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German Pages 248 [249] Year 2011
Klaus Gensicke
Der Mufti von Jerusalem und die Nationalsozialisten
Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 11 Herausgegeben von Klaus-Michael Mallmann
Klaus Gensicke
Der Mufti von Jerusalem und die Nationalsozialisten Eine politische Biographie Amin el-Husseinis Mit einem Vorwort von Matthias Küntzel
Einbandgestaltung: Peter Lohse, Büttelborn Einbandbild: Amin el-Husseini, der Großmufti von Jerusalem, wird 1942 durch den Reichsführer SS, Heinrich Himmler, begrüßt. Foto: bpk
Für Alexander Fraser Gunn und Bernhard Tiemann
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2007 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: SatzWeise, Föhren Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-darmstadt.de
ISBN 978-3-534-20808-1
Inhaltsverzeichnis Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Der Mufti von Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der familiäre Hintergrund Amin el-Husseinis . . . . . . . . El-Husseinis Werdegang bis zu seiner Wahl zum Mufti . . . . Der Streit um die Wahl zum Mufti von Jerusalem . . . . . . Der Moslemische Oberrat und die Gründung einer Opposition Der Mufti wird Präsident des Arab Higher Committee . . . . Der Teilungsplan und die Flucht des Mufti . . . . . . . . .
2. Die deutsche Palästinapolitik bis 1937 . . . . . . . . . . 2.1 Die prozionistische Haltung und die Exportinteressen der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das Haavara-Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die erste Kontaktaufnahme des Mufti zum Dritten Reich 2.4 Der Mufti sucht die deutsche Hilfe . . . . . . . . . . . 2.5 Reise Hagens und Eichmanns nach Palästina – „Zusammenarbeit“ mit den Zionisten . . . . . . . . . .
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4. Alliierter der Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Römisches Zwischenspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Der erste Aufenthalt in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
Der Mufti im Exil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Politischer Asylant im Libanon . . . . . . . . . . . . . . . Der Mufti unterstützt die Pro-Achsenpolitik im Irak . . . . . Der Mufti entsendet Emissäre in die Türkei, nach Italien und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der persönliche Brief an Hitler . . . . . . . . . . . . . . . Spionage und Sabotage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Putsch im Irak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zufluchtsort Teheran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
Die Unterredung Ribbentrops mit dem Mufti . . . . . . . . . Hitler empfängt el-Husseini . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die beginnenden Spannungen um die arabische Führerschaft . Canaris besucht den Mufti . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Kampf um die Unabhängigkeitserklärung und die arabische Führerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8 Der Mufti als Vermittler zwischen Ribbentrop und König Faruk. 4.9 Die Deutsch-Arabische Lehrabteilung . . . . . . . . . . . . . 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7
4.9.1 Die DAL und die deutsch-italienischen Beziehungen . . 4.9.2 Die Rolle der DAL in den Auseinandersetzungen um die arabische Führerschaft . . . . . . . . . . . . . . .
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91 Die Intensivierung der Zusammenarbeit nach der Kriegswende . 91 Der Appell des Mufti an die Mohammedaner Indiens . . . . . Das Islamische Zentral-Institut in Berlin . . . . . . . . . . . 93 Zusammenarbeit als Mittel zum Zweck für die Nachkriegszeit . 97 Der Mufti und die „Endlösung der Judenfrage“ in Bulgarien . . 103 Der Mufti und die „Endlösung der Judenfrage“ in Rumänien und Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5.5.1 Die Kontroverse um Eichmann und den Mufti . . . . . . . . 112 5.6 Die Aufstellung der muselmanischen SS-Division in Kroatien . 113 5.6.1 Der Mufti wirbt moslemische Freiwillige an . . . . . . . . . 116 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
5.6.2 Die Verlegung und Ausbildung der bosnischen SS-Division und die enge Zusammenarbeit zwischen Himmler und dem Mufti . 5.6.3 Die moslemische SS-Division in Bosnien . . . . . . . . . .
5.7 Der Mufti und die Mohammedaner in der Sowjetunion . . . . 5.8 Der Mufti fordert die Bombardierung Jerusalems und Tel Avivs . 5.9 Die finanziellen Aufwendungen für el-Husseini . . . . . . . .
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Resümee und Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Archivalische Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . .
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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rückkehr in den Nahen Osten
Anmerkungen
Danksagung Das vorliegende Buch ist eine aktualisierte, vollständige Überarbeitung meiner Dissertation. Sie untersucht das gesamte Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen dem Mufti und den Nationalsozialisten und stützt sich im wesentlichen auf eine eingehende Analyse der deutschen Dokumente. Bei Professor Klaus-Michael Mallmann bedanke ich mich dafür, daß er das Buch in seine Ludwigsburger Reihe aufgenommen hat. Ich danke auch Daniel Zimmermann, Lektor der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt, für seine Hilfe. Besonders zu Dank verpflichtet bin ich der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur für die finanzielle Unterstützung der Drucklegung des Buches. Den Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes und des Bundesarchivs in Berlin sowie des Instituts für Zeitgeschichte in München danke ich dafür, daß sie mir bei der Suche nach relevanten Daten und Dokumenten geholfen haben. Für sein Vorwort bin ich Matthias Küntzel, der mich durch sein großes Interesse an diesem Thema zu der neuen Fassung angeregt hat, sehr dankbar. Bei Bernhard Tiemann bedanke ich mich für seine überaus freundliche Unterstützung und seinen Enthusiasmus. Nicht unerwähnt lassen möchte ich Marcelle Paasch für Ihre Hilfeleistung in PC-Angelegenheiten. Mein ganz besonderer Dank gilt Alexander Fraser Gunn, der mir bei der Überarbeitung unermüdlich zur Seite stand. Berlin, im Juli 2007
Klaus Gensicke
Vorwort Amin el-Husseini ist unbestreitbar eine der Schlüsselfiguren des 20. Jahrhunderts. Er war sechzehn Jahre das religiöse Oberhaupt der palästinensischen Muslime, dreißig Jahre ihr politischer Führer und zeitweilig der wichtigste Repräsentant der arabischen Welt. Nicht nur seine Fähigkeit, Massen anzusprechen, ließ ihn schon zu Lebzeiten zu einer Legende werden, sondern ebenso seine Skrupellosigkeit im Umgang mit politischen Kontrahenten sowie seine ideologische Stringenz: El-Husseini blieb Zeit seines Lebens glühender Antisemit. In Deutschland, wo el-Husseini von November 1941 bis April 1945 lebte, genoß er auch aus diesem Grund große Popularität. Es gibt kaum einen heute 80-jährigen Deutschen, der vom „Großmufti“ nichts wüßte: Das NSRegime würdigte ihn in Biographien, Filmen, Bildserien und Aufsätzen als das lebende Beispiel für die deutsch-arabische Verbundenheit im antijüdischen Kampf. Um so erstaunlicher also, daß in den ersten sechs Nachkriegsjahrzehnten gerade in Deutschland eine Debatte um die historische Bedeutung des Mufti nicht zustande kam. Die vorliegende Pionierarbeit von Klaus Gensicke wird diesen Zustand verändern. Dieses Buch dokumentiert das ganze Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen dem Mufti und den Nazis auf Basis gesicherten Quellenmaterials aus deutschen und britischen Archiven. Gensicke zeigt, daß es der Mufti war, der die Zusammenarbeit mit den Nazis suchte, zunächst jedoch auf Ablehnung stieß. Er zeichnet die verschiedenen Formen vorsichtiger Kooperation seit 1937 nach. Im Zentrum seiner packenden Darstellung steht die minutiöse Rekonstruktion der Mufti-Aktivitäten im deutschen Exil. Wir erfahren von el-Husseinis Begegnung mit Hitler, von seiner Freundschaft mit Himmler, der von der „weltanschaulichen Verbundenheit“ zwischen Nationalsozialismus und Islam schwärmte und von der Mobilisierung muslimischer Verbände im Dienste der SS: Je aussichtsloser sich das Kriegsgeschehen entwickelte, desto verzweifelter hatte die Nazi-Führung auf die „muslimische Karte“ gesetzt. Immer wieder geht Gensicke auf den Antisemitismus des Mufti und seine Mitverantwortung für den Holocaust ein: „Sein Haß gegen Juden kannte kein Erbarmen, er schaltete sich immer dann besonders aktiv ein, wenn er befürchtete, es könnten Juden der Vernichtung entkommen.“
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Des Muftis grenzenloser Antisemitismus, der 1944 Tausenden Menschen das Leben kostete, richtete sich vier Jahre später, als die Gaskammern nicht mehr liefen, gegen Israel. Gensicke legt dar, wie ein Land nach dem anderen darauf verzichtete, dem seit 1945 im französischem Gewahrsam befindlichem el-Husseini den Prozeß zu machen: Man hatte Angst vor Protesten in der arabischen Welt. Er entkam 1946 nach Kairo und setzte seine Tätigkeit als Palästinenserführer fort. Anstatt den UN-Teilungsplan für Palästina von 1947 anzuerkennen, sollten die Araber, so seine Devise, „gemeinsam über die Juden herfallen und sie vernichten.“ Gensicke deutet an, daß es zum Krieg der arabischen Staaten gegen das neu gegründete Israel vielleicht nicht gekommen wäre, wenn nicht „in den ersten zwei oder drei Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg … el-Husseinis Meinung als maßgebend für Palästina gegolten“ hätte. So aber konnte ein in Europa gesuchter NaziKriegsverbrecher als angeblicher Sprecher aller Palästinenser die Weichen für die bis heute anhaltende Konfrontation stellen. Gensickes Buch zwingt uns, eingeschliffene Denkmuster mit Blick auf den Nahen Osten zu hinterfragen. Eines davon besagt, daß die Araber nach 1945 die harten Konsequenzen für Auschwitz hätten tragen müssen. Nun stellen wir fest, daß der Führer der palästinensischen Araber am deutschen Verbrechen beteiligt war und daß sein Antisemitismus den aussichtslosen Krieg gegen Israel mit auslöste, der jene harten Konsequenzen nach sich zog. Sein Widerstand gegen die Zwei-Staaten-Lösung ist aber nicht das einzige Erbe, das der Mufti seinen Nachfolgern in Fatah und Hamas hinterließ. So war der Mufti der erste, der 1936 „islamistisch“ kontrollierte Zonen in Palästina etablierte, in denen schon eine falsche Kopfbedeckung die Todesstrafe nach sich zog. Es war gleichfalls der Mufti, der als erster seine Kontrahenten, die er der „Kollaboration mit Juden“ zieh, mit Terrorakten überzog. Das anhaltende Desaster der palästinensischen Nationalbewegung hat in der Politik des Mufti seinen Ausgangspunkt. Gensickes bahnbrechende Studie nimmt das Spannungsfeld von Bruch und Kontinuität nach 1945 und die Wechselbeziehung zwischen Europa und der islam(ist)ischen Welt neu in den Blick. Sie mag für „Nahost-Historiker“ in Deutschland, die sich der PLO-Historiographie verschrieben und el-Husseini gegen „gezielte Diffamierungs- und Delegitimierungskampagnen“ stets in Schutz genommen haben, wie ein Knochen im Hals erscheinen. 1 Tatsächlich stößt sie die Tür zu zahlreichen Nachfolgestudien über den Nahen Osten, den Islamismus, den Nationalsozialismus und den Antisemitismus auf. Wer immer auf diesem Feld nach neuen Erkenntnissen sucht: An Gensickes Standardwerk kommt er nicht vorbei. Matthias Küntzel, Juli 2007
Einleitung The „deadliest enemy of the British Empire“ Winston Churchill über Amin el-Husseini, The Times v. 6. Juli 1974
Um die Unterstützung der Araber im Ersten Weltkrieg zu erhalten, handelte 1915 Sir Henry McMahon, der britische Hochkommissar in Ägypten, im Auftrag seiner Regierung eine Vereinbarung mit Hussein, dem Sherifen von Mekka, aus, der seinerseits die Anerkennung der Unabhängigkeit aller arabischen Gebiete des osmanischen Reichs forderte. Im Briefwechsel zwischen den beiden wird Palästina jedoch nicht erwähnt – aus gutem Grund, wie es scheint, denn im Jahr darauf kam das zunächst geheimgehaltene Sykes-Picot-Abkommen zustande. Dieses trug zur Aufteilung des Nahen Osten zwischen Großbritannien und Frankreich bei und sah für Palästina eine internationale Verwaltung vor. Zudem stellte die Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 eine vage Zusicherung dar, daß die Regierung in London die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen betrachte. Wie die meisten Bewohner des damaligen Palästinas, das die Gebiete des heutigen Staates Israel, den Gazastreifen, das Westjordanland, Teile der Golanhöhen und das Königreich Jordanien umschloß, fühlte sich der etwa um 1895 geborene Haj Muhammad Amin el-Husseini, der 1921 Mufti von Jerusalem wurde, von den Briten verraten. Er hatte nie die Erfahrung gemacht, als freier Bürger in einem politisch unabhängigen Land zu leben und konnte sich nur schwer den Alleingang Palästinas in die Unabhängigkeit vorstellen. Hierin lag sein ganzes Bestreben um den Panarabismus begründet. Diese Hoffnungen wurden nach dem Ersten Weltkrieg zunichte gemacht, da London offensichtlich nicht daran dachte, seine Kriegsversprechungen einzuhalten. Die türkische Herrschaft wurde durch die britische abgelöst, die in vielerlei Hinsicht bemüht war, den Status quo beizubehalten, aber gewisse Privilegien, die den palästinensischen Notabeln im Rahmen des sanjaq (Verwaltungsbezirk) eingeräumt worden waren, galten teilweise nicht mehr. Der Nationalismus, der auch von el-Husseini eifrig verfochten wurde, sah eigentlich keine Unabhängigkeit Palästinas, sondern den Anschluß an Sy-
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rien vor. Auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt dieser Anschluß keine bedeutende Rolle mehr spielte, suchte er nach wie vor die Unterstützung eines starken politischen Partners. Seine panarabischen Tendenzen verbargen in sich auch den Wunsch nach Verbündeten und dadurch, daß jedes einzelne arabische Land seine eigenen Ziele verfolgte, ergab sich für elHusseini die Möglichkeit, zum eigenen Vorteil das eine Land gegen das andere auszuspielen. Als Abkömmling einer großen und bekannten Notabelnfamilie sprachen ihn die nationalistischen Bewegungen in Europa durchaus an, so daß er recht früh zunächst zum italienischen und dann zum deutschen Faschismus Kontakte aufnahm. Kaum hatte Hitler die Macht in Deutschland ergriffen, da knüpfte der Mufti auch schon die ersten diplomatischen Beziehungen an. Den arabischen Staaten war jede Verbindung zum nationalsozialistischen Deutschland lieber als eine Zusammenarbeit mit dem für sie suspekten Italien; sie vertraten die Meinung, Deutschland habe nie Anspruch auf arabisches Gebiet erhoben. Indem der Mufti die Aufhebung des britischen Mandats forderte, war er zumindest theoretisch bereit, sein Land in eine noch größere Abhängigkeit zu geben, sei es durch eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland oder durch den politischen Anschluß an andere arabische Länder, die gleichfalls mit Deutschland sympathisiert. Die vorliegende Untersuchung soll aufzeigen, daß der vielgerühmten traditionellen deutsch-arabischen Freundschaft von den Nationalsozialisten wenig Beachtung beigemessen wurde. Deutschlands Politik sah zunächst keine Änderung des britischen Status quo vor. Die Araber bewunderten das starke Deutschland mit seinen Jugendbewegungen und seinem Antisemitismus, nahmen aber kaum zur Kenntnis, daß die Nationalsozialisten ihrerseits die Unterwerfung anderer Völker durch die „nordische Rasse“ befürworteten. Für die Nationalsozialisten waren letztendlich die Araber Semiten wie die Juden. Immer wieder ging die Initiative zur Zusammenarbeit vom Mufti aus; und daran änderte sich auch nichts nach seiner Ankunft in den Ländern der Achse. Hitler machte keinerlei Versprechungen und war auch nicht bereit, irgendwelche Erklärungen hinsichtlich einer arabischen Unabhängigkeit abzugeben. Von verschiedenen Seiten wurde wiederholt behauptet, der Mufti habe keine andere Wahl gehabt als nach Deutschland zu fliehen. Dies entspricht keinesfalls den Tatsachen. Es hätte durchaus zu einer Verständigung mit den Briten kommen können, die den Mufti für denjenigen hielten, der Palästina den Frieden bringen könnte; aber er verfolgte statt dessen subversive Ziele, um die pro-britische Regierung im Irak zugunsten einer Pro-AchsenRegierung zu stürzen. Um den Mufti reinzuwaschen, neigen einige arabische Autoren dazu, dar-
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auf hinzuweisen, die Nationalsozialisten hätten den Mufti ignoriert, so daß es kaum zu einer Zusammenarbeit kommen konnte. Diese Vorstellung entsprach ganz und gar dem Wunschdenken der Deutschen, die durch el-Husseinis Aufenthalt in Europa eher in Verlegenheit gebracht wurden. Der Mufti ließ sich jedoch nicht von seinem Vorhaben abbringen. Erst als sich Deutschland aus den besetzten Gebieten Osteuropas zurückziehen mußte und politisch nach jedem Strohhalm griff, kam es zu einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Mufti und Himmler, wobei el-Husseini mit aller Macht Deutschland bei der Aufstellung moslemischer Einheiten für die Waffen-SS unterstützte, obwohl er zu diesem Zeitpunkt selbst nicht mehr an den deutschen Endsieg glaubte. Diese Arbeit will besonders auf die enge Verbindung el-Husseinis zur SS, die durch ein freundschaftliches Verhältnis zu Himmler gekennzeichnet war, eingehen. Ferner wird aufgezeigt, daß die Politik der Achsenmächte mit dem politischen und weltanschaulichen Kalkül des Mufti übereinstimmte. Die Zusammenarbeit geschah in einem weitaus größeren Umfang als die Apologeten des Mufti zugeben wollen; hierbei wurde von deutscher Seite keinerlei Zwang auf el-Husseini ausgeübt. Er bot sich geradezu an und gab sich keinesfalls mit den kleineren propagandistischen Aufgaben zufrieden, die ihm die deutsche Abwehr übertrug. El-Husseini war das willfährige Werkzeug der Nationalsozialisten, das sich hauptsächlich Gedanken um die eigene Position machte. Ihm ging es im wesentlichen darum, von den Deutschen eine Art schriftliche Bestätigung über die arabische Unabhängigkeit zu bekommen, die er als Freibrief für seine eigene politische Zukunft benötigte. Wie auch von kritischen arabischen Autoren zugegeben wird, kann es ihm unmöglich entgangen sein, daß ein Sieg der Achsenmächte zu einem weitaus strengeren Regime in den Ländern des Nahen Ostens als unter den Briten und Franzosen geführt hätte. In den späten vierziger Jahren waren die weitgehenden politischen Aktivitäten el-Husseinis im Dritten Reich Gegenstand diverser Arbeiten und Berichte, die größtenteils von jüdischer und arabischer Seite stammten und somit sehr oft politischer Unparteilichkeit entbehrten. In Anbetracht der Ungeheuerlichkeit des nationalsozialistischen Regimes wären auch zu diesem Zeitpunkt weniger emotionelle Erörterungen kaum denkbar gewesen. Die Sympathien der Weltöffentlichkeit galten den Juden, während sich die Araber – nicht zuletzt wegen ihrer prodeutschen Haltung im Krieg – in der Defensive befanden: Daß auch einer der ihren an den Greueltaten der Nationalsozialisten hätte beteiligt sein können, war für sie völlig unakzeptabel. Zu den Autoren, die in den ersten Nachkriegsjahren über den Mufti von Jerusalem schrieben, gehörten Pearlman (1947) und Wiesenthal (1947).
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Arabischerseits wurden Artikel über und Interviews mit el-Husseini veröffentlicht, die oft um eine Rechtfertigung seines Verhaltens bemüht waren. Hier ist besonders das vom Arab Office in Washington herausgegebene „Arab News Bulletin“ vom 14. Oktober 1946 hervorzuheben. Die Tatsache, daß el-Husseini von den Alliierten aus politischem Kalkül ungestraft blieb, wurde von seinen arabischen Sympathisanten als Beweis seiner Schuldlosigkeit dargestellt. Dies mag durchaus eine Art Trotzreaktion gewesen sein. Die vorliegende Arbeit möchte zusätzlich klarstellen, daß es schließlich die Araber selbst waren, die am Ende den Mufti aufgrund seiner politischen Intransigenz und nicht zuletzt wegen seiner Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten zur Bedeutungslosigkeit verurteilten. Auch dies sollte als Eingeständnis seiner Schuld zu verstehen sein. Nach Bearbeitung veröffentlichter sowie unveröffentlichter Akten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes (AA) erschien in den 1960er Jahren eine Reihe von Untersuchungen, die sich teilweise mit der Kollaboration el-Husseinis mit den Nationalsozialisten befaßten. Besonders erwähnenswert sind hierzu die Arbeiten von Schechtman (1965), Tillmann (1965), Hirszowicz (1966) und Grobba (1967), obwohl auch diesen Autoren Einseitigkeit in ihren Darstellungen vorgeworfen wird. Erst ab 1970 schien es möglich, den Mufti zumindest mit einem gewissen Abstand zu betrachten, jedoch brachten die Arbeiten von Khadduri (1973) und DeLuca (1979) keine neuen Erkenntnisse. Khadduri ging kaum auf die Zusammenarbeit elHusseinis mit den Nationalsozialisten ein, während DeLuca eine ausgewogene Darstellung lieferte, die allerdings nur auf den bereits bekannten Quellen basierte. Ein 1983 erschienener Artikel von Carpi ist offensichtlich sehr um Objektivität bemüht. Er machte es sich zur Aufgabe, die Aktivitäten des Mufti an Hand der italienischen Dokumente zu untersuchen, wobei auch er zwangsläufig zu der Schlußfolgerung kommt, daß el-Husseini als Zeuge des Verfalls des italienischen Faschismus, der ruhmlos zu Ende ging und Leid und Blutvergießen verursachte, nichts aus dieser Erfahrung lernte, sondern sich vielmehr noch enger an die Erbarmungslosesten der NS-Größen band. Weitaus weniger objektiv ist die Dissertation von Mattar (1981), der seinerseits bemängelt, daß es bei den Arbeiten über el-Husseini an Originalität fehle, weswegen er viele Autoren des Plagiats beschuldigt. Es handele sich entweder um Zionisten, die den Mufti verleumden wollen, oder um arabische Nationalisten, die ihn zu glorifizieren versuchen. Der Eindruck entsteht jedoch, daß auch Mattar selbst keinesfalls unparteiisch ist. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse liefert er nicht, und eine Vielzahl seiner „Informationen“ basieren auf Gesprächen mit Angehörigen der Familie el-
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Husseinis. Die bisherigen Arbeiten über die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten hält Mattar für übertrieben und gibt lediglich zu, daß die propagandistischen Äußerungen des Mufti während der nationalsozialistischen Herrschaft doch belegen, daß er nicht nur anti-zionistisch war, wie er immer von sich behauptete, sondern auch anti-jüdisch. Ansonsten macht auch Mattar von dem bekannten Argument Gebrauch, die Nationalsozialisten benötigten bei der Vernichtung der Juden weder die Inspiration noch die Unterstützung eines el-Husseini. Es ist nicht zu leugnen, daß der Mufti gegen die Auswanderung der Juden aus den von Deutschland besetzten Gebieten nach Palästina protestierte und statt dessen Polen als das ideale Endziel vorschlug, aber für Mattar sind die Vorwürfe gegen el-Husseini erst dann aufrechtzuerhalten, wenn die Beweise erbracht werden, daß die betreffenden Juden tatsächlich in den Konzentrationslagern ermordet wurden. Die militärischen Aktivitäten des Mufti für das Dritte Reich werden von Mattar ebenfalls nur am Rande erwähnt, als hätten sie im Rahmen einer Zusammenarbeit keinerlei Bedeutung. Alles in allem versucht er, sämtliche Beweise gegen den Mufti in Frage zu stellen. Eine 1982 erschienene Dissertation von Ibara bezieht sich lediglich auf die Jahre des Mufti von 1921 bis 1937 in Palästina. Auch Elpeleg konzentriert sich hauptsächlich auf die Aktivitäten el-Husseinis im Nahen Osten vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, aber seine relativ kurze Abhandlung des Aufenthalts im nationalsozialistischen Deutschland ist durchaus objektiv. Er kommt zu dem Ergebnis, daß der Mufti nicht nur anti-zionistisch war, sondern absolut anti-jüdisch. Manche Autoren, die über die Geschichte der Palästinenser und den israelisch-palästinensischen Konflikt schreiben, verklären den Mufti oder erwähnen ihn nur als unbedeutende Marginalie oder legen ganz einfach den Mantel des Schweigens über ihn. Im wissenschaftlichen Kontext, wenn es darum geht, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, überwiegt bei diesen Autoren offensichtlich die eigene subjektive Wahrnehmung historischer Fakten. Während sich der palästinensische Autor Suleiman Abu Dayyeh (1999) durchaus kritisch mit dem Mufti auseinandersetzt, indem er ihm u. a. Vernachlässigung der Nationalbewegung in Palästina, Überschätzung der eigenen Bedeutung, mangelnden Realismus sowie die Unfähigkeit, eine Kompromißlösung der palästinensischen Angelegenheit in Betracht zu ziehen, vorwirft, überbieten sich deutsche Mufti-Apologeten in Eindimensionalität frei nach dem Motto: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Im erweiterten Kontext stellt der Islamwissenschaftler Bassam Tibi zu Recht die Frage: „Warum reden deutsche Islam-Experten, die unablässig Verständnis für die islamische Kultur predigen, nicht auch von den Gefahren des Judenhasses, der nicht zuletzt in der deutschen Islam-Diaspora allgegenwärtig ist?“ 1 Im
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Einleitung
akademischen Diskurs scheint die dominante Frage zu sein, ob Amin elHusseini eher als arabischer Nationalist oder eher als Islamist einzustufen sei. In diesem Punkt wird der zeitweise etwas weltfremd anmutende Charakter der Diskussion besonders deutlich. 2002 erschien das Buch „Djihad und Judenhaß“ von dem Politikwissenschaftler Matthias Küntzel, der nachweist, daß der arabische Antisemitismus nicht nur eine Beigabe zum gegenwärtigen Djihadismus darstellt, sondern auch dessen Kernthese ist. Im Epilog seines Buches, dem er den Titel „Der Mufti und die Deutschen“ gab, zeigt er deutlich, wie die Kollaboration von Amin el-Husseini mit den Nationalsozialisten im deutschen wissenschaftlichen oder medialen Diskurs zur reinen Geschichtsklitterung degeneriert. In einer Forschungsarbeit von 2006 präsentieren die Historiker Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers von der Forschungsstelle Ludwigsburg wichtige und bisher nicht bekannte Fakten über die Aktivitäten el-Husseinis und dokumentieren schwerpunktmäßig die entscheidende Kriegsphase Deutschlands im Nahen Osten und in Nordafrika von 1941/42. Sie belegen eindrucksvoll, daß nach einem Sieg Rommels gegen Montgomery ein SS-Einsatzkommando den Auftrag erhalten hätte, alle Juden in Palästina zu ermorden. In Anbetracht der umfangreichen ausländischen Literatur über el-Husseini schien es dem Verfasser der vorliegenden Arbeit erforderlich, daß eine ausführliche deutsche Stellungnahme zu dem Ausmaß der umstrittenen Zusammenarbeit des Mufti mit den Nationalsozialisten erscheinen sollte. Bestand Zweifel an der Unverfälschtheit einzelner Dokumente, die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst von den Alliierten ins Ausland gebracht wurden, so ließ sich der Verfasser deren Echtheit vom Bundesarchiv – Abt. Militärarchiv in Freiburg i. Br. bestätigen.
1. Der Mufti von Jerusalem 1.1 Der familiäre Hintergrund Amin el-Husseinis Die Tatsache, daß Amin el-Husseini einer der führenden arabischen Familien Palästinas entstammte, die seit Generationen politischen Einfluß ausgeübt hatte, war ohne Zweifel von erheblicher Bedeutung. Denn dieser familiäre Hintergrund ebnete ihm im wesentlichen den Weg für seinen späteren Einstieg in die Politik und brachte von vornherein die Akzeptanz seitens eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung mit sich. Als Großgrundbesitzer konnten sich diese Familien auf die Unterstützung der von ihnen abhängigen Landbevölkerung verlassen, auch wenn die Clans häufig sowohl mit- als auch untereinander zerstritten waren und unter der osmanischen Herrschaft einen ständigen Kampf um die zur Verfügung stehenden Machtstellungen führten. So berichtet Porath, 1 daß bereits Anfang des 17. Jahrhunderts ein Mitglied des Husseini-Clans Mufti 2 von Jerusalem wurde. Er hinterließ keine Söhne, so daß das Amt des Mufti nicht mehr in den Händen der Familie lag. Da jedoch seine Tochter mit dem Imam der Al-Aqsa-Moschee verheiratet war, durften ihre Nachfahren die sharifi-Abstammung 3 und den Namen el-Husseini beibehalten. Inzwischen hatte ein anderer Zweig der Husseinis den Titel des naqib al-ashraf 4 erworben, was zur Folge hatte, daß das Amt des Mufti nicht an die Familie zurückgegeben wurde, denn die osmanische Verwaltung nahm in der Regel davon Abstand, diese beiden überaus wichtigen Positionen an eine einheimische Familie zu vergeben. Diese Einschränkung der Macht der einzelnen Familien galt besonders in nicht-autonomen Gebieten wie Jerusalem. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts konnten die Husseinis das Amt des Mufti wieder erlangen. Unter den Osmanen waren die Notabeln in Palästina sehr auf ihr eigenes Ansehen bedacht; jede amtliche Position trug in sich einen gewissen Stellenwert und deren Erwerb resultierte unweigerlich in Streitigkeiten und Ränkespielen unter den Kandidaten. Trotzdem wäre es falsch, die Bedeutung, die das Amt des Mufti von Jerusalem beinhaltete, überzubewerten, denn die Stadt war stets Istanbul unterstellt, und der Mufti übte lediglich Einfluß über die ulama 5 in Jerusalem aus. Für die anderen Bezirke Palästinas war Beirut zuständig. Diese Situation änderte sich schlagartig mit der Besetzung des Landes im
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Der Mufti von Jerusalem
Ersten Weltkrieg durch die Briten, die nun Jerusalem zum Regierungssitz und Ort des Obersten Gerichtes ernannten. Selbstverständlich gewann durch diese Maßnahme auch das Amt des Mufti von Jerusalem an Bedeutung. Der amtierende Mufti, Kamil el-Husseini, ein älterer Bruder Amins, zeigte sich den Briten gegenüber durchaus entgegenkommend und erhielt als Gegenleistung den bis dahin im Islam unbekannten Titel eines Großmufti (al-Mufti al-akbar) verliehen. 6
1.2 El-Husseinis Werdegang bis zu seiner Wahl zum Mufti Die Angaben über das Geburtsjahr el-Husseinis sind recht unterschiedlich. Die meisten Autoren geben 1893, 1895 oder 1897 an. In einem Schreiben an Khadduri 7 bestätigte el-Husseini jedoch, daß er 1897 geboren sei. Ob seine Familie, die ihm jede Bildungschance hätte bieten können, jemals damit rechnete, daß er eines Tages Mufti von Jerusalem werden könnte, ist zweifelhaft. Denn trotz der Tatsache, daß bereits vor ihm sein Großvater, Vater und Bruder dieses Amt ausübten, ließ seine Ausbildung in religiösen Angelegenheiten viel zu wünschen übrig. 8 Es ist lediglich bekannt, daß er 1912 zu den Schülern des Scheichs Muhammed Rashid Rida in Kairo gehörte, der als großer arabischer Reformer in religiös-politischen Kreisen galt. Vermutlich wurde hier der Grundstein für sein späteres politisches Verhalten gelegt. 1913 pilgerte el-Husseini nach Mekka und erwarb somit das Recht, seinem Namen den Titel Haj (Pilger) voranzustellen. Später ging er auf die mülkiye (Verwaltungshochschule) in Istanbul und besuchte die Militärakademie. Während des Ersten Weltkrieges diente er als Offizier in der türkischen Armee 9 in Smyrna, wo er angeblich eine „palästinensische Streitmacht aufgebaut“ haben soll, „die, wie er behauptete, 2000 Mann zählte“. 10 Während dieser Zeit will er außerdem Mitglied einer Geheimorganisation gewesen sein, die gegen fremde Vorherrschaft agierte. 11 Im Jahr 1918 „half er den britischen Behörden“ unter Captain C. D. Brunton, Rekrutierungen unter den Palästinensern „für die Sherif-Armee vorzunehmen“. 12 Aber es ist offensichtlich, daß seine Bereitschaft, mit der anscheinend pro-arabisch eingestellten britischen Verwaltung zu kooperieren, zusehends geringer wurde, je mehr sich das Wissen über die Balfour-Deklaration unter der Bevölkerung verbreitete. 13 Er setzte sich nunmehr mit stets wachsender Begeisterung für die arabische Sache ein. Bis April 1920 leitete el-Husseini den radikalen al-Nadi al-’Arabi (Arabischen Club) in Jerusalem, der zur Verteidigung der arabisch-palästinensischen Interessen gegründet wurde 14 und dessen Zielsetzung die Vereinigung mit Feisals Haschemitenregime in Damaskus war. Wie Khadduri berichtet, 15 soll el-Husseini an den Demonstrationen an-
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läßlich des Besuchs der vom amerikanischen Präsidenten Wilson vorgeschlagenen inter-alliierten Kommission (King-Crane-Commission) in Palästina teilgenommen haben und als einer der Anstifter festgenommen worden sein. Die im März 1920 von einem Kongreß syrischer Notabeln ausgerufene Proklamierung Emir Feisals, Sohn des Sherifen Hussein von Mekka, zum König von Syrien und Palästina löste eine Serie pro-syrischer Demonstrationen aus, die mit den Jerusalemer Unruhen im April 1920 ihren Höhepunkt erreichten. 16 El-Husseini, der unmittelbar an diesen Ausschreitungen beteiligt war, wurde aufgrund seiner aufwieglerischen Rede von einem britischen Militärgericht in absentia zu zehn Jahren Haft verurteilt. 17 Zunächst hielt er sich bis zur französischen Besetzung Syriens und der Vertreibung Emir Feisals in Damaskus auf. Anschließend engagierte er sich laut Khadduri 18 für die Sache der Palästinenser von Transjordanien aus, von wo er die britische Politik in Palästina genau verfolgen konnte. Von der Umwandlung der Militärverwaltung in eine zivile unter Sir Herbert Samuel als Hochkommissar im Jahr 1920 erhofften sich die Briten einen Abbau der Spannungen im Lande, die auch darauf basierte, daß sich die Araber der Bedeutung der Balfour-Deklaration bewußt wurden. Als erstes wurde eine Amnestie der wegen der Unruhen von 1920 verurteilten Araber und Juden erlassen und obwohl diese zunächst nicht für die Rädelsführer galt, konnte el-Husseini recht bald nach Jerusalem zurückkehren. Allerdings wurde er weiterhin in den Polizeiakten als ein zu beobachtender „Agitator“ 19 geführt. Inzwischen bahnte sich in Palästina eine völlig neue politische Situation an, die die Streitigkeiten und den damit verbundenen Intrigen zwischen den rivalisierenden Familien – und vor allem zwischen den Mitgliedern der Husseini- und Nashashibi-Fraktionen – von neuem mit aller Heftigkeit aufflackern ließ. Kamil el-Husseini 20 , der durch seine Ernennung zum Großmufti und die Aufwertung Jerusalems zur Hauptstadt quasi zum Mufti von Palästina avanciert war, wurde ernsthaft krank. Jetzt war das Augenmerk auf die mögliche Wahl seines Nachfolgers gerichtet. Amin el-Husseini bereitete sich auf diese neue Rolle vor. Am 21. März 1921 starb Kamil el-Husseini, Mufti von Jerusalem und Präsident des Sharia-Berufungsgerichts.
1.3 Der Streit um die Wahl zum Mufti von Jerusalem Trotz der Rivalitäten zwischen den arabischen Familien, deren Notabeln im Rückblick anscheinend die osmanische Verwaltung bevorzugten, glaubten die Briten, besser mit den Arabern als mit den gutorganisierten Juden 21 , die ein klares Ziel vor Augen hatten, zurechtzukommen. Die Briten waren um das politische Gleichgewicht zwischen den Husseinis und den Nashashibis sehr bemüht und hielten es für einen klugen Schachzug, daß nach den Un-
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ruhen vom April 1920 Musa Kasem el-Husseini durch Ragheb Bey Nashashibi als Bürgermeister abgelöst wurde. Beide Familien betrieben eine starke Agitation und waren sich lediglich in der Ablehnung des jüdischen Nationalheims in Palästina einig. So wurden in Jerusalem der Arabische Club (al-Nadi-al ’Arabi) von den Husseinis und der Literarische Verein (al-Muntada al-Adabi) von den Nashashibis geführt, 22 wobei zu erwähnen ist, daß im Gegensatz zu den extremen Husseinis die Nashashibis zunehmend eine gewisse Kooperationsbereitschaft mit den Briten zeigten. Natürlich waren diese beiden Familien mit Hinblick auf die bevorstehende Wahl zum Mufti von Jerusalem daran äußerst interessiert, politischen Einfluß auszuüben.23 Was die Formalitäten dieser Wahl betraf, nahm die britische Verwaltung „Zuflucht zum türkischen System“, wonach eine gewisse Anzahl von Religionsgelehrten und Führern in ganz Palästina ihre Auswahl zwischen den Kandidaten zu treffen hatte. Unter den ersten drei mit den meisten Stimmen sollte dann die britische Verwaltung einen zum Mufti ernennen. 24 Alle Anzeichen sprechen dafür, daß sich der Hochkommissar Herbert Samuel bereits vor der Wahl für el-Husseini entschied, der ihm seinerseits anläßlich eines Treffens seine Kooperationsbereitschaft zugesichert hatte. Möglicherweise vertrat auch Samuel die Auffassung, daß ein weiteres Mitglied der Nashashibis in einer derart hohen Position das Machtverhältnis und das politische Gleichgewicht stören würde. 25 Daß sich el-Husseini nicht unter die ersten drei Kandidaten plazieren konnte, dürfte den Hochkommissar sicherlich in einige Verlegenheit gebracht haben. Die Husseinis selbst fochten das Ergebnis aus verschiedenen wahltechnischen Gründen an und erreichten schließlich, daß ausgerechnet Scheich Husam al-Din Jarallah, der Kandidat der von den Nashashibis unterstützt wurde und sich sogar als erster plazieren konnte, von den Briten zur Aufgabe seiner Kandidatur gezwungen wurde, so daß el-Husseini von Platz vier auf Platz drei vorrückte. Als die Nashashibis nun unmißverständlich bekanntgaben, sie würden sich unter keinen Umständen mit einer Ernennung el-Husseinis zum Mufti abfinden, zog sich der Hochkommissar aus der Affäre, indem er entschied, keine schriftliche oder öffentliche Ernennung zu erteilen. 26 Stillschweigend übernahm el-Husseini das Amt des Mufti und bezeichnete sich von nun an als Großmufti und Oberhaupt der moslemischen Gemeinschaft in Palästina.
1.4 Der Moslemische Oberrat und die Gründung einer Opposition In ihren keinesfalls selbstlosen Bemühungen um die Schaffung einer Institution für die Araber, die sie mit den jüdischen Organisationen gleichstellen sollte, scheiterten die britischen Beamten stets am Widerstand der Araber
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selbst, die wenig Grund hatten, den Briten zu trauen; außerdem waren sie unter sich viel zu zerstritten. Schließlich wurde zur Verwaltung der religiösen Stiftungen (waqf-Fonds), Sharia-Gerichte und anderer islamischer Institutionen ein Moslemischer Oberrat (Supreme Moslem Council) gegründet, der den Arabern in religiösen Angelegenheiten eine Selbstverwaltung gewährte. Daß Samuel 1922 den Mufti von Jerusalem provisorisch zum Präsidenten des Moslemischen Oberrats ernannte, wurde als gelungenes Manöver betrachtet, zumal sich die britische Verwaltung ein gewisses Informationsrecht hinsichtlich des Jahresbudgets vorbehielt und somit glaubte, in etwa die Aktivitäten des Mufti einschränken zu können. Sie konnte jedoch nicht voraussehen, daß es el-Husseini später gelingen würde, alle vorgesehenen Wahlen zum Moslemischen Oberrat entweder zu vereiteln oder für ungültig zu erklären. Da auch kein Gesetz verabschiedet wurde, um die Funktion und den Status des Präsidenten des Moslemischen Oberrats klar abzugrenzen, wurde el-Husseini, der in seiner Person die Ämter des Mufti von Jerusalem und des Präsidenten des Moslemischen Oberrats vereinte, „tatsächlich der einflußreichste Araber in Palästina“. 27 Durch die Verwaltung der religiösen Stiftungsgüter konnte der Mufti als Präsident des Moslemischen Oberrats auch finanziell aus dem vollen schöpfen. Er baute den Oberrat zu seinem persönlichen Machtinstrument aus, und seine politischen Einflußmöglichkeiten schienen geradezu unbegrenzt. Dies war auch einer der Gründe dafür, daß es dem Mufti später gelang, nicht nur bei seinen ClanAnhängern, sondern auch bei der breiten Masse der Palästinenser so viel Macht und Ansehen zu erreichen. „Er ist jetzt eine solche Macht im Lande, daß er bei der Unterstützung, die er durch die nationalen Komitees in den verschiedenen Städten Palästinas findet, wirklich als das Haupt einer dritten Parallelregierung bezeichnet werden kann.“ 28 Während dieser Zeit erlebte Palästina eine bemerkenswerte Politisierung, die sich keineswegs auf die Aktivitäten der 1920 unter der Führung von Musa Kasem el-Husseini gegründeten Arabischen Exekutive 29 beschränkte, deren Ziel es war, eine Lösung des Palästinaproblems auf internationaler Ebene herbeizuführen. Ihr gelang es jedoch nicht, die britische Regierung in London von der Notwendigkeit einer Änderung ihrer Palästinapolitik zu überzeugen. Die Nashashibis, die sich eigentlich niemals mit der Ernennung el-Husseinis zum Mufti von Jerusalem abfinden konnten, sahen sich nun dadurch äußerst bedrängt, daß er auch noch als Präsident des Moslemischen Oberrats fungierte. Sie unterstützten die 1923 gegründete Arab National Party, die u. a. eine Kooperation mit der britischen Regierung befürwortete und zumindest insgeheim Kontakte zu den Zionisten aufnahm. 30 Die Briten ih-
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rerseits machten jedoch von den Annäherungsversuchen der Nashashibis keinen Gebrauch; sie nahmen sie einfach nicht zur Kenntnis. 31 Die Gründung dieser Partei als Opposition vertiefte die Kluft zwischen den Nashashibis und den Husseinis, denn sie verlieh den Streitigkeiten einen offiziellen Charakter. Da es jetzt mehr denn je um Prestige als um Politik ging, wurde die Entwicklung der arabischen Nationalbewegung in Palästina durch die Zersplitterung sehr stark gehemmt. Die heranwachsende Generation im Lande fing nun verstärkt an, das alte politische Feudalsystem in Frage zu stellen, und dies dürfte der Grund gewesen sein, daß sie radikalere Wege suchte, um ihre politischen Vorstellungen zu verwirklichen. Der Mufti, der sich bewußt im Hintergrund gehalten hatte, um ungestört seine Position zu konsolidieren, erkannte die Gefahr seitens der Opposition, als die National Party 1926 die Hälfte der Sitze bei der Wahl zum Moslemischen Oberrat gewann. Aus technischen Gründen ließ er deshalb diese Wahl für ungültig erklären und sorgte dafür, daß auch keine weiteren stattfanden. Zunächst verfolgte er weiterhin seine Politik der Zurückhaltung gegenüber den Briten, aber gleichzeitig versuchte er, Kapital für sich selbst aus dem schwindenden Vertrauen zu den Notabeln und Großgrundbesitzern zu schlagen.
1.5 Der Mufti wird Präsident des Arab Higher Committee Am 1. Mai 1921 brachen erneut Unruhen in Palästina aus. Die Araber wollte angeblich ihre Entrüstung darüber zum Ausdruck bringen, daß ein Jude zum Hochkommissar ernannt wurde. 32 Denn, obwohl Sir Herbert Samuel durchaus Frieden mit den Arabern schließen wollte, war er immerhin der erste Jude, der seit 2000 Jahren die Politik im Land bestimmen durfte. Während dieser neuen Revolte, die sich von Jaffa aus auf das ganze Land ausbreitete und bis zum 7. Mai andauerte, kamen 47 Juden und 48 Araber ums Leben. Die von den Briten eingesetzte Haycraft-Kommission kam im Oktober 1921 zwar zu dem Ergebnis, daß ausschließlich die Araber die Aggressoren waren, sah aber hauptsächlich politische und wirtschaftliche Gründe im Zusammenhang mit der jüdischen Einwanderung als Auslöser der Gewalt. 33 Die Folge war eine weitere Einschränkung der jüdischen Einwanderung durch London und die Erkenntnis der Araber, daß sie ihre Ziele durchaus mit Krawallen und Terrorismus verwirklichen können. Im September 1922 wurde das Land frühzeitig in Erfüllung der Mandatsforderungen in Palästina und Transjordanien geteilt, und es war den Juden nicht mehr erlaubt, sich östlich des Jordans niederzulassen. Abdallah, Sohn des Sherifen Husseini von Mekka, wurde als Emir von Transjordanien anerkannt.
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Nach der Revolte von 1921 herrschte eine gewisse Ruhe in Palästina. Wie bereits erwähnt, war el-Husseini darum bemüht, seine eigene Stellung zu festigen, so daß ihm jeglicher öffentlicher Aufruhr ungelegen gekommen wäre. Es war daher gewiß in seinem Sinne, daß die palästinensischen Führer zu dieser Zeit durch die Ereignisse in Ägypten, im Irak und in Syrien abgelenkt wurden und eine Politik des Abwartens verfolgten. Ferner machte sich nach 1925 eine fühlbare Entspannung der politischen Lage im Land durch die wirtschaftliche Depression bemerkbar. Zu dieser Zeit galt Palästina nicht mehr unbedingt als attraktives Einwanderungsland für die Juden, und es schien, als ob die Histadrut mit ihrer Politik der „awoda iwrit“, wonach nur jüdische Kräfte in jüdischen Betrieben eingestellt wurden, wenig daran ändern würde. 34 Der Zionismus stellte schlechthin keine Bedrohung mehr für die Araber dar. Als jedoch der wirtschaftliche Aufschwung wieder einsetzte und die Einwanderungszahlen erneut stiegen, änderte sich die arabische Politik schlagartig. Ein Vorfall an der Klagemauer wurde vom Moslemischen Oberrat unter el-Husseini derartig aufgebauscht, daß es 1929 zu heftigen Ausschreitungen kam, die ihren Höhepunkt in der Ermordung von mehr als 130 Juden in Hebron erreichten. 35 Aus diesen Unruhen ging der Mufti von Jerusalem als wichtigster palästinensischer Führer hervor. Geschwächt wurde die kompromißbereite Arabische Exekutive, 36 die von nun an zunehmend zu einer Kooperation mit den Nashashibis neigte. Das unmittelbare Ergebnis der Unruhen von 1929 bestand darin, daß elHusseini jetzt den Briten gegenüber bestimmter auftreten konnte und seine Bemühungen um die Panarabisierung des Palästinaproblems nicht mehr verbarg. Allerdings ließ er immer noch eine gewisse Vorsicht walten, denn – wie Porath richtig erkennt – entstand nun eine Situation, in der beide Seiten aufeinander angewiesen waren. 37 Die Briten wollten unbedingt eine Wiederholung der Unruhen vermeiden, und der Mufti wollte als Gegenleistung erreichen, daß ein geplanter Islamischer Kongreß in Jerusalem nicht verboten würde. Außerdem sollte die Regierung hinsichtlich längst fälliger Wahlen zum Moslemischen Oberrat nichts unternehmen, sondern zu einer Finanzsanierung beitragen. 38 Seine radikalen Anhänger ließ der Mufti wissen, daß ein ernsthafter Zusammenstoß mit der britischen Verwaltung solange nicht im Interesse der Palästinenser wäre, bis nicht alles für die erfolgreiche Aufnahme des Kampfes vorbereitet sei. 39 Dieses Argument wendete er auch gegen die massiven Angriffe der 1932 gegründeten Istiqlal (Unabhängigkeits)-Partei an, deren Ziel eine Föderation aller arabischen Länder war und die eine äußerst anti-britische Politik betrieb. Für sie galt Palästina wieder als „Südsyrien“. 40 Diese Kampagne gegen die Mandatsmacht fand in der arabischen Presse
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sehr viel Anklang, und die starke jüdische Einwanderungswelle von 1933, an der die deutschen Juden 41 immer noch mit einer verhältnismäßig geringen Anzahl vertreten waren, löste eine ungewöhnlich scharfe anti-britische Propaganda aus. In Anbetracht der öffentlichen Meinung sah sich die Arabische Exekutive nun dazu genötigt, im Oktober 1933 einen Generalstreik auszurufen, der zu Unruhen im ganzen Land führte. Nach dem Scheitern dieser Konfrontation mit der Regierung und dem damit verbundenen Verfall der Arabischen Exekutive gründeten die Nashashibis 1934 ihre eigene Nationale Verteidigungspartei, die eine Kooperation mit den Briten befürwortete und den Aktivismus der radikalen Jugendgruppen kritisierte. 42 1935 gründeten die Husseinis ihrerseits die Palästinensische Arabische Partei, die u. a. die Abschaffung des Mandats forderte. 43 Das Überlaufen vieler Istiqlal-Mitglieder zur Palestine Arab Party brachte ein radikales Element mit sich. Insgesamt gab es jetzt sechs politische Parteien im Lande, die als Clanparteien nach wie vor durch Familienquerelen gekennzeichnet waren. Erst mit den Ereignissen vom April 1936 44 kam die Einsicht, daß eine geeinte Front unerläßlich sei. Am 25. April wurde in einer Versammlung aller arabischen Parteien ein Oberstes Arabisches Komitee, das später als Arab Higher Committee (AHC) bezeichnet wurde, ohne Rücksprache mit der Regierung gegründet.45 El-Husseini wurde zu dessen Präsidenten ernannt. Dank dieser Funktion konnte er seine Macht konsolidieren, und mit äußerster Härte verstand er es auch in absentia, seine palästinensischen Gegner während der nationalistischen Unruhen zwischen 1936 und 1939 auszuschalten. Den Machtkampf zwischen den Husseinis und den Nashashibis konnte er zu seinen Gunsten entscheiden, und er erlangte die Kontrolle über alle muslimischen Gelder in Palästina sowie die Aufsicht über Moscheen, Schulen und Gerichte. Nur diejenigen Araber, die dem Mufti treu ergeben waren, durften einflußreiche Posten bekleiden, und in den von Mufti-Banden kontrollierten Gebieten wurden Sharia-Gerichte eingeführt. Jeder Widerstand wurde im Keim erstickt, und Abweichler wurden liquidiert. Diejenigen Palästinenser, die eine etwaige Zusammenarbeit mit den Juden nicht von vornherein ablehnten, wurden ermordet. In diesem Klima der Furcht und Unterdrückung hieß es, daß „kein Muslim geboren werden oder sterben konnte, ohne Haj Amin zu Dank verpflichtet zu sein“. 46
1.6 Der Teilungsplan und die Flucht des Mufti Als es der britischen Mandatsmacht immer deutlicher wurde, daß sie die Situation in Palästina nicht mehr unter Kontrolle bringen konnte, schlug sie London vor, daß eine Royal Commission ernannt werden sollte, um die Palästinafrage eingehend zu untersuchen. Der Mufti versuchte nun, die an-
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deren arabischen Länder in die Angelegenheit zu verwickeln, aber die Resonanz erwies sich als nicht besonders erwähnenswert, zumal diese Länder an keiner Konfrontation mit Großbritannien interessiert waren und auch hinsichtlich Palästinas ihre eigenen Ziele und Vorstellungen verfolgten. 47 Schließlich blieb el-Husseini als Präsident des AHC nichts anderes übrig, als an die Rebellen zu appellieren, alle Gewalttätigkeiten einzustellen. Die Briten gewährten den Terrorbanden eine Woche Frist, sich aufzulösen. 48 Am 11. November 1936 kam die Royal Commission unter dem Vorsitz von Earl Peel in Jerusalem an. Interne Schwierigkeiten innerhalb des AHC führten dazu, daß im Januar 1937 eine Entscheidung, die Kommission zu boykottieren, rückgängig gemacht wurde, und daher Gespräche mit dem Mufti stattfinden konnten. Das Urteil über die Person el-Husseinis als Mufti von Jerusalem und Präsident des AHC war äußerst kritisch. Es wurde bedauert, daß seitens der britischen Verwaltung nichts unternommen worden war, um die Macht des Mufti einzuschränken. Das AHC „stellte tatsächlich das Hauptquartier der arabischen nationalistischen Bewegung dar“. 49 Am 7. Juli 1937 wurde der Bericht über Palästina (Palestine Royal Commission Report) veröffentlicht. Seine Hauptempfehlung lag in der Teilung des Landes in einen jüdischen Staat und eine Vereinigung des arabischen Gebiets (ca. 85 % des Landes) 50 mit Transjordanien. Abgesehen von der politischen Bedeutung der Empfehlungen der Royal Commission, lag das Ungewöhnliche an diesem Dokument darin, daß kein Versuch unternommen wurde, die Rolle des Mufti herunterzuspielen. Durch die Veröffentlichung wurde er dazu gezwungen, endlich Farbe zu bekennen. Für ihn hätte es wenig Zweck gehabt, den Briten weiterhin eine Kooperationsbereitschaft vorzutäuschen, zumal die vorgeschlagene Vereinigung Palästinas mit Transjordanien seine eigene Position äußerst geschwächt und die seines Feindes, Emir Abdallah, aufgewertet hätte. 51 Aber auch die britische Verwaltung wurde im Report nicht verschont, und sie zog die Konsequenz daraus, daß sie härter durchzugreifen hätte. Aus Gründen, die vorwiegend mit ihren internen Problemen und Ambitionen für Palästina zu tun hatten, reagierten die arabischen Länder außer Transjordanien unerwartet heftig auf den Teilungsplan, 52 der in Palästina selbst zu einem Wiederaufflackern der Gewalttätigkeiten führte. Es wurde jetzt nicht mehr geleugnet, daß el-Husseini der Anstifter der Unruhen war. 53 Ihm ging es nun darum, den Plan mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen; denn er wußte, daß die Durchführung des Planes seine Amtsenthebung mit sich bringen würde. Daß er das AHC als sein Sprachrohr benutzte, stimmte die Briten noch unversöhnlicher. Am 17. Juli 1937 entzog sich der Mufti seiner Verhaftung und suchte Zuflucht im Haram al-Sharif (dem inneren Moscheebezirk mit dem Felsendom und der al-
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aqsa-Moschee), dessen Boden die Briten nicht zu entweihen wagten. 54 Nach der Ermordung des Distriktkommissars für Galiläa, Lewis Yelland Andrews, am 26. September 1937 erklärten die Briten das AHC für illegal und enthoben den Mufti seiner Ämter. Im Oktober konnte er aus dem Haram al-Sharif entkommen und nach Libanon fliehen. 55 Trotz all dem, was vorgefallen war, kamen die Tegart Papers zur folgenden Beurteilung des Mufti: „Haj Amin ist ein Mann von beträchtlichem persönlichem Charme. Er ist beinahe übervorsichtig und ist kein Mann großen physischen Mutes. Die schlimmste Kritik, die ihm seine Feinde vorwerfen können, ist, daß er sich mit Beratern und Helfern aus den niedrigeren Schichten umgibt. Im wesentlichen entspricht dies der Wahrheit, aber man kann nicht daraus schließen, daß er immer Ratschläge aus solchen Kreisen befolgt, und es gibt keine Zweifel darüber, daß er allgemein für den einzigen möglichen Führer der palästinensischen Araber gehalten wird. In dieser Position ist er sicher, solange es unter den Arabern tatsächlich eine Angst vor jüdischer Herrschaft gibt.“ 56 Dieser Stellungnahme kann entnommen werden, daß es den Briten langfristig nicht sinnvoll erschien, unbedingt jeden Kontakt zu el-Husseini abzubrechen. Sie rechneten offensichtlich damit, daß er eines Tages durchaus wieder eine Rolle in ihrer Palästina-Politik spielen könnte.
2. Die deutsche Palästinapolitik bis 1937 2.1 Die prozionistische Haltung und die Exportinteressen der Weimarer Republik Die Rolle Palästinas in der deutschen Exportpolitik wurde vor allem durch die jüdische Einwanderung zum Ausbau des Nationalheims und die rapide Entwicklung der zionistischen Bewegung geprägt. Artikel 18 des Britischen Palästinamandats garantierte einen weitgehenden Freihandelsverkehr und aufgrund des deutsch-britischen Handelsvertrags von 1924 konnte sich Deutschland zum zweitwichtigsten Handelspartner Palästinas entwickeln. 1 Abgesehen vom wirtschaftlichen Aspekt war es der Weimarer Republik an einer Revidierung des Versailler Vertrages gelegen, und sie hoffte durch eine pro-zionistische Haltung die Sympathien Großbritanniens und der USA zu gewinnen. 2 Somit hatte Palästina eine Doppelfunktion als bevorzugtes Einwanderungsland und als wichtiger Exportmarkt für deutsche Erzeugnisse. Diese pro-zionistische Haltung trug in sich den Kern des Antisemitismus, der ständig an Intensität gewann und zu verbitterten Auseinandersetzungen unter den assimilierten und zionistischen Juden in Deutschland führte, zumal die Behauptung der Zionisten, daß die Juden eine separate Volksgemeinschaft bildeten, mit den ideologischen Dogmen der Nationalsozialisten übereinstimmte. 3 Die arabischen Unruhen in Palästina von 1929 fanden hauptsächlich in der jüdischen Presse Deutschlands Beachtung. In diesem Zusammenhang wurde von über 200 Persönlichkeiten des jüdischen Lebens eine Deklaration unterzeichnet, in der sie jeglichen jüdischen Nationalismus ablehnten. Sie würden sich als „Glieder des deutschen, nicht des jüdischen Volkes“ 4 betrachten. Diese Erklärung erregte auch in der arabischen Presse Aufsehen und veranlaßte die „Jüdische Rundschau“ vom 8. November 1929, die Wortführer der Deklaration als „Helfer des Muftis“ zu bezeichnen, die ihm durch ihr Verhalten einen Grund lieferten, die „blutigen Abschlachtungen von Juden in Palästina zu rechtfertigen“. Interessant ist es zu bemerken, daß bereits zu diesem Zeitpunkt arabische Presseorgane in Palästina über die innerjüdischen Auseinandersetzungen informiert waren und diese propagandistisch zum eigenen Nutzen ausschlachteten. Nach den Unruhen von 1929 blieb die Grundhaltung der Weimarer Republik unverändert, auch wenn sie jetzt vorsichtige Kritik an Großbritan-
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nien übte und mehr Verständnis für die Araber propagierte. Sie befürchtete lediglich, daß Unruhen in Palästina die Juden womöglich davon abhalten könnten auszuwandern, wodurch insbesondere das gewinnbringende Exportgeschäft beeinträchtigt worden wäre. Deutschland war an einem wirtschaftlich starken Palästina interessiert und sah im Zionismus den Garanten dafür. Bei diesen Überlegungen spielten die Interessen der deutschen Siedlungen in Palästina eine äußerst untergeordnete Rolle. 5
2.2 Das Haavara-Abkommen Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 änderte sich zunächst wenig an der bereits vorher betriebenen Palästinapolitik der Weimarer Republik. Die neue Regierung litt unter einem chronischen Devisenmangel, der sich durch die weltweiten Boykottmaßnahmen gegen deutsche Waren aufgrund der Verfolgung der deutschen Juden zu verschlimmern drohte. Für Deutschland galt es jetzt, einen Weg zu finden, der sowohl den Export als auch die jüdische Auswanderung fördern würde. Zu diesem Zweck unterstützte der Generalkonsul in Jerusalem, Heinrich Wolff, die Bestrebungen der palästinensischen Orangenzuchtfirma Hanotaiah, das Reichswirtschaftsministerium vom Grundgedanken eines Vermögenstransfers durch den Verkauf deutscher Waren nach Palästina zu überzeugen. 6 Das Reichswirtschaftsministerium nahm hierzu Stellung: „Jüdische Auswanderer, die zur Errichtung einer neuen Existenz in Palästina über das von der Einwanderungsbehörde verlangte Vorzeigegeld (1000 Palästinische Pfund) hinaus Teile ihres Vermögens dorthin überführen wollen, werden von den Devisenbewirtschaftungsstellen auf Antrag die Genehmigung zur Einzahlung eines angemessenen Mehrbetrages auf ein bei der Reichsbank für die Anglo-Palästina-Bank und die Tempel-Bank geführtes Sonderkonto ihrer Firma erhalten. Gleiche Genehmigungen können deutschen Staatsbürgern jüdischen Volkstums erteilt werden, die zur Zeit noch nicht auswandern, sich aber gleichwohl schon jetzt eine Heimstätte in Palästina schaffen und an dem Aufbau Palästinas mitwirken wollen.“ 7 Wolff, der keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die NSDAP machte, konnte das Auswärtige Amt (AA) von den Vorteilen des Haavara(Transfer)-Abkommens 8 überzeugen, indem er darauf hinwies, daß die Vereinbarung „geeignet sei, die von jüdischen Kreisen betriebene Kampagne zur Boykottierung deutscher Waren abzuschwächen“. 9 Gegner des Abkommens bemängelten, daß es keine harten Devisen ins Land brachte, aber, solange sich der harte Kern der Nationalsozialisten noch nicht durchgesetzt hatte und Hitler selbst entschieden hatte, „daß die Judenauswanderung aus Deutschland weiterhin mit allen Mitteln gefördert werden“ 10 sollte, überwogen die Vorteile: Beschleunigung der Auswanderung, Schonung der De-
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visenbestände der Reichsbank und Steigerung des deutschen Exports nach Palästina. Im übrigen wurde der Auszahlungskurs ständig zuungunsten der Auswanderer geändert. In der deutschen Politik spielte das Haavara-Abkommen eine äußerst wichtige Rolle und ist sicherlich auch ein Grund für Hitlers Zurückhaltung gegenüber der arabischen Unabhängigkeitsbewegung und den diesbezüglichen Annäherungsversuchen der arabischen Länder gewesen, die unbedingt eine Auflösung des Abkommens erwartet hätten. Denn es läßt sich nicht leugnen, daß der Haavara-Transfer beträchtlich zum jüdischen Aufbau in Palästina beitrug. Ebensowenig berücksichtigte Hitler die Interessen der Palästinadeutschen, deren Siedlungen jetzt darunter litten, daß das Haavara-Abkommen den Juden eine Monopolstellung im Handel mit Deutschland gewährte. Die Palästinadeutschen befanden sich tatsächlich in einer Zwickmühle. Einerseits mußten sie aufgrund der nationalsozialistischen Politik mit einer ablehnenden Haltung der Juden in Palästina rechnen, andererseits wurden sie aber von den Arabern im Lande geradezu umworben, was sicher nicht im britischen Interesse lag. „Al Jamiah al-Arabiyah“ berichtete schon am 16. Mai 1933 von den „großen, hochverehrten“ Deutschen, die seit Jahrzehnten in Palästina lebten und deren Häuser „beispielhaft in ihrer Sauberkeit“ seien. Die Juden, die „sich von der ganzen Menschheit in ihrem Lebensstil […] unterscheiden, […] haben diese ehrenhaften Menschen […] als Zielscheibe für ihre boshaften Angriffe [ausgewählt].“ 11 Der Tatsache, daß Deutschland beträchtich für den dramatischen Anstieg der jüdischen Einwanderung nach Palästina ab 1933 verantwortlich war, wurde in der palästinensischen Presse keine große Bedeutung beigemessen. Zwar nahm die Kritik an Deutschland im Laufe der Zeit zu, aber das Haavara-Abkommen wurde merkwürdigerweise verschwiegen. 12
2.3 Die erste Kontaktaufnahme des Mufti zum Dritten Reich Der offen propagierte Antisemitismus des Dritten Reiches und die anscheinend gewollte Konfrontation mit Großbritannien waren Anziehungspunkte, die Deutschland als potentiellen Verbündeten für den arabischen Nationalismus erscheinen ließen. Die Araber begriffen offensichtlich nicht, daß Hitler zunächst erreichen wollte, daß Großbritannien seine ablehnende Haltung gegenüber Deutschlands Expansionsplänen in Osteuropa revidierte, wobei Unruhen in Palästina durchaus nützlich sein könnten, weil sie die Briten von den Ereignissen in Europa ablenken würden. Von einer aktiven Beteiligung an solchen Unruhen – sei es mit Geld oder Waffen – nahm Deutschland Abstand. Es lag nicht in seinem Interesse, in Auseinandersetzungen in Palästina verwickelt zu werden, und arabische Führer, die deutsche diplomatische Unterstützung für die politischen Ziele der arabischen
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Bewegung in Palästina erwarteten, erhielten lediglich vage Versprechungen. 13 Auch der Mufti von Jerusalem, el-Husseini, der bis zur Kontaktaufnahme mit der neuen Führung Deutschlands keine Zeit versäumte, mußte wiederholt diese Erfahrung machen. Bereits am 31. März 1933 sandte Generalkonsul Wolff folgendes Telegramm nach Berlin: „Mufti machte mir heute eingehende Ausführungen, daß Mohammedaner innerhalb und außerhalb Palästinas neues Regime Deutschlands begrüßen, und Ausbreitung faschistischer anti-demokratischer Staatsführung auf andere Länder erhoffen. Jetziger jüdischer Einfluß auf Wirtschaft und Politik sei überall schädlich und zu bekämpfen. Mohammedaner, um Juden in ihrem Wohlstand zu treffen, auf Erklärung Boykotts in Deutschland hoffen, dem sie dann in der ganzen mohammedanischen Welt mit Begeisterung beitreten würden.“ 14 Einen Monat später fand ein erneutes Treffen Wolffs mit dem Mufti und einigen palästinensischen Scheichs statt, wobei die Sympathie und Bewunderung für das neue Deutschland wieder zum Ausdruck gebracht wurde. Allerdings wurde hierbei der Wunsch geäußert, daß die deutschen Juden nicht nach Palästina geschickt werden sollten. 15 In Anbetracht ihrer Haavara-Politik konnten die Deutschen weder einen derartigen Wunsch berücksichtigen, noch unterstützten sie politische Bewegungen in Palästina, die auf nationalsozialistischen Prinzipien basierten. Der Nationalsozialismus stellte keine „Exportware“ dar, und es durfte „keinerlei Einmischung irgend welcher Art in die Politik des Gastlandes stattfinden“. 16
2.4 Der Mufti sucht die deutsche Hilfe Bereits vor der offiziellen Veröffentlichung des Peel-Reports hatte sich das AA mit der möglichen Bildung „eines jüdisch geleiteten Staatsgebildes unter britischer Mandatshoheit“ 17 befaßt und war zu dem Ergebnis gekommen, daß das Vorantreiben der jüdischen Auswanderung vorrangig wäre, auch wenn Deutschland die Entstehung eines solchen Staates nicht begrüßen würde, der nach Meinung Berlins so etwas darstelle „wie der Vatikanstaat für den politischen Katholizismus“. 18 Die Frage wurde erwogen, ob es tatsächlich zweckmäßig wäre, die Auswanderung ausschließlich nach Palästina zu lenken; aber solange Hitler sich diesbezüglich nicht geäußert hatte, konnte keine Entscheidung getroffen werden. Die Deutschen wollten lediglich mehr Verständnis für die arabische Sache zeigen, wobei sie sowohl die Interessen Großbritanniens als auch die „notorische politische Unzuverlässigkeit der Araber“19 zu berücksichtigen hatten. Allerdings dürften die eigenen wirtschaftlichen Interessen trotz zunehmender Kritik am HaavaraAbkommen in Deutschland nicht außer acht gelassen werden. Somit war Berlin lediglich zu einer kurzen Propagandakampagne in der Presse gegen
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die Teilung Palästinas bereit und versuchte, sich den politischen Verwicklungen zu entziehen, indem es darauf hinwies, daß das Mittelmeer zur Interessensphäre Italiens gehörte. De facto interessierte sich das Dritte Reich wenig für die Belange der Araber, aber durch die ständigen Bemühungen des neuen Generalkonsuls Doehle in Jerusalem, des Gesandten Grobba in Bagdad, der Auslandsorganisation in Berlin und die Appelle der Araber selbst wurde die Regierung in Berlin immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie sie mehr Verständnis für die Araber zeigen könnte, „ohne bestimmte Zusicherungen zu bekunden“. 20 Sicherlich durch diese ,neue‘ deutsche Politik und angebliches Verständnis für die politischen Anliegen ermutigt, ergriff el-Husseini erneut die Initiative und suchte Doehle am 15. Juli 1937 – zwei Tage, bevor er von den Briten verhaftet werden sollte – auf, um seine Einstellung zum Teilungsplan zu erläutern. 21 Doehle, der im Gegensatz zu Wolff eine pro-arabische Haltung einnahm und Berlin bereits darauf hingewiesen hatte, daß die bisherige Palästinapolitik die arabischen Sympathien für Deutschland beeinträchtigen könnte, 22 wurde offensichtlich durch den Besuch des Mufti in Verlegenheit gebracht, denn er konnte wenig mit den verschwommenen Instruktionen anfangen, die er über die mögliche Gründung eines jüdischen Staates in Palästina erhalten hatte. 23 Während dieser Unterredung erklärte der Mufti, daß die Palästina-Araber den Teilungsplan „geschlossen“ ablehnen. Dies gelte auch für die übrige arabische und mohammedanische Welt. In ihrem Kampf gegen die Juden hofften die Araber auf die Unterstützung derjenigen Großmächte, „deren Interessen in gleicher Richtung gingen“. Hierbei betonte el-Husseini, daß im Gegensatz zu Großbritannien, Frankreich und der Türkei die Interessen der Araber mit denen der Achsenmächte übereinstimmten. In seiner überschwenglichen Begeisterung für das „neue Deutschland“ unterließ es der Mufti offensichtlich, seine bereits bestehenden Verbindungen zu Italien zu erwähnen.24 Er sprach die Hoffnung aus, „daß Deutschland arabischem Kampf gegen Judentum sympathisch gegenüberstehe und bereit sei, diesen zu unterstützen“. Konkret meinte er, daß Deutschland sich öffentlich gegen die Errichtung eines jüdischen Staates stellen sollte. Doehle konnte jedoch nichts anderes tun, als dem Mufti zu versprechen, diesen Wunsch an seine Regierung weiterzuleiten, wobei er erwähnte, daß es vielleicht klug wäre, „wenn die deutsche Sympathie für arabische Bestrebungen […] nicht zu stark in Erscheinung“ träte. Ferner teilte el-Husseini dem Generalkonsul mit, daß er vorhabe, „einen Vertrauensmann inkognito nach Deutschland zu entsenden“, worauf Doehle sich bereiterklärte, bei den notwendigen Formalitäten behilflich zu sein. Noch am selben Tag bat er das AA um Anweisungen, wie er sich in dieser Angelegenheit zu verhalten habe. Gleichzeitig
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wollte er wissen, ob weitere Besprechungen mit dem Mufti wünschenswert seien. 25 Für den Mufti konnte das Gespräch keinesfalls befriedigend gewesen sein; deshalb entschloß er sich, keine Zeit zu verlieren. Am 22. Juli berichtete Doehle dem AA, daß der Vertrauensmann des Mufti Ende Juli in Berlin eintreffen werde. Das AA hielt diesen Besuch für zwecklos, „solange Stellung arabischer Staaten unsicher“ 26 sei, aber der Vertrauensmann war bereits nach Deutschland unterwegs. Aus einem Schreiben vom 10. August 1937 27 geht hervor, daß der Mufti, der inzwischen Zuflucht im Haram alSharif gesucht hatte, weiterhin mit dem Generalkonsul in Jerusalem in Verbindung blieb. Über einen Mittelsmann drückte er seine „Freude und Genugtuung“ über die deutsche Pressekampagne gegen die Teilung Palästinas aus. „Schon damit habe die deutsche Regierung dem Kampf der Araber in Palästina um ihre Selbständigkeit einen großen Dienst erwiesen.“ Bei dieser Gelegenheit übermittelte der Mittelsmann einen weiteren Wunsch des Mufti: Deutschland möge bei der polnischen Regierung intervenieren, „um Polen zu einer wohlwollenderen Haltung gegenüber den Bestrebungen der palästinensischen Araber zu bewegen“. Polen habe „ein besonders großes Interesse an der Aufrechterhaltung der Einwanderungsmöglichkeiten nach Palästina und an der Errichtung eines möglichst umfangreichen jüdischen Staates“. Um dem entgegenzuwirken, habe der Mufti der polnischen Regierung bereits schriftlich mitgeteilt, „daß im Falle der Errichtung eines jüdischen Staates die Aufnahmefähigkeit dieses neuen Staates so gering sei, daß das Judenproblem in Polen dadurch keine wesentliche Erleichterung, geschweige denn eine Lösung finden werde“. Vizekonsul Dittmann, der lediglich versprechen konnte, diesen Wunsch an die zuständigen Stellen zu übermitteln, wies das AA darauf hin, daß die „Befürchtungen des Mufti […] durchaus berechtigt“ seien. „Wenn die Aufnahmefähigkeit eines in den Grenzen des Peel-Vorschlages errichteten jüdischen Staates auch beschränkt ist, so dürfen nach vorsichtigen Schätzungen doch immerhin in den nächsten Jahren Einwanderungsmöglichkeiten für mindestens 500 000 Juden bestehen.“ Dittmann gab die Vermutung des Mufti weiter, daß eine bevorstehende Reise Chaim Weizmanns nach Warschau nur das Ziel haben könnte, „etwa für 300 000 polnische Juden Einwanderungsmöglichkeiten nach Palästina zu schaffen“. Hier vertrat das Generalkonsulat die Auffassung, daß für ein derartiges Zugeständnis die polnische Regierung die Gründung des jüdischen Staates „sowohl im Völkerbund als bei der Englischen Regierung nachdrücklich […] unterstützen“ würde. Den Ausführungen des Mittelsmannes des Mufti über die Unterstützung, die Palästina von den arabischen Staaten erwarten könnte, schenkte das
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Generalkonsulat wenig Glauben, zumal einige arabische Staaten sich nur halbherzig für die Palästinafrage eingesetzt hatten. Neuerdings wurde – so Dittmann – die Möglichkeit wieder erwogen, daß Palästina und Transjordanien zu einem arabischen Königreich proklamiert werden, und es hieß, daß der Mufti – „wohl wegen der Aussichtslosigkeit seiner jetzigen Politik“ – nun mehr Verständnis für diesen Plan zeigen würde. Allerdings bezweifelte Dittmann, daß es zu einer Aussöhnung zwischen el-Husseini und Emir Abdallah kommen könnte. „Das gegenseitige Mißtrauen und der Haß“ seien zu groß. 28 Gerade diese Uneinigkeiten unter den Arabern boten Berlin die Gelegenheit, diesbezügliche Entscheidungen hinauszuzögern. Die Deutschen behaupteten nun, daß der arabische Widerstand abgeflaut sei und lediglich der Ministerpräsident des Irak und der Mufti von Jerusalem eine heftige Haltung einnehmen würden. 29 Mit diplomatischer Geschicklichkeit machten nunmehr die deutschen Regierungsstellen ihre Haltung zur Palästinafrage von derjenigen der Araber abhängig.
2.5 Reise Hagens und Eichmanns nach Palästina – „Zusammenarbeit“ mit den Zionisten Bei allen deutschen Überlegungen spielten die Auswanderung der Juden und die Exportmöglichkeiten nach Palästina in Verbindung mit dem Haavara-Abkommen eine führende Rolle. Ein merkwürdiger Aspekt dieses Abkommens bestand darin, daß es zwangsläufig zu einer Zusammenarbeit zwischen den Nationalsozialisten und den Zionisten führte. Dabei muß klar darauf hingewiesen werden, daß es den Zionisten vor allen Dingen darum ging, den sich in einer Zwangslage befindlichen deutschen Juden eine Auswanderungsmöglichkeit zu bieten. Die Zionisten konnten ganz gewiß nicht die nationalsozialistische Politik befürworten, aber das Ergebnis – die Auswanderung der Juden nach Palästina – stimmte mit ihren eigenen politischen Zielen überein. Außerdem darf nicht übersehen werden, daß die Zionisten zu dieser Zeit eher den Feind in der britischen Mandatsmacht sahen, die die Auswanderungsquoten der Juden einschränken und – gemäß dem Peel-Report – den Juden bei der Teilung Palästinas ein Gebiet zuteilen wollten, das keineswegs deren Vorstellungen entsprach. Im Reichswirtschaftsministerium saßen, wie Vogel 30 schreibt, durchaus einige Beamte, die Görings Wunsch zur Abschaffung des Haavara-Abkommens umgehen konnten und sogar trotz Denunziationen im Amt bleiben durften. Im AA befürworteten von Weizsäcker und von Hentig ein Fortbestehen des Abkommens sowie eine Politik der Nichteinmischung in den Nahen Osten. Schon aus diesen Gründen nahmen sie bezüglich der Wünsche und Erwartungen des Mufti von Jerusalem eine äußerst reservierte Haltung ein. Es war gewiß nicht leicht für die gemäßigten Beamten im
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AA, den Bemühungen des Referats Deutschland und der Auslandsorganisation um eine Abschaffung des Abkommens wirksam entgegenzutreten. Noch Anfang 1938 konnten sie durchsetzen, daß das Abkommen nicht ohne weiteres „verschwinden“ 31 sollte, solange kein „anderes Verfahren“ 32 an seine Stelle treten würde. Auch der SD befaßte sich zunehmend mit der Frage der jüdischen Auswanderung. Er verfügte über ein Netz von Vertrauensleuten, die ihre Informationen direkt an das SD-Hauptquartier sandten, ohne daß das AA davon Kenntnis erhielt. Der Leiter des Judenreferats, Herbert Hagen, 33 entschied sich, eine Reise nach Palästina mit Adolf Eichmann 34 zu unternehmen, um u. a. Informationen über die organisatorische Struktur der zionistischen Bewegung von einem gewissen Feivel Polkes zu erhalten, der „infolge seiner entscheidenden Stellung in der Hagana über alle bedeutenden Vorgänge innerhalb des Weltjudentums unterrichtet“ war und bereit wäre, „Dienste in Form von Nachrichten zu leisten, soweit sie nicht seinen politischen Zielen entgegenstünden“. 35 Für Polkes ging es hauptsächlich darum, daß sich die deutschen Juden verpflichten sollten, ausschließlich nach Palästina auszuwandern. Hagen und Eichmann wollten anläßlich dieser Reise auch mit el-Husseini zusammentreffen 36 , aber bei ihrer Ankunft am 2. Oktober 1937 in Haifa hielt sich der Mufti bereits im Haram al-Sharif auf, so daß kein Gespräch zustande kommen konnte. Am darauf folgenden Tag reisten sie weiter nach Alexandria und Kairo, von wo aus sie sich um ein Visum für die Einreise nach Palästina bemühten, aber dieses wurde „wahrscheinlich wegen der am 15. 10. ausgebrochenen Unruhen in Palästina“ 37 nicht erteilt. Inzwischen konnte der Mufti aus dem Haram-al-Sharif nach dem Libanon entkommen. Mit Bezug auf seine Flucht erwähnten Hagen und Eichmann in ihrem Reisebericht vom 4. November, daß er dadurch „erheblich“ an Einfluß verloren haben soll; denn „entgegen den zuerst gebrachten Meldungen“ sei dieser Schritt von „den meisten national denkenden Arabern nicht gebilligt“ worden. Ferner sei es durchaus plausibel, „daß man englischerseits die Flucht des Mufti absichtlich nicht verhindert hat, um damit nicht in die religiöse Sphäre des Islam einzugreifen“ 38 Was das eigentliche Palästinenserproblem betraf, meinten Hagen und Eichmann, es ginge hauptsächlich um Grundbesitzrechte und Geschäfte. Eine Judenfrage im nationalsozialistischen Sinne bestehe aber nicht. Festzustellen bleibt, daß im Gegensatz zu den Akten des AA dieser Bericht von einem unverhohlenen Antisemitismus geprägt war. Es ist ganz offensichtlich, daß sich jetzt der harte Kern der Nationalsozialisten immer intensiver mit der Palästinapolitik beschäftigte. Am 12. Juli 1961 schrieb die Neue Zürcher Zeitung: „Es sei auch richtig, daß einer der Zwecke seiner
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Palästinareise vom Jahr 1937 die Herstellung einer Verbindung mit dem Mufti el Husseini war. Den übel anti-semitisch gefärbten Bericht über jene Reise schiebt er (Eichmann) dagegen seinem Begleiter Hagen zu; er selbst will an ihm nur orthographische Korrekturen vorgenommen haben. Alles andere sei ‚eine falsche Auslegung der Wahrheit‘.“
3. Der Mufti im Exil 3.1 Politischer Asylant im Libanon In seinem Exil nördlich Beiruts genoß el-Husseini eine gewisse Sicherheit, zumal die Briten nichts unternahmen, um seine Auslieferung von den Franzosen zu erreichen. Von hier aus konnte er auch in absentia den arabischen Aufstand, der im April 1936 ausgebrochen war und erst im März 1939 beendet wurde, weiterschüren. Dieser fing ursprünglich als Generalstreik gegen die jüdische Einwanderung und den Landverkauf an Juden an, um dann in einen erbitterten Kampf gegen die Briten und Juden auszuarten. Der Mufti hielt ungehindert Hof im Exil, wo er weiterhin gegen die britische Mandatsmacht agitierte. Syrische Freiwillige wurden rekrutiert und in Palästina eingesetzt, so daß die Hoffnung auf Ruhe, die durch die Flucht 1 des Mufti erweckt wurde, unerfüllt blieb. Bald spielten sowohl das Hakenkreuz als Erkennungssymbol als auch der „deutsche Gruß“ eine wichtige Rolle, zumal der Aufstand von den Nationalsozialisten finanziell unterstützt wurde. „Politische Oppositionelle wurden terrorisiert“ oder ermordet, und die Bevölkerung Palästinas wurde dazu gezwungen, die Rebellen umfangreich zu unterstützen. 2 Für die Briten gab es keine Zweifel, daß die Terroraktionen auf Anweisung des Mufti erfolgten, was auch von einem gefangengenommenen Rebellen bestätigt wurde. 3 Um einigermaßen die Lage unter Kontrolle zu bringen und den Anschluß von libanesischen und syrischen Sympathisanten an den Aufstand („Great Uprising“) zu verhindern, entschlossen sich die Briten auf Anraten Tegarts einen 50-Meilen langen Stacheldrahtzaun (Tegart’s Wall) zu errichten. 4 Der Mufti intensivierte weiterhin seine Bemühungen, erneuten Kontakt zu den Nationalsozialisten aufzunehmen, da er Geld benötigte, um den Aufstand weiterzuschüren. Im November 1937 sandte er einen gewissen Dr. Said Imam aus Damaskus nach Berlin mit der Bitte um „Entsendung von Material für die Freiheitsbewegung (auch gegen Entgelt)“. Als Gegenleistung bot er die „Vorbereitung einer sympathiereichen Atmosphäre für Deutschland, die sich im Falle eines Krieges bemerkbar macht“ 5 , an. Den wiederholten Annäherungsversuchen des Mufti standen die Nationalsozialisten jetzt weniger ablehnend gegenüber, zumal der Libanon für eine Kontaktaufnahme günstiger als das von den Briten beherrschte Palästina erschien.
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Aus einer Vortragsnotiz für Canaris 6 geht hervor, daß der Mufti durch die ihm von den Deutschen gewährten Geldmittel die Revolte in Palästina durchführen konnte. Allerdings vertrat die Abwehr die Auffassung, daß die Bewegung dem Mufti „aus der Hand geglitten“ sei. „Eine weitere Unterstützung des Mufti für eine Fortführung des Aufstandes ist deshalb unangebracht. Es muß jedoch gewährleistet werden, daß der Aufstand im Bedarfsfall jederzeit wieder in Gang gebracht werden kann.“ Deshalb sollte der Kontakt zum Mufti nicht abgebrochen werden, der von Deutschland und Italien eine gemeinsame Erklärung erwartete, die die Unabhängigkeit der Staaten im Vorderen Orient garantierte und darüber hinaus deren Zusammenschluß „unter eigener Oberhoheit“ begrüßen würde. Canaris regte an, daß eine derartige Erklärung noch vor Ausbruch eines Krieges erscheinen müßte, sonst würde sie als wirkungslose Propaganda betrachtet werden. 7 Gegen die Unterstützung der Rebellion in Palästina gab es nach wie vor bei den Regierungsstellen in Berlin Bedenken. Hierbei wurde auf die „Unzuverlässigkeit der Araber“ hingewiesen, die „trotz der moralischen und teilweise wohl auch materiellen Hilfe“ nicht „vor rigorosen Maßnahmen gegen schutzlose deutsche Siedler […] zurückschrecken“. 8 Dennoch ist es klar ersichtlich, daß das NS-Regime an eine Verständigung mit Großbritannien nicht mehr glaubte und jetzt Möglichkeiten in Erwägung zog, wie es dem britischen Empire Schwierigkeiten bereiten könnte. Aus Rücksicht gegenüber dem Achsenpartner, der seine eigenen Pläne für die arabischen Länder hegte, mußte Deutschland jedoch noch alles vermeiden, was den Argwohn Italiens erwecken könnte. Zu gegebener Zeit könnte man immer noch seine eigenen Ansprüche geltend machen. Im Rahmen dieser Taktik erhielt el-Husseini auch über den Gesandten Grobba finanzielle Zuwendungen,9 denn es lag nach wie vor im Sinne der Nationalsozialisten, für Unruhe in Nahost zu sorgen, ohne daß sie sich dabei allzu sehr einzumischen brauchten. Im Widerwillen Hitlers, die Unabhängigkeit der Araber offen anzuerkennen, sah Grobba später den Grund dafür, „daß er (Hitler) als Prediger der Überlegenheit der arischen Rasse es nicht einsehen wollte, daß die semitischen Araber für uns eine wertvolle Unterstützung sein konnten“. 10 Abwegig ist diese Meinung keinesfalls, zumal Hitler in einer zweiten Ansprache vom 22. August 1939 seine menschenverachtende Gesinnung unmißverständlich zum Ausdruck brachte: „Wir werden weiterhin die Unruhe in Fernost und in Arabien schüren. Denken wir als Herren und sehen wir in diesen Völkern bestenfalls lackierte Halbaffen, die die Knute spüren wollen.“ 11 Die arabischen Staaten ernannten el-Husseini zum Nominalführer einer Konferenz, die als Folge des Fallenlassens des Teilungsplans in London
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stattfinden sollte. Allerdings verweigerten ihm die Briten die Einreise, so daß er in Beirut zurückbleiben mußte. Zur Zeit dieser Konferenz brach Deutschland das Münchener Abkommen und proklamierte das Protektorat Böhmen und Mähren. Unter diesem zusätzlichen Druck schlug Großbritannien einen gemäßigteren Kurs ein. Sein „White Paper“ von 1939 sah eine Einstellung der jüdischen Einwanderung nach fünf Jahren, die Einschränkung von Grund- und Bodenverkauf an Juden und die Gründung eines palästinensischen Staates innerhalb von zehn Jahren vor. 12 Auf Anraten des AHC, dessen deportierte Mitglieder inzwischen wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, lehnten die arabischen Staaten diesen Plan kategorisch ab. Das „White Paper“ galt als die größte politische Errungenschaft der palästinensischen Araber seit 1918, und seine Ablehnung durch el-Husseini und das AHC war gewiß keine kluge Entscheidung. Für el-Husseini war die Rückkehr nach Palästina nun endgültig versperrt, und sein Aufenthalt im Libanon wurde aufgrund der verschärften Überwachung durch die Franzosen für ihn unerträglich. Grobba berichtet, daß die Franzosen den Mufti unter Druck gesetzt hätten, eine Erklärung zu unterschreiben, daß er damit übereinstimme, die Franzosen führten den Krieg gegen die „Barbaren und für die Zivilisation“ und „seine aufrichtigen Wünsche begleiteten sie in diesem Kampfe“. 13 Einer Unterzeichnung konnte er dadurch entgehen, daß er sich im Oktober 1939 in den Irak absetzte.
3.2 Der Mufti unterstützt die Pro-Achsenpolitik im Irak Die Ankunft des Mufti von Jerusalem in Bagdad am 16. Oktober 1939 gab der nationalen Bewegung neue Impulse und lenkte die politische Aufmerksamkeit wieder auf die Palästinafrage. Da der Premier des Irak, Nuri Pascha as-Said, als pro-britisch galt, begrüßten die Briten zunächst die Ankunft el-Husseinis in Bagdad. Sie glaubten immer noch an die Möglichkeit einer Verständigung mit dem Mufti und meinten, daß er jetzt leichter erreichbar wäre als im Libanon. Für as-Said, der wegen seiner pro-britischen Haltung mit beträchtlicher Opposition im Kabinett konfrontiert wurde, war die Anwesenheit des Mufti sicherlich nicht so erfreulich, aber es gab keine Möglichkeit, ihn abzuweisen. Der Mufti mußte lediglich versprechen, sich nicht an politischen Aktivitäten zu beteiligen. Als Zeichen ihres Wohlwollens veranstalteten irakische Politiker von Anfang an Empfänge für den Mufti, um ihre Sympathie für die arabischnationalistische Bewegung unter Beweis zu stellen. Bei diesen Anlässen wurde anti-britische Propaganda verbreitet, und der Mufti machte keinen Hehl daraus, daß er den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland mißbilligte, was durchaus verständlich ist, da die deutsche Botschaft in Bagdad unter Grobba schon lange eine Politik des Judenhasses im
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nationalsozialistischen Sinne unter den Augen der Briten praktiziert und Verbindungen zu Rechtsgruppierungen unterhalten hatte. Es ist in der Tat verwunderlich, daß die Briten nicht viel früher gegen die Aktivitäten der Botschaft eingriffen, denn die Möglichkeit dazu hatten sie ja in einem Staat, der formal unabhängig war, aber in der Praxis an Großbritannien gebunden blieb. 14 Bald wurde el-Husseini in die Kreise der irakischen Pro-Achsen-Anhänger aufgenommen, die in allen Institutionen des Landes – besonders im Militär – präsent waren. Seine Beziehungen zu den vier Obersten, die später als das „Golden Square“ bekannt wurden, galten als besonders eng. 15 Die Politik, die er jetzt betrieb, war nicht nur anti-britisch, sondern auch antijüdisch und befürwortete eine „Lösung der Judenfrage“, wie sie in Deutschland praktiziert wurde. Die jüdische Bevölkerung, die in der Periode der britischen Besatzung bis zur Entlassung Iraks in die Unabhängigkeit 1932 eine Blütezeit erlebt hatte, wurde immer mehr Repressionen unter dem Vorwand des Zionismus ausgesetzt, obwohl dieser unter den irakischen Juden kaum eine Rolle spielte. Die Aktivitäten des Mufti wurden zum größten Teil von der irakischen Regierung finanziert, aber auch die Deutschen und Italiener trugen großzügig zu seinem Unterhalt bei; allerdings mußte das Geld aus Deutschland aufgrund des Abbruchs der Beziehungen über das italienische Konsulat abgewickelt werden. 16 Jetzt konnte el-Husseini ganz offen seine pro-deutsche Haltung zeigen, und er tat alles, um – wie er meinte – tatkräftig die Interessen der Deutschen zu vertreten. Seine diesbezüglichen Bemühungen fielen auf fruchtbaren Boden, denn die Meldungen über deutsche Siege häuften sich, und die Araber rechneten fest mit einer Niederlage der Briten. Sogar Nuri as-Said, der 1940 durch den deutschfreundlichen Rashid Ali alGailani als Premier abgelöst wurde, suchte Kontakt zur Achse. 17 Gestärkt durch die Unterstützung der Pro-Achsenkräfte im Lande verfügte el-Husseini bald über eine beträchtliche politische Macht. Unter seinem Personal befanden sich viele seiner früheren Anhänger, und er konnte erreichen, daß palästinensische und syrische Flüchtlinge für wichtige Ämter nominiert wurden. Es wurde ein Arabisches Komitee gegründet, in dessen Namen der Mufti später Geheimverhandlungen mit den Achsenmächten führte. 18 Im Juni 1940 gab die Gailani-Regierung offiziell bekannt, daß sie eine Delegation in die Türkei entsenden werde, um dringende politische Probleme zu besprechen. Offensichtlich wollte der Irak den Rat der Türken einholen, wie er sich gegenüber Großbritannien und Deutschland im Krieg zu verhalten habe. Es ging auch darum, ob eine Revolution gegen die Franzosen in Syrien vorbereitet werden sollte. Diese Gespräche nutzte der Mufti aus, um Kontakte zu den Deutschen aufzunehmen.
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3.3 Der Mufti entsendet Emissäre in die Türkei, nach Italien und Deutschland Nach dem Scheitern der türkisch-irakischen Gespräche in Ankara fuhr der irakische Justizminister Naji Shawkat nach Istanbul, wo er dem deutschen Botschafter von Papen ein Schreiben des Mufti vom 21. Juni 1940 überreichte. In diesem Brief wies der Mufti darauf hin, daß Shawkat die geeignete Person sei, mit dem Botschafter von Papen vertraulich arabische Angelegenheiten besprechen könne. Der Mufti freue sich besonders, daß er sich mit der deutschen Regierung über die Botschaft in Ankara in Verbindung setzen könne, da seit Kriegsanfang derartige Kontakte auf anderem Wege unmöglich seien. Er bat um die Übermittlung seiner herzlichsten Glückwünsche an „Son Excellence le Grand Chef et Leader“ 19 anläßlich der großen politischen und militärischen Triumphe, die Hitler durch seine „Vorsehung und sein großes Genie“ errungen habe. Der Mufti wünschte Hitler weiterhin viel Erfolg für seine bereits begonnene Aufgabe, eine „neue Ordnung“ zu schaffen. Er bedankte sich auch für das Interesse und die Aufmerksamkeit, die Hitler in den letzten vier Jahren ohne Unterlaß der arabischen und besonders der palästinensischen Frage entgegengebracht habe. Anläßlich seiner großen Erfolge empfinde die arabische Nation überall größte Freude und vollste Zufriedenheit. Ferner erwähnte der Mufti, daß Palästina, das seit vier Jahren die Demokratien und das „internationale Judentum“ bekämpfe, jederzeit bereit sei, eine aktive Rolle zu übernehmen und seine Bemühungen auch in anderen arabischen Ländern zu verdoppeln. Das durch den gemeinsamen Feind „verleumdete, mißhandelte und betrogene“ arabische Volk erwarte zuversichtlich, daß das Ergebnis des deutschen Sieges die arabische Unabhängigkeit und gänzliche Befreiung sowie die Schaffung seiner Einheit sein werde, wobei es mit Deutschland durch einen Vertrag der Freundschaft und Kooperation verbunden bleiben wolle. Der Mufti bat darüber hinaus von Papen, mit Shawkat die arabische Frage, die Zukunft Palästinas und Syriens sowie das Programm, das die deutsche Regierung für angebracht halte, im Detail voll zu diskutieren, um den Grundstein für eine Zusammenarbeit beider Völker zu legen. Im Gespräch, das von Papen „völlig rezeptiv“ geführt wurde, brachte der irakische Justizminister zum Ausdruck, daß der Irak eher an einer Zusammenarbeit mit Deutschland als mit Italien interessiert sei. In Anbetracht des italienischen Imperialismus möge Deutschland seinen Einfluß auf Italien zugunsten der arabischen Bewegung einsetzen. Auf die Frage, ob der Irak Deutschland im bevorstehenden Endkampf gegen Großbritannien unterstützen würde, äußerte sich Shawkat jedoch sehr zurückhaltend. Shawkat empfahl die Wiedereinsetzung der arabischen nationalen Regierung in Da-
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maskus, da als Ergebnis französischer Maßnahmen die Beteiligung arabischer Nationalisten an der Administration 1939 beendet wurde. Diese Empfehlung sei auch vom Mufti stärkstens befürwortet worden, zumal die dortige nationale Regierung auch in Palästina den Kampf wieder aufnehmen werde, was für Deutschland besonders wertvoll wäre, da in Syrien die verschiedensten Interessen aufeinanderträfen. 20 Während Naji Shawkat seine vertraulichen Gespräche mit von Papen führte, setzte sich Gailani – im Einverständnis mit dem Mufti und den vier Obersten – mit Gabrielli, dem italienischen Gesandten in Bagdad, in Verbindung, um von der italienischen Regierung eine Sympathieerklärung für die arabischen nationalen Aspirationen zu erhalten. Nach Rücksprache mit seinem Außenminister Ciano kam Gabrielli diesem Wunsch am 7. Juli 1940 nach, wobei die Erklärung allerdings aufgrund der vagen Instruktionen Cianos schriftlich und nicht – wie vorgesehen – mündlich erfolgte. Am 22. Juli schrieb der Mufti erneut an von Papen. Er bedankte sich für das Naji Shawkat gewährte Gespräch und teilte dem Botschafter mit, er habe seinen Privatsekretär damit beauftragt, nach Berlin und Rom zu reisen, um Vorverhandlungen für eine enge und sofortige Kooperation zwischen den arabischen Ländern und der Achse einzuleiten. Sein Sekretär als Überbringer des Briefes werde inkognito reisen, sei aber gut bekannt bei „unseren Freunden in Berlin“. 21 Von Papen schrieb dem AA am 6. August, daß der gesamte Fragenkomplex vom Sekretär des Mufti mit Berlin und Rom besprochen werden solle. Der Sekretär, der in Berlin unter dem Namen Osman Kemal Haddad bekannt sei, sei zuletzt am 3. September 1939 dort in der Pension Sydow gewesen. Sein irakischer Paß Nr. 593 laute auf den Namen Tewfik Ali al-Shakir. Er habe die Einreiseerlaubnis Ungarns und erbitte, daß der deutsche Gesandte von Erdmannsdorf angewiesen werde, ihm die Einreiseerlaubnis nach Berlin zu erteilen. Anläßlich des Treffens gab Haddad Papen zu verstehen, die italienisch-arabischen Verhandlungen mit Bagdad hätten die „schriftliche Zustimmung Italiens ergeben, daß sämtlichen unter Mandat oder Protektorat befindlichen arabischen Ländern seitens Italiens Unabhängigkeit fest zugesichert“ sei. Auf dieser Grundlage wünsche die irakische Regierung die „Wiederherstellung der Beziehungen zu Deutschland“. Sie werde sich dann von Nuri as-Said trennen. 22 Haddad reiste unter dem Pseudonym Max Müller über Budapest nach Berlin, wo er sich am 26. August mit Grobba traf. Im Auftrag des Mufti erklärte er u. a., daß sich im Irak unter dem Vorsitz des Mufti „ein Komitee für die Zusammenarbeit zwischen den arabischen Ländern gebildet“ habe. Dieses Komitee habe schon seit einigen Monaten versucht, Kontakt zu Deutschland aufzunehmen; aber dies sei daran gescheitert, daß es ihm nicht
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gelungen sei, das erforderliche Transitvisum seitens der Türkei oder des Iran für einen Vertrauensmann zu erhalten. Der Privatsekretär des Mufti wies darauf hin, daß sich der Irak nunmehr in einer stärkeren Lage befinde und nicht mehr unbedingt den Briten gehorchen müßte, denen er gegenüber „eine selbständige Haltung eingenommen“ habe. Für eine Erklärung seitens Deutschlands und Italiens, daß sie das arabische Recht auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung anerkennen und daß die arabischen Länder die „Frage der jüdischen Elemente“ so lösen dürften, wie Deutschland und Italien es getan haben, wäre der Irak zu weitgehenden Konzessionen bereit. Es sollten nicht nur die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland wieder aufgenommen werden, sondern Deutschland und Italien sollte auch „eine Vorrangstellung“ eingeräumt werden, was die „Ausbeutung der irakischen Bodenschätze, insbesondere seines Erdöls“ betreffe. Ferner sollte in Palästina und Transjordanien ein allgemeiner Aufstand gegen die Briten entfesselt werden, dessen Kosten zu je einem Drittel vom Arabischen Komitee, Deutschland und Italien gedeckt werden sollten. 23 Es ist offensichtlich, daß der Mufti seine Macht im Irak den Deutschen gegenüber dokumentieren wollte. Dem Komitee unter seinem Vorsitz gehörten nicht nur wichtige Persönlichkeiten der irakischen Armee an, sondern auch der Premier Rashid Ali al-Gailani. El-Husseini betonte, daß die palästinensischen Interessen durch ihn selbst vertreten werden. Die Bezeichnung „Großmufti von Palästina“ diente zweifellos dazu, auf eine Aufwertung seines Status hinzudeuten. Staatsekretär von Weizsäcker informierte den deutschen Botschafter in Rom, von Mackensen, über die Vorschläge des Mufti und brachte u. a. zum Ausdruck, daß die Reichsregierung der Angelegenheit positiv gegenüberstehe, „d. h. sie wäre unter Umständen bereit, mit Beutewaffen und Geldmitteln zu helfen“. Allerdings würde sie „nur im Einvernehmen mit Italien vorgehen“. 24 Zu diesem Thema erwiderte Mackensen in einem Telegramm vom 10. September, er habe Graf Ciano über die ganze Angelegenheit unterrichtet und erfahren, daß der italienische Außenminister seit langem Verbindungen zum Mufti unterhalten habe, wovon die Geheimfonds des Mufti „ein Lied singen könnten“. 25 Trotz aller Skepsis versprach Ciano, die Vorschläge prüfen zu lassen. In einem weiteren Telegramm vom 14. September übermittelte Mackensen die Übersetzung der italienischen Aufzeichnung, aus der hervorging, daß eine öffentliche Erklärung nicht für nützlich gehalten werde. Ciano, der zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht wußte, daß der Gesandte Gabrielli am 7. Juli 1940 bereits eine schriftliche Erklärung abgegeben hatte, bezeichnete die diesbezügliche Behauptung des irakischen Justizministers Shawkat als „reine Phantasie. Am Gegenteil interessiert, werde er sich hü-
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ten, solche Erklärungen abzugeben.“ 26 Nach Meinung Cianos sollte man den Arabern gegenüber „eine dilatorische Haltung“ einnehmen und lediglich allgemeine mündliche Versprechungen machen. Im übrigen sei Italien bereit, den Mufti weiterhin finanziell zu unterstützen, aber keinesfalls in der von el-Husseini geforderten Höhe. 27 Am 20. September wurde Haddad nunmehr vom AA informiert, daß die deutsche Regierung zwar der Idee einer Sympathieerklärung zustimme, aber der Meinung sei, diese solle zunächst von italienischer Seite erfolgen. Peinlich wurde die Angelegenheit, als Haddad darauf hinwies, daß die italienische Erklärung bereits vorliege. Inzwischen bemühte sich der Mufti unermüdlich darum, die Zusicherung Deutschlands zu erhalten, zumal trotz finanzieller Unterstützung die umstrittene italienische Erklärung keineswegs das Mißtrauen der Araber gegenüber Italien zerstreute. In einer geheimen Aufzeichnung vom 30. September berichtete Grobba, daß Haddad ihn über die Einstellung der arabischen Staaten gegenüber Sowjetrußland vertraulich informiert habe. Aus diesem Dokument geht hervor, daß die arabischen Führer nach eingehender Überprüfung der Weltlage zum Schluß kamen, daß ein Zusammengehen mit der Sowjetunion nicht zweckmäßig sei, da „Sowjetrußlands Streben nach einem warmen Hafen eine Bedrohung der arabischen Länder bedeute und da das kommunistische System für die Mohammedaner unannehmbar sei“. Aus diesen Gründen schien die Zusammenarbeit mit den Achsenmächten sinnvoller. Allerdings würden die arabischen Führer – sollte ihre Unabhängigkeit durch Italien bedroht werden – „den Anschluß an Sowjetrußland als das kleinere Übel ansehen, da sie als Sowjetrepublik voraussichtlich größere Selbständigkeit genießen würden als unter italienischer Herrschaft“. 28 Am 18. Oktober verlas Staatssekretär von Weizsäcker dem Privatsekretär des Mufti die gewünschte Erklärung, wobei allerdings die Garantie für die Unabhängigkeit der arabischen Länder fehlte. 29 Obwohl die Angelegenheit in der Presse nicht erwähnt werden sollte, wurde der Wortlaut der Erklärung am 23. Oktober und „an mehreren folgenden Tagen […] durch den Rundfunk in arabischer Sprache abgegeben“. 30
3.4 Der persönliche Brief an Hitler In einem persönlichen Brief an Hitler, der Mitte Februar 1941 von Haddad übergeben wurde, schilderte der Mufti die arabische Bereitschaft, am Kampf gegen den gemeinsamen Feind, „das perfide Albion“, teilzunehmen. Er behauptete, daß die Araber in der Lage seien, Großbritanniens lebenswichtige Kommunikations- und Transportnetze im Nahen Osten zu bedrohen. Ferner bat er Hitler, es ihm nicht übelzunehmen, daß er ihm in „summarischer Form“ die Geschichte des arabischen Antagonismus gegen die Briten erläutere, denn er halte es für angebracht, auf die wesentlichen
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Gründe hierfür hinzuweisen. Er „habe hauptsächlich [darauf] Wert gelegt, hervorzuheben, daß die Ursachen ihre tiefen Wurzeln in ursprünglichen Interessen und lebenswichtigen Problemen haben und nicht in leichtfertigen Fragen mit oberflächlichen und vorübergehenden Wirkungen“. Der Mufti erwähnte weiter, daß die „wärmste Sympathie der arabischen Völker für Deutschland und die Achse“ eine von jeher bestehende Sache sei. Keine Propaganda könne diese Wahrheit ändern. Des weiteren versicherte er Hitler, daß, befreit von gewissen materiellen Hindernissen, die arabischen Völker überall bereit seien, gegen den gemeinsamen Feind zu wirken und sich mit Enthusiasmus auf die Seite der Achse zu stellen, um die englisch-jüdische Koalition zu Fall zu bringen. Außerdem versäumte es el-Husseini nicht, darauf hinzuweisen, daß der arabische Nationalismus Hitler dafür Dankbarkeit schulde, daß er wiederholt in „widerhallenden Reden“ die palästinensische Frage aufgegriffen habe. Zum Schluß erwähnte er, daß er seinen Privatsekretär Haddad an die deutsche Regierung delegieren werde, damit dieser im Namen der „stärksten und weitverbreitesten arabischen Organisation“ und im Namen des Mufti die notwendigen Verhandlungen für eine aufrichtige und loyale Zusammenarbeit auf allen Gebieten einleite. Nach der Erfüllung gewisser Interessen „moralischer und materieller Art“ wären die Araber bereit, „ihr Blut in dem heiligen Kampf“ anzubieten. Hierbei handele es sich darum, die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um gegenüber einem „perfiden und mächtigen Feind“ die Mittel und Schlagkraft gut zu kalkulieren, damit man den Kampf mit der größten Aussicht auf Erfolg beginnen könne. Derartige Maßnahmen seien unumgänglich, da England mit aller Gewalt gegen die arabischen Länder vorgehen werde, um ihre Verbindungswege, den Kontakt Indiens mit der Türkei und dem Mittelmeer sowie die britische Ausbeutung des arabischen Erdöls zu schützen. Natürlich unterließ es der Mufti nicht, seinen Bericht mit anti-jüdischer Hetze zu schmücken. Die Juden, diese „gefährlichen Feinde, deren Geheimwaffen die Finanz, die Korruption und die Intrigen“ seien, hätten sich mit den Briten verbunden, um ihre Träume in Palästina und sogar in den benachbarten Ländern zu verwirklichen. Die palästinensische Frage habe alle Araber in einem gemeinsamen Haß gegen die Briten und die Juden vereinigt. Wenn man den Arabern helfe, die zionistischen Absichten zu vereiteln, würden insbesondere die amerikanischen Juden Großbritannien nicht mehr unterstützen, sondern sich vor der Katastrophe zurückziehen. 31 Am 26. Februar wurde Haddad in Berlin von dem Leiter der Politischen Abteilung des AA, Ernst Woermann, empfangen. Er trug ihm die arabischen Wünsche nach einer neuen politischen Erklärung seitens der Achsenmächte, nach Waffenlieferungen und nach finanzieller Unterstützung
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vor. Der von Haddad überreichte Entwurf der Erklärung enthielt acht Punkte und unterschied sich in einigen Aspekten von dem Papier, das anläßlich seines ersten Besuchs überreicht worden war. Im wesentlichen ging es darum, daß Deutschland und Italien eine Erklärung über die völlige Unabhängigkeit eines künftigen großarabischen Reichs auf föderativer Grundlage abgeben sollten. Die bisherige Deklaration sei zu unbestimmt. 32 Woermann berichtete in seiner Aufzeichnung vom 26. Februar, daß er Haddad zu den Wünschen für eine politische Erklärung gesagt habe, daß sie unter den gegenwärtigen Umständen auf Schwierigkeiten stoßen würden. Auf Haddads Frage, welche Punkte zu beanstanden seien, ließ Woermann sich nicht ein, sondern sagte, der Vorschlag werde weitergeprüft. Dies gelte ebenfalls für die Angelegenheit der Waffenlieferungen. Zur Frage der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen brachte Haddad erneut die bekannte These vor, daß dies „erst möglich sei, wenn der Irak“ von Deutschland „die gewünschte politische Erklärung erhalten habe und wenn die Frage der Unterstützung des Iraks im Falle des Krieges mit England geklärt sei“. In bezug auf eine finanzielle Unterstützung ließ Woermann durchblicken, daß sie der Mufti „unabhängig von der Unterstützung der Irakischen Regierung“ bekommen würde, 33 zumal bereits am 4. Februar von Ribbentrop entschieden wurde, daß der Mufti Geld von Deutschland erhalten könnte, ohne daß Italien vorher davon verständigt werde. 34 Am 11. März schrieb Staatssekretär von Weizsäcker an den Mufti, daß Hitler von seinen Ausführungen über den nationalen Kampf der Araber mit großem Interesse und großer Sympathie Kenntnis genommen und sich über die freundlichen Worte gefreut habe, die der Mufti im Namen des arabischen Nationalismus und im eigenen Namen an ihn gerichtet habe. Weizsäcker bestätigte, daß er ermächtigt sei, dem Mufti mitzuteilen: „Deutschland, das niemals arabische Gebiete in seinem Besitz gehabt hat, hat keine territorialen Ziele im arabischen Raume. Es ist der Ansicht, daß die Araber, ein altes Kulturvolk, das seine Geeignetheit zur Verwaltungstätigkeit und seine militärischen Tugenden bewiesen hat, durchaus in der Lage sind, sich selbst zu regieren. Deutschland erkennt daher die volle Unabhängigkeit der arabischen Staaten, oder wo sie noch nicht erreicht ist, den Anspruch darauf an, sie zu erringen.“ 35 Ferner brachte der Brief zum Ausdruck, daß Deutschland gern bereit sei, mit den Arabern freundschaftlich zusammenzuarbeiten und ihnen gegebenenfalls im Rahmen des Möglichen militärische und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Außerdem sei Deutschland gewillt, den Arabern Kriegsmaterial zu liefern, sofern sich ein Weg zu dessen Beförderung finden lasse. Es werde darum gebeten, daß der Inhalt des Schreibens, der der italienischen Regierung bekannt sei, geheim gehalten werden solle. 36
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3.5 Spionage und Sabotage Woermann berichtete in einer Aufzeichnung zur Arabischen Frage vom 7. März 1941, daß die Araber Deutschland in beschränktem Umfang durch Vollziehung von Sabotageakten und Aufstandsbewegungen von Nutzen sein könnten. Der Mufti sei mit seinen Leuten in dieser Hinsicht schon tätig und habe in Palästina gewisse beschränkte Erfolge erzielt. Weitere Organisationen wären diesbezüglich in erster Linie Sache der Abwehr, die sich bisher auf Wunsch Ribbentrops „große Zurückhaltung auferlegt“ habe, „und zwar besonders mit Rücksicht auf Italien“. Jetzt sei aber eine weitere Auflockerung, auch im Sinne der Bekämpfung Großbritanniens erforderlich. Woermann erwähnte, daß die italienische Regierung „hierüber ganz allgemein unterrichtet werden“ könne, „ohne daß sie aus Gründen der Geheimhaltung in die Einzelheiten eingeweiht würde“. 37 Es wurde beschlossen, daß Sabotageakte in Ägypten, Transjordanien, Palästina und gegen die britischen Einrichtungen im Irak durchgeführt werden könnten. Allerdings würde eine Aufstandsbewegung nur in Palästina und Transjordanien sinnvoll sein. Admiral Canaris, der bereits am 6. Februar anläßlich einer Konferenz mit Grobba den Wunsch geäußert hatte, das AA möge der Abwehr einen Auftrag für ihre vorgesehenen Aktivitäten im arabischen Raum erteilen, bat um Ribbentrops schriftliche Ermächtigung, die jedoch abgelehnt wurde, da er zuerst weitere Einzelheiten wissen wollte. 38 Am 24. März führte Woermann ein weiteres Gespräch 39 mit Canaris, an dem außerdem Kapitän Bürkner40 und die Obersten Lahousen, Piepenbrock und Stolze 41 teilnahmen. Es bestand Einigkeit darüber, daß der politische Hauptweg zur arabischen Welt über den Mufti und seinen Sekretär gehen sollte, ohne daß diesem Weg eine Exklusivität eingeräumt werde. Damit war, wie Mallmann und Cüppers erwähnen, „der Teufelspakt geschlossen“. 42 Als Ergebnis dieses Treffens wurde am 25. März vom Oberkommando der Wehrmacht, Amt Ausland/Abwehr eine Aktennotiz als geheime Kommandosache angefertigt, in der die geplanten Maßnahmen im Vorderen Orient aufgeführt wurden.43 Als Erstes plante Canaris den Ausbau des geheimen Meldedienstes im gesamten Gebiet, da das Hauptinteresse an der Erkundung der Türkei, Syriens, Ägyptens und des Irak bestehe. Außerdem sollten in Palästina verschiedene Sabotageakte durchgeführt werden. Für den Fall, daß Großbritannien gegen den Irak vorgehen würde, sollten auch dort Sabotageakte gegen britische Nachschublinien unternommen werden. Ferner wären Aufstände in Palästina und Transjordanien zu schüren, wobei hier die Lieferung von Waffen eine wesentliche Rolle spiele. Auf diese Weise wurde die grundsätzliche Politik gegenüber den arabischen Ländern festgelegt sowie einige wichtige Schritte unternommen. Es ist klar ersichtlich, daß Deutschland, das bisher aus Rücksicht auf Italien kaum Aktivitäten im
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arabischen Raum durchgeführt hatte, nunmehr seine Politik grundlegend geändert hatte.
3.6 Der Putsch im Irak Ab Januar 1941 überstürzten sich die Ereignisse im Irak: Aufgrund von Differenzen mit dem Parlament reichte Gailani seine Demission ein und wurde durch Taha el-Hashimi ersetzt, der ebenfalls achsenfreundlich eingestellt war, aber jegliches Handeln zurückstellte, solange keine konkreten Versprechungen aus Berlin und Rom vorlagen. Inzwischen aber drängten die Briten darauf, daß eine deutliche pro-britische Politik befolgt werde und der Irak die diplomatischen Beziehungen zu Italien abbreche. Natürlich wäre ein derartiger Schritt für den Mufti von Nachteil gewesen, da er auf die italienische Botschaft angewiesen war, um seine Kontakte zur Achse aufrechtzuerhalten. Ferner gingen die Zahlungen der Achse für ihn über die italienische Botschaft ein. Durch die Ergebnisse von Haddads Gesprächen in Berlin und Rom ermutigt, entschlossen sich die vier Obersten und der Mufti, sofort zu agieren. Der Putsch vom 1. April, der Gailani wieder an die Regierung brachte, kam überraschend und ungelegen für die Achse, deren ganze Aufmerksamkeit auf den Kriegsschauplatz Kreta gerichtet war. Peinlich für Deutschland war auch die Tatsache, daß jetzt konkret nach der Unterstützung gefragt wurde, die von Weizsäcker in seinem Schreiben vom 11. März zugesagt hatte. Offensichtlich war sich das AA überhaupt nicht darüber im klaren, wie es sich zu verhalten hatte. Trotz wiederholter Diskussionen über Waffenlieferungen lag noch kein „positives Ergebnis“ vor. Zunächst wußte man nicht einmal, was man in der Tat liefern sollte. Ribbentrop hatte lediglich „beim Führer festgestellt, daß Waffen aller Art zur Verfügung gestellt werden können“. 44 Verzögert wurde auf deutscher Seite die Angelegenheit auch noch durch das Mißtrauen, das zwischen dem AA und der Abwehr herrschte. Das AA faßte den Entschluß, daß der Nachrichtendienst der Abwehr sich auf „militärische Angelegenheiten beschränken müsse“. 45 Ribbentrop beauftragte Woermann, „sofort einen eigenen, von der Abwehr unabhängigen Nachrichtendienst des Auswärtigen Amtes aufzuziehen“. Der Privatsekretär des Mufti sollte vom AA „mit einer Sende- und Gebe-Funkanlage ausgerüstet“ werden, „damit das Auswärtige Amt aus dem Irak, von der Abwehr unabhängig, politische Nachrichten erhalten könne“. 46 Italien sah sich auch außerstande, sofort auf die irakische Bitte um Hilfe einzugehen. Ferner mißtraute Rom dem plötzlichen Interesse Berlins am Nahen Osten, und die italienische Regierung ließ jetzt wissen, daß sie zwar mit dem ihr vorgelegten Text von Weizsäckers Brief an den Mufti einver-
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standen sei; es müsse aber berücksichtigt werden, daß – trotz aller Zusicherungen – die arabischen Länder einschließlich Syrien und Ägypten „natürlich in die zukünftige Ordnung der Welt und damit in die italienische Interessenzone am Mittelmeer“ eingeordnet werden müßten. 47 Nach der britischen Landung im Irak glaubte Hitler selbst nicht mehr an die Möglichkeit einer erfolgreichen Intervention der Achse. 48 Er wurde von Ribbentrop in einer Notiz vom 27. April erneut über die Situation informiert, wobei der Außenminister deutlich zum Ausdruck brachte, daß die irakische Regierung nicht „zum offenen Kampf gegen England veranlaßt werden“ soll, „ehe nicht sichergestellt ist, daß der Irak mit Hilfe der Achse stark genug ist, um sich gegen die Engländer halten zu können“. 49 Die offenen Feindseligkeiten zwischen Großbritannien und dem Irak brachen am 2. Mai aus. Formell wurde jedoch von keiner Seite der Krieg erklärt. Anfang Mai wurde Grobba nach Bagdad entsandt, um Kontakte zum Mufti und Gailani aufzunehmen. Eine umfangreiche praktische Hilfe war jedoch nicht zu gewähren. Der Mufti unternahm aber weiterhin alles in seiner Macht Stehende, um sich die Unterstützung der Achse zu sichern. Unermüdlich arbeitete er weiter an der Schaffung und Ausdehnung einer Pro-Achsen-Atmosphäre: In einer am 9. Mai im Radio übertragenen Rede rief er sogar zum Djihad (heiliger Krieg) gegen Großbritannien auf. 50 Es steht außer Frage, daß es ohne das ständige politische Schüren des Mufti erst gar nicht zum Pro-Achsen-Putsch gekommen wäre. Der Widerstand gegen den britischen Vormarsch war aber kaum nennenswert. Sicherlich kann die Tatsache, daß die Hilfe der Achsenmächte zu spät kam und keinesfalls ausreichte, als wesentlicher Grund für das Scheitern des Putsches angesehen werden.51 Fest steht aber auch, daß Hitler von Anfang an nicht bereit war, sich intensiv im Irak zu engagieren; zu mehr als einer Geste seines guten Willens war er nicht bereit. Eigentlich war für die Achse die Möglichkeit eines wirksamen Eingreifens schon verloren, als Hitler am 23. Mai 1941 seine „Weisung Nr. 30“ unterzeichnete. Zwar betonte er, daß die arabische Freiheitsbewegung „unser natürlicher Bundesgenosse gegen England“ sei, wobei der Erhebung im Irak besondere Bedeutung zukomme. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsmarschall Göring, sollte „Art und Umfang des deutschen Eingreifens“ bestimmen. Hitler hatte jedoch zu diesem Zeitpunkt keine Absicht, aus dem Irak einen Hauptkriegsschauplatz zu machen; denn sein geplantes „Unternehmen Barbarossa“ war ihm wichtiger. Das mißlungene Eingreifen deutscher Flieger im Irak war lediglich ein Versuch, das Gesicht zu wahren. Hitler meinte, der Einsatz der Luftwaffe diene „dem Zweck, Selbstvertrauen und Widerstandswillen der irakischen Wehrmacht und des Volkes zu stärken“. 52
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Noch gegen Ende Mai versuchte el-Husseini die Deutschen unter Druck zu setzen und warnte eindringlich davor, daß „wenn der Irak in diesen Tagen falle, so würden nach und nach im ganzen Mittleren Osten die anti-englischen Bewegungen den britischen Waffen oder dem Gold und den englischen Intrigen erliegen“. Für die Achse wäre es dann schwer, denn sie müßte „eine Stellung nach der anderen erobern […], ohne dann mit dem gegenwärtigen Kampfgeist der arabischen Welt und ihrer Hilfe rechnen zu können, die ihr jetzt noch zur Verfügung stehe“. 53 Nachdem sich der Mufti, Gailani und die vier Obersten bereits am 29. Mai 1941 nach Teheran in Sicherheit abgesetzt hatten, herrschte immer noch eine Welle der Einschüchterungen und des Terrors seitens der ProAchsen-Anhänger im Irak. Am 1. und 2. Juni kam es zu einem Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung, dem 179 Juden zum Opfer fielen. Zahlreiche jüdische Einrichtungen und Geschäfte wurden geschändet bzw. geplündert. 54 Es bleibt bis heute ungeklärt, warum die britische Armee, die sich bereits vor Bagdad befand, nicht sofort eingriff, um dem Gemetzel ein Ende zu bereiten. In vielen Fällen bekamen die Juden lediglich von islamischen Nachbarn Hilfe, die sich schützend vor sie stellten – sowohl aus humanitären als auch aus religiösen Gründen. Dieser Pogrom, der als die Farhud bezeichnet wird, traumatisierte die jüdische Bevölkerung derart, daß er letztendlich mit zu der Massenauswanderung der irakischen Juden nach der Gründung des Staates Israel beitrug. Mit der Auswanderung der irakischen Juden nach Palästina hatten der blinde Haß und das Wirken des Muftis wieder einmal das Gegenteil von dem erreicht, was er eigentlich wollte. Ein von der Regierung im Irak eingesetztes Untersuchungskomitee nannte Amin el-Husseini als einen der Mitschuldigen für die anti-jüdischen Ausschreitungen vom 1. und 2. Juni 1941. 55
3.7 Zufluchtsort Teheran Als der Mufti und Gailani am 1. Juni 1941 in Teheran ankamen, verfaßte Staatssekretär von Weizsäcker am gleichen Tag ein an die Gesandtschaft in Teheran gerichtetes Telegramm, das allerdings als „Geheime Reichssache“ erst drei Tage später abgesandt wurde. Von Weizsäcker instruierte den Gesandten Ettel dahingehend, daß er sich sofort mit Gailani in Verbindung setzen solle, damit nicht der Eindruck entstehe, Deutschland lasse seine Freunde fallen, sobald sie einen Mißerfolg erlitten haben. Der irakische Freiheitskampf sei „keineswegs als verloren“ anzusehen, und das Dritte Reich sei weiterhin bereit, „Mittel für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen“. Von Weizsäcker betonte außerdem, er lege Wert darauf, daß auch der Mufti davon überzeugt werde, daß Deutschland ihn und den arabischen Freiheitskampf weiter unterstütze. Auch könne der Mufti mit weiteren
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Geldzuwendungen rechnen. 56 In seinem Schreiben machte von Weizsäcker keinen Hehl daraus, daß Deutschland von den Geschehnissen im Irak überrascht wurde. Ettel möge den verstimmten Gailani beschwichtigen. Allerdings riet der Staatssekretär im Umgang mit Gailani und dem Mufti zur Vorsicht. 57 Am 4. Juni berichtete Ettel in einem Telegramm über sein Treffen mit dem Mufti und Gailani: „Beide erblicken in derzeitigem Rückschlag nur Etappe auf Weg zum endgültigen Sieg über England. Sie sind fest entschlossen, in [sic] Kampf so schnell wie möglich wieder aktiv einzugreifen. Beide wünschen Iran baldmöglichst zu verlassen, um sich über Berlin nach Syrien zu begeben. Sie versprechen sich von nur kurzem Aufenthalt Berlin gute Auswirkung auf arabische Bewegung, da England im Irak mit Schlagwort arbeite, daß selbst Deutschland kein Vertrauen zu Gailani und irakischer Freiheitsbewegung habe.“ 58 Das alte ambivalente Verhältnis war wieder hergestellt. Der Mufti machte neue Pläne, die im Grunde nicht mit denen Deutschlands übereinstimmten, das auf ein gutes Verhältnis zur Vichy-Regierung angewiesen war und außerdem nichts unternehmen wollte, was eventuell eine Verärgerung der Türkei zur Folge haben könnte. So stand die vorgesehene Einreise nach Syrien nicht mehr zur Diskussion, aber gegen einen kurzen Aufenthalt in Berlin wäre laut Woermann eigentlich nichts einzuwenden, vorausgesetzt, daß der Mufti und Gailani nicht „auf die Dauer in Berlin“ blieben. „In Frage käme ein deutscher Kurort wie etwa Karlsbad oder der Semmering oder auch ein dem Orient näher gelegener Ort wie etwa ein Ort in der Umgegend Salonikis oder am Schwarzen Meer.“ 59 Den Deutschen waren die beiden arabischen Nationalisten offensichtlich unbequem geworden; aber ganz auf ihre Mitarbeit wollten sie dennoch nicht verzichten. Die Begründung, daß sie nicht nach Syrien einreisen sollten, weil sie „dort unnötig Gefahr laufen“ würden, scheint nur ein Vorwand gewesen zu sein, um ein unerwünschtes Einmischen des Mufti und Gailanis in die dortigen politischen Verhältnisse zu verhindern. Es zeichnete sich aber ab, daß von den beiden Gailani jetzt als der nützlichere für Deutschland zu betrachten sei. Sollte Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt den Irak „befreien“, würde Gailani unter bestimmten Bedingungen die Regierung übernehmen. Es müßte aber umgehend „ein Geheimabkommen mit der Reichsregierung über eine enge militärische, politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit“ getroffen werden.60 Bereits zu diesem Zeitpunkt empfand Grobba mehr Verständnis für Gailani als für den Mufti, so daß eine bittere Rivalität zwischen den beiden arabischen Führern vorprogrammiert war. Der Mufti suchte seinerseits den Kontakt zu Ettel. Er griff zu der Metho-
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de, die er am besten verstand: die Intrige. Über seinen Sekretär Haddad ließ er Ettel über das Doppelspiel der Italiener aufklären. Natürlich sollte die Angelegenheit als „streng vertraulich“ behandelt werden. Haddad teilte Ettel mit, daß der Mufti und Gailani bedrängt werden, „schon jetzt, das heißt also vor Kriegsende politische und wirtschaftliche Abmachungen mit Italien“ zu treffen. Deutschland als „nordischer Staat“ habe „kein Interesse im Mittelmeerraum“. Der Mufti und Haddad hätten sich dagegen auf den Standpunkt gestellt, daß, „wenn Abmachungen getroffen werden, diese nur zusammen und mit vollem Einverständnis mit Deutschland getroffen werden könnten“. 61 Als der Iran von den Briten und Russen am 25. August besetzt wurde, mußten die Panarabisten ihre Hoffnung auf einen schnellen Vorstoß der Achse in den Nahen Osten begraben. Der Schah wurde zur Abdankung gezwungen, und der Mufti suchte Zuflucht in der japanischen Gesandtschaft. 62 Natürlich konnte dies nur eine Zwischenlösung sein. Am 14. Oktober meldete der Botschaftsrat Kroll von der deutschen Botschaft in Ankara, daß Gailani ihm berichtet habe, die Italiener hätten den Mufti herausgeschmuggelt. 63 Khadduri berichtet, daß el-Husseini bei seinem Zwischenaufenthalt in Istanbul erfahren habe, daß kurz zuvor die Panarabisten Gailani zu ihrem offiziellen Sprecher für die bevorstehenden Verhandlungen mit Deutschland ernannt hatten. 64 Über diese Entwicklung war der Mufti äußerst verbittert. Der Grund, daß die Deutschen Gailani den Vorzug gaben, hing damit zusammen, daß jetzt die Möglichkeit erwogen wurde, erst nach siegreicher Beendigung des „Unternehmens Barbarossa“ vom Norden her in den Irak einzudringen. Als „rechtmäßiger Regierungschef“ des Irak wäre Gailani für die Deutschen von besonderer Bedeutung gewesen. Ferner machte er aus seinem Mißtrauen gegenüber Italien keinen Hehl. El-Husseini dagegen schien als „Mufti von Palästina“ weniger wichtig, zumal die Briten ihren Teilungsplan aufgegeben hatten und die Gefahr eines jüdischen Staates nicht mehr zur Debatte stand. Noch zu diesem Zeitpunkt glaubte Hitler, auf Italien, die Türkei sowie die Vichy-Regierung Rücksicht nehmen zu müssen. Die deutsche Regierung verkannte offensichtlich die Macht des Mufti, der zumindest im Irak eine für sie außerordentlich günstige Lage vorbereitet hatte. Durch ihren Mangel an echtem Interesse und durch ihre Verzögerungstaktik verspielten die Nationalsozialisten eine große Chance, im Nahen Osten Fuß zu fassen.
4. Alliierter der Achse 4.1 Römisches Zwischenspiel Am 12. Oktober 1941 teilte der italienische Außenminister Graf Ciano den Deutschen mit, daß sich el-Husseini seit kurzer Zeit in Italien befinde. Da die Briten jedoch „auf das lebhafteste bemüht“ seien, „seiner habhaft zu werden“, müßte seine Anwesenheit in Italien zunächst geheim gehalten werden. Zu gegebener Zeit würde man ihn schon für die arabische Propaganda einsetzen. 1 Erst am 27. Oktober wurde die Ankunft des Mufti offiziell in der Presse erwähnt. Am gleichen Tag wurde er in Rom von Mussolini empfangen. In einem geheimen Telegramm des deutschen Geschäftsträgers in Rom, von Bismarck, an das AA vom 28. Oktober wird berichtet, daß der Mufti einen „recht günstigen Eindruck“ auf Mussolini gemacht habe: „Er sei ein Mann von Mitte vierzig, mache einen intelligenten Eindruck und scheine genau zu wissen, was er wolle.“ 2 Im Laufe der Unterhaltung habe der Mufti „dem Duce als sein politisches Ziel die Selbständigkeit Palästinas, Syriens und des Irak bezeichnet“. Erneut griff er die Frage einer Erklärung von den italienischen und deutschen Regierungsstellen auf, „in der sie sich mit seinen politischen Bestrebungen identifizierten“. 3 Mussolini, der offensichtlich mit keinerlei Schwierigkeiten von deutscher Seite rechnete, gab sein Einverständnis dazu, worauf der Mufti einige Tage später von Bismarck gegenüber äußerte, er habe mit Mussolini und Ciano den Wortlaut seiner Erklärung an die Araber hinsichtlich der vorgesehenen Zusammenarbeit mit der Achse besprochen. Er würde diese aber erst nach einem Gespräch mit Ribbentrop und, „wenn möglich“, mit Hitler abgeben. An die Möglichkeit eines Treffens mit Hitler zweifelte er nicht, denn der vorgefertigte Text seiner Erklärung, der am 5. November per Telegramm an das AA abgeschickt wurde, beinhaltete von vornherein, daß er „einen offenen und herzlichen Gedankenaustausch mit dem Duce und mit dem Führer gehabt“ habe, die ihm bereits zusicherten: „1.) daß die beiden Mächte der Achse den arabischen Ländern, die gegenwärtig unter der britischen Herrschaft und Bedrückung leiden, jede denkbare Unterstützung in ihrem Kampf für ihre Befreiung gewähren werden; 2.) daß die Mächte der Achse, den Bestrebungen der Araber entgegenkommend, bereit sind, die volle Souveränität und die vollständige Unabhängigkeit der arabischen Länder
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des Nahen Orients, die gegenwärtig von den Engländern besetzt beziehungsweise kontrolliert sind, anzuerkennen. In Verfolg dessen erklären sich diese bereit, ihre Zustimmung zur Beseitigung des jüdisch-nationalen Lebensraumes in Palästina zu erteilen.“ 4 Natürlich sollten diese Punkte vertraglich festgelegt werden, wobei die Achse „in vollem Umfang die Souveränität und die Unabhängigkeit aller arabischen Länder, die augenblicklich souverän und unabhängig sind“, weiterhin zu respektieren habe. 5 Offensichtlich hatte Mussolini weitreichende Pläne mit dem Mufti, die aber das Mißtrauen der Deutschen erweckten, die ihrerseits keinesfalls mehr alle arabischen Länder als Interessensphäre Italiens betrachteten. Der erste Einwand des AA gegen den vom Mufti voreilig konzipierten Text bezog sich auf den Ausdruck „Lebensraum“, der durch ein anderes Wort zu ersetzen sei. Italien hätte jeglichen Grund gehabt, mit dieser Erklärung einverstanden zu sein, denn sie erstreckte sich nicht auf Nordafrika, das die Italiener als ihren „Lebensraum“ bezeichneten. Ferner hätte die Erklärung sicherlich Prestigewert für Italien gehabt, das aufgrund seiner Expansionsbestrebungen in Afrika von den Arabern mit äußerstem Mißtrauen betrachtet wurde. Sie gaben dem starken nationalsozialistischen Deutschland den Vorzug, das ihrer Meinung nach solche Ambitionen mit Bezug auf arabisches Gebiet nicht hegte. Unter diesem Aspekt wußte Mussolini, daß seine Unterschrift allein nicht ausreichen würde. Auch dem Mufti, der seit Jahren heimlich Millionenbeträge aus Italien erhalten hatte, war es klar, daß er es sich nicht leisten könne, eine einseitige Erklärung mit Italien abzuschließen, ohne selbst an Ansehen in der arabischen Welt zu verlieren. Rom wollte er unter diesen Umständen nicht zu seinem alleinigen Hauptsitz machen, zumal er auch wußte, daß Gailani, der – wie bereits erwähnt – von den Panarabisten zu ihrem Sprecher ernannt worden war und somit eine Gefahr für seine eigene Position darstellte, nach Deutschland reisen wollte. Durch seine guten Beziehungen zu Italien hatte der Mufti einerseits einen politischen Rückhalt und andererseits die Möglichkeit, zu seinem eigenen Nutzen die Achsenmächte gegeneinander auszuspielen.
4.2 Der erste Aufenthalt in Berlin Am 6. November traf el-Husseini in der Reichshauptstadt ein, wo er von Grobba, Legationsrat Melchers, Konsul von Falkenstein, Legationssekretär Kutscher, Legationssekretär Dr. Kaspar und Herrn Steffen von der Presse empfangen wurde. 6 Der Mufti schilderte Grobba seine Flucht aus dem Iran und erwähnte mehrmals, daß er versucht habe, das Land „mit deutscher Hilfe und einem deutschen Paß zu verlassen“ und daß sich der Gesandte Ettel um seine Flucht sehr bemüht habe. Leider erwies sich die Flucht mit
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einem deutschen Paß als unmöglich, da die Deutschen im Iran einer sehr strengen Kontrolle unterworfen seien. Da auch Ettel mit seiner deutschen Kolonie beschäftigt war, habe er sich „gezwungen gesehen, die italienische Hilfe anzunehmen“. 7 Es war offensichtlich, daß der Mufti großen Wert darauf legte, die Bedeutung Deutschlands gegenüber Italien hervorzuheben. Als ihm in Rom nahegelegt wurde, dort das Zentrum seiner Tätigkeit einzurichten, habe er Ciano erklärt, daß er zwei Zentren wolle: Rom und Berlin. Der Grund für diese Haltung war, wie Grobba mitteilte, daß er sich über die „überragende militärische und politische Bedeutung Deutschlands gegenüber Italien“ völlig im klaren sei und daß auch die Bedenken der ganzen arabischen Welt hinsichtlich der italienischen Absichten einer engen Zusammenarbeit arabischer Kreise mit Italien entgegenständen. Ferner stellte der Mufti klar, daß der mit Ciano besprochene Entwurf der deutsch-italienischen Erklärung in einigen Punkten nicht seinen Wünschen entsprach. Der italienische Legationsrat Mellini stellte den italienischen Standpunkt dar, der Ägypten und den Sudan aus der möglichen Bildung eines arabischen Einheitsstaates ausschloß, wie ihn sich der Mufti vorstellte und als arabischen Hauptprogrammpunkt beschrieb. Grobba, Mellini und der Mufti einigten sich schließlich auf eine „etwas vage Formulierung“, wonach „das Recht der arabischen Länder des Nahen Orients auf Erlangung der Einheit nach ihren Wünschen“ anzuerkennen sei. 8 Um die Unterstützung der Achse zu erlangen, war der pan-arabische Nationalist el-Husseini sogar bereit, territoriale Zugeständnisse einzuräumen. Zum Schluß erwähnte der Mufti, daß er sich von einem Empfang durch Hitler eine große propagandistische Wirkung auf die ganze arabische und darüber hinaus islamische Welt versprach. Die Äußerungen des Mufti blieben sicherlich nicht ohne Wirkung, wie aus einer Aufzeichnung Ribbentrops vom 13. November hervorgeht. 9 Nach den Ereignissen im Irak, in Syrien und im Iran strebten die Deutschen nunmehr eine „Niederringung Englands“ im Nahen Osten an, die mit politischpropagandistischen Mitteln eingeleitet werden sollte. Unter diesen Umständen kam den Deutschen das Erscheinen el-Husseinis nicht ungelegen. Ribbentrop erwähnte, daß aus allen Äußerungen arabischer Persönlichkeiten hervorgehe, „daß für die arabische Welt das A und O eine neue politische Erklärung der Achsenmächte über die Unabhängigkeit der arabischen Länder“ sei. Ferner sei die Gründung eines arabischen Führerrates zu erwägen, dem der Mufti nach seinem Eintreffen in Europa, ebenfalls Gailani und Fauzi Qawuqji 10 und andere angehören sollten. Ribbentrop war der Ansicht, daß der geeignete Sitz für einen solchen Führerrat nicht Berlin, sondern Rom wäre, 11 wobei zusätzlich an ein Berliner Büro des Führerrates gedacht werden könne. 12 Was die vorgesehene Propaganda nach dem Ori-
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ent betraf, so vertrat Ribbentrop die Meinung, daß der Rundfunk am wirksamsten sei. Er erwähnte, daß täglich arabische Sendungen aus Berlin übertragen werden. Auch der Sender Athen werde jetzt zu solchen Zwecken benutzt. Ferner erwog Ribbentrop die Möglichkeit der „Einwirkung durch die Presse, besonders Zeitschriften“. 13 Darüber hinaus seien die militärischen Aufgaben des Sonderstabes F (Felmy) in Athen zu erwähnen, mit dem das AA in ständiger Verbindung stehe. Hierbei handelte es sich um die Militärmission, die gemäß Hitlers „Weisung Nr. 30“ gebildet wurde. Nach der erfolglosen Intervention der Deutschen im Irak wurde diese Militärmission nicht aufgelöst, sondern als Sonderstab F nach Kap Sunion in der Nähe von Athen verlagert, wo eine kleine Kampfeinheit geschaffen wurde, die auch eine geringfügige Anzahl von Arabern ausbildete. Auch wenn die Ausführungen des Mufti in Berlin mit großem Interesse zur Kenntnis genommen wurden, war eine gewisse Skepsis auf deutscher Seite nicht zu leugnen. Es blieb weder Berlin noch Rom verborgen, daß der Mufti seine eigene Person in den Vordergrund rücken wollte. Man hielt es für richtig, „den Großmufti […] nicht zu groß werden zu lassen“. 14 Bereits am 12. November hatte der Mufti Grobba seine Rolle in der arabischen Nationalpartei (Hizb el-umm el-arabije) geschildert, die „die Nachfolgerin der im Jahre 1911 in Paris gegründeten arabischen Nationalpartei ‚el-Fatat‘ (die Jugend)“ sei, 15 deren Name „aus Gründen der Verschleierung“ während der palästinensischen Revolte 1936 geändert wurde. Angeblich war ursprünglich König Feisal als Präsident vorgesehen, was Grobba nicht glaubhaft schien. 16 1936 wurde der Mufti demnach zum Präsidenten der Partei gewählt, die von einem Geheimkomitee mit Geheimstatuten geleitet wurde und deren Mitglieder zu unbedingtem Gehorsam gegenüber dem Vorsitzenden verpflichtet wurden. „Dieses Komitee und die Partei seien die Träger des Aufstandes in Palästina und des Kampfes im Irak gewesen.“ Gleich nach seiner Ankunft in Bagdad im Oktober 1939 habe der Mufti sofort das Notwendige für den dortigen Kampf gegen Großbritannien eingeleitet. Er konnte die Führer der Armee für die Zusammenarbeit mit Rashid Ali al-Gailani gewinnen und habe außerdem einen vollen Erfolg bei seiner auf die Jugend, Geistlichkeit und Stammesführer gerichteten Arbeit gehabt. „Ebenso habe die Partei im Irak trotz Fehlschlags des Kampfes im Mai an Kraft nicht verloren, wie die Attentate auf Nuri Said und auf Fakhri Nashashibi bewiesen.“ 17 Von Anfang an war der Mufti sehr darum bemüht, seine eigene Position zu konsolidieren und alle anderen Araber, die in Verbindung mit der Achse standen, zu diskreditieren. Gailani sei Mitglied des Komitees und daher dem Mufti unterstellt. Fauzi Qawuqji dagegen sei lediglich Mitglied der Partei. Für Geheimarbeit sei er nicht verwendbar, weil er „unter dem Ein-
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fluß von Alkohol“ 18 Geheimnisse ausplaudere. Der Mufti selbst „werde als der geistige Urheber des Aufstandes in Palästina, des Kampfes im Irak und der Aufstände in Syrien angesehen“. Da die Partei die Briten und die Juden gänzlich „ablehne, werde es diesen niemals gelingen, in Arabien dauernd Fuß zu fassen“. Der Mufti sei bereit, „nach Einigung mit der Deutschen und Italienischen Regierung über die Erklärung an die arabischen Länder Botschaften an das arabische Volk zu richten, die von diesem und insbesondere von allen Parteimitgliedern richtig verstanden und befolgt werden würden. Er stelle selbstverständlich die ganze Partei und seinen Einfluß auf diese für den gemeinsamen deutsch-arabischen Kampf gegen die Engländer zur Verfügung.“ 19 Die Absichten des Mufti hinsichtlich seiner eigenen Ambitionen entgingen der deutschen Regierung nicht, die aber el-Husseini für ihre eigenen Zwecke benutzen wollte. Am 15. November gab Hitler zu verstehen, daß er grundsätzlich bereit sei, den Mufti zu empfangen. Vorher müsse aber noch geklärt werden, ob „der Sitz des arabischen Führerrates in Zukunft in Berlin oder Rom sein solle“. Dies wolle Hitler mit Ribbentrop noch besprechen. Er sei aber „grundsätzlich der Auffassung, daß man den Mittelmeerraum der italienischen Einflußsphäre überlassen müsse“. 20 Am 18. November machte der deutsche Botschafter in Madrid, Dr. von Stohrer, der sich zu diesem Zeitpunkt in Berlin aufhielt, Vorschläge für ein „Islam-Programm“. 21 Bei diesem Anlaß wies er darauf hin, daß die Anwesenheit des Mufti in Deutschland ein Faktor sei, „dessen Bedeutung nicht überschätzt werden könne“. Dies sei „ein Glücksfall, der voll und ganz ausgeschöpft werden müsse“. Durch ihn „würde es möglich sein, eine weitschauende Propaganda in der islamischen Welt zu entfalten“. Dr. von Stohrer erwähnte, daß der Koran eine Reihe von Sprüchen enthalte, „die von jedem Islam-Kenner mit Leichtigkeit als prophetische Worte, die auf das Erscheinen des Führers hinwiesen, ausgedeutet werden könnten“. Wenn der Mufti „sich hinter eine derartige Propaganda stellen würde, könnte man mit größten Erfolgen rechnen“. 22 Die Tatsache, daß SS-Obersturmführer Hans-Joachim Weise aus dem Auslandsnachrichtendienst des Reichssicherheitshauptamtes die Funktion eines Verbindungsoffiziers zu el-Husseini gleich nach dessen Ankunft in Deutschland im November 1941 übernahm, zeugt von dem Interesse der SS an der Person des Mufti. Weise war „während dieser Tätigkeit für die Sicherheit seiner Eminenz verantwortlich und begleitete ihn auf allen Besuchen und Reisen in Deutschland und Italien“. 23
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4.3 Die Unterredung Ribbentrops mit dem Mufti Während seiner Unterredung mit dem Reichsaußenminister betonte der Mufti, „daß die Araber naturgemäß Freunde Deutschlands seien, weil beide gegen drei gemeinsame Feinde im Kampf stünden: die Engländer, die Juden und den Bolschewismus“. 24 Diese Feststellung el-Husseinis zeugt von seinem Opportunismus und zeigt ganz deutlich, inwieweit er auf den deutschen Kurs umgeschwenkt war. Denn noch Anfang des Jahres hatte er sich über seinen Sekretär Haddad darum bemüht, diplomatische Beziehungen zwischen dem Irak und dem „bolschewistischen Rußland“ anzuknüpfen und somit der UdSSR eine Erklärung der Sympathie mit den arabischen nationalen Aspirationen abzuringen.25 Im Mai 1941, als die irakische Gailani-Regierung erneut der Sowjetunion diplomatische Beziehungen – diesmal ohne Bedingungen – anbot, wurden sie angenommen. Jetzt versicherte der Mufti dem Reichsaußenminister, daß die Araber vom deutschen Sieg überzeugt seien, was von großem Vorteil für die arabische Sache wäre. Die Araber hätten die Hoffnung, daß ihnen Deutschland in ihrem Kampf gegen die drei Feinde helfen werde. El-Husseini ging davon aus, daß die Deutschen inzwischen die Mitarbeit der Araber in Palästina, im Irak und in Syrien schätzen gelernt hätten. Sogar der mißlungene Putsch im Irak habe etwas Positives gebracht, denn die Iraker wüßten nun, daß Großbritannien ihr Feind sei. Jetzt würden die Araber nicht nur durch Aufstand und Sabotage agieren, sondern auch „positive Kräfte mobilisieren“. 26 Im Gegensatz zu seinen Gesprächen mit den italienischen Regierungsstellen schloß der Mufti den Deutschen gegenüber Nordafrika durchaus in die arabische Welt ein. Er informierte Ribbentrop, „es werde an eine arabische Legion gedacht, die aus Rif-Arabern und gefangenen Algeriern, Tunesiern und Marokkanern bestehen könnte“. 27 Nach wie vor war er stets darum bemüht, Palästina und sich selbst als „Großmufti von Palästina“ aufzuwerten, indem er darauf hinwies, daß „das palästinensische Arabertum über die besten Beziehungen zu den Zentren der muselmanischen Religion“ verfüge, so daß sogar Einfluß auf Indien ausgeübt werden könne. Dann kam el-Husseini auf die seit jeher von ihm gewünschte Erklärung zu sprechen. Diese sei mehr denn je erforderlich, damit das arabische Volk, das angeblich auf den deutschen Sieg wartete, „die Einstellung der Achsenmächte verstehen könne“. Denn „bedauerlicherweise seien durch die Aktivität der Engländer bereits gewisse Verluste unter der arabischen Anhängerschaft eingetreten“. 28 Anstatt den Deutschen Vorwürfe über ihre mangelnde Unterstützung im Irak zu machen, bedankte sich der Mufti bei Ribbentrop für die Hilfe der Achse. Daraufhin bemerkte der Reichsaußenminister, daß das „Unternehmen zu früh erfolgt sei und daß man im deut-
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schen politischen Leben etwas Wichtiges von den Engländern gelernt habe, nämlich die Bestimmung eines Zeitpunktes (‚Timing‘)“. 29 Er versuchte, den Türken die Schuld für das Scheitern des Unternehmens zu geben, die den Transport von Kriegsmaterial verhindert hätten. Nach Meinung des Mufti hätten die Engländer ohnehin einen Geheimvertrag mit den Türken abgeschlossen, der erst nach Kriegsende zum Tragen kommen solle. Zweifellos wollte er mit dieser Äußerung erreichen, daß die Deutschen weniger Rücksicht auf die Türkei nehmen sollten, die von jeher den arabischen Nationalismus mit Argwohn betrachtet hatte. Aus Angst, daß einer neuen Erklärung seitens der Achse etwas im Wege stehen könnte, stritt el-Husseini ab, daß die irakische Regierung aufgrund der an sie gerichteten deutsch-italienischen Erklärung im April voreilig reagiert habe. Er behauptete, der Irak sei lediglich dazu gezwungen worden, sich zu verteidigen. Ribbentrop, der sicherlich uneingeschränkt die Auffassung des AA vertrat, daß „das von dem Großmufti angestrebte Monopol in den gesamtarabischen Fragen […] ihm nicht gewährt zu werden“ brauchte, 30 versicherte el-Husseini, er freue sich, ihn zu sehen. Denn „schon in seiner Kindheit“ habe sich seine Phantasie oft mit „der Idee und Persönlichkeit des Mufti beschäftigt, und in den vergangenen Jahren habe er gerade seine Tätigkeit genau verfolgt, da er nun gewissermaßen zu einer mystischen Persönlichkeit geworden sei“. 31 Bei aller Sympathie für den Mufti müßte man allerdings „jetzt sehr vorsichtig und überlegt zu Werke gehen“. Man würde gewiß die Sache des Mufti unterstützen, wisse aber noch nicht wie. Auf eines könnte sich aber der Mufti verlassen. Ungleich den Briten liebe Hitler „keine Schaumschlägerei, so daß, wenn eine Ankündigung erfolge, dann auch die Macht, sie durchzuführen, dahinter stehen müsse. […] Leere Versprechungen zu machen, sei ein englisches Verfahren.“ Im Verlauf des Gesprächs deutete Ribbentrop etwas an, was der Mufti eigentlich gar nicht wollte: Die Deutschen würden das Schwarze Meer als Operationsbasis für weitere Vorstöße benutzen. Dies würde bedeuten, daß der deutsche Vormarsch in den Irak vom Norden her geführt würde, so daß die Person Gailanis an Signifikanz gewinnen werde. Für den Mufti war es wichtig zu erreichen, daß die gewünschte Erklärung aufgrund seiner eigenen Initiative erfolgen sollte. Er wies erneut darauf hin, daß es den Engländern gelinge, daß „manche Anhänger des arabischen Gedankens abtrünnig würden“. Es ist evident, daß auf deutscher Seite keinerlei Absicht bestand, eine derartige Erklärung abzugeben. Aufgrund ihrer Rassenideologie konnten die Nationalsozialisten unmöglich den Gedanken der arabischen Unabhängigkeit befürworten. Für sie waren die semitischen Araber genau so unfähig, einen Staat erfolgreich zu führen wie die Juden; sie galten schlechthin
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als unzuverlässig. Es ist daher nicht verwunderlich, daß Ribbentrop den Mufti mit der Frage unterbrach, „ob denn die Araber nach dem, was sie mit den Juden erlebt und was die Engländer ihnen getan hätten, noch immer an das Wort der Engländer glaubten“. 32 Der Mufti, etwas aus der Fassung gebracht, griff erneut das Thema Türkei auf und verwickelte sich besonders hinsichtlich der Türkei in Widersprüche. „Er selbst habe als Offizier in der türkischen Armee den ganzen Weltkrieg mitgemacht und sich stets gut mit den Türken vertragen.“ Diese würden gern „ein arabisches Großsyrien“ als Nachbarn sehen. Sie hätten lediglich Angst vor einer europäischen Großmacht an ihren Grenzen. Das Gespräch ist sicherlich nicht so verlaufen, wie es sich der Mufti vorgestellt oder erhofft hatte. Jetzt war ihm aber klar, daß er keinesfalls ein so leichtes Spiel wie in Italien haben würde: Er müßte von nun an nicht nur versuchen, die Achsenmächte gegeneinander auszuspielen, sondern auch dezidiert die Differenzen innerhalb des nationalsozialistischen Machtapparates für seine eigenen Zwecke ausnutzen.
4.4 Hitler empfängt el-Husseini Am 28. November 1941 empfing Hitler den Mufti in Gegenwart von Ribbentrop und Grobba. Als erstes bedankte sich el-Husseini bei Hitler „für die große Ehre, die ihm dieser erwiese, indem er ihn empfinge“. 33 Gleichzeitig nahm der Mufti die Gelegenheit wahr, um dem „von der gesamten arabischen Welt bewunderten Führer des Großdeutschen Reiches seinen Dank für die Sympathie auszusprechen, die er für die arabische und besonders die palästinensische Sache gezeigt habe“. Er meinte, die arabische Welt sei vom Sieg Deutschlands fest überzeugt, „nicht nur weil das Reich eine große Armee, tapfere Soldaten und geniale militärische Führer besäße, sondern weil der Allmächtige niemals einer ungerechten Sache den Sieg verleihen könne“. Die Araber „erstrebten in diesem Kampf die Unabhängigkeit und Einheit Palästinas, Syriens und des Irak. Sie hätten das vollste Vertrauen zum Führer und erwarteten von seiner Hand Balsam für die Wunden, die ihnen die Feinde Deutschlands geschlagen hätten“. Jetzt war der Mufti beim Thema: Er trug Hitler die gleiche Bitte um eine Erklärung vor, wie er sie schon Ribbentrop gegenüber geäußert hatte. Zu all dem erwiderte Hitler, daß die grundsätzliche Einstellung Deutschlands klar sei: „Deutschland trete für einen kompromißlosen Kampf gegen die Juden ein. Dazu gehöre selbstverständlich auch der Kampf gegen die jüdische Heimstätte in Palästina, die nichts anderes sei als ein staatlicher Mittelpunkt für den destruktiven Einfluß der jüdischen Interessen. Deutschland wisse auch, daß die Behauptung, das Judentum übe die Rolle eines Wirtschaftspioniers in Palästina aus, eine Lüge sei. Dort arbeiteten
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nur die Araber, nicht aber die Juden. Deutschland sei entschlossen, Zug um Zug eine europäische Nation nach der anderen zur Lösung des Judenproblems aufzufordern und sich im gegebenen Augenblick mit einem gleichen Appell auch an außereuropäische Völker zu wenden.“ Hitler meinte, „platonische Zusicherungen“ seien zwecklos. „Die Unterstützung der Araber müßte materieller Art sein. Wie wenig in einem solchen Kampf Sympathien allein hülfen, sei an der Unternehmung im Irak klar geworden, wo die Umstände eine wirklich durchschlagende praktische Hilfe nicht zugelassen hätten.“ Der Mufti müsse verstehen, „daß in dem gegenwärtigen Kampf auch das Schicksal der arabischen Welt mit entschieden werde“. Hitler „müsse daher nüchtern und kühl abwägend als Verstandesmensch und primär als Soldat, als Führer der deutschen und alliierten Armeen denken und sprechen. Alles, was geeignet sei, in diesem riesigen Kampf der gemeinsamen Sache und daher auch dem Arabertum zu helfen, müsse geschehen.“ Er wies darauf hin, daß die vom Mufti gewünschte Erklärung hinsichtlich Syriens „diejenigen Elemente in Frankreich stärken würde, die unter dem Einfluß de Gaulles stehen. Sie würden die Erklärung […] als eine Absicht der Auflösung des französischen Kolonialreiches auslegen und […] lieber gemeinsame Sache mit den Engländern machen“, um zu retten, was noch zu retten wäre. Es würden in Westeuropa neue Schwierigkeiten entstehen, und „ein Teil der deutschen Wehrmacht würde im Westen gebunden werden und nicht mehr für den Ostfeldzug zur Verfügung stehen“. Hitler gab dem Mufti eine mündliche Erklärung mit der Bitte, sie „in seinem tiefsten Herzen zu verschließen“. Diese Erklärung beinhaltete, daß Hitler „den Kampf bis zur völligen Zerstörung des jüdisch-kommunistischen europäischen Reiches fortführen“ werde. „Im Zuge dieses Kampfes würde zu einem […] noch nicht genau nennbaren, aber jedenfalls nicht fernen Zeitpunkt von den deutschen Armeen der Südausgang Kaukasiens erreicht werden. Sobald dieser Fall eingetreten sei, würde der Führer von sich aus der arabischen Welt die Versicherung geben, daß die Stunde der Befreiung für sie gekommen sei. Das deutsche Ziel würde dann lediglich die Vernichtung des im arabischen Raum unter der Protektion der britischen Macht lebenden Judentums sein. In dieser Stunde würde dann auch der Mufti der berufenste Sprecher der arabischen Welt sein. Es würde ihm obliegen, die von ihm insgeheim vorbereitete arabische Aktion auszulösen. Dann würde auch Deutschland die Reaktion Frankreichs auf eine derartige Erklärung gleichgültig sein können.“ Nach Hitlers Meinung wäre es jedoch besser, „im Dienst der gemeinsamen Sache mit der arabischen Proklamation noch einige Monate zu warten, als daß sich Deutschland selbst Schwierigkeiten schüfe, ohne den Ara-
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bern dadurch helfen zu können. Er […] verstehe durchaus die Sehnsucht der Araber nach einer öffentlichen Erklärung“, wie der Mufti sie fordere, gebe jedoch zu bedenken, daß „er […] selbst fünf Jahre lang Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches gewesen sei, ohne seiner eigenen österreichischen Heimat gegenüber die Erklärung der Befreiung abgeben zu können. […] In dem Augenblick, in dem Deutschlands Tankdivisionen und Luftgeschwader südlich des Kaukasus erschienen, könne auch der vom Großmufti erwartete öffentliche Appell an die arabische Welt erfolgen.“ Diese Erklärung war sicherlich nicht das, was sich der Mufti erhoffte. In seiner Enttäuschung fragte er Hitler trotzdem noch, „ob es nicht möglich sei, wenigstens insgeheim eine Abmachung mit Deutschland zu treffen, so wie er sie dem Führer vorher skizziert habe“. Hitler gab ihm daraufhin zu verstehen, daß er dies ja gerade getan habe. Dem Mufti war es klar, daß nichts mehr zu erreichen war und bedankte sich mit der Bemerkung, „daß er voller Vertrauen mit nochmaligem Dank für die Interessennahme an der arabischen Sache vom Führer scheide“. 34 Noch am gleichen Tag erhielt Woermann eine Mitteilung des Gesandten von Rintelen, daß nach dem Empfang des Mufti bei Hitler entschieden wurde, die Frage der gewünschten Erklärung „über ein Freies Arabien“ zurückzustellen. Man sollte lediglich in Abstimmung mit Rom eine Presseveröffentlichung über den Besuch per se herausgeben.35 Laut Grobba empfing Ribbentrop den Mufti nochmals am nächsten Tag und wiederholte „in noch schärferer Form die Ablehnung Hitlers die Unabhängigkeit der arabischen Länder anzuerkennen“. 36 Grobba war Hitlers Entscheidung unverständlich, zumal eine Erklärung ihn nichts gekostet, „ihm aber die Waffenbrüderschaft der Araber“ eingebracht hätte. 37 Zu diesem Zeitpunkt drehte sich für Hitler alles um das „Unternehmen Barbarossa“. Alles andere war nebensächlich – und ganz besonders die Unabhängigkeitsbestrebungen der Araber, die keinen Platz in seiner Ideologie einnehmen konnten. Für Arabisten wie Grobba war dies nicht immer leicht zu begreifen. Hitlers Befürchtung, daß die Vichy-Regierung eine derartige Erklärung als Bedrohung gegen ihre Auslandsterritorien betrachten werde, konnte Grobba auch nicht akzeptieren, da Frankreich im Prinzip die Unabhängigkeit der arabischen Länder ohnehin anerkannt hatte. In der Tat war die Zusammenarbeit mit der Vichy-Regierung wichtig für Hitler, da sie auch ein Aufrechterhalten des Status quo in Nordafrika, Syrien und dem Libanon garantierte. Ganz unabhängig von politischen Überlegungen, glaubten die Nationalsozialisten nicht an eine große Kampfkraft der Araber. In einem Erfahrungsbericht über die Kämpfe im Irak schrieb Hauptmann Kohlhaas, daß man „den Begriff des ‚arabischen Freiheitskampfes‘ sehr skeptisch zu beur-
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teilen“ habe, „ebenso das Wort von (sic!) ‚heiligen Krieg‘. Von einer Tiefenwirkung des Einflusses des Mufti darf man dementsprechend nicht viel erwarten.“ 38 Was Syrien betraf, so hatte Legationsrat Rahn bereits „festgestellt“, daß es zumindest dort überhaupt keine arabische Bewegung gebe. „Unabhängigkeit ist der Vorwand für ungehinderte Spekulationen, Freiheit der Schild für hemmungslose Ausbeutung der arbeitenden durch die herrschende Schicht. Auch der rassisch beste Teil, die Beduinen, sind der allgemeinen Korruption erlegen und folgen der jeweils stärksten Macht wie die Schakale dem Raubtier.“ 39 In Anbetracht dieser Gesinnung könnte davon ausgegangen werden, daß die Warnungen des Mufti über die abtrünnigen Araber von den Nationalsozialisten eher als Bestätigung ihrer eigenen Vorurteile aufgefaßt wurden. Wie so oft gingen die Interessen Hitlers und des Mufti auseinander. Hitler hatte Zeit und konnte warten, bis ihm die Araber aufgrund seiner Kriegserfolge von sich aus ihre Unterstützung anbieten würden. Der Mufti dagegen benötigte die Erklärung sofort, um sein Ansehen unter den Arabern zu erhöhen und sich nach dem Krieg eine führende Position sichern zu können, die weit über die eines Mufti von Jerusalem hinausginge. Wie auch immer der Krieg ausgehen würde, so könnte er anhand der Erklärung beweisen, daß er sich als großer arabischer Nationalist und Vorkämpfer der Befreiungsbewegung immer für die arabische Sache eingesetzt hätte. Mündliche Zusicherungen, wie sie von Hitler abgegeben wurden, waren für el-Husseini bedeutungslos. Im Vergleich zum Treffen mit Mussolini, das dem Mufti die Zusage für die Erklärung und eine Million Lira einbrachte, 40 war die Ausbeute für ihn bei der Unterredung mit Hitler äußerst mager. Dennoch betrachtete er Hitler nach wie vor als seinen natürlichen Verbündeten. Jetzt kam es ihm vor allem darauf an, seine große Nützlichkeit unter Beweis zu stellen. Eine unmittelbare Gefahr drohte ihm seitens Gailani, der am 21. November in Berlin eingetroffen war.
4.5 Die beginnenden Spannungen um die arabische Führerschaft Als el-Husseini nach seiner Flucht aus Teheran erfuhr, daß die Panarabisten Gailani zu ihrem offiziellen Sprecher bei den vorgesehenen Verhandlungen mit der deutschen Regierung ernannt hatten, war die Möglichkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den beiden arabischen Führern bereits verspielt. Während die Nationalsozialisten noch versuchten, Gailani „auf illegalem Wege“ aus der Türkei herauszuholen, 41 war der Mufti, der einen gewissen zeitlichen Vorsprung hatte, schon eifrig darum bemüht, seine eigene Position gegenüber der Achse zu stärken. Gailani traf am 21. November 1941 in Berlin ein, wo er zunächst in der dem Mufti zur Verfügung gestellten Villa Unterkunft fand. 42 Durch dieses Zusammenleben wurde die
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Möglichkeit geschaffen, daß der eine stets wußte, was der andere tat; aber eine ideale Lösung war es keinesfalls, denn von dem Moment an, da sich der Mufti und Gailani auf dem Gebiet der Achse befanden, gab es zwischen den beiden ständige Spannungen, wobei die Konkurrenz um die Führungsposition die Hauptrolle spielte. Jeder versuchte von nun an, mit der Achse getrennt zu verhandeln, um die Anerkennung seiner persönlichen Ansprüche zu erlangen. Sowohl am 16. als auch am 22. Dezember wurde Gailani von Ribbentrop empfangen. Beim ersten Treffen betonte Gailani, daß die von den Arabern empfundene Freundschaft zu Deutschland der Grund „für den Kampf gegen die Engländer“ sei. Allerdings solle die deutsche Regierung ein „Zeichen der Ermutigung“ geben, das in Form eines Briefes gehalten sein könnte, in dem er als irakischer Ministerpräsident anerkannt werde. Ein derartiges Schreiben könnte durchaus geheim bleiben, denn Gailani unterstrich, daß er es für sich selbst nicht benötigte; vielmehr sollte es seinen „in Gefängnissen schmachtenden Landsleuten“ Hoffnung geben. Er selbst sei lediglich nach Deutschland gekommen, „um zu arbeiten“. Allerdings sei er schon der Auffassung, daß die Erklärung nicht hinausgezögert werden dürfe, zumal die Situation jetzt anders sei als die von Hitler während seiner Unterredung mit dem Mufti besprochene. Noch vor einem Monat habe man noch damit gerechnet, daß die deutschen Truppen in zwei bis drei Monaten an den Südhängen des Kaukasus stehen würden. Inzwischen sei aber der Winter eingetreten, so daß die Truppen erst nach sechs Monaten dorthin kommen würden. Bei diesem Zusammentreffen verhielt sich Ribbentrop gegenüber Gailani ausgesprochen freundlich, betonte aber, daß man auf die Erklärung zurückkommen werde, „wenn tatsächlich die Macht der Waffen dahinterstehe“. 43 Bis dahin hielt er es nicht für sinnvoll, daß Gailani sich propagandistisch betätige. Auch Hitler betrachtete Gailanis Anliegen mit einem gewissen Wohlwollen, denn am 20. Dezember sandte Woermann ein Telegramm an die Botschaft in Rom, das den von Hitler genehmigten Wortlaut des Schreibens für diesen beinhaltete. Der Text, der im wesentlichen Deutschlands Hoffnung zum Ausdruck brachte, daß Gailani bald „in einem befreiten Irak eine Irakische Regierung bilden und als Ministerpräsident leiten“ 44 würde, sollte von der italienischen Regierung gebilligt werden, wobei allerdings laut Hitler „eine Änderung des Textes […] nicht mehr in Frage“ 45 käme. Durch die bloße Existenz des Schreibens, das Gailani am 22. Dezember ausgehändigt wurde 46 und somit seinen offiziellen Status in Deutschland bestätigte, wurde dem Mufti sehr deutlich, daß er selbst nichts in Händen hatte, was seinen Aufenthalt in Deutschland in irgendeiner Weise legitimieren könne. Diese Situation war ihm unerträglich und erforderte Gegenmaßnahmen. Bereits
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am 16. Dezember hatte er dem Chef des Amtes Ausland/Abwehr im OKW, Admiral Canaris, zu verstehen gegeben, daß sowohl er als auch Gailani ihre Enttäuschung über die deutsche Regierung nicht verbergen könnten.47 In Zukunft werde er allein agieren müssen.
4.6 Canaris besucht den Mufti Canaris berichtete, daß ihn der Mufti in einem im „orientalischen Stil“ gehaltenen Salon seiner Berliner Villa empfangen habe. El-Husseini selbst sei „ein mittelgroßes, zierliches Männchen mit einem sehr feinen, klugen Kopf“. 48 Das Gespräch wurde auf französisch geführt. Nach den „üblichen einleitenden Höflichkeitsphrasen“ erwähnte der Mufti, er kenne den Namen Canaris schon seit drei Jahren. Canaris erklärte sich dies aus seiner Zusammenarbeit mit dem damaligen Sekretär des Mufti, Haddad, mit dem er kurz vor Kriegsausbruch „in Sachen eines Waffentransportes für die aufständischen Araber in Palästina einige Male persönlich verhandelt hatte“. 49 Canaris wies darauf hin, daß er selbst nur für den „militärischen Sektor der Abwehrarbeiten zuständig und verantwortlich sei“. Im übrigen habe er sich strikt an die politischen Richtlinien des Auswärtigen Amtes zu halten. Allerdings könne der Mufti sich direkt in Verbindung mit Canaris setzen, wenn es sich um „grundsätzliche Fragen“ seines Aufgabengebietes handele. Natürlich nahm el-Husseini die Gelegenheit wahr, Canaris über „die Organisation seiner Anhänger“ zu erzählen, „die in vier- und fünffacher Besetzung vorhanden sei und von der er behauptet, daß von den Engländern bestenfalls nur die erste Garnitur d. h. die Leute, die sich exponiert haben und sich exponieren mußten[,] gegriffen bezw. hingerichtet worden seien“. 50 Anläßlich des Besuchs von Canaris stellte der Mufti Gailani vor, der sich „zunächst noch inoffiziell in Berlin“ aufhielt. Da Gailani nur Englisch sprach, fungierte der Mufti als Dolmetscher. Auf Canaris wirkte Gailani „nach europäischen Begriffen ausgesprochen semitisch, aber nicht unsympathisch“. Auch in diesem Gespräch versäumte es der Mufti nicht, das Thema der von ihm gewünschten Erklärung aufzugreifen, und sowohl er als auch Gailani machten aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl, daß die deutsche Regierung sich bisher noch auf keinerlei Erklärung in der arabischen Frage festlegen wolle. Er und Gailani seien selbstverständlich von der Aufrichtigkeit der deutschen Bestrebungen überzeugt. Die englische Propaganda behaupte aber, „daß die Deutschen die Araber, ebenso wie alle andern, nur betrögen und niemals gesonnen seien, ihr Wort zu halten“. Canaris war der Auffassung, daß der Mufti damit auch „natürlich seine eigene wirkliche Meinung“ ausdrücken wollte. Außerdem sei das Gefährliche, daß Großbritannien bereits konkrete Erklärungen abgegeben habe, in denen es den
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Arabern zumindest die Unabhängigkeit zugesichert habe. 51 Dieses, das erste von mehreren Treffen zwischen Canaris und dem Mufti, dauerte etwa eine Stunde. Es war ganz offensichtlich, daß der Mufti, dem die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem AA und der Abwehr nicht entgegangen waren, versuchen wollte, daraus Kapital für sich zu schlagen.
4.7 Der Kampf um die Unabhängigkeitserklärung und die arabische Führerschaft Als der Mufti und Gailani von der italienischen Regierung zu einem Besuch in Rom eingeladen wurden, geriet der Mufti in Zeitdruck. Er wollte auf gar keinen Fall Berlin mit leeren Händen verlassen. Am 21. Januar 1942 teilte er Grobba mit, er wünsche eine Erklärung über die Unabhängigkeit der arabischen Länder oder wenigstens durch einen geheim zu haltenden Brief oder Vertrag eine bindende Zusage der deutschen Regierung hinsichtlich der Zukunft Großsyriens zu erhalten. Außerdem erstrebe er mit seiner Forderung nach einer persönlichen Anerkennung, Sprecher oder gar Führer der Nordaraber zu werden. Er wies darauf hin, daß die Zukunft des Iraks durch den an Gailani von Ribbentrop ausgehändigten Brief gesichert sei, nicht aber die Großsyriens. Wenn der Mufti nunmehr einen solchen Brief erhalte, könne er den Arabern über den Rundfunk „Versicherungen geben, ohne den Brief zu erwähnen. […] Er sei befugt, einen solchen Brief von der deutschen Regierung entgegenzunehmen, denn er sei der Führer der Aufstände in Palästina und Syrien gewesen.“ Auch habe er trotz des britischen Einflusses die Stimmung im Irak zugunsten Deutschlands geändert. „Er sei der erste Freund Deutschlands gewesen.“ Der Mufti wollte den Brief noch vor seiner für den 5. Februar geplanten Abreise nach Rom erhalten. Diesen Wunsch trug er ebenfalls Staatssekretär von Weizsäcker am 26. Januar vor. Er versuchte erneut seine eigene politische Bedeutung hervorzuheben, den Wert einer politischen Zusammenarbeit mit ihm zu betonen und gleichzeitig den Wert Gailanis herabzumindern. Mit Bezug auf den an Gailani ausgehändigten Brief meinte er, die Araber hätten nicht lediglich für die Unabhängigkeit des Iraks gekämpft. Er (der Mufti) sei Führer einer großen arabischen Organisation, die jahrelang gegen die Briten wirkungsvoll gekämpft und das politische Klima in den arabischen Ländern völlig verändert habe. Hinzu käme, daß er auch noch als Präsident des Islamischen Kongresses fungiere, so daß er durch diese doppelte Stellung wohl in der Lage wäre, für die gemeinsame Sache zu kämpfen. Hiermit wollte er zu verstehen geben, daß seine Person zu bedeutend sei, um nach dreimonatigem Aufenthalt in Berlin mit leeren Händen abzureisen. Im Januar wurde el-Husseini ein von Ribbentrop unterzeichnetes Schrei-
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ben ausgehändigt, in dem erklärt wurde, „daß die deutsche Regierung bereit sei, die Unabhängigkeit der arabischen Länder anzuerkennen, wenn diese sie errungen hätten“. Grobba wies darauf hin, daß dieses Schreiben unmöglich den Vorstellungen des Mufti entsprechen könne, denn im Gegensatz zu dem Brief an Gailani beinhaltete diese Zusicherung keinerlei Garantien für die künftige Position des Mufti selbst. Er nahm es Grobba übel, daß dieser ein günstigeres Schreiben für Gailani erwirkt hatte, und sah nunmehr die Notwendigkeit, dessen Sturz herbeizuführen, um dadurch die Oberhand über den Iraker zu gewinnen. 52 Auch in Rom schien Gailani trotz seiner Vorbehalte gegen die Italiener den Vorrang gegenüber dem Mufti zu erhalten, wenn auch die italienische Regierung nicht bereit war, die von Gailani vorgelegten Vertragsentwürfe über die Unabhängigkeit des Iraks zu berücksichtigen, sondern es für zweckmäßiger hielt, „einen Briefwechsel vorzunehmen“. 53 Schließlich einigten sich Deutschland und Italien über den Text eines Schreibens, das Gailani am 31. März 1942 ausgehändigt wurde. 54 Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Achse ganz andere Pläne für den arabischen Raum. Sie plante ein Unternehmen „vorderer Orient“, das nur durch eine verbündete Türkei zu realisieren wäre. Es ging darum, „die Ordnung des arabischen Raums in die Hand zu nehmen“, 55 wobei einige „Grenzberichtigungen“ nicht auszuschließen seien. Was den Mufti und Gailani betraf, so sollte man nicht weitergehen als notwendig, um sie „bei der Stange zu halten und um bei einem militärischen Einmarsch eine zur Zusammenarbeit bereite Bevölkerung vorzufinden“. 56 Es sei gegen den geplanten Notenwechsel mit Gailani nichts einzuwenden, „da bis zu seiner Wiedereinsetzung in die irakische Regierung noch ein weiter Weg ist“. Das Gleiche gelte für eine geheimzuhaltende Erklärung an den Mufti über die Unabhängigkeit der arabischen Länder. Hieraus kann man schließen, daß die Bemühungen des Mufti anfingen Früchte zu tragen. In seinem Intrigenspiel hatte el-Husseini es nicht versäumt, Japan mit einzuschließen, das immer mehr in Richtung Indien vorrückte. Gleich nach seiner Rückkehr aus Berlin Anfang Februar nahm er Verbindung zur japanischen Botschaft in Rom auf mit dem Vorschlag, einige seiner Reden nach Indien und an die Mohammedaner in den von Japan besetzten Gebieten auszustrahlen. Dies hätte einen besonderen propagandistischen Wert gegenüber Großbritannien, der von Japan gleich erkannt wurde. Die Japaner schlugen der Achse eine Dreimächteerklärung über Indien und die arabischen Länder vor, die aber von Deutschland mit äußerster Zurückhaltung zur Kenntnis genommen wurde. Die Nationalsozialisten mißtrauten den Ambitionen der Japaner im arabischen Raum, und es paßte einfach nicht in ihre Weltanschauung, daß die imperialistische Macht Großbritannien von
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einer asiatischen abgelöst werden sollte. So schien es nun durchaus angebracht, durch Konzessionen die Aufmerksamkeit des Mufti in andere Richtungen zu lenken. Der Mufti machte dem Gesandtschaftsrat Granow gegenüber kein Geheimnis über seine Verärgerung, daß Gailani bevorzugt behandelt wurde. Er bedauerte das Ausbleiben einer Unabhängigkeitserklärung für die arabischen Länder und drohte damit, sich nach Ungarn oder Spanien abzusetzen, bis endlich eine Entscheidung getroffen werde. Ohne eine schriftliche Erklärung sei er nicht bereit, für die Achse weiterhin zu arbeiten. Granow vertrat die Meinung, daß es ein schwerer Schlag für die Achse wäre, wenn der Mufti abreiste. Denn dies würde den Briten eine wirksame Propaganda für ihre Politik im Mittelmeerraum liefern. Jetzt, da Gailani seine Erklärung erhalten hatte und zu jeder Zusammenarbeit bereit war, hielt Granow es für absolut notwendig, daß auch dem Mufti ein Schreiben gemäß seinen Wünschen erteilt werde. Ferner sei es empfehlenswert, daß Gailani und der Mufti möglichst getrennt auftreten und somit die Ursachen ihrer „Eifersucht“ ausgeschaltet werden sollten. Wichtig wäre auch, daß alle Handlungen gegenüber den beiden „Araberführern auf allen Gebieten mit den Italienern“ abgestimmt werden, denn „das offene Hervortreten eines Mangels an Einvernehmen zwischen den Achsenregierungen schädigt unser Ansehen bei den Arabern und verschlechtert unsere Verhandlungspolitik“. 57 Nach mehreren Besprechungen auf diplomatischer Ebene wurde schließlich Einigung über den Text eines Schreibens erzielt, das vom Mufti und Gailani unterschrieben und jeweils an Ribbentrop und Ciano gerichtet werden würde. Die arabischen Führer bestätigten, daß sie „die Bereitschaft des arabischen Volkes zur Teilnahme am Kampf gegen die gemeinsamen Feinde bis zum Endsieg erklärt“ haben.58 Als Gegenleistung baten sie darum, daß die deutsche Regierung versprechen möge, die arabischen Länder im Kampf um ihre Unabhängigkeit und Souveränität sowie um ihre Vereinigung, falls diese von den Beteiligten gewünscht werde, zu unterstützen. Ferner möge die deutsche Regierung der „Beseitigung der jüdisch-nationalen Heimstätte in Palästina“ zustimmen. 59 Es liegt nahe, daß dieser vorher genau abgestimmte Text den deutschen Regierungsstellen keine Schwierigkeiten bereitete, denn das einzige Unmißverständliche an der Erklärung dürfte wohl die Beseitigung der jüdischen Heimstätte in Palästina gewesen sein. Am 15. Mai 60 erhielten sie in Form eines Schreibens ihre geheime „Erklärung“, die lediglich dazu diente, sich die weitere Zusammenarbeit mit dem Mufti bezüglich der Propaganda in den arabischen Ländern zu sichern. Das Schreiben sollte „weder zur Veröffentlichung noch zur Verwendung gegenüber Dritten, sondern bis auf weiteres ausschließlich für den Empfänger persönlich bestimmt sein“. 61
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Jetzt nahmen der Mufti und Gailani ihre Propagandatätigkeiten für die Achse wieder auf, aber der Streit zwischen den beiden war keinesfalls beigelegt. Der Mufti hatte nunmehr erreicht, daß er in etwa Gailani gleichgestellt war, aber ihm ging es vor allem darum, seinen Rivalen gänzlich auszuschalten, denn der Kern ihres Konfliktes war nicht die Unabhängigkeit der arabischen Länder; es ging vielmehr um persönliches Prestige und wer von beiden als Führer der arabischen Freiheitsbewegung gelten sollte. Der Gesandtschaftsrat Granow erkannte durchaus, worum es tatsächlich ging, und schlug vor, daß man deutscherseits Gailani nicht mehr den Vorrang einräumen sollte. Ihm schien es zudem sinnvoll, daß die beiden „ihre Reisen, Besuche usw. getrennt machen“ sollten. Granow realisierte, daß der Mufti und Gailani Deutschland und Italien zu ihren eigenen Zwecken gegeneinander ausspielten, wobei Gailani dazu neigte, den arabischen Argwohn gegen Italien deutlich zu betonen, weil er wußte, daß der Mufti aufgrund seiner guten Beziehungen zum italienischen Legationsrat Mellini in Rom den Vorzug genoß. Da es häufig an gezielten Abstimmungen zwischen den Achsenmächten mangelte, verstanden es die beiden arabischen Nationalisten, Rom und Berlin immer wieder in peinliche Situationen zu bringen. Als „gewandte Politiker“ versuchten der Mufti und Gailani permanent, „durch Entwicklung besonderer Vertrauensbeziehungen die eine Achsenregierung auf gewisse Punkte festzulegen, die von dieser mit der anderen Achsenregierung noch nicht geklärt worden sind“. 62 Granow vertrat die Auffassung, daß sie durch ihre persönlichen Eifersüchteleien „in ihrer Zusammenarbeit für die arabische Sache gehemmt werden“. 63 Dagegen geht aus einem geheimen Bericht vom 31. Mai hervor, daß die Kooperation mit ihnen sehr wirksam gestaltet werde. Dies gelte besonders für das Gebiet der Propaganda, denn die Ansprachen der beiden Araberführer über deutsche und italienische Sender seien besonders wirkungsvoll. Das gleiche gelte für das vom Mufti und Gailani für die deutschen Sendungen in arabischer Sprache laufend zur Verfügung gestellte Material. „Den Höhepunkt dieser propagandistischen Betätigung solle ihr Aufruf an die arabischen Völker zum Aufstand“ gegen die Briten bilden. Der Zeitpunkt hierfür werde „deutscherseits bestimmt und dann gegeben sein, wenn deutsche Truppen nach Überwindung des Kaukasus zum Angriff gegen Engländer und Sowjets in den Orientländern antreten“. 64 Mit Hilfe dieser Propaganda wollten die Nationalsozialisten erreichen, daß die Araber die einmarschierenden deutschen Truppen „als Befreier begrüßen“ und sich gegen die britischen Truppen erheben würden. Es war vorgesehen, daß Gailani Ministerpräsident und gegebenenfalls Staatschef im Irak sowie Berater in „großsyrischen Fragen“ werde. Der Mufti sollte
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„Sprecher und, wenn die maßgebenden syrischen Führer zustimmten, Staatschef Großsyriens“ werden. Auf jeden Fall wollten die Deutschen verhindern, daß zwischen den beiden „eine Entzweiung“ eintrete, denn sonst würden sie ihre ganze Kraft mehr auf die „Bekämpfung des Einflusses des Andern als auf die Bekämpfung der Engländer“ 65 aufwenden. Der Mufti selbst hegte keineswegs solche ehrgeizigen Pläne für Gailani. Nach Erhalt der Erklärung von der Achse – wie unzulänglich sie auch gewesen sein mag – blieb sein unmittelbares Problem die Konsolidierung seiner eigenen Rolle als wichtigster Führer der arabischen Bewegung. Hierbei galt es, Gailani und die ihn unterstützenden Politiker der Achse mit Hilfe der SS auszuschalten. Vom 25. bis 27. Juni hatte der Mufti eine Unterredung mit dem Gesandten Ettel, dem er zu verstehen gab, daß ihm sehr daran liege, daß dem Reichsaußenminister die richtigen Zusammenhänge bekannt werden.66 Eine von Sherif Hussein 67 gegründete „Organisation“ bestimme alles, was in den arabischen Ländern geschehe, wie auch seinerzeit die Revolution im Irak. Er, der Mufti, sei Präsident dieser „Organisation“, und nach den Satzungen habe Gailani ihm unterstanden. Lediglich die „Organisation“ werde bestimmen, welche politische Rolle das „ausführende Organ“ Gailani später im Irak übernehmen werde. 68 Laut el-Husseini habe seinerzeit der Vorschlag, Gailani zum Ministerpräsidenten zu ernennen, erheblichen Widerstand hervorgerufen, der letztlich dadurch überwunden wurde, daß Gailani Mitglied der „Organisation“ wurde und den Eid auf sie leistete. Der Mufti gab zu verstehen, daß Gailani ein leicht beeinflußbarer Mann sei, und bemerkte, wenn er als Präsident der „Organisation“ mit ihm spreche, so stände Gailani „ganz unter seinem Einfluß und verspräche, nach seinen Richtlinien zu handeln“. Gailani unterliege aber auch dem Einfluß Grobbas, „der es verstanden habe, in Gailani den Eindruck zu erwecken, als sei alles, was er ihm sage, Ansicht des Führers und der Reichsregierung“. Das Endziel der „Organisation“ müsse ein Reich sein, in dem alle Araber vereint seien. 69 Persönlich habe der Mufti nichts gegen Gailani; es fehlten ihm nur die „charakterlichen Eigenschaften“ für eine führende Rolle in der „Organisation“. Durch deren Erwähnung wollte el-Husseini den Einwand widerlegen, daß es „keinen einheitlichen politischen Willen der Araber“ gebe. Mit Sicherheit lag ihm auch daran, den Ruf Gailanis zu schmälern, und er scheute nicht davor zurück, historische Tatsachen zum eigenen Nutzen zu verfälschen, wobei er sich allerdings in Widersprüche verwickelte. Er behauptete, daß seinerzeit im Irak der amtierende Premierminister Taha el-Hashimi vorgesehen war, die Revolution zu führen. Dieser habe aber eigene Gründe dagegen geltend gemacht, die von der „Organisation“ völlig akzeptiert worden seien, so daß man dann widerwillig Gailani auserkoren habe. Angeblich
Der Kampf um die Unabhängigkeitserklärung
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habe die scheinbar allmächtige „Organisation“ mit el-Husseini als ihrem Präsidenten auch gar nicht gewollt, daß es zu einer derartigen Konfrontation mit den Briten kommen sollte. Die „Engländer hätten jedoch bewußt die Dinge auf die Spitze getrieben“. Was seine eigene Person betraf und wie er zum Amt des Mufti gekommen war, so setzte sich el-Husseini über alle historischen Tatsachen hinweg. Es war, als hätte 1921 die Wahl nie stattgefunden und als hätten ihm die Briten diesbezüglich nicht geholfen. Auf Wunsch der „Organisation“ habe er das Amt des „Großmuftis“ übernommen, obwohl er niemals „Geistlicher“ gewesen sei. „Seine bisherige Tätigkeit sei fortlaufend eine politische gewesen.“ Allerdings räumte er ein, daß „im Mohammedanismus […] geistliche und politische Tätigkeit auf das engste miteinander verbunden“ seien. Aufgrund seiner hohen geistlichen Würde sei er „ein politischer Führer seines Volkes“, der ohne politischen Ehrgeiz seinen Weg gehen muß. Wenn die „Organisation“ es bestimme, überlasse er gern einem anderen seinen Platz. 70 Es ist kaum anzunehmen, daß Ettel den Ausführungen des Mufti Glauben schenkte; aber darauf kam es nicht an. Der Mufti wollte Grobba als seinen Betreuer loswerden, und der ehrgeizige Ettel 71 war an dieser Position interessiert. Die „Organisation“, deren Existenz von Gailani negiert und von Grobba als „Phantasie“ 72 bezeichnet wurde, diente jetzt der Realisierung dieses Zwecks. Gailani blieb bei seiner Aussage, daß es eine unter der Leitung des Mufti stehende national-arabische Geheimorganisation nicht gebe. Am 12. September 1942 erklärte er Woermann, „daß die Behauptung des Großmufti vom Bestehen einer unter dessen Leitung stehender Geheimorganisation schlechthin erlogen sei. Eine solche Geheimorganisation bestehe überhaupt nicht.“ 73 Beim nächsten Treffen mit Ettel am 27. Juni wurde der Mufti deutlicher. Er beschwerte sich darüber, daß er von einer „bestimmten Stelle“ in Deutschland als italophil bezeichnet werde. „Es sei beschämend, ihn für so dumm zu halten, daß er die italienische Karte spiele.“ Dieses Gerücht gehe von Grobba aus, „der nicht als Diplomat denken könne“, denn „eigene schöpferische Ideen habe er nicht“. Schließlich habe er jahrzehntelang als Dolmetscher nur die Meinungen von anderen wiedergegeben. Ferner mangele es Grobba an Verschwiegenheit, denn er habe Mellini im Detail über die „Audienz“ berichtet, die Hitler dem Mufti gewährt hatte. „Geheimhaltung sei die erste Voraussetzung für einen Erfolg.“ Deshalb dürfe niemand in seiner „Organisation“ über eine Angelegenheit sprechen, die er nicht bearbeitet habe, „oder an einen anderen Mitarbeiter seines engeren Stabes eine Frage“ richten. 74 Als Ergebnis der Gespräche zwischen el-Husseini und Ettel gewann Ribbentrop den Eindruck, daß der Mufti volles Vertrauen zu Ettel habe, der am 30. Juni mit seiner Betreuung beauftragt wurde.
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4.8 Der Mufti als Vermittler zwischen Ribbentrop und König Faruk Es ist unbestritten, daß ein Sieg in Nordafrika von größter Wichtigkeit für die Achse gewesen wäre, denn es ging um die Kontrolle des Suezkanals und des Nahostöls. Ägypten lag in der Interessensphäre Italiens und spielte eine bedeutende Rolle in den italienischen Plänen für Nordafrika. Schon aus diesem Grund zeigte sich Rom sehr zurückhaltend, wenn es sich um eine Unabhängigkeitserklärung aller arabischen Länder handelte. Auch der Mufti war vorsichtig genug, Nordafrika anläßlich seines Treffens mit Mussolini im Oktober 1941 auszuklammern. Bereits im April 1941 hatte König Faruk, sicherlich von den Ereignissen im Irak ermutigt, Deutschland die Zusammenarbeit angeboten. Die Tatsache allein, daß der König anti-britisch eingestellt war, hätte wohl nicht zu diesem Schritt ausgereicht. Faruk befürchtete eher, daß der Ex-Khedive Abbas Hilmi II., der sich in Europa im Exil befand und gute Beziehungen zu Deutschland unterhielt, im Falle eines Sieges der Achse den ägyptischen Thron für seinen Sohn beanspruchen werde. 75 Außerdem hegte Faruk wie die meisten arabischen Führer eine ausgesprochene Antipathie gegen die Ambitionen Italiens in Nordafrika und war daher einer engeren Verbindung zu Deutschland nicht abgeneigt. Die Siege Rommels taten ein übriges, so daß die Ägypter anfingen zu glauben, die Deutschen würden sie befreien. Ettel erinnerte sich an Gespräche in Teheran mit dem damaligen Botschafter Ägyptens, Zulficar Pascha, Faruks Schwiegervater und enger Freund des Mufti, 76 aus denen hervorging, daß der König sehr unter dem britischen Druck leide und sich auf einen deutschen Sieg freue. Als sich die Truppen Rommels noch auf dem Vormarsch befanden, suchte die Regierung in Berlin erneut den Kontakt zum König, was sich keinesfalls als leicht erwies. Die Vorbereitungen für eine Botschaft von Hitler und Ribbentrop an Faruk zogen sich den ganzen Juni 1942 hin. Ettel jedoch wußte aus Erfahrung, daß die Zustellung zuverlässig und sicher durch Zulficar Pascha erfolgen könnte und, da dieser ein enger Freund des Mufti war, führe der Weg zu ihm „am zweckmäßigsten über den Mufti“, der sich auch bereit erklärte, „nach besten Kräften mitzuwirken“. 77 Allerdings machte Ettel den Mufti insbesondere auch darauf aufmerksam, daß es sich hierbei um eine ganz geheime Angelegenheit handelte und er „seinen italienischen Freunden gegenüber hiervon nichts erwähnen dürfte“. Die betreffende Botschaft beinhaltete eine Warnung an den König. Hitler habe „mit wachsender Sorge die englischen Intrigen“ gegen Faruk verfolgt. Er befürchte, „daß die Engländer mit einem stärker werdenden deutschen militärischen Druck auf ihre Positionen in Ägypten nicht davor zurückschrecken werden, Leib und Leben Faruks nicht nur zu bedrohen, sondern diese Drohungen auch auszuführen“. Aus diesem Grund halte Hitler es für
Der Mufti als Vermittler
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erforderlich, daß Faruk „alle Vorbereitungen für eine Flucht aus Ägypten in den deutschen Machtbereich treffe, um sich im Notfall sofort außer Landes begeben zu können“. 78 Die Zustellung dieser Botschaft erfolgte gemäß den Vorschlägen des Mufti auf Umwegen. 79 Der Sekretär el-Husseinis und stellvertretende Führer der ägyptischen „Grünhemden“, Dr. Mustafa el-Wakil, flog als Kurierbegleiter des AA unter dem Namen Kurt Hoffmann von Berlin nach Sofia, und von dort aus reiste er mit dem Zug nach Istanbul weiter, wo er am 2. Juli ankam. Dort setzte er sich mit dem ägyptischen Konsul Amin Zaki in Verbindung, der den Brief dann nach Kairo brachte. Ein vom Mufti zur Übergabe der Botschaft ernannter Vertrauensmann sollte gleichzeitig ein persönliches Schreiben el-Husseinis an Faruk überbringen. 80 Zunächst wurde ein Kabelsignal vereinbart, daß der König die Botschaft erhalten habe. Dieses wurde am 9. Juli nach Istanbul durchgegeben. An den folgenden drei Tagen brachte der deutsche Rundfunk „in hocharabischer Sprache“ eine vom Mufti ausgearbeitete Sendung, die dem König den Beweis geben sollte, daß die Botschaft tatsächlich von den Deutschen stammte. 81 Bezüglich der Warnung an den König sollte auch hierfür zu gegebener Zeit ein Radioprogramm vom Mufti ausgearbeitet werden, das ebenfalls an drei aufeinanderfolgenden Tagen von deutschen Sendern übertragen werden sollte. 82 Der Mufti ließ in seinen Bemühungen bezüglich Ägyptens nicht nach. Er teilte Ettel schriftlich mit, daß er bereit sei, „einen Appell an das ägyptische Volk zu richten“. 83 In seinem vorbereiteten Text brachte er die Freude aller Araber über die großen Siege Rommels zum Ausdruck. Die Araber seien überzeugt, daß die „Achsenmächte die gemeinsamen Feinde, Engländer und Juden, bekämpfen und die bolschewistische Gefahr abwehren, die an die Grenze der arabischen Länder gelangt ist, nachdem die Bolschewisten Iran erobert haben“. Diese Niederlage der Briten, die „der Anfang vom Ende“ des Empires sein werde, rücke näher, und mit ihr erfolge die Rettung Ägyptens und der übrigen arabischen Länder vom „britischen Joch“. Er versicherte, daß der Wegfall des britischen Einflusses „die völlige Unabhängigkeit und Selbständigkeit der übrigen arabischen Länder bedeute“. 84 Die Ereignisse in Ägypten waren besonders wichtig für den Mufti, der stets darauf gepocht hatte, daß die Zukunft der Araber im Nildelta entschieden werden sollte. Dies war sein rein persönlicher Ehrgeiz. Denn er hoffte, daß sich von dort aus die „Befreiung“ auf Palästina und Syrien ausdehnen würde, womit er das Prestige genießen werde, als erster arabischer Führer eines befreiten Landes auftreten zu können. Ein Vorstoß deutscher Truppen von Norden her in den Irak könnte dagegen nur Gailani dienlich sein. Dies wollte er unter allen Umständen vermeiden, auch wenn es Hitlers Wunsch war.
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Von Anfang an hatte die Achse immer großen Wert darauf gelegt, Ägypten aus jeder Unabhängigkeitserklärung auszuschließen. Jetzt faßte Mussolini in Anbetracht der deutschen Siege in Nordafrika den Entschluß, Ägypten als Verwaltungszentrum für alle arabischen Angelegenheiten vorzusehen. Deshalb wurden der Mufti und Gailani im Juli 1942 nach Rom eingeladen, um dort die Besprechungen über Fragen des Vorderen Orients fortzusetzen. Da Deutschland jetzt keinen Hehl mehr daraus machte, daß es durchaus eine eigene Mittelmeerpolitik anstrebte, versuchte der Mufti aus dem Unbehagen der Italiener über die deutschen Ambitionen Kapital zu schlagen. Er bemühte sich um eine Erklärung, die seine Stellung als Führer aller Araber anerkennen sollte, wozu die Italiener auch bereit waren. Sie baten die Deutschen um Gegenzeichnung eines entsprechenden Schreibens, aber Grobba wies darauf hin, daß dem Mufti ein derartiger Status gar nicht zustehe, so daß schließlich das AA el-Husseini lediglich als „einen autoritativen Vertreter des arabischen Freiheitskampfes“ 85 anerkannte. Für diese Intervention sollte Grobba noch teuer bezahlen. Der Mufti engagierte sich nun verstärkt dafür, dessen Einfluß einzuschränken; und es ist ihm auch offenbar gelungen, denn Grobba wurde von Berlin nach Paris und später nach Schlesien versetzt. Aus einer Aufzeichnung Ettels vom 9. Dezember 86 geht hervor, daß der Mufti, der am 6. Dezember aus Rom nach Berlin zurückkehrte, die Notwendigkeit einer nochmaligen Botschaft an König Faruk zur Sprache brachte, da der Mittelsmann des Mufti am 18. Dezember von Istanbul nach Kairo fliegen wollte. Auch Ettel war der Meinung, daß diese „selten günstige Gelegenheit“ ausgenutzt werden müßte. In einer geheimen Reichssache vom 24. März 1943 87 über einen Bericht des Vertrauensmannes, der seinerzeit für die Übermittlung des Schreibens an König Faruk zuständig war, geht hervor, daß der König für die damals von den Deutschen ergriffenen „Sicherheitsmaßnahmen für seine Person“ sehr dankbar sei. Nach wie vor hoffe er auf einen Sieg der Achsenmächte. 88 Ferner habe Faruk den Vertrauensmann beauftragt, „Seiner Eminenz dem Großmufti von Jerusalem und allen, die mit ihm für den Erfolg und den Sieg der Achsenmächte zusammenarbeiten, seine herzlichen Wünsche zu übermitteln“. 89
4.9 Die Deutsch-Arabische Lehrabteilung Bereits im Juli 1941 stellte der Sonderstab F unter General Felmy eine kleine Ausbildungstruppe für Araber zum späteren Einsatz in der syrischen Wüste auf. Diese setzte sich teils aus arabischen Studenten aus Deutschland, teils aus vom Sonderstab F aus Syrien überführten Freiwilligen zusammen und wurde als Deutsch-Arabische Lehrabteilung (DAL) bekannt. Der ursprüngliche Vorschlag für eine Arabische Legion kam vom Mufti anläßlich
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seines ersten Gesprächs mit Mussolini und Ciano in Rom im Oktober 1941. Diesen Vorschlag wiederholte er in Berlin gegenüber Weizsäcker, Ribbentrop und Hitler, und im Dezember 1941 wurde diese Frage vom AA erörtert. Im Januar des folgenden Jahres ließ Hitler wissen, daß mit der Bildung einer arabischen Truppe alsbald begonnen werden sollte. Offenbar dachte Hitler an eine Erweiterung der arabischen Einheiten des Sonderstabes F in Kap Sunion. Noch vor Jahresende 1941 hatte sich Felmy mit dem Mufti und Gailani in Verbindung gesetzt, um die Grundlagen für eine deutsch-arabische Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet zu besprechen. Von Anfang an hielten die beiden arabischen Führer ein mit ihnen abzuschließendes Militärabkommen für notwendig, das aber nicht zustande kam, weil Deutschland politischen Komplikationen mit Italien aus dem Weg gehen wollte; dennoch versprachen beide weiterhin ihre Zusammenarbeit. Entweder mittels Überredung oder Anwendung von Druck, wie z. B. Entziehung der vom AA gezahlten Unterstützungen, hofften sie, daß sich die in Deutschland und den besetzten Ländern lebenden Araber der Deutsch-Arabischen Lehrabteilung anschließen würden. Für Gailani war es keinesfalls leicht, willige Exil-Iraker für die DAL aufzutreiben. Er „wies dem Sonderstab F einige Freiwillige zu, von denen mehrere bei Eintreffen in Sunion behaupteten, nie die Absicht gehabt zu haben, Soldat zu werden, sondern in Deutschland studieren zu wollen“. Der Mufti dagegen stellte in Zusammenarbeit mit dem OKW „etwa 1 Kompanie ehemaliger arabischer Kriegsgefangener zur Verfügung. Die vom Sonderstab F ausgebildeten Unterführer und die vom Großmufti gesandten arabischen Kriegsgefangenen blieben längere Zeit die einzige arabische Truppe des Sonderstabes F.“ 90 Der Hauptgrund für diesen Zustand ist wohl in der Araberpolitik der Deutschen und Italiener zu suchen, da die Achse ungern Araber aus den französischen und italienischen Kolonien rekrutieren wollte. Der Mufti schlug jedoch vor, daß von den gefangenen Arabern auch Algerier, Tunesier und Marokkaner mobilisiert werden sollten. Daraufhin gab Woermann im Dezember 1941 zu verstehen, daß die Deutschen sorgsam zwischen den Arabern des Vorderen Orients und Nordafrikas zu unterscheiden hätten. Die deutsche Araberpolitik beziehe sich „nicht auf die Gebiete westlich Ägyptens“. Es liege kein Interesse gegenüber Frankreich, Italien und Spanien vor, „einen arabischen Nationalismus in Nordafrika großzuziehen“. 91 Da die nordafrikanischen Araber somit aus der DAL ausgeschlossen wurden, blieben nur arabische Gefangene, hauptsächlich Palästinenser, Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien sowie arabische Studenten, die nach Ausbruch des Krieges in Europa geblieben waren, übrig. Die in Deutschland
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ansässigen irakischen Studenten waren eventuell bereit, irgendwelche Sekretärsstellen anzunehmen, weigerten sich aber, Soldaten zu werden. 92 ElHusseini und Gailani waren keineswegs damit einverstanden, daß die in Kap Sunion stationierte Truppe als eine Deutsch-Arabische Lehrabteilung galt. Sie zogen den Namen al mufraza al-arabiyya al-hurra (Arabisches Freiheitskorps) vor. 93 Inzwischen wurde die Rivalität zwischen dem Mufti und Gailani immer verbitterter, was die Kooperation mit dem Sonderstab F erheblich erschwerte und dazu führte, daß die DAL-Rekruten nicht mehr wußten, „wo sie ständen“. 94 Es war klar zu erkennen, daß die keineswegs ausreichende Mitarbeit der arabischen Führer an der von Hitler befohlenen DAL im wesentlichen auf persönliche Animositäten innerhalb der arabischen Führerschaft zurückzuführen war. Diese „innerarabischen Zerwürfnisse“ vereitelten Hitlers Befehl. „Entsprechend ihrer orientalischen Mentalität“ wollten nach Felmys Meinung der Mufti und Gailani „mehr Vorteile für sich als für die arabische Sache erreichen“. 95 Der Aufbau der DAL werde durch ihre „Machenschaften und Intrigen“ 96 aufgehalten. Auch der zum „zeitweiligen Major“ der irakischen Armee ernannte Fauzi Qawuqji erweise sich als keine Hilfe mehr, „nachdem er sich in Berlin an Luxus und Wohlleben gewöhnt“ habe. Felmy brachte „in soldatischer Offenheit“ wiederholt zum Ausdruck, daß die politischen Fragen die rein militärische Tätigkeit negativ beeinflussen. Da er keine „ins Gewicht fallende Teilnahme von arabischer Seite“ erwarten könne, bat er Ribbentrop um politische Richtlinien, zumal die getrennte Betreuung der arabischen Führer – der Mufti durch Ettel, Gailani durch Grobba – die ganze Angelegenheit noch mehr erschwerte. Daher sei es „wünschenswert“, daß die Verhandlungen nur geschlossen mit beiden geführt werden, damit sie aufhörten, die Deutschen und die Italiener gegeneinander auszuspielen. An den Verhandlungen der beiden mit den Italienern hätten die Deutschen ohnehin wenig Freude. Gailani und der Mufti würden nur dorthin gehen, weil die „skrupelloseren“ Italiener „ihnen mehr bei ihren Sonderwünschen politischer Art entgegenkämen“. Es würde ihnen bei den Italienern gelingen, „sich gegeneinander auszuspielen“. 97 Felmy vertrat Hewel gegenüber die Meinung, daß das Grundproblem „die negative Einstellung der Araber zu den Italienern“ sei. Sie würden immer noch die Engländer höher schätzen. Ferner fehlte es Felmy offensichtlich an Vertrauen zu den Arabern. „Der wertvollste Teil der Araber seien die Beduinen, zu denen wir noch keine Verbindung haben.“ 98 In der Tat hatte der Mufti das Thema der Arabischen Legion im Februar 1942 wieder aufgegriffen. Die Italiener vertraten die Ansicht, daß das Projekt vielleicht nützlich wäre, aber es würde wohl keine militärische Bedeutung besitzen. Diese ablehnende Haltung lag sicherlich daran, daß die vor-
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gesehene Legion in Libyen und seinen Nachbarländern operieren sollte, und Rom befürchtete, daß es gefährlich sein könnte, eine gut ausgebildete arabische Legion in seinem Machtbereich zu haben, zumal die Araber ohnehin wenig Vertrauen zu Italien zeigten. Ferner gefiel es den Italienern ganz und gar nicht, daß die arabischen Einheiten von den Deutschen ausgebildet werden sollten. El-Husseini wußte, wie er sich diese Rivalität zunutze machen könnte, und es gelang ihm, eine Vereinbarung mit Italien über die Aufstellung einer Arabischen Legion unter arabischer Fahne zu treffen. Für die Deutschen stand fest, daß der Mufti „offensichtlich bei den Italienern die Aufstellung einer arabischen Legion mit arabischer Fahne auf eigene Rechnung betrieben“ habe. 99 Schließlich wurde versprochen, daß die in Kap Sunion aufgestellte Einheit als Basis für die Bildung anderer arabischer Truppen dienen sollte. Beim Betreten des arabischen Bodens wäre nichts dagegen einzuwenden, daß der DAL dann „ein rein arabisches Gepräge mit arabischen Führern, arabischen Abzeichen usw. zu geben“ sei. 100 Nach dieser Zusicherung sagten der Mufti und Gailani ihr weiteres Mitwirken zu – allerdings unter dem Vorbehalt, daß alles Besprochene später in einem Militärabkommen festzulegen sei. In der Beziehung zwischen dem Sonderstab F und den beiden arabischen Führern ergaben sich trotzdem immer neue Probleme, die dadurch schwer zu lösen waren, weil sich der Konflikt zwischen dem Mufti und Gailani zuspitzte. Hinter diesen Schwierigkeiten steckte die Kontroverse zwischen den Achsenmächten über die Frage der arabischen Militäreinheiten. Die Deutschen versprachen schließlich, daß sie keine Arabische Legion bilden würden, und es wurde vereinbart, daß eine derartige Legion mit arabischen Offizieren und unter arabischer Fahne nur von den Italienern zu bilden sei und die ca. 250 arabischen Kriegsgefangenen, die sich in Deutschland befanden, den Italienern übergeben werden sollten. 101 Die Tätigkeit des Sonderstabes F verursachte gleichwohl Unbehagen bei den Italienern und führte dazu, daß sich Rom mehr und mehr einmischte, indem es ständig an seine eigene Priorität in arabischen Angelegenheiten erinnerte und geltend machte, daß Italien eine arabische und Deutschland eine indische Legion bilden sollte, die dem Sonderstab F zu unterstellen wäre. 102 Obwohl der Mufti den Anschein wohlwollender Hilfe für die DAL erweckte und Grobba den Eindruck vermittelte, daß ihm „die Aufstellung einer Arabischen Legion nur in Italien unsympathisch“ sei, 103 lag ihm in Wirklichkeit sehr viel daran, „seine Legion“ in Italien zu stärken. Von der DAL bat er wiederholt um fünf der „wenigen, wirklich brauchbaren arabischen Leutnante für andere Zwecke“. Der Sonderstab F mußte jedoch diese Bitte ablehnen, da einerseits ihre Erfüllung der Ausbildung der DAL erheblich geschadet hätte und andererseits Weisungen vorlagen, mit beiden
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arabischen Führern geschlossen zu verhandeln und nicht auf Sonderwünsche des einen oder des anderen einzugehen. Zu diesem Zeitpunkt versuchte der Sonderstab F, „mit Wissen des Muftis und Gailanis weitere etwa 100 arabische Kriegsgefangene“ an sich zu binden, aber, wie Felmy berichtete, wirkte sich „die frühere Tätigkeit des Muftis in Italien […] jetzt aus“. 104 Die Italiener intervenierten sofort, weil sie die arabischen Gefangenen gegen indische austauschen wollten. „Sonderstab F stellte daraufhin seine Werbungen unter den arabischen Kriegsgefangenen ein.“ Das deutsche Militär machte allerdings Italien darauf aufmerksam, daß die DAL als eine deutsch-arabische Abteilung gelte und sie „auf die deutschen Militärgesetze“ verpflichtet sei. Diese Haltung wurde von Ribbentrop unterstützt, so daß das Zerschlagen der Abteilung durch die italienische Forderung nach arabischen Kriegsgefangenen vereitelt wurde. Es war vorgesehen, daß die DAL am Krieg im Nahen Osten teilnimmt, wobei sie als Kernstück eines irakischen Heeres dienen sollte, das die Deutschen nach Eroberung des Landes aufstellen wollten. Gemäß Hitlers Plan sollte die DAL erst nach der Eroberung des Kaukasus eingesetzt werden. Nach der Einnahme von Tiflis sollten der Mufti und Gailani mit der „Dienststelle Grobba“ dort stationiert werden. Es wurde beabsichtigt, eine irakische Regierung unter Gailani zu proklamieren und ein Manifest über die Ziele der Achse für die arabische Welt herauszugeben. Nach dem Sieg im Irak würden die Mitglieder der „Dienststelle Grobba“ die Deutsche Botschaft in Bagdad eröffnen, und „die Mitglieder des Sonderstabes F“ würden in der irakischen Armee als „Instrukteure tätig sein“. 105 Ganz offensichtlich ist, daß aus deutscher Sicht der Irak nicht als Interessensphäre Italiens galt, da das Land von deutschen Truppen besetzt werden sollte. Dies galt aber nicht für Nordafrika, wo viele italienische Einheiten mit dem Deutschen Afrika-Korps fungierten und Rommel offiziell dem italienischen Oberkommando unterstellt war. Diese Unterschiede der Zuständigkeit mußte elHusseini in seinen Plänen stets berücksichtigen. Im Sommer 1942 standen die Achsentruppen kurz vor Ägypten, und an der sowjetischen Front näherten sie sich dem Kaukasus. Es war nun an der Zeit, die arabischen Einheiten einzusetzen. Der Mufti und Gailani wurden erneut nach Rom eingeladen, wo Gailani wie gewohnt keinen Hehl aus seinem Mißtrauen gegenüber Italien machte. 106 Er betrachtete die italienische Priorität in arabischen Angelegenheiten als gefährlich und vertrat die Meinung, die Araber sollten ihre Hoffnungen auf den Einmarsch der Deutschen vom Kaukasus her setzen und nicht auf die Siege der Achsenmächte in Nordafrika. Selbstverständlich spielten die eigenen Ambitionen eine wesentliche Rolle in derartigen Überlegungen, und dies wurde auch von den Italienern durchschaut. Schließlich wandten sie sich gegen ihn.
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Der Mufti dagegen stellte seine Hilfe für die Offensive gegen Ägypten zur Verfügung und drückte den Wunsch aus, persönlich nach Nordafrika in die Wüste zu reisen, „um von dort aus seine Pläne zu verwirklichen“. 107 Dadurch rechnete er mit mehr Ansehen in der arabischen Welt. Entgegen dem deutschen Wunsch wollte er die arabische Truppe in Kap Sunion, die er wie auch Gailani ausschließlich jeder für sich als die eigene betrachtete, 108 nach Ägypten bringen. 109 Er wandte sich gegen die Entsendung arabischer Soldaten in den Kaukasus, als die DAL nach Stalino verlegt wurde, und verlangte, daß sie gemäß seinem Plan nach Ägypten oder Nordafrika entsandt werden. Diese Ausarbeitung über die Vorstellungen und Aktivitäten des Mufti wurde den Deutschen am 10. September 1942 vom Comando Supremo vorgelegt. Der Plan des Mufti für Nordafrika sah die Errichtung eines Zentrums für die Zusammenarbeit mit den Achsenmächten vor, das seinen Sitz an andere Orte der arabischen Länder verlegen könnte, „falls dies die Operationen und die Kriegslage erfordert“.110 Verbindungen sollten durch Vertrauensleute hergestellt werden. Die in Italien bereits vorbereitete Formation (eventuell auch diejenigen von Kap Sunion) sowie auch die anderen arabischen Formationen, die möglicherweise aus regulären „ägyptischen Elementen“ und Angehörigen anderer arabischer Länder zusammenzusetzen wären, sollten eine „reguläre arabische Einheit“ 111 bilden, die zur Verfügung des Mufti an der Seite der Achsentruppen unter arabischer Fahne eingesetzt werden sollte. 112 Ferner sollte die Bildung irregulärer Banden erleichtert werden. Jede Möglichkeit wäre auszunutzen, um Sabotageakte zum Schaden des Feindes zu verüben. Der Mufti ließ wissen, daß er der anerkannte Chef des Zentrums werden wolle. 113 Zunächst sprachen die Deutschen dem Mufti das Recht zur Intervention über den Einsatz der DAL ab. Am 15. September fanden in Rom Gespräche statt, an denen auch General Felmy, Oberstleutnant Meyer-Ricks, Oberst Lahousen auf deutscher Seite und General Amé und der Fregattenkapitän Simen auf italienischer Seite teilnahmen. 114 Bei dieser Gelegenheit wandte sich der Mufti gegen die von den Deutschen beabsichtigte Verwendung seiner in der DAL befindlichen Anhänger im Kaukasus und schlug vor, diese ebenfalls in Nordafrika im Rahmen der regulären arabischen Einheit einzusetzen. Demgegenüber erklärte Canaris, „daß die D.A.L. dem OKW unterstünde und es daher ausschließlich dem OKW vorbehalten bleiben müsse, wo diese Truppe […] einzusetzen sei, intakt bliebe, d. h. allen politischen und sonstigen Einflüssen ferngehalten werden müsse“. Felmy stimmte damit überein und erklärte, daß auch nicht ein Teil der DAL entzogen werden dürfte, „weil damit dieser Sonderverband zerschlagen würde und die ganze bisherige Ausbildungsarbeit umsonst gewesen wäre“. 115
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Nach längerer Aussprache blieb dem Mufti nichts anderes übrig, als „die Notwendigkeit der ausschließlich militärischen Führung und Einflußnahme auf die D.A.L.“ anzuerkennen. Er „erklärte sich jedoch nicht bereit, in einer kurzen schriftlichen Erklärung sein Einverständnis mit allen Maßnahmen und Befehlen des General Felmy zu geben, da die gegenwärtig beabsichtigte Verwendung der D.A.L. nicht seiner Überzeugung entspräche“. 116 Er sei aber bereit, einen Beauftragen nach Stalino 117 zu entsenden, der beruhigend auf die Araber in der DAL einwirken solle. 118 Zum Plan des Mufti, der Canaris vom Comando Supremo überreicht wurde, konnte von deutscher Seite keine Stellungnahme abgegeben werden, da das Projekt mit Bezug auf die Einrichtung einer Zentrale in Nordafrika politischen Charakter trage und „zunächst die Zustimmung der beiden Außenministerien erhalten müsse“. 119 Gailani verfolgte inzwischen einen anderen Kurs, indem er Berlin und nicht Rom unterstützte. Am 12. September unterzeichneten Gailani und Felmy – ohne Wissen des Auswärtigen Amtes – ein Geheimabkommen, wonach die DAL den deutschen militärischen Gesetzen und dem deutschen Oberbefehl unterstehe. „Die nordafrikanischen arabischen Freiwilligen“ würden „in jedem Fall ein Teil des deutschen Heeres“ bleiben. 120 Diese Vereinbarung belastete die Beziehung zwischen Gailani und dem Mufti noch mehr. Der Inhalt des Abkommens wurde angeblich von Musa el-Husseini, einem Neffen des Mufti, und einem Sekretär des Mufti den Arabern in Berlin und Paris preisgegeben, um den Beweis dafür zu erbringen, daß Gailani arabische Soldaten dem deutschen Kommando unterstelle. Das OKW machte den Mufti für diese Indiskretion verantwortlich, aber er war bestens auf die Frage vorbereitet und wies auf seine bereits beim AA „niedergelegten Aussagen, wonach der Inhalt des ihm durch General Felmy überreichten Schriftstückes weder durch ihn […] noch Musa Husseini weitergegeben worden sei“. 121 Bei dieser Gelegenheit äußerte er den Wunsch, daß die Araber der DAL in Tunis eingesetzt werden sollten, da er „sehr beeindruckt“ von der Bestürzung der Italiener über die erfolgte Landung der Alliierten in Nordafrika gewesen sei. Berlin war der ganze Konflikt zwischen den beiden arabischen Führern peinlich. Besonders nach dem Empfang Gailanis bei Hitler im Juli 1942 122 gaben sich die Deutschen Mühe, zumindest den Eindruck zu erwecken, daß beide gleich wichtig seien, obwohl sie aber in der Tat die Intelligenz des Mufti höher einschätzten. Gailani hielten sie jedoch zunächst für nützlicher. 4.9.1 Die DAL und die deutsch-italienischen Beziehungen Sowohl von Gailani als auch von Ciano wußten die deutschen Regierungsstellen, daß el-Husseini seit Jahren Geld von den Italienern erhielt, aber sie
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beharrten trotzdem auf dem Standpunkt, daß der Mufti eher die Realitäten der deutsch-italienischen Politik verstünde. Der Mufti selbst betonte immer wieder, daß seine angeblich pro-italienische Haltung eine Erfindung Grobbas sei. 123 In der Übersetzung einer Denkschrift, die el-Husseini Anfang Oktober 1942 dem Gesandten Ettel in Rom übergab, wehrte er sich entschieden dagegen, daß gewisse deutsche Beamte ihm unterstellen würden, „daß er ein Parteigänger Italiens sei“. Deutschland sei „die einzige Macht, die versucht, das jüdische Problem vollständig zu lösen und die Macht Großbritanniens und des Kommunismus zu zerstören“. Die gemeinsamen Interessen „machen eine Allianz zwischen Deutschland und den Arabern zu einer völlig natürlichen Angelegenheit“. Für den Mufti, der sich anmaßte, „der Vertreter arabischer Aspirationen [zu sein] und als ein Mann, der ein viertel Jahrhundert lang für ihre Verwirklichung gekämpft hat und als diejenige Persönlichkeit, die verantwortlich ist, die arabische Welt […] zu führen, ist es völlig undenkbar“, daß er von diesem Kurs abweiche, auf welchen er seine Nation geführt habe. Hiermit wollte er seine eigene Position herausstellen und klar zum Ausdruck bringen, daß er Deutschland auf jeden Fall den Vorzug vor Italien geben würde. 124 Über die Besprechungen und die Tätigkeit des Mufti in Rom sind folgende Einzelheiten bekannt geworden: „In zielbewußter Verfolgung seines Planes, ein panarabisches Großreich zu schaffen, das im letzten Endziel den ganzen arabischen Raum im weitesten Sinne des Wortes, also vom Persischen Golf bis zur marokkanischen Atlantikküste, umfassen soll, bemüht sich der Großmufti die außenpolitischen Schwierigkeiten, die sich der Verwirklichung seines Planes entgegenstellen, durch Verhandlungen mit Persönlichkeiten der zuständigen italienischen Behörden (Außen- und Afrikaministerium) zu überwinden.“ 125 Obwohl sich Gailani in der Frage der DAL und deren Entsendung nach Stalino sehr nachgiebig zeigte, konnten ihm die Deutschen aufgrund ihrer Beziehung zu Italien nicht den Vorzug vor dem Mufti einräumen. Gailani war allzu deutlich in seiner Abneigung und in seinem Mißtrauen gegenüber der italienischen Politik und wollte offensichtlich – wie der Mufti – von Unstimmigkeiten zwischen den Achsenmächten in bezug auf arabische Fragen profitieren. Der Mufti dagegen verhielt sich weitaus geschickter, so daß er trotz seiner Intrigen der bequemere Partner für Rom und Berlin blieb. Er verstand es auch gut, Differenzen unter den deutschen Beamten für seine eigenen Zwecke mit dem Ergebnis auszunutzen, daß unter den Deutschen die Meinung vorherrschte, er sei stärker und entspreche eher dem Konzept eines Führers. Auch Hitler, der „abergläubisch“ 126 sei, was die Araber anginge, und sich selbst diesbezüglich nie festlegen wollte, meinte, der Mufti komme „in sei-
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ner überlegenen Klugheit […] fast den Japanern nahe“. 127 Jetzt wurde der Mufti von den Nationalsozialisten sogar als tscherkessischer Typ eingestuft. Dies diente als Erklärung für die Unnachgiebigkeit seines Kampfes gegen die Briten, denn ein reiner Araber wäre nach Meinung von Professor Schrumpf-Pierron „käuflich und nicht dazu fähig“. 128 Der unverhohlene Rassismus derartiger Bemerkungen, die auch in der nationalsozialistischen Presse gang und gäbe waren, können unmöglich den semitischen Arabern verborgen geblieben sein, auch wenn sie sich bemühten, den deutschen Antisemitismus als einen nur gegen die Juden gerichteten Kampf zu interpretieren. Offensichtlich mochte auch der Mufti den Begriff nicht, und es gelang ihm, von Rosenberg die Zusage zu erhalten, daß er die Presse instruieren werde, den Begriff „Antisemitismus“ in Zukunft zu unterlassen, weil mit der „Verwendung dieses Wortes […] immer die arabische Welt getroffen“ werde, „die nach Aussagen des Großmufti überwiegend deutschfreundlich“ sei. Schließlich sollte auch „das feindliche Ausland“ nicht mehr behaupten, daß die Deutschen mit dem Wort Antisemitismus „die Araber mit den Juden in einen Topf werfen“. 129 Noch im Juli 1944 bat er darum, daß der Begriff „Antisemitismus“ durch „Antijudaismus“ ersetzt wird, „damit klar zum Ausdruck gebracht wird, daß es sich nur um einen Kampf gegen das Judentum handelt“. 130 Auch nach Hitlers Ansicht war el-Husseini ein Mann, der bei aller nationalen Leidenschaft die Politik als Angelegenheit realer Interessen der Araber und nicht als Angelegenheit irgendwelcher Phantastereien betrachte. Bei seinen „blonden Haaren und blauen Augen“ mache er trotz seines „Spitzmausgesichtes den Eindruck eines Mannes, unter dessen Vorfahren“ mehr als „ein Arier“ gewesen sei und der vielleicht „bestem römischen Blut“ entstamme. 131 Im Gespräch habe er sich als „eminent schlauer Fuchs entpuppt, der sich – um Zeit zum Überlegen zu gewinnen – einzelne Dinge nicht nur in das Französische, sondern außerdem in das Arabische übersetzen lasse und in seiner Vorsicht oft so weit gehe, bestimmte Dinge gleich niederschreiben zu lassen. Wenn er spreche, wäge er bei jedem Wort förmlich die Gedanken.“ 132 Daß Gailani, der „nach europäischen Begriffen ausgesprochen semitisch, aber nicht unsympathisch“ 133 wirkte und aus dessen „langatmigen, mit orientalischer Dialektik“ 134 vorgetragenen Reden man nicht so recht klug wurde, nicht mit der Persönlichkeit des Mufti konkurrieren konnte, lag wohl nah. Auch Italien gab dem Mufti inoffiziell den Vorzug. Selbstverständlich hegte aber el-Husseini keinerlei Illusionen über diese Präferenz. Auch wenn er den Deutschen gegenüber stets betonte, daß er keinesfalls italophil sei, befürwortete er die italienischen Ambitionen, die in gewisser Hinsicht mit seinen eigenen übereinstimmten: Durch einen Vormarsch vom Kauka-
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sus her befürchteten die Italiener eine Sonderstellung der deutschen Truppen in der arabischen Welt, und der Mufti wollte unbedingt eine Aufwertung Gailanis verhindern. In dieser Beziehung waren sich der Mufti und die Italiener einig. El-Husseini, der als ehrgeiziger Panarabist von einem großarabischen Staat träumte, wog ganz nüchtern die Wichtigkeit der deutschitalienischen Beziehungen gegeneinander ab und zog es zunächst vor, mit den aus arabischer Sicht immer suspekten Italienern zusammenzuarbeiten. 135 Das Vorteilhafte an dieser Situation war, daß ihm die Deutschen keinen Vorwurf machten konnten, denn sein ganzes Handeln war absolut im Einklang mit der offiziellen Politik Berlins, die von Hitler und Ribbentrop wiederholt bestätigt wurde; die arabische Welt jedoch gehörte zur Interessensphäre Italiens. Somit konnte er auch „mit gutem Gewissen“ den von Italien bevorzugten Vorstoß nach Nordafrika in die arabischen Länder unterstützen. Sicherlich war ihm die Rivalität zwischen den Achsenmächten durchaus bekannt, aber solange Deutschland seine eigenen Ambitionen nicht offen zugab, könnte man ihm doch schließlich nicht vorwerfen, daß er so „gutgläubig“ handelte. Natürlich war ihm nicht entgangen, daß Canaris und Felmy sein Einmischen in Angelegenheiten der DAL verurteilten, besonders wenn es um das von ihm in Nordafrika zu errichtende Zentrum für die Zusammenarbeit mit den Achsenmächten ging. U. a. sollte dieses Zentrum mit dem Mufti als anerkanntem Chef „Propagandisten und Vertrauensleute hinter die feindlichen Linien“ entsenden. 136 In diesem Zusammenhang wollte der Mufti seine Anhänger in der DAL abberufen und stieß somit auf heftige Ablehnung seitens Canaris und Felmy. 137 Trotzdem heckte er immer neue Pläne für die DAL aus: Am 23. November 1942 schlug er in Rom vor, daß die DAL in Tunis eingesetzt werde. Er erklärte, „daß er von der Bestürzung, die in hohen italienischen Regierungs- und Armeekreisen über die erfolgte Landung der Alliierten in Nord-Afrika geherrscht habe, sehr beeindruckt gewesen sei“. Gleichzeitig versprach er, frühestens Anfang Dezember „einen Bevollmächtigten“ zur Truppe zu entsenden, um „den Leuten klarzumachen“, daß es auch sein Wille sei, „daß sich seine Anhänger allen Befehlen und Maßnahmen des Sonderstabes F bedingungslos unterordnen“. 138 Unter den nunmehr veränderten Umständen hatten die Achsenmächte durchaus nichts dagegen, als der Mufti sich anbot, eine Warnung an die nordafrikanischen Araber vor einer Zusammenarbeit mit den Alliierten zu richten, denn dahinter lauere die „große jüdische Gefahr“. 139 Die Deutschen hofften noch, den Vormarsch der Alliierten zu schwächen und ihren eigenen Vorstoß propagandistisch vorzubereiten. Für diesen Zweck gab sich der Mufti bereitwillig her. So berichtete die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ am 26. November über einen Rundfunkaufruf des Mufti an die
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nordafrikanischen Araber, in dem er sich gegen den britisch-amerikanischen Angriff auf Nordafrika wandte, da dieser nur die Macht der Juden verstärke, die ohnehin die „Herren in Amerika“ seien. „Unsere nordafrikanischen Brüder“, die aus der Vergangenheit viel lernen mußten, werden – so hoffte es jedenfalls der Mufti – „im Umgang mit den neuen Eindringlingen große Vorsicht walten lassen“. Sie würden schon dahinter kommen, daß die „Amerikaner die willfährigen Knechte der Juden“ seien „und daher die Feinde des Islams und der Araber“.140 In Anbetracht des flagranten Rassismus dieser Äußerungen zu einer Zeit, in der der Ausgang des Krieges für die Achse nicht mehr so günstig aussah, ist es nicht verwunderlich, daß die Deutschen vom propagandistischen Wert des Mufti immer überzeugter wurden. Am 1. Dezember überreichte das OKW dem AA eine ausführliche Denkschrift des Mufti vom 18. November, in der er die Möglichkeiten schilderte, die nordafrikanischen Araber zum Aufstand gegen die anglo-amerikanischen Truppen zu bringen. Zunächst sollte Tunesien als Verteidigungszone besetzt und ausgebaut werden. Eine maghrebinische Befreiungsarmee wurde vorgesehen, und u. a. sollten sich alle im französischen Heeresdienst stehenden Soldaten des Maghreb dieser Armee anschließen, da der Mufti an den Absichten Frankreichs zweifelte, ernsthaften Widerstand gegen die Alliierten zu leisten. Seiner Meinung nach wäre es sogar anzunehmen, daß sie „bei sich bietender Gelegenheit auf die Seite der Verbündeten treten werden“. Außerdem seien Aufstände „mit allen Mitteln“ in den von den Alliierten „besetzten Gebieten zu entfachen“, und die „bereits bei den Achsenmächten vorhandenen arabischen Einheiten, die im Nahen Osten eingesetzt werden sollten, könnten bereits in Tunesien eingesetzt werden“. Ferner wies der Mufti darauf hin, daß Französisch-Nordafrika „nicht unter der Kontrolle der Achsenmächte“ stehe und „bisher auch nicht zu deren Gunsten ausgewertet werden“ könne. 141 Das Gebiet sei „vielmehr eine ernste Gefahrenquelle“ geworden, und eine Änderung des Zustandes könne „ohne weiteres erreicht werden, wenn die Achsenmächte ihre guten Absichten“ bekunden, „indem sie den Makrebinier [sic] öffentlich ihre Freiheit und Selbständigkeit anerkennen und mit ihnen einen entsprechenden Vertrag zu ihrer Beruhigung abschließen. Man könne mit Tunesien anfangen, das die Forderung Roosevelts auf Durchmarschrecht amerikanischer Truppen zum Angriff auf Tripolis ablehnte.“ 142 Dem Mufti zufolge hegten die Maghrebiner Sympathien für die Achse, „weil diese Mächte ehemalige Feinde Frankreichs waren und die Juden, die Drahtzieher der Anglo-Amerikaner, bekämpfen“. Wenn es der Achse gelänge, die Maghrebiner für sich zu gewinnen, könnten sie ihr „mindestens eine halbe Million tapfere Soldaten liefern“. 143 Für den Fall der Annahme dieser Vorschläge sei der Mufti
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bereit, alles aufzubieten, um deren Verwirklichung zu erreichen, was er nicht nur in seiner Denkschrift betonte, sondern auch nach seiner Rückkehr nach Berlin ständig wiederholte. Die Vorschläge des Mufti wurden vom deutschen Militär mit Interesse zur Kenntnis genommen, zumal es an einem Mangel an Soldaten litt. Allerdings zweifelten die Deutschen daran, ob genügend Zeit bliebe, eine nordafrikanisch-arabische Armee zu bilden; aber es erschien ihnen durchaus wünschenswert, daß die Alliierten durch arabische Unruhen abgelenkt werden. 144 Die Abwehr sah wieder eine Möglichkeit, die deutschen Interessen vor die der Italiener zu stellen, und stimmte deshalb auch dem Plan des Mufti zu, der bei einem Treffen am 8. Dezember in seiner Berliner Residenz seine Bereitschaft bekräftigte, „seinen ganzen Einfluß auf die Mohammedaner in Tunesien, in Algerien und in Französisch-Marokko aufzubieten, um sie zur tatkräftigen Unterstützung der Achsenmächte in deren Kampf gegen die Anglo-Amerikaner aufzurufen“. 145 Er ließ wissen, daß sein Vorschlag nur dann Erfolg haben werde, wenn die Achse eine öffentliche Erklärung abgebe, daß Französisch-Nordafrika – zunächst eventuell nur Tunesien – die Freiheit in Aussicht stelle. Sollte diese Erklärung zur Zeit nicht abgegeben werden können, so bitte der Mufti „um einen für den Bey von Tunis bestimmten Geheimbrief, in dem die Deutsche Reichsregierung den Tunesiern ihre Freiheit in Aussicht stellt“. In beiden Fällen sei der Mufti bereit, umgehend nach Tunesien zu reisen, um mit dem Bey und anderen „führenden Persönlichkeiten die erforderlichen Maßnahmen zu besprechen und sofort in die Tat umzusetzen, die geeignet sind, eine große Aufstandsbewegung in Algerien und Französisch-Marokko auszulösen“. Der Mufti bat darum, die Reise in Begleitung von Admiral Canaris ausführen zu dürfen. Er erkannte, daß die Deutschen nunmehr Wert auf seine Propagandabemühungen legten, und er war der Überzeugung, daß es jetzt endlich wieder einmal an der Zeit wäre, alles zur Zementierung seiner eigenen Position in der arabischen Welt zu unternehmen. Zum großen Unbehagen der deutschen Regierungsstellen fing er erneut mit der Frage einer Unabhängigkeitserklärung für die arabischen Länder an. Wie so oft in der Vergangenheit verkannte er die Situation, denn Hitler hatte jetzt weniger denn je Interesse daran, eine derartige Zusicherung an den Mufti abzugeben. Am 26. November 1942 hatte Hitler dem französischen Marschall Pétain schriftlich versichert, daß er Frankreich bei der Rückgewinnung der ihm „geraubten Kolonien“ helfen werde, denn es sei nicht die Absicht der Achsenmächte, das französische Kolonialreich zu zerstören. Die Italiener lehnten auch ihrerseits die Abgabe einer öffentlichen Erklärung über die Unabhängigkeit Nordafrikas ab. Ihnen gefiel diese neue
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Situation ganz und gar nicht, in der die Franzosen nunmehr mit den Deutschen in der Hoffnung kollaborierten, daß sie nach Beendigung des Krieges weiterhin Einfluß in Tunesien ausüben würden. Schließlich hatte Italien Tunesien immer als eigenen Lebensraum betrachtet und stets damit gerechnet, daß das Land Italien nach dem Krieg zugesprochen werden sollte. So befanden sich die Deutschen in einer Zwickmühle. Im Gegensatz zum Militär konnten Hitler und das AA die Bestrebungen des Mufti nicht begrüßen. Die Abwehr ließ nun wissen, daß durch die Einschaltung el-Husseinis „unmittelbar nach der Besetzung von Tunis durch die Achsenmächte“ in diesem Gebiet „bereits eine aktive Unterstützung in allen Abwehr-Angelegenheiten durch die geborene Bevölkerung“ erreicht werden konnte. „Diese insbesondere auf dem Gebiet des geheimen Meldedienstes erzielte Mitarbeit wird weiterhin in enger Zusammenarbeit mit dem Mufti und seinen Anhängern ausgebaut.“ Für den Fall, daß die vom Mufti gewünschte Erklärung der Reichsregierung abgegeben werde, sei beabsichtigt, „auch von Spanisch-Marokko aus die Aufstandsbewegung in Französisch-Marokko mit Hilfe des Mufti unter voller Wahrung der spanischen Interessen auszulösen“. 146 Die politische Situation war jedoch zu komplex, und die Folgen eines solchen Schrittes waren für das Auswärtige Amt zu schwerwiegend. Staatssekretär von Weizsäcker vermerkte nach umfangreicher Korrespondenz mit Italien, daß die Anregung des Mufti bezüglich einer Erklärung „als erledigt angesehen werden“ könne. Die italienische Ablehnung verstehe sich von selbst. Auch deutscherseits bestehe kein Interesse daran, „uns vom Großmufti in Fragen unserer nordafrikanischen Politik drängen zu lassen“. Es ist nicht zu leugnen, daß der deutschen Führung das ständige Anerbieten des Mufti etwas lästig geworden war. Die Tatsache, daß der Mufti bei einem Treffen mit von Weizsäcker am 10. Dezember zu verstehen gab, „daß er eventuell auch nach Tunis gehen würde, ohne daß die von ihm bezeichneten Voraussetzungen erfüllt wären“, 147 änderte nichts an der negativen Einstellung des AA. Am gleichen Tag berichtete von Weizsäcker, daß ihm Canaris mitgeteilt habe, daß er nach telefonischer Anweisung von Feldmarschall Keitel „in der Sache doch nicht so dringlich werden soll wie bisher gewünscht. Der Führer sehe doch im Falle der Entsendung des Mufti für jetzt und vielleicht auch für später gewisse Schwierigkeiten mit den Italienern voraus. Auch sei auf die militärische Lage Rücksicht zu nehmen. Infolgedessen habe der Führer sich die letzte Entscheidung, ob der Mufti überhaupt entsandt werden soll, noch vorbehalten.“ 148 Am 11. Dezember fand eine Besprechung zwischen Canaris und Keitel statt, an der auch Oberst Lahousen teilnahm.
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Keitel eröffnete Canaris bei diesem Anlaß, daß Hitler nach Einsichtnahme in den von Canaris „vorgelegten Bericht über die politischen Bedingungen“, unter denen der Mufti bereit sei, in Tunis eine Aufstandsbewegung der Araber zu entfachen, entschieden habe, „daß die Entsendung des Großmufti nach Tunis zu unterbleiben habe“. Keitel fügte hinzu, daß sich die Wehrmacht völlig aus diesen Dingen heraushalten solle. Im übrigen sehe er voraus, daß bei der ganzen Frage der „Revolutionierung Nord-Afrikas“ nichts herauskäme, „da die Italiener es nicht könnten“ und Ribbentrop es aus „politischer Rücksichtnahme auf die Italiener nicht tun wolle“. 149 Um diese Zeit befanden sich die deutschen Verbände bereits auf dem Rückzug vom Kaukasus, so daß der Plan, in den Irak vom Norden her zu gelangen, gegenstandslos wurde. Canaris teilte el-Husseini mit, daß die DAL nunmehr von Stalino nach Tunis verlegt werden sollte, wo sie den Kern zur Rekrutierung arabischer Freiwilliger bilden würde. 150 Jetzt aber machten die Italiener Schwierigkeiten. Der geplante Einsatz der DAL in Nordafrika durch die Deutschen verursachte ihnen Unbehagen. Durch ihre Proteste erreichten sie schließlich, daß jede Entscheidung Deutschlands hinsichtlich Tunesiens von der vorherigen Zustimmung Italiens abhängig gemacht wurde. 151 Die Entsendung der DAL nach Nordafrika konnte aber Italien nicht verhindern. Allerdings erwies sich die ganze Operation als wenig erfolgreich, denn die DAL war den Anforderungen des Kampfes nicht gewachsen und konnte außerdem nur eine geringfügige Anzahl von Freiwilligen rekrutieren. Die Niederlage in Tunesien änderte völlig Deutschlands Position in der arabischen Welt. Nicht ein einziges arabisches Land befand sich jetzt mehr innerhalb der deutschen Einflußsphäre. Die Nationalsozialisten mußten nun ihre Propagandaslogans ändern. Statt von einer „neuen Ordnung“ und Plänen zur Aufteilung der Welt zu sprechen, sprachen sie jetzt über die „Festung Europa“, d. h. über die Verteidigung Europas, das von einer Invasion durch die alliierten Streitkräfte an allen Fronten bedroht sei. 152 Der Mufti, für den Italien jetzt von wenig Interesse war, begrenzte von nun an seine Aktivitäten mit Einverständnis der Deutschen auf zwei Gebiete: Propaganda und die Organisation moslemischer Militäreinheiten. 4.9.2 Die Rolle der DAL in den Auseinandersetzungen um die arabische Führerschaft Es waren seinerzeit die Verlegung der DAL nach Stalino, ohne daß der Mufti davon informiert wurde, und die Erklärung Felmys, daß das Arabische Freiheitskorps mit sofortiger Wirkung unter dem Befehl Gailanis stehe, die den Anlaß zum offenen Kampf zwischen el-Husseini und Gailani gaben. Der Disput zwischen beiden führte auch zu Streitigkeiten unter den
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Nationalsozialisten selbst, die ihren Höhepunkt in einem offiziellen Zusammenprall zwischen Grobba und Ettel erreichten. Einerseits beschwerte sich Ettel auf Veranlassung des Mufti bei Ribbentrop über Grobba, zu dem der Mufti angeblich „jedes Vertrauen“ verloren habe, so daß er nicht mehr bereit sei, mit ihm zusammenzuarbeiten; andererseits benutze Gailani Grobba als seinen Sprecher, um dem Mufti vorzuwerfen, er würde „einseitig für italienische und gegen deutsche Interessen“ arbeiten“. 153 Für Ettel gab es keinen „Fall Großmufti-Gailani“, sondern nur einen „Fall Grobba“, und der müsse verschwinden. Als Gailani sich nunmehr sehr entgegenkommend zeigte und erklärte, es sei ausschließlich die Angelegenheit der deutschen militärischen Stellen, zu entscheiden, wo und in welcher Art sie die DAL einsetzen wollten, versuchte Grobba Gailani aufzuwerten. Ettel dagegen stellte den Mufti als harmloses Opfer tragischer Verkennungen dar. Aus seiner Sicht ließ sich der Mufti als ein „alter Kämpfer“ und „Realpolitiker“ einordnen, der Respekt und Bewunderung nicht nur der einheimischen Bevölkerung gewonnen hatte, sondern darüber hinaus auch die der breiten Majorität der arabischen Bevölkerung im ganzen Nahen und Mittleren Osten. Außerdem sei der Mufti ein „fanatischer Idealist“, der sich von den mehr konventionellen politischen Führern wie z. B. Gailani unterschied, den Ettel als einen typischen erfolgreichen parlamentarischen Führer charakterisierte, der durch seine frühere Verbindung mit dem liberalen-demokratischen System im Irak nicht mehr als „unbelastet“ zu bezeichnen sei. Gailani sei gewiß kein Ersatz für den Mufti, der einen kompromißlosen Kampf gegen die Feinde des Dritten Reiches geführt habe. 154 Nach Angaben des Mufti bekämpfe ihn Grobba mit der gleichen Methode, „mit welcher mich früher die Freimaurer bekämpft haben“. 155 Ettel griff Grobba auch wegen seiner freimaurerischen Vergangenheit an und bat Ribbentrop, „den Intrigen Dr. Grobbas und seiner Betätigung in arabischen Angelegenheiten ein entschiedenes Ende zu bereiten“, zumal dieser naiv genug sei zu versuchen, „die Araber mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. […] In einem Kampf, der mit Intrigen und Ränken, mit Unaufrichtigkeit und Lügen geführt wird, werden die Orientalen immer Sieger bleiben.“ 156 Grobba begreife angeblich nicht, daß es Deutschlands Aufgabe sei, der „ehrliche Makler“ zu sein. 157 In diesem Kampf um die arabische Führerschaft blieben Gailani und Grobba auf der Strecke. Ettel tat sein möglichstes, Ribbentrop gegen Grobba aufzuwiegeln und deutete sogar an, Grobba und seine Verbündeten im OKW hätten dem AA die Verlegung der DAL nach Stalino verschwiegen. Wenn es so weiter ginge, würde der Mufti tatsächlich nur noch mit Italien zusammenarbeiten, denn dort sei er solchen persönlichen Angriffen nicht ausgesetzt. Durch Grobbas Handeln könnte auch das deutsch-italienische
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Verhältnis schwerwiegend belastet werden. Für die Beamten im AA war die ganze Angelegenheit äußerst unangenehm, zumal sie der Auffassung waren, daß sowohl der Mufti als auch Gailani der nationalsozialistischen Propagandakampagne wertvolle Dienste leisteten. Allerdings konnten sie die Situation nicht mehr ignorieren, denn auch die Italiener griffen Grobba immer heftiger an, weil sie wußten, daß er gegen den italienischen Führungsanspruch in den arabischen Ländern opponierte. Inzwischen ließen Ettel und der Mufti in ihren Aktivitäten aber nicht nach. Sie versicherten, daß alle Schwierigkeiten „restlos beseitigt werden, wenn Dr. Grobba keinen Einfluß mehr auf die Politik gegenüber den arabischen Ländern“ haben würde, 158 und brachten die „Geheimorganisation“ des Mufti wieder ins Spiel. Schließlich eskalierte der ganze Konflikt dahingehend, daß Ribbentrop entschied, daß Ettel nach Rom fahren sollte, um den Nachweis der angeblichen Organisation „Die Arabische Nation“ zu erbringen, deren Existenz von Gailani und Grobba bestritten wurde. 159 Natürlich machte die Wahl des pro-Mufti eingestellten Ettel das Ergebnis dieser Ermittlung von vornherein klar. Bereits am 14. November konnte er den ‚Beweis‘ in Form von persönlichen Aussagen anderer prominenter Araber im Exil erbringen, die darauf hinzielten, den Anspruch des Mufti auf alleinige Führerschaft zu bestätigen. „Danach ist einwandfrei nicht nur das Bestehen der Geheimorganisation, sondern auch die Mitgliedschaft Gailanis und sein dem Großmufti in Bagdad geschworener Treueid festgestellt worden.“ 160 Ettel wies darauf hin, daß „nunmehr die Voraussetzung dafür geschaffen worden“ sei, „daß ein vom Großmufti erbetener Briefwechsel“ mit Ribbentrop und Ciano stattfinden könnte. „in welchem die deutsche und italienische Regierung ihn als Führer der arabischen Geheimorganisation anerkannten“. 161 Als Grobba und Gailani von der geplanten Anerkennung des Mufti erfuhren, brachten sie schwere Beschuldigungen gegen ihn vor. Angeblich habe der Mufti „eine ihm als geheime Kommandosache anvertraute militärische Urkunde, nämlich den Brief Gailanis an General Felmy vom 12. XI. 42, der Öffentlichkeit preisgegeben“. 162 Gailani warf el-Husseini „den Mißbrauch“ von militärischen Geheimnissen und „Illoyalität gegenüber den deutschen militärischen Stellen“ vor. Letzten Endes war es die Entwicklung des Krieges, die eine Entscheidung zugunsten des Mufti erbrachte. Nach der Landung der alliierten Truppen in Nordafrika sah sich das OKW gezwungen, ihm gegenüber eine konziliantere Politik zu betreiben, denn es glaubte, seine Hilfe für den Aufbau einer neuen Front in Tunesien zu benötigen. Nach der Verlegung der DAL nach Tunis und der deutschen Niederlage im Kaukasus bestand außerdem kein Anlaß mehr, auf den Irak und Gailani Rücksicht zu nehmen. Mit Wirkung vom 24. De-
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zember 1942 wurde Grobba zur Archivkommission nach Paris versetzt. 163 Obwohl sich Gailani dagegen wehrte, übernahm Ettel auf Anordnung Ribbentrops auch seine Betreuung. Darüber hinaus sollte er auch an der Bearbeitung aller allgemeinen, den arabischen Raum betreffenden Fragen beteiligt werden, was ganz im Sinne des Mufti war.
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit nach der Kriegswende 5.1 Der Appell des Mufti an die Mohammedaner Indiens Am 22. August 1942 hielt el-Husseini von Rom aus eine Rundfunkansprache in arabischer Sprache an die Moslems in Indien, die er zum gemeinsamen Kampf gegen Großbritannien aufrief. Er beschrieb die britische Präsenz in Indien als „Schmach für alle Völker in moslemischen Ländern“ und beteuerte, „daß es allen Moslems verboten sein müßte“, die Briten militärisch zu unterstützen, denn sie seien seiner Meinung nach die „ärgsten Feinde des Islams und haben schon immer gegen den Islam und die Vorschriften des Korans agiert“. Er könne den Haß gegen diese Unterdrücker gut nachempfinden, die die Macht und die Existenz der Moslems in Indien zerstört haben.1 In einem Kommentar zu diesem Appell führte der Londoner Rundfunk in seiner arabischen Sendung aus: „Der Mufti war nicht glücklich in der Wahl seiner Achsenfreunde, die sich ihre Freundschaft teuer bezahlen lassen. Jeder Ausländer, der nach Berlin oder Rom kommt, ist rasch enttäuscht, sobald er als Nichtarier angesehen wird. Er wird zu Propagandazwecken gebraucht. Dazu kommen dann schöne Worte und Versprechungen. Der letzte Dienst, der vom Mufti gefordert wurde, ist der Appell an die indischen Mohammedaner. Dieser Appell enthält dieselben Anklagen, die aus den Radiosendungen von Goebbels […] bekannt sind. Der Mufti hat seine Würde aufs Spiel gesetzt, ebenso wie seinen Ruf und die moralische Autorität, die er vielleicht besessen hat. […] Es ist der Achse klar geworden, daß die Mohammedaner Indiens ihr zur Erreichung ihrer Ziele nicht helfen werden. In ihrer Enttäuschung verlangte sie vom Mufti diesen Appell, der keinerlei Wirkung haben kann, da die Inder ausschließlich von ihren Führern Appelle entgegennehmen. Ein Aufruf aus Rom, der Hauptstadt des brutalen Faschismus und Mussolinis, des ‚Protektors des Islam‘, kommt nicht in Frage. Der Mufti war in der Wahl seiner Freunde nicht glücklich. Er ist einmal Mufti gewesen, aber jetzt ist er ein einfacher Araber im Dienst der unehrlichen Absicht der Achse.“ 2 Es scheint einleuchtend, daß der Mufti in seinen Bemühungen um die indischen Mohammedaner eher mit der Unterstützung Italiens als mit der Deutschlands rechnen konnte, denn die Deutschen wollten zwar eine „Indienpropaganda“ betreiben, aber „es sind hierbei keine Spekulationen über
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die staatsrechtliche und völkerrechtliche Gestaltung der indischen Zukunft anzustellen“. 3 Auch mußten die Deutschen eine mögliche Empfindlichkeit seitens Japans berücksichtigen. 4 Ribbentrop wollte zwar nicht, „daß etwa in der deutschen Öffentlichkeit im Zusammenhang mit unserer Indienpropaganda so etwas wie eine Indien-Sentimentalität hervorgerufen wird“, 5 aber er hatte nichts dagegen, daß der Mufti im Namen der Araber (nicht der Deutschen) in die Sache verwickelt werde. 6 Als die Japaner der Grenze Indiens immer näher kamen, schlugen sie eine Dreimächteerklärung über Indien und die arabischen Länder im April 1942 vor, aber die Deutschen reagierten wenig enthusiastisch. Ihnen kam es so vor, „als wolle sich Japan an Entscheidungen in arabischen Angelegenheiten beteiligen, wofür es dann als Gegenleistung den Achsenmächten die Mitbestimmung in indischen Fragen einräumen würde“. 7 Zumindest aus deutscher Sicht scheint der Mufti eine etwas unglückliche Hand in indischen Angelegenheiten gehabt zu haben. Aus einer Aufzeichnung des Staatssekretärs z.b.V. im AA Keppler (Sonderbeauftragter für die Betreuung des indischen Nationalistenführers Bose, für die „Indische Legion“ und die „Zentralstelle Freies Indien“) vom 21. Juli 1943 geht hervor, daß der Mufti am 4. Juli behauptet habe, die Deutschen würden neuerdings in ihrer Propaganda gegen die Muselmanen in Indien Stellung nehmen. Diese Behauptung wurde von Keppler entschieden zurückgewiesen; er führte aus, daß sich die Deutschen der Bedeutung der Moslems in Indien voll bewußt seien und diesem Umstand auch in täglichen Sendungen an sie Rechnung getragen werde. Zutreffend sei, daß die Deutschen in letzter Zeit scharf gegen die Persönlichkeit von Mohammed Al Jinnah (Präsident der Moslemliga, der die Teilung Indiens für die Schaffung eines Moslemstaates befürwortete) Stellung nehmen mußten, denn es sei immer offensichtlicher geworden, daß Jinnah eine Politik betreibe, „die den Bestrebungen, Indien die Freiheit zu geben, abträglich ist, und daß diese Politik damit sowohl den Interessen der Hindus wie auch der Mohammedaner in Indien widerspricht und vielmehr britischen Interessen dient“. Keppler wies darauf hin, daß der Mufti, indem er Partei für Jinnah ergreife, „offensichtlich völlig“ übersehe, daß große Teile der indischen Muselmanen keineswegs Anhänger Jinnahs oder der Moslemliga seien. Zum Schluß seiner Ausführungen habe der Mufti noch auf die Möglichkeit hingewiesen, „daß er aus indischen Kriegsgefangenen eine kämpfende Truppe aufstellen könne“. Keppler vertrat die Ansicht, daß es dem Mufti bekannt sein dürfte, „daß ein recht hoher Prozentsatz der in Deutschland befindlichen ‚indischen‘ Legion aus Muselmanen besteht und daß die Aufstellung einer getrennten muselmanischen indischen Truppe, an die der Großmufti denkt, und die offensichtlich speziell für die Pakistan-Bewegung arbeiten soll,
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den Gewohnheiten der britischen Politik entsprechen würde, nach Möglichkeit Uneinigkeit in das indische Volk hineinzutragen“. Für Keppler bestand daher keinerlei Veranlassung, den Wünschen des Mufti nachzukommen. Im übrigen habe er gehört, daß el-Husseini einige „indische Herren engagiert hat, um indische Politik zu machen. Leider befinden sich darunter auch scheinbar Herren, die von der ‚Zentrale Freies Indien‘ völlig abgelehnt werden.“ Keppler habe Botschafter Prüfer deshalb gebeten, „dagegen einzuschreiten“. Auch Bose habe anläßlich seines letzten Empfangs bei Ribbentrop „die Bitte ausgesprochen, daß der Großmufti nicht mehr in der indischen Politik eingesetzt werde“, und der Reichsaußenminister habe „hierauf zusagend geantwortet“. Es habe wahrhaftig keinen Sinn, wenn der Mufti die ihm von den Deutschen „zur Verfügung gestellten Mittel“ dazu benutze, um letzten Endes gegen die bisher erfolgreiche deutsche Indienpropaganda zu arbeiten. Diese Haltung stelle eine „grobe Illoyalität“ dar. Zudem würden die Japaner die Absichten des Mufti als durchaus abwegig kennzeichnen. 8
5.2 Das Islamische Zentral-Institut in Berlin Das Islamische Zentral-Institut wurde bereits im Jahr 1927 von Mohamed Abdul Nafi Tschelebi, Prof. Kampffmeyer und Mohamed H. Hofmann gegründet, jedoch nahm es damals seine Funktion nicht auf. 9 Erst 1941 griffen in Berlin lebende Araber unter der Leitung des Journalisten Dr. Galal den Gedanken wieder auf und beriefen am 21. September eine neue Gründungsversammlung ein, in der Hafiz Manzurudin Ahmad zum Vorsitzenden, Dr. Galal zum Generalsekretär und Dr. Mohamed Safty zum Direktor des Instituts gewählt wurden. Der Mufti wurde Schirmherr des Instituts. Vom Auswärtigen Amt wurde seinerzeit die Gründung des Instituts wohlwollend aufgenommen. In einer Stellungnahme des AA gegenüber dem Institut wurde festgelegt, „daß dieses sich ausschließlich mit kultisch-religiösen und wissenschaftlichen Aufgaben befassen soll, und daß von einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Instituts zu Erwerbszwecken oder im Sinne einer Handelskammer abzusehen sei; auch dürfe die politische Propaganda nicht Aufgabe der Arbeit des Instituts sein. Über alle diese Fragen sei ein Einvernehmen mit dem Großmufti erzielt worden.“ 10 Mit der Gründung eines deutschen Beirates, wie er vom AA vorgeschlagen wurde, erklärte sich el-Husseini einverstanden. Im Sommer 1942 unterbreitete das AA einen weiteren Vorschlag über die Zusammensetzung des Vorstandes des Instituts: Es sollten auch je ein Syrer, Palästinenser, Türke und Afghane aufgenommen werden. Das Institut sollte durch Amin el-Husseini als Schirmherrn im Rahmen einer besonderen Feierlichkeit eröffnet und seine Rede über den Rundfunk
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übertragen werden. Aus diesem Grund mußte der Text Ribbentrop zur Genehmigung vorgelegt werden. 11 Als Eröffnungstag des Islamischen ZentralInstituts zu Berlin e. V. wurde Freitag, der 18. Dezember 1942, festgesetzt, der mit dem Fest des Idul-Adha zusammenfiel. Auch über dieses Fest hatte sich Ettel mit dem Mufti unterhalten, wobei es sich herausstellte, daß dieser der Meinung war, „eine Veröffentlichung über Umfang und Verlauf der Feier [sei] eine bessere Propaganda als die Übertragung der Feier [in der Berliner Moschee] selbst“. 12 Als Grund gab er an, daß Übertragungen durch das britische Radio von Feiern aus der Moschee in London gesendet worden, mit denen die Berliner Moschee nicht konkurrieren könne, da ihr gleichwertig gute Sänger und Sprecher nicht zur Verfügung stehen. Der akustische Ablauf der Feier in der Berliner Moschee würde „bei weitem nicht die propagandistische Wirkung der Feier in der Londoner Moschee“ erreichen. Der Mufti erklärte allerdings, „er habe keine Einwände dagegen, daß die Feier in der Moschee auf Schallplatten aufgenommen werde; er müsse jedoch darauf bestehen, daß eine Sendung über das deutsche Radio nur mit seiner Zustimmung erfolge, die davon abhängig sei, ob die propagandistische Wirkung“ seiner Meinung nach ausreiche. 13 Anläßlich der Eröffnung des Islamischen Zentral-Instituts schrieb elHusseini an Hitler: „Eure Exzellenz! Als Präsident des All-Islamischen Kongresses und anläßlich der Eröffnung eines Islamischen Instituts in der Reichshauptstadt am Tage des größten religiösen Festes der Muslime, erlaube ich mir, Eurer Exzellenz und dem deutschen Volke meiner und der Muslime Freundschaft und Sympathie zu versichern. Wir sind der festen Überzeugung, daß eine enge Zusammenarbeit zwischen den Millionen von Mohammedanern in der Welt und Deutschland und seinen Verbündeten des Dreimächtepaktes, die gegen die gemeinsamen Feinde, Juden, Bolschewisten und Angelsachsen gerichtet ist, mit Gottes Hilfe zu einem siegreichen Ausgang dieses Krieges für die Achsenmächte führen wird. Dieser Sieg wird den Achsenmächten, den Muslimen und der gesamten Menschheit zum Wohle und Segen gereichen.“ 14 Trotz Bedenken und Uneinigkeit zwischen den beiden islamischen Körperschaften, dem Islamischen Institut und der Islamischen Gemeinde in Berlin, 15 fand die Eröffnung des Islamischen Zentral-Instituts im Beisein des Reichspropagandaministers Goebbels am 18. Dezember 1942 im „Haus der Flieger“ statt. Zahlreiche Angehörige der Islamischen Gemeinde begrüßten den Mufti beim Betreten des Saales als den Führer der arabischen Welt mit großem Beifall. 16 Zu Beginn der Feier äußerte sich ein Sprecher der islamischen Gemeinde über die Bedeutung des neuen Instituts als Forschungsinstitution, aus der der islamische Orient und Deutschland als Land der klassischen orientalischen Wissenschaft auf der Basis geistiger und kul-
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tureller Zusammenarbeit noch viele Erkenntnisse zu gewinnen vermögen. 17 In seiner Rede führte der Mufti aus, daß das Islamische Institut die Aufgabe habe, die hohen ethischen Forderungen und die erhabenen Ziele des Islam im Dienste des Menschen und der Menschlichkeit hervorzuheben. 18 Daß die Eröffnung an diesem Festtag, dem Opferfest des Islam, stattfinde, weise unmißverständlich auf die Pflicht der Selbstaufopferung und des höchsten Einsatzes hin. Weiterhin führte er aus: „Es steht außer Frage, daß der einzelne, sowohl wie Völker, die opferwillig und einsatzbereit sind, bestimmt ihren Anteil am Endsieg und am Lebensglück im Verhältnis zu ihrer Opferwilligkeit erringen werden. ‚Wer viel wagt, der viel gewinnt‘. Und wer den Tod nicht scheut, dem wird das Leben geschenkt. So sieht man die lebendigen Völker in diesem zermalmenden Kriege ihre Söhne opfern und alles Kostbare und Edle auf dem Altare des Vaterlandes darzubringen.“ 19 Auch in dieser Rede, die auf die hohen ethischen Forderungen und die erhabenen Ziele des Islam im Dienste der Menschen und der Menschlichkeit hinwies, konnte der Mufti es nicht unterlassen, eine Haßtirade übelster Art gegen die seiner Meinung nach für den Krieg verantwortlichen Juden von sich zu geben: „Zu den erbittertsten Feinden der Muslime, die ihnen seit alters […] Feindseligkeit bekundet und allenthalben andauernd mit Tücke […] begegneten, gehören die Juden und ihre Helfershelfer. Es ist jedem Muslim zur Genüge bekannt, wie die Juden ihm und seinem Glauben in den ersten Tagen des jungen Islam zugesetzt haben, und welche Gehässigkeit sie dem größten Propheten bezeigten, wieviel Mühsal und Kummer sie ihm bereiteten, wieviele Intrigen sie anzettelten, wieviele Verschwörungen sie gegen ihn zustande brachten, daß der Koran das Urteil über die fällte, sie seien die unversöhnlichsten Feinde der Muslime. […] Der heilige Koran und die Lebensgeschichte des Propheten sind voll von Belegen jüdischer Charakterlosigkeit und für ihr tückisches, lügnerisches und betrügerisches Verhalten, was vollauf genügt, um die Muslime vor ihrer stets akuten Gefahr mit Feindseligkeit bis ans Ende aller Tage zu warnen. […] Sie werden stets ein zersetzendes Element auf Erden bleiben, denen daran gelegen ist, Ränke zu schmieden, Kriege anzuzetteln und die Völker gegeneinander auszuspielen. […] In England sowohl wie in Amerika herrscht nur der jüdische Einfluß, es ist derselbe jüdische Einfluß, der hinter dem gottlosen Kommunismus steht, welcher allen Religionen und Grundsätzen abhold ist: er ist es, der die Völker auch in diesem zermürbenden Kriege aufeinander gehetzt hat, deren tragisches Schicksal allein den Juden zugute kommt. […] Dieser Krieg, der von dem Weltjudentum entfesselt worden ist, bietet den Muslimen die beste Gelegenheit, sich von den Verfolgungen und Unter-
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drückungen zu befreien, falls sie diese Gelegenheit richtig ausnutzen, und die Opfer bringen an dem Feste, dessen der Islam heute feiert.“ 20 Von nun an diente das Islamische Zentral-Institut als Forum für die Judenhetze des Mufti. Schölch weist zutreffend darauf hin: „Seine eigenen Denkfehler fielen dem Mufti längst nicht mehr auf. In einer Rede zum Geburtstag des Propheten fulminierte er vor dem Hintergrund des alliierten Vormarsches in Nordafrika erneut gegen die ‚dunklen Pläne‘ der Juden und der Demokratien, gegen die ‚jüdische Pest‘. Die Juden wollten ‚mit Einverständnis ihrer Verbündeten die Millionen Juden, die aus Europa vertrieben werden‘, im Maghreb ansiedeln. Auf der einen Seite sah er also sehr wohl, daß ‚Millionen‘ europäischer Juden vertrieben wurden, auf der anderen Seite stellte er Versuche, sie anderwärts anzusiedeln, als Teil einer ‚jüdischen Weltverschwörung‘ dar.“ 21 Besonders perfide war die am 2. November 1943 im Islamischen ZentralInstitut gehaltene Rede des Mufti anläßlich einer Protestkundgebung gegen die Balfour-Deklaration. „Ihr nichtswürdiger Glaube, daß sie das auserwählte Volk Gottes seien“, habe dazu geführt, daß sie andere Menschen als Tiere betrachten würden und unfähig sind, jemandem die Treue zu halten. Sie seien „Schmarotzer unter den Völkern, saugen ihr Blut aus, unterschlagen ihre Güter, verderben ihre Sitten, verlangen aber trotzdem die Rechte der einheimischen Bewohner“. Zu den üblen nationalsozialistischen Verunglimpfungen zog er jetzt den Koran heran, der einen göttlichen Zorn und einen Fluch in bezug auf die Juden erwähne und zum Ausdruck bringe. „Du wirst finden, daß die den Gläubigen am feindlichsten Gesinnten die Juden sind.“ Die Juden hätten versucht, „den verehrungswürdigen Propheten zu vergiften“. Vor mehr als 1300 Jahren intrigierten sie gegen ihn und hätten nie aufgehört, „gegen die Araber und Mohammedaner Intrigen zu spinnen“. Die Juden seien u. a. daran schuld, daß Großbritannien Ägypten besetzte, Frankreich Algerien beherrschte und das Reich des islamischen Kalifats zerstört wurde. Jetzt wollten sie sogar „ein jüdisches Königreich in Palästina errichten“, das eine Gefahr für die „Gesamtheit der Menschheit“, aber für die Araber und Mohammedaner im besonderen wäre. El-Husseini appellierte jetzt nicht nur an die „70 Millionen“ Araber, sondern auch an alle „400 Millionen“ Mohammedaner. Das „einzige Heilmittel“ wäre, das zu tun, was der Prophet vor 1300 Jahren getan hat – er habe die Juden aus allen arabischen und mohammedanischen Ländern vertrieben. Auf die Alliierten könne man nicht zählen, denn sie hätten sich mit den Juden verbündet. Ein Teil der Engländer würde sich ohnehin „für den verlorenen Stamm eines der zwölf Stämme Israels“ halten und sich als „israelische Briten“ bezeichnen. Man müsse sich ein Beispiel am nationalsozialistischen Deutschland nehmen, das „wußte, wie es sich von dem Unheil
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der Juden erretten konnte. […] Es hat die Juden genau erkannt und sich entschlossen, für die jüdische Gefahr eine endgültige Lösung zu finden, die ihr Unheil in der Welt beilegen wird.“ 22 Aufgrund dieser Aussage ist es offensichtlich, daß der Mufti genauestens über das Schicksal der Juden unter nationalsozialistischer Herrschaft informiert war. Haß gegen die Juden im nationalsozialistischen Sinne war die treibende Kraft des Mufti, und, um diesen zu schüren, mißbrauchte er bewußt den Islam und verfälschte die geschichtlichen Tatsachen. Leider ist die von el-Husseini bewußte Unterstellung einer jüdischen Verschwörung gegen den Islam nicht mehr aus der Propaganda der Islamisten wegzudenken.
5.3 Zusammenarbeit als Mittel zum Zweck für die Nachkriegszeit Am 16./17. Januar 1943 erklärte der Irak Deutschland, Italien und Japan den Krieg. Hirszowicz beschreibt im Detail, wie sich das Verhältnis der im Exil lebenden Araber zu den sieglosen Deutschen immer mehr abkühlte. Jetzt ging es offenbar darum, Gesicht zu wahren. Prüfer, der Beauftragte für arabische Fragen im AA, berichtete im Juni 1943 über einen Zustand der tiefen „Depression unter den in der Schweiz lebenden Orientalen aufgrund der Niederlage der Achse in Nordafrika“. Abbas Hilmi, der Ex-Khedive von Ägypten, äußerte sich Prüfer gegenüber kritisch über die deutsche Politik in Nordafrika und Syrien. Ferner vertraten Shekib Arslan, Panarabist und Herausgeber der Zeitschrift „La Nation Arabe“ in Genf, und Azid IzzetPascha, „ein ägyptischer, der königlichen Familie sehr nahestehender Politiker“, die Meinung, daß „nur eine deutsch-sowjetische Verständigung gegen die Angelsachsen Deutschlands Situation verbessern könne“. Adil Arslan, ein syrischer Nationalistenführer, lehnte Ende 1942 eine Einladung nach Deutschland ab, da er laut des deutschen Botschafters in Ankara damit seine „Opposition gegen die Aktivitäten des Mufti und Gailanis“ zum Ausdruck bringen wollte. Er war „pessimistisch über die militärische und politische Lage“ der Achse, und es wurde aus Ankara berichtet, daß er jetzt in Verbindung mit den Alliierten stand und sich mit Beamten des britischen Generalkonsulats in Istanbul traf. 23 Die Wende machte sich überall in der arabischen Politik bemerkbar. Auch die türkische Regierung begann damit, ihre Einstellung zu revidieren. Ishaq Derwisch wurde verhaftet, und viele in die Türkei immigrierte Araber wurden ausgewiesen. Auch die Schweizer bereiteten nun Shekib Arslan Schwierigkeiten, indem „sie seine Bewegungsfreiheit einschränkten“. 24 Nur für den Mufti und Gailani gab es kein Zurück mehr, denn sie hatten sich zu sehr auf die Politik der Achse festgelegt. 25 Am 28. Januar 1943, also zu einem Zeitpunkt, an dem sich die meisten arabischen Führer bereits von der Achse aufgrund der militärischen Lage abgewandt hatten, schrieb der
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Mufti erneut an Ribbentrop und wiederholte hierbei die Notwendigkeit einer Unabhängigkeitserklärung für die Araber. Die Kriegserklärung des Irak diente als Anlaß für sein Schreiben: „Ich glaube, daß, wenn amtliche Erklärungen im Sinne der uns zugegangenen Schreiben in klarer Form und unter Berücksichtigung der Bestrebungen der Araber abgegeben worden wären, die Engländer […] unter keinen Umständen gewagt hätten, so vorzugehen, wie sie es getan haben. Der Beweis dafür ist, daß Nuri es-Said […] die Absichten der Achse mit dem Vorwand in Zweifel gezogen hat, daß bisher keine eindeutige und klare amtliche Erklärung der Achse vorliegt, aus der ihre guten Absichten hinsichtlich der arabischen Länder hervorgehen.“ 26 El-Husseini rühmte die Haltung der Japaner, die eine Erklärung über Indien und Burma mit dem Ergebnis abgegeben hatten, daß die indischen Führer die Räumung ihres Landes durch die Briten forderten und sich die Bevölkerung Burmas auf die Seite der Japaner stellte. Dem Mufti sei es durchaus bekannt, daß bisher hinsichtlich einer solchen amtlichen Erklärung die Achse auf Frankreichs Haltung Syrien gegenüber Rücksicht nehmen mußte. Er betonte, daß seiner Ansicht nach die „politische Wirksamkeit im Nahen Osten und Nordafrika“ von „größter Dringlichkeit“ für die Achse sei. Die Alliierten, die „ihre Kriegsanstrengungen im pazifischen Raum beträchtlich vermindert haben“, erkennen offenbar die Bedeutung des arabischen Raumes. 27 Durch die „Abgabe klarer amtlicher Verlautbarungen, aus denen die guten Absichten der Achse diesen Ländern gegenüber hervorgehen, einschließlich der Veröffentlichung der amtlichen Schreiben, die uns zugegangen sind“, sowie eine amtliche politische Erklärung über Nordafrika hätte man eine „beredete Antwort“ auf die Kriegserklärung, zu der die Alliierten die „illegale Regierung von Irak“ getrieben haben. „Außerdem wäre dies eine Widerlegung ihrer Propaganda und eine starke Behinderung ihrer Bestrebungen, andere mohammedanische und arabische Regierungen zu täuschen und sie zur Kriegserklärung zu veranlassen.“ 28 Zum Schluß seines Schreibens erwähnte der Mufti: „Ich glaube, daß sich aus dieser politischen Wirksamkeit in den Ländern arabischer Sprache und im Einvernehmen mit den Nordafrikanern eine Zusammenarbeit für diesen Kampf ergeben würde, die noch stärker wäre als die Zusammenarbeit der Alliierten mit den Serben, von der Eden am 27. 1. 43 im Unterhaus sagte: ‚Die englische und Sowjetregierung arbeiten mit den serbischen Rebellen in ihrem Kampfe gegen die Achse zusammen‘.“ 29 Dem Mufti ging es jetzt vor allem darum, sein eigenes Ansehen in der arabischen Welt mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuwerten. Aufgrund seiner Bemühungen um den arabischen Nationalismus und die arabische Freiheit könnte seines Erachtens sein Prestige unter den Mus-
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limen nur wachsen. Schon um der Ruhe und des Friedens willen in den arabischen Gebieten wäre es in der Nachkriegszeit wohl undenkbar, daß man auf seine Präsenz verzichten könne – ganz gleich, auf welcher Seite er im Krieg gestanden habe und wer den Krieg gewinne, denn er habe stets für seine panarabischen Ideen gekämpft. Es sei für ihn doch ganz erklärlich, daß er sich gegen die Briten und Franzosen auflehnte. Die Freundschaft der Araber zu den Deutschen, die keine eigenen Absichten auf arabisches Gebiet haben, sei „beinahe instinktiv“, 30 und gegenüber deren italienischen Verbündeten, denen die Araber von jeher mißtrauten, habe der Mufti immer Forderungen für die arabische Unabhängigkeit gestellt. Die arabischen Nationalisten selbst, die schon vor dem Krieg ihre Sympathie für den Nationalsozialismus nie verhehlt hatten und sogar nachahmten, dürften ihm wohl seine Pro-Achsenhaltung kaum übelnehmen. Von dieser Seite rechnete er mit wenig Widerstand.31 Außerdem hätten ihn die Briten ja selbst in die Arme der Achse getrieben, wie er später immer wieder behauptete. 32 Es ist allzu evident, daß der Mufti für den Fall, daß die Alliierten den Krieg gewinnen würden, immer noch (wie so oft in der Vergangenheit) mit der Nachsicht der Briten rechnete. 33 In Palästina hatten sie seit seiner Flucht nicht einmal den Versuch unternommen, die nunmehr schwache Position der Husseinis zugunsten der Nashashibis auszunutzen. Außerdem wußte der Mufti, daß keineswegs nur Einstimmigkeit unter den Alliierten herrschte: Auch sie verfolgten ihre eigenen Ziele, so daß es zudem auch hier die Möglichkeit geben könnte, den einen gegen den anderen auszuspielen. Er zweifelte nicht im geringsten daran, daß er nach dem Krieg weiterhin eine führende Rolle in der arabischen Welt spielen würde – ganz egal, wie der Ausgang des Krieges sein möge. Zunächst kam es ihm jedoch darauf an, das zu erreichen, was er gegenwärtig noch erreichen konnte: So müsse er erst einmal den Deutschen beweisen, daß er für sie ein unentbehrlicher Mitarbeiter wäre. Wegen Gailani brauchte er sich überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, da der deutsche Vorstoß vom Norden her in den Irak nicht mehr zur Debatte stand. An Hartnäckigkeit mangelte es dem Mufti ganz gewiß nicht. Am 16. März 1943 suchte er Unterstaatssekretär Woermann auf und „verbreitete sich des längeren über die Gründe“. Hinsichtlich der von ihm gewünschten Erklärung machte er erneut darauf aufmerksam, daß die seinerzeit von Hitler ihm gegenüber in den Vordergrund gestellte Rücksicht auf Frankreich wohl jetzt nicht mehr genommen zu werden brauche; „außerdem hätten die Engländer, Amerikaner, ja sogar die Gaullisten eine Reihe von Erklärungen ihrerseits abgegeben und uns so das Wasser in der Propaganda abgegraben.“ 34 Woermann erinnerte den Mufti daran, daß bei seinem Treffen mit Hitler „ihm dieser seine für den damaligen Zeitpunkt negative Entscheidung nicht
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nur mit dem französischen Argument begründet hätte, sondern, daß der ihm darüber hinaus gesagt hätte, daß er es nicht für richtig halte, derartige Erklärungen abzugeben, wenn nicht die Macht dahinter stehe, sie gleichzeitig zu verwirklichen“. 35 Der Mufti meinte dennoch, daß bei Hitler das französische Argument weitaus, „etwa zu 80 %“, im Vordergrund gestanden habe, was seinem Gegenüber jedoch bezweifelte. Die Beharrlichkeit des Mufti war Woermann offensichtlich unangenehm. Er berichtete: „Um den Großmufti nicht ganz mit leeren Händen fortgehen zu lassen, habe ich angeregt, er möge doch einmal die von den Feindländern neuerdings für die Freiheit und Unabhängigkeit der arabischen Länder abgegebenen Erklärungen zusammenstellen; man werde dann sehen, welchen Grad der Wirksamkeit sie hätten. Der Großmufti griff diesen Gedanken auf und verwandelte ihn sofort in den Plan eines vollständigen Memorandums für den Herrn Reichsaußenminister.“ 36 El-Husseini machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung darüber, daß die Achsenmächte gegenüber dem Unabhängigkeitsstreben der arabischen Nationalisten eine ablehnende Haltung eingenommen hatten. Am 20. April erschien er nochmals bei Woermann und überreichte ihm ein für Ribbentrop bestimmtes Schreiben, in dem er den Tenor seines Anliegens vom 28. Januar bekräftigte und seinen Wunsch auf Abgabe einer Erklärung der Achsenmächte betreffend „Arabien“ begründete. Der Entwurf einer solchen Erklärung war seinem Schriftstück beigefügt. 37 In diesem Schreiben lenkte er die Aufmerksamkeit Ribbentrops auf die verstärkte Tätigkeit der Alliierten im Nahen Osten und in Nordafrika und wies auf die Notwendigkeit hin, daß die Achse diesbezüglich wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen sollte. Er gab Ribbentrop zu bedenken, daß die Briten keinesfalls mit Erklärungen über die Unabhängigkeit der Araber sparen würden und diese einen „tiefen Eindruck erweckt“ haben. Daß die Deutschen bisher keine Erklärung abgegeben haben, liefere den Alliierten ein besonders wirksames Propaganda-Argument. „Die Verbündeten legen besonderen Wert darauf, hervorzuheben, daß die Achse nach dreieinhalb Jahren Krieg weder eine Erklärung noch ein offizielles Wort bezüglich der arabischen Länder im Nahen Osten und ihrer Zukunft abgeben wollen. Dieser Umstand soll nach ihrer Ansicht die wahren, nicht gerade günstigen Absichten der Achse gegenüber diesen Ländern verraten.“ 38 Somit stütze sich in erster Linie die Propaganda der Alliierten auf das stillschweigende Verhalten der Achsenmächte gegenüber den arabischen Ländern. Um so wichtiger erschien es dem Mufti, daß der Inhalt der beiden zwischen ihm und dem AA ausgetauschten Schreiben vom 5. Mai 1942 veröffentlicht werde, da diese die Unabhängigkeit, Souveränität der arabischen Länder im Nahen Osten und ihre Einheit nach Wunsch der Bevölkerung, sowie die
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Abschaffung des National-Jüdischen Heimes in Palästina anerkannt haben. Die Bekanntgabe dieser Schreiben würde einen gewaltigen Eindruck auf die arabische Bevölkerung ausüben, (die an sich mit der Achse sympathisiere), […] und „würde alle Pläne der Verbündeten vereiteln“. Denn diese Schriftstücke „bringen die guten Absichten der Achsenmächte den Arabern gegenüber klar zum Ausdruck. Eine im Sinne dieser Schreiben und ähnliche der ägyptischen gehaltene Erklärung ist im Stande, alle arabischen Bedenken zu beseitigen und die feindliche Propaganda vernichtend zu schlagen.“ 39 Wie üblich unterließ es der Mufti auch hier nicht, die Japaner und deren Beispiel zu loben. Ihre Erklärungen bezüglich der Selbständigkeit Indiens und der islamischen Länder, einschließlich der arabischen, hätten in der islamischen und arabischen Welt einen sehr tiefen Eindruck erweckt. Außerdem betonte er die Sinnlosigkeit einer weiteren „Schonung Frankreichs“ durch die Deutschen. El-Husseini wußte, daß die Deutschen nur im Einklang mit ihrem Achsenpartner Italien bereit waren, solche Erklärungen abzugeben, und er gab seine baldige Abreise nach Rom bekannt.40 Angesichts der Tatsache, daß sich nach der Kapitulation in Tunesien am 12. Mai 1943 kein arabisches Land mehr innerhalb der Einflußsphäre der Achse befand, tendierten die Italiener durchaus zur Abgabe einer solchen Unabhängigkeitserklärung für die arabischen Völker. Unter diesen Umständen hätte man sowieso „keine andere Möglichkeit als die der Propaganda“. 41 Allerdings müßte es klar sein, daß es sich bei dieser Erklärung nicht um ein „Novum“ handele. Der Eindruck müsse erweckt werden, daß die Achsenmächte seit „jeher für die Unabhängigkeit der arabischen Länder“ eingetreten seien. Die italienische Regierung verhehlte ihr Interesse am Memorandum des Mufti nicht und gab zu verstehen, daß sie die Angelegenheit gern mit ihm besprechen möchte. Allerdings behalte sie sich ihre Antwort vor, bis eine Rücksprache mit der deutschen Regierung erfolgt sei. Die Deutschen hielten es jedoch immer noch für ratsamer, die Anregung des Mufti erst nach einer entsprechenden Änderung der Gesamtlage aufzugreifen. Diese Haltung wurde von den Italienern bedauert, weil sie die Meinung vertraten, daß die moralische Position des Mufti und Gailanis durch die Bekanntgabe der Tatsache gestärkt wäre, daß die Achsenmächte bereits im Frühjahr 1942 – also zu einem Zeitpunkt, als sich die militärischen Operationen für sie in Ägypten und Rußland günstig entwickelten – Zusicherungen für die Zukunft der arabischen Länder des Nahen Ostens gegeben hätten. Die Italiener hatten wohl keine Illusionen mehr über die für die Achse ungünstige Kriegslage: „Die Propaganda ist heute die einzige Waffe, die wir noch zur Verfügung haben.“ 42 Um den Achsenpartner nicht gar zu sehr in Verlegenheit zu bringen, schlugen sie vor, daß eventuell der Mufti und Gailani selbst
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ermächtigt werden, den Inhalt der damaligen Briefe bekannt zu geben; dieser Vorschlag würde die Notwendigkeit einer neuen eigenen Initiative der Achse umgehen. Zwischen den Achsenpartnern wurde zunächst vereinbart, daß die italienische Regierung einen Vorschlag zur „Arabien-Erklärung“ ausarbeite. Aus diesem Entwurf ging hervor: „1.) daß sie [die Achsenmächte] die Freiheit und Unabhängigkeit der arabischen Länder des Nahen Ostens (Irak, Syrien, Palästina, Libanon und Transjordanien) als eines der Ziele ihrer Politik betrachten, 2.) daß sie bereit sind, die volle Souveränität und Unabhängigkeit dieser Länder anzuerkennen und ihrer Vereinigung zuzustimmen, sobald diese von den beteiligten Bevölkerungen gewünscht wird, 3.) daß sie jede Lösung der Palästina-Frage ablehnen, die mit den Aspirationen und Interessen des arabischen Volkes im Widerspruch steht“. 43 Der Mufti, der sich zu dieser Zeit in Rom aufhielt, äußerte den dringenden Wunsch, die Achsenmächte möchten in ihrer Erklärung auch die arabischen Forderungen auf die „Beseitigung der sogenannten jüdisch-nationalen Heimstätte in Palästina aufnehmen“. Um seinen diesbezüglichen Forderungen in etwa entgegenzukommen, erwogen die Italiener die Möglichkeit, nach dem Wort „Palästina-Frage“ unter Ziffer 3.) die Worte „einschließlich der Frage der jüdisch-nationalen Heimstätte in Palästina“ einzusetzen. 44 Botschafter Prüfer stimmte den Argumenten Gailanis zu, daß „unter allen Umständen die Aufzählung der einzelnen in Frage kommenden arabischen Gebiete zu vermeiden sei“, da diese „die Grenzen viel zu eng gestalte“. Durch eine Benennung der Gebiete leiste die Achse „indirekt einer Zerteilung Arabiens Vorschub“. Zumindest sollten die unter britischer Vorherrschaft stehenden Gebiete der arabischen Halbinsel mit inbegriffen sein. 45 Prüfer vertrat die Meinung, daß für Deutschland keine Veranlassung bestehe, sich in dieser „doch in erster Linie propagandistisch gedachten Erklärung zu sehr zu beschränken“ und sich „politisch einschränkend zu binden“. Es komme noch hinzu, daß „die aufgeführten Namen ganz ausgesprochen Erfindungen und Schöpfungen des Versailler Vertrages“ seien. Die „Begriffe Palästina, Transjordanien und Libanon, die zur Zeit des osmanischen Reiches alle zu Syrien gehörten“, müsse Deutschland „nicht durch Aufzählung in einer Erklärung der beabsichtigten Art, die sich ja gerade über die Zustände von Versailles hinwegsetzen will, noch ausdrücklich sanktionieren und festigen“. Die arabische Erklärung sollte nicht allzu konkret und eindeutig gehalten werden. Sie könne und solle „ruhig einer extensiven und restriktiven Interpretation zugänglich sein“. Prüfer schlug daher vor, im Gedankenaustausch mit den Italienern wie auch mit Gailani und dem am 2. Juli in Berlin erwarteten Mufti darauf hinzuwirken, daß die Aufzählung der arabischen Gebiete unterbleiben solle. 46
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Ob der Mufti wahrhaftig zu diesem Zeitpunkt mit der Abgabe einer Arabien-Erklärung rechnete, sei dahingestellt. Die Kriegslage der Achse hatte sich entscheidend verschlechtert. 47 Allenfalls könnte der Mufti für die Nachkriegszeit seine Bemühungen um die arabische Sache belegen, und nur darauf kam es ihm anscheinend an. Die hoffnungslose Kriegslage der Achse hielt ihn keineswegs davon ab, seine ‚Nützlichkeit‘ unter Beweis zu stellen. Mit unverminderter Stärke setzte er seine propagandistische Hetzkampagne gegen die Juden fort und unternahm alles in seiner Macht Stehende, um zu verhindern, daß Juden aus sämtlichen von Deutschland besetzten Ländern nach Palästina auswandern durften. Er propagierte statt dessen deren „Umsiedlung“, z. B. nach Polen, wo sie sich unter „aktiver Überwachung“ befinden würden.48 Sein Haß gegen die Juden kannte kein Erbarmen, und in seinen Appellen an die Öffentlichkeit war er keineswegs wie die NS-Verbrecher um weitgehende Geheimhaltung bemüht, sondern zeigte deutlich seine Absichten, ohne von euphemistischen Redewendungen Gebrauch zu machen: „Kill the Jews wherever you find them. This pleases God, history and religion.“ 49
5.4 Der Mufti und die „Endlösung der Judenfrage“ in Bulgarien Am 6. Mai 1943 schrieb el-Husseini an den bulgarischen Außenminister und wies auf die „jüdische Gefahr für die gesamte Welt und insbesonders für die von Juden bewohnten Länder“ hin, die seines Erachtens „den meisten Völkern eine Tatsache“ geworden sei und sie zu „Selbstschutzmaßnahmen“ veranlaßte. 50 In seiner Ausführung lieferte der Mufti den Beweis dafür, daß er das Vokabular der Nationalsozialisten bestens beherrschte: Er rechtfertigte das Verhalten der Achsenmächte und deren Verbündeten, die zu den ersten zählten, „die erkannt haben, daß man diesen feindlichen Elementen und ihrer Zersetzungstätigkeit durch Spionage, Schwächung der Moral, Verbreitung kommunistischer Ideen und Lähmung des Wirtschaftslebens Einhalt zu (gewähren) eine nationale Lebensnotwendigkeit geworden ist“. 51 Letzten Endes erfolge diese Maßnahme doch „ausschließlich zum Selbstschutz des eigenen Volkes“. Natürlich habe dies auch zum erwarteten „Wutausbruch des Weltjudentums und ihrer Schrittmacher […] England, Amerika und Rußland“ geführt. England sei sogar dazu übergegangen, „diese Elemente“ aus verschiedenen Ländern des Kontinents herauszuziehen, und sie an einem Ort zu konzentrieren, von wo aus sie mit „ihrer angeborenen Tücke und Hinterlistigkeit“ gegen die Achsenmächte, die für die „Befreiung der Welt von der Unterdrückung, Ausbeutung und zum Schutze europäischer Kultur kämpfen, arbeiten sollen“. Nach dieser „einleitenden Erklärung“ kam der Mufti zum eigentlichen Anlaß seines Schreibens. Er habe kürzlich aus einer Ansprache des britischen Kolonial-
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ministers Sir Oliver Stanley vor dem Unterhaus erfahren können, daß die Verhandlungen mit der bulgarischen Regierung zur Auswanderung von 4 000 jüdischen Kindern und ihrer 500 erwachsenen Begleiter geführt haben, und daß sie nach Vollendung der Vorbereitung die Reise nach Palästina antreten werden. 52 Schechtman hat zweifellos recht mit seiner Auffassung, daß der wirkliche Grund für den Unmut des Mufti die Auswanderung der Flüchtlinge nach Palästina war, denn nach Meinung el-Husseinis achteten „die Marionettenregierungen“ der unter deutscher Dominanz befindlichen osteuropäischen Länder im Gegensatz zu Deutschland selbst nicht streng genug darauf, daß ihre jüdischen Bürger nicht nach Palästina flüchten konnten.53 Er ereiferte sich zu erwähnen, daß eine Auswanderung der Juden das Problem nicht lösen könne. „Die Juden könnten, einmal ausgewandert, ungehindert mit ihren Rassengenossen der übrigen Welt in Verbindung treten und dem verlassenen Lande mehr Schaden zurichten als bisher. Ihnen würde damit die Möglichkeit gegeben, sich in Palästina oder in einem anderen Lande des Nahen Ostens niederzulassen, sich zu organisieren, um ihr Unheil von dort aus in verstärktem Maße weiter zu betreiben.“ 54 Der Mufti wies darauf hin, daß die Auswanderung der Juden in die arabischen Länder und insbesondere nach Palästina gegen die wichtigsten Lebensinteressen des arabischen Volkes verstoße, „das in jeder Hinsicht an der Seite der Achse und ihrer Verbündeten steht“. Als Lösung schlug er dem bulgarischen Außenminister vor: „Ich möchte mir erlauben, Ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß es sehr angebracht und zweckmäßiger wäre, die Juden an der Auswanderung aus Ihrem Land zu verhindern, und sie dorthin zu schicken, wo sie unter starker Kontrolle stehen, z. B. nach Polen. Damit entgeht man ihrer Gefahr und vollbringt eine gute, dankbare Tat dem arabischen Volke gegenüber.“ 55Angesichts der Massenvernichtung der Juden in Polen durch die Nationalsozialisten läßt es sich nicht leugnen, daß der hohe religiöse Würdenträger mit diesem Vorschlag die Juden in den sicheren Tod treiben wollte. Wie nicht anders zu erwarten, gab sich der Mufti nicht nur mit diesem einen Schreiben zufrieden und unternahm weitere Schritte in dieser Angelegenheit. Aus einer Aufzeichnung des Unterstaatssekretärs Hencke vom 12. Mai geht hervor, daß el-Husseini der italienischen Botschaft berichtet hatte, er verfüge über Informationen, „wonach das Internationale Rote Kreuz von der bulgarischen Regierung die Erlaubnis erhalten habe, 4 500 Juden bulgarischer Staatsangehörigkeit nach Palästina zu verbringen“. Die italienische Botschaft sei vom Mufti gebeten worden, seinem Außenministerium ein diesbezügliches Schreiben von ihm zu übermitteln, dessen Text mit einem dem deutschen AA zugeleiteten Brief identisch sei. Außerdem
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beabsichtige der Mufti „auch einen Schritt“ bei der bulgarischen Gesandtschaft in Berlin zu unternehmen. 56 In dem Schreiben an Ribbentrop, das der Mufti am 13. Mai anläßlich eines Besuchs bei Botschafter Prüfer übergab, beschwerte er sich darüber, daß die britische und amerikanische Regierung „in letzter Zeit durch die Vertreter ihrer Interessen in den Balkanländern und vor allem in Bulgarien bei den dortigen Behörden Verhandlungen geführt“ haben, die „die Auswanderung der Juden und ihren Transport nach Palästina bezweckten“. Er lenkte Ribbentrops Aufmerksamkeit auf die Rede von Sir Oliver Stanley, der vor dem Unterhaus seine Freude zum Ausdruck gebracht habe, „daß die Verhandlungen mit der bulgarischen Regierung […] erfolgreich gewesen“ seien, und auch hoffe, „mit den Behörden der restlichen Balkanländer“ – wie z. B. Rumänien und Ungarn – „zu ähnlichen Ergebnissen gelangen zu können“. 57 Wie so oft in der Vergangenheit, unterließ el-Husseini es jetzt auch nicht, auf die Bedrohung der Lebensinteressen des arabischen Volkes hinzuweisen, das „sich durch die Interessengemeinschaft in diesem Verteidigungskampf gegen den Kommunismus und gegen die Angelsachsen ohne jedes Zögern an die Seite der Achsenmächte gestellt“ habe und „von seinen Freunden [den Achsenmächten und ihren Verbündeten] die Lösung des Weltjudentumproblems“ erwarte, indem sie die Juden „unter starke Kontrolle stellen und sich somit ihrer Gefahr und ihrem Schaden entziehen“. 58 Ferner betonte der Mufti, daß die Auswanderung der Juden aus den bisher von ihnen bewohnten Ländern ihnen erlauben werde, „mit den übrigen Juden der Welt, bei Ausnützung ihrer bisher gesammelten kriegswichtigen Kenntnisse, und ihrer bestehenden gut getarnten Organisationen zugunsten der Verbündeten ungehindert in Verbindung treten, und werden somit viel schädlicher und gefährlicher als bisher“. 59 Mit diesen Ausführungen wollte der Mufti Deutschland zu verstehen geben, daß es genauso gefährdet wäre wie das „arabische Volk“. Er bat Ribbentrop, sein Äußerstes zu tun, damit Bulgarien, Rumänien und Ungarn von der Durchführung „dieses an sich jüdisch-englisch-amerikanischen Planes“ Abstand nehmen sollten. Nicht nur würde man somit dem befreundeten arabischen Volk „einen unvergeßlichen Dienst“ erweisen, sondern „gleichzeitig den Zusammenschluß und die Zusammenarbeit dieser gegen sie gerichteten Elemente“ 60 verhindern. Aufgrund dieser Bitte telegrafierte Horst Wagner 61 von der Abteilung Inland II „sofort an den deutschen Gesandten in Sofia“, Beckerle, „um die bulgarische Regierung auf das gemeinsame deutsch-arabische Interesse an der Verhinderung dieser Rettungsaktion hinzuweisen“. 62 Am 10. Juni wandte sich der Mufti erneut an Ribbentrop und bezog sich auf eine weitere Erklärung des britischen Kolonialministers, daß große Schwierigkeiten beim Transport der 4 500 Juden aus Bulgarien nach Palästi-
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na aufgetreten seien. Stanley hoffe jedoch, die Probleme bald überwinden zu können. Ferner erwähnte el-Husseini in diesem Schreiben, daß 75 Juden aus Bukarest auf dem Landwege über Bulgarien nach Palästina ausgewandert seien. Außerdem habe die Jewish Agency ein Bulletin über die Juden herausgegeben, die sich auf dem Weg nach Palästina via Türkei befanden. Das Bulletin gab diesbezüglich folgende Details bekannt: „– 270 junge Juden aus Rumänien und Ungarn, von denen 3 Gruppen bereits angekommen seien. Die vierte aus 75 Personen bestehende Gruppe sei in Bulgarien reisefertig. – 700 Frauen und Kinder aus Polen. – 5 000 Flüchtlinge aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn und der Slowakei“. 63 Im Bulletin wurde auch darauf hingewiesen, daß die Verhandlungen zwischen Jerusalem, London und Bern dazu geführt hatten, daß die Schweizer Konsulate in Bukarest und Sofia Einreisevisen im Namen der britischen Regierung nach Palästina ausgeben und vereinbart wurde, daß die Juden mit der Eisenbahn nach Istanbul transportiert werden sollen, von wo aus sie die Schiffsreise nach Mersine 64 oder Haifa antreten werden.65 Laut el-Husseini seien die Araber darüber „schmerzlich betroffen“, daß ihre Freunde, die Verbündeten der Achse, derartiges ermöglichen. Die Erlaubnis dieser Staaten zur Ausreise der Juden sei kein „humaner Akt“ und stelle eine große Gefahr für die Achse dar. Ribbentrop möchte dafür Sorge tragen, daß die bulgarische, rumänische und ungarische Regierung die Ausreise verhindere. 66 Der Übereifer des Mufti in dieser Angelegenheit war den Nationalsozialisten gewiß nicht angenehm, zumal sie besonders von bulgarischer Seite mit erheblichen Schwierigkeiten 67 konfrontiert wurden. Auf das Geschehen in Südosteuropa brauchten sie vom Mufti nicht erst hingewiesen zu werden: Sie waren über die verschiedenen Rettungsaktionen bestens informiert und hatten auch in den meisten Fällen Schritte eingeleitet, die sich nicht immer als erfolgreich erwiesen. Die Einmischung des Mufti kam ihnen oft ungelegen, denn, abgesehen von der Tatsache, daß sie z. B. Bulgarien nicht nach Belieben kontrollieren konnten, verfolgten sie manchmal auch andere Ziele in ihrer „Judenpolitik“, die unter Umständen auch eine Auswanderung zuliessen. Dies war el-Husseini, dem Mann Gottes, keinesfalls recht. Inzwischen war die „Action Juive“ und der gesamte Komplex der Transporte, wobei es hauptsächlich um jüdische Kinder ging, „zu einer Angelegenheit auf höchster Ebene geworden“. 68 Der Schweizer Gesandte Feldscher ersuchte das AA im Auftrag der Briten um Überprüfung der Frage, „ob nicht etwa 5 000 Nichtarier, vorwiegend Kinder“ 69 aus den Ostgebieten auswandern dürften. Zunächst wollten die Nationalsozialisten wissen, zu welchen „Gegenleistungen“ die britische Regierung bereit wäre. Außerdem lag dem AA eine ganze Reihe von Anfragen vor, die die Action Juive dokumentierte, wie z. B. eine weitere Anfrage der Schweiz im Auftrag der
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britischen Regierung wegen der Ausreise von 5 000 bulgarischen Juden nach Palästina und eine Anfrage des Internationalen Roten Kreuzes bei der deutschen Botschaft in Ankara wegen Gewährung eines Freigeleits für 1000 bulgarische Juden nach Haifa. Unter Gegenleistung verstanden die Nationalsozialisten den „Austausch der Juden gegen Deutsche, die an der Rückkehr in das Reich durch die Kriegsverhältnisse verhindert“ 70 wurden. Das Anliegen des Gesandten Feldscher wurde Gegenstand einer Erörterung zwischen Ribbentrop und Himmler, und es wurde den Briten zur Bedingung gemacht, daß Großbritannien selbst die Kinder aufnimmt und diese nicht nach Palästina ausreisen läßt. 71 Sowohl der Mufti als auch Eichmann wurden über die Anfrage der britischen Regierung informiert, von der sich die Deutschen zunächst eine wirksame propagandistische Auswertung versprachen. Im Auftrag Himmlers hatte Eichmann das AA bereits Anfang Mai wissen lassen, daß die Auswanderung von jüdischen Kindern „grundsätzlich abgelehnt werden“ müsse. 72 Allerdings sei das Reichssicherheitshauptamt bereit, „5 000 Kinder hinauszulassen, wenn dafür gleichzeitig 20 000 ‚noch fortpflanzungsfähige Deutsche im Alter unter 40 Jahren‘, die im Ausland interniert seien, entlassen würden“. Dieser Austausch müßte jedoch „sofort geschehen, da sich der Zeitpunkt nähere, wo wegen der Durchführung“ der „Judenmaßnahmen“ die Ausreise von 5 000 jüdischen Kindern aus den Ostgebieten sich nicht mehr „bewerkstelligen lassen“ werde. 73 Während diese Äußerung in ihrer ganzen Brutalität doch noch wenigstens „einen kleinen Hoffnungsschimmer für die Rettung […] einiger jüdischer Kinder nach Palästina“ bestehen ließ, verlangte der Mufti die absolute „Ablehnung solcher Pläne“. 74 Aus einer Aufzeichnung des Vortragenden Legationsrates Melchers75 geht hervor: „Der Mufti ist mit Protesteingaben hiergegen überall vorstellig geworden, im Ministerbüro, im Vorzimmer des Staatssekretärs und in andern Abteilungen, z. B. Inland, Presse, Rundfunk und bei der SS. […] Daß man im Auswärtigen Amt Protestschritte gerade des Mufti in Sachen Balkanjudenaktionen erwartete, ist ja ohne weiteres selbstverständlich. Sicher hat man dies hier und da ganz gern gesehen. […] Der Mufti war ein ausgemachter Feind der Juden und machte keinen Hehl daraus, daß er sie am liebsten alle umgebracht sähe.“ „Nachdem die britische Regierung eine Präzisierung des deutschen Vorschlages verlangt hatte“, wurde vom AA behauptet, die Antwort der Briten „könne nicht als positiv bewertet werden, und die Besprechungen seien deshalb als gescheitert anzusehen“. 76 Diese Antwort wurde als „Beweis der einwandfreien deutschen Politik in der Judenfrage gegenüber den Arabern“ bezeichnet. Himmler hatte vorher noch ausdrücklich das AA darum gebeten, auf alle Fälle zu unterstreichen, daß die „Reichsregierung ihre
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Hand nicht dazu bieten kann, daß ein so edles und tapferes Volk wie die Araber, durch die Juden aus ihrem Heimatland Palästina verdrängt werde“. 77 Auf diese Weise wurde die Rettung von jüdischen Kindern von Eichmann, Himmler, Ribbentrop und dem Mufti mit gemeinsamen Kräften verhindert. Durch die Sonderstellung Bulgariens und die dadurch für Deutschland entstandenen Probleme kam die wiederholte Einmischung des Mufti in die „Judenfrage“ den Deutschen recht ungelegen. Die nach der Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 erlassenen Judenverordnungen waren bei der Bevölkerung Bulgariens und selbst bei den Regierungsstellen äußerst unpopulär, so daß es der Presse sogar „verboten wurde, darüber zu berichten“. 78 „Außerdem übten Italien, Ungarn, Rumänien, Frankreich und Spanien, das sich zum Ärger des SD in Sofia durch einen jüdischen Generalkonsul vertreten ließ, zugunsten der Juden ihrer Nationalität ‚einen nicht zu übersehenden Druck‘ aus.“ 79 Sogar „die deutsche Gesandtschaft in Sofia riet den Stellen in Berlin immer wieder zur Rücksichtnahme“ wegen der besondern Situation Bulgariens. Der deutsche Gesandte Beckerle erläuterte in den schwierigen Monaten des Jahres 1943, daß „der einfache Bulgare den Sinn des Kampfes gegen das Judentum nicht erkennt, um so mehr als ihm die Rassenfrage naturgemäß auch nicht naheliegt“. 80 Auch am 24. Juni 1943 telegrafierte Beckerle an das Reichssicherheitshauptamt, daß aus politischen Gründen „vorläufig keinerlei Druck bezüglich des Judenabschubs nach den Ostgebieten auf die bulgarische Regierung ausgeübt werden kann“. 81 Es war wichtig, „die Bulgaren nicht durch Drängen in der Judenfrage zu verstimmen, denn man brauchte sie, um mit ihrer Hilfe auf dem Balkan Ruhe“ zu bewahren.82 Unter diesen Umständen und zu diesem Zeitpunkt kam den Nationalsozialisten das ständige Bemühen des Mufti, die „Judenfrage“ in Bulgarien zu seinem Vorteil zu beeinflussen, recht ungelegen. Ende August 1944 löste die bulgarische Regierung, „die mit den Westalliierten verhandelte, das ‚Judenkommissariat‘ auf und setzte die jüdische Gemeinschaft wieder in ihre alten Rechte ein“. 83
5.5 Der Mufti und die „Endlösung der Judenfrage“ in Rumänien und Ungarn Nachdem Rumänien von sich aus die Annäherung an Deutschland gesucht hatte, mischte sich das Dritte Reich immer mehr in dessen Politik ein. Bereits 1941 kam es zu Greueltaten und Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung, so daß sich die Lage zunächst äußerst günstig im Sinne der deutschen Politik entwickelte und el-Husseini wenig Grund hatte, sich in die rumänische „Judenpolitik“ einzuschalten. Am 12. Dezember 1942 erklärte der deutsche Gesandte in Bukarest, von
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Killinger, dem AA, der Staatschef Marschall Antonescu habe die Weisung erteilt, die Auswanderung von 75 000 bis 80 000 Juden nach Palästina und Syrien „zu organisieren und durchzuführen“. Die einzige Bedingung, die der Marschall gestellt habe, sei, „daß die Juden für jeden Auswandernden 200 000 Lei“ an den rumänischen Staat abzuführen haben. In diesem Zusammenhang wies von Killinger darauf hin, daß das Projekt den Besprechungen des Mufti und Gailanis in Berlin „widerspräche“. Wenn auch über das Ergebnis dieser Besprechungen bisher nichts Genaues veröffentlicht worden sei, so könne man dennoch annehmen, daß sie „nicht zugunsten der Juden, sondern zugunsten der Araber verlaufen seien“. Laut von Killinger liege es kaum im allgemeinen Interesse, „den Arabern zu den schon zahlreichen Juden in Palästina noch weitere größere Mengen […] aus Rumänien zuzuführen“. Er vermutete, daß Antonescu „2 Fliegen mit einer Klappe schlagen“ wolle. „Er will einerseits für ihn sehr notwendige 16 Milliarden Lei herausschlagen und andererseits einen großen Teil der Juden, die ihm innerpolitische Schwierigkeiten machen, auf bequeme Art loswerden. Eine Radikallösung lehnt er ab gegenüber den Juden, die nicht nachgewiesenermaßen bolschewistisch sind.“ 84 Diese Politik der Auflockerung gegen die Juden wurde fortgeführt, und 1943 konnten sie ohne besondere Schwierigkeiten nach Palästina ausreisen. Die Veränderung der Kriegslage nach Stalingrad brachte eben gewisse neue Aspekte mit sich, die weder den Nationalsozialisten noch el-Husseini gefielen. Er wollte keinesfalls in ein Palästina zurückkehren, in dem sich jetzt noch mehr Juden als vorher befanden. Nach der Kriegswende war Deutschland mehr denn je daran interessiert, die „Festung Europa“ zu verteidigen. Dies bedeutete, daß die Nationalsozialisten absolute Loyalität von ihren osteuropäischen Verbündeten erwarteten. Sie waren aber besonders mit der Situation in Ungarn unzufrieden, das als Zufluchtsort für Juden aus anderen Ländern Europas galt. Jede Unterstützung oder Befürwortung ihrer Judenpolitik war den Nationalsozialisten recht; auch die Maßnahmen, die jetzt vom Mufti ergriffen wurden, kamen ihnen äußerst gelegen. Wie aus den Schreiben el-Husseinis vom 13. Mai 85 und 10. Juni 1943 86 an Ribbentrop hervorgeht, setzte er alles daran, die Auswanderung der Juden aus Rumänien, Ungarn und der Slowakei zu verhindern. Er hielt seinen persönlichen Einsatz für angebracht, da in Rumänien der Höhepunkt der Judenverfolgung bereits überschritten war und die ungarische Regierung sich keineswegs gewillt zeigte, ihre jüdischen Bürger nach Polen zu deportieren. Deshalb richtete el-Husseini außerdem am 28. Juni Briefe an die Außenminister von Ungarn und Rumänien, 87 in denen er auf den „langen und blutigen Kampf zwischen Arabern und Juden in Palästina“ hinwies und betonte, es sei notwendig, die Auswanderung der Juden nach Palästina zu
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verhindern. Sollte es doch Gründe geben, die deren „Entfernung“ aus den betreffenden Ländern notwendig machen, wäre es unerläßlich, sie an andere Orte zu bringen. An dieser Stelle wiederholte der Mufti seinen bekannten Vorschlag, die Juden doch nach Polen zu schicken, wo sie sich unter „aktiver Überwachung“ befinden würden. Er wies darauf hin, daß die Juden ohnehin nach Palästina wollen, weil sie von diesem strategischen Zentrum aus die ganze Welt beherrschen können. Außerdem seien sie seiner Meinung nach sowieso für den Krieg in Europa verantwortlich und hegen üble Absichten gegen die Länder, die sie bis jetzt geschützt haben. Dies seien alles Gründe, sie unter „wachsame Aufsicht“ zu stellen und ihre Auswanderung nach Palästina oder sonstwohin zu verhindern, denn die Regierungen, die zulassen, daß ihre Juden auswandern, werden das jüdische Problem nicht lösen. Ganz im Gegenteil: sie werden, so meinte er, sich mit ihren „Rassegenossen“ in feindlichen Ländern zusammentun und somit einen „gefährlichen Einfluß auf den Ausgang des Krieges“ ausüben. 88 In seinem Schreiben an den ungarischen Außenminister bezog sich der Mufti auf das Bulletin der Jewish Agency, wonach 900 Kinder in Begleitung von Erwachsenen aus Ungarn ausreisen sollten. Wenn man dies zuließe, wäre es – abgesehen von den bereits erwähnten Gefahren – eine große Enttäuschung für die Araber, die sich auf Seiten Ungarns in den Krieg gestellt haben und den Ungarn „die freundschaftlichsten Gefühle“ entgegenbringen.89 Dem rumänischen Außenminister machte er auch unmißverständlich klar, daß ein Transport von 1800 Kindern am besten nach Polen gebracht werden sollte. 90 Natürlich war el-Husseini auch genau über die italienische Haltung in der Judenfrage informiert. Italien war bemüht, das Leben der italienischen Juden in den Balkanländern zu retten, und ließ Juden ohne Schwierigkeiten nach Italien einreisen. In einem Schreiben an den italienischen Außenminister bat er darum, daß Italien bei den Regierungen von Bulgarien, Ungarn und Rumänien „die notwendigen Schritte unternehme“, um sicherzustellen, daß die Juden nicht entkommen. 91 Diese Schreiben in Verbindung mit den Radiosendungen des Mufti vom 2. November 1942 und 3. November 1943, in denen der Mufti die Deutschen lobte, da sie es verstehen würden, „die Juden loszuwerden und das jüdische Problem zu lösen“, 92 zeigen unmißverständlich, daß el-Husseini bestens über die Zwangslage der europäischen Juden informiert war. Es mag wohl stimmen, wie arabische Autoren des öfteren betonen, daß auch ohne seine Anwesenheit in Europa das Schicksal der Juden unter dem Terror der Nationalsozialisten nicht anders verlaufen wäre, aber auf jeden Fall machte er sich die Ausrottung der Juden zunutze und verhinderte, wo er nur konnte, ihre Auswanderung nach Palästina. Er genoß die besten Beziehungen zu Deutschland und verstand es, sich
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durch Intrigen in das beste Licht zu stellen. Am 2. November 1943 erhielt er ein Telegramm von Himmler mit folgendem Wortlaut: „Die nationalsozialistische Bewegung Großdeutschlands hat seit ihrer Entstehung den Kampf gegen das Weltjudentum auf ihre Fahnen geschrieben. Sie hat deshalb schon immer mit besonderer Sympathie den Kampf der freiheitsliebenden Araber, vor allem in Palaestina gegen die jüdischen Eindringlinge verfolgt. Die Erkenntnis dieses Feindes und der gemeinsame Kampf gegen ihn bilden die feste Grundlage des natürlichen Bündnisses zwischen dem nationalsozialistischen Großdeutschland und den freiheitsliebenden Mohammedanern der ganzen Welt. In diesem Sinne übermittle ich Ihnen am Jahrestag der unseligen Balfour-Deklaration meine herzlichsten Grüße und Wünsche für die glückliche Durchführung Ihres Kampfes bis zum sicheren Endsieg.“ 93 Ab 19. März 1944 mußte sich der Mufti keine Gedanken mehr über das laxe Verhalten der ungarischen Regierung machen: Das Land wurde an diesem Tag von den Nationalsozialisten besetzt, und das Schicksal der ungarischen Juden war damit besiegelt. „Mit der Macht im Lande übernahm die SS natürlich auch die ‚Lösung der Judenfrage‘. 900 000 Menschen (einschließlich der nach Ungarn geflüchteten Juden) waren jedoch auch für nazistische Maßstäbe ein erheblicher Komplex, und so kam Eichmann selber nach Budapest, um sie in allerkürzester Zeit zu deportieren und zu vernichten.“ 94 Seine „Vernichtungsaktion übertraf alles bisher ‚Geleistete‘ durch die Tötung von über 400 000 Juden in etwa 3 Monaten“. 95 Eine Radiosendung des Mufti vom 20. September 1944 gibt Anlaß zu Spekulationen, inwieweit der Mufti über das ganze Geschehen in Europa tatsächlich informiert war. Laut „The Nation Associates“ richtete er die Frage an die Araber, ob es nicht in ihrer Macht liege, 11 Millionen Juden zurückzuweisen. 96 Da es Anfang des Krieges 17 Millionen Juden auf der Welt gab, vermuten „The Nation Associates“, daß er von der Ermordung der sechs Millionen Juden wußte. Der Verfasser geht eher davon aus, daß sich der Mufti auf das Protokoll der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 bezog, in dem es heißt: „Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht.“ 97 Hierzu ist zu bemerken, daß Hitler selbst stets von der Vernichtung des europäischen Judentums gesprochen hat. Auch wenn man „The Nation Associates“ eine gewisse Objektivität abstreiten kann, gibt der Appell des Mufti an die arabische Welt zu denken. Es mag sein, daß er die genaue Zahl der Ermordeten nicht kannte, aber dafür über die Beschlüsse der Wannseekonferenz bestens informiert war. Um so ungeheuerlicher ist es, daß er alles in seiner Macht Stehende unternahm, die Auswanderung von Juden nach Palästina zu verhindern. Ebensowenig wie Himmler glaubte er noch an den Endsieg. Während Himmler aber hoffte, daß die Einstellung der Judenmorde, die er
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jetzt befürwortete, für seine eigene Rettung vielleicht etwas bewirken könnte, 98 war der Mufti offensichtlich nur daran interessiert, daß die Anzahl der Juden bis Kriegsende weitestgehend reduziert werden sollte. Seine ‚Appelle‘ an die jeweiligen Regierungen erfolgten immer dann, wenn es ihm schien, daß die Maßnahmen gegen die Juden weniger erbarmungslos durchgeführt wurden. Berger meinte: „Es hat sich erneut gezeigt, daß der GroßMufti über einen tadellos funktionierenden Nachrichtenapparat verfügt.“ 99 5.5.1 Die Kontroverse um Eichmann und den Mufti Inwieweit eine engere persönliche Verbindung oder gar Freundschaft zwischen Eichmann und el-Husseini bestand, läßt sich gewiß nicht mehr gänzlich aufklären. Hier gehen die diesbezüglichen Behauptungen zu weit auseinander. Was die Person Eichmanns betrifft, so will der Mufti ihn nicht gekannt haben.100 Eichmann selbst gab bei seinem Verhör in Jerusalem an, daß er el-Husseini anläßlich eines Empfanges lediglich vorgestellt wurde, aber niemals Worte mit ihm gewechselt habe. 101 Allerdings deuten die eidesstattliche Erklärung des slowakischen Architekten Endré Steiner vom 12. Februar 1946, der als Mitglied einer jüdischen Arbeitsgruppe in Bratislawa Besprechungen mit dem SS-Hauptsturmführer Dieter Wisliceny führte, 102 sowie die Zeugenaussage Wislicenys selbst wohl auf eine Zusammenarbeit und mehrfache Treffen zwischen Eichmann und el-Husseini hin. Wisliceny behauptete, daß Eichmann über einen Besuch des Mufti in seinem Büro Ende 1941 oder Anfang 1942 berichtete, wobei el-Husseini angeblich von den Plänen zur „Lösung der europäischen Judenfrage“ beeindruckt gewesen sei. Offenbar war Eichmann vom Mufti „sehr eingenommen“, und es kam zu mehreren Zusammentreffen. 103 „Grundsätzliche, die ‚Judenfrage‘ in Palästina betreffende Fragen scheinen jedoch schon beim ersten Zusammentreffen der beiden geklärt worden zu sein. Denn in der Folge wandte sich el-Husseini bezüglich praktischer Präzisierungen direkt an Eichmanns zuständigen Mitarbeiter. Mindestens eine Unterredung des Mufti mit Sturmbannführer Friedrich Suhr, dem Leiter von IV B 4 b (‚Judenangelegenheiten‘), wurde für die erste Hälfte des Jahres 1942 von dessen Sekretärin bezeugt.“ 104 Laut Wisliceny habe der Mufti Eichmann darüber informiert, „er hätte schon Himmler gebeten und auch schon seine diesbezügliche Zusage, daß ein Beauftragter von Eichmann als sein persönlicher Berater nach Jerusalem kommen würde, wenn er, der Großmufti, nach dem Sieg der Achsenmächte zurückkehre“. 105 Ferner gab Wisliceny zu Protokoll, daß Eichmann ihm diese Stellung anbot, was er aber mit der Bemerkung zurückwies, er lehne derartige „orientalische Abenteuer“ grundsätzlich ab. 106 Von dieser Begegnung wollte Eichmann jedoch nichts wissen. Er leugnete entschieden,
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daß el-Husseini jemals in seinem Dezernat war. 107 Allerdings bestätigte er, daß Begleitpersonen des Mufti sowie drei irakische Majore in den Jahren 1942 oder 1943 informationshalber durch das Reichssicherheitshauptamt gingen. Auch habe ihn ein Vetter („or some other close relative“) 108 des Mufti aufgesucht. Eichmann habe den Befehl bekommen, „ihnen alles zu öffnen, überall Einblick nehmen zu lassen, auch geheime Reichssachen“. 109 Es sei niemals darüber gesprochen worden, daß ein Beauftragter Eichmanns nach Palästina gehen sollte, denn schließlich sei eine der Besuchspersonen im Dezernat „als der zukünftige Heydrich des Nahen Ostens geschildert“ worden.110 Hausner jedoch ist der Ansicht, daß die Verbindung „zwischen den beiden“ seit langer Zeit bestand, und die „persönlichen Beziehungen“ durch den „Neffen des Mufti“ aufrechterhalten wurden. 111 Da der Mufti Kontakte zu den höchsten Nationalsozialisten unterhielt und über einen ausgezeichneten Nachrichtendienst verfügte, ist es ausgeschlossen, daß er nicht genau über Eichmanns Tätigkeiten informiert und erfreut war. „Kill the Jews wherever you find them.“ 112
5.6 Die Aufstellung der muselmanischen SS-Division in Kroatien Nach der Besetzung durch die Nationalsozialisten bot die Situation im Vielvölkerstaat Jugoslawien dem Mufti eine geradezu ideale Gelegenheit, die Deutschen von den Vorteilen seiner Mitarbeit zu überzeugen, zumal sich die bosnischen Muslime mit deutscher Hilfe die Errichtung eines deutschen Protektorats auf dem Territorium Bosnien-Herzegowinas versprachen. Am 25. März 1941 wurde das Land Mitglied des Dreimächtepaktes, aber gleich am nächsten Tag kam es zu einem Putsch, und die neue Regierung verkündete, daß Jugoslawien neutral bleiben würde. Hitler fühlte sich persönlich beleidigt und gab die Weisung zum Einmarsch, der bereits am 6. April begann. 113 Hierbei wurden die Deutschen von den Ungarn unterstützt, die trotz eines Freundschafts- und Nichtangriffspaktes mit Jugoslawien am 10. April einmarschierten. 114 Sieben Tage später kapitulierte die Regierung, und das Land wurde aufgeteilt; doch Guerillastreitkräfte setzten ihren Widerstand fort. Gleich am Tag des Einmarsches wurde unter dem Druck Hitlers und Mussolinis der „Unabhängige Staat Kroatien“ (USK) 115 proklamiert. Ante Pavelic´, der Führer der Ustaschi, 116 wurde zum Staatschef (Poglavnik) ernannt. Bereits am 28. Oktober 1936 hatte er Adolf Hitler als den „größten und besten Sohn“ der nationalsozialistischen Bewegung beschrieben. 117 Bald herrschte in ganz Jugoslawien ein Zustand, den man nur als einen „totalen Partisanenkrieg“ 118 bezeichnen kann. In Kroatien waren sich die Minderheiten in der Bevölkerung einig in ihrer Ablehnung der Ustascha-
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Bewegung als der staatstragenden Einheitspartei und Pavelic´s Bemühungen um eine „Neuordnung“. Im Rahmen der gewaltsamen Umformung des Staates kam es zu „ungezügelten und beispiellosen“ Verfolgungen der Serben. 119 Gleich nach der „Machtergreifung“ gingen die Ustaschi „zur Errichtung von Konzentrationslagern über. Das erste wurde bereits am 29. April – 19 Tage nach der Proklamierung des Staates – gegründet.“ 120 Zum Zweck der „Rekatholisierung“ ergriff die Regierung Pavelic´ „einschneidende Maßnahmen gegen die Ostkirche“, die Juden und den Kommunismus. 121 Im Ustascha-Staat gab es keinen Platz für „fremde Elemente“ wie orthodoxe Serben, Juden und Roma, so daß unverzüglich mit der ethnischen Säuberung begonnen wurde. Nach der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 wurden auch Juden aus dem USK im Rahmen der „Endlösung der jüdischen Frage“ nach Ausschwitz deportiert. Die Tschetniks waren natürlich gegen die Ustaschi, denn sie waren königstreue Serben, die sich die Wiederherstellung des königlichen Jugoslawien – oder eines „Großserbien“ – zum Ziel gesetzt hatten. 122 Außer den Kroaten bekämpften sie auch die Kommunisten, 123 was zuweilen dazu führte, daß sie von den Deutschen unterstützt wurden, obwohl sie „teilweise englandhörig“ 124 eingestellt waren. Die kommunistischen Partisanen unter Tito verfolgten die Tschetniks „mit unversöhnlichem Haß“ und bekämpften gleichzeitig die Kroaten und die deutschen Truppen,125 denn ihr Ziel war die Wiederaufrichtung Jugoslawiens als kommunistischer Staat. Eines hatten die Tschetniks und Titos Partisanen gemeinsam – den Wunsch, das neue Staatsgebilde zu vernichten, 126 das nach der Slowakei der zweite Staat war, „der seine Existenz der ‚Neuordnung Europas‘ verdankte“. 127 Nach der Niederlage im Kaukasus und den damit verbundenen Verlusten waren die Deutschen kaum mehr fähig, Herr der Lage in Jugoslawien zu werden. Besonders in Bosnien drohte Anfang 1943 die Situation außer Kontrolle zu geraten. 128 Die Tatsache, daß Generalfeldmarschall Keitel am 16. Dezember 1942 auf Veranlassung Hitlers den Befehl erteilte, mit äußerster Brutalität gegen Partisanen, einschließlich Frauen und Kinder, vorzugehen, 129 änderte wenig an der Situation. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde es offensichtlich, daß eine zweite lokale Division zusätzlich zu der bereits gebildeten und aus ethnischen Deutschen bestehenden Division „Prinz Eugen“ von erheblichem Nutzen wäre. 130 Überdies lebte eine große Anzahl sunnitischer Muslime 131 in Bosnien und Herzegowina, die – wie der SS bekannt war – die Christen derart haßten, „daß sie sich wohl en masse“ bei der erstbesten Gelegenheit rekrutieren lassen würden, wenn es darum ging, die Partisanen Titos und die Tschetniks zu bekämpfen. 132 Natürlich würde das Anwerben der Muslime eines Umdenkens oder zumindest einer notgedrungenen Änderung in der Rassenpolitik der SS be-
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dürfen: Der rassische ‚Makel‘ müßte verschwinden. 133 In der Not sah Himmler sich gezwungen, die strengen Maßstäbe der Vorkriegsrassenpolitik zu lockern und die Muslime zu den „rassisch wertvollen Völkern Europas“ zu zählen. Ihnen müßte die Chance eingeräumt werden, „durch ihren Einsatz an der Neuordnung Europas mitzukämpfen und mitzuarbeiten, um dadurch ihre zukünftige Lebensberechtigung im Rahmen eines nationalsozialistischen Europas zu beweisen“. 134 Nachdem Hitler am 10. Februar 1943 entschieden hatte, daß die SS-Division „Prinz Eugen“ eine „neue Division aus kroatischen Wehrfähigen aufstellen“ sollte, 135 ging Himmler mit großem Enthusiasmus an die Arbeit, da die Anwerbung von Rekruten für die Waffen-SS in die Zuständigkeit des ihm unterstellten SS-Hauptamts unter Obergruppenführer Gottlob Berger 136 fiel. 137 Bereits am 13. Februar gab Himmler dem Kommandanten der Division „Prinz Eugen“, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Artur Phleps, den Befehl, im bosnisch-herzegowinischen Raum eine Freiwilligen-Gebirgs-Division aufzustellen, die sich ausschließlich aus Bosniaken muselmanischen Glaubens zusammenzusetzen habe. 138 Himmler schwärmte von der „weltanschaulichen Verbundenheit“ zwischen dem Nationalsozialismus und dem Islam. Mit der Bosniaken-Division begann eine neue „Wende in der Geschichte der Waffen-SS: Erstmals wurde jetzt das Prinzip der ‚Rassenreinheit‘ der SS erkennbar aufgegeben“. 139 Aus den Muselmanen wurden „Muselgermanen“. 140 Die „weltanschaulich geistige Erziehung“ der muselmanischen SS-Division wurde mit dem Mufti besprochen, und es wurde mit ihm vereinbart, daß der Nationalsozialismus als völkisch bedingte deutsche Weltanschauung und der Islam als völkisch bedingte arabische Weltanschauung unter Herausstellung der gemeinsamen Feinde (Judentum, Anglo-Amerikanismus, Kommunismus, Freimaurerei, Katholizismus) 141 gelehrt werden sollten. Die Bosniaken sollten „völkischrassisch gesehen zur germanischen Welt, weltanschaulich geistig gesehen“ aber zur arabischen Welt gehören. Durch die Aufstellung einer muselmanischen SS-Division dürfte erstmalig eine Verbindung zwischen Islam und Nationalsozialismus bzw. „zwischen der arabischen und der germanischen Welt auf offener, ehrlicher Grundlage gegeben sein, da diese Division blutsund rassemäßig vom Norden, weltanschaulich geistig dagegen vom Orient gelenkt wird“. 142 Überhaupt war der Mufti für Himmler in dieser ganzen Angelegenheit eine sehr große Hilfe. Anscheinend hatte er keinerlei Bedenken, daß die Werbung unter den bosnischen Muselmanen in Kroatien an sich ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung war. Da die Rekrutierung auch größtenteils zwangsweise durchgeführt wurde, stellte sie zudem ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. 143 Es darf auch nicht
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übersehen werden, daß der Mufti sich an dieser Anwerbung zu einem Zeitpunkt beteiligte, an dem er selber nicht mehr an den Sieg der Achsenmächte glaubte. Mit anderen Worten: Er war von Anfang an bereit, das Leben der Muslime für seine eigenen machtpolitischen Ziele aufs Spiel zu setzen. 144 5.6.1 Der Mufti wirbt moslemische Freiwillige an Gleich zu Beginn kam es zu „leidenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Pavelic´-Regierung“, die der Anwerbung „für eine landeseigene SS-Division“ nur unter dem Vorbehalt zustimmte, „daß es sich um keine rein muselmanische Einheit handeln dürfe und kroatische Organe bei der Rekrutierung eingeschaltet würden“. 145 Am 19. Februar 1943 meldete Phleps, „daß die Pavelic´-Regierung nunmehr mit der Bildung der Division einverstanden sei“, die ihrer Meinung nach den Namen SS-Ustascha-Division tragen sollte. 146 Trotz dieser Zustimmung hatte das Pavelic´-Regime jedoch vor, die Bildung der Division mit aller Macht zu verhindern147 „oder zumindest empfindlich zu verzögern“. 148 Der Verfasser stimmt mit Brockdorff überein, daß einer der Gründe für den heftigen Widerstand Pavelic´s darin lag, daß die SS den Bosniaken die Autonomie versprach, auch wenn sie sich natürlich über deren Realisierung „noch keine Vorstellung machte“. Da Bosnien zu Kroatien gehörte, war zu erwarten, daß sich Pavelic´ gegen die Rekrutierung seiner Untertanen und gegen derartige Versprechungen auflehnen mußte. 149 Himmler war keinesfalls über den Widerstand des Poglavnik erfreut, zumal – abgesehen von seiner hellen Begeisterung für den Islam 150 – auch hierbei ein politischer Grund eine gewisse Rolle gespielt haben dürfte. Denn die Absicht war, die bosnischen Muslime „für die deutsche Sache zu gewinnen, um durch sie auf die Türkei im deutschen Sinne einzuwirken“. 151 Es sollte der ganzen mohammedanischen Welt, „die ja letzten Endes denselben Kampf gegen das Judentum, den Anglo-Amerikanismus und den Bolschewismus führt, wie das Reich, gezeigt werden, daß das Reich […] gewillt ist, […] gemeinsam mit der mohammedanischen Welt diesen Kampf aufzunehmen und durchzuführen“. 152 Es war in der Tat ein glücklicher Zufall, daß von Himmler „für diese Aktion der bedeutendste Vertreter der mohammedanischen Welt – der Großmufti von Palästina – interessiert und eingespannt“ 153 wurde. Mit ihm wurde vereinbart, daß dieser am 30. März 1943 zusammen mit einem Kommando des SS-Hauptamtes 154 eine Reise nach Bosnien antrat, „um dort aufklärend und werbend für die Aufstellung der muselmanischen SS-Division zu wirken und um vor allen Dingen die Widerstände zu beseitigen, die sich innerhalb der muselmanischen Bevölkerung – bedingt durch die derzeitigen Umstände und die militärische Lage – im kroatischen Raum ergeben hatten“. 155 Vor
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der Abreise erklärte Berger dem Mufti, „daß unsere gemeinsame Arbeit nicht nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit, sondern auch aus vollem Herzen von uns unterstützt würde, daß wir aber auf Versprechungen gar nichts geben würden, sondern von 6 Wochen zu 6 Wochen Beweise haben wollten“. 156 El-Husseini unterließ es nicht im Verlauf der Unterhaltung, auf den großen Einfluß hinzuweisen, den er auf die „ganze orientalische Welt an der ganzen Mittelmeerküste“ ausübe. Er würde dies auch äußerlich demonstrieren lassen, „wenn auch große Aufstände im Augenblick aus Mangel an Waffen weder in Palästina noch in Syrien entfesselt werden könnten“. Sollte aber in den nächsten Tagen etwas über Aufstände oder Sabotageakte bekannt werden, so sei dies als die Arbeit des Mufti zu betrachten. Himmler wurde ein genaues, sogenanntes „Minutenprogramm“ über die Reise des Mufti vorgelegt. 157 Allerdings war die kroatische Regierung hinsichtlich der vorgesehenen Reise des Mufti „zuerst durchaus ablehnend“.158 Nach Bergers Anruf beim kroatischen Gesandten in Berlin Budak „änderte sich das aber sehr schnell, so daß […] alles ins Gegenteil verkehrt war“. 159 Der Aufenthalt des Mufti in Kroatien dauerte bis zum 11. April; anschließend hielt er sich vom 12. bis zum 14. April in Wien auf, wo er vom Reichsleiter Baldur von Schirach und vom SS-Gruppenführer Querner betreut wurde. In Wien fanden außerdem Empfänge moslemischer Abordnungen und der arabischen Kolonie statt. 160 Am 15. April traf der Mufti wieder in Berlin ein, wo er Berger am folgenden Tag von seiner Reise berichtete und dringendst um eine Unterredung mit Himmler bat. 161 Berger unterstrich, der Besuch des Mufti habe „in jeder Form auch politisch außerordentlich gut und positiv gewirkt und dürfte ganz wesentlich zu einer Beruhigung in diesem Raum beitragen“. Der Mufti verfüge über „ein ungeheures Ansehen in der mohammedanischen Welt“. 162 Auch Phleps erwähnte, daß der unerwartete Besuch des Mufti zu einem Erfolg wurde, wie ihn die Kroaten nie erwartet haben. Selbstverständlich versuchten die kroatischen Regierungsstellen den Mufti zu „isolieren, ihn von den Moslems der nationalen Partei und den neutralen Moslems fernzuhalten und ihm nur solche Moslems zur Aussprache vorzuführen, die als ausgesprochene Renegaten gelten“. 163 Der als Werbeleiter befohlene SS-Obersturmführer von Krempler, der gemäß den Abmachungen mit der kroatischen Regierung von deren Regierungsmitgliedern hätte unterstützt werden müssen, 164 als die Werbung mit Beginn des Monats April anlief, der aber letzten Endes die Anwerbungsaktion allein durchführen mußte, durchkreuzte die Absichten der Regierung „und gab den Führern der nationalen Moslems Gelegenheit zur vertraulichen Aussprache“ mit dem Mufti, „ohne Anwesenheit von Regierungsorganen oder Spitzeln“. 165
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Vom 1. bis 2. April hielt sich der Mufti in Agram (Zagreb) auf, wo er Besprechungen mit dem Poglavnik sowie dem kroatischen Außenminister, dem italienischen Gesandten in Agram und moslemischen Würdenträgern aus Agram und Umgebung führte. Zu einer Unterredung mit dem deutschen Gesandten Kasche kam es nicht. Er war es, der den italienischen Botschafter über die Anwesenheit des Mufti in Agram informierte. Kasche selbst, der als Fürsprecher der Ustascha galt, 166 nahm zunächst keine Notiz von der Reise des Mufti, „da er von Berlin keine Anweisung erhalten hatte und ihn der Großmufti überhaupt nicht interessieren würde, da es eine Angelegenheit Italiens sei“. 167 Als der Mufti von sich aus Kasche einen Besuch abstatten wollte, wurde er wegen dessen Abwesenheit nicht empfangen. Eine halbe Stunde später allerdings ließ ihm Kasche seine Karte zukommen, was von el-Husseini als eine grobe Unhöflichkeit angesehen wurde. Im Vergleich zu den außerordentlichen Bemühungen aller italienischen Dienststellen wirkte das Verhalten von Kasche „besonders abstoßend“.168 Auf der zweiten Etappe seiner Reise führte der Mufti vom 3. bis 4. April Besprechungen in Banja-Luka mit dem dortigen Großgespan169 und Generalleutnant Eglseer, dem Kommandeur einer deutschen Infanterie-Division, sowie mit moslemischen Führern und Würdenträgern aus der Stadt und ihrer Umgebung. Vom 5. bis 9. April befand sich der Mufti in Sarajewo, wo er eine Reihe von Gesprächen führte, u. a. mit dem Gouverneur und dem Bürgermeister, den Kommandeuren der deutschen Infanterie-Divisionen 361 und 718, dem italienischen Konsul, SS-Obersturmführer Krempler und maßgebenden Führern und Würdenträgern der moslemischen Bewegung aus Sarajewo, Tuzla und Mostar sowie moslemischen Abordnungen aus dem gesamten bosnischen Gebiet, aus der Herzegowina und aus Albanien. 170 Auf seiner Rückreise hielt sich el-Husseini vom 10. bis 11. April in Agram auf, wo er eine längere Unterredung mit dem Poglavnik hatte. Auf dem Flug von Agram nach Sarajewo wurden der Mufti und seine Mitreisenden vom SSHA und RSHA, von zwei Beauftragten der kroatischen Regierung, dem Generalkonsul der italienischen Gesandtschaft in Agram, Castellani, sowie dem Leiter der arabischen Abteilung im italienischen Außenamt Melani begleitet, der eigens zu diesem Zweck aus Rom angereist kam. 171 Laut el-Husseini wurden die Muslime schon unter jugoslawischer Herrschaft unterdrückt und sollten durch alle möglichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten „ausgerottet“ werden, so daß sie den Einmarsch der deutschen Truppen mit Begeisterung begrüßten und sich den deutschen Militärund Zivilbehörden zur Verfügung stellten. Sie „unterwarfen sich allen Anordnungen und Befehlen und lieferten alle Waffen, auch alle Jagdwaffen ab“. Nach dem Abzug der deutschen Truppen seien sie einer Welle des Terrors ausgesetzt worden, der „sowohl von national-kroatisch-katho-
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lischer“ als auch „von serbisch-orthodoxer Seite“ geführt worden sei. Ganze Dörfer seien „ausgerottet und mindestens 100 000 Mohammedaner getötet“ worden. Etwa 240 000 seien flüchtig und 50 % der verbliebenen mohammedanischen Bevölkerung der Hungersnot ausgesetzt. Die Enttäuschung über Deutschland sei „besonders bei den Angehörigen der Bosniaken groß, die als Freiwillige im deutschen Heer gedient und nach Rückkehr Frau und Kinder entweder ermordet oder als Flüchtende aufgefunden haben“. 172 Das Anwerben hatte gewiß einigen Erfolg, entsprach aber nicht den hoch geschraubten Erwartungen. Am 19. April berichtete Phleps, daß aufgrund der letzten Meldungen Kremplers die Zahl 20 000 bis 25 000 bereits aus den Räumen Sarajewo und Tuzla erreicht sein dürfte. 173 Laut el-Husseini standen am 14. April 8 000 Mann zur Verfügung, wovon 6 000 der FreiwilligenLegion des Majors Hadzi Effendic angehörten. 174 Die Angehörigen dieser muselmanischen Miliz hatten einen zweifelhaften Ruf, aber Berger und Krempler hielten „große Stücke“ auf den Major, „der jedoch von Vertretern der Wehrmacht schlichtweg als ‚Räuberhauptmann‘ charakterisiert wurde“. 175 Der Mufti versäumte nicht, Berger darüber zu informieren, daß die deutschen Generäle den begleitenden SS-Führern im Beisein ihrer Offiziere erklärt hatten, der Reichsführer-SS habe ihnen mit der Ermöglichung der Reise einen außergewöhnlichen Dienst erwiesen. 176 Berger war von den Ausführungen el-Husseinis sehr beeindruckt und befürwortete deshalb dessen Empfang bei Himmler. 177 5.6.2 Die Verlegung und Ausbildung der bosnischen SS-Division und die enge Zusammenarbeit zwischen Himmler und dem Mufti Unter dem Eindruck des Besuchs el-Husseinis gelang es, namhafte und „einflußreiche muselmanische Persönlichkeiten“, wie z. B. Hafid Muhamed Pandza aus Sarajewo, „für die SS-Werbung zu gewinnen“. Pandza war ein „führendes Mitglied der obersten bosnisch-muselmanischen kirchlichen Selbstverwaltungskörperschaft (Ulema Mezlis)“ und genoß großes Ansehen unter den Muslimen. 178 Da Pandza als prominenter Werber für die SS auftrat, strömten Tausende von jungen Muselmanen zur SS. 179 Inzwischen verfolgten Himmler und der Mufti die Entwicklung mit wachsender Begeisterung. Obwohl er „jeden Versuch der christlichen Kirchen unterband, auf die Masse der Waffen-SS irgendwelchen Einfluß“ auszuüben, 180 war Himmler in seinem neuen Enthusiasmus für den „heldischeren“ Islam sehr um die Seelsorge der mohammedanischen Soldaten bemüht. 181 Weitestgehende Rücksicht wurde auf die religiösen Vorschriften genommen. 182 Aus einem Schreiben vom 10. Mai 1943 an Himmler geht hervor, daß der Aufstellungsstab der Kroatischen SS-Freiwilligen-Division um die Geneh-
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migung von Planstellen für muselmanische Imame bat. Sämtliche Imame seien von dem Hauptvertrauensmann des Mufti auszuwählen und nur mit dessen Einverständnis einzustellen. 183 Gleichzeitig ging es um Bekleidungsvorschriften für die Imame. Es wurde vorgeschlagen, daß ihr Dienstanzug dem der übrigen Führer der Division gleichen sollte, jedoch ohne Schulterstücke. Als besonderes Ärmelabzeichen wurde ein „Halbmond mit Stern“ 184 in Erwägung gezogen. Bereits drei Tage später kam vom Persönlichen Stab Reichsführer-SS die Mitteilung, daß Himmler grundsätzlich mit den vorgeschlagenen Planstellen einverstanden sei. Die Frage des Ärmelabzeichens bedürfe aber einer Rücksprache mit dem AA. 185 Wie bereits erwähnt, wurde die „weltanschaulich geistige Erziehung“ der muselmanischen SS-Division, die mangels eines offiziellen Divisionsnamens auch als Kroatische SS-Freiwilligen-Division bekannt war, genauestens mit dem Mufti abgestimmt. Es wurde vereinbart, daß diese Erziehung durch die Imame erfolgen sollte und unter einem deutschen Führer in der Abteilung V der Division zusammenzuschließen wäre. Die Imame würden ihre Richtlinien gemeinsam vom Mufti und vom SS-Hauptamt erhalten und würden vorher zu einem Schulungskursus einberufen. Obwohl es angeblich nicht beabsichtigt war, „eine Synthese zwischen Islam und Nationalsozialismus zu finden oder den Muselmanen den Nationalsozialismus aufzuoktruieren“ [sic] sollte die Vertiefung der „weltanschaulich geistigen Erziehung“ durch die Herausgabe eines für diese Division bestimmten Leitheftes gewährleistet werden, „das später evtl. über den Rahmen der Division als politische Kampfschrift für die gesamte mohammedanische Welt ausgeweitet werden kann“. 186 „Angesichts der Wirklichkeit“ erwiesen sich die Fragen der „weltanschaulich geistigen Erziehung“ und Kleidervorschriften für die mohammedanische Einheit und deren Imame, mit denen sich Himmler und der Mufti persönlich befaßten, als „dummschlaue Spielereien“. 187 Denn bald zeigte es sich, daß Phleps keineswegs unrecht mit seiner Vermutung hatte, daß die kroatischen Regierungsstellen „alle möglichen Mittel anwenden, um die Aufstellung zu verhindern oder zumindest empfindlich zu verzögern“. 188 Zunächst lief das Anwerben von muslimischen Freiwilligen zufriedenstellend. „Zu erheblichen Spannungen“ zwischen Agram und Berlin kam es aber, als eine große Anzahl von Muslimen, „die bereits in der kroatischen Wehrmacht dienten, zur SS überliefen“. 189 Plötzlich ging die Zahl der Angeworbenen, die anfangs tatsächlich größtenteils auf freiwilliger Basis, „wenngleich oft unter Vorspiegelung falscher Tatsachen“ erfolgte, 190 erheblich zurück. 191 Himmler kam bald dahinter, daß der Grund des Rückgangs in der Anwerbung „nicht mangelndem Interesse, sondern in dem Widerstand der
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kroatischen Marionettenregierung“ lag, die alle Männer, die sich zur muslimischen Division meldeten, „verhaften oder zur kroatischen Armee einziehen“ ließ. 192 Am 1. Juli schrieb er an den Beauftragten des Reichsführers-SS in Kroatien, Kammerhofer, der auch als Polizeibeauftragter fungierte, und befahl ihm, hart durchzugreifen. Ferner sollte er die Konzentrationslager Nova Gradiska und Jasenovac 193 überprüfen, denn es sei gemeldet worden, daß junge Männer lediglich wegen der Tatsache, daß sie sich zur SS meldeten, in Konzentrationslager überführt worden seien. 194 Er hielt es für angebracht, „die kroatischen Behörden daran zu erinnern, daß sie als Marionetten zu gelten hätten“. Außerdem erwartete Himmler die Meldung „über die volle Aufstellung der Division in Stärke von rund 26 000 Mann bis zum 1. 8. 1943“. 195 Zu diesem Zweck sollte Berger zwei Millionen Reichsmark überweisen, „um die Werbekampagne zu finanzieren“. 196 Kammerhofer machte sich sofort an seine neue Aufgabe. „Obwohl die kroatischen Behörden sich Zeit ließen, gaben sie doch ihre frühere Taktik“ größtenteils auf, „und die Zahl von angeworbenen Moslems stieg […] an. Als dennoch die Freiwilligenmeldungen“ zur Bedarfsdeckung „nicht ausreichten, wurde die Wehrpflicht“ für die „Freiwilligen“-Division eingeführt. 197 Einige Christen aus der Kroatischen Nationalarmee wurden auch „zwangsweise in die Division“ rekrutiert. 198 Pavelic´ zuliebe wurde auch eine kleine Gruppe katholischer Kroaten in die Division aufgenommen, „um den Anschein einer ‚kroatischen‘ SS-Division zu wahren“. 199 Da es klar war, daß die kroatische Regierung keineswegs absolut kooperativ sein würde, kam es zu der Entscheidung, die Division zunächst im Rekrutierungslager Semlin (Zemun), einem Vorort Belgrads, zusammenzufassen, um sie im Juli/August „zur Ausbildung nach Südfrankreich“ zu verlegen, „wo SS-Oberführer Sauberzweig das Divisionskommando“ übernehmen sollte. 200 Der gewählte Standort war Le Puy, das zum rückwärtigen Heeresgebiet Südfrankreich gehörte. Das neue Rekruten-Depot kam nach Mende. 201 Die Enttäuschung unter den Moslems war groß, zumal ihnen anfänglich bei der Rekrutierung versprochen wurde, daß sie in ihrer Heimat stationiert sein sollten. Auch in Sarajewo verursachte diese Verlegung Mißmut, „da immer größere Teile“ des Landes „von den Partisanen beherrscht wurden“. 202 Zahlreiche Moslems suchten sogar Zuflucht bei den vorwiegend christlich-serbischen Partisanen unter Tito, der selbst Kroate war. 203 Andererseits rief die moslemisch-bosnische Freiheitsbewegung unter dem ehemaligen Förderer der SS-Werbung, Pandza, die Bevölkerung zum bewaffneten Selbstschutz gegen die Partisanen und die Ustaschi auf. 204 Die Entscheidung Himmlers, die muselmanische Division nach Südfrankreich zu verlegen, löste wie schon des öfteren auch bei den deutschen
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Nationalsozialisten Unverständnis aus. 205 Am 13. August 1943 berichtete der bevollmächtigte deutsche General in Kroatien, Glaise von Horstenau, in einem Privatbrief: „Recht geringe Neigung besteht bei den Kroaten zur Zeit, den Appetit der SS-Formationen zu stillen. Die Muselmanen – genannt ‚Muselgermanen‘ – gehen nur tropfenweise nach Südfrankreich ab, wo die kroatische SS-Freiwilligen-Division aufgestellt werden soll. Selbst die deutschen Befehlshaber geben zu bedenken, ob es zweckmäßig ist, im gegenwärtigen Zeitpunkt die Muselmanen, die im Gebrauch der Waffe schon etwas bewandert sind, aus dem Lande wegzunehmen. Der Reichsführer SS hat aus ‚gewichtigen politischen Gründen‘ solche Gegenvorstellungen zurückgewiesen.“ 206 Die etwa 20 000 Moslems aus Bosnien-Herzegowina sowie Hunderte von Albanern waren ohnehin sehr gereizt, denn es war sicherlich unklug, daß der neuen Division eine kleine Gruppe von reichsund volksdeutschen Offizieren und Unteroffizieren von der Division „Prinz Eugen“ als Kern zugeteilt wurde. Allein die Herkunft der jugoslawischen Volksdeutschen bedeutete, daß sie den ihnen untergeordneten muslimischen Soldaten gegenüber feindlich gesinnt waren. 207 Die Voraussetzungen für kommende Unruhen waren dadurch schon vorprogrammiert. Himmler schien jedoch die ganze Problematik nicht erkannt zu haben. Nach wie vor machte er sich Gedanken um ganz andere Dinge, wie z. B. die Eidesformel für die kroatischen Muslime, deren Text wie folgt lautete: „Ich schwöre Dir, Adolf Hitler, als Oberstem Befehlshaber der deutschen Wehrmacht Treue und Tapferkeit. Ich gelobe Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten Gehorsam bis in den Tod. Ich schwöre zu Gott dem Allmächtigen, daß ich dem kroatischen Staat und dessen bevollmächtigten Vertreter, dem Poglavnik, stets treu sein und die Verfassung und die Gesetze des kroatischen Staates immer achten werde. So wahr mir Gott helfe.“ 208 Am 22. Juli bat er Berger, beim Mufti nachzufragen, welche Verpflegung der Islam seinen Soldaten vorschreibe. „Wir sind bereit, soweit es irgendwie möglich ist, in der Verpflegung darauf Rücksicht zu nehmen und haben eigens einen Kochlehrgang in der Nähe von Graz eingerichtet.“ 209 Hierzu sollte der Mufti seine Meinung äußern. Himmler war bereit, soweit es überhaupt möglich sei, für die Einhaltung der Vorschriften Sorge zu tragen, oder aber den Mohammedanern die deutsche Truppenverpflegung zu geben. Im letzteren Fall hielt er es jedoch für gut, wenn der Mufti von sich aus offiziell eine Befreiung „der islamischen Soldaten, die bei uns dienen, für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zu der Truppe, von den Speisevorschriften des Islam erlassen würde“. 210 Berger setzte sich unverzüglich mit dem Mufti in Verbindung und konnte Himmler bereits vier Tage später berichten, daß dieser darum bitte, daß die Soldaten der Bosniaken-Division genau so verpflegt werden wie die deut-
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schen Soldaten, ausgenommen Schweinefleisch und Alkohol. Die Erfahrungen im jugoslawischen Heer hätten gezeigt, daß die Bosniaken bei der Truppenverpflegung das Schweinefleisch namentlich im Sommer nie haben vertragen können und „auf den Genuß hin“ oft krank geworden seien. 211 Berger bat darum, daß den zuständigen Hauptämtern der Befehl erteilt werde, für die Bosniaken-Division Schweinefleisch, Alkohol und Wurst, die unter Verwendung von Schweinefleisch hergestellt werde, nicht auszugeben. 212 Himmler räumte den muslimischen Soldaten ihre religiösen Speisevorschriften ein; er unterrichtete das SS-Hauptamt, SS-Führungshauptamt, Kammerhofer und Wagner am 6. August, daß die tapferen Freiwilligen unter gar keinen Umständen auf ihre Privilegien zu verzichten hätten. Im Falle eines Zuwiderhandelns werde der dafür Verantwortliche ohne Ausnahme zur Rechenschaft gezogen werden. Des weiteren verbat sich Himmler die unter den anderen Soldaten beliebten Witze und anzüglichen Bemerkungen über die muslimischen Freiwilligen. 213 Worauf es wirklich ankam, haben weder Himmler noch der Mufti erkannt: Die Moslems fühlten sich unwohl so weit von der Heimat entfernt und aufgrund der Partisanenaktivitäten in Bosnien machten sie sich berechtigterweise Sorgen um ihre Familien. Als die Offensive der Partisanen begann, setzte eine Massenflucht der bosnischen Moslems nach dem Norden ein. Insbesondere waren die Angehörigen von muselmanischen Freiwilligen Opfer der Partisanen. Bald waren über 230 000 Menschen auf der Flucht, „davon allein etwa 210 000 aus dem bosnischen Raum“. 214 Angesichts dieser Entwicklung steigerte sich das Unbehagen der moslemischen Soldaten der SS-Division in Frankreich, die ihre Angehörigen zu Hause fast schutzlos den Partisanen preisgegeben wußten und sie selbst der Willkür ihrer christlichen Vorgesetzten ausgeliefert waren, zur offenen Revolte. 215 In der Nacht vom 16./17. September brach eine Meuterei aus. Ca. 1000 Männer der Division töteten einige ihrer sie ständig schikanierenden Offiziere und Unteroffiziere. Der Aufstand wurde jedoch schnell unter Kontrolle gebracht, als andere bosnische Abteilungen einrückten. 216 Die Aufständischen wurden übermannt, und in diesem Kampf fielen 15 „Mujos“ 217 mit ihrem Anführer. Ein großer Teil wurde gefangengenommen und hauptsächlich zu Gefängnisstrafen verurteilt. Todesurteile, sofern sie ausgesprochen wurden, mußten Himmler zur Genehmigung vorgelegt werden. 218 Jedes Bataillon hatte einen eigenen Imam, und diese Geistlichen versuchten, ihren Einfluß zur Beruhigung der Situation auszuüben. Bender und Taylor berichten, daß der Mufti die Division besuchte, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. 219 Im September/Oktober wurde die Division zur Beendigung ihrer Ausbildung nach Neuhammer in Schlesien verlegt, wo die einzelnen Einheiten im
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November vom Mufti und Himmler besichtigt wurden. Bei diesem Anlaß erhielt die Division von Himmler die Bezeichnung „SS-Freiwilligen-b.h.Gebirgs-Division“ (13. SS-Division). 220 An dieser Besichtigung nahmen außerdem „führende Persönlichkeiten“ der Mohammedaner aus Bosnien, Herzegowina und Albanien teil. Von seiten der muslimischen Bevölkerung im Südostraum, so hieß es, „wird nunmehr sehnsüchtig der Einsatz der Division erwartet, da man hierdurch die endgültige Befreiung des Landes von den Banden erhofft, um darüber hinaus auch dem Reich ein Land zur Verfügung zu stellen, dessen Bevölkerung sich restlos mit diesem sowohl aus weltanschaulichen wie auch historisch-traditionellen Gründen verbunden fühlt. Für die übrige mohammedanische Welt wird diese muselmanische SS-Division Beispiel und Fanal sein zum Kampf gegen die gemeinsamen Feinde des Nationalsozialismus und des Islam.“ 221 Es scheint, daß Himmler dem Aufstand in Frankreich keine allzu große Bedeutung beimaß, denn gleich nach der Besichtigung der Division widmete er seine besondere Aufmerksamkeit der Frage der richtigen Feze. Am 16. November schrieb er an den Chef des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes, SS-Obergruppenführer Pohl, die für die Bosniaken gelieferten Feze hätten fälschlich die Form und Farbe der Marokkaner-Feze und „müßten umgefärbt und etwas abgeschnitten werden“; denn „diese Äußerlichkeiten bedeuten für die Festigung der Division ungeheuer viel“. 222 Dies war anscheinend nicht Himmlers einzige Sorge: In einer Notiz vom 24. November wies er darauf hin, daß in der Bosniaken-Division Muselmanen für zwei Musikkorps vorhanden seien, ebenso die Männer für zwei Spielmannszüge. Deshalb bat er dringend, die erforderlichen Musikinstrumente, „sowohl Trommeln wie Pfeifen“ zu besorgen. Diese Notiz ist zusätzlich mit einer Anmerkung versehen, daß bei Schwierigkeiten in der Beschaffung die Bitte an Goebbels um die Stiftung der Instrumente herangetragen werden könne. 223 Auch der Mufti hatte eine Bitte an den Reichspropagandaminister. Allerdings wandte er sich zunächst an Berger, der wiederum die Unterstützung Himmlers einholen sollte. Das Anliegen des Mufti bestand darin, daß „innerhalb des Reiches ein Sender (Geheimsender) für die gesamte mohammedanische Welt eingerichtet wird, um von hier aus eine intensive Propaganda nach den einzelnen mohammedanischen Gebieten hin zu betreiben“. 224 Der Mufti selbst würde die entsprechenden Mitarbeiter zu den einzelnen Ländern abstellen. Berger teilte Himmler mit, er werde diesen Gedanken an SS-Brigadeführer Dr. Naumann im Propagandaministerium herantragen, damit er Goebbels die Angelegenheit vortrage. 225 Zur gleichen Zeit bat der Mufti „doch zu veranlassen, daß alle ehemals im bosnisch-herzegowinischen Raum eingesetzten K. u. K.-Beamten – ganz
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gleichgültig wie alt sie sind – dort wieder eingesetzt werden“, da „das Vertrauen der Mohammedaner zu ihnen ein unbegrenztes sei“. 226 Mit dieser Bitte verfolgte der Mufti ein bestimmtes Ziel: Die Verhinderung einer Annäherung zwischen den Deutschen und den Tschetniks, die „in letzter Zeit teilweise von deutscher Seite unterstützt und mit Waffen beliefert“ wurden. 227 Die Deutschen wußten selbst, ihre Verbände „kämpfen in Anbetracht der Lage einen aussichtslosen Kampf. In der Gesamtsteuerung ist keinerlei politische Linie zu erkennen.“ 228 Trotz dieser Situation hatte der Mufti keinerlei Bedenken hinsichtlich eines geplanten Einsatzes der bosnischen SS-Freiwilligen-Division. Ihm ging es primär darum, die Macht der den Mohammedanern feindlich gesinnten Tschetniks einzuschränken, indem durch eine Wiedereinsetzung der k. und k.-Beamten der Status quo ante zumindest teilweise wiederhergestellt würde. Er brachte Berger gegenüber zum Ausdruck, daß zwischen der Wehrmacht und dem „Bandenführer General Mihailovicˇ 229 zur Zeit Waffenstillstandsverhandlungen schweben. Das Gebiet, welches zur Erörterung steht, umfaßt den Sandzak, also auch große mohammedanische Gebiete. Es ist anzunehmen, daß […] der Sandzak den Serben zugesprochen werden soll. Der Sandzak nimmt eine gewisse Schlüsselstellung als Korridor zwischen den mohammedanischen Gebieten in Bosnien, Herzegowina und Albanien einerseits und den katholischen bzw. orthodoxen Gebieten in Serbien und Montenegro andererseits ein. Der Sandzak stellte schon zur Türkenzeit die Verbindung der mohammedanischen Welt zwischen Bosnien und der Türkei über Bulgarien dar (Korridor) und wurde auch schon unter der alten K. u. K.-Regierung mit besonderer Sorgfalt bearbeitet.“ 230 Der Vorwurf des Mufti hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen den Deutschen und den Tschetniks war nicht unbegründet. Nach der endgültigen Niederlage in Stalingrad Anfang 1943 folgte im September die Kapitulation Italiens. Es fehlte den Deutschen an Truppen, und sie nahmen jede Hilfeleistung an – ganz gleich von welcher Seite sie auch immer kam. Die kroatische Wehrmacht, die Domobranen, wurde teilweise von den Deutschen ausgerüstet, „besaßen aber nur einen geringen Kampfwert,“ während die kroatische Parteitruppe Ustascha, die sich als kroatische SS bezeichnete, als „schlecht ausgebildet“ und „kampfmäßig teilweise unzuverlässig“ galt. 231 Die Tschetniks dagegen machten keinen Hehl daraus, daß sie bei einer anglo-amerikanischen Landung auf Seiten der Alliierten stehen würden. Als serbische Nationalisten kämpften sie „je nachdem einmal gegen uns, einmal gegen die Ustaschas, Domobranen oder Partisanen“. 232 Trotz verschiedener politischer Zielrichtungen war allen drei Gruppierungen der Kampf gegen die Partisanen gemeinsam, so daß auch die Tschetniks, sei es nur vorübergehend, als potentielle Partner der Deutschen galten, zumal die
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Alliierten ihre anfängliche Unterstützung der Tschetniks zugunsten der Partisanen Titos aufgegeben hatten. 233 Daß die Deutschen unter diesen Umständen weniger Rücksicht auf die Mohammedaner nehmen konnten, die „im allgemeinen von Cetniks und Ustaschas bekämpft wurden“, 234 lag wohl nah. Immerhin zeigte Himmler Verständnis für das Elend der Moslems: Er befahl deshalb eine Sammlung unter der 13. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division „zur Behebung der Not der muselmanischen Bevölkerung im bosnischen Raum“. 235 Der Mufti war außerordentlich erfreut über den Erlös in Höhe von 88 590,74 RM, zumal weitere 35 000 RM vom SS-Sonderregiment Dirlewanger, das drei Monate lang auf die Frontzulage verzichtet hatte, dazukamen. 236 In Anbetracht dessen, daß noch im Juli 1943 Himmler 2 000 000 RM für den Aufbau der Bosniaken-Division zur Verfügung gestellt hatte 237 und die Lage der muselmanischen Bevölkerung im bosnischen Raum durch die Verlegung der Division nach Frankreich und die damit verbundene Schutzlosigkeit vieler Familien verschlimmert wurde, besaßen derartige „befohlene Sammlungen“ einen eher peinlichen Charakter, was aber dem Mufti anscheinend gänzlich entging. Er ließ Himmler seinen herzlichsten Dank für die Spende aussprechen und teilte Berger mit, er beabsichtige, der muselmanischen Organisation „Merhamed“ in Sarajevo den Gesamtbetrag zur Verteilung an die bosnische Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, und zwar in dem Augenblick, wo die Division in Bosnien einrücke. Am 21. Januar suchte der Mufti Berger erneut auf und trug ihm seine Vorstellungen für einen erfolgreichen Einsatz der bosnischen SS-Freiwilligen-Division in Bosnien vor. Er brachte nunmehr zum Ausdruck, daß ein Teil der von der Division gesammelten Gelder als „Fürsorge und Hilfeleistung“ für die unschuldig Geschädigten ausgegeben werden sollte. 238 Ebenfalls nannte er konkrete Erfordernisse für einen erfolgreichen Einsatz der Division zum Schutz der islamischen Bevölkerung, zur Herstellung von Ruhe und Ordnung im bosnischen Raum und darüber hinaus für einen weiteren Kampfeinsatz. Zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung sowie zum Schutz der islamischen Bevölkerung sollte die Verwaltung des Landes so geplant und aufgebaut werden, daß eine „entschlossene Führung“ der gesamten Bevölkerung möglich sei. Auch die deutschen Behörden in Bosnien sollten eine „einheitliche Richtung“ verfolgen. Alle Maßnahmen, wie Verschleppung, Beschlagnahme von Gütern sowie Hinrichtungen, sollen nur über eine „gesetzmäßige Gerichtsbarkeit“ durchgeführt werden. Ein besonderer Befehl des Oberbefehlshabers der Südost-Armeen sollte den Schutz der islamischen Bevölkerung gewährleisten; dies wäre durch einen entsprechenden Befehl Himmlers zu festigen. Den Ustaschi und Tschetniks sollte es ver-
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boten werden, die muslimische Bevölkerung zu überfallen. Auch der „Zügellosigkeit“ der Kosaken, die „zwischen Freund und Feind nicht unterscheiden und insbesondere die moslemischen Familien durch Belästigungen, Ehrverletzungen und Geiselforderungen bedrohen“, sei eine Grenze zu setzen. 239 Der Mufti unterstrich, daß nach seiner eigenen Überzeugung und nach der Meinung der Imame der Division und der führenden Persönlichkeiten Bosniens die Durchführung dieser Vorschläge einen großen Erfolg bringen und dazu beitragen würde, einen großen Teil der Aufständischen „zur Vernunft zu bringen und vor allem die Moslime [sic], die durch die Verfolgung der Cetnik zu den Partisanen übergegangen sind, zu gewinnen“. 240 Diese Verbände, die ca. 10 000 Mann zählen, könnten dann die Division unterstützen und würden sich ihr anschließen. 241 Erst Ende Februar 1944 wurde die muselmanische SS-Division nach Bosnien zurückverlegt. 242 5.6.3 Die moslemische SS-Division in Bosnien Im Anschluß an die im Winter 1943/44 durchgeführte deutsche Großoffensive (Unternehmen „Kugelblitz“) zur „Säuberung“ Ostbosniens wurde die muselmanische SS-Division herangezogen. „Anläßlich des Überschreitens der Save“ erhielt jeder Angehörige der Division zur Feier des Ereignisses „ein Bild Hitlers ausgehändigt“. 243 „Die Teile der Division wurden nun im nördlichen Bosnien gegen die Partisanen Titos eingesetzt, mit dem Divisions-Stabsquartier in und um Brcˇko an der Save,“ 244 wo sie „alles niedermachten, was nicht den Fez trug,“ so daß selbst Muslime vor ihren Greueltaten flohen und sich den Partisanen anschlossen. Nach dem Eintreffen der Division in Bosnien inszenierte sie zunächst eine gezielte Propaganda, um muselmanische Partisanen von Tito abzuziehen. „Einzelne Fälle des Übertritts, so des Partisanenführers Halid Komic, der von August 1943 bis Anfang 1944 auf Seiten Titos kämpfte, zuletzt als Kommandeur der 8. Grenzer-Brigade, und danach zur SS-Division übertrat, wurden dabei propagandistisch besonders ausgewertet“. 245 Aber alle „die an den Einsatz der Division geknüpften Hoffnungen auf eine dauerhafte Sicherung des Gebietes Ostbosniens und die Erwartung, daß es gelingen würde, hier den größten Teil der Muselmanen von Tito abzuziehen, erfüllten sich nur in begrenztem Maße und lediglich für die folgenden fünf bis sechs Monate.“ 246 Am 12. März 1944 begann der Vormarsch der Division aus der Umgebung von Vinkovci. Die Bewegung wurde in zwei Kolonnen durchgeführt – eine Kolonne über Brcˇko auf Celik, die andere über Sremske Race auf Bijeljina. „Vorher aber wurde die ganze Div. bei einer Säuberungsaktion um Morovice in Srem verwendet, wo im Rahmen dieser Aktion durch die Zerstörung des Staudammes der Bosut dieses ganze Gebiet überschwemmt
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wurde. Es wurde angenommen, daß sich hier eine Base der NOV (Volksbefreiungs-Armee) befindet, von wo aus die Truppen auf Majevica bis Tuzla verteilt wurden.“ 247 In dieser Zeit hatte die Division „kleine Geplänkel mit Titos Partisanen und zeichnete sich dabei hauptsächlich durch die zahlreichen von ihr begangenen Greuel aus“. 248 Von April bis Oktober 1944 „unterstand das ca. 60 mal 100 Kilometer umfassende Gebiet zwischen Save, Drina, Spreca und Bosna, das von der muselmanischen Division ‚Handschar‘ in Besitz genommen war, faktisch der Territorialherrschaft der SS und war der Exekutive der Pavelic´-Regierung nahezu völlig entzogen“. Mit der gesamten Verwaltung und „wirtschaftlichen Ausnutzung des Landes zugunsten der Division ‚Handschar‘ und der stationierten deutschen SSund Polizeiorgane wurde in diesem Gebiet auf Befehl Himmlers vom 17. April 1944 ein sogenannter ‚SS- und Polizei-Organisationsstab‘ unter SSBrigadeführer Jürgen Wagner beauftragt. Während das Hauptgebiet der muselmanischen Bevölkerung in Südbosnien weiterhin zum größten Teil von den Partisanen beherrscht blieb, fungierten im Nordosten Bosniens deutsche und muselmanische SS-Angehörige gleichsam als Besatzungstruppe gegenüber einer mehrheitlich pravo-slawischen [orthodoxen] oder katholischen Bevölkerung.“ 249 Noch im Januar hatte Himmler seine Muselmanen-Division vor Goebbels und anderen führenden Leuten des Propagandaministeriums als „total kirchlich“ bezeichnet. „Jedes Bataillon hätte seinen ‚Imam‘ und jedes Regiment seinen ‚Mullah‘.“ 250 Unter dem religiösen Aspekt sollte es auch ein Ziel der Division sein, die ganze mohammedanische Bevölkerung in Bosnien umzuerziehen und ihr die Moral zurückzugeben. Zunächst war natürlich die Umerziehung der Soldaten erforderlich, was mittels einer religiösfatalistischen Grundlage durchgeführt wurde. Als Umschulungslehrer und Vorkämpfer galten „junge Muftis“, die ihre Erziehung in einer speziellen Schule erhielten, die von el-Hussseini in Berlin gegründet wurde. 251 In Anlehnung an diese Mullah-Schulen der Bosniaken war el-Husseini an der Gründung einer Mullah-Schule sowohl für die Zwecke der Wehrmacht als auch für die der Waffen-SS beteiligt. 252 Jede „Elementareinheit“ bekam einen Mullah zugeteilt, der „neben der religiösen Erziehung auch als Vorbild und als vorbildlicher Kämpfer zur Fanatisierung der Soldaten […] auf fatalistischer Grundlage“ diente. 253 Die ganze Umschulung hatte zum Endziel die Rückkehr des Islam und darüber hinaus den Kampf zur Befreiung aller Mohammedaner, insbesondere der im Nahen Osten. Es hieß, daß die Bosniaken-Division nirgendwo anders als in Bosnien zum Einsatz kommen würde, solange in Bosnien die Ordnung nicht ganz hergestellt sei. Erst danach könne die Einheit an anderer Stelle eingesetzt werden. 254 Im Einklang mit der Erkenntnis des Mufti, daß der Panislamismus als
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politische Idee unwirksam geworden sei, wurde mehr Gewicht auf den Nationalismus und die „sozialen Tendenzen des Islam“ 255 gelegt. Die Parole der Division lautete „Bosnien den Bosniaken“, und es galt als Voraussetzung, daß sich die Bosniaken, in dem Moment, wo diese Division bosnischen Boden beträte, erheben, Freiwillige zur Gründung einer neuen Division stellen und die Abtrennung von Kroatien fordern würden.256 Tatsächlich wurde jetzt mehr Wert auf Propaganda gelegt; ein Lehrplan für sogenannte Einsatzredner wurde aufgestellt 257 und eine Dienstanweisung für die Imame herausgegeben. 258 Die Erziehung des Imam sei im Sinne der Vereinbarung zwischen dem SS-Hauptamt und dem Mufti durchzuführen, und es wurde klargestellt, daß es die erste Pflicht des Imams sei, den Kompanieführer, der für den „Geist und die Haltung der Truppe“ verantwortlich sei, weitestgehend zu unterstützen. 259 Alle Imame als „Treuhänder des Islam in der Division“ hätten die Pflicht, auf das engste mit ihren Kommandeuren zusammenzuarbeiten, sie rechtzeitig von religiösen Feiern in Kenntnis zu setzten und zu ihren Diensthandlungen das Einverständnis ihres Kommandeurs einzuholen. Darüber hinaus habe der Imam bei der Durchführung aller Maßnahmen mitzuwirken, die geeignet seien, das „körperliche und seelische Wohlergehen und damit die Leistungsfähigkeit und die Kampfkraft der Truppe zu sichern und zu steigern. […] Der Imam soll deshalb auch der Truppe in das Gefecht folgen und durch rücksichtslosen Einsatz seiner Person mitreißend und anfeuernd wirken. Wenn es die Lage erfordert, muß er auch bereit sein, im Rahmen seines Könnens die Führung einer Gruppe oder eines Zuges zu übernehmen.“ 260 Das Ansehen des Mufti war in der Division groß, so daß der Poglavnik, der die Separatistenbewegung mit äußerstem Unmut betrachtete, es auch als kränkend empfand, daß in den Amtsräumen der Division zwar Bilder des Mufti, aber nicht des kroatischen Staatschefs zu finden seien. 261 In seinem Drang zur Kollaboration mit den Nationalsozialisten mißbrauchte der Mufti dieses Ansehen: Ihm ging es nicht nur darum, daß die Imame im Namen der Religion und im Kampf gegen die gemeinsamen Feinde so umgeschult werden sollten, daß sie bereit wären, das Leben der Soldaten für eine Sache aufs Spiel zu setzen, an die der Mufti selbst nicht mehr glaubte; auch die politische und weltanschauliche Erziehung sollte modifiziert werden. Zu diesem Zweck wurde ihre militärische Ausbildung und ideologische Indoktrinierung in hermetischer Abgeschlossenheit ausgeführt. Diese Ausbildung unterstand der Aufsicht des Mufti, der das Militärlager in Potsdam oft besuchte. Später wurde auch ein kleines Hotel in der brandenburgischen Kreisstadt Guben in ein Imamen-Institut umgewandelt, und gleich bei der Eröffnung am 21. April 1944 wies der Mufti auf die Pflicht zur Vertiefung und Stärkung der Zusammenarbeit mit Großdeutschland hin. 262
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Aus einem Tätigkeitsbericht der Abteilung VI der 13. SS-Division vom 4. April 1944 geht hervor, daß es sich aufgrund der Vereinbarung zwischen dem SS-Hauptamt und dem Mufti als notwendig erwiesen habe, den Schwerpunkt von der weltanschaulichen auf die politische Erziehung zu verlagern. Unter anderem sollte zu diesem Zweck auch die Divisionszeitung „Handzar“ in verändertem Format und Stil erscheinen, wobei auch hier auf die politische Ausrichtung besonderer Nachdruck gelegt werden sollte. Zur Unterstützung der propagandistischen Bemühungen wurde in Brcˇko, Vinkovci und Bijeljina „eine geschmackvolle Schaufensterpropaganda betrieben“. 263 Ferner wurde ein Leitwort für die Division geprägt: „Handzar schlag zu – zum Schutze der Heimat“ /„Hand’zaru udaraj – za spas domovine.“ 264 Zu der revidierten politischen Bildung gehörte auch, daß mit der Person Hitlers ein Kult getrieben wurde. Hierzu mußte eine Anzahl von vorgegebenen Fragen und Antworten auswendig gelernt werden. Zu den „größten bisherigen geschichtlichen Verdiensten“ Hitlers 265 zählte demnach: „Er rettete sein Volk vom Untergang und beseitigte die Feinde wie aus dem Lande so auch von den Grenzen des Landes. Außerdem baute er viele Auto-Straßen und verschiedene Gebäude.“ 266 Der Ausbau der 13. SS-Division spielte auch in der Politik der Nationalsozialisten in Bosnien eine wichtige Rolle. In flagranter Mißachtung der Souveränität des „Unabhängigen Staates Kroatien“ wurde beschlossen, daß alle muselmanischen Männer Bosniens zwangsrekrutiert werden, bevor die SS ihren militärischen Rückzug aus Bosnien antrete. Ohne Rücksicht auf ihre Tauglichkeit unterlagen sämtliche Männer Bosniens „der Jahrgänge 1894 und jünger“ der Dienstpflicht. „Zunächst werden alle muselmanischen Männer erfaßt.“ 267 Die Regierung in Agram stand den Ausschreitungen der SS-Division völlig machtlos gegenüber. Am 11. April protestierte sie in Berlin, was von Ribbentrop als unverschämte Anmaßung bezeichnet wurde. Seines Erachtens habe ein Staat, „der seine Existenz ausschließlich den Taten der deutschen Wehrmacht und dem Bluteinsatz des deutschen Volkes verdankt“, 268 gegenüber der Reichsregierung überhaupt keine Proteste zu erheben oder Forderungen zu stellen. Bezeichnend für die Menschenverachtung der Nationalsozialisten war der Vorschlag von SS-Standartenführer Bayer, der für die weltanschauliche Schulung im V. SS-Gebirgskorps zuständig war. Demnach sollte die gesamte männliche Bevölkerung des „Unabhängigen Staates Kroatien“ zwischen 12 und 70 Jahren einer „Herausziehung“ unterzogen werden. Dies bedeutete, daß der größte Teil dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden sollte, während ein kleiner Teil sich freiwillig zur SS melden könnte. Durch diese Maßnahmen würden mindestens 25 000 Mann für die SS gewonnen werden. 269 „Jeder Mann jedoch, der noch nicht erfaßt ist und sich
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nicht sofort meldet, wird als Partisan an die Wand gestellt.“ 270 Dieser Vorschlag, der als eine „das deutsche Blut sparende Maßnahme“ und „Warnung für alle unter deutscher Schirmherrschaft stehenden Gebiete“ gedacht war, „stieß in Berlin auf Ablehnung“, aber es war – wie Sundhaußen richtig erkennt – „ein typisches Produkt jenes fanatischen nationalsozialistischen Ethos der Waffen-SS, dem viele Angehörige, ob sie freiwillig gekommen waren oder nicht, infolge der intensiven weltanschaulichen Schulung schließlich erlagen“. 271 Der kroatische Gesandte Kosak besuchte Unterstaatssekretär Hencke am 30. Juni 1944 in Berlin, 272 um die Gesamtsituation zu besprechen. Er räumte ein, „daß viele Unzuträglichkeiten auf kroatisches Verschulden“ zurückzuführen seien; er wolle aber gemeinsam mit den Deutschen nach Möglichkeiten suchen, die „für die kroatische Regierung außerordentlich belastende Situation“ zu verbessern. „Auf kroatischem Gebiet an der serbischen Grenze habe die SS-Division praktisch die Zivilverwaltung übernommen und Anordnungen erlassen, die jede Rücksicht auf die kroatische Souveränität vermissen ließen.“ Sie habe sogar jeden Kontakt mit den kroatischen Behörden abgelehnt. „Der Eingriff in die Verwaltung gehe so weit, daß die Dorfältesten von der SS-Division ernannt würden und einen SS-Eid leisten müßten.“ 273 Politisch „betreibe die SS-Division offen Propaganda für die Autonomie Bosniens und der Herzegowina“. Der Gesandte Kosak glaubte, daß „Kroatien dem Reich nützlicher sein könnte, wenn die Autorität seiner Regierung gestärkt und separatistische Tendenzen nicht gefördert würden“. Er war der Meinung, daß „die Massen der Mohammedaner gute Kroaten seien und auch lieber in kroatischen Truppenteilen als in Verbänden der Waffen-SS Dienst tun würden“. Hencke meinte hierzu, er sei über diese Vorgänge nicht unterrichtet, wisse aber, daß die kroatische Regierung nicht in der Lage sei, normale Verhältnisse im eigenen Land zu schaffen, so daß deutsche Truppen und von den Deutschen aufgestellte SSVerbände die wichtigsten Kampfaufgaben haben übernehmen müssen. Überall dort, wo gekämpft werde, spreche der Soldat das erste Wort, und alle Fragen der Verwaltung müßten sich den militärischen Bedürfnissen unterordnen.274 Inzwischen wurde die Lage im ganzen Land immer kritischer. Anläßlich seines Besuchs bei Hitler am 18. September 1944 gab der Poglavnik zu verstehen, daß die kroatische Regierung zwei Feinde habe: die Partisanen unter Marschall Tito und die Tschetniks. 275 Er bat mit aller Dringlichkeit um Waffen für die Ustaschi und betonte, daß Hitler seiner Ansicht nach allen militärischen Stellen die Weisung erteilen sollte, die Tschetniks in keiner Weise mehr zu unterstützen und sie womöglich gar zu entwaffnen. Darauf erwiderte Hitler, daß er angesichts der Kriegssituation in Deutschland auf
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dem Gebiet der Munitionierung „gewisse Fronten sehr kurz halten müsse, um an den entscheidenden Punkten genügend versorgt zu sein“. Es sei absolut notwendig, die Westfront zu halten, vor allem die Ruhr und das Saargebiet, wo „ein wesentlicher Teil der Rüstungsindustrie konzentriert sei“. 276 Pavelic´ versicherte Hitler, daß trotz aller Schwierigkeiten die Stimmung im kroatischen Volk absolut positiv sei. „Der Glaube an den Sieg sei nicht verschwunden, sondern höchstens bei den ‚Intelligenzlern‘ erschüttert.“ 277 Der Poglavnik bezeichnete die Frage der Tschetniks als eine psychologisch-politische. „Besonders bei den kroatischen Moslems bestünde keinerlei Verständnis dafür“, daß die Tschetniks, die beim „Eintreffen der Russen sofort gegen die Deutschen kämpfen würden“, in einigen Fällen durch die deutsche Wehrmacht unterstützt würden. Sie erhielten „in Banja Luka immer noch Wehrmachtsverpflegung und an anderen Stellen auch Waffen“. Auch der Mufti mißbilligte jegliche Hilfe, die die Tschetniks von den Deutschen erhielten. Er informierte Berger darüber, daß SS-Gruppenführer Sauberzweig ihn aufgesucht und mit ihm die „ganzen Fragen der 13. B. H. Division“ 278 besprochen habe. Insbesondere habe Sauberzweig elHusseini, der in der kommenden Woche zur Division fahren und zu den Imamen und dem Offizierkorps sprechen werde, darauf hingewiesen, daß durch die starke Munitionierung der Tschetniks viel von dem Vertrauen der Moslems verlorengegangen sei. Es ging el-Husseini darum, erneut auf das „Parallellaufen“ der Ideale der Muslime und der Deutschen hinzuweisen. Die Berührungspunkte der beiden Weltanschauungen seien die folgenden: „Monotheismus – Einheit der Führung. Die ordnende Macht – Gehorsam und Disziplin. Der Kampf. Die Gemeinschaft. Familie und Nachwuchs. Verhältnis zu den Juden – ‚In der Bekämpfung des Judentums nähern sich der Islam und der N.S. einander sehr‘. Verherrlichung der Arbeit und des Schaffens.“ 279 Wie immer betonte der Mufti, daß „ein Sieg der Verbündeten ein Sieg des Judentums und damit eine große Gefahr für die Muslime und den Islam überhaupt mit sich bringen würde. […] Eine aufrichtige Zusammenarbeit der 400 Millionen Muslime mit ihren wahren Freunden, den Deutschen, kann auf die Entwicklung des Krieges von großem Einfluß sein und ist für beide Teile sehr nützlich.“ 280 Aus dem Gespräch mit Berger, über dessen Inhalt Hitler informiert wurde, geht hervor, daß Palästina und die Judenfrage für den Mufti höchste Priorität hatten. Obwohl es offensichtlich war, daß es keine Kriegswende mehr zu Deutschlands Gunsten geben würde, zeigte er sich noch immer zur Kollaboration bereit. Für ihn war es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß möglichst viele Juden vor dem endgültigen Zusammenbruch des Dritten Reiches getötet werden sollten. Aus diesem Grund blieb er in ständigem
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Briefverkehr auch mit Ribbentrop und forderte, daß jegliche Auswanderungsaktionen der Juden zu vereiteln wären. Unter gar keinen Umständen dürften Juden aus dem Machtbereich der Nationalsozialisten nach Palästina gelangen, denn sie wären, wie er meinte, in Polen besser aufgehoben. Wieder einmal spielte Palästina die Hauptrolle in seinem politischen Kalkül, und er äußerte sich Berger gegenüber erfreut, „daß sein langjähriger Wunsch, einen Stoßtrupp nach Palästina“ zu entsenden, „nunmehr in Erfüllung gehe“. 281 Mit der Rekrutierung der moslemischen Freiwilligen für die SS-Division „Handschar“ hatte der Mufti auf jeden Fall weitaus mehr Erfolg als seinerzeit mit der DAL. Berger beschrieb den Einfluß des Mufti auf die mohammedanischen Freiwilligen als „überragend“. 282 Einen ähnlichen Erfolg konnte der Mufti mit der Gründung einer arabischen Brigade als unabhängige arabische Einheit allerdings nicht erzielen. Die Idee kam durch die Erklärung Churchills am 28. September 1944 im britischen Unterhaus zustande, daß eine jüdische Brigade gebildet werde. Daraufhin wandte sich der Mufti an Himmler mit dem Vorschlag, als Antwort darauf eine arabischislamische Armee in Deutschland zu gründen, die von den Deutschen auszubilden und zu bewaffnen sei. Diesem Wunsch entsprechend wurde die Gründung der Arabischen Brigade am 2. November 1944, dem Jahrestag der Balfour-Deklaration, bekanntgegeben. 283 Aber trotz wiederholter Radioappelle el-Husseinis blieb der Erfolg aus: Die Rekrutierung war unwesentlich. 284 Im Verlauf des Jahres 1944 organisierte die SS jedoch zwei weitere moslemische Verbände – „Skanderbeg“ (alban. Nr. 1) und „Kama“ (kroat. Nr. 2) – nach dem Muster der Division „Handschar“. 285 Der große Rückzug der deutschen Truppen aus dem Südosten Europas begann im Herbst 1944. Da Himmler sich dessen völlig bewußt war, daß die moslemischen Soldaten selbst „in guten Zeiten nicht zu den diszipliniertesten und zuverlässigsten Kämpfern gehörten“ und sie darüber hinaus nur ungern ihre Heimat verlassen wollten, wurde die Division „Handschar“ endgültig aufgelöst. 286 Nach dem „Abzug der letzten deutschen Truppen aus Bosnien brach ein Strafgericht über die Bevölkerung herein. […] Besonders grausam gingen die Tito-Partisanen mit den Angehörigen der muselmanischen SS-Freiwilligen um“. Sie galten als Kollaborateure der Nationalsozialisten, und so fielen gerade sie zum größten Teil der serbischen Nachkriegsvergeltungspolitik zum Opfer. 287 Tito verlangte nach dem Krieg, daß eine Anzahl von Muslimen und deren deutsche Offiziere und Unteroffiziere an Jugoslawien wegen Kriegsverbrechen auszuliefern seien. Aus einem unbestätigten Bericht geht hervor, daß „Handschar“-Soldaten an Tito übergeben und hingerichtet wurden. 288 Auch el-Husseini wurde von Jugoslawien wegen der ihm zur Last gelegten Kriegsverbrechen beschul-
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digt. Er sei derjenige gewesen, der die moslemische SS-Division in Bosnien und der Herzegowina organisiert habe und trage die Schuld für den Mord von Tausenden von Serben und Kroaten, die es ablehnten, Kollaborateure der Nationalsozialisten zu werden. Gegen diese Anklage leistete jedoch die Arabische Liga erheblichen Widerstand. Da die Anschuldigungen auch nicht in die „Appeasement“-Politik der Alliierten gegenüber den arabischen Staaten paßten, wurde nichts gegen el-Husseini unternommen. Letzten Endes ließ auch Jugoslawien die Anklage gegen den Mufti fallen. 289 Bereits im September 1944 baute el-Husseini für seine künftige politische Bedeutung in der arabischen Welt vor. Anläßlich eines Besuchs bei Berger sprach er von seiner Genugtuung darüber, daß sein „langjähriger Wunsch, einen Stoßtrupp nach Palästina zu bringen, nun in Erfüllung gehe“. Ferner erwähnte er, daß der frühere Gesandte in Afghanistan, Gulam Seddi Khan, ihn anläßlich des Beiram-Festes aufgesucht habe. Angeblich habe dieser „ehemals den Auftrag gehabt, mit Stalin persönlich zu verhandeln“, den er sehr gut kenne. Von sich aus sei er bereit, „die Fühler nach dort auszustrekken“, denn er liebe Deutschland und aufgrund seiner persönlichen Verehrung für Hitler fühle er sich verpflichtet, „etwas zu tun“. Berger wunderte sich über dieses Angebot, versäumte aber nicht, Himmler davon in Kenntnis zu setzen. 290 Hitler wurde von Himmler über die Unterredung zwischen Berger und dem Mufti unterrichtet 291 , ging aber nicht auf die Angelegenheit ein, zumal Bergers Bericht auch die Freude el-Husseinis über „die schweren Verluste“ der Alliierten an der Westfront zum Ausdruck brachte. Wahrscheinlich hielt Hitler eine Antwort aufgrund der radikalen Kriegswende für überflüssig.
5.7 Der Mufti und die Mohammedaner in der Sowjetunion Im Juli 1944 vertrat der Mufti die Auffassung, daß der Islam stärker als bisher gefördert werden sollte, zumal die Sowjetunion sich vor allem im östlichen Mittelmeer und Nordafrika bemühe, ihren Einfluß auf die mohammedanische Welt zu verstärken, um „die übernationale Idee des Islams durch das Weltsystem des Kommunismus zu überspielen“. 292 Er war der Meinung, „daß es keinen Zweck habe, politischen Sammlungsideen wie dem Pantürkismus oder Panislamismus nachzugehen“, da der erstere zu der Zeit „nicht realisierbar“ und der letztere „als politische Idee unwirksam geworden sei“. Die starken „ideellen Kräfte, die der Islam in sich trüge“, müsse man versuchen, „bei jedem mohammedanischen Volk neu zu wekken“. In der „Propagierung des Islam als ausgesprochen sozialer Religion“ sah der Mufti die beste Möglichkeit, „den mohammedanischen Völkern verständlich zu machen, daß sie aus eigener Tradition besser in der Lage
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wären, einen wahren Sozialismus durchzuführen“, als es der „Erbfeind“ mit seinem „völkerzersetzenden Bolschewismus“ 293 vermöge. Im Rahmen der geplanten politischen Fanatisierung der Osttürken gegen Rußland plädierte el-Husseini dafür, daß es allen von den Deutschen erreichbaren mohammedanischen Gruppen durch eine geschickte Propaganda verständlich gemacht werden sollte, wie sehr gerade der Islam in der Lage sei, den sozialen Wünschen der Völker zu entsprechen. „Diese allgemeine Propaganda“ müßte unbedingt „durch den Einsatz von Imamen und Mullahs“ verstärkt werden. Deshalb schlug er vor, daß mit Rücksicht auf die geringe Zahl geeigneter Lehrer die Erziehung der Mullahs in einer Schule „sowohl für die Zwecke der Wehrmacht wie für die Zwecke der Waffen-SS durchgeführt werden müsse“. Er ging von dem Gedanken aus, daß die religiöse Unterweisung in der Mullah-Schule zugleich mit einer militärischen und einer national-politischen verbunden werden solle. Entsprechend seiner Auffassung, daß eine übergreifende islamische Idee politisch nicht wirksam sei, müßten die Mullahs aus den verschiedenen Volksgruppen zwar einheitlich in einer Schule erzogen werden, aber die Vertretungen der einzelnen Volksgruppen allein für die politische Ausrichtung ihrer Landsleute verantwortlich sein. „Um die Autorität der Mullahs in der Truppe zu sichern, sei es erforderlich, daß sie rangmäßig Offizieren gleichgestellt werden. Auf ihre gleichzeitige militärische Ausbildung sei daher größter Wert zu legen.“ 294 Der Mufti war der Ansicht, es entspreche dem Islam, daß der Truppengeistliche zugleich auch vorbildlicher Soldat sein sollte. Bereits existierende Einrichtungen wie eine Mullah-Schule der SS in Dresden und ein Ausbildungskurs der Wehrmacht in Göttingen seien zweckmäßigerweise zusammenzufassen. 295 Außerdem schlug der Mufti die Errichtung eines Muftiats vor. Hierfür kamen die Krimtataren in Frage, „die als Flüchtlinge einheitlich in der Steiermark zusammengefaßt werden“. Die Gründung „eines Muftiats für die Krimtataren könnte mit einem Aufruf an die Mohammedaner der Sowjetunion verbunden werden, in dem auf die islamfreundliche Politik Deutschlands hingewiesen würde“. 296 Dieser Wandel in der Politik des Mufti, wonach der Panislamismus zurückgestellt wurde, liefert einen weiteren Beweis für seine überaus große Bereitwilligkeit zur Kollaboration mit den Nationalsozialisten. Nach der Niederlage von Stalingrad wurde eine systematische deutsche Politik zur Mobilisierung der sowjetischen Orientvölker gegen die Sowjetunion betrieben. Der wirkliche oder mutmaßliche Nationalismus der mittelasiatischen Völker wurde jetzt als politischer Faktor angesehen, den es zu mobilisieren galt. 297 Bereits nach seiner Bosnien-Reise im April 1943 gab der Mufti seine diesbezüglichen Intentionen bekannt. Er teilte Berger mit, er sei „durchaus bereit, auch zu den Krimtataren, das heißt zu den Mohammedanern der
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heute besetzten Ostgebiete zu reisen und sie für Deutschland in jeder Form zu aktivieren“. 298 Als von Mende Leiter der Nationalitätenpolitik des Ostministeriums wurde, arbeitete er „auf eine Anerkennung der separatistischen ‚Nationalkomitees‘ vor allem der nichtslawischen Gruppen hin – ein Bemühen, das wiederum auf den Wechsel von politischer Arbeit auf ‚einheimischem Boden‘ zur Emigrantenpolitik hinweist“. 299 Dies war die Politik des deutschen Rückzugs. Im November 1943 erreichten sowjetische Truppen das Vorgelände der Krim. Ehe „die sowjetische Islamwelt wieder hinter dem Eisernen Vorhang untertauchte“, entstand eine „Krise über die religiöse Repräsentation der Moslemwelt“. Im Kaukasus und auf der Krim hatten die deutschen Besatzungsbehörden „vor der Wahl höherer religiöser Würdenträger ausgesprochene Scheu“ gehabt. Besonders auf der Krim hatte der dortige Mufti traditionsgemäß eine so angesehene Stellung eingenommen, daß er zudem auch eine politische Schlüsselfigur geworden war. Solange es keine Nationalversammlung oder -regierung der Gesamtkrim gab, kam logischerweise die Wahl eines Mufti nicht in Frage. 300 Andererseits erkannte das Ostministerium, dem an einer guten Meinung des Islam innerhalb und außerhalb der Sowjetunion gelegen war, den potentiellen Wert eines deutschorientierten religiösen Führers. Es wurde argumentiert: „Die islamische Welt ist ein ganzes. Es ist daher bei der ersten Begegnung mit Mohammedanern im Osten darauf zu achten, daß das deutsche Ansehen unter allen islamischen Völkern nicht nachteilig beeinflußt wird.“ 301 Das Ostministerium wurde durch die Krimnationalisten beeinflußt. Sie hofften, den Mufti der Krim für ihre Sache zu gewinnen, und in el-Husseini fanden sie einen Befürworter für das Muftiat der Krim. Er versuchte, „die gesamte moslemische Aktivität in seiner Hand zu zentralisieren“. Zu seinen Gegnern zählten vor allem „die pantürkistischen und panturanischen Emigranten, die in ihm einen gefährlichen Konkurrenten sahen“. Man war sich lediglich darüber einig, „daß ein Muftiat geschaffen werden müsse“. 302 Am 11. November kam ein Gegenvorschlag vom Führungsstab Politik: „Um dem Bolschewismus, der, wie die jüngsten Ereignisse zeigen, nunmehr auch auf die islamische Welt größeren Einfluß zu gewinnen versucht, wirksam begegnen zu können, ist es unsererseits erforderlich, großzügig alle uns zu Gebote stehenden Mittel gegen ihn einzusetzen. Das nächstliegende ist, die in Taschkent stattgefundene Muftiwahl als ungültig erklären zu lassen und Stalin mit der Begründung blo[ß]zustellen, daß der antireligiöse, jüdische Bolschewismus durch die Behandlung der mohammedanischen Bevölkerung der Sowjetunion kein moralisches Recht hat, als Freund oder Beschirmer des Islam aufzutreten, daß der Mufti von Taschkent nur eine Marionette in den Händen Moskaus ist und daß die gegenwärtige Stalinsche
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Politik gegenüber dem Islam nur eine Fortsetzung des im Jahre 1917 begonnenen Theaters darstellt.“ 303 Es wurde darauf hingewiesen, daß das geeignetste Forum einer solchen „antibolschewistischen Kundgebung“ die Einberufung eines Kongresses von moslemischen Würdenträgern der Krim, des Kaukasus, Turkestans und der Wolgatataren sein würde. „Um dem Kongreß nicht den Anstrich einer panislamischen Kundgebung zu geben, wären Vertreter der nicht von der Sowjetunion unterdrückten mohammedanischen Völker nur als Gäste hinzuzuziehen. Der Großmufti von Jerusalem wäre als Ehrengast zu bitten.“ Auf dem Kongreß könnte auch „dem bis dahin zu wählenden krimtatarischen Mufti die Anerkennung von deutscher Seite feierlich ausgesprochen werden“. 304 Berger als Vertreter der SS im Ostministerium unterstützte den Plan und wollte die Rolle el-Husseinis hervorheben. Nun ging es darum, das Projekt der Wehrmacht zu unterbreiten. „Abgesehen davon, daß es im deutschen Interesse liegt, auf der Krim eine vertrauenswürdige Persönlichkeit als Mufti zu haben und über diesen die tatarische Bevölkerung zu beeinflussen, wäre die Wahl eines Muftis von größter politischer Bedeutung sowohl im Hinblick auf die Auswirkungen innerhalb der Sowjetunion als auch auf den Nahen Osten. Es muß damit gerechnet werden, daß Stalin, wenn er es politisch und propagandistisch für zweckmäßig hält, auch für die Krimtataren einen Mufti bestellen wird. Es ist ferner zu bedenken, daß die Krimtataren, obwohl zahlenmäßig nur gering, doch das erste Volk mohammedanischer Religion sind, das dem deutschen Hoheitsanspruch untersteht. Die Wahl eines krimtatarischen Muftis kann späterhin von uns als Ausgangspunkt der Propaganda gegen die Stalinsche Islampolitik genommen werden.“ 305 Als geeigneter Kandidat wurde Dr. Osenbashli aus Simferopol vorgeschlagen, 306 aber das ganze Projekt scheiterte am Widerspruch der Wehrmacht, die den Verdacht hegte, daß das neue Amt nichts anderes sei als ein Deckmantel für politische Aktivitäten. 307 Das Oberkommando des Heeres ließ am 28. Februar 1944 wissen: „Die Schaffung einer Landesregierung auf mohammedanischer Grundlage und die Bildung eines Großmuftiats in der Krim sind nicht beabsichtigt. Es bestehen auch keinerlei Pläne in dieser Hinsicht. Sie würden einen Bruch mit der bisher betriebenen Politik bedeuten und kommen um so weniger in Frage, als die Tataren sich in letzter Zeit als äußerst unzuverlässig erwiesen haben.“ 308 Somit wurde das Projekt auf Eis gelegt. Wenige Monate später war die Krim wieder in sowjetischen Händen. Erst im August 1944 wurde die Frage der Errichtung eines Muftiats für die Krimtataren noch einmal erörtert. Inzwischen war dies jedoch eine reine Emigrantenangelegenheit geworden, die nach den militärischen Rückschlägen im Sommer 1944 bei der verzweifelten Suche nach neuen
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Lösungen wieder hervorgeholt wurde. El-Husseini teilte von Mende mit, daß er keine Bedenken gegen den krimtatarischen Kandidaten für ein solches Muftiat, Osenbashli, habe. In ihm sehe er „eine durchaus geeignete Persönlichkeit“. 309 Er würde es begrüßen, wenn dieser zu einer Unterredung nach Berlin käme. 310 Osenbashli, der mit einem der tatarischen Verbände, die auf deutscher Seite gekämpft hatten, vor der Ankunft der Sowjettruppen nach Rumänien geflüchtet war, erschien aber nicht. Nach Eintreffen der Roten Armee wurde er festgenommen. 311 Somit war die Frage des Muftiats endgültig vom Tisch. Die Bedeutung des Mufti für die mohammedanischen Völker des Ostens darf nicht unterschätzt werden. Noch bis zum Kriegsbeginn verfolgte die Sowjetregierung die Absicht, „den offiziell institutionalisierten Islam zu vernichten“. 312 Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs hatten die Kommunisten den Islam auf der Krim praktisch schon ausgelöscht. Entgegen anders lautenden Behauptungen gab es „kein religiöses Leben mehr auf der Krim, das die Nazis in diesem Gebiet hätten vernichten können. Tatsächlich erreichten krimtatarische Nationalisten von den deutschen Besatzungsbehörden die Eröffnung von ungefähr 50 Moscheen.“ 313 Von 1941 an, als die neue Moslempolitik des Kremls begann, vegetierte der Islam dahin, und dadurch, daß er zum Instrument der Regierungspolitik wurde, mußte er sich selbst in den Augen der Gläubigen diskreditieren. Besonders zu Beginn des Krieges brauchte die Sowjetregierung einen Mann, der prosowjetische und antinationalsozialistische Erklärungen im Namen aller Moslems der UdSSR abgeben konnte. Der Mufti von Ufa, Abdul Rahman Rasulajew, offiziell „das Haupt des Zentralrates der religiösen mohammedanischen Zentren in der Sowjetunion“, entledigte sich dieser Aufgabe zur vollen Zufriedenheit. „Sowjetische Rundfunksendungen und andere Sowjetpropaganda für den Auslandsgebrauch gaben sich große Mühe, Rasulajew als bedeutende Moslempersönlichkeit herauszustellen, um der Propaganda der Nazis und der Achse für […] Amin el-Husseini zu begegnen“, den Rasulajew als einen Mann entlarvte, „der den Glauben seiner Ahnen verraten habe und freiwillig den Nazigott Wotan anbete“. 314 Unter diesen Umständen überrascht es nicht, daß die Worte Rasulajews nicht ohne Gegendarstellung el-Husseinis an seine „muslimischen turkistanischen Brüder“ blieben. Sie mögen „Seite an Seite“ mit den „deutschen Verbündeten gegen den gemeinsamen Feind“ kämpfen, denn „es besteht […] kein Zweifel, daß die aufrichtigen Muslime ihr Wohl nur in dem Zusammenschluß an dem deutschen Lager sehen, da in dem Sieg Deutschlands der Sieg ihrer Zukunft zu ihrer Errettung liegt“. Es ging darum zu glauben, daß „der Sieg ohne Zweifel nahe“ sei, und in ihm lag „die Erfüllung der nationalen Ziele, die Erringung“ der „Selbständigkeit, sowie die
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Erhaltung“ der Religion. 315 Die Appelle des Mufti dienten nicht nur dazu, seine eigene Person wie üblich in den Vordergrund zu rücken, sondern auch die Deutschen als Freunde der Mohammedaner aufzuwerten. Hier lag die Möglichkeit einer psychologischen Kriegsführung vor, die von Berlin allerdings niemals konsequent durchgeführt wurde. „Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß zu irgendeiner Zeit eine echte Sympathie für den moslemischen Glauben bestanden hätte.“ 316 Für Hitler galt der Mufti als ein „mohammedanischer Papst“, 317 und es ist nicht zu leugnen, daß aufgrund seines früheren Amtes el-Husseini in der Tat einen ungeheuren Einfluß auf die Muslime ausübte. Mit irreführenden Versprechungen (wie z. B. Selbständigkeit nach dem Sieg Deutschlands) betrieb er eine Politik der Spaltung, die später für die Mohammedaner sowohl in Jugoslawien als auch in der Sowjetunion zum Verhängnis wurde. Auch die Krimtataren erlitten durch Verbannung und Liquidierung ein ähnliches Schicksal wie ihre Nachbarn im Nordkaukasus. Daß el-Husseini die Fähigkeit besaß, Menschen zu begeistern, ist wohl unbestritten. Unbestritten ist auch, daß er diese Fähigkeit mißbrauchte. Aus einem Bericht über den Besuch bei ihm am 14. Dezember 1943, an dem u. a. Major Meier-Mader 318 sowie drei seiner turkmenischen und kirgisischen Offiziere teilnahmen, geht hervor, daß die Unterhaltung mit Erfolg für el-Husseini endete, „das heißt, daß die drei turkmenischen Offiziere sich begeistert für den Kampf des gesamten Islam nach den Plänen Seiner Eminenz bereit erklärt haben. Die Offiziere gaben einen genauen Bericht über die Lage der muselmanischen Turkvölker und den Sinn und Zweck ihres Einsatzes gegen den Bolschewismus. Erst nach den Ausführungen Seiner Eminenz erkannten die turkmenischen Offiziere die Bedeutung des Einsatzes des gesamten Islam, während sie vorher nur von dem engeren Gesichtskreis ihres bisherigen Einsatzes nicht an den ordentlichen Aufbau einer Division dachten, sondern lediglich an eine legionähnliche Kampfeinheit.“ El-Husseini meinte, „die Aufstellung einer Division der Turkvölker würde die gemeinsame Arbeit mächtig vorwärts reißen“. 319 Wie er seinerzeit in Palästina die Briten gegeneinander ausspielte, so tat er das gleiche mit den Nationalsozialisten. Die SS, die ihn politisch und finanziell ‚verhätschelte‘, war weniger davon angetan, daß er auch auf Goebbels einen großen Eindruck machte, der seinerseits Hitler über seine Besprechung mit dem Mufti berichtete. „Daß dabei von uns, die wir den Großmufti erst heraufgeholt, nach vieler Mühe und Sorge im Deutschen Reich zu dem gemacht haben, was er heute ist, kein Wort gesprochen wurde, ist eine bittere, aber feststehende Tatsache. […] Der Führer hat die Unterstützung des Großmuftis durch Dr. Goebbels nach jeder Seite hin gebilligt, ihm eine Art Generalvollmacht erteilt, alles zu tun, um den Einfluß des
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Großmuftis zu stärken.“ 320 In jeder Beziehung machte sich el-Husseini den Deutschen gefügig und nützlich, wobei er natürlich auch auf die eigenen Interessen achtete. Seine Propaganda entsprach stets der jeweiligen politischen Richtung der Nationalsozialisten, und er scheute sich keineswegs, Tatsachen zu diesem Zweck zu verdrehen.321 Ungleich Jugoslawien strebte die Sowjetunion nach dem Krieg kein Auslieferungsverfahren gegen el-Husseini an. Kolarz schrieb 1946 hierzu: „In britischen diplomatischen Kreisen werden viele Mutmaßungen über die russische Haltung gegenüber dem Mufti-Problem angestellt. Einige Beobachter glaubten zuerst, daß die Sowjetregierung Jugoslawien gebeten habe, ihr Auslieferungsbegehren gegen den Großmufti von Jerusalem fallen zu lassen, aber dies erwies sich bald als unwahrscheinlich. Jetzt glaubt man, daß die jugoslawische Regierung den Gedanken eines Prozesses gegen den Großmufti aufgegeben habe, um nicht die Feindschaft der Moslems auf sich zu lenken, die fast ein Achtel der Gesamtbevölkerung Jugoslawiens ausmachen und fast 50 % der Einwohnerschaft Albaniens, das ein jugoslawischer Satellitenstaat ist. Darüber hinaus fürchten die Jugoslawen unzweifelhaft, daß die ägyptische Regierung den jugoslawischen Royalisten im Exil völlige Handlungsfreiheit einräumen würde, falls Marschall Tito auf der Auslieferung des Großmufti bestehen sollte. Die meisten Beobachter neigen nun zu der Annahme, daß das Wiederauftauchen des Großmufti Rußland Verlegenheit bereitete, wenn auch nicht im gleichen Maß, wie den Briten. Sie sagen, daß Rußland ein eigenes mohammedanisches Problem habe, und daß es selbst die Rolle einer großen islamischen Macht spielen wolle. Der Großmufti müßte ein natürlicher Gegner einer solchen russischen Politik sein. […] Auf der anderen Seite übersehen diplomatische Beobachter nicht, daß der Großmufti einen gewissen negativen Wert haben könnte, der Rußland nur willkommen ist. Arabische Sendungen von Radio Moskau machen klar, daß die Sowjetunion ihre Antipathien gegen König Abdullah von Transjordanien und gegen den alten Staatsmann des Mittleren Ostens, Nuri Pascha, Präsident des Senats von Irak, richtet.“ 322 Sowohl König Abdallah als auch Nuri Pascha waren von jeher pro-britisch eingestellt und machten keinen Hehl aus ihrer Aversion gegen den Mufti. Die Sowjetunion betrachtete die Haschemiten-Dynastie, die in Transjordanien und im Irak herrschte, mit großem Argwohn und mißbilligte die Pläne Abdallahs für ein Großsyrien, das einflußreiche Sowjetkreise als einen Teil im anti-russischen Gesamtplan des Mittleren Ostens bezeichneten. Für sie lag es nahe, daß eine politische Aktivierung des Mufti zu einer Schwächung Abdallahs und Nuri Paschas führen könnte.
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5.8 Der Mufti fordert die Bombardierung Jerusalems und Tel Avivs In Spionage- und Sabotage-Angelegenheiten arbeitete der Mufti mit der deutschen Abwehr aufs engste zusammen. 323 Allerdings wurden seine diesbezüglichen Bemühungen dadurch eingeschränkt, daß die Nationalsozialisten nicht in der Lage waren, genügend Waffen zur Verfügung zu stellen, so daß es nicht zur Entfesselung der geplanten großen Aufstände in Palästina oder Syrien kommen konnte. 324 Immerhin blieben Sabotageakte in Palästina, Transjordanien und im Irak keine Seltenheit, und der Mufti prahlte damit, daß aufgrund seiner Aktivitäten die Briten dazu gezwungen wurden, große Truppeneinheiten im ganzen Nahen Osten zu unterhalten. In der Tat mußten alle Brücken und militärische Schwachstellen im Krieg ständig überwacht werden. Es muß klar herausgestellt werden, daß el-Husseini mit seiner Propaganda leichtes Spiel bei den Arabern hatte. Von Anfang an waren die Massen der Bevölkerung im Nahen Osten von den propagandistischen Versprechungen der Nationalsozialisten – und nicht zuletzt der eigenen Führer – beeindruckt, und sie glaubten recht lange an den Endsieg der Achsenmächte. Die politischen Konzessionen Großbritanniens wurden von ihnen als ‚Schwäche‘ verstanden bzw. ausgelegt, „und britische Propaganda über Nazi-Brutalitäten diente lediglich dazu, die Araber von der Stärke der Deutschen zu überzeugen“. 325 Erst im Februar 1945 erklärten Ägypten, SaudiArabien, Syrien und der Libanon den Deutschen den Krieg. Dies war eine reine Formsache, da keines der Länder „sich direkt an den militärischen Unternehmungen beteiligte“. Der Verdacht liegt nahe, daß sie sich durch diesen Schritt einen Sitz in den Vereinten Nationen sichern wollten, da ausschließlich „Nationen teilnehmen durften, die der Achse vor dem 1. März 1945 den Krieg erklärt hatten“. 326 Lediglich Transjordanien 1939 327 und der Irak 1943 hatten der Achse vorher den Krieg erklärt. 328 Im Großen und Ganzen aber herrschte in den arabischen Ländern eine pro-deutsche Haltung als Ergebnis der langjährigen Vorkriegsbeziehungen zwischen gewissen arabischen Führern und den Achsenmächten. Das Bündnis zwischen Deutschland und dem den Arabern nicht geheuren Italien vermochte das Verhältnis zu den Deutschen nicht zu trüben. Auch im Krieg war es ein Hauptbestandteil der Propaganda des Mufti darauf hinzuweisen, daß die Deutschen, die sich entschlossen haben, „für die jüdische Gefahr eine endgültige Lösung zu finden, die ihr Unheil in der Welt beilegen wird“, 329 in kein arabisches oder islamisches Land eingefallen seien. Während des Krieges agitierten die arabischen Führer in Deutschland permanent gegen die Rekrutierung arabischer Soldaten für die britische Armee. Derartige Propaganda war von großer Bedeutung für die National-
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sozialisten, die nach Möglichkeit aus Rücksicht auf ihre Politik gegenüber der Türkei, Vichy-Frankreich und zum Teil Spanien eine vertragliche Bindung an die arabischen Nationalisten vermeiden wollten, aber dennoch Wert auf arabische Sendungen legten, um den Vormarsch der Alliierten abzuschwächen und ihren eigenen Vorstoß vorzubereiten. Es kam den Deutschen darauf an, der Propaganda der Alliierten entgegenzutreten, und sie machten, wo sie nur konnten, von der Bereitwilligkeit des Mufti zur Zusammenarbeit Gebrauch, um einen eventuellen Anschluß der enttäuschten Araber an die Briten zu verhindern. 330 In der Tat waren die Palästinenser, die sich zur britischen Armee meldeten, zahlenmäßig derart gering, daß „Syrier, Libanesen und Transjordanier“ von den Briten „dazu ermutigt wurden, nach Palästina zu kommen, um sich dort zur Armee als Palästinenser zu melden, damit die vorgeschriebene Quote“ der arabischen Einheiten „überhaupt eingehalten werden konnte“. 331 Insgesamt dienten 25 714 palästinensische Juden und nur 9 041 palästinensische Araber in den britischen Streitkräften. 332 El-Husseini „organisierte ein Spionagenetz von seinem Hauptquartier in Berlin und Oybin aus“. Durch die zusätzliche Unterstützung mehrerer Zweigstellen konnte er den Deutschen wertvolle Informationen über die britischen Truppenbewegungen übermitteln. 333 In allen moslemischen Ländern standen ihm bereitwillige Mitarbeiter zur Verfügung. Allerdings kämpften mit Ausnahme des Irak (während der Revolte) die arabischen Länder nicht direkt für die Achse. Dies lag sicherlich nicht an einem „Mangel an Sympathie für den Faschismus“, sondern eher am Mangel der zur Führung eines modernen Krieges erforderlichen technischen Ausrüstung. 334 Unter militärischen Angriffen im Krieg hatten sie kaum zu leiden, und es ist nicht zu leugnen, daß sie dank der großen finanziellen Unterstützung der Alliierten „vom Krieg materiell profitierten“. Unter anderem erhielten sie „Lebensmittel und andere Verbrauchsgüter zu einem Zeitpunkt, wo die europäischen Länder einschließlich Großbritanniens zur Einschränkung“ gezwungen waren. Straßen, Flughäfen etc. wurden gebaut, und aufgrund der unterbrochenen Pilgerfahrten erhielt die Regierung von Saudi-Arabien sogar Schadenersatz. Dennoch blieben die Sympathien der arabischen Massen bei der Achse. 335 Mit mehr Geld- und Waffenlieferungen hätten die Araber sich durchaus mehr für sie eingesetzt. Dieser gleiche Mangel hinderte auch el-Husseini daran, unermeßliche Schäden anzurichten: Einer seiner Pläne war die Bombardierung Jerusalems und Tel-Avivs durch die deutsche Luftwaffe. Als geeigneter Anlaß schien ihm die „Tagung der Zionisten“ zu sein, die in Jerusalem für den 2. November 1943, dem Jahrestag der Balfour-Deklaration, vorgesehen war. 336 Den Plan für einen Angriff auf das Gebäude, in dem der Kongreß
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stattfinden sollte, konnte allerdings der Luftwaffenführungsstab nicht berücksichtigen, da die Örtlichkeit unbekannt war. Es käme höchstens ein „Demonstrationsangriff“ auf die Jewish Agency, „das große, ministeriumsartige Dienstgebäude der obersten zionistischen Verwaltungsstelle“ 337 in Frage. In Anbetracht der Tatsache, daß Jerusalem als Stadt keine militärische Bedeutung habe und „die heiligen Stätten der christlichen und mohammedanischen Religion sowie außerordentlich zahlreiche internationale klösterliche und caritative Einrichtungen enthält“, schien es der Luftwaffe, daß ein Angriff wenig sinnvoll wäre. Laut Reichssicherheitshauptamt halte auch el-Husseini einen Angriff auf „eines der zahlreichen militärischen Objekte […], die an der Küste und im Küstenraum Palästinas vorhanden sind“, für ausreichend. „In dem genannten Gebietsstreifen sind zahlreiche Material- und Munitionslager sowie auch neuausgebaute Bomberplätze vorhanden. Besonders wichtige Objekte sind hier ferner der Hafen und die Ölraffinerie von Haifa. Über alle diese Ziele sind hier vorzügliche Archivunterlagen vorhanden.“ Aus dieser Akte geht ebenfalls hervor:„Ein Luftangriff auf Tel Aviv, die Zitadelle des palästinensischen Judentums und der Emigration, ist im Laufe des letzten halben Jahres wiederholt von arabischer Seite, insbesondere auch vom Großmufti, vorgeschlagen worden. Hierüber wurde die in Abschrift beigefügte Aufzeichnung angefertigt. Die Angelegenheit ist dem Herrn Reichsmarschall zur Entscheidung vorgelegt worden und wurde von diesem unter dem 17. Juli d. Js. abgelehnt.“ 338 Anscheinend gab sich der Mufti mit dieser Entscheidung Görings nicht zufrieden. Er schlug erneut einen Bombenangriff auf Tel Aviv für den 1. April 1944 vor. Nochmals wies der Luftwaffenführungsstab darauf hin, daß der Mufti „bereits wiederholt Bombenangriffe gegen Tel Aviv und Jerusalem in Vorschlag gebracht [habe], um das palästinensische Judentum zu treffen und mit diesen Angriffen in der arabischen Welt eine propagandistische Wirkung zu erzielen. Diesen Anregungen ist unsererseits bisher niemals entsprochen worden.“ 339 Angesichts der eigenen Schwierigkeiten, die die Deutschen zu diesem Zeitpunkt mit der Versorgung von Waffen und Treibstoff hatten, konnte die Angelegenheit, die „mit stärkeren Kräften geführt werden [müßte], um nachhaltige Wirkungen zu erzielen“, nicht weiterverfolgt werden, auch wenn die Luftwaffe der Meinung war: „Tel Aviv ist zweifellos eine Örtlichkeit, die für Gegenschläge gegen die britisch-amerikanischen Terrorangriffe in Betracht zu ziehen wäre.“ 340 Der Traum des Mufti, Angriffe auf Palästina durchzuführen, ging erst mit der Staatsgründung Israels in Erfüllung, als nach Abzug der britischen Truppen König Faruk von Ägypten, sein neuer Gastgeber, am 15. Mai 1948 seine Luftwaffe gegen den jüdischen Staat einsetzte.
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5.9 Die finanziellen Aufwendungen für el-Husseini In den ersten Jahren nach ihrer Machtergreifung legten die Nationalsozialisten u. a. aufgrund Hitlers Englandpolitik eine große Zurückhaltung an den Tag, wenn es darum ging, Waffenlieferungen an die Araber vorzunehmen. Auch der Aufstand im Irak wurde nur halbherzig von den Deutschen angegangen und kann kaum als tatkräftige Unterstützung bezeichnet werden. 341 Diese Politik des vorsichtigen Taktierens sollte sich insofern ändern, als die Nationalsozialisten zwar versprachen, im Nahen Osten militärisch aktiv zu werden – aber erst nach erfolgreichem Abschluß des Kaukasusunternehmens. Trotz aller Bemühungen des Mufti pochte Hitler auf seine Maxime, daß es keinen Sinn hätte, „platonische Zusicherungen“ zu machen. Man sollte lieber nach dem Sieg über Großbritannien und die Sowjetunion die Araber mit materieller Hilfe vom guten Willen der Nationalsozialisten überzeugen. 342 Nach dem Scheitern im Kaukasus und der immer schlechter werdenden Lage der Deutschen im Krieg sahen sie sich erst recht außerstande, irgendwelche Waffenlieferungen in den Nahen Osten vorzunehmen. Die Geldaufwendungen der Nationalsozialisten an die Araber waren jedoch beträchtlich. Der Mufti gab selbst zu, daß es nur durch die ihm von den Deutschen gewährten Geldmittel möglich war, seinerzeit den Aufstand in Palästina durchzuführen.343 Von Anfang an stellte er hohe finanzielle Forderungen, denen die Nationalsozialisten in sehr großem Maße nachkamen. Auch nach der Kriegswende, als sie den propagandistischen Wert des Mufti erkannten, zeigten sie sich in Geldangelegenheiten äußerst großzügig. Allerdings stellte es sich heraus, daß Ribbentrop zu diesem Zeitpunkt weniger bereit war, dem Mufti Zugeständnisse zu machen; möglicherweise war seine ablehnende Haltung nicht nur auf die schwierige Finanzlage, sondern auch darauf zurückzuführen, daß sich sein Verhältnis zu el-Husseini aufgrund dessen engen Beziehungen zu Himmler, Berger, Ettel etc. abgekühlt hatte. Aus einer Aufzeichnung des Vortragenden Legationsrats Melchers vom 10. August 1944 344 geht hervor, daß der Reichsaußenminister den Etat für den Mufti und Gailani abgelehnt hatte. Melchers wies auf die schwerwiegenden Konsequenzen hin, die ein Abbau oder auch nur eine erhebliche Einschränkung ihres Standards mit sich bringen würde. Ferner komme hinzu, daß „die den Arabern zufließenden Gelder nur als Anleihe gegeben werden, die nach siegreicher Beendigung des Krieges zurückgezahlt werden soll“. Ob zu diesem Zeitpunkt Ribbentrop noch an einen Sieg der Nationalsozialisten glaubte, sei dahingestellt. Jedenfalls mußte Melchers klar darstellen, daß nach arabischem Verständnis eine Beschneidung der gewährten Zahlungen eine beleidigende Verletzung der Gastfreundschaft wäre und bei den Arabern Zweifel an der deutschen Siegeszuversicht und an der Ehrlichkeit der deutschen Zukunftsabsichten aufkommen ließe. Die ganze Pro-
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paganda der letzten Jahre würde mit einem Schlage illusorisch werden und insbesondere würde der jüdischen Propaganda in Palästina in einem Maße Vorschub geleistet werden, deren Folgen nicht abzusehen seien. Melchers erläuterte weiter, daß die Betreuungsorganisation für den Mufti und Gailani sowie für den ägyptischen Prinzen Mansour Daoud und Fauzi Qawuqji unter sehr erheblicher Mithilfe und Beteiligung des Reichsstatthalters und Gauleiters in Sachsen, Mutschmann, durchgeführt worden sei und nicht „von heute auf morgen“ abgebaut werden könne, da sie sich auf langfristigen Abmachungen gründe. „Da der Etat schon zum 1. April hätte bewilligt sein müssen, ist in diesem Etatsjahr bisher mit unzureichenden Vorschüssen gearbeitet worden, so daß die Betreuungsorganisation bereits erheblichen Belastungen ausgesetzt werden mußte und neben den laufenden Verpflichtungen schon Schulden in Höhe von etwa 100 000,– RM angelaufen sind.“ Melchers bat mit allem Nachdruck darum, daß der Etat „wenigstens zunächst zur Hälfte“ bewilligt werde. „Hiermit würde dann Zeit für eine reifliche Prüfung des weiteren gewonnen sein.“ 345 Es liegt auf der Hand, daß sich ein Staat am Rande der Niederlage und des Zusammenbruchs derartige Beträge nicht mehr leisten konnte. Wie anders lag noch der Fall, als im Oktober 1939 der Mufti in den Irak flüchtete, der damals als „the hotbed of Arab nationalism“ 346 galt, zumal sich Syrien und Palästina unter der Kontrolle der Mandatsmächte befanden. Gleich nach seiner Ankunft erhielt er u. a. £ 18 000 von der damaligen pro-britischen irakischen Regierung sowie £ 60 000 von den Deutschen und £ 40 000 von den Italienern.347 Zu dieser Zeit legte der Mufti, dem „eine anerkannte, wenn auch nicht ganz unbestrittene Führerstellung unter den Arabern“ 348 zukam, großen Wert darauf, den Deutschen klarzumachen, wie wichtig der arabische Raum für die Briten war, über den ein Hauptweg führe, „auf dem sich im gegebenen Falle England und die Sowjetunion die Hand reichen könnten“. 349 Unter dem Gesichtspunkt der Bekämpfung des Empire komme dem arabischen Raum eine hohe strategische Bedeutung zu. Bereits zu diesem Zeitpunkt vertrat el-Husseini im Gegensatz zu Hitler (und später Gailani) die Auffassung, daß ein entscheidender Schlag gegen das Britische Empire im arabischen Raum „nur entweder durch ein Vorgehen gegen Ägypten und/oder durch militärische Besetzung der arabischen Landbrükke geführt werden“ könne. Obwohl die Nationalsozialisten den Wert des Mufti als ‚Aushängeschild‘ anerkannten und durchaus bereit waren, ihn finanziell zu unterstützen, sahen sie keinen Anlaß, das von ihm „angestrebte Monopol in den gesamtarabischen Fragen“ zu gewähren. Für seine eigenen Zwecke, und zwar vor allem für Sabotage- und Aufstandsaktionen in Palästina und Transjordanien, bat der Mufti um £ 20 000 monatlich, die zur Hälfte jeweils von den Deutschen und Italienern getra-
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gen werden sollten. Allerdings stand die italienische Regierung auf dem Standpunkt, sie hätte ihm bereits so viel Geld gegeben, daß sie eine weitere Unterstützung nicht für notwendig hielt. Die Deutschen waren zu diesem Zeitpunkt lediglich bereit, dem Mufti „auf geeignetem Wege und mit den geeigneten Modalitäten zunächst einmal den Gegenwert von 100 000,– RM zukommen zu lassen“. 350 Bei seiner Ankunft in Bagdad übergab Grobba dem Mufti am 11. Mai 1941 $ 15 000 (= 62 500 RM). Ferner überreichte er ihm am 21. Mai weitere vom Gesandtschaftsrat Granow351 mitgebrachte $ 10 000. 352 Außerdem gewährte Deutschland dem Irak eine Anleihe in Höhe von £ 1000 000 in Gold, die allerdings nicht in Anspruch genommen werden konnte, da der Aufstand im Irak von den Briten niedergeschlagen wurde. 353 Eine bereits zum Versand gebrachte Sendung – 640 kg Gold – kam nur bis Athen, wo sie wegen der Verschlechterung der Lage im Irak zurückgehalten wurde. 354 Als der Mufti aus dem Irak flüchtete und schließlich in Italien ankam, flossen ihm weitere Geldmittel als Spenden zu, wie aus einer Quittung vom 19. März 1942 ersichtlich ist. Beim Deutschen Konsulat in Tetuan, der Hauptstadt von Spanisch-Marokko, gingen für el-Husseini 250 648,15 Peseten = 59 115,15 Reichsmark ein, für die der Mufti von Granow in Rom den Gegenwert von $ 34 773 in Noten erhielt. 355 Es steht außer Zweifel, daß die verschiedenen arabischen Einrichtungen in Deutschland, mit denen der Mufti und Gailani entweder direkt oder indirekt in Kontakt standen, für die Nationalsozialisten einen erheblichen zusätzlichen Kostenfaktor darstellten. Bereits im September 1942 sah sich Grobba wiederholt dazu veranlaßt, neue Geldmittel für den „Arabischen Nachrichtendienst“ anzufordern. 356 Jede Dienstleistung ließ sich der Mufti von den Nationalsozialisten bezahlen. Sein Lebensstandard war hoch, und er war ständig auf der Suche nach „Darlehen“, die schlecht abgelehnt werden konnten. Ordnungsgemäß stellte er für derartige „Darlehen“, die „nach siegreicher Beendigung des Krieges zurückgezahlt werden“ 357 sollten, eine Quittung aus. So erhielt er zum Beispiel am 17. Februar 1943 vom AA 50 000 RM. 358 Am 17. Dezember 1943 schrieb Melchers an Unterstaatssekretär Hencke: „Die ungeheuere Arroganz und Unbescheidenheit, mit der der Mufti und seine Sekretäre seine Wünsche hinsichtlich seiner Betreuung und Unterbringung verfolgen, kann hier im einzelnen nicht geschildert werden. Hierüber könnten nach den Erfahrungen des Sommers und Herbstes, in denen wir dem Mufti immer wieder neue Ausweichquartiere angeboten (haben), die ihm nicht zusagten, Bände geschrieben werden.“ 359 Die Vernehmung Walter Schellenbergs, der Chef des Auslandsnachrichtendienstes des RSHA und seit 1944 als Nachfolger von Admiral Canaris auch Chef des militärischen Nachrichtendienstes war, bietet Aufschluß über
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den propagandistischen Wert des Mufti für das Dritte Reich und über die Geldaufwendungen der Nationalsozialisten für Amin el-Hussseini. Schellenberg bezeichnete den Mufti als „Schlitzohr“, der beträchtliche Finanzen gebraucht habe. Abgesehen vom Geld, das er vom AA erhielt, bekam er beträchtliche Summen sowohl von Schellenberg als auch von Gottlob Berger: „Ein politisch ungeschickter Mann wie Berger fiel auf ihn rein.“ 360 Berger habe „ungeheure“ Gelder gegeben. Von sich selbst behauptete Schellenberg, er sei in dieser Hinsicht vorsichtiger gewesen, denn er wußte, daß der Mufti „überall die Kanäle angeschnitten hatte“. Wenn es um den Einsatz von Drei-Mann-Spionagetrupps ging, die Schellenberg vor allem in Palästina in Zusammenarbeit mit el-Husseini durch Fallschirme hatte absetzen lassen, machte er vorher immer einen Vertrag mit dem Mufti, „was die Araber bekamen und was er (der Mufti) bekam“. 361 Bei einem solchen Einsatz konnte el-Husseini, der die Araber aus der Türkei und aus dem Balkanraum geholt hatte, einige Tausend Dollar verdienen. Allein in Berlin hatte er einen Stab von 60 Arabern, die alle vom AA finanziert wurden. 362 Der „Arabische Nachrichtendienst“ hatte seine Räume in Berlin in der Französischen Straße 33D Ende Juli 1942 bezogen und seine Tätigkeit „in erweitertem Umfange“ aufgenommen. Er gab die aus Sofia erhaltenen Nachrichten täglich auf „mehreren Blättern weiter“ an das AA und „militärisch wichtige Nachrichten“ an das OKW, Amt Ausland/Abwehr. Ferner lieferte er täglich Nachrichtenkommentare sowie „ein bis zwei Artikel“ für die arabischen Sender in Berlin und Athen; ferner wöchentlich mehrere „Sabotage-Talks“ für den arabischen Geheimsender in Berlin. Die Zweigstelle in Sofia (Kamil Mrowa mit „Hilfsarbeitern“) bearbeitete die dort „aus der Türkei und den arabischen Ländern eingehenden Zeitungen und Korrespondentenberichte“, verarbeitete das Material zu „talks und Nachrichten politischer und wirtschaftlicher Art“ und sendete alles zur weiteren Verwertung nach Berlin. 363 Laut Schellenberg war der Mufti auch nicht bereit, ohne Geld irgend etwas zu tun. An der schwachen Reichsmark zeigte er wenig Interesse, nahm dafür lieber Dollars und Gold. Auf die Frage Kempners, um was für Gold es sich handelte, antwortete Schellenberg, „Louis d’or und auch Rohgold“, das von der Reichsbank stammte. Frage: „Wo ist das beim Mufti geblieben?“Antwort: „Er wird das alles mit rausgenommen haben. Ich glaube, daß er einen ausgezeichneten Transitverkehr nach der Schweiz hatte.“ Frage: „Was schätzen Sie, was hat er von Ihrer Dienststelle bekommen, von Ihnen und Berger zusammen?“ Antwort: „Berger kann ich nicht übersehen, von mir hat er einen halben Zentner Gold und 50 000 Dollar bekommen.“ 364 Dennoch hielt der Mufti den ‚vorsichtigen‘ Schellenberg für einen kleinlichen ‚Knickerer‘, der ‚den großen Wurf‘ nicht verstünde. Zur Ergänzung
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von Schellenbergs Aussagen erklärte der ehemalige Konsul Carl Rekowski vom Auswärtigen Amt – ebenfalls beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß –, daß sowohl der Mufti als auch Rashid Ali al-Gailani durch einen Erlaß Hitlers „friedensmäßig“ betreut wurden, „d. h. sie konnten alles verlangen und wenn […] es nicht da war, wurde es beschafft“. 365 Um Klarheit über die Beträge zu schaffen, die der Mufti aus Ribbentrops Geheimfonds erhalten hatte, bat Kempner Rekowski, eine Aufstellung in Form einer eidesstattlichen Erklärung nach bestem Wissen anzufertigen. Dieser Bitte entsprach Rekowski einige Tage später. Er wies nach, „daß der Mufti einschließlich Unterhaltskosten, Miete usw. ungefähr während der letzten drei Kriegsjahre monatlich 90 000 Mark aus den Kassen des Auswärtigen Amtes bekommen hatte, einen erheblichen Teil davon in fremden Währungen“. 366 Außerdem gab Rekowski Auskunft über die monatlichen Zahlungen des AA an al-Gailani und zahlreiche andere Araber, einschließlich Fauzi Qawuqji, Shekib Arslan in der Schweiz und ca. 150 arabische Studenten in Paris. 367 Neben seiner Villa in Berlin-Zehlendorf, standen ihm weitere Residenzen in Zaue, Oybin bei Zittau und 2 Häuser in Pieskow zur Verfügung. Er hielt sich jede Woche ein bis zwei Tage in Berlin auf und bewohnte während dieser Zeit eine Suite im Hotel Adlon. Die Verpflegung ging zu Kosten des Auswärtigen Amtes. Besonders makaber erscheinen die Zahlungen des AA an das Jüdische Institut in der Klopstockstraße in Berlin, wobei es sich um eine Einrichtung des Mufti handelte, über die längere Zeit mit dem AA verhandelt wurde. Schließlich wurde dem Wunsch el-Husseinis „erst nach erheblichem Drängen seitens desselben stattgegeben“. 368 Als Gegenleistung für diese Zahlungen der Nationalsozialisten propagierte el-Husseini den Endsieg des Dritten Reiches. Ohne Zweifel nutzte er seine Beziehungen zur SS und zum AA aus, und er verstand es nur zu gut, aus den Spannungen zwischen Himmler und Ribbentrop Profit zu ziehen. 369 So konnte er als „Stipendiat“ dieser beiden Nazigrößen leben – „mit den verschiedensten Propaganda- und Rekrutierungsaufgaben für die SS“ betraut. Für seine Tätigkeit bezog er „erhebliche Gelder“ sowohl aus dem Fonds der SS als auch aus dem „Sonderfonds“ Ribbentrops.370 „Sogar noch im April 1945“ erhielt der Mufti 50 000 RM vom AA. 371
6. Rückkehr in den Nahen Osten Um den Bombenangriffen der letzten Kriegswochen zu entgehen, hielt sich el-Husseini zunächst in Linz und dann in Bad Gastein auf. Am 7. Mai 1945 floh er nach Bern, wo ihn aber die Schweizer Behörden prompt an die Franzosen auslieferten. Daraufhin wurde er in einer Villa in Louvecienne bei Paris untergebracht. 1 Wider Erwarten unternahm die britische Regierung keinerlei Anstrengungen, um eine Auslieferung durch Frankreich zu erreichen. Im Gegenteil, sie gab zu verstehen, der Mufti sei kein Kriegsverbrecher „in the technical sense of the term“. 2 Auch wenn „The Manchester Guardian“ mit aller Deutlichkeit darauf hinwies, daß jegliches Nachgeben und jede Anerkennung des Mufti ein Skandal wäre und den Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß zum Hohn machen würde, 3 verfolgte London beharrlich eine Politik, die einen britisch-orientierten Moslemblock von Nordafrika bis Indien vorsah. Allen Erfahrungen aus der Vergangenheit zum Trotz rechneten die Briten offenbar damit, daß der Einfluß el-Husseinis auf die anti-britischen Tendenzen unter den Arabern eine beruhigende Wirkung ausüben werde. 4 Die Franzosen ihrerseits hofften auf eine Wiederannäherung zwischen Frankreich und den Mohammedanern des Nahen Ostens und Nordafrikas, und sie glaubten, die anti-jüdische Politik der ehemaligen Vichy-Regierung könne nur von Vorteil sein. Somit bauten sowohl die Briten als auch die Franzosen auf das Ansehen des Mufti unter den Arabern, um ihre eigenen politischen Ziele realisieren zu können.5 Auch die ablehnende Haltung der USA, el-Husseini als Kriegsverbrecher den Prozeß zu machen, stellte ein wesentliches Hindernis dar. Der Hauptankläger beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß, Jackson, gab bekannt, daß Beweisstücke, die nur den Mufti belasten, vor Gericht nicht verwendet werden können; das Tribunal sei lediglich dazu befähigt, Kriegsverbrechern aus europäischen Ländern den Prozeß zu machen. 6 Ein vom State Department ausgearbeitetes „White Paper“ über die Aktivitäten el-Husseinis im Krieg wurde nicht veröffentlicht. 7 Es ist sicherlich von den Alliierten mit Erleichterung aufgenommen worden, daß Jugoslawien – angeblich auf Wunsch der Arabischen Liga – sein Begehren zurücknahm, den Mufti auf die Liste der Kriegsverbrecher zu setzen. 8 In Palästina selbst wurde das Widerstreben der Alliierten, den Mufti an-
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zuklagen, von den Arabern als Beweis dafür ausgelegt, daß er weder ein Verräter noch ein Kriegsverbrecher sei. Sie glaubten nicht, daß er sich „an der Massenvernichtung der Juden beteiligt oder ihr jemals zugestimmt“ habe. Auch wenn sie seine Flucht nach Deutschland nicht gebilligt hatten, konnten sie dennoch Verständnis dafür aufbringen. 9 Die Tatsache, daß elHusseini von den Alliierten nicht zur Rechenschaft gezogen wurde, führte schließlich dazu, daß „für einen Großteil der arabischen Welt auch der Nationalsozialismus und dessen Antisemitismus rehabilitiert“ 10 wurde. Das Exekutivkomitee der von den Husseinis neu gegründeten Palestine Arab Party setzte alles daran, die palästinensischen Araber psychologisch auf die Rückkehr el-Husseinis und die Wiederherstellung seiner Führerschaft vorzubereiten. Er galt schlechthin als der erste Führer, für den es keinen Ersatz gab, und eine unermüdliche Agitation wurde für ihn betrieben, um so mehr als fast alle seine Anhänger bereits amnestiert waren und nach Palästina zurückkehren durften. Eigentlich, so meinten die Araber, habe er gar nicht mit den Nationalsozialisten kollaboriert, sondern nur versucht, Konzessionen von ihnen zu erringen, falls sie im Krieg siegen würden. Sein ganzes Anliegen habe doch stets den Interessen seines Volkes gegolten, das selbst kein direktes Interesse am Zweiten Weltkrieg hatte. Obwohl die palästinensischen Araber im Krieg neutral gewesen seien, haben sie aber doch die Sache der Alliierten unterstützt, denn sie hätten ihren Kampf gegen die Briten eingestellt, als diese in Schwierigkeiten gerieten. Und da der Mufti „in seinem Herzen doch stets bei seinem Volk gewesen sei, das den Briten geholfen habe“, so sei auch er auf Seiten der demokratischen Länder gewesen. 11 Im November 1945 wurde das AHC wieder ins Leben gerufen, und für den sich noch unter Arrest in Frankreich befindlichen elHusseini wurde der Sitz des Präsidenten freigehalten. 12 Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuter flog der Mufti am 29. 5. 1946 mit einem auf den Namen des bekannten syrischen Nationalisten Ma’ruf al-Dawalibi lautenden Paß von Paris nach Kairo. 13 Dort hielt er sich zunächst versteckt auf, 14 bis der ägyptische Ministerpräsident Sidky Pascha ein Kommuniqué herausgab, daß Ägypten schon ehrenhalber verpflichtet sei, dem „Großmufti“Asyl zu gewähren.15 Nationalistische Fanatiker gewannen an Einfluß, und 1945 arteten Demonstrationen in Kairo gegen die Balfour-Deklaration in antijüdische Pogrome aus. Solche Ereignisse, verbunden mit der gegen Juden geschürten Feindseligkeit in der arabischen Welt, führten letztendlich nach Gründung des Staates Israel zum Exodus der Juden aus den arabischen Ländern.16 In einer ihm aus Hitler-Deutschland bekannten Atmosphäre des unverhohlenen Judenhasses genoß der Mufti auch die Unterstützung der Arabischen Liga und leitete die Palestine Higher Executive von Kairo aus. 17 Er stellte abermals das Symbol des arabischen Kampfes
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gegen den Zionismus, Imperialismus und den Westen dar 18 und lehnte rigoros wie so oft in der Vergangenheit jeden Kompromiß ab. Als die Briten sich außerstande sahen, des Terrors sowohl seitens der Araber als auch der Juden Herr zu werden, und eine Round-Table-Konferenz in London, an welcher der Mufti nicht teilnehmen durfte, endgültig scheiterte, gab die Regierung am 14. Februar 1947 bekannt, daß sie die Angelegenheit den Vereinten Nationen übergeben werde. Denn mit den aktivistischen Zionisten und den militanten Husseinis am Ruder hätte der „BiNationalismus“ in Palästina nicht die geringste Chance. 19 Vertreter des AHC – wie sich die Palestine Higher Executive nun wieder nannte – und der Jewish Agency durften als die einzigen „non-governmental organisations“ auf gleichberechtigter Basis Zeugnis vor dem 1. Komitee der Versammlung der Vereinten Nationen ablegen. Jeder Versuch, das AHC aufgrund der Kollaboration des Mufti mit den Nationalsozialisten zu „disqualifizieren“, blieb erfolglos. 20 Inzwischen zeigte sich der Mufti nach wie vor kompromißlos: Er entschloß sich zu einem Boykott des UNSCOP (United Nations Committee on Palestine 15. 5.–31. 8. 1947), denn seiner Meinung nach wurden die Vereinten Nationen durch „imperialistische Interessen“ dominiert. 21 Natürlich war er keinesfalls bereit, dem UNSCOP-Teilungsplan zuzustimmen, und als zwei leitende britische Polizeibeamte im September nach Kairo reisten, um mit ihm „inoffiziell die Möglichkeit einer Teilung zu erörtern“, ließ er durch einen britischen Mittelsmann verlauten, „warum seine Antwort ein kompromißloses Nein sei. Es sei einfach so, daß Palästina den Arabern gehöre und kein Verhandlungsobjekt darstelle.“ 22 Diese Haltung schloß jede Möglichkeit eines Kompromisses von vornherein aus. Tatsächlich gab der Mufti unverblümt zu verstehen, die Araber „sollten gemeinsam über die Juden herfallen und sie vernichten“, sobald sich die britischen Streitkräfte zurückgezogen hätten. 23 Auch Khadduri legt es dem Mufti zur Last, daß er durch seine unnachgiebige Haltung die Einheit Palästinas unter einer Regierung, in der Araber und Juden als gleichberechtigte Bürger miteinander leben könnten, verspielte. 24 Im Oktober verlegte der Mufti sein Hauptquartier von Ägypten in den Libanon, von wo aus er das AHC weiterhin führte. 25 Anscheinend hatte er doch im letzten Moment wegen seines sturen Verhaltens Bedenken, denn laut „Al Yom“ – einer arabischen Tageszeitung aus Jaffa – vom 27. Juli 1950 soll er der Jewish Agency am 27. November 1947, also zwei Tage vor der UN-Resolution über den Teilungsplan für Palästina, direkte Verhandlungen zur Lösung des Problems angeboten haben. Diese sollten im Libanon stattfinden, und eine Antwort wurde innerhalb von 24 Stunden erbeten. Die Jewish Agency lehnte jedoch mit der Begründung ab, der Mufti habe „Hit-
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ler bei der Vernichtung der Juden geholfen“ 26 und sei somit kein Gesprächspartner für sie. Abgesehen von der finanziellen Unterstützung, die el-Husseini von Ägypten, Saudi-Arabien und Syrien erhielt, wurde angeblich die Rekrutierung für die Arab Liberation Army auch von dem Geld finanziert, das er von den Nationalsozialisten erhalten hatte und sogar noch während des Krieges außer Landes gebracht haben soll. 27 Im Januar 1948 schlugen sich die ersten 2 000 Freiwilligen aus Syrien über die Grenze nach Palästina durch. Die beiden Hauptkommandeure der Arab Liberation Army waren Abd-al-Qadir el-Husseini, der unter dem Einfluß des Mufti stand, und Fauzi Qawuqji, der seine Befehle von der Arabischen Liga erhielt, 28 die nunmehr keinesfalls bereit war, die „alleinige Autorität“ el-Husseinis anzuerkennen. 29 Inzwischen herrschte arabischerseits nach altbewährter Methode des Mufti der reine Terror in Palästina. Dieser wurde zunächst von den Briten kaum beachtet, da sie voll damit beschäftigt waren, den gegen die Mandatsmacht direkt gerichteten Terror der Juden zu bekämpfen, der für sie eine unmittelbare Gefahr darstellte. 30 Die Aktionen des Mufti dagegen wurden gegen die Juden und die palästinensische Opposition gerichtet; letztere wurde systematisch eingeschüchtert. Kaum war aufgrund der pro-zionistischen Haltung der USA der Teilungsplan akzeptiert worden, änderte Washington im Dezember 1947 seine Politik abrupt, und am 19. März 1948 wurde eine vorübergehende Treuhandverwaltung („temporary trusteeship“) für Palästina vorgeschlagen. Dieser Schritt wurde allgemein „als Kapitulation vor der arabischen Gewalt“ und der antiamerikanischen Agitation der Araber im Nahen Osten betrachtet. 31 Dennoch lehnten die Araber als auch die Juden den amerikanischen Vorschlag ab. Am 30. März beendete el-Husseini seinen Boykott der Vereinten Nationen dadurch, daß eine von ihm unterzeichnete „Arab Charter for Palestine“ vorgelegt wurde, in der er zum Ausdruck brachte, daß die Araber, „by nature a democratic people“, keinen „inch“ ihres Bodens an die Juden, die „invading hordes“, abgeben würden. 32 Allerdings scheint er die von ihm im nationalsozialistischen Deutschland vertretene Auffassung hinsichtlich der Juden wesentlich abgeschwächt zu haben, denn er betonte nunmehr, „the Arabs of Palestine wish to declare that they are not opposed to Jews as Jews“. 33 Es mag sein, daß diese Charta auch an die palästinensischen Araber gerichtet war, die bereits eifrig dabei waren, etliche „inches“ ihres Bodens aufzugeben. Im Februar berichtete der britische Hochkommissar Cunningham, daß unter der arabischen Mittelklasse Panik ausgebrochen sei, und es einen ständigen Exodus der wohlhabenden palästinensischen Araber gebe, 34 denn seit Monaten „spielten sich die wichtigsten Kämpfe nicht“ mehr „zwischen den Juden und den Briten ab. Die gewalttätigen ara-
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bischen Proteste gegen die Entscheidung zur Gründung eines jüdischen Staates steigerten sich innerhalb weniger Tage zu gegenseitigen Morden“, 35 die am 9. April 1948 mit dem Überfall auf das Dorf Deir Yassin ihren Höhepunkt erreichten, wo 100–120 arabische Zivilisten von der Irgun getötet wurden. Als „unmittelbare Folge“ der Ereignisse von Deir Yassin flüchteten ca. 300 000 Araber aus dem Teil Palästinas, der den Juden zugeteilt wurde. 36 Ein Versuch des AHC, im letzten Moment von den abziehenden Briten die Zentralregierung für Palästina zu übernehmen, scheiterte. Denn die meisten arabischen Beamten waren – entgegen den Anweisungen des Mufti zu bleiben – geflohen, 37 so daß es „keine arabischen politischen Institutionen mehr im Lande gab, die das Vakuum hätten ausfüllen können“. 38 Langsam aber sicher schien es, als ob el-Husseini bei den Arabern nun doch wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit in Mißkredit geraten würde. Alles was er in 30 Jahren politischer Tätigkeit „versprochen und prophezeit hatte, blieb unerfüllt“, so daß er an Glaubwürdigkeit verlor. 39 Ferner prallte die Internationalisierung der Palästina-Frage, die ursprünglich vom Mufti selbst angestrebt wurde, zurück. Durch ihre eigene „laue Haltung“ gegenüber den Alliierten im ZweitenWeltkrieg und aufgrund der Zusammenarbeit des Mufti mit den Nationalsozialisten waren die Palästinenser „auf allen diplomatischen Gebieten außerhalb der islamischen Welt ins Hintertreffen geraten“. 40 Aber auch die arabischen Regierungen legten keine nennenswerte Solidarität an den Tag, denn sie hatten alle ihre eigenen Vorstellungen in bezug auf Palästina, und jegliche Kriegsvorbereitung der einzelnen arabischen Länder war darauf ausgerichtet, deren jeweilige Interessen zu sichern. 41 In dieser Zeit machten sie „eine Periode fatalistischer Verblendung durch, bei der sie sich einbildeten, einen umfassenden Kampf mit den Juden gewinnen zu können. Die Arabische Liga verlangte nach Krieg“, 42 und einige arabische Staaten ermutigten die Palästinenser regelrecht zur Flucht, damit sie dann später mit deren massiver militärischer Unterstützung in die befreite Heimat zurückkehren könnten. 43 Laut Musa Alami verließen die Palästinenser ihre Heimat „keineswegs aus Feigheit“, sondern weil sie ihr „ganzes Vertrauen zum eigenen Verteidigungssystem verloren hatten“. Sie glaubten fest daran, die arabischen Armeen würden den Zionismus ins Meer treiben. 44 Es war ihnen völlig klar, daß sie die Juden nicht alleine besiegen könnten, denn diese hatten im Zweiten Weltkrieg auf seiten der Briten gekämpft und viel daraus gelernt, während die Palästinenser selbst größtenteils davon Abstand genommen hatten, in der britischen Armee zu dienen. 45 Zudem wurden sie laut König Abdallah mit falschen und unhaltbaren Versprechungen seitens ihrer Anführer gelähmt. Sie glaubten tat-
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sächlich, sie stünden nicht allein da; 80 Millionen Araber sowie 400 Millionen Moslems würden sofort auf wundersame Weise zu ihrer Rettung herbeieilen. 46 Man müßte lediglich den einmarschierenden Armeen aus dem Weg gehen, um sie nicht aufzuhalten. Auch Mahmud Abbas schrieb 1976, die arabischen Führer hätten die Palästinenser gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Aufgrund ihrer Drohungen verließen 1948 ca. 700 000 Palästinenser das Land. 47 Diese Flucht, die vom Mufti befürwortet wurde, führte zu der „naqba“ (Katastrophe). Die Hälfte der Palästinenser verlor ihren gesamten Besitz und mußte von nun an ein tristes Dasein in arabischen Flüchtlingslagern außerhalb Palästinas führen. 48 Nachdem die arabischen Armeen am 15. Mai 1948 Israel angegriffen hatten, spielten die kurz darauf niedergeschlagenen Banden des Mufti keine Rolle mehr. Die Wiedereinsetzung el-Husseinis hatte sich als Fehlschlag erwiesen, und es war nicht mehr zu leugnen, daß ein weiteres Festhalten am ursprünglichen nationalistischen Dogma, wonach die Araber allein über Palästina und seine Regierung zu bestimmen hätten, nicht länger zu vertreten war. Der Mufti galt als mitschuldig an der „naqba“. Unter el-Husseini hatten die Palästinenser an ihren semi-feudalistischen konservativen Grundsätzen festgehalten und es nicht verstanden, sich der veränderten Situation von 1947/48 anzupassen,49 um wenigstens einen Teil des nationalen Erbes zu retten. Laut Salah Khalaf (Decknahme Abu Ijad) hatte der Mufti zwar eine strategische Vorstellung von der Zukunft Palästinas, aber es fehlte ihm völlig die Fähigkeit, taktische Zugeständnisse machen zu können.50 Eigentlich wäre el-Husseini schon längst von der politischen Bühne verschwunden, wenn unter den arabischen Staaten nicht so großes Mißtrauen und große Mißgunst geherrscht hätte. Ende September 1948 bildete das AHC eine Gesamt-Palästinensische Regierung im von Ägypten besetzten Gaza-Streifen. Dies war offensichtlich ein Schritt gegen die vorgeschlagene „Fusion vom arabischen Palästina mit Transjordanien“. 51 Abdallah betrachtete diese Regierung als illegal und vom Mufti „in fremdem Sold und Auftrag“ gebildet. Er gab seinen Entschluß bekannt, eine arabische Palästina-Regierung zu bekämpfen. 52 Am 28. September traf der Mufti, der als Präsident der Republik fungieren sollte, in Gaza ein. 53 Im Dezember wurde Abdallah von einer gewichtigen Gruppe Palästinenser, die el-Husseinis Alleinvertretungsanspruch ablehnten, zum König eines „vereinten Palästinas und Transjordaniens ausgerufen“. 54 Dieser Schritt wurde auch vom transjordanischen Parlament einstimmig gebilligt und am 20. Dezember wurde Scheich Husam al-Din Jarallah, ehemaliger Präsident des Palestine Moslem Court of Appeal, von König Abdallah zum Mufti von Jerusalem ernannt. Bei Jarallah handelte es sich ausgerechnet um den Nashashibi-Kandidaten von 1921, der von den Briten gezwungen worden war,
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seine Kandidatur zurückzuziehen, um den Weg für seinen Rivalen Amin el-Husseini freizumachen. Abdallah erklärte, die Zeit wäre reif „für eine friedliche Lösung der Palästinafragen mit den Juden“ 55 , und Anfang 1949 wurde Scheich Jarallah auch Präsident des Moslemischen Oberrats, so daß el-Husseini zwei seiner Schlüsselpositionen verlor. 56 Trotz der Schaffung der Gaza-Regierung nahm sein Prestige spürbar ab. Ferner erwies sich seine Verbindung zur fanatischen Moslembruderschaft, die nach Unruhen in Kairo von 1948 bis 1951 verboten wurde, als denkbar ungünstig. 57 Der ägyptische Premierminister legte ihm sogar nahe, entweder seine Gaza-Regierung aufzulösen oder Ägypten zu verlassen, worauf el Husseini Ahmed Shukeiri 58 in den Libanon entsandte, um feststellen zu können, ob die GazaRegierung nach dorthin verlegt werden könne. Aber die libanesische Regierung wich einer diesbezüglichen Stellungnahme aus. 59 Bei einer Konferenz der UN Palestine Conciliation Commission im März 1949 in Beirut fand el-Husseini nur wenig Beachtung. Als es ihm nicht gelang, die gleiche Wertschätzung wie die anderen arabischen Delegierten zu erhalten, drohte er, die Kommission zu boykottieren. Aber auch dieses Vorgehen blieb erfolglos: Die Kommission nahm seine Drohung nicht einmal zur Kenntnis. Ein Protest bei UN-Generalsekretär Trygve Lie wurde ignoriert, und keine arabische Regierung unterstützte nunmehr den Ex-Mufti el-Husseini. Er wurde auch nicht mehr zu den Konferenzen der Arabischen Liga eingeladen. 60 Deren Opposition gegen Abdallahs Intentionen, Teile Westjordaniens zu annektieren, und gegen seit langem kursierende Gerüchte über Friedensverhandlungen 61 zwischen dem König und Israel halfen elHusseini jedoch aus der Versenkung. 62 Es war nunmehr wieder im Interesse der Arabischen Liga – insbesondere Ägyptens – „den Status des Ex-Mufti und seiner Gesamt-Palästinensischen Regierung zu erhöhen“. 63 Trotzdem führte Abdallah unbeirrt am 24. April 1950 die Annexion des nun als Westbank bezeichneten Teils Palästinas durch. Aus dem Königreich Transjordanien wurde jetzt das Königreich von Jordanien. 64 Im letzten Moment hatten Syrien, der Libanon und der Irak einem Ausschluß Jordaniens aus der Arabischen Liga nicht zugestimmt, so daß dieses politische Manöver Ägyptens zur Schwächung Abdallahs scheiterte. Ägypten verlor schnell wieder „sein Interesse an dem Mufti“, der seinen Kampf allein weiterführte. 65 Am 20. Juli 1951 wurde König Abdallah ermordet. Der Mörder, Mustafa Shukri Asho, ein Angehöriger der „Arabischen Nationalisten Organisation für den Heiligen Krieg“, wurde von den Wachen des Königs erschossen. Diese Organisation wurde angeblich im Jahr 1948 von el-Husseini mit dem Ziel gegründet, Palästina vor den Zionisten zu schützen und diejenigen zu bekämpfen, die den Anspruch des Ex-Mufti verneinten, der einzig wahre Vertreter der palästinensischen Araber zu sein. Das AHC „stellte in einer Erklä-
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rung fest“, daß es weder selbst „noch sein Präsident, der frühere Mufti von Jerusalem, in irgendeiner Weise für den Mord an König Abdullah verantwortlich“ sei. 66 Allerdings befand sich Dr. Mussa Abdullah el-Husseini, ein Verwandter des Ex-Mufti, unter den sechs zum Tode Verurteilten, 67 so daß die Ermordung Abdallahs Anlaß zu einem schriftlichen Protest Jordaniens an Kairo gegen el-Husseini und seine „Umtriebe“ gab. 68 Sogar die Moslembruderschaft, die sich seit ihrer Gründung 1928 in Ägypten des Terrorismus befleißigte, verurteilte die Ermordung Abdallahs als „anti-islamische Tat“. Plötzlich wollte auch sie nichts mehr mit „einem arabischen Führer“ zu tun haben, „der immer noch Sympathie“ für das Dritte Reich hatte und sich auch noch ständig darauf berief. Die Moslembruderschaft gab sich jetzt Mühe, das Ansehen des Ex-Mufti gänzlich zu zerstören, und führte in Ägypten und im Gaza-Streifen eine Propagandakampagne gegen ihn durch. 69 Ende 1953 wurde angeblich ein erfolgloses Attentat gegen el-Husseini und das von ihm geführte „Arab Higher Committee“ in Kairo ausgeübt. 70 Obwohl el-Husseini 1944 Professor von Mende gegenüber die Auffassung vertrat, der Panislamismus sei als politische Idee unwirksam geworden, 71 paßte er jetzt wieder in sein politisches Weltbild, denn er bot ihm die Möglichkeit, sein Prestige aufzuwerten. 1951 fungierte er als Präsident der World Muslim Conference in Karatschi, aber die Reaktion der Welt war keineswegs positiv. Die irakische Presse beschrieb ihn als nutzloses Idol, das zerschmettert werden sollte. Besonders kritisch äußerte sich die türkische Presse, die wenig Verständnis für einen panislamischen Block auf rein religiöser Basis aufbrachte. Da die Türkei zu dieser Zeit die Mitgliedschaft in der Nato anstrebte, betrachtete sie eine Union der islamischen Nationen, die rein auf Religion basierte, als „nicht nur nutzlos, sondern auch als schädlich“. Die indische Presse vertrat die Meinung, „alles was Amin el-Husseini angefaßt habe, sei zu Staub geworden“. 72 Inzwischen erregten auch die Wiedergutmachungsverhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel die Gemüter der Araber. „Schon bevor das Abkommen in Luxemburg am 10. September 1952 unterzeichnet wurde, hatten die arabischen Staaten Bedenken angemeldet. […] Deutschland würde dadurch die Achtung und Freundschaft verlieren, die es von jeher in den arabischen Ländern gefunden hat. […] Unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens veröffentlichten die Staaten der Arabischen Liga einen gemeinsamen Protest“, der am 1. Oktober auch Bundeskanzler Adenauer „persönlich überbracht wurde“. Einen „2 Millionen-Auftrag an Siemens“ stornierte die saudi-arabische Regierung ostentativ. 73 Der Besuch einer offiziellen arabischen Delegation im Oktober bei Adenauer, Hallstein und verschiedenen Bundestagsabgeordneten sowie Wirtschaftsvertretern hatte einige unerfreuliche Nebenerscheinungen, denn die „Ara-
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ber fuhren nämlich ‚zweigleisig‘, wie es anschließend in einer offiziellen deutschen Äußerung formuliert wurde“. 74 Sie suchten „auf eigene Faust Kontakte“ zu ehemaligen Nationalsozialisten und ihre „Propagandatätigkeit […] wurde schließlich so sehr zu einem öffentlichen Ärgernis, daß die Bundesregierung ihnen die Abreise nahelegte“. Der Aufruhr in den arabischen Ländern war beträchtlich: General Nagib, der ägyptische Ministerpräsident nach dem Putsch vom 26. Juli 1952, „drohte öffentlich mit dem Abbruch der arabisch-deutschen Beziehungen; die syrische Regierung beendete alle Verhandlungen über eine Beteiligung deutscher Firmen am Ausbau des Hafens von Latakia; einer deutschen Wirtschaftsdelegation, die bereits unterwegs war, wurde die Einreise“ nach Saudi-Arabien „verweigert“. In dieser spannungsgeladenen Atmosphäre wurde auch der ExMufti von Jerusalem wieder aktiv. Ihm nahestehende Zeitungen „appellierten an die Deutschen, indem sie sie an den früheren gemeinsamen Kampf gegen die ‚zionistisch-imperialistische Aggression‘ erinnerten und enthüllten, daß Adenauer in Wirklichkeit wie Roosevelt ein ‚Werkzeug des Weltjudentums‘ sei“. 75 Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das deutsch-israelische Wiedergutmachungsabkommen schrieb der Mufti am 2. August 1952 von Kairo aus an Bundeskanzler Adenauer, die „Bundesregierung solle das Arabische Hohe Komitee als einzige politische Vertretung der Araber Palästinas anerkennen und es wegen der jüdischen Kompensationsansprüche konsultieren. Er sprach ungeniert von dem ‚gemeinsamen Interesse‘ des deutschen Volkes und der arabischen und muslimischen Völker. Auf Empfehlung des Auswärtigen Amtes wurde die Note nicht beantwortet: Das Komitee habe weder Einfluß auf die Araber in Israel noch in Jordanien. Vor allem aber: ‚Die Einstellung des Muftis ist in schärfster Form antijüdisch und europafeindlich‘“. 76 Allerdings war das Prestige el-Husseinis nicht mehr aufzuwerten. Als Nagib wegen seiner gemäßigten Politik vom Revolutionsrat im November 1954 endgültig abgesetzt wurde und Nasser das Amt des Staatspräsidenten übernahm, wurde diesem seine frühere Verbindung zur Moslembruderschaft übelgenommen, die sich gegen jegliche politische Veränderung stellte und ganz im Sinne des Ex-Mufti einen nur vom Islam geprägten Staat anstrebte. Ägyptens erstes Handelsabkommen mit der ‚gottlosen‘ Sowjetunion erregte die Gemüter der Moslembruderschaft, und ein Attentatsversuch auf Nasser wurde ihr zur Last gelegt, so daß sie erneut für illegal erklärt wurde. In diesem Klima hielt es el-Husseini für ratsam, sich jeglicher panislamischen Aktivität zu enthalten. Dennoch wurde er von Nasser zum Verlassen Ägyptens aufgefordert, und 1959 verlegte er sein Hauptquartier von Kairo in den Libanon. 77 Der ägyptische Staatschef war der „Ansicht,
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daß der alte Palästinenserführer eine Zeit symbolisierte, die der Vergangenheit angehörte, und daß er sich sowieso durch seine Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschland in Mißkredit gebracht hatte“. 78 Natürlich spielten hier Nassers Verbindungen zur Sowjetunion, die ihre Position in Ägypten konsolidiert hatte, eine entscheidende Rolle. Aus Rücksicht auf seinen neuen Verbündeten konnte er keine offene Sympathie mehr für das ehemalige Dritte Reich bekunden, was jedoch keinesfalls die anti-jüdische Kampagne abschwächte. Im Libanon sparte der Ex-Mufti nicht mit seiner Kritik an der UNO und den USA, die er für die Situation in Palästina und die Gewährung der deutschen Wiedergutmachung verantwortlich machte. 79 Anscheinend hatte er die guten, in seiner Charta von 1948 zum Ausdruck gebrachten Absichten revidiert, denn er schlug jetzt unmißverständlich vor, daß die Juden aus Israel in die USA auswandern sollten, wo es ohnehin fünf Millionen Juden gebe. 80 Der Ex-Mufti war nach wie vor keineswegs bereit, sang- und klanglos von der politischen Bühne abzutreten. Er fing nun an, die Rivalitäten zwischen „Nasser einerseits und Kassem (Irak), König Saud (Saudi-Arabien) und König Hussein (Jordanien) andererseits“ zu seinen eigenen Zwecken auszunutzen. 81 Im November 1959 gab el-Husseini ein Memorandum 82 heraus, in dem er die Resolution der UNO über Palästina ablehnte und die Schaffung einer palästinensischen Armee forderte. Er griff diejenigen arabischen Länder an, die für die Implementierung der UN-Resolutionen bezüglich der palästinensischen Flüchtlinge waren, und verlangte, daß alle Palästinenser zwischen 18 und 50 Jahren der Wehrpflicht unterzogen werden sollten. Es gelang dem Ex-Mufti, Kassem für sich zu gewinnen, und im Januar 1960 wurde das Memorandum in Bagdad veröffentlicht. Kassem betonte, daß Palästina der Aggression von Feinden und Dieben unterworfen sei, womit keinesfalls nur Israel gemeint wurde, sondern auch Jordanien (Westbank) und Ägypten (Gaza-Streifen). Am 14. April rief Kassem die 5 000 Palästinenserflüchtlinge im Lande zur Bildung einer „Palestine Liberation Army“ auf. 83 Somit wurde das Palästinenserproblem zum neuen Spielball innerarabischer Rivalitäten, denn Nasser fühlte sich verpflichtet, auf das Memorandum des Ex-Mufti einzugehen. Am 5. April hatte „Al Ahram“ berichtet, daß eine Freiwilligenarmee der Palästinenser in der Vereinigten Arabischen Republik (VAR) im Gaza-Streifen aufgestellt werde. In seiner ersten Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 28. September verurteilte Nasser die Resolution zur Teilung Palästinas vom Jahr 1947. 84 Amman und Kairo waren keineswegs mit der Beziehung, die der ExMufti zu Bagdad unterhielt, einverstanden und riefen dazu auf, ihn des Landes zu verweisen, da sein Aufenthalt im Libanon die normalen Beziehungen
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zwischen Ägypten bzw. Jordanien und dem Libanon gefährdete. 85 Als im Juli 1961 der Ex-Mufti die ersten Einheiten der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA) in Bagdad inspizierte, gab er seine bisherige politische Taktik des Schürens aus dem Hintergrund auf und lobte in aller Öffentlichkeit den Beitrag des Irak zur „gemeinsamen arabischen Sache“. Prompt darauf ließ Ägypten wissen, „daß es keine Solidarität mit Saud, Hussein, Kassem und den Verschwörern in Syrien geben könne. […] Die arabische Solidarität beginne mit deren Ausrottung.“ Bald wurde auch der Name des „Opportunisten“ el-Husseini in die Liste der vielen Verräter aufgenommen, die „der arabischen Sache den Dolch in den Rücken stoßen“. 86 Von der Uneinigkeit der Araber untereinander profitierte der Ex-Mufti: Am 2. Mai 1962 traf er in Bagdad ein, um das Palästina-Problem und den jordanischsaudi-arabischen Vorschlag zu dessen Lösung zu besprechen. Anschließend fuhr er zu dem großen moslemischen Kongreß (Rabitat al-A’lam al-Islami) nach Mekka, wo Nassers arabischer Sozialismus angegriffen wurde. Von dort aus kehrte er nach Bagdad zurück, wo er dem 5. Islamischen Weltkongreß präsidierte, der am 29. Mai eröffnet wurde. Der Ex-Mufti ritt nun wieder auf einer Welle der Popularität, die jedoch im September abebbte, als das Regime des Imam Ahmed im Jemen von einer pro-Nasser ausgerichteten Junta gestürzt wurde. Somit gewann Nasser an Bedeutung, und es wurde el-Husseini klar, daß seine pro-Kassem-Orientierung doch etwas zu voreilig war. Aus diesem Grund suchte er die Annäherung an Nasser, der aber keineswegs geneigt war, das Geschehene zu vergessen: Der Ex-Mufti wurde von ihm gänzlich ignoriert. 87 Auch die meisten palästinensischen Führer hatten sich ohnehin von ihm abgewandt und sich in zwei politische Lager geteilt – „ein projordanisches und ein proägyptisches“. 88 Ein weiterer Grund für das Nachlassen des Einflusses el-Husseinis lag darin begründet, daß eine neue Generation heranwuchs, die die Auffassung vertrat, daß das „semi-feudalistische patriarchalische“ System jede politische Entwicklung verzögere. 89 Es bildeten sich kleine Gruppen, „die im Untergrund arbeiteten“ und sich eine „Einheitsfront aller Palästinenser“ zum Ziel gesetzt hatten. 90 Hinzu kam, daß die Vereinigung palästinensischer Studenten in Kairo, die u. a. von Jassir Arafat und Abu Ijad gegründet und geführt wurde, über die Internationale Studentenorganisation Kontakte zur nicht-moslemischen Welt, insbesondere zu den sozialistischen Ländern Europas, herstellte, 91 und es versteht sich von selbst, daß in diesem Zusammenhang die nationalsozialistische Vergangenheit des Ex-Mufti einen wesentlichen Störfaktor darstellte, den es nach Möglichkeit herunterzuspielen oder gar zu verharmlosen galt. So schrieb der Fatah-Funktionär, Abdallah Frangi: „Hadsch Amin durfte zwar in Berlin bleiben, wurde aber von den Deutschen vollkommen ignoriert.“ 92
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Im Nahen Osten überstürzten sich die politischen Ereignisse: Am 7. Februar 1963 bereitete der Putsch im Irak dem Regime Kassems ein Ende, und die neue irakische Regierung rückte von el-Husseini ab. Im März stürzte auch die Anti-Nasser-Regierung in Syrien. Der politische Einfluß des Ex-Mufti wurde somit in beiden Ländern zunichte gemacht. Das politische Komitee der Arabischen Liga beschloß im September, daß Ahmed Shukeiri als Vertreter für Palästina innerhalb der Liga fungieren sollte. Er wurde befugt, eine palästinensisch-arabische Delegation seiner Wahl zu bilden, die die Sache Palästinas vor der UNO vertreten sollte. Unterstützt von Ägypten und dem Irak ging Shukeiri als zentrale Figur der Palästinenser hervor, und die „Proteste des Mufti und des AHC blieben unberücksichtigt“. 93 Am 1. Juni 1964 trat „in Jerusalem der 1. Palästinensische Nationalrat“ zusammen. Die Versammlung beschloß „die Gründung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO)“, von der sich Nasser „nicht nur eine Ventilfunktion für die politischen Bestrebungen der Palästinenser“ erhoffte; „sie sollte ihm auch als Instrument zur Einwirkung auf die gesamte arabische Politik von Nutzen sein. Solange Shukeiri als Vertrauter Nassers die PLO führte, war die arabische Einflußnahme gesichert. Shukeiri selbst traf keine wichtige Entscheidung innerhalb der PLO ohne vorherige Beratung mit Nasser“. 94 El-Husseini führte eine Kampagne gegen Shukeiri durch, aber er konnte nicht mit der Hilfe der anderen arabischen Staaten rechnen, auch wenn diese keineswegs geschlossen hinter Shukeiri standen. Sie wagten es indes nicht, in aller Öffentlichkeit gegen Nasser zu opponieren. 95 Im März 1967 traf auf Einladung König Husseins der Ex-Mufti in Jerusalem ein. Aufgrund der politischen Unruhen, die seit November 1966 in der Westbank herrschten, wollte der König anscheinend die Unterstützung elHusseinis „für seinen Versuch gewinnen, die Palästinenser von der PLO zu trennen“. 96 Über diesen Besuch berichtete die ägyptische Presse, daß der König und der Ex-Mufti eine „neue palästinensische Bewegung bilden wollten, die eine direkte Konfrontation zwischen Jordanien und der PLO vermeiden sollte“. Auf jeden Fall ist anzunehmen, daß König Hussein den Einfluß Shukeiris schmälern und sich in Anbetracht der kommenden Wahl bei den Palästinensern beliebt machen wollte. Nach dreißigjähriger Abwesenheit verursachte jedoch der Besuch des früheren Mufti von Jerusalem wenig Aufsehen. Das ganze „Vorhaben scheiterte“, weil el-Husseini „sein Prestige unter den Palästinensern eingebüßt hatte“. 97 Die Ausbreitung der revolutionären Bewegung in der arabischen Welt in den frühen fünfziger Jahren trug am meisten zum Verlust des Einflusses el-Husseinis bei. Die Ideale der Bewegung standen im Gegensatz zu den traditionellen Zielen der arabischen Gesellschaft und waren demnach dem
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Ex-Mufti als religiösem Führer nicht akzeptabel. Hätten religiöse Gruppen, wie z. B. die Moslembruderschaft, den Kampf gegen die revolutionäre Bewegung gewonnen, so hätte el-Husseini viel von seinem verlorenen Prestige und Einfluß wiedererlangen können. Unter den gegebenen Umständen jedoch spielte er keine wesentliche Rolle mehr. Aus seinem Exil im Libanon stattete er nunmehr nur noch den Ländern „gelegentliche Besuche“ ab, die gegen die revolutionäre Bewegung opponierten.98 Die meisten palästinensischen Führer zogen es aber vor, sich eher unter der Führung eines revolutionären Regimes als unter der eines Ex-Mufti zu organisieren, der offenbar nicht begreifen konnte, daß sich die Zeiten geändert hatten, und der auch nicht in der Lage war, sich entsprechend anzupassen. „Trotz einer Niederlage nach der anderen“ hatte er keine Bereitschaft gezeigt, seine Ziele und seine „negativen“ Methoden ändern zu wollen. 99 In den ersten zwei oder drei Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg hatte el-Husseinis Meinung als maßgebend für Palästina gegolten. So konnte er Richtlinien für die Verhandlungen zunächst mit den Briten und dann mit den Vereinten Nationen festlegen. Wären seine Ansichten bzw. Äußerungen etwas gemäßigter gewesen, so hätte es durchaus dazu kommen können, daß die Großmächte einen „Kompromißplan unterstützt hätten“, der die Einheit Palästinas unter einer Regierung aufrechterhalten hätte: Araber und Juden hätten als „gleichberechtigte“ Partner leben können.100 Statt dessen betrieb el-Husseini eine Politik, die sein Volk in die Flüchtlingslager führte. „Er war skrupellos im Gebrauch der Macht“ sowohl „gegen die Juden“ als auch „gegen arabische Konkurrenten“. 101 Von dem Moment an, als die anderen arabischen Staaten im Jahr 1948 gegen den Staat Israel militärisch intervenierten, entglitt ihm die Führerschaft der Palästinenser; auch sein Einfluß ließ beträchtlich nach, so daß seine Person letztendlich nur noch „symbolischen“ Wert hatte. 102 Auch ausschlaggebend für das Ende der politischen Bedeutung el-Husseinis war die von Nasser unterstützte Gründung der PLO im Jahr 1964. 103 Seine alten NS-Freunde hielten ihm aber weiterhin die Treue. So wurde er z. B. in seinem Exil im Libanon des öfteren von Hitlers Schweizer Bankier François Genoud besucht. Diese Freundschaft bestand schon seit Jahrzehnten; bereits 1936 empfing der Mufti Genoud in Jerusalem. „Die Begegnung mit ihm ist nach der mit Hitler das zweite große politische Ereignis im Leben François Genouds.“ 104 1941 traf er Amin el-Husseini in Berlin. „François Genoud steht eng mit dem Büro des Muftis in Verbindung, um aus nächster Nähe das geheimste Kapitel seiner Ankunft zu verfolgen: das Eintreffen seiner Gelder in Berlin. Denn der Kriegsschatz des Großmuftis wird in die Reichshauptstadt transferiert. Es handelt sich um Gelder, die für den Kauf von Waffen und die materielle Organisation des palästinensischen
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Aufstandes bestimmt sind und bei Eintreffen des Muftis bei der Deutschen Reichsbank eingezahlt werden.“ 105 Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß trotz der antijüdischen Politik im Nahen Osten die NS-Vergangenheit el-Husseinis eine wesentliche Rolle in seinem politischen Niedergang spielte. Nach der militärischen Intervention der arabischen Länder im Jahr 1948 wurde das PalästinenserProblem zu einer gesamtarabischen Angelegenheit. Zeigten die West-Alliierten des Zweiten Weltkrieges aufgrund ihrer eigenen politischen und ökonomischen Interessen eine erstaunliche und bemerkenswerte Nachsichtigkeit hinsichtlich der Zusammenarbeit des Mufti mit den Nationalsozialisten, so empfanden nunmehr die arabischen Staaten seine Kriegsaktivitäten als peinlich. 106 Er habe sich „in Mißkredit“ 107 gebracht. Daß er sich mit den Nationalsozialisten verbündete, war „ein Fehler, den wir alle mit größtem Nachdruck verurteilen“. 108 Ferner hatte sich zumindest bei manchen Arabern die Erkenntnis durchgesetzt, „daß nach Hitlers ‚Rassenlehre‘ die Araber im Hinblick auf ihre ‚Qualität‘ an vierzehnter Stelle, d. h. noch hinter den Juden rangierten. Hätte Deutschland den Krieg gewonnen, hätte dies für die palästinensischen Araber eine noch grausamere Besetzung bedeutet als die, die sie unter dem britischen Mandat erlebt hatten“. 109 Wie sagte Abu Ijad so treffend: „Man muß bereit sein, Kompromisse einzugehen, wenn man nicht – wie Hadsch Amin El-Husseini sein Leben im Exil beenden will.“ 110 Am 4. Juli 1974 starb der kompromißlose Jerusalemer Potentat Amin el-Husseini mit 77 Jahren im Exil im Libanon. Unter den Trauergästen befand sich auch Jassir Arafat. 111 Abgesehen von dieser Geste erinnert nur wenig an den ehemaligen Großmufti. Es wurde keine Straße nach ihm benannt oder ein Denkmal zu seinen Ehren errichtet. Dies ist ohne Zweifel der Beweis einer gescheiterten Politik. 112 Daß Arafat mit el-Husseini verwandt war, ist nicht zu leugnen, aber so eng – wie von vielen Autoren behauptet – war diese Verwandtschaft nicht. Es steht aber fest, daß Arafat von seiner Beziehung zum Mufti profitierte. So erhielten er und andere Studenten mehrfach auch „Geheime Unterrichtsstunden von einem deutschen Offizier, der mit Hadsch Amin nach Ägypten gekommen war. Der Zweck war die Ausbildung für militärische Kommandounternehmen“. 113 Als Arafat später die Fatah gründete, „kam der größte Teil des Geldes von Hadsch Amin. […] Er hatte den Eindruck, daß Arafat der richtige Führer für die palästinensische Nation war“. 114 Genau wie Amin el-Husseini verstand es die PLO, Geld aus den verschiedensten Ländern und Quellen heranzuschaffen, wobei die EU und die UNO immer noch eine durchaus führende Rolle spielen, denn von ihnen hat kein Volk so viel Geld erhalten wie die Palästinenser. Jahrelang hat die EU Geld an die Palästinensische Autonomiebehörde
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(PA) überwiesen, ohne sich allzu große Gedanken zu machen, wofür dieses Geld ausgegeben wurde. Seit 2006 wird zwar darauf geachtet, daß diese Finanzmittel an den Präsidenten Abbas gehen, aber es wird immer noch nicht überprüft, ob die Gelder an die bedürftigen Palästinenser und nicht an die Fatah-Bewegung gelangen. Ohne Druck von der EU werden die palästinensischen Führer den bewaffneten Gruppierungen immer den Vorzug geben. 115 Aufgrund der Korruption und Mißwirtschaft ihrer Behörde hat die Bevölkerung also kaum von fremder Finanzhilfe profitiert. Dieser Mißstand führte dazu, daß sich viele Palästinenser der Hamas zuwandten, deren Dawa-Netzwerk eine ganze Reihe von Organisationen beinhaltet, die verschiedene Dienstleistungen und soziale Einrichtungen auf allen Gebieten (Wohlfahrt, Bildung, Gesundheit, Religion etc.) anbietet. Da die Dawa (arab. Predigt oder Aufruf) diese Leistungen gratis oder zu einem symbolischen Preis zur Verfügung stellt, gilt sie für viele Palästinenser als Alternative zur korrupten Fatah-Regierung. Sogar die Angehörigen von HamasTerroristen, die bei einem Selbstmordattentat getötet oder verwundet wurden, erhielten großzügige finanzielle Unterstützung. 116 Das Ergebnis dieser Politik wurde Anfang 2006 an den Wahlurnen honoriert. Zur Zeit reitet Hamas noch auf einer Welle der Popularität unter großen Teilen der palästinensischen Bevölkerung, und die Tatsache, daß politische und finanzielle Sanktionen verhängt wurden, scheint nichts daran zu ändern. Fatah hat die Wahl aufgrund der flagranten Korruption unter seinen „senior officials“ verloren. Diese sind trotzdem im Amt geblieben und blockieren den politischen Aufstieg der nachfolgenden Generation in der Partei. Somit hat Hamas wenig von der Fatah zu befürchten und sieht keinen Anlaß, Konzesssionen einzugehen, zumal die große Mehrheit der Bevölkerung nicht gegen ihre Politik protestiert. Solange sie aber nicht für einen politischen Wandel demonstriert, bleibt jeder von den USA, Europa, Israel und der Fatah ausgeübte Druck wirkungslos. 117 Die Fatah, die zumindest den Anschein erweckt, sie sei bereit, mit Israel zusammenzuarbeiten, kann sich gegen die nach dem Tod Arafats immer stärker werdende Hamas nicht mehr durchsetzen, auch wenn Beträge in Millionenhöhe in eine Kampagne zur Diskreditierung der Hamas investiert wurden. Letztere erhält die volle Unterstützung Irans für ihre anti-israelische Politik und die von ihr vertretene Islamisierung. In dieser Hinsicht sollte darauf hingewiesen werden, daß sich die Ziele Arafats, was Israel betraf, kaum von denen der Hamas unterschieden, auch wenn er es gut verstand, die westliche Welt zu täuschen. „Dem Westen brachte der Nobelpreisträger jede gewünschte Friedensfloskel, der arabischen Seite jede erforderliche Haßschablone dar. Nur wenige Tage nach dem Osloer ‚Friedensabkommen‘ war dieser Könner der organisierten Machtdialektik zu
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Rückkehr in den Nahen Osten
vernehmen: ‚Für uns bedeutet Frieden die Zerstörung Israels. Wir bereiten uns auf einen totalen Krieg vor. […] Wir sind zum gefährlichsten Feind geworden, den Israel hat. Wir werden nicht ruhen […], bis wir Israel zerstört haben.‘“ 118 Arafats Mentor, Amin el Husseini, hätte es nicht präziser formulieren können. Leider haben „weder Arafat noch andere Mitglieder der Familie Husseini sich je von der Kollaboration Hadsch Amins mit den Nazis, von seinen Kriegsverbrechen und seiner aktiven Beteilung an der Vernichtung der Juden Europas distanziert“, 119 obwohl er, laut Johnson, sein ganzes Leben als Erwachsener dem Rassenmord gewidmet hat und sogar Hitler in seinem Haß gegen die Juden übertraf. Er war nicht nur der Stammvater aller Selbstmordattentäter und solcher Killernetzwerke wie Al Qaida, sondern auch die Brücke zwischen dem Antisemitismus der Nationalsozialisten und der arabischen Welt. 120 Janet und John Wallach, die zahlreiche Interviews mit Arafat, seinen Verwandten und Aktivisten der Intifada geführt haben, schreiben: „Arafat hat so viel Angst vor den Hardlinern und ist so besorgt um seine eigene Macht in der PLO, daß er nicht von der Stelle kommt. Und vielleicht wird er, so fühlen sie, noch einmal die Chance verpassen. Sie geben zu, daß die Palästinenser sich mit Sadat zusammen an den Verhandlungstisch hätten setzen sollen. Sie erinnern sich auch an frühere Chancen. Obwohl sie seinen Namen nicht erwähnen, beziehen sie sich auf Arafats Mentor Hadsch Amin al-Husseini, den ersten und bedeutendsten Führer am Anfang des Kampfes für den palästinensischen Nationalismus, der 1947 die Teilung abgelehnt hatte. Hätte er sich für eine Annahme dieser Teilung eingesetzt, hätten die Palästinenser damals ihren Staat bekommen, und der Staat wäre größer und reicher gewesen als alles, was ihnen jetzt angeboten werden könnte.“ 121
Resümee und Epilog Nach dem Ersten Weltkrieg fühlten sich die Araber im früheren Osmanischen Reich durch die Bedingungen des Versailler Vertrages betrogen. Sie betrachteten sich als Verlierer wie die Deutschen, denn die arabischen Nationalisten hatten gehofft, daß, nachdem das Joch der türkischen Herrschaft abgeworfen war, sie ihre Freiheit erhalten würden. Jedenfalls hatten sie die Kriegsversprechungen der Briten so interpretiert. In Palästina wurden ihnen die Bedeutung und die Konsequenzen der Balfour-Deklaration mit einiger Verzögerung klar. In dieser erst im Mai 1920 in Palästina offiziell veröffentlichten Erklärung hatten sie zunächst lediglich eine Verlegenheitstaktik der Briten gesehen, um Amerikas Beitritt zum Krieg zu beschleunigen. Den Notabeln war die Etablierung der britischen Verwaltung äußerst suspekt, denn aus der osmanischen Zeit waren sie es gewohnt, als Großgrundbesitzer und Inhaber von vielen Ämtern weitgehend über das Volk zu bestimmen, wobei ihnen oft freie Hand gelassen wurde. Die britischen Versuche, die Bestimmungen der Balfour-Deklaration durchzusetzen und eine nationale Heimstätte für die Juden in Palästina zu gründen, stießen jetzt auf den Widerstand der dort ansässigen arabischen Bevölkerung. In den späten 1930er Jahren erreichte ihre Unzufriedenheit einen Höhepunkt, als militante Nationalisten eine starke Anhängerschaft mobilisierten und damit das Anwachsen einer oppositionellen Bewegung begünstigten, die sich nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen die Briten richtete. Der bedeutendste Führer dieser Bewegung war der Mufti von Jerusalem, Amin el-Husseini. Als die erste Desillusion nach dem Ersten Weltkrieg eintrat, nahmen die Araber Kontakte zu Deutschland auf und setzten sich sogar dafür ein, daß die Palästinadeutschen zurückkehren durften. Von dieser Seite erhofften sie sich Verständnis und Unterstützung für ihre eigene Sache. Allerdings war von der schwachen Weimarer Republik, die auch Mitglied des Völkerbundes und somit Garant der Balfour-Deklaration wurde, wenig zu erwarten, denn sie betrachtete die zionistische Bewegung als das geeignete Mittel, die Ziele Deutschlands auf politischer und kommerzieller Ebene zu realisieren. Trotzdem blieben den Arabern weder die extrem antijüdischen Tendenzen während der Weimarer Republik noch die internen Auseinandersetzungen innerhalb der jüdischen Gemeinden in Deutschland ver-
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borgen, die ganz besonders nach den Unruhen in Palästina 1929 mit neuer Kraft entflammten. In den Mandatsgebieten wuchs der Drang nach Freiheit zusehends, und sowohl die Briten als auch die Franzosen wurden mit einer schwierigen Situation konfrontiert, denn die Länder in ihrer Obhut richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Erfolge, die in den Nachbarländern erzielt wurden. Bereits 1922 hatte Ägypten eine begrenzte Selbständigkeit erreicht, aber es war der Irak, der als erstes Land die volle Unabhängigkeit errang und zum Hauptorientierungspunkt der arabischen Nationalisten wurde. An einen Alleingang dachte Palästina zunächst allerdings nicht, denn das Land versprach sich mehr von einem Zusammenschluß mit Syrien. Diese Vereinigung würde ihnen eine Chance einräumen, der ‚zionistischen Gefahr‘ entgegenzuwirken. Sowohl die britische Militär- als auch Zivilverwaltung in Palästina waren von Anfang an darauf bedacht, die Oberhand zu behalten, und machten zu diesem Zweck weitgehende Konzessionen an die Araber. Mehrere führende britische Beamte nahmen dort eine betont pro-arabische Haltung ein. El-Husseini, Sprößling einer Notabelnfamilie und seit jeher fanatischer Nationalist, bot diese Situation eine äußerst günstige Gelegenheit, seine eigenen politischen Ziele zu verwirklichen. Seine früheren Jahre in Ägypten, wo der Drang, den ausländischen Einfluß abzuwerfen, besonders stark war, hatten ihn geformt. Außerdem hatte er in der Türkei gegen die Briten gekämpft, und er teilte die osmanische Bewunderung für die deutsche Militärdisziplin. Nach dem Krieg erlebte er in Palästina, wie die britische Mandatsmacht den Aufbau der jüdischen nationalen Heimstätte förderte. Ferner mußte seine Familie versuchen, die Macht der rivalisierenden Nashashibis zu brechen, die im Gegensatz zu den Husseinis von einer Zusammenarbeit mit den Briten mehr Vorteile für die Araber erhofften. Da seit langem in der traditionellen arabischen Gesellschaft eine extreme Haltung mehr Gewicht als eine gemäßigte besaß, ergriff nunmehr auch el-Husseini extremistische Methoden, um die Unterstützung des Volkes für seinen Kampf gegen die Briten und seine politischen Gegner zu gewinnen. Aufgrund seiner Beteiligung an den Unruhen von 1920 mußte er zunächst nach Syrien fliehen, auf das er seine Hoffnungen gesetzt hatte, und mitansehen, wie das dortige arabische Regime durch die französische Militärmacht gestürzt wurde. Trotz Verurteilung in absentia zu zehn Jahren Gefängnis wurde er vom Hochkommissar Samuel begnadigt, und er verstand es, unter höchst umstrittenen Umständen Mufti von Jerusalem zu werden. Zuvor er Samuel gegenüber seinen ernsthaften Wunsch, mit der Regierung kooperieren zu wollen. Die Ernennung zum Mufti wurde aber in Anbetracht des massiven
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Protestes der Nashashibis von der britischen Mandatsregierung niemals offiziell bestätigt, so daß el-Husseini im April 1921 das Amt stillschweigend übernahm. Ein Erlaß vom Dezember des gleichen Jahres schuf einen Moslemischen Oberrat, auf dessen Zusammensetzung der Regierung kein Einfluß eingeräumt werden sollte und über dessen Verwaltung der waqf-Fonds die Regierung keine Kontrolle haben sollte. Samuel ernannte den Mufti von Jerusalem zum Präsidenten dieses Moslemischen Oberrats, und – ohne daß die Briten seinen Aufstieg wirklich wahrnahmen – wurde er zum einflußreichsten Araber Palästinas. Der Peel-Report ging sogar so weit, ihn als Haupt einer Parallelregierung in Palästina zu bezeichnen. An diesem Zustand war die britische Mandatsregierung selbst nicht unschuldig. Einige pro-arabische Beamte taten ihr möglichstes, die Stellung des Mufti aufzuwerten, und trotz der Unruhen von 1920, 1929 und 1933 glaubten die Briten, daß sie mit Hilfe des Mufti den für das Empire und dessen Verbindungswege so wichtigen Frieden wiederherstellen könnten. Die Politisierung des Landes und die Internationalisierung des PalästinaProblems begann eigentlich im Dezember 1920 mit der Gründung der Arabischen Exekutive. Sie arbeitete bis 1923 darauf hin, die politischen Elemente im Land zu vereinigen, um ihren Anspruch zu stärken, die palästinensischen Araber vor der britischen Mandatsmacht und dem Völkerbund zu vertreten und um unterstreichen zu können, daß die Araber in ihrer Gesamtheit das Programm der Zionistischen Bewegung ablehnten. Das Inkrafttreten des britischen Mandats bewirkte jedoch, daß die pro-zionistischen Klauseln in der Mandatsschrift nicht mehr geändert werden konnten, so daß die Arabische Exekutive eine tiefgehende Krise erlitt, die durch den Antagonismus zwischen den Husseinis und Nashashibis zusätzlich verschlimmert wurde. Diese Schwächung kam el-Husseini nicht ungelegen, der in der Zeit der relativen Ruhe nach 1921 seine Position als Mufti und dann als Präsident des Moslemischen Oberrats festigen konnte, wozu er die Unterstützung der Regierung brauchte. In dieser Zeit begann eine Entwicklung, in der den Notabeln und Großgrundbesitzern die Initiative in der arabischen Nationalbewegung entglitt und in die Hände el-Husseinis und des Moslemischen Oberrats überging. Aus den Unruhen von 1929 ging der Mufti als bedeutendster Führer der palästinensischen Araber hervor. Die Atmosphäre im Land lieferte einen fruchtbaren Boden für das Entstehen radikaler Organisationen, deren Auftritte sich ab 1931 häuften. Die Rolle der jungen Männer in den faschistischen und nationalsozialistischen Bewegungen in Deutschland und Italien diente den jungen arabischen Radikalen als Beispiel und Quelle der Inspiration. Die Istiqlal-Partei wurde 1932 gegründet, und im Rahmen des Panarabismus wurde Palästina erneut als Südsyrien bezeichnet. An der Radika-
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lisierung war der Mufti selbst aktiv beteiligt, wobei er zugleich darauf achtete, daß die Briten nach wie vor glaubten, er sei zur Kooperation mit ihnen bereit. Zum italienischen Faschismus nahm el-Husseini schnell Verbindung auf, auch wenn dieser Schritt von manchen arabischen Führern mit Argwohn und Mißbilligung betrachtet wurde. Die Araber waren sich durchaus der expansionistischen Intentionen Roms bewußt und trauten Italien nicht. Trotzdem fand der Faschismus unter vielen Arabern Anklang, da er im Grunde der feudalistischen Einstellung der arabischen Notabeln entsprach. Unter diesen Umständen war es nicht verwunderlich, daß die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland eine Begeisterungswelle der Anerkennung und den Wunsch nach Nachahmung in einigen arabischen Ländern auslöste. Deutschland verkörperte nunmehr das Land, das seine Ziele endlich erreicht hatte. In den arabischen Ländern wuchs eine aktive Jugendbewegung nach deutschem Vorbild heran, und ein reger Studentenaustausch fand statt. Vor allem fand die Judenpolitik der Nationalsozialisten die Zustimmung der Araber, die geflissentlich die Tatsache ignorierten, daß gerade diese Politik zu einem Anstieg der jüdischen Einwanderungsquoten nach Palästina führte. Nach wie vor war der Mufti bemüht, bei den Briten den Anschein der Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten. Insgeheim aber förderte er die Jugendbewegung nach deutschem Muster in Palästina. Für die meisten radikalen Araber galt el-Husseini als Vorbild. Gleich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war er beim deutschen Konsul Wolff vorstellig geworden, wobei die Initiative eindeutig von ihm ausging. Immer wieder ließ er die deutschen politischen Stellen in Jerusalem wissen, daß er nach aktiver Unterstützung im Ausland suche. Sein Anliegen erzeugte jedoch eine schwierige und komplexe Situation für die deutsche Regierung, da Hitler sich nur ungern mit Aktivitäten beschäftigen wollte, die den Status von Großbritanniens imperialem Besitz bedrohen würden und seinen eigenen Bemühungen Abbruch tun könnten, freie Hand in zentral- und osteuropäischen Angelegenheiten zu erlangen und zu erhalten. Er machte sich deshalb diesbezüglich eine gemäßigte Haltung zueigen und weigerte sich, den arabischen Rebellen in Palästina Waffen zu liefern. Unruhen in Palästina waren aus deutscher Sicht nur interessant, wenn sie die britische Aufmerksamkeit vom Geschehen in Europa ablenkten. Aber es darf nicht außer acht gelassen werden, daß Hitlers ‚Englandpolitik‘ zunächst eine Verständigung mit den Briten vorsah. Ferner stellte das Haavara-Abkommen ein interessantes Geschäft für Hitler dar, der Palästina als ideales Einwanderungsland für die Juden betrachtete. Dieses Abkommen bot ihm in der Tat viele Vorteile: Vor allem aber war es eine bedeutende
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Gegenmaßnahme gegen den Boykott deutscher Waren. So wurde dieser Boykott ausgerechnet in Palästina mißachtet. Ferner trug das Haavara-Abkommen zu einer Reduzierung der Arbeitslosigkeit in Deutschland bei. Auch wenn der Absatzmarkt in Palästina relativ klein war, bedeutete das Abkommen doch ein Exportgeschäft und stellte für die Nationalsozialisten eine „Lösung der Judenfrage“ dar. In Deutschland selbst war diese Politik äußerst umstritten. Viele NS-Größen waren gegen das Haavara-Abkommen; aber es war ihnen nicht möglich, gegen die Entscheidung Hitlers anzugehen. El-Husseini befürwortete die deutsche Kampagne gegen die Juden, deren einziger Schönheitsfehler aus seiner Sicht die Auswanderung der Juden nach Palästina war. Doch auch in dieser Hinsicht gab es Lichtblicke. Gutinformiert, wie er stets war, blieben ihm die Meinungsverschiedenheiten in den Reihen der Nationalsozialisten nicht verborgen. So hoffte er, die Unterstützung der deutschen Kolonien in Palästina zu erhalten. Naturgemäß waren die Palästinadeutschen Gegner des Haavara-Abkommens, denn es räumte den Juden ein Monopol im Geschäft mit Deutschland ein. Aber von dieser Seite konnte der Mufti ohne weiteres nicht viel erwarten: Wenn es darauf ankäme, wäre Hitler durchaus bereit, die Palästinadeutschen im Stich zu lassen, auch wenn er eine intensive und recht erfolgreiche NS-Propaganda unter ihnen verbreitete. Sie wurden angehalten, sich der Mandatsregierung zu fügen und sich keineswegs in die britische Politik einzumischen. Die arabische Bevölkerung sollte von den Palästinadeutschen keine politische Ermutigung erhalten, denn der Nationalsozialismus war lediglich für Deutsche da und durfte nicht als Exportartikel betrachtet werden. Erst der Peel-Report führte zu einer Änderung im deutschen Verhalten, denn das ganze Konzept eines jüdischen Staates in Palästina paßte nicht in das politische Weltbild der Nationalsozialisten. Außerdem verflogen nach dem Münchener Abkommen alle Hoffnungen auf eine Verbesserung im deutsch-britischen Verhältnis, so daß Hitler sich entschloß, seine Politik der Zurückhaltung im Nahen Osten aufzugeben, soweit es die Beziehungen zu Italien zuließen. Zu diesem Zeitpunkt brodelte es in ganz Palästina. Terroraktionen waren an der Tagesordnung, und die arabische Bevölkerung selbst wurde von den Banden el-Husseinis eingeschüchtert. Ehrgeizig, intrigant und von der Macht besessen, arbeitete der Mufti unermüdlich auf eine Internationalisierung des Palästina-Problems hin. Er appellierte an alle arabischen Länder, sich für das Land einzusetzen, was sich eigentlich nicht als allzu schwierig erwies, zumal der Irak, Syrien, SaudiArabien und Transjordanien eigene politische Vorstellungen bezüglich Palästinas hegten. Auch an die indischen Mohammedaner richtete el-Husseini seinen Appell. Er besuchte Indien, um Geld für die Restaurierung des Fel-
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sendoms und der Al Aqsa-Moschee zu sammeln, denn er hatte schnell begriffen, daß durch die britische Besatzung Jerusalem als Sitz der Regierung und des Obersten Gerichts an Bedeutung gewonnen hatte. Es war sein Ziel, eine politische Aufwertung der Stadt in der gesamten arabischen und mohammedanischen Welt zu erreichen. Die Beschwichtigungspolitik der Briten wurde als das, was sie nun einmal war, nämlich politische Schwäche, verstanden. Weder in Palästina noch in London war man fähig, einen festen Entschluß zu treffen. Die Briten setzten ihre ganzen Hoffnungen auf eine Verständigung mit dem Mufti, der seine Position fortwährend konsolidierte und die verschiedenen Regierungsbeamten geschickt gegeneinander ausspielte. Aber auch in Deutschland fehlte es nicht an Unentschlossenheit. Als es offensichtlich wurde, daß die Briten den Empfehlungen des Peel-Reports nicht folgen würden bzw. konnten, gab Hitler erneut zu verstehen, daß er Palästina als das bevorzugte Einwanderungsland für die Juden betrachtete. Der Peel-Report hatte eine Welle der Entrüstung in den arabischen Ländern ausgelöst, für die die Nationalsozialisten viel Verständnis zeigten. Hierbei ging es keineswegs darum, daß sich die deutschen Kolonien im jüdischen Teil des Staates befunden hätten, sondern um die Tatsache, daß ein jüdischer Staat per se für die Nationalsozialisten unvorstellbar gewesen wäre. Da Deutschland jedoch den Mittelmeerraum als Interessensphäre Italiens betrachtete, war ein aktives Vorgehen nicht vorgesehen. Das harte Durchgreifen der Briten nach der Ermordung des Distriktkommissars für Galiläa, Andrews, führte zur Auflösung des Arab Higher Committee, so daß der Mufti zunächst im Haram al-Sharif Zuflucht suchte, bevor es im gelang, in den Libanon zu fliehen. Von dort aus gelangte er in den Irak, wo er eine offene Pro-Achsenpolitik praktizierte und ungehindert die seit 1936 in Palästina herrschenden Unruhen weiterschüren konnte. Bald herrschte unter seinem Einfluß die reinste Schreckensherrschaft in Palästina. Alle Widersacher ließ er umbringen, und in den Gebieten des Landes, die gänzlich von den Mufti-Banden kontrolliert wurden, galt das Gesetz der Scharia. Dieser Zustand kann durchaus als Mißbrauch des Islam aufgefaßt werden, zumal der Mufti als Initiator des Terrors keine religiöse Ausbildung genossen hatte und auch nicht als besonders eifrig in religiösen Angelegenheiten galt, es sei denn, er konnte den Glauben zu seinem eigenen Vorteil benutzen. Seine Ernennung zum Mufti an sich hatte wenig mit dem Glauben zu tun, sondern geschah seitens der Briten aus politisch-opportunistischen Gründen. Ein Fortbestehen der Revolte in Palästina hatte sich der Mufti zum obersten Ziel gesetzt, und keiner konnte ihn daran hindern. Vom Irak aus ergriff er erneut die Initiative und nahm wieder Kontakt zu den Nationalsozialisten auf. Auch dieses Ziel verfolgte er bis zum bitteren
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Ende, und von nun an genierte er sich nicht, sich schamlos bei der faschistischen Achse anzubiedern. In Anbetracht der Haltung der Deutschen, die lediglich zu einer mündlichen Zusicherung ihrer Sympathie für die Sache der Araber bereit waren, bewies el-Husseini eine erstaunliche Hartnäckigkeit. Sein ganzes Streben lag darin, Deutschland nunmehr in das politische Geschehen im Nahen Osten hineinzumanövrieren, wobei er alle Signale der deutschen Verzögerungstaktik ignorierte. Obwohl die Deutschen eine militärische Intervention in den Irak für verfrüht hielten, arbeitete der Mufti unbeirrt auf dieses Ziel hin. Seine unmittelbare Zielsetzung war die Bildung eines arabischen Nationalblocks, um die Abberufung des pro-britischen Premiers Nuri as-Said herbeizuführen und diesen durch den führenden prodeutschen Politiker Rashid Ali al-Gailani zu ersetzen. Seine Ankunft in Bagdad 1939 diente zur Stärkung der pro-deutschen Sympathien unter den unzufriedenen Mitgliedern der irakischen Militär- und Bürokratieelite, die sich hartnäckig geweigert hatte, die Bedingungen des anglo-irakischen Vertrages von 1930 zu erfüllen und der Achse den Krieg zu erklären. Im Irak wurde der Mufti sowohl von der irakischen Regierung als auch von den Deutschen finanziell unterstützt. Bald galt er als eine führende politische Persönlichkeit im Land. Mit ganzer Kraft kollaborierte er mit pro-deutschen Offizieren und Gailani, um die irakische Revolte herbeizuführen und das militärische Eingreifen der Deutschen zu fordern. Hier war er eindeutig der treibende Keil. Es war sein Ziel, den Deutschen arabische Verpflichtungen aufzudrängen, wobei er stets darauf achtete, seine Angebote zur Kollaboration mit Versprechungen der deutschen Regierung zu verbinden, die die Unabhängigkeit eines arabischen Staates garantieren und den Status des Mufti als Führer der gesamten arabischen Welt anerkennen würden. Als Gegenleistung betrieb er eine pro-deutsche Propaganda. Seinen Teil der Abmachung hielt er ein; die Deutschen aber beschränkten sich auf die üblichen Sympathieerklärungen für die arabische Sache, ohne detailliert auf zukünftige Ziele Bezug zu nehmen. Es ist auch wichtig klarzustellen, daß die Entscheidung, Hilfsmittel für die Pro-Achsen-Splittergruppe im Irak zu liefern, erst nach Ausbruch der Feindseligkeiten 1941 zustande kam. Aufgrund der Tatsache, daß Deutschland mit Vorbereitungen für den Angriff auf die Sowjetunion beschäftigt war, fiel die erbrachte deutsche Unterstützung für den Ausgang der Revolte allerdings unbedeutend aus. Als Großbritannien wieder Herr der Situation im Irak war, sahen sich die Anführer der Revolte, Gailani und der Mufti, gezwungen, aus Bagdad zu fliehen. Am 1. Juni 1941 trafen sie in Teheran ein, wo der Mufti sich sofort zugunsten der Achse politisch betätigte. Dort fand er einen fruchtbaren Boden für seine politischen Operationen, da das Land ab 1936 immer mehr
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unter den Einfluß der Nationalsozialisten geraten war. Als sich jedoch die Situation im Iran zuspitzte und das Land von den Briten und Russen im August besetzt wurde, suchte er zunächst Zuflucht in der japanischen Botschaft, bis er sich nach Italien absetzen konnte. Bei seinem Eintreffen am 6. November 1941 in Berlin wurde er freundlich, jedoch nicht enthusiastisch empfangen. Die Interessen von Deutschlands Partner Italien zwangen die offiziellen Stellen, sich eine gewisse Zurückhaltung in arabischen Angelegenheiten aufzuerlegen. Außerdem war Berlin darum bemüht, sich die Unterstützung der französischen Vichy-Regierung zu sichern, die wiederum die expansionistischen Intentionen Italiens mit Argwohn betrachtete. Ferner wußte Deutschland, daß die Türkei, auf deren Hilfe man immer noch hoffte, den politischen Vorstellungen des Mufti in bezug auf die Gründung eines großarabischen Reichs mißtraute. Wie so oft in der Vergangenheit brachte die Anbiederung von el-Husseini die deutschen Regierungsstellen in eine gewisse Verlegenheit. Dennoch wurde er von führenden Persönlichkeiten empfangen. Die Frage der Unabhängigkeit und Anerkennung der arabischen Länder bekam jetzt beim ihm eine größere Bedeutung als je zuvor. Von nun an beherrschte sie alle seine Verhandlungen mit den deutschen und italienischen Regierungsstellen. Dies lag mit Sicherheit daran, daß seine Ambitionen jetzt weit über die Grenzen Palästinas hinausgingen. Nach seinem Treffen mit Ribbentrop am 28. November fand am selben Tag ein Gespräch mit Hitler statt, in dem der Mufti auf dessen starre Opposition gegen eine öffentliche Erklärung stieß, die das Recht der arabischen Staaten zur Erlangung ihrer Unabhängigkeit anerkennen sollte. Hitlers Vorbehalte basierten auf einer Anzahl von Überlegungen, worunter die Befürchtung, daß eine solche Erklärung die Italiener beunruhigen könnte, nicht die unbedeutendste war. Er machte dem Mufti unmißverständlich klar, daß er keineswegs bereit wäre, noch vor dem Erfolg der Kaukasus-Offensive irgendwelche leeren Versprechungen zu machen. Angesichts der Militäroffensive gegen die Sowjetunion waren das Mittelmeer und der Nahe Osten strategisch für die Nationalsozialisten von zweitrangiger Bedeutung. Die starre Haltung in dieser Angelegenheit war fraglos eine Enttäuschung für den Mufti. Es gelang ihm nicht, ihn mit dem Argument umzustimmen, daß die von ihm gewünschte Erklärung eine große propagandistische Wirkung auf alle Araber ausüben würde. Hitler verweigerte voreilige Veröffentlichungen von Propagandadeklamationen. Eigentlich war es sein Plan, vom Kaukasus her in den Irak und von dort aus nach Ägypten vorzustoßen. Aus dieser Perspektive neigte er dazu, dem ebenfalls nach Deutschland geflüchteten Gailani als ehemaligem irakischem Ministerpräsidenten den Vorrang einzuräumen. Dies bedeutete aber keinesfalls, daß
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sich die Nationalsozialisten über den politischen und propagandistischen Wert des Mufti in der moslemischen Welt nicht im klaren waren. Sie hielten ihn lediglich an der langen Leine, bis sie ihn zu einem späteren Zeitpunkt wieder brauchen würden. Sein Status sollte nunmehr dadurch aufgewertet werden, daß er sich als „Großmufti von Jerusalem“ titulierte. Für die Briten dagegen galt er als „Ex-Mufti von Jerusalem“. Natürlich war el-Husseini unter keinen Umständen bereit, sich mit einer Situation zufrieden zu geben, in der nicht ihm selbst, sondern Gailani der Vorrang eingeräumt wurde. Somit war die Frage der Unabhängigkeit und Souveränität der arabischen Länder nicht das einzige Problem, das eine bedeutende Rolle in arabischen Angelegenheiten spielte: Sowohl in Berlin als auch in Rom wurde der Streit um die Führerschaft der arabischen Unabhängigkeitsbewegung ausgetragen, denn von der Zeit an, als el-Husseini und Gailani aus dem Irak flüchteten, versuchte jeder von ihnen, dem anderen in geradezu feindschaftlicher Weise die zukünftige Führerschaft strittig zu machen. Der eigentliche Kern dieses Konflikts war der Kampf um die Führungsrolle zwischen zwei Rivalen, deren politische Ziele und privater Ehrgeiz durchaus ähnlich waren, sich aber gegenseitig ausschlossen. Als Meister der Intrige spielte el-Husseini nicht nur die Deutschen und Italiener gegeneinander aus, um Gailanis Status abzuwerten, sondern stiftete auch Unfrieden zwischen den Regierungsämtern in den beiden Ländern, was ihm besonders in Deutschland gelang. Er verstand es, Erwin Ettel und somit die SS in diese Angelegenheit zu verwickeln, und es dauerte nicht lange, bis der Streit in einem offiziellen Zusammenprall zwischen Ettel, der für arabische Angelegenheiten verantwortlich war, und Fritz Grobba, seinem Kontrahenten im Auswärtigen Amt, seinen Höhepunkt erreichte. Grobba vertrat die Meinung, der Mufti sei nur als der geistige Führer der arabischen Bewegung zu betrachten, während Gailani als der frühere Premierminister von größerer militärischer Bedeutung für Deutschland beim Einmarsch der Wehrmacht in den Irak sein könne. Der Mufti begründete seinen Anspruch auf die Führerschaft damit, daß er der Kopf einer Geheimorganisation der arabischen Nation im Irak gewesen sei, die die Revolten dort sowie in Palästina und Syrien vorbereitet und ausgeführt habe. Diese Organisation sei auf der Basis des Führerprinzips gegründet, und alle Mitglieder hätten sich dazu verpflichtet, seinen Anordnungen zu folgen. Auch Gailani habe als Mitglied einen Eid darauf geleistet, die persönliche Autorität des Mufti anzuerkennen. Die Existenz einer derartigen Organisation wurde jedoch von Gailani abgestritten, obwohl doch anzunehmen ist, daß er in der Tat Mitglied des „Committee of the Seven“ war. Am 28. Februar 1941 fand tatsächlich in der Wohnung des Mufti in Bagdad ein konspiratives Treffen statt, an dem u. a. drei der „Golden
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Square“-Obersten und Gailani teilnahmen, die alle einen Eid auf den Koran schworen. Der Mufti sollte lediglich als Verbindungsglied zwischen Gailani und der Militärclique fungieren und wurde aus diesem Grund zum Führer der Gruppe ernannt. Es stand ihm keinesfalls zu, aus dieser Funktion derart weitgehende Rechte für sich in Anspruch zu nehmen. Hochstehende Beamte des Auswärtigen Amtes wollten sich nur ungern in die Streitigkeiten einmischen und vertraten den Standpunkt, daß beide Führer der NS-Propagandakampagne einen wertvollen Dienst erweisen könnten. Das AA war nach wie vor darauf bedacht, keine neue Initiative in arabischen Angelegenheiten zu ergreifen, die das Mißtrauen der Italiener erwecken könnte. Wenn es aber unbedingt eine Entscheidung treffen müßte, so würde diese zugunsten des Mufti ausfallen, denn das AA vertrat die Meinung, er würde über den größeren Einfluß in der arabischen Welt verfügen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen entschied Ribbentrop schließlich, Ettel sollte in Rom Nachforschungen anstellen, ob die von el-Husseini beschriebene Geheimorganisation tatsächlich existiere bzw. existiert habe. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die Anschuldigungen Ettels gegen Grobba und dessen freimaurerische Vergangenheit derart heftig, daß das Ergebnis von Ettels Mission von vornherein feststand. Mitte Oktober 1942 erbrachte er den ‚Beweis‘ in Form von persönlichen Aussagen prominenter Araber im Exil, die darauf hinzielten, den Anspruch des Mufti auf alleinige Führerschaft zu untermauern und die Bedeutung Gailanis abzuschwächen. Denn lediglich die „Organisation“, deren Führer der Mufti war, würde entscheiden, welche politische Rolle das „ausführende Organ“ Gailani später zu übernehmen hätte. Mit diesem Hinweis sollte der Achse klargemacht werden, daß el-Husseini und nicht deren Regierungsstellen über die Kompetenzen der arabischen Politiker zu entscheiden habe. Der Anspruch des Mufti wurde nicht mehr angezweifelt, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Grobba von arabischen Angelegenheiten ausgeschlossen wurde. Da sich die Kriegswende bereits durch den steckengebliebenen Vormarsch im Kaukasus abzeichnete und die Wichtigkeit Gailanis ohnehin abnahm, war es nur ein halber Sieg für den Mufti, der jetzt die Notwendigkeit sah, sich den Nationalsozialisten auf anderem Gebiet nützlich zu machen. Durch die Verbindung zu Ettel konnte er nunmehr seinen propagandistischen Wert in zunehmender Weise der SS zukommen lassen. Es darf nicht übersehen werden, daß im Disput zwischen el-Husseini und Gailani die Aufstellung und der Einsatz einer militärischen Einheit, die als die Deutsch-Arabische Lehrabteilung (DAL) bekannt war und die ihren Standort in Griechenland unter der Führung des deutschen Generals Felmy hatte, eine bedeutende Rolle spielte. Ursprünglich wurde die DAL als eine kleine Ausbildungstruppe für Araber zur späteren Verwendung in der syri-
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schen Wüste gegründet. Einige Monate später schlug der Mufti zunächst Mussolini und dann Hitler die Aufstellung einer arabischen Legion vor. Im Januar 1942 ließ Hitler wissen, daß mit der Bildung dieser Legion alsbald begonnen werden sollte, wobei er an eine Erweiterung der arabischen Einheiten in Kap Sunion (Griechenland) dachte. Der Sonderstab F(elmy) hatte sich bereits vor Jahresende 1941 mit dem Mufti und Gailani in Verbindung gesetzt, um die Grundlagen der Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet zu besprechen. Von Anfang an hielten die beiden arabischen Führer ein mit ihnen abzuschließendes Militärabkommen für erforderlich, das aber nicht zustande kam, weil Deutschland politische Komplikationen mit Italien vermeiden wollte. Trotzdem versprachen beide weiterhin ihre Unterstützung. In Zusammenarbeit mit dem OKW stellte der Mufti eine Kompanie aus ehemaligen arabischen Kriegsgefangenen und in Deutschland verbliebenen arabischen Studenten zur Verfügung. Auf seinen Vorschlag, auch gefangene Algerier, Tunesier und Marokkaner zu mobilisieren, ging das AA nicht ein, denn die Deutschen wollten aufgrund ihrer Politik gegenüber Frankreich, Italien und Spanien den Nationalismus in Nordafrika nicht fördern. Die Rivalität zwischen el-Husseini und Gailani erschwerte die Arbeit des Sonderstabes F, der sich über die Machenschaften und Intrigen der beiden bei Ribbentrop beschwerte. Auch die getrennte Betreuung – der Mufti durch Ettel und Gailani durch Grobba – führte dazu, daß die Beiden die Deutschen und Italiener gegeneinander ausspielten, zumal der Mufti das Thema der Arabischen Legion in Italien erneut aufgegriffen hatte und die Italiener befürchteten, daß der Kontakt zur Arabischen Legion nicht gut für die italienischen Kolonien wäre. Außerdem gefiel es Italien nicht, daß die arabischen Einheiten von den Deutschen gebildet werden sollten. Diese Meinungsverschiedenheiten nutzte der Mufti aus, indem er in Italien eine Vereinbarung für die Aufstellung einer Arabischen Legion unter arabischer Flagge traf, was er aber den Deutschen und Gailani verschwieg. Es wurde zwischen dem Sonderstab F einerseits und dem Mufti und Gailani andererseits schließlich vereinbart, daß die in Kap Sunion aufgestellte Einheit als Basis für die Bildung anderer Einheiten dienen sollte. Beim Betreten arabischen Bodens würde die DAL ein rein arabisches Gepräge mit arabischen Führern, Abzeichen etc. annehmen. Eine Arabische Legion als solche würden die Deutschen nun nicht mehr aufstellen. Die Tätigkeit des Sonderstabes F verursachte nach wie vor Unbehagen bei den Italienern, die immer wieder auf ihre Priorität in arabischen Angelegenheiten verwiesen. Grobba, Felmy, Canaris etc., die zu dem Kreis gehörten, der gegen den Vorrang Italiens im Mittelmeer war, wurden beschuldigt, sowohl den Mufti als auch Gailani zu beeinflussen. Obwohl el-
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Husseini nach außen hin eine Zusammenarbeit mit dem Sonderstab F befürwortete, war er mehr an ‚seiner eigenen Legion‘ in Italien interessiert. Zu deren Stärkung versuchte er stets, der DAL die wenigen, wirklich brauchbaren arabischen Offiziere abzuwerben. Aufgrund der italienischen Intervention hatte die DAL ohnehin Schwierigkeiten beim Anwerben von Arabern, und Ribbentrop mußte eingreifen, um das Zerschlagen der Einheit zu vereiteln. Gemäß dem Plan Hitlers sollte die DAL nach der Eroberung des Kaukasus eingesetzt werden. Von dort aus würden die deutschen Truppen dann in den Irak gelangen, der offensichtlich aus deutscher Sicht nicht als Interessensphäre Italiens galt, denn das Land sollte von der Wehrmacht besetzt werden. Dagegen galt Nordafrika, auf das der Mufti seine Hoffnungen setzte, unbedingt als Interessensphäre Italiens, und sogar Rommel wurde offiziell dem italienischen Oberkommando unterstellt. In seinen Plänen mußte der Mufti diese Zuständigkeiten stets berücksichtigen. Für ihn kam es darauf an, den Deutschen den Kampf in Nordafrika schmackhaft zu machen. Da Gailani den Italienern mißtraute und den Einmarsch der Deutschen vom Kaukasus her befürwortete, genoß er wenig Sympathie bei den Italienern, die nunmehr dem Mufti den Vorzug gaben. Allerdings stimmten sie seinen Plänen für die arabische Unabhängigkeit keineswegs zu und betrachteten seine Absichten hinsichtlich Nordafrikas mit Argwohn, die die Errichtung eines Zentrums für die Zusammenarbeit mit den Achsenmächten vorsahen. Gleichwohl sollte der Mufti der anerkannte Chef sein, und eine reguläre arabische Einheit aus verschiedenen arabischen Formationen einschließlich derjenigen von Kap Sunion sollte gebildet werden, die zu seiner Verfügung an der Seite der Achsentruppen unter arabischer Führung eingesetzt werden sollte. Der Plan über die Vorstellungen und Aktivitäten des Mufti gingen von einer Offensive gegen Ägypten aus, und el-Husseini bot den Deutschen an, nach Nordafrika in die Wüste zu reisen, um von dort aus seine Hoffnungen zu verwirklichen. Es war zweifellos ein schwerer Schlag für ihn, als die DAL nach Stalino entsandt wurde, und er protestierte in aller Form dagegen. Bei einem Treffen in Rom mußten Canaris und Felmy ihm eindeutig zu verstehen geben, daß die DAL dem OKW unterstehe. Daher müsse es ausschließlich dem OKW vorbehalten bleiben, zu entscheiden, wo diese Truppe einzusetzen sei. Der Mufti mußte sich fügen. Als Gailani und Felmy – ohne Wissen des AA – ein Geheimabkommen unterzeichneten, wonach die DAL den deutschen militärischen Gesetzen und dem deutschen Oberbefehl unterstehe, verschlechterte sich das Verhältnis unter den beiden arabischen Führern noch mehr. Der Inhalt des Abkommens wurde von einem Neffen el-Husseinis den Arabern in Berlin
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und Paris preisgegeben, um den Beweis dafür zu erbringen, daß Gailani arabische Soldaten dem deutschen Kommando ausliefere. Für diese Indiskretion machte das OKW den Mufti verantwortlich, aber er bestritt, jemals das Dokument gesehen zu haben. Dieses Schreiben führte auch zu Schwierigkeiten zwischen Ribbentrop und dem OKW, da es sich um eine Eigenmächtigkeit letzterer Institution handelte. El-Husseini wog nüchtern die Wichtigkeit der deutsch-italienischen Beziehungen gegeneinander ab und zog es zunächst vor, mit den aus arabischer Sicht suspekten Italienern zu kollaborieren. Somit nutzte er mit relativem Erfolg den von Hitler und Ribbentrop offiziell eingeräumten politischen Vorzug Italiens im arabischen Raum sowie die Rivalität zwischen den Achsenmächten zur Festigung und zum Ausbau seiner eigenen Stellung aus. Gleichzeitig betonte er immer wieder, seine angeblich pro-italienische Haltung sei eine Erfindung Grobbas. Er verstand es, Differenzen zwischen den deutschen Beamten so zu seinem eigenen Vorteil umzumünzen, daß in Deutschland die Meinung vorherrschte, der Mufti sei stärker als Gailani und entspräche eher dem nationalsozialistischen Konzept eines Führers. Erst als sich die Kriegssituation im Kaukasus zuungunsten der Deutschen wandte und der Einmarsch von dort aus in den Irak unmöglich wurde, gewann der Mufti deutlich an Wichtigkeit für die Nationalsozialisten, die nunmehr zuließen, daß er die nordafrikanischen Araber von einer Zusammenarbeit mit den Anglo-Amerikanern warnte. In seinen Propagandaaufrufen vertrat er die Auffassung, daß der Einfall in Nordafrika nur die Macht der Juden verstärke. Allerdings wollte sich der Mufti weitaus mehr für die Nationalsozialisten in Nordafrika engagieren. Anfang Dezember 1942 überreichte das OKW dem AA eine ausführliche Denkschrift el-Husseinis, in der er die Möglichkeiten schilderte, die nordafrikanischen Truppen zu führen. Sein Plan sah auch die Bildung einer maghrebinischen Befreiungsarmee mit einer halben Million Soldaten vor, die sich für die Achse einsetzen würde. Das deutsche Militär, das an einem Mangel an Soldaten litt, war an diesem Plan durchaus interessiert. Natürlich wurde das Angebot des Mufti abermals mit der Forderung nach einer Erklärung hinsichtlich der arabischen Unabhängigkeit verbunden, obwohl es offensichtlich war, daß eine derartige Erklärung zu Schwierigkeiten zwischen den Deutschen, Italienern, Franzosen und Spaniern führen würde. Trotz des Vorschlags des Mufti, sich in Begleitung von Canaris nach Nordafrika zu begeben, um mit führenden Persönlichkeiten zu sprechen und eine große Aufstandsbewegung auszulösen, brachten die Deutschen zum Ausdruck, sie hätten kein Interesse daran, sich von ihm in Fragen ihrer Nordafrika-Politik drängen zu lassen. Daß dieser auch bereit wäre, nach Tunis ohne jegliche Erfüllung seiner
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Bedingungen zu fahren, änderte nichts an der Tatsache, daß Hitler und Ribbentrop von einer Revolutionierung Nordafrikas nichts hielten. Schließlich scheiterte der Plan am Veto des ,Führers‘. Die politische Situation war so komplex, daß die Deutschen nicht einmal die Verlegung der in Stalino stationierten DAL nach Tunis aufgrund des italienischen Einspruchs propagandistisch verwerten konnten. Die Einheit spielte nur eine sehr unwesentliche Rolle an der Front. Die Niederlage in Tunesien veränderte völlig Deutschlands Position in der arabischen Welt. Nicht ein einziges arabisches Land verblieb mehr innerhalb seiner Einflußsphäre. Die Nationalsozialisten sprachen jetzt nicht mehr von einer neuen Ordnung und ihren Plänen zur Aufteilung der Welt, sondern von der Festung Europas, die von einer Invasion „asiatischer Barbaren und ihrer dekadenten westlichen Alliierten“ bedroht sei. Sie mußten jetzt zwangsläufig ihre Weltanschauung variieren und plötzlich andere Völker in rassischer Hinsicht akzeptieren. Von nun an sollte der Mufti mit Einverständnis der Nationalsozialisten seine Aktivitäten auf die Propagierung und Organisation moslemischer Militäreinheiten begrenzen. In seiner Agitation nahm von nun an der Judenhaß eine noch bedeutendere Rolle als bisher ein. Er war sich durchaus der veränderten deutschen Position in der arabischen Welt bewußt und achtete jetzt darauf, daß die Gemeinsamkeiten beider Völker durch den Kampf gegen das Judentum noch verstärkt wurden. Dieser Haß, der sein ganzes Handeln bestimmte, schloß die Briten und Amerikaner mit ein. Nach der Kriegswende hätte der Mufti immer noch die Wahl gehabt, sich entweder von der Politik der Achse zurückzuziehen oder sich für eine Intensivierung seiner Pro-Achsenpolitik zu entscheiden. El-Husseini wählte für sich die letztere Möglichkeit. Zunächst richtete er eine Rundfunkansprache an die Mohammedaner in Indien, in der er die Briten als die ärgsten Feinde des Islam bezeichnete. Er war auch nicht abgeneigt, gleichzeitig eine Zusammenarbeit mit den Japanern in Erwägung zu ziehen, da sie sich Indiens Grenzen immer mehr näherten und wissen ließen, daß sie sich an Entscheidungen in arabischen Angelegenheiten beteiligen wollten. Die Nationalsozialisten registrierten jedoch die Erfolge der Japaner mit erheblichem Unbehagen. Als Anfang 1943 der Irak der Achse und den Japanern den Krieg erklärte, machte sich bereits eine Abkühlung im Verhältnis der arabischen Führer im Exil zu den Nationalsozialisten bemerkbar, aber für el-Husseini gab es kein Zurück. Er intensivierte sogar die Zusammenarbeit, wobei er immer wieder darauf achtete, wenigstens pro forma eine Erklärung für die arabische Unabhängigkeit zu verlangen, die in der Nachkriegszeit als Alibi für sein Verhalten dienen könne. Zumindest sollten seine Bestrebungen für die ara-
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bische Sache belegt werden. Wie immer zeigte er diesbezüglich eine erstaunliche Hartnäckigkeit, und es schien zunächst, als würde er damit Erfolg haben, denn die Italiener waren jetzt eher zum Kompromiß bereit. Nach der Kapitulation in Tunesien im Mai 1943 hatten sie ohnehin nichts mehr zu verlieren. Daß die Nationalsozialisten aber lediglich zu einer Erklärung bereit waren, die „ruhig einer extensiven und restriktiven Interpretation zugänglich sein“ sollte, kann dem Mufti keinesfalls entgangen sein. Es erweckt den Anschein, daß er in der Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten die Möglichkeit sah, „sein eigenes Judenproblem“ zu lösen, wobei er kein Erbarmen kannte. Mit der Behauptung, Gott finde am Tod der Juden Gefallen, mißbrauchte er eindeutig und schamlos seinen religiösen Status. El-Husseini unternahm alles in seiner Macht Stehende, um jegliche Auswanderung der Juden zu verhindern. Statt dessen propagierte er deren „Umsiedlung“ nach Polen, wo sie sich unter „aktiver Überwachung“ befinden würden. Sein „tadellos funktionierender“ Nachrichtendienst belieferte ihn mit Informationen über alle Vorfälle und Vorhaben in den unter deutschem Einfluß stehenden Ländern wie z. B. Bulgarien, Rumänien und Ungarn, und er zögerte nicht, sich an die dortigen Außenminister und an Ribbentrop zu wenden, um eine mögliche Auswanderung der Juden zu verhindern. Durch seinen Übereifer und sein ständiges Einmischen durchkreuzte er oft die Pläne der Nationalsozialisten, die manchmal „Gegenleistungen“ von anderen Ländern erwarteten, die bereit waren, Juden aufzunehmen, wie z. B. Austausch der Juden gegen Deutsche, die an einer Rückkehr ins Reich durch die Kriegsverhältnisse verhindert waren. Solche Pläne wurden vom Mufti kategorisch abgelehnt, und im AA galt es als selbstverständlich, daß der Mufti Protestschritte in Sachen ‚Balkanjudenaktionen‘ unternahm. Es ist ungeheuerlich, daß el-Husseini sogar die wenigen Fälle beanstandete, in denen die Nationalsozialisten, aus welchen Gründen auch immer, bereit waren, Juden auswandern zu lassen. Offensichtlich vertrat er die Auffassung, daß auswandernde Juden letzten Endes doch nach Palästina gelangen würden; deshalb versuchte er mit allen Mitteln, jegliches diesbezügliche Vorhaben zu vereiteln. Für ihn kamen nur Deportationen nach Polen in Frage, denn er war sich durchaus bewußt, daß es von dort kein Entkommen für die Juden geben würde. Sein ganzes Handeln war darauf gerichtet, seine eigene Position in der arabischen Welt für die Nachkriegszeit zu konsolidieren. Aus diesem Grund opponierte er seinerzeit auch gegen den Plan der Nationalsozialisten, in den Irak vom Kaukasus her zu gelangen, und er unterbreitete ihnen seine eigene Vorstellung für eine nordafrikanische Kampagne, die wohl dazu geführt hätte, daß der Einfluß Gailanis geschwächt würde. Die Aufstellung moham-
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medanischer Einheiten, seine Bemühungen um eine arabische Unabhängigkeitserklärung sowie seine Mitarbeit an der Kontaktaufnahme der Nationalsozialisten zu König Faruk von Ägypten sind alle unter diesem Aspekt zu betrachten. Er wußte, daß die arabische Welt eine wichtige Rolle in der Nachkriegspolitik spielen würde, und rechnete schon im voraus mit der Nachsicht der Alliierten. Trotz allem glaubte er nach wie vor fest an seine eigene Rückkehr nach Palästina und wollte sicherstellen, daß er dort mit keiner weiteren Einwanderungswelle der Juden konfrontiert werden würde. Es ist evident, daß er nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ verfuhr, und in der verbrecherischen Politik der Nationalsozialisten sah er eine günstige Gelegenheit, ein für allemal die Errichtung der nationalen Heimstätte für die Juden in Palästina zu verhindern. Für ihn galt es vor allem in der letzten Phase des Krieges, wo an einer deutschen Niederlage nicht mehr zu zweifeln war, die Judenvernichtung schleunigst voranzutreiben. Seine spätere Erklärung, daß die Nationalsozialisten sich von einem Semiten, wie er es war, hinsichtlich des Massenmordes an den Juden nicht hätten beeinflussen lassen, trifft mit Sicherheit zu, aber rechtfertigt sein Verhalten in keiner Weise und ändert nichts an der Tatsache, daß er diese Politik nicht nur befürwortete, sondern auch tatkräftig unterstützte. Er schaltete sich immer dann besonders aktiv ein, wenn er befürchtete, es könnten Juden der Vernichtung entkommen. Hierbei nutzte er geschickt die Rivalitäten und Eifersüchteleien unter den NS-Größen aus, um sein Ziel zu erreichen. Mord war schon immer eine legitime Waffe für ihn: Bereits in Palästina hatte er ohne Skrupel seine arabischen Konkurrenten eliminieren lassen und war verantwortlich für den blanken Terror und das Töten unter der arabischen Bevölkerung besonders während der Revolte von 1936–1939. Aus welchem Grund sollte er also Erbarmen mit den Juden haben? Der Mufti und Eichmann wollten sich nicht persönlich gekannt haben, obwohl einiges darauf hindeutet, daß sie sich mehrere Male getroffen hatten. Zu dieser Beziehung wurden die Aussagen der angeklagten Nationalsozialisten beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß entweder nicht beachtet oder nicht ausreichend protokolliert, und die von Eichmann selbst während seines Prozesses in Jerusalem gemachten Angaben sind diesbezüglich widersprüchlich. Es ist aber unstrittig, daß Mitarbeiter des Mufti in Eichmanns Dezernat waren. Was die „Judenausrottung“ betraf, war der Mufti bestens informiert und verfolgte genau den ganzen Ablauf. Er stand voll und ganz hinter dem Wahn der „Endlösung der Judenfrage“ und schürte obendrein durch hetzerische Radiokampagnen die Stimmung der Araber gegen die Juden. Sein ganzes Verhalten war von einem flagranten Judenhaß geprägt, der bereits im Peel-Report erwähnt wurde, und es ist geradezu der
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Gipfel des Zynismus, daß el-Husseini nach dem Krieg zu seiner Rechtfertigung den Rassismus der Juden in Palästina als Grund für seine antijüdische Haltung nannte. Wenn dies seine tatsächliche Einstellung gewesen wäre, so hätte er von vornherein eine aktive Zusammenarbeit mit dem rassistischen Dritten Reich ausschließen müssen. Je mehr sich das Kriegsgeschehen zuungunsten Deutschlands verlagerte, desto weniger Bedenken hatten die Nationalsozialisten, den Mufti für ihre Zwecke einzusetzen, und die von Hitler im Februar 1943 befohlene Aufstellung einer muselmanischen SS-Division in Kroation war eine geradezu ideale Gelegenheit für el-Husseini, seine Bereitwilligkeit zur Zusammenarbeit unter Beweis zu stellen. Außerdem lieferte das Vorhaben die Möglichkeit, seine Beziehungen zu Himmler und der SS zu vertiefen. Natürlich bedurfte das Anwerben der Muslime einer notgedrungenen Änderung der Rassenpolitik der Nationalsozialisten. Die Muslime in Bosnien sollten nunmehr zu den „rassisch wertvollen Völkern Europas“ gezählt werden. Jetzt schwärmte Himmler von der weltanschaulichen Verbundenheit zwischen dem Nationalsozialismus und dem Islam. So wurden aus den Muselmanen „Muselgermanen“. In dieser Angelegenheit erwies der Mufti Himmler große Dienste; alle Einzelheiten einschließlich der „weltanschaulich geistigen Erziehung“ wurden mit el-Husseini besprochen. Es wurde behauptet, daß die bosnische Division „blut- und rassemäßig vom Norden, weltanschaulich und geistig dagegen vom Orient gelenkt“ werde. Ferner beteiligte sich elHusseini auch eifrig an der Anwerbung der moslemischen ‚Freiwilligen‘. Hierbei hatte er anscheinend keine Bedenken, daß die Werbung im „Unabhängigen Staat Kroation“ an sich ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung war. Die Rekrutierung, die gegen den erbitterten Widerstand der Zagreber Regierung größtenteils zwangsweise durchgeführt wurde, stellte eindeutig ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar. Da der Mufti zu diesem Zeitpunkt aufgrund seines ausgezeichneten Nachrichtendienstes selbst nicht mehr an den Endsieg der Achsenmächte glaubte, kann aus seinem Handeln die Schlußfolgerung gezogen werden, daß er von Anfang an bereit war, das Leben der bosnischen Muslime für seine eigenen taktischen Ziele aufs Spiel zu setzen. Eine Reise nach Bosnien im April 1943 gehörte zu den ersten Aufgaben el-Husseinis hinsichtlich der Rekrutierung. Gleichzeitig wurde der Grundstein – für die Zagreber Regierung der Stein des Anstoßes – für eine Politik „Bosnien den Bosniaken“ gelegt. Das Anwerben der Moslems für die Division hatte gewiß einigen Erfolg, entsprach aber keineswegs den hochgeschraubten Erwartungen Himmlers, der zu weitgehenden ‚Konzessionen‘ bereit war. Er, der jeden Versuch der christlichen Kirchen unterband, auf die Masse der Waffen-SS Einfluß auszuüben, ordnete an, daß
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unbedingt Rücksicht auf die religiösen Gesetze der Mohammedaner zu nehmen sei. Sein Eifer ging sogar so weit, daß er mit el-Husseini die Speisevorschriften der moslemischen Soldaten im einzelnen besprach. Ferner erhielten sämtliche Imame der Division ihre Richtlinien gemeinsam vom Mufti und vom SS-Hauptamt. Um diese Division vor den repressiven Maßnahmen der kroatischen Marionettenregierung zu schützen, die angeblich junge Männer in die Konzentrationslager Nova Gradiska und Jasenovac überführte, weil sie sich zur SS meldeten, wurde die Division nach Frankreich verlegt, wo es jedoch aufgrund der Tatsache zu Unruhen kam, daß ihr eine Gruppe von reichs- und volksdeutschen Offizieren und Unteroffizieren zugeteilt wurde. Dies bedeutete, daß die Soldaten der Willkür ihrer christlichen Vorgesetzten ausgeliefert waren – eine Situation, die sich noch zusätzlich dadurch verschlechterte, daß die Moslems über eine großangelegte Partisanenoffensive in ihrer Heimat informiert waren, wo sich über 230 000 Menschen auf der Flucht befanden. Insbesondere fielen die Angehörigen der muselmanischen Freiwilligen den Partisanen zum Opfer. Erst Ende Februar 1944 wurde die Bosniaken-Division nach Bosnien zurückverlegt, wo sie gegen die Partisanen Titos eingesetzt wurde und mit aller Grausamkeit vorging. Inzwischen wurde auf Propaganda immer mehr Wert gelegt. Jedes Bataillon hatte seinen Imam und jedes Regiment seinen Mullah, aber deren Aufgaben waren längst nicht mehr geistlicher Natur. Der Mullah diente „neben der religiösen Erziehung auch als Vorbild und als vorbildlicher Kämpfer zur Fanatisierung der Soldaten auf fatalistischer Grundlage“. Auch die Imame als „Treuhänder des Islam in der Division“ hatten sich um die Kampfkraft der Truppe zu kümmern und durch den rücksichtslosen Einsatz ihrer Person mitreißend und anfeuernd zu wirken. Hierdurch wird es offensichtlich, daß der Mufti in seinem Drang zur Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten nicht davor zurückschreckte, sowohl sein großes Ansehen unter den Moslems als auch die Religion selbst zu mißbrauchen. Bei der Eröffnung eines Imamen-Instituts in Guben im April 1944 wies el-Husseini auf die Pflicht zur Vertiefung und Stärkung zur Zusammenarbeit mit Großdeutschland hin. Schon längst galten für ihn nationalsozialistische Prinzipien wie „ordnende Macht, Gehorsam und Disziplin, Kampf, Verherrlichung der Arbeit und des Schaffens sowie Judenhaß“ als Berührungspunkte der beiden Weltanschauungen. Solange die Nationalsozialisten ihn für seine Aktivitäten gut bezahlten, war er ein willfähriges Werkzeug in ihren Händen. So unterstützte der Mufti die Rückzugsstrategie, wonach die deutschen Soldaten durch einheimische Divisionen ersetzt wurden, die jedoch bestenfalls nur kurze Zeit und unter großen Menschenopfern in der Lage waren, den Vormarsch der Roten Armee aufzuhalten.
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In Bosnien-Herzegowina war der Mufti mitschuldig am unendlichen Leid der Bevölkerung. Aus diesem Grund strebte Jugoslawien nach dem Krieg zunächst einen Kriegsverbrecherprozeß gegen ihn an. Auch in der Sowjetunion wurde nach der Niederlage von Stalingrad eine systematische deutsche Politik zur politischen Fanatisierung und Mobilisierung der Mohammedaner betrieben. Gleichfalls an dieser Politik der Spaltung durch irreführende Versprechungen beteiligte sich der Mufti als gefügiges Instrument der Nationalsozialisten. Die Konsequenzen nach dem Krieg waren für diese Völker Verbannung und Liquidierung. In seinem Machtstreben, als Führer aller Araber schlechthin zu gelten, arbeitete el-Husseini für ein verbrecherisches Regime, das es verstand, seinen Forderungen nach einer Unabhängigkeitserklärung für die Araber auszuweichen. Tatsächlich sahen die Nationalsozialisten keinen Grund, diesbezüglich nachzugeben, denn sie hatten selbst keine Forderungen an den Mufti gestellt. Die Initiative zur Zusammenarbeit ging immer von el-Husseini aus und kam den Nationalsozialisten nicht immer gelegen. Zuweilen war der Mufti sogar ein recht unbequemer Gast, dessen Aufenthalt in den Achsenländern lediglich einem propagandistischen Wert diente. Hierfür wurde er aber recht großzügig entlohnt. Die Politik des Mufti war eindeutig gegen Großbritannien und Frankreich gerichtet. Er wollte Deutschlands Unterstützung für seinen Unabhängigkeitskampf gegen diese beiden Mandatsmächte gewinnen und ignorierte die Tatsache, daß Deutschland zunächst zu diesem Schritt nicht bereit war. Der Haß gegen die Juden verband die Nationalsozialisten und die Araber, aber es darf nicht außer acht gelassen werden, daß auch die Araber den Nationalsozialisten „rassenfremd“ waren und das Konzept des Mufti nicht in die NS-Ideologie paßte. Hitler war keineswegs ein Freund der arabischen Freiheitsbewegung. Der Sinneswandel der NS-Führung in ihrer Einstellung zur arabischen Welt kam erst nach dem mißglückten Annäherungsversuch Deutschlands an Großbritannien und der Entstehung der Achse BerlinRom zustande. Hitler hatte stets gehofft, daß die britische Führung ihre ablehnende Haltung gegenüber den osteuropäischen Expansionsplänen Deutschlands revidieren würde. Aufgrund seiner Rassenideologie konnte er aber nicht mit der arabischen Freiheitsbewegung sympathisieren. Seiner Meinung nach gehörten die Araber „einer niederen Rasse“ an, die niemals Anteil an der „Weltherrschaft“ gewinnen dürften, weil sie nicht einmal zur Selbstregierung fähig seien. Eine schriftliche Zusicherung eines vereinigten Großarabiens lehnte er wiederholt ab. Als er dann später auf Drängen Gailanis und des Mufti solche Erklärungen abgab, ließ er sie so formulieren, daß sie die Interessen seiner Bündnispartner nicht durchkreuzten. Das einzige Versprechen, das unzweideutig blieb, war die Verpflichtung der Achse,
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das jüdische Nationalheim in Palästina zu eliminieren. Den Wandel in seiner Rassenpolitik bezüglich des Arabers el-Husseini versuchte Hitler dadurch zu rechtfertigen, indem er in der Person des Mufti „arisches Blut“ entdeckte. Eine derartige „Aufwertung“ aller Araber schlechthin versuchte er nicht einmal. Freilich mußte Hitler die anti-arabische Haltung des Achsenpartners berücksichtigen, und jegliche Hilfe Deutschlands an die Araber blieb begrenzt, zumal Mussolini Libyen und Ägypten als Bestandteile des Römischen Reichs betrachtete. Auch Spanien spielte eine Rolle in Hitlers Überlegungen. Er lockte mit Teilen der französischen Kolonien in der Hoffnung, Spanien würde sich dazu entschließen an Deutschlands Seite zu kämpfen. Es ist dennoch undenkbar, daß nach gewonnenem Krieg Hitler zugesehen hätte, wie seine Verbündeten die arabischen Länder untereinander aufgeteilt hätten, ohne daß Deutschland Ansprüche geltend machen würde. Daß der politisch erfahrene Mufti die notdürftig getarnten Absichten der Nationalsozialisten nicht erkannte, ist unglaubwürdig. Es ist auch nicht anzunehmen, daß eine Erklärung bzw. Zusicherung Hitlers irgend etwas an den Plänen der Achse geändert hätte. El-Husseini wäre sicherlich ein nützlicher Mann in den von der Achse besetzten arabischen Ländern geworden, der bei aufkeimenden Unruhen einen beschwichtigenden Einfluß hätte ausüben können. An sich wäre jegliche Erklärung der Achse wertlos, und der Verdacht liegt nahe, daß der Mufti ein derartiges Dokument nur als Alibi benötigte, um sein Gesicht vor den Arabern zu wahren. Wenigstens hätte er an Hand dieser Erklärung beweisen können, daß er es anders gewollt habe. Sein persönlicher Ehrgeiz war für die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten ausschlaggebend, und dieser Ehrgeiz ging weit über die Grenzen Palästinas hinaus. Sicherlich trat er als Verfechter des arabischen Nationalismus in Palästina auf und trug zur Gründung der panarabischen Bewegung bei, aber auch hier verfolgte er seine eigenen Ambitionen. Die Revolte in Palästina und die Einschüchterung der arabischen Bevölkerung durch die Terrorbanden brachten seinem Volk unermeßliches Leid. Trotzdem war er immer darum bemüht, die Unterstützung der Nationalsozialisten für ein Wiederaufflakkern der Revolte in Palästina zu gewinnen. Obwohl der Beitrag der Nationalsozialisten keineswegs seinen Erwartungen entsprach, arbeitete er immer neue Programme aus, die sich im Detail mit den Zielen des Nationalsozialismus deckten. Es ist geradezu peinlich, wie er sich mit größter Beharrlichkeit anbiederte, um sich als nützlich zu erweisen. In seinem Eifer, seinen politischen Wert unter Beweis zu stellen und sich somit, wie er hoffte, für die Nachkriegszeit mehr Geltung zu verschaffen, wurde er zum will-
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fährigen Werkzeug des Dritten Reichs. Er gewann nicht nur Kenntnis vom Geschehen in Deutschland, sondern schreckte auch nicht davor zurück, die Methoden der Nationalsozialisten voll und ganz zu unterstützen und sogar mit aller Skrupellosigkeit zu implementieren. Damit erwies er seinem Volk keinen guten Dienst. Daß el-Husseini nicht nach Palästina zurückkehren durfte, stieß auf wenig Verständnis bei der arabischen Bevölkerung, die in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs von den Husseinis psychologisch auf seine Rückkehr vorbereitet wurde. Trotzdem spielte der Mufti noch bis 1948 mit der Unterstützung der Arabischen Liga eine maßgebende Rolle in der Palästinapolitik. Ihm fehlte jedoch völlig die Fähigkeit, sich der neuen politischen Situation anzupassen oder taktische Zugeständnisse zu machen. Erst den Briten und dann der UNO gegenüber blieb seine Haltung unnachgiebig, so daß kein Kompromiß zustande kommen konnte. Nach wie vor betrieb er eine Politik, die letztendlich sein Volk in die Flüchtlingslager führte. Nach der Staatsgründung Israels 1948 sah er immer noch keinen Anlaß, seine Haltung zu revidieren, und seine Bemühungen, die arabischen Länder, die ohnehin immer mehr ihre eigenen Interessen vertraten, gegeneinander auszuspielen, führten dazu, daß er die Sympathien derjenigen arabischen Länder gänzlich verlor, die sich dem arabischen Sozialismus zuwandten. Es waren aber gerade diese Länder, an denen sich die neue kritische Generation der Palästinenser orientierte, denn sie empfand, daß das semifeudalistische patriarchalische System, das der Ex-Mufti symbolisierte, jegliche politische Entwicklung im Keim erstickte. In den frühen sechziger Jahren übernahm Ägypten unter Nasser allmählich die Führung in der Nahostpolitik. Da der ägyptische Staatschef die Auffassung vertrat, daß sich el-Husseini sowohl durch seine NS-Vergangenheit als auch durch seine Beziehungen zu reaktionären moslemischen Gruppierungen in Mißkredit gebracht habe, war seine politische Zukunft damit besiegelt. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß letzten Endes nicht diejenigen Länder, die gegen das Dritte Reich gekämpft oder unter dessen Besatzung gelitten hatten, vom Ex-Mufti den Preis für seine Kollaboration verlangten, sondern die arabischen Länder selbst, die nach wie vor jedes für sich ihre eigenen Ziele verfolgten und – zumindest auf diplomatischer Ebene – die Vergangenheit el-Husseinis als eher peinlich empfanden. Dies hieß aber nicht, daß sie in irgendeiner Weise das nationalsozialistische Deutschland verurteilten. Durch seine Intrigen und Kompromißlosigkeit wurde el-Husseini auch für die Arabische Liga untragbar. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß sich der arabische Sozialismus, der ständig an Boden gewann und eine Anlehnung an die Sowjetunion nicht ausschloß, rein ideologisch vom Nationalsozialismus distanzieren mußte. Auch aus diesem Grund ließ man
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den Ex-Mufti fallen, obwohl sein Handeln nie konkret verurteilt wurde. In Anbetracht seiner freiwilligen und umfangreichen Zusammenarbeit im Dritten Reich war dieses ‚Kaltstellen‘ ein äußerst geringer Preis, den er zu zahlen hatte. Aufgrund seiner Position und Stellung als mächtigster Mann in Palästina vor dem Zweiten Weltkrieg trug el-Husseini maßgebend zur Nationalisierung und Arabisierung des Palästina-Problems bei. Gleichzeitig verstand er es ausgezeichnet, die Opposition im Lande auszuschalten, so daß alles, was auch immer geschah, seinen politischen Vorstellungen entsprach. Es wäre verfehlt, diese Tatsache zu leugnen, um zu vermeiden, daß die Nationalbewegung mit seinem Namen als Kollaborateur der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht wird. Es wäre ebenso falsch, seine Rolle unmittelbar nach dem Krieg herunterspielen zu wollen. Er galt schlechthin immer noch als der Führer der Palästinenser, auch wenn er das Land nicht mehr betreten durfte. Sein späteres Absinken in die politische Bedeutungslosigkeit wurde durch seine inner-arabischen Intrigen und seine Intransigenz verursacht. Manche ‚Mufti-Apologeten‘, wie z. B. Khadduri und Mattar, erkennen durchaus die politischen Unzulänglichkeiten des Mufti an, der sich laut Khadduri den Notwendigkeiten einer neuen Ära nicht anpassen konnte und statt dessen auf seiner Politik der Kompromißlosigkeit beharrte. Diese Autoren neigen dazu, in ihm den Idealisten zu sehen, der unter Verzicht auf sein persönliches Wohlergehen alles nur für sein Volk tat. Seine Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten erwähnen sie nur am Rande, und sie machen auch noch von der Selbstrechtfertigung des Mufti Gebrauch, die Nationalsozialisten hätten auch ohne seine Mitwirkung bzw. Billigung ihre „Endlösungspläne“ durchgeführt. Darauf hätte er doch keinen Einfluß ausüben können. Daß der Mufti über die nationalsozialistischen Institutionen bestens informiert war und auch nicht davor zurückschreckte, diese zum eigenen Zweck in Anspruch zu nehmen, betrachten diese Autoren trotz ihres Wissens um die Existenz eindeutiger Dokumente als eher unbewiesen. Sie zeigen einen bemerkenswerten Widerwillen, sich mit dem Thema der Zusammenarbeit auseinanderzusetzen, und deuten an, der Versuch, diese Vergangenheit zu bewältigen, sei immer noch verfrüht. Da sie schlichtweg überzeugen wollen, daß el-Husseini immer nur das Beste für sein Volk wollte, und sich scheuen, sich näher mit dem Thema zu befassen, liegt der Verdacht nahe, daß sie sonst bei einer eingehenden Beschreibung in die Verlegenheit kämen, die Schuldlosigkeit der palästinensischen Nationalbewegung unter Beweis stellen zu müssen. Mattar, der im Mufti von Jerusalem den Gründer des palästinensischen Nationalismus sieht, ist dessen Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten offenbar schon von vornher-
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ein peinlich. Größtenteils verschweigt er dieses Thema. Seine Theorien lassen es offensichtlich nicht zu, daß die Politik des Mannes von der Politik des Volkes getrennt wird. Die einfache Erklärung, daß dem machtgierigen Mufti alles zur Erlangung seiner eigenen Ziele recht war, will er offensichtlich nicht wahrhaben. So wird die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten zur Nebensächlichkeit – ja sogar zum Nebenprodukt der politischen Umstände – abgewertet. Diese Aufarbeitung von Geschichte ist auch bei anderen ‚islamophilen‘Autoren nachzulesen, die sich mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt beschäftigen. Anhänger und Sympathisanten elHusseinis unternehmen den Versuch, die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten als zionistische Propaganda darzustellen, zumal der Mufti nicht als Kriegsverbrecher angeklagt und fast ausschließlich von jüdischer Seite kritisiert wurde. Sie übersehen jedoch die Tatsache, daß die Siegermächte aus rein politischen und wirtschaftlichen Überlegungen von einer Anklage Abstand nahmen. Außerdem wurde von vornherein entschieden, daß bei dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal nur Europäer angeklagt werden sollten. Die Politik im Nahen Osten nach 1945 bringt keine Erklärung über das Bestehen der vom Mufti so oft zitierten „Geheimorganisation“, deren Präsident er angeblich war und ohne deren Zustimmung nichts in der arabischen Welt geschehen könnte. Sie konnte, wie er unwahrheitsgemäß behauptete, ihn zum Mufti ernennen, vermochte es aber nicht zu verhindern, daß er aus seinem Land fliehen mußte. Sie ließ es auch zu, daß in Ägypten, dem damals wohl wichtigsten arabischen Land, der Mufti-Freund Faruk abdanken mußte. Mit der Ära Nasser veränderte sich grundlegend die Politik in den arabischen Ländern. Die „Geheimorganisation“, die auch nichts für die vertriebenen Palästinenser tat, war offensichtlich nur ein Phantasiegebilde el-Husseinis, der ihre Existenz nicht einmal belegen konnte und diesbezüglich auf zweifelhafte Aussagen angewiesen war. Der Einsatz Ettels zu diesem Zweck muß als äußerst fragwürdig angesehen werden, denn er hatte allen Grund dazu, die Position des Mufti zu stärken, um seine eigene Stellung auszubauen. In diesem Zusammenhang mußten auch die Interessen der arabischen Länder in Betracht gezogen werden, denn jedes Land hatte für sich eigene Vorstellungen über die Zukunft Palästinas. Eine derartige „Geheimorganisation“, deren Existenz mit Sicherheit nicht lange verborgen geblieben wäre, hätten sie wohl nicht geduldet. Auch für die Palästinenser erwies sich zunächst die im Grunde feudalistisch-islamistische Politik el-Husseinis für die Nachkriegszeit als nicht mehr praktizierbar. Auf sich selbst angewiesen – denn eine wirkliche Hilfe war nie von den arabischen Ländern zu erwarten – wurden sie sie zum Spielball von deren Interessen und verloren jede Kontinuität. Oft wenig glücklich in der
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Wahl ihrer Führer und ihrer Verbündeten, die durch eine extreme Anti-Israel-Politik hauptsächlich von den eigenen Problemen ablenken wollten, fühlten sie sich stets als Opfer der Politik anderer. Letztendlich griffen die Radikalen unter den Palästinensern wieder zu den ‚altbewährten‘ Methoden des Mufti zurück: Gewalt, Bedrohung, vehementer Judenhaß, Verteufelung der westlichen Welt und ihrer Werte, religiöse Fanatisierung der Bevölkerung, Terrorismus. Die Folgen sind die gleichen wie zu Zeiten el-Husseinis, denn auch heute herrscht Chaos, Korruption, Gewalt, Mord und Einschüchterung der Bevölkerung. Über die Jahrzehnte haben sich Namen und politische Formen geändert, das Ergebnis bleibt aber gleich. Solange die militanten palästinensischen Kampfeinheiten nicht entwaffnet werden, kann sich keine demokratische Zivilgesellschaft entwickeln. Außerdem sind auch die Sicherheitskräfte mitverantwortlich für die zunehmende Anarchie im Gaza-Streifen. Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen in der Westbank und im Gaza-Streifen, und bereits 2005 wurden von der Palestinian Human Rights Monitoring Group mehr Tote aufgrund der Animositäten zwischen den palästinensischen Fraktionen als im antijüdischen Krieg registriert. Hinzu kommt, daß der explosionsartige Zuwachs der Bevölkerung, der an sich einen Weltrekord darstellt, zusätzlich zur Instabilität beiträgt. Zwischen 1967 und 2006 ist er „um den Faktor neun von 0,45 auf 3,9 Millionen Einwohnern“ angewachsen. 1 „Islamische Länder haben zurzeit den höchsten Überschuß an jungen Männern. Von 1900 bis 2000 haben sich Moslems von 150 Millionen auf 1 200 Millionen vermehrt – also um mehr als den Faktor acht. Diese Moslems stecken schon jetzt mitten im Blutvergießen durch Bürgerkriege. […] Wir haben es mit zornigen jungen Männern zu tun. Da gibt es nur die Alternative: entweder Bürgerkrieg oder transnationaler Krieg.“ 2 Die Armut wird immer größer, und die militanten Gruppen werden immer gewalttätiger, so daß im Jahr 2006 in der Westbank allein die Verbrechensquote um 60 Prozent gestiegen ist. Die circa 20 000 regulären Polizisten in Gaza und in der Westbank sind gegen diese Entwicklung machtlos, denn nur 1 500 von ihnen sind bewaffnet, und daran wird sich kaum etwas ändern. Aufgrund des Konflikts zwischen den Hamas- und Fatah-Bewegungen ist Munition nur schwer und zu überteuerten Preisen zu bekommen. 3 Die Polizei steht auf dem Standpunkt, daß nur die Fraktionen selbst die bewaffneten militanten Gruppen unter Kontrolle bringen können, aber dies liegt keinesfalls in deren Interesse. Für sie kommt es darauf an, die Jugend für sich zu gewinnen und im Rahmen der Islamisierung zur Gewalt zu erziehen. Die Indoktrination unter der jugendlichen Bevölkerung ist geradezu extrem. „Kinder werden umfassend zu Haß erzogen. Im offiziellen Unterrichtsmaterial in den palästinensischen Autonomiegebieten kommt
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Israel immer noch nicht vor. Dafür sind beispielsweise in Büchern für den Sprachunterricht Gedichte abgedruckt, die den Märtyrertod von Kindern verherrlichen. […] In Spitzenzeiten wurden täglich bis zu fünf Stunden Haßprogramme gesendet. […] Israel existiert nicht oder hat kein Recht zu existieren, Juden sind Affen und Schweine, die auf der Erde nicht einmal von Steinen akzeptiert werden, und deren Tötung im Sinne Allahs ist. […] Jugendlichen wird beigebracht, daß der Holocaust in Wahrheit von den Israelis an den Palästinensern verübt wird.“ 4 Daß die antijüdische Propaganda der Nationalsozialisten in den meisten arabischen Ländern auf fruchtbaren Boden gefallen ist und sich bis in die Gegenwart auswirkt, läßt sich an zahlreichen Beispielen belegen. Besonders die Leugnung der Shoah wird heute noch nahezu uneingeschränkt verbreitet. Hier nur ganz wenige Auszüge: – „Dank Hitler – selig sei sein Angedenken –, der im Namen der Palästinenser im voraus Rache nahm an den niederträchtigsten Verbrechern dieser Erde. Obwohl wir uns bei ihm beschweren müßten, daß seine Rache an ihnen nicht genug war.“ 5 – „Am 27. April fangen die Wahnkarnevale in Israel an, was sie den Holocausttag nennen oder die ‚Verbrennung von sechs Millionen Juden‘ in den Öfen der Nazis. Der Holocaust ist nichts weiter als ein Märchen. Viele Historiker in der Welt haben diese erfundene Geschichte schon entlarvt.“ 6 – „Die Juden haben das Märchen erfunden, nämlich die Massaker der Nazis gegen die Juden. […] Das zionistische Wesen ist ein Krebsgeschwür, das man heraus schneiden muß.“ 7 – „Lügen sind über hier und dort ermordete Juden und den Holocaust ans Tageslicht gekommen. Und natürlich sind das alles Lügen und unbegründete Behauptungen. Kein Chelmno, kein Dachau, kein Auschwitz! (Das) waren Desinfektionsstellen.“ 8 Es ist geradezu paradox, daß die Araber bei aller Verehrung des nationalsozialistischen Deutschlands dessen Symbole zur Beleidigung der Israelis verwenden, die in Karikaturen mit dem Hakenkreuz versehen werden. Ansonsten werden die Juden so dargestellt, daß die Figuren durchaus an Julius Streichers Hetzblatt „Der Stürmer“ erinnern. Auch wenn es erscheint, als hätte sich gar nichts seit der Zeit Amin elHusseinis geändert, kommt doch Kritik aus den eigenen Reihen: Der Regierungssprecher der Hamas-Regierung, Ghazi Hamad, bedauerte, daß Gaza unter dem „Joch der Anarchie und den Schwertern von Banditen“ leide. Er vertritt die Meinung, „wir alle sind von einem Bazillus der Dummheit angesteckt worden und haben jeden Orientierungssinn verloren. […] Vielmehr fordere ich Selbstkritik und Selbsteinschätzung. Wir sind daran ge-
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wöhnt, unsere Fehler anderen in die Schuhe zu schieben.“ 9 Dennoch steht nach wie vor fest, daß die Hamas-Regierung Israel niemals erkennen wird, das kein Recht habe auf „any inch of Palestinian land. […] It is not the property of the Palestinians or the Arabs. This land is the property of all Muslims in all parts of the world.“ 10 Mit diesem Satz versucht Hamas, für sich Unterstützung in der ganzen muslimischen Welt und ganz besonders in Iran zu gewinnen, was ihnen offensichtlich auch gelungen ist. Im Jahr 2006 erhielt sie von der anti-israelischen Ahmadinedschad-Regierung 120 Millionen US-Dollar. 11 Zusammen wollen sie den Staat Israel vernichten. Selbst Feisal al-Husseini, ehemaliger palästinensischer Minister für Jerusalem-Fragen, der im Westen als moderat galt, hatte vom Staat Palästina seine präzisen Vorstellungen: „Auch wenn wir uns damit einverstanden erklären, unseren Staat für das auszurufen, was jetzt 22 Prozent von Palästina ausmacht, nämlich das Westjordanland und Gaza, ist unser endgültiges Ziel die Befreiung des gesamten historischen Palästina vom Fluß bis zum Meer. […] Wir unterscheiden zwischen den strategischen, langfristigen Zielen und den kurzfristigen politischen Zielen, die wir aufgrund des internationalen Drucks vorübergehend akzeptieren müssen.“ 12 Die Einstellung unterscheidet sich in nichts von der der Hamas, deren Charta seit 1988 unverändert geblieben ist und bestimmt, daß das Land Palästina vom Fluß bis zum Meer ein waqf sei. Kein Muslim dürfe jemals auch nur einen Teil davon aufgeben. Friede zwischen Muslimen, Christen und Juden könne es nur unter der Herrschaft des Islam geben, wobei der Staat Israel ausgemerzt werden müsse. 13 Der religiöse Fanatismus, der im Rahmen des Islamismus mit dem Mißbrauch des mohammedanischen Glaubens als Rechtfertigung für Terrorakte in der ganzen Welt einhergeht, erweist dem Ansehen des Islam keinen guten Dienst, und es sollte deshalb darauf hingewiesen werden, daß sich die Mehrzahl der Muslime nicht mit dem Terror identifiziert. Es ist jedoch blamabel, daß es trotz der Lehren der Geschichte nicht gelungen ist, die Saat des Antisemitismus zu eliminieren. Beschämenderweise existiert er nicht allein in der arabischen Welt, sondern auch in fast allen Schichten der westlichen Gesellschaften, wo er – im Gegensatz zu den unverhohlenen Haßtiraden der arabischen Presse gegen die Juden – eine subtile, aber genauso gefährliche Gestalt unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit, des Nationalstolzes und einer legitimen Kritik an der Politik des Staates Israel angenommen hat und durchaus als Konzession an die Angst der Wähler vor den Erpressungsversuchen des islamistischen Terrorismus verstanden werden kann. Richard Herzinger schreibt hierzu: „Dieser neue Antisemitismus tritt im Mäntelchen des ‚Antirassismus‘ auf. Er wird von islamistischen Gruppen in die moslemischen Gemeinden Europas getragen. Die Empörung gegen die Palästinenserpolitik der gegenwärtigen israelischen Regierung dient ihm nur
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als Vorwand, denn er spricht dem Staat Israel grundsätzlich jedes Existenzrecht ab und denunziert ihn in toto als ‚rassistisch‘ und ‚kolonialistisch‘. Zwischen ‚Israelis‘ und ‚Juden‘ unterscheidet er schon längst nicht mehr.“ 14 Es wäre verfehlt, wenn hier nicht auch erwähnt wird, daß islamistische Gruppen und der gegenwärtige Rechtsradikalismus nicht allein verantwortlich sind. Die radikalen Linken in der westlichen Welt trugen ebenfalls dazu bei, was sich besonders am Beispiel der deutschen Roten Armee Fraktion belegen läßt, die enge Verbindungen zur PLO unterhielt und sich an Terrorakten beteiligte. Die Sympathisanten der PLO demonstrierten besonders in den 1970-er und 1980-er Jahren für deren gewaltbereite Ziele. Noch heute gilt der Antizionismus als „eine spezifische Form des Antisemitismus nach Auschwitz, der neben der radikalen Linken auch bei Rechtsextremisten und Islamisten zu finden ist“. Es ist oft nicht mehr zu unterscheiden, wo links anfängt und rechts endet. 15 Der Nahostkonflikt wird auf interessante Weise von dem türkischen Schriftsteller Zafer Senocak analysiert: „Es geht längst nicht mehr nur um Land und um das Existenzrecht der beiden Völker. Es handelt sich um eine symbolische Auseinandersetzung, bei der es vor allem um die verletzte islamische Psyche geht. Seit seiner Gründung lieferte der Staat Israel der arabischen Elite Argumente für die Begründung der eigenen Misere; Diktatoren stützten ihre Macht auf antiisraelische Emotionen. […] So lenkt der Nahostkonflikt von den eigentlichen Problemen ab. […] Eine ganze Generation wächst mit Haß und Minderwertigkeitskomplexen auf, ignorant, was die eigene Kultur angeht, und voller Verachtung gegenüber dem Anderen. Eine solche Generation kann nur Lakaien produzieren, Lakaien für Diktatoren und Demagogen. […] Heute erscheint die islamische Kultur als ein Hort der Gewalt. Daß Religionen Gewalt motivieren können, ist nichts Neues. […] Die islamische Kultur müßte heute einen bedeutenden Beitrag zum Zusammenleben unterschiedlicher ethnischer und religiöser Gruppen leisten. Doch es gibt nicht einmal eine theoretische Beschäftigung mit den Herausforderungen der Globalisierung und der multikulturellen Gesellschaft. Immer stärker hat sich eine Geisteshaltung durchgesetzt, die dem Islam auch innewohnt: die Aufteilung der Welt in zwei Räume, die einander feindlich gegenüberstehen. Auf der einen Seite die Welt des Islam, die für Frieden und Gerechtigkeit steht, auf der anderen die Welt der Ungläubigen, die des Krieges und der Verwüstung. Daß die Welt der Ungläubigen nun seit einigen Jahrhunderten in fast allen Belangen der islamischen überlegen ist, führt zu einer lebenslang durchlittenen Schizophrenie unter den Muslimen. Statt die Ursachen für die Schwächeperiode der eigenen Kultur auch bei sich selbst zu suchen, projiziert man jegliche Schuld auf die Anderen, auf die Kolonialmächte, auf die Vereinigten Staaten von Amerika oder auch auf Israel.“ 16
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Der britische Islamforscher Bernard Lewis schreibt über die Krise der arabischen Welt: „Ein indischer Schriftsteller hat die arabische Welt kürzlich als das schwarze Loch zwischen dem entwickelten Okzident und dem sich entwickelnden Orient, also Asien, bezeichnet. Genau das trifft es. Obwohl es in den arabischen Ländern mehr als zweihundert Ingenieurschulen gibt, werden Ingenieure noch immer aus dem Ausland geholt. Früher aus Europa und Amerika, heute aus Südkorea, also einem Land, das vor wenigen Jahrzehnten hinter den arabischen Ländern weit zurücklag und nun uneinholbar vorne liegt, technologisch und beim Lebensstandard. Vielen Arabern wird – auch durch das, was sie in Medien und Internet erfahren – klar, daß andere das, was sie tun, viel besser können, und ihnen wird klar, was ihnen fehlt.“ 17 In einer von el-Husseini ursprünglich geschaffenen Atmosphäre „spielt der säkulare Antizionismus in der Propaganda gegen den Feind Israel nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr werde alles unternommen, Juden – nicht nur Zionisten oder Israelis – ganz im Stile der NS-Propaganda als Untermenschen darzustellen oder zu dämonisieren. […] Nicht der Nahostkonflikt fördere Antisemitismus, sondern Antisemitismus sei Grundlage des Konflikts. Schließlich habe der Mufti von Jerusalem schon die Judenvernichtung Hitlers begeistert begrüßt, bevor es überhaupt einen Staat Israel gab. Nachdem europäischer Antisemitismus während der Kolonialzeit auch die arabische Welt erreichte und sich mit islamischem Judenhaß verband, habe sich dieser Wahn in der Region verfestigt. […] Insofern folgt zumindest die islamistische Bewegung den Nationalsozialisten. Nur die Tatsache, daß die ganz normalen deutschen und osteuropäischen Nazi-Täter Juden nicht als Menschen ansahen, ermöglichte den millionenfachen Mord.“ 18 Die Palästinenser kämpfen immer noch für einen eigenen Staat Palästina, und jedes Mittel, das zur Erreichung dieses „heiligen“ Ziels angewandt wird, scheint nicht nur gerechtfertigt, sondern auch im Rahmen des wachsenden Islamismus „gottgefällig“. Die Intellektuellen unter den Palästinensern wissen schon, daß es 1947 diesen Staat durchaus hätte geben können; aber diese Möglichkeit hat der Mufti durch seine Intransigenz verspielt. Die eliminatorische Machtpolitik, die Amin el-Husseini seinerzeit im arabischen Raum sowohl gegen Juden als auch gegen Araber begründete, zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch die Charta der Hamas. Dieser zur Tradition gewordene fanatische Extremismus bleibt so virulent wie zur Zeit des „great uprising“ (1936–1939) und stellt eine gescheiterte Politik der Kompromißlosigkeit, der Unversöhnlichkeit und des „alles oder nichts“ dar. Indem diese Politik unnachgiebig weitergeführt wird, läßt sie auch das Schicksal der Palästinenser hoffnungslos erscheinen.
Anmerkungen Vorwort 1 Klaus Michael Mallmann und Martin Cüppers gehen im Epilog ihrer ausgezeichneten Studie „Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina“ (Band 8 der Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart) auf die diesbezügliche Verschluderung der Geschichts- und Islamwissenschaften ein.
Einleitung 1 Bassam Tibi, Der importierte Haß. Antisemitismus ist in der arabischen Welt weit verbreitet. Dabei widerspricht er islamischer Tradition, in: Die Zeit v. 6. 2. 2003.
1. Der Mufti von Jerusalem 1 Porath, Al-Hajj, S. 123. Über die Person el-Husseinis und seine politische Tätigkeit in Palästina siehe auch die Arbeiten von Pearlman; Schechtman; Khadduri, Contemporaries; Mattar, Mufti. 2 Mufti (arab. „Entscheider“), islamischer Rechtsgelehrter und Gutachter besonders in religiösen Rechtsfragen, gewohnheitsmäßig auf Lebenszeit gewählt. 3 Nachkommen Fatimas, der Tochter Mohammeds. Arab. sharif = edel, erhaben. 4 Oberhaupt der Abkömmlinge des Propheten. 5 Religionsgelehrte (Singular: ’alim). 6 Vgl. Kedourie, S. 49; Bericht über Palästina, S. 202. 7 Khadduri, Contemporaries, S. 69. 8 Tegart Papers, DS 125.3. H 8, S. 2. Ende 1937 wurde Sir Charles Tegart aus Indien nach Palästina versetzt, um als politischer Berater der Mandatsregierung Taktiken zur Bekämpfung der Rebellion zu entwickeln. 9 Bericht über Palästina, S. 203. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß es keinesfalls ungewöhnlich war, daß Palästinenser – ob Araber oder Juden – in der türkischen Armee dienten. Auch Mosche Schertok, der später als Moshe Sharett der erste Außenminister Israels wurde, war Offizier in der türkischen Armee, vgl. Deacon, S. 5. 10 Diese sollen sich Feisals Arabischer Armee in Transjordanien angeschlossen haben, während el-Husseini „Verbindungsoffizier zwischen Palästinensern und den Haschemiten“ wurde, Kimche, S. 194. 11 In einer am 25. Juni 1942 stattgefundenen Unterredung mit dem Gesandten Ettel erwähnte el-Husseini eine „überstaatliche Organisation, die in allen Ländern des arabischen Raumes ihre Mitglieder habe. Diese ‚Organisation‘ bestünde seit etwa 30 Jahren. Ihr Begründer sei der Scheich Hussein, der seinerzeit im Weltkrieg den Araberaufstand gegen die Türken organisiert habe. Er, der Mufti, sei als türkischer Offizier im Weltkrieg zu dieser ‚Organisation‘ gestoßen und ihr Mitglied geworden. Diese ‚Organisation‘ sei aber außerordentlich straff und diszipliniert. Ihre Mitglieder würden
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Anmerkungen
durch einen Eid verpflichtet. Wo immer in Ländern des arabischen Raumes Aufstände gegen fremde Unterdrücker ausgebrochen seien, hätte ‚die Organisation‘ die Fäden in der Hand gehabt; nichts sei unplanmäßig geschehen.“ Aufz. Ettel/AA v. 26. 6. 1942, PA AA, R 27324. Anm.: SS-Brigadeführer Erwin Ettel war deutscher Ges. in Teheran bis 9. 9. 1941, danach wurde er mit der Leitung der Angelegenheiten der Auslandsorganisation der NSDAP im Auswärtigen Amt beauftragt. 12 Bericht über Palästina, S. 203. 13 Die Balfour-Deklaration wurde erst im Mai 1920 in Palästina offiziell veröffentlicht. Siehe hierzu Marlowe, Rebellion, S. 27. 14 Tegart Papers, DS 125.3.H8, S. 1; vgl. Kayyali, Palestine, S. 54. 15 Khadduri, Contemporaries, S. 70. 16 Vgl. Porath, Al-Hajj, S. 122. 17 Bericht über Palästina, S. 203. In den Tegart Papers werden 15 Jahre angegeben, DS 125.3H8, S. 1. Später gab der Mufti selbst zu verstehen, er sei zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, vgl. Ganimah, Großmufti, S. 41; Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 29. 18 Khadduri, Contemporaries, S. 71. 19 Kedourie, S. 50. 20 Samuel, Memories, S. 91. 21 Über das antizionistische Element in der britischen Verwaltung siehe Kedourie, S. 47; Marlowe, Rebellion, S. 80 f.; Ingrams, Palestine, S. 31 ff.; Storrs, S. 301; Jeffries, S. 358. 22 Vgl. Lesch, S. 84 f. 23 Über die Hintergründe der Wahl siehe Bericht über Palästina, S. 203; Porath, Al-Hajj, S. 130 ff.; Mattar, Mufti, S. 34 ff. 24 Bericht über Palästina, S. 202; Fromkin, 517 f. 25 Bentwich, S. 191 f. 26 Bericht über Palästina, S. 203. 27 Ebd. 28 Ebd. S. 207. Die anderen beiden „Regierungen“ waren die Jewish Agency und die britische Verwaltung in Palästina. 29 Lesch, S. 90 ff. 30 Vgl. Porath, Emergence, S. 224 f. 31 Auch der Peel-Report (Bericht über Palästina) ignoriert im wesentlichen die Tatsache, daß die Nashashibis zumindest ihren guten Willen zur Kooperation mit den Briten und Zionisten signalisierten, vgl. Bericht über Palästina, S. 90. 32 Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 15. 33 Halpern, S. 323 f.; vgl. Bentwich, S. 75 ff. 34 Vgl. Bericht über Palästina, S. 71 ff.; Marlowe, Rebellion, S. 121; ders., Seat, S. 105; Porath, Emergence, S. 243 f.; Samuel, Whitewash, S. 243. 35 Zu den Unruhen von 1929 siehe Bericht über Palästina, S. 75 ff.; Mattar, Western Wall, S. 104 ff.; Lesch, S. 208 f.; Porath, Emergence, S. 262 ff.: Samuel, Whitewash, S. V f. und 35. 36 Die Arabische Exekutive löste sich nach dem Tod Musa Kasems 1934 auf. 37 Vgl. Porath, Movement, S. 112 ff. 38 Ebd., S. 114 ff. 39 Ebd., S. 118. 40 Ebd., S. 125 f.
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41 Über die Reaktion der deutschen Juden auf den Nationalsozialismus siehe Walk; Michaelis, in: Feilchenfeld/Michaelis/Pinner. Zu der deutschen Politik äußerte sich die arabische Presse meistens sehr positiv und beglückwünschte Hitler 1935 zu der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze: Sachar, History, S. 196. 42 Vgl. Lesch, S. 110 f.; Porath, Movement, S. 68. 43 Über die Parteiziele siehe Porath, Movement, S. 77. 44 Bericht über Palästina, S. 110; Lesch, S. 114 f.; Porath, Movement, S. 162 ff. und als Quellenliteratur die gesamten unveröffentlichten Tegart Papers, die eine aufschlußreiche Einsicht in die Eskalation der Gewalt in Palästina geben. 45 Vgl. Bericht über Palästina, S. 110. 46 Collins/Lapierre, S. 52; vgl. Küntzel, Djihad, S. 43 ff. Über die Radikalisierung der islamischen Jugendorganisationen und die Rolle des Fundamentalisten Izz al-Din al-Qassam siehe Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 23 ff. 47 Porath, Movement, S. 199 ff.; Rose, S. 215 ff. 48 Simson, S. 291 f. 49 Bericht über Palästina, S. 204. 50 Vgl. Porath, Movement, S. 228. 51 Vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 29. 52 Ebd., S. 230 f. 53 Vgl. The Times v. 14. 7.1937. 54 Tegart Papers, „Haj Amin Husseini“, DS 125.3.H8, S. 8. 55 Ebd., Terrorism – 1936–1937, S. 10, 17. 56 Übersetzt vom Verfasser, Tegart Papers, „Haj Amin Husseini“, DS 125.3.H8, S. 8.
2. Die deutsche Palästinapolitik bis 1937 1
Vgl. Laqueur, Reader, S. 39; Bericht über Palästina, S. 41. Yisraeli, Germany, S. 152. 3 Vgl. Nicosia, Weimar, S. 329. 4 Zit. nach: Walk, S. 189 f. 5 Über die deutschen Siedlungen in Palästina siehe Saad; Carmel, Palästinapolitik; ders., Siedlungen; Nicosia, Weimar; ders., Germany; Schmidt. 6 RWM an AA v. 10. 8. 1933, ADAP, Serie C, Bd. 1,2, Dok. 399, S. 724. 7 Dto. v. 18. 7.1933, ebd., Serie C, Bd. 1,2, Dok. 369, S. 655. 8 Über das Haavara-Abkommen siehe Feilchenfeld/Michaelis/Pinner. Hebräisch ha’avara = Transfer. 9 Wolff an AA v. 10. 8. 1933, ADAP, Serie C, Bd. 1,2 Dok. 399, S. 725. 10 Aufz. Clodius/AA v. 27.1.1938, ebd., Serie C, Bd. 1,2. Dok. 579, S. 660. 11 Zit. nach: Abbasi, S. 171. Al-Jamiah al Arabiya (Die arabische Liga) war das Sprachrohr des Mufti von Jerusalem. 12 Vgl. Abbasi, S. 175. Zur jüdischen Auswanderung nach Palästina siehe Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 57–68. 13 Aufz. Pol. Abt. VII v. 7. 8. 1937, ADAP, Serie D, Bd. V, Nr. 571, S. 643; Ges. Bagdad an AA v. 9. 11.1937, ebd., Serie D, Bd. V, Nr. 574, S. 648. 14 DGK/Jerusalem an AA, Telegramm Nr. 5 v. 31. 3. 1933, zit. nach: Nicosia, Germany, S. 162. 15 Vgl. Nicosia, Reich, S. 86. 2
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Anmerkungen
16 Rundschreiben Nr. 53 v. 3. 10. 1933 an sämtliche Auslandsgruppen der NSDAP, gez. Ernst William Bohle, Leiter der Auslands-Abteilung. BAB, R 187/293. 17 Aufz. Bülow-Schwante v. 25. 5. 1937, ADAP, Serie C, Bd. VI, Nr. 387, S. 836. 18 Ebd., S. 837. 19 Pol. Abt. VII v. 7. 8. 1937, ADAP, Serie D, Bd. V, Nr. 571, S. 644. 20 RAM an Botschaft London, DGK Jerusalem und Ges. Bagdad v. 1. 6.1937, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 561, S. 629. 21 DGK Jerusalem an AA v. 15. 7. 1937, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 566, S. 637. 22 Dto. v. 15. 7.1937, ebd., Serie D, Dok. 561, S. 629. 23 Ebd., S. 629 f. 24 Die Italiener hatten schon „Millionen“ für den Mufti ausgegeben, „ohne daß ein irgendwie beachtliches Ergebnis herausgekommen sei“, Botschafter in Rom an AA v. 14. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. 11, Nr. 57. 25 DGK Jerusalem an AA v. 15. 7. 1937, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 566, S. 637. 26 Dto. v. 22. 7. 1937, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 568, S. 638. 27 Vizekonsul Dittmann, Jerusalem, an AA v. 10. 8. 1937, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 572, S. 645 ff. 28 Ebd. 29 Aufz. von Hentig /AA v. 29.7. 1937, ADAP, Serie D, Bd. 5, Nr. 569, S. 639. 30 Vogel, S. 48, 132, 152 f. 31 Aufz. Clodius/ AA v. 27.1.1938, ebd., Serie D, Bd. 5, Nr. 579, S. 659. 32 Ebd., S. 660. 33 SS-Stubaf.; wurde während des ZweitenWeltkrieges Adjutant des Höheren SSund Polizeiführers in Frankreich; nach 1945 in Frankreich in absentia zum Tode verurteilt; in Köln wegen Teilnahme an den Judendeportationen in Frankreich zu zwölf Jahren Haft verurteilt. 34 BAB, R 58/623. In einem Schreiben vom 1. 9. 1937 an II 1 beantragte Eichmann finanzielle Unterstützung für den Kauf eines hellen und eines dunklen Anzugs und eines hellen Reisemantels, da „unter anderem Verhandlungen mit arabischen Fürstlichkeiten vorgesehen“ waren. Der Restbetrag sollte dem offenbar nicht finanziell flüssigen SS-Hauptscharführer Eichmann „in Form eines abzuzahlenden Darlehens“ gewährt werden. Die Bitte um Vervollständigung der Garderobe wurde am 15. 9. 1937 „grundsätzlich vom Leiter II 1 abgelehnt“., ebd. 35 Ber. SDHA, II 112 v. 17. 6. 1937, Feivel Polkes, BAB, R 58/954; vgl. Mallmann/ Cüppers, Halbmond, S. 59. 36 The Trial of Adolf Eichmann, Vol. IV, S. 1586. 37 Ber. SDHA, II 112 v. 4. 11. 1937, Palästina-Ägyptenreise von Eichmann und Hagen, 1. Verlauf der Reise, BAB, R 58/954. 38 Dto., 5. Palästina und die Frage des Judenstaates, ebd.
3. Der Mufti im Exil 1 Interessant hierzu der Artikel ‚The Great Palestinian „Voyage“ of Escape‘ in: Al-Dustur, Vol. 14, Iss. 321, 16.1.1984, S. 3–5 (arab.), in dem der Autor den Versuch unternimmt, die Flucht des Mufti aus Palästina in den Libanon mit der Flucht des PLO-Vorsitzenden Jassir Arafat von 1983 aus der Biqa’-Ebene im Libanon nach Tunis zu vergleichen. 2 Vgl. Marlowe, Seat, S. 151. 3 Tegart Papers, Terrorism – General v. 11. 4.1938.
3. Der Mufti im Exil
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4 1942 wurde der Zaun zerlegt, um den Stacheldraht im Afrikafeldzug zu verwenden. Die Festungen und einige der Pillboxen sind heute noch zu sehen. Vgl. Outpost, Iss. 164, February 2004, S. 6 f. 5 RMVP an AA v. 14. 12. 1937, ADAP, Serie D, Bd. 5, Nr. 576, S. 654 f. 6 Vortragsnotiz OKW/Ausl/Abw I v. 18. 6. 1939, IfZ, Nbg. Dok., PS -792. Entw. einer Vortragsnotiz für Admiral Canaris betr. die Lage in der arabischen Welt, bisherige Unterstützung und geplante Maßnahmen. 7 Ebd. 8 Aufz. Schlobies /AA v. 10.1.1939, ADAP, Serie D, Bd. V, Nr. 588, S. 671 f. 9 Ges. Grobba an U.StS. Woermann, Bagdad v. 2. 5. 1939, ebd., Serie D, Bd. 6, Nr. 313, S. 334. 10 Grobba, Männer, S. 317. Über Hitlers Theorie der „rassischen Minderwertigkeit“ siehe Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 43 ff. 11 Aufz. ohne Unterschrift, IfZ, Nbg. Dok., 1014-PS (Beweisstück USA-30), L-3, British Documents, Serie 3, Bd. 7, Nr. 314, Anlage; ADAP, Serie D, Bd. 7, Nr. 193, S. 172. 12 Vgl. Porath, Movement, S. 287 ff.; Lesch, S. 176 f. Beide beziehen sich hierbei auf die britischen Foreign-Office- Akten. 13 Grobba, Männer, S. 192. 14 Thomas Uwer: Besonders deutsch, wie die Deutschen den Irakern Nachhilfe in Sachen Judenhaß gaben, in: konkret 9, 2002. 15 Vgl. Sulzberger, S. 668 f. 16 Ebd., S. 667. 17 Vgl. Khadduri, Flirtation, S. 329 ff. 18 Vgl. ders., Iraq, S. 164 f. 19 Botschafter in Ankara an AA v. 6. 7. 1940, ADAP, Serie D, Bd. X, Nr. 125, S. 117 ff. Der Brief des Mufti war in französischer Sprache und auf AHC-Briefbogen geschrieben. Der Mufti unterzeichnete mit „Großmufti von Palästina“. 20 Ebd. 21 Großmufti von Palästina an Botschafter in Ankara v. 22. 7.1940, ebd., Serie D, Bd. X, Nr. 209, S. 227. 22 Botschafter in Ankara an AA v. 6. 8. 1940, ebd., Serie D, Bd. X Nr. 289, S. 341. 23 Aufz. Grobba v. 27. 8. 1940, ebd., Serie D, Bd. X, Nr. 403, S. 459 ff. 24 StS. an Botschaft in Rom v. 9. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 35, S. 39. 25 Botschafter in Rom an AA v. 10. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 40, S. 42. 26 Von Mackensen an AA 14. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 57, S. 65. 27 Ders. an AA v. 14. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 57, S. 66. 28 Aufz.Grobba v. 30. 9. 1940, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 134, S. 195. 29 Dto. v. 18. 10. 1940, Nr. 190, S. 272. 30 Ebd., S. 274, Fn. 9. 31 Großmufti an Führer, Bagdad, v. 20. 1. 1941, ebd., Serie D, Bd. XI, Nr. 680, S. 957 ff. Der Brief war in französischer Sprache geschrieben. 32 Vgl. Grobba, Männer, S. 207 33 Aufz. Woermann v. 26. 2. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 92, S. 138. 34 Vgl. Grobba, Männer, S. 206. 35 Aufz. Ettel/AA v. 11. 3. 1941, PA AA, R 27326. 36 Ebd. 37 Aufz. Woermann v. 7. 3. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 133, S. 195.
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Anmerkungen
38 Ges. von Rintelen (Pol. Abt.) an AA v. 21. 3.1941, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 188, S. 267. 39 Aufz. Woermann v. 26. 3. 1941, IfZ, Nbg. Dok., NG-089. 40 Leiter der Abt. Ausland im Amt Ausland/Abwehr. 41 Lahousen war Leiter der Abt. II im Amt Ausland/Abwehr, Piepenbrock Leiter der Abt. I im Amt Ausland/Abwehr und Stolze gehörte der Abt. II des Amtes Ausland/Abwehr an. 42 Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 79 f. 43 Aufz. Woermann v. 25. 3. 1941, IfZ, Nbg. Dok., NG-089. 44 Dto. v. 9. 4. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 299, S. 413. 45 Ebd., S. 413. 46 Ebd., S. 414. 47 Dto. v. 19. 4.1941, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 373, S. 490 f. 48 Woermann an RAM v. 26. 4.1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 407, S. 533. 49 Aufz. von Ribbentrop, v. 27. 4. 1941, Notiz für den Führer, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 415, S. 545 f. 50 Vgl.Fetwà, S. 552 f. In seinem Aufruf nannte El-Husseini England den größten Feind des Islam. Schon der britische Premierminister Gladstone habe seinerzeit im Parlament behauptet, daß die Welt keinen Frieden haben könne, solange der Koran existiere. („L’allora Primo Ministro britannico Gladstone dichiarò al Parlamento che il mondo non potrà avere pace finchè exista il Corano.“) Diese Politik – so der Mufti – führen die Engländer tatkräftig weiter, ebd., S. 553. Aus welchem Anlaß Gladstone diese Behauptung gemacht haben soll, verriet der Mufti nicht. 51 Ebd., Founder, S. 61. 52 Führeranweisung v. 23. 5. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 543, S. 717 f. 53 Woermann an AA v. 27. 5.1941, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 557, S. 742. 54 Jäckel/ Longerich/ Schoeps, S. 643; vgl. Elpeleg, Founder, S. 62. 55 Ebd., S. 62. 56 Von Weizsäcker/AA an Ges. Teheran v. 1. 6.1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 590, S. 789 f. 57 Ebd., S. 799. 58 Ebd., Fn. 6. 59 Aufz. Woermann v. 6. 6. 1941, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 599, S. 809. 60 Aufz. Grobba v. 5. 8. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 180, S. 236. 61 Ettel an AA v. 21. 8.1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 221, S. 284. 62 Geschäftsträger in Rom, von Bismarck, an AA v. 13. 10. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 399, S. 524. 63 Ebd. 64 Vgl. Khadduri, Iraq, S. 236.
4. Alliierter der Achse 1 2 3 4 5 6 7
Von Bismarck an AA v. 13.10.1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 399, S. 524. Ders. an AA v. 28. 10. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 428, S. 576. Ebd. Von Mackensen an AA v. 5. 11. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 449, S. 608. Ebd. Aufz. Grobba v. 6. 11.1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 452, S. 611. Ebd.
4. Alliierter der Achse 8
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Ebd. Aufz. von Ribbentrop v. 13. 11. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 468, S. 633 ff. 10 Qawuqji hatte seinerzeit in Palästina eine Rebellenbande geführt. Ferner hatte er an der Revolte im Irak teilgenommen. 11 Aufz. von Ribbentrop v. 13. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 468, S. 635. 12 Vgl. Grobba, Männer, S. 256. 13 Aufz. von Ribbentrop v. 13. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 468, S. 635. 14 Grobba, Männer, S. 255. 15 Aufz. Ettel/AA v. 12. 11.1941, PAAA, R 27324. Anm.: Al-Fatat ist nicht mit alFatah zu verwechseln. Unter dem Joch der türkischen Herrschaft spielte sie besonders in Syrien eine Rolle und trug zur kurzfristigen Unabhängigkeit Syriens mit Feisal als König bei. Aufgrund des Sykes-Picot Abkommens von 1916 beanspruchte Frankreich die Oberhoheit über Syrien und 1922 wurde das französische Mandat vom Völkerbund anerkannt. 1920 wurde Feisal des Landes verwiesen. 1921 wurde er von den Briten zum König des Iraks ernannt. Nachfolgende Fatat-Bewegungen (u. a. in Ägypten) richteten sich zunächst nach den italienischen und später nach den deutschen faschistischen Jugendbewegungen. 16 Vgl. Grobba, Männer, S. 253 ff. 17 Aufz. Ettel/AA v. 12.11. 1941, PAAA, R 27324. 18 Ebd. 19 Ebd. 20 Aufz. Hewel/AA, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 475, S. 643. 21 Von Stohrer an StS./AA v. 18. 11.1941, PAAA, R 29533. 22 Zu den Hitler-Phantastereien führender Nationalsozialisten bezogen auf den Koran siehe Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 120. 23 Vern. Hans-Joachim Weise v. 12. 1. 1965, zit. nach: ebd. S. 119 f. 24 Aufz. Loesch/AA v. 28. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 514, S. 714 f. 25 Vgl. Khadduri, Iraq, S. 189. 26 Aufz. Loesch/AA v. 28. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 514, S. 715. Hierbei handelt es sich um die Unterredung des Mufti mit Ribbentrop. 27 Ebd. 28 Ebd. 29 Ebd. 30 Aufz. Woermann/AA v. 7. 3.1941, ebd., Serie D, Bd. XII, Nr. 133, S. 195. 31 Aufz. Loesch/AA v. 28. 11. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 514, S. 715 f. 32 Ebd., S. 717. 33 Aufz. Schmidt (Büro RAM) v. 30.11. 1941, ebd., Serie D, Bd. XIII, Nr. 515, S. 718. Angeblich soll Hitler bei der Begrüßung „die ausgestreckte Hand des Mufti“ übersehen haben. Hitler kam gleich zur Sache und ließ dem Mufti ausrichten, er „freue sich, daß die arabischen Länder wissen, Deutschland vertrete ihre Interessen“. Der Dolmetscher Eppler, der neben Hitlers üblichem Chefdolmetscher Dr. Schmidt auch anwesend war, meinte, „daß es von allen Würdenträgern in arabischen Ländern erwartet werde, gleich Kaffee anzubieten, denn vorher würde kein Gespräch beginnen“. Hitler gab daraufhin zu verstehen, daß er selbst „keinen Kaffee trinke“. Dieser kleine Vorfall blieb dem Mufti nicht unbemerkt, der wissen wollte, „ob es irgendein Mißverständnis“ gebe und Hitler „sich nicht freue, ihn zu sehen“. Eppler wies darauf hin, es wäre „eine Beleidigung, dem Mufti keinen Kaffee anzubieten und es würde einen sehr schlechten Eindruck machen“. Hitler „sprang auf und schrie, daß er es nicht zulasse, 9
200
Anmerkungen
daß überhaupt jemand im Hauptquartier Kaffee trinke“. Er ging hinaus und „schlug die Tür hinter sich zu“. Schmidt machte darauf aufmerksam, daß Eppler „den Führer sehr verärgert habe“, worauf Eppler erwiderte, „daß man auch den Mufti verärgere, der für die Deutschen wichtig sei“. Nach fünf Minuten erschien Hitler wieder. Kurz darauf kam ein Angehöriger der SS mit „2 Gläsern Limonade“ herein, zit. nach: Mosley, S. 28 f. 34 Aufz. Schmidt (Büro RAM) v. 30. 11.1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 515, S. 719 ff. In seinem Tagebuch schreibt der Mufti, daß bezüglich der Bitte um eine Geheimerklärung Hitler gemeint habe, eine derartige Erklärung, von deren Existenz mehrere Kenntnis hätten, wäre nicht geheim, sondern öffentlich. Ungleich den Briten habe Hitler wenige Erklärungen in seinem Leben abgegeben. Der Mufti könne sich auf Hitlers Wort verlassen. Vgl. The Nation Associates, May, 1947, S. 18. 35 Aufz. Woermann v. 28. 11.1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 516, S. 721 f. 36 Grobba, Männer, S. 256. 37 Ebd., S. 257. 38 Ber. Hptm. Kohlhaas v. 16. 6. 1941, Kämpfe im Irak, zit. nach: Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 82. 39 Aufz. Rahn/AA v. 30. 7. 1941, Ber. über die deutsche Mission in Syrien vom 9. Mai bis 11. Juli 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 165, S. 208. 40 Vgl. Carpi, S. 105. 41 Aufz. von Ribbentrop v. 13. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 468, S. 635. 42 Die Villa, die heute noch in der Goethestraße 27 in Zehlendorf steht, diente dem Mufti gleichzeitig als Büro. 43 Aufz. Grobba v. 17.12. 1941, ADAP, Serie E, Bd. I, Nr. 26, S. 42 ff. 44 Woermann/AA an Botschaft Rom v. 20.12. 1941, ebd., Serie E, Bd. I, Nr. 41, S. 66. 45 Ebd., S. 67. 46 Ebd., Fn 3. 47 Aufz. Canaris, Besuch beim Großmufti und Ministerpräsidenten Raschid Ali Gailani am 16. 12. 1941, IfZ, Fd. 47. 48 Ebd. 49 Ebd. 50 Ebd. 51 Abshagen, S. 317 f., berichtete, Canaris konnte den von „Legenden und Intrigen umwobenen“ Mufti „gut leiden“, obwohl er seine Politik „nicht schätzte“ und seine Ränkespiele durchschaute, aus denen er so manches über die „gewundenen Wege orientalischer Politik“ lernen konnte. „Admiral Canaris und sein Freund, der Staatssekretär von Weizsäcker im Auswärtigen Amt, die beide Gegner Hitlers waren, wünschten die Ausdehnung des Kriegsschauplatzes nach den arabischen Ländern nicht und unterließen es daher, die Oberste Heeresleitung […] zu einer strategischen Planung zu veranlassen“, Grobba, Männer, S. 317. 52 Grobba, Männer, S. 250 ff. 53 Von Mackensen an AA v. 25. 2. 1942, ADAP, Serie E, Bd. I, Nr. 288, S. 538. 54 Ebd., S. 539. 55 Aufz. Woermann über die Türkei und die arabische Frage v. 12. 3. 1942, ebd., Serie E, Bd. II, Nr. 33, S. 59. 56 Ebd., S. 61. 57 Granow an AA v. 8. 5. 1942, ebd., Serie E, Bd. II, Nr. 193, S. 328 ff.; vgl. Grobba, Männer, S. 266.
4. Alliierter der Achse
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58 Woermann an Botschaft Rom v. 15. 4. 1943, ADAP, Serie E, Bd. II, Nr. 139, S. 234 ff. 59 Aufz. Ritter/AA v. 28. 4. 1942, PA AA, R 27828. 60 Aufz. von Weizsäcker v. 15. 5. 1942, ADAP, Serie E, Bd. II, Nr. 209, S. 360. 61 Ebd. 62 Granow an AA v. 8. 5. 1942, Grundsätzliches zur Behandlung des Großmuftis und Raschid Ali el Gailanis, ebd., Serie E, Bd. II, Nr. 193, S. 329. 63 Ebd. 64 Aufz. Ettel/AA v. 31. 5. 1942, Die Länder des arabischen Raumes im Nahen Osten, PA AA, R. 27332. 65 Dto., undat.: Vormarsch Deutschlands nach dem arabischen Raum, ebd. 66 Dto. v. 26. 6.1942, PA AA, R 27324. 67 Sherif von Mekka, König von Hijaz, organisierte im Ersten Weltkrieg den Aufstand gegen die Türken. 68 Aufz. Ettel/AA v. 26. 6. 1942, PA AA, R 27324. Hiermit gibt der Mufti klar zu verstehen, daß er selbst und nicht die deutschen Regierungsstellen über die Kompetenzen der arabischen Politiker zu entscheiden habe. 69 Der Mufti wies ferner auf die Londoner Konferenz hin, auf der die „Organisation“ den maßgebenden Einfluß ausübte. Laut Grobba war der Einfluß des Mufti, der nicht an der Konferenz teilnahm, nur negativ, Grobba, Männer, S. 274. 70 Aufz. Ettel/AA v. 26. 6. 1942, PA AA, R 27324. 71 Von 1950 bis 1956 schrieb Ettel als Redakteur für die Wochenzeitschrift „Die Zeit“ unter dem Namen Ernst Krüger, ohne daß man ahnte, mit wem man es zu tun hatte. Bis zu seinem Tod 1971 blieb seine Gesinnung nationalsozialistisch, Frank Bajohr in: Die Zeit v. 23. 2. 2006. 72 Grobba, Männer, S. 274. 73 Aufz. Ettel/AA v. 26. 6. 1942, PA AA, R 27324. 74 Dto. v. 27. 6. 1942, ebd. 75 Vgl. Hirszowicz, S. 234 f. Hilmi hielt Gailani für weniger kompetent, dafür aber für patriotisch. An den Fähigkeiten des Mufti zweifelte er nicht, hielt ihn aber für gefährlich, Prüfers Notizen v. 17. 6.1943, zit. nach: Hirszowicz, S. 259. 76 Aufz. Ettel/AA v. 24. 3. 1943, PA AA, R 27323. 77 Der Mufti schätzte Faruk sehr, da der König die Freiheitsbestrebungen der Araber in Palästina großzügig unterstützte, dto. v. 24. 6. 1942, ebd. 78 Dto. v. 1. 6.1942 und 24. 6. 1942, ebd. 79 Dto. v. 1. 6.1942, ebd. 80 Dto. v. 1. 6.1942 und 23. 6. 1942., ebd. 81 Dto. v. 29. 6.1942, ebd. 82 Dto. v. 24. 6.1942 ebd.; vgl. dto. v. 25. 6.1942, ebd. 83 Ebd. 84 Aufz. Ettel/AA, undat.: Erklärung seiner Eminenz des Gross-Mufti an die Ägyptische Nation, PA AA, R 27332. Über Rommels Afrikafeldzug siehe besonders Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 121 ff. 85 Grobba, Männer, S. 318. 86 Aufz. Ettel/AA v. 9.12. 1942, PA AA, R 27323. 87 Dto. v. 24. 3.1943, ebd. 88 Inzwischen hatte sich die militärische Lage der Achse in Nordafrika verschlechtert. Im November 1942 wurde Rommel gezwungen, seine Stellung in El-Alamein
202
Anmerkungen
aufzugeben. Laut Khadduri hätte der Mufti Mussolini beim triumphalen Einzug in Kairo begleiten sollen, Khadduri, Iraq, S. 241. Über die Niederlage von El-Alamein und die alliierte Landung in Nordafrika, Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 183 ff. 89 Aufz. Ettel/AA v. 24. 3.1943, PA AA, R 27323. Vgl. The Nation Associates, Juni 1948, S. 5 f. 90 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8. 1842, PA AA, R 27325; vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 90 ff. 91 Aufz. Woermann/AA v. 26. 12. 1941, ADAP, Serie E, Bd. 1, Nr. 59, S. 100. 92 Aufz. Hewel /AA v. 31. 8. 1942, ebd., Serie E, Bd. III, Nr. 250, S. 429. 93 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8. 1942, PA AA, R 27325. 94 Aufz. Hewel/AA v. 31. 8. 1942, ADAP, Serie E, Bd. III, Nr. 250, S. 429. 95 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8. 1942, PA AA, R 27325. 96 Ebd. 97 Ebd. 98 Ebd. 99 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8. 1942, PA AA, R 27325. 100 Ebd. 101 Aufz. Grobba v. 30. 5. 1942, ADAP, Serie E, Bd. II, Nr. 253, S. 435. 102 Ebd., S. 435. 103 Ebd., S. 436. 104 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8.1942, PA AA, R 27325. 105 Aufz. Grobba v. 30. 5. 1942, ADAP, Serie E, Bd. II, Nr. 253, S. 435. 106 Laut Felmy sei das Grundproblem „die negative Einstellung der Araber zu den Italienern“. Seit diese immer wieder „ihren Führungsanspruch auf das östliche Mittelmeer betont haben, sei bei den Arabern“ ihre „ursprüngliche Begeisterung abgeflaut“. Sie fürchten auch, daß die Deutschen sie an die Italiener „verraten“ würden. Zwar sähen sie im Kampf der Achse „wohl die stärkste Hoffnung auf Erfüllung ihrer Wünsche, schätzten aber immer noch die Engländer mehr als die Italiener“. Aufz. Hewel/ AA v. 31. 8.1942, ebd., Serie E, Bd. III, Nr. 250, S. 428. 107 Ebd., S. 430. 108 Aufz. Ettel/AA v. 15. 8.1942, PA AA, R 27235. 109 Besprechung mit Rashid al Gailani beim Amtschef am 10. 9. 1942, IfZ, Fd. 47; vgl. Nr. SIM/4526, Protokoll, Betr.: Zentrale des Mufti in Nordafrika v. 10. 9. 1942; Aktenvermerk über die Besprechung mit dem Grossmufti am 15. 9. 1942 in Rom, ebd.. 110 Ebd. 111 Ebd. 112 Rein militärisch gesehen hatte Canaris gegen eine Zentralisierung der Abwehrarbeit des Mufti in Nordafrika nichts einzuwenden. Er wies aber darauf hin, daß die DAL als deutsche Truppe dem Mufti nicht als Teil der regulären arabischen Einheit unterstellt werden könnte. 113 Ebd.; vgl. Aufz. Ettel/AA v. 27. 11. 1942, PA AA, R 27332. 114 Aktenvermerk v. 17. 9. 1942: Besprechung mit dem Groß-Mufti in Rom am 15. 9. 1942, IfZ, Fd 47. Meyer-Ricks war der Stabschef des Sonderstabes F, General Amé Leiter des italienischen Militärnachrichtendienstes und Fregattenkapitän Simen Chef der italienisch-arabischen Legion. 115 Ebd. 116 Ebd.
4. Alliierter der Achse
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117 Hieß bis 1924 Jusowka, 1924–1961 Stalino, ab 1961 Donezk, größte Stadt im Donezbecken. 118 Aktenvermerk v. 17. 9. 1942 über die Besprechung mit dem Großmufti in Rom, IfZ, Fd 47; vgl. dto. über das Ergebnis der Besprechung von Chef II und dem Großmufti am 23. 11.1942 in Rom, ebd. 119 Ebd. 120 Aufz. Hewel/AA v. 31. 8. 1942, ADAP, Serie E, Bd. III, Nr. 250, S. 429. 121 Ebd.; vgl. Aktenvermerk über das Ergebnis der Besprechung von Chef II und dem Großmufti am 23. 11.1942 in Rom, IfZ, Fd. 47. 122 Aufz. Hewel/AA v. 12. 9. 1942, ADAP, Serie E, Bd. III, Nr. 285, S. 487 f. 123 Aufz. Ettel/AA, undat., PA AA, R 27325. 124 Ebd. 125 CdS an U.StS. Luther v. 20. 10. 1942, ebd., R 100701. 126 Aufz. Hewel/AA v. 12. 9. 1942, ADAP, Serie E, Bd. III, Nr. 285, S. 488. 127 Picker, S. 404. 128 Schrumpf-Pierron an Seubert v. 1. 12.1941, zit. nach: Hirszowicz, S. 263 und S. 358, Fn. 70. 129 Aktennotiz v. 17. 5.1943, zit. nach: Poliakov/Wulf, S. 213. 130 Erlaß Schleier v. 5. 7.1944, ADAP, Serie E, Bd. VIII, Nr. 96, S. 165. 131 Zit. nach: Picker, S. 403. 132 Ebd., S. 404. 133 Canaris’ Besuch beim Mufti und Gailani am 16. 12. 1941 in Berlin, IfZ, Fd 47. 134 Dto. v. 10. 9. 1942, ebd. 135 Vgl. Hirszowicz, S. 258. 136 Comando Supremo v. 10. 9.1942, SIM/4526, Protokoll, IfZ, Fd 47. 137 Aktenvermerk v. 17. 9. 1942 über die Besprechung mit dem Großmufti in Rom am 15. 9. 1942, ebd. 138 Ebd.; vgl. Aktenvermerk über das Ergebnis der Besprechung vom Chef II und dem Großmufti am 23. 11. 1942 in Rom, ebd. Angeblich soll el-Husseini der deutschen Abwehr genaue Daten über die beabsichtigte Landung der Alliierten in Nordafrika zugespielt haben. Er habe Major Seubert von der Abwehr I nach Rom kommen lassen und habe ihm dort einen Brief von einer „hochgestellten Persönlichkeit“ gezeigt, den er angeblich über seine Verbindungsleute in Marokko und Spanien erhalten hätte. Darin seien Landungen in Dakar, Casablanca, Oran und Algier angekündigt. Major Seubert hätte sein Ehrenwort verpfänden müssen, daß er den Namen des Briefschreibers nicht preisgebe. Doch sollen alle seine Versuche, „das Oberkommando von der Zuverlässigkeit der Quelle zu überzeugen“, keinen Erfolg gehabt haben. Vgl. Buchheit, S. 397. Seubert schrieb an den Verfasser Buchheit, daß die Nachricht des Mufti als „Spielmaterial“ bezeichnet wurde, ebd. und S. 472, Fn 69. 139 Aufz. Ettel/AA v. 9.11. 1942, PA AA, R 27327. 140 DAZ v. 26. 11. 1942. 141 Aufz. Ettel/AA v. 27.11.1942, PA AA, R 27332. 142 Der Mufti wollte außerdem eine geheime Zentrale im neutralen Spanisch-Tetuan errichten, um von dort aus „Verbindung mit den verschiedenen maghrebinischen Gebieten aufzunehmen, ohne die Spanier irgendwie zu verletzen“, ebd. 143 Ebd. 144 Vgl. Hirszowicz, S. 286. 145 Aufz. Ettel/AA v. 9.12. 1942, PA AA, R 27332.
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Anmerkungen
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Ebd. Dto. v. 10. 12. 1942, ebd. 148 Ebd. 149 Aktenvermerk von Canaris über die Besprechung mit dem Chef des OKW v. 11.12. 1942, IfZ, Fd. 47. 150 Vgl. Carpi, S. 126 f. 151 Ebd., S. 127. 152 Vgl. Hirszowicz, S. 307. 153 Aufz. Ettel/AA v. 17.10. 1942, PA AA, R 27324. 154 Dto. v. 14. 12. 1942, ebd. 155 Ebd. 156 Ettels Brief an Ribbentrop v. 17. 10. 1942, ebd. 157 Ebd. 158 Aufz. Ettel/AA v. 17.10. 1942, ebd. 159 Aufz. Grobba v. 16. 9. 1942, ebd.; vgl. dto. v. 14. 12. 1942, ebd. 160 Ebd. 161 Ebd. 162 Ebd.; vgl. Grobba an Prüfer v. 28. 12. 1942, ADAP, Serie E, Bd. IV, Nr. 321, S. 597. 163 Ebd. 147
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit nach der Kriegswende 1
Vgl. Schechtman, S. 134. Aufz. Ettel/AA v. 25. 8. 1942, PA AA, R 27326. 3 Megerle und von Schmieden an AA v. 26. 2. 1942, ADAP, Serie E, Bd. I, Nr. 289, S. 540. 4 Ebd. 5 Megerle an AA v. 28. 3. 1942, ebd., Serie E, Bd. II, Nr. 154. 6 Ebd., Nr. 87, S. 154. 7 Hirszowicz, S. 223. 8 Aufz. Keppler/AA v. 21.7. 1943, ADAP, Serie E, Bd. VI, Nr. 162, S. 278 ff. 9 Aufz. Ettel/AA v. 11. 12. 1942, PA AA, R 27327. 10 Ebd. 11 Der Mufti genoß keinesfalls freie Hand. Als er Woermann gegenüber den Standpunkt vertrat, daß nur er mit dem Gesamtarrangement der Feierlichkeit beauftragt werden müsse, meinte Woermann, „er könne nicht anordnen“, daß der Mufti „gegenüber den indischen Mohammedanern oder den Muselmanen anderer Länder Bestimmungsrecht habe“, Grobba, Männer, S. 308. 12 Aufz. Ettel/AA v. 11. 12. 1942, PA AA, R 27327. 13 Ebd. 14 Dto., undat., ebd., R 27324. 15 Dto., v. 14. 12. 1942, ebd., R 27327, 16 DAZ v. 19. 12. 1942. Im Sommer 1942 behauptete Grobba gegenüber StS. von Weizsäcker, daß der Mufti in Deutschland noch kein einziges Mal eine Moschee besucht habe, Grobba, Männer, S. 275. 17 Ebd. 18 Aufz. Ettel/AA v. 18. 12. 1942, PA AA, R 27327. 19 Ebd. 2
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit
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20 Arabische Theologen mißbrauchten des öfteren sowohl die Bibel als auch den Koran, um ihren Haß gegenüber den Juden zu ‚belegen‘. Als Beispiel hierfür siehe besonders: Arabische Theologen über die Juden und Israel, Auszüge aus den Akten der vierten Konferenz der Akademie für islamische Forschung, Editions de l’Avenir, Genf 1976. 21 Schölch, S. 670. Er bezieht sich hierbei auf die Rede „Seiner Eminenz des Großmufti von Palästina“ anläßlich des Geburtstages des Gottesgesandten Muhamed am 19. 3. 1943 im Islamischen Zentralinstitut zu Berlin e. V. 22 Rede des Großmufti anläßlich der Protestkundgebung gegen die Balfour-Erklärung am 2. 11. 1943, PA AA, R 27327. 23 Hirszowicz, S. 308. Dieser Opportunismus ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß die Araber von Anfang an von der Stärke und „der neuen Ordnung“ des Faschismus und Nationalsozialismus fasziniert waren. 24 Ebd. 25 Ebd. 26 Aufz. Ettel/AA (Anlage) v. 28. 1. 1943, ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 9O, S. 161. Offensichtlich wollte der Mufti etwas Schriftliches in Händen haben, das für die Nachkriegszeit belegen sollte, er habe nur für die arabische Sache agiert. 27 Ebd., S. 162. 28 Ebd. 29 Ebd., S. 163. 30 Grobbas subjektive Schlußfolgerung,vgl. Grobba, Männer, S. 102. 31 „About one in every ten Arabs is a follower of the Mufti, and […] it is unwise to criticize Haj Amin in public“. ’48 The Magazine of the Year, Vol. 2, No. 6, June, 1948, S. 134. 32 „I took refuge in Germany during the war because it was the only alternative I had to arrest and exile. British policy had driven me out of my country. […] I had to seek refuge in German-dominated Europe.“ Stellungnahme des Mufti zu zwei von H. J. J. Sargint gestellten Fragen, NYT, October 6, 1946; vgl. Arab News Bulletin v. 14. 10. 1946, S. 2–4; Schechtman, S. 214 f., 292. „By God […] if one of the Arab States would have accepted me, I would not have come here at all.“ (Tagebucheintragung des Mufti v. 26. 10.1944), zit. nach: Carpi, S. 101. 33 „The relations between Haj Amin and Great Britain constitute a major political enigma.“ ’48 The Magazine of the Year, Vol. 2, No. 6, 1948, S. 145. 34 Aufz. Woermann/AA v. 16. 3. 1943, ADAP, Serie E, Bd. V, Nr. 213, S. 411. 35 Ebd. 36 Ebd. S. 412. 37 Ebd., S. 657. 38 Ebd., S. 658. 39 Ebd., S. 660. 40 Von Mackensen an AA v. 12. 5. 1943, ebd., Serie E, Bd. VI, Nr. 29, S. 56. 41 Ebd. 42 Ebd. v. 1. 6. 1943, S. 125 ff. 43 Dto. v. 25. 6.1943,ebd., Serie E, Bd. VI, Nr. 115, S. 203. 44 Ebd. 45 Aufz. Prüfer/AA v. 1.7. 1943, ebd., Serie E, Bd. VI, Nr. 124, S. 217. 46 Ebd., S. 217 f. 47 Die deutsche 6. Armee unter General Paulus hatte in Stalingrad am 2. 2.1943
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Anmerkungen
kapituliert. Im Mai fiel Tunesien, das letzte von den Achsenmächten besetzte Land in der arabischen Welt. Jetzt ergriffen die Alliierten die Initiative. Nach der Landung auf Sizilien wurde Mussolini am 25. 7.1943 gestürzt. 48 Brief des Mufti an den ungarischen Außenminister v. 28. 6.1943, The Nation Associates, S. 66; vgl. Hausner, S. 528. 49 Radioansprache des Mufti v. 1. 3. 1944, vgl. Weekly Review, No. 118 v. 4. 3. 1944; ’48 The Magazine of the Year, Vol. 2, No. 6, June 1948, S. 137. 50 Schreiben Großmufti an bulgarischen Außenminister v. 6. 5. 1943, IfZ, Eich 1309. 51 Ebd. 52 Ebd. 53 Vgl. Schechtman, S. 154. 54 Schreiben Großmufti an bulgarischen Außenminister v. 6. 5. 1943, IfZ, Eich 1309. 55 Über das Geschehen in den Konzentrationslagern wußte der Mufti spätestens Mitte 1942 Bescheid. Entgegen den Wünschen des AA fand eine Besichtigung des KZ Oranienburg durch drei Begleiter Gailanis und einen Begleiter des Mufti statt. „Insbesondere die Juden hätten das Interesse der Araber erregt.“ Die Besichtigung habe bei den Arabern „einen sehr günstigen Eindruck hinterlassen.“, IfZ, Nbg. Dok., NG-5446. 56 ADAP, Serie E, Bd. VI v. Nr. 26, S. 53 f. 57 Großmufti an RAM v. 13. 5. 1943, IfZ, Eich 1310. 58 Ebd. 59 Ebd. 60 Ebd. 61 Horst Wagner war LR 1 Kl., ab 14. 9. 1943 LR, Leiter der Gruppe Inland II des AA. 62 Kempner, Eichmann, S. 402. 63 Großmufti an Ribbentrop, v. 10. 6. 1943 (in französischer Sprache), IfZ, Eich 1311. 64 Türkische Hafenstadt am Golf von Iskenderun. 65 Großmufti an Ribbentrop v. 10. 6. 1943, IfZ, Eich 1311. 66 Ebd. 67 Bulgarien war das einzige Land unter dem nationalsozialistischen Einfluß, in dem die jüdische Bevölkerung zwischen 1934 und 1945 sogar anstieg, und zwar von 48 565 auf 49 172, vgl. Gilbert, S. 153; Hoppe S. 91 ff., 108 ff. 68 Kempner, Eichmann, S. 399. Siehe auch Aufz. Wagner/AA v. 21.7. 1943, PA AA, R 100701. Die Juden, um deren Rettung es sich im Rahmen der „action juive“ handelte, wurden als „Austauschobjekte“ bezeichnet. 69 Aufz. Albrecht/AA v. 12. 5. 1943, ADAP, Serie E, Bd. VI, Nr. 27, S. 54 f. 70 Ebd., S. 282. 71 Ebd., S. 281. 72 Vgl. Kempner, Eichmann, S. 399 f. 73 Ebd. 74 Ebd., S. 400, 405; The Palestine Problem and Proposals for its Solutions, Memorandum submitted to The General Assembly of the United Nations, April 1947, S. 51. 75 Datiert Nürnberg, 6. 8. 1947, zit. nach: Kempner, Eichmann, S. 407. In einer Zeugenvernehmung am 11. 8. 1947 in Nürnberg erklärte Melchers auf die Frage, ob der Mufti ihm gegenüber Bemerkungen über Juden gemacht habe: „Eines kann ich sagen; er hat über das Nationalheim in Palästina […] gesprochen und gesagt, das Nationalheim müsse verschwinden und die Juden müssen raus. Ihm sei es einerlei, wohin sie
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gingen.“ Der Mufti meinte, sie können, wenn sie wollen, zum Teufel gehen. („Ils peuvent aller s’ils veulent au diable“), Kempner, Eichmann, S. 403. 76 Ebd., S. 404. Am 2. 5.1944 gab der Schweizer Gesandte Feldscher bekannt, „die britische Regierung wolle die Kinder innerhalb des britischen Empire, jedoch nicht in Palästina oder im Nahen Osten, unterbringen“. Am 17. 5. 1944 verfügte von Ribbentrop jedoch, „daß in der Angelegenheit Feldscher […] keine neuen Schritte zu unternehmen seien“. Alle vom AA „unternommenen Schritte […] hatten das Ziel, die Bemühungen angesehener neutraler und feindlicher“ sowie auch besetzter „Länder zunichte zu machen“, die jüdischen Kinder aufnehmen wollten, ebd., S. 406. Zu diesen Ländern zählten außer Großbritannien u. a. auch Rumänien, Frankreich, Argentinien und Schweden, das im Auftrag der niederländischen Exilregierung handelte, ADAP, Serie E, Bd. VI, Nr. 163, S. 281. 77 Kempner, Eichmann, S. 404 f. 78 Hoppe, S. 138. 79 Ebd. 80 Beckerle an AA v. 22. 1. 1943, PA AA, R 100863. „Mit Armeniern, Griechen und Zigeunern groß geworden, findet der Bulgare an dem Juden keine Nachteile, die besondere Maßnahmen gegen ihn rechtfertigen“, Beckerle an RSHA-Attaché Gruppe v. 7. 6. 1943, ebd. 81 Ebd. v. 24. 6. 1943. 82 Ebd. 83 Hoppe, S. 141. 84 Von Killinger an AA v. 12. 12. 1942, ADAP, Serie E, Bd. IV, Nr. 279, S. 492 f. 85 El-Husseini an RAM v. 13. 5. 1943, IfZ, Eich 1310. 86 Ders. an RAM v. 10. 6.1943, IfZ, Eich 1311. 87 The Nation Associates, Arab, S. 59 und 65 ff.; Großmufti an rumänischen Außenminister v. 28. 6. 1943, IfZ, Eich 1312. 88 The Nation Associates, Arab., S. 65 f. 89 Ebd., S. 65. Die Antwort von Kállay war äußerst lakonisch. Er ließ den Mufti wissen, daß er seine Vorschläge einer Erwägung unterziehen würde, S. 67. 90 The Nation Associates, Palestine, S. 49. 91 Ebd. 92 Ebd. und S. 52. 93 The Nation Associates, Arab, S. 54; IfZ, Eich 1313. 94 Biss, S. 24. 95 Kempner, Eichmann, S. 407; vgl. Nagy-Talavera, S. 202. 96 The Nation Associates, Palestine, S. 50. 97 Protokoll der Wannseekonferenz v. 20. 1.1942, ADAP, Serie E. Bd. I, Nr. 150, S. 270. 98 Vgl. Kempner, Eichmann, S. 424. 99 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/ 2255. 100 Vgl. Melka, Axis, S. 387. 101 Police d’Israel. Quartier général. 6-ème bureau. Adolf Eichmann. Tonbandtranskription der Voruntersuchung. Vol. 1–6. Mahane Iyar 1961, Bd. Nr. 12, S. 30; vgl. The Trial of Adolf Eichmann, Vol. I, S. 243 f. u. Vol. V, S. 2169. 102 Eidesstattliche Erklärung Endre Steiner, am 12. 2. 1946 vom Notar Pivko aus Bratislawa beglaubigt, IfZ, Nbg. Dok., NO-281. Wisliceny war ab September 1940 Judenberater der deutschen Delegation in der Slowakei; 1943 wurde er zur Vorberei-
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Anmerkungen
tung der Deportation der griechischen Juden nach Saloniki entsandt; ab März 1944 gehörte er zum „Sonderkommando Eichmann“ in Ungarn; er sagte als Zeuge der Anklage vor dem Nürnberger Tribunal aus, wurde an die CSSR ausgeliefert und 1948 in Bratislava hingerichtet. Zur Rolle Wislicenys vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 116 f. und 152 f. 103 Ebd., S. 152. 104 Ebd. S. 152 f. 105 Notarielle Urkunde, am 12. 2.1946 vom Notar Pivko aus Bratislawa beglaubigt, IfZ, Nbg. Dok., N0–281. 106 Niederschrift Wislicenys v. 26. 7. 1946, IfZ, Nbg. Dok., Eich 129. 107 Police d’Israel. Tonbandtranskription, Bd. 12, S. 31. 108 The Trial of Adolf Eichmann, Vol. V, S. 2169. 109 Police d’Israel. Tonbandtranskription, Bd. 12, S. 32. 110 Ebd., S. 33; vgl. The Trial of Adolf Eichmann, Vol. V, S. 2028. 111 Hausner, S. 528; vgl. The Trial of Adolf Eichmann, Vol., S. 2169. 112 Siehe Kap. 5.3, Fn. 64. 113 Vgl. Dawidowicz, S. 384; Nagy-Talavera, S. 168. 114 Vgl. ebd. S. 167. 115 Der faschistische Marionettenstaat entsprach „jeder Forderung der Okkupationsmacht“. Am 15. 6. 1941 trat er dem Dreimächtepakt bei, und 17 Tage danach beteiligte er sich am Krieg gegen die Sowjetunion, Strugar, S. 319; Sundhaußen, Waffen-SS, S. 176; ders., Geschichte, S. 114 f.; Scotti, S. 67. 116 Kroatisch-nationalistische Bewegung (1929 gegründet), deren ideologisches Programm hauptsächlich der „zum Chauvinismus gesteigerte Nationalismus“ war, Sundhaußen, Geschichte, S. 120. 117 Ante Pavelic ´ , Die kroatische Frage, Privatdruck des Instituts für Grenz- und Auslandsstudien, Berlin, 1941, S. 40. Pavelic´ floh 1945 und organisierte in Argentinien eine kroatische Exilregierung; er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt und starb am 28. 12. 1959 in Madrid. 118 Dragojlov, S. 345. 119 Sundhaußen, Geschichte, S. 121. 120 Ebd., S. 121 f.; Münz, S. 208; Scotti, S. 143. „Die Ustascha ist […] dafür bekannt, ca. 6–700 000 konf. und pol. anders Eingestellte nach Balkanmethoden ‚geschlachtet‘ zu haben. […] Sie bezeichnen sich als kroatische SS“, SS-Brigadeführer u. Generalmajor der Waffen-SS Ernst Fick an Himmler v. 16. 3.1944, BAB, NS 19/2601. Unter der deutschen Besetzung wurden in Jugoslawien auch 60 000 Juden umgebracht, vgl. Dawidowicz, S. 386. 121 Sundhaußen, Geschichte, S. 121; Dragojlov, S. 346; Dawidowicz, S. 385. 122 Vgl. Dragojlov, S. 348. 123 Brockdorff, S. 108. 124 Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, BAB, NS 19/2601. 125 Brockdorff, S. 108. 126 Vgl. Dragojlov, S. 348. 127 Sundhaußen, Geschichte, S. 115. 128 Vgl. Bender/Taylor, S. 138. 129 RFSS, Geschichte und Entstehung der SS-Freiwilligen-b.h.-Geb.Division (13. SS-Division) v. 10. 11. 1942, IfZ, Nbg. Dok., NO-3577. 130 Ebd.; Stein, S. 162.
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131 Vgl. Donia, S. 1. In Bosnien-Herzegowina waren z. Z. des Zweiten Weltkrieges 60 % der Bevölkerung Christen und 40 % sunnitische Muslime, Bender/Taylor, S. 138; vgl. Sundhaußen, Geschichte, S. 121. 132 Vgl. Bender/Taylor, S. 138. 133 Vgl. Sundhaußen, Waffen-SS, S. 192 f. 134 Ebd. 135 Ribbentrop an DG Zagreb v. 17. 2. 1943, zit. nach: Sundhaußen, Waffen-SS, S. 192; Stein, S. 162; Bender/Taylor, S. 136, 139. 136 Berger galt als eigentlicher Gründer von Himmlers Waffen-SS. Bei der zwangsweisen Rekrutierung von „Freiwilligen“ in die SS tat er sich besonders hervor. Aufgrund seiner rücksichtslosen Methoden geriet er ständig in Streit mit dem OKW. Doch bei ihm heiligten die Mittel den Zweck, und es ist offensichtlich, daß er auf die Autorität des Mufti unter den bosnischen Mohammedanern zählte. El-Husseini wiederum nutzteBerger aus, um seine immensen finanziellen Forderungen durchzusetzen. 1949 wurde Berger in Nürnberg wegen seiner Beteiligung an der Ausrottung der europäischen Juden zu 25 Jahren Haft verurteilt, aber bereits 1951 wieder entlassen. 137 Vgl. Sundhaußen, Waffen-SS, S. 177. 138 RFSS, Geschichte und Entstehung der SS-Freiwilligen-b.h.-Geb. Division (13. SS-Division) v. 10. 11. 1943, IfZ, Nbg. Dok., NO-3577; vgl. Klietmann, S. 187. 139 Sundhaußen, Waffen-SS, S. 192 f. 140 Hory/Broszat, S. 158. 141 Mündlicher Befehl Chef SS-Hauptamt v. 19. 5. 1943, BAB, NS 19/2601. 142 Ebd. 143 Vgl.Sundhaußen, Waffen-SS, S. 176 f. Diese Anwerbung wurde bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen unter Anklage gestellt. 144 Vgl. Hory/Broszat, S. 156 f. 145 „Man begrüßte angeblich die Aufstellung, machte viele Einwendungen bei den Vorbesprechungen, bot dann 6000 Ustascha-Freiwillige an, um der neuen Division einen rein kroatischen Anstrich zu geben“, Phleps an Chef des SSFHA- SS-Gruppenführer Jüttner, 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2601. 146 Vgl. Bender/Taylor, S. 139. 147 Ebd. 148 Phleps an Jüttner v. 19. 4.1943, BAB, NS 19/2601; Klietmann, S. 187. 149 Vgl. Brockdorff, S. 108. 150 Der finnische Medizinalrat Felix Kersten, der Himmler ab 1939 wegen nervöser Krämpfe in der Magengegend behandelte, berichtete, daß dieser am 30. 11. 1942 Gespräche mit einigen führenden Mohammedanern über die Bedeutung des Islam geführt habe und zu der Ansicht gelangt sei, „Mohammed wußte, daß die meisten Menschen erbärmlich, feige und dumm sind. Darum verhieß er jedem Krieger, der tapfer in der Schlacht kämpft und fällt, zwei schöne Frauen zur Belohnung, die beide eine Stufe höher stehen, als er sie selbst in seinem Leben eingenommen hatte. Diese Sprache versteht der Soldat. Wenn er glaubt, so im Jenseits empfangen zu werden, setzt er gern sein Leben ein, zieht mit Begeisterung in die Schlacht und fürchtet den Tod nicht.“ Kersten, S. 203. 151 Hagen, S. 252. Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch die Türkei bereits erkannt, „daß Deutschland den Krieg nicht mehr gewinnen konnte“. 152 RFSS, Geschichte und Entstehung der SS-Freiwilligen-b.h.-Geb. Division (13. SS-Division) v. 10. 11. 1943, IfZ, Nbg. Dok., NO-3577.
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Anmerkungen
Ebd. Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. 155 RFSS, Geschichte und Entstehung der SS-Freiwilligen-b.h.-Geb. Division (13. SS-Division) v. 10. 11. 1943, IfZ, Nbg. Dok., NO-3577. 156 Berger an Himmler v. 27. 3. 1943, BAB, NS 19/2255. 157 Ebd. 158 Dto. v. 19. 4. 1943, ebd. 159 Ebd.; vgl. Hory/Broszat, S. 156. 160 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. 161 Ebd. 162 Ebd. 163 Phleps an Jüttner v. 19. 4.1943, ebd., NS 19/2601. 164 Kroatischerseits wurde Prof. Alija Suljak, Adjutant des Poglavnik, als Werbeleiter bestimmt. Suljak, selbst Mohammedaner, galt bei seinen Glaubensbrüdern als „ausgesprochener Renegat und Hetzer gegen das muselmanische Volkstum und Anstifter zahlreicher Gemetzel gegen Serben“. Sein Erscheinen in Ustascha-Uniform wirkte eher als eine Bedrohung und gefährdete vielmehr die gesamte Aktion, so daß von Krempler dessen Abberufung verlangte, ebd. 165 Ebd. 166 Im Juni 1947 wurde Kasche in Zagreb zum Tod verurteilt und gehängt. 167 Berger an Himmler v. 19. 4.1943, BAB, NS 19/2255. Es ist durchaus möglich, daß Kasche von dieser „Geheimen Kommandosache“ aus Berlin nichts erfuhr. „Die Bemühungen der ‚Volksdeutschen Mittelstelle‘ Himmlers (auch VOMI abgekürzt) in ‚befreundeten‘ Ländern illegale Nazi-Organisationen zu gründen, erregten das Mißfallen“ Ribbentrops. Ohne das Außenministerium zu beachten, mischte sich die VOMI 1942 in die inneren Angelegenheiten Rumäniens und Kroatiens ein. Diese Organisation handelte auch selbständig Abkommen mit Minderheitengruppen im Nahen Osten aus, denen sie territoriale Konzessionen als Gegenleistung für Waffenhilfe versprach. Ohne Wissen der Wilhelmstraße arrangierte sie Auslandsreisen von SS-Führern und Besuche ausländischer Würdenträger im Reich. Himmler verhandelte höchstpersönlich mit dem Mufti und verbarg ihn, laut Seabury, „in einem Büro ‚in der Nachbarschaft oder sogar im Gebäude des SS-Hauptamts selbst‘, um ihm die Arbeit der Rekrutierung von Moslem-Waffen-SS-Einheiten in Jugoslawien zu erleichtern“. Nach dem Krieg erklärte von Ribbentrop: „Mein Ministerium wurde das Haus der Schwierigkeiten genannt.“ Seine „ständigen Reibereien mit Himmlers Geheimdienst beschrieb er als ‚einen der schlimmsten, unangenehmsten Aspekte‘ seiner Arbeit“. Vgl. Seabury, S. 191 f. 168 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. 169 Gespan: stammt aus dem ungarischen ispán und dem slawischen zupan „Burggraf“. Der Großgespan stand an der Spitze der Großgespanschaft, einer staatlichen Verwaltungsbehörde auf einem bestimmten Gebiet. 170 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. 171 Ebd. 172 Ebd. 173 Phleps an Jüttner v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2601. Bis Sommer 1943 konnte nur etwa die Hälfte dieser Zahl rekrutiert werden, Hory/Broszat, S. 156 f. 174 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. 175 Vgl. Hory/Broszat, S. 157; Brockdorff, S. 108. 154
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Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2255. Siehe auch Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 114 f. 178 Vgl. Hory/Broszat, S. 157. 179 „Als alle Vorstellungen maßgebender bosnisch-muselmanischer Kreise, die Division der ihr ursprünglich zugedachten Aufgabe, nämlich ihrem Einsatz in Bosnien, zuzuführen, nichts nützten, zog sich Pandza zurück.“ Kurze Zeit danach gründete er eine eigene „Moslemisch-Bosnische Freiheitsbewegung“ und organisierte damit den Schutz der „muselmanischen Bevölkerung Bosniens“ gegen die Banden und Ustaschi, Brockdorff, S. 109. 180 Vgl. Hagen, S. 254; Kiszling, S. 195. 181 Vgl. Hagen, S. 253. 182 Vgl. Kiszling, S. 195. Die Moslem-Division „knüpfte an die Tradition der bosnisch-herzegowinischen Regimenter Österreich-Ungarns an“, S. 194; Stein, S. 163. Diese Bosniaken-Einheiten, vorwiegend aus Mohammedanern bestehend, hatten im Ersten „Weltkrieg auf österreichischer Seite zu den besten Eliteformationen gehört“, Hagen, S. 253. 183 Pers. Stab RFSS an Himmler v. 10. 5. 1943, BAB, NS 19/2601. 184 Ebd. 185 Pers. Stab RFSS an Jüttner v. 13. 5. 1943, ebd. In dieser Angelegenheit erfolgte ein Schriftwechsel zwischen SS-Ostubaf. Brandt vom Pers. Stab RFSS und LR Wagner vom AA; Himmler wollte wissen, ob seinem Vorschlag ohne Bedenken entsprochen werden könne, Brandt an Wagner v. 13. 5. 1943, BAB, NS 19/2601. Im Hinblick auf die Türkei, die den Halbmond mit Stern als Wappen führte, konnte das Ärmelzeichen nicht genommen werden. Ein Tarbusch (Fez) und Dschubba (langer Dienstrock), wie vom Mufti getragen, wurde vorgeschlagen, Wagner an Brandt, 31. 5.1943, BAB, NS 19/ 2601. Später galten die Imame als Selbsteinkleider. „Als Fachführer tragen sie Schulterstücke mit weiß-roter Paspelierung“, Dienstanweisung für Imame v. 15. 3. 1944, BAB, NS 19/2601. 186 Mündlicher Befehl Chef SSHA v. 19. 5. 1943, BAB, NS 19/2601. 187 Hory/Broszat, S. 159. 188 Phleps an Jüttner v. 19. 4.1943, BAB, NS 19/2601. 189 Brockdorff, S. 109; Hory/Broszat, S. 157. 190 Sundhaußen, Waffen-SS, S. 193. 191 Vgl. Bender/Taylor, S. 139; Stein, S. 162; Hory/Broszat, S. 157. 192 Vgl. Stein, S. 157; Bender/Taylor, S. 139. 193 Über Jasenovac siehe Boban, S. 580–592. 194 Himmler an Kammerhofer v. 1. 7. 1943, zit. nach: Stein, S. 162; vgl. Hory/Broszat, S. 157; Bender/ Taylor, S. 139. Kammerhofer, ein nach der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß „nach Deutschland geflüchteter Führer“ der nationalsozialistischen „steiermärkischen Heimwehr“, riß mit „1000 deutschen Polizisten das Sicherheitswesen Kroatiens an sich“. „Slawonische“ Volksdeutsche setzte er „in vermehrtem Maße als Sprachmittler bei militärischen Dienststellen“ ein, Kiszling, S. 194. 195 Stein, S. 162; Bender/Taylor, S. 193 f. 196 Stein, S. 162; Bender/Taylor, S. 140. 197 Stein, S. 162. 198 Bender/Taylor, S. 140. 199 Hory/Broszat, S. 158. 200 Ebd.; Brockdorff, S. 109. 177
212
Anmerkungen
201 Le Puy liegt ca. 60 km von St. Etienne entfernt; das Rekrutendepot wurde von Wildflecken in Deutschland nach Mende verlegt, das ca. 65 km von Le Puy entfernt ist. 202 Hory/Broszat, S. 159. 203 Vgl. Bender/Taylor, S. 138. 204 Vgl. Hory/Broszat, S. 159. 205 „Schon lange bevor er Hitler begegnete, war Himmler ein entschiedener rassistischer Antisemit; danach wurde er ein regelrechter Fanatiker. Weder durch normale menschliche Gefühle noch durch Rücksichtnahme auf das Individuum ließ er sich davon abhalten, seine Ziele bis zu ihrer äußersten logischen Konsequenz zu verfolgen“, Breitman, S. 322. 206 Zit. nach: Hory/Broszat, S. 158. 207 Vgl. Bender/Taylor, S. 142 f. 208 Jüttner an RFSS v. 21. 6. 1943, BAB, NS 19/2601. 209 Himmler an Berger v. 22. 7.1943, ebd. 210 Ebd. 211 Berger an Himmler v. 26. 7.1943, ebd. 212 Ebd. 213 Bender/Taylor, S. 144; hinsichtlich der taktlosen Bemerkungen siehe Hoffmann, S. 94. 214 Hory/Broszat, S. 160. „Diese Flüchtlinge sind zu Hunderten in Magazinen, Scheunen, Ställen und Kellern untergebracht, wo sie bald vollständig nackt und ungenügend ernährt vegetieren müssen.“, zit. nach Brockdorff, S. 109. 215 Vgl. Bender/Taylor, S. 146; Brockdorff, S. 109. 216 Ebd.; vgl. Office of Chief of Counsel for War Crimes, Vernehmungsprotokoll Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg. Dok., NO-4951. 217 Die Muselmanen wurden von den Deutschen „Mujos“ genannt. Vgl. Hausser, S. 106 ff. 218 Vernehmungsprotokoll, Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg. Dok., NO-4951; vgl. Bender/Taylor, S. 146. 219 Vgl. Bender/Taylor, S. 146; Hagen, S. 254; Reitlinger, S. 199. Jedes Regiment hatte auch einen Mullah und jedes Bataillon einen Imam. Vgl. Stein, S. 163; Hagen, S. 253 f. Kiszling, S. 195, schreibt hierzu: „So konnte man das groteske Bild sehen, daß Handzar-Kompanien […] sich im Gebet gegen Mekka verneigten, indes die christliche Religion aus der Waffen-SS verbannt blieb“;vgl. Bender/Taylor, S. 143 f.; Hagen, S. 253 f. 220 RFSS, Geschichte und Entstehung der SS-Freiwilligen-b.h.-Geb.Division (13. SS-Division) v. 10. 11. 1943, IfZ, Nbg.Dok., NO-3577. 221 Ebd. 222 Zit. nach: Hory/Broszat, S. 159. 223 Notiz RFSS v. 24. 11. 1943, BAB, NS 19/2601. 224 Berger an Himmler v. 4. 12. 1943, ebd., NS 19/1896. 225 Am 2. 3. 1944 ließ der Mufti erneut um „die Errichtung eines muselmanischen Geheimsenders“ bitten. Es sollten ihm „freie Sendungsmöglichkeiten über diesen Sender“ eingeräumt werden. Vgl. Aufz. Reichel/AA v. 3. 3. 1944, ADAP, Serie E, Bd. VII, Nr. 243, S. 464. 226 Berger an Himmler v. 4. 12. 1943, BAB, NS 19/1896. 227 Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, ebd., NS 19/2601. In dieser Akte gibt Fick eine
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit
213
mündliche Mitteilung des SS-Staf. Bayer, weltanschaulicher Führer im SS-Gen.-Kdo. V/SS-Geb. Korps, weiter. 228 Ebd. 229 Die Führung der Tschetniks übernahm bei Kriegsausbruch der königlich-jugoslawische Generaloberst Dragoljub (Draza) Mihailovisˇ (später General und Kriegsminister der königlich-jugoslawischen Exilregierung); er wurde am 17. 7. 1946 in Belgrad hingerichtet. 230 Berger an Himmler v. 4. 12. 1943, BAB, NS 19/1896. 231 Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, ebd., NS 19/2601. 232 Ebd.; Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, S. 739. 233 Vgl. Dragojlov, S. 346; Hagen, S. 225. Diese Annäherung an die Tschetniks „erregte Aufsehen“ bei den Ustaschi und wurde von der Regierung als „eine Wandlung in der deutschen Haltung“ gegenüber Serbien und dem Serbentum verstanden. Eine kroatische Ministerkrise führte im Januar 1944 zu einer neuen kroatischen Regierung, die gegenüber Deutschland ein „deutliches Emanzipationsbedürfnis“ zu empfinden schien, Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, S. 736 ff. 234 Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, BAB, NS 19/2601. 235 Berger an Himmler v. 12. 1. 1944, ebd. 236 Ebd. 237 Zit. nach: Stein, S. 162; Bender/Taylor, S. 140. 238 Berger an Himmler v. 12. 1. 1944, BAB, NS 19/2601. 239 Ebd. 240 Ebd.; vgl. Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, ebd., NS 19/2601. 241 Berger an Himmler v. 26. 1. 1944, ebd. Hier gibt der Mufti zu, daß ca. 10 000 Mohammedaner zu den Partisanen übergelaufen sind, Hory/Broszat, S. 160. 242 Laut Himmler lernten die Muselmanen durch 8 Wochen SS-Ausbildung, „sich nicht gegenseitig zu bestehlen“, Rede RFSS auf der Tagung der RPA-Leiter am 28. 1. 1944, zit. nach: Stein, S. 164. 243 Hory/Broszat, S. 160. 244 Klietmann, S. 188. 245 Zit. nach: Hory/Broszat, S. 160. 246 Ebd. 247 Vernehmungsprotokoll Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg. Dok., NO-4951. 248 Dto.; Stein, S. 164; Sundhaußen, Waffen-SS, S. 194; Bender/Taylor, S. 151. Himmlers Verbindungsoffizier, SS-Brigadeführer Hermann Fegelein, unterbrach eine wichtige Sitzung über die militärische Lage, um Hitler von der Verwegenheit der bosnischen Muselmanen zu berichten, und meinte, daß „die anderen mit allen Sachen abhauen, wenn sie dazwischenfahren. Sie bringen sie nur mit dem Messer um. Es ist ein Mann dabeigewesen, der verwundet war. Er hat sich seinen Arm abbinden lassen und hat mit der linken Hand noch 17 Gegner erledigt. Es kommen auch Fälle vor, wo sie dem Gegner das Herz herausschneiden“. Hitler, verärgert über die Störung der Sitzung, entgegnete lakonisch: „Das ist Wurst“. Mittagslage v. 6. 4. 1944, zit. nach: Stein, S. 164, Fn. 42. 249 Hory/Broszat, S. 161; Brockdorff, S. 109. 250 Stein, S. 163. 251 Vernehmungsprotokoll Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg. Dok., NO-4951. 252 Ebd.; vgl. Aufz. von Mende über ein Gespräch mit dem Mufti v. 28. 7. 1944, IfZ, Nbg. Dok., PS-1111.
214 253
Anmerkungen
Vernehmungsprotokoll Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg. Dok., NO-4951. Ebd. 255 Aufz. von Mende über ein Gespräch mit dem Mufti v. 28. 7.1944, IfZ, Nbg. Dok., PS-1111. Prof. von Mende war Ministerialdirigent des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete. 256 Vernehmungsprotokoll Mateis Franje, undat., IfZ, Nbg.Dok., NO-4951. 257 Lehrplan für den Kurzlehrgang der Einsatzredner v. 5. 3. 1944, BAB, NS 19/2601. Die Einsatzredner waren Angehörige der Division, die für Werbung und Aufklärung in der Zivilbevölkerung gedacht waren. Sie hatten ihren erstmaligen Einsatz in Brsˇko, Tätigkeitsbericht der Abt. VI/13. SS-Division v. 4. 4. 1944, ebd. 258 Dienstanweisung für Imame der 13. SS-Freiw. b. h. Geb. Div. (Kroatien) v. 15. 3. 1944, ebd. 259 Ebd. 260 Ebd. 261 Aufz. Hencke/AA v. 4. 7. 1944, ADAP, Serie E, Bd. VIII, Nr. 95, S. 163. 262 Rede Großmufti v. 21. 4. 1944, Eröffnung der Imam-Schule in Guben, BAB, NS 19/2637. 263 Tätigkeitsbericht Abt. VI/13. SS-Division v. 4. 4. 1944, BAB, NS 19/2601. 264 Ebd. 265 Aus einer schriftlichen Arbeit des 6. We-Kurzlehrganges vom 29. 3. – 1. 4. 1944, 13. SS-Div./Abt. VI, 1. 4. 1944, ebd. 266 Ebd. v. 5. 4. 1944. 267 Aufz. 13. SS-Division v. 9. 3. 1944, BAB, NS 19/2145. 268 Zit. nach: Sundhaußen, Waffen-SS, S. 195. 269 Fick an Himmler v. 16. 3. 1944, BAB, NS 19/2601. 270 Ebd. 271 Sundhaußen, Waffen-SS, S. 196. 272 Aufz. Hencke/AA v. 4. 7. 1944, ADAP, Serie E, Bd. VIII, Nr. 95, S. 162. 273 Des weiteren hatte die SS-Division Volksgerichte eingesetzt und das deutsche Jagdrecht eingeführt, ebd., S. 164. 274 Ebd. 275 Aufz. Schmidt, „Westfalen“ v. 20. 9. 1944, ebd., Serie E, Bd. VIII, 246, S. 464. „Westfalen“ war der Deckname für den Sonderzug Ribbentrops. 276 Ebd., S. 466. 277 Ebd., S. 465 ff. 278 Berger an Himmler v. 28. 9.1944, BAB, NS 19/1503. Die Gesamtstärke der SS „Handschar“ (kroat. Nr. 1) bestand am 30. 6. 1944 aus 391 Führern, 2 244 Unterführern und 16 501 Männern, also insgesamt 19 136 Soldaten, Klietmann, S. 508 f. 279 Aufz. Ettel/AA, undat.: Vortrag des Mufti vor den Imamen der Bosniaken SSDivision, PA AA, R 27327. 280 Ebd. 281 Berger an Himmler v. 28. 9. 1944, BAB, NS 19/1503. Am 28. 11.1944 wurden zwei Fallschirmjäger in Tel Afar (Palästina) gefangengenommen. Aus den Verhören der Briten und der Iraker ging hervor, daß diese Fallschirmjäger zusammen mit zwei anderen (die nicht gefangengenommen wurden) beabsichtigten, bewaffnete Banden zu gründen, die allmählich eine Rebellenbewegung aufbauen sollten. Das Hauptziel war allerdings, Unruhe in Palästina zu stiften. Zum kritischen Zeitpunkt würde Deutschland „Unterstützung in Form von Waffen und ausgebildeten arabischen Soldaten“ lie254
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit
215
fern. Es gab keinen Zweifel daran, daß das ganze Unternehmen vom Mufti inszeniert und bezahlt wurde, Tel Afar Parachute Expedition, in: The Arab War Effort, S. 43 ff. 282 Kersten, S. 324. 283 Mufti an Himmler v. 3. 10. 1944, The Arab Higher Committee, S. 55. 284 Vgl. Schechtman, S. 137. 285 Vgl. Stein, S. 166; Buss, S. 62. 286 Vgl. Bender/Taylor, S. 149 f.; Buss, S. 62. 287 Vgl. Brockdorff, S. 110. 288 Vgl. Bender/Taylor, S. 151. Nach einem Ber. Muhammed S. Abdullahs konnten die Überlebenden der muselmanischen Kampfverbände von Wehrmacht und SS nach 1945 nicht in ihre Heimat zurückkehren. „Mehr als 7 000 von ihnen wurden“ angeblich „von den Westalliierten als Kriegsgefangene an die Sowjetunion ausgeliefert“, wo sie alle den Tod fanden. „Die Mehrzahl der Zurückgebliebenen“ soll „in Bayern“ geblieben sein, „eine kleinere Gruppe in Österreich und Norditalien“, Abdullah, Islam, S. 135. 289 Vgl. Schechtman, S. 175: The Arab War Effort, S. 21 f. Diese „Appeasement“-Politik galt nicht für die kommunistischen Länder. Zwischen Ost und West herrschte bald die Politik des „Kalten Krieges“. Ab 1. 4. 1948 entschlossen sich die Amerikaner und Briten, alle „Auslieferungsanträge von kommunistischen Ländern zurückzuweisen“. Manche Kollaborateure wurden sogar von den Westalliierten geschützt und für eigene politische Zwecke benutzt. Einige Kriegsverbrecher durften sogar mit Hilfe des State Department, der Army Intelligence und des Vatikans unter falschem Namen nach Südamerika auswandern. 290 Berger an Himmler v. 28. 9. 1944, BAB, NS 19/1503. 291 Pers. StabRFSS v. 16. 10. 1944, ebd. 292 Aufz. von Mende v. 28. 7. 1944, IfZ, Nbg. Dok., PS-1111. 293 Ebd. 294 Ebd. 295 Die Feldgeistlichen der moslemischen SS-Verbände wurden seit März 1944 in einer von der „Arbeitsgemeinschaft Turkestan“ in Dresden gegründeten „Schule für die Ausbildung von Mullahs für die turkotatarischen und kaukasischen Freiwilligenverbände der SS“ ausgebildet, Abdullah, Geschichte, S. 35. Die Schule in Dresden gründete der Mufti mit den Geldbeträgen der SS. Sie stand unter der Aufsicht des Stubaf. Olzscha, der wiederum dem SSHA und somit Berger unterstand, vgl. v. zur Mühlen, S. 141; Grobba, Männer, S. 276. Die Mullah-Lehrgänge an der Universität Göttingen wurden von dem bekannten Orientalisten Prof. Dr. Berthold Spuler geleitet, vgl. Abdullah, Geschichte, S. 34. 296 Aufz. von Mende v. 28. 7. 1944, IfZ, Nbg. Dok., PS-1111. 297 Vgl. v. zur Mühlen, S. 141. 298 Berger an Himmler v. 19. 4. 1943, BAB, NS 19/2225. 299 Dallin, S. 278 f. 300 Ebd., S. 279. 301 Von Mende in einem Brief an Dallin v. 19. 11.1953, Dallin, S. 279. 302 Ebd., S. 279 f. 303 Führungsstab Politik P3 v. 11. 11. 1943, IfZ, Nbg. Dok., NO-3112. 304 Ebd. 305 Führungsstab Politik P3 an OKH, Dezember 1943, IfZ, Nbg. Dok., NO-3113. 306 Ebd.
216 307
Anmerkungen
Vgl. Dallin, S. 281; v. zur Mühlen, S. 186. OKH an RM f. d. besetzten Ostgebiete v. 28. 2. 1944, IfZ, Nbg. Dok., NO-3114. 309 Mendes Gespräch mit el-Husseini am 27. 7.1944, ebd., Nbg. Dok., PS-1111; vgl. Telegramm von Ges. Bukarest an Mufti und v. Mende v. 17. 4. 1944, ebd., Nbg. Dok., NG-4243. Die Ges. bat darum, daß „in Verbindung mit Ereignissen letzter Tage“ muselmanische Freiwillige und Spezialarbeiter mit ihren Angehörigen sowie Osenbashli und der Vertreter der Krimtataren Edige Kirimal dringend nach Deutschland gebracht werden, ebd. 310 Ebd. 311 Vgl. Dallin, S. 282; v. zur Mühlen, S. 187. 312 Kolarz, Religionen, S. 420. 313 „Als die Sowjets den Nazis die Krim wieder abnahmen, wurden diese Moscheen geschlossen, und die gesamte krimtatarische Bevölkerung wurde nach Sowjetasien, besonders nach Usbekistan, deportiert. Der Sowjetislam […] wurde im Krieg besiegt; Beweis dafür ist die Gesamtdeportation von 5 Moslemvölkern, die zwar klein an Zahl, aber dem islamischen Glauben leidenschaftlich ergeben waren“, ebd., S. 421. Usbekistan und Kasachstan haben mehr Einwohner als jeder arabische Staat mit Ausnahme von Ägypten, vgl. Kolarz, Rußland. 314 Sowjet War News, 24. 10.1942, zit. nach: ders., Religionen, S. 422; ders.: Rußland, S. 2. Außerdem beschrieb Rasulajew den Mufti als „jämmerlichen Verräter“, „Gestapo-Agenten“ und „Faschisten-Söldling“, ebd. 315 Aufruf Amin el-Husseinis, undat., BAB, NS 31/44. 316 Dallin, S. 282. 317 Auch die SS teilte diese Auffassung. Hitler bemerkte einmal scherzend zu Bormann: „Ich bin im Begriff, eine religiöse Figur zu werden. Bald bin ich der Oberhäuptling der Tataren. Araber und Marokkaner nehmen bereits meinen Namen in ihre Gebete auf. Bei den Tataren werde ich Khan werden. Nur eins werde ich nicht fertigbringen: mit ihnen vom Hammel des Scheichs zu essen. Ich bin Vegetarier“, zit. nach: Dallin, S. 281, Fn. 1. 318 Meier-Mader hatte vor dem Krieg „unter Chiang Kai-shek als General in chinesischen Diensten gestanden, war jedoch nach dem japanischen Angriff auf die Seite der Aggressoren übergelaufen. Er war ein gründlicher Orientkenner und beherrschte mehrere Turksprachen; da er im Begriff war, zum Islam überzutreten, erschien er dem SS-Hauptamt besonders geeignet zum Kommandeur turktatarischer SS-Truppen“, zit. nach: v. zur Mühlen, S. 148. 319 Bericht SSHA v. 15. 12. 1945, BAB, NS 31/44. 320 Berger an SS-Staf. Dr. Brandt v. 27. 5. 1944, IfZ, Nbg. Dok., NO-3004. Aus diesem Schreiben geht hervor, daß Berger aus gut unterrichteter Quelle mitgeteilt und auch bestätigt bekam, „daß man zurzeit in Japan intensiv überlegt, wie man entweder den Tenno oder einen der obersten kaiserlichen Prinzen zum Kalifen ernennt. […] Diese Bestrebungen sind dem Großmufti seit drei Wochen bekannt. Da es ausgesprochen gegen seine Gedankengänge geht, kann man die ihn zurzeit beherrschende Unruhe wohl verstehen.“ 321 Sein Bericht über „The Iran of Today“ ist ein Musterbeispiel der Verdrehung aller Tatsachen zugunsten der Nationalsozialisten. Dort, meinte der Mufti, werden die Briten und Russen früher oder später aufeinander losgehen. Durch eine kluge Politik könne Deutschland das sogar herbeiführen, denn „In Iran for the Soviets the enemy are the English not the Germans“. Die verhaltene Kritik an den Russen wird durch 308
5. Die Intensivierung der Zusammenarbeit
217
eine um so vehementere an den Briten ausgeglichen, Aufz. Ettel/AA, undat.: Das Arabische Büro, der Großmufti, Berlin, PA AA, R 27330. 322 Kolarz, Rußland, S. 2. 323 Vgl. The Arab War Effort, S. 20. 324 Berger an Himmler v. 27. 3. 1943, BAB, NS 19/2255: „Sollte nun in den nächsten Tagen etwas von Aufständen oder Sabotageakten durchkommen, kann es als die Arbeit des Großmuftis angesehen werden.“ 325 The Arab War Effort, S. 6. 326 Die Vereinten Nationen wurden am 26. 6. 1945 auf der internationalen Konferenz von San Francisco von 51 Staaten aufgrund der Beschlüsse vorangegangener Konferenzen gegründet. 327 Vgl. Glubb, S. 41 f. 328 Allerdings hatte der Irak erst die Wende nach El-Alamein abgewartet; vgl. Hurewitz, S. 191. 329 Rede des Großmufti anläßlich der Protestkundgebung gegen die Balfour-Erklärung am 2. 11. 1943, PA AA, R 27327. 330 Vgl. Tillmann, S. 335, 342, 346. 331 The Arab War Effort, S. 12. 332 Ebd., S. 12 f.; The Nation Associates, S. 7; vgl. Hurewitz, S. 119. Über den bedrohten Jischuw und die jüdischen Reaktionen in Palästina vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 165–182. 333 Vgl. The Arab War Effort, S. 14, 19. 334 Ebd., S. 22. 335 Ebd.; vgl. Hurewitz, S. 120 f. 336 Vortragsnotiz LFS/Ic v. 29. 10. 1943, Telefonanruf Oblt. Zetsche bzgl. Luftangriffe im palästinensischen Raum, BA-MA, RL 2 II/496. Vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 238. 337 Aus der Akte Zetsche geht hervor, daß ein Stadtplan von Jerusalem als Zielraumkarte verteilt wurde. 338 Ebd. 339 Dto. v. 30. 3. 1944, Anregung des Großmufti zu einem Bombenangriff auf TelAviv am 1. April, ebd. 340 Vortragsnotiz LFS/Ic v. 29. 10. 1943, Telefonanruf Oblt. Zetsche bzgl. Luftangriffe im palästinensischen Raum, ebd. 341 Vgl. Hirszowicz, S. 171. 342 Aufz. Schmidt (Büro RAM) v. 30. 11. 1941, ADAP, Serie D, Bd. XIII, Nr. 515, S. 720. 343 Vortragsnotiz OKW/Ausl/Abw I v. 18. 6. 1939, IfZ, Nbg. Dok., PS-792. 344 Aufz. Melchers v. 10. 8. 1944, ADAP, Serie E, Bd. VIII, Nr. 153, S. 312 f. 345 Ebd. 346 Khadduri, Iraq, S. 162. 347 Ebd., S. 163; The Arab War Effort, S. 8, 35 f.; Hurewitz, S. 150. 348 Aufz. Woermann/AA v. 7. 3.1941, ADAP, Serie D, Bd. XII, Nr. 133, S. 194. 349 Ebd. 350 Ebd., S. 195 ff. 351 Vgl. Grobba, Männer, S. 233. 352 Telegramm Gehrckes (Pseudonym für Grobba) v. 22. 5. 1941, Grobba, Männer, S. 234; Hirszowicz, S. 158.
218
Anmerkungen
353
Ebd., S. 165. Vgl. Grobba, Männer, S. 240; Hirszowicz, S. 165. 355 Vgl. The Nation Associates, Arab, S. 34. 356 Aufz. Ettel/AA v. 26. 9. 1942, Geheimes Schreiben Grobbas, PA AA, R 27332. 357 Aufz. Melchers/AA v. 10. 8.1944, ADAP, Serie E, Bd. VIII, Nr. 153, S. 312. 358 Aufz. Ettel/AA v. 17. 2. 1943, PA AA, R. 27326. 359 Melchers an Hencke v. 17. 12.1943, ebd., R 100701. 360 Kempner, Reich, S. 275. 361 Ebd. 362 Ebd., S. 275 f. 363 Aufz. Ettel/AA v. 26. 9. und 22. 7. 1942, PA AA, R 27332. 364 Kempner, Reich, S. 276 f. 365 Ebd., S. 277. 366 Ebd., S. 278; vgl. ders., Eichmann, S. 401; IfZ, Nbg. Dok., NG-5461. 367 Monatliche Zahlungen aus dem Sonderfonds des Reichsaußenministers von Ribbentrop, Eidesstattliche Erklärung des ehemaligen Konsuls AA, Carl Rekowski, v. 5. 10. 1947, ebd. 368 Ebd. 369 Vgl. Cooper, Policy, S. 69 f. 370 Vgl. Kempner, Eichmann, S. 400. 371 Foreign Office memorandum on payments to the Mufti in April, 1945, zit. nach: Cooper, Policy, S. 72. 354
6. Rückkehr in den Nahen Osten 1
Vgl. Schechtman, S. 167; Bethell, S. 241; Hirszowicz, S. 313. Parliamentary Debates, House of Commons v. 15. 4. 1946, zit. nach: Schechtman, S. 172; vgl. Nevo, S. 14, 16. 3 Vgl. NYT v. 6. 10. 1946. 4 Vgl. Schechtman, S. 174. Abbasi, S. 207, schreibt hierzu: „Sein politisches Profil, während des Krieges mit den Achsenmächten gearbeitet zu haben, schadete ihm bei den Palästinensern nicht, da im Lande schon wieder eine antibritische Stimmung erwacht war“. 5 Vgl. Schechtman, S. 177. 6 Vgl. NYP v. 18. 6. 1946, zit. nach: Schechtman, S. 181. 7 Vgl. Observer, Dean Acheson’s Promise, Compass (New York), v. 29. 6. 1949, zit. nach: ebd., S. 181. 8 Vgl. Kolarz, Rußland, S. 2; Hurewitz, S. 234 f.; Schechtman, S. 175. 9 Vgl. Bethell, S. 241. 10 Küntzel, Djihad, S. 146 f. 11 Vgl. Aussage Jamal el-Husseinis in: Anglo-American Committee of Inquiry, Jerusalem, Hearings, March 12, 1946, S. 20–27, zit. nach: Hurewitz, S. 252. 12 Vgl. ebd., S. 239; Schechtman, S. 201. 13 Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 9. 6. 1946, S. 777; vgl. Khadduri, Contemporaries, S. 81. 14 Vgl. Parliamentary Debates, Commons, vol. 417, col. 38, zit. nach: Hurewitz, S. 252. 15 Vgl. Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 20. 6. 1946, S. 786. 16 Vgl. Mallmann/Cüppers, Halbmond, S. 242. 2
6. Rückkehr in den Nahen Osten
219
17 Die Arabische Liga ordnete die Auflösung des AHC und der rivalisierenden Arab Higher Front an und ersetzte diese durch die Palestine Higher Executive unter der Leitung des Mufti. 18 Vgl. Hurewitz, S. 252. 19 Ebd., S. 279. 20 Vgl. Schechtman, S. 210 ff. 21 Vgl. Hurewitz, S. 289; Schechtman, S. 215. 22 Foreign Office Records FO 371/52538, zit. nach: Bethell, S. 380. 23 Vgl. FO 371 61836, zit. nach: ebd., S. 381; Becker, S. 30, 247. 24 Vgl. Khadduri, Contemporaries, S. 82; vgl. ebd. Fn. 26, in der er erwähnt, daß er mit zwei Mitgliedern der palästinensischen Delegation, die an der Londoner Konferenz im Jahr 1946 bzw. den UN-Versammlungen 1947 und 1948 teilnahmen und die ihm bestätigten, „daß sie alle Kompromißpläne ablehnen mußten, weil sie dem Mufti nicht akzeptabel waren, obwohl diese Pläne die Unterstützung der Großmächte hätten bekommen können“; vgl. Lebrecht, S. 177; Joumblatt, S. 29. Im Jahr 1958 meinte ein im Dienst einer UN-Organisation stehender Palästinenser, „der Mufti sei der beste Helfer der Juden, weil er jeden vernünftigen und für die Araber günstigen Vorschlag“ abgelehnt habe, vgl. Grobba, Männer, S. 274 und Fn. 6. 25 Vgl. Hurewitz, S. 309; Bethell, S. 380; Schechtman, S. 218. 26 Ebd., S. 217 f. 27 Joseph Alsop, Crafty Fanatic Organizes Trouble in Palestine, in: Evening Globe (Boston) v. 19. 12. 1947. 28 Vgl. United Nations Palestine Commission (UNPAC), First Special Report to the Security Council, A/AC.21/9, citing reports from High Commissioner Cunningham; New York Herald Tribune v. 2. 2. 1948; NYT v. 7. 3. 1948, zit. nach: Hurewitz, S. 310. 29 Vgl. Schechtman, S. 222. 30 Vgl. Hurewitz, S. 281; Lorch, S. 37; Nussbaum, June 1948, S. 142; Lebrecht, S. 185. 31 Vgl. Security Council Official Records, Nr. 36–51, S. 137–168, zit. nach: Schechtman, S. 224; Hurewitz, S. 312; Gromyko behauptete vor den Vereinten Nationen, daß die Politik der USA durch Lieferungen arabischen Öls diktiert sei, NYT v. 31. 3. 1948. 32 Mallory Browne, Mufti Circulates an „Arab Charter“, in: NYT v. 31. 3. 1948. In ähnlicher Weise äußerte sich 1992 die syrische Staatsführung: „Jeder, der nur einen Zoll arabischen Landes (Jerusalem) hergibt, ist ein Verräter, und wir alle wissen, wie man in der arabischen Welt mit Verrätern umgeht. […] Wir Araber haben 200 Jahre gewartet, um die Kreuzritter aus dem Heiligen Land zu vertreiben. Die Israelis sind erst 50 Jahre hier. So können wir getrost noch einmal 150 Jahre warten.“, zit. nach: Mordecai, S. 88. 33 Ebd. 34 Vgl. Hurewitz, S. 314. 35 Bethell, S. 383. 36 Ebd., S. 387; Hurewitz, S. 314; Glubb, S. 81; Lebrecht, S. 207; Schatten, S. 15, 80 ff. 37 Vgl. Hurewitz, S. 313; Becker, S. 30, 247, Fn 8. 38 UNPAC, Extracts of High Commissioner’s report, A/AC. 21/9, S. 7; Higher Committee’s Scheme in Jamal al-Hussayni’s telegram of May 24, 1948 to U.N. SecretaryGeneral, S. 775, zit. nach: Hurewitz, S. 361, Fn. 29. 39 Kiernan, S. 15, 107. 40 Bethell, S. 390. 41 Vgl. Alami, S. 382. Musa Alami war Vertrauensmann des Mufti und verhandelte
220
Anmerkungen
mit David Ben Gurion in den 1930er Jahren; er repräsentierte die Palästinenser bei der Gründung der Arabischen Liga. 42 Snow, S. 26. 43 Joumblatt, S. 29; vgl. Alami, S. 381. Kamal Joumblatt, Drusenführer und Politiker im Libanon, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Nach seiner Ermordung 1977 übernahm sein Sohn Walid Joumblatt die Führung der Drusen. 44 Vgl. Alami, S. 381 f. 45 Ebd., S. 377 f. Die soziale Inkompetenz der arabischen Regierungen läßt sich laut Musa Alami am besten am Problem der Flüchtlinge aufzeigen. Es sei „eine Schande, daß die arabischen Regierungen die arabischen Flüchtlinge daran hindern, Arbeit in ihren Ländern aufzunehmen und sie stattdessen in Lagern einsperren“, ebd., S. 386. 46 King Abdallah of Jordan, S. XVI. 47 „Falastin al-Thawra“, Journal der PLO in Beirut, März 1976, zit. nach The Wall Street Journal Europe v. 5. 6. 2003. 48 Review & Outlook, Palestine’s Pawns, in: ebd. Bereits 1958 erklärte der damalige Direktor der United Nations Relief und Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA), Ralph Galloway, die arabischen Staaten hätten kein Interesse daran, das Flüchtlingsproblem zu lösen. Sie wollen es als „offene Wunde“ behalten, als Waffe gegen Israel. „Arab leaders do not give a damn whether Arab refugees live or die.“ Allein die Zahl der Flüchtlinge in den Lagern hat sich seitdem dramatisch vermehrt. Das Elend ist geblieben. Vgl. Rubinstein, S. 26. 49 Alami, S. 387 f. 50 Ijad, S. 55, 10. Abu Ijad war u. a. Chef des Nachrichtendienstes der PLO; sprach sich gegen den Einmarsch Saddam Husseins nach Kuwait aus; wurde 1991 von einem Killer der Abu Nidal-Gruppe ermordet; galt als der intellektuelle Kopf der PLO. 51 Hurewitz, S. 318; King Abdallah of Jordan, S. 109; Konzelmann, S. 20; vgl. Ijad, S. 197. 52 Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 22.–26. 9. 1946, S. 1659. 53 Vgl. Shuaibi, S. 72; NYT v. 2. 10. 1948; New York Herald Tribune v. 30. 9.1948. 54 Hurewitz, S. 318; Snow, S. 27; Shuaibi, S. 72 ff. 55 Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 30. 12. 1948, S. 1755. 56 Vgl. ebd. v. 30. 12.1948, S. 1755; Wright, S. 447. 57 Vgl. Hurewitz, S. 319; Schechtman, S. 237 f.; Nussbaum, June 1948, S. 142; Kiernan, S. 129 f.; Khadduri, Contemporaries, S. 83 58 Shukeiri war von März–Juni 1946 Mitglied des AHC; 1949/50 Mitglied der syrischen Delegation bei der UNO; vertrat 1963 die Palästinenser bei der Arabischen Liga; als 1964 die PLO gegründet wurde, war er deren Vorsitzender; wurde wegen seiner gewalttätigen und extremistischen Reden, die die physische Vernichtung der Juden Israels befürwortete, angegriffen; 1969 wurde er seines Amtes enthoben. 59 Vgl. Schechtman, S. 238. 60 Ebd., S. 239. 61 Meir, S. 217 f. Golda Meir berichtet von ihren Treffen ab November 1947 mit König Abdallah, der el-Husseini als den „gemeinsamen Feind“ bezeichnete. 62 Vgl. Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 30. 12. 1948, S. 1755; Kiernan, S. 142. 63 Schechtman, S. 240. 64 Snow, S. 27. 65 Vgl. Schechtman, S. 242.
6. Rückkehr in den Nahen Osten
221
66 Vgl. Keesing’s Archiv der Gegenwart v. 20. 7. 1951, S. 3032; Schechtman, S. 243 f.; vgl. Middle East Record 1960, S. 326. 67 Vgl. Schechtman, S. 244. 68 Über die Hintergründe, die zur Ermordung Abdallahs führten, Snow, S. 28 f. 69 Vgl. Kiernan, S. 143. Zu diesem Zeitpunkt immatrikulierte sich Jassir Arafat an der Universität Kairo. Aufgrund der Tiraden gegen den Ex-Mufti hielt er es für ratsam, seinen genauen Namen (Rahman Abdul Rauf Arafat el-Qudwa el-Husseini) nicht anzugeben, ebd. S. 16 f., 24. 70 Vgl. Munzinger-Archiv, 26. 10. 1974. 71 Aufz. von Mende über ein Gespräch mit dem Mufti v. 28. 7. 1944, IfZ, Nbg. Dok., PS-1111. 72 Schechtman, S. 255 f. 73 Vgl. Wewer, S. 455 f. 74 Ebd., S. 456. 75 Ebd. 76 Münchhausen, S. 46. 77 Khadduri, Contemporaries, S. 83; Schechtman, S. 257 ff. 78 Ijad, S. 68. 79 Vgl. Forum Interviews, Haj Amin Al-Husseini, in: Middle East Forum, 1959, S. 17. 80 Offensichtlich hatte der Ex-Mufti gute Absichten für ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden und Arabern in Palästina nie gehabt, denn 1951 äußerte er sich dahingehend, daß die Juden kein Recht hätten, in Palästina zu sein. Interview with the Grand Mufti Haj El-Husseini. Why Arabs flirt with Russia, in: U.S. News and World Report v. 5. 10. 1951, S. 33. 81 Vgl. Schechtman, S. 265. 82 Vgl. Secret Memorandum Addressed by the Mufti to the Governments of All Arab States (November 1959). Vollständiger Text bei Schechtman, S. 311–314. 83 Vgl. Schechtman, S. 265 ff. 84 Vgl. NYT v. 29. 9. 1960. 85 Vgl. Schechtman, S. 270 f. 86 Ebd., S. 272. 87 Ebd., S. 279; Ijad, S. 68. 88 Ijad, S. 197. 89 Vgl. Hurewitz, S. 188. 90 Frangi, S. 132. Die Einheitspartei al-Fatah wurde 1955 gegründet. 91 Vgl., S. 131 f. 92 Ebd., S. 108. 93 Schechtman, S. 280; NYT v. 21. 9. 1963. 94 Frangi, S. 137 f. 95 Vgl. Schechtman, S. 281 f. Laut Frangi sei Shukeiri in Wirklichkeit „nur ein arabischer Politiker seiner Zeit. Mangelnde Effizienz im politischen Durchsetzungsvermögen gegenüber einem überlegenen Gegner wurde durch verbale Kraftmeierei ersetzt“, Frangi, S. 138. 96 Middle East Record, 1967, S. 391; vgl. Khadduri, Contemporaries, S. 83. 97 Middle East Record, 1967, S. 395. 98 Vgl. Khadduri, Contemporaries, S. 83. 99 Ebd., S. 84 f.
222
Anmerkungen
100
Ebd., S. 82. Wagner, S. 304. 102 Vgl. Khadduri, Contemporaries, S. 82 f. 103 Elpeleg, Founder, S. 145. 104 Laske, S. 26 f. 105 Ebd., S. 40 ff. François Genoud hat bis zu seinem Lebensende seine engen Beziehungen zu Nationalsozialisten und arabischen Extremisten gepflegt. Er arbeitete mit dem NS-Geheimdienst zusammen und organisierte nach Kriegsende die Flucht von Nazigrößen; war literarischer Agent der Erben Hitlers und Goebbels’ und finanzierte die Verteidigung von Adolf Eichmann und Klaus Barbie. Außerdem war er als Mittelsmann an Flugzeugentführungen beteiligt und unterstützte den Terroristen Carlos. 1996 beging Genoud Selbstmord. „Wenn er mitleidig vom Schicksal der durch den Krieg beraubten Familien sprach, die ‚alles verloren hatten‘, so meinte er diejenigen der NS-Machthaber“, ebd., S. 9 und Klappentext. 106 „Der Kurs des Großmuftis sowie seiner Freunde, die während des Krieges durch ihre Verbindungen zu den Achsenmächten für Palästina als auch das gesamte Arabien die Unabhängigkeit von England zu erlangen hofften, wurde von der palästinensischen Presse […] vollkommen verschwiegen.“ Abbasi, S. 152. „Über die Anlehnung des Großmufti an die Achsenmächte während des Krieges bereitete die palästinensische Presse den Schleier des Schweigens“, ebd., S. 175 f. 107 Ijad, S. 68. 108 Ebd., S. 58. 109 Ebd.; vgl. Dessouki, S. 135, 140 f.; Watti, S. 103 f. 110 Ijad, S. 10. 111 Ein Gedenkartikel anläßlich des Todes des Mufti (1974) überging die Periode in Deutschland: Adschâdsch Nuwaihid, Al-hâdsch Amîn al-Husainî, in: Schu’ûn Filastînîya 36(1974), S. 5–11: vgl. Schölch, S. 673. 112 Vgl. Dayyeh, S. 46. 113 Wallach/Wallach, S. 107. 114 Ebd., S. 143. 115 Evelyn Gordon, Tell the Palestinians the truth, in: The Jerusalem Post v. 24. 1. 2007. 116 Herzog, S. 84 ff. 117 Khaled Abu Toameh, Analysis: A year after elections, Hamas riding high, in: The Jerusalem Post v. 25. 1. 2007. 118 Bulletin of the Jerusalem Institute for Western Defence v. 2. 6.1998, zit. nach: Raddatz, Allah, S. 309. 119 Münchhausen, S. 46. 120 Johnson, S. 23. 121 Wallach/Wallach, S. 219. 101
Resümee und Epilog 1 Gunnar Heinsohn, Delle der Wut, in Palästina droht ein Bürgerkrieg – wegen der vielen jungen Männer, in: Der Tagesspiegel v. 9. 6. 2006. Seit 1993 leitet Prof. Heinsohn an der Universität Bremen das Raphael-Lemkin-Institut für Xenophobie- und Genozidforschung. 2 Ders., „A fight for love and glory“– Der Völkermordexperte Gunnar Heinsohn im Gespräch über Krieg und Demographie, in: Die Welt v. 5. 4. 2003.
Resümee und Epilog 3
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Misdaad Westoever stijgt met 60 prozent, in: De Telegraf v. 22. 7. 2007. „Nur Europa kann den Haß stoppen“. Der Medienforscher Itamar Marcus über palästinensische Propaganda, in: Jüdische Allgemeine v. 11. 11. 2004. 5 Ahmad Ragab, Al-Akhbar v. 18. 4. 2001, in: Ben-Ari, S. 24. 6 Wagath Abu Kikri, Al-Akhbar v. 13. 4. 2001, in: ebd., S. 29. 7 Al-Mannar, libanesisches Fernsehen v. 9. 4. 2000, in: ebd., S. 29. 8 Dr. Issam Sissalem, Prof. für Geschichte an der Islamischen Universität Gaza, in einer Fernsehsendung der palästinensischen Autonomiebehörde v. 29. 11. 2000, zit. nach ebd., S. 28. 9 Andrea Nüsse, 390 Millionen Euro für Gaza, in: Der Tagesspiegel v. 2. 9. 2006. 10 Hamas will never recognize Israel, in: Jerusalem Post v. 12. 11. 2006. 11 Haniyeh vows Hamas gov’t will never recognise Israel, in: Jerusalem Post v. 8. 12. 2006. 12 Feisal al-Husseinis letztes Interview, das nach seinem Tod im Mai 2001 von der ägyptischen Zeitung Al-Arabi am 24. 6. 2001 veröffentlicht wurde, zit. nach: Ben-Ari, S. 35. Er war ein Großneffe Amin el-Husseinis. 13 Herzog, Seite 83 f. 14 Richard Herzinger, Israel schlagen, den Westen meinen – Der neue Antisemitismus entspringt dem Ressentiment gegen die freiheitliche Zivilisation, in: Die Welt v. 1. 3. 2004. 15 Kilpert, S. 131 f. 16 Zafer Senocak, Die Beschädigung des Islam, in: Tageszeitung v. 21. 6. 2002. 17 Bernard Lewis, „Israel ist nur eine Ausrede“, in: Jüdische Allgemeine v. 18. 12. 2003. 18 Tobias Kaufmann: Es steht schon im Koran. Wie antijüdisch ist die islamische Welt? Eine Tagung von Forschern und Politikern in Berlin, in: Jüdische Allgemeine v. 8. 4. 2004. 4
Abkürzungsverzeichnis AA AAS Abt. A. D. ADAP AHC AM Anm. AO Arab. Aufz. Ausl/Abw BAB BAK BA-MA Bd. Bde. Ber. Bzgl. Bl. CdS DAL DAZ Ders. Dess. DG DGK Dies. Div. Dok. Dto. Ebd. Ehem. Entw. Fn. Geb. Korps Gen.-Kdo. Ges. Gestapo H.
Auswärtiges Amt Asian and African Studies Abteilung Außer Dienst Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik Arab Higher Committee Außenminister(ium) Anmerkung Auslandsorganisation Arabisch(e/er/es) Aufzeichnung Amt Ausland/Abwehr Bundesarchiv Berlin Bundesarchiv Koblenz Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg/B. Band Bände Bericht Bezüglich Blatt Chef der Sicherheitspolizei und des SD Deutsch-Arabische Lehrabteilung Deutsche Allgemeine Zeitung Derselbe Desselben Deutsche Gesandtschaft Deutsches Generalkonsulat Dieselbe(n) Division Dokument Dito/gesagt Ebenda Ehemalig(e/en/er/es) Entwurf Fußnote Gebirgs-Korps General -Kommando Gesandt(er/en), Gesandtschaft Geheime Staatspolizei Heft
226 Hptm. Hrsg. IfZ IJMES IMG Iss. IZI JIDG Jg. JPS Kap. KZ LFS LR MEJ MES Nbg. Dok. No. NSDAP NYP NYT Oblt. OKH OKW O. O. Ostubaf. PA PA AA Pers. Stab PLA Pol. Abt. RAM RFSS RMVP RPA RSHA RWM SD SDHA SS SSFHA SSHA Staf. StS. Stubaf. U. a. Undat. UNPAC
Abkürzungsverzeichnis Hautmann Herausgeber/herausgegeben Institut für Zeitgeschichte München International Journal of Middle East Studies Internationaler Militärischer Gerichtshof Issue Islamisches Zentral-Institut Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte Jahrgang Journal of Palestine Studies Kapitel Konzentrationslager Luftwaffenführungsstab Legationsrat The Middle East Journal Middle Eastern Studies Nürnberger Dokument Nummer Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei New York Post The New York Times Oberleutnant Oberkommando des Heeres Oberkommando der Wehrmacht Ohne Ortsangabe Obersturmbannführer Palästinensische Autonomiebehörde Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Berlin Persönlicher Stab Palestine Liberation Army Politische Abteilung Reichsaußenminister Reichsführer-SS Reichsminister(ium) für Volksaufklärung und Propaganda Reichspropagandaamt Reichssicherheitshauptamt Reichswirtschaftsministerium Sicherheitsdienst Reichsführer-SS SD-Hauptamt Schutzstaffel SS-Führungshauptamt SS-Hauptamt Standartenführer Staatssekretär Sturmbannführer Unter anderem Undatiert United Nations Palestine Commission
Abkürzungsverzeichnis USK U.StS. VB Vern. VfZ Vgl. Vol. We WI ZfP Zit.
Unabhängiger Staatkroatien Unterstaatssekretär Völkischer Beobachter Vernehmung Viertelsjahrshefte für Zeitgeschichte Vergleiche Volume Weltanschauliche Erziehung Welt des Islam Zeitschrift für Politik Zitiert/Zitat
227
Quellen und Literatur Archivalische Quellen Bundesarchiv Berlin NS 19 Persönlicher Stab Reichsführer-SS NS 31 SS-Hauptamt R 58 Reichssicherheitshauptamt Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg/B. RL 2 II Luftwaffenführungsstab Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Berlin BA 61123–68998 Akten des Auswärtigen Amtes, Dauerleihgabe aus dem Bundesarchiv Berlin R 27322–27333 Handakten Ettel R 27772–27828 Handakten Ritter R 99342–100134 Abteilung Inland II-A/B R 100702–101101 Abteilung Inland II geheim R 104776–104791 Abteilung Pol. VII Institut für Zeitgeschichte München Nbg. Dok. Nürnberger Dokumente Eich Eichmann-Anklagedokumente Fd 47 Erwin Lahousen/Wilhelm Canaris (September 1939–Juni 1943) Sir Charles Tegart Papers, Private Paper Collection, St. Antony’s College, Middle East Centre, Oxford Terrorism-1936–1937. Report-Terrorism General; DS 1262 Statement of Diab Ibn Abdel Hamid Fahoum of Nazareth General Information C.I.D. Inspector General; DS 125. 3.H8 Haj Amin Husseini The Palestine Police. DS 125.3H8 Sir Charles Tegart. DS 126.2; Appendix „A“. DS 126.2 Appendix „C“. DS 149 Appendix „D“ Police d’Israel. Quartier général 6-ème bureau. Adolf Eichmann. Tonbandtranskription der Voruntersuchung. Bde. 1–6 (S. 1–3564) Mahane Tyar 1961
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Personenregister (Bezieht sich nur auf den Text, ohne Amin el-Husseini) Abbas, Mahmud (Abu Mazen) 154, 163 Abdallah von Transjordanien 22, 25, 33, 140, 154 ff., 160, 220 Adenauer, Konrad 157 Ahmad, Hafiz Manzurudin 93 Ahmadinedschad, Mahmud 190 Ahmed, Imam 159 Alami, Musa 153, 219 f. Amé, Cesare 79, 202 Andrews, Lewis Yelland 26, 170 Antonescu, Ion 26, 170 Arafat, Jassir 159, 162 ff., 196, 221 Arslan, Adil 97 Arslan, Shekib 97, 148 Asho, Mustafa Shukri 155 Barbie, Klaus 222 Bayer 130 Beckerle, Adolf Heinz 105, 108, 207 Ben Gurion, David 219 Berger, Gottlob 112, 117, 119, 121–126, 132–135, 137, 144, 147, 209, 215 f. Bismarck, Otto von 53 Bohle, Ernst 195 Bose, Subhas Chandra 92 f. Brandt, Dr. Rudolf 211, 216 Budak, Mile 117 Brunton, Captain Chisholm D. 18 Canaris, Wilhelm 38, 47, 65 f., 79 f., 83, 85 ff., 146, 175 ff., 200, 202 Carlos (Ilich Ramírez Sánchez) 222 Castellani, Aldo 118 Chiang Kai-shek 216 Churchill, Sir Winston 11, 133 Ciano, Graf Galeazzo 42 ff., 53, 55, 68, 75, 80, 89 Cunningham, Andrew 153
Daoud, Mansour 145 Dawalibi, Ma’ruf al- 150 Derwisch, Ishaq 97 Dirlewanger, Dr. Oskar 126 Dittmann, Herbert 32 f. Doehle, Dr. Walter 31 f. Dollfuß, Engelbert 211 Eden, Sir Anthony 98 Effendic, Hadzi 119 Eglseer, Karl 118 Eichmann, Adolf 33 ff., 107 f., 111 ff., 180, 196 Eppler, Hans 199 Erdmannsdorff, Otto von 42 Ettel, Erwin 50 ff., 54 f., 70–74, 76, 81, 88 ff., 94, 144, 173 ff., 187, 193, 201 Falkenstein, Heinz Trützschler von 54 Faruk I. 72 ff., 143, 180, 187, 201 Fegelein, Hermann 213 Feisal I. 18 f., 56, 193, 199 Feldscher, Peter Anton 106 f., 206 f. Felmy, Hellmuth 56, 74 ff., 78 ff., 83, 87, 89, 174 ff., 202 Fick, Ernst 208 Frangi, Abdallah 160, 221 Gabrielli, Luigi 42 f. Gailani, Rashid Ali al- 40, 42 f., 48–52, 54 ff., 58, 64–71, 73–82, 87 ff., 90, 97, 99, 101 f., 144 f., 148, 171–177, 201 Galal, Dr. Kamal al-Din 93 Galloway, Ralph 220 Gaulle, Charles de 60 Genoud, François 161 f., 222 Gladstone, William Ewart 198 Goebbels, Dr. Joseph 91, 94, 124, 128, 139, 222
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Personenregister
Göring, Hermann 49 Granow, Hans-Ulrich 68 f., 146 Grobba, Dr. Fritz 14, 31, 38 f., 42, 44, 47, 49, 51, 54 ff., 60, 62, 66 f., 70 f., 74, 76 ff., 81, 88 ff., 146, 173, 174 f., 177, 201, 204 Gromyko, Andrei 219 Haddad, Osman Kemal 42, 44 ff., 48, 52, 58, 65 Hagen, Herbert 33 ff. Hallstein, Walter 157 Hamad, Ghazi 189 Haniyeh, Ismail 223 Hashimi, Taha el- 48, 70 Hencke, Andor 104, 131, 146 Hentig, Werner Otto von 33 Hewel, Walter 76 Heydrich, Reinhard 113 Hilmi II., Abbas 72, 97, 201 Himmler, Heinrich 13, 107 f., 111 f., 115 ff., 119–124, 126, 128, 133 f., 144, 148, 181 f., 209–214 Hitler, Adolf 12, 28 f., 38, 41, 44 ff., 49, 52 f., 55 ff., 59–64, 71 ff., 75 f., 78, 80–83, 85 ff., 94, 99 f., 111, 113 ff., 122, 127, 130 ff., 132, 134, 139, 144 f., 148, 152, 161 f., 164, 168–172, 175–178, 181, 183 f., 189, 192, 194, 199 f., 212 f., 216 Hoffmann, Kurt 73 Hofmann, Mohamed H. 93 Horstenau, Edmund Glaise von 122 Hussein, König von Jordanien 158 ff. Hussein, Saddam 220 Hussein ibn Ali 11, 19, 193 Husseini, Abd-al-Qadir el- 152 Husseini, Feisal al- 190 Husseini, Kamil el- 18f Husseini, Musa el- 80 Husseini, Musa Kasem el- 20 f., 194 Husseini, Dr. Mussa Abdullah el- 156 Husseini, Rahman Abdul Rauf Arafat elQudwa el- (Arafat) 221, 223 Ijad, Abu 154, 159, 162, 220 Imam, Dr. Said 37 Izzet-Pascha, Azid 97 Jackson, Robert H. 149
Jarallah, Husam al-Din 20, 155 Jinnah, Mohammed Al- 92 Joumblatt, Kamal 219 Joumblatt, Walid 220 Kállay, Miklós von 110, 207 Kammerhofer, Konstantin 121, 123, 211 Kampffmeyer 93 Kasche, Siegfried 118, 210 Kaspar, Dr. Georg 54 Kassem, Abdul Karim 158 ff. Keitel, Wilhelm 86 f., 114 Kempner, Robert M. W. 147 f. Keppler, Wilhelm 92 f. Khalaf, Salah (Abu Ijad) 154 Killinger, Manfred von 109 Kirimal, Edige 216 Kohlhaas, Wilhelm 62 Komic´, Halid 127 Kosak, Vladimir 131 Krempler, Karl von 117 ff., 210 Kroll, Hans 52 Krüger, Ernst (Ettel) 201 Kutscher, Ernst 54 Lahousen, Erwin 47, 79, 86, 197 Lie, Trygve 155 Mackensen, Hans Georg 43 Marcus, Itamar 223 McMahon, Sir Henry 11 Meier-Mader, Andreas 216 Meir, Golda 220 Melani 118 Melchers, Dr. Wilhelm 54, 144 ff., 179, 206 Mellini, Alberto 55, 69, 71 Mende, Gerhard von 136, 138, 156, 213 Meyer-Ricks, Hermann 79, 202 Mihailovisˇ, Dragoljub 125 Mrowa, Kamil 147 Müller, Max (Haddad) 42 Mussolini, Benito 53 f., 63, 72, 74 f., 91, 113, 175, 184, 205 Mutschmann, Martin 145 Nagib, Muhammad 157 Nashashibi, Fakhri 56 Nashashibi, Ragheb Bey 20
Personenregister Nasser, Gamal Abdel 157–161, 185, 187 Naumann, Dr. Erich 124 Nidal, Abu 220 Olzscha, Reiner 215 Osenbashli, Dr. Ahmet 137 f., 216 Pandza, Hafid Muhamed 119, 121, 211 Papen, Franz von 41 f. Pascha, Nuri 39, 140 Pascha, Sidky 150 Pascha, Zulficar 72 Paulus, Friedrich 205 Pavelic´, Ante (Poglavnik) 113 f., 116, 118, 121 f., 128 f., 131 f., 208 Peel, Earl William Robert Wellesley 25 Pétain, Henri Philippe 85 Phleps, Artur 115, 117, 119 f. Piepenbrock, Hans 47, 197 Pohl, Oswald 124 Polkes, Feivel 34 Prüfer, Curt 93, 97, 102, 105 Qawuqji, Fauzi 55 f., 76, 145, 148, 152, 198 Querner, Rudolf 117 Rahn, Rudolf 63 Rashid Rida, Muhammed 18 Rasulajew, Abdul Rahman 138, 216 Rekowski, Carl 148 Ribbentrop, Joachim von 46–49, 53, 55– 60, 62, 64, 66, 68, 71 f., 75 f., 78, 83, 87– 92 ff., 98, 100, 105–109, 130, 133, 144, 148, 172, 174 f., 177 ff., 210, 214 Rintelen, Emil von 62 Rommel, Erwin 16, 72 f., 78, 176, 201 Roosevelt, Franklin D. 84, 157 Rosenberg, Alfred 82 Safty, Dr.Mohamed 93 Said, Nuri as- 39 f., 42, 56, 98, 171 Samuel, Sir Herbert 20 ff., 166 f. Sauberzweig, Karl Gustav 121, 132
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Saud 158 f. Schellenberg, Walter 146 ff. Schirach, Baldur von 117 Schmidt, Paul 199 Schrumpf-Pierron, Pierre 82 Seddi Khan, Gulam 134 Seubert, Franz 203 Shakir, Tewfik Ali al- 42 Sharett, Moshe (Schertok, Mosche) 193 Shawkat, Naji 41 ff. Shukeiri, Ahmed 155, 160 Simen 79, 202 Spuler, Dr. Berthold 215 Stalin, Josef W. 134, 136 f. Stanley, Oliver 104 ff. Steffen, Willi Georg 54 Steiner, Endré 112, 207 Stohrer, Dr. Eberhard von 57 Stolze, Erwin 47, 197 Streicher, Julius 189 Suhr, Friedrich 112 Suljak, Alija 210 Tegart, Sir Charles 26, 193 ff. Tito, Josip Broz 114, 121, 127, 131, 133, 140 Tschelebi, Mohamed Abdul Nafi 93 Wagner, Horst 105, 123, 206 Wagner, Jürgen 128 Wakil, Dr. Mustafa el- 73 Weise, Hans-Joachim 57 Weizmann, Dr. Chaim 32 Weizsäcker, Ernst von 46, 50 f., 66, 75, 86, 200, 204 Wilson, Thomas Woodrow 19 Wisliceny, Dieter 112, 207 Woermann, Dr. Ernst 45–48, 51, 62, 64, 75, 99 f., 204 Wolff, Heinrich 28, 30 f., 168, 195 Zaki, Amin 73 Zetsche, Oblt. 217
Ortsregister (Bezieht sich nur auf den Text) Agram (Zagreb) 118, 120, 130 Alexandria 34 Algier 203 Amman 159 Ankara 41, 52, 97, 107 Athen 56, 146 f. Ausschwitz 124 Bad Gastein 149 Bagdad 31, 39, 42, 49 f., 56, 78, 89, 146, 158 f., 171, 174 Banja-Luka 118 Beirut 17, 37, 39, 155 Belgrad 121 Berlin 30–33, 37 f., 42, 45, 48, 51, 54–57, 63, 65 f., 69, 72, 73–76, 80 f., 83, 85, 91, 93 ff., 102, 105, 108 f., 117 f., 120, 128, 130 f., 138 f., 142, 147 f., 160, 162, 172 f., 176, 183 Bern 106, 149 Bijeljina 127, 130 Bratislawa 112 Brsˇko 127, 130 Budapest 42, 111 Bukarest 106, 108 Celik 127 Chełmno 189 Dachau 189 Damaskus 18 f., 37 Deir Yassin 153 Dresden 135 Gaza 11, 154 ff., 158, 188 ff. Göttingen 135 Guben 129, 182 Haifa 34, 106 f., 143 Hebron 23
Istanbul 17 f., 41, 52, 73 f., 97, 106 Jaffa 22, 151 Jasenovac 121, 182 Jerusalem 17–20, 23, 25, 28, 31 f., 106, 112, 142 f., 160 f., 168, 170, 180, 190 Kairo 18, 34, 73 f., 150 f., 155–159 Kap Sunion 56, 75 ff., 79, 175 f. Karatschi 156 Karlsbad 51 Latakia 157 Le Puy 121 Linz 149 London 11, 21 f., 24, 38, 91, 94, 106, 149, 151 Louvecienne 149 Madrid 57 Majevica 128 Mekka 18, 159 Mende 121 Morovice 127 Mostar 118 Neuhammer 123 Nova Gradiska 121, 182 Oybin 142, 148 Paris 56, 74, 80, 90, 148 ff., 177 Pieskow 148 Potsdam 129 Rom 42 f., 48, 53–57, 62, 64, 66 f., 69, 72, 74 f., 77–81, 83, 89, 91, 101 f., 118, 168, 173, 176, 183 Saloniki 51
Ortsregister Sarajewo 118 f., 121 Semmering 51 Simferopol 137 Smyrna 18 Sofia 73, 105 f., 108, 147 Srem 127 Sremske Race 127 Stalingrad 109, 125, 135, 183 Stalino 79 ff., 87 f., 176, 178 Teheran 50, 63, 72, 171 Tel Aviv 141 ff. Tetuan 146
Tunis 80, 83, 85 ff., 89, 177 f. Tuzla 118 f., 128 Ufa 138 Vinkovci 130 Warschau 32 Washington 14, 152 Wien 117 Zaue 148
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