierungszeit vom Tod Amenophis’ III. an. Damit war die heute so genannte Amarna-Zeit ausgelöscht. Zu seinem Nachfolger bestimmte Haremheb den Offizier Paramessu, den er als Wesir und Stellvertreter des Königs mit einer erheblichen Machtfülle ausstattete. Unter dem Namen Ramses I. (1292 – 1290) bestieg er den Thron und begründete die 19. Dynastie. Als er starb, konnte die Krone zum erstenmal seit 60 Jahren wieder auf den Sohn übergehen, so wie es die Tradition eigentlich verlangte. Sethos I. (1290 – 1279) fühlte sich als Begründer einer neuen Ära. Dessen Sohn Ramses II. (1279 – 1213) hat sich aufgrund seiner langen Regierungszeit zu einem Pharao der Rekorde entwickelt. Die Tempel von Abu Simbel sind nur ein Beispiel für die von keinem anderen Pharao erreichte Bautätigkeit des Königs. Gewaltig war der Aufwand, mit dem er seinen Erfolg der Schlacht bei Qadesch in Syrien 1275 – er war einer Niederlage durch die Hethiter entkommen – propagierte. Einige Jahre später kam es zum feierlichen Abschluss eines Friedens- und Bündnisvertrages mit dem einstigen Gegner. Dieser erste erhaltene Staatsvertrag zwischen zwei antiken

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1 Einleitung

Großmächten gab den vertragschließenden Parteien die Möglichkeit, die militärischen Potentiale auf andere Gegner zu konzentrieren; ferner konnte Ramses erhebliche Mittel für seine über ganz Ägypten verstreuten kostspieligen Bauten einsetzen. Am Ende der Dynastie stand erneut eine Frau, welche die Königstitulatur annahm: Tausret (1193 – 1185). Sie hatte zunächst an der Seite ihres Gatten Sethos II. (1199 – 1193) gewirkt, dann die Regentschaft für ihren Stiefsohn Siptah übernommen und herrschte nach dessen frühem Tod schließlich für weitere zwei Jahre als ›Pharao‹. Die Herkunft Sethnachts (1185 – 1182), des Begründers der 20. Dynastie, ist unbekannt. Der Dynastiewechsel brachte keine einschneidenden Veränderungen mit sich.33 Die Kontinuität kam vor allen Dingen dadurch zum Ausdruck, dass alle Nachfolger Sethnachts den Namen Ramses trugen.34 Der bedeutendste von ihnen war Ramses III. (1182 – 1151). So erfolgreich er auch in großen Schlachten die außenpolitische Bedrohung Ägyptens abgewendet hatte, so wenig gelang es ihm und seinen Nachfolgern, mit den innenpolitischen Schwierigkeiten fertig zu werden. In der Monarchie vollzog sich eine ähnliche Entwicklung, wie wir sie bereits im Alten und Mittleren Reich beobachten konnten: die Verselbstständigung regionaler Amtsinhaber. Nun machten sich vor allem die negativen Auswirkungen einer immer stärker werdenden Beamtenschaft bemerkbar. Verlustreiche Kriege gegen Libyen und die Seevölker sorgten für eine zunehmende Schwächung Ägyptens. Die ins Maßlose gesteigerten Bauten und die Stiftungen zugunsten der Tempel überforderten auf Dauer die finanziellen Möglichkeiten des Landes. Unter Ramses XI. (1099 – 1069) führten Hungersnöte in Theben zum Aufstand gegen den Hohepriester und zu einem monatelangen Bürgerkrieg, in dem plündernde Banden und marodierende Söldner die Thebaïs verheerten. Die Ordnung konnte schließlich nur dadurch wiederhergestellt werden, dass der Vizekönig von Nubien, Panehsi, in Mittelägypten militärisch eingriff. Er kontrollierte den Süden des Reiches, wenngleich nominell noch gestützt auf die Autorität des Königs.

1.3 Ein historischer Überblick

25

Spätzeit Mit Smendes (1069 – 1043) begann die 21. Dynastie und die Spätzeit Ägyptens. Zehn Dynastien verzeichnet Manetho bis zur Eroberung durch Alexander den Großen im Jahre 332; nur noch wenigen Königen gelang es, ganz Ägypten zu kontrollieren. Von Scheschonq I. (945 – 924) bis Scheschonq V. (774 – 736) regierten libysche Stammeshäuptlinge von Bubastis im Delta aus als 22. Dynastie. Während dieser Zeit wurde Ägypten zum Bindeglied der Mittelmeerländer von Libyen über das Nildelta, wo der Machtschwerpunkt des Landes lag, bis nach Palästina. Das Königshaus spaltete sich in zwei Linien, von denen die 23. Dynastie (870 – 730) vor allem die Gegend um Theben kontrollierte. Das kurze Intermezzo der 24. Dynastie (740 – 712) wurde von der Herrschaft der Äthiopenkönige beendet, die von Napata aus zunächst Oberägypten unterwarfen und schließlich auch im Delta anerkannt wurden. Die Regierung dieser 25. Dynastie (712 – 664) erlebte mit der assyrischen Besatzung (671 – 664) die erste Fremdherrschaft seit einem Jahrtausend. Die in Saïs residierenden Herrscher der 26. Dynastie, vor allem Psammetichus I. (664 – 610), kontrollierten nochmals ganz Ägypten. Kämpfe zwischen griechischen und libyschen Söldnern schwächten allerdings das Staatswesen zunehmend. Mit Psammetichus III. (526 – 525) endete die Dynastie, die versucht hatte, die Selbständigkeit zu behaupten. Anschließend wurde das Land eine Provinz des persischen Reiches; dessen Könige bildeten die 27. Dynastie (525 – 401). Dem Lybier Amyrtaios (404 – 399), den Manetho als einzigen König der 28. Dynastie zählt, gelang es, die persische Herrschaft abzuschütteln. Die meisten Könige der 29. Dynastie (399 – 380) verdankten ihre Herrschaft Bündnissen mit Athen oder Sparta. Hakoris (393 – 380) ließ für die griechischen Söldner die ersten ägyptischen Münzen prägen. Den Sohn des Hakoris konnte der Usurpator Nektanebos I. (380 – 362) aus der Thronfolge drängen; mit ihm begann die 30. und letzte einheimische Dynastie. Nektanebos II. (360 – 342) unterlag den Persern, die das Land

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1 Einleitung

erneut eroberten, floh nach Nubien und verschwand aus der Geschichte.

1.4

Die Maat

Ein letzter einleitender Abschnitt betrifft ein Phänomen, das zentral für das Verständnis ägyptischen Lebens, ägyptischer Religiosität und für die Rolle des Pharaos ist: die Maat. Mit ihr fassen wir eine schwierige und komplexe Vorstellung. Sie ist mit der Genauigkeit und der Wahrheit verbunden und hat als Gegensatz die Lüge und die Unordnung.35 Als Personifikation der Vorstellungen von Gerechtigkeit und kosmischer Ordnung repräsentiert sie das Gleichgewicht, dank dessen die Welt nicht untergeht: »Die Maat hält diese kleine Welt zusammen und macht sie zum Bestandteil der Weltordnung. Sie ist die Ablieferung der Ernte; sie ist die Rechtschaffenheit des Menschen in Gedanken, Wort und Tat; sie ist die treue Führung der Verwaltung; sie ist Gebet und Opfer des Königs an den Gott; sie durchdringt Wirtschaft, Verwaltung, Gottesdienst, Recht.«36

In der Maat erscheint uns eine metaphysische Realität: auf der einen Seite die Abstraktion der Gedanken, auf der anderen Seite die Bilder, welche die gleiche Idee wiedergeben. Die Maat wird im Allgemeinen als Tochter des Re betrachtet, dann allerdings auch als seine Mutter und dies gelegentlich in ein und demselben Kontext. Dahinter steht das Bemühen des jeweiligen Autors, wechselseitig die Bindung des Gottes an jene moralischen Grundlagen herauszustellen, welche die Existenz der Welt und des menschlichen Lebens garantieren. Die Maat stellt somit die Idee einer alles – die Welt der Menschen, der Dinge, der Natur und der kosmischen Erscheinungen – umgreifenden sinnhaften Ordnung dar. Götter wie Menschen leben von der Maat. Dies führt zur Vorstellung, dass man die Maat zum Leben benötige wie eine Speise, das tägliche Brot. So schreibt Hatschepsut (1479 – 1457): »Ich vergrößerte die

1.4 Die Maat

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Maat, die er (Re) liebt, denn ich weiß, dass er von ihr lebt. Sie ist aber auch mein Brot, und ich schlucke ihren Geschmack.«37 Die Maat wird als »Gefährtin des Re« als Frau personifiziert, die eine Feder auf dem Kopf trägt. Immer wieder sieht man ihre kleine hockende Figur, die sie auch als Hieroglyphe repräsentiert, auf der Hand eines Königs, der sie einem Gott überreicht. So wird sie denn auch ins Bild gesetzt wie in dem dargestellten Fall (Abb. 2) durch den Pharao Sethos I. (1290 – 1279). Hierbei richtet der Pharao seine Worte an den Sonnengott Re: »Re, Herr der Maat! Re, der von der Maat lebt! Re, der über die Maat jubelt! Re, der die Maat liebt! Re, der sich mit der Maat vereinigt! Ich bin zu dir gekommen. Ich bringe dir die Maat. Du lebst von ihr. Du jubelst über sie. Du nährst dich von ihr. Du bist stark durch sie. Du dauerst durch sie. Du bist heil durch sie. Du schmückst dich mit ihr. Du gehst auf mit ihr. Du leuchtest mit ihr. Du gehst unter mit ihr. Sie vereinigt sich mit deiner Stirn, sie vereinigt sich mit dir. Sie wirft deine Feinde zu Boden. Froh ist dein Herz, wenn du sie siehst! Deine Mitgötter jubeln, wenn sie Maat in deinem Gefolge sehen.«38 Da der Pharao die höchste Macht darstellt, welche die ganze Welt umspannt, nennt sich Snofru (2589 – 2554) »Herr der

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Abb. 2: Sethos I. bringt Maat dar

1 Einleitung

1.4 Die Maat

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Maat«. Als Tochter des Re ist die Maat die Schwester des Königs, der ja ein Sohn des Re ist. Der Pharao ist nicht nur Herr, sondern immer auch Interpret der Maat. Er gibt die Forderung, nach der Maat zu handeln, an seine Beamten weiter: »Das Ansehen eines Beamten beruht in seinem die Maat tun«, heißt es in der Rede eines Königs an seinen Wesir.39 Und damit dies nicht nur eine leere Formel bleibt, sollen die Beamten so ausgestattet werden, dass sie Gerechtigkeit gegen jedermann, wie man ihre Aufgabe formulieren könnte, üben können (S. 138). Die Realisierung der Maat unter den Menschen war vor allen Dingen Aufgabe des Pharaos. Er besaß das Wissen um die Maat, um den Willen der Götter. Nur den Königen waren die Fähigkeiten eigen, deren es bedurfte, die Ordnung zu gewährleisten und das Gegenteil von Ordnung, das Chaos, zu bannen. Äußeres Zeichen dieser Macht waren die Herrschaftsinsignien. Der Pharao hatte die Pflicht, über die Werte der Maat zu wachen, indem er Wahrheit und Lüge voneinander trennte. Dabei fällt auf, dass die Ägypter nicht darangingen, den Ursprung des Bösen zu untersuchen; sie klärten nicht, wie das Böse in die Schöpfung Einzug gehalten hat. Die Maat ist keine abstrakte, unveränderliche Norm, sondern eine immer wieder bedrohte Energie, die es zu erhalten gilt. Ihr sollte das Bemühen des Königs um »gute Gesetze« zugute kommen. Damit sind auch die Grenzen der königlichen Allmacht angedeutet, denn der König hatte dafür zu sorgen, dass die Welt mit dem Schöpfungsplan übereinstimmte. Maat ist ein allgemeiner Wert und nicht etwa ein explizit religiöser. Deshalb sind so viele unterschiedliche Interpretationen möglich, die sich je nach der Regierung, nach den politischen Notwendigkeiten oder nach der Persönlichkeit des Königs recht stark voneinander abheben. Die Grundlage für die Realisierung der Maat ist immer die menschliche Erfahrung, wie sie sich auch in den Weisheitslehren niedergeschlagen hat, und nicht etwa ein göttlicher Befehl. Die Maat, die Amenemhet I. (1976 – 1947) am Anfang des Mittleren Reiches »liebt«, unterscheidet sich von der Maat seiner schwachen

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1 Einleitung

Vorgänger ebenso sehr wie von der Maat Amenophis’ IV./ Echnatons (1351 – 1334), der sie in der Natur findet. Maat kann man mit »Gerechtigkeit« übertragen, mit Maat verbinden die Ägypter die Vorstellung von dem, »was recht ist«.40

2

Der Pharao – Das Amt

2.1

Allgemeine Überlegungen

Anders als unter einem König stehend mochte sich der Ägypter das Leben nicht vorstellen. So war es auch am Anfang gewesen, als Götter und Menschen zusammen auf der Erde unter der Herrschaft einer Götterdynastie, die den historischen Königen vorangegangen sein soll, wohnten. Damals stand an der Spitze dieser Gemeinschaft der Sonnengott Re. Auf diese Weise herrschte gewissermaßen ein Idealzustand, da sich die Menschen unaufhörlich an der Sonne erfreuen konnten, gab es doch noch keinen Wechsel zwischen Tag und Nacht und auch keinen Tod und keine Unterwelt. Dies war das ›Goldene Zeitalter‹ der Ägypter – oder um mit dem griechischen Dichter Hesiod zu sprechen –, die selige Urzeit, in der die Maat zu den Menschen kam und ihr Leben bestimmte. Das Buch von der Himmelskuh schildert, wie dieser ideale Anfangszustand eines Tages zu Ende ging. Die Erzählung trägt zum Verständnis der Schöpfung ebenso bei wie zum Verständnis des irdischen Königtums: Alles Leben ist dem Prozess der Alterung unterworfen, auch die Götter besitzen, anders als die der Griechen, kein ewiges Leben, nachdem sie einmal da sind; daher altert auch die Sonne. Alterung aber bedeutet – dies kann jeder am eigenen Leibe spüren – Schwächung, und die Schwäche des Sonnengottes ermutigte die Menschen, sich gegen ihn aufzulehnen. Ihre Anschläge gegen Re blieben zwar wirkungslos, zogen aber dessen Rache nach sich. Er entsandte seine Tochter, die Göttin Hathor, um das undankbare Geschlecht für seinen Frevel zu vernichten. Hathor wurde bei diesem Rachezug von der blutrünstigen Göttin

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2 Der Pharao – Das Amt

Sachmet unterstützt: Die Menschen flohen aus Angst in die Wüste, wo sie Sachmet zerfleischte. Nach einiger Zeit bereute Re seine Entscheidung, aber es gelang ihm letztlich nur durch eine List, die Göttin von der völligen Ausrottung der Menschheit abzuhalten. Um die Menschen zu retten, gossen die Götter Bier von roten Granatäpfeln aus, das Sachmet als Menschenblut schlürfte, bis sie davon trunken wurde und die Menschen nicht mehr erkannte. Anschließend nahm die Himmelskuh den tief gekränkten Re auf ihren Rücken und entführte ihn in den Himmel, damit er die Welt und ihre undankbaren Bewohner hinter sich lassen konnte. So entgingen die Menschen zwar der völligen Vernichtung, aber es war eine schlimme Strafe, dass der Gott sich von der Erde zurückzog: Zum ersten Mal wurde es finster, was zur Folge hatte, dass die Menschen nichts mehr sahen und sich in ihrer Blindheit gegenseitig erschlugen. Mit der Unterscheidung von Tag und Nacht entstanden der Tod und die Unterwelt, über die Osiris die Herrschaft übernehmen sollte. Krieg und Gewalttat bestimmten fortan das Leben der Menschen, welche das anfängliche ›Paradies‹ durch eigene Schuld eingebüßt hatten. Doch es gibt eine Chance für das Individuum: Weil es diesen Anfang einmal gegeben hat, gibt es auch einen Weg dorthin zurück – allerdings erst nach dem Tod. Die Schöpfung trägt also den Keim des Verfalls in sich – das ist ihre ständige Bedrohung. Wenn sie sich verändern kann, besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass sie sich regeneriert und verjüngt. Das wiederum ist Hoffnung und Aufgabe zugleich. Die Schöpfung ist kein einmaliger Akt, nach dessen Abschluss man sich zur Ruhe setzen kann; stattdessen haben die Menschen – an ihrer Spitze der Pharao – die ständige Verpflichtung, an der »Vermehrung der Schöpfung« mitzuarbeiten, und es ist eine Aufgabe, bei welcher der König jeder möglichen Hilfe bedarf bis hin zur Magie, wenn seine Insignien und Amulette der Schöpfung Dauer und Wirksamkeit verleihen sollen (S. 67). Im Königtum manifestiert sich ägyptische Geschichte. Jeder Pharao vollzieht in seiner Herrschaft den Ablauf des Weltgeschehens nach: die Thronbesteigung als

2.1 Allgemeine Überlegungen

33

Schöpfung, die Herrschaftsausübung als funktionierender Kosmos und der Tod als Wiederkehr des Urchaos.1 Mit dem Tod des Königs kommt die Welt gleichsam zum Stillstand, um mit der Thronbesteigung des Nachfolgers eine neue Schöpfung zu erfahren. Das Amt des Pharaos war für Ägypten in zweierlei Hinsicht zentral. Erstens war es für den Erhalt des Kosmos unverzichtbar. Der Schöpfergott hatte den Kosmos aus dem Nichts geschaffen, und da dieser stets vom Chaos bedroht war, bedurfte es des Königs, um ihn zu erhalten, um die notwendigen kultischen Handlungen durchzuführen. Dies waren vor allem die – im weitesten Sinne – Opfergaben, welche die Götter für ihr eigenes Überleben brauchten, damit sie ihre Wohltaten stetig über das Land ausgießen konnten. Zweitens war der Pharao noch in anderer Weise für die Existenz des Landes notwendig. Er war die politisch entscheidende Instanz und vor allem oberster Kriegsherr. Mochte auch der einzelne Herrscher schwach sein, mochten auch in den sogenannten Zwischenzeiten Könige wechseln wie die Tage, die Pharaonen blieben und die Institution des Königtums hatte Bestand und machtvolle Herrscher näherten die Praxis wieder der nie aufgegebenen Theorie an. Diese Bedeutung des Pharaos zieht sich durch die Jahrtausende seit den frühesten Anfängen: »From before ›history‹ began, Egyptian society centered on kingship.«2 Es ist die Aufgabe des Königs, die Ordnung zu garantieren und das Vorgefundene zu vermehren: »Ich will vermehren, was mir überwiesen worden ist«, so lautet es auf eine knappe Formel gebracht bei Neferhotep I. (1741 – 1730).3 Geradezu zur politischen Maxime wurde die Vermehrung des Bestehenden, als mit Thutmosis I. (1504 – 1492) außenpolitisch eine neue Epoche begann. Nun taucht in den Texten immer wieder das Verlangen auf, »die Grenzen auszudehnen«; diese Redewendung, die vorher nur wenige Male während der zwölften Dynastie zu finden war, wurde in der Folgezeit ständig verwendet.4 Sie zeugt von einer gewandelten geistigen Haltung dieser Zeit, welche die bisherigen Leistungen zu über-

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2 Der Pharao – Das Amt

treffen suchte und erstmals eine Art von Fortschrittsglauben entwickelte. Das immer wieder erwähnte Bemühen der einzelnen Könige um ›Vermehrung‹ des Bestehenden betrifft in der 18. und 19. Dynastie beispielsweise den Grundriss und die Dekoration der Gräber. Jedes Königsgrab wurde neu und großzügiger entworfen, die Dauer der Herrschaft spielte keine Rolle, begann man doch unmittelbar beim Regierungsantritt eines Herrschers mit der gegenüber dem Vorgänger ausgedehnteren Planung (S. 90). Jahrhunderte lang fügte jede Regierung zum bisherigen Grundriss des Königsgrabes irgendein Element hinzu – Korridore, Seitenkammern oder Pfeiler – und bereicherte entsprechend die Dekoration um neue Motive. Stufenweise erhöhten sich die verwendeten Ellenmaße, so dass nicht nur die Grabkammer größer, die Korridore breiter und höher, sondern auch die Sarkophage immer gewaltiger wurden. Dieses Grundprinzip, das Bestehende zu erweitern und Vorgänger zu übertreffen, gilt nicht nur für die Grabanlagen, sondern auch für die Planung der Tempel und im Prinzip für alle Handlungen des Königs. Indem er über alles hinausging, was vor ihm geleistet worden war, wiederholte er die Taten des Schöpfers. Jeder Regierungsantritt eines Königs lässt einen neuen Zyklus der Weltordnung beginnen. Sinnbild dieser Aufgabe, stets zum Bestehenden etwas hinzuzufügen, ist die gewaltige Tempelanlage von Karnak. Tutanchamun (1333 – 1323) »verdoppelt, verdreifacht und vervierfacht« alle Opfergaben für die Tempel.5 In vergleichbaren Topoi betonen die Pharaonen etwas Verfallenes vorgefunden zu haben. So heißt es in einer Stele Amenophis’ III. (1388 – 1350) aus dem Steinbruch von Tura: »Erneutes Öffnen des Steinbruchs, um Kalkstein für den Bau seines Millionenjahrhauses (S. 97) zu brechen, nachdem Seine Majestät den Steinbruch, der in Tura liegt, nahe an der völligen Zerstörung vorfand, seit der Zeit der Vorfahren.«6 Kein römischer Kaiser sollte später auf ähnliche Inschriften verzichten. Das Grundmuster für das Verständnis des Königtums liegt seit dem Alten Reich fest. Der Pharao als Gott vergegenwärtigt

2.1 Allgemeine Überlegungen

35

die Götter auf Erden. Damit vereinigt er alle politischen und gesellschaftlichen Funktionen auf sich, um mit seiner Vollmacht den Bestand der Menschen wie der Natur zu sichern. Diese Vorstellung wird in unterschiedlichen Epochen zwar unterschiedlich akzentuiert und erweitert, aber nie grundlegend verändert. Weil der König Staat und Gesellschaft gleichermaßen bestimmt und repräsentiert, beherrscht er in gleichem Maß die uns vorliegenden Quellen. Neben diesem so verstandenen König, der Hauptfigur allen Geschehens und Gestaltens, sind alle übrigen Menschen, Ägypter wie Ausländer, nur Statisten.7 In diesem Sinne ist Staat »die Organisation des Dienstes am König als dem Träger der höchsten, die Welt in Bewegung haltenden Mächtigkeit.«8 Die frühesten Autobiographien, die wir kennen, betonen dadurch, dass der Herrscher in jedem Satz erwähnt wird, die Abhängigkeit des Menschen vom Pharao. Königliche Briefe stehen daher in solchen Biographien stets im Mittelpunkt. Die alles bestimmende Rolle des Herrschers lässt sich ferner an den Eigennamen ablesen, die dem König die Verantwortung für die Schaffung des Individuums zuschreiben. So entstehen Namen wie »Der Ka gehört dem König« oder »Der Ka ist der König«, die deutlich machen, dass allein der König die Geburt des Kindes möglich gemacht hat.9 Die große Bedeutung, die der Pharao auch im Neuen Reich für die Beamten hat, zeigt sich in einer Darstellung, wie sie sich in vielen privaten Gräbern, zumeist in herausgehobener Position, findet: Der Herrscher sitzt auf seinem Thron unter einem Baldachin bei einer offiziellen Handlung. Auswärtige Gesandte erscheinen mit Tributen vor ihm, wobei der verstorbene Beamte gezeigt wird, wie er die Fremden vor den Pharao geleitet. Es geht darum, die Bedeutung des Beamten dadurch herauszustellen, dass er für den Pharao tätig war.10 In den Privatgräbern der 18. Dynastie lassen sich die Beamten abbilden, wie sie dem Pharao Blumen, Opfergaben und Geschenke darbringen. All diese Darstellungen sollen den Herrscher gnädig stimmen, damit er dem Beamten im Jenseits seine Unterstützung gewährt.

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2 Der Pharao – Das Amt

Der König war Inhaber der gesamten Macht: Als alleiniger Priester vertritt er die menschliche Gesellschaft gegenüber den Göttern. Er war oberster Kriegsherr und politischer Führer, Richter und höchste gesellschaftliche Instanz. Grundlage allen königlichen Handelns und Grundkonzept des ägyptischen Weltbildes ist dabei die Maat (S. 26). Alle Handlungen des Pharaos dienen nur dem einen Ziel: das Land gedeihen zu lassen wie in der Urzeit, »wie in der Zeit, als Re König war«.11 Um dies gewährleisten zu können, muss der König wie Re, muss er Re sein (S. 96). Ausgehend von der überragenden Rolle des Pharaos für alles wurde der Königsbegriff schließlich auf bestimmte bedeutende Göttergestalten übertragen. Am häufigsten ist der Titel »Götterkönig« für Amun verwendet. Er ist »Herr der Throne der Beiden Länder, König der Götter, Herr des Himmels, Herrscher von Heliopolis«.12 Der Pharao ist das Vorbild für alle, für seine Beamten, für seine Soldaten und schließlich für jeden seiner Untertanen. Er ist Vorbild im Umgang mit den Göttern, in seinem Respekt vor der Maat, als Bewahrer des Friedens, Erneuerer des Wachstums, Garant einer überreichen Ernte. Der Pharao steht für alles Lebenswerte schlechthin. Folgerichtig fehlen in den auf uns gekommenen Darstellungen Begebenheiten, die der beschriebenen Ordnung widersprechen. Königsmord, Niederlagen oder Seuchen werden nicht aufgeführt. Denn die schriftliche oder bildliche Fixierung hätte einer solchen Tat Ewigkeitscharakter verliehen. Was geschrieben und dargestellt ist, hat Gültigkeit für immer. Sämtliche Aktivitäten des Herrschers demonstrierten letzten Endes seine Überlegenheit – vor allem gegenüber seinen Gegnern, den Feinden Ägyptens und damit der Unordnung. Der Herrscher muss die Stabilität und den Frieden für Ägypten erhalten, ein Frieden, der im Inneren wie von außen bedroht wird. Im Inneren sind dies wirtschaftliche und soziale Unruhen, Revolten und Hungersnöte; sie haben manche Phasen der ägyptischen Geschichte bestimmt. Die Bedrohung von außen liegt in der Invasion von Fremdvölkern. Daher ist das Bild des

2.1 Allgemeine Überlegungen

37

Pharaos im Krieg und im heroischen Kampf Symbol für seine Rolle als Verteidiger und Retter des Landes. Daraus resultieren die zahllosen Schlachtenbilder, die den König siegreich gegen die Feinde Ägyptens zeigen. Kein Gegner kann ihm widerstehen. Wenn er allein mitten im Kampfgetümmel steht, metzelt er Tausende von Feinden nieder; niemand kann ihm entkommen. Der Pharao siegt immer, daher gibt es keinen Wettkampf, an dem er teilnehmen könnte. Er ist immer der Überlegene, der Einzigartige.13 Es spielt dabei auch keine Rolle, ob hinter den Siegen tatsächliche herausragende Erfolge stehen. Es geht darum, in Wort und Bild den Pharao als tatkräftigen Verteidiger und Beschützer seines Volkes zu zeigen, indem er in den auswärtigen Feinden die Kräfte des Bösen bekämpft und besiegt. Da der Ablauf der Zeit als ständige Wiederholung erlebt wird, gilt dies auch für das geschichtliche Handeln des Königs. So kann Ramses III. (1182 – 1151) die Schlacht von Qadesch, die Ramses II. (1279 – 1213) so beeindruckend herausstellte, für seine eigene Geschichte gleichsam wiederholen. Bilderserien, die unterworfene Völker zeigen, Serien von Gefangenen oder Massaker an den Feinden Ägyptens, welche die Pylonen der großen Heiligtümer schmücken – seien die dargestellten Szenen fiktiv oder real –, proklamieren immer und immer wieder ein und dasselbe Thema, ein und dieselbe Idee: Der triumphierende Pharao beherrscht die negativen Kräfte und bewahrt dadurch die Ordnung, die Maat. Der König als Sohn und sein göttlicher Vater halten die Welt im Gleichgewicht; der eine im Himmel, der andere auf Erden. In einer fiktiven Rede verspricht der Gott Ptah-Tatenen dem Pharao Ramses II.: »Ich lasse die Berge dir große, gewaltige und erhabene Denkmäler hervorbringen. Ich lasse die Bergländer dir alle edlen Steine schaffen, um zu Denkmälern, die auf deinen Namen lauten, behauen zu werden. Ich lasse alle Arbeiten dir zu Nutzen sein und zu Diensten jedes Handwerk, alles, was auf zwei Beinen und auf vier Beinen geht, alles was fliegt und flattert.«14

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2 Der Pharao – Das Amt

Der Pharao, und dies ist in der Tat wörtlich zu nehmen, verfügt über die Erde, über das, was auf und unter der Erde ist, sowie über alles, was sich zwischen Himmel und Erde befindet. Etwas moderner formuliert bedeutet dies: Der König ist Eigentümer von Grund und Boden sowie aller Produkte. Ihm unterstehen sämtliche Expeditionen wie aller Handel und die jeweiligen Gewinne, was auch für die gesamte Kriegsbeute gilt. Eine Unzahl von Bezeichnungen beschreiben seine Aufgaben und Leistungen als Herrscher Ägyptens und als »Herrscher aller Fremdländer«, das heißt der gesamten Welt, als »Herrn der Beiden Länder« und »Herrn dessen, was die Sonne umkreist«. Er ist der »Herr der Maat«, »Herr der Gebote«, »der sein Heer schützt«, »Herr der Nahrung«, »Herr der Rituale«, und, um den Bogen zu seiner Rolle als Gott zu schließen, »Lebensspender«, »der die Herzen belebt« und »Schöpfer«. Für seine Untertanen ist der König »Lebensunterhalt«, »Zufluchtsort«, »Schutzwall«, »ein Deich, der den Fluss eindämmt«, »ein kühler Raum, der jedermann bis zum hellen Tag schlafen lässt«, »ein feuchter, kühler Schatten im Sommer«, »ein warmer, trockener Winkel im Winter«. Der Pharao ist in alle Lebensbereiche eingebunden. So kann er beispielsweise als Landepflock für Ägypten bezeichnet werden; Landepflöcke wurden zum Festbinden von Bug und Heck eines Schiffes beim Beladen genutzt. Leben und Tod liegen in seiner Hand: »Er gibt das Atmen, wem er will«. Selbstverständlich war der König jemand, der alles kannte, insofern war er auch ein herausragender Historiker: Thutmosis III. (1479 – 1425) »wusste alles, was geschehen war«.15 Zum idealen Herrscher gehört eine lange Regierungszeit, wie sie beispielsweise Pepi II. (2229 – 2169) und Ramses II. (1279 – 1213) erlebten. Da der Pharao neben seiner göttlichen stets eine menschliche Komponente besaß, galt eine lange Herrschaft als Geschenk der Götter. Kurze Regierungszeiten wurden dementsprechend gelegentlich als Strafe dafür gedeutet, dass göttliche Gesetze missachtet worden seien. Bei den Konflikten, die es immer wieder gab, ging es stets um die Legitimation einzelner Herrscher, jedoch nie um die Legiti-

2.2 Wer wird Pharao?

39

mation von Herrschaft an sich. Die Königsherrschaft bedurfte keiner Legitimation, sondern nur der eine oder der andere Pharao. Zwar sind Veränderungen und Abschwächungen der königlichen Position im Laufe von drei Jahrtausenden nicht zu übersehen, aber die hier aufgeführten Vorstellungen sind grundsätzlich nie in Frage gestellt worden.

2.2

Wer wird Pharao?

Die Befähigung zum Amt des Pharaos konnte durch politische, juristische oder religiöse Legitimation erfolgen. Eine politische Legitimation lag vor, wenn der Herrscher »leiblicher Königssohn« war oder durch Heirat einer »leiblichen Königstochter« ins Amt gekommen war. Durch Adoption oder durch Designation seitens des regierenden Königs war sein Nachfolger juristisch legitimiert. Eine religiöse Legitimation schließlich begründete sich durch göttliche Abstammung, die Gottessohnschaft, oder durch göttliche Erwählung in einem Traum oder einem Orakelspruch. Hinsichtlich dieser drei Formen galt, dass mehrere zusammentreffen konnten und alle drei gleichzeitig dem Herrscher die höchste Legitimation verliehen. Den wirksamsten Anspruch auf den Thron begründete die blutsmäßige Abstammung vom Vater; waren beide Elternteile als Geschwister königlicher Abkunft wie bei Amenophis I. (1525 – 1504), verstärkte dies die Legitimität. Bei einer solchen Nachfolge besaß der älteste Sohn der Hauptgemahlin den Vorzug vor allen anderen Söhnen. In einer Spruchsammlung redet ein König von sich als »einem, der zuerst hervorkam, der Geliebte seines Vaters, der Älteste seiner Mutter. Mein Vater Re gab mir (die Stätten), auf dass ich darüber herrsche. Sagte doch meine Mutter zu mir: Du bist mein ältester Sohn, der aus mir kam, der Leiböffner.«16 Fehlte aber ein männlicher Erbe, kam der Königinmutter eine Schlüsselstellung für die Sukzession zu (S. 220). Eine drohende Unterbrechung der Erbfolge wurde gelegentlich dadurch abgewendet, dass eine Prinzessin einen nicht zur Königsfamilie gehörenden Mann heiratete. Auf

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2 Der Pharao – Das Amt

diese Weise sind Thutmosis I. (1504 – 1492), Semenchkare (1337 – 1333) und Tutanchamun (1333 – 1323) auf den Thron gelangt. Eine Verstärkung der Legitimation konnte dadurch erreicht werden, dass der Sohn bereits zu Lebzeiten des Vaters zum Mitregenten ernannt wurde, wie es vor allem während der 12. Dynastie der Fall war, was die Überschneidungen in den Regierungszeiten ergibt.17 Unklar bleibt, was diese Mitregentschaft konkret bedeutete. Es ist sicherlich klar, dass ältere Könige sich Helfer bei der Regierung suchten; dies ist gut bezeugt. Aber war der Mitregent, wie wir ihn nennen, auch Mitkönig? Wie ließe sich dies mit der Tatsache vereinbaren, dass der Pharao Re oder Sohn des Re war? Hatte Re dann zwei Söhne oder zwei irdische Erscheinungsweisen? Davon hören wir nichts. Es gab also Mitregenten, aber keine Mitkönige, sondern immer nur einen lebenden Horus auf Erden.18 Auf jeden Fall erleichterte eine solche Mitregentschaft die Übernahme des Thrones nach dem Tod des Pharaos. Bei der Designation des Nachfolgers konnte der Pharao auch auf Personen zurückgreifen, die nicht der eigenen Familie entstammten, sich aber durch herausragende Leistungen ihren kinderlosen Vorgängern anboten. So bestimmte Tutanchamun (1333 – 1323) seinen General Haremheb (1319 – 1292) zum Nachfolger, der sich allerdings erst nach einigen Jahren durchsetzen konnte. Reibungsloser verlief dann die Nachfolge des Haremheb, der dazu den General Ramses (I., 1292 – 1290) bestimmt hatte. Die Königin Hatschepsut (1479 – 1457) wählte das Mittel einer fiktiven Designation durch ihren Vater, Thutmosis I., um ihre Herrschaft zu sichern. Bei Hatschepsut finden wir auch die Erzählung von ihrer Zeugung durch den Gott Amun, der dem noch ungeborenen Kind die Herrschaft verheißt (S. 113). Die Erwählung zum Pharao konnte weiterhin durch ein göttliches Orakel erfolgen. Bei einer Festprozession im Tempel von Karnak begegnet Haremheb dem Gott Amun. Das Götterbild gibt den Anwesenden durch ein Zeichen, das als Wunder beschrieben wird, zu erkennen, wen Amun sich als Pharao erwählt hat. Diese

2.2 Wer wird Pharao?

41

göttliche Erwählung kann durch einen Traum bestätigt werden. Auf einem Gedenkstein zwischen den Vorderpranken des großen Sphinx von Gisa schildert Thutmosis IV. (1397 – 1388), dass der Sonnengott ihm im Traum das Königtum verheißen habe, wenn er das gewaltige Löwenbild vom Treibsand befreie:19 »An einem von diesen Tagen geschah es, nachdem der Königssohn Thutmosis daselbst (bei dem Sphinx) angekommen war auf seiner Reise, um die Zeit des Mittags, und nachdem er sich zur Ruhe hingestreckt hatte im Schatten (der Gestalt) dieses großen Gottes, dass ihn der Schlaf ergriff. Da träumte er beim Schlummern, in dem Augenblick, an dem die Sonne im Scheitelpunkt stand, und es kam ihm vor, als ob die Heiligkeit dieses herrlichen Gottes redete mit seinem eigenen Mund wie ein Vater redet zu seinem Sohn, indem er sprach: ›Schau mich an, betrachte mich, mein Sohn Thutmosis. Ich bin dein Vater Harmachis (Sphinx). Gegeben wird dir (dereinst) das Königtum‹.«

Ebenfalls durch einen Traum wird der Äthiopenkönig Tanutamun (664 – 655) veranlasst, nach Ägypten zu ziehen, die Assyrer zu vertreiben und die Nachfolge seines Onkels Taharqa (690 – 664) anzutreten. Der Anspruch auf die Herrschaft, wenn kein erbberechtigter Anwärter mehr lebte, konnte dadurch errungen werden, dass man herausragende Leistungen erbrachte. Eine ausführliche Begründung einer solchen Legitimation liefert die »Prophezeiung des Neferti«. Zunächst wird in einer Rahmenerzählung Nefertis Einführung am Hof Snofrus (2589 – 2554) geschildert, der Neferti bittet, in die Zukunft zu schauen. In diesen Weissagungen findet sich ein langer Abschnitt über chaotische Zustände in der Natur und der Gesellschaft. In betonter Gegenüberstellung von Unheils- und Heilszeit, wie sie später auch die alttestamentlichen Propheten herausarbeiten, verkündet Neferti die Ankunft eines neuen Königs, der das Chaos beseitigen und die Ordnung wiederherstellen wird: Amenemhet I. (1976 – 1947). Die Prophezeiung des Neferti dient dazu, den Begründer der 12. Dynastie, eigentlich ein Usurpator, zu legitimieren.

42

2.3

2 Der Pharao – Das Amt

Die Männer hinter dem Thron

Die allgemeinen Überlegungen zum Amt des Pharaos (S. 31) folgten weitgehend den Vorstellungen, wie sie durch die Königsinschriften, die einer jahrhundertlangen Ideologie folgen, geprägt worden sind. Diesem Bild trat W. Helck in einem Aufsatz über die Männer hinter dem König entgegen: »In den meisten Fällen aber werden die Könige Marionetten in den Händen bestimmter Gruppen gewesen sein.«20 Um seine These zu untermauern, wendet Helck die prosopographische Methode an. Es ist eine sozialgeschichtliche Methode, die für das Studium einer bestimmten sozialen Schicht von jenen Angaben ausgeht, die uns über Einzelne ihrer Angehörigen erhalten geblieben sind. Sie bemüht sich zunächst um die Erstellung eines Datengerüsts, beispielsweise um die Zusammenstellung sämtlicher Angaben für einzelne Angehörige der hohen Reichsbeamten in einem bestimmten Zeitabschnitt: Namen, Herkunft, Ämterlaufbahn, politische Haltung, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Beziehungen der einzelnen Personen zueinander. Ein zweiter Schritt bezieht sich auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge, vor allem auf die Gemeinsamkeiten in den Daten für verschiedene Personen.21 Auf der Suche nach den im Hintergrund handelnden Personen analysiert Helck die Regierungszeit der Hatschepsut (1479 – 1457). Ob es überraschend ist, dass sie, die Tante Thutmosis III., als Regentin des Kleinstkindes eingesetzt wurde und nicht dessen Mutter Isis, bezweifle ich, stammte sie doch als Tochter Thutmosis I. von einem Gott ab. In seiner Biographie stellt ihr Bauleiter des Königsgrabes und Bürgermeister von Theben fest: »Thutmosis (II.) ging zum Himmel und vereinigte sich mit den Göttern. Sein Sohn (Thutmosis III.) steht nun an seiner Stelle als König Beider Länder und herrscht auf dem Thron seines Erzeugers, aber dessen Schwester, die Gottesgemahlin Hatschepsut, verwaltet die Angelegenheiten des Landes.«22

2.3 Die Männer hinter dem Thron

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Bereits 1478, in ihrem zweiten Jahr als Regentin, ließ sich Hatschepsut anläßlich einer Prozession der Amunbarke nach Befragung und entsprechender Bestätigung des Gottes zum »König« ausrufen und feierlich krönen. Fortan übte sie die Herrschaft nicht mehr als Regentin, sondern kraft göttlichen Auftrags als »König« Ägyptens aus. Man kann sicherlich beobachten, dass Hatschepsut bei dem Vorgang eine einflussreiche Hofpartei hinter sich hatte. Aber trieb diese Gruppierung sie zum ›Staatsstreich‹ oder war die Königin die treibende Kraft? Helck bezeichnet auch Hatschepsut als »Marionette«,23 aber weshalb hätte diese Marionette für die Hofbeamten als König gefügiger gewesen sein sollen als eine Regentin? Schauen wir uns einige ihrer hohen Beamten an. Einer der wichtigsten war der Vermögensverwalter des reichsten aller Tempel, Senenmut. Sein Einfluss beruhte weniger auf der Rangstufe innerhalb der Verwaltungshierarchie – er zählte nicht zu den höchsten Beamten seiner Zeit –, als vielmehr auf seiner persönlichen Beziehung zur Königin und mehr noch zu deren Tochter Nofrure. Die meisten Texte auf seinen Statuen sind ganz der topischen Lobesrhetorik verpflichtet. Bei dem folgenden Beispiel sollte man daran denken, dass sich das Wort »König« auf Hatschepsut bezieht: »Ein Opfer, das der König der Beiden Länder an Amun-Re gibt, damit er gebe ein Totenopfer an Brot, Bier, Rind- und Geflügelfleisch, Alabastergefäßen, Leinen, Weihrauch und Salböl, als Belohnung des Königs gegeben (für) den Fürsten, der große Freund und Beliebte, der Vermögensverwalter des Amun-Re, Senenmut . . . Ich war Größter der Großen im ganzen Land, einer, der allein hört, was zu hören ist, im Alleinsein (unter vier Augen) mit dem König . . . Ich war ein wirklicher Vertrauter des Königs, einer, der tätig ist, (so dass) er von seinem Herrn alle Tage gelobt wird . . . Ich war einer, der gerecht richtet, ohne parteiisch zu sein, einer, mit dessen Aussprüchen der Herr der Beiden Länder zufrieden war. Ich war einer, der in Liebe eintrat und in Gunst herauskam, einer, der das Herz des Königs alle Tage erfreute.«24

Was hier als großartige Auszeichnung eines Beamten erscheint, lässt sich bei vielen finden und erweist sich aus heutiger Sicht als

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2 Der Pharao – Das Amt

konventioneller Wortschwulst. Senenmut war außer der Verwaltung des Tempels die Erziehung der Kronprinzessin Nofrure anvertraut. Wahrscheinlich verschaffte ihm gerade dieses Amt seinen Einfluss. Es war beinahe folgerichtig, dass Senenmut gleichsam über Nacht von der politischen Bühne verschwand, als Nofrure verstarb. Erfolgreicher war der Wesir User-Amun. Er ließ in seiner engen Grabkammer die königlichen Texte anbringen und sich unter den Göttern der Sonnenbarke darstellen. Eine derart weitgehende Anmaßung hat kein anderer »König« des Neuen Reiches seinen Beamten gestattet. User-Amun gehörte zu jener Gruppierung von Höflingen, die Hatschepsuts Staatsstreich mittrugen – offenbar verlangten sie dafür ihren Preis. Viele langjährige Vertrauensleute Hatschepsuts verschwanden mit ihrem Tod etwa gleichzeitig aus dem öffentlichen Leben. Vermutlich geht dies auf den Einfluss des inzwischen erwachsenen Thutmosis III. zurück. Von den höchsten Beamten ist nur der Wesir User-Amun weiterhin belegt. War er der Strippenzieher der »Marionette« Thutmosis III.?25 Der inzwischen über 20-jährige Pharao brauchte, wie alle Könige, erfahrene Beamte um sich, aber aus deren Laufbahnen können wir nicht entnehmen, wer wen beeinflusste, wer die ›Politik‹ bestimmte, ob der König wirklich nur Spielball von Männern hinter dem Thron war. Dieser Thutmosis III. (1479 – 1425), der die Regierungszeit seiner Vorgängerin ignorierte, hat seinen Sohn Amenophis II. um 1428 als Mitregenten eingesetzt, als dieser 18 Jahre alt war. So verlief dessen Thronbesteigung reibungslos, als Thutmosis 1425 verstarb. Amenophis II. (1428/25 – 1397) besetzte seit seiner Alleinherrschaft die wichtigsten Ämter des Staates mit Personen, die seine »Milchbrüder«, also Schulkameraden, gewesen waren (S. 54). Muss man für diese Maßnahme nach Männern im Hintergrund suchen, oder kann man nicht vielmehr den erwachsenen König verstehen, der Leute seines Vertrauens um sich haben wollte? In der Regierungszeit Amenophis’ III. (1388 – 1350) macht Helck nach dem zehnten Regierungsjahr einen deutlichen Bruch in der offiziellen Ideologie aus. Während bis dahin in

2.3 Die Männer hinter dem Thron

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den königlichen Gedenkskarabäen ›heroische‹ Inhalte dominierten, präsentierte sich Amenophis fortan als irdische Manifestation des Urgottes: »Ich bin dein Vater«, so spricht der Schöpfergott Amun, »der deine Vollendung geschaffen hat. Ich habe dich noch vor Schu und Tefnut gebildet. Ich nährte dich, als ich aus dem Urgewässer hervorkam.« Damit wird die Erschaffung des Königs noch vor dem ersten Götterpaar und damit vor jeglicher Weltschöpfung angesetzt. Ist das nur ein anderes Bild für die »vorgeburtliche Grundausstattung« des Königs (S. 53) oder der Hinweis darauf, dass eine andere Partei die Macht im Staat übernommen hatte, wie Helck meint?26 Und selbst wenn man den Wechsel in der Ideologie als so gravierend einschätzt, was schließt aus, dass der erwachsene König selbst dahinter stand? Betrachten wir noch die Situation unter Ramses II. (1279 – 1213), der mit Anfang 20 seinem Vater Sethos I. (1290 – 1279) auf den Thron folgte. Sein erster Wesir, Paser,27 etwa zehn Jahre älter als der Pharao, war bereits unter Sethos I. in dieses höchste Staatsamt befördert worden. Pasers Vater war Hohepriester des Amun zu Zeiten Sethos’ gewesen, seine Mutter Vorsteherin des Harims des Amun; die Familie gehörte folglich zu den führenden Thebens. Paser diente unter Ramses weitere 26 Jahre und erhielt 1254 den Posten des Hohenpriesters des Amun, hierin den Fußstapfen seines Vaters folgend. Sicherlich war diese Position weniger anstrengend als diejenige des Wesirs, aber gleichfalls mit hohen Ehren verbunden. 1242 starb der Mann, der Ramses auf höchsten Posten so lange begleitete wie kein anderer. Im selben Jahr, in dem Paser starb, ernannte Ramses einen neuen Vizekönig für Nubien, Setau. Dieser allerdings verdankte seine Laufbahn nicht der Stellung seiner Eltern, sondern dem Umstand, dass er als Kind in die Palastschule aufgenommen worden war. Setau hat mit etwa 25 Jahren die längste bezeugte Amtszeit eines solchen Vizekönigs. Der Hohepriester des Amun Bekenchons,28 Nachfolger des Paser, war etwa gleichaltrig mit Ramses und erreichte auch dessen biblisches Alter. Er wurde in Theben als Sohn eines zweiten Amunspropheten geboren. Mit 20 Jahren trat er als

2 Der Pharao – Das Amt

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Reinigungspriester im Tempel des Amun ein und stieg bis zum höchsten Amt auf. Wie viel Bekenchons eigener Leistung und wie viel der Tatsache verdankte, dass für viele Ämter eine quasiErblichkeit bestand, kann man sicherlich zu keiner Zeit ausmachen. Im Alter von 63 erklomm Bekenchons die Spitze der priesterlichen Pyramide und wurde 1242 Erster Prophet oder Hohepriester des Amun und damit Stellvertreter des Königs im Kultvollzug, ein Amt, das er anschließend 26 Jahre bekleidete, ehe er, etwa neunzigjährig, in den Ruhestand ging. In den 67 Jahren seiner Regierung sah Ramses zahllose Reichsbeamte kommen und gehen. Für die neun Wesire, zehn Vizekönige von Nubien, die zahlreichen Hohepriester der Götter Amun, Ptah oder Re, um nur einige zu nennen, können wir in manchen Fällen die Laufbahnen rekonstruieren und die Familienverhältnisse klären. Doch dies alles hilft nicht weiter, wenn wir nach dem Einfluss solcher Personen fragen. Hat ein Beamter, derdas Amt gleichsam vom Vatererbt, mehr Einfluss als ein neuer Mann? Wir wissen auch nur selten, ob ein Amtsinhaber nicht weiterkam, weil er verstarb, in Ungnade fiel oder möglicherweise auch ohne Verpflichtungen sein Leben beschließen wollte. Die prosopographische Methode hilft nicht, wenn wir nach den Männern hinter dem Thron fragen, auch wenn deren Existenz sicher ist. Wir können nur generell feststellen, dass Einflussmöglichkeiten über den persönlichen Kontakt mit dem Herrscher erfolgten. Aber konkrete politische Gruppierungen auszumachen, vermögen wir nicht. Insofern bleiben uns generelle Aussagen über die Männer hinter dem Pharao verwehrt – außer, dass es gelegentlich Frauen waren (S. 220).

2.4

»Aufwiegler«

War das Königtum in Ägypten je umstritten? Ich denke, diese Frage kann man verneinen. Wie aber sah es mit Opposition gegen einzelne Amtsinhaber aus? Man kann sie gewiss unterstellen, wenn man Opposition als einen wesentlichen Bestandteil jedes politischen Prozesses betrachtet.29 In den Quellen tritt

2.4 »Aufwiegler«

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allerdings der innenpolitische Widersacher, der »Aufwiegler« wie er aus der Sicht des Pharaos genannt wird, eher selten in Erscheinung, weil dem pharaonischen System »theoretisch Oppositionslosigkeit inhärent« ist.30 Narrative Texte derartiger Vorgänge fehlen daher weitgehend. Der ausführlichste Bericht liegt über eine Palastrevolte bei der Ermordung Amenemhets I. (1976 – 1947) vor. Der Pharao befand sich im Jahre 1947 nach ägyptischer Vorstellung auf einem Tiefstand seiner Wirksamkeit. Beim unmittelbar bevorstehenden Sedfest, das die Kräfte des Herrschers auffrischen sollte (S. 81), wurde er im Zuge einer Hofverschwörung ermordet. Der Zeitpunkt war auch aus einem anderen Grund geschickt gewählt. Sesostris, Mitregent Amenemhets, befand sich auf einer Strafexpedition gegen die Libyer. Das Attentat gelang zwar, aber das rasche Handeln des Mitregenten durchkreuzte die weiteren Pläne. Dafür haben wir zwei Quellen. Zum einen die »Lehre des Königs Amenemhet«, eine unter seinem Nachfolger verfasste politische Propagandaschrift, die sich noch in späteren Jahrhunderten in den ägyptischen Schulen großer Beliebtheit erfreute. Zu Beginn warnt der Pharao seinen Sohn vor zu großer Vertraulichkeit mit seinen Untertanen. Verhaltensregeln wie die Folgende scheinen erfüllt von jener Bitterkeit enttäuschter Hoffnungen, die von der Situation um das Attentat herum diktiert sind: »Hör auf das, was ich dir sage, damit du König seiest auf Erden . . . Kenne keinen Freund und schaffe dir keine Vertrauten, das hat keinen Bestand. Wenn du schläfst, bewache selbst dein Herz, denn am Tage des Unglücks hat ein Mensch keinen Freund . . . Ich ließ die Niedrigen zu mir wie den, der angesehen war, aber die meine Speise aßen, lehnten sich auf; dem ich beide Hände reichte, wusste dadurch Schrecken zu erregen.«31 Dann erzählt der Pharao, wie es ihm selbst ergangen ist: »Zur Nachtzeit war es, Dunkelheit herrschte. Ich hatte Besitz ergriffen von einer Stunde, die gut für das Herz ist, und mich zur Ruhe gelegt in meinem Schlafzimmer. Ich war müde, und kaum hatte ich begonnen meinen Gedanken zu folgen, so war ich auch

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2 Der Pharao – Das Amt

schon entschlummert. Siehe, da umringten mich Waffen in einer Verschwörung gegen mich, als hätte ich gehandelt wie ein Elender an Ägypten. Ich erwachte von dem Waffengeräusch, das in meiner unmittelbaren Nähe stattfand, da erhielt ich einen Schlag, ein von oben geführter war es, doch nicht von der Sorte der starken. Ich bemächtigte mich des Nichtswürdigen und der Waffen in seiner Hand und schaffte mir durch siegreiches Zurückwerfen Befreiung von dem Übertäter . . . Es war der Harim, der den Kampf angestiftet hatte, ich sollte beseitigt werden von den Empörern inmitten des Palastes, umbringen sollten mich die Schändlichen.«32

Was anschließend geschah, berichtet die zweite Quelle, die abenteuerliche »Geschichte des Sinuhe«, die vor allem durch die 1945 erschienene Adaption des finnischen Schriftstellers Mika Waltari – »Sinuhe, der Ägypter« – bekannt geworden ist.33 Die Erzählung um die fiktive Person des Sinuhe beginnt mit der Ermordung Amenemhets I.; sofort schicken die »Freunde des Palastes« seinem Sohn, der sich auf dem Rückmarsch vom Land der Libyer befindet, Boten mit der schrecklichen Nachricht entgegen; sie erreicht ihn zur Abendzeit, und »er zögerte keinen Augenblick; er, der Falke (Horusfalke = König), flog mit seinen Gefolge davon, ohne es sein Heer wissen zu lassen.« Entscheidend an der Lehre Amenemhets sind die feierlichen Worte, mit denen der König seinen Sohn Sesostris zum Nachfolger designiert. Versuche, eine Art Opposition gegen den Pharao auszumachen, wie sie K. Zibelius-Chen anhand der Beratungen des Kamose (1555 – 1550) mit den Großen seines Hofes feststellen will, sind nicht immer glücklich. Derartige Vorgänge werden häufig nach dem Schema beschrieben, wie es uns auch für diese Situation überliefert ist. Der Pharao ruft die Berater zusammen und erläutert seine Absicht, gegen die Hyksos vorzugehen, die damals das Land bis weit nach Mittelägypten hinein unter Kontrolle hatten. Kamose beschreibt zunächst die missliche Lage, in der sich Ägypten befindet, mit den Hyksos im Norden und die Ausplünderung sowie die Ehrverletzung, die das bedeutet. Dann verkündet er: »Meine Absicht ist es, Ägypten zu retten und die Asiaten (hinaus)zuwerfen«.34

2.4 »Aufwiegler«

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Dem widersprechen die Beamten. Es gebe ja Abmachungen mit den Hyksos, die es zuließen, dass Vieh in den Marschen des Deltas weide, und die auch Getreide lieferten. Kamose tadelt diese Einschätzung und entscheidet sich für den Krieg. Sein Erfolg gibt ihm Recht. Ist das Verhalten der Ratgeber Opposition? Sollte nicht auch im tatsächlichen Umgang des Pharaos mit den ›Großen‹ wirkliche Meinung gefragt gewesen sein? Oder sind die hohen Staatsbeamten mit den Senatoren Roms unter Tiberius zu vergleichen, die sich keine Entscheidung mehr zutrauten, bevor der Kaiser sich geäußert hatte? Oder ist eine solche Geschichte nicht eher ein weiterer Beleg für den Topos des schlecht ratenden Beamten und des alles besser wissenden Gott-Königs? Tatsächliche und breite Opposition dürfte es gegen die generelle Politik Amenophis’ IV./Echnatons (1351 – 1334) gegeben haben, als er im Rahmen der weitgehenden Exklusivität seiner Sonnentheologie zahlreiche Tempel des Landes schließen ließ und deren Götter, allen voran Amun, zurückdrängte. Weil er darüber hinaus viele Personen ohne den entsprechenden sozialen Hintergrund Karriere machen ließ, brachte dies die etablierten Kreise weiter gegen ihn auf. Diese Situation beschreibt Tutanchamun (1333 – 1323) in seinem Restaurationsedikt mit einer topischen Feststellung: »So machte das Land eine Krankheit durch, und die Götter vernachlässigten dieses Land. Wenn man Soldaten nach Syrien schickte, um die Grenzen Ägyptens zu erweitern, so geschah kein irgendwie gearteter Erfolg durch sie. Wenn man einen Gott anflehte, um sich von ihm etwas zu erbitten, kam er nicht her; und wenn man ebenso eine Göttin anging, so kam sie nicht her. Ihre Herzen waren schwach in ihnen, und sie hörten auf zu schaffen.«35

Vor diesem oppositionellen Hintergrund gegen die Politik der Amarna-Zeit ist wohl auch das Angebot der verwitweten Königin Anchesenamun, einer Tochter Amenophis’ IV./Echnatons, zu sehen. Ihr Vorhaben war spektakulär wie kaum ein anderes: Sie bot dem Hethiterkönig Suppiluliuma an, einen seiner Söhne zu heiraten und damit zum Herrscher Ägyptens

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2 Der Pharao – Das Amt

zu erheben. Verständlicherweise zog der Hethiter zunächst Erkundigungen ein, um mögliche Hintergedanken des bislang gefährlichsten Gegners auszuschließen. Es scheint, dass beide Seiten dann aber den Plan für realisierbar hielten; denn der hethitische Prinz Zannanza war bereits auf dem Weg nach Ägypten, als er ermordet wurde. Damit war dort der Weg frei für Eje (1323 – 1319), den man sicherlich als Urheber des Mordes ausmachen kann. Vergleichbar ist im Übrigen der Fall der Hatschepsut (1479 – 1457), die ähnlich wie später Amenophis IV./Echnaton traditionelle Regeln im Übermaß gebrochen hatte. Im Grab eines ihrer höheren Priester, der auch unter Thutmosis III. (1479 – 1425) im Amt blieb, finden sich Darstellungen eines sexuellen Verkehrs der nackten Hatschepsut mit ihrem Haushofmeister Senenmut (S. 43), in denen die negative Einschätzung ihrer Person, allerdings erst nach ihrem Tod, deutlich wird.36 In einer Harimsverschwörung unter Ramses III. (1182 – 1151) setzten die oppositionellen Kräfte magische Praktiken ein, auch in Verbindung mit medizinischen Präparaten, um ihre Ziele durchzusetzen.37 Die benötigten Utensilien sollten in den Palast eingeschmuggelt werden, um dort Schrecken zu verbreiten und die Menschen bewegungsunfähig zu machen. Die Verschwörung wird entdeckt und in dem anschließenden Prozess dem ehemaligen Haushofmeister des Pharaos vorgeworfen, zum Aufruhr angestiftet zu haben. Er soll die Gegner des Königs aufgefordert haben: »Sammelt Leute und schürt Feindschaft, um eine Rebellion gegen ihren Herrn zu machen!«38 (S. 219) In einem solchen Zusammenhang beschreibt die Lehre des Amenemhet (S. 47) den Hass der Straße. In der Lehre für seinen Sohn Merikare (um 2050), einer Art ›Fürstenspiegel‹, warnt der alte König diesen generell vor »Aufwieglern«, die aus ihren Anhängern Partisanen machen. Sie sollen aus der Stadt geschafft werden, weil sie Rebellen sind und weil sie mit ihren Reden die Stadt in Verwirrung bringen. »Es ist nicht tadelnswert einen Rebellen fernzuhalten vom kleinen Mann, der zur Rebellion aufgestachelt werden soll. Denn der kleine Mann ist verwirrt.«39 Anschließend werden

2.4 »Aufwiegler«

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auch Ratschläge gegeben wie mit derartigen »Aufwieglern« umzugehen ist: »Töte seine Kinder, tilge seinen Namen, vernichte seine Familie und tilge seine Erinnerung aus und die Anhänger, die ihn lieben«.40 Aus den Annalen Osorkons I. (924 – 890) wissen wir, dass verurteilte Rebellen wie Opfertiere verbrannt wurden. Das Verbrennen vernichtete zu der diesseitigen auch die jenseitige Existenz des Menschen total und für immer. Das Auslöschen des Namens traf nicht nur Aufwiegler, sondern, was die Pharaonen betrifft, auch Amtsvorgänger, die in Misskredit geraten waren. Nach der Regierungszeit des Dewen (2289 – 2842) ist erstmals die Tilgung von Königsnamen bezeugt; das Phänomen spiegelt Auseinandersetzungen im Königshaus wider, die einen Dynastiewechsel ankündigen. Im Ramesseum, dem Königstempel Ramses’ II. (1279 – 1213), befindet sich die Darstellung einer Prozession der Könige der Vergangenheit. Die Pharaonen sind in Form ihrer Statuen anwesend, die von Priestern in einem feierlichen Zug auf den Schultern getragen werden; jedem Herrscher ist sein Name beigeschrieben. Die Prozession findet sich innerhalb der Beschreibung eines Festes, das zu Ehren des Erntegottes Min gefeiert wurde und mit der Königskrönung in Zusammenhang steht (S. 130); an ihm nehmen die Vorgänger des regierenden Pharaos als Repräsentanten der glorreichen Vergangenheit teil. Die Aufzählung erwähnt die Könige des Neuen Reiches von Ramses zurück bis Ahmose (1550 – 1525), der den späteren Menschen wegen der Vertreibung der Hyksos als Begründer einer neuen Epoche galt. Es handelt sich um insgesamt zwölf Könige; Hatschepsut (1479 – 1457) ist dabei ausgelassen; die Tilgung ihres Angedenkens scheint nach der Alleinherrschaft Thutmosis’ III. 1425 erfolgt zu sein. In Ramses’ ›Ahnengalerie‹ königlicher Vorgänger fehlen ferner die Herrscher der Amarna-Zeit, Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334), Semenchkare (1337 – 1333), Tutanchamun (1333 – 1323) und Eje (1323 – 1319). Ihre Regierungszeit ›übernimmt‹ Haremheb (1351/1319 – 1292). Der Grund dafür, dass die Auslöschung der Erinnerung auch Tutanch-

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2 Der Pharao – Das Amt

amun und Eje traf, obgleich beide wieder zu Anschauungen der Zeit vor Amenophis IV./Echnaton zurückgekehrt waren, dürfte darin liegen, dass Haremheb in Auseinandersetzungen mit Eje auf den Thron kam und er daher dessen Erinnerung tilgen ließ. Da Haremheb auch für den (stets) minderjährigen Tutanchamun die Regierung geführt hatte, verfiel auch jener dem Verdikt. Gelegentlich, etwa in Prozessen, war es aber doch nötig, die Zeit Amenophis’ IV./Echnatons zur Sprache zu bringen. In einer Inschrift aus der Regierungszeit Ramses’ II. geht es um Eigentumsverhältnisse an einem Stück Land über einen Zeitraum von 300 Jahren zurück. Hier erscheint Amenophis IV./ Echnaton zur Fixierung eines Datums als »Feind von Achetaton« (Hauptstadt seines Reiches, Amarna)«.41 Der Kaiser Konstantin der Große (306 – 337 n. Chr.) stand vor einem ähnlichen Problem, als er 312 einen Konkurrenten besiegt hatte und diesen Erfolg auf seinem Triumphbogen propagierte: Er habe einen Tyrannen besiegt; so umschrieb er den offiziell namenlosen ehemaligen Kollegen. K. Jansen-Winkeln urteilt, dass Gewalt bei Thronwechseln eher die Regel als die Ausnahme war.42 Denkt man an die 8. bis 10. und die 13. bis 17. Dynastie sowie die zahlreichen Dynastiewechsel, dann dürfte diese Einschätzung zutreffen. Es gab Kritik an einzelnen Herrschern, es gab literarische – wie reale – Angriffe auf den König, die einzelne Pharaonen zu Fall brachten,43 aber die Monarchie hat dies alles überlebt.

3

Der Pharao – Sein Leben

3.1

Ausbildung

Der Pharao ist mit seiner Zeugung dazu ausersehen, an der Seite des Sonnengottes die Geschicke der Welt in Gang zu halten. Seit dem ausgehenden 3. Jahrtausend kennt Ägypten die frühkindliche Erwählung des Königs durch die Gottheit; sie gehört zu seiner »vorgeburtlichen Grundausstattung«.1 Der ägyptische König ist nicht erst seit seinem Regierungsantritt mit göttlicher Autorität versehen, sondern schon immer. Da diese Geburt an anderer Stelle behandelt wird (S. 113), werde ich hier das Leben des zukünftigen Herrschers mit seiner Ausbildung beginnen lassen. Solange sie noch klein sind, werden die Kinder des Königs von Ammen gestillt und aufgezogen. Bei solchen Ammen handelt es sich meist um die Ehefrauen höherer Beamter, deren eigene Kinder dann als »Milchgeschwister« des späteren Königs bezeichnet werden. Dies eröffnete den Beamten wie deren Söhnen gute Aufstiegsmöglichkeiten unter dem späteren Pharao. Bei den älteren Kindern übernahmen dann »männliche Ammen« die weitere Ausbildung; der bekannteste ist wohl jener Senenmut zur Zeit der Königin Hatschepsut (1479 – 1457), der von sich selbst sagt, dass der König »mich ihr (Hatschepsut) als ›Vater der Göttin‹ beigab, weil meine Nützlichkeit für den König so groß war.«2 Die im höheren Alter der Kinder eingesetzten männlichen Erzieher trugen den Titel »Gottesvater«; die Ägypter verwandten vom Alten Reich bis zum Ende des Neuen Reiches das Wort »Vater« auch für »Erzieher«. Ein solcher »Gottesvater« war Sobekhotep, der Erzieher des späteren Amenophis III.

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3 Der Pharao – Sein Leben

(1388 – 1350): »Ich habe ihm (dem Kronprinzen) einen trefflichen Charakter gemacht, und seine Majestät lobte ihn deswegen und beförderte ihn unter den Königskindern wegen seines ausgezeichneten Charakters.«3 Später wartete auf den zukünftigen Herrscher unausweichlich die Schulzeit. Im Königspalast befanden sich die Eliteschulen, deren Unterricht Staatsbeamte leiteten. In aller Regel war ein hoher Beamter wie Wesir, Oberdomänenverwalter oder Schatzmeister mit der Erziehung der Prinzen betraut. Aus seiner Tätigkeit als Erzieher Amenophis’ IV./Echnatons (1351 – 1334) leitete Eje (1323 – 1319) nach dem Tod Tutanchamuns (1333 – 1323) seine Legitimation als dessen Nachfolger ab. Dabei nahm er den Titel, den er als Erzieher getragen hatte, in seine Namenskartusche auf: »Gottesvater«. Es gab ferner spezielle Lehrer, die stolz den Titel eines Prinzenerziehers trugen.

Abb. 3: Der Erzieher Heqareschu

3.1 Ausbildung

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Wir sehen Heqareschu, einen solchen Lehrer, auf einem hohen Lehnstuhl (Abb. 3); er ist im Grab seines Sohnes dargestellt. Vom Vater wird gesagt: »Königlicher Begleiter an allen Orten, der vom Bewohner des Palastes gelobt wird, der Gottesvater, der Gottespfleger, Geliebter des Herrschers, der Erzieher des ältesten leiblichen Königssohns Thutmosis, Heqareschu.« Auf seinem Schoss hält Heqareschu den kleinen Thutmosis, »den ältesten leiblichen Königssohn, den er liebt, dem Amun selbst zum Herrn dessen, was Aton (die Sonnenscheibe) umkreist, großgemacht hat, den Herrn der Beiden Länder Mencheperure.«4 Thutmosis ist mit vollem Ornat ausgestattet, mit Zepter und Lebenszeichen in den Händen. Auf dem Pektoral, das um seinen Hals hängt, steht der Name seines Vaters, Thutmosis’ IV. (1397 – 1388). Auf den zukünftigen Herrscher Ägyptens, der allerdings zu jung verstarb, bezieht sich die Szene auf dem Thron, auf dem sein Erzieher mit ihm sitzt: Der Kronprinz tritt mit seinen Sandalen auf die auf seiner Fußbank abgebildeten neun ordentlich geschichteten Gefangenen.5 Mit auf dem Podest steht vor Heqareschu der Prinz Amenophis (der spätere III.; 1388 – 1350) mit einem Blumenstrauß in der Hand. Die meisten Nachrichten über die Erziehung am Hof verdanken wir den Äußerungen jener Beamten, die der Pharao in ihrer Jugend dadurch ausgezeichnet hatte, dass er sie mit den königlichen Prinzen zusammen ausbilden ließ. Dies geschah im Laufe der Zeit so regelmäßig, dass es schließlich von den Bezirksfürsten als standesgemäß erwartet wurde, und so heißt es in einer Lebensbeschreibung: »Ich war ein Jüngling, der den Schurz anlegte (volljährig wurde), zur Zeit des Teti (2297 – 2287). Ich wurde zu Pepi (I., 2285 – 2235) gebracht gemäß meinem Stand, unter die Kinder der Provinzfürsten.«6 Manche Beamte vermitteln dabei den Eindruck, als habe sie der Pharao, um den sich ja alles in ihrem Leben drehte, persönlich unterrichtet: »Ich war ein Kind, das zu Füßen seines Herrn aufgewachsen ist, ein Schüler des Horus, des Herrn des Palastes.«7 In der erwähnten Schule ging es vor allem darum, den Kronprinzen auf sein zukünftiges Amt als Herrscher vorzube-

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3 Der Pharao – Sein Leben

reiten.8 An diesem Unterricht nahmen dann auch die übrigen Söhne des Königs sowie ausgewählte Kinder höherer Beamter teil. Dies sind die »Königssöhne«. Der Titel wurde auch ›ehrenhalber‹ verliehen; solche Königssöhne ehrenhalber waren es, die im Neuen Reich häufig hohe militärische Posten bekleideten. Um dann einen echten königlichen Prinzen zu identifizieren, wird dessen Name in einen Königsring geschrieben. Gelehrt wurde das Grundwissen der normalen Schulen. In der Lehre für Merikare (um 2050) heißt es: »Töte niemanden, dessen gute Eigenschaften du kennst, da du einst mit ihm in der Schule die Schriften gesungen hast.«9 Die Schüler lernten, indem sie in singendem Ton Texte auswendig aufsagten. Auf diese Weise erwarben sie auch einen gemeinsamen Bildungskanon. Darüber hinaus wurden die wichtigsten Zeremonien und Rituale vermittelt, welche die zukünftigen Beamten oder Repräsentanten des Staates durchzuführen oder zu leiten hatten. Eine Inschrift aus der 5. Dynastie schildert den Werdegang eines solchen Schülers, der nicht aus der Herrscherfamilie stammte: »Ein Kind, das geboren wurde von seiner Mutter zur Zeit des Königs Mykerinos (2489 – 2461). Er wurde aufgezogen unter den Königskindern im Königspalast im inneren Harim und war dem König mehr wert als alle anderen Kinder. Ein Junge, der den Schurz anlegte (volljährig wurde) zur Zeit des Königs Schepseskaf (2461 – 2456). Er wurde aufgezogen unter den Königskindern im Königspalast im inneren Harim und war dem König mehr wert als alle Jünglinge.«10

Später wurde der so ausgebildete Mann Wesir und heiratete eine Königstochter. Es geschah nicht selten, dass die in solchen Schulen ausgebildeten Pharaonen nach der Herrschaftsübernahme ihren ehemaligen ›Klassenkameraden‹ vertrauten und zu ihren höchsten Beamten machten. Wer die gesamte Ausbildung mit ihm durchgestanden hatte, dem vertraute Amenophis II. (1428 – 1397) dann auch, als er König geworden war (S. 44). Aus Memphis stammt ein Denkmal des Erziehers Psammetichus’ II. (595 – 589), Nft-jb-R’nfr. Darin beschreibt er seinen Lebenslauf:

3.1 Ausbildung

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»Ich diente dem König, nachdem mich Seine Majestät stetig gefördert hatte, bis ich ein großes Amt des Königshauses erreicht hatte: Er setze mich ein zum Leiter der Vorhalle, und ich aß und trank täglich in Gesellschaft des Königs (in) den Stätten des Horizontes in ihrer Abgeschiedenheit.«11

Nft-jb-R’nfr hatte während seiner Amtszeit mit den ganz persönlichen Belangen der Königsfamilie zu tun. Um seine Rolle als Krieger nicht nur topisch ausfüllen zu können, dürften die entsprechenden Fertigkeiten zur Ausbildung des Pharaos gehört haben wie das Lenken der Streitwagen. Um auch hier der Beste zu sein, fuhr Thutmosis IV. (1397 – 1388) schnell wie der Wind, ja sogar noch schneller: »Er übte sich, indem er sich in der Wüste von Memphis vergnügte auf ihrer südlichen und nördlichen Seite, indem er auf die Zielscheibe aus Kupfer schoss, Löwen und Wüstenwild jagte und auf seinem Streitwagen ausfuhr, wobei seine Pferde schneller als der Wind waren.«12

Gewiss war der zukünftige Pharao in allen Schulfächern der Beste. In erheblichem Umfang lässt sich dies unter Amenophis II. (1428 – 1397) beobachten, der in Memphis seine militärische Ausbildung erhielt, von der er immer wieder berichtet: Waffenkunde, Umgang mit Pferden und Bogenschießen. »Er spannte 300 Bogen, um das Werk der verschiedenen Bogenmacher zu prüfen, damit er die Arbeit des schlechten Handwerkers von der des Fachmanns unterscheiden lernte«. Dieser Pharao legte besonderes Gewicht darauf, dass man seine persönlichen Großtaten auf diesem Gebiet gebührend herausstellte, und die Verfasser entsprechender Berichte sparten nicht an hochtrabenden Formulierungen. Inschriften, die von überragenden Leistungen seiner Regierung künden, betonen stets seine ›olympische‹ Begabung. Den Höhepunkt solcher Panegyrik erreicht ein Text, der nahe bei dem großen Sphinx von Gisa (Abb. 37, S. 204) gefunden wurde und in dem es über Amenophis heißt: »Er war aber als König erschienen, als er ein ausgewachsener Jüngling war, der seinen Körper schon in der Gewalt hatte und

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Abb. 4: Schießstele Amenophis’ II.

der 18 Jahre auf seinen Schenkeln in Tapferkeit vollendet hatte, wobei er alle Tätigkeiten des (Kriegsgottes) Month kannte, ohne dass es seinesgleichen auf dem Schlachtfeld gab. Und er kannte die Pferde, ohne dass es seinesgleichen im ganzen riesigen Heer gab. Keiner von ihnen konnte seinen Bogen spannen, und man konnte ihn nicht im Wettlauf erreichen. Seine Arme waren stark, ohne dass er ermüdete, sobald er das Ruder ergriff.«13

Später wird beschrieben, wie der König eine kupferne Zielscheibe aufstellte und seine Pfeile mitten hindurch schoss; ein Bogen fand sich auch im Grab des Herrschers.14 Bildlich dargestellt ist dieser Schuss auf einem Relief aus Granit in Karnak (Abb. 4). Es zeigt den Pharao als Bogenschützen, dessen Pfeile eine Kupferscheibe durchbohren, an der er auf seinem Streitwagen im gestreckten Galopp vorbeijagt. Die dem Bild beigefügte Inschrift unterstreicht, dass der König auf Kupfer bestanden habe; da er viel stärker sei als gewöhnliche Sterbliche, hätten seine Pfeile das übliche Holz wie Papier

3.1 Ausbildung

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durchschlagen. Auf dem Boden liegt eine weitere Scheibe, in der bereits fünf Pfeile stecken. Es ist möglich, dass Erinnerungen an solch hervorragende Schießkünste der Pharaonen jene Leistung des Odysseus beeinflusst haben, der einen Pfeil durch die Stiellöcher von zwölf hintereinander aufgestellten Äxten geschossen haben soll. Auch wenn dies aus ballistischen Gründen unmöglich ist, dient auch die Erzählung gerade deshalb dazu, das Außergewöhnliche der Leistung hervorzuheben. Eher beiläufig erfahren wir, dass zur Ausbildung der Kronprinzen ferner das Schwimmen gehörte. Cheti, Bezirksfürst von Siut in Mittelägypten, berichtet stolz in seiner Biographie: »Er (der König) ließ mich im Schwimmen unterrichten zusammen mit den Königskindern.«15 Da der Pharao schwimmen kann, sind nach offizieller Auffassung die Feinde Ägyptens des Schwimmens unkundig – einer von vielen Aspekten, in denen sie dem ägyptischen Herrscher unterlegen sind. In den Darstellungen Ramses’ II. (1279 – 1213) von der Schlacht bei Qadesch ist einer der Feinde, der Fürst von Aleppo, gezeigt, der in den Orontes gefallen ist. Er muss von seinen Soldaten folgerichtig vor dem Tod durch Ertrinken gerettet werden. Nachdem man ihn aus den Fluten gezogen hat, wird er auf den Kopf gestellt und damit von dem geschluckten Wasser befreit.16 Zentral für alle zukünftigen Könige war es, Erfahrungen im militärischen Bereich zu sammeln. Bei Ramses II. lässt sich beobachten, dass er in dieser Hinsicht seine Söhne gezielt geschult und nach und nach militärisch eingesetzt hat. Die Söhne, die sich bei der Schlacht von Qadesch bewährt hatten, nehmen auffallenderweise an späteren Kämpfen nicht mehr teil. Stattdessen gab der Pharao anderen ihre Chance.17 Die Abbildung (Abb. 5) zeigt zwei dieser Kinder, Chaemwese und Montuherchepeschef, beim Kampf um die Stadt in Syrien in einer für alle Pharaonen sattsam bekannten Pose; beide exekutieren jeweils einen Anführer der sogenannten Rebellen.

3 Der Pharao – Sein Leben

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Abb. 5: Söhne Ramses’ II. beim Kampf

3.2

Thronbesteigung

Die Regierung eines neuen Pharaos beginnt mit der Thronbesteigung unmittelbar nach dem Tod seines Vorgängers – wenn sich keine Komplikationen ergeben. Davon zu unterscheiden ist die Krönung des Herrschers als großes, organisiertes Fest, das erst nach der Bestattung des Vorgängers stattfinden sollte. Tod des Vorgängers und Thronbesteigung des Nachfolgers kennzeichnen den realen Regierungswechsel; der Tag der Thronbesteigung ist der Beginn der Regierung, von ihm ab wird die Regierungszeit gezählt. Der Pharao war die Sonne. Ideologisch wurde daher das Ableben des Königs in die Abendstunden verlegt, wenn die Sonne unterging, während sein Nachfolger am nächsten Morgen mit der aufgehenden Sonne den Thron bestieg. Amenophis II. (1428 – 1397) trat so seine Regierung bei Sonnenaufgang des nächsten Tages nach dem Tod seines Vaters an: »Als das Land hell und es Morgen geworden war, war die Sonnenscheibe aufgegangen und der Himmel erstrahlte in Glanz:

3.2 Thronbesteigung

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Der König von Ober- und Unterägypten, Amenophis, der Sohn des Re, begabt mit Leben, war auf den Thron seines Vaters gesetzt worden.«18

Als sichtbares Zeichen seiner Herrschaft erhielt der neue, aber noch nicht gekrönte Pharao als Diadem die Doppelfedern, die an einem Stirnband befestigt waren. So heißt es von Osorkon I. (924 – 890): »Es erschien Horus, nachdem er die zwei Federn des Königs (Königtums) empfangen hat.«19 In dieser Zeremonie wird der König mit seinen magischen Machtmitteln versehen, so dass er die Beiden Länder vereinigen und somit gleichsam eine neue Staatsgründung vollziehen kann.20 Mit dem Tod des Königs tritt ein Zustand der Unordnung ein, der so lange anhält bis der neue Herrscher inthronisiert ist. Es ist dies der Zustand, wie er beim urzeitlichen Weltbeginn herrschte, als die Schöpfung das erste Mal geschah. Dies gilt es bei jedem Regierungswechsel zu wiederholen, und folgerichtig nennen sich Amenemhet I. (1976 – 1947), Sethos I. (1290 – 1279) oder Ramses XI. (1099 – 1069) »Wiederholer der Schöpfung«. Mit dem neuen Herrscher erschien der Sohn des Sonnengottes auf dem Thron Ägyptens, siegte Horus über seine Feinde, war die Zeit des Chaos, waren Finsternis und Unordnung beendet. So feiert ein Hymnus die Thronbesteigung Merenptahs (1213 – 1203) als den Triumph des Guten über das Böse: »Lass deine Herzen frohlocken, ganzes Land, gute Zeiten sind angebrochen. Der Herr, er lebe, sei heil und gesund, ist erschienen über allen Ländern. Die Ordnung ist an ihren Platz zurückgekehrt. König von Ober- und Unterägypten, Herr von Jahrmillionen, groß in seinem Königtum als Ebenbild des Horus, Baenra-geliebt-von Amun, der Ägypten mit Festen antreibt, Sohn des Re, leuchtendster aller Könige, Merenptah-zufrieden-über die-Gerechtigkeit, er lebe, sei heil und gesund.

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3 Der Pharao – Sein Leben

Ihr alle, die ihr der Gerechtigkeit lebt, kommt und seht: Die Gerechtigkeit vertreibt die Lüge. Die Unrecht tun, sind auf ihre Gesichter geworfen. Alle Habgierigen zurückgestoßen. Das Wasser steht, geht nicht zurück, die Flut steigt hoch. Die Tage sind lang, die Nächte haben Stunden. Der Mond ist zur rechten Stunde gekommen. Die Götter sind zufrieden und befriedet. Und wir leben in Lachen und Wundern.«21 Der Pharao ist nun der »Herr des Großen Thrones«.22 Der Thron vermittelt die Amtsgewalt im Königtum. Amun übergibt seine Herrschaft an Thutmosis III. (1479 – 1425), »auf dass er erstrahlen möge auf dem Thron des Re, auf dem Horusthron der Lebenden«.23 Der Thron ist das wichtigste Symbol der königlichen Herrschaft. Immer wieder finden sich Texte, in denen die Götter dem jeweiligen Pharao versichern: »Dir gebe ich meinen Thron.«24 Der Thron wird als »Erhalter der Maat« bezeichnet,25 er steht sinnbildlich für die Bedeutung dessen, der ihn innehat. Die Thronbesteigung des Königs und das Auftauchen des Sonnengottes garantieren das Wohlergehen für Götter und Menschen. An die feierliche Thronbesteigung schließen sich weitere Zeremonien an wie der Ritus der Vereinigung der Beiden Länder.26 Die Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten, Binse und Papyrus, werden um das Zeichen für Vereinigung geschlungen. Zum Abschluss des Zeremoniells vernichtete der neue Pharao symbolisch die bösen Mächte, indem er zwei Bündel zu je sieben Pflanzen »enthauptete«. Ferner galt es für den König, den »Umlauf um die Mauern« auszuführen,27 der wie sämtliche anderen Vorgänge mit Magie aufgeladen war. Ursprünglich dürfte es sich um einen tatsächlichen Lauf gehandelt haben, der dazu diente, die physische Leistungsfähigkeit des neuen Herrschers unter Beweis zu stellen; längst war auch dieser Ritus zu einem symbolischen Akt geworden, bei dem der König mit schnellen Schritten ein vorher abge-

3.3 Krönung

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stecktes Gebiet durchmaß, das durch die zwei Altäre gekennzeichnet ist, zwischen denen der Pharao ›läuft‹; sie finden sich auch in ›Großen Hof‹ Djosers (Abb. 14, S. 98). Die Bilder zeigen den König Djoser (2640 – 2620) bei einem Kultlauf vor Amun. Der Pharao hält in der Rechten die Geißel, einen kurzen Stab mit zwei oder drei herabhängenden Perlschnüren, die als Hirtenpeitsche oder auch als Fliegenwedel gedeutet wird (Abb. 6). Die Linke des Pharao umschließt das Mekes-Symbol, einen kurzen, walzenförmigen Stab als Herrschaftsemblem, den der König regelmäßig bei diesem Lauf in Händen hält. Irgendwann ist der Gegenstand als eine Art Futteral verstanden worden, welches ein Dokument enthält, das dem König die Herrschaft über Ägypten bestätigt. Djoser bringt den Göttern Opfergaben dar, um von ihnen das Versprechen für eine lange und glückliche Herrschaft zu erhalten. Was der König von den Göttern erwartet, zeigen die Wände im Vorraum des Allerheiligsten. Hier sind es die Götter, die dem König jene Gaben und Geschenke bringen, die er normalerweise ihnen darbringt. Der Pharao nimmt von Anubis Geschenke entgegen, der Nilgott Hapi überreicht ihm Fruchtbarkeitssymbole, Hathor umarmt ihn, von Amun erhält er das Lebenszeichen.

3.3

Krönung28

Die Bestattung des alten und die Krönung des neuen Pharaos dokumentieren »den Vollzug einer verbindlichen göttlichen Weltordnung durch Abschluss des alten und Beginn des neuen Königtums.«29 Für diese Krönung wird ein kosmisch relevantes Datum bevorzugt. Im Neuen Reich ist dies häufig das Wiedererscheinen des Mondes nach der Bestattung. So war es bei Amenophis I., Thutmosis I., Amenophis II, Amenophis IV. und Ramses II. Der Tag der Krönung war vorhersehbar, weil zunächst die Bestattung des Vorgängers zu erfolgen hatte. So ist Ramses III. (1182 – 1151) erst gekrönt worden, nachdem sein Vater Sethnacht (1185 – 1182) bestattet worden war:

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Abb. 6: Kultlauf des Königs Djoser

3 Der Pharao – Sein Leben

3.3 Krönung

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»Er (Sethnacht) ruhte in seinem Horizont wie die Götterneunheit. Man tat für ihn das, was getan wurde für Osiris, nämlich das Gerudertwerden in seiner Königsbarke auf dem Fluss (Nil) und das zur Ruhe bringen in sein Haus der Ewigkeit des Westens von Theben. Mein (Ramses’ III.) Vater Amun, der Herr der Götter, Re-Atum, und Ptah, der Schöngesichtige, ließen mich erscheinen als Herrn der Beiden Länder an Stelle meines Erzeugers . . . Ich erschien in der Atefkrone mit der Uräus, und ich vereinigte mich mit meiner Krone und meinen beiden Federn wie (der Gott) Tatenen. Ich ließ mich nieder auf dem Thron des (Gottes) Harachte, indem ich bekleidet war mit dem Schmuck wie Atum.«30

Zwischen Thronbesteigung und Krönung lag also der Zeitraum für Balsamierung und Bestattung, mindestens jene 70 Tage, die allein für die Balsamierung angesetzt waren (S. 90). Bevor die eigentliche Krönungszeremonie im Amun-Tempel von Theben stattfand, hatte sich der zukünftige Herrscher bereits in mehreren Tempeln des Landes den jeweiligen Gottheiten vorgestellt. Im Anschluss daran wurde dem königlichen Erben in Memphis, der »Waage der Beiden Länder«, die Herrschaft über Ägypten von Geb, dem Erdgott, übergeben. Am Vorabend der Krönung fand im Hof des Amun-Tempels in Theben die Zeremonie der Errichtung des Djed-Pfeilers statt.31 Er war das Symbol für eine lange und erfolgreiche Herrschaft, die dem Land jene Fruchtbarkeit und jenen Reichtum versprach, den Osiris verkörperte. Der Tempel war mit Blumen geschmückt; weißer und blauer Lotus, Papyrusdolden, Winden und Akazienblüten waren kunstvoll zu Sträußen geflochten. Die Opfertische mit den Gaben des Königs für das Krönungsfest des nächsten Tages standen bereit: Rinderhälften, Geflügel aller Art, Brote und Kuchen, Krüge mit Wein und Bier, Mengen von Salböl, Weihrauch.32 Von seinem Palast auf dem Westufer brach der König am Tag der Krönung noch vor Sonnenaufgang auf, um über den Nil zum Amun-Tempel auf dem Ostufer zu gelangen. Im Tempelhof erwartete ihn die Priesterschaft, Hymnen singend. Auf dem weiteren Weg ins Innere des Tempels standen die »Harimsdamen des Amun«, zu denen auch die weiblichen

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3 Der Pharao – Sein Leben

Mitglieder des Königshauses gehörten, mit Sistren ausgestattet. Dann wurde der Thronanwärter mit dem Wasser des Lebens gewaschen, wie sich der Sonnengott Re jeden Morgen reinigt, ehe er seine Fahrt über den Himmel antritt. Ein Priester goss heiliges Wasser über Kopf und Schultern des Pharaos aus: »Ich reinige dich mit diesem Wasser voll jeden Lebens, jeder Herrschaft, jeder Dauer, jeder Gesundheit und Herzensfreude. Mögest du zahlreiche Regierungsjubiläen feiern wie Re, ewiglich.«33

Abb. 7: Die Reinigung des Pharaos

Die entsprechenden Darstellungen zeigen häufig zwei Götter, die aus Vasen Wasser über den Pharao ausgießen. Die Wasserstrahlen, die sich über dem König kreuzen, werden durch Zackenlinien dargestellt, dem Hieroglyphenzeichen für Wasser. Da dieses Wasser zauberkräftig ist, und Leben bedeutet, wird es auch mit Anch-Zeichen – »Leben« – dargestellt. Im Beispiel übergießen die Götter Seth (links), als Landesgott

3.3 Krönung

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Unterägyptens, und Horus, der Oberägypten repräsentiert, Amenophis III. (1388 – 1350) mit solchem ›Wasser‹ (Abb. 7). Während solcher Handlungen trugen die Priester unterschiedliche Kopfbedeckungen, um die verschiedenen Götter des Landes zu verkörpern. Die wichtigste Zeremonie fand im Allerheiligsten des Tempels statt, in das den zukünftigen König die Götter Month und Amun führten. Auch die an den Wänden dargestellten Gottheiten nahmen an dem Geschehen teil. Bilder sind Wirklichkeit, sind Leben. Der König wurde in ein eng anliegendes Obergewand gekleidet, das er später auch bei seinem Sedfest tragen sollte (Abb. 12, S. 82). Um seine Hüften trug er einen Stierschwanz (Abb. 6, S. 64; Abb. 7, S. 66; Abb. 15, S. 108; Abb. 25, S. 166; Abb. 36, S. 201), ein Herrschaftssymbol aus vorgeschichtlicher Zeit, ferner den künstlichen Bart.34 Auf den Sohlen seiner Sandalen waren die Neunbogenvölker dargestellt, Symbol für die Feinde Ägyptens, die der Pharao in den Staub trat (Abb. 28, S. 171). In den Händen hielt er den Krummstab und den Stab mit drei Schnüren als Zeichen seiner Macht. Alle Gegenstände, die mit dem König in Berührung kommen wie der Thron und die Kissen, weitere Herrschaftsattribute wie Zepter und Geißel, Waffen, Kleidung, vor allem aber die beiden Kronen, sind nicht nur Zeichen der Macht, sondern haben selbst Macht. Dies kann die Geschichte des Hofbeamten Rawer verdeutlichen. Dieser Rawer war Friseur, Perückenbeauftragter und Kleiderverwalter des Königs Neferefre (2406 – 2395). In dieser Funktion kam er mit der Person des Königs in unmittelbare Berührung. Während einer Zeremonie stieß der König mit seinem Zepter versehentlich an den Fuß des Beamten, der daraufhin eigentlich sofort hätte tot umfallen müssen. Das Zepter des Herrschers war, wie alle Gegenstände, die er trug, magisch aufgeladen. Der König sprach aber sofort einen Zauberspruch aus – »Du mögest heil sein!« –, der magisch stärker war, und somit die schädliche Wirkung der Berührung neutralisierte. Rawer, in dessen Grab in Gisa sich der Text findet, berichtet, dass der König ihm befahl, eine Akte über den Vorgang anzulegen und deren

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3 Der Pharao – Sein Leben

Inhalt im Grab aufzuzeichnen. Durch diesen Bericht kann der Beamte seine hohe Position, die ihn hervorhebt, für die Ewigkeit festhalten, was beim Übergang ins Jenseits eine besondere Empfehlung darstellt. Der König hat den Vorfall zum Anlass genommen, seine magischen Fähigkeiten herauszustellen.35 Es sind die Götter Horus und Seth, die dem König die »Beiden Herrinnen« aufs Haupt setzen: die Weiße Kegelkrone von Oberägypten und die Rote Krone Unterägyptens mit der gebogenen Feder. Das Relief (Abb. 8) zeigt Sesostris III. (1872 – 1852) im Jubiläumsgewand. Links trägt er die unterägyptische und rechts die oberägyptische Krone. In den Händen hält er jeweils ein Zeichen für Millionen von Regierungsjahren. Diese beiden Kronen sind die wichtigsten und zugleich die ältesten, welche die beiden Landesteile repräsentieren.36 Bei der Weißen Krone handelt es sich um eine hoch aufragende Kopfbedeckung mit einem knaufartigen Abschluss, aus Stoff oder Filz hergestellt; sie stand für Oberägypten. Als Herrscher Unterägyptens gilt der Träger der Roten Krone, ein konischer Untersatz mit einem hohen Grat am hinteren Teil; sie hat vorne einen langen Draht, dessen oberes Ende nach hinten eingerollt ist. Der König ist die Manifestation des Horus in der Welt. Die Manifestation seines Auges, das den König legitimiert und befähigt, Macht auszuüben, ist seine Krone: »Oh N. N., versieh dich mit dem Horusauge, der Roten (Krone), die groß ist an Gestaltfähigkeiten und reich an Seinsformen. Wie sie den Horus schützt, schützt sie dich.«37 Zunächst erhielt der König die Rote Krone Unterägyptens: »Wir lassen deine Würde als König von Unterägypten dauern, du, der du auf dem Thron des Horus erschienen bist.« Mit den Worten: »Wir lassen deine Würde als König von Oberägypten dauern, du, der du auf dem Thron des Horus erschienen bist«, erhielt er die Weiße Krone. Bei der Krönung der Hatschepsut (1479 – 1457) durch den Götterkönig Amun-Re, den Herrn des Himmels, vermerkt ein Text die Reaktion der Umwelt: »Ihre Gesichter wurden von Staunen ergriffen, ihr Leib wurde

Abb. 8: Sesostris mit zwei Kronen

3.3 Krönung

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3 Der Pharao – Sein Leben

schwach, als sie die Königskronen angelegt sahen, als etwas, was Amun selbst getan hatte. Sie warfen sich auf den Boden.«38 Beide Kronen ineinander gesetzt finden sich bereits bei Narmer (um 3000) als Ausdruck des dualistischen Machtprinzips. Die Kronen verkörpern die Allmacht des Pharaos; sie sind selbstständige Wesen, die auf dem Kopf des Herrschers Platz nehmen. Ihre Zauberkraft, welche die Feinde in Schrecken versetzt, überträgt sich auf den Pharao selbst. Die Kronen erfahren einen eigenen Kult und werden durch Hymnen verherrlicht.39 So wie sie den König schützen, so sollen sie auch jedem helfen, der sie als Amulette trägt. Die Ägypter sahen ihr Land als Zusammenschluss zweier Königtümer, und die Dualität wurde in unzähligen Zeugnissen bis in die Römische Zeit hinein propagiert. Im Weltverständnis des Ägypters existiert ein eigentümlicher Begriff des Dualismus, den E. Otto so formuliert hat: »Jedes existierende Ganze besteht aus einander ergänzenden Gegensatzpaaren.«40 Daher wird die Urzeit charakterisiert: »ehe zwei Dinge in diesem Lande existierten«. Die Vorstellung der »Beiden Länder« resultiert aus dieser dualistischen Weltsicht und hat zunächst nichts mit politischen Grenzen zu tun, wenngleich sie bald konkret auf die beiden Landesteile übertragen wurde, von denen jeder seine eigene Krone und seine Schutzgottheit hatte. Nechbet schützte die Weiße Krone, Uto die Rote Unterägyptens. Als Träger der Doppelkrone, der Pschent – »die Beiden Mächte« – herrschte der Pharao über ein Reich, das sich im Gleichgewicht befand; daher konnte er die eine Krone nicht ohne die andere erhalten. Während die Weiße und die Rote Krone auch von Göttern getragen werden können (Abb. 11, S. 79), ist die Blaue allein dem König vorbehalten; im Beispiel trägt sie Ramses II. (1279 – 1213; Abb. 9). Sie tritt vermehrt im Neuen Reich auf und wird gelegentlich als Kriegshelm bezeichnet. Der König trägt die Krone allerdings im Krieg und im Frieden, in der Feldschlacht ebenso wie beim Opfer im Tempel, sowie im Palast, wenn er mit seiner Familie zusammen ist. Es handelt sich um einen haubenartigen Aufbau, der, wenn er farbig wie-

3.3 Krönung

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dergegeben wird, blau gemalt ist; oft ist er mit nah aneinander gesetzten Kreisen verziert (Abb. 2, S. 28; Abb. 20, S. 122; Abb. 21, S. 127; Abb. 22, S. 144). Ein Lobgesang auf Ramses III. (1182 – 1151) nennt die Blaue in einem Atemzug mit anderen Kronen: »Heil dir, wenn du erscheinst in der Weißen Krone, es wird hell, wenn du den Himmel befährst. Heil dir, wenn du erscheinst mit der Doppelkrone . . . Heil dir, wenn du erscheinst mit dem Nemes-Kopftuch, es eilen zu dir die Menschen mit den Worten: Preis, Preis [dir]. [Heil dir, wenn du erscheinst mit] der Blauen Krone, beim ersten Erscheinen des Re.«41

Abb. 9: Die Blaue Krone

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3 Der Pharao – Sein Leben

Die Kronen des Königs, vor allem die an ihnen befestigten Uräen, flößten Furcht und Schrecken ein. Die latinisierte Form des griechischen Wortes Uräus geht auf einen ägyptischen Ausdruck zurück, der »die auf seinem Kopf ist« bedeutet. Wadjet war jene Göttin, deren wichtigste Erscheinungsform die Kobra war. Es ist »die sich Aufbäumende« oder »die Flammende«. Mit hoch aufgerichtetem Kopf und geblähtem Hals erhebt sie sich an der Stirn des Königs, um dessen Feinden glühendes Gift entgegenzuspritzen. Sie wacht über den König wie über Re. Gelegentlich kann sie in siebenfacher Gestalt erscheinen. Die über dem König wachende Uräus-Schlange besitzt einen starken Abwehrzauber, daher kann die Krone selbst als Göttin Werethekau, »die Zauberreiche«, personifiziert werden. Dies ist auch der Beiname der Kronen, der für beide gilt, aber auch von jeder einzelnen allein getragen werden kann. Im Mittleren Reich taucht dann der Name als Beiwort der Uräus-Schlange auf. So sagt Werethekau einmal von sich selbst: »Ich ringele mich empor zwischen deinen Augenbrauen. Mein Hauch ist Feuer gegen deine Feinde.« Die Schlangengöttin verkündet ihre Macht über die königlichen Feinde wie ihre himmlische Herrschaft gleichermaßen: »Ich erhebe mich auf ihrem Haupt, ich wachse auf ihrer Stirn, ich vereinige mich mit ihr (in diesem Falle ist die Königin Hatschepsut gemeint), so wie ich auch meinen Vater (den Gott) ziere. Meine Jubelrufe als Uräus für sie sind groß . . . Ich überwinde die Nubier für sie, wenn ich mich auf ihrer Stirn aufrichte . . . Ich unterwerfe für sie alles, was die Sonnenscheibe umfasst. Für sie feiere ich das Regierungsjubiläum im Südhimmel, und ich bewirke, dass ihr der Nordhimmel zujubelt.«42

Die Uräus befand sich an einem Stirnband43 oder Diadem (Abb. 7, S. 66). Erst seit dem Mittleren Reich bringt man die Kobra auch an der Stirnfläche der unterschiedlichen Kronen an. Die Ritualhandlung der Überreichung des Stirnbandes bestand darin, dem König mit dem Diadem die Uräus an die Stirn zu setzen. Aufgrund der hohen Bedeutung der Uräus für das Königsdogma feierte man den Vorgang als Fest.

3.4 Die Königsnamen

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Mit jeder Krönung begann für Ägypten das »Goldene Zeitalter«, das an die einstige Herrschaft des Sonnengottes über die Erde erinnerte. Der Schöpfergott hatte die Regeln festgelegt, die das Universum im Gleichgewicht hielten und das Leben Ägyptens und seiner Bewohner bestimmten. Nun gab es wieder einen König, der im Auftrag der Götter und als einer von ihnen all dies garantierte. Auf zahlreichen Darstellungen hält der König das Lebenszeichen Anch (ein Kreuz in Form einer Lebensschleife, gleichzeitig eine ägyptische Hieroglyphe, die für das körperliche Leben, aber auch für das weitere Leben im Jenseits steht) in Händen: Er konnte wie die anderen Götter Leben spenden und erhalten (Abb. 3, S. 54; Abb. 11, S. 79). Nach der Krönung führten die Priester den Pharao aus dem Allerheiligsten zurück in die große Säulenhalle, wo ihn Mitglieder seines Hofstaates und die »Großen von Ober- und Unterägypten« empfingen. Vor den Augen einer ausgesuchten Öffentlichkeit, im Prinzip vor aller Welt, ließ sich der neue Pharao auf dem Elektron-Thron nieder und nahm die Huldigung des Hofes entgegen. Alle warfen sich zu Boden und stimmten anschließend einen Hymnus auf die Kraft des neuen Herrschers an. Mit dem Ritus der Krönung wurden gleichsam die Schöpfung der Welt wie der Beginn der politischen Existenz Ägyptens wiederholt. Damit war die Zeit des Chaos und der Finsternis endgültig vorbei. Auf seinem Thron sitzend hörte der neue Herrscher einem Vorlesepriester zu, der nun jene »Großen Namen« verkündete, welche die Götter für den Pharao auserwählt hatten.

3.4

Die Königsnamen

Der nach der Krönung wichtigste Teil der Inthronisation war die Verkündung der vier neuen Funktionsnamen des Pharaos, die fortan zu seinem Geburtsnamen traten.44 Der Name stellt eine Macht dar; er trägt das Leben der Götter wie der Menschen. Er grenzt den einen Gott vom anderen, den einen König vom anderen, den einen Menschen vom anderen ab. In

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3 Der Pharao – Sein Leben

seiner Wirkung gleicht er dem Ka, jener Anhäufung von Energie und wirkender Kraft, die sich am ehesten mit »Seele« übersetzen lässt; die Römer nannten sie numen. Der Name garantiert die Dauer desjenigen, der ihn trägt – und dies über den Tod hinaus. Damit der Name diese lebensspendenden Energien entfalten kann, muss er immer wieder ausgesprochen werden. »Wessen Name ausgesprochen wird, der lebt.«45 Daher legt der Ägypter Wert darauf, dass sein Name erhalten bleibt, am besten auf dauerhaftem Stein, damit man ihn immer wieder laut lesen und damit aussprechen kann. Es sind die Inschriften, die den Namen und damit den Menschen Leben geben. Niemand besaß mehr Möglichkeiten, sich auf Dauer zu erhalten, als die Pharaonen. Die vielfältigen Rollen des Königs bündeln sich gleichsam in der fünfteiligen Herrschertitulatur, die er trägt. Ungefähr seit Beginn der vierten Dynastie, ab 2570, machen fünf Namen die Titulatur des Pharaos aus: ein Geburtsname und vier Namen, die sich auf seine institutionellen Funktionen beziehen. Bis auf den ersten werden die Namen erst bei der Krönung angenommen.46 Die im Folgenden angeführten konkreten Namensbeispiele beziehen sich auf Ramses II. (1279 – 1213): Horus-Name: »Starker Stier, von Maat geliebt«. Der älteste Königstitel war der Horus-Name, der seit König ›Skorpion‹ in der vordynastischen Zeit bezeugt ist. Abbild für jegliche Art von Majestät war für die Ägypter der hoch in den Lüften schwebende Falke. Er war »Heru«, »der Ferne«, den die Griechen zu Horus abwandelten. Sein irdischer Stellvertreter ist der Pharao. Die Königshieroglyphe des Horus-Namens wurde in einem Serech dargestellt, einem rechteckigen Rahmen, der den Palast symbolisiert (Abb. 10). In diesem Palast, in dem man zwei Tore als Symbole für Ober- und Unterägypten erkennt, steht der Name des Königs. Auf dem Dach sitzt der Falke, der das Gebäude und den darin wohnenden König beschützt. Bei dem Beispiel handelt es sich um den König Wadj (2902 – 2889), der mit dem Bild einer Schlange geschrieben wird. Durch diese Grabstele, die sich heute im Louvre befindet, wurde er zum bekanntesten Pharao der 1. Dynastie. Seit dem

3.4 Die Königsnamen

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Neuen Reich beginnt der Horus-Name mit »Starker Stier«. In der Frühzeit stellte man den König in der Gestalt des Stieres dar. Auf der Narmer-Palette stößt der König als Stier eine Stadtmauer ein. Hierzu gehört auch der Stierschwanz, der Teil des Königsschurzes ist (S. 67).

Abb. 10: Stele des Königs »Schlange«

Die-Beiden-Herrinnen-Name: »Schützer Ägyptens, der die Fremdländer bezwingt«. Es ist »der zur Binse und zur Biene gehörige« Name, der die oft erwähnte Dualität zum Ausdruck bringt: Die Beiden Herrinnen sind die zwei Kronen. Seit König Dewen (2889 – 2842) erscheint der Ausdruck »der zur Binse und zur Biene gehörige«. Damit sind, wenn auch vielleicht nicht ursprünglich, die beiden Landesteile Ägyptens gemeint. Da uns das »zur Binse und zur Biene gehörige« nichts sagt, umschreiben wir es als König von Ober- und Unter-

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3 Der Pharao – Sein Leben

Ägypten oder als »Herr der Beiden Länder«.47 In der intensiven diplomatischen Korrespondenz, die auf den Friedensvertrag Ramses II. mit dem Hethiterkönig Hattusilis (1272 – 1237) folgte, ließ die Kanzlei der Hethiter bei dem Thron-Namen das Ägyptische »der zur Binse und zur Biene Gehörige« fort; es war für die Nichtägypter so sinnlos, wie es für uns ist. Anstelle der Beiden Länder ist gelegentlich von den Beiden Ufern die Rede. Thutmosis II. (1492 – 1479) erschien auf dem Thron, »damit er König sei über das ›Schwarze Land‹ (das flache Niltal) und damit er beherrsche das ›Rote Land‹ (die hochgelegene Wüste). Er nahm in Besitz die Beiden Ufer im Triumph«.48 Diese Dualität der Herrschaftsbezeichnung setzt sich fort in derjenigen über die Flach- und Gebirgsländer. Von Thutmosis III. (1479 – 1425) heißt es: »Alle Flachländer und alle Gebirgsländer sind zu Füßen dieses vollkommenen Gottes«.49 Damit erreicht der Herrschaftsanspruch des Königs ein weltweites Ausmaß, wobei diese Welt weitgehend aus dem Niltal besteht, das vom Chaos umgeben ist. Die vier großen Namen – die beiden bisher behandelten und die beiden folgenden – besaßen programmatische Aussagekraft. In seinem Die-Beiden-Herrinnen-Name hatte Eje (1323 – 1319) den Kampf in Vorderasien als Ziel herausgestellt: »Mit mächtiger Kraft, der die Asiaten schlägt.«50 Da Ägypten unter Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) die wichtigsten Stützpunkte in der Levante verloren hatte, war das Ziel dieses Namens sehr aktuell und konkret. Goldhorus-Name: »Reich an Jahren, groß an Siegen«. Dem dritten Namen ist als Titel ein Falke vorangestellt, der seit König Snofru (2589 – 2554) auf dem Zeichen für Gold sitzt, weshalb man vom Goldhorus-Namen spricht. Gold als unvergängliches Metall versinnbildlichte das Wesen der Götter wie der Monarchie gleichermaßen. Als Horusfalke ist der König mit der Sonne gleichgesetzt. Die ersten drei Namen sind mehrgliedrig und enthalten einerseits eine Definition der Natur des Königs beziehungsweise eine Theologie der Macht – der König als Horus hat seine Macht von den Göttern –, andererseits ein Regierungs-

3.4 Die Königsnamen

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programm – nämlich Sieg und Einheit Ägyptens; sie »demonstrieren seine Göttlichkeit«.51 Die Titulatur repräsentiert den König, oder anders gesagt, ist der König, denn man kann für die Königstitulatur kämpfen oder bei ihr schwören. Thronname: »Usermaatre (Stark an Maat ist Re)«. Die größte Bedeutung erlangte der vierte Name der Königstitulatur, der Thronname. Ihm stand ein Titel vor, der sich aus den beiden Emblemen Binse und Biene zusammensetzte und dadurch zu wiederholten Malen die Dualität des Reiches betonte. Es war der Name, der dem König bei der Thronbesteigung verliehen wurde. Man bediente sich des Thronnamens in allen offiziellen Texten, und auch die Herrscher anderer Länder verwendeten ihn, wenn sie mit dem Pharao korrespondierten. Er enthielt meist den Namen des Re und wurde mit einem Aspekt des Sonnengottes verbunden, präzisierte somit die Beziehung des Pharaos zu Re. Wo eine solche Verbindung zu Re entfiel, wie bei den römischen Kaisern als Herrscher Ägyptens, stand der Beiname »Autokrator Kaisaros« in einer eigenen Kartusche. Geburtsname: »Ramses, geliebt von Amun«. Es ist der Eigenname, den der König als Prinz trug. Unter diesem fünften Namen, dem Geburtsnamen, kennen wir heute häufig die Herrscher. Diesem Eigennamen stand der Titel »Sohn des Re« voran, der erneut auf die göttliche Herkunft des Pharao verwies. Oft folgte man bei solchen Namen der Familientradition, was dazu führte, dass wir beispielsweise die elf Könige, die wir unter ihrem Geburtsnamen Ramses kennen, durchnumerieren müssen. Die beiden letzten Namen sind die wichtigsten; mit ihnen werden Ortsnamen oder Beamtentitel verbunden. Beide Namen werden in einen Königsring, eine Kartusche – ein Oval aus einem Strick, dessen verknotete Enden einen senkrechten Abschluss bilden –, geschrieben und dadurch besonders hervorgehoben. Der Königsring verleiht dem, was er umschließt, als Talisman Schutz. Gegen Ende des Alten Reiches werden zwei Königsringe mit unterschiedlichen Namen gleichberechtigt nebeneinander verwendet. Der Perserkönig Dareios I. (522 – 486) schrieb seinen Namen in Keil-

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3 Der Pharao – Sein Leben

schrift in die Kartusche, Nektanebos I. (380 – 362) in demotischer Schrift. Seit Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) setzt man auch Götternamen in den Königsring. So wie der Königsring die göttliche Seite des Königs unterstreicht, holt er damit die Götter stärker in die menschliche Sphäre hinein, bringt sie näher an den Pharao heran.52 Sind die Namen des Pharaos verlesen, werden Tauben aus ihren Käfigen freigelassen, die Ägypten verkünden sollen, dass es wieder einen »Horus auf dem Thron der Lebenden« gibt. Mit Pfeilschüssen in alle vier Himmelsrichtungen bekräftigt der König seinen Herrschaftsanspruch über die ganze Welt. In jeder Hinsicht untersteht der Pharao nun dem Schutz der Götter. Sie sind es, die seinen Namen in die Blätter des Ischedbaumes schreiben und damit seine Existenz sichern. Seit der 18. Dynastie treffen wir immer wieder die Szene an, dass Götter den Namen des Königs auf den Baum oder auf seine Blätter schreiben. Ramses II. (1279 – 1213) ließ in eine Mauer des Tempels von Abydos die Worte des Gottes eintragen: »Ich lasse dauern deinen Namen in deinem Haus in der Schrift meiner eigenen zwei Finger.«53 Der Text ist zwar in Stein gemeißelt, beschreibt aber, wie der Gott mit dem dünnen Schreibpinsel umgeht. Ein Wandrelief im Ramesseum setzt diesen Text gleichsam ins Bild um (Abb. 11). Der Gott Atum links schreibt während eines mythischen Rituals, zusammen mit der Schreibergöttin Seschat, den Namen des zwischen ihnen sitzenden Ramses auf die Blätter eines heiligen Ischedbaumes von Heliopolis, vor dem der Pharao thront. Durch das wunderbare Aufschreiben des Königsnamens wird dem Herrscher eine lange, glückliche Regierung gewährt. Bei keinem Pharao war der Zauber so wirksam wie bei Ramses II. (1279 – 1213). Es handelt sich bei dem Vorgang um kein konkretes Ritual, sondern um ein als Wunder empfundenes Zeichen: »Aufgeschrieben wurde der große Name seiner Majestät auf dem heiligen Ischedbaum in der Schrift des Gottes selbst.« Ramses IV. (1151 – 1144) berichtet anschließend, wie er seinen Namen auf goldenen Blättern des Baumes gefunden hat.54 Einige Statuen zeigen den auf dem

3.4 Die Königsnamen

Abb. 11: Schreiben des Königsnamens

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3 Der Pharao – Sein Leben

Boden kriechenden König, der die Kartusche mit seinem Namen vor sich her schiebt und sie den Göttern darbringt. Der Name hat bei den Ägyptern – und von ihnen an die Mittelmeerwelt vermittelt – magische Bedeutung. Das Aufschreiben des Namens sichert diesem und damit dem Träger ewige Existenz. Indem er dem Gott seinen Namen präsentierte, gab sich der neue König in die Hand dieses Gottes, und sicherte sich so zugleich ewiges Leben. Weitere Namen des Pharao konnten aus Anlass besonderer Feste, hier war es vor allem das Sedfest, hinzukommen. Wenn ein Herrscher dieses Erneuerungsfest mehrmals feierte – Ramses II. (1279 – 1213) tat dies insgesamt vierzehnmal –, kann man oft anhand der unterschiedlichen Formen der Namen Urkunden auf einen bestimmten Abschnitt der Regierungszeit datieren. Die radikalste Änderung seines Namens nahm Amenophis IV. vor, als er seinem Namen »Amun ist zufrieden« in den neuen »nützlich für Aton« umwandelte; seitdem ist er uns als Echnaton bekannt. Das Aufsetzen der Kronen, die Aushändigung der Zepter, die Proklamation und der Eintrag der neuen Titulatur, stellen die zentralen Augenblicke der Krönung dar. Der so gekrönte hat die Aufgabe, für sein Volk sowie für die Harmonie und das Gleichgewicht der Welt zu sorgen. Die Krönung ist eine Hymne an das Leben.55 Dies alles wird in den Sedfesten wiederholt (S. 81). Nach Abschluss der Zeremonien bestieg der Pharao im Krönungsornat mit der Doppelkrone bekleidet, die Hände mit den Herrschaftsinsignien über der Brust gekreuzt, eine Sänfte, um sich der jubelnden Menge vor dem Tempel zu zeigen, die den Weg zum Nil säumte. Ranghohe Höflinge fächelten ihm Kühlung zu, während Offiziere den Pharao trugen. Der »Gute Gott« kehrte in seinen Palast zurück.

3.5 Sedfest

3.5

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Sedfest

Das Königtum war aus einem magischen Häuptlingstum erwachsen. Der Häuptling galt, wie der spätere König, als tatkräftiger Garant der Wohlfahrt des Volkes und als göttlicher Heilsbringer schlechthin. Da die Fähigkeiten, den Stamm oder die Sippe zu schützen, an ein kräftiges Mannesalter gebunden waren, ist vorstellbar, dass ein alt und schwach gewordener Herrscher beseitigt und durch einen jüngeren ersetzt wurde.56 W. Barta spricht von einem in der Vorzeit praktizierten »heiligen Königsmord«.57 Spuren eines solchen »Königsmordes« lebten im Sedfest oder »Erneuerungsfest« der geschichtlichen Zeit fort. In historischer Zeit ersetzte das Begräbnis einer Statue, die den Toten symbolisierte, diesen Vorgang. Die erste mit einem Königsnamen versehene Sedfest-Statue ist von Ninetjer (2760 – 2717) erhalten. Angesichts der langen Regierungszeit dieses Pharao darf man annehmen, dass er das Erneuerungsfest sogar mehrere Male gefeiert hat. Die Abbildung (12) zeigt eine Sandsteinstatue Mentuhoteps II. (2046 – 1995). Ihren guten Erhaltungszustand verdankt sie der Tatsache, dass sie wie eine Mumie mit Binden umwickelt und – anscheinend als ›Symbol‹ des eigentlichen Leichnams – in eine Grabnische gelegt worden war. Der Pharao sitzt auf einem kubischen Thron, die Arme wie der Gott Osiris gekreuzt, dem Inbegriff von Wiedergeburt und Erneuerung. Er ist mit dem auch für die Folgezeit typischen Ornat bekleidet, der zu diesem Ereignis gehörte, einem eng anliegenden weißen Mantel, der die Arme einhüllt und oberhalb der Knie endet; er trägt die Rote Krone von Unterägypten. Das Herzstück des wohl fünftägigen Sedfestes war gleichsam eine neue Geburt. Dazu musste der Pharao ›sterben‹, um mit neuer Schöpferkraft auferstehen zu können. Dieser Erneuerungsprozess wird mit Tod und Wiedergeburt assoziiert, der König im Rahmen des Sedfestes mit Materialien der Balsamierung ausgestattet. Bei dem Fest handelt es sich um eine Veranstaltung, bei der die physische und magische Kraft des

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Abb. 12: Sandsteinstatue Mentuhoteps II.

3 Der Pharao – Sein Leben

3.5 Sedfest

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regierenden Königs erneuert werden sollte.58 Diese Vorstellung der Erneuerung ist ein wesentliches Element der ägyptischen Theologie. Götter wie Herrscher bedürfen der regelmäßigen Regeneration. Für Amun geschah dies beispielsweise im Rahmen des thebanischen Opetfestes. Bereits jede Neujahrsfeier war darauf angelegt, die königlichen Kräfte regelmäßig zu stärken; das Sedfest aber übertraf alle derartigen Ereignisse bei weitem. Eine Inschrift im Sethos-Tempel von Abydos parallelisiert die im Sedfest stattfindende Verjüngung mit den Mondphasen: »Du erneuerst dich, indem du zu wachsen beginnst wie der Mond als Kind. Du verjüngst dich stetig wie der (Urgott) Nun zu seiner Zeit. Du wirst geboren, indem du die Sedfeste wiederholst.«59 Es gab wohl zunächst eine regelmäßige Sedfest-Periode von der 5. bis zur 11. Dynastie, die sich unabhängig von der jeweiligen Regierungszeit berechnete. Dies konnte dazu führen, dass ein Pharao dieses Fest weit vor seinem 30. Regierungsjubiläum feiern konnte, wenn dieser Termin eben anstand. Seit Mentuhotep II. setzte sich die Feier im 30. Regierungsjahr jedes einzelnen Pharao durch.60 Das Erneuerungsfest wurde dann erstmals im letzten Monat des 30. Regierungsjahres gefeiert, wenn die physischen Kräfte des Herrschers ebenso nachgelassen hatten wie seine magischen. Durch einen dramatisierten Tod und die anschließende Wiedergeburt wird der Pharao verjüngt und mit neuer Macht ausgestattet. So erschien der König am folgenden Tag – wie die sich jede Nacht regenerierende Sonne –, wurde gekrönt und vollzog einen Kultlauf. Das Jubiläumsfest bewirkte also die Regeneration der königlichen Kräfte, so dass er gleichsam seine eigene Nachfolge antreten konnte. Dieser Vorgang konnte nach dem ersten Mal im Abstand von drei Jahren wiederholt werden. Ramses II. übertraf in der Feier der Regierungsjubiläen alle Vorgänger. Sein 14. Sedfest feierte er im Jahre 1214 als vermutlich über Neunzigjähriger. Erforderte es der Gesundheitszustand des Königs oder standen außergewöhnliche Bedrohungen an, konnte das Fest auch »bei Bedarf« gefeiert werden.61 Welche konkrete Bedeutung das Sedfest

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3 Der Pharao – Sein Leben

noch in der Zeit des Mittleren Reiches hatte, zeigte sich, als Amenemhet I. (1976 – 1947) im Zuge einer Hofverschwörung ermordet wurde, weil er nach ägyptischer Vorstellung auf einem Tiefstand seiner wirksamen Kräfte angelangt war, als sein Sedfest unmittelbar bevorstand (S. 47). Die Vorbereitungen der Feierlichkeiten nahmen ein ganzes Jahr in Anspruch. Ramses II. (1279 – 1213) hatte seinen Sohn Chaemwese, ein Sem-Priester des Gottes Ptah in Memphis, in die Organisation des ersten Erneuerungsfestes einbezogen. Chaemwese verkündete das Ereignis landauf landab, einer seiner Verlautbarungen ist erhalten. In einem Felstempel, den der Pharao Haremheb in Gebel es-Silsile, 60 km nördlich von Assuan, hatte erbauen lassen, lesen wir über einer Reliefdarstellung des Prinzen: »Regierungsjahr 30, Erstes Mal des Hebsed (Sedfestes) des Herrn der Beiden Länder Usermaatre-Setepenre (Ramses), mit Leben beschenkt für immer. Seine Majestät befahl, das Regierungsjubiläum im ganzen Land anzukündigen. Der Königssohn und Sem-Priester Chaemwese, der Gerechtfertigte.«62

Ferner wurden Sedfeste durch Gedenkskarabäen bekannt gemacht. Die Ankündigungen des Jubiläums erfolgten jeweils im vorangehenden Jahr. So stand Ramses’ 29. Regierungsjahr (1251) ganz im Zeichen der Vorbereitungen der 30. Wiederkehr seiner Thronbesteigung 1279, die den Beginn des ersten Regierungsjahres markierte.63 Zu den zahlreichen Vorbereitungen gehörten unter anderem Viehzählungen, die durchgeführt wurden, um die Lieferung von Tieren sowie allerlei Produkten an den Ort der Feierlichkeiten und das Magazinieren von Vorräten zu gewährleisten. Zudem begann eine nochmals gesteigerte Bautätigkeit, weil Statuen, Gedenksteine, Obelisken oder Kapellen zu errichten waren. Zwar konnte nicht »ganz Ägypten« an diesem Fest Anteil nehmen, doch musste für eine große Zahl von Besuchern gesorgt werden, wenn sich die hohen weltlichen wie geistlichen Würdenträger nach Memphis aufmachten. Beim Sedfest Amenophis’ III. (1388 – 1350) erschienen die

3.5 Sedfest

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meisten hohen Beamten als Gratulanten. Er feierte es im Palast in Theben.64 Die wichtigsten Bestandteile der Veranstaltungen lassen sich aus größeren Darstellungskomplexen wie dem Sonnentempel des Niusere (2420 – 2396), dem Festtempel Thutmosis’ III. (1479 – 1425) sowie dem Bastet-Tempel Osorkons II. (862 – 833) rekonstruieren.65 Es ist allerdings nicht möglich, sämtliche Abläufe zu beschreiben und vorzustellen. Die entsprechenden Dokumente sind zudem gespickt mit Anspielungen, die wir nicht verstehen. So lässt sich nur der grobe Ablauf skizzieren. Das Fest bestärkte die enge Verbundenheit des Königs mit den Göttern, bestätigte ihn als »Lebenden Horus« auf dem Thron und erneuerte und verjüngte seine Schöpferkraft, die für Wohl und Wehe des Landes unentbehrlich war. Eigentlich verlief das Erneuerungsfest wie die Krönung des Herrschers ab, nur dass er diesmal nicht die Götter in ihren Tempeln aufsuchte, sondern diese zu ihm in die Hauptstadt kamen. Der Wesir Ta holt zum ersten Sedfest Ramses III. (1182 – 1151) sowohl das Bild der Nechbet wie die weiterer Götter nach der Ramsesstadt. Insgesamt waren nach den Darstellungen der Festhalle Osorkons II. (862 – 833) etwa 80 Götter bei dessen Sedfest anwesend. Sie kamen in Bubastis zusammen, entweder in ihren Statuen oder sie waren durch ihre Priester vertreten, um mit dem Pharao zu feiern. Die Götter waren zu einem Festmahl eingeladen, denn für jeden von ihnen stand Essen und Trinken bereit: »Bereitet eine königliche Festgabe für die Götter in ihren Wohnungen, für die Götter des Festes.«66 Die Bilder der Götter sind durch Köpfe und Kopfschmuck unterschieden, tragen aber keine Namen. Jeder von ihnen bringt dem Pharao ein Versprechen für die Zukunft mit: Leben, Glück, Gesundheit, Kraft, Stärke, Überfluss, Opfergaben. Auch diesen ›Gästen‹ galt ein Teil der Vorbereitungen. Neue Tempel waren zu errichten, in denen die Götter während des Festes wohnten. Thutmosis III. (1479 – 1425) hat für sein erstes Sedfest eigens einen Festtempel errichten lassen. Den Eingangsbereich bildete eine große Halle, deren Decke von 24 Zeltstangensäulen getragen wurde. Der Raum sollte den

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3 Der Pharao – Sein Leben

Eindruck eines riesigen Zeltes vermitteln. Reliefs auf den Säulen zeigten den Herrscher vor verschiedenen Göttern, die ihm eine Regierungszeit von »Millionen Jahren« verhießen. In dieser Halle stand der Thron. Eine zweite größere Halle war dem Gott Sokar gewidmet, Totenherrscher wie Osiris. Für viele Zeremonien des Sedfestes war vor dem Tempel ein Palast aus Holz errichtet, der mit Binsenmatten verkleidet war. Möglicherweise sollte er an eine Zeit erinnern, in der das Bauen mit Stein noch nicht verbreitet war. Diese ›Residenz‹ enthielt Aufenthalts-, Bade- und Umkleideräume, denn im Laufe des Feierlichkeiten musste der König öfters Kleidung und Herrschaftsinsignien wechseln. Kurz vor Beginn des Festes trafen die Götter aus allen Teilen des Landes in Theben ein, um an der Zeremonie der Wiedergeburt des Gottes Pharao teilzunehmen. Jede Ankunft einer Götterbarke wurde mit Trompetensignalen angekündigt. Die jeweiligen Priester begleiteten jede einzelne mit Weihrauch und Hymnen singend, während beständig die Sistren (Handklappern, die vor allem beim Kult für Isis verwendet wurden) rasselten. Nach und nach trafen sie alle ein: Re aus Heliopolis, Horus aus Edfu, Ptah aus Memphis, Thot aus Hermopolis; aus Dendera kam die Göttin Hathor und aus Saïs erschien Neith. Das Sedfest begann in der Nacht. Als der Pharao erschien, erwarteten ihn bereits hohe Würdenträger und die »Mannschaft der Barke«, denn ein wesentlicher Teil der nächtlichen Zeremonie fand auf einem See statt. Musiker und Tänzer begleiteten zusammen mit Akrobaten die Feierlichkeiten. Es begann eine rituelle Bootsfahrt, während der ein Chor von Frauen des Königshauses für Amun das Sistrum spielte. Diese zeremonielle Schiffahrt sollte mit der Ankunft der großen Flut zusammenfallen. Die entscheidende Zeremonie diente der Erneuerung des königlichen Ka und damit jener schöpferischen Kräfte, von denen das Wohl Ägyptens abhing. Darstellungen aus einigen Tempeln lassen uns zumindest erahnen, was geschah, denn das wichtigste Ritual wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen. Vieles war mit den Bestattungszeremonien ver-

3.5 Sedfest

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gleichbar, starb der König doch einen symbolischen Tod, um dann erneuert wieder aufzuerstehen. So waren es Sem-Inmutef-Priester, die im Totenkult wichtige Funktionen ausübten, die den König einer mehrmaligen Reinigung unterzogen. Auf dem weiteren Weg wurde der Pharao von der Standarte des Gottes Upwaut begleitet, der zum Gefolge des Totenherrschers Osiris gehörte. Auch die realen Leichenzüge wurden von seiner Standarte begleitet, um die Wiedergeburt des Toten zu unterstützen. Ferner erinnert das Sedfest-Gewand an eine Mumienform. Unter beständigem Rezitieren magischer Sprüche brachten die Priester Leinenbinden, Uschebti-Figuren und Salbgefäße herbei, wie man sie beim Begräbnis verwendete. Nun ging es in die ›Grabkammer‹, wo der König wie Osiris sterben sollte, um dann wie Horus wieder aufzuerstehen und seinen Thron erneut in Besitz zu nehmen. In der Kammer empfing ein Priester als Anubis den Pharao und begleitete ihn zu einem Ruhebett. Bilder zeigen den König ausgestreckt mit seinen Herrschaftsinsignien liegen. Neben dem Bett steht eine Osiris-Satue und über ihm befindet sich ein Baldachin mit einem Fries aus Uräus-Schlangen. Auf diesem Baldachin steht das Wort »Erwache!«67 Nun bedeckte man den König mit Leinenbinden und brachte die Totenopfer dar. Dann begann seine Wiedererweckung mit dem Mundöffnungs-Zeremoniell. Der Priester berührte das Auge des Herrschers mit dem magischen Auge des Horus, ein Gefäß mit Milch der Göttin Isis wurde ihm gereicht: »Nimm die Brust deiner Schwester Isis, der Milchspenderin, die du an deinen Mund führen sollst«. Neugestärkt erhob sich der König nach all diesen Zeremonien und legte die normale Königstracht an. Er verließ den Raum der heiligen Handlungen durch eine Tür, die im Festtempel Thutmosis‹ III. die Bezeichnung »Menkheperre (es bleibt das Werden des Re), der das Böse vertreibt« trug:68 »Die Ka-Kraft ist um ihn, Erhabenheit ist zu seinen Füßen. Seine Kronen sind auf seinem Haupt, seine Uräus-Schlangen an seinem Scheitel. Das Schlangendiadem sitzt an seiner Stirn, mit durch-

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3 Der Pharao – Sein Leben

bohrendem Blick und leuchtender Flamme. Die Machtzeichen sind am rechten Platz.«69

Die Erneuerung der Kräfte durch das Sedfest zeitigte unmittelbar Erfolg, wenn beispielsweise die außerordentliche Nilüberschwemmung des Festes gefeiert wird: »Sie (die Nilflut) bringt die Elle, nicht besteht ein Damm gegen sie. Sie erreicht die Berge.«70 Es folgte die Aufstellung des Djed-Pfeilers, eines Fetischs, der das Rückgrat des Osiris symbolisierte und dessen Errichtung die Auferstehung dieses Totengottes ins Gedächtnis rief. Mit der Übernahme des Zeichens in das Schriftsystem, steht es für Dauer und Beständigkeit (S. 65). Ihren öffentlichen Höhepunkt erreichten die Feierlichkeiten, wenn die Krönung des Herrschers erneut vollzogen wurde, und der Pharao abwechselnd die ober- und die unterägyptische Krone trug. Einen wichtigen Anteil an dem Jubiläumsfest hatte ein Laufritual: Mit angewinkelten Armen läuft König Djoser mit der weißen Krone, dem künstlichen Bart, Schurz, Tierschwanz und einem Wedel in der Rechten (Abb. 6, S. 64). Bei seinem Sedfest scheinen Läufe das wichtigste gewesen zu sein.71 Es waren insgesamt vier, die der Pharao zu absolvieren hatte: mit Dokumenten, mit einem Ruder sowie mit den Insignien Krummstab und Geißel. Dabei handelte es sich allerdings weniger um tatsächliche Läufe, bei denen es – ähnlich wie im Körper eines Marathonläufers – zur Ausschüttung opiatähnlicher Stoffe kam, die den Herrscher in eine Art Trance versetzen sollten, wie einige moderne Autoren wollten.72 Das Ritual steht im Vordergrund, nicht die körperliche Leistung. Sicherlich hatte der König nach 30 Regierungsjahren den Zustand seiner physischen Kräfte zu beweisen, doch dafür genügte der Lauf über eine kurze Distanz von wenigen Metern. Auch hierbei wurde auf magische Weise die königliche Kraft erneuert. Da der Lauf zudem eine Wiederholung des gleichen Zeremoniells beim Herrschaftsantritt war, war es ein erneuter Besitzergreifungslauf, mit dem der Pharao seinen Anspruch auf die Herrschaft unterstrich.

3.6 Der Tod des Pharaos

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Neben dem realen Sedfest, das selten stattgefunden haben dürfte,73 besteht seine eigentliche Bedeutung als Symbol einer ständigen Regeneration, die von jedem historischen Bezug gelöst ist. Das Sedfest hat eine große Bedeutung in der Dekoration der Königstempel vom Alten bis zum Neuen Reich.74 Diese Bauten sind sofort nach der Thronbesteigung des Pharaos begonnen worden, als das Erneuerungsfest noch in weiter Ferne lag. Die entscheidende Botschaft der Erinnerung an das Erneuerungsfest berührt ein zentrales Thema des ägyptischen Jenseitsglaubens: die Hoffnung auf Verjüngung. Daher wünscht man auch dem jungen Tutanchamun (1333 – 1323) »Millionen Jahre und Hunderttausende von Sedfesten«75 und Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) »eine Ewigkeit von sämtlichen Sedfesten«.76 Die größte Zahl von SedfestWünschen findet sich im Königstempel Ramses‹ III. (1182 – 1151). Immer wieder weisen die Texte dem Pharao eine Regierung von idealer Länge zu. Die Formulierung »Millionen von Sedfesten und Hunderttausende von Jahren« verdeutlicht, dass das Erneuerungsfest als gesteigertes Maß der Zeit galt. Ein derartiger Wunsch bezieht sich auf das Diesseits wie auf das Jenseits, denn die Lebenskraft des Königs soll auch nach seinem Tod ständig erneuert werden. Seit Amenophis IV./Echnaton begegnen uns auch Sedfeste von Göttern, die wie die Menschen einem Prozess der Alterung unterworfen waren.

3.6

Der Tod des Pharaos

In allen gesellschaftlichen Schichten oblag es dem Sohn, die notwendigen Schritte für die Bestattung seines Vaters durchzuführen; so war es auch bei den Königen. Lebte kein Familienmitglied mehr, übernahm der nachfolgende Pharao diese Aufgabe: »Ein schönes Amt ist das Königtum, auch wenn es keinen Sohn und keinen Bruder hat, der seine Denkmäler erhält, wird doch einer dem anderen Gutes erweisen. Ein Mann tut etwas für seinen Vorgänger, damit das, was er

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3 Der Pharao – Sein Leben

gemacht hat, auch von einem anderen, der nach ihm kommt, ausgebessert werde.«77 Während die Thronbesteigung des neuen Pharaos vollzogen wurde, begann man anderen Orts mit der Mumifizierung seines verstorbenen Vorgängers. Der Schritt über die Schwelle des Todes führte den verstorbenen Herrscher wie alle Ägypter zunächst ins Balsamierungshaus.78 Dort, unter der Aufsicht von speziell ausgebildeten Priestern und Handwerkern, wurde sein Körper für die weite, gefahrvolle Reise ins Jenseits hergerichtet und in seiner äußeren Gestalt so weit wie möglich bewahrt; denn auch ihn wollte der Ägypter, im Sinne seiner ganzheitlichen Auffassung vom Menschen, fortleben lassen. Selbst die verderblichsten Teile, die Eingeweide, wurden zwar aus der Leiche entfernt, aber in vier Krügen, den Kanopen, getrennt behandelt, eingewickelt und mit bestattet. Die Ägypter waren von dem Glauben durchdrungen, dass der Tod Geist und Seele nicht vom Fleisch trenne. Der tote Körper war für sie keine abgenutzte Hülle, denn die Lebenskräfte Ka und Ba verlassen ihn nur vorübergehend. Später kehren sie wieder in ihren alten Körper zurück, doch dazu muss er gut erhalten sein; ansonsten werden sie ausgelöscht. Also musste etwas geschehen, um die Verwesung zu verhindern, und so verfielen die Ägypter auf das Einbalsamieren, indem sie den Leichnam mit kostbaren Salben einrieben.79 Im Allgemeinen dauerte diese Prozedur 30 Tage, bei Vornehmen, und selbstverständlich dem Pharao, dehnte man sie – kosmischen Vorstellungen folgend – auf mindestens 70 Tage aus.80 Und an einem weiteren Ort war mit dem Tod des alten Königs seit dem Neuen Reich eine rege Betriebsamkeit ausgebrochen: Im Tal der Könige, der Begräbnisstätte der ägyptischen Herrscher seit Thutmosis I. (1504 – 1492). Die Arbeiten waren wie üblich mit Regierungsantritt des Verstorbenen begonnen worden, nun mussten sie rasch vollendet werden. Der abgebildete Plan (13) gehört zur größten aller im Tal der Könige gebauten Anlage, dem Grab Sethos’ I. (1290 – 1279).81

3.6 Der Tod des Pharaos

Abb. 13: Grab Sethos’ I.

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3 Der Pharao – Sein Leben

Zunächst führen Korridore (A-C) in Vorsäle (D-F), von denen weitere Korridore (G, H) abzweigen, bis man durch eine Halle (I) in den Sarkophagsaal (J) gelangt; an ihn schließen sich weitere Seitenräume (L,M,O), eine Opferkammer (N) sowie ein nicht fertig gestellter Raum (P) an. Sethos I. hatte die Entwicklung des königlichen Felsgrabes auf ihren Höhepunkt geführt. Von nun an wurden nicht nur ausgewählte Räume, sondern alle Wände und Decken des Königsgrabes vom Eingang bis zur Sargkammer vollständig dekoriert. Wie über der Mittelachse der Tempel erscheinen jetzt an der Decke des ersten Korridors fliegende Geier, die den Weg in das Grab beschützen. Auch der erhaltene Alabastersarg weist als erster Königssarkophag eine Dekoration auf, die alle Flächen bedeckt. Als die Mumie des verstorbenen Herrschers für die Überführung in das Grab vorbereitet war, war auch der neue Pharao mit dem Hoftstaat in Memphis angekommen, um den Toten auf dessen letzter Fahrt zwei Wochen nilaufwärts nach Theben zu begleiten. Dort verband ein Kanal den Fluss mit dem Königstempel des Verstorbenen, in dem verschiedene Zeremonien an der Mumie durchgeführt werden konnten. Als diese nach einigen Tagen beendet waren, wurde der Sarg auf einen Schlitten gesetzt und von gefleckten Rindern zum Grab gezogen. Mitgeführt wurden all die Gegenstände, die dem verstorbenen Herrscher im Jenseits zur Verfügung stehen sollten: beschriftete Krüge mit einer Fülle von Lebensmitteln und Getränken, Truhen mit Stoffen, Perücken, Sandalen; Uschebti, kleine mumiengestaltige Figuren des Verstorbenen, die Abbild und Diener zugleich sind, um öffentliche Arbeiten im Jenseits auszuführen; Götterfiguren, Statuen des Königs selbst und zahlreiche Möbel, ebenso erlesene Gefäße, Schmuck, Schatullen, Blumensträuße und der Streitwagen des Königs, den er im Totenreich benötigen würde wie zu Lebzeiten, sowie die Handschuhe, die er als Wagenlenker trug. Das letzte Stück des Weges zogen hohe Würdenträger den Schlitten; die Rinder wurden feierlich geschlachtet. Die Beamten sprachen Gebete, die in dem Refrain endeten: »Sei wohl-

3.6 Der Tod des Pharaos

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behalten! Sei wohlbehalten! In Frieden! In Frieden! Zum Westen! Zum Westen!«82 Unmittelbar vor dem Eingang des Grabes empfingen Priester den Leichnam; sie stellten verstorbene Könige dar, die den Toten ins Grab selbst begleiten sollten. Hier begann das Mundöffnungsritual; der tote Pharao wurde für seine ewige jenseitige Existenz wieder belebt, also neu erschaffen. Dazu wurde die Mumie nochmals aus dem Sarg genommen und vor dem Grab aufgestellt, damit der neue Pharao das Ritual vollziehen konnte. Die Krönung des Königs, sein Erneuerungsfest und sein Begräbnis sind nur verschiedene Manifestationen einer Grundidee: der Idee des Eintritts in eine neue Seinsform. Zur Bestattungszeremonie gehörte die Räucherung, die mit dem Gebet verbunden war, der König möge »auf den Schwaden des Weihrauchs« aufsteigen. Schließlich kam der Moment des endgültigen Abschiednehmens, die Angehörigen umarmten den Verstorbenen ein letztes Mal: »Mein Herz weint, weint. Du erreichst die Nekropole eilends. Wehe, wehe!«83 Dann legte man die Mumie in den Sarg zurück. Nachdem alle Beigaben im Grab untergebracht waren, deponierte man als letztes den Holzsarg mit der Mumie im Steinsarkophag. Nach und nach verschlossen Beamte die einzelnen Korridore mit schweren Steinplatten und versiegelten sie. Der Gott ruhte nun, eigentlich für alle Zeiten, in seinem Grabpalast. Um das Aussehen des Grabes und der Königsmumie zu beschreiben, greife ich auf Verhörprotokolle von Grabräubern zur Zeit Ramses’ III. (1182 – 1151) zurück, aus denen wir nicht nur erfahren, wie sie arbeiteten, sondern auch detailgenau, was sie erbeuteten, als sie das Grab eines Königs der 17. Dynastie plünderten: »Wir nahmen angezündete Kerzen in unsere Hände, beseitigten den Schutt, den wir am Eingang zu seiner Kammer fanden, und fanden diesen Gott (den König) ganz hinten in seinem Grab liegend. Und wir fanden den Begräbnisort der Königsgemahlin Nubchas, seiner Gemahlin, wie sie an seiner Seite lag, geschützt und abgeschirmt durch Gips und mit Schutt bedeckt. Wir räumten auch dies weg und fanden den Sarg der Königin ebenso daliegen. Da öffneten wir ihre Särge und Hüllen, in denen sie

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3 Der Pharao – Sein Leben

lagen. Wir fanden diese erhabene Mumie dieses Königs, ausgestattet mit einem Sichelschwert; eine große Zahl von goldenen Amuletten und Schmucksachen am Hals und den Kopf mit Gold bedeckt. Die erhabene Mumie dieses Königs war ganz mit Gold überzogen, und seine Särge waren innen und außen mit Gold und Silber bekleidet und mit allerlei prächtigen Edelsteinen ausgelegt. Wir rissen das Gold ab, das wir an der erhabenen Mumie dieses Gottes fanden, und ebenso seine Amulette und Schmucksachen, die an seinem Hals hingen, und Hüllen, in denen er ruhte. Die Königin fanden wir ebenso (ausgestattet) und rissen ebenso alles ab, was wir an ihr fanden. Ihre Hüllen verbrannten wir und stahlen auch ihren Hausrat, den wir bei ihnen fanden, an goldenen und silbernen und bronzenen Gefäßen. Wir teilten dann zwischen uns und teilten dies Gold, das wir bei diesen beiden Göttern gefunden hatten, an ihren Mumien, den Amuletten, Schmucksachen und Hüllen.«84

Im Gegensatz zu allen anderen Menschen, die aus der Welt der Lebenden in das Totenreich hinüberfahren, steigt der Pharao, der als Mensch bereits göttlich ist, in den Himmel auf. Menschen »gehen dahin«, Könige »fliegen empor«. Ein normaler Sterblicher ging in den »schönen Westen« oder landete am anderen Ufer, bewegte sich also horizontal. Er trachtete danach, im Jenseits zu »landen«, »in der Gunst des Königs«, wie er auch zu Lebzeiten hoffte, in dessen Gunst zu stehen.85 Allein der Pharao »steigt auf zu seinem Lichtland, entfernt sich zum Himmel und vereinigt sich mit dem Sonnengott, der ihn geschaffen hat«.86 Für den König entfallen selbstverständlich all die Prüfungen, denen sich jeder Sterbliche unterziehen muss, ist der Pharao bereits auf Erden als Sohn der Götter selbst Gott und kehrt nach seinem irdischen Zwischenspiel wieder heim zu seinen Eltern. Diese Rückkehr zu seinem himmlischen Vater und die Vereinigung mit der Sonne sind die zentrale Botschaft des königlichen Totenglaubens. Es ist vor allem die Pyramidenzeit, die das Jenseits für den Pharao eindeutig im Himmel lokalisiert. So wird die Pyramide selbst zum Symbol oder konkreter zur Leiter zum Himmel. »Ihm (dem Pharao) wird eine Treppe geschlagen zum Himmel, damit er darauf zum Himmel aufsteige«.87 Die Götter helfen, indem sie »die Leiter aufrichten«

3.6 Der Tod des Pharaos

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oder »eine Sänfte bereiten« oder »eine Rampe stampfen«.88 Im Himmel sind es vor allem die mütterlichen und väterlichen Gottheiten, die den ankommenden Pharao begrüßen. Nun befand sich der Gott endgültig in der Gemeinschaft seinesgleichen. Begleitet wird der Vorgang von kosmischen Phänomenen wie Erdbeben. So geschah es noch beim Tod des Gottessohnes Jesus, dass die Erde erbebte und die Felsen zerrissen.89 Der Pharao Unas (2317 – 2297), mit dem die 5. Dynastie endete, hat in den unterirdischen Kammern seiner Pyramide Sprüche des königlichen Bestattungsrituals einmeißeln lassen, die sicher längst vertraut waren und seinen Vorgängern auf Papyrus mitgegeben wurden. Die sorgfältig ausgeschlagenen und blau eingefärbten Texte befinden sich in einem ausgezeichneten Erhaltungszustand. Möglicherweise hängt der Entschluss, die überlieferten Worte in Stein zu hauen, mit einer Neuordnung des Rituals zusammen. Mit ihrer Verewigung in unvergänglichem Material erhielten die Gebete eine längere Wirksamkeit; ähnliche Gründe hatten zum Wechsel von der Ziegel- zur Steinbauweise geführt. In diesen Pyramidentexten des 24. und 23. Jahrhunderts besitzen wir die älteste religiöse Spruchsammlung überhaupt.90 Es handelt sich dabei um über 700 verschieden lange Inschriften, die das Bestattungsritual des Königs beschreiben, mit dessen Hilfe er von den Toten auferstehen, Gefahren abwenden und ein neues Leben im Jenseits beginnen sollte. Die Sprüche sind unter dem Gesichtspunkt ihrer magischen Wirksamkeit und ihres rituellen Zweckes zusammengestellt: Sie sollten die ungehinderte Auffahrt ins himmlische Reich des Königsvaters, des Sonnengottes Re, ermöglichen und den Toten unterstützen, dort, im jenseitigen Himmel, die Herrschaft unter den Göttern zu erringen, selber zum obersten Gott zu werden. Eine der sonderbarsten Formen der Machtergreifung des toten Königs bei seiner Ankunft im Himmel bezeugt der sogenannte Kannibalenhymnus.91 Indem der König mit Hilfe von Göttern andere Götter verzehrt, gewinnt er deren Zauberkräfte. Die Überzeugung, dass der König aus dem Samen des Sonnengottes hervorgegangen ist, bestimmt auch die Schil-

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3 Der Pharao – Sein Leben

derung seines Ablebens: »Da stieg der Gott (der tote König) zu seinem Horizont, der König von Ober- und Unterägypten Sehetep-ib-re (Thronname Amenemhets I. [1976 – 1947]), er entfernte sich zum Himmel und verband sich mit der Sonnenscheibe, der Gottesleib vereinigte sich mit dem, der ihn geschaffen hatte.«92 Dort wird der König nochmals vom Re gekrönt und erhält einen himmlischen Thron. Schließlich kann er mit Re im Sonnenboot an der Fahrt über den Himmel und durch die Unterwelt teilnehmen. Dabei sind unterschiedliche Rollen möglich, in denen der tote König Re unterstützt: als Bote, als Schreiber, als Ruderer der Sonnenbarke und als Stellvertreter des Gottes. In all diesen Funktionen scheint der Verstorbene dem Sonnengott untergeordnet. Neben solchen Vorstellungen einer Unterordnung des toten Pharaos unter den König der Götter treten solche der Gleichberechtigung. Als Sohn des Re nimmt der Verstorbene am Wesen des Gottes teil. Der Pharao wird als Auge des Re identifiziert und schließlich als Re selbst. »Du bist Re, der aus Nut hervorkam«, heißt es in einem Pyramidentext.93 Deutlich über eine Gleichstellung hinausgehen Beschreibungen, in denen der verstorbene Pharao gegenüber Re als größer beschrieben wird. Denn Re muss seinen Platz in der Himmelsbarke an den König abtreten und dessen Befehlen gehorchen.94 In solchen Pyramidentexten ist es der tote Pharao, der die tägliche Wiedergeburt des Re garantiert und dafür sorgt, dass der Sonnengott seine alltägliche Reise durchführen kann. Eine andere Vorstellung verklärt den König als den, der fortging, um als Gott Macht zu gewinnen, und der nun, von seinem Nachfolger versorgt, in der Gestalt des Osiris thront. Von dort verkündet er seinem Sohn: »Ich bin in der Unterwelt, ich, dein wahrhafter Vater, der ein Gott geworden ist. Ich bin vermischt mit den Göttern, während ich der Sonne folge, und ich kenne den, der in seiner Barke ist (den Sonnengott).«95 Für die Existenz im Jenseits waren zwei Dinge wichtig. Das ummauerte Grab sicherte die körperliche Existenz des verstorbenen Königs, der Königstempel diente nach seinem Tod als Opferstätte seinem Unterhalt im Jenseits.

3.7 Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen

3.7

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Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen

»Haus der Millionen an Jahren« ist eine seit der 12. Dynastie, vor allem aber aus dem Neuen Reich, belegte Bezeichnung für einen Tempel. Diese Millionenjahrhäuser wurden unmittelbar nach Regierungsantritt begonnen und ihre kultische Inbetriebnahme erfolgte so schnell wie möglich noch während der Herrschaft des Pharaos. Deshalb schlägt S. Quirke vor, den oft verwendeten Begriff »Totentempel« durch »Tempel für den Königskult« zu ersetzen;96 ich verwende mit M. Ullmann den Begriff »Königstempel«, der durch Formulierungen in den Quellen wie »Häuser der Könige« gerechtfertigt ist.97 Die Bezeichnung »Haus von Millionen von Jahren« hebt die Funktion der Anlage als Toten- und Verehrungstempel hervor. Kultempfänger ist der königliche Ka, den Ullmann, in Unterscheidung zum König als irdischer Person, als die Verkörperung der göttlichen Natur des Königs sehen möchte.98 In diesen Millionenjahrhäusern befinden sich Statuen des Königs als tägliche Opferempfänger oder Teilnehmer an Götterprozessionen. Kernpunkt des Kultgeschehens war die Vereinigung des Königs mit dem im Tempel zu Besuch weilenden Gott. Gott und Gott-König wurden im Kult erneuert und damit auch die Herrschaft des Pharaos. »Die Erneuerung der Königsmacht war das vorherrschende Ziel des Kultgeschehens in den Millionenjahrhäusern.«99 Die göttliche Herrschaft des Pharaos sollte auf diese Weise als Horus-König auf Erden und später als Osiris-König im Jenseits bis in alle Ewigkeit fortgeschrieben werden. In diesen Millionenjahrhäusern finden wir auch häufig einen Kult für den irdischen Vorgänger wie für Ramses I. (1292 – 1290) im Tempel Sethos’ I. (1290 – 1279) oder für diesen im Ramesseum Ramses II. (1279 – 1213). Gelegentlich wird auch auf einen weiter zurückliegenden Vorgänger zurückgegriffen, wie es Ramses III. (1182 – 1151) mit Ramses II. tat. Die gleiche Motivation liegt den Königslisten zugrunde (S. 14).

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Abb. 14: Grabanlage des Pharaos Djoser

3 Der Pharao – Sein Leben

3.7 Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen

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Als Grabanlage entstand oberhalb der Residenz Djosers (2640 – 2620) auf dem Wüstenplateau von Saqqara, südlich des Königsfriedhofs der ersten Dynastie, ein 544 Meter langes und 277 Meter breites Areal mit einer über 10 Meter hohen Umfassungsmauer aus leuchtendweißem Kalkstein: die »Stadt der weißen Mauern« (Abb. 14). Der tote König erhielt hier nicht nur Grab, Tempel und Festhof, sondern eine ganze Residenz aus dauerhaftem Stein; selbst Deckenbalken und halb offene Türen wurden aus dem neuen Material gebildet, und die kannelierte Dreiviertelsäule war gleichfalls steinerne Verwandlung der bisherigen Bauweise aus Holz und Schilfrohr. Von 14 Toren führt nur eines in die Empfangshalle hinein; alle übrigen sind Scheintore. Im Inneren befindet sich ein Festhof, umsäumt von kleinen Tempeln ober- und unterägyptischer Götter, die den König begleiten sollten. Wiederum sind die weitaus meisten dieser Bauten, wie einige Verwaltungsgebäude, nur Attrappen und nicht wirklich betretbar. In der Mitte der Anlage, als wirkungsvoller Abschluss eines großen Hofes mit zwei Altären, erhebt sich in sechs Stufen die 60 Meter hohe Pyramide über dem unterirdischen Grab des Königs. Sie steht über einem 28 Meter tiefen Schacht, der zur Grabkammer führte. Diese Pyramide wird gelegentlich Stufenmastaba genannt, weil ihr Grundriss rechteckig, aber nicht quadratisch ist. Sie ist eine monumentale Steigerung des normalen Grabhügels und zugleich steingewordenes Abbild des ›Urhügels‹, der bei der Schöpfung als Basis der Weltordnung aus den chaotischen Urgewässern auftauchte. Dieser erste Pyramidenbau wurde zum weithin sichtbaren Wahrzeichen der Totenstadt von Memphis; die nachfolgenden Anlagen waren alle kleiner. Im Südosten ist dieser ältesten Pyramide ein von den eben genannten kleinen Tempeln umgebener Festhof vorgelagert. Dort sollte der tote Pharao im Jenseits eine ewige Kette von Erneuerungsfesten feiern (S. 81). Der ungeheure Aufwand vor allem der späteren Pyramidenbauten100 diente nicht der Verherrlichung des jeweiligen Herrschers. Der König war Träger und Garant der Wohlfahrt des Staates; seine schöpferischen Kräfte hielten die Weltordnung zusammen, und

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3 Der Pharao – Sein Leben

daher sollten sie über die Schwelle des Todes hinaus bewahrt werden. Nun, so ganz für die Ewigkeit gemacht waren die Gräber der Pharaonen denn doch nicht. Wenn das Grab des Tutanchamun es bis ins 20. Jahrhundert ungeplündert überstanden hat, ist dies der Tatsache zu verdanken, dass es sich nicht eigentlich um ein Königsgrab gehandelt hat. Was ansonsten mit den Gräbern geschah, schildert der oben zitierte Papyrus, der das Verhandlungsprotokoll eines Prozesses gegen Grabräuber enthält (S. 93). Aus Liebe, oder wohl eher aus Sorge um den Toten oder aus Furcht vor ihm, übertrug man die Kult- und Grabpflege speziell dafür zuständigen Personen. Ihr Einkommen wurde in genau ausgearbeiteten Kontrakten festgelegt und aus den Stiftungen bestritten, die der Verstorbene eigens dafür hinterlassen hatte. So war etwa das Grab Nekures, eines Sohnes des Königs Chephren (2522 – 2496), mit den Einkünften aus zwölf Städten ausgestattet.101 Solche Stiftungen schufen die materielle Grundlage für die kultische Versorgung und für die Entlohnung der dafür erforderlichen Priester. Faktisch gingen somit die staatlichen Güter und ihre Erträge mehr und mehr in private Nutznießung über. Gundlach betont, dass nach dem Ende der Thinitenzeit mit Djoser (2640 – 2620) eine Trennung des diesseitsbezogenen Bereichs der Herrschaft vom jenseitsbezogenen durchgeführt wurde.102 Im Bereich des Königsgrabes und seiner Kultanlage herrschte der dort bestattete König. Alle Ländereien, die der Aufrechterhaltung des Totenkultes und dem Unterhalt des entsprechenden Personals dienten, unterstanden dem jeweiligen ›toten‹, aber im Jenseits auf ewig fortlebenden Herrscher. Die Kultanlage des Djoser versorgte noch zu Beginn der 12. Dynastie, also nach 700 Jahren, den verstorbenen Pharao. Mit jedem toten König verkleinerte sich der Teil des Staatsgebietes, welcher der staatlichen Zentralverwaltung unterstand, bis diese – überspitzt formuliert – am Ende des Alten Reiches über kein Land mehr verfügte. Die im Wortsinn zeitüberdauernde Bedeutung Djosers lässt sich an einer Inschrift der ptolemäischen Epoche demons-

3.7 Bauten für die Ewigkeit: Millionenjahrhäuser und Grabanlagen

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trieren, deren Inhalt entfernt an die sogenannte Konstantinische Schenkung erinnert. Der Inschrift zufolge hatte Djoser das nubische Land vom ersten Katarakt bis zur Insel Sehel dem Gott Chnum geschenkt, ein Gebiet von etwa 20 Kilometer Länge. Es war eine Fälschung, mit welcher man Besitzansprüche des Tempels ›beweisen‹ wollte, indem man sich auf einen bekannten Pharao berief.103 Es scheint allerdings, dass es nur wenigen Königen vergönnt war, längere Zeit nach ihrem Tod noch göttliche Verehrung zu erfahren (S. 117). Denn mit der Regierungszeit eines neuen Pharaos verlor dessen Grabanlage gegenüber dem neuen Königstempel an Bedeutung. Bei den Grabungen am Pyramidenkomplex des Mykerinos (2489 – 2461) in Gisa zeigte sich, dass dessen Tempel innerhalb von ein bis zwei Jahrhunderten zu Behausungen für die Tempelbediensteten verkommen war. Da sie offenbar nicht mehr hinreichend aus Ländereien versorgt wurden, bestritten sie ihren Lebensunterhalt, indem sie die für Kultzwecke bestimmten Steinstatuen und Gefäße in kleine Stücke zerschlugen, um Gefäße für die zeitgenössische Grabausstattung der Beamten herzustellen.104

4

Der Pharao als Gott

Der Mensch der vorindustriellen, weitgehend auf Agrarwirtschaft basierenden Gesellschaft lebte in einer ihm feindlichen Umwelt, wobei ihm die Schwierigkeiten aus der Natur – selbst in Ägypten – oder den Mitmenschen erwuchsen. Diesen Schwierigkeiten konnte der Mensch begegnen. Er griff in die Natur ein, und er suchte und fand Ordnungen, die das menschliche Miteinander berechenbar und somit erträglich machen sollten. Doch all diese Bemühungen stießen an Grenzen. Mit der Feststellung derartiger Grenzen war der Mensch rasch auf Mächte verwiesen, die außerhalb seiner eigenen Kontrolle lagen: Wir nennen diese Mächte Götter. Nun gab es zu allen Zeiten Menschen, die außergewöhnliche Macht, Einfluss, Reichtum, Wissen oder auch Schönheit besaßen, und auch solche Menschen erschienen ihren Mitmenschen wie Gottheiten. Um mit den antiken Vorstellungen von Gott umgehen zu können, müssen wir uns von christlich geprägten lösen.1 Und dennoch liegt gerade im antiken Christentum, weil es auf heidnische Vorbilder zurückgreift, ein Schlüssel zum Verständnis des Phänomens bereit, dass ein Mensch Gott sein kann. Jesus Christus ist Mensch und Gott. Die christliche Lösung spricht von zwei Naturen in einer Person: einer göttlichen und einer menschlichen.2 Und genau dies trifft auch für den Pharao zu – der es möglicherweise in erster Linie war, der die christliche Sicht prägte. Der Pharaowar Gott-König, war Gott und Mensch zugleich,3 war Gott in einer irdischen »Materialisation«.4 Er besaß eine »Doppelnatur«5 und diese unterschied ihn von allen anderen Menschen. Die menschliche Natur des Pharao ist weitgehend Gegenstand dieses Buches; im folgenden Abschnitt soll also nur seine göttliche zur Sprache kommen.6

4.1 Der Sohn der Sonne

4.1

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Der Sohn der Sonne

In den Darstellungen des Tempels von Abu Simbel steht der Gott Ptah-Tatenen dem König Ramses II. (1279 – 1213) gegenüber und spricht ihn als Vater an, der den König gezeugt hat als Gott (S. 10). Immer wieder lässt der Text Ptah-Tatenen auf dieses Thema zurückkommen: »Rede des Ptah-Tatenen . . . Ich bin dein Vater, der dich als Gott erzeugte, so dass alle deine Glieder Götter sind. Ich vollzog eine Verwandlung in den Widder, den Herrn von Mendes; ich ergoss dich in deine ehrwürdige Mutter. Ich weiß: Du bist mein Beschützer, und du tust Nützliches für meinen Ka. Ich brachte dich hervor um aufzugehen wie Re; ich erhöhte dich vor den Göttern, König Beider Ägypten› reich an Maat ein Re, Erwählter des Re, Sohn des Re, Re ist es, der ihn geboren hat, Geliebter des Amun‹. Die Gefährten des Ptah sind im Jubel . . ., seit sie dich sehen, wie du meinem edlen, großen und mächtigen Körper gleichst. Die großen Damen des Ptah-Tempels und die Hathoren des Atum-Tempels sind in Feststimmung; ihr Herz ist in Freude, ihre Arme schlagen in Festfreude die Handpauke, seit sie dein schönes Aussehen erblickt haben. Die Liebe zu dir ist wie (zu) der Majestät des Re. Götter und Göttinnen preisen deine Schönheit, verehren (dich) und entbieten mir ihre Lobpreisungen, indem sie sagen: ›Du bist der, der für uns einen Gott deinesgleichen hervorgebracht hat, den König Beider Ägypten‹.«7

In nicht zu überbietender Klarheit wird hier die göttliche Abstammung des Königs betont: Ramses II. ist Gottessohn, ist Gott. Der König ist der »vollkommene Gott«, der mit den anderen Göttern wie mit seinesgleichen umgehen kann. Der ägyptische König ist seit seiner Geburt, ja seit seiner Zeugung Gott. »Seht, ein Gott ist er auf Erden«, heißt es von Ahmose (1550 – 1525).8 Als Gott auf Erden ist der König zugleich »handelnder Geschichtsgott, seiner göttlichen Übergewalt kann keine irdische Macht widerstehen, ›es gibt kein Standhalten in seiner Nähe‹.«9 In vielen Texten ist immer wieder von der Freude der Götter über den König die Rede, von ihrem Jubel, ihrer Zufriedenheit

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4 Der Pharao als Gott

und ihrem Wohlwollen. Das Verhältnis des Pharaos zu Amun etwa ist eine Beziehung unter Gleichen. Wie Amun den König liebt, freut er sich über dessen Gegenliebe und so spricht Amun zu Sesostris I. (1956 – 1910): »Wie angenehm ist deine Liebe zu mir.«10 Die anderen Götter lieben und vertrauen dem Pharao, was auch bedeutet, dass er als Gott Verantwortung für die anderen Götter trägt. Als Gott und als Mensch kann er die Mittlerrolle zwischen Menschen und Göttern ideal erfüllen. Über dem Eingangstor von Abu Simbel opfert Ramses seinem eigenen Namensbild. Als Gott ist der Pharao zugleich der perfekte Herrscher. Sein gesamtes Handeln soll darauf ausgerichtet sein, sich als pietätvoller Sohn zu bewähren. Als Sohn kennt der Pharao den Willen seines göttlichen Vaters und vermittelt diesen an die Welt. Durch die Beschreibung des Herrschers mit einem Körper aus Gold (S. 10) wird dessen Göttlichkeit zum wiederholten Mal unterstrichen. Der Gott Ptah-Tatenen vermittelt Ramses II. die Möglichkeit, dass dieser als Gott handeln kann. Was das für die Welt, also für Ägypten, bedeutet, schildert die folgende Passage: »Ich gebe dir reichliche Nilüberschwemmungen; ich versehe dir die Beiden Länder mit Wohlstand, Nahrung und edler Versorgung. Speisen sind bestimmt für jeden Ort, an den du trittst. Ich gebe dir fortdauernd Getreide, um die Beiden Ufer in deiner Zeit zu ernähren.« In immer neuen Bildern charakterisiert der Gott Ptah-Tatenen und mit ihm Ramses die enorme Fruchtbarkeit Ägyptens. »Ihr Korn ist wie der Sand des Strandes; ihre Scheunen nähern sich dem Himmel, ihre (Getreide-)Haufen sind wie Berge. Man freut sich und ist satt bei deinem Anblick, Nahrung, Fische und Vögel sind unter deinen Füßen; Ober- und Unterägypten nähren sich von deiner Versorgung . . . Deine Königsherrschaft ist Sieg und Reichtum wie (die des) Re, seit er die Beiden Länder beherrscht, o König Beider Ägypten.«

Der König wird mit dem Nil in Verbindung gebracht. Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) ist »der große Nil des ganzen Landes und die Nahrung aller Leute«.11 Jede

4.1 Der Sohn der Sonne

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neue Thronbesteigung bedeutet eine neue, segensreiche Nilflut, wie dies in einem Lied auf Merenptah (1213 – 1203) belegt ist (S. 62). Sinnbild des Lebens schlechthin ist für den Ägypter auch die Luft, die der Mensch zum Atmen benötigt – sowohl im diesseitigen wie im jenseitigen Leben. Neben den die Atemluft spendenden Göttern wird der Pharao als »Atem« bezeichnet. Der König ist Herr über Leben und Tod, er ist die Lebenskraft und gibt diese allen Wesen weiter, die seiner Herrschaft unterstehen und damit der von ihm geordneten Welt angehören. Der Pharao ist der Spender aller männlichen Fruchtbarkeit, ein zentraler Aspekt, den auch die Königin Hatschepsut (1479 – 1457) nicht umgehen konnte: »Die Beiden Länder sind angefüllt mit den Kindern deiner Kinder. Viel ist die Zahl deines Samens«, verkünden ihr die Götter.12 Zusammenfassen lassen sich alle Aspekte der göttlichen Fruchtbarkeit des Pharaos als Garanten von Frieden und Wohlstand nochmals mit einem Preislied auf Amenemhet III. (1853 – 1705): »Er ist die Sonne, die Strahlen sehen alles. Er erhellt die Beiden Länder mehr als die Sonnenscheibe. Er macht die Beiden Länder grünen mehr als der große Nil, Er hat die Beiden Länder mit Stärke gefüllt, (Er ist) Leben, das die Nase kühlt. Die Schätze, die er gibt, sind Speise denen, die ihm folgen, Er nährt die, welche seinen Pfad betreten. Der König ist Nahrung, sein Mund ist Überfluss.«13 In der Ideologie sollte durch diesen enormen Reichtum Ägyptens den Menschen Hunger, Armut und daraus resultierende Gewalt erspart bleiben. Wir dürfen davon ausgehen, dass der Alltag der Ägypter dieser Ideologie von »Herrschaft und Heil« nicht entsprach.14 Um die Göttlichkeit des Pharaos zum Ausdruck zu bringen, stand den Ägyptern eine Fülle von Bildern zur Verfügung. So galt seit der Frühzeit der Falke als ein Wesen, das sich in die

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4 Der Pharao als Gott

höchsten Höhen hinauf schwingt und daher als Gestalt des Himmelsgottes gesehen wurde. Schon früh ist er daher mit dem Sonnengott Horus verbunden worden.15 Da der Pharao mit Horus gleichgesetzt wurde – der Horus-Name ist die älteste Titulatur des ägyptischen Königs (S. 74) – trägt er gelegentlich das Falkengefieder.16 Stirbt der König, so »ist der Falke zum Himmel emporgestiegen.«17 Der Pharao Djedefre (2531 – 2522) nannte sich als erster »Sohn des Re«.18 Der König ist Sonnengott auf Erden. Er und die Sonne sind identisch. Es ist die gleiche Macht, die am Himmel und auf der Erde agiert. Die Bezeichnung als Sohn drückt die Vorstellung des Jugendlichen und Leistungsfähigen aus. »Der Unterschied zwischen beiden Gestalten ist nur, dass der König aktiv ist und der am Himmel befindliche ›Horus‹ zwar wirken, aber nicht agieren kann.«19 Die Nähe des Pharaos zu den Göttern wird in der 5. Dynastie durch die Errichtung der Sonnenheiligtümer herausgestellt; in ihnen wird der regierende König mit dem Sonnengott Re zusammen verehrt. Der Pharao übernimmt auf Erden – als Sohn – die Rolle des Sonnengottes. Im Neuen Reich wird der König häufig mit »du bist Re« angesprochen. Aus der Regierungszeit Amenophis’ III. (1388 – 1350), um nur einen Pharao herauszugreifen, besitzen wir eine Fülle von entsprechenden Prädikaten: Der Pharao ist auf der einen Seite »Erwählter des Re« oder »Auserwählter des Re«, »Erschaffen von Re« oder »Erbe des Re«. Hier wird die aktivere Rolle des Re betont. Auf der anderen Seite ist der Pharao aber auch »Hieroglyphe des Re« oder »Ein Gleicher des Re«, womit die Göttlichkeit des Königs auf die gleiche Stufe wie diejenige des Re gestellt wird.20 Von Tutanchamun (1333 – 1323) heißt es: »Du bist Re, deine Figur ist seine Figur, du bist der Himmel, der (auf) vier Stützen (festgesetzt) ist«.21 Ein Bild, das eher in unsere Breitengrade als nach Ägypten zu gehören scheint, haben wir von Merenptah (1213 – 1203) in einem Siegeshymnus: »Sein Angriff ist die Sonne, welche die über Ägypten stehenden Wolken verscheucht.«22 Von sich selbst sagt der König: »Ich bin Re.« Er ist »Re der neun Bogen«, sitzt auf dem Thron des Re und stellt sein Abbild

4.1 Der Sohn der Sonne

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dar.23 Der König ist »Gott«, »präsenter Gott«,24 »lebender Gott«, »trefflicher Gott«, um nur einige Formulierungen aus Texten des Mittleren Reiches zu verwenden.25 Als Amenemhet I. in seinem 30. Regierungsjahr (!) ermordet wurde, ließ Sesostris I. (1956 – 1910) in einem fiktiven Testament durch seinen Vater den Grundsatz verkünden »Erscheine als Gott«. Das göttliche Königsamt war auf diese Weise in der Nachfolge des Alten Reiches erneuert. Von eben jenem Sesostris I. wird gesagt: »Ein Gott ist er ja, nicht gibt es einen Zweiten, nicht gibt es einen anderen, der ihm voraus ist.«26 Die Identität des Königs mit Horus einerseits und der Schutz, den der Gott Horus dem König andererseits zuteil werden lässt, kommen beide im Bild des falkengestaltigen Horus zum Ausdruck, der dem Pharao im Nacken sitzt.27 In anderen Darstellungen steht der König mit den Flügeln des Falken oder der Flügelsonne oder wird von Horus umarmt. Es handelt sich bei der Abbildung (15) um einen sonst unbekannten König Ka-hedjet der 3. Dynastie. Der Pharao mit Weißer Krone und Tierschwanz hält einen Stab und eine Keule in den Händen. Ihm gegenüber steht Horus in falkenköpfiger Menschengestalt mit einer Strähnenperücke. Der rechte Arm des Horus umfängt den König, der linke ergreift dessen Arm. Die Gestalten sind gleich groß, allerdings überragt Ka-hedjet durch seine Krone. Das Bild drückt Zuwendung aus, die von dem Gott Horus ausgeht. Auf jeden Fall ist der Pharao in diesem Bild gleichberechtigt und schaut Horus von Gott zu Gott ins Gesicht. Der Pharao ist Horus, Re, aber auch viele andere männliche und weibliche Götter. Er ist »Atum (der Urgott) persönlich«, »Bastet, welche die Beiden Länder behütet«, »Sachmet gegen den, der sein Gebot verletzt«, »Re, der durch seine Strahlen gesehen wird«, »der erobernde Horus«, »Chnum, der das Volk entstehen lässt«, »Sia ist er, der in den Herzen ist. Seine Augen, sie durchsuchen jeden Leib« – Sia ist die personifizierte Erkenntnis, meist eine Eigenschaft des Sonnengottes. Der Pharao ist schließlich die »Urschlange«.28 Wenn von Amenophis II. (1428 – 1397) gesagt wird, er sei die »lebende Statue des

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Abb. 15: Pharao und Horus

4 Der Pharao als Gott

4.1 Der Sohn der Sonne

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Amun auf Erden«,29 so bedeutet dies umgekehrt, dass Statuen und Bilder lebendig sind. Die bildhafte Wiedergabe ist für den Ägypter das Wesentliche. Die Arbeit des Bildhauers wird »belebend« genannt, weil das Abbild das Lebendige ist. »Er (Ptah, der Gott der Künste) . . . bildete ihren (der Götter) Körper nach, und dann gingen die Götter ein in ihren Körper aus allerlei Holz, allerlei Stein und allerlei Metall.«30 Auf einer Stele, die einem »Schminker« der Königin MeritRe-Hatschepsut gehört (Abb. 16), stehen unter der Flügelsonne der ithyphallische Min und die Göttin Hathor. Die Namen der beiden Gottheiten stehen jeweils neben einem Königsring: rechts bei Min derjenige Thutmosis’ III. (1479 – 1425) und bei Hathor derjenige der Königin. Der Text dazu beschreibt den König als Gott Min, die Königin als Göttin Hathor.31

Abb. 16: Der Pharao als Min und die Königin Merit-Re-Hatschepsut als Göttin Hathor

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4 Der Pharao als Gott

Nachdem um die Mitte des 3. Jahrtausends der Gott Osiris zum Herrscher der Toten geworden war, musste sein Verhältnis zum verstorbenen Pharao geklärt werden, der als Toter eigentlich der Herrschaft des Osiris hätte unterstehen müssen. Die Lösung, die man fand, wird der Doppelnatur des göttlichen und endlichen Aspekts des Königs gerecht: Sterbend wiederholte jeder Pharao das mythische Schicksal des Gottes und wurde als »Osiris-N. N.« zum Jenseitsherrscher; er wurde ein weiteres Mal rituell vergottet: Die Zeremonien der Thronbesteigung machten ihn zum Horus, die Begräbnisriten zum Osiris. Als während der Regierung Amenophis I. (1525 – 1504) der Grundstein für eine neue kulturelle Blüte gelegt wurde, schuf die religiöse Literatur der Zeit für eine Vielzahl von Ritualen die endgültige Form. Die Dichter der Zeit bemühten sich, den Weg und das Wirken der Sonne zu beschreiben, wenn sie tagsüber die Welt mit Leben erfüllt. Solche Dichtung preist zugleich den Pharao, der als Verkörperung oder Repräsentant des Sonnengottes dem Land und den Menschen zu Wohlfahrt und Wohlstand verhilft. Sonnenlitaneien, wie sie um die Mitte des zweiten Jahrtausends entstehen, geben der Hoffnung Ausdruck, der Herrscher werde sich wie die Sonne täglich erneuern, um vor den riesigen irdischen Aufgaben bestehen zu können. Und die Idee der Sonne, die auf ihrer nächtlichen Fahrt das Reich der ewigen Schatten passiert, verbanden die Theologen mit jener Tradition, die in Osiris den königlichen Herrscher des Totenreiches sah. Osiris erhielt nun gleichfalls Aspekte der Sonne, wurde selbst zum Sonnengott, allerdings in dessen unterweltlich-nächtlicher Form. Immer stärker rückte daher der Sonnengott auch ins Zentrum der Totengebete, die sich in stets neuen Wendungen an die untergehende Sonne richten und die man den Toten nun auf Papyri mitgab. Unter diesen Göttern bewegte sich der Pharao, und es ist keineswegs so, dass er »am unteren Ende der Göttlichkeitshierarchie« stand.32 Immer wieder finden wir Darstellungen, in denen er als Gott unter Göttern erscheint. In einer langen Szene aus Abydos steht er nicht nur an der Spitze der fünf

4.1 Der Sohn der Sonne

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folgenden Götter, sondern ist auch größer als sie (Abb. 17). Ramses II. (1279 – 1213) steht vor Amun-Re mit seiner Gemahlin Mut (nicht abgebildet), denen das Opfer gilt, das er, gefolgt von seinem ältesten Sohn, darbringt. Es handelt sich um verschiedene Gänse, von denen der Pharao zwei in Händen hält, während weitere »100 000 und Millionen«, wie der Begleittext sagt, in einem Netz gefangen sind. Dieses Netz wird von Ramses als Vogelfänger gezogen.33

Abb. 17: Ramses II. als Vogelfänger

Der Pharao war Gott, weil er von einem göttlichen Vater gezeugt worden war (S. 113).34 Folglich war er Gott nicht erst mit der Thronbesteigung oder Krönung, sondern seit seiner Geburt, ja seit seiner Zeugung. Die Lehre für den Pharao Merikare (um 2050) spricht von dessen Erwählung im Mutterleib als »Herrscher im Ei«.35 Diese göttliche Erwählung befähigt den zukünftigen Herrscher, noch vor seiner Geburt Entscheidungen zu treffen. In einem langen Text für Ramses II. wird zunächst auf dessen Zeugung durch Re angespielt und das Kind Ramses mit Re verglichen:36 »Du bist Re in allem, was du getan hast, was dein Herz wünscht, das geschieht. Wenn du in der Nacht einen Wunsch planst, am Morgen bereits ist er verwirklicht.« Anschließend wird die Erwählung des Herrschers in dessen frühesten Anfänge verlegt:

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4 Der Pharao als Gott

»Du hast Pläne gemacht, als du noch im Ei warst, in deinem Amt eines kronprinzlichen Kindes.« Um die Qualifikation des Königs zu seinem Amt und vor allem seine Rolle als Krieger zu betonen, wird seine Legitimität vom Mutterleib an verkündet. Sesostris I. (1956 – 1910) »hat (schon) im Ei erobert. (Sein) Gesicht war darauf (gerichtet) seit seiner Geburt.«37 Vielleicht gehört in diesen Zusammenhang eine außergewöhnliche Alabasterfigur Pepis II. (2229 – 2169), die den Pharao als sitzendes Kind nackt zeigt.38 Da die Kleidung auch bei den Ägyptern Ausdruck des sozialen Status und Kleiderlosigkeit, also Nacktheit, gleichbedeutend mit Statuslosigkeit war, sind Darstellungen des nackten Königs, des Trägers mit dem höchsten sozialen Status, äußerst selten. Vielleicht sollte diese Darstellungsform an die generelle Nacktheit der Kinder erinnern, der König gleichsam ›verjüngt‹ werden. Ein anderes Bild, um die Existenz des Pharaos im frühesten Stadium seines Menschseins zu dokumentieren, benutzt die Tatsache, dass Säuglinge gewickelt werden mussten. Es ist wiederum Sesostris I., der von sich selbst sagt: »Ich bin ein geborener König, ein Herrscher, er lebe, sei heil und gesund . . . Ich habe schon als Säugling erobert, ich war machtvoll im Ei, ich regierte schon als Junge, er setzte mich ein zum Herrn der Beiden Länder, als Kind, bevor mir die Windeln gelöst wurden. Er ernannte mich zum Herrn der Untertanen, (dazu) geschaffen vor den Menschen. Er hat mich zum Palastbewohner bestimmt, schon als (ungeborenes) Kind, bevor ich noch aus meinen (meiner Mutter) Schenkeln hervorgekommen war.«39

Noch von Ptolemaios II. (283 – 246) wird es später heißen, er habe »schon erobert auf der Windel«.40 Dass der Pharao zum Herrscher seit seiner Geburt bestimmt war, stieß bei einem König wie Haremhab auf Schwierigkeiten. Dieser erklärte in seiner Krönungsinschrift41 seinen Aufstieg zum Thron, indem er die Königsideologie mit der nicht zu verschleiernden historischen Wirklichkeit in Einklang

4.2 Götterhochzeit

113

brachte. In seiner Heimatstadt in Mittelägypten sei er zwar von Anfang an als Sohn des Horus anerkannt gewesen. Aber trotz dieser Göttlichkeit habe er zunächst eine Karriere als königlicher Beamter durchlaufen müssen. Er sei zwar von Gott gefördert worden, habe sich aber erst eine Zeitlang bewähren müssen, bevor er auf Erden gekommen und endlich auf den Thron gelangt sei.

4.2

Götterhochzeit

Wenn der Pharao als Sohn eines Gottes betrachtet wurde, blieb es nicht aus, dass man sich Gedanken darüber machte, wie dies geschehen konnte. Seit dem Alten Reich finden wir daher Erzählungen, die ihn aus der Beziehung eines Gottes mit einer irdischen Frau hervorgehen lassen. Solche Geschichten seiner göttlichen Zeugung gehörten zur Legitimation des Königs. Die Bildtradition kennt 15 Szenen eines Zyklus, der die Zeugung des Pharaos durch den Gott Amun in Einzelbildern darstellt.42 Amun verkündet, einen neuen König zeugen zu wollen (1) und schickt den Gott Thot auf die Suche nach der zukünftigen Mutter (2). Nachdem Thot diese gefunden hat, bringt er Amun zu ihr (3). Amun wohnt der Königin auf einem Löwenbett bei (4) und beauftragt dann den Gott Chnum, das Kind zu bilden (5). Chnum formt das Kind und seinen Ka auf der Töpferscheibe und Heket belebt es (6). Thot verkündet anschließend die bevorstehende Geburt (7); von Chnum und Heket begleitet (8) findet sie auf dem Löwenbett statt (9). Nach der Geburt präsentiert die Göttin Hathor das Kind Amun (10), der es liebkost (11). Die Mutter und die göttlichen Ammen betreuen das Kind (12). Später wird es der Götterwelt präsentiert (13) und an Amun überreicht, der es segnet (14). Mit der Beschneidung des Kindes durch Gottheiten ist der Geburtsvorgang abgeschlossen (15). Der nachfolgende Text findet sich im Tempel der Hatschepsut (1479 – 1457) in Deir el-Bahari. Zunächst verkündet der Gott Amun, dass er Ägypten einen neuen Herrscher

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4 Der Pharao als Gott

zeugen will. Thot verrät ihm, dass im Palast die schöne Königin Amosis wohnt. Amun ist, wie es später auch Zeus in solchen Fällen war, Feuer und Flamme, hat aber wie der Herr des Olymp ein Problem: Wie kommt man in das Schlafzimmer der Frau. Und auch die Lösung des Amun wird Zeus als Amphytrion später kopieren: Er verwandelt sich in den Ehemann, in Amuns Fall ist es der König Thutmosis I. (1494 – 1482). Als der Gott bei der Königin ist, lässt er seine menschliche Maske fallen, die nur dazu dient, durch die Palastwachen zu kommen. In den Geburtslegenden erscheint Amun der schlafenden Königin in einer Wolke von Wohlgeruch, die sie aufweckt; auf diese Weise bemerkt sie die Gegenwart des Gottes. Der Duft ist es, der alle Götter vor den Menschen auszeichnet. An ihrem Wohlgeruch lassen sich die Götter erkennen, auch wenn sie in menschlicher Gestalt erscheinen. Die Zeugung der Hatschepsut wird zum Liebesrausch, voller Ekstase und Erotik: »Sie (Amun und Thot) fanden sie (die Königin), wie sie ruhte im Innersten ihres Palastes. Sie erwachte wegen des Gottesduftes, sie lachte Seiner Majestät entgegen. Er (Amun) ging sogleich zu ihr, er entbrannte in Liebe zu ihr. Er gab sein Herz ihr hin. Er ließ sie ihn sehen in seiner Gottesgestalt, nachdem er vor sie gekommen war, so dass sie jubelte beim Anblick seiner Vollkommenheit. Seine Liebe, sie ging ein in ihren Körper. Der Palast war überflutet mit Gottesduft, und alle seine Wohlgerüche waren (solche) aus Punt (das Land des Weihrauchs). Es tat aber dieser Gott alles, was er wollte, an ihr. Sie ließ ihn über ihr jubeln, sie küsste ihn. ›Mein Herr, wie groß ist dein Ruhm! Herrlich ist es, dein Antlitz zu sehen, du hast meine Majestät mit deinem Glanz umfangen, dein Duft ist in allen meinen Gliedern‹, sagte sie, nachdem die Majestät dieses Gottes alles, was er wollte, mit ihr getan hatte. Da sprach Amun, der Herr von Karnak, zu ihr: ›«Hatschepsut ist der Name dieses deines Kindes, das ich in deinen Körper gelegt habe, gemäß diesem Ausspruch, der aus deinem Mund gekommen ist.«43

Das Ergebnis dieser Liebesnacht war »das Allerbeste«, wie man den Namen der Hatschepsut wiedergeben kann. Die geschilderte Liebesszene wird in der bildlichen Darstellung (Abb. 18) äußerst taktvoll in Szene gesetzt, der sexuelle

4.2 Götterhochzeit

115

Kontakt durch die sich überschneidenden Knie angedeutet. Auf einem Bett sitzen zwei Göttinnen, die das Paar stützen. Amun überreicht der Königin ein Lebenszeichen, das er ihr, während sie seinen Arm stützt, an die Nase hält, damit sie den Duft des Lebens einatmen kann. Der so gezeugte ist Gott und Mensch zugleich: Gott durch seinen göttlichen Vater; Gott und König sind »gleichen Leibes«.44 Mensch ist der Pharao durch seine menschliche Mutter. In der weiteren Entwicklung, wie sie spätestens in der Ramessidenzeit abgeschlossen ist, wird auch die Mutter göttlich, so dass die göttliche ›Komponente‹ des Pharaos verstärkt wird. Seit dem 4. Jahrhundert entstehen innerhalb der großen Tempelanlagen sogenannte Geburtshäuser, in denen die Geburt des Gotteskindes gefeiert wurde. Die Zeugung durch einen Gott wurde schließlich auch für den griechischen Dichter Homer, dessen Heimat bereits in der Antike wiederholt wechselte, in Anspruch genommen. So schreibt Heliodor in der Mitte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts: »Seine Vaterstadt ist Theben, das ›hunderttorige‹, wie er es selbst nennt. Als seinen Vater sah man einen Priester an, tatsächlich aber war er der Sohn des Hermes, dessen Priester sein vermeintlicher Vater war. Als dessen Gemahlin eine landesübliche Kulthandlung vollzog und im Tempel übernachtete, umarmte sie der Gott und wurde der Vater Homers.«45

Dem Pharao, Sohn des Sonnengottes, Herrscher seit seiner Zeugung, wird auch als Säugling göttliche Fürsorge zuteil, denn das Stillen des Königs übernimmt Mehet-weret, eine Göttin in Kuhgestalt, die ihn mit ihrer Milch ernährt. Oder es ist Hathor, die Mentuhotep II. (2046 – 1995) stillt und ihm damit übernatürliche Kräfte verleiht: »Ich mache dich jung mit meiner Milch; ich werfe (deine) Gegner unter dir nieder.«46 Ähnliches geschah später Herakles, der seine übermenschlichen Kräfte der Tatsache verdankte, dass die Göttin Hera den Säugling an die Brust gelegt hatte. (Es ist allerdings von keinem Pharao überliefert, dass er wie der griechische Held, die Göttin beim Stillen gebissen hätte.) In den ägyptischen Darstellungen

116

4 Der Pharao als Gott

Abb. 18: Liebesszene von Amun und Königin Amosis

4.3 Ehemalige Könige als Götter

117

solcher Göttinnen herrscht die menschliche Gestalt vor, wobei es immer wieder zu Kompromisslösungen kam. So trägt ein Baum Arm und Brust, die den König säugt. Als nach dem Ende der 30. Dynastie der Makedonenkönig Alexander der Große die Herrschaft auch über Ägypten übernahm, vermochte der Mythos der Gottessohnschaft des regierenden Pharaos die Ägypter mit dem Fremdherrscher zu versöhnen. Schon im griechischen Bereich war die Abstammung eines Herrschers von einem Gott durch Wundergeschichten bekannt. So soll Olympias, die Mutter Alexanders, Verkehr mit einer Kultschlange gehabt haben, in der man eine menschgewordene Gottheit sah. Die dahinter stehende Vorstellung traf in Ägypten auf fruchtbaren Boden. So machte die Legende aus Nektanebos II. (360 – 342), dessen Spuren sich in Nubien verloren hatten, wohin er vor den Persern geflohen war, den – besser gesagt: einen – Vater Alexanders.47 Nektanebos habe durch magische Kräfte die Erscheinung des Zeus Ammon angenommen und sich in dieser Gestalt mit Olympias vereinigt. Auf diese Weise versöhnte die Sage die Ägypter mit dem Eroberer Alexander, weil er – als guter Sohn – jene Perser aus dem Land warf, die seinen ›Vater‹ Nektanebos vertrieben hatten.

4.3

Ehemalige Könige als Götter

Die »Tempel der Millionen Jahre« dienten der Verbindung des Pharaos, seines königlichen Ka, mit der göttlichen Sphäre und damit vor allem dem Kult des Königs (S. 97). Es gab sowohl einen täglichen Kult als auch ein einmal jährlich oder häufiger zelebriertes Fest; dies alles wurde über den Tod des Pharaos hinaus fortgeführt. Diese Tempel verherrlichen die Taten ihrer Erbauer und ihres göttlichen Schöpfers. Im Laufe des Neuen Reiches begnügte sich die Königsideologie nicht mehr mit der Verschmelzung des Pharaos mit Amun-Re. Der Königstempel wurde immer stärker zu einem Tempel verschiedenster Toten-

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4 Der Pharao als Gott

und Schutzgötter;48 immer wieder genannt wird die große Götterneunheit.49 Im Königstempel Ramses’ III. (1182 – 1151) im südlichen Bereich der thebanischen Nekropole bilden eine Reihe von Räumen den Bereich des ›toten Königs‹. Der Tempel stellt einen Sonderfall hinsichtlich seines Erhaltungszustandes dar. Die genannten Räume zeigen die Unterweltreise des Pharaos bis zur Verschmelzung mit Osiris. Ramses wird zunächst von einer Frau, die den Tempel personifiziert, in Empfang genommen; sie übernimmt die Rolle der Königsmutter: »Ich bin dein Tempel, deine Mutter.« Der König tritt seine Jenseitsreise an, die ihn endgültig zu den Göttern bringen wird: »Ich bin einer von euch. Laßt mich doch die Götter schauen, welche die Unterwelt leiten, gebt mir einen Platz im Totenreich zur Seite der Herren des Westens! Wenn ich meinen Platz im Jenseits eingenommen habe, nehme ich jedes Opfer im Empfang.«

Nun wird der König erneut inthronisiert und kann seine Reise fortsetzen. Er opfert vor Osiris, dem »Herrn der Ewigkeit« und tritt endlich als Gott in dessen Sphäre ein. Damit beginnt das zeitlose Jenseitsleben des Pharaos.50 Was den staatlichen Kult für solche verstorbenen Pharaonen betrifft, war derjenige des Djoser (2640 – 2620) einer der langlebigsten. Noch von Sesostris II. (1882 – 1872) erhält er eine Statue. Der Gott Djoser erscheint schließlich auf der sogenannten Hungersnotstele,51 die sich auf der Insel Sehel beim ersten Katarakt befindet, eine Fälschung der ptolemaiischen Zeit, als man sich auf einen der bekanntesten ehemaligen Gott-Könige bezog (S. 100). Die immer wieder erfolgende Weihung von Kultstatuen sei am Beispiel Sesostris I. (1956 – 1910) illustriert, dessen enge Verbundenheit mit der Tradition auch anderweitig gut bezeugt ist. Von ihm erhielten die Gott-Könige Snofru (2589 – 2554), Sahure (2446 – 2433), Niuserre (2395 – 2364) und Antef I. (2119 – 2103) Weihefiguren. Es waren vor allem die Söhne, die den Kult ihrer Väter nach deren Tod intensivierten. In seinem eigenen Königstempel, im

4.3 Ehemalige Könige als Götter

119

Ramesseum, und im Königstempel von Abydos errichtete Ramses II. (1279 – 1213) Kapellen für seinen Vater Sethos I. (1290 – 1279). In Abydos, in den Königstempeln Sethos’ I. und Ramses’ II., ließen beide Pharaonen ferner Königslisten ihrer Vorgänger einmeißeln, bei denen Vollständigkeit angestrebt wurde. Der regierende Pharao opferte seinen göttlichen Vorgängern und stellte sich durch die Königslisten in eine Tradition, die, vor allem durch die Gestalt des Königs Menes, die eigene Herrschaft mit dem Anfang ägyptischer Geschichte verband (S. 14).52 Manche Könige wurden noch lange nach ihrem Tod auch von Privatpersonen als Götter verehrt. In Deir el-Medineh pflegte man neben den großen Reichsgöttern den Kult eines speziellen Ortsgottes: Amenophis I., der von 1525 bis 1504 regiert hatte. Er war es wohl, der das Arbeiterdorf angelegt hatte. Daraus resultierte sein dortiges hohes Ansehen.53 In der Nähe der Siedlung sind mehrere Kapellen gefunden worden, die ihm geweiht waren. In ihnen fand man kleine Stelen, die den Stifter anbetend vor dem Gott zeigen, der mit den königlichen Insignien ausgestattet ist. Die Texte nennen diesen Gott »Amenophis des Dorfes« oder »Amenophis, der Herr des Dorfes«. Er war also der Schutzgott der Siedlung wie ihrer Bewohner. In der Spätzeit galt diese Verehrung Amenophis als Heilgott. Im oberen Teil der abgebildeten Stele (19) befinden sich die beiden Götter: »Der Gute Gott, Herr der Beiden Länder: (Djeser-Ka-Re), Herr der Erscheinungen (Amenophis)« und die Königin (Ahmose-Nofretere, seine Mutter), sie möge leben«. Wir sehen unten den Stifter der Stele mit anbetendem Gestus: »Sohn des Vorstehers der Mannschaft, Neb-nefer, der Gerechtfertigte, Nefer-hotep«. Rechts von ihm ist zu lesen: »Gebete für den Guten Gott, den Herrn der Beiden Länder: (Djeser-Ka-Re), Sohn des Re, Herr der Erscheinungen: (Amenophis), dem Leben gegeben ist. Erde küssen für die Große Königliche Gemahlin (Ahmose-Nofretere), der Leben gegeben ist, damit sie leben, Glück und Gesundheit geben mögen dem Ka des Vorstehers der Mannschaft am Platz der

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Abb. 19: Stele mit der Anbetung des Amenophis I.

4 Der Pharao als Gott

4.3 Ehemalige Könige als Götter

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Wahrheit (so wurde die Arbeiterschaft genannt) Nefer-hotep, der Gerechtfertigte.«54 An seinem Festtag wurde das Kultbild des Gottes in einer feierlichen Prozession in das Dorf getragen. Das besondere an diesem Kult für den verstorbenen Pharao in Deir el-Medineh war, dass für die Zeit solcher Feste ausgesuchte Arbeiter als eine Art Laienpriester fungierten. Im Grab des Arbeiters Hajbechenet findet sich die Darstellung dieser Prozession des Ortsgottes Amenophis (Abb. 20): »Man ist beim ›Großen Fest des Königs Amenophis, des Herrn des Dorfes‹. Die Arbeiterschaft jubiliert vor ihm an vier Tagen, voll des Trinkens zusammen mit ihren Kindern und ihren Frauen. Es waren 60 (Personen) von innen und 60 (Personen) von außen.«55 Kahlköpfige Priester tragen die Barke mit der Statue des Gottes. Sie stellt den König auf einem Thron dar, dessen Lehne zum Königsfalken mit der Sonne auf dem Kopf geworden ist, der den Pharao mit ausgebreiteten Flügeln umfängt. Amenophis trägt die Blaue Krone, Halskragen, Zepter und Geißel. Das Kultbild des Gottes, eine kleine Statue aus Edelmetall, wurde zu diesem Anlass mit Blumen und Girlanden geschmückt und in feierlicher Prozession ins Dorf gebracht. Auch nachdem dort die Opfer und Gebete durchgeführt worden waren, blieb er einige Zeit vor Ort, um Streitfälle zu schlichten, bevor er ebenso feierlich wieder in seinen Tempel getragen wurde. Zur Feststellung und Entscheidung streitiger Rechtsverhältnisse sowie zur Aburteilung strafrechtlicher Tatbestände gab es lokale Gerichte, die sich meist aus den Honoratioren des Ortes zusammensetzten. Daneben gab es die Verfahrensart, bei der ein Gott zur Entscheidung angerufen wurde und auch ein Urteil in der Sache erließ. Ein solches Verfahren beschreibt ein Rechtssuchender: »Es war der König Amenophis (der Richtergott), der ihn (den Streitgegenstand) ihm (dem Berechtigten) im Gericht gab.«56 Die besondere Verehrung dieses Herrschers durch die Siedlungsbewohner macht verständlich, weshalb er bei einem Gottesgericht angerufen wurde. An gewissen Festtagen wurde das auf einer Barke befindliche Kultbild des verstorbenen göttlichen Pharaos von Priestern

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4 Der Pharao als Gott

Abb. 20: Prozession für den verstorbenen Amenophis als Gott

4.3 Ehemalige Könige als Götter

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auf der Schulter getragen. Während einer solchen Prozession ging man den Gott in einer Streitsache an. Seine Entscheidung sah man dadurch gegeben, dass man bestimmte Bewegungen der Barke aus Ausdruck des göttlichen Willens deutete. Die Vorgehensweise bei einem solchen Gottesurteil entsprach derjenigen eines normalen Prozessverfahrens, in dessen Verlauf auch die Beweisaufnahme erfolgte. Wenn man so will, war damit die Ermessensfreiheit des richtenden Gottes durch das materielle Recht eingeengt. Der Grund dafür, dass man das Urteil eines Gerichts durch den Gott verkünden ließ, lag wohl darin, dass man erwartete, der Unterlegene im Prozess werde sich einem Gottesurteil eher unterwerfen als einem menschlichen. Einen solchen Fall der Gottesgerichtsbarkeit kennen wir aus dem vierten Regierungsjahr Ramses’ IV. (1151 – 1144):57 »Klage des Arbeiters Qenna, Sohn des Sawadjit, beim König Amenophis – er lebe, sei heil und gesund –, dem Herrn – er lebe, sei heil und gesund – des Dorfes.« Obgleich er seit 350 Jahren tot ist, gehören die Segenswünsche »er lebe, sei heil und gesund« zum Pharao. Den Gott Amenophis bat der Arbeiter Qenna um die Entscheidung im Streit mit einem seiner Arbeitskollegen: »Komme zu mir, mein guter Herr! Ich bin derjenige, der das Haus des Arbeiters Pacher (wieder) aufgebaut hat, als es verfallen war. Siehe, der Arbeiter Merisachmet, Sohn des Menna, verhinderte, dass ich in ihm wohnen kann, indem er behauptete: ›Es ist der Gott, der zu mir gesagt hat: »Teile es mit ihm!«‹ So sprach er. Er hat (aber) nicht an ihm gemeinsam mit mir gebaut. So sprach er (Qenna) mündlich zu dem Gott.« Das anschließende Gottesurteil ging eindeutig zugunsten des Qenna aus, der in das von ihm wieder aufgebaute Haus einziehen konnte. Der Kult Amenophis I. besaß über Deir el-Medineh und über die 20. Dynastie hinaus Bedeutung. Er hat mindestens bis in die Ptolemaierzeit fortbestanden, also weit über ein Jahrtausend; dies gilt auch für den Kult Thutmosis’ III. (1479 – 1425). Derjenige Amenemhets III. (1853 – 1705) ist schließlich noch im römerzeitlichen Fajjum nachzuweisen.58

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4 Der Pharao als Gott

Ein Kristallisationspunkt persönlicher Frömmigkeit ganz besonderer Art mit Wallfahrten und Votivgaben wurde die riesige Statue Chephrens (2522 – 2496), der große Sphinx von Gisa, seit Beginn des Neuen Reiches als Gott Harmachis (Abb. 37, S. 204). Ihr prominentester Besucher war der spätere Thutmosis IV. (1397 – 1388), der als Prinz vom Gott ein Traumorakel erhielt. Thutmosis werde König werden, wenn er das vom Sand verschüttete Bild des Gottes freilege (S. 41). Von den Texten, in denen zahlreiche Gläubige sich an den Gott wenden, ragt die folgende heraus: »Du bist der Einzige, der in Ewigkeit währt, während alle Menschen sterben.«59

5

Der Pharao und die Götter

5.1

Der Pharao als Priester

Der Pharao war der Einzige, der aufgrund seiner eigenen Göttlichkeit direkt den Göttern gegenübertreten konnte, wie es im Allerheiligsten der Tempel täglich geschah, wo die Gottheit in ihrem Kultbild gegenwärtig war. Nur er war fähig, auf diese Weise mit den Göttern zu verkehren und – selbst Gott – ihrer gewaltigen Wirkkraft standzuhalten. Jegliche Kulthandlung in Ägypten war seine ureigenste Aufgabe. Die Götter ehren, das bedeutet, ihre Namen in Gebeten und Litaneien unaufhörlich zu preisen. Es bedeutet ferner, die Götter mit täglichen Opfergaben zu versorgen. Dies alles dient einem Kreislauf, der, wenn er unterbrochen wird, fatale Folgen hat. Es ist ein Kreislauf der gegenseitigen Solidarität, der das Leben der Götter wie der Menschen untrennbar miteinander verschweißt. Man kann diesen kultischen Dienst auch als eine Art Geschäftsverhältnis verstehen, wie es später vor allem die Römer taten: »Tue (etwas) für Gott, damit er dir Gleiches tue.«1 Auf der einen Seite sicherte der Pharao die Bedürfnisse der Gottheit nach Nahrung und Kleidung, und stattete sie auf diese Weise mit Lebenskräften aus. Auf der anderen Seite erhielt der König und mit ihm ganz Ägypten den Beistand der Götter. In unsere Erfahrungswelt übertragen hat S. Quirke den Tempel einmal mit einem Kraftwerk verglichen, »in dem die Gesellschaft die Energie erzeugt, die sie zum Funktionieren und Überleben braucht.«2 Die Götter ehren heißt, ihnen für ihre unendliche Großzügigkeit gegenüber den Menschen zu danken. In zentraler Rolle steht hier der Pharao als »Herr der Rituale«.

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5 Der Pharao und die Götter

Da der Gott-König als Mensch nur an einem Ort anwesend sein konnte, übertrug er diese wichtigste herrscherliche Aufgabe an die Hohepriester der zahlreichen Kulte, die als seine Stellvertreter fungierten. Sie legitimieren sich vor dem jeweiligen Gott mit den Worten: »Der König ist es, der mich sendet, den Gott zu schauen.«3 An den Wänden im Inneren der Tempel finden wir die Szenen des eigentlichen Kultes dargestellt. Nicht von ungefähr geschieht in solchen Bildern überall das gleiche: Wir sehen den König, der die Gottheit anbetet, Riten vollzieht und Opfer darbringt. Seit Thutmosis IV. (1397 – 1388) ist das Motiv des Stabträgers in der Königsplastik belegt. Der Pharao trägt einen Götterstab, einen einfachen Stab, auf dem sich der Kopf der betreffenden Gottheit oder des ihr heiligen Tieres befindet. Unter Ramses II. (1279 – 1213) verdrängt das Thema des Stabträgers dasjenige des stehenden Beters fast völlig. Solche Statuen fanden bei Tempelfesten Verwendung, die der König nicht persönlich leiten konnte; dann ließ er sich durch eine Stabträgerstatue vertreten. Im Bild (21) sehen wir Sethos II. (1199 – 1193), der opfernd vor Amun, Muth und deren Sohn Chons steht. Der König trägt ein langes Gewand, Stierschwanz und Sandalen und ist mit der Blauen Krone mit Uräus bekleidet. In der Rechten hält er ein Zepter, links ein Anch-Zeichen. Der Pharao steht vor einem Opfertisch, der hoch mit Geflügel beladen ist; zwei Vögel hängen von der Platte herab. Der zugehörige Text beschreibt, was Sethos getan hat: »Er (der Pharao) hat (dies) gemacht als sein Denkmal für seinen Vater Amun-Re, den König der Götter, indem er ihm den Geflügelstall neu machte, gefüllt mit Gänsen, Kranichen, Sumpfgeflügel, Wasservögeln, Tauben, Turteltauben, um mit Speisen zu versehen die Gottesopfer für seinen Vater Amun.«4 Die Kultbilder der Götter in den Allerheiligsten waren gleichsam Gefäße, in denen die Gottheit einwohnen und ausruhen konnte. Der Mensch konnte sie versorgen und sie verehren. Diese im Kultbild anwesende Gottheit bedurfte der Verehrung durch Gebete, aber auch der realen Nahrung. Tag

5.1 Der Pharao als Priester

Abb. 21: Sethos II. opfert Amun, Muth und Chons

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5 Der Pharao und die Götter

für Tag musste der Gott mit neuer Kleidung sowie einem Morgen- und Abendmahl versorgt werden. Morgens wurde das Kultbild deshalb aus dem Schrein genommen, neu eingekleidet und mit Speise und Getränken versorgt. Abends kehrte das Bildnis in den Schrein zurück, um sich in der Nacht auszuruhen. Sämtliche Vorgänge waren von Gesängen, Gebeten und dem Verbrennen von Weihrauch begleitet. Zahlreiche Bilder und Plastiken zeigen den Pharao bei unterschiedlichen Opferhandlungen. So kann der König knien und Weingefäße in den Händen halten, was erstmals bei Chephren (2522 – 2496) und später noch bei Taharqa (690 – 664) bezeugt ist. Oder er trägt kugelige Opfergefäße oder eine Opfertafel oder bringt wie Haremheb (1319 – 1292) ein Blumenopfer dar. Sethos II. (1199 – 1193) lässt sich darstellen, wie er einen Götterschrein weiht. Unter Amenophis III. (1388 – 1350) erscheint erstmals das Motiv des mit einer Opfergabe am Boden kriechenden Königs. Ramses IX. (1121 – 1103) bringt auf diese Weise einen Sockel mit Skarabäus dar, Osorkon III. (790 – 762) eine Götterbarke. Jedes dieser Bilder zeigt eine reale Handlung. In der Zeit um 1900 stiftete der Herold Intef eine Opfertafel, wie sie in allen Tempeln dargebracht wurde. Sie verdeutlicht die Rolle des Pharaos und zeigt zugleich eine Reihe von Opfergaben, die innerhalb einer Umrahmung im Relief dargestellt sind. Es handelt sich dabei um ein Gefäß mit Ausguss, einen Napfkuchen, einen Rinderschenkel, eine Gans, runde Brote sowie Gemüse. Zwei Becken dienten der Aufnahme von Trankopfern. Während der Opferung besprengte der Priester die Tafel mit Wasser, das dann durch den Ausguss abfließen konnte. Im Zusammenhang mit der Rolle des Pharaos ist die Inschrift von Bedeutung, welche die Darstellung umläuft. Es handelt sich um die Opferformel, ein Gebet, wie es sich häufig auf solchen Tafeln findet. Der Text besagt, dass der König stellvertretend für den Herold Intef einer Gottheit opfert, um sie gnädig zu stimmen.5 Als oberster Priester seines Landes war der Pharao vor allem bei den großen religiösen Festen anwesend. Jedes Wesen, jede

5.1 Der Pharao als Priester

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Schöpfung und selbst die Götter waren für die Ägypter vom Verfall durch Alterung bedroht. Daher war ein immer wiederkehrender Erneuerungsprozess für den Erhalt jeglicher Ordnung unumgänglich. Das wichtigste Mittel zur Erneuerung und Bestätigung dieser Ordnung wie der königlichen Macht bildeten die zahlreichen Festveranstaltungen.6 Über eines der Götterfeste sind wir etwas besser unterrichtet, nämlich über das Opetfest, eine der zentralen Feierlichkeiten in Theben und eines der großen religiösen Feste Ägyptens. Ramses II. (1279 – 1213) hatte wenige Monate nach seiner Krönung Gelegenheit das »schöne Fest von Opet« zu zelebrieren, den Besuch des Gottes Amun von Karnak im Tempel von Luxor. Das Opetfest trug wie viele andere auch zur regelmäßigen Regeneration des Königs bei.7 Da zu dieser Zeit das Amt des Amun-Priesters vakant war, kam es zu der in der Geschichte Ägyptens einmaligen Situation, dass der Pharao selbst als »Erster Prophet des Amun, König der südlichen und nördlichen [Länder]«, das Fest leitete. Es fand im September statt und dauerte über zwei Wochen. Die Prozession begann im Tempel von Karnak selbst, dem »bevorzugtesten aller Orte«, so der ägyptische Name. Hier traf sich die Prozessionsbarke des Gottes Amun mit denen seiner Gemahlin Mut und ihres Sohnes Chons. Die größte der Barken, diejenige Amuns, war an Bug und Heck mit den Köpfen zweier Widder geschmückt, dem Tier, das ihm geweiht war. Ramses III. (1182 – 1151) rühmt sich des Baus einer Barke für Amun aus Zedernholz von 130 Ellen (etwa 69 m) Länge. Die Barke der Gemahlin Mut, der Gemahlin Amuns, zierten entsprechend zwei von Geiern bekrönte Frauenköpfe, diejenige des Chons zwei Falkenköpfe. Auf Tragen wurden die drei Kultbilder zu einem Kanal gebracht, der östlich des Nil parallel zum Fluss verlief; dort lag für jeden Gott sein eigenes Boot bereit. Von den Booten waren Taue zu den Ufern gespannt, wo zahlreiche Helfer mitzogen. Musikanten, Tänzer, Trommler, Sistrenspielerinnen, Sängerchöre, Akrobaten beiderlei Geschlechts und Soldaten begleiteten diese Prozession. Blumengeschmückte Rinder wurden

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5 Der Pharao und die Götter

ebenso mitgeführt wie reichliche Opfergaben, Götterstandarten, heilige Sonnenschirme und andere Kultgerätschaften. Mit Ramses folgte dem König eine Prozession von siebzehn Prinzen in der Reihenfolge ihrer Geburt.8 In den »südlichen Privatgemächern«, dem heutigen Luxor, nahmen die Priester, die ihre Götter auf den Booten begleitet hatten, sie wieder auf Barken und trugen sie in den dortigen Tempel, während am Weg Opfergaben auf Tischen aufgestellt waren. Da der Transport in Ägypten seit unvordenklichen Zeiten auf dem Wasser stattfand, waren auch die allermeisten Tempel in der Nähe des Flusses errichtet oder durch Kanäle mit ihm verbunden. Daher dienten die Landungsplätze oft als wuchtiger erster Eingang zu den Heiligtümern. Viele waren so gebaut, dass Schiffe von erheblicher Größe anlegen konnten. Diese dienten dem Transport der Götterstatuen, des Herrschers mit seinem Gefolge sowie der Vorräte. An diesen Kais traten die Götterbildnisse ihre Reisen an oder kehrten zurück; hier konnten auch größere Menschenmengen den Vorgang begleiten. Am Tempel angekommen wurden die Götter mit Tanz und Musik begrüßt. Am Ende des Festes kehrten sie auf die gleiche Weise wieder nach Karnak zurück. Aus Darstellungen im Ramesseum erhalten wir ausführliche Informationen über die Feierlichkeiten zu Ehren des Erntegottes Min: Es ist der »Auszug des Min zur Treppe«.9 Das Fest kann erneut die zentrale Rolle des Pharaos im Kult dokumentieren. Begleitet von großem Gefolge wird der König von seinen Söhnen in einer Sänfte zum Tempel des Gottes getragen. Anschließend an ein Opfer geleitet man den Gott zur »Treppe«, nach der das Fest seinen Namen hat. Es handelt sich dabei um eine Tenne. An der begleitenden Prozession nehmen auch die verstorbenen göttlichen Könige als Statuen teil; wie bei der Königsliste in Abydos (S. 14) sind es neben den Herrschern des Neuen Reiches auch hier Mentuhotep und Menes. Während der König langsam die Tenne umschreitet, lässt er auf allen vier Seiten eine Taube auffliegen. Das Zeremoniell soll die Macht des Pharaos neu festigen. »Horus, der Sohn der Isis und der Sohn des Osiris hat die Weiße und die Rote Krone

5.2 Der Unterhalt für die Götter

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ergriffen«, verkündet er in alle vier Himmelsrichtungen.10 Diente diese Zeremonie vor allem der Stärkung des Königs, ging es in einer anderen um die Sicherheit des Landes. Mit einer vergoldeten Sichel schnitt der Pharao eine Getreidegarbe ab und brachte sie dem Gott dar; eine Ähre erhielt der König zurück. Das Abtrennen der Ähren symbolisierte den Sieg über die Feinde des Gottes wie des Königs gleichermaßen. Zu Zeiten solcher Feste erhielten die Bewohner des Tempelumlandes zur Feier des Tages Rindfleisch sowie eine Sonderration Bier und Wein. Viele der großen Götter Ägyptens suchte der Pharao bei Festveranstaltungen persönlich auf, ›kleinere‹ Gottheiten mussten damit zufrieden sein, wenn sie zu einem Besuch beim Pharao eingeladen waren. Aus einem Rechnungsbuch vom Hof des Pharaos Sobekhotep I. (um 1765) erfahren wir von dem Besuch des Götterbildes des Month von Medamud im Palast des Königs.11 Eingeleitet wird der Besuch durch ein Opfer, das der König in Medamud selbst darbringen lässt; es besteht aus einem Ochsen, fünf Vögeln und Weihrauch. Dann wird der Gott – das Kultbild –, von Frauen, dem Harim, des Gottes begleitet, in den Palast gebracht und dort aufgestellt. Hier werden Rinder geopfert. Am nächsten Tag wird der Gott wieder in seinen Tempel begleitet.

5.2

Der Unterhalt für die Götter

Von der regelmäßigen Pflege des Kultes hing das Wohl des ganzen Landes ab. Was geschehen konnte, wenn sie vernachlässigt wurde, schildern vor allem Texte aus der Zeit nach Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334): Die Götter verlassen die Menschen und kommen nicht wieder, selbst wenn man sie ruft. Ägypten ist nicht mehr »voll von Tempeln«, sondern »voll von Gräbern«, nicht mehr »voll von Göttern«, sondern »voll von Leichnamen«.12 Der Pharao war für den Kult und für alles, was mit ihm zusammenhing, verantwortlich. Er baute die Tempel, gab die Götterbilder in Auftrag, sorgte für die

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5 Der Pharao und die Götter

Opfergaben. Es gibt seit Sesostris I. (1956 – 1910) Texte, die das Abhängigkeitsverhältnis des Königs von den Göttern zum Thema haben; der König tut, was der Gott befohlen hat, er leistet als Mensch den Göttern Gehorsam. Es handelt sich dabei häufig konkret um den Auftrag zum Bau eines Tempels, der vom König ausgeführt werden soll. In der Lehre des Merikare erhält dieser die Mahnung: »Halte den Opfertisch frisch, vergrößere die Einkünfte, vermehre das tägliche Opfer!« Oder: »Mache die Opfertische reich und verehre Gott!«13 Und dieser Kult hatte seinen Preis. Vor allem die Durchführung der täglichen Rituale erforderte einen hohen Aufwand an Personal, das zu versorgen, und an Material, das bereitzustellen war; es mussten stets Opfergaben zur Verfügung stehen, Vorräte und Kultgeräte aufbewahrt sowie zahlreiche Kultdiener ernährt werden. Der ägyptische Tempel wurde zum Wirtschaftsbetrieb, und im Laufe der Zeit kam diesem Aspekt neben der religiösen Funktion ein immer stärkeres Gewicht zu. Deshalb hatte die rege Bautätigkeit der Pharaonen der 19. und 20. Dynastie insofern eine ökonomische Dimension, als jeder neu erbaute Tempel mit neuem Besitz ausgestattet werden musste. Wenn wir in diesem Zusammenhang besonders unter Sethos I. (1290 – 1279) und Ramses II. (1279 – 1213) ausdrücklich von Schenkungen aus den nubischen Besitzungen hören, liegt die Vermutung nahe, dass damals vor allem dort noch freier Besitz zur Verfügung stand und neue Einkünfte zu erschließen waren. Eine Inschrift gibt uns Auskunft über das Privileg, das Sethos seinem großen neuen Heiligtum in Abydos erteilte. Sie findet sich auf einem hohen Felsen bei Nauri, ein Stück nördlich des dritten Kataraktes. Der Text enthält zwar keine Zahlenangaben über die Größe des Tempelbesitzes in Nubien, aber er muss beträchtlich gewesen sein, da er unter anderem Erträge aus den dortigen Goldminen umfasste. In dieser Inschrift folgen einem langen poetischen Vorspruch, der den Reichtum und die Schönheit des über 950 Kilometer entfernten Tempels preist, die jeweiligen Anweisungen an »den Wesir, die Beamten, die

5.2 Der Unterhalt für die Götter

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Hofbeamten, die Gerichtshöfe, den Königssohn von Kusch, die Truppenhauptleute, die Oberaufseher des Goldes, die Bürgermeister (der Städte) und Oberhäupter der Dörfer Oberund Unterägyptens, die Wagenlenker, die Stallmeister, die Standartenträger, einen jeden Vertreter des Königshauses und eine jede Person, die in einer Mission nach Kusch geschickt ist.«14 Sie hatten eine ganze Fülle von Bestimmungen zu beachten. Die Privilegien der Tempelangehörigen waren etwa dann verletzt – um nur einige Beispiele zu nennen –, wenn sie persönlich festgenommen oder von einem Bezirk in einen anderen geschoben wurden, wenn man sie zum Pflügen oder Mähen abkommandierte, am Fischen oder am Vogelfangen hinderte oder ihnen ihr Vieh wegnahm und so fort. Und jeder Beamte, der eine Verletzung dieser Vorschriften nicht verfolgte, war selbst streng zu bestrafen. Der Wert des nubischen Goldes musste in dieser Zeit besonders ins Gewicht fallen, da es den wichtigsten Aktivposten in der Politik der 19. Dynastie darstellte. Mit welcher Intensität damals Nubien ausgebeutet wurde, zeigt die Erschließung durch Brunnenstationen, die den Verkehr zu den meist vom Nil abgelegenen Bergwerksanlagen erleichterten. Und so werden die berühmten Tempelbauten Ramses’ II. in Nubien – ich nenne nur Abu Simbel – nicht bloß als Siedlungskerne und Festungsanlagen von Bedeutung gewesen sein, sondern auch als Verwaltungs- und Wirtschaftszentren der das Land besitzenden Götter. Zwar lässt sich zahlenmäßig nicht belegen, ein wie großer Anteil der Einkünfte aus der nubischen Provinz den neuen und alten Tempeln zukam, doch man braucht sich nur zu vergegenwärtigen, wie vielseitige Phänomene sich hinter dem Begriff der ›Tempel‹ verbargen: Religion und Kult selbstverständlich, Grund- und Menschenbesitz, Wirtschaft und Handel, Handwerk und Technik – dies alles zusammengefaßt in der Hand des Gottes als des eigentlichen Besitzers. Damit wird jede verwaltungsmäßige Unkorrektheit oder gar jede Übertretung der Bestimmungen zum Sakrileg, und zu den vom Staat ausgesetzten Strafen gesellt sich die Androhung religiöser Verfolgung durch den Gott.

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5 Der Pharao und die Götter

Gerade die Formulierungen der Ramessidenzeit weisen auf das weltliche und religiöse Doppelgesicht wirtschaftlicher Bestimmungen hin. Sethos I. begründet sein Stiftungsdekret über das dem Tempel zugewiesene Gold: »Das Gold, der Leib der Götter, das ist nichts, was euch (den Menschen) zugehört!« Und der Pharao beschließt einen solchen Erlaß mit der Drohung: »Jeder, der taub sein wird gegen diesen Befehl, den wird Osiris verfolgen. Isis wird seine Frau verfolgen und Horus seine Kinder! Alle Gerichtsherren der Nekropole (die Totenrichter) werden mit ihnen ins Gericht gehen.«15 In solchen Passagen wird deutlich, dass die ägyptischen Höllenschilderungen durchaus einen ›Sitz im Leben‹ haben. Über Tempelzuweisungen im ägyptischen Kernland sind wir nur sporadisch unterrichtet. Was die in Theben-West errichteten Königstempel insgesamt an Land, Menschen und Einkünften besessen haben, wissen wir nicht. Über die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Tempels aber sind wir vor allem durch den so genannten »Großen Papyrus Harris« informiert, auch das allerdings nur in Ausschnitten. Wenigstens hier stoßen wir auf genaue Zahlenangaben: Der Papyrus listet alles auf, was Ramses III. (1182 – 1151) einigen Tempeln des Landes neu gestiftet hat.16 An erster Stelle stehen die eigenen Tempelbauten des Pharaos, dann folgen die Zuwendungen für Abydos, für die Tempel seiner Hauptstadt und so fort. Es werden Schenkungen an Menschen, Land – unter anderem auch Ortschaften in Syrien und Nubien – und Gold unterschieden. Hier kann die Verteilung nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt werden; der Löwenanteil, außer an Gold, fiel jedoch den thebanischen Tempeln zu. Die Zahlen sind ungeheuer groß; allein der Grundbesitz des Amun-Tempels hätte zur Versorgung von fast 900 000 Menschen ausgereicht:

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5.2 Der Unterhalt für die Götter

Art Menschen Land (qkm) Tiere Gold (kg)

insgesamt 107 615 2 961 476 953 332

Theben (Amun) 81 322 2 393 421 362 16,7

Zu den hier genannten Mengen kommen die Einnahmen durch Abgabenerhöhung, Schenkungen des Königs an Metallen, Edelsteinen, Kleidern und vieles andere mehr. Aber damit ist der Besitz der Tempel noch keineswegs erschöpft. Sie besaßen nahezu eine halbe Million Stück Kleinund Großvieh, eine Flotte von 88 Fahrzeugen, und etwa 53 Schiffswerften und Werkstätten, in denen ein Teil des Rohmaterials verarbeitet wurde, das ihre Ländereien einbrachte. In Syrien, Nubien und Ägypten gehörten ihnen insgesamt 169 Städte. Diese Angaben beziehen sich freilich nur auf die neu zum Tempelbesitz hinzukommenden Dinge. Vielleicht dürfen wir sie als Verhältniszahlen über die bereits bestehende wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Heiligtümer nehmen. Jedenfalls muss sich ein großer Teil der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Landes im Besitz der Tempel befunden haben. Welches Verhältnis herrschte zwischen Staatswirtschaft und Tempelwirtschaft? Darüber schweigen die Zeugnisse. Es ist anzunehmen, dass der Pharao die Möglichkeit hatte, einen Teil der Steuern auch des Tempellandes abzuzweigen. Dennoch: Ein nicht genau zu bestimmender, aber gefährlich großer Teil des heute so genannten Volksvermögens wurde unmittelbar von den Kultzentren verwaltet und war Eigentum des jeweiligen Gottes. Damit konnten sie zur Gefahr für die innere Stabilität des Königtums werden. Diesem Reichtum korrespondiert die Prachtentfaltung, mit der das Ritual der großen Götter täglich ausgeübt wurde. Zur Herstellung der Waagen, auf denen in Heliopolis die königlichen Opfer für Re gewogen wurden, verwendete man nahezu 212 Pfund Gold und 461 Pfund Silber. In Theben

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5 Der Pharao und die Götter

wurden Amun allein zu seinen Festen jährlich 105 000 Sack Getreide als Opfergabe dargebracht. Wenn man bedenkt, dass ein Arbeiter in Deir el-Medineh 5 1/2 Sack als Monatsration erhielt, dann entsprach dies der Jahresration für 132 Arbeiter. Ramses III. listet auf, wen er für seinen Vater Re in dessen Tempel in Heliopolis eingesetzt hatte: »Ich berief für dich Bogenschützen und Honigsammler, Weihrauchträger, welche die jährlichen Abgaben in dein erhabenes Schatzhaus bringen. Ich berief für dich jagende Bogenschützen, die den weißen Spießbock erlegen . . . Ich machte für dich andere zu Bootsleuten und Steuereinnehmern . . . Ich berief Diener als Wachen in deinem Hafen . . . Ich machte andere zu Torhütern . . . und Hütern der Kornspeicher.«17

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Der Pharao als Herr Ägyptens

Um die Rolle des Pharaos als alleiniger Herr der Verwaltung zu verstehen, ist nochmals an das Grundprinzip allen Lebens in Ägypten und die Basis aller Kultur zu erinnern, an die Maat, die gerechte Weltordnung, welche die Götter den Menschen gegeben hatten (S. 26). Als einziger war der Gott-König der Garant für die Durchführung dieser Ordnung; äußeres Zeichen der dafür notwendigen Macht waren die Herrschaftsinsignien. Nur der Pharao besaß das Wissen um die Maat, um den Willen der Götter. Nur den Königen waren die Fähigkeiten eigen, deren es bedurfte, die Ordnung zu gewährleisten und das Gegenteil von Ordnung, das Chaos, zu bannen. Der König ist Herr über Leben und Tod. Ihm gehört die Arbeitskraft aller Ägypter. Diese ungeheure Macht ist allerdings eingeschränkt durch die Maat. Sie verlangt nämlich ebenso vom Herrscher, dass er die korrekte Durchführung der Kulte gewährleistet, für das Wohlergehen aller Ägypter sorgt und sich um die Schwachen und Bedürftigen kümmert. Das Königtum, so beschreibt es die Lehre für König Merikare (um 2050), ist vom Sonnengott zum Wohle der Menschheit erschaffen worden. Jede vom König angeordnete Maßnahme, die dann über den Wesir den gesamten Verwaltungsapparat durchlief, bis sie bei den Betroffenen ankam, bedeutete das in der Zeit realisierte Gegenstück zur Weltordnung, die der Schöpfer am ersten Tag eingesetzt hatte. Dies war auch das Ziel des Königs als Gesetzgeber, was in vielen Beinamen ausgedrückt wird. Aja (2982 – 2950) ist »der Herrscher der Maat«, Scheschonq I. (945 – 924) und Osorkon II. (875 – 837) nennen sich beide »derjenige, der die Götter zufrieden stellt, indem er die Maat vollbringt«.

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6.1

6 Der Pharao als Herr Ägyptens

Verwaltung und Beamte

Dies war die Theorie, und um die Praxis wenigstens etwas dieser Theorie anzunähern, musste der Pharao sich auf gute Beamte stützen können. Ägypten erforderte aufgrund seiner einzigartigen geographischen Gestalt eine sorgfältige Verwaltung. Funktionierte sie nicht, brach die zentralisierte Kontrolle rasch zusammen und das Land zerfiel in sich gegenseitig bekämpfende Bezirke. Wie findet man gute Beamte? In der erwähnten Lehre für Merikare heißt es dazu: »Mache deine Beamten reich, damit sie deine Gesetze ausführen. Denn einer, der in seinem Haushalt reich ist, braucht nicht parteiisch zu sein, denn ein Besitzender ist einer, der keine Not leidet. Ein Armer jedoch spricht nicht nach der für ihn gültigen Maat. Der, welcher ›Ach, hätte ich doch!‹ sagt, ist nicht rechtschaffen. Er ist parteiisch gegenüber dem, den er vorzieht, und er neigt sich dem Herrn seiner Bestechung zu.«1

Der Pharao war der Einzige, der in Kontakt zu den Göttern treten konnte und alle priesterlichen Kompetenzen leiteten sich von seiner ab (S. 125); dies galt auch für jede andere politische Aktion. Wie die Priester konnten die Beamten und Militärs nur stellvertretend im Namen des Herrschers handeln. Zu Beginn der historischen Zeit war ganz Ägypten auf den König ausgerichtet, der die Maat verkündete und mit seinem Wort alles in Bewegung setzte. Zu Beginn der 1. Dynastie sind vermutlich Lebendbestattungen von Dienern nachweisbar, die dem König ins Grab folgten.2 Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Grab des Königs Djer (2949 – 2902) in Abydos als dasjenige des Osiris verehrt. Ringsherum lagen über 300 Nebengräber von Harimsfrauen, Handwerkern, Dienern, Zwergen und sogar Hunden, alle mit kleinen, roh gearbeiteten Stelen ausgestattet. Sie scheinen die aus Mesopotamien bekannte Sitte zu bezeugen, dass Angehörige des königlichen Hofstaates ihrem Herrn bei seinem Begräbnis in den Tod folgten, um ihm auch im Jenseits dienen zu können. Im Gegenzug wurden sie so ewiger Versorgung teilhaftig. Dass

6.1 Verwaltung und Beamte

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diese Personen mit dem Ableben des Pharaos zugleich getötet wurden, ist zwar wahrscheinlich, aber nicht zu beweisen. Auf jeden Fall bleibt eine solche Massenbestattung des Gefolges in Ägypten auf die erste Dynastie beschränkt. Zunächst besetzten die Herrscher die wichtigsten Positionen mit Familienmitgliedern. Doch rasch wurden sie durch »bürgerliche Beamte« wie Gundlach sie nennt, ersetzt.3 Diese Rekrutierung der königlichen Beauftragten aus dem nichtköniglichen Bereich begann, als mit der 3. Dynastie der Aufbau eines Berufbeamtentums notwendig wurde, weil für die zunehmend größer werdende Zahl von Aufgaben nicht genügend königliche Prinzen zur Verfügung standen. Wahrscheinlich stellten die Pyramidenbauten seit Snofru (2589 – 2554) die Verwaltung des Pharaos vor immer größere und komplexere Aufgaben. Kann man für die frühe Monarchie eher von Einzelämtern ausgehen, erforderte nun die Vielzahl der Aufgaben ganze Stäbe von Schreibern. Büros und eine hierarchisch abgestufte Bürokratie wurden eingerichtet, an deren Spitze der sogenannte »Wesir« stand. Er leitete nicht nur die gesamte Verwaltung, sondern auch die Rechtspflege und die staatliche Wirtschaft und war allein dem König verantwortlich. Offenbar schufen bereits die Pharaonen der 3. Dynastie dieses Amt, doch beginnt die kontinuierliche Folge bekannter Wesire erst mit den Söhnen Snofrus. In Anlehnung an ältere Gepflogenheiten blieb dieses höchste Staatsamt – anders als die übrige Verwaltung – noch eine Zeitlang den Angehörigen des Königshauses vorbehalten. Jegliche Bezahlung von Seiten des Herrschers geschah seit dem Alten Reich in Form von Naturalien, den hohen Reichsbeamten dagegen wies der König Güter zu. Ein solches (nennen wir es) »Lehen« hatte – ähnlich wie beispielsweise im Mittelalter unter Konrad II. – die Tendenz, erblich zu werden, und so entstand nahezu zwangsläufig eine neue Gesellschaftsform. In Ägypten wurde eine derartige Entwicklung insbesondere durch das System der Totenpflege gefördert: Jeder Vater war bemüht, seinem ältesten Sohn nicht nur Amt und Besitz zu vererben, sondern ihn gleichzeitig zu verpflich-

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

ten, den Totendienst zu übernehmen. Ins Zentrum der testamentarischen Verfügung rückte zunehmend die Totenstiftung, in der man mit einem Priester, zumeist dem eigenen Sohn, einen Vertrag schloss, wonach diesem das Land mit der Auflage überlassen wurde, es nicht zu teilen oder zu verkaufen, damit der Dienst am Grab und der aufwendige Totenkult für alle Zukunft möglich sein konnten. Um die Versorgung der Gräber noch sicherer – und die Aufgabe attraktiver – zu machen, bemühten sich die hohen Beamten, vom König die Befreiung von staatlichen Abgaben und Dienstleistungen zu erwirken. Die Bedeutung dieser Entwicklung ist an den zahlreich erhaltenen »Königsdekreten« ablesbar. Sie liegen seit dem Ausgang der 4. Dynastie, seit Schepseskaf (2461 – 2456), vor und häufen sich auffällig in der sechsten; immer mehr Grundstücke und vor allem Tempel werden von allen Lasten freigestellt.4 Ein beträchtlicher Rückgang der Steuereinnahmen und eine Aufsplitterung der Zentralgewalt waren die unausweichliche Folge. Dadurch wiederum erhöhte sich die Steuerlast der im Staatseigentum verbliebenen Güter. Ägypten konnte aber nur gedeihen, wenn ein zentral gelenkter Arbeitseinsatz die Wasserbauarbeiten sicherstellte und die Einkünfte des Königs ausreichten, um die Ernährung der Bevölkerung auch in Jahren schlechter Ernten zu gewährleisten; außerdem mussten Mittel für die Staatsaufgaben bereitstehen. Aus all diesen Gründen wurde das »Feudalsystem« immer wieder zu einer Gefahr für das Land. Seit frühester Zeit bezeugen die Beamtenbiographien die Rolle des Pharaos als bewegende Macht, als Zentrum allen irdischen Lebens und Quelle aller Wohltaten.5 Der hohe Staatsbeamte Uni, dessen Autobiographie den längsten literarischen Bericht des Alten Reiches darstellt, formuliert noch in der Zeit der 6. Dynastie: »Ich war ohne Fehl für das Herz seiner Majestät, ich war festgewurzelt für das Herz seiner Majestät, indem ich ein Herzensvertrauter seiner Majestät war.«6 Am Ende des Alten Reiches ist es dann mit dieser ausschließlichen Ausrichtung auf den König zu Ende, ohne

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dass dessen herausragende Rolle allerdings je infrage gestellt worden wäre. Im Zentrum der Selbstdarstellung der Beamten steht auch weiterhin der König. Für ihn tätig zu sein, sich vor dem Pharao zu bewähren und dann von ihm belohnt zu werden, erfüllt seine gesamte Existenz. »Der König verleiht seinen Beamten ihre Biographie und ihre ›Persönlichkeit‹», formuliert J. Assmann.7 Äußeres Kennzeichen dieses Phänomens ist die Menge der Aussagen, die das Verhalten des Beamten gegenüber Pharao, Mitmenschen und Göttern beschreiben.8 Dieses Verhältnis verändert sich im Laufe der Jahrtausende. Im Alten Reich liegt das Hauptgewicht der Aussagen, wie betont, auf den Beziehungen zum König und in der Beschreibung der Tätigkeiten, welche der Beamte für ihn ausführt. Dann folgen Äußerungen zum Verhalten des Amtsträgers gegenüber den Mitmenschen. In der ersten Zwischenzeit kehrt sich dieses Verhältnis um und zugleich wird der quantitative Abstand größer. Die überwältigende Mehrheit der Aussagen bezieht sich auf das Verhalten gegenüber den Mitmenschen. Als der König als Garant der Maat ausfiel, übernahmen die Bezirksfürsten dessen Position und bezogen daraus die Legitimation ihrer Herrschaft. Da es den Pharaonen seit der 12. Dynastie wieder gelungen war, sich gegenüber den Bezirksfürsten durchzusetzen, standen sie erneut im Mittelpunkt von deren Autobiographien. Königsdienst, Dienst am Mitmenschen und Sorge um die Götter lautete erneut die Reihenfolge. Diese Tendenz setzte sich dann seit der 18. Dynastie fort. In allen Lebensbeschreibungen wird der Pharao gebührend gewürdigt, in der Hälfte der Aussagen wird die Sorge um die Untertanen angesprochen, und in einem Sechstel der Fälle drückt der Beamte seine Bemühungen um die Pflege des Götterkultes aus. Erst in den Texten der Spätzeit rücken die Götter gleichsam ›nach vorne‹, und bilden ein Thema in den Darstellungen wie der König und die Mitmenschen. Dann verdrängt das Thema des Gottesbezugs allmählich die beiden anderen. Die Bedeutung des Herrschers für die Beamten zieht sich also durch die gesamte ägyptische Geschichte, wenn auch mit

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unterschiedlicher Betonung der individuellen Leistungen des jeweiligen Stelleninhabers. Unter Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) war es die totale Abhängigkeit vom König, welche die Texte der Beamten betonen. So schreibt der »Erste Aton-Diener« Panehsi: »Lob (= Jubel) dir, du mein Gott (König), der mich baute, der mir Gutes bestimmte, der mich werden ließ und mir Brot gab, der für mich sorgte mit seinem Ka! Du Herrscher, der mich erschuf unter den Menschen, der mich unter seine Gelobten gesellte und gab, dass mich jedermann kannte, indem ich erhoben war unter den letzten, der mich reich machte, nachdem ich arm gewesen war.«9 Jede Berufstätigkeit war Königsdienst, und es war die höchste Belohnung jeglicher Arbeit, wenn der König sich zufrieden zeigte. »Seine Majestät lobte mich deswegen« oder »mich täglich« finden wir in zahllosen Beamtenbiographien.10 Als Ehrentitel der Beamten der 18. Dynastie treffen wir auf Bezeichnungen wie »Augen des Königs von Ober-Ägypten« und »Ohren des Königs von Unter-Ägypten«.11 Diese Beamten mussten draußen im Land für ihren König Augen und Ohren offen halten, um ihm alles Wissenswerte berichten zu können. So heißt es von einem Oberdomänenvorsteher: »Er ist seine Augen, wenn der König in seinem Palast ist.«12 Und ein Expeditionsleiter ins Wadi Hammamat schreibt: »Mein Herr, er lebe, sei heil und gesund, der König Mentuhotep (II., 2046 – 1995), begabt mit Leben für ewig, hat mich geschickt, wie ein Gott seine Glieder ausschickt.«13 Das Wort des Pharaos war Gesetz für jeden, vom Wesir bis zum einfachen Bauern. Bei aller Willkür, die hinter diesen Vorstellungen aufscheint, gilt es zu bedenken, dass auch der König an die Maat gebunden ist. Diese Bindung gilt auch für alle Beamten, deren Macht vom König delegiert ist. Mit dieser

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Amtsvollmacht übernehmen die Beamten die Verpflichtung, die Maat zu gewährleisten. Amtseinsetzung Die Amtseinsetzungen verlaufen häufig so, dass der Kandidat vor dem Erscheinungsfenster Aufstellung nimmt (S. 185), um auf den Pharao und seine Familie zu warten. Dort erhält er seine Amtsinsignien und Geschenke und wird mit einer festen Formel in sein Amt eingeführt: »Siehe, ich mache dich für mich zum . . . Ich will es tun, weil ich dich schätze, denn: Mein großer Diener, der die Lehre hört, jeder Befehl, den du ausführtest – mein Herz war zufrieden damit.« Diese Zufriedenheit des Herrschers war der offizielle Maßstab bei der Einschätzung des Beamten, jede Beförderung ein Willensakt des Königs. Dennoch gab es für bestimmte Posten Berufungslisten, an die sich die Pharaonen sicherlich in aller Regel bei der Ämterbesetzung hielten, wenngleich eventuelle Karrieremuster, Beratungen oder Protektion bei den offiziellen Begründungen außen vor bleiben. Nach seiner Inthronisation war eine der ersten wichtigsten Amtshandlungen Ramses’ II. (1279 – 1213) die Einsetzung des neuen Ersten Propheten des Reichsgottes Amun mit Namen Nebwenenef.14 Er war Hohepriester des Gottes Onuris, eines Jäger- und Kriegergottes, sowie der Göttin Hathor von Dendera, als er zum Hohepriester des Amun berufen wurde. Nebwenenef hat diesen Höhepunkt seines Lebens in seinem Felsengrab auf dem Westufer Thebens ins Bild gesetzt (Abb. 22). Er selbst ist als Priester kahlköpfig dargestellt mit einem reich plissierten Schurz, der Kleidung der Vornehmen. Zusammen mit anderen Würdenträgern blickt er zu jenem Erscheinungsfenster auf, wo sich der Pharao aufhält. Über das auf der Brüstung liegende dicke Kissen beugt sich der König leicht zu dem Priester hinab. Hinter dem Pharao Ramses steht die Große Königsgemahlin Nefertari; von ihrem Bild ist zwar kaum noch etwas erhalten, aber sie ist durch die Inschriften bezeugt. Man erkennt allerdings noch den Kopfschmuck der

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

Abb. 22: Amtseinführung durch den Pharao

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Hathor, den die Königin trägt, Sonne und Kuhhörner, und sieht, wie sie Ramses mit der Rechten umfasst, eine Geste, die wir vor allem aus der Zeit Amenophis’ IV/Echnatons (1351 – 1334) kennen.15 Bei diesem Akt erhielt der Hohepriester die Insignien seines Amtes, zwei Goldringe und einen Stab aus Elektron; Gold, das »Fleisch der Götter«, hatte, wenn es verarbeitet war, stets auch magische Wirkung. Dabei führt Nebwenenef auch die Ansprache des Pharaos an: »Du sollst der Erste Prophet des Amun sein, Vorsteher der beiden Häuser des Silbers und Goldes, Vorsteher des Heeres, Vorsteher aller Kunstwerkstätten in Theben.«16 Nebwenenef war Hohepriester, Vorsteher des Schatzhauses und formal auch Kommandant der Heeresdivision Amun. Ramses schildert dem neuen Amtsträger dann, wie es zu seiner Wahl gekommen ist: »Ich wiederholte ihm (Amun) die Namen aller Priester der Götter und der Großen seines Tempels, als sie vor seinem Angesicht standen. Aber er war mit keinem einzigen zufrieden, bis ich deinen Namen nannte . . . Er hat dich ausgewählt wegen deiner Eigenschaften, wegen deiner Tüchtigkeit hat er dich genommen.«17

Die Amtseinsetzung eines Wesirs geschah, wie wir den Darstellungen einiger Gräber entnehmen können, durch eine feierliche Zeremonie im Palast vor dem thronenden Pharao. Bei dieser Gelegenheit hält der König eine Rede, in der er die große Bedeutung des Amtes erläutert und dem Neuernannten Ratschläge gibt. Er ermahnt seinen Wesir in einer Ernennungsurkunde: »Ein Abscheu für Gott ist, wenn man sich auf die Seite begibt (parteiisch ist). Dies ist die Lehre. Du sollst entsprechend handeln und den Bekannten wie den Unbekannten, den Nahestehenden wie den Fernstehenden (gleich) behandeln. Handle nicht blindlings gegen einen Mann wie ein Gewitter! Weswegen man zornig sein muss, deswegen kannst du zornig sein. Verbreite Furcht vor dir, damit man dir Furcht entgegenbringt. Denn (nur) der Große, den man fürchtet, ist ein Großer!«18

Im Grab des Wesirs User-Amun, der das Amt unter Thutmosis III. (1479 – 1425) bekleidete, wird der Pharao nach einer

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solchen Amtseinsetzung gezeigt. Der König wurde in einer festlichen Prozession in einem Tragsessel von acht Soldaten zu einem Tempel getragen. An ihrer Spitze schritt ein Herold, der zu diesem besonderen Anlass den Titel »Mund des Gottes« trug.19 Ihm folgte ein weiterer Hofbeamter, der den Zuschauern am Rande der Prozession die Warnung zurief: »Es kommt der König.« In Anwesenheit des Pharaos stehen zu bleiben, war niemand erlaubt, und so warfen sich alle zu Boden. Ein Chor, der vor dem Pharao herzog, sang unter rhythmischen Händeklatschen: »Es kommt der Gott, hüte dich, Erde.« Auf dem Bild (23) begleitet den Zug ein Wedelträger. Vor dem Pharao wird Wasser gespendet und geräuchert. Mit einem langen Stab in der Hand schreitet der Wesir voran. Die gesamte Darstellung, deren Ausschnitt ich abbilde, zeigt weiterhin zu beiden Seiten des Zuges zwei Gruppen bewaffneter Soldaten und dazu Trommler, die von drei klatschenden Männern und vier Fechtern mit Stäben begleitet werden. Die Gruppe bewegt sich auf den Tempel zu. Möglicherweise wird hier der neue Wesir im Amun-Tempel vorgestellt, wo ein Dankopfer stattfinden wird.20

Abb. 23: Amtseinsetzung eines Wesirs

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Eine etwas ungewöhnliche Art einer Einsetzung in ein Amt ist durch den Domänenvorsteher des Königs Amenophis’ II. (1428 – 1397), Kenamun, auf dessen Sarkophag in Abydos überliefert. Kenamun erwähnt, dass er sich zu Beginn seiner Karriere einmal mit dem König auf dessen Gespann befand, als dieser ihm einen Auftrag gab und damit in sein Amt einsetzte: »Ich war auf einem Gespann mit ihm, als er mir seinen Auftrag sagte und er mich als Haupt im ganzen Land einsetzte.«21 Auszeichnungen Zu den Auszeichnungen für verdiente Beamte gehörte, dass der König für deren Begräbnis und Totenkult sorgte. Beamte erwähnen immer wieder, wie der Pharao Gegenstände für ihre Grabausstattung wie Scheintüren, Sarkophage, Opfersteine, Statuen, Kleider, Öl oder Naturalien stiftete.22 Ferner war es das »Gold der Gunst« mit dem die Treue des Beamten belohnt wurde. Singulär ist bisher die Auszeichnung des königlichen Wedelträgers Eje durch Amenophis II., der neben Schmuck wie Halskragen und Armreifen auch ein Paar Handschuhe erhält.23 Bei den Belohnungen geht es auch um den konkreten Wert des Goldes oder anderer wertvoller Materialien. Es geht aber auch um die Demonstration, dass man in persönlichem Kontakt mit dem Pharao getreten war, ihn vielleicht sogar von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Ebenso wie Ehrengold, Kriegsgefangene als Sklaven, militärische Abzeichen oder Ehrentitel gehören persönliche Briefe des Königs an einen Beamten daher zu den Belohnungen. Eine hohe Auszeichnung durch den König lag ferner darin, dass er dem Beamten erlaubte, seinen Sohn als »Stab des Alters«, also als designierten Nachfolger einzustellen. Dies führte rasch zu einer quasi Erblichkeit des Amtes. Seit der 18. Dynastie bringen die Beamten in Belohnungsszenen ihre Unterwürfigkeit und Dankbarkeit in Form der Proskynese zum Ausdruck.24 Aus Amarna sind mehrfach Äußerungen von Beamten bekannt, dass sie arm waren und der König sie »gemacht« habe.25

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Die Macht des Pharaos war ungeheuer. Dies konnte man in genügendem Maße erfahren, auch wenn man ihm nicht selbst, sondern nur seinen Beamten begegnete. Wer dann doch einmal vor dem Pharao persönlich erscheinen durfte, dem verschlug es den Atem: »Wer vor dem Herrscher steht, sagt: ›Gib Luft, Amun‹.«26 Als Sinuhe nach seiner Flucht wieder vor den König tritt, verliert er vor Angst das Bewusstsein: »Ich berührte mit der Stirn den Boden zwischen den Sphingen, die Königskinder, die in der Türnische standen, kamen mir entgegen. Die Höflinge, die in die Empfangshalle einführen, brachten mich auf den Weg zum Königsgemach. Ich fand seine Majestät auf dem großen Thron aus Elektron in einer Nische. Dort lag ich ausgestreckt auf meinem Bauch und wusste nichts von mir vor ihm, (obwohl) dieser Gott mich freundlich grüßte. Ich (aber) war wie ein Mann, der von der Dämmerung gepackt wird, meine Seele war vergangen, mein Leib ermattet, mein Herz war nicht in meinem Körper, ich kannte (weder) Leben (noch) Tod. Seine Majestät sagte zu einem von den Höflingen: ›Hebe ihn auf! Lass ihn zu mir sprechen‹!«27

In den Texten ist gelegentlich davon die Rede, dass die Beamten die Erde vor dem Pharao küssen. Der Begriff bezeichnet die unterwürfigste Form der Verbeugung, wobei der Grüßende »sich auf den Bauch streckte und den Boden berührte«28 oder »die Stirn mit der Erde berührte«.29 Eine Vergünstigung gegenüber nahen Familienmitgliedern konnte darin bestehen, dass man den Fuß küssen durfte. »Dann sagte seine Majestät . . . Küsse nicht den Boden, küsse meine Füße.«30 Aufwendig war das Unterwerfungszeremoniell auswärtiger Diplomaten; sie »werfen sich siebenmal auf den Bauch und siebenmal auf den Rücken«.31 Generell war der Umgang des Pharaos mit auswärtigen Gesandten offiziell von Verachtung und Demütigung der Fremden geprägt. In der Zeit Amenophis’ IV./Echnatons (1351 – 1334) lag der Hof vor dem Erscheinungsfenster, in dem Gesandte empfangen wurden, unter freiem Himmel. Der Pharao wollte, dass auch Aton, die Sonne, an dem Geschehen teilnahm. Dies scheint eine Ausnahme seiner Regierungszeit gewesen zu sein, und so beklagt

6.2 Kronrat

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sich auch der assyrische König Assur-uballit bei ihm: »Warum mussten meine Abgesandten dauernd in der Sonne stehen und so in der Sonne sterben?«32 Vor allem in der Kunst der Amarna-Zeit, aus welcher der zitierte Text stammt, beugen Beamte tief den Rücken, aber ein hinter dem dahinjagenden königlichen Wagen herhetzender alter Wesir bleibt eine Ausnahme. Meist steht der Beamte dem Herrscher gegenüber leicht gebeugt. Die offizielle Geste beim Anblick des Pharaos etwa bei der Gelegenheit einer Prozession stellt jubelnde Beamte dar; aufrecht stehend heben sie beide Arme seitwärts empor.33 Die Abbildung (24) zeigt den Scheunenvorsteher Chaemhet in demütiger Haltung, die Rechte gesenkt, die Linke auf dem Herzen vor dem – hier nicht abgebildeten – thronenden Pharao. Neben ihm stehen in zwei Registern seine Unterbeamten. Im unteren Streifen sehen wir sie gebückt mit herabhängenden Armen, im oberen Streifen gruppenweise in unterschiedlichen Haltungen: liegend auf die Arme gestützt, möglicherweise die Haltung, die mit »die Erde küssen« gemeint ist, kniend oder stehend mit erhobenen Armen. Diese unterschiedlichen Haltungen gehören nach E. Brunner-Traut zu einem umfangreichen Begrüßungszeremoniell, dessen Abfolge nacheinander dargestellt ist.34

6.2

Kronrat

Eine Untergliederung des Hofstaates, wie er dem Pharao gegenübertritt, können wir der »Einsetzung des Wesirs« entnehmen: »Es fand statt eine Sitzung des Königs in dem Thronsaal des Westens durch König Thutmosis III. (1479 – 1425) – begabt mit Leben. Es wurden herbeigerufen die Oberbeamten, die Würdenträger der Privataudienz, die Kammerherren, die Großen des Palastes, der Hofstaat des Horus in seinem Palast, um Angelegenheiten des Königs – er lebe, sei heil und gesund – zu besprechen.«35

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Abb. 24: Jubelnde Beamte

6 Der Pharao als Herr Ägyptens

6.2 Kronrat

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Was die Beratungen im sogenannten Kronrat betrifft, lassen sich die Texte, die uns über mögliche Verfahren Auskunft geben, in mehrere Gruppen aufteilen. Da ist zunächst einmal die Bekanntgabe eines königlichen Beschlusses. Über das Zustandekommen einiger Akten heißt es bei Haremheb (1319 – 1292): »Seine Majestät hielt Rat in ihrem Herzen.« Es wird also keine Diskussion geboten, sondern die Ratgeber, deren Anwesenheit gelegentlich bestätigt wird, stellen fest, dass der König ohnehin alles besser weiß. Dementsprechend antworten sie in einer Inschrift des Oberdomänenverwalters Kenamun aus der Zeit Amenophis’ II. (1428 – 1397) auf eine entsprechende Aufforderung des Pharaos mit rhetorischen Fragen: »Leitet man denn Horus, der im Himmel ist, bei der Fahrt auf dem Firmament? Gibt man denn dem heiligen Ptah, dem Oberhaupt der Künste, Vorschriften der Wissenschaft? Belehrt man denn Thot über die Rede?«36

Der Leser erhält so den Eindruck von Geschlossenheit innerhalb der Staatsspitze, deren einzige verständige und entschlussfähige Persönlichkeit der Pharao ist. Über die Zusammenkunft eines Kronrates informiert uns ein Text aus Qubân, 130 km südlich von Assuan. Hier befand sich eine Stele, die uns von Ereignissen zur Zeit Ramses’ II. (1279 – 1223) berichtet. Auch in dieser späteren Dokumentation der Vorgänge durch den Pharao selbst spielen die Ratgeber keine Rolle, aber der Bericht des Vizekönigs von Kusch und wohl auch seine Vorschläge klingen durchaus noch an: »An einem dieser Tage geschah es, dass seine Majestät auf dem großen Thron aus Elektron saß, geschmückt mit dem Doppelfederdiadem, und über die Länder nachdachte, aus denen das Gold herbeigebracht wurde. Er bedachte Möglichkeiten, Brunnen an den Wegstrecken zu graben, die an Wassermangel litten, nachdem man sagen hörte, dass es in der Wüste von Allaqi viel Gold gäbe, jedoch der Weg zu ihm wegen des Wassermangels sehr schwierig sei. Gingen einige von den Goldschürfern dorthin, so erreichte nur die Hälfte von ihnen das Ziel, (die anderen) starben vor Durst auf dem Weg, zusammen mit ihren Eseln, die vor ihnen hergingen. Auf dem Hin- und Rückweg fand man für ihren Trinkbedarf

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

kein Wasser für die Schläuche. Wegen des Wassermangels brachte man kein Gold aus diesem Land.«37

Das Problem ist klar formuliert, der Vorschlag des Pharaos ebenso und er dürfte sich aus jenem des Vizekönigs ergeben haben. Doch bevor die konkrete Planung genannt wird, folgt im Text ein langer Hymnus auf den Herrscher:38 »Du bist wie Re in allem, was du getan hast, was dein Herz wünscht, das geschieht. Wenn du in der Nacht einen Wunsch planst, am Morgen bereits ist er verwirklicht. Wir betrachten die Fülle deiner Wundertaten, seit du erschienen bist als König der Beiden Länder . . . Gibt es ein fernes Land, das du nicht kennst? Wer ist so kundig wie du? Wo ist der Ort, den du nicht gesehen hast? Kein Fremdland, das du nicht betreten hast. Alle Angelegenheiten kommen dir zu Ohren, seit du dieses Land verwaltest.« Schließlich wird der Beschluss seiner Majestät verkündet: »Ich werde einen Brunnen dort anlegen, der tagtäglich Wasser gibt.« Der Brunnen wird gebaut, und er erhält den Namen »Brunnen, Ramses ist stark an Taten«.39 Dass der Pharao allein in der Lage ist, das Rechte zu tun, wird in jenen topischen Berichten deutlich, wie wir sie aus allen Zeiten ägyptischer Geschichte besitzen: Der König ruft seine Berater zusammen und diese machen Vorschläge. Der König entscheidet anders, und die Geschichte beweist, dass er richtig gehandelt hat. In manchen Zeugnissen ist gerade vor diesem Hintergrund ausdrücklich von Diskussionen des Königs mit dem Kronrat die Rede wie im Fall des Pharaos Kamose vor seinem Kampf gegen die Hyksos (S. 48). Auch in dieser Erzählung geht es ausschließlich um den Ruhm des Herrschers. Dem innovativen, risikofreudigen und erfolgsorientierten König stehen Ratgeber gegenüber, die eher

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konservativ und zögerlich sind. Es ist dann klar, dass der König sich durchsetzen wird, weil er die Macht und zudem die Götter auf seiner Seite hat. Und für die Ratgeber gilt, was sie einmal am Ende einer Diskussion mit Thutmosis III. (1479 – 1425) feststellen: »Ein Diener ist (immer) hinter seinem Herrn!«40 Trotz solcher offiziellen Formulierungen werden die Entscheidungen wohl normalerweise erst nach Beratungen mit den Vornehmen des Landes und den Höflingen und nach der Konsultation der alten Schriften gefällt worden sein. Als der König Neferhotep I. (1741 – 1730) seiner Umgebung zu verstehen gibt, dass er mehr tun will, als ihm vererbt ist (S. 33), wird ihm von seinen Beratern vorgeschlagen, die heiligen Schriften des Gottes Atum aus der Vorzeit kennenzulernen. Sie befinden sich in der königlichen Bibliothek. »Da ging der König zur Bibliothek. Seine Majestät breitete die Buchrollen aus . . . Da fand seine Majestät die Bücher vom Hause des Osiris, des ersten der Bewohner des Westens.« Nachdem die Darstellung so weit gediehen ist, spielen die Berater längst keine Rolle mehr, und es erübrigt sich fast zu betonen: »Seine Majestät selbst hatte diese Bücher der Ewigkeit gefunden. Niemals hatte sie ein Schreiber aus dem Gefolge seiner Majestät gefunden.«41 Es finden sich aber auch Berichte, die eine gemeinsame Entscheidungsfindung von Pharao und Kronrat andeuten. Die meisten derartigen Beispiele stammen allerdings aus einem märchenhaften Kontext, wie bei dem Erzählungen des Papyrus Westcar um Pharao Snofru (S. 187). Vielleicht etwas näher an der Realität liegt die Diskussion, die der Berufung des Wesirs User-Amun vorausgeht. Zunächst schildern die Berater die Altersmerkmale des noch herrschenden Wesirs und schlagen dem König vor, einen »Stab des Alters« für ihn zu finden, ihn also in Pension zu schicken. Dann fordert der Pharao sie auf, einen Nachfolger vorzuschlagen: »Sucht doch für mich einen Mann«, worauf ihm die Ratgeber den User-Amun als künftigen Wesir vorschlagen. Man darf in der unterschiedlichen Präsentation solcher ›Beratungen‹ einen Reflex auf die tatsächliche Macht des jeweiligen Königs sehen. Insofern ist User-

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

Amun, aus dessen Grab die Texte kommen, Vertreter einer selbstbewussten Beamtenelite. Der Nachfolger des UserAmun, Rechmire, entstammte einer bedeutenden und einflussreichen oberägyptischen Wesirsfamilie, was wahrscheinlich seine Karriere befördert hat. In seinem Ernennungstext, den er in seinem Grab einmeißeln ließ, ist es dann wieder allein der König, der die Auswahl getroffen hat.42 Für uns bedeutet dies, dass uns ein ohnehin immer nur flüchtiger Blick hinter die Kulissen eher bei schwachen Königen möglich ist. Die Ausführung der königlichen Entscheidungen war die Aufgabe der Verwaltung. Direkt unter dem König stand der Wesir – manchmal waren es zwei. Thutmosis III. (1479 – 1425) riet einem Amtsinhaber bei der Einsetzung: »Blicke zu dieser Halle des Wesirs! Sei wachsam wegen allem, was darin getan wird! Denn er ist der Festpunkt des ganzen Landes. Siehe, bitter ist es (Wesir zu sein) wie die Galle! Siehe es (das Amt) ist die kupferne Schutzmauer für das Gold im Haus seines Herrn. Siehe, nicht wendet er sein Gesicht zu den Großen und Behörden!«43

Im Besonderen war der Wesir nach dem König der oberste Richter des ganzen Landes. Von ihm aus verästelte sich die Macht, und er hatte sich durch seine Untergebenen im Verwaltungsapparat, deren Zahl und Leistung nur schwer abzuschätzen ist, mit allen möglichen Problemen zu befassen. Er kümmerte sich um die Eintreibung der Steuern, die Einteilung in Arbeitsgruppen, das Verteilen des Werkzeugs, die Streitigkeiten unter den Arbeitern und vieles andere mehr. In einigen Briefen von Pharaonen des Alten Reiches scheinen in der Korrespondenz des Königs mit seinen Beamten persönliche Gefühle zum Ausdruck zu kommen. So schreibt Asosi (2355 – 2317) seinem Wesir: »Meine Majestät hat dieses sehr schöne Schreiben gesehen, das du aus dem Palast bringen ließest an diesem schönen Tage, an dem das Herz des Asosi wirklich, wirklich erfreut wurde durch das, was er wirklich, wirklich gern hat. Meine Majestät liebt es mehr als alle Dinge, dieses dein Schreiben zu sehen.«

6.2 Kronrat

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Einem anderen teilt er mit: »Gott hat dich wahrlich zur Freude des Asosi geschaffen.«44 Immer wieder ist davon die Rede, dass der Pharao für das Wohl aller seiner Untertanen verantwortlich ist. In den Selbstdarstellungen erfahren wir deshalb gelegentlich, wie sich ein Herrscher wie Ramses II. (1279 – 1213) um seine Arbeiter kümmert – zumindest um diejenigen, die als »privilegierte Gefangene«45 in Deir el-Medineh lebten und die Gräber der Könige anlegten:46 »Ihr auserwählten Arbeiter, ihr kühnen und bewährten Männer, die ihr mit wertvollem Gestein umzugehen wisst, Granit ebenso kennt wie Quarzit und unermüdlich und wachsam den ganzen Tag arbeitet, ihr sollt wissen: Ich lasse euch nicht im Stich. Ich weiß, dass ihr gute Arbeit leistet, und dass die Arbeit nur mit vollem Magen Freude bereitet. Die Kornkammern halten genug Getreide für euch bereit. Keiner von euch soll des Nachts über Armut klagen.«47

Selbst den Alltag der Arbeiter nimmt Ramses also in seine Selbstdarstellungen auf, und so erfahren wir, was sich der Pharao als Ideal handwerklicher Existenz vorstellte, eine Sichtweise, die als Utopie von seinen Arbeitern sicherlich geteilt wurde: »Ich habe für euch die Geschäfte mit Waren aller Art füllen lassen; mit Gebäck, Fleisch und Kuchen, um euch zu speisen; mit Sandalen, Gewändern und Duftstoffen, mit denen ihr eure Köpfe alle zehn Tage einreiben sollt, damit ihr das ganze Jahr über ordentlich gekleidet seid; damit ihr jeden Tag Schuhe tragen könnt, und keiner von euch nachts schlaflos liegt aus Angst vor der Not. Ich habe befohlen, dass ihr ernährt werdet selbst in den Hungerjahren, und die Bevölkerung der Marschen angewiesen, euch mit Fischen und Geflügel zu versorgen. Schiffe segeln für euch von Norden nach Süden und bringen (aus dem Delta) unaufhörlich Gerste, Weizen, Stärkemehl, Salz und Bohnen.«48

Um dieses Ideal zu erreichen, bedurfte es einer guten Ernte und pflichtbewusster Beamter. Gute Ernten gab es zweifellos immer wieder einmal . . .

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6.3

6 Der Pharao als Herr Ägyptens

Gesetzgebung

Der Pharao war Garant der Maat, jener vom Schöpfergott gesetzten Ordnung aller Existenz. Um sie ganz Ägypten zu vermitteln, erließ er Gesetze, die das Zusammenleben der Menschen regelten und vor allem die Strafen festlegten. Die Bezeichnung ›Gesetz‹ umfasst alles, was der König schriftlich anordnete, also auch seine gesamte Korrespondenz. Durch all diese Texte hindurch ergibt sich ein Bild der königlichen Kompetenzen: Ernennungen und Abberufungen von Beamten, die Verkündigung einer neuen Regierung, medizinische Verordnungen zur Volksgesundheit, Dekrete zum Kanalbau und so fort. Dies betraf ferner die kriminellen Delikte, aber beispielsweise auch das Vertragsrecht stand unter der Aufsicht der Behörden. Außerdem regelten königliche Befehle Steuerbefreiungen der Tempel, Schenkungen oder die Errichtung öffentlicher Gebäude. Auch solche Regelungen waren von Strafandrohungen begleitet, wenn etwa jemand Arbeiter, die einem Tempel gehörten, ‹zweckentfremdete‹. Einige solcher Dekrete haben allgemeinen Charakter, die meisten aber beziehen sich auf Einzelfälle. Gesetzgebung und Rechtsprechung dienen »der Durchführung und Verwirklichung der Maat im Staate.«49 Da nur der König allein Einsicht in das Wesen der Maat hat, ist er auch alleiniger Gesetzgeber. In der Frühzeit unternahm der Herrscher regelmäßig Reisen durch das Land und befasste sich mit juristischen Angelegenheiten. Immer wieder wird in den Texten betont, dass er von den Göttern unterstützt Rechtsprechung ausübt oder – noch konkreter – die Angelegenheiten der Götter richtet.50 Mit der wachsenden Zahl der Aufgaben und der zunehmenden Größe der Aufgabenbereiche wurde es für den Pharao immer schwieriger, persönlich zu richten, so dass ihn nur noch die wichtigsten Fälle erreichten. Es waren seine Beamten, die für ihn vor Ort entschieden. Um diesen immer größer werdenden Beamtenstab mit den Richtlinien königlicher Entscheidungen vertraut zu machen, standen den Herrschern mehrere Wege zur Verfügung.

6.3 Gesetzgebung

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Ein Brief des Pharao verlieh dem Empfänger die Macht, eine Rechtshandlung vorzunehmen, indem er sich auf den Befehl des Königs berief. Derartige Entscheidungen waren meist ortsund zeitbezogen. Erhalten sind uns solche »Befehle des Königs« genannten Schreiben fast ausschließlich, wenn sie auf Stein übertragen wurden. So wie die Worte des Königs göttliche Macht und Wirkung hatten, war auch jeder Gefühlsausdruck ein Befehl, wie Pepis II. sehnsüchtiger Wunsch, einen bestimmten Zwerg zu sehen (S. 192). Entsprechend fiel auch die Antwort des Expeditionsleiters aus: »Alles, was deine Majestät liebt, lobt und befiehlt.«51 Was dem Willen des Königs entspricht, ist also gesetzmäßig, alles andere ist gesetzwidrig. Verletzung der königlichen Bestimmungen ist ein Akt der Empörung, ist etwas, was der König hasst. In einem Brief Thutmosis’ I. (1504 – 1492) an den Vizekönig von Kusch schreibt der König: »Der König befiehlt dem Königssohn . . . Siehe dieser königliche Befehl wird dir gebracht.«52 Das zweimal verwendete Wort Befehl meint zum einen die befehlende Aktion des Königs und zum anderen den Befehl in Briefform. Als in der Spätzeit der General Pianchi (746 – 713) formal noch den König als seinen Herrscher anerkannte, betonte er mehrfach in seinen Briefen, dass die Empfänger nach seiner Anweisung handeln müssen, sobald sie das Schreiben in Händen halten. Gelegentlich wird ausdrücklich erwähnt, dass ein Brief als Zeugnis dienen soll, die Schreiben also zu den festgelegten Handlungen bevollmächtigen.53 Einen königlichen Befehl stellt auch das Dekret dar, das eine spezifische Rechtsfrage behandelt, sich insofern nicht vom Brief unterscheidet, aber mehr auf Publizität und Dauer abzielt. Während die Briefe meist durch den Empfänger auf Stein verewigt wurden, weil sie stolz darauf waren, dass sie ein persönliches Schreiben des Gott-Königs in Händen hielten, ordnete der Pharao im Dekret meist selbst an, es zu veröffentlichen. Auf diese Weise sollten diejenigen, die es betraf, die gesetzliche Vorschrift ständig vor Augen haben. Zum Schutz der Priester eines Tempels in Abydos erlässt Neferirkare (2433 – 2413) ein Dekret, das an deren Vorsteher gerichtet

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

ist. In ihm geht es darum, dass die Priester nicht zu Arbeiten außerhalb des Tempels herangezogen werden dürfen. Funktionsträger aller Art glaubten sich in Ägypten zu allen Zeiten befugt, Arbeitskräfte jeglicher Art für ihre Belange zu rekrutieren, wenn sie mit ihrem eigenen Personal nicht auskamen oder auszukommen glaubten. Daher ordnet Neferirkare an, sein Dekret auf einer Stele zu publizieren, »damit die Funktionsträger dieses Distrikts sehen, dass sie nicht diese Priester zu irgendwelcher Arbeit des Königshauses heranziehen dürfen.«54 Solche königlichen Dekrete können aus Anfragen oder Beschwerden der Beamten resultieren: »Bezüglich dessen, was du gesagt hast«, lesen wir gelegentlich in der entsprechenden Antwort des Königs. In einer Autobiographie heißt es: »Er (der König) machte für mich die südliche Grenzstele fest und die nördliche wie den Himmel dauerhaft. Er teilte den großen Fluss in der Mitte, wie es für den Vater meiner Mutter getan worden war, mit dem Ausspruch, der aus dem Mund der Majestät des Horus herauskam.«55 Der König hat offensichtlich in einer Audienz für den Beamten durch einen Befehl die Grenzen zwischen zwei Bezirken festgelegt. Seine entsprechenden Worte hatten Rechtskraft. In einem Dekret des Nebkheperre Antef V. (um 1645) geht es um eine Beschwerde der Priester des Min-Tempels in Koptos. Es ergeht, damit der in der Klage berichtete Fall korrekt behandelt wird. Der König nennt die Personen, denen er seinen Befehl erteilt. Da sie nicht anwesend sind, werden die Worte des Pharao aufgeschrieben. Anschließend kommen die königlichen Abgesandten nach Koptos: »Seht, dieser Befehl wird euch gebracht, um euch darüber zu informieren, dass . . . kommen und die Untersuchung im Tempel des Min durchführen.«56 Nicht im Brief stehen die Anweisungen, die der Pharao den beiden erteilt hat; sie werden wohl mündlich vorgetragen worden sein. Immer wieder ist davon die Rede, dass ein Beamter so handeln soll, »wie man ihm sagt.« In den bisher behandelten Fällen ging es um königliche Anordnungen, die stets eine konkrete Angelegenheit betrafen,

6.4 Rechtsprechung

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wenngleich es sich dabei oft auch um typische, also häufig vorkommende Probleme handelte. Etwas systematischer konnten königliche Vorstellungen von Recht und Gesetz in den Lehren zusammengestellt werden, die der König etwa für seinen Sohn oder für eine Gruppe von Beamten verfassen ließ. Am Schluss seiner Lehre sagt der Vater des Merikare (um 2050): »Tue nichts Böses gegen meinen Ausspruch, der alle Regeln über einen König festlegt.«57 Bei der Einsetzung des Wesirs stellt ein Pharao ausdrücklich fest: »Dies ist eine Lehre«.58 Alles, was der Beamte tun muss, ist, auf die Worte des Königs zu hören. Bei der Berufung des Wesirs Rechmire sagt Thutmosis III. (1479 – 1425): »Mögest du handeln gemäß dem, was ich sage, dann wird die Maat an ihrem Platz ruhen.«59 Bei der Lehre des Ptahhotep handelt es sich um Lebenserfahrungen, die der alte Wesir seinem Sohn und Nachfolger mitgibt. Es sind Erfahrungen, die Ptahhotep und seine Vorfahren in zahlreichen Diensten beim Pharao gesammelt haben, indem sie genau zuhörten, was der Herrscher sagte. Deshalb ist diese Lehre des Ptahhotep für seinen Sohn mehr als nur ein privates Vermächtnis.60

6.4

Rechtsprechung61

Der Pharao war der alleinige Gesetzgeber und oberster Richter. Problematische Rechtsfälle waren ihm in letzter Instanz vorzulegen. Nur der König konnte die Todesstrafe verhängen. Generell war er nur in Ausnahmefällen bei der Einleitung eines Verfahrens eingeschaltet. Dies war der Fall bei Verfahren von besonderem staatlichem Interesse,62 beispielsweise bei der Harimsverschwörung gegen Ramses III.; die Leitung lag in den Händen des Wesirs (S. 219). Nach Abschluss des Verfahrens erhielt der König eine Liste der Personen, die der Straftat als überführt angesehen wurden. Bei ihm lag dann die endgültige Entscheidung über das Strafmaß. Von den Schwierigkeiten, Gerechtigkeit durchzusetzen, erzählt die »Geschichte des beredten Bauern« – auch »Die

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6 Der Pharao als Herr Ägyptens

Klage des Bauern« oder »Der redekundige Oasenmann« genannt.63 Sie schildert, wie ein einfacher Mann in einem Rechtsstreit nicht lockerließ und seine Sache wohl zu einem glücklichen Ende führte. Es ist ein fiktives Werk der 12. Dynastie, dessen Handlung in jenen Jahren spielt, als die Könige der 10. Dynastie von der Hauptstadt Ninsu aus regierten, die von den Griechen später Herakleopolis genannt wurde.64 Im Wadi Natrun, einem Gebiet mit Salzflächen und Brackwasserquellen in der Wüste westlich des Nildeltas bewirtschaftete der Bauer Chunanup seinen kleinen Hof. Eines Tages beschloss er, ins Niltal hinunterzugehen, um seine Produkte gegen Vorräte für die Familie einzutauschen. Für die lange Reise gab ihm seine Frau Brot und Bier mit, und er brach mit seinen voll bepackten Eseln auf. Sein Weg führte ihn am Gut eines gewissen Dschehutinacht vorbei. Diesem gefielen die Esel Chunanups, und er überlegte, wie er sie dem Bauern abnehmen könne. Nun war der Weg, dem Chunanup folgte, auf der einen Seite von einem Kanal oder einem Fluss, auf der anderen von einem Kornfeld begrenzt. Dschehutinacht legte ein Stück kostbares Leinen auf den Weg, so dass der Bauer mit seinen Eseln entweder über das Leinentuch oder durch das Getreide hätte gehen müssen. Da Chunanup in beiden Fällen Ärger auf sich zukommen sah, forderte er Dschehutinacht auf, den Weg freizumachen. Während er noch diskutierte, taten die Esel das, was Dschehutinacht offenbar erwartet hatte – sie fraßen Gerste: »Siehe, ich werde deinen Esel konfiszieren, weil er meine Gerste frisst. Er wird Getreide treten (also dreschen) für sein Vergehen.« Chunanup bot sofort an, das Korn zu ersetzen, und drohte zugleich damit, sich an Rensi, den Oberdomänenvorsteher der königlichen Residenz und Vorgesetzen Dschehutinachts zu wenden, der für seine Behandlung von Dieben wohlbekannt war. Daraufhin ging Dschehutinacht mit einem Stock auf ihn los, führte die Esel weg und warnte Chunanup, er werde ihn umbringen, wenn er ihn weiter belästige. Zehn Tage lang lässt die Erzählung Chunanup damit zubringen, Dschehutinacht anzuflehen, doch vergebens. Schließlich machte sich der Bauer nach Ninsu in die Residenz

6.4 Rechtsprechung

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auf, um sich bei Rensi zu beschweren, was der Bauer mit einer erstaunlichen Beredtheit und glänzender Rhetorik tat, wobei er in seine Argumente wohlbedachte Schmeicheleien einwob. Seine Worte zeigten Erfolg. Rensi ging zum Pharao, berichtete ihm von der Klage des Bauern und dessen »vollkommener Rede«, und der König – dem wohl täglich manches Unvollkommene zu Ohren kam – war begierig, mehr davon zu erfahren: »Wenn du mich gesund sehen willst, so halte ihn hier auf, damit er weiter spricht . . . Du sollst uns seine Worte schriftlich bringen, und wir werden sie dann hören.« Für die Dauer des Verfahrens ordnete der König an, Chunanup und seine Familie mit Lebensmitteln zu versorgen. Schließlich wurden seine wortreichen Klagen auf Papyrus aufgezeichnet und dieser zum König gesandt; der Pharao war über den Text hocherfreut: »Es erfüllte sein Herz mit Freude mehr als alles andere in diesem ganzen Land.« Der Pharao befahl Rensi, Recht walten zu lassen, und dieser zitierte nun Dschehutinacht vor Gericht. Die letzten Zeilen der Erzählung sind nur noch bruchstückhaft erhalten und der genaue Ausgang der Sache somit leider verloren. Zweifellos wäre es übertrieben, aus dieser Erzählung, die in erster Linie ein Unterhaltungstext war, allzu viele Schlüsse auf den Alltag ägyptischer Gerichte zu ziehen. Es scheint jedoch für die dortige Rechtspraxis kennzeichnend gewesen zu sein, dass die Verfahren keinen starren Regeln folgten. Damit hatten die jeweiligen Gerichtsherren zwar einerseits genügend Spielraum, auf die individuellen Umstände eines Delikts einzugehen, andererseits aber lag darin auch die Gefahr des Missbrauchs und der Ungerechtigkeit. Beredsamkeit mag gelegentlich wichtiger gewesen sein als die Fakten; in den Gerichtsreden der griechischen Demokratie oder den Schriften Ciceros ließen sich ebenfalls genügend Beispiele hierfür finden.

7

Der Pharao als Krieger

Jeder Ägyptenbesucher kennt dieses Bild: Der riesige Pharao tötet seine meist körperlich deutlich unterlegenen Feinde.1 Als Herr der Welt zermalmt er alle und alles unter seinen Füßen. Das ägyptische Königtum verlangt die Vorstellung des alles niederwerfenden Herrschers, auch wenn solche Beschreibungen reine Rollenbezeichnungen sind. »Tausende von Männern für die Tempel«2 opfert ›der‹ Pharao Hatschepsut (1479 – 1457), die sich mit solchen Beschreibungen in die Reihe der Könige einfügt und als Frau alle Attribute dieser rein männlichen Rolle übernimmt und dadurch den Rollencharakter umso deutlicher werden lässt. Diese Anforderung an die kriegerische Leistungsfähigkeit zwang jeden König dazu, wenigstens einen kurzen, ungefährlichen Feldzug durchzuführen, um die Macht des neuen Herrschers zu demonstrieren.3 Dazu wählten die Könige meist das erste Frühjahr nach der Alleinregierung, und sie wählten Nubien als Kriegsgebiet. Dort stellten die Kämpfe keine eigentliche Gefahr dar, wenngleich als Kriegsgrund »Aufstände« angeführt wurden. Wie die Eroberungen aus der Sicht eines der größten Krieger unter den Herrschern verstanden wurde, zeigt eine Stele aus der Zeit Thutmosis’ III. (1479 – 1425). Der Gott Amun selbst beschreibt in einem umfangreichen Rundgang durch die bekannte Welt, wie er mit dem Pharao die Feinde Ägyptens vernichtete:4 »Ich bin gekommen, um dich die Fürsten Palästinas niedertreten zu lassen, um sie durch all ihre Länder hin unter deinen Sohlen zu zerbrechen. Ich werde ihnen Deine Majestät als den Herrn der Strahlen zeigen, wenn du in ihren Gesichtern erglänzt als mein Abbild.

7 Der Pharao als Krieger

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Ich bin gekommen, um dich die Einwohner Vorderasiens niedertreten zu lassen, und dich Köpfe der syrischen Asiaten abschlagen zu lassen. Ich werde ihnen Deine Majestät mit deinem (Waffen)schmuck ausgestattet zeigen, wenn du die Waffen ergreifst auf dem Streitwagen. Ich bin gekommen, um dich das Ostland niedertreten zu lassen, und dich die (zer)treten zu lassen, die in den Provinzen des Gotteslandes sind. Ich werde ihnen Deine Majestät wie einen Feuerball zeigen, wenn er seinen Tau gibt. Ich bin gekommen, um dich das Westland niedertreten zu lassen, damit Kreta und Zypern unter (deinem) Einfluss stehen. Ich werde ihnen Deine Majestät als den verjüngten Stier zeigen, – mutig und mit scharfen Hörnern – den man nicht angreift. Ich bin gekommen, um dich die Inselbewohner niedertreten zu lassen, damit das Mitannireich aus Furcht vor dir erzittere. Ich werde ihnen Deine Majestät als ein Krokodil zeigen, den Herrn der Furcht inmitten des Wassers, dem man sich nicht nähert. Ich bin gekommen, um dich die (Insel)bewohner niedertreten zu lassen, damit die Mittelmeerinseln unter deinem Schlachtruf stehen. Ich werde Ihnen Deine Majestät als den Rächer zeigen, erschienen auf dem Rücken seines Opfers. Ich bin gekommen, um dich Libyen niedertreten zu lassen, damit die Utentjuinseln (?) deiner Macht anheim gegeben seien. Ich werde ihnen Deine Majestät als den wild blickenden Löwen zeigen, wenn du sie durch ihre Wadis hindurch in einen Leichenhaufen verwandelst. Ich bin gekommen, um dich das Ende der Welt niedertreten zu lassen, damit das, was der Ozean umschließet, in deiner Hand eingeschlossen sei. Ich werde ihnen Deine Majestät als den Herrn der Horusschwinge zeigen, wenn er von dem, was er sieht, nach seinem Willen raubt. Ich bin gekommen, um dich die Einwohner vom Anfang der Welt niedertreten zu lassen,

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7 Der Pharao als Krieger

um dich die Beduinen als Kriegsgefangene binden zu lassen. Ich werde ihnen Deine Majestät wie einen oberägyptischen Windhund zeigen, den Herrn des Dahineilens, den Läufer, der die Beiden Länder durchquert.«

Der Überblick beginnt in Syrien und geht dann von Osten nach Westen vor; zwei Strophen sind anschließend den seefahrenden Völkern gewidmet, der Rest den Bewohnern Afrikas. Die Liste führt Inseln wie Kreta und Zypern an, die der Pharao nie zu Gesicht bekam. Das Erobern und vor allem das »Erschlagen der Feinde« ist ein Topos, dessen Belege in die Tausende gehen.5 Die frühesten Zeugnisse stammen aus der Zeit der Staatswerdung, und noch die römischen Kaiser ließen sich in dieser Pose darstellen. Die Szenen finden sich vor allem auf Tempelwänden, aber auch auf Objekten der Kleinkunst wie Skarabäen, ferner auf nahezu jedem Gegenstand, mit dem der Herrscher in Berührung kam. Der König wird dabei in Schrittstellung gezeigt, vorwärts drängend, wie er mit einer Keule oder einem Schwert weit ausholend einen oder ein ganzes Bündel von Gefangenen tötet, bei denen es sich um Fremdvölker handelt. Dabei hat er die Gefangenen meist am Haarschopf gepackt. In diesem Augenblick des Triumphes ist er »Horus mit kräftigem Arm« oder »Horus der Kraft«6. Die Gefangenen sind gefesselt und werden einer Gottheit, die dem König gegenübersteht, als Opfer dargebracht. Wie der Pharao allein der Priester war, so war nur er in der Lage, die Feinde zu töten. Da die Maat als Ordnung alles bestimmte, konnte es auch in der Darstellung der ägyptischen Welt keine Unordnung geben. Diese Ordnung wurde in Schlüsselthemen und -szenen ins Bild gesetzt: durch die Schnelligkeit des königlichen Erfolgs, durch seine Fähigkeit, alle Feinde allein zu vernichten, durch seine einzigartigen Führungsqualitäten, durch seine überragenden Leistungen auf dem Schlachtfeld.7 Die Menge der getöteten Feinde wird stereotyp mit Tausenden oder Millionen wiedergegeben. Derartige Beschreibungen wurden als notwendig erachtet, um ein stimmiges Bild vom Herrscher als Garanten der

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Ordnung zu zeichnen, besagen aber nichts über die tatsächliche Präsenz eines Pharaos bei einem Kriegszug. Solche Szenen verdeutlichen, dass der Pharao das Chaos bezwingt, weil der Feind in diesem Bild das Chaotische schlechthin symbolisiert. Die besondere Sorge des Pharaos gilt dabei den Grenzen, die Ägypten von den ›Fremdländern‹ trennen. Stelen kennzeichnen diese Grenzen und sichern sie zugleich magisch. Der König muss diese Grenzen befestigen, gegebenenfalls erweitern und vor allem gegen die Feinde verteidigen. Besonders herausgefordert ist der Pharao immer dann, wenn Feinde diese Grenzen überschreiten. Ordnung und Chaos bedingen einander, denn der Zustand der Ordnung, der Zustand der Maat, setzt das Chaos voraus. Kriegsdarstellungen8 des Pharaos haben auch die Bedeutung von Votivgaben an die Götter. »Zur Maat gehört, dass der König die Feinde Ägyptens vernichtet.«9 Dieses Vernichten mit Keule, Sichelschwert, Streitaxt, Lanze oder Pfeil und Bogen, soll das Chaos, den Feind aller Ordnung, besiegen; Garant dieser Weltordnung war der Pharao, der darum eines besonderen Schutzes bedurfte.10 Denn die bildliche Fixierung dieses Rituals hat magische Bedeutung und die monumentale Größe vieler derartiger Szenen verstärkt den erwünschten Zweck. Partridge11 bietet eine Palette ägyptischer Könige von Narmer (um 3000; Abb. 25) bis auf dem römischen Kaiser Trajan (98 – 117 n. Chr., Abb. 26), der als Pharao dargestellt ist, und auf dessen Schurz sich die bekannte Szene findet. Sind solche Darstellungen an den Außenwänden der Tempel angebracht, so sollen sie nicht nur jedem Untertanen die Macht des Pharaos vor Augen führen, sondern haben zudem eine weitere magische Funktion, indem sie den Feind oder das Chaos vom Gebäude fernhalten sollen. Eine noch größere Verbreitung hatte das Bild durch Skarabäen, die schon einmal als eine »Art politischer Flugblätter« bezeichnet worden sind.12 Mit der 18. Dynastie erfährt die traditionelle Szene des Erschlagens der Feinde eine Erweiterung: Die Zahl der Opfer wächst, und diese werden nun mit Namen versehen. Seit Thutmosis III. (1479 – 1425) erscheint das Bild auf den Front-

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Abb. 25: Der Pharao Narmer erschlägt einen Feind Einen wesentlichen Beitrag zur Kenntnis des Königtums in dieser Zeit bieten Schminkpaletten, die man den Toten ins Grab mitgab, damit sie auch im Jenseits Augenschminke anreiben konnten. Auf einer solchen Palette sehen wir Narmer, der einen Gefangenen mit der Keule erschlägt. Der König trägt die Krone Ober-Ägyptens und ist mit einem Schurz bekleidet, an den ein Tierschwanz befestigt ist (S. 67). Ganz oben ist auf dem nicht abgebildeten Teil der Name des Herrschers in das Bild eines Palastes eingeschrieben (vgl. Abb. 10, S. 75).

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Abb. 26: Der römische Kaiser Trajan erschlägt einen Feind

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flächen der riesigen Pylonen (Abb. 27), die es erlauben, den König ebenfalls entsprechend riesig darzustellen. Solche Bilder zeigen die übermenschliche Größe des Herrschers und sichern in apotropäischer Weise die Sicherheit und das Wohlergehen Ägyptens. Besonders drastisch wird diese Rolle des Königs als Garant der Ordnung unter Amenophis II. (1428 – 1397) herausgestellt. In seinem ersten Asienfeldzug, der wohl mit dem Beginn seiner Alleinherrschaft zusammenfällt, behauptet er, sieben syrische Fürsten eigenhändig erschlagen zu haben. Nach der Rückkehr wurden ihre Leichen zunächst am Bug eines Schiffes aufgehängt, mit dem der Pharao eine Fahrt auf dem Nil unternahm. So erlebte das ganze Land eindrucksvoll den Triumph des Königs über die Feinde Ägyptens. In diesen Zusammenhang gehört eine Siegesstele des Herrschers: »Er erschlug die sieben Fürsten mit seiner eigenen Keule. Es waren die aus dem Gebiet von Tahsi (südlich von Qadesch), indem sie kopfüber gegeben waren an den Bug des Königsschiffes seiner Majestät, dessen Name lautet ›Amenophis II., der die Beiden Länder befestigt‹.«13

Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) ließ nubische Könige pfählen wie Merenptah (1213 – 1203) später libysche. Tutanchamun (1333 – 1323) hängte einen gefangenen syrischen Fürsten in einen Käfig an den Mast eines Schiffes.14 Mit Sethos I. (1290 – 1279) erscheinen neben den üblichen Szenen mit Kriegsgefangenen auch präzise Kriegsdarstellungen mit Bildern der Schauplätze in Asien. Der Pharao zeigt Menschen, Tiere und Pflanzen in einer als typisch asiatisch verstandenen Landschaft. Unter Ramses II. (1279 – 1213) setzt sich dies fort. Im Tempel in Luxor ist seine Belagerung der syrischen Stadt Satuna dargestellt. Dabei ist auch ein Bär zu sehen, wie er dort vorkam, der einen auf den Baum kletternden Feind ins Bein beißt.15 Unter Merenptah (1213 – 1203) lernen wir das »Erschlagen des Feindes« erstmals in rundplastischer Ausführung kennen. Ramses VI. (1140 – 1132) lässt sich in Begleitung eines Löwen darstellen, als er einen Feind ergreift. Ein Feldzug

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Abb. 27: Thutmosis III. erledigt Feinde Thutmosis III. trug wie viele Könige vor und nach ihm zum Ausbau des Amun-Re Tempels in Karnak bei. Die dargestellte Szene befindet sich dort am siebten Pylon. Wie Narmer auf der vorigen Abbildung fasst Thutmosis die Gefangenen beim Haarschopf; es ist eine Menschentraube von 40 Personen, die der König mit einem Schlag seiner Keule erledigen wird; mit der gewaltigen Zahl setzt der Pharao das Prinzip der Vermehrung des Bestehenden um (S. 33). Unter dem Pharao erkennt man in langen Reihen die Namen eroberter feindlicher Städte. Jeder einzelne Name ist von einem Kreis umschlossen, aus dem der Oberkörper eines asiatischen Gefangenen herauswächst, dessen Arme auf dem Rücken zusammengebunden sind.

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Scheschonqs I. (945 – 924) ist in Karnak verewigt. Die dort dargestellte Städteliste zeigt 165 Orte als Gefangene des Königs in einer langen Reihe mit einem Strick um den Hals. Die gesamte ideologische Existenz des Pharaos war geprägt vom immerwährenden Kampf gegen Feinde ringsum. Deren Bilder werden auf Statuenbasen, Fußschemeln (Abb. 3, S. 54), Fußböden von Palästen oder Sandalen angebracht, und verweisen auf die uralte Vorstellung des Zertrampelns der Feinde, die später auch rituell an Fischen durchgeführt wurde.16 Der König erschlägt oder zerstreut seine Feinde, die unter seinem Streitwagen oder unter seinen Füßen liegen. »Ich habe dir alle Fremdländer unter deine Sohlen gegeben«, heißt es in einer topischen Götterrede. Ins Bild gesetzt ist diese Ausdrucksweise in den Sandalen Tutanchamuns (1333 – 1323), der seine gefangenen und gefesselten Feinde im Wortsinn in den Staub trat (Abb. 28).17 Auf der hier abgebildeten Sohle sind rechts ein Nubier und links ein asiatischer Gefangener dargestellt. Die Überlegenheit des Herrschers, seine dauernde Gewaltbereitschaft wird ferner in zahlreichen Texten dokumentiert. Dann ist er beispielsweise »der wilde Löwe, dessen Krallen das elende Kusch (Nubien) packten und der alle seine Fürsten in ihren Tälern zertrat, so dass sie einer wie der andere in ihrem Blut dalagen«.18 Ein besonders passender Bildträger ist die Streitaxt des Ahmose (1550 – 1525), die allerdings wohl nie als Waffe benutzt, sondern bei Auftritten des Herrschers als Prunkaxt mitgeführt wurde (Abb. 29, S. 173). Das kupferne Axtblatt und der Stiel aus Zedernholz sind mit Gold überzogen und mit Edelsteinen besetzt. Beide Seiten des Blattes tragen je drei Bildstreifen, die in denkbar knapper Form, die wichtigste Leistung dieses Pharaos ins Bild setzen. Eine Seite (hier oben) hat oben die beiden Königsnamen: »Der vollkommene Gott, Nebpehtetre, Sohn des Re, Ahmose.« Das mittlere Feld zeigt die Tötung eines in die Knie gegangenen Asiaten, dem Ahmose gerade den Dolch ins Herz stößt. Im Register darunter ist ein Greif mit Geierkopf als Bild des »von Month (dem Kriegsgott) erwählten« Herrschers zu sehen. Die andere

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Abb. 28: Die Sandale Tutanchamuns

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Seite der Axt (unten) erzählt von dem Erfolg dieser heroischen Leistung. In der Mitte sieht man die Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten mit den jeweiligen Landesgöttinnen Nechbet in Geiergestalt und Uto als Schlange mit den Kronen der beiden Landesteile. Ägypten ist wieder ein Land dank Ahmose, dessen zentrale Tat nochmals im unteren Bildabschnitt vorgestellt ist: Ahmose als Sphinx mit menschlichen Armen bringt einen abgeschlagenen Kopf dar. Zum Lohn für diese Leistung überreicht im oberen Register der Gott Heh, der Gott der Ewigkeit, dem Pharao Zeichen für Millionen von Regierungsjahren. In den meisten der bisher gezeigten Abbildungen erschlägt der Pharao seine Feinde mit der Keule. War diese als Waffe in vorgeschichtlicher Zeit von Bedeutung, so fand sie in historischer Zeit nur noch in Ritualen als zeremonielle Königswaffe Verwendung, vor allem beim Sedfest (S. 81). Bis zum Ende der ägyptischen Geschichte hielt sich diese Thematik. Ein weiteres zentrales Motiv ist die Tötung der Feinde des Pharaos durch einen Pfeilschuss. Dieser Vorgang, der in zahlreichen Schlachtenreliefs erscheint, kann einen konkreten Hintergrund haben, ohne dass sich dies im Einzelfall nachweisen ließe. Übergroß zieht der König gegen seine Feinde. Von seinem Streitwagen schießt er Pfeil auf Pfeil in die gegnerischen Reihen. Die Feinde sind nicht nur erheblich kleiner dargestellt als der Pharao, sondern befinden sich meist in einem Zustand völliger Auflösung. Nur der König bewahrt mit seinen ägyptischen Truppen die Ordnung, um ihn herum versinkt alles im Chaos. Dabei nimmt die geordnete Welt des Pharaos stets den größeren Teil der Bildfläche ein. Ein Rollsiegel Ramses’ III. (1182 – 1151) zeigt den König beim Bogenschießen auf eine Zielscheibe, an deren Halterung zwei Asiaten festgebunden sind.19 Hier oszilliert das Schießen auf die kupferne Zielscheibe zwischen Sport und ritualisierter Tötung des Feindes. Den gleichen Zweck wie die Vernichtung menschlicher Feinde verfolgen die zahlreichen Jagdrituale, in denen der König Tiere tötet. Wie der König durch die Jagd das Chaos bannt und die Welt in Ordnung hält, so sollen die

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Abb. 29: Die Streitaxt des Ahmose

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Skarabäen mit den entsprechenden Jagdszenen ihren Träger schützen.20 Die Liste der dabei erlegten Tiere ist lang: Nilpferd (Abb. 36, S. 201), Löwe, Stier, unterschiedliche Wüstentiere, Antilope, Esel, Krokodil, Schildkröte, Schlange; mit all diesen Tieren wird das Böse schlechthin vernichtet. Einen ikonographischen Höhepunkt erlebt die Jagd in Darstellungen Ramses’ III. (1182 – 1151; Abb. 30). Vom Wagen aus jagt und erlegt der Pharao Wüstentiere, Wildstiere – wie auf der Abbildung – und Löwen.

Abb. 30: Ramses erlegt einen Wildstier

In einem Beamtengrab wird Amenophis II. (1428 – 1397) gezeigt, der zu Fuß gegen einen Löwen kämpft. Er packt den Löwen mit der linken Hand und stößt mit der Rechten eine Lanze in seinen Rachen.21 In gewisser Weise ist der Pharao auch der Vorläufer des Herakles. Im nubischen Soleb traf man auf Reste eines ehemals eingezäunten 600 x 300 m großen Terrains, an das sich an zwei Ecken jeweils ein Pferch anschloss.22 Es handelt sich vermutlich um ein Gelände, das

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der Löwenjagd diente, indem man von außen auf die eingezäunten Tiere schoss. Hier fanden sich zahlreiche Pfeilspitzen sowie vertrocknete Exkremente der gejagten Tiere. Es ist vielleicht kein Zufall, dass das Gebiet in der Nähe eines großen Tempels für Amenophis III. (1388 – 1350) liegt, rühmte sich dieser Pharao doch auf einem Gedenkskarabäus, in zehn Jahren 102 Löwen erlegt zu haben.23 Die Parallelität zwischen der Jagd auf Tiere und dem Kampf gegen menschliche Feinde wird auf einer Truhe Tutanchamuns (1333 – 1323) deutlich. Der Löwenjagd entspricht der Kampf gegen die Nubier, der Wüstenjagd der Krieg gegen Asiaten. Dies zeigt die Truhe, die auch unser Titelbild ziert. Das zentrale Thema der Längsseite ist der Sieg des Königs. Unter dem Schutz der Sonnenscheibe und der Geiergöttinnen steht Tutanchamun allein auf seinem mit zwei galoppierenden Pferden gezogenen Streitwagen, den Bogen gespannt. Gefolgt von Amtsdienern und Soldaten greift er die Feinde, die Nubier, an. Bereits auf den ersten Blick fallen die beiden ›Welten‹ ins Auge: Hinter dem König formiert sich die ägyptische Seite in wohlgestalteter Ordnung. Die weiteren Streitwagen, auf denen sich jeweils zwei Soldaten – Wagenlenker und Bogenschütze – befinden, sind in Registern gemalt, Menschen und Pferde, selbst die Sträucher sehen wir ›ordentlich‹ aufgereiht. Auf der anderen Seite steht der Feind, bei dem völliges Chaos herrscht. Menschen, Pferde, Streitwagen und Waffen sind durcheinander geraten, einige Soldaten fallen zu Boden, andere werden niedergetreten oder von Hunden gebissen. Es ist der Pharao, der zwischen Ordnung und Unordnung steht; er besiegt mit seinen Waffen den äußeren Feind und das allzeit drohende Chaos gleichermaßen. Selten wird auch die Königin in dieses Schema eingebunden. So sieht man auf einem Block aus Hermopolis, wie Nofretete unter der Strahlensonne Atons einen Feind erschlägt.24 Der so verstandene König ist nicht nur Herrscher, sondern auch Beschützer der geordneten Welt, der an der Spitze seines Heeres alle Feinde bezwingt. Texte beschreiben und Reliefs zeigen den Pharao, der im Streitwagen seiner Truppe voraus-

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stürmt und Schrecken und Tod unter seinen Feinden verbreitet. Der ägyptische König ist bei einem Feldzug stets an der Spitze – und sein Vorbild färbte literarisch auf alle späteren Könige Europas ab, gleichgültig wie weit sie tatsächlich vom eigentlichen Schlachtgeschehen entfernt waren.25 Krieg und Schlacht werden auf diese Weise zum »kultischen Drama«26 und alle entsprechenden Berichte sind losgelöst von allem ›wirklichen‹ Geschehen.27 Oder anders formuliert: Auch im Relief wird Geschichte gemacht. Es ist kein Unterschied, ob der Pharao in der ›Wirklichkeit‹ Feinde erschlägt – oder Opfer darbringt – oder im Bild.28 Bilder garantieren »durch ihr reines Dasein die Wirksamkeit der dargestellten Handlungen und gesprochenen Worte«.29 Bilder schaffen Wirklichkeit.30

8

Der Pharao im Alltag

8.1

Das Hofzeremoniell

Wie können wir uns den Alltag eines Pharaos vorstellen, eingezwängt in ein Zeremoniell wie es einem Gott zukam? Dürfen wir Anleihen im berühmt-berüchtigten spanischen Hofzeremoniell machen? Gab es ähnlich aufwendige Prozeduren, wie sie beispielsweise N. Elias für die Morgentoilette der Königin schildert, bei welcher Kammerfrauen und Herzoginnen sich jeweils unter Komplimenten das Nachthemd der Königin überreichen, während diese den Vorgang nackt beobachten konnte?1 Auf jeden Fall unterlag der Alltag am Hof einem strengen Zeremoniell, »das vom Lever bis zum Einschlafen reichte.«2 Wenn wir das folgende Fazit des griechischen Geschichtsschreibers Diodor aus dem 1. vorchristlichen Jahrhundert auch nicht als zuverlässige Beschreibung heranziehen können, so spricht manches dafür, dass der Tagesablauf des Königs streng geregelt war: »Nicht nur die Zeit für das Abhalten von Audienzen und für die Rechtsprechung war festgelegt, sondern auch, wenn er spazieren ging, sich badete oder mit seiner Frau schlief, kurz für alle Tätigkeiten seines Lebens.«3

Geregelt war, bei welchen Anlässen die Königin oder Verwandte des Pharaos anwesend sein mussten oder durften. Strukturiert war jedes Regierungsjahr durch einen Festkalender, der mit den Neujahrsfeierlichkeiten begann und die großen Feste des Landes wie das Opetfest einschloss. Alles konzentrierte sich unablässig auf die Person des Pharaos, er allein stand im Mittelpunkt, wo auch immer er sich aufhielt.

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8 Der Pharao im Alltag

Weil die Bekleidungs- und Speiseriten vom Hofalltag auf das Götterbild und damit den Gott übertragen wurden und sich das Kultgeschehen der unterschiedlichsten Götter somit am königlichen Zeremoniell orientierte, können wir den schlechter bekannten Tagesablaufs des Herrschers aus diesem besser bekannten Kultgeschehen ableiten. Innerhalb des königlichen Palastes gab es einen Raum, welcher dem Pharao für zeremonielle Waschungen und das Ankleiden diente. Der Name wurde bald auf einen besonderen Raum im Tempel übertragen, wo der König oder ein Priester als sein Stellvertreter sich auf den Eintritt in das Allerheiligste vorbereitete. Kennen wir die Situation im Tempel besser als diejenige im Palast, so gilt dies auch für das Morgenlied, mit dem der Priester den Gott, seine Körperteile, Insignien und Embleme weckte.4 Die Könige hatten wie die Götter eine ungeheure Machtfülle. Das Morgenlied sollte dasjenige an der königlichen Macht, das man zu fürchten hatte, durch Magie gnädig stimmen. Für Ramses II. (1279 – 1213), den Pharao mit der längsten Regierungszeit, wären über 24 500 entsprechende Begrüßungen angefallen. »Du erwachst in Frieden, die Zauberreiche (die Uräus, die den König beschützt) erwacht in Frieden, dein Erwachen ist friedlich. Du erwachst in Frieden, die Rote (Krone) erwacht in Frieden, dein Erwachen ist friedlich. Du erwachst in Frieden, die Weiße (Krone) erwacht in Frieden, dein Erwachen ist friedlich.«5 Der Pharao war der Sonnengott. Er wurde jeden Morgen mit der aufgehenden Sonne begrüßt, gewaschen und angezogen. Das Waschen war dabei mit zwei weiteren Handlungen verbunden: Der König wurde mit Weihrauch beräuchert und er erhielt Natronkügelchen zum Kauen. Wenn er das Natron kaute, wurde sein Mund »wie der Mund eines Milchkalbes am

8.2 Residenz und Palast

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Tag seiner Geburt.«6 Diese drei Handlungen eröffneten die morgendliche Toilette, die der »Geheimrat des Morgenhauses« leitete. Der Pharao wurde so jeden Morgen neu geboren und mit solaren Eigenschaften ausgestattet. Wurde der König bestattet, ging er heim zu seinem Vater, dem Sonnengott. Daher entsprachen viele Handlungen für den Toten König der zeremoniellen Toilette des lebenden. Das Mundöffnungsritual bestand in einer Waschung der Statue, die den Toten repräsentierte. Dann wurde der Mund ebenfalls mit Natron gereinigt und Weihrauch angezündet.

8.2

Residenz und Palast7

Stadelmann hat die Frage aufgeworfen, inwieweit die Pyramidenstädte, die sich um die Grabanlagen der Pharaonen gebildet haben, auch Königsresidenzen des Alten Reiches gewesen sind.8 Neben dem Palast, in dem die königliche Familie lebte, die teilweise gleichbedeutend mit den höchsten Reichsbeamten war, gab es nur wenige weitere Hausanlagen. Wichtig waren die Tempel für den Kult der in den Pyramiden bestatteten Herrscher und die Friedhöfe für die Beamten. Stadelmann weist ferner darauf hin, dass man sich diese altägyptischen Residenzen als große Dauerbaustellen vorzustellen hat. Verlegte ein neuer Pharao seine Residenz, was besonders in der 6. Dynastie häufig geschah, verloren die alten Orte rasch an Bedeutung. Was blieb, war der Taltempel, in dem der Kult für den verstorbenen König weitergeführt wurde. Der König selbst wurde damit im Laufe der Zeit zu einer Art Lokalheiligem. Von den Pyramidenstädten des Mittleren Reiches ist allein diejenige Sesostris’ II. (1882 – 1872) besser bekannt. Die Arbeiter- und Beamtensiedlung El-Lahun, die direkt an den Taltempel angebaut worden war, bildet die wichtigste Stadtruine des Mittleren Reiches. Sie hat einen Grundriss von 350 x 400 m sowie ein rechtwinkliges Straßensystem mit Entwässerungsrinnen. In der Stadt lassen sich drei Bereiche unterscheiden: Eine Weststadt, die aus Reihenhäusern mit vier Zimmern

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8 Der Pharao im Alltag

von insgesamt 100 m2 bestand. Das nördliche Viertel lag auf einer Art Akropolis, die über Treppen zugänglich war und den Palast sowie sechs Hausanlagen von 2400 m2, die bis zu 70 Räumen und Höfen beherbergten. Auch in der Südstadt gab es größere Gebäude sowie mehrere Speicheranlagen. In der Zeit des Neuen Reiches war Theben Residenz, bis Thutmosis III. (1479 – 1425) den Schwerpunkt des Reiches nach Memphis verlegte. Nach dem Intermezzo Amenophis’ IV./Echnatons (1351 – 1334) und seiner neuen Zentrale Amarna wurde Memphis wieder Hauptstadt, bis Sethos I. (1290 – 1279) und Ramses II. (1279 – 1213) das Verwaltungszentrum Ägyptens an den Ostrand des Deltas verlegten. Später kehrten die Zentralverwaltungen mit dem Palast allerdings wieder nach Memphis zurück. Die Existenz der ägyptischen Könige war so eng mit dem Palast verbunden, dass schließlich einer der Namen für die Residenz, das »Große Haus«, die Bezeichnung für den König selbst wurde: Pharao. Obwohl dieser Palast das Zentrum des Landes wie der Welt bildete, wissen wir wenig über ihn.9 Die umfangreichsten archäologischen Informationen haben wir über die jeweiligen Anlagen Amenophis III. (1388 – 1350) in Malqata und Merenpthas (1213 – 1203) in Memphis. In Malqata weist der eigentliche Palast eine Größe von etwa 50 x 125 m auf. Der abgebildete Plan zeigt (31), dass sich die Räume symmetrisch um eine zentrale Halle gruppieren. Vom Eingang (A) aus betrat man eine große Halle (Y) mit einer Estrade (C), an die sich weitere Räume (D, E) – vielleicht das Audienzzimmer – anschlossen. Seit dem Mittleren Reich taucht in Erzählungen, die um den Pharao kreisen, eine Audienzhalle auf. Es ist die »Überschwemmungshalle«, benannt nach den Pflanzensäulen, welche die Decke des Saales tragen. Aus der Erzählung des Sinuhe erfahren wir, dass die Audienzhalle ein breites, nischenförmiges Portal mit Königssphingen davor besaß (S. 148). Aus dem königlichen Palast in Amarna sind Reste von bemalten Fußböden erhalten, die eine Überschwemmungslandschaft mit Teichen, Wasserpflanzen, im Wasser stehenden Bäumen, Fischen und Vögeln zeigen.

8.2 Residenz und Palast

Abb. 31: Palastgrundriss

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8 Der Pharao im Alltag

Ein wenig von der einstigen Pracht der Anlage Ramses’ II. (1279 – 1213) vermitteln die vielen glasierten Fliesen, die man in der Hauptstadt Piramesse entdeckte. Man hat ferner Teile von Fußböden und Podien gefunden, die mehrfarbig glasiert waren. Zu den Motiven gehören ausländische Gefangene oder Sumpf- und Flussszenen mit Fischen. Ferner fanden sich Reste eines farbigen Stuckfußbodens, in den Goldstaub eingearbeitet war. Durchschritt der Pharao, der Gott, den Raum, hinterließ er eine feine Spur von Goldstaub, dem Element der Götter.10 Hier empfing der König ausgewählte Besucher. Gelegentlich wird sich die Königin dazugesellt haben, heißt es doch von ihr: »Ihr Duft erfüllte die Audienzhalle«.11 Am Neujahrstag, an dem die Nilflut stieg, ein Tag höchster Feierlichkeit, der Geschenke und der guten Wünsche, empfing der Pharao die Glückwünsche der Diplomaten und Beamten und verteilte seinerseits Geschenke, die in den königlichen Werkstätten gefertigt worden waren. Vor allem der Empfang der ausländischen Gesandten bot dem König eine willkommene Gelegenheit zur Prachtentfaltung. Der Wesir Rechmire inszenierte einmal für seinen Pharao den gleichzeitigen Empfang von vier diplomatischen Abordnungen, aus allen vier Himmelsrichtungen – und als Kontrast dazu eine fünfte Gruppe von Geiseln. Das Erscheinen des Pharaos wird im Ägyptischen mit demselben Wort bezeichnet wie der Sonnenaufgang. In der Halle, in welcher der König »erscheint«, hat jeder Höfling seinen festen Platz seinem Rang gemäß. Je höher der Rang, desto näher rückt man an die ›Sonne‹ heran, und entsprechend heißt es in den Biographien der Beamten, der König habe seinen Platz vorangebracht, wenn jemand in der Hierarchie aufgestiegen und bei der Audienz dem Thron näher gerückt war. Die Rolle gewöhnlicher Untertanen wird dadurch charakterisiert, dass davon die Rede ist, sie würden bei Audienzen »herangeschleppt«.12 Kehren wir zum Plan zurück: Südlich des Eingangs gelangte man durch einen Raum (B) in eine Halle (F), wo ein Thron stand. Über dem Thron befand sich ein Baldachin, der als

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›Himmel‹ verstanden wurde und entsprechend dekoriert war. Durch den Raum G konnte man einerseits auf einer Treppe auf das Dach gelangen und durch eine große Tür in die Halle (H), wohl der Bankett-Saal. Aus der Thinitenzeit ist die Beschreibung eines königlichen Speisezimmers erhalten; dort lebte die Göttin Mafdet in Gestalt einer Ginsterkatze, welche die Schlangen fing.13 Zu beiden Seiten dieser großen Halle befanden sich Räume, bei denen es sich möglicherweise um Bäder und Schlafzimmer handelte.14 Bäder im königlichen Palast sind bereits im Alten Reich durch den Beamtentitel »Vorsteher des Badezimmers« bezeugt.15 Illustrieren kann man einen solchen Grundriss mit Gemälden aus den Gräbern von Beamten, die regelmäßigen Zugang zum Pharao hatten. Sie wollten mit entsprechenden Darstellungen ihre privilegierte Stellung herausstreichen, weil sie den Hof kannten. So finden sich solche Palastszenen bei Höflingen, die zur persönlichen Umgebung des Herrschers zählten wie dem Wedelträger. Ein Wedel bestand aus Straußenfedern, die halbkreisförmig auf einem Stab angebracht waren. Er diente dazu, dem König Schatten zu spenden. Mit dem Titel »Wedelträger zur Rechten des Königs« war hohes Ansehen verbunden. Ein anderer Höfling war der Sandalenträger. Er führte auch einen Wasserkrug mit sich, um dem Pharao die Füße waschen zu können. Auch dieser Diener, der den König berühren durfte, hatte eine privilegierte Stellung inne. Auf die unbedingte Loyalität solcher Diener – hierher gehört auch der Mundschenk – in nächster Umgebung war der Herrscher angewiesen. Diese wiederum konnten aufgrund ihrer dauernden Nähe zum Pharao Einfluss ausüben. Zu den Dienern traten Verwandte und Freunde des Königs, Berater oder auch nur Begleiter. Sie trugen einen Titel, den man mit »Bekannter des Königs« wiedergeben kann. Beamte nennen sich auch oft »einziger Gefährte« des Königs. Eine herausragende Rolle in diesem Kreis spielte der Wesir, der eine tägliche Vortragspflicht beim König hatte. Das abgebildete Gemälde stammt aus dem Grab des Hohenpriesters Meryre in Amarna, in der für die ägyptische Kunst

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Abb. 32 a

Abb. 32 a und b: Bild eines Palastes

8 Der Pharao im Alltag

8.2 Residenz und Palast

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typischen Technik. Der obere Teil ist in fünf Register aufgeteilt und von unten nach oben zu ›lesen‹; mit jedem neuen Register dringen wir gleichsam tiefer in das Gebäude ein. Durch das große und die beiden kleineren seitlichen Tore betritt man den Palast. Hinter diesen Toren liegt der Hof, auf den sich das darüber gezeichnete, geschlossene Erscheinungsfenster öffnet. Es befindet sich in einem großen Saal, der von vier Säulen getragen wird. Zwischen den Säulen sehen wir die Türen in die dahinter liegenden Räume. Das Erscheinungsfenster ist mit einem Fries aus Uräus-Schlangen dekoriert, die den Pharao schützen, wenn er sich hier zeigt, wie bei der Amtseinsetzung oder Belohnung hoher Beamter (Abb. 22, S. 144). Mit dem dritten Register betreten wir den Mittelsaal. Er ist mit zwei Thronen und zahlreichen Ständern für Speisen und Getränke ausgestattet. Durch die große Tür in der Mitte kann man in einen Flur gelangen, der das vierte Register bildet. Dieser Flur hat zwei Türen und trennt den bisher betrachteten öffentlichen Bereich des Palastes von den Privatgemächern. Hinter dem Flur liegen sieben nahezu gleich große Zimmer. Von diesen Räumen hebt sich der rechte durch einen eigenen Flurabschnitt und die höhere Decke ab: Es ist das Schlafzimmer des Pharaos.16 Der erhöhte Teil des Daches ist offen und nach Norden ausgerichtet, um dem kühlen Nordwind in das Zimmer zu leiten. Wir können diesen Gang durch den Palast nochmals anhand der unteren Darstellung wiederholen, die diesmal von rechts nach links zu betrachten ist; auch sie besteht aus fünf Teilen. Wieder betreten wir die Anlage durch den großen Haupteingang und kommen in den Hof, der die gesamte Breite der Anlage einnimmt; in ihm sind Diener bei der Arbeit. Dem Eingang gegenüber befindet sich die Palastfassade mit dem Erscheinungsfenster und dem Vier-Säulen-Saal. Vor dem Erscheinungsfenster liegt ein überdachter Portikus, der in den Hof hineinragt; es sind zwei Säulen gezeichnet, allerdings nur eine runde Basis. Durch drei Türen können wir anschließend den großen Mittelsaal betreten, von dessen hohen Säulen hier nur zwei dargestellt sind. Wieder sind die beiden Throne – diesmal hintereinander – sowie Ständer mit Speisen

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8 Der Pharao im Alltag

und Getränken gezeichnet. Durch eine große Tür kommen wir in den schmalen Flur, in dem sich eine Person befindet. Es ist der Flur, der zu den Privatgemächern führt. Oben ist ein Teil des Flures nochmals durch eine Wand mit Tür abgetrennt, und erst durch eine weitere gelangt man in das Schlafzimmer mit dem erhöhten Dach und dem großen Bett. In den übrigen Zimmern hinter dem Flur befinden sich Speisen und Getränke.

8.3

Der Pharao vergnügt sich

Der rastlos um das Wohl des Landes wie seiner Bewohner bemühte Herrscher ist ein äußerst langlebiger Topos, der sich von den frühesten Pharaonen bis zum spätrömischen Kaiser Justinian beobachten lässt und auch heute noch gerne den Bürger beeindrucken soll, der regelmäßig seinen Schlaf findet, weil Politiker über ihn wachen. Konnte es also für einen Pharao auch Zeiten der Muße und der Zerstreuung geben? Um ehrlich zu sein: Wir wissen es nicht. »Die Institution des göttlichen Königtums lässt der Darstellbarkeit echter menschlicher Gefühle des Herrschers nur wenig Raum.«17 Wir wissen aber, dass sich auch die Ägypter seinerzeit für die Thematik interessierten und sich für Geschichten über den Pharao begeisterten. Für uns sind diese Märchen eher Antworten auf die Frage nach den Interessen ägyptischer Bauern, wenn diese einmal die Zeit hatten, ihren Erzählern zu lauschen. In solchen Geschichten sind es immer wieder Zauberer, die man an den Hof ruft, um den Pharao zu unterhalten. Solche Zauberer, die auch Medizinmänner waren, werden von Dorf zu Dorf gezogen sein, ihre Salben verkauft, Nachrichten transportiert und Geschichten erzählt haben, Geschichten, die der Unterhaltung dienten, aber auch um lehrreiche Sprüche weiterzugeben. Gegenstand solcher Unterhaltung waren die großen Pharaonen, welche die Zuhörer allenfalls aus den riesenhaften Reliefs der Pylonen der großen Tempel des Landes kannten. Auf diese Weise erfahren wir zwar nicht,

8.3 Der Pharao vergnügt sich

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wie ein Pharao sich zerstreute, wohl aber, welches Vergnügen es bereiten konnte, sich in seine Rolle zu versetzen. Zu allen Zeiten berauschten sich die Menschen am Übernatürlichen. Bedenkt man, welche Bedeutung die Magie im religiösen Denken und Handeln der Ägypter spielte, versteht man den prominenten Platz, den Wundererzählungen in ihrer Literatur einnahmen, zumal, wenn es dabei um den Pharao ging, dessen gesamte Existenz magisch aufgeladen war. Der Papyrus Westcar, aus dem Beginn des Mittleren Reiches, enthält vier solcher Erzählungen.18 König Cheops (2554 – 2531), dessen Popularität nach seinem Tod ungebrochen war, sitzt eines Tages in seinem Palast und langweilt sich – eine klassische Beschäftigung aller Monarchen. Daraufhin lässt er seine Söhne kommen, und jeder von ihnen erzählt seinem Vater eine Geschichte; das »Decamerone« des Boccaccio oder die »Geschichten aus 1001 Nacht« sind vergleichbare Sammlungen dieser Art. Der erste Sohn, der spätere Pharao Chephren (2522 – 2496), beginnt mit der »Geschichte des betrogenen Ehemannes« – zweifellos ein universelles Thema, zu dem die ägyptische Magie allerdings eine überraschende Variante beisteuert. Die Frau des Priesters Ubaone empfängt jeden Tag ihren Geliebten in einem Gartenpavillon. Als ihr Gatte das endlich bemerkt, stellt er ein kleines Krokodil aus Wachs her, auf dem er eine magische Formel einschreibt. Als der Liebhaber zum Baden in den See geht, wirft der Priester die Figur ins Wasser; sie wächst, erwacht zum Leben und verschlingt den Ehebrecher. Magie und Zauberei werden zum persönlichen Nutzen eingesetzt, ein Phänomen, auf das viele Ägypter im Alltag ihre Hoffnung richteten. Die Frau wird übrigens – ganz ohne Wundermittel – verbrannt. Der zweite Sohn, Bauefre, trägt die »Geschichte der Ruderin« vor. Sie handelt davon, wie einst der Priester Djadjaemank den Vater des Cheops, König Snofru (2589 – 2554) – auch er litt bereits unter königlicher Langeweile – mit einem Zauberkunststück aufheiterte. Dem mit magischen Künsten vertrauten Priester gelang es nämlich, trockenen Fußes aus einem See

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ein Schmuckstück herauszuholen, das einer der hübschen Ruderinnen des königlichen Harims entglitten war (S. 191). Zu diesem Zweck teilte er das Wasser des Sees in zwei Teile, setzte die eine Hälfte auf die andere und fand so leicht den verlorenen Gegenstand. – Moses konnte offenbar bei der Flucht aus Ägypten auf dort erworbene magische Kenntnisse zurückgreifen. Um seinen Vater, den Pharao, zu zerstreuen, holt der dritte Sohn, Dedefhor, den Magier Djedi herbei, der das gesegnete Alter von 110 Jahren erreicht hatte, was für den Ägypter die Vollendung des Lebens bedeutete. Djedis Spezialität war es unter anderem, abgeschlagene Köpfe wieder aufzusetzen. Cheops befiehlt auf der Stelle, einen der Gefangenen holen zu lassen – die waren am Hofe leicht zur Hand. Die Antwort Djedis bezeugt den Respekt des Ägypters gegenüber dem menschlichen Leben: »Nein, kein menschliches Lebewesen, mein Herr und Meister, denn man kann so etwas auch mit Tieren durchführen.« Daraufhin bringt man ihm eine Gans. Nachdem man sie geköpft hat, legt man ihren Körper in die westliche Ecke des großen Saales und ihren Kopf in die östliche. Djedi spricht einige magische Formeln, und Kopf und Körper watscheln aufeinander zu. Als sich die beiden Teile treffen und wiedervereinigt haben, beginnt die Gans fröhlich zu schnattern. In dieser Geschichte zeigt sich ausschließlich die menschliche Natur des Gott-Königs. Der Pharao ist alles andere als allwissend. Er will erfahren, was Djedi kann, er weiß es also nicht. Der König will einen Gefangenen köpfen, lässt sich aber vom Zauberer sofort davon abbringen. Selbstverständlich hat der Pharao in dieser Geschichte – wie in anderen auch – keine Ahnung, wie das alles geht, geschweige denn, dass er selbst diese Zauberkräfte besäße. Djedi ist auch bei der vierten Geschichte beteiligt. Er sagt in diesem Fall die Zukunft voraus: die Geburt der ersten Könige der fünften Dynastie, die anderthalb Jahrhunderte später derjenigen des Cheops folgte. Die Erzählung beschreibt, wie der Sonnengott Re selbst mit einer irdischen Frau

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königlicher Abkunft den Thronfolger zeugt (S. 113). Die Göttinnen Isis und Nephthys sind bei der Geburt zugegen, denn es werden insgesamt drei Kinder geboren, deren göttliche Abstammung durch die drei Götter und durch das äußere Erscheinungsbild der Kinder bestätigt wird: »Ihre Gliedmaßen werden mit Gold überzogen sein, und sie tragen Haare aus Lapislazuli« wie der Sonnengott selbst. (Damit ist, um die Geschichte in ihre historische Dimension zu stellen, der Durchbruch des Sonnengottes innerhalb der Herrschaftsübernahme vollzogen.) Ehe sie entschwinden, fertigen die Göttinnen drei königliche Diademe an, die sie in einem Gerstensack verstecken, und befehlen, dass dieser in einem versiegelten Raum aufbewahrt werden soll. Als man einige Tage später keine Gerste mehr hat, um Bier zu brauen, dringt eine Dienerin, dem Verbot zuwider, in den Raum ein. »Da hörte man den Lärm von Gesang, Musik, Tanz und Akklamationen, alles das, was man für einen König tut.« Daraufhin sind die Eltern entzückt und feiern einen glücklichen Tag. Solche Glück verheißenden Töne, welche die Ankunft eines neuen Herrschers verkünden, waren ein der ganzen Antike vertrautes Phänomen. Ich möchte in diesem Zusammenhang Plutarch zitieren: »Während dieser Nacht (am 1. August des Jahres 30), so sagt man, ungefähr in ihrer Mitte, während die ganze Stadt (Alexandria) ruhig war und niedergeschlagen vor Furcht vor dem, was kommen sollte, hörte man plötzlich eine übernatürliche Musik. Man hörte eine Vielzahl von Instrumenten, Gesänge und die Rufe einer Menge Bacchanten. Ein riesiger Tumult erfüllte die Stadt, obgleich niemand zu sehen war. Und dieser Musikzug bewegte sich durch die Stadt zu dem Tor, das dem Feind (Octavian) am nächsten lag. Dort verstärkte sich die Musik nochmals und brach dann plötzlich ab, als ob der unsichtbare Festzug die Stadt verlassen hätte.«19

Auch dies markiert gleichsam die Geburt eines neuen ägyptischen Königs: diejenige Octavians, des späteren Augustus, der durch eine solche Erzählung für die Ägypter in die Tradition ihrer Pharaonen gestellt wurde. Ich hätte auch eine Passage aus dem Lukas-Evangelium zitieren können.

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In antiken ebenso wie in modernen Erzählungen ist das Motiv der ›Vorherbestimmung‹ geläufig – meist für Könige oder Prinzen. Solche Geschichten ähneln unseren Märchen wie denen anderer Völker. Ein Papyrus aus dem Neuen Reich bietet eine solch typische Erzählung, mit der sich die Bauern abends unterhielten: Ein Pharao war verzweifelt, weil er keinen Sohn hatte. Die Götter ließen sich schließlich durch sein Flehen erweichen, und prompt wurde ihm der ersehnte Thronfolger geboren. Allerdings bestimmten die Hathoren – sieben Göttinnen und Götter, welche die Rolle unserer Feen spielen – sein Schicksal voraus: Er werde entweder durch ein Krokodil oder durch eine Schlange oder durch einen Hund umkommen. Also versuchte man, das Kind von der Gefahr fernzuhalten, indem man ihm ein Haus in der Wüste errichtete. Nach einer Weile sah der Prinz einen Mann, der mit seinem Hund spazieren ging. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als ebenfalls einen Hund zu besitzen, und um seine Schwermut zu beenden, willigte sein Vater schließlich ein und gab ihm das Tier. Dennoch plagte die Einsamkeit den Jüngling weiter, und er bat seinen Vater: »Du weißt doch, dass ich meinem Schicksal unterworfen bin, dem ich nicht entgehen kann. Laß mich doch nach meiner Weise leben bis zu dem Tag, an dem der Gott vollendet, was er sich vorgenommen hat.« Also zog er fröhlich mit seinem Hund in die Welt. Eines Tages kam er in das Land Naharina, nördlich von Phönikien. Der dortige König hatte seine bildhübsche Tochter demjenigen versprochen, der bis zu ihrem Fenster herauf springen konnte. Nun gehört so ein Sprung in ungefähr 36 Meter Höhe für einen ägyptischen Prinzen zu den leichtesten Übungen – er erreichte das Fenster und die Hand der Prinzessin. In Zukunft übernahm seine liebende Frau die Aufgabe seines Vaters und wachte über ihn. Es gelang ihr beispielsweise, eine Schlange zu töten, die sie im Zimmer des Prinzen fand. Aber während ihr Mann mit seinem Hund spazieren ging, sagte dieser zu ihm: »Ich bin dein Schicksal.« Der Prinz floh, fiel ins Wasser und dort ereilte ihn sein vorbestimmtes Los: Ein Krokodil verschlang ihn.

8.3 Der Pharao vergnügt sich

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In der Geschichte des Pharaos Snofru (2575 – 2551), auch er langweilte sich eines Tages schrecklich, reagiert der Erzähler auf die – zeitlosen? – Sehnsüchte und Phantasien seiner meist männlichen Zuhörer. Snofru wusste nicht, wie er sich zerstreuen sollte, doch zum Glück gab es dafür auch einen Beamten, den Zeremonienmeister.20 Er schlug vor, Snofru solle ein Schiff mit den schönsten Damen seines Palastes ›befrauen‹. Der König ließ zwanzig Ruder aus Ebenholz und Gold anfertigen und rief nach ebenso vielen schönen Mädchen, die ihre Figur noch nicht durch Mutterschaft verloren hatten. »Lass mir 20 Frauen bringen, von schöner Gestalt und mit (wohlgeformten) Brüsten . . ., und laß mir auch 20 Netze holen, und diese Netze lass den Frauen geben, nachdem ihre Kleider abgelegt sind.«21 Die über der nackten Haut getragenen Netze sollten die körperlichen Reize der Frauen hervorheben und so die erotisierende Wirkung verstärken. Snofru betrachtete die jungen Mädchen beim Rudern und fühlte sich glücklich. Heute dürfen wir uns bei einer solchen Erzählung fragen, ob so etwas möglich war. Zu den königlichen Palästen gehörten die Gartenanlagen, in denen sich der Pharao aufhielt, wie Re im »kühlen Garten«.22 Und in solchen Gärten gab es auch künstlich angelegte Seen. Über Amenophis III. (1388 – 1350) erfahren wir, dass er bei dem König Milkili von Gezer in Palästina 40 schöne Mädchen kaufte.23 Die Phantasie Europas hat sich jedenfalls an entsprechenden Vorstellungen orientalischer Harims jahrhundertelang berauscht. Andere Geschichten kennen wir so ähnlich aus unserer eigenen Märchentradition. Die Königin Nitokris (2168 – 2166), die letzte Herrscherin der sechsten Dynastie, gab immer wieder Anlass zu neuen Erzählungen: Eines Tages badete sie als junges Mädchen im Nil. Da kam ein Vogel, nahm einen Schuh, den sie am Ufer zurückgelassen hatte, und flog mit ihm davon. Just als sich der Vogel in Memphis über dem Pharao befand, ließ er seine Beute fallen. Durch die unglaubliche Zartheit des Schuhs entzückt, die auf eine ebenso zarte Trägerin schließen ließ, schickte der Pharao Boten aus, um die Besitzerin ausfindig

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zu machen. So wurde Nitokris Königin von Ägypten. Und wenn sie nicht gestorben ist . . . Zeitlos darf man sicherlich auch das Interesse daran nennen, wie ein Pharao seine Nächte verbrachte, wobei etwas aus dem Rahmen fallende Sexualität besonders interessant war. Eines Nachts sieht ein Mann namens Teti seinen König Neferirkare (2446 – 2427) ganz allein weggehen: »(Da bemerkte Teti) die Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Neferirkare, wie sie ausging in der Nacht auf eine einsame Promenade, ohne dass irgendjemand bei ihm war. Er (Teti) hielt sich von ihm (dem König) entfernt, um zu vermeiden, dass er ihn sah. Teti, Sohn des Hent, wartete und dachte dabei nach und sagte sich: ›Da es so ist, so ist es die Wahrheit, was man sich erzählt: Er geht aus bei Nacht!‹ Teti, Sohn des Hent, folgte diesem Gott (Neferirkare), ohne dass er sich daraus ein Gewissen machte, um alles zu beobachten, was er tun würde. Er (der König) kam zum Haus des Generals Sisene. Er warf einen Ziegelstein, und er pochte mit dem Fuß, worauf man ihm eine Leiter hinunterließ. Er stieg hinauf, während Teti, Sohn des Hent, wartete, bis seine Majestät wieder fortging. Nachdem seine Majestät getan hatte, was sie wünschte bei ihm (dem General), wandte er sich nach seinem Palast, und Teti folgte ihm. Als seine Majestät in das Große Haus (Palast) zurückgekehrt war, ging auch Teti wieder nach Hause.«24

Im wirklichen Leben gab es sicherlich für den Pharao die eine oder andere Möglichkeit, aus der Routine des Alltags auszubrechen, auch wenn es dabei nicht um Zauberei ging. Während der Regierung des Königs Pepi II. (2229 – 2169) stieß der Bezirksfürst Herchuf von Elephantine im Laufe von mehreren Expeditionen tief in nubisches Gebiet bis in die Gegend des dritten Kataraktes vor. Auf einer der Unternehmungen gelang es ihm, einen »Zwerg«, wahrscheinlich einen Pygmäen, gefangen zu nehmen. Solche kleinwüchsigen Menschen erinnerten die Ägypter an ihren Gott Bes, und ihre Tänze galten als ungemein ergötzlich. Herchuf unterrichtete sofort den Pharao, und Pepi antwortet umgehend. Der Bezirksfürst ließ das Dokument als Zeichen seiner Anerken-

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nung durch den König auf dem Westufer, hoch über dem Nil, in den Fels meißeln. In diesem Text ist einiges von der Persönlichkeit seines Verfassers zu spüren und in einer Art mitgeteilt, wie sie uns sonst selten begegnet. Aus dem Drängen des offenbar noch jungen Pharao klingt seine spontane Begeisterung und Neugierde heraus. Wir können wohl verstehen, warum Herchuf dies festhalten und damit auch der Nachwelt überliefern wollte. Die Textform entspricht einem auf Papyrus geschriebenen Brief und beginnt mit der charakteristischen Adreßformel, die eine Datumsangabe enthält: »Jahr 2, Monat 3, Tag 15.« Nachdem er den Empfang der Depesche und ihren Inhalt bestätigt hat, fährt der Pharao fort: »Du sagtest in dieser deiner Depesche, du habest einen Zwerg gebracht . . . Wie der Zwerg, den der Gottessiegler Bawerded zur Zeit des Königs Isesi aus dem Land Punt brachte. Und du sagtest zu meiner Majestät, dass kein einziger, der in früheren Zeiten nach Jam gekommen ist, je einen wie ihn mitgebracht hat . . . Komme sofort nach Norden zurück in die Residenz! Eile, und bringe diesen Zwerg mit dir! . . . Und wenn er mit dir ins Schiff steigt, so sorge dafür, dass zuverlässige Männer um ihn sind, auf beiden Seiten des Schiffes, um zu verhüten, dass er ins Wasser fällt. Wenn er des Nachts schläft, so sorge dafür, dass zuverlässige Männer bei ihm sind in seinem Zelt! Kontrolliere zehnmal pro Nacht! Meine Majestät wünscht diesen Zwerg zu sehen mehr als all das, was man vom Minenland (gemeint ist der Sinai) oder aus Punt bringt. Wenn du in der Residenz anlegst, und dieser Zwerg befindet sich bei dir – lebend, wohlbehalten und gesund –, so werde ich noch mehr für dich tun, als was damals für den Gottessiegler Bawerded zur Zeit des Isesi getan worden ist.«25

Vielleicht darf man mit den persönlichen Vergnügungen eines Pharaos jene seltsame Stele in Verbindung bringen, die Antef II. (2103 – 2054) in dessen 50. Regierungsjahr zusammen mit fünf Hunden zeigt (Abb. 33). Die Hunde, die zu Füßen des Königs dargestellt sind, tragen meist fremdländische Namen, an die eine ägyptische Übersetzung beigefügt ist.26

Abb. 33: Antefs Hundestele

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Der Pharao im Bild

Die zahllosen Plastiken des Königs zeigen diesen in thronender, stehender, kniender und – seit der späten 18. Dynastie – kriechender Haltung. Es gibt diese Plastiken freistehend als Einzelfigur oder als Gruppe, die den Pharao zusammen mit anderen Gottheiten zeigen. Häufig wird die Figur des Königs als sogenannter »Osirispfeiler« direkt mit einem Bauelement verbunden: Der als Osiris gestaltete Pharao steht mit gekreuzten Armen vor einer hohen Rückenplatte. Am weitesten verbreitet ist seine Darstellung als Sphinx, als liegender Löwe mit Menschenkopf oder mit menschlichem Antlitz. Alle diese Skulpturen waren auf Dauer angelegt. Deshalb zeigen sie den jeweiligen Pharao in einer Idealgestalt, in der das persönliche Aussehen oder das Alter keine Rolle spielen. Und diese Plastiken waren aus »dauerhaftem« Stein wie Granit oder Quarzit. Durch Bemalung wirkten solche Figuren ›lebendig‹ und durch das Mundöffnungsritual wurden sie mit tatsächlichem Leben versehen. Das ›Leben‹ dieser Pharaonen war ein Leben auf Dauer auch über die irdische Existenz des Gott-Königs hinaus; es konnte nach dem Tod des Herrschers durch einen Opferkult am Leben erhalten werden. Nur der Pharao durfte neben den Göttern in gleicher Größe abgebildet werden. Alles in seiner Haltung und seinen Gesten drückt Majestät und Überlegenheit aus. Die Reliefs und Statuen, die wir heute als Werke der Kunst bewundern, waren geschaffen, um wirksam zu sein. Alles erfüllte einen – wir würden sagen – magischen Zweck und war für die Ewigkeit gedacht. Der wichtigste Bestandteil der Königsfigur ist der Name der betreffenden Person. Er macht eine Figur zum Pharao NN. Wird der Name getilgt, also in aller Regel ausgehackt,

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waren die Statue und damit der betreffende König endgültig tot. Ersetzt ein Herrscher einen älteren Namen durch seinen eigenen, wie dies Ramses II. (1279 – 1213) oft getan hat, wechselt damit lediglich die Identität der Person, was durch die topische Darstellungsweise der Königsplastik vom Bild her keine Probleme bereitete. Rekordhalter solcher Usurpationen war dieser Ramses, als er zahlreiche Statuen seiner Vorgänger seit Sesostris II. (1882 – 1872) in seine neue Hauptstadt transportieren ließ. Außergewöhnlich war das Schicksal zweier Sphingen Amenemhets II. (1914 – 1876), die im Laufe der Jahrhunderte nacheinander von Apophis (1587 – 1546), Merenptah (1213 – 1203), Siamun (978 – 959) und Scheschonq I. (945 – 924) usurpiert worden sind. Seit der 4. Dynastie gewannen die Darstellungen der Herrscher ihre über Jahrtausende prägende Gestalt. Bei den Portraits einzelner Pharaonen handelt es sich nicht um individuelle Abbildungen, sondern um die Wiedergabe der Idee, die sich die Ägypter vom Königtum machten und welche die Herrscher vermitteln wollten. Wie der König viele Namen trägt, so gibt es von ihm viele Erscheinungsformen; denn wie kein einzelner Name den König adäquat zu erfassen vermag, so wenig vermag dies ein einzelnes Portrait; es kann jeweils nur einen Aspekt des Königs wiedergeben. Ein solches Portrait ist von zwei komplementären Prinzipien bestimmt. Einerseits stehen seine Züge fest, was dazu führt, dass man Könige aus der gleichen Dynastie oft kaum voneinander unterscheiden kann, wenn ihre Namen nicht beigeschrieben sind. Andererseits dient in einer bestimmten Epoche das Königsportrait selbst wieder als Modell für Götter- oder Menschendarstellungen. So lehnen sich Portraits von Privatpersonen der Amarnazeit meist eng an das Bild Amenophis’ IV./Echnatons (1351 – 1334) an. Zwei Göttinnen etwa, die Mykerinos (2489 – 2461) flankieren, sind dem König wie aus dem Gesicht geschnitten, und dokumentieren seine Göttlichkeit (Abb. 34).1 Mykerinos ist bekleidet mit Königsschurz, Zeremonialbart und oberägyptischer Krone. Seine Linke hält ein kurzes Zepter.

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Abb. 34: Statuengruppe des Mykerinos

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Er ist die Zentralfigur, steht in der Mitte und tritt leicht nach vorne. Die Rechte des Königs wird von der Göttin Hathor ergriffen, die, aus seiner Sicht, rechts neben ihm steht. Hathor trägt Kuhgehörn und Sonnenscheibe. Die Göttin ist die himmlische Mutter, aus deren kuhgestaltigem Leib die Sonne und mit ihr der König täglich neu geboren werden.2 Auf der anderen Seite, ohne direkten Kontakt mit dem Pharao, steht die Bezirksgöttin des sechsten oberägyptischen Bezirks, mit dessen Symbol sie bekrönt ist; sie spielt eine deutlich untergeordnete Rolle. Mykerinos bezeichnet sich in der zugehörigen Inschrift als »von Hathor erwählt«. Die Bezirksgöttin übergibt dem König »alle Opfergaben Oberägyptens, damit du erscheinst als König Ägyptens in Ewigkeit«. Die erste – uns erhaltene – Darstellung eines königlichen Paares zeigt ebenfalls Mykerinos (2489 – 2461) mit seiner Gemahlin (Abb. 35). Die Statue beeindruckt durch ihr Linienspiel; Königin und König stehen aufrecht, Seite an Seite, er ist ein wenig größer – vielleicht verpflichtet die Männlichkeit dazu –, sie umfasst mit ihrem rechten Arm seine Taille und legt ihre linke Hand auf seinen Arm. In dieser ganz auf die Vertikale ausgerichteten Komposition zieht eine Horizontale die Aufmerksamkeit auf sich: der Arm der Königin, der das Band der Einheit zwischen dem Ehepaar herstellt. Die Skulptur ist nicht vollendet worden, blieben doch die unteren Gliedmaßen ungeglättet. Die Erscheinung des Pharaos ist – wie das Beispiel des Mykerinos zeigt – prachtvoll wie die der Götter. Normalerweise ist er hoch gewachsen, die Arme hängen, er stellte den linken Fuß leicht nach vorne, was den Eindruck des Schreitens hervorruft; dabei stehen seine Fersen flach auf dem Boden. Mit den Göttern teilt sich der König wesentliche Attribute. Wie sie trägt er einen Tierschwanz an seinem Gürtel, einen falschen Bart, Zepter sowie Kronen und schließlich eine Uräus-Schlange auf der Stirn. Beim Tierschwanz, der am Gürtel des Schurzes befestigt ist und hinten fast bis auf die Füße fällt, handelt es sich um ein Überbleibsel aus der Zeit, als der Häuptling der Anführer auf der Jagd war und sich ganz oder teilweise in den Balg des erlegten Tieres hüllte.

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Abb. 35: Mykerinos mit seiner Gemahlin

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Seit frühester Zeit war es für die Vornehmen Sitte, sich rasieren zu lassen. Nur in Zeiten der Trauer lässt der Pharao einen Bart wachsen. Bei den Bärten, die uns auf zahlreichen Darstellungen des Königs begegnen, handelt es sich um einen Zeremonialbart; gelegentlich ist das Band zu erkennen.3 Der Königsbart ist dabei länger als es diejenigen vornehmer Privatleute sind, verbreitet sich nach unten und ist onduliert. Der Bart menschengestaltiger Götter ist schmal und endet in einen sich einrollenden Zopf, der aus Lapislazuli sein soll. In seinen Händen hält der König verschiedene Zepter, eins mit dem Kopf des Seth-Tieres, das seine Macht und Gewalt markiert, ein anderes in der Form eines Krummstabes, das häufig mit Geißel oder Wedel kombiniert wird; die beiden letzteren sind auch das Abzeichen des Osiris-Königtums. Meist finden wir auf Statuen oder Reliefs das Kopftuch des Pharaos, die Nemes,4 die seit der 3. Dynastie zur Tracht der Herrscher gehört. Das Tuch setzt etwa in der Mitte der Stirn an und bedeckt, unmittelbar hinter den Ohren herab laufend, den Hinterkopf. Hinten endet es in einem runden, wulstigen Stoffteil, dem sogenannten Zopf, vorn fallen zwei Streifen auf die Brust herab. Die Nemes ist wohl seit dem Mittleren Reich als Symbol für die tägliche Wiedergeburt der Sonne verstanden worden und gehört somit in den großen Vorstellungskomplex, der den Pharao als Sohn der Sonne und damit selbst als Sonne versteht. Die größte Verbreitung findet das Bild des Pharaos auf den Skarabäen. Die Darstellung der Herrscher beginnt mit dem mythischen Gründer des Reiches, Menes, der später als historische Person betrachtet worden ist. Allerdings stammt die bislang früheste Erwähnung dieses Königs von einem Skarabäus, auf dem auch die Namen von Hatschepsut (1479 – 1457) und Thutmosis’ III. (1479 – 1425) vermerkt sind. Dies verweist auf die Tatsache, dass kein Königsname des Alten Reiches auf einem Skarabäus zeitgenössisch ist.5 Erst in der 25. und 26. Dynastie (712 – 525) erscheinen die Pharaonen des Alten Reiches besonders häufig.

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Zeitgenössisch ist der Königsname auf Exemplaren Sesostris’ I. (1956 – 1910). Massenhaft hergestellt wurden Skarabäen mit Herrschernamen dann im Neuen Reich. Man glaubte, dass die Macht des regierenden Pharaos durch seinen Namen auf den Gegenstand überging und somit auch dem helfen konnte, der ihn besaß. Unter Amenophis III. (1388 – 1350) sind Gedenkskarabäen verbreitet, mit denen der Pharao herausragende Ereignisse feierte und gleichzeitig propagierte. Die Stücke erwähnen Erfolge bei der Jagd (S. 175), die Hochzeit des Königs mit Teje, die Anlage eines Sees für sie und schließlich die Hochzeit mit der Mitanni-Prinzessin Giluhepa; auf anderen Exemplaren wird auch der Name ihres Vaters, des Königs Sutarna II. von Mitanni genannt. Mittels solcher Skarabäen war der Name des ägyptischen Herrschers bei der Bevölkerung vergleichbar verbreitet wie derjenige des römischen Kaisers auf Münzen. Wer den Namen nicht zu lesen vermochte, konnte den Pharao am Bild erkennen. Sie zeigten ihn als Stier, Löwe oder Sphinx, seit Ramses II. (1279 – 1213) als menschliche Person; als Krieger zu Fuß oder auf dem Streitwagen.

Abb. 36: Pharao jagt Nilpferd

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Gelegentlich kann es auch vorkommen, dass ein besonders klein dargestellter Pharao, beispielsweise neben einem riesig wirkenden Nilpferd, auf die herausragenden Fähigkeiten des Herrschers hinweist (Abb. 36). Die Darstellung aus der 12. oder 13. Dynastie zeigt eines der frühesten anthropomorphen Bilder eines Königs auf einem Skarabäus.6 Wir sehen den Herrscher in einem Papyrusboot, mit breit gespreizten Beinen festen Stand suchend, beim Harpunieren eines Nilpferds. Der König trägt einen zeremoniellen Stierschwanz, Schurz und die Rote Krone mit der Uräus. Mit der nach vorn gestreckten linken Hand hält er ein Seil, das wohl in einen Widerhaken endet, der im Hals des Tieres steckt. Rechts fasst er eine Harpune, von deren Ende die Seilschlaufe herunterhängt. Vom Nilpferd sind nur Brust und Bauch zu sehen, was es im Vergleich zum König noch größer erscheinen lässt. Die Größenverhältnisse sind gewählt, um die Tat des Pharaos als heroisch herauszustellen. Die Liste der erhaltenen Königsfiguren deckt sich weitgehend mit derjenigen der bekannten Pharaonen.7 Sie reicht – was die Größe angeht – von einem gerade einmal neun Zentimeter messenden Elfenbeinfigürchen des Cheops (2554 – 2531) bis zu einer Kolossalstatue Ramses’ II. (1279 – 1213) von etwa 1000 Tonnen Gewicht (S. 205). Am beeindruckendsten, sicherlich auch in ihrer Wirkung auf die damaligen Ägypter, waren solche Kolossalstatuen. Alles, was das menschliche Maß sprengte, war göttlich. Ein Papyrus des 2. nachchristlichen Jahrhunderts beschreibt das Erscheinen einer Gottheit, die zur Heilung einer Krankheit angerufen worden ist. Die Gottheit kommt nachts, mit leuchtenden Gewändern, einem Buch unter dem Arm und, damit sie als Gottheit erkennbar ist, größer als eine menschliche Gestalt.8 Die erste Kolossalplastik eines Königs stellt der große Sphinx von Gisa dar, 75 Meter lang, 20 Meter hoch (Abb. 37). Sie zeigt Chephren (2522 – 2496) und ist, anders als die späteren Memnonskolosse oder die Kolossalstatuen Ramses II. aus anstehendem Fels gearbeitet. Neben dem Aufweg zu seiner Pyramide war als Rest eines Steinbruchs, aus dem man die Blöcke für das

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innere Mauerwerk der Pyramiden gewonnen hatte, ein Felskern stehen geblieben, den die königlichen Bildhauer zum Sphinx ausgestaltet haben. Chephren ist hier als Löwe dargestellt, eine Vorstellung, die aus den magischen Anschauungen der Vorzeit herrührt. Der Löwe soll feindliche Mächte abhalten und als solcher, mit menschlichem Haupt und dem Kopftuch als Amtszeichen, bewacht der Pharao selbst seinen Pyramidenbezirk. Aufgrund der ungeschützten Lage wurde der Körper der Figur immer wieder von Sand bedeckt, so dass die Besucher, die es schon früh in der Antike gab, meist nur den Kopf betrachten konnten. Dieser große Sphinx diente als Vorbild der kolossalsten aller irdischen Darstellungen eines Gottes, die allerdings nur als Projekt, besser gesagt nur als Anekdote überliefert ist. Nach dem Tode Alexanders des Großen erzählte man sich, einer seiner Bildhauer habe den Plan geäußert, das fast 2000 m hohe Athosgebirge auf der griechischen Chalkidike in ein gigantisches Bildnis des Makedonenkönigs umzugestalten.9 In Biahmu im Fajjum befinden sich Reste zweier freistehender kolossaler Sitzfiguren Amenemhets III. (1853 – 1705) aus Quarzit, die mit den gemauerten Kalksteinpodesten, auf denen sie stehen, ursprünglich 18 m hoch waren. Die Seiten der Thronsitze zeigen Darstellungen der 42 ägyptischen Bezirke und der Nilgötter. Sie sind Wahrzeichen der unter diesem König abgeschlossenen Arbeiten, die notwendig waren, um das Fajjum landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot, der die Figuren zur Zeit der Nilüberschwemmung sah, berichtet von diesen Kolossalbildern, die aus dem Wasser hervorragten.10 Erhalten geblieben sind die sogenannten Memnonskolosse, welche die thebanische Ebene beherrschen (Abb. 38). Unter diesem Namen sind seit der Antike die riesenhaften Statuen Amenophis’ III. (1388 – 1350) bekannt, die ihn auf seinem Thron sitzend darstellen, technische Wunderwerke, wenn man bedenkt, dass jede aus einem einzigen Sandsteinblock gefertigt worden ist. Mit ihrer heute nicht mehr erhaltenen Krone waren sie 21 m hoch. Jeder der 700 Tonnen schweren Kolosse wurde

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Abb. 37: Der Sphinx von Gisa

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auf einem Floß, bestehend aus acht Schiffen, transportiert: »Das ganze Land stand am Ufer und jubelte . . . meine Zeugen sind unter euch, die ihr nach uns kommt«, schrieb der Baumeister.11 Die Kolosse galten seit der Ptolemaierzeit als Bilder des Memnon. Einer von beiden war in der Antike berühmt für seinen ›Gesang‹: Stets zu Sonnenaufgang vibrierte der seit einem Erdbeben gesprungene Koloss durch die Veränderungen von Feuchtigkeit und Temperatur und gab einen Klagelaut von sich. Die Alten erinnerte dieses Geräusch an die Klagen des Äthiopiers Memnon, der von Achill im trojanischen Krieg erschlagen worden war, und der bei jedem Sonnenaufgang seine Mutter Aurora grüßte. Eine Restaurierung durch den Kaiser Septimius Severus an der Wende vom 2. zum 3. nachchristlichen Jahrhundert beendete diese touristische Attraktion, nicht aber die Erinnerung daran. Von keinem anderen König sind derartig viele Kolossalstatuen – aber auch andere Skulpturen – erhalten wie von Ramses II. (1279 – 1213), was an der langen Regierungszeit, aber auch an der Bereitschaft dieses Pharaos lag, seine Macht zu demonstrieren und seine Selbstverherrlichung nahezu flächendeckend über Ägypten auszubreiten. Unter anderem wurde im Ramesseum, dem Königstempel, eine gigantische, 20 m hohe Statue des sitzenden Pharaos aufgestellt; einzelne Teile befinden sich noch heute vor Ort. Mit etwa 1000 Tonnen Gewicht war es die größte Statue, die je aus einem Stück Granit geschlagen wurde. Die Maße der noch erhaltenen Überreste demonstrieren die einstigen Dimensionen wie die Brustbreite von 7 m, der Armumfang von 5,30 m, die Länge des Mittelfingers von einem Meter und die Nagellänge am Mittelfinger von 19 cm; dazu passt der von dem griechischen Geschichtsschreiber Diodor beschriebene Fuß von 3,5 m. Die Statue »Ramses, Sonne der Fremdherrscher« besaß eine eigene Priesterschaft, die ihren Kult versah. Sie erfuhr als Mittler zwischen Menschen und Göttern Verehrung. Die Geschichten des Umgangs mit den häufig kolossalen Überresten der ägyptischen Kultur könnten ein eigenes Buch füllen. Zu den beeindruckendsten Stücken der Skulpturenhalle

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Abb. 38: Memnonskolosse

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des Britischen Museums gehört der Kopf einer anderen kolossalen Statue aus demselben Tempel. Dass er heute in London zu sehen ist, verdankt sich einem jener skurrilen Ägypten-›Forscher‹, wie sie die Zeit des Übergangs von 18. zum 19. Jahrhundert so zahlreich hervorgebracht hat. Zu ihnen gehörte auch Napoleon, der allerdings beim Abtransport des etwa acht Tonnen schweren und fünf Meter hohen Kopfes gescheitert war. Gelungen ist es dann G. B. Belzoni (1778 – 1823),12 was allerdings weniger an seiner Länge und seinen Körperkräften lag. Belzoni, zwei Meter lang, war in London als Kraftmensch aufgetreten, der mit einer Menschenpyramide von zehn Personen über die Bühne lief. Dann ging er nach Ägypten, wie so viele Abenteurer dieser Zeit. Hier schlug er dem englischen Generalkonsul vor, den Ramses-Kopf nach England zu bringen, was tatsächlich auch gelang. Das Bild des Abtransports (Abb. 39) verdeutlicht zwar die Technik des Vorgangs, spart aber deutlich bei den Arbeitern.

Abb. 39: Abtransport des Osymandyas

In London sah den Koloss dann P. B. Shelley (1792 – 1822) und dichtete sein berühmtes Sonett »Osymandyas« – Osymandyas war die gräzisierte Form von Ramses’ Thronnamen »UserMaat-Re«, »Mächtig ist die Wahrheit des Re«:

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»Ein Wanderer war’s aus vergessenem Land, der mir erzählt »Zwei Beine, rumpflos, aus Stein, stehn noch in der Wüste, daneben aus Sand sinkt das Gesicht mit dem Stirnrunzeln ein, und der Mund, der Befehlston nur fand. Zügellosigkeit, die der Steinmetz erkannt, überlebt leblos im Abbild noch immer den Spott aus des Bildhauers kundiger Hand. Auf dem Sockel erscheinen Worte voll Schimmer ›Osymandyas bin ich, Herrscher im Land, die ihr euch mächtig glaubt, seht meine Größe.‹ Mehr war nicht übrig und rund um die Teile der geborstenen Stele liegt in endloser Blöße geebneter Sand nur, Meile um Meile.«13

Am Ende der ägyptischen Geschichte lässt Nektanebos I. (380 – 362) nochmals eine Kolossalstatue herstellen, die mit 4 Metern allerdings deutlich hinter früheren Exemplaren zurückbleibt.

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Der Pharao als Ehemann

Für die Masse der ägyptischen Männer dürfte die Ehe mit einer einzigen Frau der Normalfall gewesen sein. Lediglich für die sehr Wohlhabenden war die Polygynie möglich, konnte ein Mann gleichzeitig mehrere Frauen haben. Beinahe die Regel scheint dies für die Könige gewesen zu sein. Auf politischer Ebene hatte diese Möglichkeit des Pharaos, eine geradezu unbeschränkte Zahl von Frauen heiraten zu können, eine wichtige Funktion – lassen wir einmal die persönlichen Interessen der (männlichen) Herrscher beiseite.

10.1 Heiratspolitik Aus der Regierungszeit Ramses’ II. (1279 – 1213) besitzen wir eine Stellungnahme des Pharaos selbst zu der großen Zahl der Prinzessinnen im Harim. Als der Hethiterkönig bedauerte, dass seine Tochter als »Große Königliche Gemahlin« des Pharaos nur eine Tochter geboren hatte (S. 213), erläuterte der Pharao den Wert der Mädchen für den diplomatischen Austausch. Die Götter Ägyptens hätten wie folgt zu ihm gesprochen: »Diese Tochter, die man dir geboren hat, bring sie uns, und wir werden sie in die Königsherrschaft über ein auswärtiges Land geben, und das Land, in das wir sie geben werden, um die Königsherrschaft auszuüben, wird sich mit dem Land Ägypten verbünden, und wie ein Land werden sie beide sein.«1

Töchter des Pharaos dienten als Ehepartner ausländischer Herrscher wie hoher ägyptischer Funktionsträger. Beide Gruppen konnten auf diese Weise eng an das Königshaus

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gebunden werden, da man von den Schwiegersöhnen des Pharaos eine größere Anhänglichkeit und Treue erwarten durfte. Für keinen Pharao war das ›Reservoir‹ an Prinzessinnen größer als bei Ramses II. Mit Beginn der 18. Dynastie lässt sich beobachten, dass die Könige nicht mehr Frauen aus den führenden Beamtenfamilien heiraten, sondern aus der Königsfamilie selbst. Um einer Statusgleichheit bei der Wahl des Ehepartners möglichst nahe zukommen, heirateten die Herrscher oft eine Schwester oder wenigstens eine Prinzessin. Auf einer Stele macht sich der Pharao Ahmose (1550 – 1525) Gedanken darüber, welche Wohltaten er seinen Ahnen erweisen könnte: »Es sprach seine Schwester (das heißt seine Gemahlin), in dem sie ihm antwortete: ›Warum gedenkt der König dieser Dinge? Weswegen spricht man diese Rede? Was ist es, dass in dein Herz gelangt ist?‹ Der König selbst sprach zu ihr: ›Ich bin es, der mir die Mutter meiner Mutter und die Mutter meines Vaters ins Gedächtnis gerufen hat, die große Königsgemahlin, die Königsmutter, Tetischeri, die Selige. Ihr Grab und ihr Kenotaph sind noch jetzt auf dem Boden der Bezirke von Theben und Abydos. Ich habe dies zu dir gesagt, denn meine Majestät hat gewünscht, ihr eine Pyramide und einen Tempel in dem geheiligten Land (Abydos) zu bauen in der Nachbarschaft der Denkmäler meiner Majestät.‹ . . . Seine Majestät sagte diese Rede, und die Dinge wurden sogleich ausgeführt.«2 Der Pharao bezeichnet seine Eltern als die Kinder derselben Mutter, ein klassisches Beispiel für die unter den Herrschern damals übliche Geschwisterehe.3 In unserem abendländischen Bewusstsein ist bis heute die Vorstellung tief verwurzelt, dass Blutsbande sexuelle Liebe zu Blutschande werden lassen. Dieses Inzest-Tabu hat als einziges sogar die Stürme der sogenannten ›sexuellen Revolution‹ völlig unbeschadet überdauert, und es scheint in allen bekannten Gesellschaften zu gelten. Sexuelle Beziehungen zwischen Vater und Tochter, Mutter und Sohn sowie Bruder und Schwester gleich welcher Art gelten weithin als Tabu. Dies war in Ägypten nicht anders, allerdings existierte hier eine

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Ausnahme: der über Jahrhunderte hinweg mit der sakralen Gott-König-Ideologie verknüpfte Königsinzest. Aus dynastischen Gründen wurde die Geschwisterehe zwischen Mitgliedern der Königsfamilie zu allen Zeiten der ägyptischen Geschichte praktiziert, und in der Ptolemaierzeit war sie geradezu der Normalfall. Derartige Ehen setzte man in Parallele zu den göttlichen Geschwisterehen von Zeus und Hera oder, um auf ›Vorbilder‹ aus der ägyptischen Mythologie hinzuweisen, von Osiris und Isis. Die Heiratspolitik des Königs, wie sie aufgrund der Polygynie möglich war, diente drei Zielen: der Sicherung des Legitimitätsanspruchs, der Festigung innenpolitischer Machtverhältnisse sowie der Sicherung außenpolitischer Beziehungen. Einen Sonderfall, was die Sicherung des Legitimitätsanspruchs angeht, stellt der erfolglose Versuch der Witwe Tutanchamuns (1333 – 1323), Anchesenpaaton, dar, den hethitischen König Suppiluliuma zu überreden, einen seiner Söhne nach Ägypten zu senden. Anchesenpaaton hätte ihn dann geheiratet, um ihn auf diese Weise zum legitimen Herrscher zu machen. Der Plan scheiterte allerdings am Misstrauen der hethitischen Seite sowie am Widerstand hoher ägyptischer Beamter (S. 49). Als nach einer Harimsverschwörung (S. 218) die Königin beseitigt worden war, heiratete Pepi I. (2285 – 2235) zwei Töchter eines Fürsten aus Abydos, um deren Vater stärker an sich zu binden und damit sein Königtum innenpolitisch zu festigen. Hier lässt sich auch die Heirat Amenophis’ III. (1388 – 1350) mit der ›Bürgerlichen‹ Teje anführen, die dem König die Unterstützung einer wichtigen Familie sicherte. Dem gleichen Zweck diente die Verheiratung von Frauen aus dem königlichen Harim mit Bezirksfürsten oder hohen Beamten. Am besten sind wir über die intensive Außenpolitik mittels dynastischer Heiratsverbindungen informiert, wie sie seit dem Neuen Reich nachweisbar sind. Amenophis III. (1388 – 1350) beispielsweise versuchte, das damalige Ausgreifen der Hethiter in den Westen durch Bündnisse mit deren Nachbarn in

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Schranken zu halten. So knüpfte er Kontakte zum Fürsten Tarhundaradu von Arzawa im Westen Anatoliens: »Ich habe zu dir geschickt Irschappa, meinen Boten (mit dem Auftrag): ›Lass uns die Tochter sehen, die sie meiner Majestät zur Ehe anbieten.‹ Und er soll Öl auf ihr Haupt gießen (als Zeichen der Verlobung). Ich habe dir einen Sack Gold geschickt, es ist ausgezeichnet.«4

Irgendwann kommt das Schreiben dann auch auf das Bündnis gegen die Hethiter zu sprechen. Eine solche Heiratspolitik ließ die Zahl der Harimsfrauen ins Unermessliche wachsen, zuverlässige Gefolgschaften ergaben sich daraus jedoch selten. Stattdessen musste Amenophis III. die zahlreichen diplomatischen Eheschließungen teuer bezahlen, und durch seine großzügigen Geschenke weckte er die Gier seiner Vasallen und Nachbarn nach immer mehr Gold. Vor allem einer seiner Schwiegerväter, der Mitanni-Herrscher Tusratta (um 1360), ließ in seinen Bettelbriefen nicht locker: »So (möge) mein Bruder Gold in sehr großer Menge, welches nicht mehr zu zählen ist, (das) möge mein Bruder mir übersenden, und mein Bruder möge mehr Gold übersenden als das, was mein Vater (Sutarna) erhielt. Ist doch inmitten des Landes meines Bruders das Gold wie Staub in Menge da.«5

Nach zähen Verhandlungen, in denen es um die Mitgift ging, hatte der Pharao 1382 bereits Giluhepa, eine Tochter des Mitannikönigs Sutarna II., in seinen Harim aufgenommen. Wie ein Skarabäus berichtet, begleiteten sie 317 Ehrendamen und eine Unmenge von Mitgiftgaben auf ihrem Weg in den Harim Amenophis’: »4 schöne Pferde, die feurig sind 1 Wagen, dessen . . . insgesamt aus Gold sind, 320 Schekel Gold (= 2794 Gramm) sind es, die darauf verwendet sind 1 Peitsche aus . . ., mit Gold überzogen, an deren Knauf? ein schöner hulalu-Stein ist, worin 1 Siegel aus schönem hulalu-Stein hervorragt, 5 Schekel (= 43,6 Gramm) Gold sind darauf verwendet 2 Rosenkränze für Pferde, aus hulalu-Stein in Gold gefaßt, 88 (Steine) an der Zahl, 44 Schekel Gold (= 384,2 Gramm) Gold sind

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es, die darauf verwendet worden sind 1 (Ding) zum Wegschaffen von Fliegen, (aus) Gold . . ., 3 Schekel (= 26,1 Gramm) in seinem Gewicht 1 Handring aus Eisen, mit Gold überzogen . . . 5 Schekel (= 43,6 Gramm) Gold sind darauf verwendet 1 Fußring (aus) Gold, 5 Schekel (= 43,6 Gramm) Gold sind darauf verwendet 1 Paar Schuhe aus Hammelhaut und mit Perlen aus Gold überstreut, deren Knöpfe (aus) hiliba-Stein sind . . . 13 Schekel (= 113,5 Gramm) Gold sind darauf verwendet.«6

Ich breche hier ab, aber es könnte seitenlang weitergehen. Es folgten zahlreiche Töchter kleinerer Dynasten, eine babylonische Prinzessin und gegen Ende der Regierung mit Taduhepa eine weitere Mitanni-Prinzessin, diesmal Tochter des neuen Königs Tusratta. Neben den außenpolitischen Auswirkungen solcher Heiraten spielte für die Partner Ägyptens der materielle Gewinn des jeweiligen Brautpreises eine wichtige Rolle. Dass auch die Mitgift, die den Prinzessinnen mitgegeben wurde, für einen Pharao interessant sein konnte, bezeugt die Heirat Ramses’ II. (1279 – 1213) mit einer Hethiter-Prinzessin.7 Dem eigentlichen Ereignis gingen von 1249 bis 1246 umfangreiche Boten- und Briefwechsel voraus. Bei den Verhandlungen war es der hethitischen Seite vor allem wichtig, die herausgehobene Rolle, die eine nahe Verwandte Hattusilis’ im Harim des Pharaos und am Hof einnehmen sollte, zu festigen; denn es handelte sich dort um die Position einer »Großen Königlichen Gemahlin«. Ein erstes Angebot Hattusilis’, Ramses seine sechzigjährige Schwester zur Frau zu geben, stieß bei diesem nicht auf Gegenliebe. Vom Status her betrachtet hatte eine Schwester des regierenden Großkönigs von Hatti das höchste Prestige. Im konkreten Fall ging allerdings der Nachteil einher, dass aus der Verbindung keine Nachkommen zu erwarten waren. Schließlich einigte man sich auf eine Tochter des Hethiterkönigs mit Namen Scha’uschkanu als zukünftige Gemahlin des Pharaos. Nachdem dies feststand, blieben Fragen der Mitgift zu klären, denn Heiraten zwischen den Groß-

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mächten waren sowohl ein politisches wie auch ein wirtschaftliches Geschäft. Die Geschenke allerdings, die anläßlich der anstehenden Hochzeit Ramses’ II. ausgetauscht werden sollten, übertrafen alles bis dahin gekannte. Die Hethiter wollten unter anderem 500 sogenannte »Zivilgefangene« aus dem nördlich an Hatti grenzenden Kaschkäerland schicken; ihr Name weist darauf hin, dass sie nicht bei einem Krieg gefangen genommen worden waren, sondern bei Beutezügen in die Nachbarregionen der Hethiter. Arbeitskräfte waren in Ägypten – wie überall – immer gesucht. Ferner wurde eine große Zahl von Pferden, Stieren, Rindern und Schafen versprochen. Auch die ägyptische Seite verzeichnete minutiös, was im Gegenzug nach Hattusa wandern sollte: kostbare Stoffe, Schmuck, Gegenstände aus wertvollem Material, Pferde, Kampfausrüstungen, geschnitzte Truhen, Medizin und vor allem das Gold, das nach Vorstellung der auswärtigen Könige in Ägypten vorhanden war »wie Staub« (S. 212). Die langen Verhandlungen steigerten Ramses’ Erwartung und er drängte die hethitische Seite zur Eile. Dabei dachte er an seine Verlobte wie an deren Mitgift gleichermaßen: »Mein Bruder (so lautete die offizielle Anrede unter Königen)8 möge die genannten Zivilgefangenen, Fußtruppen und Wagenkämpfer aufbrechen lassen. Ich begehre die Tochter meines Bruders zu sehen.«9 Ramses’ Gier – anders kann man es kaum nennen – nach der Mitgift aus Hatti löste dort Erstaunen und Verärgerung aus: »Dass du mein Bruder«, schrieb die dortige Königin Puduhepa, »auf meine Kosten reich werden willst . . ., ist weder einem Bruder gemäß, noch gereicht es dir zur Ehre.« Als auch diese diplomatische Krise bereinigt war, konnte die Prinzessin im Jahre 1246 nach Ägypten aufbrechen.

10.1 Heiratspolitik

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Abb. 40: Ramses II. heiratet

In Heiratsstelen verkündete Ramses das Ereignis im ganzen Land. Abschriften sind aus zahlreichen Orten auf uns gekommen.10 Ins Bild gesetzt zeigt eine Szene in Abu Simbel, wie Hattusilis seine Tochter dem Pharao (links), der von dem Gott Seth begleitet ist, übergibt (Abb. 40). So hätte es Ramses sicherlich gerne gehabt; seine Sicht entsprach der Gewohnheit, dass der Vater die Braut ihrem Mann zuführt. Während der Brautvater in hethitischer Kleidung mit spitzer Mütze dargestellt wird, ist die Prinzessin Scha’uschkanu bereits ägyptisch gekleidet; ihr neuer ägyptischer Name lautet: »Große Königliche Gemahlin, Maathorneferure« – »die den königlichen Falken erblickt, den sichtbaren Glanz des Re«. Dabei wird Hattusilis, der allerdings nicht nach Ägypten gereist war, eine längere Rede in den Mund gelegt, in der es, hierin ägyptischer Terminologie folgend, unter anderem heißt: »Ich bin für immer und ewig unter deinen Füßen.«11 Die Position der hethitischen Prinzessin als »Große Königliche Gemahlin« des Pharaos bestimmte deren Rolle im Harim.

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10.2 Harim12 Einen frühen Hinweis auf den Harim des Pharaos erhalten wir vielleicht aus den Königsgräbern der ersten Dynastie. Auf einer Grabstele dieser Zeit heißt eine Hündin »Wärterin der Frauen des königlichen Harims.«13 In Abydos lässt sich bei den Nebengräbern der Anlage Djers (2949 – 2902) ein Übergewicht von Frauengräbern erkennen; von insgesamt 97 Privatstelen gehören 76 Frauen.14 Im Alten Reich war der Harim Aufenthaltsort der Königin, wo auch die Kinder des Herrschers wie diejenigen der hohen Beamten erzogen wurden. Die in dieser Zeit überlieferten »Schönen des Palastes« lassen sich als Harimsdamen bestimmen.15 Erziehungsstätte blieb der Harim auch während des Mittleren und Neuen Reiches. So kennen wir einen »Vorsteher des Harims des Königs«, der zugleich »Lehrer der Königskinder« war.16 Archäologische Hinweise auf einen Harim haben wir für die Herrscher Amenophis III. (1388 – 1350) und Amenophis IV./ Echnaton (1351 – 1334) im Neuen Reich. Die große Zahl königlicher Frauen und die jeweiligen Haushalte hatten zur Folge, dass es unmöglich wurde, mit dem gesamten Hof im Land umherzureisen. So begleitete nur noch eine kleine Gruppe von Frauen den Pharao, während für die übrigen Harims gebaut wurden. In Gurob haben wir das am besten erhaltene Beispiel einer solchen Anlage. Sie wurde unter Thutmosis III. (1479 – 1425) errichtet und blieb bis ins späte Neue Reich in Benutzung. Der Gebäudekomplex bestand aus Lehmziegelhäusern und war von einer Mauer umgeben.17 Zu ihm gehörten ein zentraler Bereich von Leberäumen mit Säulenhallen, Vorratsräumen und auch ein kleiner Tempel, ebenfalls aus Lehmziegeln. Die Anlage wurde rasch zu einer auch wirtschaftlich bedeutenden Einrichtung mit großem Landbesitz und den üblichen Rechten über die ansässige bäuerliche Bevölkerung. Die Außenpolitik der Herrscher des Neuen Reiches veränderte die Situation des königlichen Harims. Die Verträge,

10.2 Harim

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die Ägypten mit einigen seiner östlichen Nachbarn schloss, hatten politische Heiraten zur Folge, die zahlreiche auswärtige Frauen als Gattinnen des Pharaos ins Land führten. Diese hochstehenden Prinzessinnen fremder Mächte brachten eine große Schar von Begleiterinnen mit, die gleichfalls in dem immer größer werdenden Harims untergebracht werden mussten. Diese gerieten zu wirtschaftlichen Großunternehmen mit eigener Verwaltung und eigenem Beamtenstab. Neben landwirtschaftlichem Grundbesitz sind Rinderherden, Mühlenanlagen und Webereien bekannt.18 Der Harim verlangte Regelungen hinsichtlich der vielen Ehefrauen. In der Repräsentation nach außen trat die Hauptgemahlin als Königin in Erscheinung, Nebengemahlinnen hatten keine offizielle Funktion. Wir haben kaum Einblick in die Hierarchie eines solchen Harims, können aber aus vergleichbaren Institutionen anderer Völker vermuten, dass die Rangfolge unter den Frauen von der Sympathiezuweisung durch den Herrscher abhing; er konnte sich von der Hauptgemahlin trennen, um eine andere an ihre Stelle zu setzen, wenn etwa der Wunsch nach einem Sohn nicht erfüllt worden war. Vor dem Hintergrund solch wechselnder Konstellationen unter den Frauen erklärt sich die Rolle der Königinmutter, deren Autorität (S. 220) – mitunter sehr groß sein konnte. Texte und Bilder aus dem Harim sind selten. Einige Szenen zeigen Ramses III. (1182 – 1151) mit seinen Frauen. Unterschiedliche Gesten deuten einen sexuellen Kontakt an. Der König tätschelt das Kinn der Frau, während sie mit ihrer Hand den abgewinkelten Ellbogen umschließt. In einem Bild berührt die Harimsdame die Brustwarze des Königs, während er seinen Arm auf ihre Schulter legt und gleichzeitig ihr Handgelenk ergreift. Am deutlichsten ist jene Darstellung, in welcher der König seine Hand an das Geschlechtsorgan der Frau legt.19 Auch Szenen zwischen Tutanchamun (1333 – 1323) und seiner Gemahlin stellen »eindeutig sexuelle Handlungen«20 dar. Über das Leben hinter den Mauern eines königlichen Harims, über den Alltag, dringen nur gelegentlich Informa-

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tionen zu uns. Vielleicht wollte die hethitische Königin Puduhepa mit den folgenden Sätzen, die sie an Ramses II. über eine babylonische Prinzessin richtete, in Wahrheit auf das Schicksal ihrer eigenen Tochter anspielen (S. 213): »Die Tochter des Landes Babylon, die sich im Land Ägypten aufhält, die erlebt nur Gefühlskälte, und kein Augenpaar darf sie ansehen. Mit ihr hat ein Gesandter niemals sprechen dürfen.« Ramses weist solche Vorwürfe von sich: »Dieser Fall ist nicht so! Die Gesandten, die man herzuschicken pflegt, dürfen ihr auch gegenübertreten. Darüber hinaus dürfen sie regelmäßig mit der Tochter sprechen. Die Gesandten pflegten vor der Tochter Brot zu essen und pflegten vor ihr Wasser zu trinken. Warum hast du nur auf jene Verleumdung gehört, und warum hast du sie nur für zuverlässig gehalten?«21

In einem anderen Schreiben geht Puduhepa einen Schritt weiter: »Als zu der Tochter des Landes Babylon, die ins Land Ägypten gegeben worden war, später Boten kamen, da standen sie hinten auf dem Acker.«22 Die Reaktion des Pharaos muss heftig gewesen sein, denn Puduhepa gestand bald darauf ein: »Diese Geschichte hat mir der Bote des Königs des Landes Babylon namens Enlil-bel-nische erzählt. Doch weil ich die Geschichte nur gehört habe, hätte ich sie meinem Bruder nicht schreiben sollen.« Wir erhalten angesichts solcher Zeilen eine Ahnung von dem Klatsch, der in der königlichen Korrespondenz transportiert wurde; er scheint sich nicht allzu viel vom alltäglichen auf den Märkten unterschieden zu haben. Immerhin erfahren wir von Palastintrigen gegen den regierenden Gott, in denen der Harim eine Rolle spielte.23 Aus der Regierungszeit Pepis I. berichtet dessen Beamter Uni in einer langen Autobiographie24 seines Grabes – methodisch gesehen war dies keine Veröffentlichung – von einem geheimen Gerichtsverfahren wegen Unruhen innerhalb des Harims. »Es gab eine geheime Anklage gegen die Königin Weretkhetes. Seine Majestät ließ mich allein den Fall prüfen ohne Richter oder Wesir, denn ich besaß das Herz und das Vertrauen des Königs . . . Nie zuvor hatte jemand in meiner Stellung die Geheimnisse des königlichen Harims kennengelernt.«25

10.2 Harim

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Der zweite Fall führt uns in die Zeit Amenemhets I. (1976 – 1947). In den Anweisungen für seinen Sohn Sesostris warnt er diesen vor illoyalen Untergebenen. Die rhetorischen Fragen: »Hat jemals eine Frau Truppen aufgestellt? Und hat es jemals eine Rebellion innerhalb des Palastes gegeben?« weisen darauf hin, dass es einen Aufstand innerhalb des Harims gegeben hat oder von dort seinen Ausgang nahm.26 Der König hatte sich nach dem Abendessen zur Ruhe begeben, als er von Waffenlärm geweckt wurde. Allein gegen eine Übermacht von Attentätern war er zum Tode verurteilt (S. 47). Er wurde von seinen eigenen Leuten ermordet, berichtet später der Geschichtsschreiber Manetho.27 Die Motive des Anschlags bleiben uns unbekannt. Als der Mitregent Sesostris I., der sich beim Heer befand, rasch an den Hof zurückkehrte, war seine Position als König gesichert. Streit um die Thronfolge war der Anlass für eine Harimsverschwörung unter Ramses III. (1182 – 1151). Von der anschließenden Untersuchung sind Teile der Akten erhalten.28 Es war insgesamt eine unruhige Zeit mit Streiks unter den Nekropolenarbeitern in Theben und Angriffen der Seevölker. Ramses hatte keine seiner Ehefrauen zu einer »Großen Königlichen Gemahlin« ernannt. Eine Gruppe von Verschwörern, die von der königlichen Konkubine Tiy und dem Aufseher des Harims Paibekkamen angeführt wurden, versuchten, sich die allgemeine Unzufriedenheit zunutze zu machen, den Pharao zu beseitigen und den Sohn der Tiy, Pentawert, auf den Thron zu bringen. Das Zentrum der Verschwörung bildete der »begleitende Harim«, also der kleine Harim, den der Herrscher auf seinen Reisen mitnahm. Eine Reihe von weiteren hohen Beamten war eingeweiht. So hatte eine der Harimsfrauen ihren Bruder, der Truppenkommendant von Kusch war, gewinnen können. In den Protokollen der späteren Verhandlungen tragen einige Verschwörer entstellende Pseudonyme; so heißt der Truppenkommandeur »Der Übeltäter in Theben«. Die Verschwörung, die am Tag des Talfestes im Palast von Theben durchgeführt werden sollte, hatte keinen Erfolg; daran konnten auch die Zaubersprüche und Wachsfiguren, die man in den

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Harim geschmuggelt hatte, nichts ändern. Die Protokolle enthalten keinen Hinweis darauf, dass Ramses III. ermordet wurde. Ramses IV., der rechtmäßige Erbe, folgte seinem Vater auf den Thron.

10.3 Königin und Königinmutter29 Wenn wir von einer Königin30 sprechen, bezieht sich dies auf eine Prinzessin, auf die Ehefrau oder auf die Mutter des Herrschers. In der ägyptischen Sprache gibt es keine eigene Bezeichnung für die Königin.31 Ihre Funktion und Stellung sind allein vom Pharao her zu bestimmen. Mit den dafür üblichen Begriffen einer »königlichen« Mutter, Gemahlin oder Tochter wurde lediglich ein Familienverhältnis beschrieben, dahinter standen keinerlei politische Befugnisse. Dies besagt allerdings nichts über den informellen Einfluss, den solche Frauen ausüben konnten. Solchem Einfluss entsprechend fallen gelegentlich die Ehrungen für die Königinnen aus. Snofru (2589 – 2554), mit dem eine neue Dynastie begann, bezog einen wesentlichen Teil seiner Legitimität durch die Heirat mit Hetepheres, vermutlich eine Tochter Hunis’ (bis 2589) – man folgert dies aus ihrem Titel »Tochter des Gottes«. Ihr Grab ist die einzige bis in unsere Zeit intakt erhaltene Ruhestätte einer Angehörigen des Herrscherhauses aus dem Alten Reich gewesen. Daraus stammt unter anderem ein Tragsessel mit eingelegten goldenen Hieroglyphen, die besagen: »Mutter des Königs von Ober- und Unterägypten, die dem Horus (König) folgt, Führerin des Königs, erste Gemahlin, sie, der jedes ihrer Worte erfüllt wird, Tochter des Gottes, Hetepheres.« Sie wurde die Mutter des Cheops (2554 – 2531). Seit diesem Pharao erhalten die Königinnen eigene Pyramiden neben denen der Könige, eine Tradition, die sich im Mittleren Reich fortsetzt. So finden sich um die Pyramide Sesostris’ I. (1956 – 1910) bei El-Lischt neun Königinnenpyramiden. Seit dem Neuen Reich entsteht neben dem Königsgräbertal das Königinnengräbertal.

10.3 Königin und Königinmutter

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Im Alten Reich ist die Königin diejenige, die »Horus und Seth schaut« oder »die dem Horus folgt« oder die, welche »sich mit dem Liebling der Beiden Herrinnen vereinigt;«32 in all diesen Fällen ist ihr Gemahl gemeint. Neben ihre politische Rolle für den Staat tritt eine persönliche: Sie ist Ehefrau des Königs, »Herrin der Herzensfreude«, »Herrin der Süße, groß an Beliebtheit« oder auch »süß an Liebe«.33 Wie ihr Mann hat sie ein »göttlich-menschliches Doppelwesen«34, indem sie mit den unterschiedlichsten Göttinnen identisch sein kann. Ihr Titel »Mutter der Königskinder« weist auf ihre wichtigste Aufgabe innerhalb der Monarchie hin. Ihre Rolle als Mutter des zukünftigen Königs macht sie zur »Sänfte des Horus«. Ist ihr Sohn König und sie selbst dadurch »Königinmutter«, hat sie den höchsten Rang unter allen Frauen am Königshof. Wichtig wird die Funktion der Königinmutter vor allem dann, wenn ihr Sohn bei der Thronbesteigung unmündig ist und sie für ihn die Regentschaft ausübt. Auf dem Annalenstein von Palermo, der eine Aufstellung der Könige von Aha (2982 – 2950) bis mindestens Neferirkare (2433 – 2413) enthielt, befindet sich in den Überschriften der Jahresfelder der einzelnen Herrscher hinter dem Namen des Königs derjenige seiner Mutter. »Mutter des Königs von Oberund Unterägypten« heißt es bei Ni-maat-Hap, der Schwiegermutter des Djoser (2640 – 2620). Die herausragende Rolle der Königinmutter resultierte aus der Rolle ihres Sohnes, wenn dieser den Thron bestiegen hatte. Mit dieser Thronbesteigung wurde sie zur Königinmutter und Gottestochter.35 Gegenüber den königlichen Ehefrauen sind die Königsmütter in den Quellen deutlich hervorgehoben. Sie erhalten eine privilegierte Versorgung im Totenkult, die, wie diejenige der Pharaonen, oft lange bezeugt ist. So blieb der Totenkult Chentkaus’, Mutter der Könige Neferefre (2406 – 2395) und Niuserre (2395 – 2364), bis in die Zeit Pepis II.(2229 – 2169) in Betrieb.36 Die Königin Ahhotep, die Gemahlin Taas II. (1570/60) wird in einem mächtigen in Karnak gefundenen Gedenkstein für außergewöhnliche Leistungen gepriesen. Der Text über-

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häuft zunächst ihren Sohn Ahmose (1550 – 1525), den Stifter der Stele, mit Lobpreisungen und ruft dann alle Untertanen zur Verehrung der Taa auf. An einer Stelle der Inschrift wird sie gerühmt als diejenige, »die für Ägypten sorgte. Sie hat seine Armen versorgt. Sie hat sie geschützt. Sie hat seine (Ägyptens) Flüchtlinge versorgt. Sie hat den Soldaten wieder Mut eingeflößt; sie hat Oberägypten beruhigt und seine (Ägyptens) Rebellen vertrieben«;37 möglicherweise ist das eine Anspielung auf eine gefährliche Situation, die durch sie gemeistert wurde. In der Mitte des vorletzten Jahrhunderts stieß eine Gruppe von Fellachen auf den Sarg dieser Frau mit ihrer Mumie. Ihrem Leichnam waren Schmuckstücke beigegeben, die heute zu den größten Kostbarkeiten des Museums in Kairo gehören. Es handelt es sich dabei um Geschenke ihres Sohnes Ahmose, dessen Kartusche sich auf den meisten von ihnen findet. Die Königinmutter als die wichtigste Bezugsperson des Kronprinzen und späteren Königs übte nicht selten großen politischen Einfluss aus. Während der ersten Jahre der Regierung Amenophis’ IV. (1351 – 1334), des späteren Echnaton, bestimmte seine Mutter Teje die Richtlinien der Politik. Das geht vor allem aus der diplomatischen Korrespondenz hervor. Bedenkt man, wie viele antike Staatsverträge allein durch die vertragschließenden Personen garantiert wurden, so ist es verständlich, dass die asiatischen Verbündeten Ägyptens, besonders der Mitannikönig Tusratta, die Kontinuität der ägyptischen Politik allein durch die Person der Königinmutter garantiert sah. Geradezu beschwörend klingt das Kondolenzschreiben, das Tusratta an Amenophis IV. sandte: »Die Worte allesamt, die ich mit deinem Vater geredet habe, die kennt Teje, deine Mutter. Irgendein anderer kennt sie nicht, und bei Teje, deiner Mutter, wirst du sie erfragen können. Sie möge dir verkünden, dass dein Vater mit mir Freundschaft unterhielt. So möge denn auch jetzt mein Bruder mit mir Freundschaft unterhalten. Auf etwas anderes von irgendeinem möge mein Bruder nicht hören.«38 Ein eindrucksvolles Zeugnis für die Legitimation eines Herrschers durch die mütterliche Abstammung besitzen wir aus der Spätzeit Ägyptens. Mit Tanutamun (664 – 655) war die

10.3 Königin und Königinmutter

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äthiopische Dynastie aus den ägyptischen Kernlanden vertrieben worden und gründete daraufhin in Nubien ein selbständiges Königreich. Nach dem Tod eines dortigen Pharaos bat das Heer den Gott Amun, einen neuen König zu bestimmen. Dies geschah; Amun entschied sich für Aspelta (593 – 568) und begründete dies: »Sein Vater ist mein (Amuns) Sohn, der Sohn des Re (der Name ist zerstört) selig. Seine Mutter ist die Königsschwester, Königsmutter, Herrin von Kusch (Nubien), Tochter des Re, Nenseres, die ewig lebt. Ihre Mutter ist die Königsschwester, Verehrerin des Amonrasonter von Theben (Name zerstört), die Selige«.39 Anschließend zählte Amun für weitere fünf Generationen die Mütter der Mutter des neuen Pharaos auf. Wenn es die dynastische Situation erforderte, trat die Königinwitwe ins Herrscheramt ein, ohne dass sie hierfür einer besonderen Legitimation bedurfte; seit Beginn des Alten Reiches sind Königinnen als Regentinnen bezeugt. Das Verhältnis zwischen dem Kindkönig Pepi II. (2229 – 2169) und seiner Mutter als Regentin bringt eine Statuengruppe zum Ausdruck.40 Pepi thront im königlichen Ornat auf dem Schoß seiner Mutter Anchnesmerire der Jüngeren. Er hat die Physiognomie eines erwachsenen Mannes, ist aber im Verhältnis zu seiner Mutter als kleines Kind dargestellt. Die Hände der Königsmutter, die durch ihre Geierhaube an die Göttin Nechbet angeglichen ist, ruhen schützend auf Rücken und Oberschenkeln des Königs, eine Geste, welche die Abhängigkeit des Pharaos verdeutlicht. Die Königin, deren Name aus dem des Krokodilgottes Sobek gebildet ist – »Sobek ist schön« –, Sobeknofru (1797 – 1793), ist die erste, welche die volle Titulatur eines Pharaos trägt; sie ließ sich als Löwensphinx darstellen. Als Tochter Amenemhets III. (1853 – 1705) und Schwester Amenemhets IV. (1806 – 1797), dessen Gemahlin sie auch war, regierte sie fast vier Jahre, als ihr Mann starbund die Ehe kinderlos geblieben war. Mit ihr ging die 12. Dynastie zu Ende. Nur in wenigen Ausnahmefällen verließen Frauen die Funktion der Regentin und nahmen selbst die Königswürde

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für sich in Anspruch: Hatschepsut (1479 – 1457) während der 18. und Tausret (1193 – 1185) während der 19. Dynastie. Hatschepsut hatte sich in ihrem zweiten Jahr als Regentin zum »Pharao« ausrufen und feierlich krönen lassen. Ein wenig gemildert wurde die ungewohnte Situation dadurch, dass sie einen männlichen Mitregenten hatte, der entsprechend in den offiziellen Inschriften mit genannt ist. Von der Thronbesteigung ihres Stiefsohnes an zählte auch die Herrscherin ihre eigenen Regierungsjahre. Das Königsamt war so sehr mit der Vorstellung eines männlichen Herrschers verbunden, dass Hatschepsut gezwungen war in den Titeln oder in der Tracht die Rolle eines Mannes zu übernehmen. Ihre Gegner indes empfanden die Vorstellung unerträglich, eine Frau in der Rolle des Horus und des »Sohnes« des Re zu sehen – es widersprach dem Königsdogma. Hatschepsut mag ihre Situation selbst für problematisch gehalten haben. In der Rolle des Pharaos musste sie kriegerische männliche Beiworte übernehmen und sich als Mann oder als Sphinx darstellen lassen, der männlich war. Oft gelang es ihr, in der herkömmlichen bildlichen Darstellung des Herrschers ihre frauliche Eigenart zum Ausdruck zu bringen, wenn sie etwa unter dem Königsornat weibliche Körperformen zeigte, und die Königstitulatur wandelte man für sie ab, indem für die entsprechenden männlichen Titel neue Umschreibungen erfand: »weiblicher Horus«, »vollkommene Göttin« oder »Tochter des Re«; im Horusnamen ließen die Schreiber das übliche »Starker Stier« fort. Trotz solcher Kompromisse war die Situation für viele unerhört: Eine Frau trat in die rein männliche Rolle des Pharaos ein, passte sich dieser Rolle an und prägte ihr doch den Stempel fraulicher Eigenart auf. Für über zwei Jahrzehnte lag die Regierungsgewalt bei der Königin und den ihr ergebenen Beamten. Ob Hatschepsut ein gewaltsames Ende fand, wissen wir nicht; allerdings setzte nach dem Tod ihres Sohnes ein Bildersturm ein, wie ihn Ägypten bislang noch nicht erlebt hatte. Viele Statuen der Königin wurden zerschlagen oder in Steinbrüche geworfen, ihre Bilder aus den Reliefs ausgemeißelt, ihr Name auf fast allen erreichbaren Denkmälern getilgt. Die von ihr erbauten Obelisken ließ

10.3 Königin und Königinmutter

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man aus Furcht vor den Göttern zwar stehen, mauerte sie aber ein, um das Göttliche, das ihrer Person zukam, gleichsam zu bannen und unschädlich zu machen. Epilog Kein anderes Herrscheramt hat länger Bestand gehabt als dasjenige des ägyptischen Königs, des Pharaos. Zu den über 3000 Jahren weitgehender Selbständigkeit Ägyptens kommen nochmals 300 Jahre der Ptolemaier, die sich stark an ihre ägyptischen Vorgänger anlehnten sowie 300 Jahre römischer Kaiser; denn zumindest bis Diocletian (284 – 305 n. Chr.) finden wir immer wieder einmal Zeugnisse und Bilder, die einzelne Kaiser als Pharaonen darstellen. Fragt man nach dem Erfolg dieses Modells ›Pharao‹ muss man in erster Linie die ungewöhnliche geopolitische Lage Ägyptens anführen; dies haben bereits die antiken Beobachter immer wieder hervorgehoben. Vergleicht man das Land am Nil mit dem ähnlich fruchtbaren Zweistromland, dann fällt sofort ins Auge, was Ägypten so einzigartig machte. Im Gegensatz zum Nil, der mit seinem Hochwasser Ägypten erreichte, nachdem die Felder abgeerntet waren, mussten Euphrat und Tigris in aufwendigen Verfahren gestaut werden, um das Wasser nach der Aussaat zur Verfügung zu haben. Und anders als Mesopotamien, in das beständig neue Bevölkerungsgruppen eindringen konnten, blieb Ägypten über Jahrtausende weitgehend ungestört. Ähnlich wichtig scheint mir die Tatsache zu sein, dass der Herrscher als Gott und Mensch für Ägypten und seine Bewohner verantwortlich war. Die antike Religiosität, die sich allenthalben beobachten lässt, konzentrierte sich in Ägypten auf die Person des Pharaos, wobei die zahlreichen anderen Gottheiten keineswegs vernachlässigt wurden. Diese göttlichmenschliche Doppelnatur bewahrte einzelne Herrscher nicht vor einem gewaltsamen Ende, stabilisierte aber die Monarchie an sich, die nie in Frage gestellt wurde.

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10 Der Pharao als Ehemann

Trotz der hervorragenden Möglichkeiten für den Ackerbau in Ägypten, dessen Fruchtbarkeit alle anderen Mittelmeerländer in den Schatten stellte, war das Leben für die Masse der Bauern durch die extreme staatliche Kontrolle alles andere als einfach. Unter diesen Bedingungen machte es die Alltagssituation erträglicher, wenn es die Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tod gab. Vorbilder fanden sich in den Erzählungen um den Gott Osiris, aber ebenso in der Person des Pharaos, der aufgrund seiner göttlich-menschlichen Doppelnatur den Einzelnen wie im Leben so auch nach dem Tod schützen konnte. Auch wer den Pharao nie zu Gesicht bekam, sah die gewaltigen Bauten, Symbole der königlichen Macht. Auf den Pylonen und an den Wänden der Tempel stand der Pharao, übermenschlich groß, als Garant der diesseitigen und jenseitigen Ordnung. In vielfacher Hinsicht haben die Pharaonen mit ihrer Selbstdarstellung Maßstäbe gesetzt. Dies gilt für die hellenistischen Königreiche – in erster Linie die Ptolemaier – und für die Römer. Wenn sich auch die römische Monarchie als gewandelte oder erneuerte Republik darstellte, der Einfluss der ›Provinz‹ Ägypten, der reichsten aller römischen Eroberungen, verstärkte sich von Generation zu Generation. Es war vor allem die Vorstellung, dass der Kaiser als Krieger das Reich zu schützen und die Grenzen auszudehnen habe, die an ähnliche Äußerungen und Bilder der Pharaonen anknüpfte. Seit Augustus, dem ersten Kaiser, wurde auch der römische Monarch als Gott verstanden, gezeugt von einem Gott und einer irdischen Frau. Der römische Kaiser hatte wie der Pharao eine göttliche und eine menschliche Natur: numen, seine göttliche Wirkkraft, und maiestas, seine menschliche Majestät. Lateinische Inschriften, die sowohl die göttliche wie die menschliche Natur ansprechen, gibt es zu Hunderten. Die Vorstellung, dass der Pharao Gott und Mensch war, eine Person mit zwei Naturen, einer göttlichen und einer menschlichen, hatte die größte Wirkung auf die Nachwelt. Die Vorstellung, dass ein männlicher Gott mit einer irdischen Frau einen Sohn zeugt, der die Natur beider Eltern über-

10.3 Königin und Königinmutter

227

nimmt, wurde zum Modell für den Gott-Menschen Jesus Christus. Als Alexandria, Hauptstadt Ägyptens seit 332, in der Spätantike eines der geistigen Zentren des Christentums geworden war, bestimmten Herrschaftsmodelle, die aus pharaonischer Zeit stammten, die Diskussion um die Person Jesu Christi. Selbst die »vorgeburtliche Grundausstattung« des Pharaos, das Konzept, dass er Gott und Herrscher seit seiner Zeugung war (S. 113), fand Jahrhunderte später Eingang in die christologische Diskussion. Im 6. nachchristlichen Jahrhundert stritt man etwa über die pränatale Allmacht Jesu Christi, der, wie manche es vertraten, als Sohn eines Gottes mit der Zeugung – in der Formulierung der alten Ägypter »im Ei« – Gott geworden war. Am Ende dieses Buches möchte ich nochmals auf die eingangs dargelegte Problematik der Quellen für eine Geschichte des Amtes ›Pharao‹ zurückkommen. Wir können dieses Amt weitgehend nur so beschreiben, wie sich die Pharaonen selbst sahen oder die von ihnen abhängigen Beamten sie schilderten. Damit ist es für uns letzten Endes der Pharao allein, der sein Bild für die Nachwelt bestimmt. Wir ahnen, dass es ein künstliches Bild ist – und bestaunen es dennoch.

11

Anhang

11.1 Abkürzungsverzeichnis ÄHK

= E. Edel, Die ägyptisch-hethitische Korrespondenz aus Boghazköi in babylonischer und hethitischer Sprache, 2 Bände, Opladen 1994 Ä&L = Ägypten und Levante ANET = J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament, Princeton 31969 Abb. = Abbildung ASAE = Annales du service des antiquités de l’Égypte BAR = J. H. Breasted, Ancient records of Egypt, 5 Bände, Chicago 1906 – 1907 DE = Discussions in Egyptology GM = Göttinger Miszellen JARCE = Journal of the American research center in Egypt JEA = Journal of Egyptian archaeology JNES = Journal of near eastern studies KRI = K. A. Kitchen, Ramesside inscriptions, historical and biographical. Translated and annotated, 7 Bände, Cambridge Mass. 1996 – 1999 LÄ = Lexikon der Ägyptologie, 7 Bände, Wiesbaden 1975 – 1992 LingAeg = Lingua Aegyptia MDAI(K) = Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo ND = Nachdruck OLZ = Orientalische Literatur-Zeitung RdE = Revue d'Égyptologie SAK = Studien zur altägyptischen Kultur Taf. = Tafel TGI = K. Galling, Textbuch zur Geschichte Israels, Tübingen 31979

11.2 Literatur1

TUAT ZÄS

229

= Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, hrsg. Von O. Kaiser u. a., Gütersloh 1982 ff. = Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde

11.2 Literatur1 J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, Zürich – München 1975 W. Barta, Untersuchungen zur Göttlichkeit des regierenden Königs. Ritus und Sakralkönigtum in Altägypten nach Zeugnissen der Frühzeit und des Alten Reiches, München u. a. 1975 J. v. Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten. Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr., Mainz 1997 J. v. Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, Mainz 2 1999 P. Beylage, Aufbau der königlichen Stelentexte vom Beginn der 18. Dynastie bis zur Amarnazeit, 2 Bände, Wiesbaden 2002 F. W. v. Bissing, Altägyptische Lebensweisheit, Zürich 1955 E. Blumenthal, Altägyptische Reiseerzählungen, Leipzig 1982 E. Blumenthal, Untersuchungen zum ägyptischen Königtum des Mittleren Reiches 1: Die Phraseologie, Berlin 1970 E. Blumenthal – J. Müller – W. F. Reineke, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzung zu den Heften 5 – 16, Berlin 1984 M.-A. Bonhême – A. Forgeau, Pharao, Sohn der Sonne. Die Symbolik des ägyptischen Herrschers, München 1989 H. Brunner, Die Geburt des Gottkönigs. Studien zur Überlieferung eines altägyptischen Mythos, Wiesbaden 21986 H. Brunner, Altägyptische Weisheit. Lehren für das Leben, Zürich – München 1966 E. Brunner-Traut, Altägyptische Märchen, Düsseldorf – Köln 111997 M. Clauss, Das Alte Ägypten, Berlin 2001 M. Clauss, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, Stuttgart – Leipzig 22001 M. Clauss, Ramses der Große, Darmstadt 2010 W. Decker, Pharao und Sport, Mainz 2006 W. Decker, Quellentexte zu Sport und Körperkultur im alten Ägypten, Sankt Augustin 1975

230

11 Anhang

A. Erman, Hymnen an das Diadem der Pharaonen. Aus einem Papyrus der Sammlung Golenischeff, in: Akademieschriften 2, Leipzig 1986, 61 – 116 H. A. Gardiner, Geschichte des Alten Ägypten. Eine Einführung, Stuttgart 1965 H. Goedicke, Die Stellung des Königs im Alten Reich, Wiesbaden 1960 G. Gottschalk, Die großen Pharaonen. Ihr Leben, ihre Zeit, ihre Kunstwerke. Die bedeutsamsten Gottkönige Ägyptens in Bildern, Berichten und Dokumenten, Augsburg 1990. H. Guksch – E. Hoffmann – M. Bommas (Hgg.), Grab und Totenkult im Alten Ägypten, München 2003 R. Gundlach, Der Pharao und sein Staat. Die Grundlegung der ägyptischen Königsideologie im 4. und 3. Jahrtausend, Darmstadt 1998 R. Gundlach – A. Klug (Hgg.), Das ägyptische Königtum im Spannungsfeld zwischen Innen- und Außenpolitik im 2. Jahrtausend v. Chr., Wiesbaden 2004 R. Gundlach – U. Rößler-Köhler, Das Königtum der Ramessidenzeit, Wiesbaden 2003 M. Gutgesell, Arbeiter und Pharaonen. Wirtschafts- und Sozialgeschichte im alten Ägypten, Hildesheim 1989 R. Gundlach – J. H. Taylor (Hgg.), Egyptian royal residences, Wiesbaden 2009 E. S. Hall, The pharao smites his enemies. A comparative study, München – Berlin 1986 W. Helck, Die Lehre für König Merikare, Wiesbaden 1977 W. Helck, Die Männer hinter dem König und die Königswahl, ZÄS 121, 1994, 36 – 51 W. Helck, Materialien zur Wirtschaftsgeschichte des Neuen Reiches, Mainz 1961 – 1963 W. Helck, Urkunden der 18. Dynastie. Übersetzung zu den Heften 17 – 22, Berlin 1961 E. Hornung, Zur geschichtlichen Rolle des Königs in der 18. Dynastie, MDAI(K) 15, 1957, 120 – 133 E. Hornung, Geist der Pharaonenzeit, Zürich – München 1989 E. Hornung, Grundzüge der ägyptischen Geschichte, Darmstadt 41992 E. Hornung, Politische Planung und Realität im alten Ägypten, Saeculum 22, 1971, 48 – 58

11.2 Literatur1

231

K. Jansen-Winkeln, Zu den Koregenzen der 12. Dynastie, SAK 24, 1997, 115 – 135 S. Jin, Vier Formen der Gesetzgebung des Königs im alten Ägypten, DE 62, 2005, 67 – 80 H. Kees, Das Priestertum im ägyptischen Staat vom Neuen Reich bis zur Spätzeit, Leiden – Köln 1953 J. A. Knudtzon, Die El-Amarna-Tafeln, 2 Bände, Leipzig 1915 (ND Aalen 1964) P. Lacovara, The development of the new kingdom royal palace, in: Gundlach – Taylor, Residences 83 – 110 M. Lichtheim, Ancient Egyptian literature. A book of readings, 3 Bände, Berkeley 1975 – 1980 W. L. Moran, The Amarna letters, Baltimore 1992 S. Morenz, Gott und Mensch im alten Ägypten, Zürich/München 2 1 984 R. Müller-Wollermann, Symbolische Gewalt im Alten Ägypten, in: M. Zimmermann (Hg.), Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums, 47 – 64. D. O’Connor – D. P. Silverman (Hgg.), Ancient Egyptian kingship, Leiden u. a. 1995 E. Otto, Legitimation des Herrschens im pharaonischen Ägypten, Saeculum 20, 1969, 385 – 411 R. B. Partridge, Fighting Pharaos. Weapons and warfare in ancient Egypt, Manchester 2002 S. Quirke, Altägyptische Religion, Stuttgart 1996 A. Radwan, Die Darstellungen des regierenden Königs und seiner Familienangehörigen in den Privatgräbern der 18. Dynastie, Berlin 1969 A. Radwan, Zur bildlichen Gleichsetzung des ägyptischen Königs mit der Gottheit, MDAI(K) 31, 1975, 99 – 108 D. B. Redford, Pharaonic King-lists, annals and day-books. A contribution to the study of the Egyptian sense of history, Mississauga 1986 G. Roeder, Kulte, Orakel und Natur im alten Ägypten, Zürich – Stuttgart 1960 U. Rummel, Weihrauch, Salböl und Leinen. Balsamierungsmaterialien als Medium der Erneuerung im Sedfest, SAK 34, 2006, 381 – 407 H. A. Schlögl, Das Alte Ägypten. Geschichte und Kultur von der Frühzeit bis zu Kleopatra, München 2006 T. Schneider, Lexikon der Pharaonen, München 1996

232

11 Anhang

K. Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den Altägyptischen Pyramidentexten, 6 Bände, Glückstadt 1910 (ND 1969) K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie, Band 1, Leipzig 1927 G. J. Shaw, Royal authority in Egypt’s eighteenth dynasty, Oxford 2008 D. P. Silverman, The nature of egyptian kingship, in: D. O’Connor – D. P. Silverman (Hgg.), Kingship, 49 – 92 D. Stockfisch, Untersuchungen zum Totenkult des ägyptischen Königs im Alten Reich. Die Dekoration der königlichen Totenkultanlage, 2 Bände, Hamburg 2003 C. Theis, Deine Seele zum Himmel, dein Leichnam zur Erde. Zur idealtypischen Rekonstruktion eines altägyptischen Bestattungsrituals, Hamburg 2011 A. Tulhoff, Thutmosis III. 1490 – 1436 v. Chr. Das ägyptische Weltreich auf dem Höhepunkt der Macht, München 1984 J. Tyldesley, Judgement of the pharaoh. Crime and punishment in ancient Egypt, London 2000 M. Ullmann, König für die Ewigkeit. Die Häuser der Millionen von Jahren. Eine Untersuchung zu Königskult und Tempeltypologie in Ägypten, Wiesbaden 2002 R. H. Wilkinson, Die Welt der Tempel im alten Ägypten, Darmstadt 2005 H. Wilson, Hieroglyphen lesen, Augsburg 2001 W. Wreszinski, Atlas zur altaegyptischen Kulturgeschichte, 3 Bände, Leipzig 1923

11.3 Liste der Pharaonen Es handelt sich hierbei nicht um eine vollständige Königsliste, sondern um ein Verzeichnis der wichtigeren Herrscher.2 Vordynastisch um 3000 ›Skorpion‹ Ka Narmer 1. Dynastie um 2982 – 28033 Aha 2982 – 2950 Djer 2949 – 2902 Wadj 2902 – 2889

11.3 Liste der Pharaonen

Dewen 2889 – 2842 Semerchet 2836 – 2828 Qa-a 2828 – 2803 2. Dynastie um 2803 – 2657 Hetepsechemui Raneb Ninetjer 2760 – 2717 Peribsen und Chasechemui 2684 – 2657

Altes Reich 3. Dynastie 2657 – 2589 Nebka 2657 – 2640 Djoser 2640 – 2620 Sechemchet 2620 – 2613 Huni bis 2589 4. Dynastie um 2589 – 2454 Snofru 2589 – 2554 Cheops 2554 – 2531 Djedefre 2531 – 2522 Chephren 2522 – 2496 Bicheris 2496 – 2489 Mykerinos 2489 – 2461 Schepseskaf 2461 – 2456 Thamphthis 2456 – 2454 5. Dynastie um 2454 – 2297 Userkaf 2454 – 2446 Sahure 2446 – 2433 Neferirkare 2433 – 2413 Schepseskare 2413 – 2406 Neferefre 2406 – 2395 Niuserre 2395 – 2364 Menkauhor 2364 – 2355 Djedkare/Asosi 2355 – 2317 Unas 2317 – 2297

233

234 6. Dynastie um 2297 – 2166 Teti 2297 – 2287 Userkare 2287 – 2285 Pepi I. 2285 – 2235 Merenre I. 2235 – 2229 Pepi II. 2229 – 2169 Merenre II. 2169 – 2168 Nitokris 2168 – 2166 7./8. Dynastie um 2166 – 2120 zahlreiche unbedeutende Herrscher 9./10. Dynastie 2120 – 2020 (Herakleopoliten) Cheti III. Merikare um 2050

Mittleres Reich 11. Dynastie 2119 – 1976 Antef I. und Mentuhotep I. 2119 – 2103 Antef II. 2103 – 2054 Antef III. 2054 – 2046 Mentuhotep II. 2046 – 1995 Mentuhotep III. 1995 – 1983 Mentuhotep IV. 1983 – 1976 12. Dynastie 1976 – 1793 (Überschneidungen wegen Mitregentschaften) Amenemhet I. 1976 – 1947 Sesostris I. 1956 – 1910 Amenemhet II. 1914 – 1876 Sesostris II. 1882 – 1872 Sesostris III. 1872 – 1852 Amenemhet III. 1853 – 1705 Amenemhet IV. 1806 – 1797 Sobeknofru 1797 – 1793

11 Anhang

11.3 Liste der Pharaonen

13. Dynastie 1793 – 1645 (Liste in Auszügen mit Numerierung) (1) Ugaef 1785 – 1783 (4) Amenemhet V. (7) Amenemhet VI. (12) Sobekhotep I. um 1765 (14) Hor (15) Amenemhet VII. (16) Sobekhotep II. um 1750 (17) Chendjer (21) Sobekhotep III. 1750/40 (22) Neferhotep I. 1741 – 1730 (24) Sobekhotep IV. 1730/20 (27) Eje um 1705 und viele andere 14. Dynastie um 1712 – 1645 Nehesi und weitere Kleinkönige im Delta 15./16. Dynastie (Hyksos) um 1645 – 1536 Salitis um 1645 Jakob-her Chajan um 1600 Apophis 1587 – 1546 Chamudi 1546 – 1536 17. Dynastie um 1645 – 1550 Antef V. – VII. um 1645 Taa I. um 1580 Taa II. 1570/60 Kamose 1555 – 1550

Neues Reich 18. Dynastie 1550 – 1292 Ahmose 1550 – 1525 Amenophis I. 1525 – 1504 Thutmosis I. 1504 – 1492 Thutmosis II. 1492 – 1479 Hatschepsut 1479 – 1457 Thutmosis III. 1479 – 1425

235

236 Amenophis II. 1428 – 1397 Thutmosis IV. 1397 – 1388 Amenophis III. 1388 – 1350 Amenophis IV./Echnaton 1351 – 1334 Semenchkare 1337 – 1333 Tutanchamun 1333 – 1323 Eje 1323 – 1319 Haremheb 1319 – 1292 19. Dynastie 1292 – 1185 Ramses I. 1292 – 1290 Sethos I. 1290 – 1279 Ramses II. 1279 – 1213 Merenptah 1213 – 1203 Amenmesse 1203 – 1199 Sethos II. 1199 – 1193 Siptah und Tausret 1193 – 1185 20. Dynastie 1185 – 1069 Sethnacht 1185 – 1182 Ramses III. 1182 – 1151 Ramses IV. 1151 – 1144 Ramses V. 1144 – 1140 Ramses VI. 1140 – 1132 Ramses VII. 1132 – 1123 Ramses VIII. 1123 – 1121 Ramses IX. 1121 – 1103 Ramses X. 1103 – 1099 Ramses XI. 1099 – 1069

Spätzeit 21. Dynastie (Taniten) 1069 – 945 Smendes 1069 – 1043 Psusennes I. 1043 – 993 Amenemope 995 – 984 Siamun 978 – 959 Psusennes II. 959 – 945

11 Anhang

11.3 Liste der Pharaonen

22. Dynastie (Bubastiden) 945 – 736 Scheschonq I. 945 – 924 Osorkon I. 924 – 890 Osorkon II. 875 – 837 Takelot II. 839 – 814 Scheschonq III. 837 – 798 Pami 785 – 774 Scheschonq V. 774 – 736 23. Dynastie 870 – 730 Petubastis I. 830 – 800 Osorkon III. 790 – 762 Takelot III. 767 – 755 Rud-Amun 755 – 735 Ini 735 – 730 24. Dynastie 740 – 712 Tefnachte 740 – 717 Bokchoris 717 – 712 25. Dynastie (Äthiopien) 712 – 664 Kaschta ? –746 Pianchi 746 – 713 Schabaka 713 – 698 Schabataka 698 – 690 Taharqa 690 – 664 Assyrische Besetzung 671 – 664 Tanutamun 664 – 655 26. Dynastie (Saïten) 664 – 525 Necho I. 672 – 664 Psammetichus I. 664 – 610 Necho II. 610 – 595 Psammetichus II. 595 – 589 Apries 589 – 570 Amasis 570 – 526 Psammetichus III. 526 – 525 27. Dynastie 525 – 401 (Persische Herrschaft)

237

238

11 Anhang

28. Dynastie 404 – 399 Amyrtaios 29. Dynastie 399 – 380 Nepherites I. 399 – 393 Hakoris 393 – 380 Nepherites II. 380 30. Dynastie 380 – 343 Nektanebos I. 380 – 362 Teos 362 – 360 Nektanebos II. 360 – 342

11.4 Anmerkungen Kapitel 1 Einleitung 1 Sämtliche Jahresangaben beziehen sich, wenn nicht anders vermerkt, auf die Zeit vor Christi Geburt. 2 Ein vollständiges Verzeichnis der 30 Dynastien bietet J. v. Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, Mainz 21999, vor allem das chronologische Verzeichnis 283 – 288. Diese Dynastien sind keine Herrscherhäuser in einem genealogischen Sinn; Manetho benennt sie nach den Orten, an denen sie residierten, oder nach Fremdherrschaften wie die der Perser. 3 Zur Kontinuität der Rolle des Königs und der entsprechenden Ideologie vgl. A. I. Blöbaum, »Denn ich bin ein König, der die Maat liebt.« Herrscherlegitimation im spätzeitlichen Ägypten. Eine vergleichende Untersuchung der Phraseologie in den offiziellen Königsinschriften vom Beginn der 25. Dynastie bis zum Ende der makedonischen Herrschaft, Aachen 2006, die anhand der Zeugnisse des 7. und 6. Jahrhunderts zahlreiche Parallelen zu Texten und Vorstellungen des Alten Reiches aufweist. 4 A. H. Gardiner, Geschichte 54 – 55. 5 W. L. Moran, Amarna 8. 6 E. Otto, Legitimation 389. 7 G. J. Shaw, Authority 125. 8 P. Beylage, Aufbau Band 2, 534. 9 W. Helck, »Wahrheit« und Wirklichkeit, in: Nofret – Die Schöne. Die Frau im Alten Ägypten II, Hildesheim 1985, 196 – 199, hier 197. 10 KRI Band 2, 100, 260,1 – 4; 102, 263,5; 103 – 104, 266,5 – 13.

Anmerkungen Kap. 1

239

11 W. Helck, Zur Lage der ägyptischen Geschichtsschreibung, SAK Beiheft 4, 1991, 1 – 13, hier 5. 12 H. Goedicke, Stellung 93. 13 W. Helck sieht Möglichkeiten, in kleinen Details die »Wirklichkeit erkennen zu lassen«. Doch schon sein erstes Beispiel ist problematisch. Angeblich soll die Prinzessin Nitokris, Tochter Psammetichus’ II. (595 – 589), 16 Tage von Saïs – das ist allerdings nicht sicher – nach Theben zu Schiff benötigt haben. Helck geht nun davon aus, daß man normalerweise länger brauchte und sieht in der geschilderten Fahrt einen militärischen Überfall. Die Einschätzung der Reisezeit bleibt umstritten, der Grund für einen solchen Überfall unklar. 14 E. Blumenthal, Reiseerzählungen 8. 15 Herodot 2,14. 16 S. Prell, Der Nil, seine Überschwemmung und sein Kult in Ägypten, SAK 38, 2009, 211 – 257. 17 LÄ 4, 486. 18 Philostrat, Leben des Apollonius 5, 28; dazu M. Clauss, Kaiser 113. 19 Al-Masu¯dı¯, Bis zu den Grenzen der Erde. Auszüge aus dem ›Buch der Goldwäschen‹, Tübingen 1978, 171. 20 K. Sethe, Pyramidentexte Band 5, 502 Spruch 581. 21 K. Sethe, Urkunden 44, 85. 22 J. B. Hurry, Imhotep. The Egyptian god of medicine, Oxford 1926 (ND 1987), 190 – 191. 23 Lexikon der Ägyptologie (LÄ), 7 Bände, Wiesbaden 1975 – 1992. Ich verzichte weitgehend darauf, die Artikel des LÄ anzuführen, da dies den Umfang der Anmerkungen erheblich vergrößern würde. Da das LÄ einführende Informationen, Quellenstellen und weiterführende Literatur bietet, empfiehlt es sich für einen ersten Einstieg zu den meisten in diesem Buch behandelten Personen, Orten und Begriffen. Wenn ich das LÄ als Beleg für Quellenzitate heranziehe, geschieht dies in der einfachen Form wie oben Anm. 17: LÄ 4, 486. 24 Einen vergleichbaren Überblick über die Pharaonen bietet J. Baines, Kingship, definition of culture, and legitimation, in: D. O’Connor – D. P. Silverman (Hgg.), Kingship 3 – 47. Ausführlicher ist G. Gottschalk, Pharaonen. 25 Bicheris (2496 – 2489) fehlt; er galt später als illegitim. 26 Die Versuche, die Historizität des Menes zu sichern und ihn mit einem der frühen Könige, Aha oder Narmer, zu identifizieren, sind gescheitert; dazu R. Kuhn, Legende oder historische Realität? Zur Frage nach der Existenz des Königs Menes, Kemet 19, 2010,4, 12 – 16. 27 J. Leclant, Les ›empires‹ et l’impérialisme de l’Égypte pharaonique, in: ders.: Le concept d’Empire, Paris 1980, 49 – 50. 28 R. Gundlach, Pharao 57, setzt den Beginn der Königszeit um 3700 an.

240

11 Anhang

29 W. Kaiser, Zur Entstehung des gesamtägyptischen Staates, MDAI(K) 46, 1990, 287 – 299. 30 T. A. H. Wilkinson, Early dynastic Egypt, London 1999. 31 E. Hornung, Grundzüge 51. 32 E. Hornung, Tal der Könige. Die Ruhestätte der Pharaonen, Zürich 41988. 33 J. v. Beckerath, Tanis und Theben. Historische Grundlagen der Ramessidenzeit in Ägypten, Glückstadt 1951. 34 Zu den elf Herrschern gesellt sich noch Psusennes I. (1043 – 993), der sich gelegentlich Psusennes-Ramses nannte, um verwandtschaftliche Beziehungen zu den Ramessiden darzulegen. 35 J. Assmann, Ma’at. Gerechtigkeit und Unsterblichkeit, München 1990. 36 R. Anthes, Die Maat des Echnaton von Amarna, Baltimore 1952, 31. 37 A. H. Gardiner, Davies’s copy of the great Speos Artemidos inscription, JNES 32, 1946, 43 – 56, hier 46. 38 E. Hornung, Geist 131. 39 W. Helck, Maat, LÄ 3, 1980, 1115. 40 S. Quirke, Religion 8 – 9.

Kapitel 2

Der Pharao – Das Amt

1 D. Wildung, Geschichtsbild, LÄ 2, 1977, 563. 2 J. Baines, Origins of Egyptian kingship, in: D. O’Connor – D. P. Silverman (Hgg.), Kingship, 95 – 156, hier 147. 3 E. Blumenthal, Untersuchungen 166. 4 E. Hornung, Planung 54. 5 W. Helck, Urkunden 366, 2029. 6 P. Beylage, Aufbau Band 1, 433. 7 E. Blumenthal, Königsideologie, LÄ 3, 1980, 528. 8 W. Helck, Zu den theophoren Eigennamen des Alten Reiches, ZÄS 79, 1954, 27 – 33, hier 32. 9 Zu den Namen, die nach demjenigen des Königs gebildet sind, vgl. W. Barta, Zur Konstruktion ägyptischer Personennamen mit einem Königsnamen als Komponente, ZÄS 117, 1990, 2 – 11. 10 C. Aldred, The foreign gifts offered to Pharaoh, JEA 55, 1970, 105 – 116. 11 W. Helck, Urkunden 14, 1246. 12 LÄ 2, 717. 13 W. Decker, Pharao 9. 14 KRI Band 2, 106, 271,5 – 10. 15 E. Blumenthal, Untersuchungen 272 – 273. 16 R. Tanner, Bemerkungen zur Sukzession der Pharaonen in der 12., 17. und 18. Dynastie, ZÄS 101, 1974, 121 – 129, hier 124.

Anmerkungen Kap. 3

241

17 K. Jansen-Winkeln, Koregenzen, überzeugt mit seiner Argumentation für eine Koregentschaft von Sesostris I. und Amenenhet I. 18 E. Uphill, The question of pharaonic co-regency, DE 49, 2001, 81 – 94. 19 H. Brugsch, Der Traum des Königs Thutmes IV bei der Sphinx, ZÄS 14, 1976, 89 – 95, hier 93. 20 W. Helck, Männer 36. 21 Dazu M. Clauss, Einführung in die Alte Geschichte, München 1993, 153 – 154 und 197. 22 W. Helck, Männer 38. 23 Ebd. 41. 24 E. Blumenthal, Urkunden 54 – 55,404; 58,411. 25 W. Helck, Männer 41; zur Person des Wesirs vgl. E. Dziobek, Denkmäler des Vezirs User-Amun, Heidelberg 1998. 26 W. Helck, Männer 46. 27 C. Raedler, Die Wesire Ramses’ II. Netzwerke der Macht, Paser, in: R. Gundlach – A. Klug, Spannungsfeld 303 – 352. 28 K. Jansen-Winkeln, The career of the Egyptian high priest Bakenkhons, JNES 52, 1993, 221 – 225. 29 So K. Zibelius-Chen, Politische Opposition im Alten Ägypten, SAK 17, 1990, 339 – 360. 30 Ebd. 343. 31 F. W. v. Bissing, Lebensweisheit 61. 32 J. Dümichen, Bericht über eine Haremverschwörung unter Amenemha I., ZÄS 12, 1874, 30 – 35, hier 34 – 35. 33 Den Text bietet TGI Nr. 1, 12. 34 TUAT Band 1, 528. 35 W. Helck, Urkunden 365 – 366, 2027. 36 E. F. Wente, Some graffiti from the reign of Hatshepsut, JNES 43, 1984, 47 – 54, hier 53 – 54. 37 G. Posener, Brèves communications, RdE 28, 1976, 146 – 148, hier 147. 38 ANET 214. 39 H. Brunner, Weisheit 141 – 142. 40 W. Helck, Merikare 10. 41 KRI Band 3, 311,433,12. 42 K. Jansen-Winkeln, Koregenzen 115. 43 D. P. Silverman, Nature hat solche Beispiele ausführlich zusammengestellt und kommentiert.

Kapitel 3

Der Pharao – Sein Leben

1 M. Görg, Die Barke der Sonne. Religion im alten Ägypten, Freiburg 2001, 82.

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11 Anhang

2 Dazu H. Brunner, Der »Gottesvater« als Erzieher des Kronprinzen, ZÄS 86, 1961, 90 – 100, hier 91. 3 RdE 15, 1963, 77 – 85; Helck, Urkunden 4, 1585, 77 – 85. 4 W. Helck, Urkunden 164, 1572 – 1573. 5 P. E. Newberry, The sons of Tuthmosis IV, JEA 14, 1928, 82 – 85, hier 84. 6 H. Brunner, Altägyptische Erziehung, Wiesbaden 1957, 154. 7 Ebd. 163. 8 Gerne wüsste man, wie die Lehrer mit einem Schüler umgingen, der einst der Herr der Welt sein würde. Galt für diesen Unterricht der Pharaonen, was der letzte chinesische Kaiser, dem es als Knabe Freude bereitete, seine Lehrer zu quälen, über diese schrieb? »Zwar dozierten meine Erzieher oft und langatmig über philosophische Ideale wie ›Humanität‹ und ›Gerechtigkeit‹, aber dabei wagten sie es doch nie, meine Autorität in Frage zu stellen.«; Pu Yi, Ich war Kaiser von China. Vom Himmelssohn zum Neuen Menschen, München 1973, 70. 9 F. W. v. Bissing, Lebensweisheit 55. 10 M. Gutgesell, Arbeiter 106. 11 K. Jansen-Winkeln, Zu den Denkmälern des Erziehers Psametiks II., MDAI(K) 52, 1996, 187 – 199, hier 189. 12 W. Decker, Quellentexte Nr. 21. 13 W. Helck, Urkunden 24 – 28, hier 26, 1279. 14 H. Schäfer, König Amenophis II. als Meisterschütze, OLZ 32, 1929, 233 – 244. 15 W. Decker, Quellentexte Nr. 3. 16 A. D. Touny – S. Wenig, Der Sport im alten Ägypten, Leipzig 1969, Tafel 24. 17 M. Clauss, Ramses 145. 18 E. Blumenthal, Urkunden 313, 896. 19 M.-T. Derchain-Urtel, Thronbesteigung, LÄ 6, 1986, 531. 20 Mit jedem neuen Herrschaftsantritt wurde gleichsam der Staat neu gegründet. Betrachtet man den Befund des Königsfriedhofs in Abydos, der belegt, daß Angehörige des königlichen Haushalts dem König möglicherweise in den Tod folgen mussten (S. 138), dann gewinnt die »Neugründung des Staates« eine sehr konkrete Bedeutung. 21 S. Quirke, Religion 93. 22 E. Blumenthal, Untersuchungen 39. 23 E. Blumenthal, Urkunden 134, 563; dazu K. P. Kuhlmann, Der Thron im alten Ägypten. Untersuchungen zu Semantik, Ikonographie und Symbolik eines Herrschaftszeichens, Glückstadt 1977. 24 E. Blumenthal, ebd.; gemeint ist Thutmosis III. (1479 – 1425). 25 K. Sethe, Pyramidentexte Band 4, 347, Spruch 1079 c.

Anmerkungen Kap. 3

243

26 Vgl. H. Schäfer, Die ›Vereinigung der Beiden Länder‹. Ursprung, Gehalt und Form eines ägyptischen Sinnbildes im Wandel der Geschichte, MDAI(K) 12, 1943, 73 – 95. 27 W. Decker, Die physische Leistung Pharaos, Köln 1971, 151 – 156. 28 Zur Krönung ausführlich M. A. Bonhême – A. Forgeau, Pharao 234 – 251. 29 M.-T. Derchain-Urtel, Thronbesteigung, LÄ 6, 1986, 530. 30 W. Barta, Thronbesteigung und Krönungsfeier als unterschiedliche Zeugnisse königlicher Herrschaftsübernahme, SAK 8, 1980, 33 – 53, hier 37. 31 Hierzu E. Otto, Legitimation 391. 32 Zum gesamten Vorgang: A. Tulhoff, Thutmosis 28 – 35. 33 K. Sethe, Urkunden 121 – 122, 263 – 264. 34 Es gibt eine Personifikation des königlichen Kinnbartes, also eine »Toilettengottheit«, welche die göttliche Kraft eines wesentlichen Teils des königlichen Ornats verkörpert. Ähnliche Funktionen haben der Gewandgott und der Fächergott. Vgl. hierzu H. Kees, Kulttopographische und mythologische Beiträge, ZÄS 77, 1941, 24 – 27, hier 25. 35 E. Martin-Pardey, Rawer, LÄ 5, 1984, 156. 36 Vgl. C. Strauss, Kronen, LÄ 3, 1980, 812 – 815. 37 A. Fehlig, Königskrone und Horusauge, GM 90, 1986, 11 – 25, hier 12. 38 A. Grimm – S. Schoske, Hatschepsut Königin Ägyptens, München 1999, 24. 39 A. Ermann, Hymnen. 40 LÄ 1, 1148. 41 G. Steindorff, Die blaue Königskrone, ZÄS 53, 1917, 59 – 74, hier 67. 42 K. Sethe, Urkunden 130 – 131, 286 – 288. 43 W. Barta, Zur Bedeutung des Stirnband-Diadems sšd, GM 72, 1984, 7 – 8. 44 Auch dem zukünftigen König ›Israels‹ prophezeit Jesaja (9, 6) vier Namen. 45 LÄ 3, 950. 46 Vgl. H. Wilson, Hieroglyphen 50 – 69. 47 R. Gundlach, Pharao 138, möchte den Titel »Herr der Beiden Länder« mit »Staatschef« wiedergeben. Ich belasse es lieber bei der ›ägyptischen‹ Fassung. 48 K. Sethe, Urkunden 31 – 32, 58 – 59. 49 E. Blumenthal, Urkunden 158, 596. Gelegentlich wird der Bereich der Herrschaft auch den konkreten historischen Gegebenheiten der zeitgenössischen Eroberungen angepaßt. So reicht die Macht Thutmosis’ I. (1504 – 1492) südlich bis zum »Anfang des Landes«, nördlich »bis zu jenem umgedrehten Wasser, das stromabwärts zieht, indem es nach Süden fließt« (K. Sethe, Urkunden 44, 85; da der Nil für die Ägypter

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das Maß aller Dinge war, flossen alle anderen Ströme, die nicht von Süden nach Norden flossen, ›verkehrt‹). Das Ergebnis all dieser engen oder weiteren Grenzziehungen ist immer das gleiche: Der König beherrscht die gesamte geordnete Welt, und die ist auf Ägypten hin ausgerichtet. E. Hornung, Planung 49. P. Kaplony, Königstitulatur, LÄ 3, 1980, 641. C. Spieser, Les cartouches divins, ZÄS 129, 2002, 85 – 95. W. Helck, Ramessidische Inschriften aus Karnak, ZÄS 82, 1957, 98 – 140, hier 122. Ebd. 117. C. Leblanc, Quelques réflexions sur le programme iconographique et la fonction des temples de »millions d’années‹, Memnonia 8, 1997, 93 – 105, hier 95. U. Rummel, Weihrauch 381; vgl. die vorsichtigen Überlegungen bei E. Otto, Legitimation 392 – 393. W. Barta, Königsdogma, LÄ 3, 1980, 492. F. Gomaà, Chaemwese. Sohn Ramses’ II. und Hoherpriester von Memphis, Wiesbaden 1973, 27 – 33. U. Rummel, Weihrauch 382. P. D. O’Mara, Was the Sed festival periodic in early Egyptian history, DE 11, 1988, 21 – 30; 12, 1988, 55 – 62. K. Martin, Sedfest, LÄ 5, 1984, 784. KRI Band 2, 208,377,10. Ähnlich lautet die Ankündigung des dritten Sedfestes durch Chaemwese: »36. Regierungsjahr, drittes Sedfest des Herrn der Beiden Länder Usermaatre-Setepenre, beschenkt mit Leben, des Herrn der Kronen, Ramses, geliebt von Amun, wie Re, im 37. Regierungsjahr, der Seth-Priester und Königssohn Chaemwese wurde beauftragt, das Sedfest im ganzen Land anzukündigen.« S. J. Seidlmayer, »Dreißig Jahre ließ ich gehen . . .« Ergänzungen zu zwei Jubiläumsinschriften im Gebiet von Aswân, MDAI(K) 57, 2001, 247 – 256, hier 248 – 249. J. v. Beckerath, Gedanken zu den Daten der Sed-Feste, MDAI(K) 47, 1991, 29 – 33, mit älterer Literatur. Zu dem Material, vor allem die zahlreichen Topfaufschriften, vgl. C. W. Hayes, Inscriptions from the palace of Amenhotep III., JNES 10, 1951, 35 – 56, 82 – 112, 156 – 183, 231 – 242. Amenophis III. ausgenommen, werden auf den Vorratsgefäßen insgesamt 13 königliche Personen genannt, die in die Feierlichkeiten involviert waren. A. Tulhoff, Thutmosis 123 – 138. E. Naville, The festival-hall of Osorkon II. in the great temple of Bubastis, London 1892, 18.

Anmerkungen Kap. 3

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67 E. Uphill, The Egyptian Sed-festival rites, JNES 24, 1965, 365 – 383, hier 378 – 379 auch zu den folgenden Texten. 68 P. Barghuet, Le temple d’Amon-Ré à Karnak, Kairo 1962, 191. 69 E. Hornung, Meisterwerke altägyptischer Dichtung, Zürich 1978, 59. 70 W. Helck, Nilhöhe und Jubiläumsfest, ZÄS 93, 1966, 74 – 79, hier 78. 71 Bilder bei W. Decker, Pharao 16; dazu H. Kees, Nachlese zum Opfertanz des ägyptischen Königs, ZÄS 52, 1915, 61 – 72, hier 69 – 72, der den Kultlauf des Sedfestes vom Lauf der Krönung unterscheidet, und F. D. Friedman, The underground relief panels of king Djoser at the step pyramid complex, JARCE 32, 1995, 1 – 42. 72 D. Wiedemann, ». . . an diesem schönen Tage des Laufens«, GM 83, 1984, 91 – 93. 73 E. Hornung – E. Staehelin, Neue Studien zum Sedfest, Basel 2006, 97. 74 E. Hornung – E. Staehelin, Studien zum Sedfest, Genf 1974. 75 W. Helck, Urkunden 368, 2034. 76 E. Hornung, Sedfest und Geschichte, MDAI(K) 47, 1991, 169 – 171, hier 170. 77 W. Helck, Merikare 73 – 74. 78 H. Kees, Totenglaube und Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter, Berlin 2 1956; A. J. Spencer, Death in Ancient Egypt, Harmondsworth 1982; J. Assmann, Tod und Jenseits im alten Ägypten, München 2001. 79 R. Germer, Das Geheimnis der Mumien, Zürich – München 1991 (ND Reinbek 1994); C. Theis, Seele. 80 Bei den 70 Tagen handelt es sich um einen idealtypischen Wert. Die Bestattung der Gemahlin des Pharaos Chephren (2522 – 2496) dauerte 272 Tage; C. Theis, Seele 188. 81 E. Hornung, Das Grab Sethos’ I., Zürich – München 1991; D. Arnold, El-Lischt. Nachuntersuchungen an einem alten Grabungsort, Antike Welt 22,3, 1991, 154 – 160. 82 A. Eggebrecht (Hg.), Suche nach Unsterblichkeit. Totenkult und Jenseitsglaube im Alten Ägypten, Hildesheim 1990, 104. 83 Ebd. 110. 84 A. Erman, Ägypten und ägyptisches Leben im Altertum, Tübingen 1923, neu bearbeitet von H. Ranke, Hildesheim 1987, 149. 85 E. Blumenthal, Untersuchungen 312 – 319. 86 J. Assmann, Himmelsaufstieg, LÄ 2, 1977, 1206. 87 K. Sethe, Pyramidentexte Band 2, 81, Spruch 267. 88 LÄ 2, 1208. 89 Matthäus 27, 51. 90 W. Barta, Die Bedeutung der Pyramidentexte für den verstorbenen König, München – Berlin 1981. 91 J. Spiegel, Auferstehungsritual der Unas-Pyramide, Wiesbaden 1971, 439 – 458.

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11 Anhang

92 TUAT Band 3, 5 – 6, 888. 93 D. Kurth, Nut, LÄ 4, 1982, 535. 94 K. Sethe, Pyramidentexte Band 1, 283, Spruch 274 c. 95 E. Hornung, Geist 112. 96 S. Quirke, Religion 116. 97 M. Ullmann, König 672. 98 Ebd.; sie spricht vom »göttlichen Aspekt«. 99 Ebd. 667. 100 F. Müller-Römer, Die Technik des Pyramidenbaus im Alten Ägypten, München 2008. 101 J. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, Zürich 1936, 58. 102 R. Gundlach, Pharao 201. 103 P. Barguet, La stèle de la famine à Séhel, Kairo 1953. 104 S. Quirke, Religion 117.

Kapitel 4

Der Pharao als Gott

1 Dazu M. Clauss, Kaiser 17 – 26. 2 Ausführlich dargelegt in M. Clauss, Der Kaiser und sein wahrer Gott. Der spätantike Streit um die Natur Christi, Darmstadt 2010. 3 H. Brunner, Geburt IX. Die stärkste Betonung des Pharaos als Gott findet sich bei H. Frankfort, Kingship and the Gods. A study of ancient near eastern religion as the integration of society and nature, Chicago 2 1978. Vgl. E. Otto, Legitimation 407. 4 H. Goedicke, Stellung 93. 5 N. S. Braun, Pharao und Priester. Sakrale Affirmation von Herrschaft durch Kultvollzug. Untersuchungen zum täglichen Kultbildritual im Neuen Reich und der Dritten Zwischenzeit, Leipzig 2006, 26. 6 Als lebender Gott erfuhr der Pharao auch kultische Verehrung zu Lebzeiten. Sie beginnt mit Sesostris I. (1956 – 1910) in Nubien; dazu T. Säve-Söderbergh, Ägypten und Nubien. Ein Beitrag zur Geschichte altägyptischer Außenpolitik, Lund 1941, 201 – 205, sowie T. SchullerGötzburg, Zur Vergöttlichung Amenophis III. in Ägypten, GM 135, 1993, 89 – 95. 7 KRI 2, 263,5 – 265,1. 8 K. Sethe, Urkunden 11, 20. 9 E. Hornung, Rolle 131. 10 E. Hirsch, Die sakrale Legitimation Sesostris’ I. Kontaktphänomene in königsideologischen Texten, Wiesbaden 2008, 175. 11 W. Helck, Urkunden 356, 2007. 12 K. Sethe, Urkunden 115, 249. 13 BAR Band 1, § 747.

Anmerkungen Kap. 4

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14 J. Assmann, Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, München 1992, 40 – 42. 15 D. Wildung, Ramses, die große Sonne Ägyptens, ZÄS 99, 1972, 33 – 41. 16 H. Brunner, Nochmals der König im Falkenkleid, ZÄS 87, 1962, 76 – 77. 17 J. Cerný, Datum des Todes Ramses’ III. und der Thronbesteigung Ramses’ IV., ZÄS 72, 1936, 109–118, hier 110. 18 H. W. Müller, »Der Gute Gott Radjedef, Sohn des Rê«, ZÄS 91, 1964, 129 – 133. 19 R. Gundlach, Pharao 11. 20 Zu den Belegen R. Gundlach, Vom Ende Amenophis’ II. bis zur Volljährigkeit Amenophis’ III. Die Wende von der Außenpolitik zur Innenpolitik in der frühen Voramarnazeit im Spiegel der Königsideologie, in: R. Gundlach – A. Klug, Spannungsfeld 119 – 219, hier 186 – 187. 21 A. Radwan, Der Königsname, SAK 2, 1975, 213 – 234, hier 216. 22 W. Spiegelberg, Der Siegeshymnus des Merneptah, ZÄS 34, 1896, 1 – 25, hier 12. 23 W. Barta, Re, LÄ 5, 156 – 180, hier 162. 24 Ein Begriff, der nach E. Blumenthal, Untersuchungen 24, » die andersartige Wesenheit des Königs gegenüber den Göttern, das heißt vielleicht seine Präsenz auf Erden« bezeichnet. 25 Zu den Belegen vgl. E. Blumenthal, Untersuchungen 24 – 25. 26 Ebd. 94. 27 E. Blumenthal, Den Falken im Nacken. Statuentypen und göttliches Königtum zur Pyramidenzeit, ZÄS 130, 2003, 1 – 30. 28 E. Blumenthal, Untersuchungen 99 – 102. 29 W. Helck, Urkunden 29, 1287. 30 A. Erman, Ein Denkmal memphitischer Theologie, in: Sitzungsberichte der königlich preussischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1911, 916 – 950, hier 942. 31 A. Radwan, Zur bildlichen Gleichsetzung des ägyptischen Königs mit der Gottheit, MDAI(K) 31, 1975, 99 – 108, hier 101, Abb. 1. 32 E. Blumenthal, Die Göttlichkeit des Pharao. Sakralität von Herrschaft und Herrschaftslegitimierung im alten Ägypten, in: F.-R. Erkens (Hg,), Die Sakralität von Herrschaft. Herrschaftslegitimierung im Wandel der Zeiten, Berlin 2002, 53 – 61, hier 55. Eine solche Formulierung reiht sich in die lange Liste von Aussagen ein, welche die Göttlichkeit herunterspielen. Wenn W. Barta, Untersuchungen 72 – 73, schreibt, dass der König »als Amtsträger während seiner Regierungszeit die Rolle eines Gottes (spielte) und deshalb auch den Göttern vergleichbare beziehungsweise ähnliche Taten tun (konnte), ohne dabei selbst ein Gott zu sein,« so übersieht er, daß die Thronbesteigung des Pharaos keine Apotheose, keine Vergöttlichung, ist, sondern Epiphanie, seine nun

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für alle sichtbare Erscheinung als Gott. Zwar verwendet F. Abitz, König und Gott. Die Götterszenen in den ägyptischen Königsgräbern von Thutmosis IV. bis Ramses III., Wiesbaden 1984, den Begriff »Gottkönig« (209), erklärt aber in der dazu gehörenden Anmerkung: »Der so häufig verwendete Begriff soll hier nichts über die Art der Göttlichkeit des Königs aussagen«. Gelegentlich geben die Autoren auch vor zu wissen, was man glaubte. »So ist etwa für das Neue Reich kaum anzunehmen, daß man an die göttliche Abstammung des Königs glaubte,« schreibt P. Beylage, Aufbau Band 2, 537. Ich bezweifle, daß die Kategorie des ›Glaubens‹ weiterhilft. Der Pharao war Gott, das hatte Konsequenzen für den Umgang mit ihm; das war entscheidend. Nur noch skurril ist es zu nennen, wenn T. G. H. James Ramses II., Köln 2002, 182 und 198, mit »einer gewissen Befriedigung« das Erdbeben beschreibt, das zu Zeiten Ramses’ II. erhebliche Schäden in Abu Simbel hinterließ, und fragt: »War dies die göttliche Strafe für die Anmaßung des Königs, sich zum Gott zu erheben?« Zum Verständnis der Szene A. R. David, A guide to religious ritual at Abydos, Warminster 1981, 113. H. Altenmüller, Auferstehungsritual und Geburtsmythos, SAK 24, 1997, 1 – 21, geht davon aus, dass der Mythos von der Geburt des Gottkönigs als Wiedergeburt des Königs im jenseitigen Bereich gedeutet werden kann. Dies überzeugt nicht. LÄ 3, 476. C. Maderna-Sieben, Ausgewählte Beispiele ramessidischer Königseulogien, in: R. Gundlach – U. Rößler-Köhler, Königtum 77 – 98, hier 90 – 98. E. Blumenthal, Untersuchungen 223. Beschrieben bei H. Junker, Giza, Band 7, Wien – Leipzig 1944, 41. J. Kügler, Die Windeln des Pharao. Ein Topos ägyptischer Königsideologie in hellenistisch-jüdischer und christlicher Rezeption, GM 172, 1999, 51 – 62, hier 51. Hier wird auch der Bogen zu den Windeln des Jesuskindes geschlagen, die bei aller »Armut« der Eltern doch vorhanden waren. Ebd. 53. A. Gardiner, The coronation of King Haremhab, JEA 39, 1953, 13 – 31. H. Brunner, Geburtslegende, LÄ 2, 1977, 475. H. Brunner, Geburt 42 – 48, hier 46. Die Erzählung übernahm später Amenophis III. (1391 – 1353) fast wörtlich. Ebd. 65. Heliodor, Äthiopika 3, 14. Zu Jesus, der ebenfalls in dieser Nachfolge steht: E. Brunner-Traut, Pharao und Jesus als Söhne Gottes, Antaios 2, 1961, 266 – 284. E. Blumenthal, Untersuchungen 67.

Anmerkungen Kap. 5

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47 O. Weinreich, Der Trug des Nektanebos, Leipzig – Berlin 1911. 48 H. Refai, Zur Entwicklung der königlichen Jenseitsabsicherung in den thebanischen Totentempeln des Neuen Reiches, Ä&L 17, 2007, 257 – 263. 49 M. Ullmann, König 663. 50 H. Refai, Die Unterweltsfahrt Ramses’ III. in Medinet Habu, Memnonia 18, 2007, 177 – 198; die Zitate 181 und 184. 51 K. Zibelius, Hungersnotstele, LÄ 3, 1980, 84. 52 Als Ahnherr der 11. Dynastie wird auch Mentuhotep I. (2119 – 2103) später zum »Vater der Götter«: LÄ 4, 66. 53 Vgl. E. F. Wente, Two Ramesside stelas pertaining the cult of Amenophis I, JNES 22, 1963, 30 – 36. Zu weiteren ähnlichen Kulten vgl. R. Gundlach, Verehrung früherer Könige, LÄ 6, 1986, 969 – 973. 54 H. Wilson, Hieroglyphen 161. 55 M. Gutgesell, Arbeiter 114. 56 S. Allam, Zur Gottesgerichtsbarkeit in der altägyptischen Arbeitersiedlung von Deir el-Medineh, MDAI(K) 24, 1969, 10 – 15, hier 10; vgl. J. Tyldesley, Judgement 148 – 152. 57 M. Gutgesell, Arbeiter 207. 58 A. v. Lieven, Kleine Beiträge zur Vergöttlichung Amenophis’ I., RdE 51, 2000, 103 – 121 und ZÄS 128, 2001, 41 – 64. 59 LÄ 2, 993.

Kapitel 5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Der Pharao und die Götter

E. Blumenthal, Untersuchungen 77. S. Quirke, Religion 103. E. Otto, Legitimation 390. H. Ricke, Der Geflügelhof des Amon in Karnak, ZÄS 73, 1937, 124 – 131. E. Brunner-Traut u. a. (Hgg.) Osiris, Kreuz und Halbmond, Ausstellungskatalog Stuttgart-Hannover 1984, Nr. 102. H. Refai, Die Bestätigung im Fest. Zur Rolle der thebanischen Feste bei der Erneuerung der Königsmacht, Memnonia 9, 1998, 181 – 189. W. Wolf, Das Schöne Fest von Opet, Leipzig 1931. B. Porter – R. L. B. Moss, Topographical bibliography of ancient Egyptian hieroglyphic texts, reliefs and paintings, Band 2, Oxford 21972, 308. H. Gauthier, Les fêtes du dieu Min, Kairo 1931, 15 – 36. LÄ 4, 141. A. Scharff, Ein Rechnungsbuch des königlichen Hofes aus der 13. Dynastie, ZÄS 57, 1922, 51 – 68, hier 63. W. Helck, Urkunden 365 – 366, 2017 – 2028.

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11 Anhang

13 W. Helck, Merikare 82. 14 W. F. Edgerton, The Nauri decree of Seti I. A translation and analysis of the legal portion, JNES 6, 1947, 219 – 230, hier 221 – 222. 15 M. Lichtheim, Literature Band 2, 52 – 57, hier 56. 16 BAR Band 4, § 151 – 412. 17 Ebd., § 149 – 150.

Kapitel 6

Der Pharao als Herr Ägyptens

1 M. Gutgesell, Arbeiter 190. 2 W. M. Flinders Petrie, Tombs of the cortiers and Oxyrhynkhos, London 1925, 8 – 9. 3 R. Gundlach, Pharao 199. 4 W. Wolf, Das alte Ägypten, München 1971, 185 – 187, bietet einen solchen Text. 5 H. Goedicke, Stellung 21. 6 LÄ 4, 63. 7 J. Assmann, Schrift, Tod und Identität. Das Grab als Vorschule der Literatur im Alten Ägypten, in: J. und A. Assmann – C. Hardmeier (Hgg.), Schrift und Gedächtnis, München 1983, 73. 8 Die folgenden Angaben sind H. Guksch, Königsdienst. Zur Selbstdarstellung der Beamten in der 18. Dynastie, Heidelberg 1994, 3, entnommen. 9 J. Assmann, Die »loyalistische Lehre« Echnatons, SAK 8, 1980, 1 – 32, hier 10. 10 LÄ 1, 717. 11 Belege LÄ 1, 560. 12 W. Helck, Urkunden 80, 1405. 13 M. A. Bonhême – A. Forgeau, Pharao 282. 14 M. Clauss, Ramses 149 – 151. 15 L. Borchardt, Die Königin bei einer feierlichen Staatshandlung Ramses’ II., ZÄS 67, 1931, 29 – 31. 16 K. Sethe, Die Berufung eines Hohenpriesters des Amon unter Ramses II, ZÄS 44, 1907/08, 30 – 35; KRI Band 3, 283,1 – 291,10. 17 G. Roeder, Kulte 220. 18 E. Blumenthal, Untersuchungen 429. 19 H. Kees, Kulturgeschichte des Alten Orients. Ägypten, München 1933, 182. Dort auch die folgenden Zitate. 20 A. Radwan, Darstellungen 74. 21 S. Eichler, Amtseinsetzung und Beförderung von Beamten in der 18. Dynastie, SAK 25, 1998, 47 – 69, hier 59. 22 LÄ 2, 837.

Anmerkungen Kap. 6

251

23 N. de G. Davies, The rock tombs of El Amarna, Band 6: Tombs of Parennefer, Tutu, and Ay, London 1908, 22 und Abb. 29. 24 A. Radwan, Darstellungen 2 – 39. 25 H. Kees, Die Laufbahn des Hohenpriesters Onhurmes von Thinis, ZÄS 73, 1937, 77 – 90, hier 83. 26 LÄ 2, 362. 27 E. Blumenthal, Reiseerzählungen 20 – 21. 28 E. Brunner-Traut, Märchen 137. 29 E. Blumenthal, Reiseerzählungen 20. 30 D. P. Silverman, Nature 64. 31 E. Brunner-Traut, Die Alten Ägypter, Stuttgart 21974, 20. 32 W. L. Moran, Amarna 107. 33 A. Hermann, Jubel bei der Audienz. Zur Gebärdensprache in der Kunst des Neuen Reichs, ZÄS 90, 1963, 49 – 66. 34 E. Brunner-Traut, Gesten, LÄ 2, 576. 35 R. Gundlach, Hof, Hofgesellschaft, Hofkultur im pharaonischen Ägypten, in: R. Gundlach – A. Klug (Hgg.), Der ägyptische Hof des Neuen Reiches. Seine Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen Innen- und Außenpolitik, Wiesbaden 2006, 1 – 38, hier 35. 36 W. Helck, Urkunden 72, 1386. 37 KRI Band 2, 190 – 191,355,1 – 9. 38 J. Assmann, Hymnen 493 – 494. 39 KRI Band 2, 192,357,10 und 193,360,4. 40 E. Blumenthal, Urkunden 190, 651. 41 M. Pieper, Die große Inschrift des Königs Neferhotep in Abydos. Ein Beitrag zur ägyptischen Religions- und Literaturgeschichte, Leipzig 1929, 14 und 75. In Amarna wurde eine kleine hellblaue Fayencetafel mit dunkelblauer Inschrift gefunden, das Etikett eines Kastens zum Aufbewahren von (Papyrus-)Büchern: »Der Gott Amenophis (III., 1388 – 1350) der Leben gebende, geliebt von Ptah, dem König der Beiden Länder« und darunter steht der Buchtitel; dazu L. Borchardt, Ein ›ex libris‹ Amenophis‹ III., ZÄS 33, 1895, 72 – 73. 42 Dazu E. Dziobek, Denkmäler des Vezirs User-Amun, Heidelberg 1998, 21. 43 E. Blumenthal, Urkunden 428. 44 W. Wolf, Kulturgeschichte des Alten Ägypten, Stuttgart 21977, 122 – 123. 45 G. Burkard, ». . . die im Dunkeln sieht man nicht«. Waren die Arbeiter im Tal der Könige privilegierte Gefangene?, in: H. Guksch – E. Hoffmann – M. Bommas, Grab 128 – 146. 46 M. Clauss, Ägypten 388 – 400. 47 KRI Band 2, 194,361,10. 48 KRI Band 2, 195,362,5 – 10.

252

11 Anhang

49 E. Otto, Prolegomena zur Frage der Gesetzgebung und Rechtsprechung in Ägypten, MDAI(K) 14, 1956, 150 – 159, hier 151. 50 S. Jin, Formen 68. 51 Ebd. 69. 52 K. Sethe, Urkunden 41, 80. 53 S. Jin, Formen 70 – 71. 54 Ebd. 72. 55 Ebd. 73. 56 Ebd. 74 – 75. 57 J. F. Quack, Studien zur Lehre für Merikare, Wiesbaden 1992. 58 E. Blumenthal, Urkunden 429, 1090. 59 Ebd. 423, 1074. 60 F. W. v. Bissing, Lebensweisheit 45 – 51. 61 Dazu J. Tyldesley, Judgement; wir erfahren auch hier wenig über die Rechtsprechung des Pharaos, sondern mehr über Vergehen und Strafen allgemein, wie es der Untertitel des Buches beschreibt. 62 W. Boochs, Das altägyptische Strafverfahren bei Straftaten von besonderem staatlichen Interesse, GM 109, 1989, 21 – 26. 63 D. Kurth, Der Oasenmann, eine altägyptische Erzählung, Mainz 2003; E. Blumenthal, Der Vorwurf an Rensi. Gott und Mensch in den »Klagen des Bauern«, ZÄS 131, 2004, 1 – 22. 64 Die Geschichte ist aus mehreren Papyrustexten bekannt, von denen keiner vollständig ist. Eine Übersetzung bieten H. Brunner, Weisheit 234 – 256, und F. W. v. Bissing, Lebensweisheit 155 – 170.

Kapitel 7 1 2 3 4

5 6 7 8

9

Der Pharao als Krieger

Eine Fülle von Abbildungen bietet E. S. Hall, Pharao. K. Sethe, Urkunden 114, 248. E. Hornung, Planung 54. P. Beylage, Aufbau Band 1, 337 – 339. Die Taten des ägyptischen Heeres bei diesem Feldzug wurden auf einer Lederrolle festgehalten und im Amun-Tempel niedergelegt; E. Blumenthal, Urkunden 195, 662. R. Müller-Wollermann, Gewalt. LÄ 2, 15. G. J. Shaw, Authority 122. S. C. Heinz, Die Feldzugsdarstellungen des Neuen Reiches. Eine Bildanalyse, Wien 2001, bietet einen umfangreichen Katalogteil entsprechender Szenen. E. Hornung, Geschichte als Fest, Darmstadt 1966, 18.

Anmerkungen Kap. 7

253

10 P. Derchain, Le rôle du roi d’Egypte dans le maintien de l’ordre cosmique, in: L. d. Heusch – P. Derchain –A. Finet (Hgg.), Le pouvoir et le sacré, Brüssel 1962, 61 – 73. 11 R. B. Partridge, Pharaos. 12 R. Müller-Wollermann, Gewalt 52. 13 A. Grimm, Ein Käfig für einen Gefangenen in einem Ritual zur Vernichtung von Feinden, JEA 73, 1987, 202 – 206, hier 204. Zu den Bildern vgl. S. Schott, Ein ungewöhnliches Symbol des Triumphes über Feinde Ägyptens, JNES 14, 1955, 97 – 99. G. J. Shaw, Authority 122, hält die Grausamkeiten für so ungewöhnlich, dass er in den Schilderungen Berichte tatsächlicher Begebenheiten sieht. 14 H. Chevrier, Rapport sur les travaux de Karnak 1952 – 1953, ASAE 53, 1956, 1 – 19, hier 11 mit Abb. 7. 15 W. Wreszinski, Atlas, Band 2, Taf. 67. 16 W. Helck, Kriegsgefangene, LÄ 3, 1980, 786. 17 R. Müller-Wollermann, Gewalt 57. Dazu A. J. Veldmeijer, Tutankhamun’s footwear. Studies of ancient Egyptian footwear, Batinge 2010. 18 W. Helck, Urkunden 203, 1666. 19 A. Rowe, A catalogue of Egyptian scarabs, scaraboids, seals, and amulets in the Palestine archaeological museum, Chicago 1936 (ND 2001) 61, Taf. 28. 20 A. M. Shaheen, Royal hunting scenes on scarabs, DE 30, 1994, 147 – 172, mit zahlreichen Abbildungen. 21 A. Radwan, Darstellungen 100. 22 J. Leclant, Un parc de chasse de la Nubie pharaonique, in: Le Sol, la parole et l’écrit. Mélanges en hommage à Raymond Mauny, Paris 1981, 727 – 734. 23 W. Helck, Urkunden 235, 1740. 24 S. Tawfik, Aton studies, MDAI(K) 31, 1 975 159 – 168, hier 163 Abb. 1 und Taf. 52 a. 25 Dazu S. Gerlinger, Römische Schlachtenrhetorik. Unglaubwürdige Elemente in Schlachtdarstellungen, speziell bei Caesar, Sallust und Tacitus, Heidelberg 2008, 54 – 60. 26 E. Hornung, Rolle 127. 27 Vgl. M(artin) Clauss, Kriegsniederlagen im Mittelalter. Darstellung – Deutung – Bewältigung, Paderborn u. a. 2010, 33 – 145. 28 Im Alltag, wenn man die Kriegssituation einmal so beschreiben darf, trat die wirtschaftliche Verwendung der Kriegsgefangenen in den Vordergrund. Die Könige verteilten sie an Beamte, Soldaten und Tempel oder setzten sie in Festungen als kasernierte Truppe ein. Vorher wurden sie mit einem Brandstempel als Sklaven gekennzeichnet. Da diese Brandstempel Kartuschenform hatten, wurde der Vorgang »mit dem Königsring stempeln« genannt; dazu W. Spiegelberg, Königsring, ZÄS 43, 1906, 158.

254

11 Anhang

29 D. Arnold, Die Tempel Ägyptens. Götterwohnungen, Baudenkmäler, Kultstätten, Zürich 1992, 47. 30 D. Arnold, Wandrelief und Raumfunktion in ägyptischen Tempeln des Neuen Reiches, Berlin 1962, 3.

Kapitel 8

Der Pharao im Alltag

1 N. Elias, Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie mit einer Einleitung: Soziologie und Geschichtswissenschaft, Frankfurt am Main 1979, 131 – 132. 2 H. Brunner, Hofzeremoniell, LÄ 2, 1977, 1238. Generell G. Posener, De la divinité du Pharaon, Paris 1960. 3 Diodor 1, 71,10. 4 E. Brunner-Traut, Morgenlied, LÄ 4, 1982, 205. 5 A. Erman, Hymnen 67. 6 Ebd. 72. 7 W. Helck, Residenz, LÄ 5, 1984, 246 – 247. 8 R. Stadelmann, Pyramidenstadt, LÄ 5, 1984, 10 – 14. 9 P. Lacovara, Development 83 – 110. 10 E. B. Pusch, Goldschmiedewerkstatt oder vergoldeter Fußboden?, Ä&L 9, 1999, 121 – 133. 11 LÄ 1, 554. 12 Zur Phraseologie vgl. Blumenthal, Untersuchungen. 13 K. Sethe, Pyramidentexte Band 2, 214, 438 a/b. 14 P. Lacovara, The new kingdom royal city, London 1997, 86 – 87. 15 LÄ 1, 599. 16 Eine detaillierte Beschreibung findet sich bei P. Vomberg, Das Erscheinungsfenster innerhalb der amarnazeitlichen Palastarchitektur. Herkunft, Entwicklung, Fortleben, Wiesbaden 2004, 56 – 76. U. Hölscher, Medinet Habu studies 1928/29 1: The architectural survey, Chicago 1930, bietet auf den Tafeln 2 und 3 Rekonstruktionszeichnungen der Audienzhalle und den Eingang zum Thronraum sowie Bilder des dortigen Schlafzimmers (21). 17 B. Altenmüller, Gefühlsbewegungen, LÄ 2, 509 – 510. 18 E. Brunner-Traut, Märchen 43 – 55; S. Schott, Altägyptische Liebeslieder. Mit Märchen und Liebesgeschichten, Zürich 1950, 176 – 187. 19 Plutarch, Leben des Antonius 75, 3. 20 Brunner-Traut, Märchen 14 – 15. 21 C. Knigge, Die Bekleidung der Ruderinnen in der Geschichte des Papyrus Westcar, GM 161, 1997, 103 – 105. 22 LÄ 2, 378. 23 A. F. Rainey, El Amarna tablets, 359 – 379, Neukirchen-Vluyn 21978, 41.

Anmerkungen Kap. 10

255

24 E. Brunner-Traut, Märchen 144. 25 M. Lichtheim, Literature Band 1, 26 – 27. 26 G. Wenzel, Antef II. als König von Ober- und Unterägypten, GM 193, 2003, 71 – 85.

Kapitel 9

Der Pharao im Bild

1 B. V. Bothmer, Notes on the Mycerinus Triad, Bulletin of the Museum of Fine Arts 48, 1950, 10 – 17, hier 17 mit den entsprechenden Fotos: »It states the identity of man with god.« 2 W. Westendorf, Bemerkungen zur »Kammer der Wiedergeburt« im Tutanchamungrab, ZÄS 94, 1967, 139 – 150, hier 144, will in der Plastik eine Darstellung der Heiligen Hochzeit erkennen, die zwischen dem König und der Göttin Hathor vollzogen wird. 3 Vgl. die Abbildung bei F. W. v. Bissing, Die Mastaba des Gemni-Kai, 2 Bände, Berlin 1905 – 1911, hier Band 1, Taf. 15. 4 H. Bonnet, Die Königshaube, ZÄS 54, 1918, 79 – 86. 5 R. S. Bianchi. Skarabäus, LÄ 5, 1984, 970. 6 O. Keel, Königliche Nilpferdjagd. Eine ungewöhnliche Darstellung auf einem Skarabäus des Mittleren Reiches, GM 134, 1993, 63 – 68. 7 Eine solche Aufstellung bietet H. Altenmüller, Königsplastik, LÄ 3, 1980, 561 – 579. 8 The Oxyrhynchus Papyri 11, Nr. 1381, 118 – 120. 9 Vitruv 2, praefatio 2. 10 Herodot 2, 149. 11 W. Helck, Urkunden 273, 1823. 12 J. Tyldesley, Mythos Ägypten. Die Geschichte einer Wiederentdeckung, Stuttgart 2006, 85 – 105. 13 Übersetzung bei R. H. Wilkinson, Tempel 184.

Kapitel 10

Der Pharao als Ehemann

1 ÄHK Nr. 68. 2 K. Sethe, Urkunden 15, 28. 3 J. Cerný, Consanguineous marriages in pharaonic Egypt, JEA 40, 1954, 23–29. 4 J. A. Knudtzon, Amarna Band 1, 271 – 273. 5 Ebd., 141. 6 Ebd., 154 – 163. 7 M. Clauss, Ramses 101 – 107.

256

11 Anhang

8 Dazu A. H. Podany, Brotherhood of kings. How international relations shaped the ancient near east, Oxford 2010. 9 ÄHK 50. 10 C. Kuentz, La stèle du mariage de Ramsès II, ASAE 25, 1925, 181 – 238. 11 KRI Band 2, 87,235,1. 12 E. Reiser, Der königliche Harim im alten Ägypten und seine Verwaltung, Wien 1972. 13 P. Kaplony, »Er ist ein Liebling der Frauen«. Ein »neuer« König und eine neue Theorie zu den Kronprinzen sowie zu den Staatsgöttinnen (Kronengöttinnen) der 1./2. Dynastie, Ä&L 13, 2003, 107 – 126, hier 109. 14 B. J. Kemp, The Egyptian Ist dynasty royal cemetery, Antiquity 41, 1967, 22 – 31, hier 26. 15 LÄ 2, 982. 16 LÄ 2, 985. 17 J. Tyldesley, Daughters of Isis. Women of ancient Egypt, London 1994, 187 – 188. 18 LÄ 2, 983. 19 A. Eissa, Eine metaphorische Geste der sexuellen Vereinigung, GM 184, 2001, 7 – 13. 20 R. Schlichting, Sexualethos, LÄ 5, 1984, 920. 21 ÄHK Nr. 104. 22 ÄHK Nr. 105. 23 Vgl. J. Tyldesley, Judgement 89 – 101. 24 T. Hofmann, Die Autobiographie des Uni von Abydos, LingAeg 10, 2002, 225 – 237 bietet auch eine Übersetzung. 25 H. A. Gardiner, Geschichte 102. 26 W. Helck, Der Text der »Lehre Amenemhets I. für seinen Sohn«, Wiesbaden 1969. 27 Manetho 66 – 71. 28 ANET 214 – 216. 29 Hierzu E. Otto, Legitimation 400 – 401. 30 J. Tildesley, Königinnen des Alten Ägypten. Von den frühen Dynastien bis zum Tod Kleopatras, Leipzig 2008. 31 W. Seipel, Königin, LÄ 3, 1980, 464. 32 ANET 118. 33 W. Seipel, Königinnentitel, LÄ 3, 1980, 474. 34 W. Seipel, Königin, LÄ 3, 1980, 464. 35 LÄ 3, 538. 36 S. Roth, Bemerkungen zur Rolle der Königsmütter von der Frühzeit bis zum Ende der 12. Dynastie, in: R. Gundlach – W. Seipel, Das frühe ägyptische Königtum, Wiesbaden 1999, 111 – 123, hier 119. 37 K. Sethe, Urkunden 8 – 12, 14 – 21, hier 12, 21. 38 J. A. Knudtzon, Amarna Band 1, 243 – 245.

Anmerkungen Kap. 12

257

39 E. Otto, Legitimation 403. 40 Vgl. die Abbildung bei W. Seipel, Gott, Mensch, Pharao. Viertausend Jahre Menschenbild in der Skupltur des alten Ägypten, Wien 1992, 102.

Kapitel 12

Literatur

1 Hier werden nur die abgekürzt zitierten Titel (kursiv) aufgeführt; weitere Literatur findet sich in den Anmerkungen. 2 Die Jahreszahlen richten sich nach J. A. Beckerath, Chronologie 187 – 192. Eine vollständige Liste findet sich bei J. A. Beckerath, Handbuch 283 – 288, sowie ders., Königsnamen, LÄ 3, 1980, 542 – 556. 3 Alternativdaten für die 1. bis 6. Dynastie: 1.: 3032 – 2853; 2.: 2853 – 2707; 3.: 2707 – 2639; 4.: 2639 – 2504; 5.: 2504 – 2347; 6.: 2347 – 2216.

258

11.5 Karten

11 Anhang

11.5 Karten

259

260

11 Anhang

11.6 Abbildungs- und Quellenverzeichnis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5:

Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16:

Königsliste aus Abydos (J. Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten, Mainz 1997, 215) Sethos I. bringt Maat dar (G. Steindorff/W. Wolf, Die Thebanische Gräberwelt, Leipziger Ägyptologische Studien 4, 1936) Der Erzieher Heqareschu (P. E. Newberry, The sons of Tuthmosis IV., in: JEA 14, 1928, 84) Schießstele Amenophis’ II. (H. Chevrier, Rapport sur les travaux de Karnak (1927–1928) ASAE 28, 1928, 126) Söhne Ramses II. beim Kampf (Ch. Leblanc, A. Abdel Hamid Youssef, M. Maher-Taha, Le Ramesseum. Vol. IV. Les batailles de Tounip et de Dapour, Coll. Scientifique of CEDAE, Kairo 1977) Kultlauf des Königs Djoser (F. D. Friedman, The underground relief panels of king Djoser at the Stepp pyramid complex, JARCE 32, 1995, 23) Die Reinigung des Pharaos (Lehnert & Landrock, Kairo) Sesostris mit zwei Kronen (Hirmer Fotoarchiv 552.027) Die Blaue Krone (akg-images DEA/M. Carrieri) Stele des Königs »Schlange« (H. Wilson, Hieroglyphen lesen, Deutscher Taschenbuchverlag, München 1999) Schreiben des Königsnamens (J.-F. Champollion, Monuments de l’Egypte et de la Nubie, Paris 1835, Abb. 334, ND Genf 1974) Sandsteinstatue Mentuhoteps II. (Foto Manfred Clauss) Grab Sethos’ I. (A. M. Calverley, The temple of king Sethos I. at Abydos IV, London 1985, pl. 10) Grabanlage des Pharaos Djoser (S. Morenz, Gott und Mensch im alten Ägypten, Zürich/München 1984, 67) Pharao und Horus (E. Blumenthal, Den Falken im Nacken. Statuentypen und göttliches Königtum zur Pyramidenzeit, ZÄS 130, 2003, 25) Der Pharao als Min und die Königin Merit-ReHatschepsut als Göttin Hathor (Deutsches Archäologisches Institut Kairo)

11.6 Abbildungs- und Quellenverzeichnis

Abb. 17:

261

Ramses II. als Vogelfänger (J. S. Westerman, The fowling scene in the temple of Sety I-Abydos, GM 103, 1988, 91) Abb. 18: Liebesszene von Amun und Königin Amosis (H. Brunner, Die Geburt des Sonnenkönigs, Wiesbaden 2 1986, 91) Abb. 19: Stele mit der Anbetung des Amenophis I. (H. Wilson, Hieroglyphen lesen, Deutscher Taschenbuchverlag, München 1999, 161) Abb. 20: Prozession für den verstorbenen Amenophis als Gott (W. Wreszinski, Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte, J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig 1923, Band 1, Tafel 119) Abb. 21: Sethos II. opfert Amun, Muth und Chons (H. Riecke, Der Geflügelhof des Amon in Karnak, ZÄS 73, 1937, 125) Abb. 22: Amtseinführung durch den Pharao (K. A. Kitchen, Pharao triumphant. The life and times of Ramesses II, Warminster 1982, 47) Abb. 23: Amtseinsetzung eines Wesirs (H. Kees, Kulturgeschichte des Alten Orients, München 1933, 181) Abb. 24: Jubelnde Beamte (wie Abb. 20, Tafel 204) Abb. 25: Der Pharao Narmer erschlägt einen Feind (R. B. Partridge, Fighting Pharaos, Peartree Publishing, Manchester 2002, Zeichnung von Robert B. Partridge) Abb. 26: Der römische Kaiser Trajan erschlägt einen Feind (F. Daumas, Les mammisis de Dendera, Kairo 1959/ G. J. Lamon) Abb. 27: Thutmosis III. erledigt Feinde (Hirmer Bildarchiv 552.280) Abb. 28: Die Sandale Tutanchamuns (Entnommen aus: P. Montet, Das Leben der Pharaonen, Pawlak Verlag/ Paul Popper 1995, 162) Abb. 29: Die Streitaxt des Ahmose (akg-images 7-STE-031789) Abb. 30: Ramses erlegt einen Wildstier (akg-images 1 AE-72-H2) Abb. 31: Palastgrundriss (P. Lacovara, The new kingdom royal city, London/New York 1997, 115, Abb. 22) Abb. 32 a/b: N. d. G. Davies, Amarna 1, London 1905, Tafeln 26 und 28) Abb. 33: Antefs Hundestele (G. Wenzel, Antef II. als König von Ober- und Unterägypten, GM 193, 2003, 85)

262 Abb. 34: Abb. 35: Abb. 36: Abb. 37: Abb. 38: Abb. 39: Abb. 40:

11 Anhang

Statuengruppe des Mykerinos (Hirmer Fotoarchiv 654.1024) Mykerinos mit seiner Gemahlin (Foto Manfred Clauss) Pharao jagt Nilpferd (Gertrud Seidensticker) Der Sphinx von Gisa (Foto Manfred Clauss) Memnonskolosse (Foto Manfred Clauss) Abtransport des Osymandyas (Archivio Geodia, Verona) Ramses II. heiratet (C. Desroches-Noblecourt, Ramses II. Sonne Ägyptens. Die wahre Geschichte. Bergisch Gladbach 1999, 369) Die Karten zeichnete Gudrun Seidensticker. Wir haben uns in allen Fällen bemüht, die Rechtsinhaber der Abbildungen herauszufinden. Wo uns das nicht gelungen ist, sind wir für weiterführende Hinweise dankbar.

Register

Abu Simbel 10, 23, 104, 133, 215, 250, 259 Abydos 14, 78, 132, 138, 147, 157, 216, 244, 258 Aha (2982 – 2950) 15 f., 137, 221, 241 Ahmose (1550 – 1525) 15, 51, 103, 170, 172 f., 210, 222 Allaqi 151, 259 Amarna 23, 49, 147, 183, 258 Amenemhet I. (1976 – 1947) 19, 29, 41, 47, 61, 84, 96, 107, 242 Amenemhet II. (1914 – 1876) 196 Amenemhet III. (1853 – 1705) 9, 105, 123, 203, 219, 223 Amenemhet IV. (1806 – 1797) 223 Amenophis I. (1525 – 1504) 21, 39, 63, 110, 119-123 Amenophis II. (1428 – 1397) 22, 44, 56-58, 60, 63, 107, 147, 151, 168, 174 Amenophis III. (1388 – 1350) 22 f., 34, 44, 53, 55, 67, 84, 106, 128, 175, 180, 191, 201 f., 206, 211, 216, 246, 248, 250, 253 Amenophis IV./Echnaton (1351 – 1334) 22, 30, 49, 51 f., 54, 63, 76 f., 89, 104,

131, 142, 145, 148, 168, 180, 196, 216, 222 Amyrtaios (404-399) 25 Antef I. (2119 – 2103) 18, 118 Antef II. (2103 – 2054) 18, 193 f. Antef V. (um 1645) 158 Apophis (1587 – 1546) 21, 196 Asosi (2355-2317) 154 f. Aspelta (593-568) 223 Assuan 11, 151, 259 Augustus (43 v. Chr. – 14 n. Chr.) 226 Bicheris (2496 – 2489) 241 Chajan (um 1600) 20 Chasechemui (2684 – 2657) 16 Cheops (2554 – 2531) 14, 16, 187 f., 202, 220 Chephren (2522 – 2496) 15 f., 100, 124, 128, 187, 202 – 204, 247 Dahschur 16, 258 Deir el-Bahari 113, 258 Deir el-Medineh 119, 121, 123, 136, 155, 258 Dendera 86, 258 Dewen (2889 – 2842) 51, 75 Diocletian (284-305 n. Chr.) 225

264 Djedefre (2531 – 2522) 14, 106 Djer (2949 – 2902) 138, 216 Djoser (2640 – 2620) 13, 16, 63 f., 98-101, 118, 221 Echnaton siehe Amenophis IV. Edfu 86, 258 Eje (1323 – 1319) 23, 50 f., 54, 76 Elephantine 11, 192, 259 El-Lahun 179, 258 El-Lischt 220, 258 Fajjum 123, 203, 258 Gebel es-Silsile 84, 258 Gisa 16, 41, 57, 67, 101, 202, 204, 258 Gurob 216, 258 Hakoris (393 – 380) 25 Haremheb (1319 – 1292) 23, 40, 51, 112, 128, 151 Hatschepsut (1479 – 1457) 21, 23, 26, 40 f., 43 f., 50 f., 53, 68, 105, 113, 162, 200, 224 Heliopolis 78, 86, 135 f., 258 Hermopolis 86, 175, 258 Huni (bis 2589) 220 Kamose (1555 – 1550) 21, 48 Karnak 40, 129, 258 Koptos 158, 258 Malqata 180, 258 Medum 16, 258 Memphis 17-19, 21, 23, 65, 84, 86, 99, 180, 191, 260 Menes 12, 15, 130, 200, 241 Mentuhotep I. (2119 – 2103) 15, 251

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Mentuhotep II. (2046 – 1995) 19, 81-83, 115, 142 Merenptah (1213 – 1203) 61, 105 f., 168, 180, 196 Merenre II. (2169 – 2168) 18 Merikare (um 2050) 18, 50, 56, 111, 132, 137, 159 Mykerinos (2489 – 2461) 15 f., 56, 101, 196-199 Napata 25, 259 Narmer 8, 15, 70, 185, 241 Nauri 132, 261 Neferefre (2406 – 2395) 17, 67, 221 Neferhotep I. (1741 – 1730) 33, 153 Neferirkare (2433 – 2413) 17, 157 f., 192, 221 Nektanebos I. (380 – 362) 25, 77, 208 Nektanebos II. (360 – 342) 25, 117 Nil 11-14, 88, 245, 258 f. Ninetjer (2760 – 2717) 81 Nitokris (2168 – 2166) 191 Niuserre (2395 – 2364) 85, 118, 221 Nubien 20 f., 24, 26, 101, 132-135, 162, 170, 175, 223, 248, 259 Osorkon I. (924 – 890) 51, 61 Osorkon II. (875 – 837) 85, 137 Osorkon III. (790 – 762) 128 Pepi I. (2285 – 2235) 17, 55, 211, 218 Pepi II. (2229 – 2169) 17 f., 38, 112, 157, 192, 221, 223 Pianchi /746 – 713) 157

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Piramesse 182, 258 Psammetichus I. (664 – 610) 25 Psammetichus II. (595 – 589) 240 Psammetichus III. (526 – 525) 25, 56 Psusennes I. (1043 – 993) 242 Qubân 151, 259 Ramses I. (1292 – 1290) 23, 40, 97 Ramses II. (1279 – 1213) 10-12, 22 f., 37 f., 44, 51 f., 59, 63, 74, 77, 80, 84, 97, 103, 111, 119, 126, 129, 132, 143, 151 f., 155, 168, 178, 180, 182, 196, 201 f., 205, 209, 213 f., 250 Ramses III. (1182 – 1151) 24, 37, 50, 63, 71, 85, 89, 93, 97, 118, 129, 134, 136, 159, 172, 174, 217, 219 Ramses IV. (1151 – 1144) 77, 123, 219 Ramses VI. (1140 – 1132) 168 Ramses IX. (1121 – 1103) 128 Ramses XI. (1099 – 1069) 24, 61 Sahure (2446 – 2433) 118 Saïs 25, 86, 240, 258 Saqqara 99, 258 Schepseskaf (2461 – 2456) 56, 140 Scheschonq I. (945 – 924) 25, 137, 168, 196 Scheschonq V. (774 – 736) 25 Semenchkare (1337 – 1333) 23, 40, 51

265 Sesostris I. (1956 – 1910) 19, 104, 112, 118, 132, 201, 219 f., 242, 248 Sesostris II. (1882 – 1872) 20, 118, 179, 196 Sesostris III. (1872 – 1852) 9, 20, 68 f. Sethnacht (1185 – 1182) 23, 64 Sethos I. (1290 – 1279) 14, 23, 27 f., 44, 61, 90 f., 97, 119, 132, 134, 168, 180 Sethos II. (1199 – 1193) 24, 126-128 Siamun (978 – 959) 13, 196 Siptah (1193-1187) 124 ›Skorpion‹ 15, 74 Smendes (1069 – 1043) 25 Snofru (2589 – 2554) 14, 16, 27, 41, 76, 118, 139, 187, 191, 220 Sobekhotep I. (um 1765) 131 Sobeknofru (1797 – 1793) 20, 223 Taa II. (1570/60) 221 Taharqa (690 – 664) 41, 128 Tanutamun (664 – 655) 41, 222 Tausret (1193 – 1185) 24, 224 Teti (2297 – 2287) 17, 55 Theben 18 f., 21 f., 24, 65, 92, 115, 134 f., 143, 180, 240, 258 Thutmosis I. (1504 – 1492) 21, 33, 40, 63, 90, 114, 157, 245 Thutmosis II. (1492 – 1479) 21, 42, 76 Thutmosis III. (1479 – 1425) 13, 22, 38, 41, 44, 50, 62, 76, 85, 87, 109, 123, 145, 149, 153 f., 159, 162, 165, 169, 180, 200, 216

266 Thutmosis IV. (1397 – 1388) 22, 41, 55, 57, 124, 126 Trajan (98-117 n. Chr.) 8, 167 Tura 258 Tutanchamun (1333 – 1323) 23, 40, 49, 51, 54, 89, 106, 168, 170 f., 175, 211, 217

Register

Unas (2317 – 2297) 17, 95 Vespasian (69-79 n. Chr.) 12 Wadi Natrun 160, 258 Wadj (2902 – 2889) 74