Der Debt Equity Swap in der Insolvenz [1 ed.] 9783428546763, 9783428146765

»The Debt/Equity Swap within Insolvency Proceedings«The recently reformed German Insolvency Code (InsO) now allows credi

117 77 2MB

German Pages 401 Year 2015

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Der Debt Equity Swap in der Insolvenz [1 ed.]
 9783428546763, 9783428146765

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 200

Der Debt Equity Swap in der Insolvenz Von

Patrick Schulz

Duncker & Humblot · Berlin

PATRICK SCHULZ

Der Debt Equity Swap in der Insolvenz

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 200

Der Debt Equity Swap in der Insolvenz Von

Patrick Schulz

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-14676-5 (Print) ISBN 978-3-428-54676-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-84676-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Die vorliegende Dissertation enthält eine umfassende Darstellung des Debt Equity Swap in der Insolvenz. Hierbei werden nicht nur die neuen Vorschriften der Insolvenzordnung dargestellt, sondern auch das Verhältnis von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht in den Blick genommen. Zusätzlich werden auch noch kapitalmarktrechtliche Auswirkungen, spezifische Probleme des Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen und ferner steuerrechtliche Aspekte behandelt. Es handelt sich mithin um eine Arbeit, die den Debt Equity Swap umfassend untersucht und hierbei zu zahlreichen weiterführenden Ergebnissen gelangt. In der Arbeit wird der Nachweis erbracht, dass sich die Lösung der zahlreichen mit dem Debt Equity Swap verbundenen Einzelprobleme auf einige wenige zentrale Gedanken zurückführen lassen. Ausgangspunkt der Arbeit ist zunächst die Einschätzung, dass die Gläubiger vom Gesetzgeber zu Recht den Zugriff auf den schuldnerischen Rechtsträger eingeräumt bekommen haben bzw. die Einbeziehung der Anteile der Altgesellschafter in das Insolvenzplanverfahren geboten ist, um der Befriedigungshierarchie des § 199 S. 2 InsO Rechnung zu tragen. Der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebende Fortführungswert steht hiernach den Gläubigern zu. Aus dieser gesetzgeberischen Entscheidung, die letztlich eine konsequente Umsetzung der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie darstellt, leitet der Autor überzeugend ein Primat des Insolvenzrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht ab. Der Vorrang des Insolvenzrechts besteht allerdings nur insoweit, als es um die am Verfahren Beteiligten – also insbesondere die Gläubiger und die Altgesellschafter – geht; Positionen Dritter werden hiervon nicht berührt. Das Primat des Insolvenzrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht und auch dem Kapitalmarktrecht dient – als maßgeblicher teleologischer Gesichtspunkt – als Leitfaden für die Behandlung der zahlreichen umstrittenen Auslegungsfragen, die durch die Einführung des insolvenzlichen Debt Equity Swap entstanden sind. Hierdurch wird m. E. ein wesentlicher dogmatischer und auch für die praktische Handhabung außerordentlich hilfreicher Erkenntnisfortschritt erzielt. Die Arbeit wird schließlich abgerundet durch Vorschläge zur Fortentwicklung des aufgezeigten Primats des Insolvenzrechts gegenüber anderen Rechtsgebieten de lege ferenda. Sie wird die Diskussion um den insolvenzlichen Debt Equity Swap sicherlich entscheidend beeinflussen. Mainz, den 7.5.2015

Prof. Dr. Urs Peter Gruber

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im August des Jahres 2014 von dem Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind auf dem Stand August 2014. Ganz besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater Herrn Prof. Dr. Urs Peter Gruber. Er hat mich bei der Wahl des hochspannenden und sehr aktuellen Themas unterstützt, den Schaffensprozess fördernd begleitet und war für Diskussionen immer ansprechbar. Die Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl war eine äußerst bereichernde und erquickliche Erfahrung, die ich nicht missen will. Herrn Prof. Dr. Dirk A. Verse danke ich vielmals für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen“. Besonders herzlich möchte ich mich bei Dr. Stephanie Catherine SittmannHaury bedanken: Ihre Unterstützung und Motivation haben entscheidend zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Dankbarkeit möchte ich auch gegenüber meinen vielen Weggefährten bezeugen. Ohne die anregenden Diskussionen und die eine oder andere Zerstreuung wäre die vergangene Zeit keine so besondere gewesen. Hier sind insbesondere Dr. Matthias Falke, Marvin Wiehe, Sebastian Ewald, Dr. Marco Moebus und Dr. Katarzyna Zborowska zu nennen. Schlussendlich danke ich auch meiner Familie und insbesondere meinen Eltern, Ellen und Wolfgang Schulz, die mich während meiner gesamten Ausbildungszeit immer mit großem Wohlwollen begleitet und unterstützt haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Mainz, im April 2015

Patrick Schulz

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sanierungseffizienz der InsO nach der ESUG-Reform . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis von Insolvenzrecht zu Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht 3. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung der Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wirkungsgrenzen des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Themenbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der insolvenzliche Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fokussierung auf AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ökonomische Sinnhaftigkeit des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . 4. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 21 31 31 33 34 35 36 37 37 40 41 42 43

B. Grundlagen des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geschichte und Empirie des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reduzierung von Staatsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Motive der einzelnen Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Andere Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldnergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzielle Sanierung (Buchsanierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wegfall des Insolvenzgrundes nach § 19 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Liquiditätsschonung durch Wegfall von Zins- und Tilgungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erleichterung der zukünftigen Unternehmensfinanzierung . . . . . . . e) Unternehmerische Renditechancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 46 46 47 49 49 49 51 55 55 56 56 56 56 57 59 59 60

10

Inhaltsverzeichnis f) Signalwirkung an andere Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Einflussausübung und Machtübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlust von Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übernahme unternehmerischen Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlen fester Rückzahlungstermine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Haftungsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Differenzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lehre von der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Steuerrechtliche Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 62 63 63 64 64 64 64 65 66 67 68

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Barkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übertragende Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Tausch in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Debt Mezzanine Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umtausch in Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Umtausch in Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Reverse Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 70 73 73 74 76 78 79

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung des Debt Equity Swap I. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kapitalherabsetzung unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag . . . c) Sachliche Rechtfertigung der Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Effektive Kapitalerhöhung durch Forderungseinbringung . . . . . . . . b) Keine Umgehung der Sacheinlagevorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausfluss des Kapitalaufbringungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . bb) Differenzhaftung und verdeckte Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufrechnungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwingende Bareinlage bei Kapitalherabsetzung auf Null . . . . . . . . . 3. Ausschluss des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezugsrecht als elementarer Bestandteil der Mitgliedschaft . . . . . . b) Inhaltliche Beschlusskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses . . . . . c) Bezugsrechtsausschluss bei gemischter Bar- und Sacheinlage . . . .

81 81 82 82 82 84 84 85 85 87 87 87 88 88 89 89 90 92

V.

Inhaltsverzeichnis

11

III. Übernahme bestehender Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93 94

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strategisches Blockadepotenzial der Gesellschafter nach InsO a. F. b) Ungewisse Reichweite gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten . . . 2. Paradigmenwechsel durch das ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbeziehung der Anteilsrechte in den Insolvenzplan . . . . . . . . . . . aa) Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Neutralität . . . . . . . . . . . . bb) Regel-Ausnahme-Prinzip der Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Umwandlung gegen den Gläubigerwillen . . . . . . . . . . . . dd) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Planverfahren . . . . . . . ee) Umwandlung in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . ff) Ausschluss der Differenzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beteiligung der Gesellschafter an der Gläubigerversammlung . . . . aa) Bildung eigener Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stimmrecht der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beteiligung am Erörterungs- und Abstimmungstermin . . . . . . dd) Mehrheitsentscheidung oder Fiktion der Zustimmung . . . . . . . III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unantastbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Organisationsstruktur b) Gläubigerzugriff auf gesellschaftsrechtliche Organisationsstruktur 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Etablierung einer sachgerechten Befriedigungshierarchie . . . . . . . . aa) Zugriff der Gläubiger auf den Fortführungswert . . . . . . . . . . . . bb) Verstoß gegen die Gleichwertigkeit der Sanierungswege . . . . . cc) Anteilsrecht als „organisationsrechtliche Formalposition“ . . . . dd) Gesellschafter als letztrangige Insolvenzgläubiger . . . . . . . . . . ee) Keine Privilegierung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Kein „Recht auf wirtschaftlichen Selbstmord“ . . . . . . . . . . . . . b) Realisierung unternehmerischen Risikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine sanierungshindernde Wirkung der Planeinbeziehung . . . . . . aa) Keine Gefahr verspäteter Insolvenzanträge . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erhöhung der Sanierungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine erhöhte Missbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Beeinträchtigung der Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95 95 96 96 96 98 101 101 101 103 103 104 106 107 108 108 110 110 112 113 113 114 114 115 116 116 116 118 119 122 125 127 128 129 129 132 132 136

12

Inhaltsverzeichnis

IV.

V.

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschließliche Hauptversammlungskompetenz für Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . . . . bb) Entscheidung Karella und Karellas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Entscheidungen Syndesmos Melon und andere . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit bei insolvenzlichen Sanierungen . . . . . . . . . . . . bb) Keine Anwendbarkeit bei insolvenzlichen Sanierungen . . . . . . (1) Insolvenzliche Sanierungen als Kollektivverfahren . . . . . . . (2) Die Auffassung Schöns: Keine Anwendung auf staatliche Zwangseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Auffassung Spetzlers: Vorrang der EuInsVO . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Anwendbarkeit der Art. 29, 33 Abs. 4, 34 in Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein „Fortbestand in eigenen Strukturen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sinnwidrigkeit von Kapitalmaßnahmen in der Regelinsolvenz dd) Anwendbarkeit der Richtlinie auf staatliche Zwangseingriffe . . ee) Kein Vorrang der EuInsVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Publizitätsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundrechtspositionen der Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentumsgarantie, Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Art des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Keine Enteignung i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG . . . . . . . . .

137 137 137 138 138 140 140 140 140 141 142 142 142 143 144 144 144 145 145 146 147 147 147 152 154 155 155 156 158 159 159 159 160 160 160 162 162 162

Inhaltsverzeichnis (b) Einordnung als Inhalts- und Schrankenbestimmung . . (2) Rechtfertigungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verfolgung eines legitimen Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Herstellung praktischer Konkordanz . . . . . . . . . . . (bb) Entwertung der vermögensrechtlichen Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Entwertung der teilhaberechtlichen Komponente (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erforderlichkeit einer Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verfassungsrechtliche Gebotenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Höhe der Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Liquidationswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) (Fortführungs-)Wert der reorganisierten Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Börsenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Maßgeblichkeit des Liquidationswerts . . . . . . . . . (bb) Keine Vergleichbarkeit mit aktienrechtlichen Abfindungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Zerrbild durch Spekulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Keine freie Deinvestitionsentscheidung in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ee) Keine Ungleichbehandlung der einzelnen Aktienarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Effektiver Minderheiten- und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Minderheitenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinigungsfreiheit, Art. 9 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grundrechtspositionen der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

13 164 165 165 167 167 168 168 169 172 174 174 174 175 175 176 176 178 178 179 181 182 183 183 184 184 185 186 187 191 191 192 192 195 197 198 198

14

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überlagerung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen auf den insolvenzlichen Debt Equity Swap . . . . . . . . . . a) Erleichterte Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses . . . . . . . aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fortgeltung gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe . . . . . . . . . . . . . . cc) Überlagerung durch insolvenzrechtliche Wertungen . . . . . . . . . dd) Stellungnahme: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine materielle Beschlusskontrolle in der Insolvenz . . . . . (2) Verdrängung gesellschaftsrechtlicher Schutzbestimmungen (3) Vergleich mit aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Keine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall . . . . . . . . . . . (5) Anwendbarkeit des § 186 AktG in der Insolvenz? . . . . . . . . b) Weiterbeteiligungsmöglichkeit durch Kapitalerhöhungskombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Varianten gemischter Kapitalerhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Barkapitalerhöhung mit anschließender Sachkapitalerhöhung bei Nichtausübung des Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewertung der eingebrachten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollwertigkeitsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nennwertansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollwertigkeitsansatz als Sanierungshindernis? . . . . . . . . . . . . . bb) Uneindeutigkeit des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Teleologische Reduktion der Kapitalaufbringungsvorschriften (1) Reichweite des insolvenzrechtlichen Primats . . . . . . . . . . . . (2) Keine Gefährdung von Gesellschaftern und bisherigen Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Neugesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Bisherige Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Gefährdung zukünftiger Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . (a) Forderungseinbringung als nomineller Wertzufluss . . .

198 199 203 203 203 204 206 207 207 208 210 210 213 216 216 217 218 218 221 222 222 222 223 223 224 225 225 226 227 227 229 229 230 230 231 231

Inhaltsverzeichnis

2.

3.

4.

5. 6.

(b) Fehlende Garantiefunktion des eingetragenen Haftkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Gläubigerschutz durch Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Auslegung der Kapitalaufbringungsvorschriften . . . . . . . . . (5) Gläubigerschutz durch Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einlagefähigkeit und Wert von Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übernominale Befriedigung einrückender Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbleib der Altgesellschafter in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verstoß gegen die absolute Vorrangregel des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtslage vor der Reform durch das ESUG . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die „new value exception“ zur „absolute priority rule“? . . (3) Kritik an dem bisherigen Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtslage nach der Reform durch das ESUG . . . . . . . . . . . . . . (1) Anteilseignerstellung als Wertzuwendung . . . . . . . . . . . . . . (2) Teilweiser Verbleib der Altgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regelungszweck der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Keine Pflicht zum Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Übertragbarkeit bisheriger Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . (4) Keine uneingeschränkte Übertragbarkeit der LaSalle-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbleib einzelner Altgesellschafter in der Gesellschaft . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Insolvenz beseitigende Barkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unwirksamkeit von Change-of-control-Klauseln, § 225 Abs. 4 InsO . a) Bedeutung von Change-of-control-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Change-of-control-Klauseln als Sanierungshindernis . . . . . . . . . . . . c) Unwirksamkeit von Change-of-control-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unwirksamkeit bereits nach § 119 InsO? . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

233 234 235 239 240 241 241 241 242 244 244 245 246 249 249 249 252 252 253 255 258 258 260 260 260 261 265 266 266 266 268 269 271 271 272 273 273

16

Inhaltsverzeichnis bb) Unwirksamkeit nach § 254a Abs. 4 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Austrittsrecht der Altgesellschafter, § 225a Abs. 5 InsO . . . . . . . . . . . . Registergerichtliche Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reichweite der Sanierungsprivilegien des § 39 InsO . . . . . . . . . . . . . . . a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Neuordnung des Rechts der Gesellschafterfremdfinanzierung . . bb) § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als Sanierungshindernis . . . . . . . . . . . . . b) Kleinbeteiligungsprivileg, § 39 Abs. 5 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sanierungsprivileg, § 39 Abs. 4 S. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendbarkeit des Sanierungsprivilegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Persönlich-Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erfasste Gesellschaften und Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . (2) Art und Weise des Anteilserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zeitpunkt des Anteilserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zum Zwecke der Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zeitliche Grenze der Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Insolvenzanfechtungsrisiken, §§ 129 ff. InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachrangigkeit der Entschädigungsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konflikt mit Kapitalerhaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

275 276 276 280 282 282 282 283 285 287 287 287 287 288 288 289 291 291 291 293 294 294 296 297

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkung auf die Börsenzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fortbestand der Börsenzulassung in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlust der Börsenzulassung bei einem Cold Delisting . . . . . . . . . . . c) Kein Pflichtangebot aufgrund der Macrotron-Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufgabe der Macrotron-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Widerspruch zur insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie dd) Auswirkungen und Gestaltungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übernahmerechtliches Pflichtangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelungsinhalt des § 35 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300 300 300 301 301 302

7. 8. 9.

10. 11. 12.

304 304 305 306 307 308 308 308 309

Inhaltsverzeichnis

II.

aa) Kontrollerlangung über eine Zielgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zurechnung nach § 30 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sanierungsbefreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolge: Ermessensentscheidung der BaFin . . . . . . . . . . . . d) Anwendbarkeit des § 35 WpÜG in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Anwendung bei Kapitalschnitt auf Null . . . . . . . . . . . . . . bb) Sonstige Fälle: Teleologische Reduktion des § 35 WpÜG . . . . (1) Primat des Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Keine Schutzbedürftigkeit der Altaktionäre . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Schutzbedürftigkeit mit einrückender Gläubiger . . . (4) Vereinbarkeit mit der Übernahmerichtlinie . . . . . . . . . . . . . (5) Aufsichtsbehördliche Befreiung unzureichend . . . . . . . . . . (6) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prospektpflicht nach WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prospektpflicht bei einem Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Öffentliches Angebot der Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Individualität der Zeichnungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Informationsasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ausnahmen bei öffentlichen Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 4 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulassung an einem organisierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Teleologische Reduktion des § 3 Abs. 4 WpPG? . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anteilsübertragung als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kapitalmarktrechtliche Pflichten nach WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitteilungs- und Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fortbestand in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kein Primat des Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sinnhaftigkeit in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausganspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 309 310 312 312 314 315 315 315 315 316 318 318 319 320 320 321 321 322 322 322 323 323 324 325 325 325 325 326 326 326 327 328 328 329 330 330 332 333 333 333

18

Inhaltsverzeichnis 2. Überblick über das Schuldverschreibungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erweiterte Kompetenzen der Gläubigerversammlung . . . . . . . . . . . . 3. Besonderheiten des insolvenzlichen Debt Equity Swap von Anleihen . . a) Erweiterter Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Primat des Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzlicher Vorrang des Insolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . bb) Debt Equity Swap nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG . . . . . . . . cc) Anwendbarkeit der §§ 5 ff. SchVG im Insolvenzplanverfahren dd) Obstruktionsverbot und insolvenzrechtlicher Rechtsschutz . . . ee) Intensivierter Schutz nach § 19 Abs. 4 SchVG . . . . . . . . . . . . . . c) Konfusion einer verbrieften Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Werthaltigkeit der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336 336 337 338 338 339 339 340 340 342 342 343 344 345

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Steuerrecht als Sanierungshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Untergang von nicht genutzten Verlustvorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besteuerung von Sanierungsgewinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

346 346 347 349 352

H. Vorschläge de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung . . . . . . . . 1. Zustimmungserfordernis der teilnehmenden Gläubiger . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahme des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gründe für eine Majorisierung der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwertung der Forderungen in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überwindung des Störpotenzials von Akkordstörern . . . . . . . . . . . . c) Vermeidung komplexer Bewertungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Majorisierungsmöglichkeit de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Majorisierungsmöglichkeit de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkung auf Ausnahmefälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beschränkung auf börsennotierte Aktiengesellschaften . . . . . . . dd) Beschränkung auf bestimmte Gläubigergruppen . . . . . . . . . . . . ee) Zustimmungsfiktion entsprechend § 230 Abs. 2 DiskE-ESUG (1) Wegfall der Zustimmungsfiktion im Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verfassungsmäßigkeit einer Zustimmungsfiktion . . . . . . . . (3) Kein unangemessener Aufwand für die Gläubiger . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

355 355 355 356 356 356 357 358 359 359 359 359 361 361 363 363 363 364 364 365

Inhaltsverzeichnis II.

Notwendige Änderungen und Klarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Änderung des § 225a InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenführung der Abs. 2 und 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ergänzung des § 225a Abs. 4 S. 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendungsbereich des § 35 WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahme von der Prospektpflicht bei Reorganisationen . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prospektpflicht im US-Reorganisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderungsbedarf de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 3 Abs. 1 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 3 Abs. 4 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 365 365 365 366 366 367 367 367 368 369 369 370 370 372

I. Ergebnis und Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

A. Einleitung I. Ausgangspunkt Insolvenzen sind das zwingende Resultat eines marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaftslebens, in dem die Unternehmungen ausscheiden, denen es an Wettbewerbsfähigkeit mangelt.1 Wirtschaftliche Abschwünge und platzende Spekulationsblasen wirken besonders marktbereinigend. Scheitern ist ein fundamentaler Bestandteil unternehmerischer Betätigung und weder Branche, noch Größe, noch Marktdominanz schützen vor einer existenzbedrohenden Krise.2 Die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre war die schwerste Rezession der letzten 60 Jahre.3 Spätestens sie hat durch öffentlichkeitswirksame Großinsolvenzen4 in Erinnerung gerufen, dass auch – im Kern gesunde – Gesellschaften durch Fehlentscheidungen der Unternehmensführung, Refinanzierungsschwierigkeiten und Verwerfungen des Finanzmarkts oder der Realwirtschaft in Bedrängnis geraten können.5 Manchmal kommen jedoch Gesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die dem Grunde nach ein tragfähiges Geschäftsmodell aufweisen. Gesellschaften, deren Produktportfolio, Kundenbasis und Marktposition ausreichend wettbewerbsfähig sind, die aber aufgrund singulärer Effekte, wie ho1 Jaffé, ZGR 2010, 248, 250 („Die marktwirtschaftliche Organisation der Wirtschaft ist untrennbar mit Marktaustritten verbunden. Die Insolvenz gehört zum kapitalistischen System wie der Tod zum Leben.“). 2 25 Prozent aller Unternehmen geraten innerhalb von zehn Jahren in die existenzgefährdende Krise, Kraus, in Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 4 Rn. 1. 3 Dass die Zahl der Insolvenzen unlängst rückläufig ist, ist nur bedingt aussagekräftig: Im Gesamtjahr 2013 gab es 141.332 Insolvenzverfahren, 25.995 davon waren Unternehmensinsolvenzen (Quelle www.destatis.de); zu den Ursachen der Finanzkrise etwa Heun, JZ 2010, 53 ff.; Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 9 ff. 4 Hier seien nur die Insolvenzen der Pfleiderer AG, der Conergy AG, der Centrotherm AG, der MPC AG, der Solarworld AG, der Praktiker AG und der IVG Immobilien AG genannt. Vgl. etwa Handelsblatt vom 14.6.2012, „Deutsche Solarbranche von der Sonnenfinsternis“ (URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/studiezum-niedergang-deutsche-solarbranche-vor-der-sonnenfinsternis/6748936.html – Stand: August 2014). 5 Vgl. Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1731 („Good companies with bad balance sheets“); ders., ZIP 2010, 649, 650; ders., Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 14 („financial failure statt economic failure“); Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 425 („turn-around“-Kandidaten); zum Begriff der Krise und deren Anzeichen eingehend Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 2 Rn. 1 ff.

22

A. Einleitung

hen Investitionen, Übernahmefinanzierungen oder zu geringen Verlustpuffern in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ins Straucheln geraten.6 Verschlechtert sich die Wirtschaftslage, dann belasten hohe Warenbestände, unausgelastete Produktionsstätten und Fabriken sowie überzählige Mitarbeiter die Ertragssituation. Krisenauslöser kann auch sein, dass wichtige Entwicklungen des Absatzmarktes – etwa Trendwechsel, Änderungen des Nachfrageverhaltens oder technische Fortschritte – nicht erkannt oder falsch eingeschätzt werden. Zukünftig wird zudem die Refinanzierung bestehender Schulden schwieriger werden. Durch die weltweit hohe Staatsverschuldung tummeln sich auf dem Kapitalmarkt verstärkt Nationalstaaten als konkurrierende Schuldner zu privaten Unternehmungen.7 Die Welle von fremdfinanzierten Übernahmen mit hohem Fremdkapitalanteil in den Jahren 2006 und 2007 vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise hat überdies dazu geführt, dass viele Zielunternehmen erhöhten Refinanzierungsbedarf haben, da viele Finanzierungen nach sieben bis neun Jahren ihre Endfälligkeit erreichen.8 Der Finanzierungsbedarf von solchen Gesellschaften ist demzufolge sprunghaft angestiegen. Eine mögliche Zurückhaltung der Banken, notwendige Darlehen oder Anschlussfinanzierungen auszureichen, bedroht die wirtschaftliche Situation vieler Unternehmungen zusätzlich.9 Die damit verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch verstärkt, dass in Deutschland mittelständische Gesellschaften traditionell eine niedrige Eigenkapitalquote aufweisen und schon daher anfälliger für Refinanzierungsschwierigkeiten sind.10 Eine 6 Dass es einen Unterschied zwischen der marktbereinigenden Wirkung der Insolvenz und einer insolvenzdarwinistischen Sicht auf das Scheitern eines Unternehmens gibt, ist hinlänglich bekannt, dazu instruktiv Uhlenbruck, in: FS Gerhardt, S. 979, 985 f. 7 Studie der OECD im März 2014 zu dem Kapitalbedarf souveräner Staaten: Allein die 34 OECD Mitgliedstaaten müssen in 2014 10,6 Billionen US-Dollar an Staatsschulden refinanzieren. Damit hat sich der Kapitalbedarf der Nationalstaaten seit 2005 mehr als verdoppelt (URL: http://www.oecd.org/finance/financial-markets/oecdsovereign borrowingoutlook.htm – Stand August 2014). 8 Bei sog. Leveraged Buyouts werden die Zielunternehmen mit einem hohen Schuldenstand belastet, die Finanzkalkulation ist häufig sehr optimistisch strukturiert, Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1729 f.; Siemon, ZInsO 2013, 1549, 1549 ff.; zum gesteigerten Kapitalbedarf von Unternehmen in den folgenden Jahren auch Kindler, NJW 2010, 2465, 2465 und Hölzle/Pink, ZIP 2011, 360, 361 ff. die auf die Endfälligkeit vieler Mezzanine-Programme im Zeitraum von 2011 bis 2015 hinweisen und aufgrund gestiegenem Zinsniveau und geringeren Aussichten auf Anschlussfinanzierungen von einer Welle von Unternehmensinsolvenzen ausgehen. 9 Der Verlust des Vertrauens der Banken untereinander führt dazu, dass diese freiwerdende Liquidität trotz wirtschaftlich ungünstigen Zinskonditionen bevorzugt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Ob es aufgrund der Rahmenbedingungen jedoch zu einer sog. „Kreditklemme“ kommt, ist ebenso wie die möglichen Konsequenzen einer derartigen Zurückhaltung der Banken, Unternehmenskredite auszugeben, unklar. Der deutsche Mittelstand hat als Folge der Weltwirtschaftskrise seine Finanzstruktur enthebelt und Liquiditätspolster angelegt (manager magazin vom 19.1.2012, URL: http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/0,2828,809993,00.html – Stand: August 2014).

I. Ausgangspunkt

23

hohe, die Eigenkapitalrendite steigernde Fremdkapitalisierung (leverage)11 erweist sich in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten als schwierige Hypothek12: Feste Zinszahlungstermine müssen eingehalten und das Kapital zum Endfälligkeitstermin zurückgezahlt werden. Ist es zur Unternehmenskrise13 oder sogar der Insolvenz gekommen, dann stellt sich die Frage: sanieren oder liquidieren? § 1 InsO stellt unmissverständlich klar, dass die Gläubigerbefriedigung durch Maximierung des haftenden Schuldnervermögens das primäre Ziel des deutschen Insolvenzrechts darstellt.14 Hieran hat sich auch die Entscheidung, was mit einer von der Insolvenz bedrohten Gesellschaft geschehen soll, zu messen. Entgegen dem Einleitungssatz muss die Insolvenz nicht zwangsläufig den Marktaustritt durch Abwicklung zur Folge haben. In den letzten Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch Sanierungen haftungsmaximierende Befriedigungsalternativen darstellen können. Nicht selten ist es ökonomisch sinnvoll, ein Unternehmen zu sanieren, weil schlichtweg der Fortführungswert den Liquidationswert übersteigt und den Gläubigern eine höhere Rückzahlungsquote bietet.15 Die Entscheidung des Gesetzgebers, den Gläubigern die Entscheidung über die Richtung des Insolvenzverfahrens und dabei auch über die Verwertungsart zu überlassen, ist daher nur konsequent.16 Ihre finanziellen Interessen sind letztendlich betroffen.17 10 Vgl. Krolop, GmbHR 2007, 117, 120; Kunz/Ehnert, FB 2007, 395, 395; Hölzle, KTS 2011, 291, 300 ff.; Knecht, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 19 Rn. 66; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 2.34; manager magazin vom 19.1.2012, URL: http://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/ 0,2828,816570-2,00.html – Stand: August 2014; FAZ v. 12.11.2011 S. 14 „40 Prozent Eigenkapital sind das Ziel“; eingehend zu den Gründen traditionell niedriger Eigenkapitalquoten im deutschen Mittelstand: Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Kap. A Rn. 7, 10. 11 Ein hoher Verschuldungsgrad kann zu größerer Eigenkapitalrentabilität führen, wenn die Gesamtkapitalrentabilität die Fremdkapitalkosten übersteigt. Mit wenig „eigenem“ Geld wird umso mehr Gewinn erwirtschaftet. Für Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist die Nutzung dieses Hebeleffekts besonders attraktiv, da das mit einer hohen Fremdkapitalisierung verbundene Verlustrisiko auf das eingebrachte Eigenkapital beschränkt ist. 12 So auch Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 1. 13 Zum Begriff der Krise und deren betriebswirtschaftlichen Ursachen etwa Kraus, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 4 Rn. 4 ff.; Maus, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 1.1 ff.; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 7 ff. 14 So auch BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32; Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17; Pape, in: Uhlenbruck, InsO, § 1 Rn. 1; Silcher, in: Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 29; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516. Dagegen aber A. Schmidt, in: HambKomm-InsO, § 1 Rn. 26 („kein absolutes Ziel der InsO“). 15 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 31 ff. Siehe hierzu das Beispiel bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 558. 16 Die Gläubiger entscheiden darüber, ob es zur Liquidation oder zur Reorganisation in einem Planverfahren kommt, RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 79 f.

24

A. Einleitung

Das deutsche Insolvenzrecht schien mit § 1 S. 1 Alt. 2 InsO auf diese Erkenntnis bestens eingestellt zu sein. Bei der Reform der Insolvenzordnung im Jahre 199918 hatte sich der Gesetzgeber für die weitgehende19 gesellschaftsrechtliche Neutralität der Insolvenzordnung entschieden: Gegenstand der Haftung sei das Vermögen des Schuldners, nicht dessen gesellschafts- oder verbandsrechtliche Organisation.20 Die Trennung des Unternehmens von seinem Rechtsträger im Wege der sogenannten übertragenden Sanierung21 wurde als ausreichend für die Erreichung des Ziels der Gläubigerbefriedigung erachtet.22 Aus diesem Grund sah man – entgegen den Vorschlägen der Insolvenzrechtskommission23 und trotz kritischer Stimmen24 – davon ab, einen gesetzlichen Eingriff in die Gesellschafterrechte im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens zu ermöglichen.25 Die 17 Dies erkennt auch der Gesetzesentwurf zum ESUG an: RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 17 r. Sp. Auch Madaus, ZGR 2011, 749, 753. 18 Am 1.1.1999 ist die Insolvenzordnung (InsO) und ihr Einführungsgesetz (EGInsO) in Kraft getreten (§ 335 InsO, Abs. 1 EGInsO), BGBl. I 1994, S. 2866. Die Insolvenzordnung löste die Konkursordnung von 1877, die Vergleichsordnung von 1935 und die Gesamtvollstreckungsordnung in der Fassung von 1991 als geltendes Insolvenzrecht ab; zur Reform Gottwald, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch § 1 Rn. 1, 23 ff. m.w. N. 19 Punktuell sah bereits die Insolvenzordnung von 1999 Schnittstellen von Insolvenzund Gesellschaftsrecht vor, hierzu etwa Haas, NZG 2012, 961 f. 20 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 83 r. Sp.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 308 ff.; Gottwald, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 1 Rn. 39; Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 10 ff. Vgl. auch Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan, S. 118 („gesellschaftsrechtliche Abstinenz“ der InsO). 21 Der Begriff als Bezeichnung für die Veräußerung des Unternehmens als funktionierende Einheit geht zurück auf K. Schmidt, ZIP 1980, 328, 336. 22 Begr. RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 83 r. Sp.; auch Stürner zweifelte schon im Jahre 1982, ob es neben der übertragenden Sanierung überhaupt noch eines anderen Sanierungsinstruments bedarf, ZIP 1982, 761 ff.; vgl. auch Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637. 23 Die 1978 eingesetzte Kommission für Insolvenzrecht schlug vor, die Maßnahmen auf finanzwirtschaftlicher Seite (z. B. Forderungsverzichte) um gesellschaftsrechtliche Reorganisationsmaßnahmen zu ergänzen. Hierfür konnten gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahmen in den Insolvenzplan aufgenommen werden und eine fehlende Zustimmung der Gesellschafter von dem Insolvenzgericht ersetzt werden (sog. Ersetzungsbefugnis des Insolvenzgerichts). Ausgehend von der Annahme der Wertlosigkeit der Gesellschaftsanteile in der Insolvenz wurde den Anteilseignern kein schützenswertes Interesse an einem Verbleib in der Gesellschaft zugestanden, BMJ, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Leitsatz 2.2.20 und 2.4.9.5, S. 16, 42, 59, 152 ff., 180 ff., 278 ff.; eingehend auch H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 315 ff. 24 Stellungnahme des Gravenbrucher Kreises zum RegE InsO, Gravenbrucher Kreis, ZIP 1989, 468, 471 („gesellschaftsrechtliche ,Neutralität‘ des Diskussionsentwurfes erweist sich [. . .] als sanierungsfeindlich“). 25 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 83 r. Sp. („Gegenstand der Haftung ist das Vermögen des Schuldners und nicht seine gesellschafts- oder verbandsrechtliche Organisation. Der Entwurf sieht deswegen keine insolvenzrechtlichen Eingriffe in die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Schuldners vor. Kommen die für eine Sanierung des

I. Ausgangspunkt

25

übertragende Sanierung hat sich aber in manchen Fällen als Alternative erweisen, die nicht frei von Nachteilen ist.26 So verhindert die Veräußerung des Unternehmens in der Krisensituation unter Zeitdruck oftmals zu Lasten der Gläubiger, dass ein bestmöglicher Preis erzielt wird.27 Es mangelt – insbesondere bei Nischenunternehmen – an einem optimalen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Ein potentiell kaufinteressierter Konkurrent wird in Kenntnis des Zeitdrucks auf einen möglichst niedrigen Kaufpreis spekulieren. Fällt die Insolvenz in einen Abschwung oder eine Rezession, erschwert zudem das allgemeine wirtschaftliche Umfeld die Suche nach einem Käufer oder die Erzielung eines optimalen Kaufpreises. Zudem trägt bei der übertragenden Sanierung der Käufer das Prognoserisiko hinsichtlich der Unternehmensbewertung; dies mindert ebenfalls die Zahlungsbereitschaft.28 Des Weiteren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass im Einzelfall eine Reorganisation des Unternehmens unter Beibehaltung des bisherigen Rechtsträgers im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzquoute vorteilhafter sein kann als eine übertragende Sanierung.29 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der gegenüber dem Liquidationswert erhöhte Fortführungswert aus rechtsträgerspezifischen – und damit nicht übertragbaren30 – Genehmigungen, Berechtigungen, Lizenzen, langfristigen Verträgen (z. B. Mietverträge beim filialisierten Einzelhandel31), steuerlichen Verlustvorträgen oder Schuldnerunternehmens erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen nicht zustande, bleibt es den Gläubigern unbenommen, den Fortführungswert des Schuldnervermögens im Wege einer übertragenden Sanierung zu realisieren.“); zum Gesetzgebungsprozess H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 318 ff.; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1519 ff. 26 Zu den Leistungsgrenzen der übertragenden Sanierung etwa Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1420. 27 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 32, 36 ff.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 283 f.; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637 weisen darauf hin, dass der – nach § 1 InsO eindeutig den Gläubigern zugewiesene – Fortführungswert sich im Gegensatz zu vielen anderen vermögenswerten Positionen keine Verkörperung aufweist, sondern sich aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ergibt; eine „vermögensrechtliche Zuweisung nach sachenrechtlichen Grundsätzen“ scheitere insoweit am „der Anlehnung des Insolvenzrechts an den Atomismus des Sachenrechts“. Auch Braun, in: FS Fischer, S. 53, 61. Dagegen Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 13 (Zirkelbeweis). 28 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 40; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 283 f.; Hirte, ZGR 2010, 147, 153. 29 Statt vieler Braun, in: FS Fischer, S. 53, 62 m.w. N. 30 Vgl. hierzu die Versuche mittels (partieller) Universalsukzession bei Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422 ff., und über § 25 HGB (analog): Noack/Bunke, KTS 2005, 129, 129 ff.; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 462 ff. Zustimmend Brinkmann, WM 2011, 97, 102. Siehe indes die Kritik von Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1414 (beschränkte Vertragsüberleitung von Schuldverhältnissen erfasst nicht Lizenzen und öffentlichrechtliche Genehmigungen) und Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseigner im Insolvenzverfahren, S. 89 ff. 31 Anschaulich Braun, in: FS Fischer, S. 53, 63 ff.; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572.

26

A. Einleitung

anderen Vermögenspositionen resultiert, die an den Rechtsträger gebunden sind und im Falle der Trennung verloren gehen.32 Eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung erfordert in diesen Fällen einen Zugriff auf den sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebenden Vermögenswert.33 Auf den ersten Blick ist ein Debt Equity Swap in solchen Fällen ein vorteilhaftes Sanierungsinstrument. Eine Reorganisation mittels Debt Equity Swap sieht vor, dass die Gläubiger ihre gegen die Schuldnergesellschaft gerichteten Forderungen gegen Anteilsrechte der Gesellschaft eintauschen und dadurch in die Gesellschafterstellung einrücken. Aus Gläubigern werden Anteilseigner. Der Debt Equity Swap ist dort besonders aussichtsreich, wo die Schuldnergesellschaft ein tragfähiges – durch singuläre Ereignisse beeinträchtigtes – Geschäftsmodell sowie einen hohen Verschuldungsgrad aufweist.34 Die Gläubiger erachten den Fortführungswert höher als den Liquidationswert und glauben an das Restrukturierungspotenzial. Bei der Durchführung des Debt Equity Swap sind zwei verschiedene Strukturen denkbar. In Betracht kommen einerseits eine Übertragungs- und andererseits eine Einbringungskonstruktion. Im ersten Fall übertragen die Altgesellschafter die Gesellschaftsanteile (sogenannter share deal) an die Gläubiger, die im Gegenzug der Gesellschaft im Rahmen eines Erlassvertrages die Forderungen erlassen.35 In der zweiten Variante bringen die Gläubiger die Forderungen im Zuge eines Kapitalschnitts – also einer Kombination von nomineller Kapitalherabsetzung und effektiver Kapitalerhöhung – als Sacheinlage ein. Nach Abtretung und Einbringung erlöschen die Forderungen durch Konfusion.36 Letztere Variante bietet sich als Instrument zur Sanierung einer überschuldeten Gesellschaft besonders an. Durch den Kapitalschnitt wird die Bilanz an die erlittenen Verluste angepasst und diese den Altgesellschaftern zugewiesen.37 Die Einbringung der Forderungen sorgt für eine bilanzielle Sanierung des Unternehmensträgers. Die Fremdkapitalbelastung wird verringert, die Eigenkapitalquote 32 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 43 ff.; ders., in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 7; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 301 ff.; Bitter, ZGR 2010, 147, 157 ff.; Verse, ZGR 2010, 299 ff.; Bitter/ Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff.; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518 (Fn. 12). Zur vergaberechtlichen Nachteilen einer übertragenden Sanierung im Gegensatz zu einer rechtsträgererhaltenen Sanierung Hübner/Frauer, NZBau 2011, 142, 145 f. (Übertragende Sanierung löst Neuausschreibungspflicht aus); differenzierend Brinkmann, WM 2011, 97, 102 f. 33 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506; Bitter, ZGR 2010, 147, 157 ff.; Bitter/ Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 302 f.; Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan, S. 44 ff.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412. 34 Redeker, BB 2007, 673, 673; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 425 („turn-around-Kandidaten“); Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638. 35 Statt vieler Meyer/Degener, BB 2011, 846, 847 m.w. N. 36 Statt vieler Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589. 37 Vgl. zum Vorteil einer Kapitalherabsetzung nur Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 561, 562.

I. Ausgangspunkt

27

erhöht und die Belastungen für Zinsen und Tilgung entfallen.38 Schon in der Vergangenheit wurde daher der Debt Equity Swap als Sanierungsinstrument erwogen, ihm jedoch nicht selten mit Skepsis begegnet.39 Ausgehend von den positiven Erfahrungen im angelsächsischen Rechtsraum40 erfreut sich der Debt Equity Swap jedoch nach anfänglicher Zurückhaltung41 zunehmend auch im deutschen Rechtsraum einer steigenden Beliebtheit.42 Rechtswissenschaftliche Literatur und Praktiker erkennen die Vorteile an.43 Der Gesetzgeber sieht im Debt Equity Swap seit Neuestem ebenfalls ein geeignetes und zentrales Instrument zur Unternehmenssanierung.44 Die Einbringungskonstruktion barg in der Vergangenheit jedoch besonderes Konfliktpotenzial. Die zur Durchführung des „Forderungstauschs“ erforderlichen Kapitalmaßnahmen sind satzungsändernde Maßnahmen, die – ebenso wie der für die Fortführung der Gesellschaft erforderliche Fortsetzungsbeschluss – der Zustimmung der Gesellschafter bedürfen. Ohne ihre Zustimmung war der Debt Equity Swap daher nicht durchführbar45, was ihnen – trotz Überschuldung der 38

Eingehend zu den Vorteilen unter B.IV.1. Insbesondere K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 522 („kein förderungswürdiges Sanierungskonzept“); Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.271 („praktisch unüberwindbare rechtliche Risiken“); Kestler/Striegel/ Jesch, NZI 2005, 417, 422 („nach deutschem Recht nicht möglich“); dagegen Vallender, NZI 2007, 129, 133. 40 Siehe nur Chatterji/Hedges, Loan Workout And Debt For Equity Swaps, passim; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107. Nicht verkannt wird, dass die Sanierung mittels Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen im Rahmen einer Kapitalerhöhung dem deutschen Recht nicht unbekannt war; statt vieler Geßler, in: FS Möhring, S. 173 ff. 41 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 587; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 293 („Tausch in Genussscheine vorzugswürdig“). 42 So haben die Veröffentlichungen zum Thema Sanierung mittels Debt Equity Swap im Zuge der Finanzkrise stark zugenommen. Auch haben vermehrt Unternehmen einen Debt Equity Swap im Rahmen ihrer Sanierungsbemühungen durchgeführt, siehe Beispiele aus der Transaktionspraxis bei Carli/Riedl/Mückl, ZIP 2010, 1737 ff. und die medienwirksamen Insolvenzen der Pfleiderer AG, Conergy AG, centrotherm photovoltaics AG, Centrosolar Group AG, Praktiker AG, IVG Immobilien AG. Unlängst Kremers/ Hoffmann, ZInsO 2013, 289, 290; Pleister, GWR 2013, 220, 221 f. 43 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 398 f.; Undritz, ZGR 2010, 201, 210 („gängiges Werkzeug bei der Gestaltung eines Insolvenzplans“); Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638 (häufig eingesetzte Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals); K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 567 („Modethema“). 44 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 l. Sp. (Begr. zu § 225a InsO). 45 Die Vorschrift des § 254 Abs. 1 Hs. 2 InsO aF sah vor, dass die Gesellschafter freiwillig zur Abtretung ihrer Gesellschaftsanteile bereit sind, vgl. die Kritik von Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 458 („Schönwettervorschrift“). Die gesellschaftsrechtliche Neutralität der InsO u. a. kritisierend: K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 144 ff.; Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 582 f.; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 217 Rn. 60; a. A. H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 372 ff.; Pujol, Die Sanierung der Schuldnerge39

28

A. Einleitung

Gesellschaft – nach ganz überwiegender Auffassung46 ein „strategisches Blockadepotenzial“ oder „Erpressungspotenzial“ 47 bei Reorganisationen einräumte.48 Ein solches Blockadepotenzial der bisherigen Anteilseigner besteht bei der übertragenden Sanierung nicht, da der Insolvenzverwalter zur Veräußerung des Unternehmens berechtigt ist und es keiner Zustimmung der Anteilseigner bedarf.49 Trotz des Bestrebens des Gesetzgebers mit der Insolvenzrechtsreform von 1999 das deutsche Insolvenzrecht sanierungsfreundlicher zu gestalten, scheiterten erfolgsversprechende Sanierungen häufig an diesen Rahmenbedingungen.50 Auch wenn es vereinzelt erfolgreich abgeschlossene Planverfahren gab51, so galt das Insolvenzplanverfahren, insbesondere im Vergleich zu seinem amerikanischen Vorbild, dem Chapter 11-Verfahren, als zu unflexibel und schwerfällig.52

sellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 7 ff. 46 Hierzu unter E.II.1.a). 47 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 541; ders., ZIP 2010, 649, 652; Thies, in: HambKomm-InsO, Vorbem. § 217 ff. Rn. 2d f.; Verse, ZGR 2010, 299, 301 jew. mit anschaulichen Beispielen; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; überschießend Braun, in: FS Fischer, S. 53, 69 (Blockade erfüllt Tatbestand des § 253 StGB). Nach Balz, ZIP 1988, 1438, 1441, soll der Fortführungsbonus, d.h. die Differenz zwischen Fortführungs- und Liquidationswert, nicht nach den Grundsätzen der zivilrechtlichen Haftung zugeteilt werden, sondern Gegenstand von Verhandlungen zwischen Schuldnern und Gläubigern sein. In diesem Sinne auch H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367. 48 Die damit verbundenen Probleme führten dazu, dass ein Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren als entweder unmöglich galt, oder zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Altgesellschafter führte, vgl. Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518; Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1421; R. Paulus, DZWiR 2008, 6 f. Kritik auch bei Richter, ECFR 2009, 358, 361. 49 § 179a AktG findet auf Veräußerungen durch den Insolvenzverwalter keine Anwendung, siehe Verse, ZGR 2010, 299, 301; Bitter, ZGR 2010, 147, 156; Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1421; Brinkmann, WM 2011, 97, 98. Vgl auch Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.7 f. 50 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 1. Ihre Zustimmung zu notwendigen satzungsändernden Maßnahmen ließen sich die Gesellschafter nicht selten mit Zugeständnissen der Gläubiger erkaufen, die außer Verhältnis zu den wirtschaftlichen Realitäten stand, etwa Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1517 f.; Bitter ZGR 2010, 147, 150 ff. 51 In den letzten Jahren fanden nur in 2–3 Prozent der eröffneten Verfahren Insolvenzpläne Verwendung, Undritz, ZGR 2010, 201, 208 ff.; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 109 f. Auf den überdurchschnittlichen Erfolg dieser Verfahren weist Günther, ZInsO 2012, 2037, 2038, hin. Vgl. aber auch Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 59 („[. . .] erschreckend, wie wenig und wenig genaues statistisches Material über Insolvenzen und Sanierungen vorliegt; eine mit Zahlen unterlegte Diskussion ist damit für Deutschland eigentlich gar nicht möglich.“). 52 Gottwald, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 1 Rn. 66. Insoweit haben sich die Anforderungen an eine Rechtsordnung im internationalen Wettbewerb der Rechtsordnungen verschoben. Nicht nur das Steuerrecht, auch das Insolvenzrecht sieht sich diesem Wettbewerb ausgesetzt, Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 131 f.; ders., ZGR 2006, 467 ff.; ders., Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insol-

I. Ausgangspunkt

29

Deutsche Unternehmen versuchten aus diesem Grund mittels forum shopping durch Verlegung ihres Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen (besser als englisches Akronym COMI bekannt) nach Art. 3 EuInsVO ihre Reorganisationsbemühungen dem Geltungsbereich ausländischen Insolvenzrechts, insbesondere des Rechts von England und Wales, zu unterwerfen, das als sanierungsfreundlicher gilt.53 Manche Beobachter sahen durch diese Flucht der Schuldner den Insolvenzstandort Deutschland in Gefahr.54 Zumindest im Hinblick auf den Debt Equity Swap gegen den Willen der Gesellschafter waren die Befürchtungen jedoch diffus, da häufig schlichtweg verkannt wurde, dass das Insolvenzrecht von England und Wales im Rahmen eines Company Voluntary Arrangement (CVA) einen Debt Equity Swap gegen den Willen der Altgesellschafter (sogenannter cram down) gerade nicht ermöglicht.55 Der Gesetzgeber hat auf diese Kritik hin und als Reaktion auf die Erfahrungen aus der Finanzkrise Ende 2011 das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanie-

venzrecht, S. 8 f.; ders., ZIP 2010, 649, 651 f.; Hölzle, KTS 2011, 291 ff.; RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp. 53 Obwohl Einzelfälle („Schefenacker“, „Deutsche Nickelwerke AG“, „Hans Brochier“) mit fragwürdigem Erfolg geblieben, sorgten diese Fluchten ins Ausland für viel Aufmerksamkeit, vgl. Hölzle, KTS 2011, 291, 292 ff.; Gebler, NZI 2010, 665, 666; Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 545 f., Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 9 f.; ders., KTS 2009, 137, 141; R. Paulus, DZWIR 2008, 6 ff.; C. Paulus, DB 2008, 2523 f.; Vallender, NZI 2007, 129, 129 f.; aus der Wirtschaftspresse etwa nur Handelsblatt vom 27.6.2011, (URL: http:// www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/insolvenzgeschaeft-pleitefaellewandern-nach-london-aus/4326762.html – Stand: August 2014). Auch der Gesetzgeber verweist auf diese Fluchten, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 17 l. Sp. 54 Vallender, NZI 2007, 129, 130 f. (Gefahr für den Wirtschafts- und Insolvenzstandort Deutschland); Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 56; relativierend aber Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545, 546 (geringerer Wettbewerbsdruck als wahrgenommen). 55 Dies verkennen etwa Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1736; ders., in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 6; Weller, ZGR 2008, 835, 841; Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 51; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 252; ders., NZI 2012, 905, 906; Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 69; Geldmacher, ZInsO 2011, 353, 365; Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 127 f. Zumindest ungenau Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1932; Gebler, NZI 2010, 665, 668; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 3; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 0.20a. Dagegen aber richtigerweise – die Nichtdurchsetzbarkeit gesellschaftsrechtlicher ZwangsStrukturmaßnahmen im Rahmen eines CVA erkennend – Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 3; Westpfahl, ZGR 2010, 385, 407 (Fn. 72); Westpfahl/Knapp, ZIP 2011, 2033, 2038; Flessner, in: FS Raiser, S. 827, 835; wohl auch Hölzle, KTS 2011, 291, 317 u. 323. Jetzt auch Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 83. Vallender, NZI 2007, 129, 133 weist richtigerweise darauf hin, dass die geringeren gesellschaftsrechtlichen Risiken der Grund dafür gewesen sein dürften, dass die Umwandlung von Forderung von Fremd- in Eigenkapital den ausländischen Rechtsordnungen unterstellt wurde. Zur Sanierung deutscher Gesellschaften über ein englisches Scheme of Arrangement Eidenmüller, ZIP 2011, 2033 ff.

30

A. Einleitung

rung von Unternehmen (im Folgenden „ESUG“) beschlossen.56 Das am 1.3.2012 in Kraft getretene Gesetz beinhaltet – unter anderem57 – einen Paradigmenwechsel.58 Von nun an ist die weitgehende gesellschaftsrechtliche Neutralität der Insolvenzordnung aufgehoben.59 Gegenstand der Haftung ist neben dem Vermögen des Schuldners auch seine gesellschaftsrechtliche Organisation.60 Die Gesellschaftsanteile können in das Insolvenzplanverfahren einbezogen werden. Eingriffe in die Gesellschafterstruktur sind vorgesehen und mithin sind auch die zur Durchführung eines Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren erforderlichen Kapitalmaßnahmen gegen den Willen der Anteilseigner gesetzlich möglich, §§ 225a, 245, 246a InsO. Der Gesetzgeber will hiermit die sanierungsfeindliche Blockadeposition der Altgesellschafter entschärfen.61 Damit hat sich die Insolvenzordnung noch weiter ihrem Vorbild, dem US-amerikanischen Reorganisationsverfahren nach Chapter 11 U.S.C., angenähert.62 Das Chapter 11-Verfahren ist von je her geprägt von dem Vorrang des Insolvenzrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht, im Reorganisationsplan können mit gestaltender Wirkung gesellschaftsrechtliche Maßnahmen getroffen werden.63

56 BGBl. 2011 I S. 2582. Der Bundesrat hat am 25.11.2011 das vom Bundestag am 27.10.2011 verabschiedete Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (BR-Drucks. 679/11) entgegen der Empfehlungen seiner Ausschüsse, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen (BR-Drs. 679/1/11), angenommen (Bundesratsbeschluss, BR-Drs. 676/11(B)). 57 Das ESUG beinhaltet zahlreiche Neuerungen: die Stärkung des Gläubigereinflusses auf die Insolvenzverwalterauswahl, die Vereinfachung der Eigenverwaltung, eine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte sowie die Schaffung eine Schutzschirmverfahrens. Einen Überblick über die Änderungen geben etwa: Göb, NZG 2012, 371 ff.; Willemsen/Rechel, BB 2011, 834 ff.; dies., BB 2012, 203 ff.; Fridgen, GWR 2011, 535 ff.; Römermann, GWR 2011, 375 ff.; Frind, ZInsO 2010, 1473 u. 1524; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 632 ff. u. 693 ff. 58 So auch Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636; Göb, NZG 2012, 371, 375; vgl. auch K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 568 („radikale Rückbesinnung des Gesetzgebers auf das fast 30 Jahre alte Konzept der Insolvenzrechtskommission“); vgl. indes den – an der Sache vorbeigehenden – Widerspruch von Landfermann, WM 2012, 821, 822 (kein Paradigmenwechsel). 59 Hess, in: Hess, Insolvenzrecht, § 217 Rn. 30 („Fehler der InsO [. . .] behoben“); Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636 („Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Enthaltsamkeit“); Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1827 („Geburtsfehler“ der InsO); Haas, NZG 2012, 961 ff. 60 Dies noch ablehnend: RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 83 r. Sp. 61 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 f. 62 Vgl. nur Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1932; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 121; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1816 f.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 225a Rn. 2; insoweit Kritik von Siemon, ZInsO 2014, 172, 172 ff. 63 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 314. Zum Chapter 11-Verfahren Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vor § 217 Rn. 13 ff.; Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 217 Rn. 8 ff.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 308 ff.; Braun, in: FS Fischer; S. 53, 55 ff.

II. Gegenstand der Untersuchung

31

II. Gegenstand der Untersuchung 1. Sanierungseffizienz der InsO nach der ESUG-Reform Ob die Gläubiger eine Möglichkeit hatten, auf die Gesellschaftsanteile der Anteilseigner am Schuldnerunternehmen zuzugreifen, war bisher umstritten64 und wurde überwiegend abgelehnt65. Damit war ihnen auch ein Zugriff auf den Fortführungswert versagt, der sich aufgrund der Sanierung des Unternehmens unter Beibehaltung des bisherigen Rechtsträgers ergeben hat, wenn die Altgesellschafter nicht freiwillig aus dem Unternehmen ausschieden.66 Ihr Blockadepotenzial hatte erhebliche Auswirkungen. Im Fall der Zerschlagung oder übertragenden Sanierung würde den bisherigen Gesellschaftern – insbesondere angesichts der mit der Insolvenz verbunden Kosten – grundsätzlich kein Vermögenswert zufließen, § 199 S. 2 InsO. Bei überschuldeten Unternehmen würde nach der Durchführung des Schuldentauschs regelmäßig Gleiches gelten, da sie durch die Kapitalherabsetzung auf Null ihre Gesellschafterstellung verlieren. Die Altgesellschafter hatten demnach nichts zu verlieren. Die ihnen aus dem mitgliedschaftlichen Recht der Gesellschafterstellung zustehende Möglichkeit, satzungsändernde Maßnahmen durchzuführen (oder zu verhindern), stand daher in einem Gegensatz zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise und dem Ziel bestmöglicher Gläubigerbefriedigung in der Insolvenz.67 Denn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Schuldnerunternehmen vornehmlich Haftungsmasse zur Gläubigerbefriedigung.68 Es wird daher – ausgehend von dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise und dem Vorrang des Insolvenzrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht – untersucht, ob die Insolvenzordnung nach Reform durch das ESUG, sanierungsfreundlicher geworden ist.69 Die Einbeziehung der Gesellschafter in das Insolvenzplanverfahren erfolgte insbesondere, um einen Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren gegen ihren Widerstand zu ermöglichen. Aus diesem Grund wird der Frage nachgegangen, ob der Gesetzgeber mit dem insolvenzlichen Debt Equity Swap ein taugliches Instrumentarium geschaffen hat, dass geeignet ist, das deut-

64

Statt vieler Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 217 Rn. 16 ff. sowie unter E.II.1.a). Vgl. nur Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 217 Rn. 65 ff. 66 Etwa Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 687 f.; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506. 67 Statt vieler Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 2. 68 Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 69; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 38 („organisationsrechtliche Formalposition“); ders., in: FS Fischer, S. 53, 63 f. Dies verkennend Bormann, NZI 2011, 892, 894 (Gesellschaftsvermögen dient der Sanierung). 69 Eher skeptisch Flöther, ZIP 2012, 1833, 1833 ff. („ESUG ist nicht der große Wurf“); a. A. Meiners/Reifert, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 24 (Migration ins Ausland seltener); Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 0.7. 65

32

A. Einleitung

sche Insolvenzrecht attraktiver zu gestalten, um im Vergleich mit ausländischen und insbesondere dem angelsächsischen Insolvenzrecht zu bestehen.70 Die Sanierungsfreundlichkeit hängt entscheidend von der Planbarkeit, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit ab.71 So muss planbar sein, ob sich der Widerstand opponierender Minderheiten überwinden lässt, mit welchem Wert Forderungen eingebracht werden, in welcher Höhe ausscheidende Anteilseigner abzufinden sind, Sanierungsprivilegien greifen, Change-of-control-Klauseln die Sanierung gefährden und in welchem Umfang Anfechtungsrisiken drohen oder kapitalmarktrechtliche Folgepflichten fortbestehen. Mangelt es an Rechtssicherheit, sinkt die Sanierungsbereitschaft der beteiligten Gläubiger rapide. So mindern Risiken und Unwägbarkeiten des vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap dessen Attraktivität für die Praxis.72 Es wird untersucht, ob das ESUG für die attestierte „erhebliche Rechtssicherheit“ 73 bei dem insolvenzlichen Debt Equity Swap gesorgt hat. Es stellt sich zudem die Frage, ob eine erleichterte „Übernahme“ der Gesellschaft durch Gläubiger und Investoren rechtspolitisch erwünscht ist. Denn die Erleichterung von Sanierungen birgt das Risiko von Manipulationen und Missbrauch.74 Mahnende Stimmen erinnern an das Missbrauchspotenzial durch Investoren, die es einzig auf die Übernahme und Verwertung von Unternehmen mit

70 Für Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 56 ist die Ermöglichung eines insolvenzlichen Debt Equity Swaps zwingend notwendig um im Wettbewerb der Insolvenzsysteme zu bestehen. Zweifelnd Heinrich, NZI 2012, 235, 242. Vgl. Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 693, 698 (Spielräume für Sanierung durch ESUG merklich vergrößert); Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 71 („. . . die bisher geringe praktische Bedeutung des Debt-Equity-Swaps in der Sanierungspraxis kann sich daher ab sofort in ihr Gegenteil verkehren.“). Kritisch aber Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 520 f., die wenig Spielraum für Debt Equity Swaps sehen und weitere Erleichterungen fordern. Ebenso Pape, ZInsO 2011, 1, 2 („Verschlechterung der Sanierung durch Planverfahren“, ESUG „kaum Erfolg versprechend“); Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470 f. (Debt Equity Swap wird überschätzt). Vgl. auch H.-F. Müller, KZsW 2013, 65, 69 (überschießendes Handeln des Gesetzgebers provoziert Missbrauch). Zur Sanierungsfreundlichkeit der angelsächsischen Insolvenzrechte siehe nur Ekkenga, ZGR 2009, 581, 585 f.; vgl. zur Sanierung deutscher Gesellschaften durch ein englisches Scheme of Arrangement: Westpfahl/Knapp, ZIP 2011, 2033, 2033 ff. 71 Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 0.19 („Insolvenzverfahren gelten [. . .] als nicht planbar, Gerichtsentscheidungen sind unvorhersehbar. [. . .] gleicht zuweilen einer lebensgefährlichen Operation, bei der das Operationsteam zusammengelost wird.“). 72 Paradigmatisch der Hinweis von Piekenbrock, NZI 2012, 905, 908, angesichts der Zweifel an der Europarechtskonformität auf insolvenzliche Debt Equity Swaps gegen den Willen einer qualifizierten Altgesellschaftermehrheit zu verzichten, um Anfechtungspotenzial zu minimieren. 73 So Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 838 f. 74 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 217 Rn. 35; Siemon, ZInsO 2013, 1549 ff.; differenzierend Thole, ZIP 2013, 1937, 1944 f.

II. Gegenstand der Untersuchung

33

hoher Fremdkapitalquote abgesehen haben.75 Die Änderungen an der Insolvenzordnung werden daher dahingehend untersucht, ob sie vergrößerten Spielraum für Rechtsmissbrauch einräumen.76 2. Verhältnis von Insolvenzrecht zu Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht Die Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Neutralität wirft zudem weitreichende Fragen auf. Vor der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG war der Debt Equity Swap ein gesellschaftsrechtliches Phänomen.77 Nicht geklärt ist, in welchem Verhältnis die nun miteinander verzahnten Rechtsgebiete stehen. Gelten die außerhalb der Insolvenz für die werbende Gesellschaft geltenden Rechtssätze unverändert auch innerhalb der Insolvenz fort, oder folgt aus dem Vorrang der Gläubigerinteressen in der Insolvenz eine Beeinflussung des Gesellschaftsrechts durch das Insolvenzrecht? Angesichts des flagranten Vorrangs der Gläubigerinteressen ist fraglich, ob die gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen auch in der Insolvenz anwendbar sind oder in der Insolvenz nur ein insolvenzrechtlicher Schutz verbleibt. Die Antwort auf diese Grundsatzfrage hat erhebliche Auswirkungen für die Sanierung mittels Debt Equity Swap. So ist etwa außerhalb der Insolvenz ein Ausschluss des vor Verwässerungen schützenden Bezugsrechts bei Kapitalerhöhungen nur ausnahmsweise zulässig. Der Bezugsrechtsaussschluss unterliegt wegen seiner einschneidenden Folgen für die Gesellschafterstellung einer sachlichen Rechtfertigung, der Beschluss unterliegt materiellrechtlicher Kontrolle.78 Ob auch den Gesellschaftern einer faillierten Gesellschaft zwingend ein Bezugsrecht einzuräumen ist und diesen damit ein Verbleib in der Gesellschaft erlaubt, ist ungeklärt. Dass die im Schnittfeld von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht aufgeworfenen Fragen von großer Praxisrelevanz sind, zeigen spektakuäre Insolvenzverfahren. Zu nennen ist hier beispielweise die Insolvenz des Suhrkamp Verlages, die vermuten lässt, dass die neue gesellschaftsrechtliche Schärfe des insolvenzrechtlichen Schwertes zur Lösung gesellschaftsrechtlicher Binnenkonflikte missbraucht werden könnte.79 Auch in der Insolvenz der Pflei-

75 Vgl. nur Streit, DB Status Recht 2009, 94, 95 („Ausverkauf des deutschen Mittelstands“), Smid/Rattunde, Komm. InsO, § 221 Rn. 16; dies./Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19; H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 69 („Missbrauch durch unseröse Investoren“); Brinkmann, WM 2011, 97, 100 f.; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 431; Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff. 76 Hierzu unter E.III.3.d). 77 Etwa K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 567 f. 78 Etwa Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 457 ff.; Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 71; Servatius, in Spindler/Stilz, AktG, § 186 40 ff. jew. m.w. N. 79 Hierzu unter E.III.3.d) und Thole, ZIP 2013, 1937 ff.; Möhlenkamp, BB 2013, 2828 ff.

34

A. Einleitung

derer AG und der IVG Immobilien AG waren Anwendung und Reichweite des „neuen Insolvenzrechts“ umstritten. Die Möglichkeit der Einbeziehung der Anteilsrechte80 in das Planverfahren zeigt die Querwirkungen des Insolvenzrechts zu anderen Rechtsgebieten auf. So sind Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht eng miteinander verknüpft. Das Gesellschaftsrecht dient auch dem Schutz des Aktionärs als Anleger und Mitglied im Verband, das Kapitalmarktrecht sichert vorrangig die Funktionstüchtigkeit des Kapitalmarkts. Nicht immer ist jedoch eine Abgrenzung mit solcher Trennschärfe möglich: So stärkt die Angebotspflicht nach § 35 WpÜG auch den gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz.81 Angesichts dessen wird untersucht, ob die neuen insolvenzrechtlichen Möglichkeiten auch Auswirkungen auf kapitalmarktrechtliche Vorschriften haben und es zu einer Überlagerung kommt. Auch im Hinblick auf die Reorganisation von Schuldverschreibungen und dem Sanierungssteuerrecht wird geprüft, ob Abstimmungsbedarf de lege ferenda besteht. Die Ausdehnung der insolvenzrechtlichen Haftung auf die Anteilsrechte könnte zudem für die Erfolgsaussichten von Sanierungen abträglich sein. Denn der Zeitpunkt des Beginns der Sanierungsbemühungen und insbesondere der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind von ausschlaggebender Bedeutung. Zu späte Verfahrenseinleitungen sind ein Hauptgrund für das Scheitern von Sanierungen.82 Es wird daher auch untersucht, ob die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren und damit die Möglichkeit, die Altgesellschafter aus der Gesellschafterstellung heraus zu drängen, frühzeitige Verfahrenseinleitungen verhindert. Angesichts eines drohenden Eingriffs in ihre Anteilsrechte könnten Anteilseigner noch seltener geneigt sein, mit frühzeitigen Insolvenzanträgen die Verwirtschaftung der Masse zu verhindern, und damit Sanierungen noch weiter erschweren. 3. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht Die Einbeziehung der Anteilseigner in das Insolvenzplanverfahren und die Unterwerfung unter das Obstruktionsverbot des § 245 InsO wirft auch die Fragestellung auf, ob die Ausdehnung der Haftung auf die gesellschaftsrechtliche Organisation des Schuldners den Vorgaben des Europarechts und Grundgesetzes gerecht wird. Im Streben nach mehr Sanierungsfreundlichkeit bewegt sich der Gesetzgeber insoweit im Spannungsfeld zwischen der Erweiterung der Sanierungsmög80 Ein Anteilsrecht ist die gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Rechtsträger und mithin die vermögensmäßige Beteiligung am Unternehmen, vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 5. 81 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 35 WpÜG, § 35 Rn. 6 ff., auch zu der (umstrittenen) Frage der rechtssystematischen Einordnung (Einordnung als gesellschaftsrechtliche Ausprägung einer konzernrechtlichen Eingangskontrolle oder kapitalmarktrechtliches Institut). 82 Etwa Hölzle, KTS 2011, 291, 295.

II. Gegenstand der Untersuchung

35

lichkeiten und dem Schutz der Interessen der Altgesellschafter. Schon Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einbeziehung von Gesellschaftern in das Insolvenzplanverfahren kann sanierungswillige Gläubiger von der Teilnahme an einem Debt Equity Swap abhalten und die Attraktivität von Sanierungen schmälern, solange nicht durch höchstrichterliche Rechtssprechung diese Zweifel ausgeräumt wurden.83 Ein Eingriff in die Anteilsrechte an insolventen Gesellschaften könnte etwa die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG verletzen, da auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterfallen. Des Weiteren erscheint eine Verletzung der (negativen) Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG möglich: Verbleibende Altgesellschafter sehen sich nach einem Debt Equity Swap mit neuen Mitgesellschaftern konfrontiert. Soweit es sich bei dem Schuldnerunternehmen um eine Aktiengesellschaft handelt, könnten die im ESUG vorgesehenen Änderungen des Insolvenzplanverfahrens zudem mit europarechtlichen Vorgaben aus der Kapitalrichtlinie 84 konfligieren. Diese Richtlinie setzt für Kapitalerhöhungen, den Ausschluss von Bezugsrechten und Kapitalherabsetzungen, also Maßnahmen, die für einen Debt Equity Swap paradigmatisch sind, grundsätzlich einen Beschluss der Hauptversammlung voraus, Art. 29 Abs. 1, 33 Abs. 4, 34 Kapitalrichtline (Art. 25 Abs. 1, 29 Abs. 4, 30 a. F.). Ausnahmen hiervon gibt es grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen, die der Europäische Gerichtshof in mehreren Urteilen konkretisiert hat. Die Arbeit untersucht daher die Europarechtskonformität85 und die Verfassungsmäßigkeit86 des reformierten Insolvenzplanverfahrens im Zusammenhang mit einem Debt Equity Swap. 4. Bewertung der Forderungen Bei der Einbringung von Forderungen als Einlagegegenstand handelt sich nach ganz herrschender Auffassung um Sacheinlagen.87 Aus Gründen des Gläubigerschutzes muss bei Sacheinlagen sichergestellt sein, dass der Gesellschaft auch in 83

Nur Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1051. Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments un des Rats v. 25.10.2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften i. S. d. Art. 54 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweises der EU im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der AG sowie für Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. EU Nr. L 315 S. 74). Mit der Richtlinie 2012/30/EU wurde inhaltlich unverändert die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates gem. Art. 54 Abs. 3 Buchst. g) v. 13.12.1976 zur Koordinierung von Schutzbestimmungen, ABlEG 1978 Nr. L 26, S. 1 ff., zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndRL 2009/109/EG v. 16.9.2009 (ABl. EU Nr. L 259 S. 14), abgelöst. 85 Hierzu unter E.IV. 86 Hierzu unter E.V. 87 Nur BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 f. – IBH/Lemmerz; siehe hierzu unter D.2.a) u. E.VII.1.a). 84

36

A. Einleitung

Höhe der Einlageverpflichtung Vermögenswerte zufließen.88 Die vorherrschende Meinung nimmt an, dass Forderungen im Rahmen einer Kapitalerhöhung nur in der Höhe eingebracht werden können, soweit sie werthaltig sind. Das sind sie bei Schuldnern, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden oder überschuldet sind, jedoch nach bisher herrschender Meinung nur in dem Umfang, den ein Gläubiger bei Liquidation erwarten kann.89 Die Forderungen sind daher nach herrschender Auffassung nicht mit dem Nennwert, sondern – insbesondere für den Fall der Insolvenz – mit einem ganz erheblichen Abschlag zu bewerten. Das ESUG regelt die Frage der Bewertung der einzubringenden Forderungen nicht ausdrücklich.90 Diese Arbeit untersucht, ob die vorherrschende Auffassung des „realen Wertes“ Zustimmung verdient. Nach dieser Ansicht ist eine Forderung eines Einlageschuldners gegen die Gesellschaft nur einlagefähig, soweit sie fällig, liquide und vollwertig ist.91 Diese Auffassung beruht auf dem Vergleich zur Einbringung von Forderungen gegen Dritte. Befindet sich ein Drittschuldner in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, dann ist mitunter unsicher, ob er die eingebrachte Forderung in voller Höhe erfüllt. Da bei einem Debt Equity Swap gegen die Schuldnergesellschaft selbst gerichtete Forderungen eingebracht werden, tritt die Entschuldung auch in der Höhe des Nennwerts ein. Es wird aber gezeigt werden, dass der Nennwertansatz – trotz des Konflikts mit dem ehernen Grundsatz der Kapitalaufbringung – vorzugswürdig ist.92 5. Wirkungsgrenzen des Debt Equity Swap Klar muss bei alledem aber sein, dass ein Debt Equity Swap kein Allheilmittel ist. Für eine „wirtschaftliche Gesundung“ 93 müssen zahlreiche Probleme überwunden werden. Der Verschuldungsgrad ist regelmäßig nicht monokausal für die Krise94, vielmehr ist er eines der Symptome. Nicht jede Krise kann mit einem 88

Statt vieler Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 238, 240 f. m.w. N. Statt vieler Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 29 u. 113; Märtens, in: MünchKomm-GmbHG, § 5 Rn. 127 jew. m.w. N. 90 Indes lässt die Gesetzesbegründung darauf schließen, dass der Gesetzgeber von dem Vollwertigkeitserfordernis ausging; vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f. 91 Vgl. BGH v. 13.10.1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52, 55 ff.; v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373; v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 61 – IBH/ Lemmerz; v. 18.2.1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 f. Vgl. zur Frage, ob die Fälligkeit und Liquidität der Einlagefähigkeit entgegenstehen oder nur im Rahmen der Wertbemessung zu berücksichtigen sind, Wansleben, WM 2012, 2083 ff. 92 Siehe hierzu unter E.VII.1.c). 93 Seine etymologischen Wurzeln hat der Begriff „Sanierung“ im Lateinischen sanare, das für „heilen“ bzw. „gesund machen“ steht, vgl. Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 1. 94 Eine Ausnahme können hier fremdfinanzierte Übernahmen darstellen. Bei solchen Leveraged Buy-outs können die Krisenursachen ausschließlich auf der finanzwirtschaftlichen Seite zu verorten sein, Madaus, Der Insolvenzplan, S. 16 f. 89

III. Themenbegrenzung

37

Schuldentausch abgewendet werden und es müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um einer Sanierung zum Erfolg zu verhelfen.95 Durch seine entschuldende Wirkung wirkt der Debt Equity Swap nur auf finanzwirtschaftlicher Ebene. Er kann keine Korrekturen auf der leistungswirtschaftlichen Ebene ersetzen, die notwendig sind, um das Schuldnerunternehmen wieder wettbewerbs- und renditefähig zu machen.96 So wie es bei einem leckgeschlagenen Kahn wenig Sinn macht, nur eingeschossenes Wasser herauszupumpen, ohne die Leckage zu schließen, so wenig hilft eine Entschuldung der Gesellschaft, wenn zukünftig – mangels leistungswirtschaftlicher Sanierung – weitere Verluste auflaufen.

III. Themenbegrenzung 1. Der insolvenzliche Debt Equity Swap Einer Vielzahl an Krisenursachen steht eine Vielzahl von Sanierungsinstrumenten gegenüber.97 Die Arbeit widmet sich dem Debt Equity Swap im engeren Sinne bei einer Kapitalgesellschaft im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens nach den Änderungen der Insolvenzordnung durch das ESUG. Der Debt Equity Swap galt bis zur ESUG-Reform vornehmlich als gesellschaftsrechtliche Maßnahme zur Restrukturierung außerhalb der Insolvenz, seltener wurde er innerhalb des Insolvenzverfahrens durchgeführt. Die vorinsolvenzliche Reorganisation mittels Debt Equity Swap wird in dieser Arbeit nicht eingehend untersucht, jedoch wird darauf – soweit für das Verständnis des insolvenzlichen Schuldentausches erforderlich – gelegentlich eingegangen.98 Auch wenn einer Insolvenz insbesondere in Deutschland noch das Etikett des Versagens und Scheiterns an95 Siehe nur K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 522; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572 (Fn. 89). Zusätzlich kann die Zufuhr neuer Liquidität durch Ausreichung zusätzlicher Kredite (fresh money), Rangrücktritte, Stundungsabreden, Forderungsverzichte mit und ohne Besserungsschein, Aufgabe von Sicherheiten und die Durchführung anderer Maßnahmen notwendig sein, um einen langfristigen Sanierungserfolg zu sichern; notwendig ist insoweit ein auf den Einzelfall maßgeschneidertes Sanierungskonzept, siehe Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 687 ff., 703; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 50 f. 96 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 261 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 177; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 50 f. (zu leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen). 97 Einen Überblick gibt etwa Madaus, Der Insolvenzplan, S. 7 ff. 98 Vgl. zum vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap etwa Franke, Debt Equity Swaps, passim; Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern, passim; Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, passim; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, passim; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299 ff.; Eilers, GWR 2009, 3 ff.; Ekkenga, ZGR 2009, 581 ff.; Schmidt/ Schlitt, Der Konzern 2009, 279 ff.; Drouven/Nobiling, DB 2009, 1895 ff.; Redeker, BB 2007, 673 ff.; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 561 ff.; Carli/Rieder/Mückl, ZIP 2010, 1737 ff.; Mückl, FR 2009, 497 ff.; Krolop, GmbHR 2007, 117 ff.

38

A. Einleitung

haftet99, kann eine Reorganisation im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens der wirksamste Weg sein, ein Unternehmen zu sanieren, wengleich die vorinsolvenzliche Sanierung viele Vorteile bietet100: Vorinsolvenzliche Sanierungen gelten als zeit- und kostensparender als die Durchführung eines Insolvenzverfahrens101; eine geringere Publizitätswirkung sorgt im Einzelfall für ein Mehr an Diskretion.102 Die direkten und indirekten Kosten der Insolvenz sind regelmäßig deutlich höher als die Kosten einer vorinsolvenzlichen Sanierung.103 Insolvenzverfahren hingegen lassen sich nicht diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen.104 Der Makel der Insolvenz führt zu Vertrauensverlust auf Seiten von Kunden, Lieferanten und anderen Geschäftspartnern. Wettbewerber versuchen, dem insolventen Unternehmen Marktanteile und Mitarbeiter abzuringen.105 Der Markt- bzw. Börsenwert des Unternehmens sinkt bei drohender Insolvenz drastisch.106

99 Vgl. nur Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 217 Rn. 17; für eine neue „Insolvenzkultur“ in Deutschland plädierend: Vallender, NZI 2010, 838 (unter Verweis auf die Rede der damaligen Bundesministerin der Justiz Leutheusser-Schnarrenberger auf dem 7. Deutschen Insolvenzrechtstag in Berlin am 17.3.2010); Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 517; C. Paulus, WM 2011, 2205, 2205 ff.; ders., ZGR 2005, 309, 310; siehe auch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum ESUG, BT-Drucks. 17/7511, S. 4; „erste Anzeichen für einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung“ beobachtet indes Undritz, ZGR 2010, 201, 202; ebenso Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 0.3; zu den historischen Wurzeln dieses „Makel des Konkurses“ Uhlenbruck, in: FS Gerhardt, S. 979 ff. 100 Auch aus diesen Gründen wird immer wieder die Einführung eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens gefordert, vgl. unlängst etwa: Geldmacher, ZInsO 2011, 353 ff.; Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57 ff. Vgl. auch Hirte, ZGR 2010, 224 ff. (Überlegenheit eines außerinsolvenzlichen, gesellschaftsrechtlich ausgerichteten Sanierungsverfahrens). Dagegen – mit den überzeugenderen Argumenten – etwa Hölzle, NZI 2010, 207, 207 ff.; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 154 f.; ders., KTS 2011, 291, 296; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604. 101 Siehe nur H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 263 f.; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 3 u. 26 jew. m.w. N.; Hölzle, NZI 2010, 207; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 331 ff. 102 Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 11; Hölzle, NZI 2010, 207. 103 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 331 ff., 405 f.; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 153; Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.1; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 585 f.; relativierend aber H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 264 (hohe Beratungskosten bei außerinsolvenzlicher Sanierung). 104 Bork, ZIP 2010, 397 ff.; Hölzle, NZI 2010, 207. 105 Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 6; P. Mückl, ZIP 2012, 1642, 1642 ff.; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 425 („Imageund Wertverlust“); Schuster, ZGR 2010, 325, 326 („Ruf- und Marktschädigung“); aber Siemon, ZInsO 2013, 1549, 1555 (negative Geschäftsentwicklung ist Folge von rationalem Verhalten der Marktteilnehmer, nicht der Stigmatisierung durch Insolvenz). 106 Madaus, Der Insolvenzplan, S. 37 f.

III. Themenbegrenzung

39

Die Insolvenz bietet jedoch für ein Reorganisationsvorhaben auch nicht zu unterschätzende Vorteile.107 Das Insolvenzgeld, also die dreimonatige Fortzahlung der Löhne nach Insolvenzantrag durch die Agentur für Arbeit, verschafft dringend benötigten wirtschaftlichen Freiraum.108 Unvorteilhafte Verträge (§§ 103 ff. InsO) und Pensionsverpflichtungen können in einem Insolvenzverfahren abgestreift werden.109 Haftungs- (etwa § 15a Abs. 1 InsO) und Anfechtungsrisiken (§§ 129 ff. InsO) sind reduziert.110 Während des Insolvenzverfahrens ist die Zwangsvollstreckung untersagt, § 89 InsO, und es droht kein Entzug von notwendigem Betriebsvermögen durch die Gesellschaftsgläubiger.111 Bei der Sanierung mittels Insolvenzplan können steuerliche Vorteile genutzt werden, indem etwa Verlustvorträge (§ 10d Abs. 2 EStG, § 8 Abs. 4 KStG) erhalten bleiben können oder – mangels Eigentumswechsel – die Grunderwerbssteuer entfällt.112 Ein besonders hohes Ausmaß an Illiquidität oder Überschuldung und eine Vielzahl von Gläubigern mit unterschiedlichen Interessen schmälern die Erfolgsaussichten für – zwingend erforderliche113 – konsensuale Lösungen im Rahmen einer freien Sanierung, in dessen Rahmen abweichende Akkordstörer nicht majorisiert werden können.114 Im Insolvenzplanverfahren können obstruierende Akkordstörer hingegen auch gegen ihren Willen zur Teilnahme am Insolvenzplan gezwungen werden (§§ 244 ff. InsO). Trotz des (noch) mit der Insolvenz verbundenen Ansehensverlustes kann daher eine Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens der bessere, weil aussichtsreichere Weg sein.115 107 Eine Übersicht findet sich etwa bei Häfele, Die Treuepflicht bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 114 ff. Eingehend zu den Vor- und Nachteilen auch Madaus, Der Insolvenzplan, S. 47 ff. sowie Liebig/Witt, DB 2011, 1929 ff. 108 Liebig/Witt, DB 2011, 1929, 1932; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 47. 109 Liebig/Witt, DB 2011, 1929, 1932 f.; Ehlers, ZInsO 2010, 257, 258 f.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 303 (Insolvenz als Chance für effektives Vertragsmanagement). 110 Hölzle, NZI 2010, 207; Liebig/Witt, DB 2011, 1933. 111 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.2; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 0.11. 112 Reg ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 l. Sp. Im Vergleich zur außerinsolvenzlichen übertragenden Sanierung: Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. InsO Rn. 7; ders., Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 43 f.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 302 f. 113 Ein Sanierungsvergleich setzt als Vertrag i. S. d. § 779 BGB die Zustimmung jedes durch ihn gebundenden Beteiligten voraus, BGH v. 12.12.1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319, 319 ff. – coop. Zu der komplexen Motiv- und Interessenlage auf Gläubigerseite etwa Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 344 ff. 114 Nur etwa Hess, in: Hess, Insolvenzrecht, Vor § 217 Rn. 2; Bork, ZIP 2010, 397, 400; Hölzle, NZI 2010, 207. Zur „Akkordstörer“-Problematik BGH v. 12.12.1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319, 319 ff. – coop; ablehnend Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 584 ff., 627, 840; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 154 f.

40

A. Einleitung

Nicht aus den Augen wird verloren, dass der Debt Equity Swap nicht nur ein Instrument der Unternehmenssanierung ist, sondern auch zur Kreditstrukturierung und Optimierung der Kapitalstruktur eingesetzt werden kann.116 Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens spielt dieser Aspekt des Schuldentauschs indes nur eine untergeordnete Rolle. 2. Fokussierung auf AG und GmbH Das Insolvenzplanverfahren ist nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Auch für die Sanierung rechtsfähiger Personengesellschaften kommt ein Insolvenzplan in Betracht.117 Die Untersuchung bleibt aber auf den Debt Equity Swap bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung begrenzt.118 Das ist vor allem darin begründet, dass die Kapitalgesellschaften durch ihre beschränkte Haftungsmasse deutlich häufiger Gegenstand von Sanierungsvorhaben sind.119 Zudem setzt ein Schuldentausch eine kapitalbasierte Gesellschaftsstruktur voraus, wie bei Kapitalgesellschaften i. S. d. §§ 264 ff. HGB.120 Des Weiteren ist der Umtausch von Fremd- in Eigenkapital mitunter zeit- und beratungsintensiv und bereits aus diesem Grund mit höheren Kosten verbunden.121 Daher wird die Durchführung eines Debt Equity Swap vornehmlich größeren Insolvenzverfahren vorbehalten sein, und diese betreffen ganz überwiegend Kapitalgesellschaften. 122 115 Hess, in: Hess, Insolvenzrecht, Vor § 217 Rn. 2; Uhlenbruck, in: Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.2 ff.; einschränkend Vuia, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 4 Rn. 25; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 44. 116 Vgl. Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 425. 117 So sieht § 225a Abs. 5 InsO ausdrücklich vor, dass die Regeln für juristische Personen und für „Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit“ gelten und demnach auch in diesen Fällen ein Debt Equity Swap vorgesehen werden kann, vgl. K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 570. Seit 1.7.2014 steht das Planverfahren auch jeder natürlichen Person offen, nur Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 31 ff. 118 Zum Debt Equity Swap bei Personengesellschaften etwa K. Schmidt, ZGR 2012, 566 ff.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 38 ff.; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 ff. 119 Vgl. etwa Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508; Mavridis, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 124, 134; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572 (Fn. 92). 120 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 12 (Ganz vorrangig bei AG und GmbH), vgl. aber auch Buth/Hermanns, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 16 Rn. 48 (Insolvenzlicher Swap auch bei Personengesellschaften). 121 Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1840; Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 27. 122 Karollus, ZIP 1994, 589 f.; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 56; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 545; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1840; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 5; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11. Für das Chapter 11-Verfahren konstatiert das auch Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 217 Rn. 53. Dass dies nicht immer der Fall sein muss, zeigte

III. Themenbegrenzung

41

3. Ökonomische Sinnhaftigkeit des Debt Equity Swap Die Arbeit beschäftigt sich mit der rechtlichen Umsetzung des Debt Equity Swap. Naturgemäß kann keine Aussage getroffen werden, ob im Einzelfall ein Debt Equity Swap das geeignete Sanierungsinstrument ist. Diese Beurteilung obliegt den entscheidenden Beteiligten und setzt eine umfassende betriebswirtschaftliche Ursachen- und Schwachstellenanalyse voraus.123 Die Sanierung ist vorrangig eine unternehmerische Aufgabe124, und der Debt Equity Swap ist ein Instrument unter vielen zur Sanierung eines Unternehmens. Die Sanierung des Unternehmens mittels Debt Equity Swap ist ein Resultat ökonomischer Vernunft im Einzelfall: Sind die Beteiligten von der Sanierungsfähigkeit nicht überzeugt, scheuen sie die mit den Schuldentausch verbundene Komplexität oder die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Herausforderungen und Schwierigkeiten werden sie im Einzelfall anderere Sanierungsmöglichkeiten vorziehen125, oder von einer Sanierung absehen und sich für den Marktaustritt der Schuldnerin entscheiden. Auch geht die Untersuchung davon aus, dass der jeweilige Gläubiger rational handelt und im Hinblick auf seine Gläubigerstellung einen größtmöglichen Werterhalt anstrebt. Das Insolvenzrecht geht davon aus, dass der Gläubiger Interesse an der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens hat. Dies ist angesichts der Trennung von Gläubigerstellung und Ausfallrisiko durch Kreditausfallversicherungen nicht mehr zwangsläufig der Fall.126 Ist der Gläubiger nämlich gegen den Ausfall seines Schuldners versichert, hat er kein Interesse mehr an der Sanierung bzw. Reorganisation des Schuldners. Seine Forderungen sind vollständig abgesichert. Der abgesicherte Gläubiger sieht daher keine Veranlassung sich aktiv an einer Sanierung mittels Debt Equity Swap zu beteiligen. Vielmehr kann es sogar sein, dass er von der Insolvenz der Schuldnergesellschaft profitiert.127 die Insolvenz des Drogerie-Unternehmen „Schlecker“: Es handelte sich hierbei um ein Einzelunternehmen in der Form des eingetragenen Kaufmanns. 123 Vgl. auch Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 19 f.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11 (stark einzelfallbezogene Frage). 124 K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.146 (Unternehmenssanierung ist „in erster Linie ein betriebswirtschaftliches und erst in zweiter Linie ein juristisches Thema.“). 125 Etwa Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11. 126 Zum sog. „empty creditor“ Problem und der damit verbundenen Erhöhung der Insolvenzkosten Hu/Black, The M&A Lawyer 4/2008, 5; Hu, Empty Creditors’ and the Crisis: How Goldman’s $7 Billion was ’not material, Wall Street Journal. 9.4.2009 (URL: http://online.wsj.com/article/SB123933166470307811.html# – Stand: August 2014); mit einem Beispiel zu einem deswegen gescheiterten Debt Equity Swap Hemel, Yale Journal on Regulation 2010, 159 ff. 127 Es handelt sich um „empty creditors“, also Gläubiger deren vertragliche oder gesetzliche Einflussmöglichkeiten im Missverhältnis zu ihrem Haftungsrisiko stehen, Hu/ Black, Debt and Hybrid Decoupling: An Overview, The M&A Lawyer Apr. 2008, 5;

42

A. Einleitung

4. Terminologie Viele sanierungsrechtlich bedeutsame Begriffe haben keinen Niederschlag im Gesetz gefunden und werden aus diesem Grund nicht immer einheitlich verwandt. Der Untersuchung seien daher einige Erläuterungen zur Begriffsbestimmung vorangestellt. Im Folgenden wird der Begriff der Sanierung als Oberbegriff für insolvenzliche und vorinsolvenzliche Rettungsbemühungen verwendet. Die Sanierung außerhalb der Insolvenz wird als Restrukturierung, die insolvenzliche Sanierung unter Erhaltung des insolventen Rechtsträgers als Reorganisation bezeichnet.128 Weiter wird grundsätzlich zwischen dem Unternehmen als Sachgesamtheit129 aller Vermögensgüter (plus Personal) und dem Rechtsträger als Unternehmensträger unterschieden.130 Teilweise wird mit dem Unternehmen – oder dem Begriff der Unternehmung – aber auch die wirtschaftlich selbstständige Organisationseinheit im Sinne des Rechtsträgers bezeichnet. Das Verständnis der Diskussion setzt zudem die Differenzierung zwischen den einzelnen Werten, auf die die Insolvenzgläubiger prinzipiell zugreifen können, voraus. Mit Zerschlagungs- oder Liquidationswert wird der Wert bezeichnet, der sich bei Veräußerung des Vermögens und bei Abwicklung des Rechtsträgers ergibt.131 Im Rahmen einer übertragenden Sanierung kann damit teilweise auch auf einen – gegenüber einer Abwicklung im Wege des Einzelverkaufs (piece meal sale) – erhöhten Wert durch „en bloc“-Veräußerung des Unternehmens als bestmögliche Verwertung zugegriffen werden. Als Fortführungswert bzw. Fortführungsmehrwert wird der Wert bezeichnet, der sich durch die rechtsträgererhaltende Sanierung erschließen lässt und auch die zukünftige Ertragskraft des mit dem Rechtsträger verknüpften Unternehmens umfasst.132 Der going-concern-Wert ist für diese Untersuchung mit dem Fortführungswert identisch.133 Im Folgenden werden die Gesellschafter als Anteilseigner bezeichnet. Der Gesetzgeber nutzt in den §§ 217 ff. InsO den Begriff der Anteilsinhaber. Einen BeHu, Empty Creditors’ and the Crisis: How Goldman’s $7 Billion was ’Not Material, Wall Street Journal, 9.4.2009 (URL: http://online.wsj.com/article/SB123933166470 307811.html# – Stand: August 2014). 128 Vgl. zu den Begrifflichkeiten Flessner, Sanierung und Reorganisation, S. 33 ff.; K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 22. Auch Eidenmüller, in: MünchKommInsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 3. 129 Zum Begriff der Sachgesamtheit BGH v. 26.2.1980 – VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216, 220; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Überbl. V. § 90 Rn. 5. 130 Vgl. etwa Kluth, ZInsO 2002, 258, 259; Braun, in: FS Fischer, 53, 62 ff. 131 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 31. Dieser Werte werden nicht immer synonym genutzt, vgl. nur Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 332. 132 Zur Terminologie etwa Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 7. 133 Etwa Braun, in: FS Fischer, S. 53, 63.

IV. Gang der Untersuchung

43

deutungsunterschied gibt es nicht. Die Gesellschafterstellung vermittelt Anteilsund Mitgliedschaftsrechte.134 Da bei den Gegenstand dieser Untersuchung bildenden Kapitalgesellschaften der Aktiengesellschaft sowie der Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus der Gesellschafterstellung, also der Eigenschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils oder einer Aktie, alle Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft folgen, wird im Folgenden der Übersichtlichkeit halber schlicht von Anteilsrechten gesprochen.135

IV. Gang der Untersuchung Da eine Analyse der Besonderheiten und Schwierigkeiten des Sanierungsinstruments Debt Equity Swap ein Verständnis der rechtlichen und ökonomischen Grundlagen sowie der zugrundeliegenden dogmatischen Strukturen voraussetzt, beginnt die Untersuchung mit einem Grundlagenteil, in dem der Begriff des Debt Equity Swap bestimmt und auch ein konziser Blick auf die historischen Wurzeln dieses Sanierungsinstruments geworfen wird. Zudem werden die Motive, Interessen und Beweggründe der Beteiligten untersucht sowie die Vor- und Nachteile dieses Sanierungsinstruments beleuchtet (unter B.). Anschließend wird der Debt Equity Swap zu anderen Sanierungsinstrumenten abgegrenzt, um eine Einordnung der spezifischen Wirkungen zu ermöglichen (unter C.). Hieran schließt sich (unter D.) eine Übersicht über die gesellschaftsrechtliche Umsetzung und Gestaltungsvarianten eines Debt Equity Swap an: Der Wechsel in die Gesellschafterposition kann sich entweder durch Kapitalmaßnahmen oder durch Übertragung der vorhandenen Anteile vollziehen. Nach der Darstellung der wichtigen Grundlagen widmet sich der Hauptteil der Arbeit (unter E.) dem insolvenzlichen Debt Equity Swap nach den §§ 217 ff. InsO. Dazu werden die durch die ESUG-Reform eingefügten Änderungen dargestellt und – im Hinblick auf rechtspolitische Rechtfertigung – gewürdigt. Auch wird die Vereinbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten mit höherrangigen Recht, namentlich Europarecht und Verfassungsrecht, überprüft. Das Verhältnis von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht wird beleuchtet und auf bedeutsame Auslegungsfragen eingegangen. Im darauf folgenden Abschnitt widmet sich die Untersuchung den kapitalmarktrechtlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem insolvenzlichen Debt Equity Swap (unter F.). Handelt es sich bei dem sanierungsbedürftigen Unternehmen um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, ergeben sich kapitalmarktrechtliche Fragestellungen. Hier sind mit dem Erwerb einer Gesellschafterstellung unter Umständen wertpapierrechtliche Folgepflichten verbunden, die eine Sanierung mittels Debt Equity Swap zu erschweren oder zu verhindern drohen. 134 135

Statt aller Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 4 ff. Siehe hierzu auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 19.

44

A. Einleitung

Überdies werden die rechtlichen Voraussetzungen eines insolvenzlichen Debt Equity Swap unter Beteiligung von Inhaberschuldverschreibungen untersucht, da deren breit gestreute Gläubigerbasis in Verbindung mit fehlenden Majorisierungsmöglichkeiten bisher Sanierungen vor erhebliche Schwierigkeiten stellte. Nach einem Überblick über die steuerrechtlichen Aspekte des Debt Equity Swap (unter G.) werden Vorschläge zur Verbesserungen der rechtlichen Bedingungen für den insolvenzlichen Debt Equity Swap de lege ferenda gemacht (unter H.). Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung in Thesen (unter I.).

B. Grundlagen des Debt Equity Swap I. Begriffsbestimmung Debt Equity Swap ist kein gesetzlich definierter Begriff; es fehlt an einer festen Definition.1 Wörtlich aus dem Englischen übersetzt beschreibt die Bezeichnung den Tausch von Fremd- in Eigenkapital. Ausgangspunkt ist das Fremdkapital der Gesellschaft, also Mittel, die der Gesellschaft von Dritten zur Verfügung gestellt werden.2 Dies umfasst das sogenannte Kreditvermögen der Gesellschaft, d.h. insbesondere Bank- und Lieferantenkredite, Gesellschafterdarlehen sowie Schuldverschreibungen.3 Demgegenüber ist Eigenkapital das der Gesellschaft von den Gesellschaftern überlassene haftende Eigenvermögen.4 Es wird dem Grunde nach durch drei Merkmale gekennzeichnet: Es stammt von den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft, es ist einer freien Kreditkündigung entzogen und ist als haftendes Kapital im Fall der Insolvenz nachrangig.5 Ein Debt Equity Swap beschreibt demnach den Umtausch von Forderungen einzelner oder mehrerer Gläubiger gegen die Schuldnergesellschaft (debt) in Gesellschaftsanteile derselben (equity).6 Die bisherigen Gläubiger werden infolgedessen Gesellschafter und sind am Unternehmen beteiligt, aus festen Zahlungsansprüchen werden Residualansprüche. Im Hinblick auf die Begrifflichkeiten ist bezüglich der Unterscheidung zwischen Fremd- und Eigenkapital auf die Mischformen zwischen beiden einzugehen. Gewisse Finanzierungsinstrumente werden bilanziell als Eigenkapital eingestuft, wenn sie dessen Eigenschaften der Nachrangigkeit, erfolgsabhängigen Ausschüttung sowie Langfristigkeit bzw. die Unkündbarkeit nachahmen.7 Das so 1 Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 225a Rn. 1; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 105. 2 Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Kap. A Rn. 2. Das Fremdkapital umfasst damit sämtliche Waren- und Finanzkredite von außenstehenden Gläubigern des Unternehmens (Lieferanten, Abnehmern, Banken usw.) und zudem die aufgrund der Emission von Schuldverschreibungen der Gesellschaft zugeflossenen Beträge. 3 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 515. 4 Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Kap. A Rn. 2; Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, S. 177 f. 5 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 515. 6 Nur Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 279. 7 Gleske, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 19, 1 ff. m.w. N.; Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmens-

46

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

strukturierte Fremdkapital wird „wirtschaftliches Eigenkapital“ und unter gewissen Voraussetzungen von Rating-Agenturen8 auch bilanziell als Eigenkapital eingestuft.9 Solche hybriden Finanzierungen oder Mezzanine-Kapital dienen der Optimierung der Finanzierungsstruktur der Gesellschaft.10 Da insofern verschwimmen kann, was der Begriff Eigen- bzw. Fremdkapital bezeichnet11, ist zwischen einem Debt Equity Swap im engeren Sinne und einem Debt Equity Swap im weiteren Sinne zu unterscheiden. Während der Debt Equity Swap im weiteren Sinne auch die Umwandlung von Forderungen in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen wie z. B. Wandel- oder Genussrechte, Hybridanleihen sowie Mezzanine-Kapital umfassen kann, ist von einem Debt Equity Swap im engeren Sinne nur dann auszugehen, wenn der Gläubiger durch den Umtausch auch unmittelbar Gesellschaftsanteile an der Schuldnergesellschaft erwirbt.12 Diese Arbeit widmet sich ausschließlich dem Debt Equity Swap im engeren Sinne. Im Folgenden wird auch der Begriff Schuldentausch synonym verwendet, dabei ist immer der Debt Equity Swap im engeren Sinne gemeint.

II. Geschichte und Empirie des Debt Equity Swap 1. Reduzierung von Staatsschulden Die Grundidee, sich die sanierende Wirkung des Umtauschs von Fremd- in Eigenkapital zunutze zu machen, ist nicht neu. Schon im Zuge der Verschuldungskrise der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden für hochverschuldete Entwicklungsländer Programme aufgesetzt, die auf einen Umtausch von in Fremdwährung denominierten Staatsanleihen in Beteiligungen an staatlichen Un-

finanzierung, 2008, Kap. A Rn. 4; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 481; Hofert/ Möller, GmbHR 2009, 527, 528 f.; Becker/Böttger/Müller/Reinke, KSI 2011, 53, 55. 8 Zu Rating-Agenturen etwa: Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 573 ff. 9 Stamm/Ries, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 24 Rn. 4 ff. 10 Im Vergleich zu „echtem“ Eigenkapital weisen sie niedrigere Emissionskosten auf, Ausschüttungen sind als Zinsen – im Gegensatz zu Dividenden – steuerlich abzugsfähig und die Gesellschafterstruktur bleibt unverändert, hierzu eingehend Gleske, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 19 Rn. 3 sowie Hofert/Arends, ZIP 2005, 1297, 1297 ff. 11 Hierauf weist auch der Gesetzgeber hin, siehe RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp. 12 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 279; Mückl, FR 2009, 497, 497; Günther, ZInsO 2012, 2037, 2038 (Fn. 11); teilweise wird unter Debt Equity Swap auch eine „Herabstufung von Fremdkapitalpositionen bis auf die Stufe des Eigenkapitals“ verstanden („aus gesicherten Anleihegläubiger werden Anleihegläubiger, aus ungesicherten Anleihegläubigern Eigenkapitalgläubiger usw.“), vgl. Uhlenbruck, in: FS Lüer, S. 461, 468.

II. Geschichte und Empirie des Debt Equity Swap

47

ternehmungen abzielten.13 Schuldnerstaaten wandelten hierbei Fremdwährungsverbindlichkeiten in Höhe ihres Nennwertes oder abzüglich eines Abschlags in verwendungsbezogene Inlandswährung oder in im Schuldnerstaat belegenes Risikokapital um.14 Der Umtausch zielte auf eine Reduzierung des Schuldenstandes, eine daraus resultierende Wiederherstellung der Kapitalmarktfähigkeit und positive Effekte durch Privatisierungen ineffektiver Staatsbetriebe sowie ausländische Direktinvestitionen ab.15 2. Wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen Wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen zur Effektivität von Debt Equity Swaps sind – soweit ersichtlich – relativ selten und behandeln überdies nicht nur den Debt Equity Swap im Rahmen einer Sanierungssituation, sondern auch den Schuldentausch zur Optimierung der Kapitalstruktur und zur Reduzierung von Staatsschulden.16 Vorhandene Untersuchungen konzentrieren sich zudem weit überwiegend auf US-amerikanische Gesellschaften. Angesichts der damit verbundenen Unschärfe ist eine belastbare Feststellung schwierig.17 Weit überwiegend deuten die Ergebnisse jedoch auf die Wirksamkeit des Debt Equity Swap hin.18 Demnach werden Debt Equity Swaps vor allem von Unternehmen durchgeführt, die unterdurchschnittliche finanzwirtschaftliche Kennzahlen aufweisen, sich also in finanziellen Schwierigkeiten befinden.19 Das Ergebnis der Untersu13 Eingehend zu dieser Art von Debt Equity Swaps: Wulfken, Juristische Strukturen und ökonomische Wirkungen von debt equity swaps, passim; Schinke, in: Preuße/ Schinke/Urquidi, Ansätze zur Lösung der Schuldenkrise Lateinamerikas: Urquidi-Plan, Debt Equity Swaps, Direktinvestitionen, S. 68 ff.; Vahl, Die Umwandlung von Auslandsschulden in Investitionen, passim; Roth, Bankenfonds für Debt Equity Swaps: rechtliche Grundlagen und praktische Ausgestaltung, passim. 14 Wulfken, Juristische Strukturen und ökonomische Wirkungen von Debt Equity Swaps, S. 24 f. 15 Wulfken, Juristische Strukturen und ökonomische Wirkungen von Debt Equity Swaps, S. 28 ff.; differenzierend Vahl, Die Umwandlung von Auslandsschulden in Investitionen, S. 91 ff. u. 113 ff.; kritisch zu den positiven Effekten von Debt Equity Swaps zur Entschuldung von Staaten Schinke, in: Preuße/Schinke/Urquidi, Ansätze zur Lösung der Schuldenkrise Lateinamerikas: Urquidi-Plan, debt equity swaps, Direktinvestitionen, S. 74 ff., 88 ff.; ebenso die Wirkung bezweifelnd Larraín/Velasco, Princeton Studies in International Finance 1990, 1, 41 ff. 16 Vgl. Larraín/Velasco, Princeton Studies in International Finance 1990, 1 ff. 17 Moraux/Navatte, Admissible Designs of Debt-Equity Swaps for Distressed Firms: Analysis, Limits and Applications, S. 1 („Compared to the amount of evidences the theoretical literature on debt-equity swaps appears very thin.“). 18 Siehe Moraux/Navatte, Admissible Designs of Debt-Equity Swaps for Distressed Firms: Analysis, Limits and Applications, S. 1 ff.; Lie/Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179 ff.; James, The Review of Financial Studies 1995 (Vol. 8 No. 4), 1209 ff.; Gilson/Kose/Lang, Journal of Financial Economics 27 (1990), 315, 333 (zu vorinsolvenzlichen Restrukturierungen). 19 Lie/Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179, 186.

48

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

chungen ist jedoch eindeutig. Ein erfolgreicher vorinsolvenzlicher Umtausch von Fremd- in Eigenkapital reduziert das Risiko eines Insolvenzverfahrens deutlich.20 Gegenüber Unternehmungen, bei denen unter gleichen Vorzeichen die Durchführung eines Umtauschs von Fremd- in Eigenkapital scheiterte, haben Schuldnergesellschaften nach einem Debt Equity Swap eine mehr als fünffach niedrigere Wahrscheinlichkeit, Insolvenz zu erklären.21 Diesen signifikanten Unterschied erklärt sich insbesondere aus der sorgfältigen Auswahl durch die am Umtausch beteiligten Gläubiger, die den Schuldentausch nicht vorschnell einem möglichen Insolvenzverfahren vorziehen.22 Es ist demnach effizient, den Gläubigern – wie in der Insolvenzordnung vorgesehen – die Entscheidung über den Gang des Insolvenzverfahrens zu überlassen. Sie wählen schon aus handfestem Eigeninteresse die bestmögliche Befriedigungsvariante. Mithilfe eines Debt Equity Swap können außerinsolvenzlich, insbesondere wenn er es den Gläubigern ermöglicht, auf den Fortführungswert des nicht zerschlagenen Unternehmens zuzugreifen, Insolvenzkosten vermieden und die Wahrscheinlichkeit der vollständigen Rückzahlung erhöht werden.23 Ein hoher Verschuldungsgrad kann kein alleiniges Kriterium dafür sein, ob ein Debt Equity Swap geeignet ist, das Unternehmen zu sanieren. Auch leistungswirtschaftliche Faktoren sind von entscheidender Bedeutung für die Sanierungsfähigkeit einer Schuldnergesellschaft.24 Trotz der positiven Effekte eines Debt Equity Swap sinkt überraschenderweise im Anschluss an die Ankündigung der Durchführung des Schuldentauschs der Aktienkurs eines börsennotierten Schuldnerunternehmens.25 Dies wird damit begründet, dass die Ankündigung eines Schuldentauschs die Marktteilnehmer überrascht und Zweifel am Ernst der wirtschaftlichen Lage beseitigt, die aufgrund von Informationsdefiziten bestehen.26 Dabei handelt es sich um eine Korrektur 20 Siehe Lie/Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179, 182 u. 199 ff.; Gilson/Kose/Lang, Journal of Financial Economics 27 (1990), 315, 333 zeigen, dass zwischen 1978 und 1987 in 75% der untersuchten erfolgreichen Restrukturierungen Debt Equity Swap-Strukturen eingesetzt wurden. 21 78% der untersuchten Unternehmen mit gescheitertem Debt Equity Swap befanden sich in drei Jahren innerhalb der insolvenzlichen Reorganisation, während dies bei nur 15% der Unternehmen mit erfolgreichem Debt Equity Swap der Fall war, siehe Lie/ Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179, 199 f. 22 James, The Review of Financial Studies 1995 (Vol. 8 No. 4), 1209, 1210 f. stellt für Banken als Teilnehmer fest, dass die Auswahl, welche Schuldnergesellschaft geeignet ist, anhand verschiedener Faktoren (zu erwartende Insolvenzkosten, Wachstumschancen etc.) getroffen wird. 23 Siehe Moraux/Navatte, Admissible Designs of Debt-Equity Swaps for Distressed Firms: Analysis, Limits and Applications, S. 3, die Autoren weisen darauf hin, dass sich die Struktur des Debt Equity Swaps an genau diesem Ziel ausrichtet. 24 Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 50 f.; Hermanns, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 7 Rn. 1 ff. 25 Lie/Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179, 186; Kalra/ Chan/Raines, Journal of Financial and Strategic Decisions 1996 (Vol. 9 No. 2), 69, 82. 26 Lie/Lie/McConnell, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179, 181 u. 202.

III. Motive der einzelnen Beteiligten

49

der Bewertung, die auch ohne Durchführung des Debt Equity Swap früher oder später vollzogen worden wäre.27

III. Motive der einzelnen Beteiligten 1. Gläubiger a) Kreditinstitute Ein Debt Equity Swap beschreibt die Umwandlung von Forderungen in haftendes Eigenkapital. Grundsätzlich kann jeder Gläubiger der Gesellschaft seine Fremdkapitalposition in Eigenkapital tauschen.28 Eine Unternehmung ist mit vielen verschiedenen Gläubigerarten wirtschaftlich verbunden, deren Motivlage sich unterscheidet. Es fragt sich, was die Gläubiger antreibt, ihre Stellung ganz oder teilweise aufzugeben und in die risikoreichere Gesellschafterstellung einzurücken.29 Den beteiligten Kreditinstituten kommt eine entscheidende Rolle im Sanierungsprozess zu. Als „Hausbank“ oder Teil eines Konsortiums im Rahmen einer Kreditsyndizierung30 sind Banken regelmäßig bedeutende und einflussreiche Großgläubiger der Schuldnergesellschaft: Bankkredite sind eine tragende Säule der Unternehmensfinanzierung. In dieser Rolle erlangen Banken zudem meist vor anderen Gläubigern Kenntnis, dass der Schuldner in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist.31 Ihnen stehen viele Möglichkeiten offen, sich an der Sanierung zu beteiligen: In Betracht kommen Zinsreduktionen, Stundungsvereinbarungen („Standstill“) bzw. Stillhalteabkommen, Freigabe von Kreditsicherheiten, Rangrücktritte („Subordination“), Verzichte („Haircuts“ ggfls. mit Besserungsschein, „Debtor Warrant“) oder Sanierungs-, Überbrückungs-, Liquidations- oder Massekredite.32 Kreditgebende Banken können aber auch durch die Teilnahme an 27 Ein Kursverlust trifft zudem die Aktionäre. Diese tragen als Anteilseigner das Risiko des wirtschaftlichen Scheiterns. Der (vorübergehende) Kursverlust spricht demnach auch nicht gegen den Debt Equity Swap als Sanierungsinstrument. Unter Umständen sorgt die zu erwartende Kursentwicklung jedoch für eine verminderte Bereitschaft der Anteilseigner, die Durchführung eines außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap zu unterstützen. 28 Vgl. Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 105; Hirte/ Knof/Mock, DB 2011, 632, 638. 29 Vgl. die Bedenken von Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422. 30 Innerhalb eines Konsortiums bestehen unter Umständen erhöhte Zustimmungserfordernisse, dies kann die rechtliche Umsetzung eines Debt Equity Swaps erschweren, Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 5; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 7. 31 Vgl. Gehrlein, NZI 2012, 257, 257; anders aber Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 1.141. 32 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.229 ff.; ders., in: FS Uhlenbruck, S. 685, 686; Undritz, in: Kölner Schrift zur In-

50

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

einem Debt Equity Swap einen Sanierungsbeitrag leisten.33 Eine Bank wird sich – wie jeder andere Gläubiger – für eine Teilnahme entscheiden, wenn sie den Fortführungswert der Schuldnergesellschaft höher bewertet als den Liquidationswert34 und die Beteiligung am Schuldner als zielführendes Sanierungsmittel ansieht.35 Das Ziel ist es, die Rückzahlung der an die Schuldnergesellschaft ausgegebenen Darlehen zu sichern und damit den Wert des Kreditengagements vor den verlustträchtigeren Folgen einer insolvenzbedingten Liquidation zu sichern.36 Die ausschließliche Ausweitung des Kreditengagements zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit führt nur zu einem kurzfristigen Erfolg und birgt die Gefahr einer Verlustvertiefung.37 Die Übernahme der Gesellschafterstellung hingegen bietet die untenstehenden Vorteile. Zudem kann insbesondere eine eng mit der Schuldnergesellschaft zusammenarbeitende Bank ein Interesse an der erfolgreichen Sanierung haben, um die bestehende Kundenbeziehung aufrechtzuerhalten. Als Kunde bietet die Gesellschaft Potenzial für zukünftige Erträge aufgrund der Fortführung des Kreditgeschäfts oder Erbringung anderweitiger Beratungsleistungen. Trotz der zunehmenden Abkehr von dem Hausbank-Prinzip38 durch die Bereitschaft, Darlehensforderungen zu veräußern, kann eine langfristige Kundenbeziehung ein Argument für eine Teilnahme an einem Debt Equity Swap im Rahmen einer Sanierung sein. Des Weiteren besteht die Chance, dass die Beteiligung an einem Debt Equity Swap einen sanierungsfreundlichen Ruf des Kreditinstituts begründet und damit die Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit positiv beeinflusst. Eine blockierende, sanierungsfeindliche Haltung kann hingegen rufschädigend sein.39 Das Kreditinstitut kann aber auch eine Beteiligung anstreben, um von einer renditeträchtigen Wertsteigerung zu profitieren.40 Denn Kreditinstitute haben bei solvenzordnung, Kap. 29 Rn. 52 ff. (allgemein zu finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen). 33 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 687 ff.; ders., in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.270 f.; Uhlenbruck, in: FS Lüer, S. 461, 468; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 58. 34 Statt vieler Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280. 35 Zu den Voraussetzungen und Zielen von Kreditinstituten bei der Übernahme von Gesellschafterstellungen, vgl. Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 686 ff. 36 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 687; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280, auch mit dem Hinweis, dass viele Banken als Sicherungsnehmer die Realisierung von Sicherheiten auf Ebene der Schuldnergesellschaft und die damit zusammenhängende Zerschlagung des Unternehmens meiden. Zum Interessenkonflikt eines Investors, der mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) gegen den Ausfall seiner Forderungen versichert ist, siehe Hemel, Yale Journal on Regulation 2010, 159 ff. 37 Etwa Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 18. 38 Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 3 Rn. 87. 39 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.231; siehe hierzu auch Reifert/Meiners, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 107, 114.

III. Motive der einzelnen Beteiligten

51

Sanierungen, bei denen sie auf der Fremdkapitalgeberseite bleiben, ein unausgewogenes Chancen-Risiken-Verhältnis. Sie tragen das Ausfallrisiko für die gewährten Kredite, ohne jedoch von den möglichen Wertsteigerungen des Unternehmens zu partizipieren.41 Die Beteiligung des Kreditinstituts bedeutet jedoch, dass es seinen Kernkompetenzbereich verlässt. Nicht immer sind daher Banken an der Teilnahme an einem Debt Equity Swap interessiert.42 Vielmehr scheuen sie die mit der Einrückung in die Eigentümerstellung verbundenen Pflichten, die Übernahme des unternehmerischen Risikos und die Hürden des operativen Geschäfts.43 b) Finanzinvestoren Die Gläubigerstellung muss jedoch nicht statisch sein. Im Hinblick auf die strengen Eigenkapitalanforderungen nach Basel II und Basel III44 ist es für Kreditinstitute interessant, notleidende Kredite an risikoaffinere Finanzinvestoren zu

40 Die Motivlage entspricht hier weitgehend der eines NPL-Investors, siehe unter B.III.1.b). Der Beteiligung einer Geschäftsbank stehen aber vielmals auch wirtschaftliche Gesichtspunkte entgegen. Für unternehmerische Tätigkeiten außerhalb des Finanzsektors fehlt den Banken, insbesondere Geschäftsbanken, häufig an Expertise und Wettbewerbsfähigkeit; vgl. nur Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 520; Gehrlein, NZI 2012, 257, 259. 41 Etwa Wentzler, FB 2009, 446, 449. Vgl. auch Hoffmann, BB 1992, 575, 578. 42 Kemper, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 3 Rn. 54 f., weist zudem darauf hin, dass für Sparkassen eine Beteiligung oftmals kein gangbarer Weg ist. 43 Gehrlein, NZI 2012, 257, 259; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 521; Becker/ Böttger/Müller/Reinke, KSI 2011, 53, 58 f.; Theiselmann, GmbH-StB 2013, 150, 151; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 1; wohl auch Thies, in: HambKommInsO, § 230 Rn. 6. Dass dies nicht immer zutreffen muss, zeigt unlängst ein Beispiel der Deutschen Bank. Nachdem ihr Schuldner, eine Betreibergesellschaft eines Casinos in Las Vegas, ein Darlehen über 768 Millionen US-Dollar nicht mehr bedienen konnte, übernahm die Deutsche Bank als Darlehensgläubigerin das „Cosmopolitan Resort & Casino“ im August 2008, stellte den Bau fertig und betrieb es seit Ende 2010 über eine Tochtergesellschaft mit eigener Glückspiellizenz. Ein Verkauf im Zuge der Finanzkrise, sinkender Immobilienpreise und schwindenden Besucherzahlen hätte den Verlust noch vertieft; siehe URL: http://online.wsj.com/article/SB1000142405274870362820457561 9044069421202.html – Stand: August 2014; URL: http://dealbook.nytimes.com/2011/ 04/18/deutsche-banks-4-billion-las-vegas-bet-3/– Stand: August 2014. Erst im Mai 2014 hat sich die Bank von dem Casino getrennt. (URL: http://www.spiegel.de/wirt schaft/unternehmen/gluecksspiel-deutsche-bank-verkauft-ihr-kasino-in-las-vegas-a-969 698.html – Stand: August 2014). Siehe auch Reifert/Meiners, Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 107, 114 f., die ein verstärktes Engagement der Banken im Hinblick auf das Einrücken in die Eigenkapitalseite konstatieren. 44 Risiken müssen stärker mit Eigenkapital hinterlegt werden: Anhebung des Eigenkapitals auf neun Prozent der risikogewichteten Aktiva. Hierzu etwa Becker/Böttger/ Müller/Reinke, KSI 2011, 53, 54; Krolop, GmbHR 2007, 117, 118; Müller, Der DebtEquity-Swap als Sanierungsinstrument mit dem Fokus auf dem Insolvenzplanverfahren, S. 39 ff.

52

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

veräußern.45 Sie trennen sich damit vor allem von Geschäften mit schwer abschätzbarem Risiko. Gleichzeitig vermeiden sie alle unmittelbaren und mittelbaren wirtschaftlichen Nachteile: Außer unmittelbaren Auswirkungen auf das Kreditengagement (Stundungen, Verzicht usw.) stellen auch mittelbare Auswirkungen – etwa gebundene Personalkapazitäten – eine Belastung dar.46 So macht das erhöhte Ausfallrisiko eine personalintensivere Überwachung oder sogar eine Betreuung (workout) erforderlich.47 Überdies fließt dem Kreditinstitut durch die Veräußerung von Darlehensforderungen unmittelbar Liquidität zu, die für gewinnbringendere Investitionen bzw. Neukreditvergabe zur Verfügung steht.48 Denn „schlechte“ bzw. notleidende Kredite mindern die Rentabilität und das Rating der Banken und binden personelle Ressourcen.49 Nicht nur Banken, auch andere institutionelle Investoren kommen als Verkäufer von Forderungen in Betracht. So sind Versicherungen und Pensionskassen aufsichtsrechtlich dazu verpflichtet, in Anlageklassen mit höchster Sicherheit zu investieren; kommt es krisenbedingt zu Herabstufungen des Kredit-Ratings des Schuldners, sind sie unter Umständen zum Verkauf gezwungen.50 Neben Darlehensforderungen kommen 45 Die Kreditinstitute mindern ihr Risiko, bereinigen ihr Kreditportfolio, verbessern ihr Rating und setzen regulatorisch Eigenkapital frei. Zudem fehlt es oft an Erfahrungen mit dem Management von Problemkrediten, vgl. Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 491 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1558; Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 419 (Fn. 29); Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003, 1003; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 583 f.; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 5 f.; Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 644, 668; Knecht, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 19 Rn. 73. Zum Begriff des notleidenden Kredits etwa Schalast, BKR 2006, 193, 193 ff.; zur rechtlichen Wirksamkeit der Abtretung von Darlehensforderungen BGH v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05, BGHZ 171, 180, bestätigt von BVerfG v. 11.7.2007 – BvR 1025/07, ZIP 2007, 2348 ff. – informationelles Selbstbestimmungsrecht. Eingehend zur rechtlichen Zulässigkeit der Abretung von Bankdarlehen etwa Franke, Debt Equity Swaps, S. 64 ff. m.w. N. und – während des Insolvenzverfahrens und eines möglichen Verstoßes gegen § 226 Abs. 3 InsO – Smid/Rattunde/ Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 4.15. 46 Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 635; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 561, 563; Halász/Vogelmann/Körner, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 24 S. 669. Vgl. auch Theiselmann, GmbH-StB 2013, 150, 151 (Kein Wechsel auf die Eigenkapitalseite aus geschäftspolitischen Gründen). Zu weit daher Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 58. 47 Halász/Vogelmann/Körner, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 24 S. 669; Knecht, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 19 Rn. 71 ff. 48 Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 635; Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003, 1003. 49 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 217 Rn. 92; Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 669; Knecht, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 19 Rn. 73 f.; Müller, Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument mit dem Fokus auf dem Insolvenzplanverfahren, S. 47. 50 Daimer, Distressed Debt Investments, S. 5 f.; nach der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) richten sich auch bei Versicherungsunternehmen die Eigenkapitalanforderungen nach den Risikoklassen der gehaltenen Investments.

III. Motive der einzelnen Beteiligten

53

auch auf dem Sekundärmarkt gehandelte Inhaberschuldverschreibungen in Betracht.51 Solche Forderungen werden angesichts des durch die geschwächte Schuldnerbonität erhöhten Ausfallrisikos nicht zum Nennwert, sondern mit einem erheblichen Abschlag angeboten.52 In Anbetracht dessen bieten diese sogenannten SubPerforming-Loans bzw. Non-Performing-Loans (NPL)53 oder distressed debts54 ein mögliches Geschäftsfeld für Finanzinvestoren, die auf eine erfolgreiche Sanierung des Schuldnerunternehmens spekulieren.55 Auch in Deutschland gewinnt diese aus dem angelsächsischen Raum stammende Investitionsstrategie zunehmend an Bedeutung.56 Bei den in diesem Geschäftsfeld tätigen Investoren handelt es sich regelmäßig nicht um Geschäftsbanken, sondern Investmentvehikel mit spekulativer Investmentstrategie (sogenannte hedge funds bzw. vulture funds57), außerbörsliche Beteiligungsunternehmen (private equity funds) oder In51 Siehe etwa Friedl, BB 2012, 1102; Carli/Riedl/Mückl, ZIP 2010, 1737, 1738 f. Als Beispiel kann hier die Insolvenz der Praktiker AG dienen. Verschiedene hedge funds erwarben auf dem Sekundärmarkt Anleihen der krisengeplagten Baumarkt-Kette mit dem Ziel, über eine „Loan-to-own“-Strategie in die Gesellschafterstellung einzurücken, vgl. Handelsblatt v. 18.7.2013 (URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/ handel-dienstleister/medienbericht-heuschrecken-wollen-praktiker-retten/8513902.html – Stand: August 2014). 52 Meiners/Reifert, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 24, 31; Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 419; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 50 (50%–70% Abschlag); Ekkenga, ZGR 2009, 581, 583 (Fn. 9) weist darauf hin, dass Kreditinstitute nach der einmaligen Wertberichtigung einer Darlehensforderung einem Weiterverkauf nicht abgeneigt sind, da sie aus steuerlichen Gründen keine Buchgewinne erzielen wollen. 53 Rinze/Heda, WM 2004, 1557, 1557 f. 54 Der Begriff distressed debt entstammt dem US-amerikanischen Rechtsraum und bezeichnet Darlehensforderungen gegen Gläubiger, die bereits eine Reorganisation nach Chapter 11 U.S.C. durchführen, eingehend zum Begriff Daimer, Distressed Debt Investments, S. 3 ff. 55 Nur Bücker/Petersen, ZGR 2013, 802 ff.; Siemon, ZInsO 2014, 172 ff. (ESUG schafft Grundlage für ertragreiches Distressed Debt Investing). Ein Kredit wird als notleidend bezeichnet, wenn dem Gläubiger aufgrund einer Leistungsstörung (Zahlungsausfall von Kapital, Zinsen, Provisionen bei Fälligkeit oder Verletzung von Nebenabreden mit gläubigerschützender Zielsetzung, sog. Covenants) ein Kündigungsrecht zusteht oder bereits gekündigt ist. Juristisch präzise ist daher von einem leistungsgestörtem Kredit zu sprechen, siehe Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 491; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165, 168. Zu Covenants vgl. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 136 ff.; Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, passim; Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 1.142 ff. 56 Redeker, BB 2007, 673, 675; Vallender, NZI 2007, 129, 132 f.; Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 635; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 8 f. Einen weiteren Anstieg von distressed debt investing in der deutschen Insolvenz durch das ESUG prophezeien Brinkmann, WM 2011, 97, 100 (Fn. 33) u. 103; Siemon, ZInsO 2014, 172 ff. 57 Zum Begriff des destruktiv-fleddernden „Geier“-Investors kritisch: Daimer, Distressed Debt Investments, S. 5 (Rettende Sanierungsbemühungen statt gezieltem Fleddern). Zweifelnd aber C. Paulus, ZGR 2005, 309, 319 (Fn. 29).

54

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

vestmentbanken.58 Ein Debt Equity Swap bietet sogenannten NPL-Investoren oder Distressed-Debt-Investoren interessante Chancen.59 Eine (Teil)Umwandlung in Eigenkapital ermöglicht aufgrund der damit einhergehenden Gesellschafterstellung eine Kontrolle des Sanierungsprozesses60 sowie weitergehende Einflussmöglichkeiten.61 Auf Unternehmenssanierungen spezialisierte Finanzinvestoren können versuchen, nach Erlangung der Gläubigerstellung durch Aufkauf der Forderungen im Sekundärmarkt mittels Debt Equity Swap in die Gesellschafterstellung einzurücken.62 Das wird insbesondere dann geschehen, wenn der Debt Equity Swap den Sanierungserfolg unterstützen kann.63 Im Erfolgsfall führt solch eine Investition zu einer Gewinnmaximierung: Teilweise stehengelassene Darlehen werden – obwohl mit Abschlag erworben64 – zum Nennwert zurückgeführt65 und die Firmenanteile nach entsprechender Wertsteigerung mit Gewinn veräußert.66 Eine solche (Exit-)Strategie bietet im Erfolgsfall eine hohe Rendite67 58 Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff.; Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 97; Reuter/ Buschmann, ZIP 2008, 1003, 1003; Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 561 ff.; siehe aber auch Franke, Debt Equity Swaps, S. 41. 59 Einzelheiten zur Investitionsstrategie und zum Investitionsprozess bei Franke, Debt Equity Swaps, S. 36 ff.; Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 643 ff. Beispiele aus der Transaktionspraxis finden sich beispielsweise bei Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 22 ff. und Siemon, ZInsO 2014, 172, 177. Zum Erwerb notleidender Forderungen etwa Halász/Vogelmann/Körner, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, S. 684 ff. 60 Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 647; Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2152; Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 635 f. 61 Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 495; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 582; Redeker, BB 2007, 673, 673; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 13. 62 Erwerben die Investoren gezielt Darlehensforderungen unter dem Nominalwert mit dem Endziel einer Unternehmensübernahme unter günstigen Bedingungen, dann verfolgen sie eine aktive „Eigenkapitalstrategie“ (auch Loan-to-own-Strategie). Im Gegensatz dazu kann auch eine passive „Verwertungsstrategie“ verfolgt werden, welche auf ein Halten der Kredite abzielt. Bleibt die erhoffte wirtschaftliche Erholung aus, werden die Forderungen unter Zuhilfenahme der gestellten Sicherheiten realisiert, siehe Redeker, BB 2007, 673, 675; Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 417 ff.; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 9 f.; Reifert/Meiners, Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 107, 107 ff.; Bücker/Petersen, ZGR 2013, 802 ff.; zum Konflikt divergierender Strategien bei mehreren Investoren: Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003, 1003 ff. 63 Allein die Entschuldung bzw. passivistische Entlastung der Bilanz kann bereits zu einer Erhöhung des Unternehmenswertes führen. 64 Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 636. 65 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 2; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 586. 66 Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 419; Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2152; Kunz/Ehnert, FB 2007, 395, 399; Franke, Debt Equity Swaps, S. 48. Auch können die Investoren vorzeitig von der erfolgreichen Sanierung profitieren und Wertsteigerungen durch Ausschüttung von Rücklagen oder Gewinnanteilen abschöpfen. 67 Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 644; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 23, 45; Wentzler, FB 2009, 446, 447; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 586.

III. Motive der einzelnen Beteiligten

55

bei vergleichsweise geringem Risiko. Denn für den Fall, dass die Sanierung – trotz sorgfältiger „due diligence“-Prüfung – scheitert, hält sich der Verlust in Grenzen, da die erworbenen Kreditforderungen weit unter ihrem tatsächlichen Nennwert erworben wurden.68 c) Andere Gläubiger Andere Gläubiger, wie beispielsweise Großkunden, Zulieferer oder Dienstleistungsunternehmen, sind ebenfalls mögliche Beteiligte an einem Debt Equity Swap.69 Ihre Gründe für eine Beteiligung sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Sanierung des Vertragspartners, die damit verbundenen Weiterführung einer lukrativen Geschäftsbeziehung, der Werterhalt stehengelassener Forderungen und die Möglichkeit der Einflussnahme sowie die Partizipation an der Wertsteigerung der übernommenen Gesellschaftsanteile. Auch kann der Gläubiger im Einzelfall ein besonderes Eigeninteresse an der (Sanierungs-)Beteiligung am Schuldner haben, wenn dessen Produkte von entscheidender Bedeutung für die eigene Fertigung sind: etwa im Fall eines bedeutenden Zulieferers mit Alleinstellungsmerkmal. Umgekehrt verhindert die Beteiligung eines Zulieferers den Wegfall eines bedeutenden Kunden und damit verbundene Absatzschwierigkeiten. Darüber hinaus kommen Arbeitnehmer und deren Interessenvertretungen (Pensionfonds usw.) als Teilnehmer in Betracht.70 2. Schuldnergesellschaft Für die Schuldnergesellschaft ist der Umtausch von Fremd- in haftendes Eigenkapital eine vorteilhafte Sanierungsvariante. Ein Debt Equity Swap wirkt bilanziell restrukturierend, beseitigt die Überschuldung, schont Liquidität durch Wegfall von Zins- und Rückverbindlichkeiten, stärkt die Kreditwürdigkeit und wirkt in der Krise vertrauensfördernd.71 Es sind diese Vorteile, die den Debt Equity Swap als Sanierungsinstrument attraktiv machen, denn sie ermöglichen der Gesellschaft den Fortbestand.72 Die Vorteile werden sogleich näher dargestellt. 68 Redeker, BB 2007, 673, 673; Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 99; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 18; H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 65. 69 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931; Günther, ZInsO 2012, 2037, 2043; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572 (Fn. 87). Einschränkend für die öffentliche Hand als Gläubiger Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11. 70 Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 3 Rn. 72, 82. So wurde beispielsweise bei der Sanierung des US-amerikanischen Autoherstellers die Gewerkschaft UAW durch einen Schuldentausch größter Einzelaktionär, Handelsblatt v. 3.5.2009 („Besser wenig als nichts“). 71 Vgl. nur Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572 (Fn. 87); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 8 f. 72 Erwähnenswert ist, dass der Schuldner als juristische Person keine eigenen Interessen verfolgen kann, auch nicht das Interesse am eigenen Überleben. Es ist das Inte-

56

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

3. Altgesellschafter Die Position des Altgesellschafters wird durch die den Debt Equity Swap ermöglichenden Kapitalmaßnahmen bedroht. Entweder werden die Altgesellschafter vollständig verdrängt oder ihre Stellung wird erheblich verwässert.73 Auch droht ein Identitätsverlust bei den Schuldnern, die von ihren Gesellschaftern stark geprägt werden.74 Ungeachtet dessen kann ein Debt Equity Swap im Sinne der Altgesellschafter sein. Ein teilweiser Beteiligungsverlust ist besser als ein Totalverlust der Beteiligung.75 Statt einer hohen, aber wertlosen Beteiligungsquote erlangen sie eine – wenngleich niedrigere – Beteiligung an einem sanierten und werthaltigen Unternehmen und können von möglichen Wertzuwächsen profitieren.76 Immerhin erhöht die erfolgreiche Durchführung des Schuldentauschs die Eigenkapitalquote der Gesellschaft und schafft verbesserte Voraussetzungen pro futuro.77 Prinzipiell kann jedoch auch ein gänzliches Ausscheiden im Interesse der Altgesellschafter sein. Gegenüber einer (Regel-)Insolvenz droht ihnen kein größerer Nachteil, und sie wenden den mit einer Zerschlagung der Gesellschaft verbundenen Reputationsverlust ab.78

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap 1. Vorteile a) Bilanzielle Sanierung (Buchsanierung) Der Debt Equity Swap hat einen unmittelbar bilanzbereinigenden Effekt.79 Er ist bilanziell restrukturierend.80 Die Kapitalerhöhung sorgt für ein Mehr an Eiresse der Gesellschafter an der Rentabilität ihrer Investition, die sich offenbart, vgl. Bork, ZIP 2010, 397, 403. 73 Krolop, GmbHR 2007, 117, 120, Ekkenga, ZGR 2009, 581, 604; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 426; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 f. 74 R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 8. So z. B. bei Gründereinfluss oder (mittelständischen) Familienunternehmen. 75 Kunz/Ehnert, FB 2007, 395, 398; Krolop, GmbHR 2007, 117, 120; Franke, Debt Equity Swaps, S. 63. 76 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 426 f.; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931, die zudem darauf hinweisen, dass in der Insolvenz auch die Mitbestimmungsrechte marginalisiert werden. 77 Etwa Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503. 78 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 7; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 8. Vgl. aber auch Knecht, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 19 Rn. 76 f. (Auch Veräußerung birgt Reputationsrisiko). 79 Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 106.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

57

genkapital. Gleichzeitig verringert sich die Fremdkapitalbelastung, da durch die Einbringung der Forderung diese in voller Höhe erlischt.81 Dem Unternehmen werden zwar keine neuen Mittel zugeführt, auf der Passivseite der Bilanz führt dies jedoch zu einer Verminderung der Verbindlichkeiten (Entschuldung durch Passivtausch82).83 Insofern hat die Einbringung die gleiche wirtschaftliche Wirkung wie die Zuführung eines dem Wert der Forderung entsprechenden Geldbetrags, der zur Tilgung dieser Forderung eingesetzt wurde. b) Wegfall des Insolvenzgrundes nach § 19 InsO Nach § 19 Abs. 1 InsO ist bei juristischen Personen auch die Überschuldung84 ein Insolvenzeröffnungsgrund.85 Die Insolvenzrechtsreform hatte den Überschuldungsbegriff grundlegend geändert.86 Eine Überschuldung lag nach dem sogenannten einfachen zweistufigen Überschuldungsbegriff nun vor, wenn das Vermögen zum entscheidenden Zeitpunkt zur Deckung der Gläubigerforderungen nicht ausreicht. Im Rahmen des Vermögensvergleiches war jedoch das prognostische Element der Fortführung des Unternehmens einzubeziehen.87 Bei der Bewertung des Unternehmensvermögens sind daher nicht die Liquidations-, son80 Knecht/Haghani, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 18 Rn. 45 ff. Das IFRS Interpretations Committee hat auf die Zunahme von Debt Equity Swap-Transaktionen reagiert und am 26.11.2009 Leitlinien zur bilanziellen Abbildung derartiger Transaktionen veröffentlich (IFRIC 19): „Extinguishing Financial Liabilities with Equity Instruments“ (URL: http://www.iasplus.com/en/standards/ifric/ ifric19 – Stand: August 2014); siehe hierzu auch Heintges/Urbanczik, DB 2010, 1469 ff. 81 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 688. 82 Anschaulich Wentzler, FB 2009, 446, 448 ff.; Becker/Böttger/Müller/Reinke, KSI 2011, 53, 57 f. 83 Ohne passivistische Entlastung der Bilanz kann ein Einlageerfolg nicht eintreten, Ekkenga, ZGR 2009, 581, 591. Vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 14 f. (Bilanzfähigkeit unbeachtlich). 84 Eine rechnerische Überschuldung bezeichnet den Zustand, wenn der Wert des ökonomischen Vermögens unter den bilanziellen Wert der Verbindlichkeiten fällt und somit die zukünftigen Kapitalzuflüsse übersteigt, vgl. K. Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 19 Rn. 20 ff. Im Ergebnis ist die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft der Verbrauch des Eigenkapitals und des ersten Euros der Aktivmasse, sodass sich Aktiva und Passiva nicht mehr entsprechen. 85 Der Anwendungsbereich des § 19 InsO beruht auf der beschränkten Haftungsmasse von juristischen Personen und der fehlenden persönlichen Haftung. Daher sind nach Abs. 3 Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit nur insoweit betroffen als keine natürliche Person für die Verbindlichkeiten haftet; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 19 Rn. 4. 86 Zum Überschuldungsbegriff Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 6 Rn. 22 ff.; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 19 Rn. 1 ff.; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 19 Rn. 1 ff. m.w. N. 87 Die Fortführungsprognose wirkt sich jetzt nur noch bei der Vermögensbewertung aus; Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 29.

58

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

dern die Fortführungswerte zugrunde zu legen. Demnach konnte ein Unternehmen rechnerisch überschuldet sein, aber unter Fortführungsgesichtspunkten rechtlich keine Überschuldung i. S. d. § 19 InsO aufweisen. Nach der sogenannten zweistufigen modifizierten Überschuldungsprüfung alter Fassung war auch bei rechnerischer Überschuldung eine Überschuldung im rechtlichen Sinne dann nicht gegeben, wenn eine Prognose eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Fortführung in Aussicht stellte.88 Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ist der Gesetzgeber indes zum „alten“ – also dem vor der Insolvenzrechtsreform geltenden – zweistufigen Überschuldungsbegriff zurückgekehrt.89 Eine ursprüngliche Befristung90 wurde nach zwischenzeitlicher Verlängerung91 mittlerweile aufgehoben.92 Es gilt demnach wieder der Überschuldungsbegriff, der vor der Insolvenzrechtsreform galt.93 Nach der Legaldefinition in § 19 Abs. 2 InsO ist eine rechtliche Überschuldung gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Die Rückkehr zum „alten“ Überschuldungsbegriff basiert darauf, dass der Gesetzgeber angesichts der erheblichen bilanziellen Wertminderung gehaltener Vermögenswerte, insbesondere im Finanzsektor, Insolvenzen von Unternehmen vermeiden wollte, die vorrangig wegen solcher bewertungstechnischen Abschläge in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind; damit tragen die Gläubiger wieder das Prognoserisiko.94 Für den Debt Equity Swap spricht, dass ein Umtausch von Verbindlichkeiten in haftendes Eigenkapital die Verschuldungsquote verringert und damit unabhängig von der Anwendung der einfachen oder modifizierten zweistufigen Überschuldungsprüfung die bilanzielle Überschuldung verringern oder beseitigen kann.95 Damit würde im Idealfall einer Gesellschaft mit nur einem einzigen Gläubiger, der seine Forderungen in Eigenkapital der Gesellschaft tauscht, der 88 Die sog. zweistufige modifizierte Überschuldungsprüfung fordert zusätzlich zur rechnerischen Überprüfung (Erste Stufe) eine Fortführungsprognose (Zweite Stufe). Fällt diese Prognose nach überwiegender Wahrscheinlichkeit positiv aus, so ist die bilanzielle Überschuldung unschädlich und es liegt kein Insolvenzeröffnungsgrund vor; vgl. BGH v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201, 204 – Dornier. 89 Statt vieler K. Schmidt, ZIP 2013, 485 ff. („rechtspolitische Achterbahnfahrt“) m.w. N. 90 Art. 6 Abs. 2, 7 Abs. 2 des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes v. 17.10.2008 (Finanzmarktstabilisierungsgesetz, FMStG) BGBl. I, S. 1982 (Nr. 46). 91 Gesetz v. 24.9.2009, BGBl. I, S. 3151. 92 Gesetz v. 5.12.2012, BGBl. I, S. 2418. 93 Zur Diskussion über den Überschuldungsbegriff: Bitter/Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, passim; K. Schmidt, ZIP 2013, 485, 485 ff. 94 Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rn. 24 f.; Schmerbach, in: Wimmer, FK-InsO, § 19 Rn. 33 („Prinzip Hoffnung“); dagegen K. Schmidt, ZIP 2013, 485, 489 ff. 95 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

59

Insolvenzgrund der Überschuldung mit Vollzug des Schuldentauschs beseitigt und der Insolvenzgrund beseitigt. Diese Wirkung macht den Debt Equity Swap zu einem effektiven Instrument der Unternehmenssanierung.96 c) Liquiditätsschonung durch Wegfall von Zins- und Tilgungsleistungen Wie soeben aufgezeigt, wird durch den Tausch der Forderungen in Gesellschaftsanteile dem Unternehmen unmittelbar keine neue Liquidität zugeführt.97 Mittelbar wirkt sich der Debt Equity Swap jedoch liquiditätsschonend aus. Für die eingebrachten Darlehensforderungen entfallen die Zinszahlungen für den Zeitraum bis zur Endfälligkeit. Auch muss kein Kapital für die Rückzahlung aufgebracht werden: Refinanzierungsschwierigkeiten entfallen.98 Als Anteilseigner erhalten die ehemaligen Gläubiger nur gewinnabhängige Ausschüttungen. Durch Wegfall der regelmäßigen gewinnunabhängigen Belastungen verbessert sich die Liquiditätssituation. d) Erleichterung der zukünftigen Unternehmensfinanzierung Ein Unternehmen in der Krise braucht neue Liquidität, um erforderliche Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen und das operative Geschäft zu finanzieren. Ein hoher Verschuldungsgrad und ein Mangel an verfügbaren Kreditsicherheiten sind für Neukreditaufnahmen hinderlich. Ein Debt Equity Swap kann die wesentlichen Kennzahlen eines Unternehmens zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit verbessern, und dadurch die Chancen für neue Kredite wesentlich erhöhen. Naturgemäß scheuen Gläubiger die Ausreichung weiterer Kredite an bereits übermäßig fremdfinanzierte Schuldner, da mit dem Verschuldungsgrad auch das Ausfallrisiko ansteigt.99 Ein Debt Equity Swap reduziert den Verschuldungsgrad und stärkt die Eigenkapitalbasis des Unternehmens. Eine betriebswirtschaftlich 96 Nur R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 8; Hass/Schreiber/Tschauner, in: Hommel/ Knecht/Wohlenberg, Handbuch Unternehmensrestrukturierung, S. 841, 843. Pointiert auch Richter, ECFR 2009, 358, 360 ff. („At bottom, given that the assets stay where they are, the ways in which the balance sheet can be fixed are not that numerous, really. One can either reduce (or reschedule or do something else with) the debt, or inject new equity. One can of course do both at the same time by swapping debt for equity, which ist done frequently when insolvent [or near insolvent] companies are recapitalized.“). 97 Etwa Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 97; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 107. 98 Wentzler, FB 2009, 446, 449; R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 7. 99 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 688, der auch daraufhin weist, dass eine zu geringe Eigenkapitalausstattung dazu führt, dass in der Zukunft erneut eine außerordentliche und – negativ öffentlichkeitswirksame – Gesellschafterversammlung wegen Verlust der Hälfte des Stamm- bzw. Grundkapitals einberufen werden muss, wenn erneut Verluste eintreten (§ 92 Abs. 1 AktG bzw. § 49 Abs. 2 GmbHG).

60

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

angemessene Eigenkapitalausstattung ist für eine nachhaltige Sanierung von enormer Bedeutung.100 Eigenkapital dient dem Unternehmen als Puffer für Verluste, die nach Beginn der Sanierung und durch zukünftige wirtschaftliche Herausforderungen entstehen.101 Da der Wechsel von der Gläubiger- in die Gesellschafterstellung die eingebrachten Forderung gegen die Gesellschaft erlöschen lässt, erlöschen die für die Forderungen bestellten akzessorischen Kreditsicherheiten. Nicht akzessorische Sicherheiten sind grundsätzlich an die Gesellschaft zurückzugewähren. Die als Sicherheit genutzten Sachen, Rechte, Forderungen oder Lizenzen stehen dann wieder zu Sicherungszwecken zur Verfügung und begünstigen insoweit die Neufinanzierung.102 Die bilanzielle Sanierung durch die Reduzierung der Fremdkapitalbelastung hat zudem den Vorteil, dass die Gesellschaft für das Kreditrating entscheidende Kennzahlen verbessern kann.103 Auch das wirkt sich im Rahmen einer Sanierung oder Reorganisation positiv aus. Zum einen beruhigt eine Verbesserung des Ratings vorhandene sowie potentielle Kreditgeber und unterstützt insoweit die (Re-) Finanzierung der Gesellschaft. Zum anderen erschließt sich ein Unternehmen durch eine Verbesserung des Ratings in gewissen Fällen neue Investorenschichten. Insbesondere institutionelle Investoren wie Versicherer und risikoaverse Fonds investieren aufgrund ihrer Ausrichtung und Anlagestrategie nicht in Anleihen von Unternehmen, die ein schlechtes Rating (non-investment grade) aufweisen. Das gilt natürlich nur, sofern das jeweilige Unternehmen ein Kreditrating aufweist. e) Unternehmerische Renditechancen Das Einrücken in die Gesellschafterstellung ist für die Gläubiger risikoreich. Die Einbringung der Forderungen bedeutet den Verzicht auf Zinszahlungen und die Rückzahlung zum vereinbarten Termin, den Verlust evtl. Sicherheiten und 100 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 503 („Stärkung der Eigenkapitalbasis oftmals Eckpfeiler eines erfolgreichen Sanierungsund Restrukturierungskonzepts“). 101 Etwa Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Kap. A Rn. 2; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 688. 102 Vgl. Redeker, BB 2007, 673, 673; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 107. Insoweit stellt sich freilich die Frage, welcher Gläubiger eine durch Kreditsicherheiten abgesicherte Fremdkapitalgläubigerposition in eine deutlich risikoreichere Eigenkapitalposition (mit ungewissen Renditeaussichten) tauschen will, siehe auch K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.222; Mavridis, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 124, 134; Knecht/Haghani, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 18 Rn. 48; vgl. aber Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 72 (typischerweise besicherte Gläubiger als Teilnehmer des Debt Equity Swap). 103 Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 107; R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 7; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

61

eines Vorrangs im Insolvenzverfahren.104 Ein Scheitern der Sanierungsbemühungen ist mit fortdauernder Substanzverwirtschaftung verbunden und bedeutet regelmäßig einen Totalverlust des Investments. In diesen Fällen wäre eine sofortige Liquidation für den Gläubiger vorteilhafter.105 Kommt es jedoch zu einer erfolgreichen Sanierung nach Durchführung des Schuldentauschs, dann profitieren die Neugesellschafter von dem Einrücken in die Gesellschafterstellung. Der Wert stehengelassener Forderungen bleibt erhalten106 und erwirtschaftete Gewinne werden ausgeschüttet. Die Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile, das sogenannte upside potential, wird durch den späteren Verkauf realisiert und bietet zusätzlich Renditechancen.107 Diese Vorteile kompensieren den Verlust der Gläubigerstellung für den Fall des Eintritts des Sanierungserfolges.108 f) Signalwirkung an andere Gläubiger Die Übernahme der Gesellschafterstellung wirkt zudem vertrauensbildend und ist schon aus diesem Grund in einer das Vertrauen in den Schuldner erschütternden Krise ein Vorteil des Debt Equity Swap. Schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber insbesondere nach Antragsstellung sind sowohl Lieferanten als auch Kunden des Unternehmens skeptisch im Hinblick auf die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen. Als Gesellschafter übernimmt der Gläubiger das mit der als Eigenkapitalgeber verbundene unternehmerische Risiko. Damit signalisieren die beteiligten Gläubiger, dass sie an eine Überwindung der Krise glauben und eine Sanierung des Unternehmens für möglich halten.109 Auch an dem Debt Equity Swap unbeteiligte Gläubiger schöpfen angesichts der Sanierungsbemühungen Vertrauen in die Überlebensfähigkeit der Gesellschaft.110 Zudem bringen die Gläubiger, insbesondere wenn es sich um spezialisierte Investoren handelt, wertvolle Restrukturierungsexpertise und tragfähige Konzepte ein. 104 Normalerweise würde eine Bank als Gläubiger versuchen, das erhöhte Ausfallrisiko durch Zinsaufschläge zu kompensieren. Da solche Zinserhöhungen angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht durchsetzbar sind, soll das Mehr an Risiko durch die Aussicht auf Rendite im Fall der erfolgreichen Sanierung ausgeglichen werden, Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 690 f. 105 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 690 f. 106 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280. 107 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 690 f. Für Krolop, GmbHR 2007, 117, 118; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 697 stellt daher der Debt Equity Swap eine Art „Besserungsschein“ dar. 108 Wentzler, FB 2009, 446, 446. 109 Hass/Schreiber/Tschauner, in: Hommel/Knecht/Wohlenberg, Handbuch Unternehmensrestrukturierung, S. 841, 843; H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 65 („positive psychologische Wirkung“); R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 8 („psychologisch nicht zu unterschätzender Effekt“). 110 H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 65; Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.270 m.w. N.

62

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

g) Einflussausübung und Machtübernahme Die Übernahme der Gesellschafterstellung hat gegenüber dem Verbleib in der Stellung als Fremdkapitalgläubiger den zusätzlichen Vorteil, dass eine direktere Einflussnahme auf Entscheidungsprozesse die Wahrscheinlichkeit eines Sanierungserfolges erhöhen kann.111 Ganz regelmäßig ist die Krise einer Gesellschaft auch Folge von unternehmerischen Fehlentscheidungen der geschäftsführenden Gesellschafter oder des Vorstands.112 Die Verantwortlichen tragen einen Anteil am Eintritt der Krise und zudem fehlt oftmals Erfahrung und notwendiger Sachverstand, um die Schwierigkeiten zu bewältigen.113 Für eine nachhaltige Sanierung ist es dann häufig erforderlich, den unternehmerischen Einfluss der Altgesellschafter zu beschränken und die Unternehmensstrategie neu auszurichten oder das Management auszutauschen.114 Im Gegensatz zu einem Fremdkapitalgläubiger, der über seine Gläubigerstellung nur mittelbaren Druck ausüben kann115, hat eine Anteilseigner weitergehende Kontroll- und Weisungsrechte, die eine unmittelbare Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Umsetzung der als notwendig erachtenden Maßnahmen ermöglichen.116 Da zudem nach erfolgreicher Durchführung eines Debt Equity Swap die Gläubiger häufig die Mehrheit der Gesellschafter stellen, ist der Weg geebnet, die Unternehmensstrategie zu ändern 111 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 689; Redeker, BB 2007, 673, 673; Hass/ Schreiber/Tschauner, in: Hommel/Knecht/Wohlenberg, Handbuch Unternehmensrestrukturierung, S. 841, 843. 112 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 689; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835; Kraus, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 4 Rn. 5 (80% aller Krisen beruhen auf Managementfehlern); vgl. auch die prominenten Beispiel „Schlecker“, vgl. manager magazin v. 9.7.2013 (URL: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/ handel/a-843307.html – Stand: August 2014), und Praktiker, vgl. manager magazin v. 11.7.2013 (URL: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/handel/analyse-bau marktkette-praktiker-fuehren-eigene-rabatte-in-insolvenz-a-910652.html – Stand: August 2014). 113 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 689, der auch auf den möglichen Vertrauensverlust bei Geschäfts- und Vertriebspartnern gegenüber dem Altmanagement hinweist. 114 Redeker, BB 2007, 673, 678; Götz/Hegerl, DB 1997, 2365, 2366, auch der Gesetzgeber erkennt die Bedeutung eines Managementwechsels für das Gelingen der Sanierungsbemühungen, Rechtsausschuss, Beschlussempfehlung und Bericht zum KonTraG, BT-Drucks. 13/10038, zu Art. 9a (Änderung des GmbH-Gesetzes), S. 28. 115 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931 (faktischer Einfluss auf die Unternehmensleitung), zur Möglichkeit sanierungserheblicher Einflussnahme durch Fremdkapitalgeber auch: Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, 2008, passim. 116 Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 99; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 3: Die Gesellschafter bestimmen bei der GmbH die Geschäftsführung direkt und haben über Gesellschafterbeschlüsse nicht nur allgemeine Zielvorstellungen, sondern können aufgrund der Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer auch Entscheidungen in konkreten Situationen treffen (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1068), bei der Aktiengesellschaft wird der Vorstand mittelbar von den Aktionären über den Aufsichtsrat bestimmt, Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 28; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 132 f.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

63

und Sanierungsexperten ins Management zu berufen.117 Berufen die Neugesellschafter Personen ihres Vertrauens in den Aufsichtsrat oder den Vorstand, stellen sich sicher, dass für die erfolgreiche Sanierung wichtige Entscheidungen in enger Abstimmung getroffen werden.118 Dies ist insbesondere dann wirkungsvoll, wenn – wie bei der stärker personalistisch geprägten GmbH – die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist.119 Finanzinvestoren, die sich auf die Übernahme von Unternehmen mittels Debt Equity Swap spezialisiert haben, oder Banken, die eine Gesellschafterstellung anstreben, verfügen überdies über Sanierungsspezialwissen und den externen Sachverstand, um die Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung zu erhöhen.120 2. Nachteile a) Verlust von Kreditsicherheiten Ein Debt Equity Swap kann jedoch auch für die Gläubiger nachteilig sein. Die Einbringung der Forderungen im Wege des Debt Equity Swap führt zu deren Erlöschen.121 Damit gehen infolge des Akzessorietätsprinzips auch die für sie bestellten akzessorischen122 Kreditsicherheiten unter.123 Dieser Nachteil relativiert sich aber dadurch, dass es – abhängig von der Art und Güte der bestellten Sicherheiten für den Forderungsinhaber vorteilhafter sein kann, mittels Debt Equity Swap an einer erfolgsversprechenden Sanierung teilzunehmen, statt auf eine mit teils erheblichen Anfechtungsrisiken behaftete Sicherheitenverwertung zu setzen.124 117

Etwa Redeker, BB 2007, 673, 673. Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 426. 119 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 689. 120 Redeker, BB 2007, 673, 673; R. Paulus, DZWIR 2008, 6, 8. 121 Siehe RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp. 122 Für nicht akzesorische Sicherheiten müssen Regelungen – etwa im Insolvenzplan – getroffen werden, Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 6.48a. 123 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 701; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 583 (Fn. 8); Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Pape, ZInsO 2011, 1033, 1040; Schlitt/ Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 5; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 35; K. Schmidt, in: Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.222. Angesichts dieses Mehr an Risiko durch das Einrücken in die Gesellschafterstellung werden vor allem schlecht besicherte Forderungen im Rahmen eines Schuldentauschs eingebracht werden, vgl. auch RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp.; Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 3 Rn. 76; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 20; vgl. aber Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 72 (typischerweise besicherte Gläubiger als Teilnehmer des Debt Equity Swap). 124 In Betracht kommt aber auch, dass die Gläubiger nur in Höhe des erwarteten Ausfalls, also der Differenz zwischen Forderungswert und Wert der Sicherheiten, an dem Debt Equity Swap teilnehmen. Zur Bewertung der Sicherheiten im Rahmen eines Debt Equity Swaps Eckert/Harig, ZInsO 2012, 2318 ff.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ 118

64

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

b) Übernahme unternehmerischen Risikos Die unternehmerische Beteiligung birgt im Falle des Scheiterns der Sanierung das Risiko des Totalverlusts. Da am Ende des Insolvenzverfahrens kein Überschuss nach § 199 S. 2 InsO zu erwarten ist, stehen die Neugesellschafter im Vergleich zur Stellung als Fremdkapitalgläubiger bei zeitlich früherer Liquidation schlechter dar.125 Ein teilnehmender Gläubiger trägt insoweit das Prognoserisiko in Bezug auf die Erfolgsaussichten einer Sanierung. Eine sorgfältige Prüfung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnergesellschaft sowie der Erfolgsaussichten ist daher von entscheidender Bedeutung.126 Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass das Risiko eines Totalverlusts dadurch begrenzt ist, dass Investoren die für den Tausch genutzten Forderungen mit erheblichen Abschlag erwerben und zudem auch für den Fall einer Zerschlagung nur eine sehr geringe Quote erwartet werden kann.127 c) Fehlen fester Rückzahlungstermine Ein Darlehen weist feste Zinszahlungs- und Rückzahlungstermine auf. Im Gegensatz hierzu ist nicht sicher, ob und wann die Beteiligung an der Schuldnergesellschaft Gewinne abwirft. Die damit verbundene Unsicherheit für die beteiligten Gläubiger ist ein weiterer Nachteil des Einrückens in die Gesellschafterstellung durch einen Debt Equity Swap.128 d) Haftungsrisiken aa) Differenzhaftung Die mit dem Debt Equity Swap verbundenen Kapitalmaßnahmen können zudem kapitalgesellschaftsrechtliche Haftungsrisiken bergen. So folgt die Differenzhaftung aus dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung und dem sich daraus ergebenden Deckungserfordernis.129 Aus der mit der Übernahme bzw. mit der Zeichnung zwangsläufig verbundenen Kapitaldeckungszusage folgt, dass der Bork, InsO, § 225a Rn. 53 f. Grundlegend zu Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz: Thole, ZHR 176 (2012), 513 ff.; Mylich, ZHR 176 (2012), 547 ff.; ders., ZIP 2013, 2444 ff.; Bitter, ZIP 2013, 1497 ff.; ders., ZIP 2013, 1998 ff.; Altmeppen, ZIP 2013, 1745 ff.; Hölzle ZIP 2013, 1992 ff. 125 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 5. 126 Redeker, BB 2007, 673, 673. 127 Redeker, BB 2007, 673, 673; Kestner/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417 ff.; Labbé/ Rudolph, FB 2008, 97, 99. 128 Vgl. nur Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 29. 129 Vgl. Haas, NZG 2012, 961, 966 f. Zum Grundsatz der realen Kapitalaufbringung statt vieler Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 4 ff. m.w. N.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

65

Inferent bei der Überbewertung seiner Sacheinlage den Differenzbetrag zwischen Wert der Einlage und Ausgabebetrag in Geld zu leisten hat. Diese gilt auch bei der Sacheinlage, die die grundsätzliche Bareinlagepflicht nicht beseitigt, sondern nur verdrängt. Für die GmbH folgt die Differenzhaftung aus §§ 9 Abs. 1 S. 1, 56 Abs. 2 GmbHG. Sie ist trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung ebenfalls für das Aktienrecht anerkannt.130 Der Sacheinleger haftet der Gesellschaft verschuldensunabhängig in Höhe der Differenz zwischen tatsächlichem Wert der Sache und der Einlagepflicht, da er nur in der Höhe des wirklichen Wertes der Sacheinlage von der Einlagepflicht befreit wurde. Im Übrigen besteht die eigentliche Barleistungspflicht fort.131 Die Differenzhaftung droht grundsätzlich auch den Gläubigern, die an einem Debt Equity Swap teilnehmen. Sie bringen ihre Forderung nach weit überwiegender Auffassung als Sacheinlage in die Gesellschaft ein.132 Bleibt ihre Einlageleistung hinter ihrer Verpflichtung zurück, sind sie grundsätzlich zum Ausgleich der Differenz verpflichtet. Da die Differenzhaftung sich regelmäßig erst im Fall der (Folge-)Insolvenz manifestiert, droht eine Verlustvertiefung.133 Die Differenzhaftung gilt folglich – trotz zwischenzeitlicher Abmilderung der Differenzhaftung durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen134 (MoMiG)135 – als eine der größten Hürden bei einem Debt Equity Swap.136 bb) Lehre von der verdeckten Sacheinlage Die gesetzlichen Hürden bei der Sacheinlage lassen sich auch nicht durch Konstruktionen umgehen, bei denen vereinbart wird, dass die Forderungsgläubi130 Die Regelungslücke im Aktienrecht füllt §§ 9 Abs. 1, 56 Abs. 2 GmbHG analog i.V. m. § 36a Abs. 2 i. V.m §§ 183, 188 Abs. 2 S. 1 AktG, BGH v. 27.2.1975 – II ZR 111/72, BGHZ 64, 52; v. 14.3.1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191, 195; v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 101; v. 12.3.2007 – II ZR 302/05, BGHZ 171, 293, 295 f.; v. 6.12.2011 – II ZR 149/10, BGHZ 191, 364, 370 f. – Babcock Borsig; aus der Literatur etwa Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 183 Rn. 72 m.w. N. 131 Tebben, in: Michalski, GmbHG, § 9 Rn. 5. 132 BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 – IBH/Lemmerz; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 599. Hierzu unter D.II.a). 133 Etwa Gehrlein, NZI 2012, 257, 260. 134 Gesetz v. 23.10.2008 (BGBl. I, S. 2026). 135 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. 136 Siehe nur Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993 (Immenses Haftungsrisiko als entscheidendes Hindernis); Brinkmann, WM 2011, 97, 101; Hölzle, NZI 2010, 207, 213; Redeker, BB 2007, 673, 676 (Nur Haftungsminimierung, kein Ausschluss möglich); Vallender, NZI 2007, 129, 132; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 293 f. Ebenfalls Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 11 ff. Vgl. auch Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 107 f. (Debt Equity Swap führt zu „erheblichen, hauptsächlich gesellschaftsrechtlichen Problemen“).

66

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

ger eine Bareinlage leisten, und anschließend die Gesellschaft die betreffenden Forderungen mit ebendiesen Barmitteln begleicht. Da durch eine solche Aufspaltung eines eigentlich einheitlich gewollten Vorgangs bzw. der Koppelung der Einlageleistung mit einem anderen Geschäft indes eine der Sacheinlage entsprechende wirtschaftliche Situation geschaffen wird, bezeichnet man eine solche Umgehung auch als verdeckte oder verschleierte Sacheinlage.137 Der Gesellschaft fließt ein Vermögensgegenstand zu, dies geschieht aber ohne Publizität, Festsetzung der Sacheinlage und deren wertmäßiger Prüfung.138 § 27 Abs. 3 AktG bzw. § 19 Abs. 4 GmbHG sehen vor, dass der Inferent durch solch eine „verdeckte Sacheinlage“ nicht von seiner Einlageverpflichtung befreit wird. Nach § 27 Abs. 3 AktG bzw. § 19 Abs. 4 GmbHG wird der Inferent im Fall einer solchen verdeckten Sacheinlage nicht von seiner Einlageverpflichtung frei, es findet jedoch – im Gegensatz zum früheren Recht139 – eine Anrechnung statt, soweit der Wert der verdeckten Sacheinlage zum entscheidenden Zeitpunkt dem Betrag der übernommenen Bareinlage entspricht.140 Dies stellt sicher, dass der Inferent die Einlage wertmäßig nur einmal erbringen muss. Die sich daraus ergebenden Unwägbarkeiten erschweren Strukturen eines Schuldentauschs, bei denen die Unsicherheiten über die Bewertung der einzubringenden Forderung mittels Verknüpfung von Bareinlage und Forderungsrückzahlung umgangen werden sollen.141 e) Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Seit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG sind Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens (oder wirtschaftlich entsprechende Handlungen) in der Insolvenz generell nachrangig, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.142 Zahlungen auf diese Forderungen sind unter den Voraussetzungen des 137 Zur verdeckten Sacheinlage statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 23 ff.; Märtens, in: MünchKomm-GmbHG, § 19 Rn. 156 ff. jew. m.w. N. 138 Nur BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 58 – IBH/Lemmerz. 139 Damit wurden die „drakonischen Rechtsfolgen“ der verdeckten Sacheinlage vor Inkrafttreten des MoMiG erheblich abgemildert. Nach früherer Rechtslage war die Folge einer verdeckten Rechtslage die Nichtigkeit des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Geschäfts. Die Einlageverpflichtung hatte der Gesellschafter erneut zu erbringen. In der Folgeinsolvenz wurde dies von dem Insolvenzverwalter eingefordert, während der Rückforderungsanspruch der Inferenten als Insolvenzforderung galt und angesichts der niedrigen Insolvenzquoten als wirtschaftlich verloren gelten konnte. Wirtschaftlich betrachtet musste der Gesellschafter die Bareinlage ein zweites Mal erbringen, etwa Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 695 f.; Karollus, ZIP 1994, 589, 591 („katastrophale Folgen“). Vgl. zur Situation beim (vorinsolvenzlichen) Debt Equity Swap: Krolop, GmbHR 2007, 117, 118 f.; Vallender, NZI 2007, 129, 132 f.; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 121 ff. jew. m.w. N. 140 S. etwa Gehrlein, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 26 Rn. 23 ff. 141 Etwa Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 695 f.; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589. Zur Bewertungsproblematik siehe unter E.VII.1. 142 Statt vieler Gehrlein, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 26 Rn. 36 ff.

IV. Vor- und Nachteile des Debt Equity Swap

67

§ 135 InsO anfechtbar. Angesichts der zu erwartenden Insolvenzquoten bedeutet das praktisch immer den Totalverlust für den betroffenen Gesellschafter als Gläubiger. Werden im Zuge des Debt Equity Swap aus Gläubigern Anteilseigner, sehen diese sich im Hinblick auf stehengelassene Forderungen, neu gewährte Kredite oder Ähnliches dem Risiko der Nachrangigkeit ausgesetzt. Die Insolvenzordnung sieht zwar mit dem sogenannten Kleinbeteiligungsprivileg und dem sogenannten Sanierungsprivileg Ausnahmen von der Nachrangigkeit vor. Deren Reichweite ist indes unklar, weswegen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO für am Schuldentausch beteiligte Gläubiger ein Risiko darstellen kann.143 f) Steuerrechtliche Nachteile Auch steuerrechtlich kann ein Debt Equity Swap Probleme aufwerfen. Werden die Forderungen nur zu einem Teil ihres Nennwertes eingebracht, liegt nur in dieser Höhe eine erfolgsneutrale Einlage der Forderung vor. Forderung und Verbindlichkeit erlöschen jedoch vollständig durch Konfusion bzw. Erlass.144 In Höhe des entsprechenden nicht werthaltigen Teils entsteht der Gesellschaft ein Buchgewinn.145 Dieser Sanierungsgewinn ist grundsätzlich steuerpflichtig. Zwar kann die Steuerbelastung durch die Verrechnung mit laufenden Verlusten und Verlustvorträgen der Gesellschaft reduziert werden, jedoch sind hier einerseits die Regelungen zur Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG i.V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG zu beachten, andererseits birgt die Anwendbarkeit des § 8c Abs. 1 KStG die Gefahr eines (teilweisen) Entfalls wichtiger Verlustvorträge.146 Um die damit verbunden Härten und Hürden für eine Sanierung abzufedern, hat das Bundesministerium der Finanzen einen Sanierungserlass herausgegeben, der die Besteuerung von Sanierungsgewinnen reduzieren soll.147 Ist das zu sanierende Unternehmen sanierungsbedürftig und sanierungsfähig und die getroffene Maßnahme geeignet, den Sanierungserfolg herbeizuführen, dann ist – die Sanierungsabsicht der Gläubiger vorausgesetzt – der Sanierungsgewinn zunächst mit sämtlichen Verlusten und negativen Einkünften zu verrechnen, ohne dass entsprechend Ausgleichs- oder Verrechnungsbeschränkungen Anwendung finden.148 In-

143 Vgl. nur Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552. Eingehend hierzu unter E.VII.9. 144 Statt vieler Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589. 145 Nur Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107 ff. Siehe hierzu unter G.III. 146 Etwa Zimmer, ZInsO 2011, 950 ff.; Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1111 f. Hierzu unter G.III. 147 BMF-Schreiben v. 27.3.2003, BStBl. 2003 I, S. 240. 148 BMF-Schreiben v. 27.3.2003, BStBl. 2003 I, S. 240 (Tz. 8), aufgeführt sind insbesondere § 2 Abs. 3, § 2a, § 2b (heute § 15b), § 10d, § 15 Abs. 4, § 15a, § 23 Abs. 3 EStG.

68

B. Grundlagen des Debt Equity Swap

wieweit dieser Sanierungserlass jedoch Anwendung findet, ist umstritten.149 Die mit diesem Streit verbundene Rechtsunsicherheit kann der Durchführung eines Debt Equity Swap entgegenstehen.

V. Zusammenfassung Ein Debt Equity Swap ist ein effektives Mittel zur finanzwirtschaftlichen Sanierung einer Gesellschaft. Der Tausch von Fremdkapital in Eigenkapital ist der Unternehmenssanierung bekannt und bewährt, seine Wirksamkeit wissenschaftlich belegt. Die Motive der Beteiligten unterscheiden sich stark. Grundsätzlich kann jede Forderung getauscht werden. Weit überwiegend beteiligen sich die Gläubiger, weil sie den Fortführungswert des Schuldners höher als den Liquidationswert einschätzen oder weil anderweitige Befriedigungsmöglichkeiten fehlen. Der Schuldentausch kann aber auch Bestandteil einer Investitionsstrategie sein. Der Schuldnergesellschaft ermöglicht ein Debt Equity Swap das Fortbestehen, den Altgesellschaftern unter Umständen den Verbleib mit geringerer, aber werthaltiger Beteiligung. Die passivistische Entlastung der Bilanz erhöht das Eigenkapital, verringert den Fremdkapitaldienst, ermöglicht Teilhabe an unternehmerischen Renditechancen und sichert die mit der Eigenkapitalposition verbundene Gestaltungsmacht. Nachteilig wirkt sich die Stellung als Gesellschafter aus, da Eigenkapital nur Residualansprüche vermittelt und Ausschüttungen erfolgsabhängig sind. Die gesellschaftsrechtlich erforderlichen Maßnahmen bergen zudem Haftungsrisiken, die das Risiko einer Verlustvertiefung bei einem Scheitern der Sanierung mit sich bringen.

149 BFH v. 28.2.2012 – VIII R 2/08, ZIP 2012, 989; auch Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 110 m.w. N.

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten I. Barkapitalerhöhung Anstatt umständlich Forderungen in Eigenkapital zu tauschen, können Gesellschafter oder Dritte dem Unternehmen auch im Wege einer Barkapitalerhöhung neue Liquidität zuzuführen und dafür neue Gesellschaftsanteile nach §§ 55, 5 GmbHG im Falle der GmbH oder neue Aktien nach §§ 182, 1 Abs. 2, 8 ff. AktG beziehen.1 Eine solche Barkapitalerhöhung kann unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 InsO oder eine Überschuldung gem. § 19 abwenden.2 Das Barkapital kann genutzt werden, um Forderungen auszugleichen, Kredite zurückzuzahlen oder Verpflichtungen aus Schuldverschreibungen zu bedienen und hat damit – wie der Debt Equity Swap – positive Folgen für den Verschuldungsgrad der Gesellschaft.3 Eine Barkapitalerhöhung scheitert jedoch ganz regelmäßig daran, dass sich kein Investor findet, der fähig oder willens wäre, in dem fortgeschrittenen Krisenstadium frisches Kapital zuzuschießen. Den Gesellschaftern fehlt es oft an Finanzmitteln, um die Gesellschaft zu stützen.4 Neue Investoren investieren frisches Kapital wiederum nur äußerst zurückhaltend in ein Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, da der Totalverlust des eingesetzten Kapitals droht.5 Ungeachtet dessen ist aber im Einzelfall – als Teil eines Bündels an Maßnahmen – eine Kombination von Barkapitalerhöhung und Sachkapitalerhöhung im Rahmen einer Sanierung mittels Debt Equity Swap notwendig, um die für die leistungswirtschaftliche Sanierung erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.6 1 Die Vorschriften über die Bewertung der einzubringenden Sache (§§ 183 Abs. 3, 188 Abs. 2, 33–37 AktG bzw. § 27 AktG im Falle der Aktiengesellschaft und §§ 56, 9 GmbHG für die GmbH) gelten nur für die Erbringung einer Sacheinlage, auch drohen keine mit der Einbringung von Sacheinlagen verbundenen Haftungsrisiken. 2 Hierin besteht auch ein wichtiger Unterschied zur Zufuhr neuer Liquidität im Rahmen der Gewährung neuer Kredite. Diese sind nicht geeignet den Insolvenzgrund der Überschuldung gem. § 19 InsO abzuwenden. Die neuen Kredite sorgen zwar für einen Aktivposten auf der Bilanz, diesem steht aber ein gleichhoher Passivposten als Verbindlichkeit entgegen. 3 Nicht umsonst wird daher die Zuführung neuen Eigenkapitals als die beste Form der Sanierungsfinanzierung bezeichnet, siehe Madaus, Der Insolvenzplan, S. 22. 4 Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 97 f. 5 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 584. 6 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 586.

70

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

II. Übertragende Sanierung Als übertragende Sanierung7 wird die vollständige oder teilweise Veräußerung (oder Verpachtung) der den Geschäftsbetrieb ausmachenden Vermögenswerte des Unternehmens im Wege eines sogenannten asset deals an einen Investor bezeichnet, der das übertragene Unternehmen unter neuem Rechtsträger weiterführt.8 Durch die Veräußerung des Unternehmens en bloc als funktionierende Einheit kommt es zu einer Trennung von Unternehmen und dem Rechtsträger als Schuldner.9 Bei der Veräußerung bleiben häufig die nicht wettbewerbsfähigen Unternehmensteile zurück: Nur der überlebensfähige Teil wird von dem neuen Rechtsträger weitergeführt.10 Angestrebt wird eine Trennung der Aktiva von den Passiva.11 Die beim alten Rechtsträger zurückgebliebenen Verbindlichkeiten werden, unter anderem, aus dem für die erworbenen Vermögenswerte gezahlten Kaufpreis beglichen. Diese Vorgehensweise hat einen sanierenden Endeffekt. Die Bezeichnung als „Sanierung“ ist schlussendlich aber irreführend; im Ergebnis handelt es sich um eine besondere Verwertungsart bzw. Liquidationsart.12 Eine übertragene Sanierung ist dabei sowohl außerhalb des Insolvenzverfahrens als auch nach dessen Eröffnung möglich.13 Im eröffneten Verfahren weist 7 Den Begriff „übertragende Sanierung“ grundlegend prägend: K. Schmidt, ZIP 1980, 328, 336 f.; eingehend zur Thematik Schmerbach/Staufenbiel, ZInsO 2009, 458, 458 ff. 8 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 217 Rn. 46; Bitter, ZGR 2010, 147, 153 f.; Undritz, ZGR 2010, 201, 205 f.; Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1419 ff. Bei einem share deal werden die Passiva nicht abgestreift, weswegen es sich hierbei um keine übertragende Sanierung handelt. 9 K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, 1990, S. 143 („Sanierung des Unternehmens unter Liquidation seines Rechtsträgers“); ders., ZIP 1980, 328, 336 (findige Trennung der Aktiva von den Passiva schließe Gläubiger systematisch von dem Fortführungswert aus). 10 Zu den Varianten der „übertragenden Sanierung“ Zipperer, NZI 2008, 206 ff. 11 Wellensiek, NZI 2002, 233, 235; Zipperer, NZI 2008, 206, 207; Schmerbach/Staufenbiel, ZInsO 2009, 458, 459. 12 Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7 („Euphemismus, der mit der Sanierung des bisherigen Rechtsträgers nichts zu tun hat“); Madaus, Der Insolvenzplan, S. 28 f. (irreführender, euphemistischer und fragwürdiger Begriff); Undritz, ZGR 2010, 201, 208; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1834 f. („Liquidation im Gewand der Sanierung“); Kluth, ZInsO 2002, 258, 259 ff.; differenzierend K. Schmidt, in: Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 7.99 ff. 13 Zu den Vor- und Nachteilen einer außergerichtlichen übertragenden Sanierung Wellensiek, NZI 2002, 233, 237 f. Kritisch zur übertragenden Sanierung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wg. deren ggfls. gläubigerbenachteiligenden Wirkungen und den Haftungsrisiken: K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.133 ff. m.w. N.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 175 weist darauf hin, dass eine übertragende Sanierung sowohl im Regelverfahren als auch im Insolvenzplanverfahren (sog. Übertragungsplan) durchgeführt werden kann, dabei weise die Übertragung im Regelverfahren zeitliche Vorteile auf: Eine Übertragung ist ohne die ansonsten nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO erforderliche Zustim-

II. Übertragende Sanierung

71

sie den Vorteil auf, dass es zu einer umfassenderen Trennung der Aktiva von den Passiva kommt. Beim vorinsolvenzlichen Erwerb des Unternehmens haftet der Erwerber nach § 613a BGB, § 25 HGB und § 75 Abs. 1 AO für bestehende Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft. Innerhalb des Insolvenzverfahrens finden zumindest § 25 HGB und § 75 Abs. 1 AO keine Anwendung, da dies dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (par conditio creditorum)14 widersprechen würde.15 Die Trennung von Aktiva und Passiva erlaubt die Konzentration auf die leistungswirtschaftliche Sanierung. Überdies ist die übertragende Sanierung im Vergleich zu einer Reorganisation mittels Insolvenzplan weniger komplex und mit geringeren Haftungsrisiken für den Insolvenzverwalter verbunden.16 Zudem ist sie häufig weniger zeitaufwendig und verringert so die mit einem langen Insolvenzverfahren verbundenen Risiken für das operative Geschäft.17 Bei allen Vorteilen, die eine erfolgreiche übertragende Sanierung in einer Vielzahl der Fälle bietet18, weist sie aber auch Nachteile auf, die eine Sanierung unter Erhalt des bestehenden Rechtsträgers vorteilhafter erscheinen lässt. Zum einen sind steuerliche Verlustvorträge und deren Nutzung an den Rechtsträger, bei dem sie aufgelaufen sind, gebunden und setzen eine wirtschaftliche Identität voraus. Zum anderen können für den Fortführungswert entscheidende Rechtsbeziehungen an den Rechtsträger geknüpft und nicht ohne Zustimmung des Vertragspartners übertragbar sein.19 Solche Rechtsbeziehungen können zum einen Lizenzen, Vertriebsrechte, öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Konzessionen sowie mung des Gläubigerausschusses möglich, § 158 Abs. 1 InsO; ein Übertragungsplan unterliegt den Annahme- und Bestätigungsvoraussetzungen der §§ 244 ff., 248 ff. InsO, vgl. Wellensiek, NZI 2002, 233, 238. 14 Zum Grundsatz des par conditio creditorum etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vorbem. Zu §§ 335–338 Rn. 27 m.w. N. 15 Ausdrücklich die Haftung des Erwerbers für Steuerverbindlichkeiten ausschließend:§ 75 Abs. 2 AO, für die Nichtanwendbarkeit von § 25 HGB: BGH v. 11.4.1988 – II TR 313/87, BGHZ 104, 151, 153 f.; BAG v. 20.9.2006 – 6 AZR 215/06, BAGE 119, 306 ff.; § 613a BGB findet jedoch mit Einschränkungen auch in der Insolvenz Anwendung; statt vieler etwa Ekkenga, ZGR 2009, 581, 585 m.w. N.; Wellensiek, NZI 2002, 233, 235 f.; Undritz, ZGR 2010, 201, 205 ff.; Knecht/Jesch, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity, § 23 S. 659. Zum Grundsatz des par conditio creditorum etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vorbem. Zu §§ 335–338 Rn. 27 m.w. N. 16 Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1420 (Fn. 6 ff.); Ehlers, ZInsO 2009, 320, 321; Wellensiek/Flitsch, in: FS Ganter, S. 63, 64 ff.; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835. Zu den Haftungsrisiken einer übertragenden Sanierung aber Zipperer, NZI 2008, 206, 206 ff. 17 Siemon, ZInsO 2013, 1549, 1555. 18 Undritz, ZGR 2010, 201, 205 ff.; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 63 („Erfolgsmodell der Insolvenzverwaltung in den 80er und 90er Jahren“); Madaus, Der Insolvenzplan, S. 32 (Vermeidung durch Unwägbarkeiten und Risikovermeidung); Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 572 (Fn. 89); kritisch im Hinblick auf die Angemessenheit des erzielbaren Verkaufspreises indes Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 36 ff.; Zipperer, NZI 2008, 206, 206 ff.; Bitter, ZGR 2010, 147, 154. 19 Dieses Zustimmungserfordernis räumt dem jeweiligen Vertragspartner ein nicht zu unterschätzendes Druckpotenzial zur Durchsetzung von Nachverhandlungen und Ver-

72

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

Dienstleistungs- und Mietverträge sein, zum anderen können bewährte Kundenbeziehungen, spezifisches Know-how oder die Stärke einer Marke in Betracht kommen.20 Lassen sich diese allenfalls mit Zustimmung der betreffenden Gläubiger (Lizenzgeber, Vermieter, Behörden usw.) auf einen neuen Rechtsträger übertragen, ist eine übertragende Sanierung weniger erfolgsversprechend.21 Der sich aus der Verbindung von Unternehmen und Rechtsträger ergebende Fortführungswert (auch Going-Concern-Wert) bleibt dem Zugriff der Gläubiger bei der übertragenden Sanierung entzogen.22 Im Gegensatz dazu bleibt der Rechtsträger beim Debt Equity Swap erhalten. Eine Übertragung der Vermögenswerte23 findet hier nicht statt24, die mit der Trennung von Rechtsträger und Unternehmen verbundenen Nachteile entfallen.25 Zudem relativieren sich die Vorteile einer übertragenden Sanierung bei genauerer Betrachtung. Zum einen muss in verhältnismäßig kurzer Zeit ein Käufer für das – sich in der Krise befindliche und Verluste erwirtschaftende – Unternehmen gefunden werden, zum anderen stellt sich die Suche nach einem Erwerber oftmals als schwierig heraus.26 Insbesondere bei Nischenunternehmen finden sich nur wenige potentielle Investoren, die bereit sind mehr als niedrige Zerschlagungswerte zu bezahlen.27 Dieser Zeitdruck und die Tatsache, dass es sich um einen „Käufermarkt“ handelt, wirken sich negativ auf den erzielbaren Kaufpreis aus.28 Überdies sind übertragende Sanierungen bei komplexen Gruppeninsolven-

tragsanpassungen zu seinen Gunsten ein; vgl. hierzu etwa Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1420. 20 Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 45; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 62 ff.; Bitter, ZGR 2010, 147, 157 ff.; ders./Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff.; a. A. im Ergebnis wohl Brinkmann, WM 2011, 97, 101 ff., der die übertragende Sanierung einem Debt Equity Swap grundsätzlich vorzuziehen scheint. 21 Vgl. hierzu die Praxisbeispiele bei Schreiber/Herbst, ZInsO 2008, 435, 436; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 570 ff.; vgl. auch Brinkmann, WM 2011, 97, 98; Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1420 (Leistungsgrenzen des asset deal). 22 Vgl. Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835. 23 Die sich aus dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz ergebende Einzelübertragung aller „assets“ ist zudem mit einigem – Transaktionskosten verursachendem – Aufwand verbunden, etwa Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 2.7; Krull, Bedingter Insolvenzplan und Kapitalschnitt, S. 83. 24 Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen, so führt die übertragende Sanierung grds. zu einem Anfall von Grunderwerbssteuer. Statt aller Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 203 ff. m.w. N. 25 Da es an dieser Übertragung fehlt, bestehen bei der vorinsolvenzlichen Sanierung mittels Debt Equity Swap zudem weniger Anfechtungsrisiken als bei einer übertragenden Sanierung, vgl. Ekkenga, ZGR 2009, 581, 587. Siehe auch Undritz, ZGR 2010, 201, 207 (Weniger Anfechtungsrisiken bei übertragender Sanierung in der Insolvenz). 26 Zu diesem Problemfeld etwa Wellensiek/Flitsch, in: FS Ganter, S. 63, 64 ff. 27 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 38 f.; Zipperer, NZI 2008, 206, 209. 28 Statt vieler H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 283 f. m.w. N.

III. Tausch in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen

73

zen aufwendiger.29 Im Ergebnis ist es daher einzelfallabhängig, welcher Sanierungsweg der vorzugswürdigere ist.30

III. Tausch in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen 1. Debt Mezzanine Swap Im Rahmen des Debt Equity Swap wird Fremd- in Eigenkapital getauscht. Die sanierende Wirkung resultiert aus dem Mehr an Eigenkapital bei gleichzeitiger Enthebelung (Deleveraging) der Bilanz: Unter anderem wird eine Überschuldung (§ 19 InsO) sowie Belastungen durch Zinszahlungen beseitigt.31 Für diese Eigenkapitalstärkung in der Krise bedarf es aber nicht zwangsläufig eines Tausches in Eigenkapital. Sofern Finanzierungsstrukturen die Eigenschaften des Eigenkapitals, insbesondere Langfristigkeit, gewinnabhängige Verzinsung und Nachrangigkeit im Insolvenzfall nachbilden, werden sie im Sinne des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffes und des handelsbilanziellen Ausweises als Eigenkapital behandelt.32 In Betracht kommt insofern auch ein Tausch von (Darlehens-)Forderungen in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen.33 Ein sogenannter Debt Mezzanine Swap34 bzw. Debt Hybrid Swap35 kann eine Alternative zu einem Einrücken in die Gesellschafterstellung sein.36 Auf die Durchführung eines förmlichen Kapi29 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508. Siehe etwa das Beispiel der Holdinggesellschaft Pfleiderer AG bei K. Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. 30 So auch Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508. 31 Siehe hierzu bereits unter B.IV.1. 32 Hofert/Arends, ZIP 2005, 1297 ff.; Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 420; Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 481 f.; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299, 300; Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 449 ff.; zu Mezzanine-Finanzierungen auch Stamm/Ries, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 24 Rn. 1 ff. m.w. N. 33 Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; die Umwandlung des Fremdkapitals in ein hybrides Instrument kann zivilrechtlich entweder durch eine sog. Schuldumschaffung (Novation) oder eine Änderung der Vertragsbedingungen erfolgen. Im ersten Fall wird das bestehende Darlehen durch ein neues Rechtsverhältnis mit den gewünschten Vertragsbedingungen ersetzt. Im zweiten Fall wird das bestehende Darlehensverhältnis nachträglich durch einen Abänderungsvertrag abgeändert. Die Rechtsprechung nimmt im Zweifelsfall einen Abänderungsvertrag an, Häuselmann, BB 2010, 944, 945 m.w. N. 34 Zum Debt Mezzanine Swap etwa auch Stadler, NZI 2003, 579 ff.; Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527 ff.; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299 ff.; Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494 ff.; Rusch/Brocker, ZIP 2012, 2193 ff. Zu Gestaltungsformen und Umsetzung Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 12 ff., 51 ff. jeweils m.w. N. 35 Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 12 ff., 51 ff.; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity S. 257. 36 Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527, 527 ff.; Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299, 300 f.

74

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

talerhöhungsverfahrens kann in diesem Fall verzichtet werden.37 Die handelsbilanzielle Einordnung als Eigenkapital führt zu einer Verringerung der Verschuldung und Erhöhung der Eigenkapitalquote, eine gewinnabhängige Verzinsung schont die Liquidität. Im Gegensatz zum Debt Equity Swap im engeren Sinne hat dies jedoch – trotz der bilanziellen Entlastung – einen Nachteil: die Stellung als Fremdkapitalgeber.38 Als Fremdkapitalgeber haben diese geringere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesellschaft.39 Auch im Hinblick auf eine Wertsteigerung nach erfolgreicher Sanierung bietet ein Debt Mezzanine Swap nicht die gleichen Chancen wie ein Debt Equity Swap, da dieser in vollem Umfang nur den Gesellschafter als Eigentümern zugutekommt.40 Zudem bestehen auch beim Debt Mezzanine Swap Risiken im Hinblick auf den Anfall eines steuerpflichtigen Sanierungsgewinns.41 2. Umtausch in Genussrechte In Betracht kommt auch ein Tausch der Forderungen in Genussrechte oder Genussscheine. Der rechtlich nicht ausdrücklich geregelte, aber vorausgesetzte Genussschein verbrieft ein Genussrecht.42 Diese haben Vermögens- bzw. Gewinnanspruchsrechte gegenüber der Gesellschaft zum Inhalt, die typischerweise dem 37

Vgl. nur Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 2a. Für die Gesellschafter wird der Verbleib der Gläubiger auf der Fremdkapitalseite die attraktivere Variante darstellen, da hier die Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse unverändert bleiben, so auch Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 15 (Attraktivität für personalistisch geprägte Kapitalgesellschaften). Im Hinblick auf die § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO droht den Teilnehmern eines Debt Equity Swaps indes keine Nachrangigkeit nicht umgewandelter Forderungen, Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 87. 39 Vgl. Hofert/Arends, ZIP 2005, 1297, 1298; Mückl, FR 2009, 497, 505 (als Übernahmeinstrument ungeeignet); Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 41; Fischer, NZI 2013, 823, 823; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 22. 40 Durch die vertragliche Nachrangigkeit der hybriden Instrumente wohnt zudem der Gläubigerstellung im Insolvenzfall kein praktisch relevanter Vorteil gegenüber der Stellung als Gesellschafter inne, vgl. etwa Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 4; für den vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap, Franke, Debt Equity Swaps, S. 34; differenzierend Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 13; a. A. Mückl, FR 2009, 497, 505 f.; Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527, 531 (Debt Mezzanine Swap gegenüber Debt Equity Swap vorzugswürdig). 41 Kurzinformation der OFD Rheinland v. 14.12.2011 – KSt. 56/2011, GmbHR 2012, 543; dagegen Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 496 f.; Rusch/Brocker, ZIP 2012, 2193, 2194; anders noch Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527, 529; Mückl, FR 2009, 497, 505 f.; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 229 ff.; wohl auch Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 2a. 42 Die fehlende gesetzliche Regelung schlägt sich in Uneindeutigkeit im Hinblick auf die Begriffsbestimmung nieder. Der Begriff „Genussrecht“ bezeichnet sowohl verbriefte als auch unverbriefte Genussrechte. 38

III. Tausch in eigenkapitalähnliche Finanzierungsformen

75

Gesellschafter einer Gesellschaft zustehen.43 Mitgliedschaftliche Rechte, wie z. B. Stimm-, Teilnahme- oder Kontrollrechte stehen den Genussscheininhabern demgegenüber nicht zu, weil diese an die Mitgliedschaft in der Gesellschaft geknüpft sind und einer rein schuldrechtlichen Position fremd sind.44 Die Vermögensrechte beziehen sich auf eine Teilnahme am Gewinn oder wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft.45 Auch Genussscheine bieten sich für eine Unternehmenssanierung an.46 Das gilt insbesondere dann, wenn der tauschende Kreditgeber die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Risiken scheut.47 Ihre Langfristigkeit, Erfolgsabhängigkeit und das fehlende Kündigungsrecht der Gläubiger machen sie bei entsprechender Ausgestaltung eigenkapitalähnlich, weswegen sie bilanziell als Eigenkapital behandelt werden.48 Genussscheine in Form des Finanzierungsgenussscheines können sowohl von Aktiengesellschaften, § 221 AktG, als auch von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgegeben werden.49 Sie sind aufgrund der mit der schuldrechtlichen Ausgestaltung einhergehenden Flexibilität ein verbreitet genutztes Instrument der Unternehmensfinanzierung. Ein Umtausch von Darlehensforderungen mit erfolgsunabhängiger Verzinsung in Genussscheine mit erfolgsabhängiger Verzinsung, langfristiger Laufzeit und Nachrangigkeit im Insolvenzfall – die aufgrund dieser Merkmale eigenkapitalähnlich sind – hat vergleichbare Wirkungen wie ein Umtausch in haftendes Eigenkapital. Die bilanzielle Behandlung als Eigenkapital wirkt einer Überschuldung entgegen, reduziert den Verschuldungsgrad und wirkt sich durch 43 Hüffer/Koch, AktG, § 221 Rn. 25; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 5. 44 Grundlegend BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 309 – Klöckner; Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 14 Rn. 2; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 4. 45 Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vergütung kann zwischen zwei Varianten unterschieden werden. Bei der gewinnorientierten Vergütung orientieren sich die Zahlungen an dem Gewinn des Emittenten oder anderen wirtschaftlichen Bezugsgrößen, z. B. dem EBITDA. Die Vergütung ist hingegen gewinnabhängig ausgestaltet, wenn die Auszahlung einer bestimmten Zinshöhe durch den Gewinn des Unternehmens gedeckelt wird, zur Ausgestaltung dieser Varianten in der Praxis: Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 14 Rn. 14. 46 Etwa Zempel, Genußrechte als Instrument zur Eigensanierung von Kapitalgesellschaften im Insolvenzplanverfahren, passim; Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, passim; Toth-Feher/Schick, WM 2004, 491, 496 f. 47 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 4. 48 Madaus, Der Insolvenzplan, S. 21; Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmrkt, § 12 Rn. 4 sowie Mihm, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 13 Rn. 83 ff.; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 4; Toth-Feher/ Schick, WM 2004, 491, 496 f. 49 Nur Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 88; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 704; Berghaus/Bardelmaier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 12 Rn. 27.

76

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

die Erfolgsbezogenheit der Vergütung positiv auf die Liquidität aus.50 Jedoch bieten Genussscheine dem Gläubiger ein weniger ausgewogeneres Chancen-Risiken-Verhältnis als ein Debt Equity Swap im engeren Sinne. Die Genussrechtsinhaber tragen ein ebenso hohes Ausfallrisiko wie Anteilseigner, da die Genussscheine in der Insolvenz anderen Forderungen oder Inhaberschuldverschreibungen im Rang nachgehen.51 Zugleich sehen die Genussscheinbedingungen regelmäßig eine Verlustbeteiligung vor, die mit der Bestimmung verbunden werden kann, wonach sich das Genusskapital im Fall einer Herabsetzung des Haftkapitals in gleichem Verhältnis reduziert.52 Pro futuro drohen ferner Refinanzierungsschwierigkeiten. Diese höheren Risiken werden nur teilweise durch einen höheren Zins ausgeglichen, da dessen Ausschüttung zudem an den Erfolg des Unternehmens gekoppelt ist.53 Gleiches gilt für eine Gewinnbeteiligung. Der Genussrechtsinhaber nimmt nicht in gleichem Maße an den zukünftigen Chancen der Sanierung, dem Sanierungs-Mehrwert oder upside potential teil. Des Weiteren kann der Genussrechtsinhaber aufgrund fehlender Mitgliedschaftsrechte die Sanierungsstrategie weitaus weniger beeinflussen, als es ein Gesellschafter als stimmberechtigter Eigentümer des Unternehmens kann.54 Zuletzt fordert § 221 Abs. 3 i.V. m. Abs. 1 AktG die Zustimmung mit qualifizierter Mehrheit der Hauptversammlung zur Ausgabe von Genussrechten.55

IV. Umtausch in Wandelschuldverschreibungen In Betracht kommt weiter ein Umtausch von Darlehensforderungen in Wandelschuldverschreibungen, sogenannte convertible bonds.56 Wandelschuldverschrei50 Zempel, Genußrechte als Instrument zur Eigensanierung von Kapitalgesellschaften im Insolvenzplanverfahren, S. 225. 51 Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 14 Rn. 16; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 133; Mock, NZI 2014, 102, 105 f. 52 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 309 ff. – Klöckner; v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 147 – Bremer Bankverein; Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 14 Rn. 15. 53 Mögen Genussrechte auch eigenkapitalähnlich sein, am Ende ihrer Laufzeit sieht sich die Gesellschaft mit der Frage der Refinanzierung konfrontiert. 54 Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 133; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 27; Wentzler, Debt Equity Swap als Teil der finanziellen Unternehmenssanierung, FB 2009, 446, 447 f. In den Genussscheinbedingungen werden indes der Schuldnergesellschaft häufig Beschränkungen auferlegt, welche zum Schutze der Gläubiger die Aufnahme von neuen Fremdkapital erschweren, vgl. Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2009, 299, 301. 55 Für die GmbH existiert kein derartiges Zustimmungserfordernis, Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 14 Rn. 15. 56 Zum Einsatz von Wandelschuldverschreibungen als Sanierungsinstrument, Stadler, NZI 2003, 579, 579 ff.

IV. Umtausch in Wandelschuldverschreibungen

77

bungen sind nach der Legaldefinition des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird.57 Dieses Recht besteht innerhalb eines in den Anleihebedingungen festgelegten Zeitraums und zu einem bestimmten Umtauschverhältnis und kann zudem von einer Zuzahlung abhängig gemacht werden.58 Mit Ausübung des Wandlungsrechts verzichtet der Gläubiger auf Rückzahlung der Anleihe zum Nennwert und erhält stattdessen Anteile am Emittenten.59 Von der Umtauschmöglichkeit wird der Investor jedoch nur dann Gebrauch machen, wenn der Wert der Aktien des Unternehmens während der Laufzeit der Schuldverschreibungen über den festgelegten Wandlungspreis (sogenannter conversion price) gestiegen ist.60 Ist eine Wertsteigerung ausgeblieben, ist es unwirtschaftlich das Wandlungsrecht auszuüben. Wandelanleihen bieten hierdurch dem Investor einen Schutz vor einem Absturz des Börsenkurses.61 Diese Form eines Schuldentauschs weist aber gegenüber dem Debt Equity Swap im engeren Sinne einige Nachteile auf. Da die Wandelschuldverschreibung den Gläubigern regelmäßig nur ein Wahlrecht auf Umtausch einräumt62, ist bei Begebung keinesfalls sicher, ob diese von diesem Recht beizeiten Gebrauch machen werden. Wirtschaftliche Schwierigkeiten und Insolvenzgefahr werden von dem Markt durch einen reduzierten Kurswert der Aktien eingepreist. Die damit verbundene Unattraktivität des Umtauschs führt dazu, dass der durch einen Debt Equity Swap angestrebte Vorteil einer Fremdkapitalverringerung nicht oder nur deutlich reduziert erreicht wird.63 Zudem sehen die Bedingungen von Wandelschuldverschreibungen regelmäßige Zinszahlungen während der Laufzeit vor. Das kann zur Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO führen. Der aufgrund des Tauschrechts reduzierte Zinssatz hat nicht den gleichen positiven Effekt auf die Liquidität, wie der mit dem Umtausch in haftendes Eigenkapital einhergehende Wegfall von erfolgsunabhängigen Zahlungen.

57 Zu von einer GmbH begebenen Wandelschuldverschreibungen etwa Maidl, NZG 2006, 778 ff. 58 Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 12 Rn. 54 ff. 59 Etwa Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 29 ff. 60 Wandelschuldverschreibungen können statt eines Umtauschrechts auch eine Umtauschpflicht bzw. ein einseitiges Wahlrecht des Emittenten vorsehen, um die Möglichkeit einer Barzahlungspflicht der Gesellschaft am Laufzeitende auszuschließen. Eine solche Ausgestaltung birgt für den Investor jedoch das Risiko, dass er bei negativer Kursentwicklung erheblich Verluste erleidet, Zur Wandlungspflicht Schlitt/Hemeling, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 12 Rn. 63 ff. m.w. N. 61 Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 10. 62 Anders bei der Pflichtwandelanleihe, etwa Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 52. 63 Anders nur bei „umgekehrten Wandelanleihen“, bei denen das Umtauschrecht der Aktiengesellschaft zusteht, etwa Hüffer/Koch, AktG, § 221 Rn. 5b.

78

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

Wandelschuldverschreibungen sind demnach vor allem als Teil einer diversifizierten Finanzierungsstrategie als Fremdkapitalquelle interessant. Ein Tausch von Forderungen in Wandelschuldverschreibungen ist gegenüber einem Debt Equity Swap regelmäßig nicht die bessere Alternative.

V. Reverse Debt Equity Swap Eine weitere Sanierungsoption stellt der Reverse Debt Equity Swap dar. Statt die Gesellschafterstellung an der Schuldnergesellschaft anzustreben, wird hier eine umwandlungsrechtliche Ausgliederung auf eine Zweckgesellschaft vorgenommen. Dazu werden ausgesuchte Teile des Schuldnerunternehmens in eine Gesellschaft eingebracht, welche die Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft hält. Diese Gesellschaft64 wird im Vorfeld ausschließlich zu diesem Zweck von den Gläubigern gegründet. Die Gläubiger bringen als Gründer die Forderungen im Wege der Sacheinlage ein und werden alleinige Gesellschafter. Sodann wird der gesamte Geschäftsbetrieb der Schuldnergesellschaft nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG in die Zweckgesellschaft ausgegliedert.65 Hierfür erhält die Schuldnergesellschaft – und damit mittelbar deren Anteilseigner – Anteile an der Zweckgesellschaft. Durch die Universalsukzession gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG gehen sämtliche Rechtsverhältnisse der insolventen Schuldnergesellschaft auf die neu gegründete über. Infolgedessen erlöschen auch hier die eingebrachten Forderungen aufgrund Konfusion: im Gegensatz zum Debt Equity Swap im engeren Sinne jedoch nicht durch Zusammenfallen der Gläubiger- und Schuldnerstellung auf Ebene der Schuldnergesellschaft, sondern auf Ebene der Zweckgesellschaft. Gegenüber dem Debt Equity Swap im engeren Sinne kann der Reverse Debt Equity Swap laut Drouven gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten und Haftungsrisiken vermeiden und steuerrechtliche Vorteile aufweisen.66 Ob diese Vorteile jedoch insoweit den Reverse Debt Equity Swap zum vorzugswürdigen Sanierungsinstrument machen, kann dahinstehen67, da auch hier wie bei der über64 Vgl. Drouven/Nobiling, DB 2009, 1895 (Aus steuerrechtlichen Gründen kann Gründung einer Personengesellschaft sinnvoll sein). 65 Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422. 66 Eingehend hierzu Drouven/Nobiling, DB 2009, 1895, 1895 f.: Die Differenzhaftung soll durch eine Mindestkapitalisierung der Zweckgesellschaft überwunden werden. Eine Verweigerung der Altgesellschafter, der Ausgliederung zuzustimmen, hielt Drouven schon unter der alten Rechtslage für überwindbar. Auch steuerrechtlich sei der Reverse Debt Equity Swap vorzugswürdig, da Verlustvorträge nicht aufgrund des § 8c KStG oder des § 10a S. 10 GewStG untergingen. Vgl. aber die Kritik von Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 215 ff., 227 (Steuerrechtlich nur im Einzelfall vorzugswürdig). 67 Auch für die Ausgliederung besteht – wie bei einem Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen – ein Zustimmungserfordernis; § 125 UmwG iVm §§ 50 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG (für einen Verzicht auf das Zustimmungserfordernis de lege ferenda bereits Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053). Eine Ersetzung dieses Beschlusses im Insolvenz-

VI. Zusammenfassung

79

tragenden Sanierung ein Rechtsträgerwechsel stattfindet.68 Im Rahmen des der Universalsukzession gehen zwar Immaterialgüterrechte, wie z. B. Patente, Marken oder Warenzeichen, auf den neuen Rechtsträger über. Bei anderen personenbezogenen rechtsträgerspezifischen Rechtspositionen, wie z. B. Konzessionen für einen Gewerbebetrieb, findet keine Übertragung statt; sie müssen erneut erworben werden.69 Ist ein solcher Wechsel aufgrund des damit reduzierten Fortführungswerts unerwünscht, scheidet ein Reverse Debt Equity Swap aus.70

VI. Zusammenfassung Dem Umtausch von Forderungen in haftendes Eigenkapital im Rahmen eines Debt Equity Swap im engeren Sinne stehen andere Sanierungsinstrumente gegenüber, die teilweise auch einen Umtausch von Forderungen gegen die Gesellschaft erfordern. Diese mögen im Einzelfall ein zweckmäßiges Mittel in der Sanierung darstellen, sie vereinen jedoch nicht alle Vorteile eines Wechsels von der Gläubiger- in die Gesellschafterstellung. Die Barkapitalerhöhung – sofern überhaupt in Betracht kommend – birgt bei Identität von Inferent und Gläubiger das Risiko einer Haftung nach den Grundsätzen der verdeckten Sacheinlage. Ein Umtausch in Wandelschuldverschreibungen stellt nicht sicher, dass sich das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital (debt-equity-ratio) am Ende der Laufzeit um den notwendigen Wert reduziert, zugleich belasten die Rückzahlungs- sowie die fortlaufenden Zinszahlungsverpflichtung die Gesellschaft. Ein Tausch in verbriefte oder unverbriefte Genussrechte hat aufgrund der eigenkapitalähnlichen Struktur eine dem Debt Equity Swap angenäherte Wirkung, sie bietet den Gläubigern mangels Erlangung der Gesellschafterstellung jedoch weniger Einflussmöglichkeiten auf den Sanierungsprozess. Auch eine Partizipierung am upside potential, also dem Sanierungsmehrwert, findet beim Genussschein in weitaus geringerem Maße als planverfahren nach § 225a Abs. 3 InsO wäre möglich und konfligiert nicht mit Art. 25 der Zweiten Kapitalrichtline (Art. 29 n. F.), da bei der Sachkapitalerhöhung der neu gegründeten Gesellschaft die Altgesellschafter kein Stimmrecht haben. Auch ein Verstoß gegen die Spaltungsrichtlinie (Richtlinie 82/191/EWG v. 17.12.1982) scheidet aus, da diese für die Ausgliederung kein gemeinschaftsrechtlich vorgegebenes Zustimmungserfordernis enthält, Verse, ZGR 2010, 299, 317, der u. a. auch darauf hinweist, dass für Reverse Debt Equity Swaps im Insolvenzplanverfahren Ausnahmen von der in der Insolvenz nicht möglichen Kapitaldeckungszusage nach §§ 140, 146 UmwG vorgesehen werden müssten. Auch steuerrechtlich weist der Reverse Debt Equity Swap mehr Nachteile auf, vgl. Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 215 ff., 227. 68 Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 36 (Universalrechtsnachfolge gem. § 131 Abs. 1 Ziff. 1 UmwG beschränkt). 69 Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1414; Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 36. 70 Vgl. auch Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 101 (Keine wirtschaftsrechtlichen Vorteile im Vergleich zum Debt Equity Swap).

80

C. Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten

bei einem Debt Equity Swap statt. Gleiches gilt auch für den Debt Mezzanine Swap. Gegen eine übertragende Sanierung spricht im Vergleich zum Debt Equity Swap, dass es zu einer Trennung von Rechtsträger und Unternehmen kommt. Dabei kann es zum Verlust rechtsträgerspezifischer Vermögenswerte, wie z. B. Lizenzen, Genehmigungen oder vorteilhaften Verträgen kommen, die erheblich zum Fortführungswert beitragen.

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung des Debt Equity Swap I. Ausgangssituation Bevor sich die Arbeit der Darstellung und Bewertung der Änderungen der Insolvenzordnung durch das ESUG widmet und den insolvenzlichen Debt Equity Swap untersucht – also bei einer Gesellschaft, die praktisch immer überschuldet (§ 19 InsO) und zahlungsunfähig (§ 17 InsO) und über die bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde –, werden in diesem Abschnitt die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen dargestellt, die grundsätzlich zur Durchführung eines Debt Equity Swap erforderlich sind. Es fragt sich, wie die Gläubiger nun zu Gesellschaftern des Schuldners werden. Eine „identitätswahrende“ Umwandlung von Fremdkapitalforderungen in Eigenkapital sieht das deutsche Gesellschaftsrecht nicht vor.1 Ein „Tausch“ von Fremd- in Eigenkapital muss daher über gesellschaftsrechtliche Maßnahmen erfolgen. Weitaus überwiegend vollzieht sich das Einrücken in die Gesellschafterposition über Kapitalmaßnahmen (unter II.). In diesem Fall bringen die Gläubiger im Rahmen eines Kapitalschnitts die Forderungen als Sacheinlage in die Gesellschaft ein; als Folge der Abtretung erlöschen die Forderungen durch Konfusion.2 Alternativ können die Gläubiger die bestehenden Anteile von den Altgesellschaftern übernehmen (share deal) und gegenüber der Gesellschaft auf ihre Forderungen verzichten, § 397 BGB (unter III.).3

1 Siehe nur Baums, in: FS Canaris, Bd. II, S. 3, 11 u. 27 f.; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589. 2 Nur BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 – IBH/Lemmerz. Aus der Literatur statt vieler H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 65 f. m.w. N. 3 Dazu Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 708; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 401 ff., eine solche Struktur bietet sich z. B. (vorinsolvenzlich) dann an, wenn die Forderungen durch Pfandrechte an den Gesellschaftsanteilen gesichert sind, vgl. Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 46 ff.; ders./ Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 13 f. Nur in diesem Fall kann streng genommen von einem Tausch gesprochen werden, da dies voraussetzt, dass die Tauschobjekte bestehen und nicht erst durch das Geschäft entstehen, Baums, in: FS Canaris, Bd. II, S. 3, 6 f.; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 108 (Fn. 4).

82

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen 1. Kapitalherabsetzung a) Vereinfachte Kapitalherabsetzung Der Debt Equity Swap erfolgt regelmäßig durch einen Kapitalschnitt, also einer Kombination aus Kapitalherabsetzung und anschließender Kapitalerhöhung mit (teilweisem) Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Gesellschafter.4 Die Schaffung neuer Gesellschaftsanteile für die einrückenden Gläubiger erfordert zwar nicht zwingend eine Kapitalherabsetzung, sie findet in der Sanierungssituation indes praktisch immer statt.5 Erst die Kapitalherabsetzung ermöglicht es, den Altgesellschaftern die Verluste zuzuweisen und eine eventuell vorhandene Unterbilanz zu beseitigen.6 Nur so wird eine interessengerechte Verteilung der Beteiligungsverhältnisse von Altgesellschaftern und Neugesellschaftern sichergestellt: Die Altgesellschafter profitieren nicht ungerechtfertigt von der Sanierung und die als Neugesellschafter einrückenden Gläubiger tragen nicht die aufgelaufenen Verluste mit.7 Eine nominelle Kapitalherabsetzung ermöglicht es, dass Haftkapital mit den Verlusten zu verrechnen8, die Bilanz zu verkürzen9, eine unzulässige Unter-Pari-Emission (§ 9 Abs. 1 AktG) zu verhindern10 und zukünftige Ausschüttungssperren (§§ 232 f. AktG; §§ 58c f. GmbHG) zu überwinden11. Es existieren unterschiedliche Arten der Kapitalherabsetzung: Die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff. AktG bzw. § 58 GmbHG) und die vereinfachte 4 Zum Kapitalschnitt statt vieler Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 1 u. § 229 Rn. 5; K. Schmidt, in: K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.21; ders., ZGR 1982, 519, 520 f. 5 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 15; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 571 („situationstypisch“). Fraglich ist aber, ob sich beim insolvenzlichen Debt Equity Swap das zwingende Erfordernis einer Kapitalherabsetzung aus der absoluten Vorrangregel des § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO ergibt, siehe hierzu unter E.VII.4.cc). 6 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 22 ff. 7 Ohne die Kapitalherabsetzung wäre der tatsächliche Wert der neuen Anteilsrechte bereits bei Ausgabe geringer als der Nennwert bzw. der auf die Stückaktie entfallende rechnerische Betrag: Den ungerechtfertigt bevorzugten Altgesellschaftern stünde ein zu hoher Anteil an der Gesellschaft zu; etwa Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5 m.w. N.; K. Schmidt, in: K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.21 (Kapitalschnitt verhindert Quersubventionierung des entwerteten Altkapitals durch das Neukapital) Zum Debt Equity Swap: Ekkenga, ZGR 2009, 581, 592 f. 8 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 506. 9 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5 f. 10 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, § 5 Rn. 37 jew. m.w. N. Vgl. auch Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 504 f. 11 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5 K. Schmidt, in: K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.21.

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen

83

Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG bzw. § 58a Abs. 1 GmbHG).12 Zur Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital im Rahmen einer Sanierung ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung das Mittel der Wahl.13 Sie wird auch als „Buchsanierung“ bezeichnet, da mit ihr lediglich das nominelle Stamm- bzw. Grundkapital der Gesellschaft an das noch vorhandene Reinvermögen angepasst wird; eine Ausschüttung von Erträgen an die Anteilseigner unterbleibt.14 Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist nur zulässig zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von Verlusten oder zur Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage (§ 229 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 1 GmbHG) und setzt voraus, dass gesetzliche Rücklagen aufgelöst15 und Gewinnvorträge ausgeschöpft wurden, § 229 Abs. 2 AktG bzw. § 58a Abs. 2 GmbHG. Da der Gesellschaft kein Haftungsvermögen entzogen wird, ergeben sich Vereinfachungen, insbesondere im Hinblick auf den sonst bei der Kapitalherabsetzung zu beachtenden Gläubigerschutz.16 Als satzungsändernde Maßnahme17 erfordert die Kapitalherabsetzung nach §§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. §§ 58a Abs. 5, 53 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GmbHG die Zustimmung von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Kapitals.18 Im Gesellschafterversammlungsbeschluss müssen die vereinfachte Kapitalherabsetzung ausdrücklich als solche bezeichnet und der verfolgte Zweck konkret angegeben werden19; mit Eintragung des Beschlusses wird die Herabsetzung wirksam, § 224 AktG bzw. §§ 58a Abs. 5, 54 Abs. 3 GmbHG.20 12 Das Aktiengesetz kennt zudem noch die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Akten nach §§ 237–239 AktG, siehe nur Hirte, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, S. 827, 875. 13 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 5; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, Vorbem. § 58 Rn. 33 ff. Zum Debt Equity Swap etwa: Redeker, BB 2007, 673, 673; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 283; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 506 jew. m.w. N. Siehe auch das Praxisbeispiel bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 567. 14 Grundlegend K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 520; siehe auch H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 180. 15 Nicht auflösungspflichtig sind hingegen stille Reserven, statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 229 Rn. 11 m.w. N. 16 So fehlt z. B. ein Verweis in § 229 Abs. 3 AktG auf § 225 AktG; allg. Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 229 Rn. 4 m.w. N. 17 Die Höhe des Grund- bzw. Stammkapitals ist bei AG und GmbH Bestandteil der Satzung, § 23 Abs. 2 Nr. 3 AktG bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG. 18 Statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 229 Rn. 18; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, § 58a Rn. 63, insbesondere zur Zustimmung der Gesellschafter beim Debt Equity Swap, etwa Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 283; Redeker, BB 2007, 673, 674. 19 Aus § 229 Abs. 1 S. 2 AktG folgt, dass der Sanierungszweck ausdrücklich im Herabsetzungsbeschluss angegeben werden muss. Die Vorschrift hat kein Pendant im GmbHG, in entsprechender Anwendung muss aber auch der Kapitalherabsetzungsbeschluss der GmbH die Angabe des Sanierungszweckes enthalten, statt vieler Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 58a Rn. 47 f.; a. A. Zöllner/Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 58a Rn. 19.

84

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

b) Kapitalherabsetzung unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag Haben die Verluste das Haftkapital aufgezehrt, liegt eine sogenannte Unterbilanz21 vor. In diesen Fällen ist auch eine vorübergehende Kapitalherabsetzung unter den gesetzlichen Mindestbetrag – sogar bis auf Null22 – zulässig, sofern die Herabsetzung mit einer Kapitalerhöhung verbunden ist, durch die der Mindestnennbetrag wieder erreicht wird (§§ 229 Abs. 3, 228 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG).23 c) Sachliche Rechtfertigung der Kapitalherabsetzung Umstritten ist, ob es für eine Kapitalherabsetzung einer sachlichen Rechtfertigung bedarf. Ausdrücklich setzt das Gesetz eine solche Rechtfertigung nicht voraus. Da es bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung zu keiner Änderung der Beteiligungsverhältnisse kommt24, besteht nach ganz überwiegender Auffassung kein Erfordernis sachlicher Rechtfertigung.25 Einer Entscheidung zwischen der herrschenden Meinung und der Auffassung, die eine solche Rechtfertigung fordert, bedarf es freilich bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung im Rahmen eines Debt Equity Swap zu Sanierungszwecken nicht: Die Nutzung als Sanierungsinstrument ist sachliche Rechtfertigung genug.26 20 Sowohl bei der AG als auch bei der GmbH gilt – als Ausdruck des Gleichbehandlungsgrundsatzes – der Grundsatz der Subsidiarität der Zusammenlegung der Gesellschaftsanteile zur Erreichung des anteiligen Mindestbetrages am Haftkapital, vgl. BGH v. 9.2.1998 – II ZR 278/96, BGHZ 138, 71, 76 f. – Sachsenmilch. Die Kapitalherabsetzung hat grundsätzlich unter Beibehaltung der Aktienzahl zu erfolgen, § 222 Abs. 4 i.V. m. § 229 Abs. 3 AktG, vgl. nur Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 222 Rn. 43 ff. Für die GmbHG gilt Vergleichbares, siehe etwa Zöllner/Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 58a Rn. 27 ff. 21 Zum Begriff der Unterbilanz Wirth, DB 1996, 867, 869. 22 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 3 u. § 229 Rn. 4; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, § 58a Rn. 93 jew. m.w. N. In der Insolvenz wird regelmäßig das Vermögen der Gesellschaft durch Verlust aufgezehrt sein: Konsequenterweise bedarf es dann dieses „radikalen“ Kapitalschnitts, vgl. nur Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638. 23 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 306 u. 319 f. – Klöckner; bestätigt durch Urteil v. 5.7.1999 – II ZR 126/98, BGHZ 142, 167, 169 – Hilgers; v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, 9 – Sanieren oder Ausscheiden; zur Herabsetzung bei der GmbH: BGH v. 18.4.2005 – II ZR 151/03, ZIP 2005, 985; Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 3; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, § 58a Rn. 92. Zur Kapitalherabsetzung auf Null allg. Krieger, ZGR 2000, 885, 885 ff.; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1210 ff. 24 Anschaulich das Beispiel bei Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1934. 25 BGH v. 9.2.1998 – II ZR 278/96, BGHZ 138, 71, 76 f. – Sachsenmilch; statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 222 Rn. 14; Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 222 Rn. 23; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, Vor § 58 Rn. 61 jew. m.w.N; für den Debt Equity Swap etwa Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 104; Franke, Debt Equity Swaps, S. 139. Zur Notwendigkeit einer begleitenden Kapitalerhöhung bei extremen Herabsetzungsverhältnissen vgl. nur Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 950. 26 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 283.

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen

85

2. Kapitalerhöhung a) Effektive Kapitalerhöhung durch Forderungseinbringung Als weiteren Schritt bedarf es einer Kapitalerhöhung zur Schaffung der neuen Anteilsrechte.27 In Betracht kommt die Nutzung genehmigten Kapitals (§§ 202 ff. AktG bzw. § 55a GmbHG) oder eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (§ 183 f. AktG bzw. § 56 GmbHG). Gegenüber ordentlichen Kapitalerhöhungen bieten Kapitalerhöhungen aus genehmigtem Kapital den Vorteil, dass sie kurzfristig durchführbar sind und – aufgrund geringerer Anfechtungsrisiken – höhere Transaktionssicherheit bieten.28 Auch steht eine Insolvenzeröffnung der Nutzung des bestehenden genehmigten Kapitals nicht entgegen.29 Die Nutzung wird indes regelmäßig wegen § 202 Abs. 3 S. 1 AktG bzw. § 55a Abs. 1 S. 2 GmbHG ausscheiden: Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals darf die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen. Für den Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren stünden daher bei einer überschuldeten Gesellschaft kaum ausreichend Anteilsrechte zur Verfügung.30 Die Kapitalerhöhung findet demnach als ordentliche Kapitalerhöhung gegen Einlagen statt. Bei der Kapitalerhöhung handelt es sich ebenfalls um eine satzungsändernde Maßnahme.31 Der die Änderung beschließende Gesellschafterbeschluss bedarf mindestens einer Dreiviertelmehrheit des in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals, §§ 182, 186 Abs. 3 S. 2 AktG bzw. mindestens einer Dreiviertelmehrheit in der Gesellschafterversammlung, § 53 Abs. 2 GmbHG.

27 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 508. Zur Funktion (und Vorteilen) des genehmigten Kapitals nur Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 202 Rn. 1 f.; Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 55a Rn. 1. Die Zulässigkeit von Kapitalmaßnahmen, wie der Kapitalerhöhung, im Insolvenzverfahren steht heute außer Zweifel, etwa Hüffer, in: MünchKomm-AktG, § 264 Rn. 76; H.-F. Müller, ZGR 2004, 842 ff. jew. m.w. N. 28 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 504; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 16 („eleganterer Weg“). 29 Vgl. nur Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 504, die mit dem Verweis auf den Sinn und Zweck des genehmigten Kapitals, schnell und flexibel Eigenkapital zu schaffen, eine Nutzung in der Sanierungssituation bejahen. Auch ergebe sich aus § 1 S. 1 InsO die Zulässigkeit von Kapitalmaßnahmen in einem Insolvenzplanverfahren mit Reorganisationsziel, m.w. N. auch zur Gegenauffassung. 30 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 35. Siehe die Kritik von Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 93 (Abschaffung der 50%-Grenze bei genehmigten Kapital de lege ferenda); ebenso Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1311 mit konkretem Formulierungsvorschlag. Zum vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 281; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 17. Siehe auch Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 436. 31 Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 182 Rn. 6; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 4.

86

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

Nach weit überwiegender Auffassung32 sind Forderungen gegen eine Kapitalgesellschaft ein tauglicher Sacheinlagegegenstand.33 Die für die Sachkapitalerhöhung geltenden und den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung schützenden Sonderregelungen finden Anwendung34: Die Forderung muss als Einlagegegenstand genau bezeichnet und ihr anzurechnender Wert angegeben werden, § 27 Abs. 1 AktG bzw. § 5 Abs. 4 S. 1 GmbHG.35 Im Gegensatz zu Bareinlagen unterliegen Sacheinlagegegenstände einer prüfenden Bewertung, § 183 Abs. 3 S. 1 AktG, §§ 56 Abs. 2 GmbHG.36 Das Erlöschen der Forderung und die damit verbundene Befreiung der Gesellschaft von der Verbindlichkeit ist die Einlageleistung des Inferenten.37 Diese Leistung wird erbracht durch Abtretung der Forderungen gem. § 398 BGB. Als Folge der damit verbundenen Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person erlischt die Forderung (Konfusion)38; alternativ erlassen die Gläubiger der Gesellschaft die Schuld, § 397 BGB.39 32 Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 114. Die Einordnung als Sacheinlage ist nicht zwingend und erfolgt im europäischen Vergleich uneinheitlich, etwa Cahn/Simon/ Theiselmann, CFL 2010, 238, 250; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123 (Fn. 18); Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1390; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 36. Dazu mehr unter E.VII.1.c)cc)(4). 33 Vgl. BGH v. 13.10.1954 – II ZR 182/53, BGHZ 16, 52, 60; v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 f. – IBH/Lemmerz; v. 18.2.1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 f.; v. 13.4.1992 – II ZR 177/90, BGHZ 118, 83, 93 f.; v. 21.2.1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 150; v. 4.3.1996 – II ZB 8/95, BGHZ 132, 141, 143 f.; v. 18.9.2000 – II ZR 365/98, BGHZ 145, 150, 154 f.; v. 16.1.2006 – II ZR 76/04, BGHZ 166, 8, 11 f. – Cash-Pool; statt vieler Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 29 u. 113 m.w. N. Für die GmbH Märtens, in: MünchKomm-GmbHG, § 5 Rn. 124. Für den Debt Equity Swap im Besonderen Ekkenga, ZGR 2009, 581, 599; ders., DB 2012, 331, 334 ff.; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573 f.; Priester, DB 2010, 1445, 1447 ff.; Redeker, BB 2007, 673, 674; vgl. aber Fromm, ZInsO 2012, 1253, 1254 (Keine Einbringung in Höhe des negativen Eigenkapitals bei Überschuldung). Siehe auch E.VII.1.a). 34 Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 84 ff.; Märtens, in: MünchKommGmbHG, § 5 Rn. 61 ff. Der Gläubigerschutz ruht im Grundsatz auf drei Säulen: Dem Schutz durch Publizität im Handelsregister (§ 181 AktG bzw. § 54 GmbHG, gerichtliche Kontrolle (§ 184 Abs. 3 AktG bzw. §§ 57a, 9c GmbHG) und Haftung (z. B. §§ 57 Abs. 4, 9a GmbHG, §§ 56 II, 9, 19 GmbHG), vgl. Haas, NZG 2012, 961, 966. 35 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 428 weist darauf hin, dass der erleichterten Bezeichnung im Kapitalerhöhungsbeschluss wegen in der Praxis regelmäßig die einzubringenden Forderungen eines Investors mittels Novation durch eine neue einzige Forderung (oder bei mehreren Investoren durch jeweils eine Forderung pro Investor) ersetzt werden. 36 Die Sacheinlage ist eine Ausnahme zur originären Bareinlagepflicht im Sinne einer datio in solutum gem. § 364 BGB (Leistung an Erfüllungs statt), statt vieler Hüffer/ Koch, AktG, § 183 Rn. 4. Der Wert einer gegen die insolvente Gesellschaft gerichteten Forderung ist höchst umstritten, siehe dazu eingehend unter E.VII.1. 37 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589 u. 599. Daher findet auch § 36a Abs. 2 S. 2 AktG, nach dem die Bewirkung der Sacheinlage innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung genügt, beim Debt Equity Swap keine Anwendung: Die Übertragung der Forderung ist nur „notwendiges Zwischenstadium für die Entschuldung der Gesellschaft“. Vgl. auch H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 66. A. A. wohl Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 119.

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen

87

b) Keine Umgehung der Sacheinlagevorschriften aa) Ausfluss des Kapitalaufbringungsgrundsatzes Insbesondere der Gläubigerschutz soll es bei Kapitalgesellschaften gebieten, die beschränkte Haftung der Gesellschafter durch die Grundsätze der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung auszugleichen.40 Das im Rahmen der Gründung oder bei einer Kapitalerhöhung aufgebrachte Eigenkapital soll auch bei Einbringung wertmäßig tatsächlich vorhanden sein, um als Haftungsmasse für Gläubiger zu dienen und das unternehmerische Risiko zu individualisieren.41 Die Regelungen betreffend die Sacheinlage sind Ausfluss dieses Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung.42 Im Gegensatz zu Bareinlagen besteht hier eine erhöhte Missbrauchsgefahr. Im Fall der Überbewertung der eingebrachten Gegenstände wäre die den Gläubigern allein zur Verfügung stehende Haftungsmasse schon ab ovo reduziert.43 Der Gesetzgeber hat Sacheinlagen daher, unter anderem durch Publizitäts- und Prüfungsvorschriften, bewusst erschwert, um die Deckung von angesetztem und tatsächlichem Wert zu gewährleisten.44 bb) Differenzhaftung und verdeckte Sacheinlage Nicht nur Publizitäts- und Prüfungspflichten, sondern auch Haftungsvorschriften sichern die reale Kapitalaufbringung; etwa die Differenzhaftung und die Lehre von der verdeckten Sacheinlage. 38 BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 f. – IBH/Lemmerz. Zur Konfusion Palandt/Grüneberg, vor § 362 Rn. 4. Zur Konfusion verbriefter Forderungen beim Debt Equity Swap, siehe unter F.II.3.c). 39 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 282; Redeker, BB 2007, 673, 674; siehe etwa Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 113. 40 Etwa Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 4 ff. m.w. N.; Priester, DB 2010, 1445, 1446; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 48. Die Vorschriften dienen aber auch dem Schutz der Mitgesellschafter: Bei Diskrepanz zwischen Einlageleistung und -verpflichtung erhält der Inferent im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern eine ungerechtfertigte Anteilshöhe. 41 Priester, DB 2010, 1445, 1446 spricht insoweit davon, dass ohne die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln die Gesellschaftern von Gewinnen profitieren würden, unternehmerischer Misserfolg hingegen mittelbar über die Verluste der Gläubiger „sozialisiert“ werde. Die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften wirken als Pendant der Haftungsbeschränkung dem entgegen und individualisieren die Verluste. Zur Bedeutung des Grundkapitals statt vieler Heider, in: MünchKomm-AktG, § 1 Rn. 95. 42 Etwa BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 64 – IBH/Lemmerz; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 5; Märtens, in: MünchKomm-GmbHG, § 5 Rn. 62 f. 43 Trotz der Kapitalerhaltungs- und Kapitalaufbringungsregeln gibt es keine Gewähr dafür, dass das Garantiekapital fortlaufend zur Verfügung steht, vgl. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 775 f. 44 Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 183 Rn. 1.

88

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

Erreicht der Wert einer Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister nicht den Nennbetrag des dafür übernommenen Geschäftsanteils, hat der Gesellschafter in Höhe des Fehlbetrages eine Einlage in Geld zu leisten. Der Sacheinleger haftet der Gesellschaft nach §§ 9 Abs. 1 S. 1, 56 Abs. 2 GmbHG bzw. § 9 Abs. 1, 56 Abs. 2 GmbHG analog i.V. m. § 36a Abs. 2 i. V.m §§ 183, 188 Abs. 2 S. 1 AktG in Höhe der Differenz zwischen tatsächlichem Wert der Sache und der Einlagepflicht, da er nur in der Höhe des wirklichen Wertes der Sacheinlage von der Einlagepflicht befreit wurde. Im Übrigen besteht die eigentliche Barleistungspflicht fort.45 Auch bei Koppelungsgeschäften besteht die Pflicht zur vollständigen Erbringung der Einlageverpflichtung. Wird vereinbart, dass die Forderungsgläubiger eine Bareinlage leisten, und anschließend die Gesellschaft die betreffenden Forderungen mit ebendiesen Barmitteln begleicht, entsteht eine der Sacheinlage entsprechende Situation. Einen solchen Versuch die Sacheinlagevorschriften zu umgehen, bezeichnet man als verdeckte Sacheinlage.46 Nach § 27 Abs. 3 AktG bzw. § 19 Abs. 4 GmbHG wird der Inferent im Fall einer solchen verdeckten Sacheinlage nicht von seiner Einlageverpflichtung frei, es findet jedoch eine Anrechnung nach § 27 Abs. 3 S. 3 AktG bzw. § 19 Abs. 4 S. 3 GmbHG auf die Bareinlageverpflichtung statt.47 cc) Aufrechnungsverbot Nicht nur die Tilgung der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen des Gläubigers mit den von ihm im Rahmen der Barkapitalerhöhung als Einlage geleisteten Barmitteln ist unzulässig. Nach §§ 66 Abs. 1 S. 2 AktG und §§ 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG ergibt sich auch die Unzulässigkeit der Aufrechnung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen mit der Einlageverpflichtung des jeweiligen Gläubigers.48 Das Aufrechnungsverbot verhindert, dass die Gläubiger ihre Forderungen gegen die Gesellschaft mit der übernommenen Verpflichtung zur Bareinlage verrechnen und sichert so die effektive Kapitalaufbringung.49 c) Zwingende Bareinlage bei Kapitalherabsetzung auf Null Sieht der Insolvenzplan eine Kapitalherabsetzung unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag vor, so sind im Rahmen der sich anschließenden Kapitalerhöhung 45

Zur Differenzhaftung bereits eingehend unter B.IV.2.d)aa). Etwa BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 58 – IBH/Lemmerz; Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 23 ff.; Märtens, in: MünchKomm-GmbHG, § 19 Rn. 156 ff. jew. m.w. N. 47 Zur verdeckten Sacheinlage bereits eingehend unter B.IV.2.d)bb). 48 Vgl. nur Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 118 ff. 49 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 66 Rn. 1 ff.; Märtens, in: MünchKommGmbHG, § 9 Rn. 1. Vgl. Schall, ZGR 2009, 126, 141 ff. u. 153. 46

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen

89

die § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG zu beachten. Bei einem Kapitalschnitt mit einer Kapitalherabsetzung bis auf Null ist eine Festsetzung von Sacheinlagen ausgeschlossen. Nach allgemeiner Meinung betrifft dies – in restriktiver Auslegung der Vorschriften – nur den auf die gesetzliche Mindesteinlage entfallenden Betrag.50 Das Barerhöhungs-Erfordernis soll einen tatsächlichen Liquiditätszufluss sicherstellen und insoweit Bewertungsprobleme vermeiden.51 Für den Debt Equity Swap bedeutet dies, dass es bei einem Kapitalschnitt auf Null zwingend einer gemischten Sach- und Bareinlage bedarf.52 Demnach sind – zusätzlich zur Einbringung der Forderungen als Sacheinlage – mindestens Barmittel in Höhe von 50.000 EUR (§ 7 AktG) bzw. 25.000 EUR (§ 5 Abs. 1 GmbHG) aufzubringen.53 3. Ausschluss des Bezugsrechts a) Bezugsrecht als elementarer Bestandteil der Mitgliedschaft Zum Schutz vor der Verwässerung ihrer Anteile und einem Verlust von Einflussmöglichkeiten haben die Gesellschafter ein allgemeines Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen (§ 186 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. für die GmbH § 186 AktG analog54).55 Das Bezugsrecht ist ein Ausdruck des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, der für die Aktiengesellschaft in § 53a AktG geregelt ist.56 Auch bei einem Kapitalschnitt auf Null muss den bisherigen Gesellschaf50 Statt vieler Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 8; Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, § 58a Rn. 97 m.w. N. 51 Nur Hüffer/Koch, AktG, § 228 Rn. 3. 52 Statt vieler Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 7; Waldner, in: Michalski, GmbHG, § 58a Rn. 19. In Zusammenhang mit dem Schuldentausch Ekkenga, ZGR 2009, 581, 593; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 46); Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113. 53 Zur Frage der Sinnhaftigkeit eines solchen Erfordernisses unter H.III. 54 Anschaulich auch der BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44 ff. – Kali & Salz; hierzu Lutter, ZGR 1979, 401 ff. Das Bezugsrecht ist auch verfassungsrechtlich abgesichert, siehe BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 276 – Feldmühle; v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 302 – DAT/Altana. 55 Etwa Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 55 Rn. 67 ff., 80 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 20; Priester, ZIP 2010, 497, 499 jew. m.w. N. auch zur Gegenauffassung, die das Bezugsrecht aus der Treuepflicht und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (i.V. m. § 55 Abs. 2 S. 1 GmbHG) ableitet; i. E. unterscheiden sich die Auffassungen nicht, deswegen offengelassen vom BGH v. 18.4.2005 – II ZR 151/ 03, ZIP 2005, 985, 987. 56 Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 2, 7 u. 457 ff. Auch Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 80; Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 5; Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157 („Die stärkste Ausprägung des Gleichheitsgedankens ist das Bezugsrecht“). Für die GmbH ist der Grundsatz nicht kodifiziert, aber allgemein anerkannt: nur Merkt, in: MünchKomm-GmbHG, § 13 Rn. 282.

90

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

tern grundsätzlich ein ihrem bisherigen Anteil am Haftkapital entsprechender Teil der neu geschaffenen Anteilsrechte angeboten werden, obwohl die Mitgliedschaft im Zuge der Kapitalherabsetzung – für eine juristische Sekunde – vollständig untergeht.57 Sollen allein die einrückenden Gläubiger als gesellschaftsfremde Dritte die neuen Anteile übernehmen, muss mithin das Bezugsrecht der bisherigen Gesellschafter ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluss richtet sich nach § 186 Abs. 3 S. 1 AktG (analog).58 Da es sich bei dem Bezugsrecht um einen elementaren Bestandteil der Mitgliedschaft handelt, ist ein Bezugsrechtsausschluss nur in engen Grenzen zulässig. Erforderlich sind demnach eine sachliche Rechtfertigung59, ein Hauptversammlungs- bzw. Gesellschafterversammlungsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit (§ 186 Abs. 3 S. 2, 3 AktG [analog])60 und eine sachgerechte Information der Gesellschafter (§ 186 Abs. 4 S. 1, 2 AktG [analog])61. Der Bezugsrechtsausschluss muss als untrennbarer Bestandteil des Kapitalerhöhungsbeschlusses gemeinsam mit der Kapitalerhöhung beschlossen werden (§ 186 Abs. 3 S. 1 AktG [analog]); ein nachträglicher Bezugsrechtsausschluss scheidet aus.62 b) Inhaltliche Beschlusskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses Angesichts der Schwere des Eingriffs in diesen Kernbestandteil des Mitgliedschaftsrechts kommt der sachlichen Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses 57 BGH v. 5.7.1999 – II ZR 126/98, BGHZ 142, 167 – Hilgers; Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 5; K. Schmidt, in: K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.23; Krieger, ZGR 2000, 885, 898. 58 Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 55 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 25 ff. jew. m.w. N. 59 Zu diesem Erfordernis BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44 ff. – Kali & Salz; v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 ff.; aus der Literatur Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 25 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 RN. 26 f. Kritik an der „Lehre vom sachlichen Grund“ bei Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 53 ff. m.w. N. (Zweckgerechte Auslegung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber Lehre vom sachlichen Grund vorzugswürdig). 60 Der Ausschluss erfordert eine Mehrheit von mindestens drei Viertel (qualifizierte Mehrheit) des vertretenen Grundkapitals, § 186 Abs. 3 S. 2, 3 AktG, und der Stimmenmehrheit, § 133 Abs. 1 AktG bzw. § 53 Abs. 2 GmbHG. Das Bezugsrecht kann nur im Kapitalerhöhungsbeschluss ausgeschlossen werden, § 186 Abs. 3 AktG; vgl. etwa Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 62; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 25. 61 Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat der Hauptversammlung schriftlich über die Gründe des Bezugsrechtsausschlusses Bericht zu erstatten, § 186 Abs. 4 S. 1 AktG. Der Bericht des Vorstands muss so detailliert sein, dass der entscheidenden Versammlung eine sachgerechte Entscheidung – nach Abwägung des Für und Wider – ermöglicht wird, vgl. etwa Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 22 ff. m.w. N. Für die GmbH werden die für die Aktiengesellschaft geltenden Formerfordernisse entsprechend herangezogen, vgl. nur Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 25 m.w. N. 62 Statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 20; für die GmbH Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 56 Rn. 83.

II. Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen

91

besondere Bedeutung zu.63 Eine sachliche Rechtfertigung liegt nur dann vor, wenn der Ausschluss im Interesse der Gesellschaft64 liegt, er zur Erreichung des im Geschäftsinteresse liegenden Zweckes geeignet und erforderlich ist und die Vorteile für die Gesellschaft in einem angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen der betroffenen Gesellschafter stehen.65 Ist der dem Gesellschaftsinteresse dienende Zweck auch auf eine andere, weniger einschneidende Weise, d.h. mit milderen Mitteln, erreichbar, so hat ein Eingriff zu unterbleiben.66 Für die Sachkapitalerhöhung bei dem sanierenden Debt Equity Swap wird überwiegend eine sachliche Rechtfertigung für den Bezugsrechtsausschluss angenommen.67 Indes führt der Umstand, dass nur die Gläubiger als Inhaber der betroffenen Forderungen zur Leistung des Einlagegegenstands befähigt sind, noch nicht allein zur Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bei einem Schuldentausch.68 Vielmehr muss auch in diesen Fällen dargelegt werden, dass die Sanierung dringlich ist und gleich geeignete Mittel – etwa eine Barkapitalerhöhung – nicht zur Verfügung stehen, um die Gewinnerzielungsfähigkeit wiederherzustellen. 69 Ist der Be63 Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95 weisen auf die Notwendigkeit einer ausführlichen Begründung auch in Krisensituationen hin. 64 Zur Bestimmung des Gesellschaftsinteresses Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 253 ff. 65 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44 ff. – Kali & Salz; v. 19.4.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, 321 ff.; v. 9.11.1992 – II ZR 230/91, BGHZ 120, 141, 145 f.; v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239, 241 – Holzmann; v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 135 – Siemens/Nold I; statt vieler Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 71; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 26 f. 66 Etwa BGH v. 7.3.1994 – II ZR 52/93, BGHZ 125, 239, 244 – Holzmann; v. 23.6.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, 135 – Siemens/Nold I. Statt vieler Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 72 ff.; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 26 f. 67 Grundsätzlich Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 35; Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 183 Rn. 39 u. § 186 Rn. 90; Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 55 Rn. 95; Zöllner/ Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 55 Rn. 27, aus der Literatur zum vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap etwa: Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491, 495; Sydow/ Beyer, AG 2005, 635, 637; Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2152; Redeker, BB 2007, 673, 675; einschränkend Scheunemann/Hoffmann, DB 2009, 983, 984 (Möglichkeit einer gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung mit gekreuztem Bezugsrechtsausschluss zu erwägen); Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 134 Rn. 109; Vaupel/Reers, AG 2010, 93, 95. Aus der Literatur zum insolvenzlichen Debt Equity Swap nur Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45); Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 m.w. N.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 329 f.; kritisch Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 433. 68 Dass nur der jeweilige Eigentümer bzw. Inhaber in der Lage ist, den jeweiligen Sacheinlagegegenstand zu erbringen, rechtfertigt alleine noch nicht den (vollständigen) Bezugsrechtsausschluss, vgl. BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 46 – Kali & Salz; auch Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1211. 69 Etwa Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 35. Ein Verweis auf die Möglichkeit, sich auf dem freien Markt mit Anteilsrechten einzudecken, etwa bei börsennotierten Aktien ist unzureichend, siehe nur Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 95.

92

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

zugsrechtsausschluss erforderlich, so rechtfertigt die Sanierung und der Fortbestand der werbenden Gesellschaft als legitimer Zweck70 die mit dem Ausschluss des Bezugsrechts verbundene Beeinträchtigung der gesellschafterlichen Beteiligungsquote.71 In formeller Hinsicht setzt der Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 S. 2 AktG bzw. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG eine Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bzw. drei Viertel der abgegebenen Stimmen voraus, sofern die jeweilige Satzung nicht höhere Anforderungen vorsieht. Im Gegensatz zu dem Kapitalerhöhungsbeschluss, für den die Satzung abweichend von dem gesetzlichen Leitbild auch die einfache Mehrheit genügen lassen kann, darf die Satzung für den Bezugsrechtsausschluss nur strengere Mehrheitserfordernisse vorsehen, § 186 Abs. 3 S. 3 AktG bzw. § 53 Abs. 2 S. 2 GmbHG. c) Bezugsrechtsausschluss bei gemischter Bar- und Sacheinlage Bei einem Debt Equity Swap mittels Kapitalschnitt unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag die § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG zu beachten. Als Folge dessen bedarf es in diesem Fall zwingend einer gemischten Bar- und Sacheinlage.72 Soll erreicht werden, dass die bisherigen Gesellschafter vollständig ausscheiden, so muss die zwingend erforderliche Barkapitalerhöhung einen Bezugsrechtsausschluss enthalten.73 Auch dieser bedarf der sachlichen Rechtfertigung. Im Gegensatz zur Sachkapitalerhöhung ist es den Altgesellschaftern auch tatsächlich möglich, den Einlagegegenstand zu erbringen. Geeignet und erforderlich ist ein 70 Ekkenga, ZGR 2009, 581, 610; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 433 ff.; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 134; Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 75; Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 55 Rn. 95. Zur Frage des „Ob und Wie“ eines Gesellschaftsinteresses – insbesondere auch bei vollständigem Ausscheiden der Gesellschafter – etwa Fischer, NZI 2013, 823, 826. 71 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 27; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 329 f.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Fischer, NZI 2013, 823, 826; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 510 sehen den Bezugsrechtsausschluss bei der Sachkapitalerhöhung im Rahmen des Debt Equity Swaps dann als zulässig an, wenn „die zur Tilgung der Schulden notwendigen Mittel nicht durch eine Barkapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss beschafft werden können und die Gläubiger nur bei Umwandlung ihrer Forderung in Eigenkapital bereit sind, den erforderlichen Sanierungsbeitrag zu leisten.“ Einschränkend Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 433 f. 72 Selbstredend nur, wenn – wovon hier ausgegangen werden soll – die sanierte Gesellschaft nicht nur das gesetzliche Mindestnennkapital aufweisen soll. Auch kann der Insolvenzplan, zusätzlich zur Sach-, selbstredend auch eine Barkapitalerhöhung vorsehen, vgl. das „Beispiel 1“ bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557 ff. 73 Andernfalls drängen zeichnungsbereite Altgesellschafter in den Neugesellschafterkreis, was unter Umständen (Delisting, Prospektpflichten usw.) unerwünscht sein kann. Vgl. nur Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105 ff.

III. Übernahme bestehender Anteile

93

Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhungen daher grundsätzlich nur in Ausnahmefällen.74 So kommt in Betracht, dass ein Investor Anteile nur en bloc erwerben möchte, um eine bestimmte Beteiligungshöhe zu erreichen, und folglich seine Beteiligung von einem Bezugsrechtsausschluss abhängig macht.75 Im Hinblick auf die Beurteilung, ob der Bezugsrechtsausschluss angemessen und am besten geeignet ist, der Sanierung zum Erfolg zu verhelfen, wird der Gesellschaft ein Beurteilungsspielraum zugestanden.76 Im Zuge eines Debt Equity Swap stellt sich demnach die Frage, ob und in welchen Umfang den Altgesellschaftern die Möglichkeit zur Beteiligung am sanierten Unternehmen durch ein Bezugsrecht eingeräumt werden muss.77

III. Übernahme bestehender Anteile Der Debt Equity Swap kann nicht nur über Kapitalmaßnahmen durchgeführt werden. Alternativ können die Gläubiger die bestehenden Anteile – gegebenenfalls nach einer Kapitalherabsetzung – von den Altgesellschaftern im Wege eines sogenannten share deal übernehmen und gegenüber der Gesellschaft auf ihre Forderungen verzichten (§ 397 BGB).78 Mit Wirksamkeit des Erlassvertrages gehen die Forderungen unter und die sanierenden Wirkungen des Debt Equity Swap sind herbeigeführt. Die Übertragung der Anteilsrechte erfolgt entweder durch notariellen Übertragungsvertrag (bei GmbH-Anteilen, § 15 Abs. 3 GmbHG) oder – 74 Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 5; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 607 ff.; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1211; Krieger, ZGR 2000, 885, 899 f. Siehe auch Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 950; Hüffer/Koch, AktG. § 186 Rn. 35. 75 Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 95; Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 637; K. Schmidt, ZIP 2010, 125, 126; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105 mit Verweis auf LG Heidelberg v. 16.3.1988 – O 6/88 KfH II, ZIP 1988, 1257, 1258; hierzu und allgemein zur Legitimität einer solchen Bedingung instruktiv H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 328 f. 76 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 49 f. – Kali & Salz; siehe die Besprechung bei Lutter, ZGR 1979, 401, 405. Etwa Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 73. Vgl. auch Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 134 (Kombination von Sach- und Bareinlage, soweit die Altgesellschafter sich nicht an der Barkapiterhöhung beteiligen, rechtfertigt sich ein Bezugsrechtsausschluss). 77 Teilweise wird gefordert, dass parallel zu einer Sachkapitalerhöhung auch eine Barkapitalerhöhung zu Gunsten der übrigen Gesellschafter erfolgen muss, deren Bezugsrecht im Rahmen der Sachkapitalerhöhung ausgeschlossen werden soll, um diese vor einer Verwässerung ihrer Anteile zu schützen; etwa Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105. Siehe hierzu E.VI.3.a). 78 Dazu Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 708; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 401 ff., eine solche Struktur bietet sich z. B. dann an, wenn die Forderungen durch Pfandrechte an den Gesellschaftsanteilen gesichert sind, vgl. Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 46 ff.; ders./Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 13 f. Vgl. aber Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 49; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 705, die diese Vorgehensweise als „unechten Debt-Equity-Swap“ bezeichnen. Ebenfalls Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 88.

94

D. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Umsetzung

bei Aktien79 – regelmäßig durch Übereignung nach §§ 929 ff. BGB.80 Diese Vorgehensweise bietet den Vorteil, dass auf die Durchführung von aufwendigen Kapitalmaßnahmen und Werthaltigkeitsprüfungen verzichtet werden kann.81 Der Verzicht auf eine Kapitalerhöhung vermeidet auch grundsätzlich damit verbundene Haftungsrisiken, wie beispielsweise die Differenzhaftung.82

IV. Zusammenfassung Der Debt Equity Swap kann mittels Kapitalmaßnahmen oder durch Übertragung der Anteile im Wege eines sogenannten asset deals erfolgen. Für erste Variante bedarf es eines sogenannten Kapitalschnitts, der das Haftkapital im Wege der verainfachten Kapitalherabsetzung herabsetzt. Die kann – wenn es das Ausmaße der Verluste es erfordert – bis auf Null herabgesetzt werden. Zugleich bedarf es dann aber einer Kapitalerhöhung, in der die Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht werden. Die Sacheinlagevorschriften können nicht umgangen werden, ohne dass eine Haftung nach den Grundsätzen der verdeckten Sacheinlage oder der Differenzhaftung droht. Das Bezugsrecht muss bei dieser Kapitalerhöhung ausgeschlossen sein. Alle Kapitalmaßnahmen sind Satzungsänderungen, die die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter erfordern. Beim Ausschluss des Bezugsrechts ist zusätzlich eine materielle Beschlusskontrolle mit Blick auf die Angemessenheit erforderlich. Insbesondere bei Barkapitalerhöhungen werden hier strenge Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses gestellt.

79 Zu den Ausnahmen etwa bei (vinkulierten) Namensaktien etwa Hüffer/Koch, AktG, § 68 Rn. 2 ff. 80 Die Durchführung dürfte bei Aktiengesellschaften mit einer Vielzahl von – u. U. unbekannten – Aktionären unpraktikabel sein, vgl. Redeker, BB 2007, 673, 679. 81 Nur Redeker, BB 2007, 673, 679; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704 ff. 82 Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 16 f. (technisch unkomplizierter als Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen); jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 88.

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap I. Einleitung Die Vorschriften betreffend das Insolvenzplanverfahren1 wurden durch das ESUG erheblich verändert. Seit seiner Einführung im Rahmen der Insolvenzrechtsreform von 1999 führte das Planverfahren ein Nischendasein. Nur in circa 2–3 Prozent der eröffneten Insolvenzverfahren kam ein Insolvenzplan zur Anwendung.2 Wurde es indes einmal genutzt, konnten Sanierungen mittels Insolvenzplan beachtliche Erfolge aufweisen.3 Die Zurückhaltung wurde vor allem damit erklärt, dass die Insolvenzpraxis mit diesem neuen Instrumentarium wenig vertraut war und ihm mit Skepsis begegnete.4 Aber auch die Ausgestaltung des Insolvenzplanverfahrens und insbesondere die fehlende Eingriffsmöglichkeit in die Rechtsposition der Gesellschafter war Gegenstand von Kritik seitens der Literatur.5 Denn ohne solch eine Eingriffsmöglichkeit waren die Gläubiger bei rechtsträgererhaltenden Sanierungen auf die Kooperation der Altgesellschafter angewiesen. Die Gläubiger, die mit ihrem Verzicht die Sanierung erst ermöglichten, profitierten darüber hinaus nur eingeschränkt von einem Erfolg der Reorganisation: Ein typischer Insolvenzplan wies den Gläubigern im Gegenzug für ihren Forderungsverzicht eine Planquote zu. Gelang der reorganisierten Gesellschaft die Kehrtwende (turn-around) und verlief die Geschäftsentwicklung besser als erwartet, kam den Gesellschaftern der durch die Sanierung ermöglichte Mehr1 Allgemein zu dem Insolvenzplanverfahren der §§ 217 ff. InsO etwa Madaus, Der Insolvenzplan, passim; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, passim; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 1 ff. 2 Rede der damaligen Bundesministerin der Justiz Leutheusser-Schnarrenberger auf dem 7. Deutschen Insolvenzrechtstag in Berlin am 17. 3. 2010 (abrufbar unter URL: http://www.bmjv.de); Undritz, ZGR 2010, 201, 208 ff.; Bitter, ZGR 2010, 147, 154 ff.; Haas, NZG 2012, 961, 962. Vgl. aber Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 59 („[. . .] erschreckend, wie wenig und wenig genaues statistisches Material über Insolvenzen und Sanierungen; eine mit Zahlen unterlegte Diskussion ist damit für Deutschland eigentlich gar nicht möglich.“). 3 Nach Günther, ZInsO 2012, 2037, 2038, konnte in Insolvenzplanverfahren die Hälfte der erhaltungsfähigen Unternehmen fortgeführt und fast 60 Prozent der Arbeitslätze erhalten werden. Die Gläubiger profitierten von deutlich höheren Quoten (bis zu 30 Prozent statt 5 Prozent im Regelinsolvenzverfahren) und schnellerer Auszahlung. 4 Vgl. nur Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 217 Rn. 8 ff.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 12. Zu weiteren Gründen Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.27 ff. 5 Etwa Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541 ff.; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 62 m.w. N.

96

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

wert zugute.6 Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber auf die Kritik reagiert und auch das Insolvenzplanverfahren reformiert. Im Folgenden werden Ausgangssituation und Änderungen der §§ 217 ff. InsO dargestellt, die Rechtmäßigkeit überprüft und Auslegungsfragen untersucht.

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren 1. Ausgangspunkt a) Strategisches Blockadepotenzial der Gesellschafter nach InsO a. F. Im Rahmen der Insolvenzrechtsreform von 1999 hatte sich der Gesetzgeber gegen eine Einbeziehung der Anteilseigner in den Insolvenzplan entschieden.7 Zwar konnte schon damals der Insolvenzplan vorsehen, dass Gläubiger „Anteilsoder Mitgliedsschaftsrechte“ übernehmen (§ 230 Abs. 2 InsO), erforderte die Sanierung des Schuldners im Wege einer Reorganisation gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, so war die Mitwirkung der Gesellschafter zwingende Voraussetzung für das Gelingen des Sanierungsvorhabens.8 Eine Durchführung notwendiger Maßnahmen gegen den Willen der Anteilseigner durch Mehrheitsentscheidung der Gläubiger oder gerichtliche Ersetzung – wie beispielsweise in dem der Insolvenzordnung als Vorbild dienenden US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren9 – war nicht vorgesehen.10 Somit war weder eine Fortführung der durch die 6

Günther, ZInsO 2012, 2037, 2038. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 581 ff. Siehe etwa BGH v. 15.4. 2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 210. Eingehend hierzu Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 318 f. Nur vereinzelt wurde eine Einbeziehung der Anteile bereits vor der Reform durch das ESUG angenommen Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 35 ff.; ders., in: FS Fischer, S. 53, 70 (schuldrechtlicher und planunterworfener Anspruch des Verwalters gegen die Anteilseigner auf Abtretung der Gesellschaftsbeteiligungen); Delhaes, NZI 1999, 47, 50; dagegen Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 217 Rn. 18 („krasser Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes“); Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 55 („Recht [der Gesellschafter] auf einen wirtschaftlichen Selbstmord“); wohl auch Spetzler, KTS 2010, 433, 448. 8 Statt vieler Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 542 f. 9 Etwa H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 318 f. 10 Lag die Zustimmung der Anteilseigner vor, so konnten die satzungsändernden Maßnahmen in einem bedingten Insolvenzplan (§ 249 InsO) zur Voraussetzung für die Bestätigung des Plans erklärt werden, vgl. BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 210; etwa Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 568; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503. Zum bedingten Insolvenzplan und zu bedingten gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 372 ff.; Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischen Recht, S. 78 ff. Zu den Schwierigkeiten in praxi Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 560 f. (Fn. 15, 26). 7

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

97

Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten Gesellschaft noch ein Debt Equity Swap ohne Zustimmung der Anteilseigner möglich. Die hierfür erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse konnten nur die Anteilseigner der faillierten Gesellschaft fassen.11 Eine gerichtliche Ersetzung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen war nicht möglich, das Insolvenzrecht war geprägt von weitgehender gesellschaftsrechtlicher Neutralität.12 Der Gesetzgeber schätzte schlichtweg die Gefahr obstruierender Anteilseigner als gering an und verwies für den Einzelfall auf die Möglichkeit der übertragenden Sanierung, also der Trennung von Unternehmen und Rechtsträger.13 Mithilfe eines solchen asset deal sollte der Zugriff der Gläubiger auf den Fortführungswert (going-concern-Wert) erreicht werden können und der drohende Totalverlust – von wirtschaftlicher und mitgliedschaftlicher Position als zwingende Folge der übertragenden Sanierung – die Gesellschafter zur Kooperation bewegen.14 Dem Gesetzgeber unterliefen bei der Einschätzung jedoch zwei Irrtümer: Die übertragende Sanierung erlaubt keinen Zugriff auf den spezifischen Fortführungswert, der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergibt.15 Zudem verspüren die Anteilseigner wenig Anreiz für eine Kooperation, wenn sowohl die übertragende Sanierung als auch die ihre Zustimmung erfordernden Kapitalmaßnahmen zum Totalverlust, weil vollständigem Ausscheiden führen.16 Infolgedessen besaßen die Gesell11

Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 687 f. Nur H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 420; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 1 jeweils m.w. N. Vgl. auch Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan, S. 118 („gesellschaftsrechtliche Abstinenz“ der InsO). 13 S. nur Wittig, ZInsO 1999, 373, 379 (Fn. 51) („gesetzgeberische Fehlentscheidung“); Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7 („Geburtsfehler“); Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1827 („Geburtsfehler“); Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1409 („schwerwiegender Fehler“); Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 202 („fataler Fehler“). Diese (Fehl-)Einschätzung korrigiert der Gesetzgeber durch das ESUG, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 l. Sp. 14 Nach Balz, ZIP 1988, 1438, 1441 soll vielmehr darauf gesetzt werden, „dass der Fortführungsbonus, [d.h.] die Differenz zwischen Fortführungs- und Liquidationswert, nicht nach den Grundsätzen der zivilrechtlichen Haftung zugeteilt, sondern zum Gegenstand von Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubigern gemacht wird.“ 15 Siehe nur Bitter, ZGR 2010, 147, 162; ders./Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen dem Wert bei Abwicklung, dem bestmöglichen Liquidationswert, der sich regelmäßig durch die Veräußerung von Unternehmensteilen en bloc erzielen lässt und dem Fortführungswert bzw. Fortführungsmehrwert, der sich bei rechtsträgererhaltender Sanierung erschließen lässt. 16 Überzogen optimistisch erscheint die Überzeugung von H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367, der davon ausgeht, dass die Anteilseigner in der Insolvenz sinnvolle Maßnahmen zur Erreichung des Sanierungszieles nicht blockieren. Gleichsam Theiselmann, GmbH-StB 2013, 150, 151 („Altgesellschafter stimmen einem DES typischerweise zu, wenn diese Maßnahme die einzig realistische Chance darstellt, ein Überleben des Unternehmens zu erreichen.“). Dagegen etwa K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087; Bitter, ZGR 2010, 147, 161 f.; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 54 u. 66 f., der auch auf die unökonomischen Gründe für eine Blockadehaltung hinweist (z. B. emotionale Ablehnungshaltung bei Familienunternehmen). 12

98

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

schafter bei Sanierungen, die eine Weiterführung des Unternehmens unter dem bisherigen Rechtsträger vorsahen, ein nicht unerhebliches Blockadepotenzial, das in krasser Diskrepanz zur ihrer wirtschaftlichen Stellung stand.17 Im Insolvenzplanverfahren hatten die Altgesellschafter im Hinblick auf Reorganisationen das Ruder in der Hand und konnten durch fehlende Kooperation den Zugriff der Gläubiger auf den reorganisationsbedingten Fortführungswert verhindern.18 Dieses Blockadepotenzial wurde teilweise auch – indes fälschlicherweise19 – als einer der Gründe für das forum shopping deutscher Sanierungskandidaten in England angesehen.20 Nur vereinzelt wurde seine Existenz verneint.21 Die Praxis versuchte, sich mit vertraglichen Konstruktionen, wie Gesellschafterbürgschaften, Pfandrechten an Gesellschaftsanteilen und doppelnützigen Treuhandkonstruktionen zu behelfen.22 b) Ungewisse Reichweite gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten Auch gesellschaftsrechtliche Treuepflichten halfen nach herrschender Auffassung nicht über die erheblichen Blockademöglichkeiten hinweg. Die Existenz solcher, sich aus der mitgliedschaftlichen Struktur der Gesellschaften ergeben17 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 2d („Erpressungspotenzial“); Braun, in: FS Fischer, S. 53, 68 (Blockade erfüllt Tatbestand des § 253 StGB), vgl. auch RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 l. Sp.; a. A. (kein Bedürfnis für Zwangseingriff in Anteilseignerrechte) H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 362 ff.; Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischen Recht, S. 203 ff.; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vor § 217 Rn. 40, § 217 Rn. 16 ff.; Smid/Rattunde, in: Smid, InsO, 2. Aufl. 2001, § 221 Rn. 16; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 779 Rn. 28.42b; Kluth, ZInsO 2002, 258, 263 (fehlende Eingriffsmöglichkeit als „ausgesprochener Glücksfall“). 18 Etwa Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506. 19 Das Company Voluntary Arrangement (CVA) nach 4 A (2) (b), (3), (6) Insolveny Act 1986 (eingefügt durch den Insolveny Act 2000) des englischen Sanierungsrechts erlaubt trotz des leicht missverständlichen Wortlauts gerade keine gesellschaftsrechtlichen Eingriffe gegen den Willen der Gesellschafter, also auch keinen aufgezwungenen Debt Equity Swap entgegen der Mehrheit der Altgesellschafter. Hierzu bereits unter A.I. 20 Vgl. nur Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7; siehe aber Hölzle, KTS 2011, 291, 320 („Flucht“ der Deutschen Nickelwerke AG wegen unflexiblem Schuldverschreibungsrecht). 21 Nach Braun, in: FS Fischer, S. 53, 69 f.; ders., in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 41 ff. (schuldrechtlicher Anspruch des Insolvenzverwalters auf Übertragung der zur bestmöglichen Haftungsverwirklichung benötigten Gesellschaftsanteile gegen die Anteilseigner); Bitter, ZGR 2010, 147 ff. (Treuepflicht auf Abtretung) waren schon vor der ESUG-Reform Zwangseingriffe in Anteilseignerrechte möglich. Zur Kritik Brinkmann, WM 2011, 97, 98 f. (contra legem). 22 Überblick bei Stadler, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung, S. 159 ff.; Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 21 ff.

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

99

den, Treuepflichten im Sinne von Rücksichtsnahmepflichten wird allgemein bejaht: Auch der Bundesgerichtshof hatte gesellschaftsrechtliche Treuepflichten der Gesellschafter untereinander in Entscheidungen wie „Linotype“ 23, „Girmes“ 24 und „Sanieren oder Ausscheiden“ 25 grundsätzlich anerkannt und zunehmend konkretisiert.26 Ihre Reichweite war und ist jedoch immer noch umstritten.27 So bejahte Braun schon vor der Reform durch das ESUG einen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Abtretung wertloser Gesellschaftsanteile, wenn ohne eine Übertragung Vermögenswerte aus schuldrechtlichen Drittbeziehungen der überschuldeten Körperschaft nicht zugunsten der Gläubiger verwertet werden konnten und begründete diesen Anspruch mit gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten.28 Diesem Vorschlag nicht unähnlich versuchte Bitter über – an den zivilrechtlichen Gedanken der Aufopferung anknüpfende – Treuepflichten in der Gestalt von Rücksichtnahme- und Aufopferungspflichten der Gesellschafter einer insolventen Gesellschaft gegenüber deren Gläubigern eine Zugriffsmöglichkeit herzuleiten.29 Der Aufopferungsgedanke sei – wie die §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5, 135 23 BGH v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 184, 194 ff. – Linotype (Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Mehrheitsgesellschafter). 24 BGH v. 20.3.1995 – II ZR 205/94, BGHZ 129, 136, 142 ff. – Girmes (Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Minderheitsgesellschafter). 25 BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 ff. – Sanieren oder Ausscheiden (Zustimmungspflicht zu notwendigen Sanierungsmaßnahmen auch bei möglichen Ausscheiden aus einer OHG); vgl. hierzu auch Bacina/Redeker, DB 2010, 996 ff.; Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939 ff.; Wiedemann, in: FS Hommelhoff, S. 1337 ff.; zur Übertragbarkeit der Grundsätze auf Kapitalgesellschaften Ulrich, GmbHR 2010, 32, 36 f.; Priester, ZIP 2010, 497 ff. (GmbH); Brand, KTS 2011, 481 ff. (AG) sowie Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 949 ff. jew. m.w. N. 26 Siehe die Einschränkung des BGH v. 25.1.2011 – II ZR 122/09, ZIP 2011, 768 ff. 27 v. Schorlemer/Stupp, NZI 2003, 345, 347 ff.; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1518 f.; Redeker, BB 2007, 673, 675 f.; Reuter/Buschmann, ZIP 2008, 1003, 1010; Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1421; Verse, ZGR 2010, 299, 305 (nur Überwindung des Widerstandes einzelner Minderheitsgesellschafter); K. Schmidt, JZ 2010, 125, 126 ff.; Schuster, ZGR 2010, 325, 335 (keine Basis für rechtssichere Sanierung); Hölzle, KTS 2011, 291, 317 f., Brinkmann, WM 2011, 97, 99 (Treuepflicht zwischen Gesellschaftern, keine Wirkung gegenüber Dritten); Jaffé/Friedrich, ZIP 2008, 1849, 1854 (keine Duldung von Eingriffen in Geschäftsanteile aus Treuepflicht); Noack, in: FS Röhricht, S. 454, 460 f. Einen Überblick geben H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 322 ff.; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, passim; Thole, ZIP 2013, 1937, 1938. 28 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 40 ff.; ders., in: FS Fischer, S. 53, 69 f., zur Kritik vgl. nur Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vor § 217 Rn. 40; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 687; ders., ZIP 2007, 1729, 1736 (contra legem). 29 Bitter, ZGR 2010, 147, 147 ff., 172 ff., 191 ff., 198. Die Aufopferungspflicht der Gesellschafter ergebe sich daraus, dass sie die Anteile nur treuhänderisch für die Gläubiger als wirtschaftliche Eigentümer des Schuldners bzw. des Unternehmens halten. Das Anteilsrecht sei in der Insolvenz nur noch eine der Sicherung des Anspruches aus § 199 S. 2 InsO dienende formale Rechtsposition.

100

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Abs. 3 InsO zeigen – dem Insolvenzrecht nicht fremd.30 Angesichts der wirtschaftlichen Entwertung der Anteile in der Insolvenz seien die Gesellschafter zur „Aufopferung“ verpflichtet.31 Eidenmüller wiederum bemühte die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, um das – in seinen Augen ungerechtfertigte32 – Blockadepotenzial von Altgesellschaftern abzumildern und entwickelte eine Pflicht einzelner Gesellschafter zur Zustimmung notwendiger Restrukturierungsmaßnahmen33. Offen blieb aber, ob aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht auch ein Anspruch der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern erwachsen kann.34 Überwiegend wurde aber zugestanden, dass der praktische Nutzen solcher Treuepflichten – insbesondere in der zeitkritischen Sanierungssituation – für die an der Durchsetzung des Schuldentauschs interessierten Gläubiger eher gering ist.35 Denn die gerichtliche Herbeiführung einer Zustimmung der Gesellschafter zu reorganisierenden Kapitalmaßnahmen36 innerhalb des typischerweise engen Zeitfensters einer Sanierung wäre kaum zu erreichen.37 Zudem stünde der Anspruch den Mitgesellschaftern als actio pro socio zu, für ein gerichtliches Vor30 Bitter, ZGR 2010, 147, 172 ff.; zur Kritik etwa Brinkmann, WM 2011, 97, 98 f. (contra legem). 31 Bitter, ZGR 2010, 147, 192. 32 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 778 ff.; ders., in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 217 Rn. 74; ders., ZGR 2001, 680, 687 f.; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 543. 33 Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 778 ff.; ders., in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 217 Rn. 74; ders., ZHR 169 (2005), 528, 558 ff.; ders., ZIP 2007, 1729, 1736; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 543. 34 Vgl. Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1519. Eine „Treue“-Pflicht der Gesellschafter würde folglich in all denen Fällen nicht weiter helfen, wenn sich eine Mehrheit der Gesellschafter gegen eine Sanierung mittels Debt Equity Swap stellt, vgl. Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 461. 35 Vgl. nur Schuster, ZGR 2010, 325, 335 (keine Basis für rechtssichere Sanierung); Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 23; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 35 (Registersperre als Folge der Anfechtungsklage als Sanierungshindernis). 36 Nach Achsnick, Options-Modelle im Insolvenzplanverfahren, S. 124, wäre die Anfechtungsklage nach § 243 Abs. 1 AktG mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage zu kombinieren, siehe auch Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 136 f. 37 Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, Vorbem. § 58 Rn, 83; Redeker, BB 2007, 673, 676; Scheunemann/Hoffmann, DB 2009, 320, 323; Becina/Redeker, DB 2010, 996, 999; Bitter, ZGR 2010, 147, 198; Verse, ZGR 2010, 299, 305; a. – zuversichtlicherer – A. aber H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 343 ff. (Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes), ihm folgend Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 136 f.; dagegen indes Westpfahl, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 13 (unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache).

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

101

gehen wären die Gläubiger auf deren Ermächtigung angewiesen.38 Auch war unklar, ob das gesellschaftsrechtliche Treueband nur zur Enthaltung oder auch zur Zustimmung zu Maßnahmen verpflichtete.39 Obendrein war die Rechtsprechung auf Fälle begrenzt, bei denen die Mehrheit der Gesellschafter die Sanierung befürwortete und der Widerstand einer Gesellschafterminderheit überwunden wurde. Unsicher blieb daher, ob sich auch ein Widerstand einer Gesellschaftermehrheit überwinden ließe oder ein vollständiges Herausdrängen möglich wäre.40 Überdies handelte es sich nicht um Insolvenzsituationen; in der Insolvenz aber ist der Weiterbestand von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten höchst zweifelhaft.41 Ein Debt Equity Swap über gesellschaftsrechtliche Treuepflichten schien damit wenig aussichtsreich. 2. Paradigmenwechsel durch das ESUG a) Einbeziehung der Anteilsrechte in den Insolvenzplan aa) Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Neutralität Das ESUG beendet die weitgehende gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts.42 Der Gesetzgeber hat nun doch die Vorschläge der 38 Achsnick, Options-Modelle im Insolvenzplanverfahren, S. 124. Ob – entgegen der h. M. – auch die vertikale Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft zur Überwindung einer Sanierungsblockade genutzt werden kann, ist umstritten, vgl. Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 948 m.w. N. Hierzu ist anzumerken, dass zumindest beim Vorliegen von Insolvenzgründen das Recht der Anteilseigner, die Gesellschaft aufzulösen, eingeschränkt ist und das Interesse der Gläubiger auf Befriedigung Vorrang genießt. 39 Statt vieler Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 954 ff.; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 335 f.; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 40 jew. m.w. N. 40 Etwa Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 217 Rn. 74; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 334; Schäfer, in: FS Hommelhoff, S. 939, 952 ff. (Stimmpflicht ist Individualpflicht) m.w. N. Kein Ansatzpunkt sehen Verse, ZGR 2010, 299, 305; Haas, NZG 2012, 961, 962. A. A. Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 125. 41 Zweifelnd schon K. Schmidt, JZ 2010, 125, 129. Angesichts der neu geschaffenenen gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten der Insolvenzordnung ist nun sehr fraglich, ob für einen gesellschaftsrechtlichen Rechtschutz in der Insolvenz, bspw. im Wege der actio pro socio, überhaupt noch Raum verbleibt, vgl. die Ausführungen des OLG Frankfurt v. 1.10.2013 – 5 U 145/13, ZIP 2013, 2018, 2020 ff. (keine gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten nach Insolvenzeröffnung, da durch die damit verbundene Auflösung eine gemeinsame Zweckverfolgung unmöglich sei), ebenso etwa Thole, ZIP 2013, 1937, 1943; Madaus, ZIP 2014, 500, 504 (Fn. 29); Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 79; dagegen etwa Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157 f.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819. Differenzierend Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 8. Zumindest zur Überwindung des Blockadepotenzials der Gesellschafter bei Sanierungsmaßnahmen dürfte es ihrer nicht mehr bedürfen, ebenso Brünkmans/Uebele, ZInsO 2014, 265, 271. Einen Überblick über die Diskussion bei Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 280 ff. m.w. N. Allgemein zum Primat des insolvenzrechtlichen Schutzes etwa Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 8; Thole, ZIP 2013, 1937, 1938; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2830 jew. m.w. N.

102

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Insolvenzrechtskommission aufgegriffen und unterwirft die gesellschaftsrechtliche Organisation des Schuldners der insolvenzrechtlichen Haftung.43 Es kommt zu einer bisher nicht gekannten Verzahnung von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht44 und einer weiteren Angleichung an vorbildgebende Chapter 11-Verfahren des US-amerikanischen Reorganisationsrechts.45 Nach § 217 S. 2 InsO können nun auch Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte46 der am Schuldner beteiligten Personen in den Insolvenzplan47 einbezogen werden.48 Dies ermöglicht es erstmalig ausdrücklich, einen Debt Equity Swap im Insolvenzplan als Gestaltungsvariante vorzusehen. Mit der Einbeziehung erweitert sich auch der Personenkreis der an dem Planverfahren beteiligten bzw. betroffenen Personen.49 Durch den Insolvenzplan kann nun nicht nur in die Rechte der Gläubiger, sondern auch in die Rechte der Anteilseigner eingegriffen werden.50 Infolgedessen kommt es in den §§ 218 ff. 42 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 l. Sp.; insoweit handelt es sich um einen „Paradigmenwechsel“ und eine noch stärkere Annäherung des Insolvenzplanverfahrens an das als Vorbild dienende Chapter 11-Verfahren des US-amerikanischen Insolvenzrechts. Auch etwa Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 217 Rn. 10 f.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 121 ff.; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607 („geradezu revolutionär“); Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, 2012, S. 25; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1932. Der ESUG-Gesetzgeber zielt mit dem Ausbau des Insolvenzplanverfahrens auch auf ein sanierungsfreundlicheres Insolvenzrecht, dass im Wettbewerb der Rechtsordnungen bestehen soll, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/ 5712, S. 30 r. Sp. Zur Entstehungsgeschichte Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 15 f. 43 Etwa K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607 f.; ders., ZGR 2012, 566, 568. 44 Haas, NZG 2012, 961, 961; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518 sprechen von einer (teilweisen) „Aushebelung des GmbHG, AktG und des HGB“. 45 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 121. 46 Zum persönlichen und gegenständlichen Anwendungsbereich, vgl. nur Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 16 ff. 47 Praxisbeispiele und Formulierungsbeispiele finden sich bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557 ff.; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 382 ff. 48 Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1827 („Geburtsfehler“ der InsO). Braun/ Frank, in: Braun, InsO, § 217 Rn. 1 weisen darauf hin, dass durch das ESUG die Gestaltungsmöglichkeiten des Planes weiter erweitert wurden. Vgl. auch K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 568 („radikale Rückbesinnung des Gesetzgebers auf das fast 30 Jahre alte Konzept der Insolvenzrechtskommission“). 49 Zu den Planunterworfenen Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 59 ff. 50 Letztendlich erkennt der Gesetzgeber an, dass nicht strikt zwischen Anteilseignern und Forderungsgläubigern getrennt werden kann (vgl. auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 548 ff.; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 147 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 69 f.; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637; Brinkmann, WM 2011, 97, 99; aus der Rechtsprechung BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 211). Anteilseigner sind die nach-nachrangigsten Gläubiger und damit letztrangig Berechtigte des Unternehmens, vgl. § 199 S. 2 InsO. Sie partizipieren am Erfolg über Dividenden und Wertsteigerung, nicht über fixe Zinszahlungen wie ein Darlehensgeber oder Anleihegläubiger. Zwar findet sich diese Überlegung nicht ausdrücklich in der Gesetzesbegründung wieder. Der ESUG-Gesetzgeber gesteht aber zu, dass die Grenzen zwischen Eigen- und Fremdkapital, also zwischen Beteiligung an einer Gesellschaft und Forderung gegen die Gesellschaft, angesichts von Mezzanine-Finanzierungen (Ge-

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

103

InsO zu anpassenden Folgeänderungen: Wenn erforderlich wird der Begriff der „Gläubiger“ etwa durch „Beteiligte“ ersetzt.51 An die Stelle der Hauptversammlung tritt beispielsweise die insolvenzplanrechtliche Beteiligtenversammlung.52 bb) Regel-Ausnahme-Prinzip der Einbeziehung Auch aus dem neu eingefügten § 225a Abs. 1 InsO ergibt sich, dass die Einbeziehung der Anteil- bzw. Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist. Die Anteilsrechte bleiben von dem Insolvenzplan grundsätzlich unberührt. Etwas anderes gilt nur, wenn der durch den Insolvenzplan tatsächlich in die Rechte der Anteilseigner eingegriffen werden soll.53 Das ist nur konsequent, denn für eine Beteiligung der Anteilseigner besteht keine Notwendigkeit, wenn seitens der Gläubiger kein Interesse an den Anteilsrechten (etwa für den Fall eines Liquidations- oder Übertragungsplanes) besteht oder diese vollumfänglich kooperieren (Übertragung der Anteile, Fortsetzungsbeschluss usw.). cc) Keine Umwandlung gegen den Gläubigerwillen Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. Insoweit entspricht dies der bisherigen, sich aus § 230 Abs. 2 InsO ergebenden Rechtslage, die für eine Übernahme von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten durch Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens die Zustimmung jeden Gläubigers forderte.54 Sowohl § 225a Abs. 2 S. 2 InsO als auch § 230 Abs. 2 InsO sind Ausprägungen des Verbots von Verträgen zu Lasten Dritter und der verfassungsrechtlich geschützten negativen Vereinigungsfreiheit, nussscheinen, stillen Beteiligungen, etc.) sowie hybriden Finanzierungen fließend sind, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp. Anteilseigner und Forderungsgläubiger im Hinblick auf ihre Einbeziehung in den Insolvenzplan in der Insolvenz insoweit gleich zu behandeln, ist konsequent. Hierzu auch unter E.I. 51 §§ 220 Abs. 2, 222 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2, 231 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 235 Abs. 1 S. 1, 239, 242 Abs. 2 S. 1, 243, 248 Abs. 1, 250 Nr. 1, Nr. 2 InsO. 52 Statt aller Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 2 u. 59. 53 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 209; Kritik – mit Hinweis auf die Umkehrung des Prinzips im US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren (Einbeziehung als Regel) – Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 25. 54 Die Vorschrift des § 230 Abs. 2 InsO erfasste damit den Fall eines Debt Equity Swap mit Zustimmung der Altgesellschafter, etwa Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, 107, 110. In der Vergangenheit hat die Norm keine praktische Bedeutung erlangt, es bleibt abzuwarten, welchen Anwendungsbereich § 230 Abs. 2 InsO nach dem Inkrafttreten des ESUG noch hat. Denn durch die optionale Einbeziehung der Anteilseigner in den Insolvenzplan erscheint es vorteilhafter auch bei Kooperationsbereitschaft der Anteilseigner die Anteilsrechte in den Insolvenzplan aufzunehmen und die Anteilseigner zustimmen zu lassen. Den Schutz der Gläubiger vor Zwangsteilnahme an einem Schuldentausch ergibt sich bereits aus § 225a Abs. 2 S. 2 InsO.

104

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Art. 9 Abs. 3 GG.55 Kein Gläubiger soll durch Mehrheitsentscheidung zur Teilnahme an einem Schuldentausch gedrängt und damit die Mitgliedschaft in einem Verband aufgezwungen werden56, auch wenn etwa mit einer solchen Beteiligung keinerlei persönliche Haftung verbunden ist.57 Hiervon unberührt bleibt aber die Möglichkeit nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG 2009)58, in eine Gesellschafterstellung einzurücken. Die Vorschrift erlaubt eine Majorisierung einer sich gegen die Teilnahme an einem Debt Equity Swap aussprechenden Minderheit.59 Da das SchVG 2009 auch im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens Anwendung findet, konstituiert die Vorschrift eine spezialgesetzliche Ausnahme zum Grundsatz des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO.60 In jedem Fall ist die Zustimmung jedes Gläubigers bzw. der Mehrheitsbeschluss nach dem SchVG 2009 dem Insolvenzplan beizufügen, § 230 Abs. 2 InsO.61 dd) Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Planverfahren Die Aufzählung der gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen ist jedoch nicht abschließend („Insbesondere . . .“). Vielmehr ergibt sich aus der „Generalklausel“ 62 des § 225a Abs. 3 InsO, dass seit Inkrafttreten des ESUG63 jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme in den Plan aufgenommen werden kann und mit dessen Rechtskraft Wirkung erlangt.64 Eine Maßnahme ist gesellschaftsrechtlich

55 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 230 Rn. 8; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511; dazu ausführlich unter H.I.1. 56 Für § 230 Abs. 2 InsO: RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 203 r. Sp. 57 Etwa Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 230 Rn. 2. 58 Schuldverschreibungsgesetz v. 31.7.2009 (BGBl. I, S. 2512); hierzu eingehend unter F.II. 59 Ist das SchVG 2009 freilich unanwendbar, wird die Einholung der Zustimmung jedes einzelnen Gläubigers einer – unter Umständen sogar international platzierten – Anleihe enorme Transaktionskosten verursachen und schon deshalb ausscheiden, vgl. nur Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511. 60 Die Möglichkeit der Majorisierung haben die Erwerber der Schuldverschreibungen angesichts der Aufnahme in die Anleihebedingungen akzeptiert. Hierzu unter F.II. 61 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp. Hierzu unter F.II. 62 So Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 34; Fischer, NZI 2013, 823, 823; ebenso Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 11; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 2, die zu Recht auf die eigentümliche Gesetzessystematik (Regelung des Sonderfalls vor der Grundaussage) hinweisen. Für Braun/ Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 32 handelt es sich bei Abs. 3 um die „Magna Carta“ des Unternehmensinsolvenzrecht. 63 Zur diesbezüglichen Enthaltsamkeit des Insolvenzplanverfahrens a. F.: BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 210. 64 Vgl. zu den Möglichkeiten Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137. Die Reichweite der materiellen Regelungsmacht ist umstritten, siehe hierzu unter E.VI.3.

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

105

zulässig, wenn sie nicht gegen zwingendes Gesellschaftsrecht verstößt.65 Da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Auflösungswirkung besitzt (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 GmbHG), ist für die Sanierung des Schuldners im Wege eines den Fortbestand der Gesellschaft vorsehenden Insolvenzplans ein Fortsetzungsbeschluss erforderlich (§ 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG).66 Für Aktiengesellschaften sieht § 274 Abs. 1 S. 2 AktG eine Dreiviertelmehrheit vor, sofern nicht die Satzung eine größere Kapitalmehrheit vorsieht (§ 274 Abs. 1 S. 3 AktG). Für die GmbH finden sich keine gesetzlichen Bestimmungen, auch hier wird jedoch wegen der grundlegenden Bedeutung in entsprechender Anwendung des § 274 AktG gleichfalls von einer Dreiviertelmehrheit als Mindestquorum ausgegangen.67 Auch im Hinblick auf den Fortsetzungsbeschluss war bisher die Mitwirkung der Gesellschafter erforderlich, eine fehlende Zustimmung konnte nicht ersetzt werden.68 Möglich war es nur die Bestätigung des Insolvenzplans unter die Bedingung der Beschlussfassung zu stellen und insoweit mittelbaren Druck auf die Anteilseigner auszuüben.69 Sind im Rahmen der Sanierung keine Kapitalmaßnahmen bzw. keine Kapitalerhöhung vorgesehen, sondern etwa nur eine Übertragung der Gesellschaftsanteile von den Altgesellschaftern auf die einrückenden Gläubiger, so kann eine solche Übertragung nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO in den Insolvenzplan aufgenommen werden.70 Über die Übertragung der Anteile entscheidet die erweiterte Gläubigerversammlung.71 Nach § 254a Abs. 1 InsO gelten die für eine Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen erforderliche Willenserklärungen der Beteiligten als abgegeben.72 Eines nach § 15 Abs. 3 GmbHG erforderlichen nota65

Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 35. Die Fortführung der Gesellschaft setzt immer einen Fortsetzungsbeschluss voraus, weswegen der Möglichkeit, diesen Beschluss in den Plan aufzunehmen, „herausragende praktische Relevanz“ beigemessen wird, vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 47; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 65; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 84. Praxisbeispiel bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 562. 67 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 394; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 60 Rn. 29; Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 60 Rn. 92; Scholz, GmbHR 1982, 228, 232; a. A. RG v. 25.10.1927 – II B 14/27, RGZ 118, 337, 341 (Einstimmigkeit, da Auflösung ungleich Satzungsänderung). 68 Thies, in: HambKomm-InsO, Vorbem. zu §§ 217 ff. Rn. 2c; Braun, in: FS Fischer, 53, 54; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2134. 69 Etwa K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1608. 70 Diese Übertragung muss nicht zwangsläufig im Rahmen eines Debt Equity Swaps erfolgen: Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnehmen in der Insolvenz, Rn. 302; – auch zur Frage der lastenfreien Übertragbarkeit der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte und zur technischen Umsetzung – Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704 ff. 71 Kritik kommt von Haas, NZG 2012, 961, 964, der eine Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters für vorzugswürdig hält. 72 Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2138 (Fiktion der Abgabe, nicht des Zugangs). 66

106

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

riellen Vertrages bedarf es angesichts der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans nicht. ee) Umwandlung in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte § 225a Abs. 2 InsO sieht als eine mögliche Folge der Einbeziehung der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte vor, dass der gestaltende Teil des Insolvenzplans die Umwandlung von Forderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte vorsehen kann.73 Nicht übersehen werden darf, dass keine Umwandlung dem Wortsinne nach stattfindet. Eine identitätswahrende Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital sieht das deutsche Gesellschaftsrecht schlichtweg nicht vor.74 Vielmehr handelt es sich – das stellt auch § 225a Abs. 2 InsO klar – um eine Umwandlung im Wege einer Einbringung der Forderungen75 im Zuge eines Kapitalschnitts, also einer Kapitalherabsetzung (gegebenfalls bis auf Null) in Verbindung mit einer (Sach-)Kapitalerhöhung. Da es sich bei diesen, für die Durchführung eines Debt Equity Swap paradigmatischen Kapitalmaßnahmen, um Satzungsänderungen handelt, bedürfen diese grundsätzlich der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.76 Sieht der gestaltende Teil des Insolvenzplans die Durchführung der hierfür notwendigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen vor, dann treten sie mit Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Plans in Kraft, ohne dass es der im Normalfall notwendigen Mitwirkungshandlungen der Organe bedarf.77 Angesichts der Generalklausel des Abs. 3 bedürfte es zumindest des Abs. 2 S. 3 eigentlich nicht, da Abs. 3 in seiner Weite die für einen Debt Equity Swap 73 Damit wurde die Möglichkeit der Durchführung eines Debt Equity Swap als Sanierungsinstrument zum zweiten Mal ausdrücklich gesetzlich geregelt. Die erste ausdrückliche gesetzliche Regelung des fand sich in § 9 des Gesetzes zur Reorganisation von Kreditinstituten (KredReorgG vom 9.12.2010 (BGBl. I, S. 1900), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 75 des Gesetzes vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3044): „(1) Im gestaltenden Teil des Reorganisationsplans kann vorgesehen werden, dass Forderungen von Gläubigern in Anteile am Kreditinstitut umgewandelt werden. Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen. Insbesondere kann der Reorganisationsplan eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen oder den Ausschluss von Bezugsrechten vorsehen. Zugunsten der in Satz 1 genannten Gläubiger ist § 39 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5 der Insolvenzordnung entsprechend anzuwenden.“ Hierzu nur H.-F. Müller, KTS 2011, 1 ff. m.w. N.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 8. 74 Vgl. Baums, in: FS Canaris, Bd. II, S. 3, 11 u. 27 f. („Gläubigerschutz“); Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589. 75 Überzogen ist wohl die Kritik von Simon, CFL 2010, 448, 450, der eine unzureichende Eingrenzung auf Forderungseinbringungen bemängelt: Schon aus der Systematik ergibt sich aber, dass die in Abs. 2 S. 2 aufgezählten und für einen Debt Equity Swap paradigmatischen Maßnahmen auf Abs. 1 S. 2 Bezug nehmen; der geforderten Beschränkung bedarf es daher nicht. 76 Siehe unter D.II. 77 Vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp.

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

107

mittels Kapitalschnitt erforderlichen Maßnahmen erfasst.78 Die ausdrückliche Aufnahme des Debt Equity Swap kann indes mit der Diskussion über die Sinnhaftigkeit der gesellschaftlichen Enthaltsamkeit der Insolvenzordnung erklärt werden: Die Einbeziehung der Anteilseignerrechte in das Insolvenzplanverfahren wurde insbesondere unter Hinweis auf die Schwierigkeiten in Verbindung mit einem Debt Equity Swap gefordert.79 ff) Ausschluss der Differenzhaftung Bei der Umwandlung der gegen die Schuldnergesellschaft gerichteten Forderungen stellt sich die Frage, mit welchem Wert die Forderungen eingebracht werden können. Die strengen Grundsätze der Kapitaleinbringung dienen vorrangig dem Gläubigerschutz.80 Angesichts der beschränkten Haftung der Gesellschaft soll sichergestellt werden, dass die Haftungsmasse – zumindest zum Zeitpunkt der Einbringung – auch tatsächlich vorhanden ist.81 Bleibt der Wert der Sacheinlage, also für den Fall des Debt Equity Swap der Wert der eingebrachten Forderung, hinter dem Wert der neu geschaffenen oder übertragenen Anteile zurück, so besteht die satzungsmäßige Pflicht zur Erfüllung fort. Den Inferenten trifft eine Nachschusspflicht: Er ist zur Erbringung der Wertdifferenz in bar verpflichtet (Prinzip der Bardeckung).82 Diese Differenzhaftung für überbewertete Sacheinlagen ergibt sich aus §§ 9 Abs. 1 i.V. m. § 56 Abs. 2 GmbHG (analog).83 Diese gesellschaftsrechtliche Differenzhaftung ist für die einbringenden Gläubiger grundsätzlich ein mit hoher Rechtsunsicherheit verbundenes Haftungrisiko. Für den Fall des Scheiterns der Sanierung und einer erneuten Insolvenz droht 78 So auch Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 1 (Abs. 2 als Anwendungsbeispiel des Abs. 3). 79 Auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 8; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 55 ff. 80 Nur Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242; Priester, DB 2010, 1445, 1446. 81 Priester, DB 2010, 1445, 1446. 82 Vgl. nur Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. 83 K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 522 (Spezialregelung in § 9 GmbHG ist „Klarstellung“). Die Regelungslücke im Aktienrecht füllt § 9 Abs. 1, 56 Abs. 2 GmbHG analog, bzw. § 36a Abs. 2 i. V.m §§ 183, 188 Abs. 2 S. 1 AktG, BGH v. 27.2.1975 – II ZR 111/ 72, BGHZ 64, 52; v. 14.3.1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191, 195; v. 13.4.1992 – II ZR 277/90, BGHZ 118, 83, 101; v. 12.3.2007 – II ZR 302/05, BGHZ 171, 293, 295 f.; v. 6.12.2011 – II ZR 149/10, BGHZ 191, 364, 370 f. – Babcock Borsig; aus der Literatur etwa Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 183 Rn. 72; Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 114. Teilweise wird die Differenzhaftung für überbewerte Sacheinlagen bei der Aktiengesellschaft auch aus der Kapitaldeckungszusage hergeleitet; vgl. hierzu Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 44 m.w. N. Hierzu bereits unter B.IV.2.d)aa).

108

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

ihnen bei Überbewertung der eingebrachten Forderungen die Geltendmachung des Anspruchs durch die Gesellschaft bzw. den eingesetzten Insolvenzverwalter.84 Die Differenzhaftung gilt folglich – trotz zwischenzeitlicher Abmilderung der Differenzhaftung durch das MoMiG85 – als eine der größten Hürden für einen Debt Equity Swap.86 Für den Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren räumt § 254 Abs. 4 InsO diese Hürde aus dem Weg: Die Differenzhaftung wegen Überbewertung der eingebrachten Forderung ist nach der Vorschrift materiellrechtlich ausgeschlossen.87 Die Bewertung der Forderung ist nur innerhalb des Insolvenzplanverfahrens angreifbar: Die Beteiligten haben die Möglichkeit, auf eine fehlerhafte Bewertung der Sacheinlage hinzuweisen und Rechtsmittel gegen den Plan und somit die Bewertung der Sacheinlage einzulegen.88 Damit erhöht die Vorschrift die Kalkulationssicherheit bei der Erstellung und Bestätigung des Insolvenzplans.89 b) Beteiligung der Gesellschafter an der Gläubigerversammlung aa) Bildung eigener Gruppen Sieht der Insolvenzplan keine Einbeziehung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte vor, so bleiben die Rechte unangetastet und eine Beteiligung der Anteilseigner an der Abstimmung über den Insolvenzplan ist nicht notwendig.90 Ist hingegen ein Eingriff in ihre Rechte vorgesehen91, so ist nach § 222 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, Abs. 2, Abs. 3 S. 2 InsO für die Anteilseigner eine eigene Gruppe zu bilden. Der Gesetzgeber hat sich damit gegen einen „Dulde, aber liquidiere“-Ansatz entschieden, der keine Mitbestimmung vorsieht und die Anteilseigner ausnahmslos auf nachträglichen Rechtsschutz verweist.92 84

Gehrlein, NZI 2012, 257, 260. Etwa Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. 86 Statt vieler Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993. 87 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1935; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 509. Zum missverständlichen Wortlaut Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 55. Kritik bei Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124; Hölzle, NZI 2011, 124, 129; Landfermann, WM 2012, 821, 830. 88 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 36 r. Sp. 89 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 39. 90 Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 5. 91 Ein solcher Eingriff liegt schon dann vor, wenn die Beschlusskompetenz von der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung verlagert wird: beispielsweise, wenn der Insolvenzplan die Ersetzung eines Fortsetzungsbeschlusses (§ 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG) vorsieht. 92 Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 1. Dafür sprachen sich bereits aus: Braun, in: FS Fischer, S. 53, 69; Jaffé/Friedrich, ZIP 2008, 1849, 1854 ff.; Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 16 f.; zu den damit verbundenen Nachteilen (Unsicherheit über finanzielle Nachteile, verzögerte Insolvenzantragsstellung); Verse, ZGR 2010, 299, 318. 85

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

109

Abs. 2 InsO sieht vor, dass nicht alle Gesellschafter zwangsläufig gleich behandelt werden müssen. Für die verschiedenen Anteilseigner mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen können demnach jeweils eigene Gruppen gebildet werden. Das entspricht der bisherigen Regelung für Gläubiger. Die Gruppeneinteilung muss auf sachgerechten Abgrenzungskriterien im Hinblick auf die wirtschaftliche Interessenlage beruhen. Angesichts gleichgelagerter Interessen verbietet sich – bei einem börsennotierten Schuldner – die Inhaber verschiedenen Aktienklassen (Vorzugsaktien, Stammaktien, usw.) in unterschiedliche Gruppen einzuordnen.93 Für sanierungswillige und sanierungsunwillige Gesellschafter können unterschiedliche Gruppen gebildet werden.94 In der Praxis bietet die Gruppenbildung dem Insolvenzverwalter Spielraum, durch Geschick das Insolvenzplanverfahren positiv zu beeinflussen.95 Im Hinblick auf die Anteilseigner gibt es wenig denkbaren Differenzierungsspielraum. Eine Ausnahme sieht § 222 Abs 3. S. 2 InsO für die Höhe der Beteiligung am Schuldner vor. Ein zulässiges Differenzierungskriterium ist die Kleinstbeteiligung. Für Anteilseigner mit äußerst geringem Anteil am Schuldner und vernachlässigbarem unternehmerischen Einfluss kann eine eigene Gruppe gebildet werden.96 Der Gesetzgeber geht in Anlehnung an das Aktienrecht von einer Kleinstbeteiligung aus, wenn der Anteil ein Prozent oder 1.000 Euro nicht übersteigt. Eine Gruppe für Inhaber mit Kleinstanteil wird bei börsennotierten Schuldnern eine Rolle spielen. Befindet sich ein gewisser Prozentsatz der Aktien in Streubesitz, so lässt sich einer Gruppe von geringfügig beteiligten Anteilseignern eine Gruppe von Hauptanteilseignern gegenüber stellen.97

Kritisch auch Pape, ZInsO 2011, 1, 2. Hierin liegt auch ein wesentlicher Unterschied zum Chapter 11-Verfahren, welches keine Zustimmung der Altgesellschafter erfordert. Kritik an der grundsätzlichen Beteiligung bei Einbeziehung bei Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415 (Teilnahme nur bei Verbleib in der Gesellschaft). 93 A. A. Thies, in: HambKomm-InsO, § 222 Rn. 17; weiland Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1528. 94 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 222 Rn. 13; wohl auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 422. Vgl. ebenfalls Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1701. 95 Zum Gestaltungsspielraum des Insolvenzverwalters bei der Gruppenbildung etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 222 Rn. 11 ff. u. 32; Wellensiek/Schluck-Amend, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 8.41 ff. Weitergehend Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 222 Rn. 3 u. § 231 Rn. 4 (strategische und mainpulative Möglichkeiten); dagegen etwa Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1702 jew. m.w. N. 96 § 222 Abs. 3 S. 2 InsO spricht nur von Anteilsinhabern, da Kleinstbeteiligungen bei Rechtsträgern ausscheiden, die keine Hauptbeteiligungen kennen. Das ist der Fall bei eingetragenen Genossenschaften und Vereinen. Die Vorschrift gilt deshalb nur für Anteilsrechte, nicht jedoch für Mitgliedschaftsrechte, RegE ESUG, BT-Drucks. 17/ 5712, S. 31 l. Sp. 97 Eine solche Gruppierung rechtfertigt indes keine Ungleichbehandlung, vgl. Smid/ Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.117a.

110

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

bb) Stimmrecht der Anteilseigner Mit der Erstreckung des Insolvenzplans auf die Anteilsrechte sind die Anteileigner in die Abstimmung über den Insolvenzplan einbezogen.98 Der Umfang des Stimmrechts der einzelnen Anteilseigner bestimmt sich nach § 238a InsO. Das Stimmrecht der Gesellschafter bestimmt sich allein nach der Beteiligung am gezeichneten Kapital. Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht. Das Abstellen allein auf die Beteiligungsquote sorgt dafür, dass es im Hinblick auf die Stimmrechtsverteilung im Planverfahren zu Abweichungen gegenüber der gesellschaftsrechtlichen Stimmrechtsverteilung kommen kann.99 Eine solche Behandlung rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass in der Insolvenz allein die Kapitalbeteiligung ausschlaggebend ist.100 Entscheidend ist daher die Höhe des Anteils am eingetragenen Haftkapital. Als Beispiel nennt die Gesetzesbegründung, dass auch stimmrechtslose Vorzugsaktien im Rahmen der Abstimmung über den Insolvenzplan abstimmungsberechtigt sind: Der Dividendenvorzug als Kompensation für das fehlende Stimmrecht spielt in der Insolvenzsituation keine Rolle mehr.101 Vielmehr geht es um das Schicksal der Beteiligung an sich, eine Stimmrechtseinräumung für die Beteiligtenversammlung ist daher konsequent. Bei dem Verweis in Abs. 2 auf § 237 Abs. 2 InsO handelt es sich hingegen nur um eine Klarstellung: Fehlt es an einer Betroffenheit, steht den jeweiligen Anteilseignern kein Stimmrecht zu.102 cc) Beteiligung am Erörterungs- und Abstimmungstermin Das Insolvenzgericht bestimmt gem. § 235 Abs. 1 InsO einen Termin, in dem der Insolvenzplan und das Stimmrecht der Beteiligten erörtert und anschließend über den Plan abgestimmt wird, der sogenannte Erörterungs- und Abstimmungstermin. Soll durch den Plan in die Rechte der Anteilseigner eingegriffen werden und wird ihnen dadurch ein Stimmrecht eingeräumt, sind die Anteilseigner auch zu diesem Termin zu laden; § 235 Abs. 3 S. 3 InsO. Dies hat aber grundsätzlich nicht im Wege einer öffentlichen Bekanntmachung zu erfolgen, sondern durch besondere Ladung der Anteilseigner, der ein Abdruck des Plans oder ggfls. einer Zusammenfassung des wesentlichen Planinhalts beizufügen ist. 98 Kritisch K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607 f. („Mitentscheidung“ sei Euphemismus); Hölze, KTS 2011, 291, 322; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 66 (Abstimmungsverhalten bedeutungslos); Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 (i. E. kein effektives Stimmrecht). Ein Stimmrecht nur bei Verbleib der Altgesellschafter fordert Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415. 99 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp. Kritisch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14 (abweichende Verteilung sei bedenklich); Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1394 („drastischer Bruch“ mit gesellschaftsrechtlichen Mehrheitserfordernissen). 100 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp. 101 Siehe hierzu auch E.V.2.a)cc)(2)(d)(ee). 102 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp.

II. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren

111

Handelt es sich hingegen bei dem Schuldner um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, so ist eine öffentliche Bekanntmachung nach § 235 Abs. 1 InsO ausreichend. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass bei Publikumsgesellschaften die Anteilseigner regelmäßig dem Unternehmen namentlich nicht bekannt sind.103 Über die Rechtsgrundverweisung des § 235 Abs. 3 S. 4 InsO findet § 121 Abs. 4a AktG insoweit entsprechende Anwendung.104 Somit hat der Insolvenzverwalter für die Bekanntmachung105 Medien zu wählen, bei denen von einer europaweiten Verbreitung ausgegangen werden kann.106 Dieses Erfordernis ist bei einer Veröffentlichung im (elektronischen) Bundesanzeiger erfüllt.107 Für eine Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1 InsO analog – auf dem bundesweiten Portal „www.insolvenzbekanntmachungen.de“ – ist dies auch zu bejahen.108 Zudem sieht § 235 Abs. 3 S. 4 Hs. 2 InsO vor, dass eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans, der Gegenstand des Erörterungs- und Abstimmungstermins ist, über die Internetseite des börsennotierten Schuldners – gegebenenfalls in einem passwortgeschützten Bereich109 – den Beteiligten zugänglich zu machen ist, um deren umfassende Information zu ermöglichen.110 Aus dem Regelungszweck und dem Charakter als Rechtsgrundverweisung folgt auch die Anwendbarkeit der Ausnahmen zu § 121 Abs. 4a AktG: Hat die Schuldnergesellschaft ausschließlich Namensaktien emittiert, so hat die Bekanntmachung mittels eingeschriebenen Briefs zu erfolgen, § 121 Abs. 4a Alt. 1 AktG.111 Gleiches gilt, wenn die Aktionäre der Gesellschaft bekannt sind, § 121 Abs. 4a Alt. 2 (i.V. m. Abs. 4 S. 2) AktG. Das in Abs. 4 S. 2 eingeräumte Ermessen („kann“) ist angesichts der Bedeutung des Eingriffes für die Aktionäre – verglichen mit der Teilnahme an der Hauptversammlung – auf Null reduziert.112 Entgegen der Begrün-

103

RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 l. Sp. Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 235 Rn. 31 f. 105 Zum zeitlichen Aspekt – „spätestens zum Zeitpunkt der Bekanntmachung“ – Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 700. 106 Vgl. etwa Hüffer/Koch, AktG, § 121 Rn. 11j. 107 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 700 (Als zusätzliche Option muss die europaweite Verbreitung gewählt sein). 108 So auch Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 235 Rn. 27. 109 So bereits der RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp. Kritik aber von Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701 („wenig praxisgerecht“), die eine Zurverfügungsstellung sensibler Informationen auf Nachfrage befürworten. 110 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 235 Rn. 31d, empfiehlt statt einer Zusammenfassung den gesamten – nötigenfalls teilweise geschwärzten – Plan zu veröffentlichen, um Wiedergabefehler zu vermeiden und das Vertrauen der Beteiligten zu stärken. In diesem Sinne auch Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 700 f. (Vertraulichkeitserwägungen rechtfertigen Zurverfügungsstellung sensibler Informationen nur auf Nachfrage). 111 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp. 112 Zutreffend Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 235 Rn. 31 f. (Verdichtung zu zwingender Vorschrift). 104

112

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

dung zum Gesetzesentwurf 113 ist das Erfordernis des eingeschriebenen Briefes aber teleologisch zu reduzieren: Eines Einschreibens bedarf es der Masseschonung wegen nicht, wenn zusätzlich eine Bekanntmachung nach § 235 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 InsO auf der Internetseite der Gesellschaft erfolgt.114 dd) Mehrheitsentscheidung oder Fiktion der Zustimmung Aus der Einbeziehung der Anteilseigner in den Insolvenzplan folgt, dass sie als eigene Gruppe bzw. Gruppen über den Plan und damit die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital abstimmen.115 Die für die Annahme erforderlichen Mehrheiten regelt § 244 InsO. Im Gegensatz zu den anderen Gläubigergruppen sieht § 244 Abs. 3 InsO für die Anteilseigner aber ein abweichendes Mehrheitserfordernis vor. Für die Gläubiger setzt § 244 Abs. 1 eine Kombination aus Kopfmehrheit (Abs. 1 Nr. 1) und Summenmehrheit (Abs. 1 Nr. 2). Für die Zustimmung der Gruppe der Anteilseigner ist die Summenmehrheit ausreichend, Abs. 1 Nr. 2 findet entsprechende Anwendung: An die Stelle der Summe der Ansprüche tritt die Summe der Beteiligten.116 Hat demnach ein Aktionär eine Mehrheit von 50 Prozent plus einer Aktie, so gilt der Insolvenzplan bei seiner Zustimmung innerhalb seiner Gruppe als angenommen, auch wenn diverse Minderheitsaktionäre sich gegen die Annahme aussprechen oder die im Plan enthaltene Maßnahme außerinsolvenzlich ein höheres Zustimmungserfordernis aufwiese.117 Ausgehend von der gesetzgeberischen Annahme der Wertlosigkeit der Anteile werden die betroffenen Anteilseigner rational apathisch handeln und sich unter Umständen gar nicht an der Abstimmung beteiligen, wenn der Insolvenzplan eine Einbeziehung der Anteilrechte, aber keine finanzielle Kompensation vorsieht. Zur Vereinfachung gilt daher nach § 246a InsO die Zustimmung der Anteilseigner als erteilt, wenn sich keines der Mitglieder der Gruppe an der Abstimmung beteiligt. Für den Fall ihrer Beteiligung unterliegen die Gesellschafter – wie jede andere Gruppe – dem Obstruktionsverbot des § 245 Abs. 1 InsO. Für die Gruppe der Anteilseigner liegt dabei gem. § 245 Abs. 3 InsO eine angemessene Beteiligung i. S. v. § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor, wenn kein Gläubiger wirtschaftliche Werte enthält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen 113

RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 33 r. Sp. Wie hier Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 235 Rn. 31 f. 115 Zur Legitimation der Aktionäre in der Gläubigerversammlung: Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701 (Vorlage eines aktuellen Depotauszugs nebst Sperrvermerks [Inhaberaktien] bzw. Eintragung ins Aktienregister am Terminstage gem. § 67 Abs. 2 AktG [Namensaktien]). 116 Etwa Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469. 117 Kritisch Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1394 („[Einfache Mehrheit] bedeutet einen drastischen Bruch mit dem herkömmlichen Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit für Grundlagenbeschlüsse. Es liegt freilich in unserer Zeitströmung, ein effizientes Verfahren auf Kosten sachlicher Richtigkeit zu fördern.“). 114

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

113

und kein Anteilseigner, der ohne Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, besser gestellt wird als diese. Im Hinblick auf die ungerechtfertigte Besserstellung der Anteilseigner stellt das Obstruktionsverbot keine wirkliche Hürde auf.118 Im Rahmen des § 245 Abs. 3 InsO ist das Planergebnis mit der Regelabwicklung zu vergleichen.119 Da ein Überschuss nach § 199 S. 2 InsO keine Praxisrelevanz besitzt, liegen die Voraussetzungen der Vorschrift insoweit praktisch immer vor.120 Die Ausdehnung des Obstruktionsverbots auf die Anteilseigner (als Folge der Einbeziehung ihrer Anteils- und Mitgliedschaftsrechte in das Insolvenzplanverfahren) ermöglicht die Umsetzung des Insolvenzplans auch gegen den Willen der Anteilseigner; deren Zustimmung wird – die Zustimmung der Gläubigermehrheit vorausgesetzt – ersetzt.121

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung 1. Ausgangspunkt Aus § 1 InsO ergibt sich der Grundsatz, dass die bestmögliche Gläubigerbefriedigung Primärziel des Insolvenzverfahrens ist. Das Unternehmen als Gesamtheit der Vermögenswerte der Gesellschaft fällt in die Insolvenzmasse nach § 35 InsO.122 Die Beteiligung am Schuldner ist indes nicht Bestandteil des Schuldnervermögens und fällt demnach nicht in die Haftungsmasse.123 Fraglich ist, ob berechtigte Gründe eine Erstreckung der Haftung auf die Anteilsrechte als Verkörperung der organisationsrechtlichen Struktur rechtfertigen.124 Zur Zeit des Inkrafttretens der Insolvenzordung verneinte der Gesetzgeber diese Frage und verwies die Gläubiger auf die Möglichkeit der übertragenden Sanierung.125 Da118

Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 7; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469. 120 Etwa Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518; Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 26. 121 Vgl. nur Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 66 f. m.w. N. 122 Nur Verse, ZGR 2010, 299, 307; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637 (Fn. 40); Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1044. 123 Madaus, ZGR 2011, 749, 752; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1044; Thole, ZIP 2013, 1937, 1940; ders., Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 210 m.w. N. A. A. – bereits vor Reform durch das ESUG – Braun, in: FS Fischer, S. 53, 70; im Ergebnis auch Bitter, ZGR 2010, 147, 186 ff. 124 Ablehnend etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 757, Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1044. 125 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 83 r. Sp. („Gegenstand der Haftung ist das Vermögen des Schuldners, nicht seine gesellschaftsrechtliche oder verbandsrechtliche Organisation. Der Entwurf sieht deswegen keine insolvenzrechtlichen Eingriffe in die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse des Schuldners vor. Kommen die für eines Sanie119

114

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

bei übersah der Gesetzgeber – wie gezeigt – die Grenzen der übertragenden Sanierung, die keinen Zugriff auf den – sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebenden – Fortführungswert erlaubte, ohne von einer Kooperation der Altgesellschafter abhängig gewesen zu sein.126 Zur Verdeutlichung soll das Beispiel eines insolventen, filialisierten Einzelhandelsgesellschaft dienen: Deren Abwicklungswert (Einzelverkauf – piece meal sale) liegt bei 20, der durch eine übertragende Sanierung erzielbare Wert mit 30 nur geringfügig darüber. Eine Reorganisation – die eine Schließung der verlustbringenden und einen Weiterbetrieb der gewinnbringenden, in Bestlage angemieteten Filialen vorsieht – führt zu einem Plan, der einen Fortführungswert von 50 aufweist. Der gegenüber der übertragenden Sanierung reorganisationsbedingt erhöhte Wert resultiert aus den nicht ohne Zustimmung der anderen Vertragspartner (Vermieter, Lieferanten usw.) übertragbaren Rechtsverhältnisse (vorteilhafte Mietverträge usw.) und anderen, an den Rechtsträger geknüpften Lizenzen oder Genehmigungen. Ein Zugriff der Gläubiger auf Rechtsträger, um auf den erhöhten Fortführungswert zuzugreifen, war nach altem Recht nur über eine Verhandlungslösung möglich, wenn die Altgesellschafter nicht ausnahmsweise vollumfänglich und bedingungslos kooperierten, da diese auch in der Insolvenz die Beschlusskompetenz für notwendige (Kapital-)Maßnahmen behielten.127 2. Meinungsstand a) Unantastbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Organisationsstruktur Eine Auffassung lehnt die gesetzgeberische Entscheidung ab, die Anteils- und Mitgliedsrechte in das Insolvenzplanverfahren einzubeziehen. 128 Haftungsobjekt sei nur das schuldnerische Vermögen, eine Ausdehnung auf die Anteilsrechte als Bestandteile der Vermögens der Gesellschafter sei mit dem Grundsatz der Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaften unvereinbar.129 Die Willensbildung rung erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen nicht zustande, bleibt es den Gläubigern unbenommen, den Fortführungswert des Schuldnervermögens im Wege einer übertragenden Sanierung zu realisieren.“); zustimmend etwa Balz, Sanierung von Unternehmen oder von Unternehmensträgern?, S. 54 f. Hierzu bereits unter A.I. 126 Etwa Bitter, ZGR 2010, 147, 150 f. u. 161 f.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506 f. Hierzu bereits unter E.II.1.a). 127 Vgl. Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 687 f.; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 542 ff.; Bork, ZIP 2010, 397, 408. Siehe auch das instruktive Beispiel bei Verse, ZGR 2010, 299, 306. 128 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367; ders., KTS 2012, 419, 425 ff.; ders., BB 2014, 41, 42; Madaus, ZGR 2011, 749, 757; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1813 ff.; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459 f.; Schluck-Amend, in: FS HoffmannBecking, 1039, 1043 f. 129 Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 457. Auch Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1813 (Insolvenzverfahren ist vermögensbezogen, nicht verbandsbezogen).

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

115

innerhalb des Verbandes oder die privaten Rechte der Gesellschafter seien auch in der Insolvenz unantastbar.130 Die „Expropriierung“ der Gesellschafter unter Hinweis auf die Wertlosigkeit der Anteile verbiete sich, weil solche eine Entwertung auch für den Fall der Überschuldung nur bei Zugrundelegung des Zerschlagungswerts anzunehmen sei, nicht jedoch bei Ansatz des Reorganisationswertes.131 Schon § 201 InsO zeige, dass in einem Reorganisationsszenario die Entscheidungsbefugnis den Gesellschaftern zugewiesen sei und daher die für die Liquidationsszenarien geltenden insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätze nicht gelten könnten.132 Die gesellschaftsrechtliche Organisationsstruktur erlaube einen Verbleib in der Gesellschaft bis zur deren Löschung am Ende des Insolvenzverfahrens.133 Die Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Neutralität durch Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren verhindere frühzeitige Verfahrenseinleitungen134 und erlaube rechtsmissbräuchliche Übernahmen mittels Debt Equity Swap.135 b) Gläubigerzugriff auf gesellschaftsrechtliche Organisationsstruktur Die Gegenauffassung begrüßt den Sinneswandel des Gesetzgebers. Für sie ist die verbandsrechtliche Souveranität kein valides Argument, dass gegen einen Zugriff der Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens spreche. Angesichts der situativen Entwertung der Anteilsrechte aufgrund von insolvenzbedingter Vermögenslosigkeit und Marginalisierung der Mitwirkungs- und Teilhaberechte sei eine Einbeziehung in den Plan notwendig, um den reorganisationsbedingten Mehrwert entsprechend der in § 199 S. 2 InsO niedergelegten Verteilungsrangfolge zu realisieren.136 Dieser Fortführungswert sei regelmäßig gegenüber dem 130 Madaus, ZGR 2011, 749, 757; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1818 ff.; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, 1039, 1043 f. 131 So bereits K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 83; ders., ZIP 2012, 2085, 2087. Dagegen Bitter, ZGR 2010, 147, 192. 132 Madaus, ZGR 2011, 749, 757. Wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 (Fortführungsfall mit Regelverfahren nicht vergleichbar). 133 Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 55 („Recht [der Gesellschafter] auf einen wirtschaftlichen Selbstmord“). 134 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367; jüngst ders., KTS 2012, 419, 433; Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 69. Bereits warnend K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 83. 135 Brinkmann, WM 2011, 97, 103, Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; Streit, DB Status Recht 2009, 94 f. („Ausverkauf des deutschen Mittelstands“), Smid/Rattunde, in: Smid, InsO, 2. Aufl. 2001, § 221 Rn. 16; dies./Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19 (Missbrauch des Verfahrens zu Zwecken der Verdrängung unliebsamer Mitgesellschafter und Anteilseigner); H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 69; wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088; Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff. 136 Etwa Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Bitter, ZGR 2010, 147, 191 ff.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412; Hölzle, KTS 2011, 291, 319; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110.

116

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

durch bestmögliche Liquidation im Wege der übertragenden Sanierung erzielbaren Wert erhöht; dass er den Gläubigern zustehe, ergebe sich bereits daraus, dass sie mit ihrer Entscheidung zugunsten der Reorganisation das hiermit verbundene (Weiterführungs-)Risiko tragen und die erforderlichen Sanierungsbeiträge erbringen, die eine Weiterführung erst ermöglichen.137 3. Stellungnahme a) Etablierung einer sachgerechten Befriedigungshierarchie aa) Zugriff der Gläubiger auf den Fortführungswert Die entscheidene Frage lautet: Wem steht der – sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen – ergebende spezifische Fortführungswert zu?138 Denn es ist die Vereinnahmung dieses Mehrwerts, der einen Zugriff auf die Anteilsrechte erfordert, da hierfür eine rechtsträgerliquidierende Unternehmensübertragung im Wege der übertragenden Sanierung nicht ausreicht: Mangels Verkörperung dieses rechtsträgerspezifischen Mehrwerts bedarf es für einen vollstreckungsrechtlichen Zugriff der Anteile am Rechtsträger. Die Antwort auf die Frage nach dem zur Vereinnahmung des Fortführungswerts Berechtigten ergibt sich eindeutig aus § 199 S. 2 InsO, der eine insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie etabliert.139 In dieser Rangfolge gehen die Gläubigerinteressen denen der Gesellschafter als Residualberechtigen vor. Infolgedessen muss ein Zugriff der Gläubiger auf diesen Wert – zur Erreichung des in § 1 S. 1 InsO niedergelegten Zieles der bestmöglichen Haftungsverwirklichung – unabhängig von der Kooperation der Gesellschafter möglich sein.140 Den Gläubigern muss auch der reorganisationsbedingte Fortführungswert – zu dem etwa auch Verlustvorträge gehören141 – zustehen, da ihnen der vollständige Haftungsfonds zur Befriedigung zur Verfügung stehen muss. Wenn ihnen schon der sich mittels übertragender Sanierung erzielbare Fortführungswert zugewiesen ist, und 137 138

Bereits Bitter, ZGR 2010, 147, 150 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 264. So auch etwa Braun, in: FS Fischer, 53, 63; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632,

637. 139 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 543, auch mit Ausführungen zur rechtsökonomischen Betrachtung. 140 So auch Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 16 f.; Bitter, ZGR 2010, 147, 195; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 54 u. 67 ff.; Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan, S. 211 ff.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412 ff. I.E. auch Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 268 (Beschneidung der Gesellschafterrechte ökonomisch legitim); Haas, NZG 2012, 961, 964; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 3; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637 (Fn. 40). Auch Richter, ECFR 2009, 358, 361. Wenig überzeugend daher der Vorschlag von Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 17, die den Altgesellschaftern ein Widerspruchsrecht einräumen wollen, wenn sie mit qualifizierter Mehrheit dem Schuldentausch ablehnen. 141 Das verkennen etwa Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.20.

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

117

sie nicht im Fall des Unternehmensverkaufs en bloc nur den Abwicklungswert vereinnahmen dürfen und den erhöhten Wert an die Gesellschafter herauszugeben haben, dann steht ihnen auch der Fortführungswert zu, der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen im Einzelfall ergibt.142 Mit dem Nachlassen der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft und dem Übergang in die Insolvenz werden die Gläubigerinteressen prioritär. Ihnen obliegt die Entscheidung, die Schuldnergesellschaft zu liquidieren oder weiterzuführen. Ab dem Zeitpunkt der materiellen Insolvenz steht der – der Unternehmung immanente – Fortführungswert nicht mehr den Anteilseignern zu.143 Gesellschaftsrechtliche Einwände gegen die Geltung der Befriedigungshierarchie in der insolvenzlichen Reorganisation, etwa die Unantastbarkeit der verbandsrechtlichen Souveränität bzw. Organisation, gehen ins Leere. Erfordert es die Gläubigerbefriedigung, so sind auch die Willensbildung innerhalb des Verbandes oder die privaten Rechte der Gesellschafter den Gläubigern als Haftungsmasse zugewiesen.144 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 201 InsO, mit dem Madaus in einem Reorganisationsszenario die Entscheidungsbefugnis den Gesellschaftern zuweisen will und die für Liquidationsszenarien geltenden insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Grundsätze für unanwendbar hält.145 Dem ist nicht zuzustimmen, da die Vorschrift des § 201 InsO nicht geeignet ist, die insolvenzrechtliche Vorrangregel in Frage zu stellen und eine Zugriffsmöglichkeit auf die Anteile an der faillierten Gesellschaft im Planverfahren abzulehnen.146 Vielmehr offenbart die Auffassung das perpetuierte Gedankenkorsett einer artifiziellen Trennung von Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht.147 Die Entscheidung 142 So auch Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412 (Die juristisch notwendige Trennung zwischen dem Unternehmen als solchem und dem Rechtsträger sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Berechtigungen dem Sinn nach zum Vermögen des Unternehmens und nicht des Gesellschafters gehören. [. . .] Erlaubte man nun den Gesellschaftern, diese Berechtigungen in der Reorganisation über ihre Anteilseignerschaft zu „verwerten“, würde den Gläubigern ein Teil ihrer ebenfalls durch Art. 14 GG geschützten Forderungen entzogen.“). Braun, in: FS Fischer, S. 53, 63 (Rechtsträger ist Rechtsklammer für den Geschäftsbetrieb, ohne den auf den Going-Concern-Wert von den und für die Gläubiger nicht zugegriffen werden kann.). I. E. ebenso Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1525. Wohl a. A. K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088 (Aneignung des Fortführungswertes durch die Gläubiger); ders., ZGR 2012, 566, 578. Bereits Verse, ZGR 2010, 299, 310 f. 143 So auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526 (ökonomisch überzeugendes Konzept); Marotzke, JZ 2009, 763, 767; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2830 (Fn. 44, der mit „Sanierungsmehrwert“ wohl den Fortführungswert meint); Hölzle, KTS 2011, 291, 322. A. A. etwa K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088, der von einer „Aneignung“ des Fortführungsmehrwerts durch die Gläubiger spricht. 144 A. A. Madaus, ZGR 2011, 749, 757. I.E. – wenngleich zur Frage der Europarechtskonformität – ebenfalls Bormann, NZI 2011, 892, 894. I.E. wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 (Fortführungsfall mit Regelverfahren nicht vergleichbar). 145 Madaus, ZGR 2011, 749, 757. 146 So auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 12; Thole, ZIP 2013, 1937, 1940. 147 Vgl. jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 3 (Fn. 3) (petitio principii).

118

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

zwischen einer Reorganisation und einer Liquidation steht den Gläubigern zu, die sich in einem auf Haftungsmaximierung ausgerichteten Verfahren für die bestmögliche Verwertungsart entscheiden.148 Selbst Madaus gesteht zu, dass sowohl die gesellschaftsrechtliche Verteilungsregel (§§ 49, 733, 734 BGB; § 155 HGB, § 271 AktG) als auch die insolvenzrechtliche Verteilungsregel (§ 199 InsO) für die Fälle einer Liquidation im Wege der Zerschlagung und der übertragenden Sanierung den ausdrücklichen Gläubigervorrang vorsehen.149 Wenn mithilfe der letzteren Verwertungsvariante die Nutzbarmachung des going-concern-Mehrwerts zugunsten der Gläubiger möglich ist, ist es inkonsequent, den Gläubigern den Mehrwert, der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergibt, vorzuenthalten.150 Der Schluss, dass für das Szenario des Rechtsträgererhalts die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie keine Anwendung findet, da hier keine Liquidation stattfindet, kann nicht überzeugen und blendet aus, dass das Insolvenzverfahren zur Auflösung führt und es für die Fortführung der Gesellschaft eines Fortsetzungsbeschlusses bedarfs. Zudem kann sich auch Planverfahren noch jederzeit eine Abwicklung ergeben, da es sich um ein ergebnisoffenes Verfahren handelt.151 Dann muss aber auch bei allen Verwertungsalternativen des Insolvenzverfahrens152 die gleiche Verteilungsreihenfolge greifen. bb) Verstoß gegen die Gleichwertigkeit der Sanierungswege Erst die Insolvenzordnung nach der Reform durch das ESUG gewährleistet die Gleichwertigkeit der Sanierungswege.153 In der Gesetzesbegründung zur Insolvenzrechtsreform von 1999 wurde im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Zugriffs auf Anteilsrechte im Insolvenzplanverfahren vor einer ungerechtfertigten Bevorzugung der rechtsträgererhaltenden Sanierung gewarnt.154 Die Unternehmensfortführung kann im Wege der übertragenden Sanierung oder mittels eines auf Fortführung gerichteten Insolvenzplans stattfinden. Aus § 1 InsO ergibt sich, dass zwischen Sanierung und Zerschlagung als Wege zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung kein Rangverhältnis, sondern ein Alternativverhältnis besteht.155 Daher kann die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanver-

148

Ebenso Thole, ZIP 2013, 1937, 1940. Madaus, ZGR 2011, 747, 755. 150 Braun, in: FS Fischer, S. 53, 63 So wohl auch Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412. Bereits Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 584. 151 Statt vieler Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 11 Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 217 Rn. 24. 152 Auch bei dem Reorganisation mittels Plan handelt es sich um ein Insolvenzverfahren, ob es zu einer Liquidation kommt spielt schlichtweg keine Rolle, dies übersieht Madaus, ZGR 2011, 749, 755. 153 Vgl. bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1525. 154 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 104 l. Sp. 149

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

119

fahren auch keinen Vorrang für eine Sanierung im Wege der Reorganisation darstellen.156 Vielmehr stellte die bisherige Rechtslage, die einen Zwangseingriff nicht vorsah, eine Dysbalance dar, da nur die Reorganisation mittels Plan – angesichts des Fortsetzungsbeschlusses (§ 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG) und der praktisch immer notwendigen Kapitalmaßnahmen – von der Kooperation der Anteilseigner abhing und diesen das beschriebene Blockadepotenzial einräumte.157 Ein solches war im Hinblick auf das Ziel der Insolvenzordnung, den Gläubigern einen prinzipiell ungeschmälerten Einfluss auf die Verwertungsentscheidung zu ermöglichen, eine Systemwidrigkeit. cc) Anteilsrecht als „organisationsrechtliche Formalposition“ Die Möglichkeit der Einbeziehung von schuldnerischen Anteilsrechten in das Planverfahren ist auch gerechtfertigt, weil es sich in der Insolvenz um „organisationsrechtliche Formalpositionen“ handelt,158 die aufgrund der Geltung der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie den residualberechtigten Altgesellschaftern keinen Wert mehr vermitteln. Der Gesetzgeber begründet die Einbeziehung der Anteilsrechte zutreffend mit der ganz grundsätzlichen Wertlosigkeit der Anteile.159 Gegen diese Grundannahme und die ausschließliche Ausrichtung auf den materiellen Wert wird zwar Kritik geäußert.160 Diese ist aber abzulehnen. In der Insolvenz hat eine überschuldete Gesellschaft nach Verständnis des insolvenzrechtlichen Bilanzrechts keinen Vermögenswert mehr.161 Sie ist nur noch eine leere „Hülle“. Für die Zahlungsunfähigkeit, die praktisch immer mit der 155 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 77 f.; etwa Braun, in: FS Fischer, S. 53, 54; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.7; Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 217 Rn. 24; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 156 Es kann daher von nicht einer negativ konnotierten „Sanierungseuphorie“ gesprochen werden. Zur Konnotation nur K. Schmidt, Gutachten zum 54. DJT, S. 23. 157 So auch etwa Bitter, ZGR 2010, 147 150 f.; Verse, ZGR 2010, 299, 307; Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7. 158 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 38; ders., in: FS Fischer, S. 53, 63 (Rechtsträger ist Rechtsklammer für den Geschäftsbetrieb, ohne den auf den going concern Wert von den und für die Gläubiger nicht zugegriffen werden kann.“). Auch Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. I.E. ebenso Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1525; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459. 159 Reg ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 r. Sp. 160 Etwa Brinkmann, WM 2011, 97, 100; ders., ZIP 2014, 197, 199; H.-F. Müller, KTS 2011, 1, 20; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459 f.; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2239 f. Bereits Balz, Sanierung von Unternehmen oder Unternehmensträgern?, S. 61 (Notwendigkeit für Sanierung offenbart Werthaltigkeit); K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 80 (Reorganisationsprognose entscheidend). Wohl auch Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 98 f. 161 Nur Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 2; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; Bitter, ZGR 2010, 147, 150; Braun, in: FS Fischer, S. 53; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 39. Auch Madaus, ZGR 2011, 749, 761.

120

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Überschuldung einhergeht162, gilt das gleiche.163 In der Insolvenz ist das eingesetzte Eigenkapital verloren, die Beteiligung ist wertlos. Kein Widerspruch liegt indes darin, dass der insolvenzliche Eingriff in die Anteilsrechte mit der Wertlosigkeit für die Altgesellschafter begründet wird und gleichzeitig mit der Notwendigkeit des Zugriffs zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung argumentiert wird. Die Weiterführung des Rechtsträgers beruht einzig auf der Entscheidung der Gläubiger, von einer Liquidation abzusehen und Sanierungsbeiträge zu erbringen.164 Anzusetzen ist daher für die Bemessung des Wertes auch einzig der Liquidationswert.165 Diese Entwertung macht aus der Beteiligung an der Gesellschaft in der Insolvenz eine „organisationsrechtliche Formalposition“.166 Fraglich ist, ob die Argumente auch dann greifen, wenn sich der Grund für die Insolvenz aus § 17 InsO, also der Zahlungsunfähigkeit, ergibt.167 In diesen Fällen ließe sich daran zweifeln, ob die Gläubiger wirklich die wirtschaftlichen Eigentümer sind. In der Praxis wird die Insolvenz hauptsächlich mit der Zahlungsunfähigkeit begründet, der Tatbestand der Überschuldung nach § 19 InsO tritt regelmäßig zeitlich früher ein und ist ebenfalls erfüllt.168 In absoluten Ausnahmefällen mag es aber möglich sein, dass Insolvenz durch Zahlungsunfähigkeit ohne Überschuldung vorliegt169 oder ein Antrag auf § 18 InsO gestützt wird. Ange162 Nur Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 18 Rn. 1 („verdeckte Überschuldungssituationen“); K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1605; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 163 Siehe auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199 (zum Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung liegt wegen negativer Fortführungsprognose immer Überschuldung vor). 164 Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 264; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. A. A. Lüer, in: Uhlenbruck, InsO § 217 Rn. 18. 165 Nur etwa Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Hirte/Knof/ Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 36; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295. A. A. etwa Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 543; Verse, ZGR 2010, 299, 310 f.; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 427; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; Schäfer, ZIP 2013, 2237. 2240; wohl auch Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 29 (Bemühen um eine Rechtsträgererhaltung signalisiert Restvermögenswert). 166 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 217 Rn. 38; ders., in: FS Fischer, S. 53, 63 (Rechtsträger ist Rechtsklammer für den Geschäftsbetrieb, ohne den auf den going concern Wert von den und für die Gläubiger nicht zugegriffen werden kann.“). auch Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. I.E. ebenso Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1525. 167 Für die Bestimmung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO ist nach vorherrschender Auffassung allein die Geldilliquidität maßgeblich, vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 17 Rn. 7 ff. 168 Vgl. nur Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1736; ders., in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 217 Rn. 75; Bitter, ZGR 2010, 147, 192; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 169 Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199; Vallender, WPg Sonderheft IDW Symposium 2011, S. 31, 32, der aber eine Abschaffung erwägt und wegen der Parallelität von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung auf die geringe praktische Bedeutung des § 19 InsO hinweist.

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

121

sichts von Insolvenzquoten ungesicherter Gläubiger von unter fünf Prozent170 werden die Fälle, in denen nach Liquidation durch Zerschlagung oder übertragener Sanierung die Anteilseigner einen Erlös nach § 199 S. 2 InsO erwarten können, nur theoretischer Natur sein.171 Eine Schlechterstellung im Vergleich zur Sanierung mittels Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren liegt demnach nicht vor, da bei Abwicklung weder das Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht noch ein Vermögenswert erhalten bleibt.172 Fehlt es indes an einer Überschuldung, und kann demnach von einer Wertlosigkeit der Anteile nicht unbedingt ausgegangen werden, so lässt dies die Rechtfertigung nicht entfallen. Auch bei einer sich früh eingeleiteten Insolvenz rechtfertigt die insolvenzgrundbedingte Gefährdung der vorrangigen Gläubigerinteressen einen Eingriff in die Anteilsrechte, wenn der wirtschaftliche173 Werterhaltungsschutz im Sinne einer verfahrensrechtlichen Werterhaltungsgarantie vollumfänglich sichergestellt ist.174 Schnelligkeit ist bei einer Sanierung sowohl vor Eröffnung als auch im Insolvenzverfahren von entscheidender Bedeutung.175 Die mit 170

Günther, ZInsO 2012, 2037, 2037 („Quoten [. . .] im einstelligen Bereich“). Vgl. auch RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 35 l. Sp. („. . . im Einzelfall möglicherweise fortbestehenden restlichen Vermögenswert des Anteils- oder Mitgliedschaftsrechts“). 172 Etwa Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 123; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 104 ff.; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 17 ff.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; ders., GmbHR 2012, 462, 465 f.; Verse, ZGR 2010, 299, 310. Konzedierend Madaus, ZGR 2011, 749, 760 f. A. A. H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 427; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819 (Abstellen auf hypothetische Abwicklung unzulässig). 173 Wenig überzeugend Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829, der andere Faktoren als den Kapitalwert für die Bemessung der Werthaltigkeit heranzieht („Der Wert des Eigentums an einem Unternehmensanteil kann aus Sicht des Anteilsinhabers weit höher sein, als der ihm innewohnende Kapitalwert. Man denke etwa an mittelständische Unternehmen, deren Anteile in x-ter Generation gehalten und weitergegeben werden.“). 174 So bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Jetzt auch Haas, NZG 2012, 961, 964; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 39. (A. A. Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829) Vgl. den ähnlichen Ansatz bei Hölzle, ZIP 2013, 1846 ff., der aus insolvenzenlichen Wertungen eine Vorwirkung in Bezug auf die Kompetenzverteilung vom Zeitpunkt des Kriseneintritts annimmt um Gläubigerinteressen zu sichern. Auch Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065 ff. fordern eine Abkehr vom Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung zu einer insolvenzlichen Sanierung, da dieses „Recht der wirtschaftlichen Stellung der Gesellschafter in der Krise widerspreche“. Mit Abnahme der finanziellen Leistungsfähigkeit manifestiert sich die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger. Vgl. auch die Expertenbefragung bei Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2334. Dagegen noch die h. M. – etwa Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 75. 175 Vgl. schon K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 133, ders., KTS 1982, 613, 624 („Die wirksamste Unternehmenssanierung erfolgt früh, still und schnell“); ders., BB 2011, 1603, 1604; anschaulich zu den Herausforderungen des Insolvenzverwalters: Undritz, ZGR 2010, 201, 204; vgl. auch die Sanierung des Fahrzeugherstellers GM nach dem US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren: Nach nur 40 Tagen wurde das Insolvenzverfahren beendet. Hierzu etwa Siemon, ZInsO 2012, 1045, 1049. 171

122

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

einem Insolvenzverfahren zwangsläufig verbundene Ausnahmesituation wirkt sich negativ auf den Geschäftsbetrieb aus.176 Daher ist es wenig überzeugend, im Rahmen eines frühzeitig eröffneten Insolvenzplanverfahrens ein Einrücken von Gläubigern auszuschließen.177 Vorzugswürdig ist, einen den Anteilsrechten ausnahmsweise noch innewohnenden Vermögenswert über eine Entschädigung zu kompensieren.178 Auch kommt eine Weiterbeteiligung der Altgesellschafter über eine entsprechende Plangestaltung in Betracht, um hohe Entschädigungszahlungen zu vermeiden.179 dd) Gesellschafter als letztrangige Insolvenzgläubiger Das Insolvenzrecht hat sich zudem zunehmend von einem reinen Gesamtvollstreckungsrecht hin zu einem gesellschaftsrechtlich durchsetzten Vollstreckungsrecht mit wirtschaftsrechtlicher Prägung entwickelt.180 Damit ändert sich auch der Blick auf das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Insolvenzrecht und zwischen Gesellschaftern und Gläubigern: Die Gesellschafter werden – insoweit in Übereinstimmung mit ausländischen Rechtsordnungen wie dem US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren181 – in der Insolvenz konzeptionell als nach-nachrangige bzw. letztrangige Gläubiger der Gesellschaft und damit als konkurrierende Stakeholder verstanden.182 Auch die Gesetzesbegründung weist zutreffen176 Umso länger die Krise andauert, umso wahrscheinlicher ist ein Verlust von Kunden und Lieferantenbeziehungen sowie Leistungs- und Know-How-Trägern innerhalb der Belegschaft, vgl. P. Mückl, ZIP 2012, 1642, 1642 ff.; Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 6. Auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199. 177 A. A. Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. Wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 f. 178 Braun, in: FS Fischer, S. 53, 68; in diesem Sinne auch Verse, ZGR 2010, 299, 310 (Reduktion der Mitgliedschaft im Planverfahren auf vermögensrechtliche Komponente). Kritik von K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 578 Der Deb Equity Swap als „Vehikel [. . .], Gesellschafter aus dem Unternehmen zu drängen.“). 179 Nicht überzeugend sind etwa Bedenken, dass ein frühzeitiger Insolvenzantrag einen ungerechtfertigten Zugriff der Gläubiger auf restwertige Anteilsrechte ermöglicht (so K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 f.). Vielmehr können sanierungswillige Gesellschafter – insbesondere unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH v. 19.10. 2009 – II ZR 140/08, BGHZ 183, 1 – außerinsolvenzlich sanieren. Schaffen sie es nicht, ist dies Folge des allgemeinen Risikos des Zusammenschlusses mehrerer zur Verfolgung eines wirtschaftlichen Zweckes. Andenken ließe sich aber, für den Fall eines auf drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) gestützten Antrags eine Bewertung der Anteilsrechte vorzusehen und damit von der Grundannahme der Wertlosigkeit der Beteiligung – die sich aus der Gesamtschau auf das reformierte Planverfahren ergibt – abzurücken. 180 So K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604 f., sich dem anschließend Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 4. Vgl. auch Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333 (Sanierungsgesellschaftsrecht); C. Paulus, WM 2012, 1109, 1113. 181 Vgl. nur H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 368. 182 BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 208 ff. (Stellung von Vorzugsaktionären in der Insolvenz); K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607, Hirte/Knof/Mock,

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

123

derweise darauf hin, dass die Grenze zwischen Eigenkapital und Fremdkapital, zwischen der Beteiligung an einer Gesellschaft und Forderung gegen selbige, fließend sei, was sich an der handelsbilanziellen Einordnung von entsprechend ausgestalteten mezzaninen Finanzierungsinstrumenten zeige.183 Dem ist zuzustimmen. Auch die Anteilseigner statten die Unternehmung mit Kapital aus. Aus wirtschaftlicher – und in der Insolvenzsituation ausschlaggebender184 – Perspektive sind sie ebenfalls Finanziers der Gesellschaft.185 Ihr Zusammenschluss der Gesellschafter in einer Kapitalgesellschaft ist Grundvoraussetzung für deren Existenz; ihren weitergehenden Kapitalbedarf finanziert die Gesellschaft regelmäßig fremd. Aus dieser „Betonung der Finanzierungsrolle der Gesellschafter“ 186 folgt, dass in der Insolvenz in die Anteilsrechte der Gesellschafter eingegriffen werden darf. Die Gesellschafter haben grundsätzliche Finanzierungsfreiheit. Nehmen sie Fremdkapital auf, statt sich vollständig durch Eigenkapital zu finanzieren, unterwerfen sich die Gesellschafter der Schuldnergesellschaft der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie.187 Der Funktion des Eigenkapitals als Risiko- und damit Haftungspuffer entsprechend wird es durch Verluste zuvörderst reduziert.188 DB 2011, 632, 637; dies., Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 27; Landfermann, WM 2012, 821, 828; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 147 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 69 f.; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 4 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 4; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 209; ders., ZIP 2013, 1937, 1943 („Quasi-Gläubiger“); Hölzle, KTS 2011, 291, 322; ders., Praxisleitfaden ESUG, S. 65; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 39; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 12; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 548. Vgl. aber Brinkmann, WM 2011, 97, 99 ff.; kritisch auch H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 368; ders., KTS 2012, 419, 425 ff.; Smid, DZWIR 2010, 397, 402 („kategorialer Unterschied zwischen Gesellschaftern und [nachrangigen] Gläubigern“). 183 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp. Umgekehrt nähern sich Gläubiger- und Gesellschafterstellung an, wenn die Gläubiger durch Covenants und Berichtspflichten faktische Kontrolle über die Gesellschaft erlangen, dazu Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, passim. Auch Hirte, ZGR 2010, 224, 235 f. (keine klare Dichotomie zwischen Eigen- und Fremdkapital). 184 Nach Brinkmann, ZIP 2014, 197, 201 werde die insolvenzliche Verteilungsregel mit „gnadenloser Konsequenz“ durchgesetzt. 185 Aus dieser Einordnung resultiert, dass in der Insolvenz Eingriffe in die Gesellschafterrechte gerechtfertigt sind, soweit ein vermögensbezogener Schutz gewährleistet ist. Vgl. bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524 unter Verweis auf den RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 80. Auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 69. Die Gegenauffassung betont dagegen die mitgliedschaftliche Komponente, vgl. beispielsweise H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 363; Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2464. 186 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 1 ff. 187 Eidenmüller, ZIP 2010, 649, 657; Hölzle, KTS 2011, 291, 322; ders., Praxisleitfaden ESUG, S. 67; ders., ZIP 2013, 1847 f. Vgl. auch Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, S. 135 f. (Kapitalgeber eines Unternehmens sitzen als Wagnisgesellschaft im selben Boot). 188 Etwa Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 17. Abzulehnen ist indes der Schluss, dass aus der Stellung als Verluste tragender Gesellschafter die

124

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Gläubiger der Gesellschaft sind den Anteilseignern gegenüber vorrangig zu befriedigen. Die Ansprüche der Anteilseigner gegenüber der Gesellschaft sind in dieser Knappheitssituation letztrangig.189 Im Gegensatz zu den Gläubigern können sie ihren Anspruch auf Auszahlung nach § 199 S. 2 InsO nicht zur Insolvenztabelle anmelden. Wenn durch das MoMiG (ehemals eigenkapitalersetzende) Darlehen an die Gesellschaft, die anstelle von Eigenkapital zugeführt werden, als insolvenzrechtlich nachrangig gelten, so kann auch Eigenkapital in die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie eingepasst werden.190 Den Gläubigern den sich aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ergebenden Fortführungswert vorzuenthalten, greift „in einer den Vorstellungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber kaum entsprechenden Seite in die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens ein“.191 Die Reduktion des Anteilsrechts auf seinen Vermögenswert in der Insolvenz der Schuldnergesellschaft ist nicht nur vom Gesetzgeber intendiert192 und dem US-amerikanischen Vorbild, dem Chapter 11-Verfahren, entnommen193, es entspricht auch der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge.194 Im Hinblick auf das vorgenannte Verständnis ist es zutreffend die Gläubiger als wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaft zu bezeichnen.195 Notwendigkeit folge, über die internen Angelegenheiten des Verbandes bis zu dessen Vollbeendigung bestimmen zu können, vgl. H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 368. Wenn sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ein Mehr an Wert ergibt, welcher der Gläubigerbefriedigung dient, so ist nicht einzusehen, warum dieser Wert den Gesellschaftern zugute kommt bzw. mit der Abwicklung des Rechtsträgers untergehen soll. Eine sorgfältige „ökonomische Analyse“ ergibt, dass dieser Wert ebenfalls den Gläubigern zusteht. 189 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524 (Letztberücksichtigung der Eigenkapitalgeber bei wirtschaftlichem Scheitern); Bitter, ZGR 2010, 147, 193 („doppelt nachrangig“); Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 12; a. A. Smid, DZWIR 2010, 397, 402 („kategorialer Unterschied zwischen Gesellschaftern und [nachrangigen] Gläubigern“). Vgl. auch BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 210 f. 190 Dies gelingt im Wege eines argumentum a fortiori: Wenn schon Forderungen aus Gesellschafterdarlehen subordiniert werden, dann zeigt sich bereits hieran die Letztberechtigung der Eigenkapitalgeber. 191 So die zutreffende Formulierung von Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1527; in diesem Sinne bereits Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 583. Vgl. auch K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607, der attestiert, dass in der Insolvenz die Gesellschafter nicht mehr gegenüberstehen, sondern ihnen zur Seite gestellt werden. 192 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 r. Sp.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 212 ff.; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 201. 193 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 308 ff.; Möhlenkamp, BB 2011, 2828, 2829; Hölzle, KTS 2011, 291, 322; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607. 194 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541 ff.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 212 ff. (Stellung als Quasi-Gläubiger in einem auf wertbezogenem Schutz ausgerichteten Verfahren). Kritik von Brinkmann, WM 2011, 97, 99; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 427; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819. 195 Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; ders., in: MünchKomm-InsO, § 217 ff. Rn. 2; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 544; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526 (ökonomisch über-

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

125

Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Gläubiger die Mittel zur Unternehmensfinanzierung bereitgestellt haben. Erst hierdurch ist es der Gesellschaft möglich geworden, rechtsträgergebundene Berechtigungen, Genehmigungen oder Lizenzen zu erwerben und unübertragbare Vertragsverhältnisse einzugehen.196 Ergibt sich aus diesen ein spezifischer Fortführungswert, so ist ein Zugriff der Gläubiger gerechtfertigt, wenn der durch eine übertragbare Sanierung erzielbare Erlös hinter dem Fortführungswert zurückbleibt.197 Auch steuerlich verwertbare Verlustvorträge können einen Vermögenswert haben, im Zuge einer übertragenden Sanierung verfallen diese.198 Dass diese nicht in das Unternehmensvermögen fallen, ergibt sich einzig aufgrund der Trennung von Rechtsträger und Vermögen.199 ee) Keine Privilegierung der Gesellschafter Nicht ersichtlich ist überdies, warum „allgemeine Prinzipien der Wirtschaftsverfassung“ 200 einem Eingriff in Anteilseignerrechte und damit einem Zugriff der Gläubiger auf den Rechtsträger entgegenstehen sollen.201 Es ist nicht einzusehen, warum die Vermögensposition der Gläubiger in der Insolvenz weniger schützenswert sein sollte als die Position der Anteilseigner.202 Die Rechtfertigung für die Einbeziehung ergibt sich aus einem – bereits von Bitter und Braun ins Feld geführten – argumentum a fortiori. Unzweifelhaft kann in die Rechte der Gläubiger im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens eingegriffen werden.203 Soweit es dem insolvenzrechtlichen Ziel der bestmöglichen Haftungsbefriedigung dienlich ist, kann sogar in die Rechte von Absonderungsgläubigern (§ 51 Nr. 1 InsO) eingegriffen werden, wenn diese dadurch nicht schlechter stehen als im zeugendes Konzept); Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 268; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f.; das übersieht H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 366 f.; a. A. Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.8 (wirtschaftliche Betrachtungsweise deplatziert). 196 Bitter, ZGR 2010, 147, 194. 197 So überzeugend Bitter, ZGR 2010, 147, 194; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 13; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 123. 198 Etwa Braun, in: FS Fischer, S. 53, 67; a. A. Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.20. 199 Ähnlich Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412. 200 So begründete der Gesetzgeber die Nicht-Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren, siehe nur RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 91 r. Sp. 201 So ebenfalls Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1518; ihm folgend Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1417. 202 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1525; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.8; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546; Verse, ZGR 2010, 299, 310. Das gestehen auch die § 225a InsO kritisch gegenüberstehenden Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 20 ein. 203 Statt vieler Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 12.

126

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Fall der Regelabwicklung – im Ergebnis also kein Eingriff in die Wertsubstanz erfolgt –.204 Wenn schon in Rechte dieser besicherten Gläubigern eingegriffen werden kann, um eine bestmögliche Befriedigung der Gläubigerbefriedigung zu erreichen205, dann muss dies auch für die in der Befriedigungsreihenfolge letztrangigen („nach-nachrangigen“ 206), weil residualberechtigten Gesellschafter gelten.207 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbriefen die Rechte der Gesellschafter jedoch nur noch den Anspruch auf einen etwaigen Übererlös nach § 199 S. 2 InsO.208 Damit stehen sich im Insolvenzverfahren nur verschiedene Ansprüche gegenüber. Entsprechend der sich aus § 199 S. 2 InsO ergebenden insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie ist in diesem Fall den Gläubigern der Vorzug gegenüber den Gesellschaftern zu geben.209 Die Möglichkeit der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren und der damit verbundene Haftungszugriff der Gläubiger auf massefremde Gegenstände aus dem Vermögen der Anteilseigner stellt auch keine mit § 1 Abs. 1 S. 1 AktG und § 13 Abs. 2 GmbHG unvereinbare „Durchgriffshaftung“ dar. Zwar findet durch den Entzug der Anteilsrechte ein Durchgriff auf die hinter der Rechtspersönlichkeit der AG bzw GmbH stehenden Gesellschafter statt, im Sinne einer partiellen Kongruenz von Schuldner- und Gesellschaftervermögen. Er ist aber auf die Gesellschaftsbeteiligung selbst begrenzt, die für den Gesellschafter in der Insolvenz – wegen der vorrangigen (§ 199 S. 2 InsO) Fremdkapitalgläubiger – keinen Wert mehr aufweist aber für die bestmögliche Haftungsverwirklichung bedeutsam ist.210 204 Bitter, ZGR 2010, 147, 195 f.; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 67 f.; Haas, NZG 2012, 961, 963 f.; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 3; Thole, ZIP 2013, 1937, 1940. 205 Zur Begründung der Einbeziehung gesicherter Gläubiger führt der Gesetzgeber im RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 86 r. Sp. aus: „Die alleinige Rechtfertigung für die Einbeziehung der Sicherungsgläubiger liegt vielmehr darin, daß für die Verwertung des Schuldnervermögens im ganzen möglichst günstige Bedingungen geschaffen werden sollen. Die Interessen der Beteiligten sollen so koordiniert werden, daß der Wert des Schuldnervermögens maximiert wird. Dies rechtfertigt es in einem marktkonformen Insolvenzverfahren lediglich, den Sicherungsgläubigern durch die Einbindung in das Verfahren bei der Durchsetzung ihrer Rechte gewisse Rücksichtnahmen abzuverlangen und ihnen Kostenbeiträge aufzuerlegen, nicht aber, Eingriffe in die Wertsubstanz der Sicherheiten vorzunehmen.“ Vgl. aber auch Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 51 Rn. 2 (haftungsrechtliche Zuordnung des Sicherungsgutes zur Insolvenzmasse). 206 Zur Begrifflichkeit Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 27 m.w. N. 207 Vgl. bereits die Kritik an der InsO a. F. Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 582; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524 ff. 208 So auch der DiskE-ESUG; BMJ, Disk-ESUG, Beil. 1 zu ZIP 28/2010, S. 1, 11. 209 Bitter, ZGR 2010, 147, 191; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Braun, in: FS Fischer, S. 53; Verse, ZGR 2010, 299, 310; vgl. auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546; ders., in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 69 f. 210 So auch schon Georgakopoulos, ZEuP 1995, 639, 641. Auch der BGH hat in seinen Entscheidungen (etwa v. 16.7.2007 – II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 – Trihotel) auf

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

127

ff) Kein „Recht auf wirtschaftlichen Selbstmord“ Die Einbeziehung der Anteilrechte in das Insolvenzplanverfahren ist zudem gerechtfertigt, weil den Gesellschaftern kein Recht zusteht, Anteilseigner der insolventen Gesellschaft bis zu deren Löschung zu bleiben. Einem solchen „Recht auf wirtschaftlichen Selbstmord“ 211 stehen die Interessen der Gläubiger entgegen, denen nach der insolvenzbedingten Auflösung der Schuldnergesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 GmbHG) der insolvenzrechtliche Vorrang eingeräumt ist.212 Schon außerhalb der Insolvenz – bei selbstbestimmter Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung – zeigt sich der Vorrang der Gläubiger: Die Befriedigung ihrer Forderungen geht der Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter auch bei der insolvenzfreien Liquidation vor; ihnen steht nur der verbleibende Überschuss zu (§§ 267, 268 Abs. 1, 272 AktG bzw. § 70, 73 GmbHG).213 Vermag die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten indes nicht mehr vollständig zu erfüllen, geht nicht nur die Verfügungsund Verwaltungsbefugnis nach § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über, auch das Selbstbestimmungsrecht ist beschnitten und auf den sogenannten insolvenzfreien Bereich beschränkt.214 Diese Beschränkung ist Folge des Vorrangs der Gläubigerinteressen. Die Auflösung der Gesellschaft als Folge der Verfahrenseröffnung ist zwingend, die Gesellschafter können im Regelinsolvenzverfahren eine Fortsetzung nicht beschließen, arg. ex. § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG. Den Gesellschaftern stand es frei, die Insolvenzdie Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Gläubigerbefriedigung abgestellt. Erfordert die Gläubigerbefriedigung einen Entzug der situativ entwerteten Anteilsrechte, so ist dies im Planverfahren zu bewerkstelligen. Die eindeutige Interessenhierarchie rechtfertigt die Teil-Kongruenz von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen auch für Fälle der drohenden Zahlungsunfähigkeit, sofern eine Entschädigung sichergestellt ist. 211 Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 55 („Recht [der Gesellschafter] auf einen wirtschaftlichen Selbstmord“). I. E. wohl auch Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 17 (Widerspruchsrecht der Altgesellschafter gegen Swap). 212 In diesem Sinne auch Spetzler, KTS 2010, 433, 448, die einen Entzug der Anteilsrechte ablehnt, da es jedem frei stehe einen Gegenstand zu nutzen oder nicht, und auf der Grundlage, dass ein Dritter zu einer wirtschaftlicheren Nutzung des Gegensatandes bereit und in der Lage sei, ein Entzug verfassungrechtlich nicht zu rechtfertigen wäre. Zum Vorrang der Gläubigerrechte in der Insolvenz nur BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/ 09, BGHZ 185, 206, 211 f. 213 Der Vorrang der fremdfinanzierenden Gläubiger zeigt sich noch in vielen anderen gläubigerschützenden Vorschriften, welche die außerinsolvenzliche Handlungsfreiheit der Gesellschaft und der Gesellschafter einschränken. Eine ordentliche Kapitalherabsetzung setzt beispielsweise voraus, dass den Gläubigern Befriedigung oder Sicherheit geleistet wurde, § 225 AktG, § 58 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG; vgl. H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 19 f. 214 So auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 8; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 1.

128

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

gründe zu beseitigen oder die Gesellschaft vor Eintritt in die Insolvenz aufzulösen und insoweit selbstbestimmter – ohne der Gläubigerkontrolle zu unterstehen – handeln zu können. Gesteht man den Gesellschaftern trotz dieser Situation den Verbleib in der aufgelösten Gesellschaft zu, so bleibt den Gläubigern der Zugriff auf den vollständigen215 reorganisationsbedingten Fortführungswert verwehrt, wenn der Rechtsträger abgewickelt wird. Ein derartiges Ergebnis bliebe hinter dem Pareto-Optimum zurück216. Die regelmäßige Wertlosigkeit der Anteile und der Vergleich mit der Stellung der Anteilseigner im Regelinsolvenzverfahren rechtfertigen die Einbeziehung ins Planverfahren und die damit verbundene Beschränkung des mitgliedschaftlichen Rechts der Anteilseigner.217 b) Realisierung unternehmerischen Risikos Kapitalgesellschaften sind Kapitalsammelstellen und Vehikel für die unternehmerische Betätigung einzelner oder mehrerer.218 Zweck des gesellschaftlichen Zusammenschlusses ist die Gewinnerzielung durch den Betrieb des Gesellschaftsunternehmens. Der Gesetzgeber hat den Zusammenschluss in einer Kapitalgesellschaft und deren Haftungsbeschränkung zugelassen, weil es gesamtvolkswirtschaftlich vorteihaft ist. Es erlaubt den Gesellschaftern eine wirtschaftliche Betätigung bei überschaubarem Risiko, d.h. ohne die Gefahr einer vollumfänglichen persönlichen Haftung.219 Scheitert die Unternehmung und realisiert sich damit auch das mit der Haftungsbeschränkung verbundene Risiko für die Gläubiger, so ist es wenig überzeugend, unter Hinweis auf die Souveränität dieser Verbände einen Eingriff in die Gesellschafterrechte abzulehnen.220 Die

215 Die Blockade könnten die Gläubiger durch Zahlungen an die Altgesellschafter beseitigen. Vgl. Kritik bei Richter, ECFR 2009, 358, 362; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 421. 216 Hierzu statt vieler Braun, in: FS Fischer, S. 53, 67 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 24. 217 Etwa Verse, ZGR 2010, 299, 307. Dass solche wirtschaftlichen Erwägungen auch dem Gesellschaftsrecht nicht fremd sind, zeigt sich auch in anderen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte zum Beispiel in seinem viel beachteten „Sanieren oder Ausscheiden“-Urteil (v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 ff.) herausgestellt, dass unter mehreren Alternativen der „wirtschaftlich sinnvollen“ der Vorzug einzuräumen ist. So existiert für die sanierungsunwilligen Gesellschafter eine Zustimmungspflicht zu Maßnahmen, die zu ihrem Ausscheiden führen, kraft Treuebindung, wenn sie dringend erforderlich sind und ein Vergleich mit dem unvermeidlichen Zerschlagungsszenario keinen Nachteil bietet. Kommt es indes schon in dieser Situation zu Einschränkungen in der freien Ausübung der Mitwirkungsrechte, lassen sich Einschränkungen der Verbandssouveränität auch im Fall der Insolvenz bei noch eindeutigerer Ausgangssituation rechtfertigen. 218 Statt aller Haider, in: MünchKomm-AktG, § 1 Rn. 105. 219 Etwa Schall, ZGR 2009, 126, 128 m.w. N.

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

129

mitgliedschaftliche Struktur, die insbesondere der Organisation des Zusammenschlusses mehrerer dient, darf nicht dazu genutzt werden, den Gläubigern den Zugriff auf einen nicht unwesentlichen Mehrwert zur verwehren, der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergibt.221 Das Bundesverfassungsgericht hat die besondere Bedeutung des Grundrechts der Verbände und ihrer Mitglieder herausgestellt.222 Es hat aber auch konzediert, dass die wesentliche Funktion von Kapitalgesellschaften die Ansammlung und Nutzung von Kapital sei und daher die – im Hinblick auf die Bindungen der Mitlieder untereinander gelockerte – Mitgliedschaft regelmäßig nicht Bestandteil der Lebensgestaltung des Einzelnen sei, sondern eine kapitalistische Prägung aufweise.223 Kapitalgesellschaften entsprächen kaum dem Grundtyp einer für Art. 9 Abs. 1 GG typischen Vereinigung.224 Die gesellschaftsrechtliche Verbandssouveränität der Kapitalgesellschaften wird mithin überhöht, wenn den Gläubigern ein Zugriff auf die Anteilsrechte versagt und den Gesellschaftern in der Insolvenz eine Perpetuierung ihrer Mitgliedschaft auf Kosten der Gläubiger ermöglicht wird.225 c) Keine sanierungshindernde Wirkung der Planeinbeziehung aa) Keine Gefahr verspäteter Insolvenzanträge Die Einbeziehung der Anteilseignerrechte in den Insolvenzplan hat zum Ergebnis, dass die Anteilseigner bei Durchführung eines Debt Equity Swaps Gefahr laufen, teilweise oder – bei einem Kapitalschnitt auf Null – vollständig aus der Gesellschaft gedrängt zu werden.226 Schon vor der ESUG-Reform wurde die 220 So auch – sub specie Art. 9 GG – Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 10. Vgl. auch Georgakopoulos, ZEuP 1995, 639, 640 f. 221 Hier darf auch nicht vergessen werden, dass die Vorläufer heutiger Kapitalgesellschaften, etwa die Handelscompanien, ein Zusammenschluss von Kaufleuten waren, die sich zur wirtschaftlichen Betätigung zusammentaten, um Gewinn und Verlust zu teilen. Ist der Verlustfall eingetreten, dient der mitgliedschaftlich organisierte Zusammenschluss der Gläubigerbefriedigung. Überblick zur den Anfängen der Aktiengesellschaft bei Cordes/Jahntz, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I S. 1 ff. 222 Siehe etwa BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 276 f. – Feldmühle; v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 290 ff. – Mitbestimmung. 223 BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 355 ff. – Mitbestimmung. 224 BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 355 ff. – Mitbestimmung. Auch Madaus, ZIP 2014, 500, 504 f. 225 Ohne Sanierungsbeiträge der Gläubiger gäbe es nämlich keine Fortführung, das übersehen etwa H.-F. Müller, DB 2014, 41, 42; ders., KTS 2012, 419, 427; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819. Auch Madaus, ZIP 2014, 500, 504 f. 226 Vgl. Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 17 f.; Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 71, die darauf hinweisen, dass bei einem Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren die Kapitalherabsetzung auf Null der Regelfall sei. Auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 471 („Unternehmen wird qua Gläubigereinfluss ,unter dem Hintern‘ entzogen“); Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125.

130

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

verspätete Stellung von Insolvenzanträgen als einer der Hauptgründe für das Scheitern von Sanierungen bzw. niedrigen Insolvenzquoten (wegen fortgesetzter Verwirtschaftung) ausgemacht.227 Die Unfähigkeit und Unkenntnis der Organe und ihrer Berater, gepaart mit der unbegründeten Hoffnung auf einen Deus ex Machina in Form eines wundersamen „turn-around“ sowie ein zunehmend günstigeres Chancen-Risiken-Verhältnis der Gesellschafter in der Krise führte fast immer zu einer verspäteten Insolvenzantragsstellung.228 In der Literatur wird angesichts des für die Anteilseigner – prima vista – schärferen Insolvenzrechts davor gewarnt, dass nun ein noch geringerer Anreiz bestehe, frühzeitig eine insolvenzliche Sanierung einzuleiten.229 Dieses Argument trägt aber aus mehreren Gründen nicht.230 Ganz regelmäßig obliegt den Geschäftsführungsorganen, nicht den Anteilseignern die Stellung des Insolvenzantrages.231 Insbesondere bei Publikumsgesellschaften ist der Einfluss der Gesellschafter auf die Geschäftsführung recht gering.232 Schon jetzt führt die 227 Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835; Hölzle, KTS 2011, 291, 295; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 135; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516. 228 Etwa Flöther, ZIP 2012, 1833, 1835; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516; Kraus, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, § 4 Rn. 8 f. („Prinzip Hoffnung“); Wellensiek/Schluck-Amend. In K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 1.324; Hölzle, KTS 2011, 291, 295. Zum günstigeren Chancen-Risiken-Verhältnis bei einem Ausainanderfallen von Verfügung und Haftung als Folge des aufgezehrten Eigenkapitals Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 22 f.; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 134 f. („gambling for resurrection“). 229 Bereits etwa K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 83; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367; jüngst ders., KTS 2012, 419, 433; Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 69; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 471; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202; Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121, 126. Bedenken äußert auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 12. 230 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526; Verse, ZGR 2010, 299, 307 f.; Eidenmüller/ Engert, ZIP 2009, 541, 544, ders., Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, 2009, S. 33 ff. differenzierend Heinrich, NZI 2012, 235, 241. 231 So auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 11. Auch im Hinblick auf die Pflicht zur Stellung eines frühzeitigen Insolvenzantrages bestehen offene Fragen. Angesichts der einschneidenden Wirkungen eines Insolvenzverfahrens für die Gesellschafter bejaht die h. M. ein Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung bei Insolvenzantragstellung im Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, missachtet die Geschäftsführung dieses Erfordernis so kommt eine Haftung in Betracht, unlängst – eine Haftung bejahend – OLG München v. 21.3.2013 – 23 U 3344/12, ZIP 2013, 1121 (§ 43 GmbHG des Gf. einer Komplementär-GmbH einer Publikums-KG). Angesichts der wirtschaftlichen Realitäten – und unter Berücksichtigung der §§ 217 ff. InsO – ist zutreffenderweise davon auszugehen, dass ein Insolvenzantragstellung eine geschäftsführende und keine gesellschaftszweckändernde Maßnahme darstellt und daher keiner Zustimmung bedarf, so auch Hölzle, ZIP 2013, 1846 ff.; Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065 ff. Vgl. aber auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 29. 232 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 545; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 11.

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

131

Insolvenz in den Fällen der Liquidation bzw. übertragenden Sanierung quasi immer zu einem Totalverlust der Anteilseigner. In den seltenen Fällen, in denen der Insolvenzplan einen Verbleib der Gesellschafter vorsah, war die Vorlage eines Planes und dessen Annahme zum Zeitpunkt der Antragsstellung keinesfalls sicher. Der Eingriff in die Anteilsrechte führt insoweit zu keiner weiteren Verzögerung der Antragsstellung.233 Die Schuldner bzw. die dahinter stehenden Gesellschafter zu früherer Verfahrenseinleitung zu bewegen, darf nicht auf Kosten der Gläubiger durch eine Abweichung von der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge erfolgen.234 Zudem wird darauf hingewiesen, dass bei dem als Vorbild für das Insolvenzplanverfahren dienenden Chapter 11-Verfahren ein Debt Equity Swap gegen den Willen der Anteilseigner und damit Eingriffe in deren Anteilsrechte ermöglicht werden. Trotz dieser Aussicht erfreut sich das US-amerikanische Pendant zum Insolvenzplanverfahren großer Beliebtheit235: Im Jahr 2013 waren 23 Prozent aller Unternehmenssanierungen Reorganisationen.236 Andere Autoren sehen trotz des drohenden Eingriffes in ihre Anteile praktische und monetäre Gründe der Altgesellschafter für die Einleitung einer frühzeitigen Sanierung, auch wenn diese mit der Aufnahme neuer Gläubiger einhergeht. In der Insolvenz seien die Mitgliedschaftsrechte marginalisiert und der unternehmerische Spielraum eingeschränkt; eine prozentual niedrigere, obgleich werthaltige Beteiligung an einer sanierten Gesellschaft sei einer größeren Beteiligung an einem insolventen und abzuwickelnden Gesellschaft vorzuziehen.237 Dieser Einschätzung ist zuzustimmen. Die Unantastbarkeit der Anteilsrechte führt nicht zu zeitigeren Insolvenzanträgen. Der Auffassung, die in der Aussicht der Altgesellschafter auf eine kleine aber werthaltige Beteiligung nach Durchführung des Swaps einen Anreiz für eine frühzeitige Sanierung sieht238, ist entgegenzuhalten, dass eine solche Beteiligung zum Zeitpunkt der Einleitung des Insolvenzverfahrens weder sicher noch wahrscheinlich ist. Zudem hat das ESUG verbesserte

233 Noch weiter Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (Häufung der Fälle frühzeitig eingeleiteter Insolvenzverfahren). 234 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 545; Verse, ZGR 2010, 299, 307. 235 Etwa Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 61; Verse, ZGR 2010, 299, 308, der richtigerweise auf die grundsätzlich schuldnerfreundlichere Ausrichtung des Chapter 11-Verfahrens hinweist. Mit dem ESUG wurde indes auch das Instrument der Eigenverwaltung gestärkt und insoweit für eine größere Parallelität der Rechtsysteme gesorgt. 236 Ausweislich der Statistik der US-Insolvenzgerichte (URL: http://www.uscourts. gov/uscourts/Statistics/BankruptcyStatistics/BankruptcyFilings/2013/1213_f2.pdf – Stand: August 2014). 237 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931. Auch – jedoch an der Verinbarkeit mir § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO (siehe hierzu unter E.VII.4.a)) zweifelnd – Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508. 238 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931.

132

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Voraussetzungen für die Eigenverwaltung geschaffen.239 Eine solche Eigenverwaltung – kombiniert mit einem vorbereiteten Insolvenzplan (sogenannter prepackaged-plan)240 – ist besser geeignet ein zögerliches Management zu frühzeitigen Insolvenzanträgen zu bewegen, da in diesen Fällen nicht der vollständige Machtverlust droht und höhere Chancen für eine Weiterbeteiligung existieren. Die Möglichkeit eines Eingriffs in die Anteilseignerrechte hat einen deutlich geringeren Einfluss.241 bb) Erhöhung der Sanierungsbereitschaft Die Möglichkeit des Eingriffs in Anteilseignerrechte dürfte freilich geeignet sein, die Attraktivität von Sanierungen mittels Insolvenzplan zu erhöhen.242 Die Stärkung des Gläubigereinflusses spielt dabei eine entscheidende Rolle. Schon kurz nach der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG sind in etlichen Fällen Pläne für Insolvenzplanverfahren und Debt Equity Swaps publik geworden.243 Die mit dem ESUG geschaffenen Instrumentarien erlaubt der Insolvenzpraxis die Durchführung reorganisierender Sanierungen ohne gesteigerte Rücksichtnahme auf die Interessen der Altgesellschafter.244 d) Keine erhöhte Missbrauchsgefahr In der Literatur wird vereinzelt vor den mit einem Zwangseingriff in die Anteilsrechte und insbesondere einem Debt Equity Swap verbundenen Missbrauchsgefahren gewarnt: Der Zugriff der Gläubiger auf den Rechtsträger ermögliche 239 So auch Verse, ZGR 2010, 299, 308 (Vergleich mit debtor in possesion-Prinzip des Chapter 11-Verfahrens). 240 So auch Heinrich, NZI 2012, 235, 241. 241 Anders kann es sich darstellen, wenn es sich um einen Gesellschafter als Geschäftsführer oder einen Vorstand mit Aktien am geleiteten Unternehmen handelt; vgl. Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 11. 242 So auch schon Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1527. In diesem Sinne auch Brinkmann, WM 2011, 97, 103 (Erhöhung der Kooperationsbereitschaft der Altgesellschafter). Siehe auch die ersten Erfahrungen in praxi nach der Reform: Kremers/Hoffmann, ZInsO 2013, 289 ff.; Seibt/Westpfahl, ZIP 2014, 2333, 2336; auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 14 ESUG hat die „Feuertaufe bestanden“). 243 Etwa die Insolvenzplanverfahren der Leiser Handelsgesellschaft mbH, Conergy AG, centrotherm photovoltaics AG, Pfleiderer AG, Q-Cells AG, SIAG Schaaf Industrie AG und IVG Immobilien AG. Vgl. den Überblick bei Kremers/Hoffmann, ZInsO 2013, 289 f.; Pleister, GWR 2013, 220, 221 f. 244 Häufungen insolvenzlicher Sanierungen prophezeit Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. Eine Befragung unter Praktikern hat ergeben, dass Insolvenzverfahren vermehrt als Chance zur Sanierung gefährdeter Gesellschaften wahrgenommen werden, das Sanierungsinstrument Debt Equity Swap sei aber noch „auf dem Prüfstand“, Noerr/Roland Berger, ESUG-Studie 2012, S. 10 (URL: http://www.rolandberger.de/media/pdf/ Roland_Berger_ESUG-Studie_20121106.pdf – Stand: August 2014). Vgl. den Überblick bei Kremers/Hoffmann, ZInsO 2013, 289 ff.

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

133

„feindliche Übernahmen“ und missbräuchliche Gestaltungen zur Verdrängung unliebsamer Mitgesellschafter und Anteilseigner; es drohe gar ein „Ausverkauf des deutschen Mittelstandes“.245 Insbesondere die Heranziehung von Zerschlagungswerten für die Höhe von Entschädigungen der Anteilseigner sei ein Anreiz für Gläubiger die Insolvenz zu forcieren und das Verfahren für Übernahmen zu missbrauchen.246 Eine Erhöhung der Sanierungsfreundlichkeit dürfe nicht zu einem Mehr an Missbrauchsmöglichkeiten führen.247 Die geäußerten Bedenken sind jedoch nicht begründet.248 Zumindest für den Fall des insolvenzlichen Debt Equity Swaps steht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ganz regelmäßig die Überschuldung der Gesellschaft fest; das Insolvenzverfahren dient der maximalen Gläubigerbefriedigung. Das gezeichnete Schreckensszenario eines Investitionsvehikels bzw. hedge funds, der auf dem Sekundärmarkt unterbewerte Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft aufkauft und diese dann sprichwörtlich in die Insolvenz treibt, um die Anteilseigner heraus zu drängen und sie ihrer Gewinnerwartungen beraubt, bleibt diffus und ist – wenn überhaupt – nur theoretischer Natur.249 Die mahnenden Warnungen vor einer „Okkupation der Burg“ durch die Gläubiger in einer „schönen neuen Sanie245 Brinkmann, WM 2011, 97, 103; ders., ZIP 2014, 197, 202; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; Streit, DB Status Recht 2009, 94 f. („Ausverkauf des deutschen Mittelstands“), Smid/Rattunde, in: Smid, InsO, 2. Aufl. 2001, § 221 Rn. 16; dies./Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19 (Missbrauch des Verfahrens zu Zwecken der Verdrängung unliebsamer Mitgesellschafter und Anteilseigner); H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 69; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 ff.; wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088; Brünkmans/Uebele, ZInsO 2014, 265, 266 f.; Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff.; relativierend aber Ekkenga, ZGR 2009, 581, 582; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470; ebenso Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 56 (Gefahr nur beim Debt Equity Swap in einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren). 246 Simon, CFL 2010, 448, 456; Brinkmann, WM 2011, 97, 101; ders., ZIP 2014, 197, 202; H. F. Müller, KSzW 2013, 65, 69; Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff. (In-dieInsolvenz-Hineindrücken beim Distressed Debt Investing möglich). Auch Brünkmanns/ Uebele, ZInsO 2014, 265, 267. Vgl. insoweit auch die Kritik von Jan Bayer, „IVG Immobilien – Rheingold in Bonn gefunden“ manager-magazin v. 6.3.2014, (URL: http:// www.manager-magazin.de/immobilien/artikel/insolvenzplan-ivg-immobilien-ag-a-9572 11.html – Stand: August 2014). 247 Simon, CFL 2010, 448, 454 (rechtsökonomischer Zwiespalt). Die Gefahr einer missbräuchlichen Instrumentalisierung eines sanierungsfreundlichen Insolvenzrechts sieht Siemon, ZInsO 2013, 1549 ff.; H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 69. Vgl. Thole, ZIP 2013, 1937, 1944 („Der Grat zwischen Stärkung der Sanierung und Missbrauch ist eben manchmal schmal, zumal keine Einigkeit darüber besteht, was missbräuchlich ist und was nicht.“). 248 Ebenso Verse, ZGR 2010, 299, 308; Franke, Debt Equity Swaps, S. 63. Reichlich kurzsichtig aber Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1931, die ein Missbrauchspotenzial schon deswegen ablehnen, weil im Zuge eines Debt Equity Swap mit Gläubigern von Darlehen und Lieferantenkrediten der Gesellschaft bekannte Dritte (nicht „fremde“) einrückten, die schon durch ihre Großgläubigerstellung einen faktischen Einfluss ausüben konnten. 249 Aber Spliedt, GmbHR 2012, 462, 470: („eröffnet den Hedgefonds ein neues Betätigungsfeld“), Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff.

134

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

rungswelt“ 250 mittels Übernahme-Swap muss entgegengehalten werden, dass Gesellschaftsanteile an Schuldnergesellschaften mit tragfähiger und nachhaltiger Finanzstruktur, die auch kurzfristige Umsatz- und Gewinneinbußen abfedern können, keine Gefahr laufen, Vollstreckungsobjekt zu werden.251 Ein Debt Equity Swap ist daher nicht mit einem Angriff von Freibeutern vergleichbar, die eine in Seenot geratene Karavelle entern und usurpieren. Auch für die Anteilseigner muss gelten: Wer unternehmerische Risiken eingeht, muss auch die Konsequenzen tragen.252 Die Mitgliedschaft in einer Kapitalgesellschaft schirmt die Gesellschafter nicht vor der ökonomischen Realität ab, im Fall des wirtschaftlichen Scheiterns dem Zugriff der Gläubiger ausgesetzt zu sein.253 Schon vor der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG hatten Gläubiger ein nicht unerhebliches Drohpotenzial und konnten mit der Inaussichtstellung eines berechtigten Insolvenzantrages die Gesellschaft zu einem Debt Equity Swap bewegen.254 Dem 250

K. Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088, rät selbst: „Haltet die Finanzsituation unter Kontrolle!“. Auch Siemon, ZInsO 2014, 172, 174 ff. empfiehlt Insolvenzvermeidungsstrategien. Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202 („[Die Gesellschafter] haben in Kauf genommen, dass die Gesellschaftsgläubiger nicht oder erst später befriedigt werden, anstatt für eine auskömmliche Liquiditätsausstattung ihrer Gesellschaft zu sorgen. Wer sich so verhält muss mit den entsprechenden insolvenzrechtlichen Konsequenzen leben und wird kaum geltend machen können, dass ein Eingriff in seine Rechte rechtsmissbräuchlich sei.“). 252 Jetzt auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202. Unverständlicherweise befremdet dies offensichtlich – Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2831 (Sicherheit vor Herausdrängen, nur „wenn sie bereit sind, zur Abwendung einer Krise jederzeit das erforderliche Vermögen nachzuschießen – oder rechtzeitig zu sanieren.“). 253 Reichlich überzogen wirkt auch das von Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19, skizzierte Szenario eines missbräuchlichen Insolvenzantrags, gestützt auf § 18 InsO, durch die kollusiv mit forderungsinnehabenden Investoren zusammenwirkenden Geschäftsführer bzw. Vorstände, um die Altgesellschafter zu verdrängen. Über die Glaubhaftmachung im Fall des § 15 Abs. 2 InsO und dem objektiven Erfordernis des § 16 InsO ist diese eher theoretische Gefahr schon heute gebannt, siehe auch Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 59 f.; Thole, ZIP 2013, 1937, 1944 f.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 13. 254 Auch im Hinblick auf einen potentiellen Missbrauch des „neuen Insolvenzrechts“ für insolvenzrechtswidrige Motive, wie z. B. die Lösung binnengesellschaftlicher Konflikte, dürften die Schreckensszenarien übertrieben sein. Schon Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19 warnten vor Gesellschafter-Geschäftsführer, die einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) vorschieben, um sich unliebsamer Mitgesellschafter zu entledigen (bei §§ 17, 19 InsO fehlt es wegen § 15a InsO schon an der Missbräuchlichkeit). Gegen die Möglichkeit einer solchen Instrumentalisierung des Insolvenzrechts spricht aber, dass – auch wenn es der Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes im Rahmen des § 18 InsO nicht bedarf – das Insolvenzgericht nach § 16 InsO im Wege der Amtsermittlung (§ 5 Abs. 1 S. 1 InsO) das objektive Vorliegen des Insolvenzgrundes prüft und das Verfahren erst eröffnet, wenn das Vorliegen zur Überzeugung des Gerichts feststeht (§ 4 InsO i.V. m. § 286 ZPO), was den Mitgesellschaftern Spielraum zur Intervention und Klarstellung einräumt (vgl. Spetzler, KTS 2010, 433, 444 f. [keine Missbrauchsgefahr], vgl. jetzt auch Thole, ZIP 2013, 1937, 1944 f.; Madaus, ZIP 2014, 500, 501 f.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 13). 251

III. Würdigung der gesetzgeberischen Entscheidung

135

Gläubigerzugriff können sich die Gesellschafter jederzeit durch eine die Insolvenzgründe beseitigende – und damit die Insolvenz verhindernde – Rekapitalisierung der Gesellschaft entziehen.255 Damit kann – den bildreichen Duktus von K. Schmidt256 bemühend – der Burgherr durch Befriedigung der Belagernden jederzeit die Okkupation verhindern; ein argumentatives Einmauern hilft nicht. Die Möglichkeit, Forderungen von Gläubigern mit niedriger Bonität gegen Abschlag zu erwerben und (vor-)insolvenzlich durchzusetzen, weist keine Missbräuchlichkeit auf.257 Darüber hinaus erschließt sich nicht, warum sich durch einen Eingriff in die Anteilsrechte ein gegenüber der übertragenden Sanierung höheres Missbrauchspotenzial ergibt.258 Durch das ESUG ist nun die rechtsträgererhaltende Sanierung auch ohne Kooperation der Anteilseigner möglich. Auch bei der VeräußeTrotzdem wird sich zeigen, ob die durch das ESUG geschaffenen Möglichkeiten (§§ 217 S. 2, 225a Abs. 1, 2, 3 InsO) in missbräuchlicher Weise – also nur zur Verfolgung verfahrensfremder Zwecke – instrumentalisiert werden können. Ein erstes Beispiel geben hier die Geschehnisse im Fall des Suhrkamp Verlages: Die zwei Gesellschafter dieses Traditionsverlages bekämpften sich jahrelang, bevor die geschäftsführende Mehrheitsgesellschafterin vor dem AG Berlin-Charlottenburg einen Insolvenzantrag stellte und einen Insolvenzplan vorlegte, der eine Umwandlung der GmbH & Co KG in eine Aktiengesellschaft vorsah. Misstrauen erregte, dass der Insolvenzplan ungewöhnlich milde Einschnitte vorsah, weswegen das Vorliegen von Insolvenzgründen bezweifelt wurde und der Verdacht der rechtsmissbräuchlichen Instrumentalisierung des Insolvenzverfahren, um den Minderheitsgesellschafter herauszudrängen, im Raum stand (vgl. nur v. Petersdorff, „Enteignung eines Minderen“ in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24.9. 2013, URL: http://www.faz.net/-gqi-7hu8w – Stand: August 2014). Besondere Brisanz stellte sich ein, als das LG Frankfurt durch einstweilige Verfügung die Annahme des Planes stoppte und insofern Einfluss auf das Insolvenzverfahren nahm. Das OLG Frankfurt hat die einstweilige Verfügung wegen Unzulässigkeit einer solchen Einflussnahme auf das Insolvenzplanverfahren zwischenzeitlich aufgehoben, woraufhin der Plan bestätigt durch das Insolvenzgericht bestätigt wurden. Zu einer Entscheidung in der Hauptsache kam es wegen Rücknahme der Klage nicht. Zur causa Suhrkamp – und zur Frage rechtsmissbräuchlicher Insolvenzanträge: Lang/Muschalle, NZI 2013, 953 ff.; Thole, ZIP 2013, 1937 ff.; Möhlenkamp, BB 2013, 2828 ff.; Hölzle, ZIP 2013, 1846 ff.; Schäfer, ZIP 2013, 2237 ff.; Fölsing, ZInsO 2013, 2361; Spliedt, ZIP 2013, 2155 ff.; Brünkmans/Uebele, ZInsO 2014, 265 ff.; H.-F. Müller, DB 2014, 41 ff.; Brinkmann, ZIP 2014, 197 ff. u. insbesondere Madaus, ZIP 2014, 500 ff. jew. m.w.N auch zu zahlreichen Veröffentlichungen in der Presse. 255 Etwa Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19. Nach richtiger Auffassung können die Gesellschafter sogar noch in der Insolvenz sanierende Kapitalmaßnahmen beschließen, wohl Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465 („Auch sind die Gesellschafter weiterhin frei, eine Kapitalerhöhung zu beschließen“); ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8, 14; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29; Fischer, NZI 2013, 823, 829 f. Hierzu unter E.VII.5. 256 K. Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. 257 Vgl. Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19 f., der – letztendlich wohlfahrtssteigernde – höhere Sekundärmarktpreise für ausgefallene oder ausfallgefährdete Forderungen prognostiziert. 258 So auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526. Zum Gleichrang der Alternativen RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 77 f.

136

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

rung des Geschäftsbetriebes im Wege der übertragenden Sanierung wurden die Gesellschafter nicht beteiligt. In beiden Sanierungsvarianten steht am Ende der insolvenzbedingte Verlust der Mitgliedschaft: Entweder kommt es zum Verlust durch Anteilsentzug oder durch Untergang nach Löschung der Gesellschaft.259 In beiden Fällen sieht das Verfahren eine Auskehrung eines noch vorhandenen Restwertes im Rahmen der Überschussverteilung nach § 199 S. 2 InsO vor. Gesteigerte Missbrauchsgefahren durch die Möglichkeit des insolvenzlichen Debt Equity Swaps sind schlechthin nicht ersichtlich.260 e) Keine Beeinträchtigung der Rechte Dritter Auch erfolgt die Einbeziehung der Anteilsrechte nicht zu Lasten Dritter. So ließe sich einwenden, dass ein Entzug der massefremden Anteilsrechte den Gläubigern des jeweiligen Anteilseigners zum Nachteil gereicht: Aktien und Gesellschaftsrechte sind „andere Vermögenswerte“ und unterliegen der Pfändung nach §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO. Gläubiger der Anteilseigner können in sie vollstrecken. In einer gleichzeitigen Insolvenz bzw. „Doppelinsolvenz“ 261 von Gesellschaft und Anteilseigner fehlt es indes an einer Beeinträchtigung durch den Entzug, da ganz regelmäßig von der Wertlosigkeit des Anspruchs ausgegangen werden muss. Kommt es ausnahmsweise zu einem Überschuss bei der Schlussverteilung, so sichert die Entschädigung den Zufluss des Restwerts zu dem Vermögen des Altgesellschafters und vermehrt insofern die vorhandene Haftungsmasse.262 Ein Vermögensentzug zu Lasten eines Gläubigers des Anteileigners in der Doppelinsolvenz durch die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren scheidet mithin aus.263 259 Auf diesen Umstand weist auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 226 hin („Ob liquidiert oder saniert wird, weiß man erst am Ende des Verfahrens mit hinreichender Verlässlichkeit“). Deplatziert daher die Warnungen von K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088, dass Schuldnergesellschaften sich am Vorabend des Insolvenzantrages gegen Übernahmen durch Gläubiger beraten lassen werden. 260 Verse, ZGR 2010, 299, 308. Weitergehend sogar Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1526 (Einbeziehung der Anteilsrechte verringert Missbrauchsgefahr); a. A. Siemon, ZInsO 2014, 172, 172 ff. 261 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 304. 262 Zur Doppelinsolvenz jetzt auch Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 200. Eine Verwertung des Anteilsrechts durch den Insolvenzverwalter des Altgesellschafters ändert nichts an der Einbeziehung, Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 304. 263 Gleiches dürfte gelten, wenn die einbezogenen Anteile mit Rechten Dritter, etwa Pfandrechten, belastet sind, die nicht Planbeteiligte sind. Hier kommt es zum lastenfreien Erwerb bei Entzug. Da in der weit überweigenden Mehrzahl der Fälle, das Anteilsrecht als entwertet gilt und damit wertlos ist, ist hierin keine Beeinträchtigung der Interessen des Gesellschaftergläubigers zu sehen. Im Fall einer borgward-esken „Luxusinsolvenz“ (vgl. Uhlenbruck, DZWIR 2007, 1, 5; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 433) mit Überschuss nach § 199 S. 2 setzt sich das Pfandrecht am Anspruch auf Entschädigung für den Anteilsverlust fort. Hierzu – mit a. A. – Spahlinger, in: Kübler/Prütting/

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

137

4. Ergebnis Die Einbeziehung der Gesellschafter als Beteiligte in das Planverfahren ist geboten, um die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie zu gewährleisten. Spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens dient die Gesellschaft der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung und den nach § 199 S. 2 InsO vorrangigen Gläubigern steht eine rechtsträgerspezifischer Fortführungswert zu. Für die Stellung der bisherigen Anteilseigner ist es unerheblich, für welche der Befriedigungsvarianten sich die Gläubiger entscheiden. Ein Beharren auf die Massefremdheit der Anteile und die verbandsrechtliche Souveränität führen zu einer nicht gerechtfertigten gesellschaftsrechtlichen Privilegierung von Gesellschaften. Auch sind weder gesteigerte Missbrauchsgefahren noch eine Gefahr verspäteter Insolvenzanträge durch die Reform durch das ESUG ersichtlich. Auch beeinträchtigt die Einbeziehung der massefremden Anteilsrechte keine Rechte Dritter.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben 1. Ausgangspunkt Im weiteren Verlauf der Arbeit wird untersucht, ob die gesetzlichen Instrumentarien zur Überwindung des Widerstands der Anteilseigner mit höherrangigem Recht vereinbar sind.264 Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben wurden in der rechtswissenschaftlichen Diskussion über den Debt Equity Swap häufig geäußert.265 Auch die Gesetzesbegründung thematisiert die Vereinbarkeit mit EU-rechtlichen Vorgaben.266 Im Folgenden wird auf europarechtlicher Ebene die Vereinbarkeit mit der Kapitalrichtlinie 267 und der Publizitätsrichtlinie 268 überprüft. Bork, InsO, § 225a Rn. 73; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 89, unter Verweis auf § 254 Abs. 2 S. 1 InsO. Siehe auch Rendels/Zabel, Insolvenzplan, Rn. 267 f. (Immer lastenfreier Erwerb). 264 Zu dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts statt aller Streinz, Europarecht, Rn. 203 ff. 265 Zum Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben etwa: H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 365 f.; ders., KTS 2011, 1, 20; Schuster, ZGR 2010, 325, 349 ff.; Bormann, NZI 2011, 892, 894 f. („vom EuGH unmissverständlich klargestellt“); Madaus, Der Insolvenzplan, S. 603 f.; ders., ZGR 2011, 649, 767 f.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819 f.; ders., ZInsO 2013, 2457, 2460 ff. 266 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 l. Sp. In der Begründung zum Restrukturierungsgesetz äußerte das Bundesministerium der Justiz noch Zweifel an der europarechtlichen Vereinbarkeit von Vorschriften, welche die Durchführung einer Kapitalerhöhung ohne Zustimmung der Hauptversammlung zulassen, vgl. BT-Drucks. 17/3024, S. 56 r. Sp. In der Begründung zum ESUG wird an der Europarechtskonformität nicht mehr gezweifelt, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 l. Sp. 267 Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rats v. 25.10.2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesell-

138

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

2. Kapitalrichtlinie a) Ausschließliche Hauptversammlungskompetenz für Kapitalmaßnahmen Die Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie 269 umfasst nach Art. 1 (i.V. m. Anhang I) in Deutschland lediglich die Aktiengesellschaft; die Gesellschaft mit beschränkter Haftung unterfällt ihr hingegen nicht. Die Kapitalrichtlinie enthält Vorgaben für das Aktienrecht der Mitgliedstaaten und zielt auf die Schaffung einheitlicher Schutzbestimmungen für Aktionäre und Gläubiger einer Aktiengesellschaft ab, in dem zum einen materielle Anforderungen an die Mindestkapitalausstattung (Art. 6), die Kapitalaufbringung (Art. 7–14) sowie an die Kapitalerhaltung (Art. 17, 18, 20–28) normiert werden.270 Zudem sichert die Richtlinie eine „Entscheidungshoheit“ 271 der Aktionäre: Die Kapitalherabsetzung (Art. 34 [Art. 30 a. F.]), die Kapitalerhöhung (Art. 25 [Art. 29 a. F.]) und der Bezugsrechtsausschluss (Art. 33 Abs. 4 [Art. 29 a. F.]) müssen grundsätzlich auf einem Hauptversammlungsbeschluss beruhen.272 Die Hauptversammlungszuständigkeit soll sicherstellen, dass die (qualifizierte) Mehrheit273 der Aktionäre die Maßnahmen befürwortet, die mit Veränderungen der „Proportionen der Anteile der Aktionäre“ 274 und damit mit potentiellen Gefahren für die Beteiligung und die Beschaften i. S. d. Art. 54 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweises der EU im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der AG sowie für Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten. Mit der Richtlinie 2012/30/EU wurde inhaltlich unverändert die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates gem. Art. 54 Abs. 3 Buchst. g) v. 13.12.1976 zur Koordinierung von Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 26 v. 31.1.1977 S. 1 ff., abgelöst. 268 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EU Nr. L 258 v. 1.10.2009 S. 11 ff. 269 Die Richtlinie 2012/30/EU ist gestützt auf Art. 50 Abs. 2 Buchst. g) AEUV (ex Art. 44 Abs. 2 Buchst. g) [ex Art. 54 Abs. 3 Buchst. g]). 270 Etwa EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 32 – Syndesmos Melon. Vgl. auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23 u. 32 (Doppelfunktion der Richtlinie). 271 Madaus, ZGR 2011, 749, 759; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 29. 272 Zusätzlich sieht Art. 19 (Art. 17 a. F.) die Einberufung der Hauptversammlung bei schweren Verlusten vor, um den Anteilseignern eine Reaktion zu ermöglichen, bevor es – beispielsweise für ein Gegensteuern – zu spät ist. 273 Für den Ausschluss des Bezugsrechts und die Kapitalherabsetzung gibt Art. 44 der Kapitalrichtlinie (Art. 40 a. F.) dieses Mehrheitserfordernis vor. 274 So die Formulierung des EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 3 ff. – Karella und Karellas.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

139

teiligungshöhe (Verlust, Verwässerung usw.) verbunden sind.275 Im Ergebnis werden die Gesellschafter gegen erzwungene Kapitalmaßnahmen gegen den Mehrheitswillen geschützt.276 Die Beschlussfassung über diese Maßnahmen fällt daher in die ausschließliche Zuständigkeit der Hauptversammlung, Art. 29 Abs. 1, 33 Abs. 4, 34 der Kapitalrichtline (Art. 25 Abs. 1, 29 Abs. 4, 30 a. F.). Der § 225a Abs. 2 InsO n. F. sieht nun ausdrücklich vor, dass die zur Durchführung eines Debt Equity Swap regelmäßig erforderlichen Maßnahmen (Kapitalerhöhung, Bezugsrechtsausschluss und Kapitalherabsetzung) in den Insolvenzplan aufgenommen werden können, um einen zwangsweisen Debt Equity Swap durchzuführen.277 An die Stelle der Hauptversammlung tritt die Beteiligtenversammlung, die über den Insolvenzplan und die darin enthaltenen Kapitalmaßnahmen entscheidet; im Insolvenzplanverfahren kann demnach die alleinige Entscheidungshoheit der Aktionäre beseitigt sein. Damit scheint sich die durch das ESUG geschaffene Neuregelung prima vista über die Vorgaben der Richtlinie hinwegzusetzen, da der Anwendungsbereich der Richtlinie Aktiengesellschaften in der Insolvenz nicht ausdrücklich ausnimmt.278 Angesichts des scheinbar eindeutigen Wortlauts der Richtlinie wurde die Vereinbarkeit dieses Eingriffs in die Rechte der Anteilseigner mit der Kapitalrichtlinie im Schrifttum bezweifelt.279 Auch der Gesetzgeber weist auf die mit der Kapitalrichtlinie verbundenen Fragestellungen hin.280 Die Unvereinbarkeit der insolvenzlichen Zuständigkeitsverschiebung mit den Vorgaben der Kapitalrichtlinie setzt aber voraus, dass ihr Anwendungsbereich auch Aktiengesellschaften in der Insolvenz erfasst.

275

Siehe hierzu unter D.II. Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 68. 277 Siehe hierzu unter E.II.2.a). 278 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 217 ff. Rn. 126; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 126; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 34 f., bezeichnet aus diesem Grund den (insolvenzlichen) Debt Equity Swap daher als „idealen Testfall [auch] für die Reichweite der Richtlinienbestimmungen.“ Vgl. aber Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1818. 279 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 365 f.; Drouven, ZIP 2009, 1052, 1052; Schuster, ZGR 2010, 325, 349 ff.; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 603 f.; ders., ZGR 2011, 749, 767 ff.; Bormann, NZI 2011, 892, 894 f. („vom EuGH unmissverständlich klargestellt“); Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819 f.; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1049; wohl auch Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422. Gegen die Anwendbarkeit der (Zweiten) Kapitalrichtlinie im Insolvenzverfahren: Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 269; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 548; Schön, ZHR 174 (2010), 155 ff.; Verse, ZGR 2010, 299, 312 ff.; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Hölzle, KTS 2011, 291, 319. 280 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 l. Sp. 276

140

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

b) Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie aa) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Der Europäische Gerichtshof hatte schon in den 1990er Jahren Gelegenheit, sich zu dem Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie zu äußern. Angesichts der Gewichtigkeit der Verdikte der Straßburger Richter – insbesondere für die Rechtssicherheit – ist es zweckdiendlich, die Urteile zu analysieren. In Griechenland kam es damals im Zuge einer Wirtschaftskrise zu Zwangskapitalerhöhungen auf Grundlage von eigens hierzu erlassenen Sondergesetzen. Kapitalgesellschaften, die als volkswirtschaftlich bedeutsam angesehen wurden, konnten der Verwaltung einer zu diesem Zweck geschaffenen Anstalt für Unternehmensneuordnung (Organismos Anasygkrotiseos Epicheiriseon, abgekürzt „OAE“ bzw. „OÄ“) unterstellt werden. Die Sanierungsanstalt war unter anderem befugt, im Rahmen einer zeitweiligen Übernahme der Geschäftsführung Kapitalerhöhungen ohne Mitwirkung der Hauptversammlung herbeizuführen, dessen Wirksamkeit nur einer ministeriellen Genehmigung bedurfte.281 Der Europäische Gerichtshof hat hiervon keine Ausnahmen zugelassen, solange die jeweilige Aktiengesellschaft „in eigenen Strukturen fortbesteht“. Die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens zielt nun auf den Erhalt des Rechtsträgers ab. Im Folgenden wird untersucht, ob dies ein „Fortbestehen in eigenen Strukturen“ im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bedeutet. bb) Entscheidung Karella und Karellas (1) Der Sachverhalt Der Entscheidung im Fall Karella und Karellas lagen Klagen zweier Aktionäre einer überschuldeten Unternehmung (Klostira BELKA A.E.) gegen das griechische Ministerium für Industrie, Energie und Technologie sowie die OAE zugrunde.282 Die Gesellschaft wurde im Jahr 1983 der OAE unterstellt. Diese Anstalt – kraft Gesetz mit weitreichenden Geschäftsführungsbefugnissen ausgestattet – führte drei Jahre später zu Sanierungszwecken eine Kapitalerhöhung zugunsten eines kapitalgebenden staatliche Fonds ohne Mitwirkung der Hauptversammlung durch, die mit Erteilung einer ministeriellen Genehmigung wirksam wurde. Den Aktionären wurde ein Bezugsrecht eingeräumt. Das mit den Klagen der Aktionäre befasste griechische Gericht rief den Europäischen Ge281 Zu den Einzelheiten EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I2710, Tz. 3 ff. – Karella und Karellas; EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I2134, Tz. 3 ff. – Syndesmos Melon. 282 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710 – Karella und Karellas.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

141

richtshof zur Frage der Vereinbarkeit der die Sonderbefugnisse einräumenden Gesetze mit der Kapitalrichtlinie an. In den übrigen Sachverhalten (Kefalas/Kerafina-Keramische- und Finanz Holdung AG, Vioktimatiki AEVE/Panagis Pafitis und andere/Diamantis) kam es auch zu Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken auf Anordnungen der Sanierungsagentur OAE bzw. eines eingesetzten Verwalters ohne Beteiligung der Hauptversammlung, die im Wege der Anfechtungsklage von Aktionären angegriffen wurden.283 Wie in den vorangegangenen Fällen war den Aktionären ein Bezugsrecht eingeräumt. (2) Die Entscheidung Das Gericht hatte zu entscheiden, ob der Kapitalerhöhungen betreffende Art. 25 der Kapitalrichtlinie (Art. 29 n. F.) auch dann anwendbar ist, wenn es sich bei der den staatlichen Eingriffen unterliegenden Gesellschaft um eine von der Insolvenz bedrohte Aktiengesellschaft handelt und die Kapitalerhöhung in einer Sanierungssituation durchgeführt wird. Der Europäische Gerichtshof hat – unter Hinweis auf den mit der Kapitalrichtlinie bezweckten Schutz der Aktionäre – nationalen Gesetzen, die eine Kapitalerhöhung durch Verwaltungsmaßnahmen ohne Beteiligung der Hauptversammlung vorsehen, eine Absage erteilt und dies wie folgt begründet: Der Anwendungsbereich des Art. 25 der Richtlinie (Art. 29 a. F.) ziele nicht nur auf permanente Regelungen bzw. Grundvorschriften zu Kapitalerhöhungen ab, sondern umfasse auch Kapitalerhöhungen in Ausnahmesituationen wie Unternehmenskrisen.284 Zusätzliche Ausnahmen, außer den ausdrücklich in der Kapitalrichtlinie vorgesehenen, seien nicht zulässig. Allein die Tatsache, dass in Art. 25 Abs. 2 (Art. 29 n. F.) Ausnahmen vorgesehen seien, lasse nicht den Rückschluss zu, dass – ungeschriebene – Ausnahmen für besonders gelagerte Fälle zuzulassen wären.285 Vielmehr zeige die Existenz des Art. 17 der Richtlinie (Art. 19 n. F.) und die darin vorgesehene Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung bei erheblichen Verlusten, dass auch in Krisensituationen die Mitwirkung der Hauptversammlung zwingend notwendig sei, um die Aktionäre vor einer Verwässerung ihres Anteils zu schützen.286 Aufgrund ihrer Ausgestaltung entfalten die Richtlinienvorschriften auch unmittelbar Wirkung.287 283 EuGH; v. 12.11.1992, Rs. C-134/91 u. C-135/91, Slg. 1992, I-5699 – Kerafina; v. 12.3.1996, Rs. C-441/93, Slg. 1996, I-1363 – Pafitis; v. 12.5.1998, Rs. C-367/96, Slg. 1998, I-2862 – Kefalas; v. 23.3.2000, Rs. C-373/97, Slg. 2000, I-1723 – Diamantis. 284 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 24, 26 – Karella und Karellas. 285 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 27 f. – Karella und Karellas. 286 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 28 – Karella und Karellas.

142

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Die beteiligte OAE hatte die Eröffnung des Anwendungsbereiches bestritten, da diesem nur Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines normalen Geschäftsbetriebes, nicht aber Verfahren der Kollektivabwicklung und Sanierung unterfielen.288 Dieser Auffassung ist der Europäische Gerichtshof nicht gefolgt: Der Schutzzweck der Richtlinie gebiete deren Anwendung solange, die Gesellschaft mit ihren Strukturen fortbestehe. Die Richtlinie stehe der Einführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und insbesondere von Abwicklungsmaßnahmen, welche die Gesellschaft zum Gläubigerschutz einer Zwangsverwaltung unterstellen, nicht entgegen; sie findet jedoch Anwendung, solange die Aktionäre und satzungsmäßigen Organe ihrer Rechte nicht enthoben sind. (3) Die Aussage Die Entscheidung des Gerichts lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Nur im Rahmen von Kollektivverfahren zur Gläubigerbefriedigung findet die Kapitalrichtlinie keine Anwendung – nur in diesen Fällen kann von einem Hauptversammlungsbeschluss abgesehen werden. Unternehmenskrise und Sanierungssituation allein rechtfertigen noch keine Abweichung von dem Grundsatz des Art. 25 der Zweiten Kapitalrichtlinie (Art. 29 n. F.), der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst auch diese Umstände. Nur Kapitalerhöhungen im Rahmen eines gerichtlichen, auf die Gläubigerbefriedigung gerichteten Kollektivverfahrens, sind von Art. 25 der Zweiten Kapitalrichtlinie (Art. 29 n. F.) nicht erfasst. Die Kapitalerhöhung erfolgte im Rahmen außerinsolvenzlicher Sanierungsbemühungen, ein Insolvenzverfahren wurde – ungleich den in dieser Arbeit untersuchten Sachverhalten – nicht eröffnet. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist insofern nicht eindeutig: Es ist unklar, ob nur Regeln im Rahmen vorinsolvenzlicher Sanierungen dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen oder jede Art von insolvenzlicher oder nicht insolvenzlicher Sanierung. cc) Entscheidungen Syndesmos Melon und andere (1) Die Sachverhalte Auch dem nur wenig später gefällten Urteil im Fall Syndesmos Melon, Evangelikis Ekklisias, Vasko A.E. lagen die Anfechtungsklagen von Aktionären gleichen Namens gegen – unter anderem – das Ministerium und die OAE zugrunde, nachdem diese das Kapital einer ihr unterstellten sanierungsbedürftigen Gesellschaft (Ellniki Parketoviomichania Afoi Sotiropouloi Ä) ohne Beteiligung der 287 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 17 ff. – Karella und Karellas. 288 EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 29 – Karella und Karellas.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

143

Hauptversammlung auf Grundlage der griechischen Sanierungssondergesetze erhöht hatte.289 Auch in diesem Fall war der OAE nur die Verwaltung und Geschäftsführung übertragen, die Hauptversammlung bestand hingegen fort. In den übrigen Sachverhalten (Kefalas/Kerafina-Keramische- und Finanz Holdung AG, Vioktimatiki AEVE/Panagis Pafitis und andere) kam es auch zu Kapitalerhöhungen zu Sanierungszwecken auf Anordnungen der Sanierungsagentur OAE bzw. eines eingesetzten Verwalters ohne Beteiligung der Hauptversammlung, die im Wege der Anfechtungsklage von Aktionären angegriffen wurden.290 Wie in den vorangegangenen Fällen war den Aktionären ein Bezugsrecht eingeräumt. (2) Die Entscheidungen Unter Wiederholung und Vertiefung seiner Entscheidungsgründe im Fall Karella und Karellas hat das Gericht auch in diesen Entscheidungen die griechischen Sondergesetze für unvereinbar mit der Kapitalrichtlinie gehalten.291 Deren Anwendungsbereich sei eröffnet, da es sich nicht um Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines auf Gläubigerbefriedigung gerichteten Kollektiverfahrens handele, sondern um Sanierungsmaßnahmen außerhalb einer Insolvenz.292 Für die Anwendbarkeit spiele es jedoch keine Rolle, ob die gesetzliche Befugnis zur Erhöhung des Grundkapitals grundsätzlich oder nur ausnahmsweise – nämlich zur Sanierung – eingeräumt sei.293 Zwischen insolvenzlicher und vorinsolvenzlicher Sanierung sei insoweit zu unterscheiden. Der Einführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und insbesondere von Abwicklungsregeln, die die Gesellschaft zum Schutz der Rechte der Gläubiger einer Zwangsverwaltung unterstellt, stehe die Richtlinie nicht entgegen.294 In den weiteren Entscheidungen ergibt sich kein abweichendes Bild. Das Gericht führt seine Rechtsprechung zu Art. 25 Abs. 1 der Zweiten Kapitalrichtlinie 289 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134 – Syndesmos Melon. Beachtung verdient, dass die Sanierung der Schuldnergesellschaft auch mittels Debt Equity Swap erfolgte. Die beschlossene Kapitalerhöhung sah eine „Umwandlung“ eines Teils der Schulden der Gesellschaft gegenüber dem griechischen Staat, Banken, Sozialversicherungskassen und dem staatlichen Elektrizitätsunternehmen vor (siehe Tz. 14 des Urteils). 290 EuGH v. 12.5.1998, Rs. C-367/96, Slg. 1998, I-2862 – Kefalas; v. 12.11.1992, Rs. C-134/91 u. C-135/91, Slg. 1992, I-5699 – Kerafina; v. 12.3.1996, Rs. C-441/93, Slg. 1996, I-1363 – Pafitis. 291 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 27 ff. – Syndesmos Melon. 292 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 29 – Syndesmos Melon. 293 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 30 ff. – Syndesmos Melon. 294 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 27 – Syndesmos Melon.

144

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

(Art. 29 n. F.) unverändert fort. Auch erhebliche finanzielle Schwierigkeiten rechtfertigten keine Abweichung von der Hauptversammlungszuständigkeit.295 Das Sanierungsmotiv suspendiere die Anwendbarkeit nur, wenn es mit insolvenzrechtlichen bzw. zwangsvollstreckungsrechtlichen Zielsetzung erfolge.296 Auch besondere Umstände, wie die herausragende Bedeutung einer faillierenden Bank für das Funktionieren des Kreditwesens (heutigentags wohl passend als Systemrelevanz beschrieben) rechtfertigten keine Ausnahme von Art. 25 der Zweiten Kapitalrichtlinie (Art. 29 n. F.).297 Eine vorübergehende Enthebung der Rechte der Aktionäre und der satzungsmäßigen Organe der Gesellschaft sei kein Fall der Zwangsvollstreckung, sondern bezwecke den Fortbestand der Gesellschaft im Wege einer Sanierung.298 (3) Die Aussagen Der Europäische Gerichtshof stellt auch in diesen Entscheidungen klar, dass im Zuge vorinsolvenzlicher Sanierungen die Hauptversammlungsbeteiligung für Kapitalerhöhungen zwingend ist. Für die Bestimmung des Anwendungsbereiches komme es darauf an, dass die Gesellschaft mit ihren eigenen Strukturen fortbesteht und weder den Aktionären noch den satzungsmäßigen Organen der Gesellschaft ihre Rechte entzogen sind. c) Meinungsstand aa) Anwendbarkeit bei insolvenzlichen Sanierungen Im Schrifttum wird über den Anwendungsbereich der Richtlinie und damit im Ergebnis auch über die Europarechtskonformität des § 225a InsO gestritten. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird von einigen Autoren generell von einer Anwendbarkeit bei rechtsträgererhaltenden Sanierungen ausgegangen. Nach dieser Auffassung ist der Verlust der Befugnis der Hauptversammlung, im Rahmen des Insolvenzplans über das Grundkapital zu entscheiden, europarechtswidrig.299 Zwischen insolvenzlichen und vorinsol295

EuGH v. 12.5.1998, Rs. C-367/96, Slg. 1998, I-2862, Tz. 24 – Kefalas. EuGH v. 12.11.1992, Rs. C-134/91 u. C-135/91, Slg. 1992, I-5699, Tz. 18 – Kerafina. Der EuGH weist in allen Urteilen darauf hin, dass die Sanierung aus wirtschaftspolitischen Motiven und nicht aus Gründen des Gläubigerschutzes erfolge. 297 EuGH v. 12.3.1996, Rs. C-441/93, Slg. 1996, I-1363, Tz. 25 ff. – Pafitis. 298 EuGH v. 12.3.1996, Rs. C-441/93, Slg. 1996, I-1363, Tz. 50 – Pafitis. 299 Madaus, Der Insolvenzplan, S. 603 f.; ders., ZGR 2011, 749, 767 ff.; ders., ZIP 2014, 500, 506; Wallner, ZinsO 2010, 1419, 1422; Schuster, ZGR 2010, 325, 350 ff.; H.-F. Müller, KTS 2011, 1, 13; ders., KTS 2012, 419, 429 ff.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1820; ders., ZInsO 2013, 2457, 2460 ff.; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1049; vgl. Bormann, NZI 2011, 892, 894 f.; Schleusener, Der DebtEquity-Swap, S. 142 ff. Bereits Klinke, ZGR 1993, 1, 23 f.; Pujol, Die Sanierung der 296

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

145

venzlichen Sanierungen sei nicht zu differenzieren: immer gehe es um die Erhaltung der Gesellschaft. Dies ergebe sich unter anderem dadurch, dass die Kapitalrichtlinie – anders als etwa Art. 1 Abs. 4 der Spaltungsrichtlinie300 – keine ausdrückliche Ausnahme des Anwendungsbereichs für insolvenzliche Verfahren vorsehe.301 bb) Keine Anwendbarkeit bei insolvenzlichen Sanierungen Andere Autoren verneinen die Anwendbarkeit der Kapitalrichtlinie im Rahmen des Insolvenzverfahrens und erachten die gerichtliche Ersetzung von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen als europarechtskonform. Die Begründungsansätze innerhalb dieser Strömung variieren indes. (1) Insolvenzliche Sanierungen als Kollektivverfahren Vorherrschend wird vorgebracht, dass es sich auch bei einer Reorganisation in einem Planverfahren um eine Maßnahme der Kollektivvollstreckung handele. Auf solche sei die Kapitalrichtlinie jedoch nicht anwendbar, da es bereits am Bedürfnis für einen von der Kapitalrichtlinie intendierten Schutzes der Gesellschafter fehle oder die Interessen der Gläubiger denen der Gesellschafter der faillierten Aktiengesellschaft vorgängen.302 Diese Auslegung stützten auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs.303 Auch das Planverfahren sei Mittel zur Erfüllung des sich aus § 1 S. 1 InsO ergebenden Zweckes: der Gläubigerbefriedigung im Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 200 ff.; Drouven, ZIP 2009, 1052, 1052; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 365 ff. untersucht noch die Vorschläge der Insolvenzrechtskommission weist aber darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, dass in den von dem EuGH entschiedenen Fällen kein Gericht, sondern eine Verwaltungsbehörde die Kapitalmaßnahme herbeigeführt hat. Entscheidend sei allein, dass statt einem Verbandsorgan eine staatliche Stelle gehandelt hat. Zweifel auch bei Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 10; Piekenbrock, NZI 2012, 905, 908 (Vorlage an den EuGH geboten). 300 Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17.12.1982 gem. Art. 54 Abs. 3 Buchst. g) des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften, ABl. EU Nr. L 378 S. 47, zuletzt geändert durch Art. 116 ÄndRL 2014/59/EU vom 15. 5. 2014, ABl. EU Nr. L 173 S. 190. 301 H.-F. Müller, KTS 2011, 1, 20; ders., KTS 2012, 419, 432 f. 302 Gegen die Anwendbarkeit der (Zweiten) Kapitalrichtlinie im Insolvenzverfahren etwa: Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 269; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 128; Bork, ZIP 2010, 397, 408; Verse, ZGR 2010, 299, 312 ff.; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Hölzle, NZI 2011, 124, 127 f.; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 111 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465 f.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 12; Haas, NZG 2012, 961, 963; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 16; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 34 ff.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 107; Richter, ECFR 2009, 358, 361 ff. (zum tschechischen Recht). 303 Richter, ECFR 2009, 358, 361 ff.

146

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Rahmen eines Kollektivverfahrens; und mitnichten mit einer außerinsolvenzlichen Sanierung zu vergleichen. Schon wegen der insolvenzbedingten Auflösung der Gesellschaft fehle es an dem geforderten Fortbestand in eigenen Strukturen.304 (2) Die Auffassung Schöns: Keine Anwendung auf staatliche Zwangseingriffe Von anderer Seite wird aber bezweifelt, ob der Anwendungsbereich der Richtlinie überhaupt den Schutz vor staatlichen Eingriffen in die Eigentümerstruktur von Aktiengesellschaften erfasst. Nach der Auffassung Schöns folgt aus der Kapitalrichtlinie kein „Grundrechtsschutz“ für Gesellschafter. Die Richtlinie regle nur die Innenbeziehungen der Gesellschaft.305 Anwendung finde sie demnach nur auf Konflikte zwischen den Organen der Aktiengesellschaft sowie zwischen Gesellschaftermehrheiten und -minderheiten. Aus diesem aktienrechtlichen – und damit privatrechtlichen – Regelungsgehalt könne kein Grundrecht auf „Aktionärsdemokratie“ abgeleitet werden, staatliche (Zwangs-)Eingriffe seien ausschließlich an verfassungsrechtlichen Maßstäben zu messen.306 Demzufolge irre der Europäische Gerichtshof, wenn er den Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie und den Schutzwirkungen der Art. 25 ff. (Art. 29 ff. n. F.) auf staatlich angeordnete Maßnahmen ausdehne und damit eine Art europarechtlich fundierten Grundrechtsschutz der Aktionäre gegen staatliche Zwangseingriffe etabliere.307 Sinn und Zweck der Richtlinie sei vielmehr die Schaffung eines europaweit einheitlichen „level playing fields“ zur Förderung des Binnenmarkts.308 Zur Begründung verweist Schön auf das Ziel der konkreten Verfahrensregeln in den Art. 25 ff. der Zweiten Kapitalrichtlinie (Art. 29 ff. n. F.) über Kapitalmaßnahmen und Bezugsrechtsausschluss, nämlich der Herstellung einer ausgewogenen Balance zwischen den Organkompetenzen. Staatliche Zwangsmaßnahmen seien demgegenüber nicht am Aktienrecht zu messen, sondern ausschließlich an den jeweiligen verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten. Mit seiner Rechtsprechung habe der Europäische Gerichtshof die Funktionstrennung zwischen Privatrecht und öffentlichen Recht verwischt.309 Das Straßburger Gericht gehe im Aus-

304 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 112; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 40; Hölzle, NZI 2011, 124, 127; ders., KTS 2011, 291, 319 (Fn. 174). 305 Schön, ZHR 174 (2010), 155, 155 ff.; zustimmend K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609 f. 306 Schön, ZHR 174 (2010), 155, 157 ff. 307 Schön, ZHR 174 (2010), 155, 157 f. (kein Grundrecht auf „Aktionärsdemokratie“). 308 Schön, ZHR 174 (2010), 155, 158. 309 Schön, ZHR 174 (2010), 155, 161 f.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

147

gangsverfahren „Karella und Karellas“ von einem fehlerhaften Ansatz aus, der sich durch die hieran anknüpfende Judikatur verfestigt habe.310 (3) Die Auffassung Spetzlers: Vorrang der EuInsVO Die Anwendbarkeit der Richtlinie im Insolvenzplanverfahren wird auch von Spetzler verneint:311 Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren ohne Beteiligung der Hauptversammlung seien insolvenzrechtlich – nicht gesellschaftsrechtlich – zu qualifizieren.312 Aus dieser Einordnung folge zwingend, dass über Art. 4 EuInsVO der Anwendungsbereich der zeitlich später in Kraft getretenen EuInsVO eröffnet sei. Der sich aus dem Grundsatz des Lex posterior derogat legi priori ergebende Vorrang stehe der Eröffnung des Anwendungsbereiches der Kapitalrichtlinie entgegen. d) Stellungnahme aa) Keine Anwendbarkeit der Art. 29, 33 Abs. 4, 34 in Insolvenzverfahren Eine Unvereinbarkeit mit der Kapitalrichtlinie scheitert bereits daran, dass der Anwendungsbereich der Art. 29, 33 Abs. 4 sowie Art. 34 der Richtlinie bei insolvenzlichen Sanierungsvorhaben nicht eröffnet ist.313 Ihr Anwendungsbereich ist teleologisch zu reduzieren. Dieses Ergebnis stützen auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Unzweifelhaft fehlt es an der Anwendbarkeit, wenn die Aktiengesellschaft in der Regelinsolvenz abgewickelt wird.314 Das ergibt sich daraus, dass in der Regelinsolvenz die Gesellschaft nur noch der Gläubigerbefriedigung dient und die Anteilseigner als Aktionäre einer abzuwickelnden und aufgelösten Aktiengesellschaft keinen aktienrechtlichen Schutz hinsichtlich ihres Stimmrechts über die Aktionärsstruktur mehr bedürfen.315 Nur folgerichtig hat der Europäische Gerichtshof auch mehrfach ausgeführt, dass die Kapitalrichtlinie keinen Abwick310

Schön, ZHR 174 (2010), 155, 157 ff. Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 36 ff.; dies., KTS 2010, 433, 441 ff. 312 Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 36 ff.; dies., KTS 2010, 433, 441 ff. 313 Ungenau wäre es, der gesamten Richtlinie die Anwendbarkeit in der Insolvenz abzusprechen, da nur die Richtlinienbestimmungen, die einzig dem Schutz der Aktionäre dienen, keine Anwendung finden, weil sie den insolvenzrechtlichen Sonderregelungen zum Minderheitenschutz und Gleichbehandlungsgrundsatz entgegenstehen. Siehe hierzu unter E.VI.2. 314 Daran wird – soweit ersichtlich – nicht – auch nicht von den Vertretern der Gegenauffassung – gezweifelt, vgl. nur Madaus, ZGR 2011, 749, 768; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1812 u. 1820; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 32 f. 315 Etwa Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 548. 311

148

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

lungsregelungen entgegenstehe, „die die Gesellschaft zum Schutz der Rechte ihrer Gläubiger einer Zwangsverwaltung unterstellen“.316 Ausweislich des § 1 Abs. 1 InsO stehen Liquidation bzw. übertragende Sanierung sowie Sanierung und Erhalt der Schuldnergesellschaft gleichrangig nebeneinander. Ziel beider Varianten ist immer die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Wirtschaftspolitische Motive spielen – im Gegensatz zu den mit der Richtlinie unvereinbaren griechischen Sanierungssondergesetzen – keine Rolle.317 Daher ist der Anwendungsbereich auch bei alternativen Arten der Gläubigerbefriedigung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens teleologisch zu reduzieren.318 Unerheblich ist für welche Variante der Befriedigung sich die Gläubiger entscheiden. Das Insolvenzplanverfahren ist zudem ein ergebnisoffenes Verfahren, an dessen Ende entweder die Abwicklung oder die Sanierung des Schuldners stehen kann.319 Für die Frage der Anwendbarkeit der Kapitalrichtlinie kann es nicht darauf ankommen, welcher Weg im Einzelfall die Haftungsmasse maximiert. Denn auch die Sanierung mittels Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren unter Beibehaltung des Rechtsträgers mit veränderter Anteilseignerstruktur ist nur ein „Sonderfall der exekutorischen Verwertung des schuldnerischen Vermögens“.320 Vor dem Hintergrund, dass beide Vorgehensweisen dem gleichen Zweck dienen, wäre es inkonsequent, die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie von der Art und Weise der Gläubigerbefriedigung abhängig zu machen.321 Andernfalls würde die Entscheidung der Gläubiger zwischen Abwicklung und Sanierung darüber bestimmen, ob der Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie eröffnet ist.322 Ziel ist aber immer die Gläubigerbefriedigung.323 316 Vgl. nur EuGH v. 30.5.1991, Rs. C-19/90 u. C-20/90, Slg. 1991, I-2710, Tz. 30 – Karella und Karellas („Die Richtlinie steht [. . .] nicht der Einführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und insbesondere von Abwicklungsregeln entgegen, die die Gesellschaft zum Schutz der Rechte der Gläubiger einer Zwangsverwaltung unterstellen.“). Kritisch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 431. 317 So auch Verse, ZGR 2010, 299, 314 unter Verweis auf die Entscheidungen des EuGH. 318 Auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 548; Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 127 (Aktionärsschutz tritt hinter Gläubigerschutz zurück); a. A. etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 767 ff.; Schuster, ZGR 2010, 325, 350 f. 319 Etwa Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 38 ff. Rechtstatsächlich ist die weit überwiegende Anzahl aller Insolvenzplanverfahren auf die Sanierung der Schuldner gerichtet; siehe nur Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 126. 320 Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 39 f.; a. A. Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1820 (auf Reorganisation zielendes Insolvenzplanverfahren kein Insolvenzverfahren); ders., ZInsO 2013, 2457, 2461; Schuster, ZGR 2010, 325, 350 f.; Bormann, NZI 2011, 892, 894 f. 321 Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 33 f.; a. A. Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2461. 322 Die EU-Kommission hatte noch im Jahre 2010 aus Anlass der Weltfinanzkrise keinen Konflikt insolvenzlicher Reorganisationen – und dem damit verbundenen Eingriff in die Rechte der Aktionäre – mit Europarecht ausmachen können („An EU Framework for Cross-Border Crisis Management in the Banking Sector“ 20.10.2009, COM

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

149

Die Beschneidung der ausschließlichen Hauptversammlungskompetenz durch nationale Insolvenzrechte gefährdet auch nicht den einheitlichen Schutz der Anteilseigner bzw. Aktionäre innerhalb der Europäischen Union.324 Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt es zur Zäsur: Der Schutz der Anteilseigner weicht in der Insolvenz dem vorrangigen Ziel der Gläubigerbefriedigung.325 Geschützt werden sie von nun an durch das Insolvenzrecht, namentlich der Beteiligung an der Beteiligtenversammlung, dem Obstruktionsverbot und dem insolvenzrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten.326 Für einen aktienrechtlichen (Min[2009] 561 final, S. 12: „The rights of shareholders accorded under EU law would normally not pose an obstacle to reorganisation measures under a regular insolvency procedure“.), so wurde später in einem Kommissionsentwurf – zumindest im Hinblick auf vorinsolvenzliche Eingriffe – auf die sich aus der Kapitalrichtlinie ergebenden Beschränkungen für Reorganisationsregelungen für kriselnde Kreditinstitute hingewiesen und Ausnahmen vorgeschlagen (Europäische Kommission, Vorschlag für [eine] Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EG des Rates, der Richtlinien 2001/24/ EG, 2002/46/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EG sowie der Verordnung [EU)] Nr. 1093/2010, Erwägungsgrund ([88]). Dem Entwurf ging eine Aufforderung des Europäischen Parlamentes an die EU-Kommission voraus, bei Bankenrettungen einen rechtlichen Rahmen für einen zwangsweisen Umtausch von Fremd- in Eigenkapital auszuarbeiten (Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7.7.2010 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem grenzübergreifenden Krisenmanagement im Bankensektor [2010/2006(INI)], [2011/C 351 E/09], ABl. v. 2.12.2011 S. 61, 67, Anlage zur Entschliessung, Punkt 11 Unterpunkt 8.). Für die Auslegung der Richtlinie und die Frage ihres Anwendungsbereiches lassen sich aus diesen Reformbestrebungen indes keine Schlüsse ziehen. Für die Auslegung geltenden Unionsrechts können zukünftige Änderungen, die zudem noch vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren betreffen, nicht herangezogen werden. 323 Wenig überzeugend ist auch die bildreiche Argumentation Stöbers, ZInsO 2012, 1811, 1820; ders., ZInsO 2013, 2457, 2461, der Art. 29 der Kapitalrichtlinie nicht auf die „sterbende“, sondern nur auf die „lebende“ AG anwenden will. Mit der Insolvenzeröffnung ist die AG aber wirtschaftlich „gestorben“, die Gläubiger enscheiden sich nur für die „Wiederbelebung“ statt der Verwertung des „Kadavers“. 324 So aber Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 200 ff. 325 Verse, ZGR 2010, 299, 314 („Interessenumbruch“). So jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 127. In diesem Zusammenhang ergibt sich aber ein anderes Problem. Wenn der Anwendungsbereich der Richtlinie dort endet, wo ein Insolvenzverfahren beginnt, kann es aufgrund der Uneinheitlichkeit der Ausgestaltung nationaler Gesamtvollstreckungsverfahren unter Umständen zu Abgrenzungsproblemen kommen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Sanierungsverfahren und einem Trend zu einer frühzeitigen Verfahrenseröffnung, weisen manche Verfahren nur noch wenige Merkmale klassischer Insolvenzverfahren auf, vgl. hierzu P. Schulz, EuzW 2013, 141 ff. m.w. N. 326 Etwa Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 254a Rn. 10. Da die Schutzwürdigkeit der Gläubiger im Insolvenzverfahren überwiegt, kommt es schlussendlich auch nicht darauf an, ob die Anteile völlig wertlos sind oder noch einen geringen Residualwert aufweisen. Ist der Residualwert im Vergleich mit den Sanierungsbeiträgen der Gläubiger vernachlässigbar, so rechtfertigt dies – angesichts der eindeutigen Interessen-

150

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

derheiten-)Schutz, wie ihn die betreffenden Artikel sicherstellen wollen327, bleibt kein Raum.328 Die von der Anwendung der Richtlinie bei Reorganisationen ausgehende Gegenauffassung überbewertet die Bedeutung der Mitgliedschaft im insolventen Verband. Ein überdehnter Anwendungsbereich und Schutz des Mitbestimmungsrechts der Aktionäre greift aber in die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie ein.329 Ergibt sich nämlich aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ein Mehrwert, so ist – wie ausgeführt330 – kein Grund ersichtlich, warum dieser ausnahmsweise den Anteilseignern als Residualberechtigen (§ 199 S. 2 InsO) zustehen sollte. Lässt sich auf diesen Fortführungswert aber nur durch eine rechtsträgererhaltende Sanierung zugreifen, die eine Kapitalerhöhung – gegebenenfalls im Rahmen eines Schuldentauschs – erfordert, so folgte aus der übermäßigen Ausweitung des Schutzbereichs der Richtlinie ein Blockade- und Störpotenzial der Anteilseigner, das von diesen zur Erzielung von Ergebnissen, die in eklatantem Widerspruch zur insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie stehen, missbraucht werden kann.331 Die Ausgangssituation ist indes immer die gleiche: Die Gesellschaft ist insolvent und steht vor der Liquidation und Auflösung, die Anteilseigner haben de facto einen Totalverlust zu verzeichnen und die Anteilsrechte der Gesellschafter stehen vor der Auslöschung.332 Ohne Sanierungsbeiträge der Gläubiger wäre ein Fortbestand nicht möglich. Das auf Sanierung gerichtete Insolvenzplanverfahren erhält den Rechtsträger ausschließlich im Interesse der Gläubiger(befriedigung).333 Der Europäische Gerichtshof geht in seinen Entscheidungen von einem überkommenen Bild eines nur auf die Abwicklung gerichteten Insolvenzverfahrens aus.334 In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verständnis von Insolvenz-

hierarchie – die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger, sofern ein Wertausgleich im Sinne einer Entschädigung sichergestellt ist, siehe Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19. 327 Nur Habersack, ZIP 2006, 445, 446. 328 Eine konsequente teleologische Reduktion ist auch stringenter, als die Annahme einer „ungeschriebenen“ Ausnahme, so aber Stöber, ZInsO 2013, 1457, 2460. 329 Siehe hierzu bereits E.III.3.a). In diesem Sinne auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 28 u. 39. A. A. etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 768. 330 Siehe unter E.III.3.a)aa). 331 Zu dem Blockadepotenzial unter E.II.1.a). Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 545 (Verstoß gegen die insolvenzrechtliche Verteilungsregel). 332 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 112. Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 127 (Gesellschafter haben „verspielt“). A. A. etwa Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, 1039, 1049 (Aktionäre büßen Rechte durch Insolvenzverfahren nicht ein). 333 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 112; in diesem Sinne auch Richter, ECFR 2009, 358, 363 f. A. A. etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 770. 334 Das konstatiert auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 33.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

151

recht indes grundlegend gewandelt.335 Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die rechtsträgererhaltende Sanierung im Einzelfall für die Gläubiger die vorzugswürdigste Befriedigungsalternative mit der höchsten Quotenerwartung ist. Nicht nur das deutsche Insolvenzrecht kennt die Sanierung als gleichberechtigte Möglichkeit der Gläubigerbefriedigung, auch nach der EuInsVO stehen Sanierung und Liquidation gleichberechtigt nebeneinander.336 Auch die Europäische Kommission erkennt ausdrücklich an, dass Restrukturierungen und Reorganisationen zu bestmöglichen Gläubigerbefriedigung führen können.337 Der Anwendungsbereich der einzelnen Richtlinienvorschriften und die hierzu ergangenen Judikate müssen auch im Lichte der Evolution des Insolvenzrechts – hin zu einer größeren Sanierungsakzeptanz338 – betrachtet werden.339 Nicht einzusehen ist auch, warum ein Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen europarechtswidrig sein soll, ein Entzug der Anteilsrechte (nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO) hingegen keinen Verstoß gegen die Kapitalrichtlinie begründen soll, obwohl beide Varianten der Gläubigerbefriedigung dienen.340 Diese Auslegung stützen auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Die Judikate betrafen allesamt außerinsolvenzliche Sanierungen auf Initiative und unter Leitung einer Verwaltungsbehörde, die auf Abwendung der Insolvenz durch Zwangsrekapitalisierung gerichtet waren. Ein Debt Equity Swap gegen den Willen der Aktionäre im Rahmen eines außerinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens341 wäre demnach – nach Verständnis des Europäischen Gerichtshofs – nicht mit den europarechtlichen Vorgaben der Kapitalrichtlinie vereinbar.342 Im Hin335 Etwa Piekenbrock, NZI 2012, 905, 912, zurückhaltender noch Richter, ECFR 2009, 358, 368. 336 Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Buchst. a EuInsVO. 337 Nur etwa Empfehlung der Kommission v. 12.3.2014 für einen neuen Ansatz im Umgang mit unternehmerischen Scheitern und Unternehmensinsolvenzen – C(2014) 1500 final, ABl. EU Nr. L 74 S. 65. 338 Inwieweit der Europäische Gerichtshof heute bei Regelungen zur Überwindung von Blockadehaltungen im Rahmen vorinsolvenzlicher Sanierungsverfahren anders entscheiden würde, kann für diese, den insolvenzlichen Debt Equity Swap behandelnde Untersuchung dahinstehen. Vgl. hierzu die etwa Schön, ZHR 174 (2010), 155 m.w. N. 339 In diesem Sinne auch K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609 f. Vgl. C. Paulus, WM 2011, 2205 ff.; Piekenbrock, NZI 2012, 905, 912. 340 Siehe zu dieser Gestaltungsvariante etwa Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 46. 341 Zur Frage der Vereinbarkeit eines zwangsweisen Debt Equity Swaps mit der (Zweiten) Kapitalrichtlinie im Rahmen außerinsolvenzlicher Sanierungen, siehe etwa Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 30 (Entmachtung der Aktionäre außerhalb der Insolvenz verstößt gegen die Kapitalrichtlinie); ders./Engert, ZIP 1009, 541, 542 f.; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 269. 342 So etwa Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 269. Anders aber Richter, ECFR 2009, 358, 359 ff. Die Europarechtskonformität bezweifeln Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 30; ders./Engert, ZIP 2009,

152

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

blick auf insolvenzliche Sanierungen und zwangsweise Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens hat sich der Gerichtshof in den dargestellten Entscheidungen und auch anderweitig nicht geäußert.343 Angesichts der Entwertung ihres Anteilsrechts bedürfen die Aktionäre einer insolventen Aktiengesellschaft eines durch Art. 29, 33 Abs. 4, 34 der Kapitalrichtlinie vermittelten aktienrechtlichen Schutzes ihrer Stimmrechte in der Hauptversammlung nicht mehr. Der „Entthronung“ der Aktionäre durch Entzug ihrer alleinigen Entscheidungshoheit im Insolvenzplanverfahren durch die Ersetzung der Hauptversammlung durch die Beteiligtenversammlung344 steht die Kapitalrichtlinie mithin nicht entgegen.345 bb) Kein „Fortbestand in eigenen Strukturen“ Dieser Auslegung stehen auch nicht die Urteile des Europäischen Gerichtshofs entgegen. Dieser stellt für die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie darauf ab, ob die jeweilige Gesellschaft in eigenen Strukturen fortbesteht.346 Diese – schwammige und wenig geglückte – Formulierung bereitet tatsächlich dann Probleme, wenn man in der Erhaltung des Rechtsträgers ein solches Fortbestehen bzw. „Überleben“ 347 sehen will.348 Denn die Erhaltung des Rechtsträgers ist nun mal das entscheidende Motiv für die Durchführung eines Debt Equity Swap, zu 541, 542 f. Zur Eingrenzung der durch die Lehman-Insolvenz ausgelösten systemischen Krise sind in den Jahren 2008 und 2009 Finanzmarktstabilisierungsgesetze erlassen worden (Finanzmarktstabilisierungsgesetz [FMStG] v. 17.10.2008, BGBl. I, S. 1982; Finanzmarkstabilisierungsergänzungsgesetz [FMStErgG] v. 7.4.2009, BGBl. I, S. 725), die eine erleichterte Kapitalerhöhung auf Veranlassung des Vorstands ohne Einschaltung der Hauptversammlung vorsahen. Die Möglichkeit zur Schaffung eines sog. gesetzlich genehmigten Kapitals nach § 3 Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG) galt nach weit überwiegender Meinung als gemeinschaftsrechtswidrig, siehe nur Hopt/Fleckner/Kumpan/Steffek, WM 2009, 821, 826; Verse, ZGR 2010, 299, 313 (Fn. 67); Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 25 jew. m.w. N. (auch zur Gegenauffassung). Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom 1.3.2012 durch das Zweite Finanzmarktstabilisierungs-)Gesetz v. 24.2.2012 (BGBl. I, S. 206) aufgehoben. 343 Auf diese „Unklarheit“ hinweisend Verse, ZGR 2010, 299, 314; Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 200 ff.; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 34. Das wird von H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 365, übersehen. 344 Kritik an der grundsätzlichen Beteiligung bei Einbeziehung bei Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415 (Teilnahme nur bei Verbleib in der Gesellschaft). 345 Auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 107; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 16. Vgl. auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 37. 346 EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 27 f.– Syndesmos Melon. 347 So die Bezeichnung von Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 33 f. 348 So Madaus, ZGR 2011, 767 ff.; Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2461 (Europarechtswidrigkeit, wenn Sanierungsinsolvenzplan Kapitalerhöhung vorsieht); wohl auch Schuster, ZGR 2010, 325, 351. Kritisch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 10.

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

153

dem sich die Gläubiger vor allem dann entscheiden werden, wenn sich aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ein höherer Fortführungswert ergibt. Auch nach deutschem Recht besteht die Gesellschaft mit ihren Organen während des Insolvenzverfahrens fort.349 Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet jedoch der Fortbestand der Gesellschaft in eigenen Strukturen, die Gesellschaft gilt als aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG). Zum Zeitpunkt der gesellschaftsrechtlichen Reorganisation fehlt es am Fortbestand in eigenen Strukturen, da der Fortsetzungsbeschluss – der die Gesellschaft wieder zu einer werbend tätigen macht – den Maßnahmen eine juristische Sekunde nachfolgt.350 Unter „Fortbestehen mit ihren eigenen Strukturen“ ist daher nicht zu verstehen, dass jede rechtsträgererhaltende Sanierung durch Reorganisation zu einem Fortbestand mit eigenen Strukturen führt. Die Gesellschaft befindet sich mit Insolvenzeröffnung immer in einem Liquidationsstadium, erst die Entscheidung der Gläubiger für die Reorganisation verhindert die Vollbeendigung des Rechtsträgers.351 Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zeigt vielmehr auf, dass – insbesondere unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Kapitalrichtlinie – in einem nur der Gläubigerbefriedigung dienenden Insolvenzverfahren von einer auschließlichen, das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschafter schützenden Hauptversammlungskompetenz abgesehen werden kann. Das unterscheidet die Reorganisation von einer vorinsolvenzlichen Sanierung wie in den entschiedenen Fällen. Mithin steht dieses Diktum des Europäischen Gerichtshofes der Annahme einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs nicht im Wege.

349 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 166 ff.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a 126; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 548. Vgl. auch Madaus, ZGR 2011, 749, 769; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, 1039, 1049. Die Kontrollübernahme des Insolvenzverwalters ist kein schlagendes Argument für eine Ablehnung des geforderten „Fortbestandes“ (so wohl Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 10; vgl. aber – mit Blick auf das tschechische Insolvenzrecht – Richter, ECFR 2009, 358, 365). Zudem führt diese Argumentation dann zu Schwierigkeiten, wenn Insolvenzverfahren Instrumente wie die Eigenverwaltung (§ 270 InsO) oder das Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) vorsehen. Dann fehlt es an dem weitgehenden Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis an einen Insolvenzverwalter, der Schuldner unterliegt nur der Aufsicht eines Sachwalters. Doch kann in diesen Fällen nichts anderes gelten. Auch hier liegt die letztendliche Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens, über das „Wohl und Wehe“ der aufgelösten Gesellschaft und über die Frage „Sanierung oder Liquidation“ allein bei den Gläubigern. Nach § 272 InsO hebt das Insolvenzgericht die Anordnung der Eigenverwaltung auf, wenn dies von der Mehrheit der Gläubiger beantragt wird (Abs. 1 Nr. 1) oder bestimmte Gläubiger in ihrem Antrag auf Aufhebung glaubhaft Nachteile geltend machen (Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1). 350 So zutreffend Hölzle, NZI 2011, 124, 127; ders., KTS 2011, 291, 319 (Fn. 174). Auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Richter, ECFR 2009, 358, 367. 351 So wohl auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 12, der darauf hinweist, dass der EuGH kein Erfordernis einer irreversiblen Liquidation aufstellt. A. A. etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 769; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, 1039, 1049.

154

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Das Argument, es fehle bereits an der fortgesetzten Existenz in eigenen Strukturen, da die Hauptversammlung durch die Beteiligtenversammlung ersetzt werde und nach Durchführung des Debt Equity Swap in ihrer Zusammensetzung geändert habe352, ist nur prima vista überzeugend. Es dürfte sich hierbei um eine petitio principii handeln, da die Rechtmäßigkeit der Kompetenzverschiebung mit dem dadurch herbeigeführten Ergebnis – den eingerückten Gläubigern – gerechtfertigt wird. cc) Sinnwidrigkeit von Kapitalmaßnahmen in der Regelinsolvenz Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes sind nicht so zu verstehen, dass nur Kapitalmaßnahmen – wie die Kapitalerhöhung – im Rahmen eines auf Abwicklung gerichteten Insolvenzverfahrens keiner Hauptversammlungsbeteiligung bedürfen.353 Der insolvenzliche Debt Equity Swap erfolgt im Rahmen eines Fortführungsplans. An einer Abwicklung dem Wortsinne nach fehlt es in diesen Fällen, da es an der hierfür paradigmatischen Zerschlagung fehlt. Ein solch enges Verständnis der Entscheidungsgründe bzw. weites Verständnis des Anwendungsbereichs der Kapitalrichtlinie macht keinen Sinn, da bei Liquidationen und übertragenden Sanierungen Kapitalmaßnahmen, die der Verbesserung der Vermögenssituation der Schuldnergesellschaft dienen354, nutzlos sind.355 Im Zuge der Abwicklung besteht kein praktisches Bedürfnis für eine Kapitalerhöhung. Die teilweise zur Rechtfertigung des Gegenteils ins Feld geführte Ausnahme einer Erhöhung der Eigenkapitalausstattung zur Finanzierung des Liquidationsziels – wohlgemerkt gegen den Willen der Aktionäre356 – ist eine Sonderkonstellation von keiner praktischen Relevanz und daher nicht geeignet, die Auslegung in Zweifel zu stellen.357 352 So wohl Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 112 („Die danach wieder zuständige Hauptversammlung entspricht nach ihrer Zusammensetzung nicht mehr der früheren“). 353 So aber wohl Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischen Recht, S. 192; letztendlich auch Madaus, ZGR 2011, 749, 769; Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2461 f.; ders., ZInsO 2012, 1811, 1820; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 430; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1049. 354 EuGH v. 12.5.1998, Rs. C-367/96, Slg. 1998, I-2862, Tz. 24 – Kefalas. 355 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 127; Verse, ZGR 2010, 299, 314; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 15; in diesem Sinne auch schon Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 197. So auch RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 r. Sp. A. A. H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 430 (Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Liquidation). 356 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 430. 357 Auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Spetzler, KTS 2010, S. 433 ff. A. A. Madaus, ZGR 2011, 749, 768 f. (petitio principii).

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

155

dd) Anwendbarkeit der Richtlinie auf staatliche Zwangseingriffe Schön führt beachtliche Argumente gegen die Anwendbarkeit der Kapitalrichtlinie auf staatliche Zwangseingriffe an. Zutreffend verortet er auch den Anwendungsbereich im binnengesellschaftlichen Schutz zwischen gleichberechtigten Minderheits- und Mehrheitsgesellschaftern bzw. Organen.358 Ihm kann entgegengehalten werden, dass es bei einem Zwangsvollstreckungsverfahren nicht um einen staatlichen Eingriff handelt, sondern um einen Eingriff von privaten Gläubigern; die konfligierenden Rechtsgebiete des Insolvenzrechts und Gesellschaftsrechte sind privatrechtliche, das öffentliche Recht ist nicht involviert.359 Denn das Insolvenzverfahren dient dem Ausgleich privater Interessen: denen der Gläubiger und des Schuldners. Der Ausgleich findet zwar im Rahmen eines staatlichen Verfahrens statt. Im Gegensatz zu binnengesellschaftlichen Konflikten zwischen Gesellschaftern mit grundsätzlich gleichwertigen Rechtspositionen, ist die der Gläubiger im Insolvenzverfahren prioritär.360 Schöns Auffassung lässt sich auch nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in Einklang bringen. Als Grundlage für rechtssichere Sanierungen ist sie wenig geeignet. ee) Kein Vorrang der EuInsVO Zuletzt sei noch angemerkt, dass die EuInsVO nicht geeignet ist, die Europarechtskonformität von Kapitalmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren gegen den Willen der Aktionäre einer Aktiengesellschaft zu begründen. Spetzler stützt ihre Argumentation auf Art. 4 EuInsVO, dessen telos auch Kapitalmaßnahmen ohne Beteiligung der Hauptversammlung im Insolvenzplanverfahren erfasse.361 Daraus lässt sich aber keine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie herleiten. Bei Art. 4 EuInsVO handelt es sich nämlich um eine die lex fori concursus bestimmende Kollisionsnorm: Nach Abs. 1 der Vorschrift gilt für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Eröffnungsstaates. Die Sachnormverweisung umfasst sowohl das Verfahrensrecht als auch das auf die Insolvenz anwendbare nationale Recht.362 Die Kapitalrichtlinie zielt – aus358 359

Schön, ZHR 174 (2010), 155, 157. Spetzler, Eingriffe in die Recht von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren,

S. 38. 360 Insofern lässt sich vertreten, die Frage Schöns, ob es für die Frage der Europarechtskonformität von Zwangsmaßnahmen gegen die Aktionärsmehrheit darauf ankommen könne (ZHR 174 [2010], 155, 156 f.), dass man die AG in die Insolvenz führen müsse, zu bejahen, da in der Insolvenz die Verschiebung von einem Schutz gleichberechtigter Aktionäre hin zu einem eindeutigen Vorrang der Gläubiger augenfällig wird. 361 Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 40 ff.; dies., KTS 2010, 433, 441 ff. 362 Vgl. nur EuGH v. 22.11.2012 – C-116/11, Tz. 46, ABl. EU, Nr C 26 S. 4 f. = EuZW 2013, 141 – Bank Handlowy w Warzawie SA m. Anm. P. Schulz; Wenner/Schuster, in: Wimmer, FK-InsO, Art. 4 EuInsVO Rn. 1 f.

156

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

weichlich ihrer Bezeichnung – auf einen EU-weiten gleichwertigen Schutz von Aktionären und Gläubigern durch eine Harmonisierung aktienrechtlicher Regelungen. Rechtswirkung entfalten Richtlinien grundsätzlich erst nach der Umsetzung in innerstaatliches Recht.363 Es ist dieses innerstaatliche Recht, auf das die Kollisionsnorm des Art. 4 EuInsVO verweist364, sie legitimiert aber keine Abweichung von den Vorgaben europäischer Richtlinien. Mithin kann Art. 4 EuInsVO der Anwendbarkeit der Kapitalrichtlinie denklogisch nicht entgegenstehen.365 Folglich kommt es nicht darauf an, ob die Kapitalerhöhung im Rahmen der Reorganisation dem „Insolvenzstatut“ (des Art. 4 Abs. 1 EuInsVO) oder dem „Gesellschaftsstatut“ (i. S. d. Kapitalrichtlinie) zuzuordnen ist.366 Außerdem unterschlägt Spetzler den räumlichen Anwendungsbereich der EuInsVO. Die Verordnung gilt nur für Fälle mit Auslandsbezug.367 Nach ganz herrschender Auffassung erfasst sie ausschließliche Binnensachverhalte nicht.368 Schon aus diesem Grund liefe das Argument Spetzlers bei Reorganisationen ohne Auslandsbezug leer. e) Zwischenergebnis Die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren – etwa zur Durchführung eines Schuldentauschs – und die daraus folgende Ersetzung der Hauptversammlung durch die erweiterte Gläubiger- bzw. Beteiligtenversammlung verstößt nicht gegen die Kapitalrichtlinie. Art. 29, 33 Abs. 4, 34 der Kapitalrichtlinie sind in der Reorganisation nicht anwendbar.369 Der Anwendungsbe363 Zur unmittelbaren Wirkung von Richtlinienbestimmungen: Streinz, Europarecht, Rn. 433 ff. u. 443 ff. Art. 29, 33 Abs. 4, 34 der Kapitalrichtlinie weisen unmittelbare Wirkung auf, EuGH v. 24.3.1992, Rs. C-381/89, Slg. 1992, I-2134, Tz. 38 ff. – Syndesmos Melon. 364 Auf die Frage, ob ein zwangsweiser Zugriff auf Anteils- und Mitgliedschaftsrechte dem Gesellschaftsstatut oder dem Insolvenzstatut zuzuordnen ist (vgl. nur Wenner/Schuster, in: Wimmer, FK-InsO, Art. 4 EuInsVO Rn. 19 ff.), kommt es hier nicht an. 365 Das sehen auch Madaus, ZGR 2011, 749, 769 f.; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 431; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 40 (Fn. 71). A. A. Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 43 ff. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die EuInsVO im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Insolvenzverfahren materiell-rechtliche Regelungen enthalten würde. 366 Eine solche Einordnung nimmt Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 36 ff. vor. 367 Ein Bezug zu einem Drittstaat ist ausreichend, eines qualifizierten Auslandsbezuges bedarf es nicht, vgl. EuGH v. 16.1.2014 – C-328/12, ABl. EU 2014, Nr C 85, S. 5 = EuZW 2014, 262 – Schmid ./. Lily Hertel m. Anm. P. Schulz m.w. N. 368 Statt vieler Brinkmann, in: K. Schmidt, InsO, Art. 1 EuInsVO Rn. 11; Wenner/ Schuster, in: Wimmer, FK-InsO, Art. 1 EuInsVO Rn. 8 jew. m.w. N.; a. A. Gruber, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, Anh. I Art. 1 EuInsVO Rn. 44 ff. 369 Ein Konflikt ergäbe sich zudem nur im Hinblick auf die Kapitalerhöhung und Art 29 der Kapitalrichtlinie. Art. 34 der Kapitalrichtlinie sieht als Ausnahme vor, dass es keines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf, wenn die Kapitalherabsetzung durch ge-

IV. Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben

157

reich der aktionärsschützenden Richtlinienbestimmungen ist teleologisch zu reduzieren. Er endet dort, wo auf Gläubigerbefriedigung gerichtete Kollektivverfahren anfangen. Die Schutzvorschriften des Insolvenzverfahrens sind auf die insolvenzbedingt veränderte Interessenlage der Aktionäre, den flagranten Gläubigervorrang und der daraus folgenden Entwertung der Anteilsrechte zugeschnitten. Dieses Auslegungsergebnis ergibt sich nicht nur aus dem telos der Kapitalrichtlinie. Auch die Urteile des Euopäischen Gerichtshofes können trotz ihrer stellenweise unpräzisen und uneindeutigen Aussagen zur Stützung des Auslegungsergebnisses herangezogen werden.370 Damit gebieten Art. 29, 33 Abs. 4, 34 der Kapitalrichtlinie keinen Schutz der Entscheidungshoheit der Aktionäre in richtliche Entscheidung angeordnet wurde. Die bestätigende Entscheidung des Insolvenzgerichts erfüllt angesichts des weiten Wortlauts (In der englischen Sprachfassung der Kapitalrichtlinie lautet es beispielsweise „[except under a] court order“, was auch mit „Gerichtsbeschluss“ übersetzt werden kann. Wie sich aus §§ 252, 253 InsO ergibt, erfolgt die Planbestätigung durch Beschluss.) Überwiegend wird daher das Vorliegen dieser Voraussetzung bejaht (RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 r. Sp.; ebenso Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547; Verse, ZGR 2010, 299, 313; Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 29; dies., KTS 2010, 433, 439; Piekenbrock, NZI 2012, 905, 908; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 56; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 26; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 36 f.; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 111; zur vergleichbaren Situation nach tschechischem Insolvenzrecht Richter, ECFR 2009, 358, 359 ff.; a. A. H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 366; ders., KTS 2011, 1, 13; ders., KTS 2012, 419, 429; Schuster, ZGR 2010, 325, 351). Art. 33 der Kapitalrichtlinie (Art. 29 a. F.) erfasst ausweichlich seines Wortlauts nur das Bezugsrecht bei Barkapitalerhöhungen. Nach weit überwiegender Auffassung gilt die Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen als Sacheinlage, womit ein Konflikt ausscheidet (Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547 f.; Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 29; dies., KTS 2010, 433, 439; Binder, ZVglRWiss 112 [2013], 23, 36). Sähe der Kapitalschnitt aber eine Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag vor, so wäre nach § 228 AktG bis zum Erreichen des gesetzlichen Grundkapitals in Höhe von 50.000 EUR eine Sachkapitalerhöhung ausgeschlossen und folglich – wenn man unzutreffenderweise den Anwendungsbereich der entsprechenden Richtlinienvorschriften auf insolvenzliche Sanierungen ausdehnt – ein Konflikt mit Art. 33 Abs. 4 der Kapitalrichtlinie (Art. 29 a. F.) gegeben. Gleiches gilt bei der – regelmäßig erforderlichen – Kombination eines Debt Equity Swaps mit einer Barkapitalerhöhung, die die Gesellschaft mit Liquidität versorgen soll, siehe auch Spetzler, KTS 2010, 433, 439 f. Gleiches gilt, wenn man die Forderungsumwandlung als Bareinlage einordnet; in diesem Fall stellt sich auch für den Bezugsrechtsausschluss die Frage der Anwendung der Kapitalrichtlinie in insolvenzlichen Sanierungsverfahren, wenn man nur die Rechtsprechung des EuGH heranzieht und nicht den Anwendungsbereich teleologisch reduziert; vgl. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 112 f. Die allgemeine Aussage des Art. 45 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie (Art. 41 a. F.) hilft nicht, diesen Konflikt zu entschärfen. (Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 30.1.1991 zu Rs. C-19/90 und C-20/90, Slg. 1991, S. I-2691, Rn. 5; vgl. nur Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzplanverfahren, S. 29 f.). 370 Ebenso Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 40. Trotzdem sollte zur Beseitigung von Unklarheiten im Hinblick auf die insolvenzliche Ersetzung der Hauptversammlungszuständigkeit auf eine Änderung bzw. Klarstellung der Kapitalrichtlinie hingewirkt werden. Ebenfalls H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432. Siehe hierzu H.II.2.

158

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

der Insolvenz, durch den die Herbeiführung von für die Reorganisation notwendigen Kapitalmaßnahmen blockiert werden kann. 3. Publizitätsrichtlinie Auch könnten die durch das ESUG eingefügten Regeln, die eine Aufnahme der zur Wirksamkeit der gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen erforderlichen Beschlüssen und Willenserklärungen in den Insolvenzplan erlauben, gegen die sogenannte Publizitätsrichtlinie 371 verstoßen. Die Publizitätsrichtlinie, die in ihrem Anwendungsbereich die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfasst, zielt auf eine europaweite Vereinheitlichung der Publizitätsvorschriften ab. Art. 11 der Publizitätsrichtlinie sieht vor, dass Errichtungsakte und die Satzung der Gesellschaft sowie Änderungen dieser Akte einer öffentlichen Beurkundung bedürfen, wenn nach nationalem Recht die Gesellschaftsgründung keiner vorbeugenden Verwaltungsoder gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist. Bei den für einen Debt Equity Swap erforderlichen Kapitalmaßnahmen handelt es sich um Satzungsänderungen. Für dessen Wirksamkeit ist außerhalb des Insolvenzverfahrens eine öffentliche Beurkundung erforderlich (§ 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG [i.V. m. § 58a Abs. 5 GmbHG]). Abweichend hiervon sieht § 254a Abs. 1, Abs. 2 InsO vor, dass die Beschlüsse oder Willenserklärungen als in der vorgeschriebenen Form abgegeben gelten, sofern die gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans in Rechtskraft erwächst. Die Regelung des § 254 Abs. 1, Abs. 2 InsO stellt jedoch keine Verletzung des Art. 11 der Publizitätsrichtlinie dar. Die Regelung erfordert für Satzungsänderungen nur in den Fällen die Form einer öffentlichen Beurkundung, in denen zuvor keine vorbeugende Verwaltungskontrolle oder gerichtliche Kontrolle der Gründung erfolgt ist. Ihr Schutzzweck besteht darin, Dritte und Gesellschafter vor der Nichtigkeit der Gesellschaftsgründung und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit zu schützen.372 Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung in Kapitel 4 der Richtlinie und den Erwägungsgründen (2) und (10). Dieser Schutz kann über eine vorbeugende Kontrolle oder eine öffentliche Beurkundung des Errichtungsaktes vollzogen werden. Letzteres soll sicherstellen, dass sich bei bloßer öffentlicher Beurkundung des Errichtungsaktes aus späteren Änderungen keine Nichtigkeit der Gesellschaft ergibt. Nicht gewährleistet werden soll hingegen die 371 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.9.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschriebenen sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABlEU L 258/11 v. 1.10.2009). 372 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 20 f.; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 28.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

159

bloße Rechtmäßigkeit der Gründung oder späterer Satzungsänderungen. Da nach deutschem Recht eine präventive Kontrolle durch das Registergericht vorgesehen ist (§ 38 AktG, § 9c GmbHG), schreibt Art. 11 der Publizitätsrichtlinie keine öffentliche Beurkundung nachfolgender Satzungsänderungen vor.373 Mithin scheidet mangels Anwendbarkeit eine Verletzung gegen die Richtlinie aus.374 4. Ergebnis Die Regelungen des durch das ESUG reformierten Insolvenzplanverfahrens sind europarechtskonform: Die Ersetzung der Hauptversammlungszuständigkeit in der Insolvenz durch die Zuständigkeit der erweiterten Gläubigerversammlung im Sinne einer Beteiligtenversammlung für Kapitalmaßnahmen verletzt nicht die Kapitalrichtlinie. Der Anwendungsbereich der entsprechenden Artikel ist bei insolvenzlichen Sanierungsverfahren wie dem Insolvenzplanverfahren teleologisch zu reduzieren. Auch konfligieren die Änderungen nicht mit der Publizitätsrichtlinie: Auf nachfolgende Satzungsänderungen ist die Richtlinie nicht anwendbar.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben 1. Ausgangspunkt Die durch das ESUG reformierte Insolvenzordnung ermöglicht das Herausdrängen der Gesellschafter aus der insolventen Gesellschaft gegen deren Willen. Die Beteiligungsverhältnisse an der Schuldnergesellschaft verändern sich: Altgesellschafter scheiden teilweise oder vollständig aus, Gläubiger rücken als Neugesellschafter ein. Es wird im Folgenden untersucht, ob diese auf einfachgesetzlicher Ebene geschaffenen Möglichkeiten mit Eingriffen in Grundrechte der betroffenen Gesellschafter und beteiligten Gläubiger verbunden sind und, bejahendenfalls, ob ein Eingriff verfassungsrechtlicher Kontrolle standhält.375 Die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG und die negative Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG könnten etwa durch ein erzwungenes „Herausdrängen der Altgesellschafter“, ein Einrücken der Gläubiger oder die Verlagerung der Beschlusskompetenz auf die erweiterte Gläubigerversammlung verletzt sein.376 373

Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 28, a. A. wohl Bormann, NZI 2011, 892,

893. 374 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 28; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 ff. Rn. 129. 375 Siehe zur Vereinbarkeit eines Zwanges von Gläubigern zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap mit der negativen Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG unter H.I. 376 Verfassungsrechtliche Zweifel äußerte schon K. Schmidt, Gutachten zum 54. DJT, S. 83 („Expropriierung der Gesellschafter“ – Zwangsausschluss von Gesellschaftern wegen Wertlosigkeit der Anteile aus verfassungsrechtlichen, rechtspolitischen und wirtschaftlichen Gründen abzulehnen), unlängst etwa Madaus, ZGR, 2011, 749, 767 ff.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819 f.; ders., ZInsO 2013, 2457, 2460 ff.; H.-F. Müller,

160

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

2. Grundrechtspositionen der Anteilseigner a) Eigentumsgarantie, Art. 14 GG aa) Eingriff in den Schutzbereich Ob die durch das ESUG geschaffene Eingriffsmöglichkeit in die Anteilseignerposition im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens mit der verfassungsrechtlich geschützten Eigenstumsgarantie vereinbar ist, ist umstritten.377 Schon der Gesetzgeber hatte bei der Einführung der Insolvenzordnung noch von Eingriffen in Anteilsrechte und die Rechtsstellung der Gesellschafter abgesehen und dies unter anderem mit verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 14 GG begründet.378 Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Privateigentum sowohl als Rechtsinstitut als auch als subjektives Recht des einzelnen Eigentümers.379 Welche Rechtspositionen im Einzelnen in den Schutzbereich fallen, bestimmt sich nach dem Zweck der Eigentumsgarantie, dem Berechtigten zur wirtschaftlichen Bestätigung einen gesicherten Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu gewährleisten, auf dessen Fortbestand er vertrauen kann, und ihm damit die Entfaltung und eiKTS 2012, 419, 425 ff. Vgl. auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465 („Entmachtung der Hauptversammlung schreit geradezu nach verfassungsrechtlichen Bedenken“). 377 Für eine Vereinbarkeit mit Art. 14 GG: Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 545 ff.; Ehlers, ZInsO 2009, 320, 325; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Verse, ZGR 2010, 299, 310; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1940; Gehrlein, NZI 2012, 257, 260; Haas, NZG 2012, 961, 963; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 12; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 559 u. 563; Landfermann, WM 2012, 821, 829; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105 ff.; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 12; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 251 Rn. 2; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 56 f.; Madaus, ZIP 2014, 500, 504 ff. Vgl. auch Braun, in: FS Fischer, S. 53, 68. A. A. – Unvereinbarkeit mit Art. 14 GG – Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; H.-F. Müller, KTS 2011, 1, 20; ders., KTS 2012, 419, 425 ff.; ders., DB 2014, 41, 42 (siehe aber wohl noch anderer Meinung ders., Der Verband in der Insolvenz, S. 364); Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459 f.; wohl auch Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1051; differenzierend Brinkmann, WM 2011, 97, 100 f.; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1696. Vgl. bereits K. Schmidt, Gutachten zum 54. DJT, S. 83 (Unvereinbarkeit des Herausdrängens der Gesellschafter zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft mit Eigentumsgarantie). 378 Vgl. nur Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 217 Rn. 16; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1519 ff. 379 Ständige Rspr.; nur BVerfG v. 18.12.1968 – 1 BvR 638/64, et al., BVerfGE 24, 367, 389 – Hamburger Deichordnungsgesetz; v. 19.6.1969 – 1 BvR 353/67, BVerfGE 26, 215, 222; v. 7.7.1971 – 1 BvR 765/66, BVerfGE 31, 229, 240 – Schulbuch-Entscheidung; v. 18.7.1976 – 1 BvL 19/75 et al., BVerfGE 42, 263, 294 – Contergan; v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77 et al., BVerfGE 50 290, 339 – Mitbestimmung; v. 15. 7.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300, 339.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

161

genverantwortliche Lebensgestaltung zu ermöglichen.380 Auch Anteilsrechte, wie die für diese Untersuchung bedeutsame Beteiligung an Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, dienen der wirtschaftlichen Betätigung. Sie unterfallen wegen ihrer vermögensrechtlichen Elemente (Ansprüche auf Gewinnbeteiligung und auf die Abwicklungsquote) sowie der mitgliedschaftsrechtlichen Elemente (gesetzliche und satzungsmäßige Leitungsbefugnisse) der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie. 381 Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist mithin eröffnet. Die durch das ESUG vorgesehene Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren, die Erstreckung des Obstruktionsverbots auf die Anteilseigner und der damit verbundene teilweise oder vollständige Verlust des Anteilsrechts bei der Durchführung eines insolvenzlichen Debt Equity Swap stellen einen Eingriff in das Eigentum dar.382 Für die Annahme eines Eingriffes ist hingegen unbeachtlich, ob bzw. dass den Anteilsrechten in der Insolvenz noch ein Vermögenswert oder Teilhabe- und Mitwirkungsrechte zukommt.383 Die Eigentumsgarantie erstreckt sich auch auf situationsbedingt entwertete Vermögenspositionen.384 380 Etwa BVerfG v. 1.3.1979 – 1 BvR 533/77 et al., BVerfGE 50 290, 339 – Mitbestimmung m.w. N.; v. 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 et al., BVerfGE 68, 193, 222 – Zahntechniker-Innung; v. 9.1.1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201, 208 – Vorkaufsrecht. 381 Ständige Rechtsprechung, insb. BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 276 f. – Feldmühle; v. 7.5.1969 – 2 BvL 15/67, BVerfGE 25, 371, 407 – lex Rheinstahl; v. 17.7.1973 – 1 BvR 764/70 et al., BVerfGE 35, 377, 378 – Volkswagen; v. 27.1.1999 – BvR 1805/94, ZIP 1999, 532; v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 301 f. – DAT/Altana; v. 19.7.2000 – 1 BvR539/96, BVerfGE 102, 197, 211 – Spielbankgesetz BaWü; v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95 et al., ZIP 2000, 1670 – Moto Meter; v. 19.4.2007 – 1 BvR 1995/06, ZIP 2007, 1055; v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261 – Squeeze-out I; v. 19.9.2007 – 1 BvR 2984/06, ZIP 2007, 2121 – Squeezeout II; v. 7.9.2011 – 1 BvR 1460/10, ZIP 2011, 2094; v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07 et al., BVerfGE 132, 99, 119 – Delisting; für a. A. aber Mülbert/Leuschner, ZHR 170 (2006), 615 ff. (Ausgestaltung der Mitgliedschaftsrechte unterfällt Art. 2 Abs. 1 GG); Leuschner, NJW 2007, 3248, 3249 f. 382 Etwa Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927 ff.; vgl. bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1523; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 545 ff.; aber etwa a. A. wohl Hölzle, NZI 2011, 124, 127. Zweifel auch bei Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 23. 383 BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07 et al., BVerfGE 132, 99, 119 – Delisting; Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 839; dies., ESUG, § 225a Rn. 17; a. A. wohl Hölzle, NZI 2011, 124, 127: Im Hinblick auf die nur theoretische Chance des § 199 S. 2 InsO und der insolvenzbedingt „wirkungsentkleideten“ Mitglieds- und Teilhaberechte mangele es an einem Eingriffssubstrat und einer unzureichenden Intensität und Zielgerichtetheit; ders., KTS 2011, 291, 318 f. Weniger eindeutig indes ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 7 f. (Kein Eingriff nur im Hinblick auf die Vermögenskomponente des Anteilsrechts). Grundsätzliche Zweifel auch bei Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 99. 384 Etwa Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 839; dies., ESUG, § 225a Rn. 17. Daher kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Frage an, welchen Wert (Fortführungswert oder Zerschlagungswert) den Anteilsrechten zukommt, vgl. Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 7.

162

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung (1) Art des Eingriffs (a) Keine Enteignung i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung hängt entscheidend von der Art des Eingriffs – Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) und Enteignungen (Art. 14 Abs. 3 GG) – ab.385 Bei dem Verlust der Anteilsrechte386 im Rahmen des insolvenzlichen Debt Equity Swap handelt es sich nicht um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG.387 Eine – nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässige – Enteignung liegt dann vor, wenn der Staat oder ein mit Zwangsrechten beliehener Unternehmer durch finalen hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben in das Eigentum eingreift.388 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Debt Equity Swap findet im Rahmen des Insolvenzverfahrens statt. Das Insolvenzverfahren ist ein staatlich geordnetes Verfahren, es dient jedoch nicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Es handelt sich um ein kollektives Zwangsvollstreckungsverfahren, das Unzulänglichkeiten von Einzelzwangsvollstreckung und privatautonomer Gläubigerbefriedigung im Fall des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Schuldners verhindern soll.389 Es ist privatrechtliches Haftungsrecht, wenn-

385 Grundlegend BVerfG v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300, 330 ff. – Nassauskiesung. Statt vieler Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 101 m.w. N. 386 Unerheblich ist, ob der Eingriff durch verwässernde Kapitalmaßnahmen oder Entzug und Übertragung der Anteilsrechte auf Dritte erfolgt, vgl. etwa Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 6. 387 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1523; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 15; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546, Eidenmüller, ZIP 2007, 1729, 1736 f.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 44; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Verse, ZGR 2010, 299, 309 f.; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1937; Brinkmann, WM 2011, 97, 100 (Fn. 36); Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108 f.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 36; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 9; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 2; a. A. noch Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; Kluth, ZInsO 2002, 258, 263; wohl – da für die Entschädigung auf Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG abstellend – auch Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.17; missverständlich Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044 (keine Enteignung, da hinreichende Beteiligung der Altgesellschafter). 388 Ständige Rechtsprechung des BVerfG, nur BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 276 f. – Feldmühle; v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 – Nassauskiesung; v. 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, 239 f. – Denkmalschutz; v. 16.2. 2000 – 1 BvR 242/91 et al., BVerfGE 102, 1, 15; v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 et al., BVerfGE 104, 1, 9 f. – Baulandumlegung; v. 7.12.2004 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93, 109 – Zwangsarbeiter, sowie Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 93; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 531 f. jew. m.w. N.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

163

gleich auch notwendigerweise390 im Rahmen eines amtlichen Verfahrens. Der Staat ermächtigt nur zur Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse an der betroffenen Gesellschaft.391 Eingriffe in Anteilsrechte im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens zu ermöglichen, dient dem Interessenausgleich der am Verfahren beteiligten Privatrechtssubjekte.392 Ein Eingriff in das Eigentum zum Ausgleich privater Interessen ist keine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG.393 Daher ist auch die Zwangsvollstreckung, sowohl die Einzel- als auch die Gesamtvollstreckung, keine Enteignung, denn der Zweck dieser Maßnahme ist nicht die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, sondern die (geordnete) Befriedigung der Gläubiger.394 Dem drohenden Eigentumsverlust können die Gesellschafter durch eine Beseitigung der Insolvenzgründe – und damit letztendlich einer Befriedigung der Gläubiger – begegnen.395 Die Grundlage für den Entzug der Anteilsrechte findet sich zwar in der Insolvenzordnung, und die im Insolvenzplan vorgesehenen Kapitalmaßnahmen werden durch die gerichtliche Bestätigung396 wirksam. Es fehlt jedoch an einem rechtsförmlichen, individuell-konkreten Akt zur staatlichen Beschaffung von Gütern, mit dem konkrete, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienende Vorhaben durchgeführt werden sollen.397 Als Folge des Debt Equity Swap werden aus Gläu389 Etwa Stürner, in: MünchKomm-InsO, Einleitung Rn. 77; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 1 Rn. 27; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 21 Rn. 2.00 („amtliche Haftungsgesamtabwicklung“). 390 Der Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG, und das Sozialstaatsprinzip erfordern dort – unter Abkehr von der Einzelvollstreckung – ein geordnetes und dem Grundsatz par conditio creditorum unterworfenes Gesamtverfahren, wo das Schuldnervermögen zur Befriedigung aller Gläubiger nicht ausreicht und die volle Befriedigung eines Gläubigers unter Hintansetzung aller übrigen willkürliche Züge trägt, so Stürner, in: MünchKomm-InsO, Einleitung Rn. 77. 391 Vgl. die zum Umwandlungsrecht ergangene Entscheidung des BVerfGE 14, 263, 277 – Feldmühle. 392 Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 15; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 109. 393 BVerfG v. 22.5.2001 – 1 BvR1512/97 et al., BVerfGE 104, 1, 9 f. – Baulandumlegung; v. 7.12.2004 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93, 109 – Zwangsarbeiter. Statt vieler Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 93. Weitergehend Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1936 f. 394 Auch Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 653; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 99 m.w. N.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 109. Nicht übersehen wird, dass die Anteilsrechte grundsätzlich nicht Teil des insolvenzbefangenen Vermögens der Gesellschaft sind, sondern Vermögen der hinter dem Schuldner stehenden Gesellschafter. An der Einordnung ändert dies freilich nichts. Hierzu bereits unter E.III.3.a). 395 Vgl. nur Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1422; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 225. 396 Allein eine gerichtliche Mitwirkung begründet keine Enteignung, nur BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 276 f. – Feldmühle. 397 Zum Erfordernis der Güterbeschaffung: BVerfG v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 et al., BVerfGE 104, 1, 10 – Baulandumlegung; v. 19.1.2006 – 2 BvR 2194/99,

164

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

bigern Anteilseignern, in die „staatliche Sphäre“ gelangen die Eigentumsrechte nicht.398 (b) Einordnung als Inhalts- und Schrankenbestimmung Maßnahmen, die im Rahmen eines Ausgleichs privater Interessen zum Schutz der ebenfalls durch die Eigentumsgarantie geschützten Befriedigungsinteressen der Insolvenzgläubiger erforderlich sind, stellen vielmehr eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dar.399 Es obliegt dem Gesetzgebern Inhalt und Schranken des Anteileigentums zu bestimmen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG). Mit dem Zugriff verhindert der Gesetzgeber, dass die Altgesellschafter Eigentümer der durch die Zugeständnisse der Gläubiger sanierten Gesellschaft bleiben und – entgegen der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie400 – am Sanierungserfolg partizipieren. Das Anteilseigentum ist mit der Möglichkeit des teilweisen oder vollständigen Verlusts an die Gläubiger (als Folge der Zuordnung des Fortführungswerts an diese vorrangig Berechtigten) in der Insolvenz belastet. Die insolvenzrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten in Anteilsrechte sind demnach solche Inhalts- und Schrankenbestimmungen.401

BVerfGE 115, 97, 112 – Halbteilungsgrundsatz; v. 15.4.2009 – 1 BvR 3478/08, NJW 2009, 2946 – Vermutungsregelung Straßenrecht; v. 21.7.2010 – 1 BvL 8/07, BVerfGE 126, 331 – Miterben-Entschädigungsfonds; v. 8.11.2012 – 1 BvR 2153/08, NJ 2013, 332; für den Debt Equity Swap und auf das Fehlen eines Hoheitsakt weisen hin: Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108 f.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524. 398 Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 109, die auch auf BVerfG v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261 – Squeeze-out I, hinweisen: Danach hat das BVerfG auch dann keine Enteignung angenommen, wenn der aktienrechtliche Squeeze-out nach §§ 327a ff. AktG durch den Staat als Hauptaktionär angestrengt wurde. Diese Grundsätze lassen sich auch auf den Debt Equity Swap übertragen. Eine Beteiligung staatlicher Gläubiger (Steuerschulden, öffentliche Bürgschaften, Kreditversicherungen usw.) macht aus der Maßnahme keine Enteignung. 399 Hierzu nur BVerfG v. 7.12.2004 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93, 109 – Zwangsarbeiter m.w. N.; v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261 – Squeeze-out I; zu Inhalts- und Schrankenbestimmungen statt vieler Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 90 ff. u. 101. 400 Siehe unter E.III.3.a). 401 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1523; Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 15; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Noack, in: FS Röhricht, 455, 459, Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 44; ders., ZIP 2010, 649, 657; ders./Engert, ZIP 2009, 541, 546; Verse, ZGR 2010, 299, 309 f.; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1936; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 109; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 36; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 9; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 2; a. A. noch Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.17; Kluth, ZInsO 2002, 258, 263; zumindest missverständlich Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

165

(2) Rechtfertigungsmaßstab (a) Verfolgung eines legitimen Zwecks Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG gerechtfertigt, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist. Auch muss sie zur Verfolgung eines legitimen Zweckes erfolgen.402 Die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren und insbesondere § 225a InsO bezweckt die von § 1 InsO angestrebte, bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Das Insolvenzverfahren dient – wie beschrieben – dem Ausgleich divergierender Eigentumsinteressen: Den Interessen der Gläubiger und der Anteilseigner. Kein Zweifel kann daran bestehen, dass spätestens mit der Eröffnung der Insolvenz die Interessen der Anteilseigner hinter die der Gläubiger zurücktreten.403 Die Befriedigung der Gläubiger steht im Vordergrund.404 Die Zugriffsmöglichkeit bezweckt die bestmögliche Verwertung in den Fällen, in denen der – sich aus der Verbindung von Rechtsträger und Unternehmen ergebende – Fortführungswert den Liquidationswert405 übertrifft und die Fortführung der Gesellschaft die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ermöglicht.406 Ausweichlich der Gesetzesbezeichnung zielt das ESUG und insbesondere die Vorschrift des § 225a InsO auf die Erleichterung von sanierenden Reorganisationen ab.407 Vorrangiges Ziel bleibt die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger408, wenngleich 402 Nur BVerfG v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261, 1262 – Squeeze-out I; v. 19.9.2007 – 1 BvR 2984/06, ZIP 2007, 2121 – Squeeze-out II m.w. N. 403 Vgl. auch die – den Vorrang der Gläubigerinteressen im Insolvenzverfahren herausstellenden – Entscheidungen des BVerfG v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, BVerfGE 116, 1, 13 – Insolvenzverwalter; v. 26.11.2009 – 1 BvR 339/09, ZIP 2010, 237, 238; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546 f. 404 Diese „Bevorzugung“ können die Gesellschafter jederzeit abstellen, wenn sie mit der Zuführung frischen Kapitals die Befriedigung aller Gläubiger sicherstellen, die Insolvenzgründe beheben und die Gesellschaft aus der Insolvenz führen; vgl. auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29; Fischer, NZI 2013, 823, 829 f. 405 Sowohl im Falle der Zerschlagung (piece meal sale) als auch der Liquidation durch übertragende Sanierung. 406 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506. 407 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 l. Sp. („Optimierung der Sanierungsmöglichkeiten“). 408 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 17 r. Sp. („Vorrangiges Ziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger. Daran wird festgehalten. Künftig sollen die Gläubiger den Ablauf des Insolvenzverfahrens sogar noch stärker als bislang bestimmen können. Die Erhaltung eines insolventen Unternehmens kann in einer marktwirtschaftlichen Ordnung kein Selbstzweck sein. Sie ist im Grundsatz nur dann erstrebenswert, wenn der Fortführungswert des Unternehmens den Zerschlagungswert übersteigt, also durch die Sanierung Werte erhalten oder geschaffen und nicht vernichtet werden. In diesem Fall liegt eine Fortführung auch im Interesse der Gläubiger. Sie tragen das wirtschaftliche des Gelingens oder Scheiterns einer Sanierung und sollen

166

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

die aus der Fortführung ergebenden positiven volkswirtschaftlichen Effekte, namentlich der Erhalt von Arbeitsplätzen, anerkannt werden.409 Die Erweiterung der Sanierungsmöglichkeiten ist demnach nicht der entscheidende verfassungslegitime Zweck zum Wohle der Allgemeinheit.410 Das Insolvenzplanverfahren dient der Gläubigerbefriedigung durch Haftungsmaximierung, § 1 S. 1 InsO. Sanierungsrecht ist das deutsche Insolvenzrecht lediglich insofern, als dass primäre Verfahrensziel in der bestmöglichen Befriedigung der konkurrierenden Gläubiger besteht und ein sanierte Gesellschaft aufgrund des gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren erhöhten Fortführungswerts die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ermöglicht.411 Richtigerweise ist daher in der Optimierung der Gläubigerbefriedigung der legitime Zweck für den Eingriff zu sehen.412 Die im volkswirtschaftlichen Interesse liegende Sanierungsfreundlichkeit kann eine Folge oder Sekundärziel sein, wenn die Reorganisation die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ermöglicht.413 Der Zugriff der Gläubiger auf den Mehrwert, der sich durch Fortführung erzielen lässt, steht im Einklang mit der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie: Sie entscheiden sich für die haftungsmaximierende Verwertungsart. Höhere Befriedigungsquoten im Insolvenzfall erhöhen überdies die grundsätzliche Bereitschaft, Kredite zu vergeben und sorgen mittelbar für niedrigere Zinssätze dank geringerer Risikoaufschläge. Das führt zu einer effizienteren Allokation von Kapital im marktwirtschaftlichen Wirtschaftskreislauf. Eine solche Optimierung liegt im gesamtwirtschaftlichen Interesse und dient durch seine wohlfahrtssteigernde Wirkung dem Allgemeinwohl.414 stärker darüber entscheiden können, ob und wenn ja, mit wem eine Sanierung versucht wird.“ 409 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 17 l. Sp. 410 So aber Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1937, Ehlers, ZInsO 2009, 320, 324; im Ansatz wohl auch Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 50 sowie Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1417. 411 Vgl. Kirchhof, in: Kreft, HK-InsO, § 1 Rn. 3; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.25 f.; Marotzke, JZ 2009, 763, 766 f.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 33 Rn. 2.19 ff. (Insolvenzrecht kein Nothelfer für sozial-, wirtschafts- und fiskalpolitische Defizite). Das verkennt etwa Bormann, NZI 2011, 892, 894; wohl auch Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, 1387, 1394. 412 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 9 f.; ders., KTS 2012, 419, 427 f.; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524, der indes auch die Rettung von Arbeitsplätzen als Ziel anerkennt. 413 Auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 427 f.; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 2; Kirchhof, in: Kreft, HK-InsO, § 1 Rn. 3; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.25 f.; a.A. Schmidt, in: HambKomm-InsO, § 1 Rn. 26; Bormann, NZI 2011, 892, 894, die klar zwischen den Zielen der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung und Sanierung unterscheiden. Wohl auch Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan, S. 274 ff. u. 277 („Abwehr wirtschaftlicher Verschwendung“ als Rechtfertigungsgrund und damit auch als legitimer Zweck); dagegen Madaus, Der Insolvenzplan, S. 601 f. (Fn. 580). 414 Nur im Ergebnis auch Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 50 f. (Sozialbindung des Eigentums). Zu weit geht es insoweit aber, den Erhalt von Arbeitsplätzen als

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

167

(b) Geeignetheit Ist der Zweck des Eingriffes identifiziert, stellt sich die Frage, ob der Eingriff auch geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen. Ergibt sich ein nicht unerheblicher Fortführungswert aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen, hilft die übertragende Sanierung nicht weiter. Demgegenüber ermöglicht die Einbeziehung der Anteilsrechte die Durchführung aller notwendigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen sowie eine Anpassung der Beteiligungsverhältnisse und überwindet so eine Blockade der Altgesellschafter. Gleichzeitig fördern die entschuldenden Wirkungen des Schuldentauschs die Sanierung und erlauben so die Fortführung der Schuldnergesellschaft. Die sanierende Wirkung des Debt Equity Swap ist in der Literatur weitestgehend anerkannt.415 Ob auch noch andere Möglichkeiten bestehen, auf den sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebenden Fortführungswert zuzugreifen416, ist unschädlich: Dem Gesetzgeber ist im Hinblick auf die Geeignetheit ein weiter Ermessenspielraum einzuräumen.417 (c) Erforderlichkeit Der Eingriff müsste auch erforderlich sein, d.h. es dürfte kein milderes Mittel ersichtlich sein, um das vom Gesetzgeber bezweckte Ziel zu erreichen.418 Ein solches milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Zudem ist dem Gesetzgeber beim Merkmal der Erforderlichkeit ein weiter Ermessens- und Prognosespielraum zuzugestehen.419 Die Erfahrungen der Praxis mit den Sanierungsmöglichkeiten nach der Insolvenzrechtsreform haben gezeigt, dass die gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung in vielen Sanierungssituationen abträglich war.420 Mithilfe der übertragenden Sanielegitimen Zweck der geschaffenen Eingriffsmöglichkeit in Anteilseignerrechte anzusehen. 415 Vgl. nur Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 542; a. A. aber etwa Beissenhirtz, ZInsO 2011, 57, 59. 416 Z. B. den Vorschlag von Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422 (Universalsukzession de lege ferenda) oder Noack/Bunke, KTS 2005, 129, 129 ff. (Vertragsübergang nach § 25 HGB [analog]); Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 462 ff. Zustimmung bei Brinkmann, WM 2011, 97, 102. Siehe indes die Kritik von Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1414 (beschränkte Vertragsüberleitung von Schuldverhältnissen erfasst nicht Lizenzen und öffentlich-rechtliche Genehmigungen) und Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseigner im Insolvenzverfahren, S. 89 ff. 417 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938 (Rechtsvergleich mit Chapter 11Verfahren bestätigt Geeignetheit). 418 Etwa BVerfG v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, NJW 2009, 1259, 1260. 419 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938. 420 Statt vieler etwa Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 4. Verwirrend hier Bay/ Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938, die auf die negativen volkswirtschaftlichen

168

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

rung allein war ein Zugriff auf den Fortführungswert nur eingeschränkt möglich.421 Die Substitution der Gesellschafterversammlung durch die erweiterte Gläubigerversammlungversammlung entzieht den Gesellschaftern ihre Blockademöglichkeit.422 Insbesondere ist die in der Literatur vorgeschlagene Übertragung von Vertragsverhältnissen nach § 25 HGB analog423 oder im Wege einer (partiellen) Universalsukzession424 kein milderes Mittel. Auch hierbei verlieren die Altgesellschafter ihre Mitgliedschaft. Zwar bleibt der Rechtsträger erhalten, die völlig entkernte Hülle wird aber schlussendlich abgewickelt. Bei beiden Varianten steht am Ende der Verlust der Mitgliedschaft. Mithin ist der Entzug der durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Gesellschaftsanteile zum Schutz der ebenfalls durch die Eigentumsgarantie geschützten Befriedigungsinteressen der Gläubiger erforderlich.425 (d) Angemessenheit (aa) Herstellung praktischer Konkordanz Im Insolvenzverfahren stehen sich die Interessen der Gläubiger und der Gesellschafter gegenüber. Beide unterfallen mit ihren Vermögenspositionen – der Forderung gegen die Gesellschaft426 bzw. dem jeweiligen Anteilsrecht – dem Schutzbereich des Art. 14 GG. Bei der Auflösung des Interessenkonflikts ist das Gebot der praktischen Konkordanz zu beachten: Beide Grundrechtspositionen müssen im Rahmen einer Gesamtabwägung zu optimaler Wirksamkeit gelangen.427 Dabei hat der Gesetzgeber im Rahmen seines grundsätzlichen GestalKonsequenzen einer durch die Altgesellschafter verhinderten Sanierung abstellen. Darauf kann es aber konsequenterweise nicht ankommen: Vorrangiges Ziel ist die Gläubigerbefriedigung, der Erhalt von Arbeitsplätzen nur nachrangiges Sekundärziel. Auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 427 f.; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 342 ff. jew. m.w. N.; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 2; Kirchhof, in: Kreft, HK-InsO, § 1 Rn. 3. 421 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506. Auch hier wieder auf die volkswirtschaftlichen Vorteile einer Sanierung statt auf die Maximierung der Haftungsmasse abstellend Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938. 422 Spetzler, KTS 2010, 433, 444 („An der Erforderlichkeit des Eingriffs besteht angesichts des Blockadepotenzials kein Zweifel“). 423 Noack/Bunke, KTS 2005, 129, 129 ff.; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 462 ff.; zweifelnd Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1414. 424 Wallner, ZInsO 2010, 1419, 1422 ff. Zustimmung bei Brinkmann, WM 2011, 97, 102. 425 Ebenso Spetzler, KTS 2010, 433, 443 f. 426 Nur BVerfG v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, BVerfGE 116, 1, 13 – Insolvenzverwalter; v. 26.11.2009 – 1 BvR 339/09, ZIP 2010, 237, 238. 427 BVerfG v. 23.9.1992 – BvL 15/85 et al., BVerfGE 87, 114, 138 – Kleingarten; v. 8.10.1996 – 1 BVR 875/92, BVerfGE 95, 48, 58 – Restitution und Vertragsanfechtung; v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, 238 – Denkmalschutz; v. 23.11.1999 – 1

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

169

tungs- und Ermessensspielraums die Eigenart des vermögenswerten Rechts und die Bedeutung des vermögenswerten Rechts für den Eigentümer zu beachten. Für die die Insolvenz prägende Situation der Knappheit hat der Gesetzgeber die Enscheidung in § 199 InsO festgeschrieben und den Gläubigerinteressen ausdrücklich den Vorrang eingeräumt. Im Hinblick auf die erforderliche Angemessenheit ist festzustellen, dass ein Eingriff in die Anteilsrechte in der Insolvenz der Gesellschaft verhältnismäßig ist.428 Dies ergibt sich aus der Entwertung der Vermögenskomponente und der Mitgliedsschaftskomponente in der Insolvenz, die einen Eingriff zur bestmöglichen Befriedigung der vorrangigen Gesellschaftsgläubiger rechtfertigen. (bb) Entwertung der vermögensrechtlichen Komponente Wenn der – unstreitig mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht konfligierende – Verlust des Anteilsrechts am Ende der Regelinsolvenz steht, dann muss auch im Insolvenzplanverfahren ein Eingriff in die wertlosen Gesellschafterrechte zulässig sein, wenn die Gläubiger sich statt der Abwicklung bzw. der übertragenden Sanierung für eine reorganisierende Sanierung als Befriedigungsvariante entscheiden, und damit letzlich nur ihr in § 1 S. 1 InsO eingeräumtes Wahlrecht ausüben.429 In der Insolvenz reduziert sich der vermögenswerte BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 259 – Stichtagregelung; v. 16.2.2000 – 1 BvR 241/91 et al., BVerfGE 102, 1, 17 – Altlasten; v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 et al., BVerfGE 104, 1, 11 – Baulandumlegung; v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261, 1262 – Squeeze-out I; v. 19.9.2007 – 1 BvR 2984/06, ZIP 2007, 2121 – Squeeze-out II (zur Ausgestaltung des Aktienrechts); im Zusammenhang mit dem insolvenzlichen Debt Equity Swap etwa Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Ehlers, ZInsO 2009, 320, 324. 428 Auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688; ders./Engert, ZIP 2009, 1541, 546 ff.; Westpfahl/ Janjuah: Beil. zu 3/2008, 1, 15; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 595 f.; ders., ZGR 2011, 749, 761 ff.; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 268; Verse, ZGR 2010, 299, 310; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939 f.; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 559 u. 563; Haas, NZG 2012, 961, 963; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 12; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 251 Rn. 7; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 41; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 251 Rn. 2. auch – bei feststehender Überschuldung – H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364; weitergehend Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 104 (Eingriff nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern geboten), wohl ebenso Bitter, ZGR 2010, 147, 193. Ablehnend etwa Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459 f.; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 425 f.; – im Einzelfall differenzierend – ders., DB 2014, 41, 42; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1051; wohl auch Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053. 429 So bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 68; Bitter, ZGR 2010, 147, 191; Verse, ZGR 2010, 299, 310. Unlängst etwa Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz,

170

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Schutz auf einen Ausgleich des nach § 199 S. 2 InsO zustehenden Wertes des Anteilsrechts.430 Den Gesellschaftern muss keine Möglichkeit eingeräumt werden, einen – teilweisen oder vollständigen431 – Verlust ihrer Anteile durch einen Debt Equity Swap zu verhindern.432 Das Bundesverfassungsgericht hat zudem entschieden, dass es den „Wesenskern des Anteilsrechts“ nicht erfasse, wenn ein Anteilsrecht entzogen, dafür aber eine Barabfindung als Ausgleich für den Verlust des Anteils an der Vermögenssubstanz gezahlt wird. Wenn schon der Ausschluss der Minderheitsaktionäre – für die die Beteiligung nur noch Kapitalanlage aber kaum mehr Aussfluss eines unternehmerischen Interesses ist – durch einen Mehrheitsbeschluss und die Verwandlung des Aktieneigentums in einen schuldrechtlichen Anspruch auf den vollen Wert der Aktie unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig ist433, dann muss – in einem argumentum a fortiori bzw. a maiore ad minus – ein Entzug des Anteilsrechts mit Ausgleichanspruch möglich sein, wenn die insolvenzrechtliche Vorrangregel zum Tragen kommt, und das Anteilsrecht insolvenzbedingt entwertet ist.434 Die Angemessenheit des Eingriffs wird auch nicht in den Fällen in Zweifel gezogen, in denen die Abwägung im Rahmen der praktischen Konkordanz zu einem weniger eindeutigen Ergebnis führt. In all den Fällen, in denen der Schuldner nicht überschuldet oder zahlungsunfähig ist, sondern der frühzeitige Insolvenzantrag auf die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) gestützt wird, ist

Rn. 222. Zu einem anderen Schluss bei gleicher Ausgangsgrundlage – bestmögliche Gläubigerbefriedigung durch Haftungsmaximierung i. S. d. § 1 S. 1 InsO Haftungs – kommt Madaus, Der Insolvenzplan, S. 599 f.; ders., ZGR 2011, 749, 759. 430 Siehe die Begründung unter E.III.3. 431 Nicht nur ein Entzug durch einen Kapitalschnitt auf Null oder § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO stellt einen Eingriff dar, auch jedwede Aushöhlung oder Verwässerung durch die Kapitalmaßnahmen setzt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung voraus, auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 45. 432 A. A. Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 17 (Widerspruch der Altgesellschafter gegen Swap bei qualifizierter Mehrheit). 433 So das BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 263 ff. – Feldmühle. 434 So wohl auch Smid, DZWIR 2010, 397, 403; ders./Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.8. Jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 44. Aus diesem Erst-Recht-Schluss kann aber nicht geschlossen werden, dass in der Insolvenz die ausscheidenden Gesellschafter den gleichen Schutz genießen, wie bei Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern bzw. Minderheitsaktionären. Das in diesen Fällen für das höhere Schutzniveau verantwortliche Gesellschaftsrecht wird in der Insolvenz vom Insolvenzrecht überlagert. Dem grundsätzlichen Vorrang der Gläubigerinteressen gegenüber den Interessen der Gesellschafter und der spezifischen Insolvenzsituation ist Rechnung zu tragen. So ist beispielsweise bei börsennotierten Gesellschaften der Börsenwert kein taugliches Kriterium zum Bestimmung der Entschädigungshöhe, dazu sogleich unter E.V.2.a)cc)(d)(bb).

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

171

nicht auszuschließen, dass die Anteilsrechte einen nicht vernachlässigbaren Wert aufweisen.435 Teilweise wird für diese Konstellationen die Angemessenheit des Eingriffes bezweifelt.436 Doch auch in diesem Fall ist die Verhältnismäßigkeit zu bejahen. Ob die Insolvenzeröffnung früher oder später erfolgt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Gesellschaftern nicht gelungen ist, auf anderem Wege die Insolvenz abzuwenden, und es schon zu einer konkreten Gefährdung der Gläubigerinteressen gekommen ist.437 Auch in dieser Situation gebührt den Gläubigern gegenüber den Anteilseignern der Vorzug.438 Solange sichergestellt ist, dass die Gesellschafter – denen es frei steht, das Insolvenzverfahren mit Nachschüssen jederzeit zu beenden439 – vollumfänglich entschädigt werden, ist auch in diesen Sachverhalten ein pauschale Verdrängung mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vereinbar.440 Die Praxisrelevanz solcher Überlegungen ist indessen eher zweifelhaft: Zumindest bisher sind auf § 18 InsO gestützte Anträge nicht nur äußerst selten, auch camouflieren sie regelmäßig Überschuldungssituationen441. Ob sich frühzeitige Verfahrenseinleitungen nach der Reform der

435 Wenig überzeugend Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829, der andere Faktoren als den Kapitalwert für die Bemessung der Werthaltigkeit heranzieht („Der Wert des Eigentums an einem Unternehmensanteil kann aus Sicht des Anteilsinhabers weit höher sein, als der ihm innewohnende Kapitalwert. Man denke etwa an mittelständische Unternehmen, deren Anteile in x-ter Generation gehalten und weitergegeben werden.“). 436 Etwa Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. I. E. wohl auch K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087 f. 437 So jetzt auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 39. I. E. jetzt auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202; der auch darauf hinweist, dass nur die Gesellschaft selbst einen Antrag nach § 18 InsO stellen kann und daher die Gesellschafter einen Anteilsverlust selbst herbeiführen. 438 So wohl auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524 (Fn. 100); auch insoweit sei erneut auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Ausschlusses von Minderheitsaktionären durch aktienrechtliche Struktur- und Umwandlungsmaßnahmen verwiesen. Deren Zulässigkeit ist bei der werbenden, gesunden Gesellschaft gegeben, daher ist der Ausschluss auch in der frühzeitig eingeleiteten Insolvenz zulässig, soweit die volle Entschädigung gewährleistet ist. Vgl. auch – die Ausstrahlwirkung der insolvenzlichen Wertungen zum Schutz der Gläubigerinteressen bejahend – Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1847 ff.; Meyer-Löwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065 ff. Ansätze bereits bei Hirte, ZGR 2010, 224, 231 ff. Vgl. auch Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2334 (Umfragemehrheit pro sog. „shifting of fiduciary duties“). Dagegen etwa Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 75. A. A. Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (Unangemessenheit des Eingriffs bei Restwert der Anteilsrechte). 439 Etwa Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Fischer, NZI 2013, 823, 829 f.; Fischer, NZI 2013, 823, 829 f. Vgl. auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524. 440 Auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 44. Zu den Überlegungen, den Gesellschafter den Erhalt einer Beteiligung zumindest über die Teilnahme an einer Barkapitalerhöhung zu ermöglichen, vgl. K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580. Vgl. hierzu auch unter E.VI.3.b). 441 Siehe etwa Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 18 Rn. 1 („verdeckte Überschuldungssituationen“); K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1605; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 199.

172

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Insolvenzordnung durch das ESUG und die Änderungen im Bereich der Eigenverwaltungen häufen, wird die Sanierungspraxis zeigen.442 (cc) Entwertung der teilhaberechtlichen Komponente Auch die mitgliedschaftsrechtlichen Elemente (gesetzliche und satzungsmäßige Leitungsbefugnisse) unterfallen der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie. Der mit der Möglichkeit, in der Insolvenz die Hauptversammlungszuständigkeit durch die Zuständigkeit der Beteiligtenversammlung zu ersetzen oder Anteilsrechte zu übertragen, verbundene Eingriff in die anteilsrechtlichen Teilhabe- und Mitwirkungsrechte ist aber nicht unangemessen.443 Dieser Bestandsteil des Anteilsrechts ist – wie die vermögensrechtliche Komponente – in der Insolvenz entwertet.444 Zudem tritt die mitgliedschaftliche Komponente der Gesellschafterstellung bei Kapitalgesellschaften in den Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass bei (Minderheits-) Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, und insbesondere an Aktiengesellschaften, die unternehmerische Entfaltung gegenüber der Vermögensanlage in den Hintergrund tritt, weil der Anteilseigner nicht erwarten kann, unternehmerischen Einfluss zu üben. Die Teilhabe- und Mitwirkungsrechte flankieren die Vermögenskomponente als Ausdruck der vorrangigen Kapitalanlagefunktion der Beteiligung.445 Die Entwertung der Teilhabe- und Mitgliedschaftsrechte offenbart sich in der Insolvenzsituation durch eine erhebliche Beschränkung des Ausübungsspek-

442 Kritisch für auf § 18 InsO gestützte Anträge Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202 („gesellschaftsrechtlicher Selbstmord“). 443 Ebenso Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 10; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 222 ff.; Hölzle, KTS 2011, 291, 319; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 8; a. A. etwa Madaus, ZGR 2011, 749, 761 ff.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 428. 444 Daher führt es auch nicht weiter, eine Treuepflicht der Anteilseigner heranzuziehen, um die Unangemessenheit eines Eingriff zu rechtfertigen (so Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819, dagegen Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110 [eklatante Rechtsunsicherheit]). Vgl. auch Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939 (Rechtfertigung der Einbeziehungsmöglichkeit mit gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht). Vgl. auch Spliedt, ZIP 2013, 2155 2156. Zur Frage der Existenz und Reichweite von gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten in der Insolvenz bereits unter E.II.1.b). 445 Das Bundesverfassungsgericht stellt zumindest in seinen Entscheidungen für das Aktieneigentum ganz regelmäßig nur auf Art. 14 GG ab. Die mitgliedschaftliche Komponente tritt im Vergleich zur vermögensrechtlichen Komponente in den Hintergrund, etwa BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, 273 ff. – Feldmühle; v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 353 ff. – Mitbestimmung; auch BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 304 – DAT/Altana; hierzu etwa Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

173

trums. Die Gesellschaft gilt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens als aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 GmbHG), hat ihre werbende Tätigkeit eingestellt und ist auf die Gläubigerbefriedigung gerichtet (§ 268 Abs. 1 S. 1 AktG, § 70 Abs. 1 S. 1 GmbHG)446: Das Gesellschaftsvermögen dient nur der Befriedigung der Gläubiger und verliert die Funktion, als Mittel zur Erzielung von Einkünften der Gesellschaft zu dienen. Entscheidungen, die diesem insolvenzrechtlichen Abwicklungsziel entgegenlaufen, können die Organe und Gesellschafter nicht mehr treffen.447 Außerhalb des insolvenzfreien Bereichs werden die Teilhabe- und Mitwirkungsrechte durch die §§ 80 ff. InsO verdrängt.448 Das Recht auf organisatorische Selbstbestimmung einer auf wirtschaftliche Betätigung gerichteten Gesellschaft ist nur solange geschützt, solange sie ihre Verbindlichkeiten vollständig erfüllen kann. Die insolvenzbedingt „wirkungsentkleideten Mitglieds- und Teilhaberechte“ stehen in praktischer Konkordanz zu den prioritären Eigentumsrechten der Gläubiger.449 Aus der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge nach § 199 S. 2 InsO folgt der Vorrang der Gläubiger.450 Aus dieser Befriedigungshierarchie folgt, dass der Fortführungswert zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehen muss.451 Bedingt die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger einen Zugriff auf den Fortführungswert und ist dies nur durch eine rechtsträgererhaltende Sanierung möglich, so ist ein Eingriff in die entwertete mitgliedschaftliche Komponente nicht unangemessen, da auch auf alle anderen Befriedigungsvarianten (Liquidation im Regelverfahren, Liquidation im Wege der übertragenden Sanierung) der Verlust der Mitgliedschaft folgt.452 Aus diesem Grund ist auch der Eingriff in die Anteilsrechte eines Mehrheitsgesellschafters angemessen.453

446 Ebenso Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 3. Zur dogmatischen Frage, ob der Gesellschaftszweck mit Insolvenzeröffnung geändert oder nur durch durch § 1InsO überlagert wird, die Darstellung bei Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 4 ff. 447 Etwa Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 137; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 268 ff. 448 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 8. 449 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 8; in diesem Sinne auch Thole, ZIP 2013, 1937, 1943; a. A. Madaus, ZGR 2011, 749, 756 ff. 450 Für Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.8 sei das aus Art. 14 GG resultierende Argument des verfassungsrechtlichen Bestandschutzes von Aktionärsrechten zwar dogmatisch zwingend, ein gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft stärkerer Schutz aber sinnlos. 451 Hierzu unter E.III.3.a). 452 So auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 10 („kein Schutz, wenn Mitverwaltungsrecht de facto leerläuft“); Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 222, 226. I. E. auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 27. 453 So auch Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939.

174

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

(dd) Zwischenergebnis Die mit der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG geschaffene Möglichkeit der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren kann, ist ein Eingriff in das durch Art. 14 GG geschützte Anteilseigentum im Wege einer Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Stärkung des Planverfahrens dient mit der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung einem legitimen Zweck und ist zur Zielerreichung geeignet. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Die Angemessenheit ergibt sich aus der Priorität der ebenfalls durch Art. 14 GG geschützten Gläubigerinteressen und der Stellung der Anteilseigner als Residualberechtige der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie: Die vermögens- und teilhaberechtliche Komponente ihres Anteils ist insolvenzbedingt entwertet.454 cc) Erforderlichkeit einer Entschädigung (1) Verfassungsrechtliche Gebotenheit Aus der Einordnung als Inhalts- und Schrankenbestimmung folgt, dass Gesellschafter nicht nur angemessen (Art. 14 Abs. 3 S. 3 GG), sondern für den Verlust ihres Eigentumsrechtes voll entschädigt werden müssen.455 Der gebotene Schutz im Insolvenzplanverfahren wird durch §§ 245 Abs. 3, 251, 253 InsO realisiert.456 Spezifische Entschädigungsregelungen sind nicht nötig.457 Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot folgt somit, dass den Altgesellschaftern ein Restwert der Anteile voll entschädigt werden muss.458 Es folgt aber auch daraus, dass bei wirtschaftlicher Wertlosigkeit der Gesellschafterposition ein entschädigungsloser Entzug hinzunehmen ist.459 Von entscheidender Bedeutung ist hingegen die 454 Für die Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4.11.1950, zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 v. 13.5.2004 m. W. v. 1.6.2010, BGBl. 2010 II S. 1198) gilt nichts abweichendes, hierzu Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, S. 120 f. 455 Vgl. nur BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 303 ff. – DAT/Altana m.w. N. 456 Haas, NZG 2012, 961, 965; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 436 f. Kritisch Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (Schutzlosigkeit der Altgesellschafter). Zur Überlagerung des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Minderheitenschutzes durch das Insolvenzrecht unter E.VI.2. 457 Der Diskussionsentwurf zum ESUG sah noch eine ausdrückliche Entschädigungsregelung vor, § 225a Abs. 4 DiskE-ESUG (BMJ, Disk ESUG, Beil. 1 zu ZIP 28/2010, S. 1, 4). Eine solche ausdrückliche Regelung, zusätzlich zur allgemeinen insolvenzplanrechtlichen Entschädigungsregelung, wäre aber nur dann notwendig, wenn sich der Eingriff in die Gesellschafterrechte als Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG darstellte und es einer solchen Entschädigungsregelung nach der Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG bedürfte. Siehe Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 641. 458 Vgl. nur Verse, ZGR 2010, 299, 310; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 41. 459 Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688. Vgl. die – völlig unwirtschaftliche – Begründung der ausnahmsweisen Werthaltigkeit bei Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (hö-

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

175

Frage der Höhe der Entschädigung bei einem Entzug der Anteilsrechte im Rahmen einer insolvenzlichen Sanierung mittels Insolvenzplan. Zur Bestimmung der Höhe der vollen Entschädigung ist der Wert des betroffenen Anteilsrechts zu ermitteln. Fraglich ist hierbei, ob der Liquidationswert oder der Fortführungswert oder ein etwaiger Börsenwert (bei einer börsengängigen Aktiengesellschaft) maßgeblich ist. (2) Höhe der Entschädigung (a) Liquidationswert Ein Teil der Literatur will die Anteilseigner so stellen, wie sie bei unterstellter Abwicklung stünden und gesteht ihnen demnach nur den Liquidationswert zu460; nur wenn nach der Saldierung des Vermögens der insolventen Gesellschaft mit den Verbindlichkeiten ein Überschuss verbleibe, sei ein Liquidationswert anzunehmen, der zu einem Anspruch aus § 199 S. 2 InsO folge.461 Am Wertsteigerungspotenzial (upside potential) soll nur der profitieren, der sich mit Beiträgen (Gläubiger im Rahmen des Debt Equity Swap) an der Sanierung beteilige und deren wirtschaftliches Risiko trage.462 Sanierungsmaßnahmen und Wertsteigerungen im Insolvenzverfahren seien nicht den Anteilseignern zuzurechnen.463 Auch der Gesetzgeber führe den Liquidationswert als maßgeblich an464, wie herer Wert als Kapitalwert, bei Anteilen an „mittelständischen Familienunternehmen, deren Anteile in x-ter Generation gehalten und weitergegeben werden.“). 460 Dabei wird darauf hingewiesen, dass sich der Wert der Rechte der Beteiligten in einem Insolvenzverfahren bestimmt stets nach der Abwicklung des Unternehmens im Regelinsolvenzverfahren, also nach dem Liquidationswert richte, was für Insolvenzforderungen durch das BVerfG bereits festgestellt wurde (v. 26.4.1995 – 1 BvL 19/94, et.al. BVerfGE 92, 262, 272) Wohl auch BVerfG v. 26.11.2009 – 1 BvR 339/09, ZIP 2010, 237, 238. 461 Etwa Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 7; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295; Bitter, ZGR 2010, 147, 192 f. Differenzierend H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 (bestmögliche Verwertung nach §§ 160 ff. InsO bei konkreten Aussichten). 462 Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S: 36; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8 (unter Hinweise auf BGH v. 4.3.1998 – II ZB 5/97, BGHZ 138, 136, 139 f.; v. 19.7.2010 – II ZB 18/09, BGHZ 186, 229, 237 – Stollwerck); H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 15 ff. 463 Für die Zuweisung des reorganisationsbedingten Mehrwerts an die Gläubiger etwa Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; vgl. auch Marotzke, JZ 2009, 763, 767; Bork, ZIP 2010, 397, 408 (Fn. 107); Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432; differenzierend für den sanierungswilligen Gesellschafter wohl K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 579. A. A. etwa Verse, ZGR 2010, 299, 311; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2240. Wohl auch Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1417; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087. 464 Reg ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 34 f. Vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124.

176

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

auch bei der Bemessung des Abfindungsanspruches nach § 254 Abs. 5 InsO.465 Angesichts der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie und unter Berücksichtigung der Überschuldung der Schuldner in den allermeisten Fällen, führt dieser Ansatz zu einem entschädigungslosen Ausscheiden der Anteilseigner.466 (b) (Fortführungs-)Wert der reorganisierten Unternehmung Die Gegenauffassung lehnt es ab, den Liquidationswert für die Bemessung der Entschädigung zugrundezulegen: Die Gesellschaft sei als Rechtsträger das Mittel, ohne den der reorganisationsbedingte Wertzuwachs nicht nutzbar gemacht werden könne. Dieser sei daher bei Eingriff in die Anteilsrechte im Rahmen der Entschädigungsbemessung zu berücksichtigen: Die Gesellschafter seien in einer Höhe zu entschädigen, welche die Fortführungswerte unter Zugrundelegung eines anerkannten Bewertungsverfahrens – etwa der Ertragswertmethode467 oder des Discounted Cash Flow-Verfahrens – berücksichtigt.468 Mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der vollen Entschädigung sei es unvereinbar, wenn der sich aus der rechtsträgererhaltenden Sanierung gegenüber der übertragenden Sanierung ergebende Fortführungswert nicht bei der Abfindung berücksichtigt werde und einzig das Regelinsolvenzverfahren als Vergleichsmaßstab diene.469 In der Insolvenz gelte insoweit der gleiche Maßstab wie bei der Abfindungsbemessung im Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters: Hier wie dort seien nach der Ertragswertmethode zukünftige Erträge bei der Bemessung zu berücksichtigen.470 (c) Börsenwert Handelt es sich bei Schuldnergesellschaft um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, kommt auch der Börsenwert der Aktie als Maßstab für eine Barabfindung in Betracht.471 Trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Überschuldung no-

465

Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. Nur Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 7; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19. Bereits Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688. 467 Das BVerfG (zuletzt v. 5.12.2012 – 1 BvR 1577/11, ZIP 2013, 260 ff.) erachtet die Ertragswertmethode als verfassungsrechtlich unbedenklich. 468 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1418; Verse, ZGR 2010, 299, 311; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2239 f. Wohl auch Brinkmann, WM 2011, 97, 100 f.; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087. Zuneigend auch Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. Letzlich schon K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 83. 469 Spetzler, KTS 2010, 433, 447 f. Wohl auch Smid, DZWIR 2010, 397, 403 („Ein völliger Ausschluss der Entschädigung der Anteilseigner für den Fall, dass die Gläubiger nicht 100% ihrer Forderungen erhalten [. . .] wäre aber mit den grundrechtlichen Rahmenbedingungen des Insolvenzplanverfahrens nicht vereinbar“). 470 K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 80; Spetzler, KTS 2010, 433, 447 f. 466

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

177

tieren die Aktien insolventer Aktiengesellschaften nicht bei Null, sondern zumindest – als sogenannte penny stocks – in einem niedrigen ein- oder zweistelligen Cent-Bereich.472 Wenn der Markt den Aktien diesen (Residual-)Wert zugesteht, so wird erwogen, diesen Wert zur Bemessung der Barabfindung heranzuziehen.473 Dies stimme auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bedeutung des Börsenkurses bei aktien- und umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen überein: So sind beispielsweise Aktionäre, die unfreiwillig aus einer Aktiengesellschaft ausscheiden, voll zu entschädigen.474 Die Entschädigungspflicht richte sich nach dem „wahren Wert“ der Beteiligung.475 Nur eine Entschädigung in Höhe des „wahren“ oder „wirklichen“ Wertes werde den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG an eine „volle Entschädigung“ gerecht.476 Die Aktionäre dürften nicht weniger erhalten, als bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum gleichen Zeitpunkt.477 Bei börsennotierten Gesellschaften wird vom Bundesverfassungsgericht deren Börsenkurs in einem bestimmten Zeitraum478 als Indikator für die Höhe der Entschädigung herangezogen, da die – durch den Börsenhandel möglicherweise gesteigerte – Verkehrsfähigkeit als wertbildende Eigenschaft des Aktieneigentums nicht unberücksichtigt bleiben dür471 Aus § 43 BörsG wird gefolgert, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht automatisch zur Beendigung des Börsenhandels führt; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9; hierzu siehe auch F.I.2.a). 472 K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2085; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108, die darauf hinweisen, dass auch ein den Ausschluss der Altaktionäre vorsehender Insolvenzplan hieran nichts ändert. 473 So wohl Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1940; Brand, KTS 2011, 481, 499 f.; Spetzler, KTS 2010, 433, 445; auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 46 f. 474 Grundlegend BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. – DAT/Altana; v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95 et al., ZIP 2000, 1670 – Moto Meter; v. 29.11.2006 – 1 BvR 704/03, ZIP 2007, 175, 176 – Siemens/Nixdorf und jüngst etwa v. 26.4.2011 – 1 BvR 2658/10, ZIP 2011, 1051, 1053 – T-Online/Deutsche Telekom m.w. N. Eingehend hierzu Bungert/Wettich, in: FS Hoffmann-Becking, S. 157 ff. u. Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 95 ff. 475 Das BVerfG stellt klar, dass Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich für die Wertermittlung von Unternehmensbeteiligungen keine bestimmte Methode vorsieht, v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 307 – DAT/Altana. 476 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. – DAT/Altana; v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95 et al., ZIP 2000, 1670 – Moto Meter. 477 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. – DAT/Altana und jüngst v. 26.4.2011 – 1 BvR 2658/10, ZIP 2011, 1051, 1053 – T-Online/Deutsche Telekom m.w. N. 478 Nur BVerfG v. 29.11.2006 – 1 BvR 704/03, ZIP 2007, 175, 176 – Siemens/Nixdorf m.w. N. Die Zeitspanne ist umstritten: OLG Hamburg v. 7.8.2002 – 11 W 14/94, NZG 2003, 89, 90; OLG Frankfurt v. 9.1.2003 – 20 W 434/93 et al., AG 2003, 581 f. (drei Monate); Hüffer/Koch, AktG, § 305 Rn. 44 (sechs Monate) m.w. N. Hierzu statt vieler Bungert/Wettich, in: FS Hoffmann-Becking, S. 157, 162 m.w. N.

178

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

fe.479 Eine Unterschreitung des Börsenkurses komme aber dann in Betracht, wenn der Verkehrswert tatsächlich geringer sei, weil der Börsenkurs – z. B. aufgrund außergewöhnlicher Kursentwicklung (Marktenge usw.) – nicht den besagten „wahren Wert“ der Aktie widerspiegelt.480 Dieser aktienrechtliche Ansatz wurde von der Literatur auch auf Eingriffe in Anteilsrechte an der Schuldnergesellschaft im Insolvenzplanverfahren übertragen. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze ließen sich für den Konflikt zwischen Gläubiger und Gesellschafter heranziehen, da die den Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zugrundeliegende Interessenlage mit der Situation in der Insolvenz vergleichbar sei.481 Die Entschädigungspflicht und die damit verbundene Frage der Bemessungsgrundlage sei notwendige Konsequenz der grundsätzlich zulässigen Möglichkeit, eine Aktionärsminderheit gegen ihren Willen aus einer Aktiengesellschaft zu drängen, wenn dies den Interessen eines Mehrheitsaktionärs entspricht. Ein gleichgearteter Interessenvorrang sei auch im Verhältnis von Gläubigern zu Altgesellschaftern gegeben.482 (d) Stellungnahme (aa) Maßgeblichkeit des Liquidationswerts Maßgeblich ist allein der Liquidationswert und nicht der Fortführungs- oder Börsenwert. Die Sanierung beruht allein auf der Fortführungsentscheidung der Gläubiger und ihren Sanierungsbeiträgen. Erlaubt die Sanierung einen Zugriff 479 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. – DAT/Altana; auch BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BVR 3142/07 et al., BVerfGE 132, 99, 123 – Delisting; hierzu etwa Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2431; etwa auch Hüffer/Koch, AktG, § 305 Rn. 36 ff. 480 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 309 – DAT/Altana; v. 29.11.2006 – 1 BvR 704/03, ZIP 2007, 175, 176 f. – Siemens/Nixdorf; v. 26.4.2011 – 1 BvR 2658/10, ZIP 2011, 1051, 1053 – T-Online/Deutsche Telekom; BGH v. 12.3.2001 – II ZB 15/00, BGHZ 147, 108, 118. 481 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Brand, KTS 2011, 481, 499 f.; Bay/Seeburg/ Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1940 f.; Spetzler, KTS 2010, 433, 445; wohl auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 46 f. Zweifel bei Verse, ZGR 2010, 299, 311 f. 482 Wohl auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1523 („Der Umstand, dass hier nicht nur der Mehrheit der Anteilseigner besondere Mehrheitsbefugnisse gegenüber der Minderheit der Anteilseigner eingeräumt werden, sondern – je nach Verlauf der Abstimmung in den Gruppen – der Mehrheit von Gläubigergruppen oder Mehrheiten in Gläubigergruppen gegenüber den Anteilseignern, nötigt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwischen diesen verschiedenen Gruppen und den Anteilseignern besteht eine rechtliche Beziehung, die verfassungsrechtlich dem Konnex zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter gleichzustellen ist. Mit dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Insolvenzverfahren. erlangen die Gläubiger die insolvenzspezifischen Mitverwaltungsrechte und damit Leitungsbefugnisse, die bis zur Insolvenzeröffnung den Anteilseignern zugewiesen waren.“).

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

179

auf den going-concern- bzw. Fortführungswert, so steht dieser den die Sanierung ermöglichenden Gläubigern, nicht den Gesellschaftern zu. Das zeigt schon der Vergleich mit der Regelinsolvenz, in dem es zur Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 GmbHG) und kompensationslosen Ausscheiden der Gesellschafter kommt.483 Auch führt ein Vergleich mit dem Ausschluss eines Gesellschafters aus der werbenden Gesellschaft angesichts der unterschiedlichen Ausgangspunkte nicht weiter. So wird übersehen, dass ein Mehrwert und zukünftiger Ertrag nur aufgrund der Zugeständnisse der Gläubiger, genauer: dem Absehen von der Liquidation und den Sanierungsbeiträgen (Verzicht usw.), möglich ist.484 Den diese Beiträge erbringenden Gläubigern muss der Fortführungswert zustehen, die Gesellschafter dürfen hiervon nicht über eine Bemessung der Entschädigung zum Fortführungswert profitieren.485 Zudem ist dieser Ansatz nicht mit der Systematik des Gesetzes zu vereinbaren: § 225a Abs. 5 InsO stellt ausdrücklich nicht auf den Fortführungswert ab.486 Ein qualitativer Unterschied zwischen beiden Arten des Ausscheidens ist nicht ersichtlich. (bb) Keine Vergleichbarkeit mit aktienrechtlichen Abfindungsansprüchen Der Börsenpreis der Aktien ist zudem kein geeigneter Indikator für die Bemessung der Entschädigung. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betrifft die Abfindung beim Ausscheiden aus der werbenden Gesellschaft (Abfindung nach §§ 304, 305 AktG oder im Zuge einer Veräußerung nach § 179a AktG).487 Das Ausscheiden der Anteilseigner aus Anlass der Insolvenz ist nicht auf einen Binnenkonflikt der Aktionäre zurückzuführen. Vielmehr stehen sich in

483 Wenig überzeugend daher Unverständlich Smid, DZWIR 2010, 397, 403 (Ein völliger Ausschluss der Entschädigung der Anteilseigner für den Fall, dass die Gläubiger nicht 100% ihrer Forderungen erhalten [. . .] wäre aber mit den grundrechtlichen Rahmenbedingungen des Insolvenzplanverfahrens nicht vereinbar“). Genau das ist aber doch der Fall bei Liquidation. 484 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f.; a. A. Spetzler, KTS 2010, 433, 446 ff. 485 Diese Überlegungen stützt auch die Grundaussage des BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, 10 ff. – Sanieren oder Ausscheiden, nach der es im Zusammenhang einer vorinsolvenzlichen Sanierung den sanierungswilligen Gesellschaftern nicht zuzumuten sei, sanierungsunwillige Mitgesellschafter durch deren Verbleib in der Gesellschaft eine Teilnahme am Sanierungserfolg zu ermöglichen. Diese sollten vielmehr so stehen, wie es Konsequenz ihrer Entscheidung ohne Sanierung wäre: der Liquidation der Gesellschaft und Verlusttragung. Hierzu auch unter E.III.3.a). 486 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. Auch Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 17 f. (Bewertung der Anteilsrechte zu Fortführungswerten „de lege lata [arg. § 225a Abs. 5 InsO] nicht mehr haltbar.“). 487 Ebenso Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466 f.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9, H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f.; auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295.

180

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

der untersuchten Situation die Gesellschafter einer faillierten Gesellschaft und deren Gläubiger gegenüber.488 Das Bundesverfassungsgericht zieht den Börsenkurs für die Bewertung nur heran, um Bewertungskonflikte beim – atypischen, weil nicht mittels freier Veräußerung erfolgten – Ausscheiden von Minderheitsgesellschaftern zu lösen. Daher sind die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Bemessungsleitlinien der „Feldmühle“ 489 und „Squeeze-out“-Entscheidungen490 nicht übertragbar.491 Bei dem erzwungenen Ausscheiden im Rahmen eines Squeeze-out oder aus Anlass eines Unternehmensvertrages sollen sie nicht schlechter stehen, als bei der börslichen Veräußerung ihrer Aktien im Rahmen einer freien Deinvestitionsentscheidung.492 Im Ergebnis handelt es sich damit um Schutzvorkehrungen zugunsten des Minderheitsaktionärs.493 Diese Sachverhalte sind aber nicht mit der Insolvenzsituation vergleichbar: Außerhalb der Insolvenz stehen die Interessen der Gesellschaftsfraktionen grosso modo gleichberechtigt gegenüber.494 In der Insolvenz genießen die Gläubiger aber gemäß § 199 S. 2 InsO gegenüber den Gesellschaftern den Vorrang.495 Die insolvenzrechtliche Verteilungsreihenfolge darf nicht durch Heranziehung des Börsenpreises zur Bestimmung der Maßgeblichkeit des Entschädigungsanspruchs aufgeweicht werden.496 Das ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Angemessenheit bei aktienrechtlichen Abfindungsansprüchen: der Förderung wohlfahrtssteigernder Transaktionen.497

488 Ebenso Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466 f.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9; auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295. Das verkennen etwa – im Zusammenhang mit der causa Suhrkamp – Brünkmanns/Uebele, ZInsO 2014, 265, 266. 489 BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263 ff. – Feldmühle. 490 BVerfG v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261 ff. – Squeeze-out I; v. 19.9.2007 – 1 BvR 2984/06, ZIP 2007, 2121 f. – Squeeze-out II. 491 Genau das fordern aber Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938 ff.; im Ergebnis auch Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.20. 492 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9. 493 BVerfG v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261, 1262 f. – Squeeze-out I. 494 Die Regelung des § 327a AktG – die Möglichkeit zum aktienrechtlichen Squeeze-out – zeigt den Unterschied zwischen unternehmerisch beteiligtem Mehrheitsgesellschafter und Minderheitsgesellschafter, hierzu etwa Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1938. 495 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 502, 507; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466 f.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108 (Vergleich mit Regelinsolvenz maßgeblich); H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f. (Reorganisationswert steht Gläubigern zu); Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295; wohl auch Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1417. 496 Ebenso Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9 InsO (keine Schmälerung der Masse durch Abfindungskosten) m.w. N. 497 Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 42 u. 53.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

181

(cc) Zerrbild durch Spekulation Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Aktien insolventer Gesellschaften regelmäßig zum Spielball von Spekulanten werden, die kurzfristig auf besonders heftige Kursausschläge wetten, auf Zugeständnisse von Gläubigern hoffen oder im Einzelfall die gerichtliche Geltendmachung von Minderheitsrechten beabsichtigen.498 Der Börsenwert ist – insbesondere nach Widerlegung des volkswirtschaftlichen Dogmas der Unfehlbarkeit des (Kapital-)Marktes499 – in der hier untersuchten Situation ein ungeeigneter Indikator für die Bestimmung der Barabfindung.500 Der Börsenpreis der Aktie repräsentiert in diesen Fällen nicht einen fundamentalen inneren Wert, sondern stellt eine Wette auf die Teilnahme an einer erfolgreichen Sanierung oder die Zahlung einer „Lästigkeitsentschädigung“ dar.501 In der Insolvenz reduziert sich zudem nicht selten der Handel auf wenige Transaktionen, weswegen die gebildeten Preise noch anfälliger für Übertreibungen und missbräuchliche Beeinflussung sind. Auch wenn sich die Hoffnung der Spekulanten502 als unberechtigt heraus stellt, weil der Insolvenzplan einen vollständigen Verlust der Anteilseigner vorsieht, reduziert sich der Börsenwert irrationalerweise nicht auf Null.503 Richtigerweise verbrieft die Aktie in der Insolvenz der Gesellschaft einzig das Anrecht auf den Überschuss bei der Schlussver498 So auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 467; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295. 499 Etwa – sub specie §§ 304 f. AktG – Großfeld, NZG 2004, 74 („Die Effizienz des Marktes ist ein [religiös begründeter] Mythos“) und „Der Markt macht keine Fehler, oder doch?“, Handelsblatt v. 16.1.2010 (URL: http://www.handelsblatt.com/politik/ oekonomie/nachrichten/finanzkrise-der-markt-macht-keine-fehler-oder-doch/3347072. html – Stand: August 2014). 500 So auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110 f.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 295; die Gefahr spekulativer Verzerrung erkennen auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547; Verse, ZGR 2010, 299, 312. 501 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466, der prognostiziert, dass das ESUG zu einem Mehr an Spekulation mit den Aktien insolventer Gesellschaften führen wird; siehe auch Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110 f. Möglich ist aber genau das Gegenteil: Führt die Vertrautheit der Praxis mit den neu geschaffenen Sanierungsinstrumentarien zu einem regelmäßigen Herausdrängen der Anteilseigner als Folge der konsequenten Umsetzung der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge, könnte die zu weniger Spekulation und zu insgesamt realistischeren Börsenpreisen führen. 502 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1408 („Glücksritter“). 503 Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111 weisen richtigerweise daraufhin, dass der Börsenpreis in diesen Fällen nur noch eine Spekulation auf Abfindungszahlungen verkörpert, für die es keinerlei rechtliche Grundlage mehr gibt. Als Beispiel soll der Aktienkurs der insolventen Pfleiderer AG dienen. Der am 12.9.2012 beschlossene Insolvenzplan sah einen Debt Equity Swap mittels Kapitalschnitt auf Null und vollständigem Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre vor. Ungeachtet dessen fiel der Aktienkurs in der Folgezeit nicht auf Null, sondern es kam mitunter noch zu deutlichen Kursausschlägen, (historischer Aktienkurs unter URL: http://www.boerse.de/aktien/Pfleiderer/

182

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

teilung nach § 199 S. 2 InsO.504 Für die Bemessung der Abfindung ist der Börsenpreis kein geeigneter Indikator. Möchten die Anteilseigner auf den Börsenwert zugreifen, steht es Ihnen frei, ihre Beteiligung an der Aktiengesellschaft – sofern möglich – vor Wirksamwerden der Planmaßnahmen zu veräußern und so auf den Börsenwert zuzugreifen.505 (dd) Keine freie Deinvestitionsentscheidung in der Insolvenz Das Bundesverfassungsgericht begründet die Heranziehung des Börsenpreises einer Aktie zur Bestimmung des wahren Wertes zudem mit der besonders ausgeprägten Verkehrsfähigkeit von Aktien. Die – im Vergleich zu anderen Unternehmensbeteiligungen – erleichterte Handelbarkeit erlaube eine freie Deinvestitionsentscheidung. Die rechtliche Handelbarkeit sei ein fundamentaler Bestandteil der Vermögenskomponente und genieße verfassungsrechtlichen Schutz genieße.506 Eine Abfindung müsse sich daher an dem Börsenpreis orientieren, läge sie unter dem Börsenpreis würde der mit der freien Deinvestitionsentscheidung verbundenen Dispositionsfreiheit nicht hinreichend Rechnung getragen.507 Das Gericht hat zu Eingriffen im Rahmen eines aktien- oder übernahmerechtlichen Squeezeout, von Beherrschungsverträgen oder Verschmelzungen entschieden. In der Insolvenzsitutation mangelt es an der Möglichkeit der freien Deinvestitionsentscheidung.508 Spätestens mit Eintritt der Insolvenz ist die Dispositionsfreiheit im Sinne einer freien Handelbarkeit mangels funktionierenden Marktes eingeschränkt: Vielen verkaufsbereiten Veräußerern stehen wenig kaufbereite Interessenten gegenüber.509 DE0006764749, – Stand: August 2014). Zur Insolvenz der Pfleiderer AG etwa Pleister, GWR 2013, 220, 221 f.; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. 504 Siehe hierzu E.III.3.a). 505 Vgl. Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 108. 506 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. DAT/Altana. Der Verlust der Börsennotierung (Delisting) stellt aber keinen Eingriff dar, BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99 ff. – Delisting. 507 BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 305 ff. DAT/Altana und jüngst v. 26.4.2011 – 1 BvR 2658/10, ZIP 2011, 1051, 1053 – T-Online/Deutsche Telekom m.w. N. 508 Darüber hinaus stünden sich in der Insolvenz Gläubiger und Aktionäre gegenüber, nicht verschiedene Gesellschaftergruppen, es fehle an diesem für die Urteile des Bundesverfassungsgerichts typischen Gegenüber, siehe Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111. 509 Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111; wohl auch Brand, KTS 2011, 481, 499 f. („[. . .], so ist für die Bestimmung des Verkehrswertes maßgebend, ob und zu welchem Preis die Aktien des insolventen Unternehmen am Kapitalmarkt noch veräußert werden können. [. . .] nicht allein der Kurs der Aktie entscheidend, sondern auch der Aspekt der Verkaufsfähigkeit. Ohne potentielle Käufer wirkt die Verkehrsfähigkeit aber nicht werterhöhend. Damit ist die potentielle Möglichkeit eröffnet einen Aktionär abfindungslos aus einer börsennotierten Aktiengesellschaft auszuschließen.“).

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

183

(ee) Keine Ungleichbehandlung der einzelnen Aktienarten Keine Zustimmung verdient auch das Argument, dass die Entschädigungshöhe von der Stimmrechtsausstattung der betroffenen Anteilsrechte abhinge und etwa Inhaber von Stammaktien und Vorzugsaktien im Hinblick auf die Entschädigungshöhe wegen des Dividendenvorzugs keine Gleichbehandlung erfahren dürften.510 Für Stammaktien und Vorzugsaktien können keine unterschiedliche Gruppen nach § 222 InsO gebildet werden, da der Gewinnvorzug Letzterer nur vorinsolvenzlich ein wirtschaftliches Interesse verkörpert. Für eine unterschiedliche Behandlung gibt es daher keine Grundlage. Die Gegenauffassung begründet die erhöhte Entschädigungshöhe mit dem höheren Aktienkurs. Es wurde bereits festgestellt, dass der Aktienkurs kein geeigneter Maßstab für die Entschädigungshöhe ist.511 Außerdem sieht schon der Gesetzgeber – im Zusammenhang mit der Beteiligtenversammlung, § 238a InsO – die Stimmrechtsverteilung als unbedeutend an.512 Zudem verbrieft eine Vorzugsaktie an sich keinen höheren Anteil an dem Liquidationserlös, der eine vorgeschlagene Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte; Forderungen auf Nachzahlungen nicht geleisteter Vorzugsdividenden sind letztrangige Forderungen.513 Daher muss für Vorzugsaktionäre nicht zwingend eine eigene Gruppe im Sinne des § 222 Abs. 1 S. 1 InsO gebildet werden.514 (3) Zwischenergebnis Eingriffe in das durch Art. 14 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützte Anteilseigentum setzen zu ihrer Rechtfertigung die vollständige Entschädigung der Anteilseigentümer voraus. Das gilt auch für den Fall des Entzugs der Anteilsrechte in der Insolvenz. In diesem Fall richtet sich die Entschädigungshöhe nach dem zu erwartenden Liquidationswert: bei der überschuldeten Gesellschaft beträgt er immer Null. Ein eventuell noch vorhandener Börsenwert oder der reorganisationsbedingt gesteigerter Unternehmenswert sind für die Entschädigung unbeachtlich. Die zu binnengesellschaftlichen Konflikten bei börsennortierten Aktiengesellschaften ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Hinblick auf die Entschädigungshöhe nicht übertragbar, darüber hinaus mangelt es dem Börsenpreis der Aktien einer insolventen Gesellschaft – im Gegensatz zur 510

Spetzler, KTS 2010, 433, 445 f. Höchst fraglich ist, ob Vorzugsaktien in der Insolvenz überhaupt einen höheren Börsenpreis als Stammaktien aufweisen: Bei insolventen Unternehmen dürfte über § 140 Abs. 2 AktG eine Gleichbehandlung stattfinden. Vgl. auch BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 208 ff. (Stellung von Vorzugsaktionären in der Insolvenz). 512 So auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 256; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 238a Rn. 2. 513 BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 208 ff. (Stellung von Vorzugsaktionären in der Insolvenz). 514 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 256 f. 511

184

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

werbenden Gesellschaft – angesichts der spekulativen Verzerrung an Indizwirkung. Der Wert der reorganisierten Unternehmung ist nicht ausschlaggebend, da der reorganisationsbedingte Mehrwert auf den Sanierungsbeiträgen der Gläubiger beruht und in der Insolvenz allein ihnen zusteht. dd) Effektiver Minderheiten- und Rechtsschutz (1) Ausgangspunkt Unabdingbare Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der mit der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren verbundenen Grundrechtseingriffe ist ein effektiver Minderheiten- und Rechtsschutz im Sinne des Art. 14 GG, der den Altgesellschaftern eine gerichtliche Kontrolle erlaubt. Insoweit sind die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Entzug von Anteilsrechten heranzuziehen.515 Wenngleich die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Ausschlüssen aus der werbenden Gesellschaft ergangen sind, lässt sich den Ausführungen der Karlsruher Richter der Grundtenor entnehmen, dass jeder Eingriff in Art. 14 GG gerichtlicher Kontrolle unterworfen sein muss. Auch die Anteilseigner einer faillierten Gesellschaft müssen Zugang zu gerichtlicher Kontrolle der vorgesehenen oder durchgeführten Maßnahmen haben, denn auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens gilt der Verfassungsgrundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Aus diesem Grund wurden die Rechtsschutzmöglichkeiten des Insolvenzplanverfahrens an die Einbeziehung der Anteilseigner in das Planverfahren angepasst.516 Der Faktor Zeit ist für Sanierungen von entscheidender Bedeutung. Nimmt die Reorganisation zu viel davon in Anspruch, minimiert die Verzögerung die Erfolgsaussichten der Sanierung. Das Insolvenzverfahren konnte bisher durch Rechtsmittel gegen die gerichtliche Umsetzung des Insolvenzplanes erheblich verzögert werden.517 Der Wegfall des § 7 InsO im Jahr 2011518, der eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde ermöglichte, hat das Störpotenzial nur wenig vermindert.519 Sanierungsfreundlichkeit und effektiver Rechtsschutz stehen in ei515 Etwa – für Art. 14 GG – BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, 302 ff. – DAT/Altana, vgl. auch BVerfG v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/ 97, ZIP 2000, 1670 – Moto Meter, unlängst BVerfG v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04, ZIP 2007, 1261, 1262 – Squeeze-out I; v. 19.9.2007 – 1 BvR 2984/06, ZIP 2007, 2121, 2122 – Squeeze-out II; v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, ZInsO 2009, 445, 446 f. – Zwangsräumung m.w. N. So auch Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 41 (Geltung der Anforderungen des Rechtsschutzes für Aktionäre auch im Insolvenzplanverfahren). 516 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 34 r. Sp. Statt aller Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 251 Rn. 2 m.w. N. 517 Etwa Landfermann, WM 2012, 822, 823. 518 Art. 2 d. Gesetzes zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung v. 21.10. 2011, BGBl. I, S. 2082. 519 Thies, in: HambKomm-InsO, § 253 Rn. 1.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

185

nem Spannungsverhältnis. Bei der Beurteilung der Sanierungsfreundlichkeit des reformierten deutschen Insolvenzrechts ist daher bedeutsam, ob ein weniger störanfälliges Insolvenzplanverfahren die Notwendigkeit effektiven Minderheits- und Rechtsschutz ausreichend berücksichtigt. Ein Rechtsschutz ist dann effektiv, wenn er er einen umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung ermöglicht. (2) Minderheitenschutz Der von der Mehrheit der Gläubiger angenommene Insolvenzplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Bestätigung durch das Insolvenzgericht, § 248 InsO. Nach § 251 Abs. 1 InsO520 ist dem Plan auf Antrag521 eines Gläubigers oder eines Anteilseigners die Bestätigung zu versagen, sofern er dem Plan im Abstimmungstermin widersprochen hat (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO) und er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Letztere Voraussetzung dürfte für einen Anteilseigner angesichts des § 199 S. 2 InsO schon die erste kaum zu nehmende Hürde sein, da hier der Vergleich mit dem Liquidationswert ohne Planverfahren gezogen wird.522 Dieser Minderheitenschutz wird in Abs. 2 und Abs. 3 eingeschränkt. So setzt die Zulässigkeit des Antrags nach § 251 Abs. 2 InsO voraus, dass der Antragssteller spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft macht, dass er durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird. Trotz einer Schlechterstellung kann der antragstellende Beteiligte die Bestätigung des Planes indes nicht zwangsläufig verhindern. Nach § 251 Abs. 3 InsO ist ein Antrag, die Bestätigung des Insolvenzplans zu versagen, abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plans – etwa durch eine salvatorische Klausel im Insolvenzplan – Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist.523 520 Zu formellen Voraussetzungen des § 251 InsO statt vieler Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 3 ff. 521 Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Antragsstellung ist umstritten. Wegen der noch möglichen Änderungen im Vorfeld des Erörterungstermins kann der Antrag zutreffenderweise frühestens nach dessen Abschluss eingereicht werden, so auch Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 251 Rn. 5; Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 4. A. A. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 251 Rn. 16 (bereits nach Zustellung des Planentwurfs). 522 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 34 f.; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 640; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1608; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 107 f.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 251 Rn. 1; Willemsen/Rechel, ESUG, § 251 Rn. 4; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 251 Rn. 1. A. A. Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 251 Rn. 6a; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2240 (Fortführungswert). Differenzierend Spliedt, GmbHR 2012, 462, 467; ders., in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 6; Pleister, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 251 Rn. 2 u. 9 (bestmögliche Verwertung, etwa übertragende Sanierung bei konkreten Anhaltspunkten). 523 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 20 f.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 113; H.-F. Müller, DB 2014, 41, 44 (salvatorische Klau-

186

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Abs. 3 S. 2 stellt dabei klar, dass die Frage, ob der Beteiligte einen Ausgleich aus diesen Mitteln erhält, außerhalb des Insolvenzverfahrens vor den ordentlichen Zivilgerichten zu klären ist und Streitigkeiten hierüber die Umsetzung des Insolvenzplans nicht aufhalten. Die Erstreckung des Minderheitenschutzes auf die Anteilseigner soll sicherstellen, dass die Anteilseigner den Liquidationswert ihrer Rechtsstellung nicht verlieren und durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als bei einer Abwicklung des Rechtsträgers. Nach der Gesetzesbegründung soll damit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz in Art. 14 GG Rechnung getragen werden.524 (3) Rechtsschutz Dem eingeschränkten Minderheitenschutz steht eine Verschärfung der Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber. Ist der Schuldner keine natürliche Person, steht den an dem Schuldner beteiligten Personen gegen den Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt wird, nach § 253 Abs. 1 InsO (i.V. m. § 6 InsO) die sofortige Beschwerde zu. Nach Abs. 2 setzt die Erhebung der sofortigen Beschwerde voraus, dass der Beschwerdeführer dem Plan im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprochen hat (Nr. 1) und gegen den Plan gestimmt hat (Nr. 2). Einer Glaubhaftmachung nach Abs. 2 Nr. 3, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden kann, bedarf es – entgegen einer verbreiteten Auffassung525 – auch bei Beschwerden der Anteilseigner. Die formelle Beschwer mag angesichts der Insolvenzrealitäten eine Beschwerde faktisch ausschließen526; dies gilt aber nur bei Heranziehung des Liquidationswertes und berücksichtigt nicht, dass es bei frühzeitig eingeleiteten Anträgen Ausnahmen geben kann.527 Eine wesentliche Schlechterstellung soll nach der Gesetzesbegründung nur dann vorliegen, wenn im Vergleich zum Liquidationsszenario ohne Plan eine Abweichung von mehr als 10 Prozent vorliegt.528 Ob sich dies fachgerichtlich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Sachgerechter erscheint eine Einzelfallbetrachtung. sel minimiert Anfechtungsrisiko). Vgl. die Zweifel an der Praktikabilität bei Braun/ Heinrich, NZI 2011, 505, 509. Angesichts des § 199 S. 2 InsO bezweifeln etwa Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 25, die praktische Relevanz der Regelung. 524 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 34 r. Sp. 525 Thies, in: HambKomm-InsO, § 253 Rn. 13; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 253 Rn. 18. 526 Thies, in: HambKomm-InsO, § 253 Rn. 13; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 253 Rn. 18. 527 Keine Eingrenzung nehmen wohl auch Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848 vor. 528 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 35 r. Sp. Hierzu etwa Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 253 Rn. 10 f. Kritisch Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 88 f.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

187

Strittig war bisher, ob die formelle Beschwer als ungeschriebene Voraussetzung erforderte, dass der Beschwerdeführer vor dem Insolvenzgericht einen Minderheitenschutzantrag gestellt hat. Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, die forderten, dass der Beschwerdeführer zuvor seine verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, den Plan zu verhindern, ausgeschöpft haben müsste529, wurde ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO im Verfahren der Planbestätigung gefordert.530 Der Bundesgerichthof hat sich unlängst gegen dieses Verständnis einer Präklusion des Beschwerderechts ausgeprochen.531 Darüber hinaus weist das zuständige Landgericht die Beschwerde gem. § 253 Abs. 4 InsO unverzüglich zurück, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile des Beschwerdeführers überwiegen. Nach S. 2 ist dies nicht der Fall, wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt. Das Insolvenzgericht hat keine Abhilfebefugnis, § 253 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 InsO. Dem Beschwerdeführer ist in diesem Fall der Schaden, der ihm durch den Planvollzug entsteht, aus der Masse zu ersetzen. Da die Vorschrift gerade auf die Umsetzung des Insolvenzplans abzielt, stellt § 253 Abs. 4 InsO klar, dass der Schadensersatzanspruch nicht auf Naturalrestitution gerichtet sein kann: Die Rückgängigmachung der Wirkungen des Insolvenzplans scheidet aus. (4) Bewertung Den Altgesellschaftern wird es ganz regelmäßig schwerlich möglich sein, die Hürde des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO zu überkommen: Angesichts des § 199 S. 2 InsO und des Vergleichs mit dem Regelinsolvenzverfahren und der sich daraus ergebenden Wertlosigkeit der Anteile werden sie nicht glaubhaft machen können, durch den Plan schlechter gestellt zu werden.532 Nach § 253 Abs. 4 InsO ist zudem eine Beschwerde auf Antrag den Insolvenzverwalters unverzüglich zurückzuweisen, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, weil die Nachteile einer Verzögerung des Planvollzugs nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen. Damit 529

RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 19 l. Sp., 35 r. Sp. LG Berlin v. 24.2.2014 – 5 T 107/14, ZIP 2014, 893; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 253 Rn. 11 f.; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 253 Rn. 3; Willemsen/Rechel, ESUG, § 251 Rn. 7; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 253 Rn. 6; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 251 Rn. 6; G. Fischer, NZI 2013, 513, 515. 531 BGH v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442 ff. Schon Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 17 u. § 253 Rn. 6; Sinz, in: MünchKomm-InsO, § 251 Rn. 57. 532 Nur Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 436; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 68; Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. 530

188

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

kann der Suspensiveffekt der Beschwerde beseitigt werden. Diese – dem Freigabeverfahren nach § 246a AktG533 nachgebildete534 – Regelung verkürzt den Rechtsschutz aber nicht in erheblicher Weise.535 In der Insolvenz ist auch das Interesse der Altgesellschafter, die nun als Stakeholder und letztrangige Gläubiger verstanden werden, auf ein finanzielles verkürzt.536 Angesichts des Vorrangs der Interessen der Gläubiger, deren bestmöglicher Wahrnehmung das Planverfahren als Teil des Insolvenzverfahrens dient, ist die Möglichkeit der Beseitigung des Suspensiveffektes der Beschwerde notwendig; denn nur so sind rechtsbehelfsbedingte Verzögerungen in der zeitkritischen Sanierungssituation vermeidbar.537 Abzuwarten bleibt, ob die zuständigen Landgerichte den „schweren Rechtsverstoß“ vorschnell als gegeben ansehen. Damit wäre der Sinn des Verfahrens konterkariert.538 § 253 Abs. 4 S. 2 Inso ist daher nur anzuwenden, wenn ein ganz offensichtlicher Missbrauch vorliegt, etwa bei kollusivem Zusammenwirken. Angesichts des gesetzgeberischen Zieles, das Planverfahren vor verzögerndem Rechtsmitteleinfluss zu schützen.539 Dem Gesetzgeber scheint zudem bei Schaffung des § 253 InsO das letzte Quäntchen Mut gefehlt zu haben. Mit Blick auf den rein vermögensbezogenen Schutz des Insolvenzverfahrens ist es vorzugswürdig, das Verhältnis innerhalb des § 253 InsO umzukehren. Wie von Madaus unter Hinweis auf den Rechtsschutz des US-amerikanische Reorganisationsrechts vorgeschlagen540, wäre es konsequent, einer eingelegten Bechwerde den Suspensiveffekt dem Grunde nach zu versagen und nur ausnahmsweise auf Antrag des Beschwerdeführers eine aufschiebende Wirkung zu ermöglichen. Etwa wenn der Beschwerdeführer glaubhaft machen kann, dass nur der Aufschub der Planumsetzung den Eintritt schwerer Nachteile oder eine wesentliche Schlechterstellung vermeiden kann.541 Gelingt ihm dies nicht, ist der vermögensbezogene Schutz durch die Schadensersatzklage gesichert.

533

Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469. Beachtliche Argumente gegen die „Transplantation“ des aktienrechtlichen Freigabeverfahrens in das Insolvenzplanverfahren bei Madaus, NZI 2012, 597, 599. 535 So auch Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 251 Rn. 14a. 536 So auch Thole, ZIP 2013, 1937, 1945. 537 Ebenso Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 68 f., der zudem noch auf die Möglichkeit der Hinterlegung einer Schutzschrift entsprechend § 253 Abs. 4 InsO hinweist. Vgl. auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 253 Rn. 25. Vgl aber die Zweifel bei Thole, ZIP 2013, 1937, 1945. 538 Jetzt auch H.-F. Müller, DB 2014, 41, 45. Vgl. auch Heinrich, NZI 2012, 235, 239. 539 Ähnlich G. Fischer, NZI 2013, 513, 518 (Begünstigung einzelner Beteiligter). Wohl a. A. Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 253 Rn. 35. 540 Madaus, NZI 2012, 597, 600. 541 Madaus, NZI 2012, 597, 600 mit (Formulierungs-)Vorschlägen de lege ferenda. 534

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

189

Die Verkürzung auf vermögensbezogenen Rechtsschutz ist auch nicht zu beanstanden und entspricht der Logik des Insolvenzverfahrens.542 Es ist nicht einzusehen, warum Rechtsschutzinstrumentarien existieren sollten, mit denen sich die Anteilseigner gegen die Beeinträchtigung oder den Entzug ihrer Anteilsrechte wehren können.543 Ihr Recht ist in der Insolvenz entwertet und sie reihen sich mit ihrem Residualanspruch in die Befriedigungshierarchie ein.544 Dass mit den prognostischen Elementen – wie etwa der „voraussichtlichen Schlechterstellung“ – Unwägbarkeiten verbunden sind, ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos bei wirtschaftlicher Betätigung und unter Rechtsschutzgesichtspunkten unbedenklich.545 Für eine Bevorzugung gegenüber anderen Gläubigern durch weitergehende gesellschaftsrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten ist kein Raum.546 Neben dem spezifischen insolvenzrechtlichen Rechtsschutz der §§ 245 Abs. 3, 251, 253 InsO ist etwa eine aktienrechtliche Beschlussmängelklage – schon wegen fehlendem Hauptversammlungsbeschluss – unanwendbar.547 Flankierender Schutz bietet die insolvenzgerichtliche Prüfung der Bestätigungsentscheidung von Amts wegen nach § 250 Nr. 1 InsO. In Übereinstimmung mit dieser Auffassung hat auch das Bundesverfassungsgericht in der causa Suhrkamp den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Insolvenzplanverfahren unter Hinweis auf den ausreichenden Schutz des ex-post Verfahrens nach § 253 Abs. 4 InsO abgelehnt.548 Probleme wirft aber das Verhältnis von § 251 und § 253 InsO auf. Nach § 251 Abs. 3 InsO ist der Antrag abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plan ein „Kompensationstopf“ vorgesehen wird. Sieht der Plan solche Ausgleichsmittel vor, dann ist der Minderheitenschutz-Antrag des Anteilseigners – oder eines anderen Gläubigers – abzuweisen. In diesem Fall könnte der Abgewiesene sofort

542 Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1418; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111 f. Vgl. auch – sub specie § 246a AktG – OLG Frankfurt v. 23.2.2010 – 5 Sch 2/09, ZIP 2010, 2500, 2502. 543 Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 111 f.; Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 251 Rn. 9; a. A. Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829. 544 Siehe hierzu E.III.3.a)dd). 545 Zutreffend Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 251 Rn. 15. Auch Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 251 Rn. 13; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 254a Rn. 10. 546 Unverständlich daher das Attest Möhlenkamps, BB 2013, 2828, 2829 (Viel Verfahren, aber kein Schutz). Es gibt genau den Schutz, der im Insolvenzverfahren angemessen ist, das zeigt schon der Vergleich zu einem nachrangigen Gläubiger. 547 Ebenfalls H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 436; Fischer, NZI 2013, 824, 825 (kein aktienrechtlicher Minderheitenschutz). 548 BVerfG v. 17.10.2013 – 2 BvR 1978/13, ZIP 2013, 2163. Hier ging es vor allem um die Frage der Einwirkungsmöglichkeit auf das Insolvenzplanverfahren durch Drittgerichte unter Berufung auf gesellschaftsrechtliche Treuepflichten. Zu dieser Frage etwa Spliedt, ZInsO 2013, 2361 ff.; Stöber, ZInsO 2013, 2457 ff.; Möhlenkamp, BB 2013, 2828 ff., Schäfer, ZIP 2013, 2237 ff.

190

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

nach Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses549 Zahlungsklage auf Ausgleich der Schlechterstellung aus den Planmitteln erheben.550 Ausweislich des § 251 Abs. 3 S. 2 InsO wird das Begehren außerhalb des Insolvenzplanverfahrens entschieden. Gleichzeitig kann er aber gegen die Planbestätigung auch sofortige Beschwerde nach § 253 Abs. 1 InsO einlegen. Entscheidet er sich für Letzteres, dann droht ihm die Abweisung wegen Unzulässigkeit nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO, da nach § 251 Abs. 3 InsO Mittel zur Kompensation vorgesehen sind. Dann verbleibt ihm nur die Möglichkeit aus § 253 Abs. 4 InsO. Ist die Beschwerde hingegen zulässig, weil er nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO glaubhaft machen kann, dass die im Plan vorgesehenen Mittel keine ausreichende Rücklage bilden, ist die Beschwerde wirksam erhoben. Um den für die Reorganisation abträglichen Suspensiveffekt der Beschwerde zu überwinden, bleibt dem Insolvenzverwalter nur der Antrag auf Einleitung des Freigabeverfahrens bei dem Beschwerdegericht551 nach § 253 Abs. 4 InsO.552 Wird dies vom Gericht – etwa mangels besonders schweren Rechtsverstoßes – eingeleitet, steht dem ehemaligen Beschwerdeführer nur ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihm durch den Planvollzug entsteht.553 Wird dieser Anspruch klageweise geltend gemacht ist das Beschwerdegericht ausschließlich zuständig, § 253 Abs. 4 S. 4 InsO. Im Einzelfall554 hat der Anteilseigner bzw. Gläubiger die Wahl zwischen dem Anspruch aus § 251 Abs. 3 InsO und § 253 Abs. 4 S. 4 InsO. Beide unterscheiden sich erheblich555. Im ersten Fall handelt es sich um einen Ausgleichsanspruch, der ausschließlich auf Befriedigung aus den im Plan bereitgestellten Mitteln gerichtet ist. Ein Anspruch nach § 253 Abs. 4 S. 4 ist hingegen ein vollumfänglicher Schadensersatz, der gegen den Schuldner gerichtet ist. Welchen Weg es einzuschlagen gilt, ist demzufolge eine Frage des Einzelfalls.556 549

Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 25. Bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist die Klage gegen den Insolvenzverwalter zu richten, mit Erlöschen seines Amtes (§ 259 Abs. 1 InsO) ist die Gesellschaft der richtige Klagegegner; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 25. Vgl. aber Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 4 (auch Schuldner – § 20 Abs. 4 KredReorG analog). Hat ein Dritter etwa eine Bürgschaft übernommen, ist er der richtige Beklagte, sofern etwa auf die Einrede der Vorausklage verzichtet wurde, auch Sinz, in: MünchKommInsO, § 251 Rn. 41 (ohne die Einschränkung des § 771 InsO). 551 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 251 Rn. 16; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 253 Rn. 15; G. Fischer, NZI 2013, 513, 517; a. A. Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 89; Thies, in: HambKomm-InsO, § 253 Rn. 25. 552 Madaus, NZI 2012, 597, 599. 553 Madaus, NZI 2012, 597, 599 (Aus Kassation der Planbestätigung gerichtete Beschwerde wird Leistungsklage auf Schadensersatz gegen die Masse beim Prozessgericht). 554 Fallgruppenbildung bei Madaus, NZI 2012, 597, 599. 555 Missverständlich Madaus, NZI 2012, 597, 599 (Klagen gerichtet auf gleiches Interesse). Sie müssen auch nicht zwangsläufig bei dem gleichen Gericht geltend gemacht werden. Nur § 253 Abs. 4 S. 4 sieht die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts vor. 550

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

191

Im Ergebnis sind die Störmöglichkeiten durch die Begrenzung des Suspensiveffektes der Beschwerde erheblich eingeschränkt und rechtsschutzbedingte Verzögerungen minimiert – etwa auch durch § 253 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 InsO –.557 Die Notwendigkeit eines Nachweises der Schlechterstellung und die Möglichkeit des § 251 Abs. 3 InsO erlauben eine Durchführung des Planverfahrens bei ausgewogenen und sachgerechten Rechtsschutzmöglichkeiten. b) Vereinigungsfreiheit, Art. 9 GG aa) Eingriff in den Schutzbereich Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit sich zu privaten Vereinigungen des Rechts zusammenzuschließen und sichert so das Prinzip freier sozialer Gruppenbildung.558 Erfasst von dem Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit sind grundsätzlich auch Personen- und Kapitalgesellschaften, und damit auch die Gründung einer Aktiengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sowie die Teilhabe daran.559 Von Art. 9 GG geschützt ist nicht nur die Freiheit sich zusammenzuschließen, sondern auch die Freiheit, eine Vereinigung nicht zu gründen, ihr nicht beitreten zu müssen oder aus ihr auszutreten (negative Vereinigungsfreiheit).560 Die durch das ESUG und namentlich §§ 217 S. 2, 225a InsO geschaffene Möglichkeit der Einbeziehung der Anteilsrechte in den Insolvenzplan stellt einen Eingriff in den Schutzbereich dar.561 Dieser liegt nicht erst dann vor, wenn der 556

Madaus, NZI 2012, 597, 600. Beachtung verdient noch, dass seit dem 27.10.2011 die immer zulässige Rechtsbeschwerde zum BGH abgeschafft wurde (anders noch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 253 Rn. 12). Der entsprechende § 7 InsO wurde ersatzlos gestrichen. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde erfordert nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die ausdrückliche Zulassung. Nach Abs. 2 ist das nur der Fall, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Angesichts der Eilbedürftigkeit des Insolvenzplanverfahrens sollte hier ein enger Maßstab angelegt werden. Zu weit geht die Auffassung von G. Fischer, NZI 2013, 513, 520, der die Entscheidung des Beschwerdegerichts als nicht rechtsmittelfähig erachtet. 558 Scholz, in: Maunz/Düring, GG, Art. 9 Rn. 77. 559 Scholz, in: Maunz/Düring, GG, Art. 9 Rn. 60. 560 BVerfG v. 29.7.1959 – 1 BvR 394/58, BVerfGE 10, 89, 102; v. 31.3.1971 – 1 BvR 744/67, BVerfGE 30, 415, 426 – Kirchensteuerpflicht; v. 18.12.1974 – 1 BvR 430/ 65 et al., BVerfGE 38, 281, 298 – Arbeitnehmerkammer; v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 353 ff. – Mitbestimmung; v. 10.3.1992 – 1 BvR 454/91 et al., BVerfGE 85, 360, 370 – Akademieauflösung; v. 19.1.2001 – 1 BvR 1759/91 (sic!), WM 2001, 360, 361. Eingehend hierzu Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9 GG Rn. 46; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9 Rn. 42 jew. m.w. N. 561 A. A. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 105. Ebenfalls Bitter, ZGR 2010, 147, 196 f.: Da die Gesellschafter mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. mit Vorliegen des Eröffnungsgrundes die Anteile nur noch treuhänderisch für 557

192

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Insolvenzplan Kapitalmaßnahmen vorsieht, die zu einem (teilweisen) Ausscheiden der Anteilseigner führen oder der Insolvenzplan eine Regelung zur Übertragung der Anteile enthält. Tatsächlich liegt auch hier bereits immer dann ein Eingriff vor, wenn die ausschließliche Zuständigkeit der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung durch die Beteiligtenversammlung ersetzt wird. Dies ist schon immer dann der Fall, wenn der Insolvenzplan – auf die Fortsetzung der Gesellschaft abzielend – einen Fortsetzungsbeschluss nach § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG enthält und damit den Gesellschaftern ihr Liquidationsrecht entzieht.562 bb) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung (1) Vereinigungsfreiheit Art. 9 Abs. 1 GG kennt keinen ausdrücklichen Eingriffsvorbehalt; ein Eingriff kommt nur nach Maßgabe verfassungsimmanenter Schranken in Betracht.563 In der Literatur wird die Vereinbarkeit eines Eingriffs in Gesellschafterrechte in der Insolvenz mit der grundgesetzlich geschützten Vereinigungsfreiheit bezweifelt.564 Eine Rechtfertigung sei abzulehnen, da auch notleidendene und vermögenslose Gesellschaften in der Insolvenz das Recht hätten, über ihre Innenverhältnisse zu bestimmen.565 Auch in der Insolvenz der Gesellschaft schütze die Vereinigungsfreiheit die Verbandsautonmie und das daraus folgende Recht auf Selbstbestimmung über die eigene Organisation und auf autonome Willensbildung.566 Die Änderung der Satzung und des Gesellschafterkreises wiege als Eingriff derart schwer, dass er auch in der Insolvenz nicht gerechtfertigt sein

die Gläubiger halten, komme es nur auf deren Interesse an; den Altgesellschaftern fehle es an der Betroffenheit. Kritisch Brinkmann, WM 2011, 97, 100. 562 Vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 5; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 4; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 222. Rn. 10 (Gewandelter Gesellschaftszweck tangiert Mitgliedschaftsrecht). 563 Nur Scholz, in: Maunz/Düring, GG, Art. 9 Rn. 112 u. 148. 564 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364 f.; ders., KTS 2012, 419, 425 f.; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1812; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 596 ff.; ders., ZGR 2011, 749, 761 ff.; a. A. jetzt wohl aber ders., ZIP 2014, 500, 504 ff. 565 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364; ders., KTS 2012, 419, 425 f.; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1812; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 596 ff. (Mitgliedschaft wird durch Insolvenz nicht berührt); ders., ZGR 2011, 749, 761 ff.; a. A. jetzt wohl aber ders., ZIP 2014, 500, 504 ff. 566 Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1812; ders., ZInsO 2013, 2457, 2459; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Madaus, ZGR 2011, 749, 761 f.; Spetzler, KTS 2010, 433, 452.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

193

könne.567 Eigentumsrechtlich sei ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit nicht zu rechtfertigen.568 Dem kann nicht gefolgt werden. Der Eingriff in die Vereinigungsfreiheit ist aus den gleichen Gründen wie der Eingriff in die Eigentumsfreiheit gerechtfertigt. Richtig ist, dass die Mitgliedschaft in einer Kapitalgesellschaft nicht vollständig auf die vermögensrechtliche Komponente verkürzt werden kann. Die teilhaberechtliche – und von Art. 9 GG geschützte – Komponente ist Bestandteil der Mitgliedschaft im Verband. In der Insolvenz ist diese Komponente indes marginalisiert. Daher spielt es grundsätzlich auch keine Rolle, ob es sich um eine Beteiligung an einer börsengängigen Aktiengesellschaft handelt, bei der die mitgliedschaftliche Komponente gegenüber der vermögensrechtlichen Komponente weniger stark ausgeprägt ist569, oder etwa um eine personalistisch geprägtere Familiengesellschaft. 570 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Gesellschaftsvermögen – zu dem auch der gesamte Fortführungswert gehört – Haftungsobjekt und dem Zugriff der Gläubiger unterworfen.571 Die Fortführung ist alleinige Folge der Gläubigerentscheidung, die Gesellschaft nicht abzuwickeln.572 Die Teilhabe- und Mitgliedschaftsrechte sind situativ entwertet.573 In der Insolvenz genießen die durch Art. 14 GG geschützten Gläubigerrechte verfassungsrechtlichen Vorrang vor den – den Schutz des Art. 9 GG genießen-

567 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 596 ff. 568 Madaus, ZGR 2011, 749, 761 ff. (Verband vollstreckungsrechtlich unantastbar). 569 Das Bundesverfassungsgericht stellt zumindest in seinen Entscheidungen für das Aktieneigentum bzw. den aktienrechtlichen Minderheitenschutz ganz regelmäßig nur auf Art. 14 GG ab. Die mitgliedschaftliche Komponente tritt im Vergleich zur vermögensrechtlichen Komponente in den Hintergrund, etwa BVerfG v. 7.8.1962 – 1 BvL 16/ 60, BVerfGE 14, 263, 273 ff. – Feldmühle; v. 1.3.1979 – 1 BvR 532/77, et al., BVerfGE 50, 290, 353 ff. – Mitbestimmung; auch BVerfG v. 27.4.1999 – 1 BvR 1613/ 94, BVerfGE 100, 289, 304 – DAT/Altana; hierzu etwa Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1939; Madaus, ZIP 2014, 500, 504 f. 570 Eine solche Unterscheidung nehmen etwa Madaus, Der Insolvenzplan, S. 598; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 426 ders., DB 2014, 41, 42 (bzgl. Personengesellschaft), vor. 571 So auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 12. Vgl. Georgakopoulos, ZEuP 1995, 639, 641. 572 A. A. H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364 (private Gläubigerinteressen ungeeignete Legitimationsgrundlage für Eingriff in Vereinigungsfreiheit). 573 Ebenso – sub specie Art. 14 GG – Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 8 („wirkungsentkleidete Mitglieds- und Teilhaberechte“), so wohl auch Thole, ZIP 2013, 1937, 1943. A. A. K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609 (situativ reduzierte Teilhaberecht). Inkonsequent Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 17, die ein Recht der Altgesellschafter, dem Swap zu widersprechen, fordern). Deswegen bringt auch eine Unterscheidung zwischen Minderheits- und Mehrheitsgesellschafter nicht weiter, so aber wohl Madaus, ZIP 2014, 500, 504 ff.

194

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

den – Rechten der Anteilseigner.574 Dem Vorteil der Haftungsbeschränkung der Gesellschafter steht der Nachteil der Gläubiger, auf keinen unbegrenzten Haftungspool zugreifen zu können, gegenüber. Außerhalb der Insolvenz sind der Freiheit der mitgliedschaftlichen Betätigung aus Gründen des Gläubigerschutzes mit den Vorschriften über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung Grenzen gesetzt. In der Insolvenzsituation wird der Vorrang der Gläubigerinteressen noch deutlicher: Ist die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet, so besteht etwa nach § 15a InsO eine Insolvenzantragspflicht.575 Auch die an die Geschäftsleiter gerichteten Zahlungsverbote und Schadensersatzansprüche der § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG i.V. m. § 92 Abs. 2 AktG sowie § 64 S. 1 GmbHG sichern den Gläubigervorrang.576 Das mitgliedschaftliche Recht auf organisatorische Selbstbestimmung besteht nur solange, wie die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Verbindlichkeiten vollständig zu erfüllen.577 In der durch Überschuldung oder Illiquidität geprägten Insolvenzsituation ist dies nicht mehr der Fall. Das binnenorganisatorische Privilegium ist insolvenzbedingt marginalisiert, weswegen ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit gerechtfertigt ist.578 Dabei spielt es auch keine Rolle, für welche Befriedigungsalternative sich die Gläubiger entscheiden: Sieht der Insolvenzplan keine Abwicklung und Beendigung der Gesellschaft vor, sondern eine Reorganisation, so ist nicht ersichtlich, warum die Mitgliedschaft nun einen höheren Schutz verdient.579 In den Fällen, in denen der Erhalt des Rechtsträgers

574 I. E. Georgakopoulos, ZEuP 1995, 639, 641. A. A. Madaus, Der Insolvenzplan, S. 598 ff.; vgl. jetzt aber wohl – zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter – differenzierend ders., ZIP 2014, 500, 504 ff.; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1696 f. 575 So auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 10. 576 Hierzu etwa die Darstellung bei BGH v. 6.6.1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 194 ff. Sie sind auch Ausdruck des insolvenzrechtlichen Grundsatzes des par conditio creditorum, vgl. Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 14. 577 Das zeigt(e) sich auch an der Kompetenzverteilung zwischen Gesellschaftsorganen und Insolvenzverwalter bzw. Beteiligtenversammlung im Insolvenzverfahren, hierzu etwa Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 19 ff. Siehe jetzt auch zu einer vorinsolvenzlichen Einwirkung in das Kompetenzgefüge zum Schutz der Gläubigerinteressen Hölzle, ZIP 2013, 1846, 1847 ff.; MeyerLöwy/Pickerill, GmbHR 2013, 1065 ff. Vgl. auch Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2334 (Umfragemehrheit pro sog. „shifting of fiduciary duties“). Pointiert – zur Europarechtskonformität der haftungsrechtlichen Zuweisung der gesellschaftsrechtlichen Organisation – auch Georgakopoulos, ZEuP 1995, 639, 641 („Es gibt kein Recht, ein Unternehmen auf Kosten Dritter zu betreiben.“). 578 Noack, in: FS Röhricht, S. 455, 459; Jaffé/Friedrich, ZIP 2008, 1849, 1854; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 549 f.; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242, 268; Bitter, ZGR 2010, 147, 191; Verse, ZGR 2010, 299, 309; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416 f.; Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 12; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 24; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 12. A. A. – ungerechtfertigter Eingrif in Art. 9 GG – Drouven ZIP 2009, 1052, 1053; H.-F. Müller, KTS 2011, 1, 20; Madaus, ZGR 2011, 749, 761; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; ders., ZInsO 2013, 2457, 2460.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

195

für den Zugriff auf den Fortführungsmehrwert – und damit zur Verwirklichung der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung – notwendig ist, ergibt sich die Rechtfertigung für den Eingriff mithin aus dem Vorrang des über Art. 14 GG geschützten Forderungsrechts der Gläubiger.580 (2) Negative Vereinigungsfreiheit Verbleiben die Altgesellschafter – mit geringerer Beteiligungshöhe – in der Gesellschaft581, sehen sie sich nach der Durchführung des Debt Equity Swap mit neuen Mitgesellschaftern konfrontiert. Die Regeln über die Durchführung des Debt Equity Swap erlauben es damit, dass den verbleibenden Altgesellschaftern gegen ihren Willen neue Mitgesellschafter aufgedrängt werden.582 Darin wird von einigen Stimmen im Schrifttum ein Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit der Altgesellschafter gesehen.583 Diesem Eingriff 584 stehen jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Bei Aktiengesellschaften tritt die mitgliedschaftliche Komponente gegenüber der Vermögenskomponente in den Hintergrund. Der einzelne Aktionär hat auf die Gesellschafterzusammensetzung keinen Einfluss. Die Aktien sind ohne die Zustimmung der anderen Aktionäre regelmäßig frei handelbar. Darüber hinaus können sowohl bei der Aktiengesellschaft als auch bei der Gesellschaft mit 579 A. A. Madaus, Der Insolvenzplan, S. 596 ff.; Stöber, ZInsO 2013, 2457, 2459 ff. der aber übersieht, dass es sich bei der Reorganisation auch um eine Befriedigungsalternative handelt, in deren Rahmen § 199 S. 2 InsO Anwendung findet: § 199 InsO gilt nicht nur in einem Liquidationsszenario. Madaus verkennt, dass der sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebende Fortführungswert den Gläubigern zugewiesen sein muss und die propagierten konsensualen Verhandlungslösungen untauglich sind. Hierzu auch unter E.III.3.a). 580 Die Rechtfertigung der Zugriffsmöglichkeit ist notwendige Konsequenz der gesellschaftsrechtlichen Organisation. Wenn der Fortführungswert nur über eine Fortführung des Rechtsträgers vollstreckungsrechtlich zugänglich ist, dann kann die Vereinigungsfreiheit dem – angesichts der eindeutigen insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie und mangels Verkörperung und anderweitiger Zugriffsmöglichkeit auf diese Wertkomponente – nicht entgegenstehen. 581 Hierzu unter E.VII.4. 582 Brinkmann, WM 2011, 97, 100 f.; Hölzle, NZI 2011, 124, 128; ders., KTS 2011, 291, 322. 583 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364 ff.; ders., KTS 2011, 1, 20; ders., KTS 2012, 410, 425 f.; Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053; Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; Madaus, ZGR 2011, 749, 761 ff.; Hölzle, NZI 2011, 124, 128; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 9 f.; ders., KTS 2011, 291, 322 (Altgesellschaftern ist Kündigungsrecht zuzugestehen). 584 Nach Bitter, ZGR 2010, 147, 191, fehlt es am Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit der Altgesellschafter, da diese die Anteile nur noch treuhänderisch für den Insolvenzverwalter halten. Dagegen Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050.

196

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

beschränkter Haftung Kapitalerhöhungen und Bezugsrechtsausschlüsse mit Mehrheiten gegen den Willen einer Minderheit durchgesetzt werden.585 Außerdem gilt auch im Hinblick auf die negative Vereinigungsfreiheit, dass – als Folge der situativen Reduktion der Anteilsrechte in der Insolvenz – das Interesse der Gläubiger an einer Befriedigung durch Sanierung mittels Debt Equity Swap das Interesse der Altgesellschafter, den Kreis der Mitgesellschafter wählen zu können, überwiegt.586 Die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden gesellschaftsrechtlichen (Treue-) Pflichten begründen keine Belastung, die einen Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit unangemessen werden ließe. Für die Aktiengesellschaft sind diese Treuepflichten – deren konkrete Reichweite immer noch mit Unklarheiten behaftet ist587 – weniger stark ausgeprägt als in personalistisch geprägten Gesellschaftsformen. Auch begründen sie keine finanziellen Verpflichtungen. Gegenüber einem vertraglich ähnlich strukturierten Genussrecht wäre eine Aktionärsbeteiligung aufgrund der Mitverwaltungsrechte sogar eine Besserstellung.588 Aus den vorgenannten Gründen setzt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung eines Eingriffs auch kein generelles Austrittsrecht der nach einem Debt Equity Swap verbleibenden Altgesellschafter voraus.589 Eine Veränderung der Beteiligungsstruktur stellt für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft mangels personalistischer Prägung und Haftungsrisikos keinen wichtigen Grund zum Austritt im Sinne des § 225a Abs. 5 InsO dar.590 Auch für die an einer GmbH beteiligten Gesellschafter begründet die Aufnahme neuer Gesellschafter durch den Schuldentausch nicht zwangsläufig ein Austrittsrecht. Liegt indes im Einzelfall ein Ein-

585 So auch Landfermann, WM 2012, 821, 829; Schluck-Amend, in: FS HoffmannBecking, S. 1039, 1050. 586 In diesem Sinne wohl auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 105. Daher wäre auch ein Debt Equity Swap bei einer Aktiengesellschaft zulässig, deren Satzung ein Einstimmigkeitserfordernis für Kapitalerhöhungen und Bezugsrechtsausschlüsse vorsieht, anders wohl Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Altgesellschafter als Beteiligte des Planverfahrens ein Abstimmungsrecht besitzen, dass wengleich ohne praktischen Wert, doch eine Abstimmung zulässt. Ihre Position ähnelt insoweit der eines Minderheitsgesellschafters, wirtschaftlich betrachtet nehmen die Gläubiger indes die Position der Mehrheitsgesellschafter ein. Siehe bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1523. 587 Hierzu unter E.II.1.b). 588 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547; Bork, ZIP 2010, 397, 411. 589 So aber – offenbar ohne jedwede Einschränkung – Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 11; ders., KTS 2011, 291, 322; ders., NZI 2011, 124, 128; Brinkmann, WM 2011, 97, 101; H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364 ff.; Verse, ZGR 2010, 299, 312; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050 f.; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 24. Bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1529. 590 Angesichts der Insolvenzsituation und der hierdurch situativ entwerteten Anteile ist die Vorschrift des § 225a Abs. 5 eng auszulegen, siehe hierzu unter E.VII.7.

V. Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben

197

griff vor, so rechtfertigt sich dieser durch das Austritts- und Entschädigungsrecht des § 225a Abs. 5 InsO.591 Im Einzelfall kann eine besondere personalistische Prägung der schuldnerischen GmbH – trotz fehlendem Haftungsrisiko oder Nachschusspflicht – ein Austrittsrecht bei wichtigem Grund begründen.592 Für die nicht Gegenstand dieser Untersuchung bildenden Personengesellschaften mit persönlich haftenden Gesellschaftern spricht bereits im Hinblick auf ein mögliches Haftungsrisiko einiges für die verfassungsrechtliche Gebotenheit eines Austrittsrechts bei Veränderungen im Gesellschafterkreis.593 3. Grundrechtspositionen der Gläubiger Die negative Vereinigungsfreiheit schützt das Recht, sich nicht zu Vereinigungen zusammenzuschließen, bestehenden Vereinigungen fernzubleiben, solche aufzulösen und aus solchen auszutreten.594 Im Zuge des Debt Equity Swap werden aus Gläubigern Gesellschafter des Schuldners und damit Teil der Verereinigung Kapitalgesellschaft. Der Gesetzgeber hat sich für den Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit der Gläubiger entschieden. Wie sich aus § 225a Abs. 2 S. 2 InsO ergibt, ist eine Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteilsrechte an dem Schuldner ausgeschlossen.595 Formal abgesichert wird dieses Zustimmungserfordernis durch § 230 Abs. 2 InsO: Dem Insolvenzplan sind die zustimmenden Erklärungen der Gläubiger beizufügen, wenn der Plan eine Übernahme von Gesellschaftsanteilen vorsieht.596 Die neu geschaffenen Möglichkeiten des Eingriffs in die Rechte der Anteilseigner in der Insolvenz verletzen keine Grundrechte der beteiligten Gläubiger.

591 Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 24; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 225a Rn. 105. Siehe hierzu (und zur Frage, ob sich das Austrittsrecht nach insolvenzrechtlichen oder – außerhalb des Insolvenzverfahrens liegenden – gesellschaftsrechtlichen Maßstäben richtet) unter E.VII.7. 592 Brinkmann, WM 2011, 97, 100 f.; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; Landfermann, WM 2012, 821, 829; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 27; Spetzler, KTS 2010, 433, 452. 593 So bereits Verse, ZGR 2010, 299, 322 f.; wohl auch Spetzler, KTS 2010, 433, 452. 594 Statt vieler Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9 Rn. 42 m.w. N.; BVerfG v. 18.12.1974 – 1 BvR 430/65 et al., BVerfGE 38, 281, 298 – Arbeitnehmerkammer; v. 10.3.1992 – 1 BvR 454/91, BVerfGE 85, 360, 370 – Akademieauflösung; v. 19.1.2001 – 1 BvR 1759/91 (sic!), WM 2001, 360, 361. 595 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 28. 596 Der Diskussionsentwurf zum ESUG sah noch eine Zustimmungsfiktion für schweigende Gläubiger vor: BMJ, DiskE-ESUG, Beil. 1 zu ZIP 28/2010, S. 1, 11. So bereits Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, 129, 150 f. (Widerspruchslösung vorzugswürdig).

198

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

4. Ergebnis Die Regelungen des durch das ESUG reformierten Insolvenzplanverfahrens sind verfassungskonform: Die mit der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren verbundenen Eingriffe in Art. 14 und Art. 9 GG sind gerechtfertigt. Angesichts der insolvenzbedingten Entwertung der Anteilsrechte und unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie ist es zur Erreichung des Zweckes bestmöglicher Gläubigerbefriedigung angemessen auch auf die organisationsrechtliche Struktur der Schuldnergesellschaft zuzugreifen. Die Verkürzung der Anteilsrechte auf eine vermögensrechtliche Teilhabe an dem zu erwartenden Liquidationserlös ist sachgerecht und sichert das verfassungsrechtliche Gebot der vollen Entschädigung. Eine Begrenzung auf den insolvenzrechtlichen Rechtsschutz begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an effektiven Rechtsschutz.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht 1. Einleitung Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber die weitgehende gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts aufgegeben.597 War die Insolvenzordnung noch geprägt von einer weitgehenden598 gesellschaftsrechtlichen Enthaltsamkeit, so verzahnt das ESUG beide Rechtsgebiete. Der Insolvenzplan kann außer den in § 225 Abs. 2 InsO aufgeführten Maßnahmen, die für die Durchführung eines Debt Equity Swap charakteristisch sind, auch jede andere Regelung enthalten, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist; insbesondere den Fortsetzungsbeschluss oder die Übertragung bestehender Anteilsrechte, § 225 Abs. 3 InsO.599 Die formelle Entscheidungszuständigkeit für gesellschaftsrechtliche Maßnahmen wird damit von der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung auf die Versammlung der beteiligten Gläubiger und Anteilseigner übertragen.600 Insolvenzrechtliche Mehrheitserfordernisse ersetzen die gesellschaftsrechtlich für Strukturveränderungen erforderlichen. Damit sind eine Vielzahl von Plangestaltungen und Reorganisationsalternativen möglich.601

597 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 l. Sp. (Überwindung der strikten Trennung von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht). 598 Insolvenz- und Gesellschaftsrecht hatten bereits vor der ESUG-Reform punktuelle Berührungspunkte, hierzu etwa Haas, NZG 2012, 961 f. 599 Zu den vielfältigen Möglichkeiten dieser Regelung etwa Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 62 ff. 600 Haas, NZG 2012, 961, 964. 601 Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 31, bezeichnet Abs. 3 als „Magna Carta“ des Unternehmensinsolvenzrechts.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

199

Die Verzahnung von Gesellschaftsrecht und Insolvenzregime wirft weitreichende Fragen auf 602; insbesondere die nach dem Verhältnis beider Rechtsgebiete. Das Aktienrecht und das Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung stellen Regeln für Gründung, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung auf, sichern den Gläubigerschutz und regeln das Verhältnis der Organe zu den Gesellschaftern und den Gesellschaftern untereinander – etwa durch Vorschriften zum Minderheitenschutz und zur Gleichbehandlung603. Die gesellschaftsrechtliche Perspektive ist überwiegend auf Gründung und Bestand der werbenden Gesellschaft gerichtet.604 Das Insolvenzrecht regelt demgegenüber das Kollektivverfahren, das der bestmöglichen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung dient. Für die juristische Person – und damit auch für die hinter ihr stehenden Gesellschafter – verändert die Insolvenzeröffnung die Situation dramatisch. Die Gesellschaft wird de jure aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 GmbHG), die Gläubigerbefriedigung wird vorrangiger Gesellschaftszweck605. War vor der Reform der Insolvenzordnung die Mitgliedschaft in der Gesellschaft faktisch unantastbar, so erlaubt die Kompetenzverlagerung auf die erweiterte Gläubigerversammlung nun die Aufnahme gesellschaftsrechtlich zulässiger Maßnahmen in den Insolvenzplan, auf deren Umsetzung die Gesellschafter rechtstatsächlich keinen Einfluss mehr haben und die unter Umständen auch zu einem Verlust der Mitgliedschaft führen können (etwa durch Kapitalschnitt mit Bezugsrechtsausschluss auf Null).606 2. Überlagerung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen Außerhalb der Insolvenz wird den Gesellschaftern als Inhaber des Anteils- und Mitgliedschaftsrechts durch ein gesellschaftsrechtliches Regime Schutz vor Einfluss- und Vermögensverlust vermittelt: Das Gesellschaftsrecht schützt die vermögensrechtlichen und die mitgliedschaftsrechtlichen Elemente der Gesellschafterstellung: Sein Interesse als Anleger und Mitglied in einem Verband. Der Minderheitenschutz schützt Minderheitsgesellschafter vor den abträglichen Folgen der Verwaltungs- oder Mehrheitsmacht. Der gesellschaftsrechtliche Gleich602 Vgl etwa K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088 („Ewigkeitsthema“); Thole, ZIP 2013, 1937, 1937 (Neuordnung des bisher eher rudimentär und abstrakt behandelten Verhältnisses des Insolvenzrechts zum Gesellschaftsrecht durch das ESUG); Haas, NZG 2012, 961, 961; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 451. 603 Zu dem Gleichbehandlungsgrundsatz etwa Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, passim. 604 Statt vieler H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 4 f. 605 Ob es sch hierbei um eine nur temporäre Überlagerung des Gesellschaftszweckes durch § 1 InsO oder eine Änderung desselben handelt, ist umstritten, etwa H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 124 m.w. N.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 4 ff. 606 Siehe hierzu unter E.II.2.a).

200

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

behandlungsgrundsatz verbietet ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und Diskriminierung und legitmiert eine materiell-rechtliche Beschlusskontrolle.607 Abfindungsansprüche und ein Rechtsschutz durch Beschlussmängelklage ermöglichen eine Interessenwahrung des Gesellschafters. Wie bereits ausgeführt, ist dieses gesellschaftsrechtliche Regime als mitgliedschaftliches Kooperationsrecht auf die Abstimmung der an privatrechtlichen Organisationen beteiligten Interessen sowie Vermeidung und Lösung binnengesellschaftlicher Konflikte zugeschnitten. Die Gesellschafter stehen sich als Mitglieder der gleichen Gesellschaft dem Grunde nach gleichberechtigt gegenüber: Die Grundaspekte ihrer Mitgliedschaft sind schützenswert. In der Insolvenz verändert sich die Situation. Kann die Gesellschaft die Forderungen ihrer Gläubiger nicht mehr erfüllen, so offenbart sich eine Befriedigungshierarchie, die zwar schon außerinsolvenzlich angelegt ist608, sich aber erst in der insolvenzlichen Knappheitssituation in aller Deutlichkeit durch § 199 S. 2 InsO manifestiert. Als Eigenkapitalgeber tragen die Gesellschafter die unternehmerische Verantwortung: Dem Charakter des Eigenkapitals als Haftungsfonds entsprechend sind sie Residualberechtigte, denen alle Fremdkapital-Gläubiger vorgehen (§ 199 S. 2 InsO).609 Fraglich ist nun, welche Konsequenzen diese Verantwortung für das wirtschaftliche Scheitern der Unternehmung hat. Sicherlich führt es nicht zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Schuld der Gesellschaft, eine solche Durchgriffshaftung widerspräche dem in § 1 Abs. 1 S. 2 AktG und § 13 Abs. 2 GmbHG niedergelegten Prinzip der Haftungsbeschränkung, stellt doch allein das Scheitern der Unternehmung augenfällig kein Rechtsmissbrauch der Haftungsbeschränkung dar, mit dem sich eine Ausnahme rechtfertigen ließe.610 Die Entwertung der Anteilsrechte als Folge der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie und insolvenzbedingter Auflösung rechtfertigt aber nicht nur die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren und damit den Zugriff auf die Organisationsstruktur der Schuldnergesellschaft durch Verlagerung der Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung auf die erweiterte Gläubigerversammlung sowie eine weitgehende Verdrängung des Gesellschaftsrechts in Bezug auf formelle Anforderungen.611 Es bedingt überdies auch eine Überlagerung der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, des Minderheiten- sowie Rechtsschutzes – und ihrer Normierungen – durch den insolvenzrechtlichen Min-

607 Etwa Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, passim. 608 Etwa durch die Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung, Zahlungsverbote, Gläubigervorrang bei Auflösung usw. Siehe hierzu unter E.V.2.b). 609 Vgl. etwa Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 17. 610 Eine solche kommt nur seltenen Ausnahmen in Betracht, statt vieler Merkt, in: MünchKomm-GmbHG, § 13 Rn. 339 m.w. N. 611 Haas, NZG 2012, 961, 964 ff.; Fischer, NZI 2013, 823, 824 ff.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

201

derheiten- und Rechtsschutz612 sowie den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz par conditio creditorum.613 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens etabliert ein Primat des Insolvenzrechts.614 Das ist nur folgerichtig, da das organisatorische Selbstbestimmungsrecht einer auf wirtschaftliche Betätigung gerichteten Gesellschaft in der Insolvenz drastisch beschnitten ist und mithin die Anteilsrechte – sowie deren mitgliedschaftliche Teilhabe- und Mitwirkungsrechte – zu organisationsrechtlichen Formalpositionen marginalisiert sind.615 Angesichts der umfassenden Entwertung knüpfen an diese Formalpositionen keine gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen zugunsten der Gesellschafter an, wie sie außerinsolvenzlich – unter völlig veränderter Ausgangslage – vonnöten sind. Die Gesellschafter werden auch in Reorganisationen im Rahmen eines Planverfahrens richtigerweise als Gläubiger behandelt, deren aus dem Eigenkapitaleinsatz herrührender Anspruch gegen die Gesellschaft letztrangig ist, und können auf einen rein vermögensrechtlichen Schutz verwiesen werden. Das zeigt sich etwa auch an § 238a InsO, der gerade nicht auf die gesellschaftsrechtlichen (Stimmrechts-) Verhältnisse, sondern einzig auf die Beteiligung am gezeichneten Kapital abstellt.616 Auch weicht der Minderheitenschutz, der sich aus der Voraussetzung für eine qualifizierte Mehrheit ergibt: Für die Beschlussfassung in den einzelnen Gruppen reicht die einfache Mehrheit aus, § 244 InsO.617 Die Überlagerungswirkung des Insolvenzrechts ist dabei kein Sonderfall.618 So weist das Insolvenzrecht häufig einen Vorrang auf. Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen und das Insolvenzrecht überlagert als Kollektivverfahren das Recht der Einzelzwangsvollstreckung (§ 87 ff. InsO). Ein insolvenzrechtlicher Vorrang gilt auch gegenüber dem Vertragsrecht. Für gegenseitige Verträge sehen die §§ 103 ff. InsO Sonderregeln für gegenseitige Verträge vor: Der Insolvenzverwalter hat beispielsweise nach § 103 InsO die Wahlmöglichkeit, einen nicht vollständig erfüllten Vertrag zu erfüllen oder sich von diesem zu lösen. Lehnt der Insolvenzverwalter eine Erfüllung ab, ist die daraus resultierende Forderung wegen 612 §§ 251, 253 InsO statt §§ 241 ff. AktG. So auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 436. Vgl jetzt auch Fischer, NZI 2013, 823 ff.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 254a Rn. 10. 613 Vgl. im Hinblick auf den Rechtsschutz etwa BVerfG v. 17.10.2013 – 2 BvR 1978/13, ZIP 2013, 2163 f. 614 Haas, NZG 2012, 961, 964 ff.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 5. Dem US-amerikanischen Reorganisationsrecht wird ein solcher Vorrang bereits konstatiert, etwa H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 314. Einen Vorrang konstatierend, ihn aber ablehnend Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1051. Zweifelnd auch Spetzler, KTS 2010, 433, 445. 615 Hierzu bereits unter E.III.3.a)cc). 616 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466. 617 Kritik bei Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, 1387, 1394 (drastischer Bruch). 618 Auch Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1043.

202

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

der Nichterfüllung nur Insolvenzforderung nach § 38 InsO und wird nur quotal befriedigt. Dem Insolvenzverwalter steht es zu Sicherungseigentum zu verwerten (§ 51 Nr. 1 InsO), dem Sicherungseigentümer ist in der Insolvenz das Selbstverwertungsrecht entzogen.619 Auch ist das Aufrechnungsrecht eingeschränkt, § 94 ff. InsO.620 Weitere drastische Einschnitte sehen § 80 InsO mit dem Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts oder die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung vor, §§ 129 ff. InsO. All diese insolvenzrechtlichen Überlagerungen dienen der Umsetzung der insolvenzlichen Grundsätze: der Gleichbehandlung der Gläubiger und ihrer bestmöglichen Befriedigung entsprechend der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge. Das Primat des Insolvenzrechts zeigt sich auch an § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG, der ausdrücklich die Beschlüsse der Anleihegläubiger den Bestimmungen der Insolvenzordnung unterwirft. Die fehlende Zugehörigkeit der Anteilsrechte zur Insolvenzmasse im Sinne des § 35 InsO steht einer Überlagerung des Gesellschaftsrechts durch das Insolvenzrecht nicht entgegen.621 Bereits vor der Reform durch das ESUG wurde das Gesellschaftsrecht dort überlagert bzw. suspendiert, wo eine Fortgeltung der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften die Durchsetzung des Gläubigerinteresses auf bestmögliche Befriedigung gefährdete: So verloren die Gesellschaftsorgane nicht nur im Verdrängungsbereich, sondern in auch im dem Bereichen, in denen eine Entscheidung nachteilige Auswirkungen auf die Insolvenzmasse haben konnten (Überschneidungsbereich), die alleinige Entscheidungsbefugnis.622 Wenn schon im Hinblick auf die Gläubiger das Insolvenzrecht das Vertragsrecht überlagern kann, so ist eine solche Überlagerung in Bezug auf die Gesellschafter erst recht zulässig, da sie in der Insolvenz den Gesellschaftern gemäß § 199 S. 2 InsO nachgehen.623 619

Etwa Thole, in: K. Schmidt, InsO, § 51 Rn. 15. Etwa Thole, in: K. Schmidt, InsO, § 94 Rn. 1 ff. 621 So aber Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1044. Siehe aber im US-amerikanischen Reorganisationsrecht Braun, in: FS Fischer, S. 53, 59 (keine Massezugehörigkeit, aber Schaffung neuer Anteile durch erweiterte Beteiligtenversammlung und cram down bei Ablehnung durch Altgesellschafter). 622 Etwa Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 19; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 82 ff. jew. m.w. N. 623 In diesem Sinne kann auch das Urteil des OLG Frankfurt in Sachen Suhrkamp Verlag verstanden werden. In seinem Beschluss v. 1.10.2013 – 5 U 145/13, ZIP 2013, 2018, der auf eine Beschwerde gegen eine einstweilige Verfügung, mit der ein Stimmverhalten eines Anteilseigners bezüglich der Zustimmung zum Insolvenzplan unterbunden werden sollte, erging, weist das Gericht darauf hin, dass nach Eintritt des Insolvenzverfahrens sich der Schutz der Gesellschafter auf den residualen Vermögenswert beschränkt und dieser Schutz durch die Mechanismen des Insolvenzplanverfahren sichergestellt wird. Insoweit findet eine Überlagerung gesellschaftsrechtlicher Mechanismen durch das Insolvenzrecht statt. Zu den Hintergründen etwa Thole, ZIP 2013, 1937 ff. (kein „Treuepflicht-Torpedo“); Möhlenkamp, BB 2013, 2828 ff.; Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2155 f. 620

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

203

Für den Debt Equity Swap folgt hieraus, dass die eingangs aufgezeigten gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, die zur Umsetzung des Tauschs von Fremdin Eigenkapital durchzuführen sind, im Hinblick auf die insolvenzrechtliche Vorrangswirkung zu untersuchen ist. Wie bereits gezeigt, steht der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren nichts im Wege. Das Recht der Gesellschafterversammlung, über die erforderlichen Kapitalmaßnahmen zu bestimmen, findet in der Insolvenz keine Fortgeltung. 3. Auswirkungen auf den insolvenzlichen Debt Equity Swap a) Erleichterte Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses aa) Problemaufriss Wie eingangs beschrieben, bedarf der Ausschluss des Bezugsrechts bei einer Kapitalerhöhung angesichts des damit verbundenen Eingriffs in das Anteilsrecht grundsätzlich einer sachlichen Rechtfertigung, die einer materiellen Inhaltskontrolle unterterliegt.624 Je schwerer der Eingriff in die Gesellschafterrechte wiegt, umso gewichtiger muss das Interesse der Gesellschaft an dem Bezugsrechtsausschluss sein.625 Ein vollständiger Ausschluss der Altgesellschafter ist außerhalb des Insolvenzverfahrens nur ausnahmsweise zulässig, an einen derartigen Bezugsrechtsausschluss sind besonders hohe Anforderungen gestellt.626 Sieht nun der Insolvenzplan einen Bezugsrechtsausschluss vor627, so ist fraglich, ob die für eine Rechtfertigung erforderlichen Anforderungen auch für einen Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens gelten628, oder ob etwa bei

624 Siehe unter D.II.1.c). Zum Bezugsrechtsausschluss bei einem Debt Equity Swap bei einer Personengesellschaft etwa Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 ff. 625 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 28. 626 Siehe unter D.II.1.c). Für den Debt Equity Swap bedeutet dies, dass für die Sacheinlage noch ein Bezugsrechtsausschluss mit dem Hinweis darauf, dass nur die Gläubiger als Forderungsinhaber den Sacheinlagegegenstand erbringen können und die Einbringung für die Sanierung unbedingt notwendig ist, gerechtfertigt werden kann. Ist indes wegen einer Kapitalherabsetzung auf Null eine Barkapitalerhöhung in Höhe des Mindestnennbetrag nach §§ 229 Abs. 3, 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG zwingend erforderlich, ließe sich Bezugsrechtsausschluss für die Barkapitalerhöhung allein mit diesem Argument nicht rechtfertigen. 627 Den Altgesellschaftern steht ein Bezugsrecht zu, sofern der Plan nichts Abweichendes vorsieht, Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 27. 628 Erste Praxiserfahrungen zeigen, dass die Bezugsrechte der Anteilseigner von überschuldeten Schuldnergesellschaften im Insolvenzplanverfahren ausgeschlossen werden und so ein vollständiges Herausdrängen der Altgesellschafter erreicht wird, etwa bei der Pfleiderer AG (Pleister, GWR 2013, 220, 221 f.) und der IVG Immobilien AG (Bayer, „IVG Immobilien – Rheingold in Bonn gefunden!“ manager-magazin, URL: http://www.manager-magazin.de/immobilien/artikel/insolvenzplan-ivg-immobilien-aga-957211.html – Stand: August 2014).

204

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

insolvenzlichen Kapitalschnitten aufgund des insolvenzrechtlichen Vorrangs niedrigere Maßstäbe anzusetzen sind.629 bb) Fortgeltung gesellschaftsrechtlicher Maßstäbe Ein Teil der Literatur hält an den Anforderungen für einen Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eine Kapitalschnitts unverändert fest.630 Getreu dem Grundsatz: Was außerhalb der Insolvenz gilt, muss auch innerhalb des Insolvenzverfahrens gelten, seien die gleichen strengen Maßstäbe anzulegen, um der inhaltlichen Rechtfertigung des Ausschlusses Genüge zu tun. Das Insolvenzrecht überlagere nur im Hinblick auf die formalen Anforderungen die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen, materiell sei ein wirksamer Bezugsrechtsausschluss indes an den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen zu messen.631 § 225a Abs. 3 InsO sei insoweit als Rechtsgrundverweisung zu verstehen. Angesichts der gravierenden Folgen soll ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Barkapitalerhöhung in Verbindung mit einer Kapitalherabsetzung bis auf Null auch im Insolvenzverfahren regelmäßig unzulässig sein.632 Die Regelung nach § 225a InsO, nach dessen Abs. 2 S. 3 ein Insolvenzplan einen Bezugsrechtsausschluss enthalten kann, kon-

629 Die Gesetzesbegründung zum ESUG nennt einen vollständigen Bezugsrechtsausschluss für den Fall einer Sachkapitalerhöhung bei einem Debt Equity Swap (RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp.). Daraus lässt sich aber nicht der Rückschluss ziehen, ein Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhungen wäre dem Grunde nach unzulässig, vgl. Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 28; dies., DB 2011, 632, 637 f. 630 In der Insolvenz soll nach Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 nur das zulässig sein, was auch außerhalb der Insolvenz der inhaltlichen Kontrolle standhält; ebenso Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; ders., KSzW 2013, 65, 68; ders., DB 2014, 41, 42; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (Fn. 33); Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 510; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2088; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13; Schleusener, Der DebtEquity-Swap, S. 58; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 139 f.; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 18; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1696. Wohl auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 18 u. 26. Zu den Anforderungen siehe unter D.II.1.c). 631 Brinkmann, WM 2011, 97, 111; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; ders., DB 2014, 41, 42; Stöber, ZInsO 2012, 1811, 1819; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. Bereits Ekkenga, ZGR 2009, 581, 609. 632 Nach Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 126, erfordere schon das gesetzgeberische Ziel der Stärkung der Unternehmenssanierung eine parallele Barkapitalerhöhung. Ohne diese drohe das Ausscheiden der Altgesellschafter, weswegen es an ihrem Interesse an einer freiwilligen und frühzeitigen Insolvenzeröffnung fehle. Ebenso H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441 f.; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 139 f. Wohl auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 18; Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242. A. A. aber Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13 (Sanierungssituation ist sachliche Rechtfertigung).

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

205

kretisiere die allgemeinen kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsätze.633 Die Aufnahme in den Insolvenzplan ersetze nur bestimmte Formalitäten und die Beschlussfassung durch die Gesellschafter. Von den Voraussetzungen an die materielle Rechtmäßigkeit seien gegenüber den Anforderungen an Bezugsrechtsausschlüsse außerhalb der Insolvenz keine Ausnahmen zu machen. Fehle die sachliche Rechtfertigung so liege keine gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme im Sinne des § 225a Abs. 3 InsO vor.634 Schon der in Art. 14 GG grundgesetzlich verankerte Eigentumsschutz gebiete es, den Gesellschaftern eine Möglichkeit zur Weiterbeteiligung – und damit Teilnahme am Sanierungserfolg – zu ermöglichen.635 Gestünde man den Altgesellschaftern kein Bezugsrecht zu, liefe das auf einen insolvenzrechtlichen „totalen Squeeze-out“ hinaus.636 Auch bei unterstellter Wertlosigkeit vermittle das Anteilsrecht im Insolvenzplanverfahren ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft, an diese wertunabhängige Rechtsposition knüpfe das Bezugsrecht an.637 Zudem stehe die durch Art. 9 GG gesicherte Vereinigungsfreiheit einem Herausdrängen aus der Gesellschaft entgegen. Sehe ein Insolvenzplan ein Bezugsrecht der Altgesellschafter nicht oder in nicht ausreichendem Maße vor, so sei er von Amts wegen zurückzuweisen.638 Zumindest seien Einbeziehung der Altgesellschafter und ein Bezugsrechtsausschluss unzulässig, wenn mildere Mittel zur Verfügung stehen.639 Einige Vertreter der Auffassung, dass die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Maßstäbe für einen Bezugsrechtsausschluss auch in der Insolvenz Geltung beanspruchen, sehen die materielle Rechtfertigung indes durch die Sanierungssitua633

Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441 f. 635 Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Urlaub, ZIP 2011, 1040, 1044; wohl auch Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580. Differenzierend – Bezugsrecht für vorinsolvenzlich sanierende Altgesellschafter – Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 35 ff. 636 So K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086. 637 Brinkmann, WM 2011, 97, 100; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. 638 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127. 639 So etwa Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1697; ähnlich Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19 („Der Bezugsrechtsauschluss ist in der Regel auch sachlich gerechtfertigt, wenn die sanierungswillige Mehrheit von Gläubigern ihn im Interesse der Sanierung verlangt“); K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580 („. . . die Gesellschafter einen Bezugsrechtsauschluss nur gefallen lassen müssen, wenn von ihnen ein effektiver Beitrag zur planmäßigen Sanierung nicht zu erwarten ist.“); Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. (an § 1 S. 1 InsO ausgerichtetes Ermessen); H.-F. Müller, DB 2014, 41, 42 („Vielmehr ist stets zu fragen, ob die vorgesehene gesellschaftsrechtliche Maßnahme in der konkreten Situation zur Haftungsverwirklichung geeignet, erforderlich und angemessen ist.“). 634

206

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

tion als regelmäßig gegeben an.640 So wird einerseits argumentiert, die Sachkapitalerhöhung und die Erhöhung gegen Bareinlage stünden – bei wirtschaftlicher Betrachtung – in einem Bedingungszusammenhang und ihre Unabdingbarkeit für die Reorganisation rechtfertige den Bezugrechtsausschluss.641 Einer anderen Auffassung nach wird der im Gesellschaftsinteresse liegende Sachgrund für den Bezugsrechtsausschluss über § 254a Abs. 3 InsO fingiert.642 cc) Überlagerung durch insolvenzrechtliche Wertungen Diese weitgehende Fortgeltung materiellrechtlicher Regelungen des Kapitalgesellschaftsrechts in der Insolvenzsituation wird von der Gegenauffassung abgelehnt: Vielmehr sei der vollständige Ausschluss der Altgesellschafter im Zuge eines insolvenzlichen Kapitalschnitts auf Null zulässig.643 Der Verweis in § 225a Abs. 3 InsO erfordere keine Übertragung der strengen Voraussetzungen für Bezugsrechtsausschlüsse außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Die Regelungen des §§ 217 ff. InsO und insbesondere des § 225a Abs. 2, Abs. 3 InsO seien gegenüber den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften leges speciales. Dem Insolvenzrecht gebühre der Vorrang gegenüber dem gesellschaftsrechtlichen Individual- und Minderheitenschutz.644 Die Gegenmeinung verkenne, dass dieser Vorrang sich nicht nur auf die formellen Anforderungen beziehe, son640 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 510; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (Fn. 33); Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45); Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 13; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 18. 641 Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45), die auch die Entwertung als Ausdruck eines fehlenden schützenswerten Interesses im Rahmen der inhaltlichen Kontrolle ansehen. Die Kombination der die Eigenkapitalbasis stärkenden Wirkung der Sachkapitalerhöhung und der Liquidität zuführenden Wirkung der Barkapitalerhöhung ermögliche die Sanierung und somit die Wiederherstellung der betriebswirtschaftlichen Überlebensfähigkeit des Unternehmensträgers. Sie seien daher „zwei Seiten ein und derselben Medaille“. Darüber hinaus ergäben sich die erleichterten Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss bei einer Barkapitalerhöhung bereits aus dem Gesetz. Nach § 225a Abs. 5 S. 2 InsO werde der freiwillig ausscheidende Gesellschafter auf den Liquidationswert seiner Beteiligung verwiesen, womit er praktisch – da letztrangig befriedigt – immer leer ausgehe. Aus dieser vermögensmäßigen Betrachtung folge, dass dem Bezugsrecht – als Bestandteil des entwerteten Anteilsrechts – in der Insolvenz kein schützenswertes Interesse beizumessen sei. Vgl auch Vetter, in: MünchKomm-GmbHG, Vor § 58 Rn. 64 642 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 28. 643 Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24; Noack, in: FS Zöllner, S. 411, 423; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106 ff.; Fischer, NZI 2013, 823, 824 ff.; Haas, NZG 2012, 961, 965; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; ders., ZInsO 2013, 2155, 2157; Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45); wohl auch Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 638; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 50; so bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1529. 644 Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24; Haas, NZG 2012, 961, 965; wohl auch K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 50; a. A. Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2156.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

207

dern auch auf die materiellen Voraussetzungen für einen Bezugsrechtsausschluss erstrecke.645 Denn das Bezugsrecht sei Ausdruck des Individual- und Minderheitenschutzes der Altgesellschafter in der werbenden Gesellschafter; in der Insolvenz sei dieser Schutz angesichts der Wertlosigkeit der Anteile und dem Vorrang der Gläubigerinteressen beschnitten: Die inhaltliche Beschlusskontrolle satzungsändernder Maßnahmen richte sich nicht mehr nach dem Gesellschafterinteresse, sondern nach dem Gläubigerinteresse.646 Wenn die Insolvenzordnung einen vollständigen Entfall der Beteiligung an der reorganisierten Gesellschaft vorsieht (etwa § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO), dann bestehe auch kein Anspruch auf die Beteiligung an der reorganisierten Gesellschaft über Bezugsrechte für eine Barkapitalerhöhung647, wenn ein Debt Equity Swap über Kapitalmaßnahmen durchgeführt werde.648 dd) Stellungnahme (1) Keine materielle Beschlusskontrolle in der Insolvenz Der letzten Auffassung ist dem Grunde nach zuzustimmen. Einer materiellen Beschlusskontrolle eines Bezugsrechtsausschlusses bedarf es nicht. Das folgt aus der spezifischen Insolvenzsituation (unter [2 f.]) und überdies bereits daraus, dass die Gesellschafter einer insolventen Gesellschaft überhaupt kein Bezugsrecht innehaben (unter [4]). Die Anforderungen, die an die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses gestellt werden, dienen dem Schutz der Gesellschafter vor den Folgen des mit dem Bezugsrechtsausschluss verbundenen Eingriffs in ihre mitgliedschaftsrechtliche und vermögensrechtliche Stellung.649 Beide Positionen – außerinsolvenzlich von großer Bedeutung – erfahren in der Insolvenz der Gesellschaft eine schwerlich zu leugnende Abwertung im Sinne einer Marginalisierung bzw. Verengung.650 Den Anteilen wohnt kein nennenswerter Wert inne.651 Mit der Einbe645 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Haas, NZG 2012, 961, 965; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 50. 646 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 5; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 322; a. A. H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 442; Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121, 125; Madaus, ZIP 2012, 2133, 2337 (Fn. 33). 647 Für die Sachkapitalerhöhung ließe sich die Rechtfertigung – wie bei einem außerinsolvenzlichen Swap – schon aus der Notwendigkeit der Sanierungsmaßnahme und dem Mangel an Alternativen herleiten, vgl. nur Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 25 u. siehe hierzu D.II.1.c). 648 Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157. 649 BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44 f. – Kali & Salz; Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 186 Rn. 71. 650 So auch Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106. 651 Inkonsequent ist daher die Auffassung von Hölzle, KTS 2011, 291, 318 f. u. 321 f., der einen Eingriff in die Anteilsrechte wegen deren Wertlosigkeit ablehnt,

208

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

ziehung der Gesellschaftsanteile in den Insolvenzplan hat der Gesetzgeber die gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts beendet.652 Die Beschlusskompetenz geht auf die Beteiligtenversammlung über. In dessen Rahmen sind die Altgesellschafter zwar abstimmungsberechtigt, sie können aber den Gang des Verfahrens faktisch nicht mehr beeinflussen und werden auf einen vermögensbezogenen Schutz verwiesen.653 Aus dem Wortlaut des § 225a Abs. 2 S. 3 InsO lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass in der Insolvenz der Gesellschaft das Bezugsrecht der Anteilseigner fortbesteht und in dieses Recht nur im Ausnahmefall eingegriffen werden kann.654 § 225a Abs. 2 S. 3 InsO führt den Ausschluss des Bezugsrechts als eine im Insolvenzplan enthaltende Regelung auf. Die in Abs. 2 S. 3 aufgeführten – für einen Debt Equity Swap charakteristischen – Maßnahmen sind eine Konkretisierung des Abs. 3, nach dem jede gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahme im Insolvenzplan vorgesehen werden kann.655 Der Verweis bedingt nicht eine Übertragung der Grundsätze der außerhalb der Insolvenz gelten Maßstäbe, sondern soll nur die Wahrung des gesellschaftsrechtlichen Typenzwangs sicherstellen.656 Besteht die Gesellschaft nur deswegen fort, weil die Gläubiger sich statt der Abwicklung für die rechtsträgererhaltende Sanierung entschieden haben, sind die sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Vermögens- und Mitgliedschaftsrechte, die das Bezugsrecht schützt, entwertet. (2) Verdrängung gesellschaftsrechtlicher Schutzbestimmungen Wie die Mitgliedschaft besteht auch das sich hieran anknüpfende Bezugsrecht nur als Formalposition in der Insolvenz fort.657 Das Bezugsrecht ist als elementarer Bestandteil der Mitgliedschaft Ausdruck des gesellschaftsrechtlichen Gleich-

gleichzeitig aber eine gesetzliche Regelung fordert, die die Altgesellschafter vor der Verwässerung ihres Anteils als Folge eines Debt Equity Swaps schützt. Zur Frage der Wertlosigkeit der Anteile siehe unter E.III.3.a). 652 Etwa nur Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19 jew. m.w. N. 653 Auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106. 654 So aber – als Anhänger der Gegenauffassung – etwa H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1696 f. 655 Nur Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 34. 656 Haas, NZG 2012, 961, 965; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 8; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 76; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 322. 657 Auch ist zu erwähnen, dass bei der Insolvenz einer nicht überschuldeten Gesellschaft wegen drohender Zahlungsunfähigkeit angedacht werden kann, den Gesellschaftern ein Bezugsrecht zuzugestehen, da ihre Anteile nicht wertlos sind. Der Wortlaut des § 225a Abs. 2 S. 3 InsO muss auch solche Fälle erfassen. Das übersieht H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

209

behandlungsgrundsatzes.658 Die materielle Beschlusskontrolle stellt sicher, dass nicht nur ein Teil der Gesellschafter ungerechtfertigterweise über Kapitalmaßnahmen ihren Einfluss ausbauen kann, sondern soll die Proportionalität der Beteiligungshöhen sicherstellen.659 Die Beschlusskontrolle betrifft damit das Verhältnis von Mehrheit und Minderheit der Gesellschafter. Im Insolvenzplanverfahren tritt diese binnengesellschaftsrechtliche Funktion des Bezugsrechts in den Hintergrund, da es im Verhältnis Gläubiger und Gesellschafter an der Gleichwertigkeit der Interessen – anders als zwischen den Gesellschaftern – fehlt.660 Daher ist es auch irreführend, von einem insolvenzrechtlichen Squeeze-out zu sprechen.661 Allein deswegen können die außerhalb der Insolvenz und außerhalb der Krise der Gesellschaft geltenden Anforderungen nicht ungesehen auf Kapitalmaßnahmen im Rahmen einer insolvenzlichen Reorganisation übertragen werden.662 Im Insolvenzverfahren schützen die Gesellschaftern ausschließlich der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und der insolvenzrechtliche Minderheitenschutz, §§ 226, 245 Abs. 3 Nr. 2, 251, 253 InsO. Einer darüber hinausgehenden inhaltlichen Beschlusskontrolle bedarf es nicht mehr, der kapitalgesellschaftsrechtliche Minderheitenschutz findet in der Insolvenz keine Anwendung.663 Dass es kein Recht auf eine Weiterbeteiligung über die Einräumung von Bezugsrechten gibt, zeigt sich bereits aus der möglichen Alternative zum Insol658 Nur Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157 („Die stärkste Ausprägung des Gleichheitsgedankens ist das Bezugsrecht.“). 659 Aus diesem Grund ist auch abzulehnen, von einer generellen Unzulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses in der Insolvenz auszugehen. Schon außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann – im Zusammenhang mit notwendigen Sanierungsmaßnahmen – ein vollständiger Bezugsrechtsausschluss im Ausnahmefall gerechtfertigt sein, wenn etwa Investoren ihre Beteiligung von der Kontrollerlangung abhängig machen (hierzu unter D.II.1.c)). A. A. Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. (höhere Anforderungen in der Insolvenz). 660 Vgl. Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24. Das verkennen auch Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.19 f. Zur fehlenden Vergleichbarkeit der Ausgangslagen auch E.III.3. sowie E.V.a)cc)(d)(bb). 661 So aber Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086. Anders Fischer, NZI 2013, 823, 829 f. (kein kalter Squeeze-out, sondern Wettbewerb konkurrierender Investitionsentscheidungen). 662 Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 11, der aus diesen Gründen in der Beschränkung des gesetzlichen Bezugsrechts in der Insolvenz auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in die mitgliedschaftliche Komponente des Art. 14 GG sieht. 663 Haas, NZG 2012, 961, 965, Eidenmüller, NJW 2014, 17, 18; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 50. A. A. etwa Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 8.20, die die Heranziehung der im „Sachsenmilch“-Urteil des OLG Dresden v. 18.9.1996, 12 U 1727/96, ZIP 1996, 1780 ff., herausgearbeiteten aktienrechtlichen Grundsätze für Kapitalmaßnahmen fordern. Nach der Reform durch das ESUG fehlt es aber an dem Anknüpfungspunkt zur Heranziehung des gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutzes.

210

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

venzplanverfahren: dem Untergang der Mitgliedschaft als Folge der Liquidation, etwa im Fall der übertragenden Sanierung. Ein Recht zur Beteiligung am erwerbenden Rechtsträger haben die Altgesellschafter nicht.664 Daher kann es auch nicht überzeugen, eine inhaltliche Kontrolle für Beschlussfassungen im Rahmen des Planverfahrens zu fordern, aber die Sanierung als regelmäßigen Rechtfertigungsgrund anzunehmen.665 Diese Auffassung kann nicht erklären, warum den Altgesellschaftern nicht gleichzeitig die Möglichkeit zur Beteiligung an einer Barkapitalerhöhung eingeräumt werden muss. (3) Vergleich mit aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüchen Diese Überlegungen stützt auch ein Vergleich mit den aktien- und umwandlungsrechtlichenrechtlichen Abfindungsansprüchen. Auch hier ist anerkannt, dass eine Weiterbeteiligung an der Aktiengesellschaft unterbleiben und der Aktionär auf eine Barabfindung verwiesen werden kann, wenn eine Weiterbeteiligung unzumutbar ist. Sowohl eine (Zwangs-)Abfindung in Aktien als auch ein Bezugsrecht ermöglichen eine Weiterbeteiligung. 666 Wenn bereits im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-outs (§§ 327a ff. AktG), der Eingliederung (§§ 319 f. AktG) ein Aktionär auf einen rein vermögensmäßigen Schutz im Wege einer Barabfindung verwiesen werden darf, so kann auch in der noch drastisch-eindeutigeren Situation der Insolvenz kein Recht auf eine Weiterbeteiligungsmöglichkeit über die Beteiligung an einer Kapitalerhöhung bestehen.667 (4) Keine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall Darüber hinaus ist auch die Auffassung abzulehnen, die eine einzelfallabhängige Bewertung fordert: Hiernach soll zwar eine Bezugsrechtsausschlusskontrolle dem Grunde nach auch im Insolvenzverfahren durchzuführen sein: Nur im Einzelfall – wenn mildere Mittel zur Befriedigung der Gläubigerinteressen ausscheiden – soll ein solcher Ausschluss, der zu einem Ausscheiden der Anteilseigner führt, gerechtfertigt sein.668 Es erschließt sich aber nicht, warum gerade im Fall 664

So jetzt auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 27. So Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (Fn. 33); Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45). 666 Nur Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 53 ff. m.w. N. 667 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465. 668 So etwa Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1697; ähnlich Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19 („Der Bezugsrechtsauschluss ist in der Regel auch sachlich gerechtfertigt, wenn die sanierungswillige Mehrheit von Gläubigern ihn im Interesse der Sanierung verlangt“); K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580 („. . . die Gesellschafter einen Bezugsrechtsauschluss nur gefallen lassen müssen, wenn von ihnen ein effektiver Beitrag zur planmäßigen Sanierung nicht zu erwarten ist.“); H.-F. Müller, DB 2014, 41, 42 („Viel665

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

211

der Befriedigungsalternative der reorganisierenden Sanierung nach einem milderen Mittel zu suchen sein soll.669 Denn die Gläubiger sind frei darin, sich für eine der in § 1 S. 1 InsO genannten Befriedigungsalternativen zu entscheiden, § 157 InsO. Entsprechend dieser Logik dürften die Gläubiger sich nicht auf eine der Befriedigungsalternativen festlegen, wenn die andere das mildere Mittel für die Gesellschafter darstellt. Ein Verhältnismäßigkeitsvorbehalt wäre mit der Gläubigerautonomie, der Planungssicherheit und der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge gemäß § 199 S. 2 InsO nicht vereinbar.670 Maßgeblich ist auch bei der reorganisierenden Sanierung der Liquidationswert; dieser Vermögenswert steht den Altgesellschaftern im Insolvenzverfahren zu.671 Zwar trifft die Gesellmehr ist stets zu fragen, ob die vorgesehene gesellschaftsrechtliche Maßnahme in der konkreten Situation zur Haftungsverwirklichung geeignet, erforderlich und angemessen ist“). 669 So jetzt auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 201 f. (Insolvenzplan steht unter keinem Verhältnismäßigkeitsvorbehalt). 670 So jetzt auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 15; Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24; Brinkmann, ZIP 2014, 197, 201 f. Kein Argument ist, dass sich die Reorganisation von der Liquidation – im Wege der Zerschlagung oder der übertragenden Sanierung – diametral dadurch unterscheide, dass nur im zweiten Fall auf Massegegenstände zugegriffen wird. Da auch im zweiten Fall die Anteilsrechte praktisch immer entschädigungslos untergehen, ist eine Unterscheidung der beiden Fälle abzulehnen. 671 Die Anhänger, der einen Bezugsrechtsausschluss nur im Einzelfall als gerechtfertigt ansehenden Auffassung, – allen voran Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1696 ff. – übersehen, dass auch der Fortführungswert in der Insolvenz zuvorderst den Gläubigern zusteht. Kann auf diesen nicht mit der übertragenden Sanierung zugegriffen werden, bedarf es der Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren um eine rechtsträgererhaltende Sanierung zu ermöglichen, ohne dass dies von den bisherigen Anteilseignern verhindert werden kann (statt vieler Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f.). Die Heranziehung des Urteils des LG Heidelberg v. 16.3.1988 – O 6/88 KfH II, ZIP 1988, 1257 (Wertenbruch, ebenda), führt nicht weiter, da sowohl die Konkursordnung als auch die ihr nachfolgende Insolvenzordnung bis zur Reform durch das ESUG die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlungen unberührt ließ. Daraus ergab sich, dass die Gläubiger auf den sich bei rechtsträgererhaltender Sanierung ergebenden Mehrwert nicht zugreifen konnten, da dieser von den Gläubigern nur über Verhandlungen erschlossen werden konnte: Er war den Anteilseignern quasi – entgegen § 199 S. 2 InsO – zugeordnet (siehe hierzu E.V.2.a)cc)(2)(dd)). Ausgehend hiervon ist die Begründung des LG Heidelberg – und ebenso die des OLG Dresden v. 18.9.1996 – 12 U 1727/96, ZIP 1996, 1780, 1783 ff. – nur folgerichtig: Auch in der Insolvenz standen sich die Anteilseigner mit nicht vollständig entwerteten Formalpositionen gegenüber. Eine materielle Beschlusskontrolle war unter diesen Voraussetzungen notwendig, um einen Missbrauch des Bezugsrechtsausschlusses oder Kapitalherabsetzungen zu verhindern, wenn eine Reorganisation durchgeführt wurde, obwohl die Liquidation die einschneidendere Alternative war. Das ESUG hat jedoch die Ausgangsposition verändert, in dem es den gesetzgeberischen Fehler – und letztendlich einen Verstoß gegen die insolvenzliche Verteilungsregel des § 199 S. 2 InsO – mit der Übertragung der Zuständigkeit weg von der Gesellschafterversammlung auf die Beteiligtenversammlung korrigiert hat. Richtigerweise bedarf es bei Zugrundelegung eines ausschließlich vermögensorientierten Ansatzes keiner Inhaltskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses. Ein solcher steht im Ermessen der Gläubiger und ist nicht – wie von Wertenbruch gefordert – subsidiär, wenn er

212

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

schafter einer Kapitalgesellschaft im Prinzip keine Finanzierungsverantwortung im Sinne einer Pflicht, frisches Geld für eine Sanierung nachzuschießen. Ist es dann aber zur Insolvenz gekommen, würden sie über ein Bezugsrecht mittelbar von den Sanierungsbeiträgen der Gläubiger profitieren.672 Innerhalb der Insolvenz steht es ihnen jederzeit frei, die nötigen Gelder nachzuschießen und sich des Einflusses der Gläubiger zu entziehen.673 Diese Überlegungen stützt auch die Grundaussage des Bundesgerichtshofs in seinem als „Sanieren oder Ausscheiden“ bekannt gewordenen Judikat. Er führte im Zusammenhang mit einer vorinsolvenzlichen Sanierung bei einer Personengesellschaft (GmbH & Co OHG) aus, dass den sanierungswilligen Gesellschaftern nicht zuzumuten sei, sanierungsunwillige Mitgesellschafter durch deren Verbleib in der Gesellschaft eine Teilnahme am Sanierungserfolg zu ermöglichen. Diese sollten vielmehr so stehen, wie es Konsequenz ihrer Entscheidung ohne Sanierung wäre: der Liquidation der Gesellschaft und der Verlusttragung.674 In der Insolvenz ist angesichts des noch eindeutigen Interessenvorzugs der Gläubiger nicht einzusehen, warum den bisherigen Gesellschafter trotz Auslöschung des Eigenkapitals ein wirtschaftlicher Vorteil über die Pflicht zur Einräumung einer Weiterbeteiligungsmöglichkeit durch ein Bezugsrecht einzuräumen ist. Deswegen folgt auch aus der Vorteilhaf-

nicht Baustein der aussichtsreichsten Sanierungsvariante ist. Die Anforderungen, die außerhalb der Insolvenz an die Zulässigkeit des Ausschlusses gestellt gelten, können nicht übertragen werden. Überdies verkörpern Bezugsrechte als Option einen Wert: Durch sie kann (mittelbar) auf den sanierungsbeitragsbedingten Fortführungswert zugegriffen werden, was mit § 245 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 2 InsO konfligieren kann, vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14; auch Richter, ECFR 2009, 358, 367. 672 Ein zwingendes Bezugsrecht der Altgesellschafter verstieße gegen die insolvenzrechtliche Verteilungsregel, so aber augenscheinlich Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. („[. . .] ist die Beteiligung von sanierungswilligen Altgesellschaftern daher höher zu gewichten als die Einräumung einer Mehrheitsbeteiligung an einen Inferenten durch Bezugsrechtsausschluss.“) sowie Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (Fn. 31). Siehe aber die Zweifel bei Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106, wenngleich auch nur bei einem „günstigen Bezugspreis“. 673 Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1416; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 50; vgl. Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; siehe auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8, der dies auch aus der Begründung des BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, 10 f. – Sanieren oder Ausscheiden, herausliest, siehe aber auch Rn. 14, wonach es bedenklich sei, dass die Gesellschafter kein Bezugsrecht haben, wenn sie den Gläubigern die gleichen Befriedigungsmöglichkeiten wie die Planregelungen böten. Fischer, NZI 2013, 823, 829 f. (kein kalter Squeeze-out, sondern Wettbewerb konkurrierender Investitonsentscheidungen); Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 225. Vgl. aber auch den Hinweis von Ekkenga, ZGR 2009, 581, 610 ff. auf verschiedene Gestaltungsvarianten: Neben der Barkapitalerhöhung wird auch eine Erbringung der Sacheinlage durch Zahlung der Darlehensschuld durch die Altgesellschafter diskutiert: Die Einlageleistung liegt hier in der Befreiung von einer Verbindlichkeit, § 267 Abs. 1 BGB. 674 BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, 10 ff. – Sanieren oder Ausscheiden.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

213

tigkeit einer Barkapitalerhöhung für die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft nicht, dass den Altgesellschaftern ein Bezugsrecht zugestanden werden muss.675 Entscheidend ist hierbei nur das Interesse einer Gesellschaft, die auf Gewinnerzielung für die Gläubiger gerichtet ist, und nicht mehr den Interessen der Altgesellschafter dient.676 Von Vorgenanntem ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn die Gesellschafter von Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Sanierungsfinanzierung im Rahmen außerinsolvenzlicher Sanierungsbemühungen angeschoben haben oder Gläubiger im Zuge eines vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap eingerückt sind.677 Insofern realisiert sich das allgemeine Risiko einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Wenn die Gesellschaft die Insolvenz nicht abwenden kann und das zugeführte Kapital verwirtschaftet wurde, so ändert dies nichts an dem Vorrang der Gläubigerinteressen vor denen der Gesellschafter.678 Daher kommt es auch nicht darauf an, ob diese Sanierungsbemühungen die Erfolgschancen des insolvenzlichen Schuldentauschs erhöht haben. Vielmehr findet eine Kompensation dieses restrukturierungsbedingten Mehrwerts der Anteilsrechte über die Entschädigungspflicht statt. Auch steht es im Ermessen des Planerstellers zur Vermeidung von Entschädigungszahlungen im Planentwurf eine Weiterbeteiligung vorzusehen.679 (5) Anwendbarkeit des § 186 AktG in der Insolvenz? Ausgehend von der Annahme des Primats des Insolvenzrechts lässt sich auch ein noch weitergehender dogmatischer Schluss ziehen: Die teleologische Reduk675 So aber offenbar Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 38; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f.; Hölze, NZI 2011, 124, 128; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443. 676 Das Gesellschaftsinteresse leitet sich von dem Verbandszweck ab (Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 254 m.w. N.). Was die Erreichung des Verbandszweckes fördert liegt danach im Interesse der Gesellschaft. In der Insolvenz setzen aber nicht mehr die Gesellschafter den Verbandszweck (etwa Gewinnerzielung zugunsten der Gesellschafter), sondern der Verbandszweck ist auf die Gläubigerbefriedigung gerichtet. 677 A. A. Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 35 f. 678 Treffend insofern die – im Zusammenhang mit einem Plädoyer gegen ein VorInsolvenzverfahren ergehenden – Ausführungen von K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604 („Wir sollten uns darüber klar sein, dass jedem Insolvenzverfahren [. . .] eine Phase freien und selbstverantwortlichen Wirtschaftens vorausgeht, auch noch am Vorabend der Krise oder der Insolvenz. Diese Selbstverantwortung geriert eine Vielfalt an Möglichkeiten und Ergebnissen, . . .“). Vgl. auch Brinkmann, ZIP 2014, 197, 202 (. . . die Gesellschafter [haben sich] hier auf dem Rücken ihrer Gläubiger verspekuliert, anstatt für eine auskömmliche Liquiditätsausstattung zu sorgen. Wer sich so verhält, muss mit den entsprechenden insolvenzrechtlichen Konsequenzen leben . . .“). 679 A. A. Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 37 f., die etwa Gesellschaftern, die nach § 39 Abs. 4 S. 2 sanierungsprivilegiert sind, ein Bezugsrecht zugestehen.

214

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

tion des § 186 AktG in der Reorganisation: Die Gesellschafter haben in der insolvenzlichen Sanierung schlichtweg kein Bezugsrecht. Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die den Gesellschaftern die Beschlusskompetenz über Satzungsänderungen – etwa über die Durchführung einer Kapitalmaßnahme – einräumen, sind Ausdruck ihrer Mitgliedschaft in einer werbenden Gesellschaft. Sie sichern ihre Teilhaberechte mitverwaltungsrechtlicher Natur und dienen zugleich dem Schutz der Gesellschafter, etwa durch qualifizierte Mehrheitserfordenisse. Ihr Anwendungsbereich ist in der insolvenzlichen Sanierung zu reduzieren. Hiernach sind nicht nur § 53 GmbHG und § 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG (sowie Art. 2, 33 Abs. 1, Abs. 4, 34 der Kapitalrichtlinie) bei haftungsrechtlichem Zugriff auf die gesellschaftsrechtliche Organisation durch Einbeziehung der Anteilsrechte in den Insolvenzplan nicht anzuwenden, da sich aus den §§ 217 ff. InsO die ausschließliche Beschlusskompetenz der erweiterten Gläubigerversammlung ergibt.680 Daraus folgt zudem die grundsätzliche Ersetzung jedweder Gesellschafterversammlungskompetenz durch die Kompetenz der erweiterten Gläubigerversammlung, da in den Fällen der Einbeziehung keine Grundlage für eine Teilhabe nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben verbleibt.681 Die Beschlusskompetenz im gesamten Katalog des § 119 Abs. 1 AktG steht somit der erweiterten Gläubigerversammlung zu, sofern in der Insolvenz ein Anwendungsbereich verbleibt.682 Im Ergebnis führt dies dann auch zur Nichtanwendung des § 186 AktG aufgrund teleologischer Reduktion. Die Vorschrift ist Ausdruck des gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie der ihn konkretisierenden ausdrücklichen Regelungen (§ 53a AktG, Art. 46 der Kapitalrichtlinie). 683 In der 680 Dem steht nicht entgegen, dass gem. § 270 InsO die Eigenverwaltung angeordnet werden kann. Diese ist als Ausnahme von der Regel zu sehen und ist nur dann durchzuführen, wenn sie den Gläubigerinteressen nicht entgegensteht, vgl. nur §§ 272, 276a InsO. 681 Vgl. Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 19 ff. 682 Daraus ergibt sich auch die Antwort auf die Frage, ob im Rahmen des Planverfahrens die erweiterte Gläubigerversammlung nur Kapitalmaßnahmen beschließen kann, oder ob der Plan beispielsweise auch Organbestellungen vorsehen kann. Die Antwort ist eindeutig. Die Gesellschaft ist anders als natürliche Personen selbst nicht handlungsfähig und agiert durch ihre Organe. Deren Bestellung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Gesellschafter. In der Insolvenz werden die mit der Geschäftsführung und Vertretung betrauten Leitungsorgane von Insolvenzverwalter verdrängt. Wenn sich die Gläubiger für die Nutzung des Rechtsträgers – statt dessen Abwicklung und Löschung – zur Befriedigung entscheiden, dann muss ihnen auch das Recht zustehen, über die erweiterte Beteiligtenversammlung neue Leitungsorgane (und Aufsichtsorgane) zu bestellen. Dies wird umso deutlicher bei Insolvenzplänen, die einen Schuldentausch vorsehen. Nach Ende des Planverfahrens sind die Gläubiger die zur Bestellung der Organe berufenen Gesellschafter. Warum hier ein Zuwarten erforderlich sein soll, erschließt sich nicht. Vgl auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 19 ff. A. A. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 m.w. N. 683 Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 457 ff.; Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

215

Insolvenz verbleibt ihm – mangels Schutzbedürftigkeit der Anteilseigner und Substitution durch die insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen – kein Anwendungsbereich.684 Als Folge dieses Schlusses besitzen Gesellschafter einer faillierten Gesellschaft bei einem Debt Equity Swap oder einer Kapitalerhöhung im Rahmen einer insolvenzlichen Reorganisation schlichtweg kein Bezugsrecht.685 Mithin ist auch kein Bezugsrechtsausschluss erforderlich: Was nicht existiert, muss nicht ausgeschlossen werden. Die Auffassungen, die eine materielle Beschlusskontrolle nach außerinsolvenzlichen Maßstäben fordern, kommen im Ergebnis zum gleichen Schluss. Sie denken richtig, aber zu kurz und setzen aufgrund dessen zu spät an. Sie rechtfertigen den Entfall des Bezugsrechts mit der situativen Entwertung, dem Gläubigervorrang und der fehlenden Schutzwürdigkeit. Die Argumente rechtfertigen aber bereits den Wegfall des Bezugsrechts an sich, nicht erst den Ausschluss des selbigen. Wenn die Gläubiger mittels Kapitalmaßnahmen auf die organisationsrechtliche Struktur, sprich den Rechtsträger, zugreifen können, um sich zu befriedigen, ist mit dem Anteilsrecht kein Bezugsrecht mehr verbunden. Daraus folgt für den insolvenzlichen Debt Equity Swap, dass es mangels Bezugsrechts der Altgesellschafter auch keines Bezugsrechtsausschlusses bedarf.686 Dieser Auslegung steht auch nicht der Gesetzeswortlaut entgegen. § 225a Abs. 2 InsO spricht zwar von einem Bezugsrechtsausschluss. Es kann aber nicht erwartet werden, dass dass der Gesetzgeber sich mit der Kodifikation so weitgehend vom herrschenden Verständnis vom Verhältnis des Gesellschafts- zum Insolvenzrecht entfernt. Des Weiteren handelt es sich nicht um eine Rechtsfortbildung contra legem, da die Norm nicht ihres Anwendungsbereiches beraubt, sondern nur teleologisch reduziert wird. Für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird auf die Analogie zu § 186 AktG verzichtet oder die Vorgabe eines Bezugsrechts aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Treuepflicht als obsolet angesehen.687 684 A. A. Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 17; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 225a Rn. 23; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 29. Der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kommt erst wieder nach Verfahrensabschluss zum Tragen. Für den Anspruch aus § 199 S. 2 – sofern vorhanden – kommt es – ausweislich der ratio des § 238a InsO – auf gesellschaftsrechtliche Gewinnverteilungsabreden nicht an. 685 So jetzt wohl auch i. E. Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2157. A. A. etwa Pleister/ Kindler, ZIP 2010, 503, 510; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441; Jaffé, in: Wimmer, FKInsO, § 225a Rn. 36. 686 Wenn ihnen aber ein Bezugsrecht im Rahmen des Insolvenzplanes eingeräumt wird, so müssen § 226 InsO und der insolvenzrechtliche Grundsatz des par conditio creditorum beachtet werden. Es kann daher nur im Rahmen des insolvenzrechtlich Zulässigen Bezugsrechte für einzelne Gesellschafter geben. 687 Die Existenz gesellschaftsrechtlicher Treupflichten in der Insolvenz der Gesellschaft wird überwiegend abgelehnt; etwa Thole, ZIP 2013, 1937 ff.; a. A. Spliedt, ZInsO 2013, 2155 ff.

216

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

b) Weiterbeteiligungsmöglichkeit durch Kapitalerhöhungskombinationen aa) Problemaufriss Im Anschluss hieran stellt sich die Frage, ob den Altgesellschaftern eine Möglichkeit zur Weiterbeteiligung eingeräumt werden muss. Auch wenn die Gesellschafter in der Reorganisation kein Bezugsrecht besitzen688, so stellt sich die Frage, ob den Altgesellschaftern über eine Kombination von Sach- und Barkapitalerhöhung eine Möglichkeit ermöglicht werden muss, ihre Weiterbeteiligung zu sichern. In der Literatur wird die Zulässigkeit eines vollständigen Bezugsrechtsausschlusses teilweise verneint und eine Kombination von Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und Barkapitalerhöhung gefordert, um die Folgen (Verwässerung bzw. Herausdrängen) für die von der Sachkapitalerhöhung ausgeschlossenen Gesellschaftern Altgesellschafter abzumildern.689 Die Altgesellschafter seien über Bezugsrechte an der Rekapitalisierung zu beteiligen, damit eine Chance auf angemessene690 Weiterbeteiligung an der sanierten Gesellschaft bestehe.691 Zur Umsetzung kommen eine Kombination von Sach- und Barkapitalerhöhung in Betracht: Die notwendige Sachkapitalerhöhung wird hierbei mit einer parallel durchzuführenden Barkapitalerhöhung verbunden. Als gemischte Kapitalerhöhungen mit gekreuztem oder ohne Bezugsrechtsausschluss sowie eine Gestaltung, die eine Barkapitalerhöhung mit anschließender Sachkapitalerhöhung bei Nichtausübung des Bezugsrechts vorsieht.692

688 Geht man nicht so weit, dann ist festzustellen, dass die außerhalb der Insolvenz geltenden Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss in der Insolvenz keine Geltung beanspruchen und zudem nur die Gläubiger als Forderungsinhaber den Sacheinlagegegenstand – die gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen – erbringen können. 689 Hüffer/Koch, AktG, § 186 Rn. 27 f. u. 34; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 613; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 581; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 437 ff.; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441; ders., KSzW 2013, 65, 67; ders., DB 2014, 41, 42; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f.; Binder, ZVglRWiss 112 (2013), 23, 42 f. (wenn Residualwert der Anteile); wohl auch Hölzle, NZI 2011, 124, 128, der eine gesetzliche Regelung fordert. 690 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127 (sonst Zurückweisungs- oder Versagungsgrund, §§ 231 Abs. 1 Nr. 1, 250 Nr. 1 InsO). 691 Lutter, ZGR 1979, 401, 406 f.; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 613; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 581; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 f.; Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 437; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 441. In diesem Sinne auch Heinrich, NZI 2012, 235, 241 (Abwehr des Eingriffs über Ersetzungsbefugnis der Altgesellschafter). 692 Allesamt dargestellt bei Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 437.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

217

bb) Varianten gemischter Kapitalerhöhungen Eine auf einen Vorschlag Lutters zurückgehende693 Struktur sieht zwei Kapitalerhöhungen vor. Eine Barkapitalehrhöhung mit Ausschluss des Bezugsrechts der Gläubiger und eine Sachkapitalerhöhung mit Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Anteilseigner. Diese zwei Beschlüsse werden inhaltlich miteinander verknüpft und aufeinander bezogen. Die bei der Sachkapitalerhöhung ausgeschlossenen Gesellschafter können ihre relative Stimmrechtsmacht mit der Barkapitalerhöhung wahren und die im Interesse der Gesellschaft liegende Sanierung wird erreicht, weswegen den Anforderungen der materiellen Beschlusskontrolle Genüge getan sein soll.694 Statt dieser Parallelität einer Barkapitalerhöhung und einer Sachkapitalerhöhung mit gekreuztem Bezugsrechtsausschluss wird auch die Fassung eines einheitlichen Beschlusses, der wiederum in eine Bar- und Sachkapitalerhöhung aufgeteilt ist, vorgeschlagen. Unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut wird auf die Möglichkeit der Substitution der Bareinlage durch eine Sacheinlage im Sinne einer Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 BGB – datio in solutum) hingewiesen. Statt der Bareinlage sollen die Inferenten die umzuwandelnden Forderungen als Sacheinlage einbringen dürfen. Da diese Variante auf einen Bezugsrechtsausschluss verzichtet, sollen die mit der gerichtlichen Inhaltskontrolle des Beschlusses verbundenen Risiken vermieden werden.695 Den vorgeschlagenen Gestaltungsvarianten ist zuzugestehen, dass sie grundsätzlich die sich aus einer materiellen Beschlusskontrolle ergebenden rechtlichen Risiken zu vermeiden helfen, da den Gesellschaftern die Wahrung ihrer Beteiligungsquote ermöglicht wird. Für den in dieser Arbeit untersuchten Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren sind sie jedoch ungeeignet. Die Gestaltungsvarianten setzen voraus, dass die Forderungsgläubiger bereits mit einem nicht unerheblichen Anteil an der zu sanierenden Gesellschaft beteiligt sind.696 Fehlt es an einer Beteiligung, so scheidet eine parallele Barkapitalerhöhung zur Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote der Altaktionäre aus. Durch das Einrücken neuer Gesellschafter verringert sich die Beteiligungsquote der Altgesellschafter zwangsläufig.697 693

Lutter, ZGR 1979, 401, 406 f. Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 438. 695 Vgl. aber Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 439 f. der unter Hinweis auf OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 453/06, ZIP 2006, 1989, auf die fortbestehenden Anfechtungsrisiken analog § 255 Abs. 2 AktG hinweist. 696 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 443 f. 697 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 444, der auch darauf hinweist, dass die Möglichkeit der Beteiligungsquotenwahrung bei einer nur geringe Beteiligung der Investoren zu einem überproportional hohen Barkapitalerhöhungsbetrag führe, der ganz regelmäßig von den übrigen Gesellschaftern nicht gezeichnet wird und dadurch die Sanierung gefährde. 694

218

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Bei dem den Gegenstand dieser Arbeit bildenden Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren rücken regelmäßig bisher nicht beteiligte Gläubiger (Kreditinstitute, Arbeitnehmer, Lieferanten, Anleihegläubiger usw.) in die Gesellschafterstellung ein. Es kommt mithin immer zu einer Verwässerung der Beteiligungsquote der Altgesellschafter, daher scheiden die Varianten für den insolvenzlichen Debt Equity Swap aus. cc) Barkapitalerhöhung mit anschließender Sachkapitalerhöhung bei Nichtausübung des Bezugsrechts Eine andere vorgeschlagene Struktur zielt darauf ab, beim Debt Equity Swap die Hürde der materiellen Beschlusskontrolle zu nehmen, ohne eine Vorbeteiligung wie bei den anderen Gestaltungsvarianten mit gekreuztem oder ohne Bezugsrechtsausschluss vorauszusetzen. Dazu soll eine Barkapitalerhöhung mit anschließender Sachkapitalerhöhung bei Nichtausübung des Bezugsrechts vorgesehen werden. Der eigentlich vorgesehenen Sachkapitalerhöhung unter Beteiligung der Gläubiger wird eine Barkapitalerhöhung unter Beteiligung der bisherigen Gesellschafter vorgeschaltet. Nur soweit diese ihr Bezugsrecht nicht ausüben, bringen die Gläubiger als Investoren die gehaltenen Forderungen im Wege der Sacheinlage ein.698 Die Kombination von Bar- und Sachkapitalerhöhung soll als einheitlicher Vorgang ausgestaltet sein und daher grundsätzlich keines formellen Bezugsrechtsausschlusses bedürfen. Wird ein solcher Bezugsrechtsausschluss für die Sachkapitalerhöhung doch vorgesehen, soll er einer gerichtlichen Kontrolle standhalten, da den Anteilseigner die Möglichkeit eingeräumt wurde, ihre Beteiligungsquote zu wahren.699 dd) Stellungnahme Gegen das Erfordernis der gemischten Kapitalerhöhung bzw. einer der Sachkapitalerhöhung vorgeschalteten Barkapitalerhöhung mit gekreuztem Bezugsrechtsausschluss spricht beim insolvenzlichen Debt Equity Swap die Position der Anteilseigner im Insolvenzverfahren sowie die mit einer Barkapitalerhöhung verbundenen Unsicherheiten im Hinblick auf die zu erwartende Beteiligungshöhe. Die Altbeteiligung ist im Insolvenzverfahren wertlos oder stark entwertet.700 Der Vermögensbestandteil der Mitgliedschaft ist ausradiert; der mitgliedschaftliche Bestandteil ist zur Formalposition verkümmert.701 Die Gläubigerinteressen 698 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 444 f. (Martin Winter als geistiger Vater dieser Struktur); Hüffer/Koch, AktG, 186 Rn. 35. 699 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 444 f.; Hüffer/Koch, AktG, 186 Rn. 35. 700 Hierzu bereits unter E.III.3. 701 K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609 („Aktionärsrechte in der Insolvenz [nur noch] situativ reduzierte Mitgliedschaftsrechte“). A.A. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125.

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

219

sind vorrangig. Die Gestaltungsvarianten wurden allesamt für den außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap erdacht. Sofern die letzte Variante wegen des fehlenden Erfordernisses einer Vorbeteiligung überhaupt für den insolvenzlichen Debt Equity Swap in Betracht kommt, fehlt es gleichwohl an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Außerhalb der Insolvenz sind die Anteilsrechte nicht vermögens- und teilhaberechtlich entkernt. Sie mögen krisenbedingt erheblich an Wert verloren haben, ein Residualwert ist freilich – anders als in der durch Überschuldung geprägten Insolvenzsituation – noch vorhanden und die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie hat sich noch nicht verhärtet. Ausgehend hiervon haben die Anteilseigner kein Bezugsrecht. Auch wenn man die teleologische Reduktion des § 186 AktG (analog) ablehnt, so sind an den Bezugsrechtsausschluss nicht die außerhalb der Insolvenz geltenden gesellschaftsrechtlichen Maßstäbe an die inhaltliche Rechtfertigung anzulegen.702 Das Insolvenzrecht überlagert die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze.703 Selbst die Befürworter dieser Kapitalerhöhungs-Gestaltungsvarianten erkennen an, dass selbst schwerwiegendste Eingriffe in die Mitgliedschaft gerechtfertigt sein können, wenn über die Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.704 Ausreichender Schutz der Altgesellschafter gewährleistet die Entschädigungspflicht.705 Eine Pflicht zur Einräumung einer Weiterbeteiligungsmöglichkeit verstößt gegen die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie und perpetuiert die bisherige Möglichkeit der

702 Auch in diesem Fall bestätigt ein Vergleich mit den aktien- und umwandlungsrechtlichenrechtlichen Abfindungsansprüchen das Ergebnis: Sowohl eine (Zwangs-)Abfindung in Aktien als auch ein Bezugsrecht ermöglichen eine Weiterbeteiligung. Wenn bereits im Rahmen des aktienrechtlichen Squeeze-outs nach § 327a AktG ein Aktionär auf einen rein vermögensmäßigen Schutz im Wege einer Barabfindung verwiesen werden darf, so kann auch in der noch drastischeren Situation der Insolvenz kein Recht auf eine Weiterbeteiligungsmöglichkeit über die Beteiligung an einer Kapitalerhöhung bestehen. Nur Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 53 ff. m.w. N. 703 So wohl auch Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563 (Fn. 45); Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 24 ff.; Fischer, NZI 2013, 823, 830 (kein Recht des Aktionärs auf Durchführung einer zusätzlichen Barkapitalerhöhung); anders aber Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. (Interesse der sanierungswilligen Altgesellschafter überwiegt Interesse der Gläubiger an Mehrheitsbeteiligung), wohl auch Möhlenkamp, BB 2013, 2828, 2829 (Fn. 31). 704 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 436. Genau gegensätzlich argumentieren aber Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 126: Auch sie bestätigen, dass die Überlegungen für vorinsolvenzliche Sanierungskapitalerhöhungen nicht auf die Insolvenzsituation übertragbar sei. Das führe aber nicht dazu, dass sie materiellen Anforderungen an den Ausschluss geringer sind. Angesichts der Gefahr des zwangsweisen vollständigen Ausschlusses aus der Gesellschaft gebiete Art. 14 Abs. 1 GG ein Zeichnungsrecht der Altgesellschafter. 705 A. A. Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 35 ff., die für vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen als Grund für eine Weiterbeteiligung plädieren. Siehe aber hierzu unter E.VI.3.a)dd)(4).

220

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Altgesellschafter auf den rechtsträgerspezifischen Fortführungswert zuzugreifen.706 Auch die Unsicherheiten im Hinblick auf die zu erwartende Beteiligungsquote sprechen gegen die Vorschaltung einer Barkapitalerhöhung. Streben die an dem Debt Equity Swap beteiligten Gläubiger eine konkrete Beteiligungsschwelle an, so bleibt bei der Kombination mit einer Barkapitalerhöhung unsicher, ob diese auch erreicht werden kann.707 Für die beteiligten Gläubiger, insbesondere wenn es sich um strategische Investoren handelt, ist aber die Beteiligungsquote – wegen der für die nachhaltige Sanierung erforderlichen Möglichkeit der Einflussnahme – von erheblicher Bedeutung.708 Ist die Höhe der Beteiligungsquote nicht vorhersehbar, schwindet das Interesse an der Beteiligung am Schuldentausch.709 Dass der Nachteil der Unwägbarkeit dadurch aufgefangen werde, dass eine rege Beteiligung der Altgesellschafter an der – den Unternehmenswert insgesamt erhöhenden – Barkapitalerhöhung ganz regelmäßig nicht erfolge, da die Mehrheit der Altgesellschafter hierzu nicht in der Lage sei710, sorgt nicht für die – für ein sanierungsfreundliches Umfeld unabdingbare – notwendige Planungssicherheit. Gleiches gilt für den Vorschlag, die einrückenden Gläubiger im Hinblick auf die zu erreichende Beteiligungshöhe auf den Sekundärmarkt zu verweisen711 Die freie Handelbarkeit der Anteile vorausgesetzt, ist auch hier fraglich, ob eine ausreichende Menge von Anteilen an der nunmehr sanierten Aktiengesellschaft veräußert wird. Bejahendenfalls droht den Investoren die Zahlung eines durch spekulative Verzerrung712 erhöhten Zufallspreises.713 706 So auch Fischer, NZI 2013, 823, 83. Das zeigt sich schon an der von Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 126 f. vorgeschlagenen Verhandlungslösung zur Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Altgesellschafter an der sanierten Gesellschaft zu beteiligen sind. Eine solche Verhandlungslösung ist dem von Balz (ZIP 1988, 1439, 1441 ff.) propagierten und der InsO a. F. zugrundeliegenden Konzept für die Reorganisation sehr ähnlich. Der bisherige Ansatz war indes unökonomisch, ineffektiv und insolvenzrechtlich widersprüchlich. 707 A. A. Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. 708 Vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14: „. . . würden die meisten Sanierungen scheitern, wenn kapitalkräftige Investoren einen Teil der Altgesellschafter via Bezugsrecht ,mitschleppen‘ müssten“; ebenso Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 107. 709 Vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14 (Eventuelle Vergeblichkeit der Aufwendungen für due diligence und Verhandlungen). Dies erkennen auch die Befürworter einer parallelen Barkapitalerhöhung an, vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 126; anders aber Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. (Mehrheitsbeteiligung nicht entscheidend). 710 So etwa Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 126. 711 Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter, S. 423, 444 f. hält die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten für beherrschbar. 712 Der Erkenntnis, dass Marktenge zu Zufallskursen und somit zur Unmaßgeblichkeit von Aktienkursen führen kann, ist auch § 5 Abs. 4 WpÜGAngebV (Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten

VI. Primat des Insolvenzrechts vor dem Gesellschaftsrecht

221

Eine Barkapitalerhöhung ist in der Sanierungssituation von entscheidender Bedeutung. Den Planerstellern muss es möglich sein, eine solche, wenn erforderlich oder zielführend, in den Plan aufzunehmen. Ausschlaggebend hierfür ist aber allein das Interesse der Gläubiger an deren Durchführung. Das Interesse der Altgesellschafter an einer Beteiligung an der sanieren Gesellschaft tritt vollständig zurück.714 Der Planersteller kann den Altgesellschaftern bei einer parallel durchgeführten Barkapitalerhöhung – vorbehaltlich der Vereinbarkeit mit dem Obstruktionsverbot § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO715 – ein Bezugsrecht einräumen; verpflichtet ist er dazu gleichwohl nicht.716 4. Ergebnis Der (kapital-)gesellschaftsrechtliche Minderheitenschutz sowie der gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz werden in der Insolvenz durch die insolvenzrechtlichen Sonderregelungen überlagert. Insoweit gilt ein Primat des Insolvenzrechts. Aus der Stellung der Anteilseigner als letztrangige Berechtigte der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie folgt, dass ihnen keine Weiterbeteiligung an der reorganisierten Gesellschaft eingeräumt werden muss. Die auund Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots v. 27.12.2001, BGBl. I, S. 4263) geschuldet. 713 Aus diesen Gründen erwägen einige Stimmen in der Literatur ein Optionsrecht, Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 107; kritisch aber Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14. 714 A. A. Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 38; Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. 715 Gegen ein Bezugsrecht der Altgesellschafter spricht auch, dass ein solches Bezugsrecht einen Wert darstellt: Es ermöglicht die Erlangung einer Anteilseignerposition zu vorteilhaften Konditionen und damit Teilnahme an einem zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg der sanierten Gesellschaft bzw. Zugang zu dem sanierungsbeitragsbedingten Fortführungswert. Eine solche Wertzuweisung steht aber dem Grunde nach in Konflikt mit der absoluten Vorrangregel nach § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 Alt. 3 InsO, nach der ein an dem Schuldner beteiligte Person keinen wirtschaftlichen Wert erhalten darf, um eine angemessene Beteiligung der ablehnenden Gläubigergruppen sicherzustellen. Teilweise wird schon aus ebendiesem Grund ein Bezugsrecht der Altgesellschafter abgelehnt (Vgl.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106 f.; auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14; ebenfalls (Verstoß gegen die absolute priority rule) – für das tschechiche Recht – Richter, ECFR 2009, 358, 367. Bei einer Beteiligung an einer Bareinlage dürfte aber ein Wertausgleich stattfinden, wenn das Bezugsrecht keinen besonders günstigen Bezugspreis ermöglicht, so jetzt auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443 (Bareinlage als new value-Wertausgleich). 716 So auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 14, der richtigerweise auch darin hinweist, dass in einem Bezugsrecht ein wirtschaftlicher Wert i. S. d. § 245 InsO gesehen werden könnte, der eine Planablehnung rechtfertige. Wohl auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 27 ff. A. A. Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 140 f. (§ 225a Abs. 2 S. 1 InsO als Ermessensregel, deren Ausübung regelmäßig ein Bezugsrecht der Altgesellschafter fordert). Differenzierend Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 107 (nur bei günstigem Bezugspreis).

222

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

ßerinsolvenzlichen Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss finden keine Anwendung, ein Bezugsrecht für die Altgesellschafter bei einer Barkapitalerhöhung ist ausschließlich fakultativ.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen 1. Bewertung der eingebrachten Forderung a) Problemaufriss Nach § 225a InsO können alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen in den Insolvenzplan aufgenommen werden, auch die für den Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen notwendige Kapitalerhöhung. Auch in der Insolvenz gilt zunächst der kapitalgesellschaftsrechtliche Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (§ 9 Abs. 1 GmbHG).717 Entsprechend diesem Grundsatz gilt bei Sacheinlagen das Vollwertigkeitsgebot: Der Wert der Sacheinlage muss den Betrag der Anrechnung auf die Einlage voll decken.718 Das heißt, die einzubringende Forderung muss der Einlagepflicht wertmäßig entsprechen. Beträgt die Einlageschuld beispielsweise 1.000,– A, so wäre es mit der Einbringung einer Sache mit einem Wert von 500,– A nicht getan. Die Einlageschuld wäre nur teilweise erfüllt und den Inferenten träfe die Differenzhaftung.719 Beim Debt Equity Swap werden nun gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen eingebracht. Da es sich bei der Einbringung solcher Forderungen nach überwiegender Auffassung um eine Sacheinlage handelt720, ist entscheidend in welchem Umfang die Forderungseinbringung den Inferenten von seiner Einlageschuld befreien. Außerhalb der Krise und der Insolvenz entspricht der Wert der Forderung dem Nominalwert, da das Aktivvermögen der Gesellschaft zur Deckung aller Verbindlichkeiten ausreicht. In der Krise bzw. im hier untersuchten Fall der Insolvenz, etwa wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigeit, ist der Schuldner indes nicht in der Lage, die austehenden Forderungen zu erfüllen. Ausgehend hiervon ist fraglich, mit welchem Wert die Forderungen beim insolvenzlichen Debt Equity Swap eingebracht werden können. Mit Blick auf die Bewertung von Forderungen, die aus einer Geldzahlung entstammen721, stehen sich hier zwei Auffassungen gegenüber. Eine Auffassung hält 717 Etwa Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 17; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 11; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 378; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 30. 718 Für die GmbH: §§ 9, 56 Abs. 2 GmbHG; für die AG: BGH v. 4.3.1996 – II ZB 8/ 05, BGHZ 132, 141, 143 f. 719 Zur Differenzhaftung bereits unter B.IV.2.d)aa). 720 Zur Einlagefähigkeit von gegen die Schuldnergesellschaft gerichteten Forderungen D.II.2.a). 721 Im Hinblick auf Forderungen aus Sachleistungen wird auf die Gefahr der verdeckten Sacheinlage verwiesen, Karollus, ZIP 1994, 589, 597, Cahn/Simon/Theisel-

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

223

auch beim Debt Equity Swap am sogenannten Vollwertigkeitserfordernis fest. Die Gegenauffassung sieht in dem Debt Equity Swap eine Ausnahme von dem Vollwertigkeitserfordernis und plädiert für eine Einbringung zum Nennwert. b) Meinungsstand aa) Vollwertigkeitsansatz Nach der überwiegenden Auffassung sind auch gegen die Gesellschaft gerichtete liquide722 und fällige723 Forderungen nur in Höhe des Verkehrswertes einlagefähig, d.h. nur soweit sie vollwertig sind.724 An der Vollwertigkeit fehle es indes in der Insolvenz und sogar einer Krise praktisch immer, weswegen eine Nennwerteinbringung ausgeschlossen sei.725 Zwischen Forderungen gegen die Gesellschaft selbst und Forderungen gegen Dritte sei im Hinblick auf die Einlagefähigkeit und den Bewertungsmaßstab nicht zu unterscheiden.726 Eine Einbrinmann, CFL 2010, 238, 248; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 133; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463; Wansleben, WM 2012, 2083, 2088. Umstritten ist auch die Behandlung von Vergütungsansprüchen für Dienstleistungen, Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 248 f.; Wansleben, WM 2012, 2083, 2088. 722 Eine Forderung ist liquide, wenn sie unstreitig oder mit liquiden Beweismitteln beweisbar ist. 723 § 41 InsO. 724 Ständige Rechtsprechung des BGH, etwa v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 ff. (GmbH); v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 f. – IBH/Lemmerz; v. 18.2.1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 f.; v. 21.2.1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 149; v. 4.3. 1996 – II ZB 8/95, BGHZ 132, 141, 147; v. 16.1.2006 – II ZR 76/04, BGHZ 166, 8, 11 f. – Cash-Pool; v. 6.12.2011 – II ZR 149/10, BGHZ 191, 364, 380 – Babcock Borsig. Vgl. auch BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, ZIP 1998, 471, 473 f.; aus der Literatur etwa Lutter, in: FS Stiefel, S. 505, 515 ff.; Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 637; Vallender, NZI 2007, 129, 132; Redeker, BB 2007, 673, 675; Wentzler, FB 2009, 446, 452; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 510; Hölzle, NZI 2010, 207, 213; ders., KTS 2011, 299, 324; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 598 f.; ders., DB 2012, 331, 334 ff.; Brinkmann, WM 2011, 97, 101; Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1934 f.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123 f.; Friedl, BB 2012, 1102, 1105; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 72; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 22; Flöther/Wehner, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 225a Rn. 14; Fromm, ZInsO 2012, 1253 ff.; Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 55; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 65; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 445 ff.; ders., KSzW 2013, 65, 66; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 44; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1396; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 29; Hüffer/Koch, AktG, § 27 Rn. 17; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 56 Rn. 7; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rn. 28; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 225a Rn. 6; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 16; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 5. 725 Etwa Ekkenga, DB 2012, 331, 336; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 34 m.w. N. 726 Gustavus, BB 1977, 214, 215; Kindler, in: FS Boujong, S. 299; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333.

224

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

gung zum Nennwert sei daher nur dann möglich, wenn die Gesellschaft in der Lage ist, diese und alle anderen fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu begleichen.727 Ansonsten müsse ein Bewertungsabschlag erfolgen: Der Wert reduziere sich auf einen der Schuldendeckungsquote entsprechenden Prozentsatz728 oder – nach anderem Ansatz – auf den Wert, zu dem die Forderung veräußert werden könne729. Etwas anderes sei mit dem Gebot der realen, d.h. effektiven und vollwertigen, Kapitalaufbringung nicht in Einklang zu bringen und verbiete sich aus Gründen des Gläubigerschutzes.730 bb) Nennwertansatz Die Gegenauffassung lässt eine Einbringung solcher Forderungen zum Nennwert zu.731 Im Gegensatz zu gewöhnlichen Sachkapitalerhöhungen führe der 727 Etwa BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 f.; v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 61 – IBH/Lemmerz. 728 Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 56 Rn. 19. Strittig ist innerhalb der Auffassung, ob der Fortführungswert oder der Liquidationswert zugrunde legen ist (für Fortführungswert etwa K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609, ders., ZIP 2012, 2085, 2087; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 378 f.; Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 59. Für Liquidationszenario etwa Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 15; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1699; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 33, differenzierend Spliedt, in: K. Schmidt, InsO § 225a Rn. 25 [bestmögliche Verwertung bei entsprechender Wahrscheinlichkeit]). Der Wert muss kein Einzelzerschlagungswert sein, sondern der Wert, der bei bestmöglicher Befriedigung, etwa im Wege der übertragenden Sanierung, ergeben kann; etwa Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. Vgl. auch Wansleben, WM 2012, 2083, 2084 m.w. N. 729 Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 29. Dieser Wert kann ggfls. noch unter der erwarteten Befriedigungsquote liegen. Auch Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 14 (Sekundärmarktpreis als Indiz für Forderungswert). In Betracht käme bei Anleihen auf die gerichtliche Werthaltigkeitsprüfung zu verzichten, sofern die Anleihen während der letzten drei Monate vor dem Tag der Einbringung auf einem organisierten Markt zu einem gewichteten Durchschnittspreis gehandelt wurden. So jetzt auch Friedl, BB 2012, 1102, 1105; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 51. 730 Stellvertretend für alle Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 39 ff. m.w. N. 731 Geßler, in: FS Möhring, S. 173, 179; Reuter, BB 1978, 1195 f.; Meilicke, DB 1989, 1067, 1072 ff.; Hoffmann, BB 1992, 575, 581; Karollus, ZIP 1994, 589, 595; vgl. auch Schall, ZGR 2009, 126, 148; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242 ff.; dies., DB 2010, 1629 ff.; dies., DB 2012, 501, 504; Simon, CFL 2010, 448, 451 ff.; Franke, Debt Equity Swaps, S. 103; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24; Schall, ZGR 2009, 126, 141 ff.; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 544; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 149; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 122 ff.; Wansleben, WM 2012, 2083, 2092; W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking, S. 835, 843 ff.; Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309 ff. nun auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 47 ff.; ähnlich auch Krolop, GmbHR 2007, 117, 119; Sympathien schon bei Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht, S. 385 ff.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

225

Tausch der Forderung in Eigenkapital zu einer Entschuldung in Höhe des Nennwerts (bilanzieller Passivtausch).732 Wirtschaftlich betrachtet fließe der Gesellschaft Vermögen in voller Höhe zu, da Einlagegegenstand nicht die Forderung, sondern die Befreiung von der Verbindlichkeit in voller Höhe sei.733 Der Vollwertigkeitsansatz sei bereits aufgrund der notwendigen Bewertung unzuverlässig.734 Weder den Altgesellschaftern noch den Insolvenzgläubigern gereiche eine Einbringung zum Nennwert zum Nachteil.735 Auch Neugläubiger würden nicht durch die Vorspiegelung einer tatsächlich nicht vorhandenen (Eigenkapital-)Haftungsmasse getäuscht, zumindest soweit transparent sei, dass Insolvenzforderungen eingebracht wurde.736 Die Sacheinlagevorschriften seien insoweit teleologisch zu reduzieren.737 Zudem sehe auch § 194 Abs. 1 S. 2 AktG bei Wandelanleihen einen Nominalwertansatz vor.738 c) Stellungnahme aa) Vollwertigkeitsansatz als Sanierungshindernis? Beide Ansätze kommen – insbesondere in der durch Überschuldung geprägten Insolvenzsituation – zu drastisch voneinander abweichenden Ergebnissen. Angesichts des ganz erheblich reduzierten Verkehrswertes bzw. Werthaltigkeit in der Insolvenzsituation nach dem Vollwertigkeitsansatz erhalten die Inferenten nur für den vollwertigen Bruchteil ihrer Forderung eine Beteiligung an der sanierten Gesellschaft.739 Eine geringere Beteiligungsquote bedeutet aber dem Grunde nach auch reduzierte Chancen auf eine wertsteigerungsbedingte Rendite und verminderte Einflussmöglichkeiten. Eine solche Aussicht bietet wenig Anreiz für die Gläubiger, ihre Insolvenzquote in eine naturgemäß risikobehaftete Beteiligung an der Gesellschaft zu tauschen740, insbesondere bei einem teilweisen Verbleib der Altgesellschafter in der Gesellschaft.741 Damit kann der Vollwertigkeitsansatz so732 Stellvertretend Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 49. 733 Stellvertretend Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244 ff. 734 Etwa Simon, CFL 2010, 448, 453; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53. 735 Stellvertretend Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242 ff. 736 Stellvertretend Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246 f. 737 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.; dies., DB 2010, 1692, 1632. 738 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463 f. 739 Simon, CFL 2010, 448, 451. 740 Auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 21. Bei dem Debt Equity Swap im Planverfahren verschärft sich das Problem. Außerinsolvenzlich sind es vor allem ungesicherte und nachrangige Gläubiger, die sich für die Teilnahme entscheiden. Nachrangige Forderungen bleiben im Planverfahren regelmäßig unberücksichtigt, da sie als erlassen gelten (§ 225 Abs. 1 InsO), weswegen hier regelmäßig nur Gläubiger mit Quotenerwartung für eine Teilnahme in Frage kommen. 741 Zu der damit verbunden Problematik unter E.VII.4.

226

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

gar ein Sanierungshindernis darstellen, wenn eine Reorganisation dann nicht zustande kommt, weil ein für ihr Gelingen unbedingt erforderlicher Debt Equity Swap aufgrund der zu erwartenden Beteiligungshöhe unterbleibt.742 Aus diesem Grund ist die Bewertung der einzubringenden Forderungen von ganz wesentlicher Bedeutung für den insolvenzlichen Debt Equity Swap.743 bb) Uneindeutigkeit des Gesetzes Die durch das ESUG reformierte Insolvenzordnung trifft keine eindeutige Entscheidung zugunsten einer Auffassung: Die Frage, mit welchem Wert die einzubringende Forderung anzusetzen ist, hat im Gesetz keine ausdrückliche Regelung erfahren.744 Zwar nimmt mit § 254 Abs. 4 InsO eine Vorschrift mittelbar auf die Bewertungsproblematik Bezug: Ansprüche aus Differenzhaftung wegen Überbewertung der im Zuge des Debt Equity Swap eingebrachten Forderungen sind hiernach ausgeschlossen.745 Daraus kann aber nicht zwingend geschlossen werden, dass es auf die Bewertung nicht ankommt746, da eine Haftung wegen Überbewertung trotz § 254 Abs. 4 InsO noch auf deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann.747 Dass die Bewertung der einzubringenden Forderungen nicht unbedeutend ist, ergibt sich auch aus den Überprüfungen der Bewertung des Einlagegegenstandes an anderer Stelle. Die Richtigkeit der Bewertung sicherzustellen, ist von der Prü742 Simon, CFL 2010, 448, 451; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642 f.; Willemsen/ Rechel, ESUG, § 225a Rn. 60. 743 Ob eine Einbringung zum Nennwert zwangsläufig einen „Sanierungs-Booster“ darstellt, ist nicht sicher. Teilnehmende Gläubiger würden zwar unmittelbar von einer Wertsteigerung des Anteilswerts, etwa des Aktienkurses, profitieren, da sie keinen Verlust (Differenz zwischen Nominalwert und Vollwert/Verkehrswert) aufzuholen hätten. Bei vollständigem Herausdrängen der Altgesellschafter ist die Wertbemessung indes weniger bedeutsam. Zudem drohen Ausschüttungssperren. Vgl. Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 310; ders., in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113 f. Zum voinsolvenzlichen Debt Equity Swap Wansleben, WM 2012, 2083, 2086. 744 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 37; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, 1387, 1395. 745 § 254 Abs. 4 InsO als Argument für die Geltung des Vollwertigkeitserfordernisses etwa: H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 447 f.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 553 f.; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 36; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1699. Zu § 254 Abs. 4 InsO bereits E.II.2.a)ff). 746 So aber Römermann, NJW 2012, 645, 651. Tatsächlich lässt sich ein Haftungsausschluss als Stütze für beide sogleich dargestellten Auffassungen heranziehen. Ginge der Gesetzgeber von dem Nominalwertprinzip aus, wäre ein solcher Haftungsausschluss obsolet. 747 Haas, NZG 2012, 961, 967 (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG); ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 22 f.; Gehrlein, NZI 2012, 257, 260 f. (§ 826 BGB); Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 997 (§ 826 BGB); a. A. – keine Haftung der Anmelder – Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 254 Rn. 15 (Analogie des § 254 Abs. 4 InsO).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

227

fungspflicht des Insolvenzverwalters umfasst.748 Darüber hinaus kontrolliert auch das Insolvenzgericht die Bewertung im Rahmen der Planbestätigung.749 Bei Unrichtigkeit weist es den Plan zurück (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder versagt diesem die Bestätigung (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Die Gesetzesbegründung legt indes nahe, dass der Gesetzgeber mit dem Bundesgerichtshof und der herrschenden Auffassung von der Geltung des Vollwertigkeitserfordernisses ausgeht: Für die Bewertung der Forderungen ist ausweislich der Begründung ein Gutachten einzuholen, da deren Wert situationsbedingt reduziert sei.750 Einer solchen Bewertung bedürfte es nicht, wenn eine von dem Verkehrswert – und damit von einer Bewertung – unabhängige Einbringung zum Nennwert heranzuziehen wäre.751 cc) Teleologische Reduktion der Kapitalaufbringungsvorschriften (1) Reichweite des insolvenzrechtlichen Primats Die Kapitalaufbringungsvorschriften zielen darauf ab, sicherzustellen, dass das von den Gesellschaftern versprochene Eigenkapital auch tatsächlich aufgebracht 748 Haas, NZG 2012, 961, 967, weist aber darauf hin, dass es regelmäßig am tauglichen Anspruchsteller fehlen wird. Ob eine Haftung des Verwalters an §§ 57 Abs. 4, 9a GmbHG analog in Betracht kommt, ist umstritten, dafür Haas, NZG 2012, 961, 967; dagegen Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 336. 749 So – mit Hinweis auf den Charakter des § 254 Abs. 4 als Haftungsprivilegierung – K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573 („Die Vollwertigkeit unterliegt der registergerichtlichen Prüfung bzw. im Fall eines Insolvenzplans der Prüfung durch das Insolvenzgericht im Planbestätigungsverfahren.“); Spliedt, GmbHR 2012, 462, 467; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 22; Haas, NZG 2012, 961, 966 f.; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 21; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 44 f.; Römermann, GmbHR 2013, 337, 344; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 560 f.; a. A. MaierReimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113 ff., („Zum Prüfungsprogramm des Insolvenzgerichts gehört nicht die Vollwertigkeit der umzuwandelnden Forderungen.“ sowie „Das Registergericht ist m. E. an den Plan gebunden und kann die Eintragung nicht wegen Unterwertigkeit der Forderungen ablehnen. Nach der Reg-Begr. kommt dem Registergericht nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz zu, da die Wirksamkeit des Plans bereits durch das Insolvenzgericht geprüft wird.“). Wohl auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 448 f. 750 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 f. („Es ist im Plan insbesondere anzugeben, welche Kapitalmaßnahmen durchgeführt werden wollen, mit welchem Wert ein Anspruch anzusetzen ist und wem ein Bezugsrecht zustehen soll. Zur Frage der Werthaltigkeit des Anspruchs sind ggf. Gutachten einzuholen. Die Werthaltigkeit der Forderung wird aufgrund der Insolvenz des Schuldners regelmäßig reduziert sein und der Wert wird nicht dem buchmäßigen Nennwert entsprechen, sondern deutlich darunter liegen. Hierbei kann die Quotenerwartung berücksichtigt werden. Der Insolvenzplan hat eine entsprechende Wertberichtigung vorzusehen.“) und S. 36. Durch den Nachweis des Werts der einzubringenden Forderungen soll ausweislich des Regierungsentwurfs die Haftung des Insolvenzverwalters aus § 60 InsO ausgeschlossen werden können. Krit. Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465. 751 Den gleichen Schluss ziehen auch – im Ergebnis den Vollwertigkeitsansatz vertretend – Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 72.

228

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

wird.752 Im Zusammenspiel mit den Grundsätzen der Kapitalerhaltung, die vor einem gläubigerbenachteiligenden Abzug der Vermögenswerte schützen sollen, sichern sie vorrangig753 den Gläubigerschutz im Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Zudem wird auch der Schutz der Mitgesellschafter bezweckt.754 Der zugesicherte Haftungsfonds soll aufgebracht werden und über die registergerichtliche Eintragung des Haftkapitals sollen Geschäftspartner die Solvenz der Gesellschaft einschätzen können, da es ihnen regelmäßig nicht möglich ist, die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse zu überblicken.755 Es wurde bereits aufgezeigt, dass die Beteiligten in der Insolvenz den insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen unterstehen und diese Bestimmungen ihren Schwerpunkt auf den vermögensbezogenen Schutz legen.756 Gesellschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen zugunsten der Gesellschafter ist damit – soweit sie etwa dem Schutz und Erhalt der mitgliedschaftlichen Stellung dienen – der Anwendungsbereich entzogen.757 Auch die Kapitalaufbringungsvorschriften sind Teil des Rechts der Kapitalgesellschaften. Aus diesem Grund könnte man auch in diesem Bereich von einem Primat des Insolvenzrechts ausgehen, das eine Einbringung der Forderungen zum Nennwert erlaubt.758 In der Tat sind die §§ 183, 27 AktG, § 56 GmbHG im Fall der Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen, die aus Geldzahlungen resultieren, teleologisch zu reduzieren.759 Forderungen dieser Art können ohne Notwendigkeit einer Bewertung zum Nennwert eingebracht werden, sofern Art und Weise der Einlegung offengelegt werden.760 Der Schutzzweck der Sacheinlagevorschriften gebietet nur eine Anwendung der Publizitätsvorschriften bezüglich der Forderungseinbringung. Diese teleologische Reduktion der Kapitalaufbringungsvorschriften wurzelt indes nicht in einem insolvenzrechtlichen Vorrang, 752

Haas, NZG 2012, 9961, 966 f. Die Kapitalaufbringungsvorschriften sichern auch die Gleichwertigkeit der Beteiligung der Gesellschafter, Haas, NZG 2012, 961, 967. 754 BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 57 – IBH/Lemmerz; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387 f.; a. A. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242 (ausschließlich Gläubigerschutz). 755 Statt vieler Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 48. 756 Siehe hierzu unter E.V.2.a)bb)(2)(d) sowie E.VI.2. 757 Siehe hierzu unter E.VI.2. 758 So könnte man Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, 102, 115, verstehen. 759 Bereits Tesauro, ZIP 1992, 1036, 1041; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff.; dies., DB 2010, 1629, 1632. Wohl auch Schall, ZGR 2009, 126, 132 f. Weitergehend Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 115 (Kapitalaufbringungsregeln in der Insolvenz nicht anwendbar). I. E. auch Geßler, in: FS Möhring, S. 173, 188 ff. A. A. Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 114; Kindler, in: FS Boujong, S. 299, 306. 760 Siehe hierzu unter E.VII.1. 753

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

229

sondern ergibt sich daraus, dass der mit den Wertaufbringungsvorschriften intendierte Schutzzweck eine Bewertung schlichtweg nicht erfordert. Ein Primat insolvenzrechtlicher Bestimmungen ist nur gegenüber den Beteiligten des Insolvenzverfahrens zu rechtfertigen. Schutzbestimmungen, die dem Schutz unbeteiligter Dritter – wie zukünftiger Neugläubiger – dienen, kann es nicht substituieren.761 Jedoch gebietet der Schutz zukünftiger Geschäftspartner keine strikte Einhaltung der Kapitalaufbringungsvorschriften. Das ergibt sich aus der fehlenden Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter und Gläubiger, eine Auslegung der Kapitalaufbringungsvorschriften sowie den Besonderheiten des sanierenden Schuldentauschs. (2) Keine Gefährdung von Gesellschaftern und bisherigen Gläubigern (a) Altgesellschafter Eine Einbringung der Forderungen zum Nennwert führt nicht zu einer einer ungerechtfertigen Verwässerung der Anteilsrechte der Altgesellschafter.762 Für den rechtstatsächlich dominierenden Fall der Überschuldung weisen diese Anteilsrechte keinen Wert mehr auf763, und regelmäßig dürfte ein insolvenzlicher Debt Equity Swap zu einem vollständigen Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter führen.764 Verbleiben die Altgesellschafter ausnahmsweise aufgrund entsprechender Plangestaltung in der Gesellschaft, so sind sie – im Hinblick auf eine mögliche Verwässerung ihrer Anteilsrechte – unter Berücksichtigung der sich aus § 199 S. 2 InsO ergebenden Befriedigungshierarchie nicht schützenswert.765 Die Frage der Angemessenheit der durch den Schuldentausch erreichten Beteiligungsverhältnisse stellt sich nicht.766 Vielmehr profitieren sie von dem Wechsel der Gläubiger auf die Eigenkapitalseite und der damit verbundenen Entschuldung sowie Aufgabe einer vorrangigen Befriedigungsposititon des Einrückenden:767 761 Vgl. die Reichweite der Planwirkungen, § 245 Abs. 2 S. 1 Weitergehend aber wohl Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 115, 132 (Kapitalaufbringungsregeln in der Insolvenz nicht anwendbar). Im Hinblick auf die Kapitalaufbringungsvorschriften i. E. wie hier Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, 29, 37. 762 Meilicke, DB 1989, 1119, 1120; Simon, CFL 2010, 448, 452; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501 ff. A. A. Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1934 f.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 551. 763 Siehe hierzu unter E.III.3.a). 764 Etwa Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19. 765 So auch Meilicke, DB 1989, 1119 f.; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501 f.; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 114 f. u. 132; Thies, in: HambKomm-InsO § 225a Rn. 24; Franke, Debt Equity Swaps, S. 98 ff. (Nennwerteinbringung im Einklang mit insolvenzrechtlicher Verteilungsreihenfolge). Zur insolvenzrechtlichen Verteilungsregel Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 543 ff. A. A. Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1934 f. Hierzu bereits E.III.3.a). 766 Auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO., § 255a Rn. 24. 767 Meilicke, DB 1989, 1119 f.; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 1445, 1450. Eine Benachteiligung scheidet aber auch dann aus, wenn der Schuldner nicht überschuldet ist, weil das Insolvenzverfahren etwa wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18

230

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Die einrückenden Gesellschafter tauschen ihre Gläubigerstellung in eine Renditeerwartung mit Totalverlustrisiko.768 (b) Neugesellschafter Die Einbringung der Forderungen zum Nennwert bedeutet auch für etwaige Neugesellschafter kein Nachteil, der eine Ablehnung des Nennwertansatzes rechtfertigt.769 Denn diese beteiligen sich an einer durch den Debt Equity Swap in Höhe des Nennwerts entschuldeten Gesellschaft, die von den Sanierungsbeiträgen aller Gläubiger profitiert und ohne diese nicht mehr existieren würde. Ein sich an einer reorganisierten Gesellschaft beteiligender Gesellschafter wird sich bewusst für sein Engagement entscheiden und akzeptiert die reorganisationsbedingten Umstände.770 (c) Bisherige Gläubiger Im Übrigen erleiden die bisherigen Gläubiger durch eine Nennwertanrechnung keine Nachteile. Im Gegenteil: Die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital in Höhe des Nennwertes hat zur Folge, dass die Teilnehmer als Konkurrenten bei der Verteilung der Masse ausscheiden und führt für so zu einer größeren Planquote bei den Gläubigern, die nicht an dem Debt Equity Swap teilnehmen.771 Als Anteilseigner sind ihre Ansprüche zudem gegenüber allen anderen InsO) eröffnet wurde: In diesen Fällen sichert eine Beteiligung der Gläubiger den Fortbestand der Gesellschaft. Ohne eine erfolgreiche Sanierung wäre die Beteiligung der Altgesellschafter untergegangen, vgl. Krolop, GmbHR 2007, 117, 120; auch Karollus, ZIP 1994, 589, 595 mit Verweis auf RG v. 16.10.1936 – II 80/36, RGZ 152, 292, 301. Der Bundesgerichtshof teilt diese Einschätzung indes nicht, BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 100, 47, 62, und verweist zur Begründung auf die Unsicherheiten im Einzelfall („Denn diese Überlegung enthält zu viele Faktoren, so daß eine derart sichere Erfolgsbeurteilung unabhängig von der Prüfung des Einzelfalls nicht möglich ist“). Das kann nicht überzeugen, ist der Nachrang der Eigenkapitalgeber doch augenfällig. Auch wenn sich die Gesellschaft nur in der Krise befindet, profitieren die Gesellschafter – die der Einbringung zum Nennwert mehrheitlich zustimmen – durch den Wegfall der Verbindlichkeit in voller Höhe und verlieren einen in der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie Vorrangigen (bereits Geßler, in: FS Möhring, S. 173, 193; Priester, DB 2010, 1445, 1450). 768 Vgl. bereits Meilicke, DB 1989, 1067, 1073. 769 A. A. etwa H.-F. Müller, KTS 2012, 419 447 f. 770 A. A. Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 38. 771 Meilicke, DB 1989, 1119; Krolop, GmbHR 2007, 117, 120; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244 f.; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 849; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 375; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, 1387, 1389; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 52; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 149 (Gläubiger verlieren einen „Konkurrenten“); ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53; Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309 f. Die Einbringung zum Nennwert kann auch für die Insolvenzgläubiger vorteilhaft sein, wenn es aufgrund der Nennwerteinbringung zu einem reinen Passivtausch

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

231

Ansprüchen in einer etwaigen Folgeinsolvenz nachrangig (§ 199 S. 2 InsO). Die Bewertungsfrage ist daher für die bisherigen Gläubiger kaum bedeutsam.772 Das gilt auch dann, wenn die gegenwärtigen Gläubiger – etwa wegen Nachrangigkeit einzelner Forderungen – unterschiedlichen Befriedigungsaussichten aufweisen.773 Folgt man dem Nennwertansatz, so sind auch nachrangige Forderungen einlagefähig.774 Angesichts des § 225 InsO gelten ihre Forderungen indes grundsätzlich als erlassen. Einen Anspruch auf Teilnahme an einem Debt Equity Swap haben sie nicht. Insoweit ist es Aufgabe der Planarchitekten für die Einhaltung der Befriedigungshierarchie zu sorgen. Findet der Plan, der eine Teilnahme der nachrangigen Gläubiger am Debt Equity Swap vorsieht, Zustimmung im Abstimmungstermin wird die Besserstellung offenbar als sachgerecht empfunden. Die Kompetenz der erweiterten Gläubigerversammlung für den Beschluss des Insolvenzplans und der darin enthaltenen Kapitalerhöhung macht noch einen anderen Unterschied zur außerinsolvenzlichen Kapitalerhöhung deutlich. In letzterem Fall entscheiden nur die Gesellschafter über die Einbringung. Im Insolvenzplanverfahren sind die Gläubiger mit einbezogen und stimmen der Nennwerteinbringung zu. (3) Keine Gefährdung zukünftiger Gläubiger (a) Forderungseinbringung als nomineller Wertzufluss Die Einbringung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung führt zu keinem Zufluss neuer Vermögenswerte, die Neugläubigern im Falle zukünftiger Verluste als Puffer zur Verfügung stehen könnten. Der Debt Equity Swap ist ein reiner Passivtausch und führt zu Eigenkapital in voller Höhe.775 Für die Gesellschaft führt die Einbringung zu einer bilanziellen Entschuldung in Höhe des Nennwerts, nicht nur in Höhe des objektiven Verkehrswertes, auch wenn die Gesellschaft vorher überschuldet war.776 Der Wegfall der nach § 253 Abs. 1 S. 2 kommt und kein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn anfällt. Zu steuerrechtlichen Aspekten des Debt Equity Swap unter H. Weitergehend noch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 52 (Besserstellung auch zukünftiger Gläubiger). Bereits Geßler, in: FS Möhring, S. 173, 195. 772 Vgl. BGH v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 62 f. – IBH/Lemmerz; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 38; Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1310. 773 A. A. H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 447 mit Beispielsfall; ders., KSzW 2013, 65, 66. 774 Nach dem Vollwertigkeitsansatz tendiert ihr Wert gegen Null, vgl. Hirte/Knof/ Mock, DB 2011, 632, 642 f. 775 Geßler, in: FS Möhring, S. 173. Etwa Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 149; ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53; W. Müller, in: FS HoffmannBecking, S. 835, 844. Beispiele bei Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 49 ff. 776 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 243; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restruktuierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 49 ff.; vgl. auch Schall, ZGR 2009, 126,

232

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

HGB mit dem Nennwert zu bilanzierenden Forderung ohne gleichzeitigen Mittelabfluss weist für die Gesellschaft einen Wert in Höhe der passivistischen Entlastung auf.777 Darin liegt tatsächlich auch der Unterschied zu der Einbringung einer gegen einen Dritten gerichteten Forderung.778 Hier kann keine teleologische Reduktion erfolgen und es bedarf einer Bewertung, da – aufgrund des Bonitäts- und Insolvenzrisikos des Schuldners – keineswegs sicher ist, in welcher Höhe der Gesellschaft aus der eingebrachten Forderung Vermögenswerte zufließen.779 Aus Sicht der Schuldnergesellschaft ist die ausstehende Forderung immer vollwertig.780 Der Einlagegegenstand ist auch nicht „eine Forderung“, sondern die Befreiung von der existierenden Verbindlichkeit.781 Dass nicht die Perspektive des Gläubigers entscheidend ist, sondern die der Gesellschaft, ergibt sich auch aus einer Kontrollüberlegung: Hätte die eingebrachte Sache für den Inferenten einen höheren Wert als für die Gesellschaft, so wäre trotzdem im Hinblick auf die Kapitalaufbringung der für die Gesellschaft gegebene Wert maßgeblich.782 Entscheidend ist insoweit nur, welchen Wert sie für die Gesellschaft darstellt, nicht was sie den Inferenten „kostet“.783 Außerdem ist zu berücksichtigen, dass – 148 f.; a. A. etwa Ekkenga, DB 2012, 331, 334. Bei dem unwahrscheinlichen Fall der Überschuldung nach Debt Equity Swap wird die Gesellschaft aufgelöst, vgl. Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501 502. 777 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1632; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463 (kein Wetungswiderspruch zu § 207 ff. AktG; § 57c ff. GmbHG), Wansleben, WM 2012, 2083, 2086; a. A. Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 376; Ekkenga, DB 2012, 331, 336. 778 So bereits Karollus, ZIP 1994, 589, 595; Meilicke, DB 1989, 1119; Hoffmann, BB 1992, 575, 576; Krolop, GmbHR 2007, 117, 119; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 243; Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309 f.; vgl. auch Thies, in: HambKomm-InsO § 225a Rn. 24. A. A. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333; Kindler, in: FS Boujong, S. 299, 306 f.; Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 114 (objektiver Maßstab entscheidend); Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1393; Gustavus, BB 1977, 214, 215, der keinen qualitativen Unterschied zwischen gegen die Gesellschaft gerichteten und gegen einen Dritten gerichteten Forderungen sieht und dies unter anderem mit Missbrauchsgefahren rechtfertigt. Dagegen aber überzeugend Franke, Debt Equity Swaps, S. 90 f. 779 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rn. 27; Pentz, in: MünchKommAktG, § 27 Rn. 26 ff.; Thies, in: HambKomm-InsO § 225a Rn. 24. 780 So schon Meilicke, DB 1989, 1067, 1074; Hoffmann, BB 1992, 575, 578 f.; Tesauro, ZIP 1992, 1036, 1041; Krolop, GmbHR 2007, 117, 119; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 124 (Perspektive der Gesellschaft entscheidend, daher evtl. Sicherheiten für Wert dieser Art von Forderungen unbeachtlich). 781 So auch schon Hoffmann, BB 1992, 575, 577. Auch – obgleich den Vollwertigkeitsansatz vertretend – Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589 u. 599. Das unterscheidet die gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung von jeder anderen Sache, das übersieht Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 15. 782 So richtigerweise Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 124. 783 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 124 f. Dass die Sicht der Gesellschaft entscheidend ist, zeigt sich auch am Beispiel einer auf dem Sekundärmarkt wegen einer Unternehmenskrise mit Abschlag erworbenen Forderung,

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

233

wäre die Einbringung aus irgendwelchen Gründen hinfällig – die Forderung dann wieder in Höhe des Nennwertes aufleben würde, die eingebrachte Befreiung muss zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen den gleichen Wert haben.784 Überdies hätte auch eine Barkapitalerhöhung von der Geschäftsleitung zur Tilgung fälliger Verbindlichkeiten benutzt werden müssen; die Forderungsumwandlung hat ebensolchen Effekt und hat daher für die Gesellschaft den gleichen Wert wie eine Barkapitalerhöhung.785 Somit fließt der Gesellschaft ein nomineller Wert in voller Höhe zu.786 (b) Fehlende Garantiefunktion des eingetragenen Haftkapitals Der teleologischen Reduktion steht nicht entgegen, dass das Garantiekapital nicht im Wege einer effekiven Kapitalerhöhung geschaffen wurde. Das liegt schon darin begründet, dass die Höhe des Garatiekapitals nicht geeignet ist, zukünftigen Gläubigern ein Verlustdeckungspotenzial vorzuspiegeln.787 Die Kapitalaufbringungsvorschriften zielen darauf ab, die tatsächliche Aufbringung des die aufgrund der Gesundung des Unternehmens wieder „vollwertig“ geworden. Es kann nicht darauf ankommen, was es den Inferenten kostet. Er bringt keinen „wertlosen“ Gegenstand für werthaltige Anteile in Höhe des Nennwertes ein, sondern er entschuldet die Gesellschaft in Höhe des Nominalwerts. 784 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 127. 785 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 127 f. u. 129 f. mit anschaulichen Rechenbeispielen. 786 A. A. die sog. „Neutralisierungs-These“: Ihre Vertreter gestehen der eingebrachten Forderung nur in der Höhe einen Wert zu, in der die Einbringung der Forderung zu einer Befreiung von bisher „neutralisiertem“ Aktivvermögen führe. Aus diesem Neutralisierungsansatz folge, dass eine Einbringung zum Nennwert schon deswegen nicht in Betracht komme, da bei Überschuldung nicht ausreichend Aktiva frei werden können. Priester, DB 2010, 1445, 1447 ff.; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 594; ders., DB 2012, 331, 334; wohl auch Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 993; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 552; weitergehend wohl noch Fromm, ZInsO 2012, 1253, 1254 (Debt Equity Swap bei Überschuldung der Gesellschaft unmöglich, da in Höhe des Betrages des negativen Eigenkapitals ein „Einbringungshindernis“ für die Sacheinlage durch Forderungseinbringung vorliege). Der Streit, ob für die Bewertung des Aktivvermögens – und damit mittelbar auch der Forderungen – auch stille Reserven heranzuziehen sind (dafür Priester, DB 2010, 1445, 1448, dagegen Ekkenga, ZGR 2009, 581, 600, ders., DB 2012, 331, 336 [nur handelsbilanzielle Betrachtung] m.w. N.) kommt es in der Insolvenz nicht an, da in der Überschuldungsbilanz immer stille Reserven zu berücksichtigen sind, vgl. nur Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 15 f.). Dem kann aber entgegengehalten werden, dass Gegenstand der Sacheinlage nicht die Freiwerdung von Aktivvermögen ist. Vielmehr ist es die Forderungseinbringung und die damit verbundene Befreiung der Gesellschaft von ebendieser Schuld. Diese Werthaltigkeit übersieht die Auffassung. Auf Ansonsten wäre – worauf Maier-Reimer hinweist – bei fortbestehender Überschuldung nach einem Debt Equity Swap schlichtweg ein rechtliches Nullum eingebracht; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 123 f.; ders., in: FS Goette, S. 299, 310. 787 So aber Priester, DB 2010, 1445, 1449; Ekkenga, DB 2012, 331, 334. A. A. etwa Karollus, ZIP 1994, 589, 596 f. (kein Publizitätsinteresse der Allgemeinheit bei Schuldentausch); allgemeiner Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 157.

234

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

versprochenen Eigenkapitals sicherzustellen.788 Sie bieten indes keinen Schutz vor unverhältnismäßiger Ausstattung789 oder zeitnaher Verwirtschaftung von Vermögensmitteln aufgrund mangelhafter Unternehmensführung.790 Die Höhe des eingetragenen Eigenkapitals kann insofern keine Gewähr für tatsächliche Solvenz sein und bietet keinen ausreichenden Anknüpfungspunkt für ein Befriedigungsvertrauen der Gläubiger.791 Für potentielle Gläubiger ist die tatsächliche Vermögenslage der Gesellschaft ausschlaggebend, die Höhe ihres eingetragenen Haftkapitals hingegen ist bestenfalls von untergeordneter Bedeutung.792 Diese Erkenntnis zwingt zwar nicht zur Abkehr von der Lehre des festen Garantiekapitals793, sie ermöglicht aber eine Abschwächung der Anforderungen im Einzelfall, wenn eine solche sachgerecht ist.794 (c) Gläubigerschutz durch Publizität Um einer Einbringung zum Nennwert indes jedwedes Täuschungspotenzial über die Höhe des tatsächlich vorhandenen Haftungsfond zu nehmen, ist die Einbringung der Forderung im Rahmen des Debt Equity Swap offenzulegen.795 Die mit der Offenlegung verbundene Publizität vermeidet den Anschein, die Kapitalerhöhung habe neue Vermögensgegenstände zugeführt.796 Zudem wird der Ein788

Haas, NZG 2012, 961, 966 f. Etwa Fastrich, in: Baumbach, Hueck, GmbHG, Einl. Rn. 9. 790 Nur Schall, ZGR 2009, 126, 130. 791 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631; dies., DB 2012, 501, 503; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463 f.; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24; Tesauro, in: FS Meilicke, S. 697, 717 ff. (naives Konzept des Garantiekapitals). Bereits Meilicke, DB 1989, 1120 ff. 792 Schall, ZGR 2009, 126, 129 ff.; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631. A. A. Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 994. 793 Diese Problematik tritt bei jeder Einbringungsalternative und unabhängig von der konkreten Bewertung der Forderung auf. 794 A. A. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333 („Auch sonst kann der Rechtsverkehr ggf. erkennen, dass z. B. ein Mindestkapital vielleicht bereits durch Verluste aufgezehrt ist. Trotzdem würde man deshalb nicht auf die reale Kapitalaufbringung verzichten.“). 795 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 242, 247; dies., DB 2010, 1629, 1631; dies., DB 2012, 501, 502 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 24; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53. Siehe aber Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 51 (Irreführung ausgeschlossen). A. A. Priester, DB 2010, 1445, 1449; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 14 f. (keine teleologische Reduktion). 796 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 247; a. A. Kindler, in: FS Boujong, S. 299, 306 f.; Ekkenga, DB 2012, 331, 333 ff.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 551. Zu einfach macht es sich aber Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333, wenn er eine Auseinandersetzung mit den Argumenten zur Transparenz ablehnt („Auf umständliche Erwägungen zum Erkennenmüssen oder Erkennenkönnen durch die Gläubiger sollte man sich nicht einlassen.“). 789

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

235

lagegegenstand durch die Eintragung ins Handelsregister öffentlich gemacht und ist so für zukünftige Gläubiger transparent.797 Die Gefahr einer Irreführung des Rechtsverkehrs und zukünftiger Gläubiger wird so minimiert. Dies gilt umso mehr, als die Einbringung beim insolvenzlichen Debt Equity Swap naturgemäß im Rahmen des Planverfahrens erfolgt und das Insolvenzverfahren bereits zusätzliche Publikumswirkung aufweist. Teilweise wird vorgebracht, dieses Publizitätserfordernis sei ungeeignet, den Vorwurf der Gläubigergefährdung zu entkräften, da die Transparenz immer herangezogen werden könne, um eine Verzicht jedweder Werthaltigkeitskontrolle bei Sacheinlagen zu rechtfertigen.798 Das übersieht aber die fehlende Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen. Im Gegensatz zur klassischen Sacheinlage besteht an der (Voll-)Wertigkeit von Forderungen, die aus Geldzahlungen resultieren, kein Zweifel. (4) Auslegung der Kapitalaufbringungsvorschriften Die Anhänger der Auffassung, die einer gegen die Gesellschaft gerichteteten Geldforderung die Vollwertigkeit absprechen, betonen die Unvereinbarkeit des Verzichts des Bewertungserfordernisses mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung.799 Diese „heilige Kuh“ 800 des Kapitalgesellschaftsrechts darf aber nicht unbedacht zum Dogma erklärt werden, das man apodiktisch verteidigt. Ist der intendierte Schutz der Wertaufbringungsvorschriften nicht sachgerecht, sind Anwendungsausnahmen angebracht.801 Denn der Alleingeltungsanspruch des Systems der festen Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung hat Schwächungen erfahren, die eine teleologische Reduktion auch im Fall des Debt Equity Swap rechtfertigen. Als Reaktion auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofes zur Niederlassungsfreiheit europäischer Kapitalgesellschaften802 hat der Gesetzgeber etwa das 797 So bereits Hoffmann, DB 1992, 575, 580; Krolop, GmbHR 2007, 117, 120. A. A. Kindler, in: FS Boujong, S. 299, 306 f.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 551; Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 994. 798 Priester, DB 2010, 1445, 1449; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 39. 799 Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 14 (Nennwerteinbringung ist Bruch mit fundamentalen Prinzipien der Kapitalaufbringung); Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 64 f. 800 So Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 996 ff. 801 I. E. ebenso Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 250 („Rückführung der Kapitalschutzdogmatik auf das im Interesse der Schutzadressaten gebotene Maß“). 802 EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97, Slg. 1991, I-1459 – Centros; v. 5.11.2002 – Rs. 208/00, Slg. 2002, I-9919 – Überseering, v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01, Slg. 2003, I10155 – Inspire Art. Hierzu Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 3 15 ff. Zum Standort- und Wettbewerbsvorteil, insbesondere für die englische private limited company, Ltd. etwa Hölzle, KTS 2011, 291, 296 f.

236

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

System des festen Garantiekapitals aufgeweicht: Mit der Einführung der Unternehmergesellschaft nach § 5a GmbHG erlaubt auch das deutsche Recht die Gründung einer praktisch stammkapitallosen Gesellschaft, die den Gläubigerschutz über die Offenlegung der Gründungsumstände mitverwirklicht.803 Ein solcher Gläubigerschutz durch Publizität erfolgt auch im Fall der Nennwerteinbringung beim Debt Equity Swap. Zudem stützen auch zwei Ausnahmen die Annahme einer teleologischen Reduktion im vorliegenden Fall. Das ist zum einen Ausnahme des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG, die eine Einbringung zum Nennwert zulässt.804 Nach dieser Vorschrift „gilt“ die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien nicht als Sacheinlage. Zwischen vorheriger Vereinbarung eines Wandlungsrechts in den Schuldverschreibungsbedingungen und nachträglicher Umwidmung eines vorher empfangenen Darlehens besteht jedoch kein qualitativer Unterschied.805 Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Umtauschberechtigung der Gesellschaft806, um in Krisenzeiten Femd- in Eigenkapital zu tauschen.807 Die Parallelen sind schwer zu übersehen.808 Zum anderen hat der Gesetzgeber zuletzt mit dem § 254 Abs. 4 InsO den Grundsatz der Kapitalaufbringung weiter geschwächt. Zu Lasten der Neugläubiger schützt der Gesetzgeber die in der Insolvenz einrückenden Gläubiger vor der – die Kapitalaufbringung auf der Sekundärebene sichernden – Differenzhaftung.809 803

Etwa Schall, ZGR 2009, 126, 127. Schon – auch zur Entstehungsgeschichte der Norm – Karollus, ZIP 1994, 589, 591 f. (Rechtsgedanke des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG); Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463; W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking, S. 835, 844 f. A. A. Hüffer/Koch, AktG, § 194 Rn. 4; Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 30; Pentz, in: MünchKommAktG, § 27 Rn. 114 (keine analogiefähige Ausnahme). 805 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 249 f.; auch Wansleben, WM 2012, 2083, 2089. 806 Diese soll seit Jahren durch eine Aktienrechtsnovelle ausdrücklich klargestellt werden, ist aber bereits heute möglich. Statt vieler Hüffer/Koch, AktG Rn. 5b m.w. N. 807 W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking, S. 835, 844 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462 f.; a. A. Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 42. 808 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 249 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462 f.; a. A. Ekkenga, DB 2012, 331, 332. Die Ablehnung der Analogiefähigkeit der Vorschrift mit der Nähe zur Mitgliedschaft dürfte angesichts des fließenden Übergangs zwischen Fremd- und Eigenkapital (RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 30 r. Sp.) kaum zu halten sein. 809 Kritik bei Brinkmann WM 2011, 97, 101; Hölzle, NZI 2011, 124, 129; Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 149 f. (Fn. 71); Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 11; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 (§ 254 Abs. 4 InsO führt „das System der effektiven Kapitalaufbringung und damit auch das Abstellen auf die Vollwertigkeitsthese ad absurdum.“); Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 562; Römermann, GmbHR 2013, 337, 344 („Können wir langfristig die Strenge der Kapitalaufbringungsgrundsätze rechtfertigen, wenn über das Schlupfloch des DES ein vom wirtschaftlichen Wert krass abweichender Stammkapitalbetrag zugelassen wird? Ist der DES bei dieser Betrachtung und auf dem Boden der geschilderten Auslegung ein (weiterer) Na804

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

237

In der Literatur wird zudem zunehmend am Dogma der realen Kapitalaufbringung gezweifelt. Bereits mit dem MoMiG sei das Haftkapital zum „bloßen Seriösitätssignal“ marginalisiert810, das ESUG sei ein weiterer Schritt hin zu einer neuen „Kapitalteleologie“.811 Es wird auf die Fortschrittlichkeit des angelsächsischen Kapitalgesellschaftsrechts hingewiesen, das auf festes Garantiekapital verzichtet und den Gläubigerschutz über Kreditsicherheiten und das Insolvenzrecht realisiert.812 In die gleiche Richtung bewege sich auch das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht.813 Auch wird eine Abkehr vom Erfordernis eines realen Vermögensopfers des Inferenten, der die Gesellschaft mit Betriebsmitteln ausstatte, gefordert. Der Gesellschafter müsse sich die Haftungsbeschränkung nicht verdienen814, ausreichend sei, wenn er als Seriösitätssignal einen ernsthaften Risikobeitrag leiste, der sich in das dem System der beschränkten Haftung inhärente Prinzips des Gläubigervorrangs einpasse.815 Mit dem Einrücken in die Gesellschafterposition – im Zuge des insolvenzlichen Schuldentauschs – leisten die Gläubiger diesen Risikobeitrag: Er zeigt Vertrauen in die Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft und riskiert einen Totalverlust als Eigenkapitalgeber. Zu welchen Friktionen die Frage der Einbringungsbewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen führt, zeigt schon, dass nicht einmal die Art der Einlage bei der Forderungseinbringung gänzlich geklärt ist.816 Die weit gel im Sarg des deutschen Kapitalaufbringungs- und erhaltungsrechts?“); Hölzle, KTS 2011, 299, 324 (Die mit § 254 Abs. 4 „einhergehende Außerkraftsetzung der Kapitalaufbringungsvorschriften ist nicht hinnehmbar.“); Meyer/Degener, BB 2011, 846, 849 (Aushebelung der Kapitalaufbringungsgrundsätze). krit. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333. Für einen alternativen Schutz aus § 826 BGB Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 996 ff. („heilige Kuh des Kapitalgesellschaftsrecht [. . .] auf dem Altar insolvenzrechtlicher Sanierungsinteressen geopfert“). 810 Schall, ZGR 2009, 126, 131 f.; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. 811 So – sub specie § 254 Abs. 4 – Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. Ablehnend: Hölzle, NZI 2011, 124, 129; Brinkmann, WM 2011, 97, 101. Siehe auch Römermann, GmbHR 2013, 337, 344 (Sargnagel des Kapitalaufbringungsrechts). 812 Vgl. Hölzle, KTS 2011, 291, 296 f. Vgl. zur Diskussion auch Mülbert, Der Konzern 2004, 151 ff.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 19. So benötigen US-amerikanische Corporations in den meisten US-Staaten kein festes Grundkapital und es wird auch nicht als wesensnotwendiger Charakterzug einer Aktiengesellschaft angesehen, etwa Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz, S. 210. 813 Etwa mit Aufgabe des Eigenkapitalersatzrechts und Schutz der Gläubiger über § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 814 So aber Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1393 (Notwendigkeit eines realen Vermögensopfers). A. A. etwa Schall, ZGR 2009, 126, 133. 815 Vgl nur die von Schall, ZGR 2009, 126, 132 f. aufgestellten Parameter für eine teleologische Auslegung der Kapitalaufbringungsvorschriften. 816 Vgl. nur die mäandernde Argumentation von Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 149 (Fn. 70), der zur Durchsetzung des Nennwertansatzes auf eine Werthaltigkeitskontrolle bei der Sacheinlage „Forderung gegen die Gesellschaft“ verzichten will, diese aber dann im Lichte der Richtlinie doch als Bareinlage behandeln will, um einen Konflikt zu umgehen.

238

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

überwiegende Auffassung in Rechtsprechung817 und Lehre818 sieht darin eine Sacheinlage. Die Gegenauffassung plädiert bei der Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen für die Anwendbarkeit der Bareinlagevorschriften.819 Rechtsvergleichend zeigt sich, dass ausländische Rechtsordnungen – wie beispielsweise das englische820, das französische821 und das italienische822 Kapitalgesellschaftsrecht – die Einbringungen von Forderungen nicht den Kautelen der Sacheinlagevorschriften unterstellen, sondern als Bareinlage oder als Unterart derselben behandeln.823 Diese Verortung ist – wie Wiedemann herausstellt824 – nicht mit der angelsächsischen Zurückhaltung gegenüber festem Haftkapital zu erklären, da auch Länder mit einem System festen Garantiekapitals den Debt Equity Swap als Bareinlage behandeln. Selbst im Hinblick auf die Vorgaben des Art. 10 und Art. 31 Abs. 2 (n. F.) der Kapitalrichtlinie besteht Uneinigkeit.825 Die Einbringung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung zum Nennwert ist demnach ein Ausnahmefall im Recht der Kapitalaufbringung.826

817 Ständige Rechtsprechung des BGH, etwa v. 13.10.1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52, 60 (GmbH); v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 ff. (GmbH); v. 15.1.1990 – II ZR 164/88, BGHZ 110, 47, 60 f. – IBH/Lemmerz; v. 18.2.1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 f.; v. 21.2.1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 149 818 Etwa Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 27 Rn. 29; Peifer, in: MünchKomm-AktG, § 183 Rn. 13; Lieder, in: MünchKomm-GmbHG, § 56 Rn. 19; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 589; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 249; Priester, DB 2010, 1445 ff.; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 30 jew. m.w. N. 819 Nur Karollus, ZIP 1994, 589, 597; Geßler, in: FS Möhring, S. 173, 179 ff.; Meilicke, DB 1989, 1069, 1072 ff. u. 1119 ff. 820 Sec. 583 (3) (c) Companies Act 2006 („A ,cash consideration‘ means – [c] a release of a liability of the company for a liquidated sum“), hierzu etwa Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1390. 821 Meilicke, DB 1989, 1067, 1070; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1390. 822 Meilicke, DB 1989, 1067, 1069; Tesauro, in: FS Meilicke, S. 697, 714 ff. m.w. N. 823 Tesauro, ZIP 1992, 1036, 1041 (Fn. 16) („in fast allen Mitgliedstaaten“). 824 Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1390. 825 Für Bareinlage Tesauro, ZIP 1992, 1036, 1041, ders., in: FS Meilicke, S. 714, 724 ff.; Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 311; Eidenmüller, Bankrechtstag, 129, 149 (Fn. 70), Cahn/Simon/Theiselmann, CFL, 2010, 238, 250, dies., DB 2012, 501, 502 f. jew. m.w. N. A. A. etwa Kindler, in: FS Boujong, S. 299, 304; Arnold, in: FS HoffmannBecking, S. 29, 30 f. (eindeutig Sacheinlage). Die hier vorgeschlagene teleologische Reduktion ist mit der Kapitalrichtlinie vereinbar, da – wenn man die Einbringung von Forderungen – auf europarechtlicher Ebene – als Bareinlage einordnet – die Etablierung von Publizitätsanforderungen für eine Bareinlage nicht ausgeschlossen wären, Cahn/ Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 502 f.; Wansleben, WM 2012, 2083, 2091 f. 826 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 250; Wiedemann, in: FS HoffmannBecking, 1387, 1396; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 333. Vgl. auch W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking, S. 835, 836 u. 845; Simon/ Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 zum Ausschluss der Differenzhaftung nach § 254 Abs. 4 (Vorschrift führt „das System der effektiven Kapitalaufbringung und damit auch das Abstellen auf die Vollwertigkeitsthese ad absurdum.“).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

239

Das verdeutlicht, dass es sich hierbei um eine kapitalgesellschaftsrechtliche Grundsatzfrage handelt, die allein über einen Vorrang des Insolvenzrechts nicht gelöst werden kann.827 (5) Gläubigerschutz durch Sanierung Bei rechtstatsächlich am häufigsten auftretenden Insolvenzen, also aufgrund des Insolvenzgrundes der Überschuldung, ist praktisch immer ein vollständiger Ausschluss der Altgesellschafter möglich828. In diesen Fällen bedarf es keiner Nennwerteinbringung, um einen ausreichenden Anteil an der reorganisierten Gesellschaft zu sichern. In diesen Fällen werden die Gläubiger – vorbehaltlich steuerrechtlicher Einschränkungen829 – ihre Forderungen zu einem sachgerechten Wert einbringen, um auch die Ausschüttungssperren der § 57 AktG und § 30 GmbHG pro futuro zu vermeiden.830 Eine Aufblähung des Eigenkapitals durch eine Einbringung zum Nennwert führt zu einer langanhaltenden Dividendenunfähigkeit.831 Insofern ist davon auszugehen, dass sich die Einbringungshöhe durch das Ausschüttungsinteresse der Neugesellschafter selbstreguliert.832 Die Warnungen vor stammkapitallosen Kapitalgesellschaften, die mit nichts anderem als leerer „Luft“ 833 und „Hoffnungswerten“ 834 aufgebläht auf Gläubigerfang gehen, dürften der Angst vor der Infragestellung „liebgewordener Gewohnheiten“ 835 zu schulden sein. Neugläubiger sehen sich mit einer sanierten – nicht mehr überschuldeten – Gesellschaft mit niedriger Fremdkapitalquote konfrontiert.836 Mit

827 Die Nennwerteinbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten (notleidenden) Forderungen säht etwa auch im Hinblick auf die Aufrechnungsverbote des § 66 Abs. 1 S. 2 AktG und § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG Zweifel. Vgl. Krolop, GmbHR 2007, 117, 122 f.; Schall ZGR 2009, 126 ff.; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 34. 828 Etwa Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113. 829 Eine Enbringung zum Nennwert verhindert Sanierungsgewinne, da nur ein neutraler Passivtausch stattfindet, Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53; Thies, in: HambKomm-InsO § 225a Rn. 24. Siehe hierzu unter H. 830 Auch W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking, S. 835, 845; Thies, in: HambKommInsO § 225a Rn. 24. Vgl. auch Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 310. 831 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631; dies., DB 2012, 501, 503 begründen die Nennwerteinbringung auch mit der gläubigerschützenden Wirkung eines möglichst hohen Eigenkapitalausweises im Hinblick auf die Ausschüttungssperre, krit. aber Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 10 (Fn. 43). 832 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 114 f.; Arnold, in: FS Hoffmann-Becking, S. 29, 36 f. 833 Etwa Lutter, in: FS Stiefel, S. 505, 518; Ekkenga, DB 2012, 331 f.; Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1387, 1393. 834 Lutter, in: FS Stiefel, S. 505, 517. 835 Vgl. Meilicke, DB 1989, 1067, 1068. 836 Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 309.

240

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

den zukünftigen Gewinnen wird das Garantiekapital aufgefüllt.837 Die Kombination aus Öffentlichkeit durch das Insolvenzverfahren und Offenlegung des Schuldentauschs setzt sie im Vergleich zum status quo ante keinen unangemessenen Risiken aus.838 Als positive Nebenwirkung reduziert der Nennwertansatz auch Bewertungsunsicherheiten (Prognoseunwägbarkeiten) und Gutachtenkosten sowie die damit verbundene Verfahrensverzögerung.839 Mithin ist bei der Einbringung von Forderungen, die aus Geldzahlungen herrühren, ihr Nennwert heranziehbar.840 d) Ergebnis Die Anwendung des Nennwertansatzes ergibt sich nicht aus dem Primat des Insolvenzrechts, sondern aus der teleologischen Reduktion des Kapitalaufbringsvorschriften. Die Kapitalaufbringungsvorschriften dienen vorrangig dem Schutz der Gläubiger. Zukünftige Neugläubiger sind keine Beteiligten des Insolvenzverfahrens. Die passivistische Entlastung bei der Einbringung von Forderungen, die aus Geldzahlungen resultieren, bedeutet eine Werthaltigkeit in Höhe des Nominalwerts der Forderung und erlaubt somit eine Einbringung zum Nennwert. Daher sind nur die für Sacheinlagen geltenden Publizitätsvorschriften anzuwenden, um Neugläubiger über die Besonderheit einer nominellen Kapitalaufbringung durch Schuldentausch in Kenntnis zu setzen. Eine Bewertung ist hingegen verzichtbar. 837 Zur Überwindung der Konflikte der Nennwerteinbringung mit dem Grundsatz der Kapitalaufbringung schlug Hölzle eine analoge Anwendung des § 5a GmbHG vor (Hölzle, NZI 2010, 207, 213; ders., NZI 2011, 124, 129; ders., KTS 2011, 299, 325). Wie bei der Gründung der Unternehmensgesellschaft soll als Regulativ für die Nennwertanbringung eine nachträgliche Wertaufholung der Sachkapitalerhöhung stattfinden, die zur Bildung der gesetzlichen Rücklage durch Auffüllung von Barmitteln aus Jahresüberschüssen führt: In diese Rücklage ist für jedes Wirtschaftsjahr ein Viertel des Gewinnes einzulegen. Wird der als ausstehende Einlage zu buchende Kapitalerhöhungsbetrag der Summe nach erreicht, soll die Rücklage gegen das ausstehende Kapital ausgebucht werden. Somit könnten stammkapitallose Gesellschaften als Kollateralschaden der Nennwertbemessung vermieden werden, ohne Sanierungen mittels Debt Equity Swap allzu stark zu behindern. Hiergegen lässt sich einwenden, dass dem Ansatz Hölzles eine gewisse Inkonsequenz innewohnt. Die Einlage zum Nennwert zuzulassen und dann eine Auffüllung mit Barmitteln im Nachgang zu verlangen, ist nicht frei von Widersprüchen. Zudem dürfte es – mangels Nichtberücksichtigung des Vorschlags im Gesetzgebungsverfahren – an der für eine Analogie notwendigen Planwidrigkeit der Regelungslücke fehlen (Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 995). 838 Vgl. Meyer/Degener, BB 2011, 846, 849 ff. A. A. wohl Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 14. 839 Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53; auch Thies, in: HambKommInsO § 225a Rn. 24. Konzedierend H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 447. Schon Meilicke, DB 1989, 1067, 1073. A. A. Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 16. 840 Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309. Zugegebenermaßen gehört in praxi angesichts der Phalanx der Gegner in Rechtsprechung und Literatur (noch) eine Portion Mut dazu, den Nennwert bei einer Forderungseinbringung anzusetzen; vgl. auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 25a Rn. 25.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

241

2. Einlagefähigkeit und Wert von Gesellschafterdarlehen a) Problemaufriss Wie eingangs ausgeführt, sind grundsätzlich alle gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen ein tauglicher Einlagegegenstand. Ob dieser Grundsatz lückenlos gilt, ist im Hinblick auf Gesellschafterdarlehensforderungen umstritten. Denn diese sind nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig, ohne ausdrückliche Aufforderung nicht anmeldefähig (§ 174 Abs. 3 InsO) und erlöschen im Insolvenzplanverfahren regelmäßig, § 225 InsO. Nach alter Rechtslage waren solche Forderungen nicht einlagefähig, da sie funktional bereits als Eigenkapital galten und daher nicht abermals eingebracht werden konnten, §§ 32a, 32b GmbHG a. F.841 Das MoMiG hat das Eigenkapitalersatzrecht abgeschafft; eine Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital findet nunmehr nicht mehr statt.842 Fraglich ist, ob nachrangige Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens im Rahmen eines insolvenzlichen Debt Equity Swaps einlagefähig sind. b) Meinungsstand Von einer Auffassung wird an der fehlenden Einlagefähigkeit festgehalten.843 Die vorgebrachten Gründe unterscheiden sich indes. So ergibt sich für Hölze844 – trotz des Wegfalls des Eigenkapitalersatzrechts – die fehlende Einlagetauglichkeit aus einem „insolvenzrechtlichen Wertungswiderspruch“. Die Beteiligung der Altgesellschafter mit ihrer nachrangigen Forderung führe zu einer faktischen Gleichstellung mit Gläubigern im Sinne des § 38 InsO, dies sei eine ungerechtfertigte Bevorzugung und benachteilige Drittgläubiger; eine Teilnahme am insolvenzlichen Debt Equity Swap sei ihnen daher zu verwehren. Für die Gegenauffassung bedeutet der Wegfall des Eigenkapitalersatzrechts auch den Wegfall der Gründe, die gegen einen Einlagefähigkeit von Forderungen 841 Vgl. nur OLG Schleswig v. 14.12.2000 – 5 U 182/98, NZG 2001, 566, 568; Pentz, in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. 2008, § 27 Rn. 29; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, § 5 Rn. 93; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 5 Rn. 28 jew. m.w. N. 842 So nun auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rn. 28. 843 K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1608; ders., ZGR 2012, 566, 580 f.; ders./Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54; Hölzle, NZI 2011, 124, 127 f.; ders., KTS 2011, 291, 321 f.; ders., Praxisleitfaden ESUG, S. 72. 844 Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; ders., Praxisleitfaden ESUG, S. 71 f. (Wertungswiderspruch bei Nennwertanrechnung); ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 38 f. Die Eklatanz des Wertungswiderspruchs ergibt sich für Hölzle aus der von ihm befürwortetenEinbringung der Forderungen zum Nennwert. Er verweist die Altgesellschafter auf die Teilnahme an einer – seiner Auffassung nach gem. Art. 14 GG zwingend durchzuführenden – korrespondierenden Barkapitalerhöhung, wenn sie eine Beteiligung erhalten wollen.

242

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens sprechen.845 So bejahen auch K. Schmidt und Herchen die Einlagefähigkeit dem Grunde nach; allerdings scheitere die fehlende Einlagefähigkeit an praktischen Gründen: Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts führe zu einer Gleichbehandlung von Gesellschafterund Fremdfinanzierungsleistungen, weswegen die Einlage grundsätzlich zulässig sei.846 Die Untauglichkeit ergebe sich aber aus der Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Bewertung der Forderung zum Verkehrswert.847 Eine nachrangige Forderung sei in der Insolvenz in praktisch allen Fällen wertlos848; die Tilgung der Einlageschuld demnach nicht möglich.849 c) Stellungnahme Richtigerweise sind Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens – wie andere nachrangige Forderungen – einlagefähig. Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts und die insolvenzrechtliche und anfechtungsrechtliche Sonderbehandlung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen durch den Gesetzgeber sind zu respektieren. Daraus folgt, dass Gesellschafterforderungen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als Fremdkapital im Rahmen eines Schuldentausches eingebracht werden können. Aufgrund ihrer Nachrangigkeit850 sind sie indes häufig wertlos und qualifizieren sich daher – soweit man für die Bewertung der einzulegenden Forderung die Vollwertigkeit als Maßstab heranzieht851 – nicht für eine Beteiligung an einem insolvenzlichen Debt Equity Swap.852 Folgt

845 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbH, § 5 Rn. 28; Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 24; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 591; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246 f.; Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 30; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 130 f.; Priester, DB 2010, 1445, 1448; H.-F. Müller, KSzW 2013, 65, 66. 846 K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 338. 847 K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54; wohl auch Zeidler, in: Michalski, GmbHG, § 5 Rn. 93 f. (Uneinbringlichkeit folgt aus fehlender Vollwertigkeit der Rückforderung). Zur Bewertung der Forderungen, siehe hierzu unter E.VII.1. 848 Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn das Insolvenzgericht ausnahmsweise gem § 174 Abs. 3 InsO zur Anmeldung nachrangiger Forderungen aufgefordert habe, so K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54. Vgl. auch K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 580 f. (signifikant verringerter Umwandlungsschlüssel). 849 Insoweit wird darauf hingewiesen, dass bei Einbringung einer Forderung auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens trotz deren Wertlosigkeit die Differenzhaftung nach §§ 56 Abs. 2 i.V. m. 9 Abs. 1 GmbHG ausgeschlossen sei K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54. 850 Sofern sie nicht dem Anwendungsbereich des Abs. 4 (Sanierungsprivileg) oder Abs. 5 (Kleinbeteiligtenprivileg) unterfallen, hierzu unter E.VII.9. 851 Siehe hierzu E.VII.1.b)aa). Siehe aber Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 21 (Werthaltigkeit bei unanfechtbarer Besicherung oder zu erwartender Quote).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

243

man indes dem vorzugswürdigen Nennwertansatz853 (oder sieht der Insolvenzplan ausnahmweise abweichende Regelungen nach § 225 Abs. 2 InsO vor, was einen Wert in Höhe der vorgesehenen Quotenerwartung rechtfertigen könnte) vor, so ergibt sich trotzdem regelmäßig kein „insolvenzrechtlicher Wertungswiderspruch“ 854, der gegen die Einbringungsfähigkeit spricht. Die Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens tauschen ihre – wenngleich nachrangige – Befriedigungsposition in eine letztrangige Eigenkapitalposition; sie „versilbern“ nicht ihre (wertlose) Forderung zu einer (wertvollen) Beteiligung durch die Teilnahme an einem Debt Equity Swap.855 Das gilt auch für den Debt Equity Swap in einem Planverfahren, auch wenn hier nachrangige Gläubiger nur ausnahmehalber teilnehmen (§ 225 Abs. 1 InsO) und ganz regelmäßig keine Befriedigung erhalten.856 Auch die Gläubiger einer Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind Fremdkapitalgeber und damit aus der Insolvenzmasse zu befriedigen: aufgrund des Nachrangs nach den vorrangigen Gläubigern, aber vor den Anteilseignern.857 Die Gläubiger, und damit auch die Gläubiger von Forderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, haben aber keinen Anspruch auf die Teilnahme an einem Debt Equity Swap.858 Der Planersteller muss die Gesellschafterdarlehensgläubiger – ebenso wie andere nachrangige Gläubiger – schlichtweg nicht berücksichtigen. 852 K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 54; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 338; grds. auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 21. Grundlegend zu Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz: Thole, ZHR 176 (2012), 513 ff.; Mylich, ZHR 176 (2012), 547 ff.; ders., ZIP 2013, 2444 ff.; Bitter, ZIP 2013, 1497 ff.; ders., ZIP 2013, 1998 ff.; Altmeppen, ZIP 2013, 1745 ff.; Hölzle, ZIP 2013, 1992 ff. 853 Siehe hierzu E.VII.1.b)bb). 854 So Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 71 f. 855 Vgl. – zum außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap – Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 247. Jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 30. 856 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 338. Eine vergleichbare Dikussion existiert im Hinblick auf nachrangige Forderungen. Umstritten ist, ob diese im Rahmen eines insolvenzlichen Debt Equity Swap eingebracht werden können, dazu etwa Ekkenga, ZGR 2009, 581, 592 f. 857 So auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 338; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 130 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 30. Das übersieht Hölzle, KTS 2011, 291, 321 f.; ders., Praxisleitfaden ESUG, S. 71 f. (Wertungswiderspruch bei Nennwertanrechnung); ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 38 f., wenn er eine faktische Gleichstellung der nachrangigen Gläubiger mit den Insolvenzgläubigern befürchtet. 858 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 468; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 31 (kein Anspruch auf Beteiligung). Denn die Anteile vermitteln bzw. verkörpern den Fortführungswert. Durch sie kann auf den sanierungsbeitragsbedingten Going-Concern-Wert zugegriffen werden, weswegen es eine Frage des Einzelfalls ist, ob die Gläubiger überhaupt eine (reduzierte) Weiterbeteiligung der bisherigen Gesellschafter anstreben. Vgl. auch Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 130 f.

244

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Im Verhältnis zu vorrangigen Gläubigern liegt darin keine Verletzung des Grundsatzes par conditio creditorum. Denn eine solche liegt nur dann vor, wenn der Plan gleiche Gläubiger ungleich behandeln würde, also gruppeninterne Ungleichbehandlungen vorsehen würde.859 Nach § 225 Abs. 1 InsO werden nachrangige Forderungen im Insolvenzplanverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt und gelten als erlassen. Die Frage dürfte daher nur selten praxisrelevant werden.860 Über das ihm nach § 222 eingeräumte Ermessen kann der Planarchitekt – sofern ein Ausnahmefall des § 225 Abs. 2 gegeben ist – für die Gläubiger von Forderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine eigene Gruppe vorsehen und diese bei dem Schuldentausch unberücksichtigt lassen.861 Den anderen Gläubigern steht es frei, gegen die Plangestaltung gegebenenfalls Rechtsmittel einzulegen.862 3. Übernominale Befriedigung einrückender Gläubiger a) Problemaufriss Ziel einer jeden Sanierung ist die wirtschaftliche Gesundung der Schuldnergesellschaft. Dementsprechend ist das Sanierungsinsolvenzplanverfahren abweichend von dem Regelinsolvenzverfahren nicht auf die Abwicklung der Gesellschaft gerichtet. Die Gläubiger haben sich auf einen Insolvenzplan mit einem Sanierungskonzept geeinigt und der Insolvenzverwalter beginnt mit der Umsetzung der geplanten Sanierungsmaßnahmen. Im Zuge dessen kommt es nicht selten schon während des Insolvenzverfahrens zu reorganisationsbedingten Wertzuwächsen. Im Erfolgsfall setzt sich dieser Wertzuwachs auch nach Abschluss des 859 So jetzt auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 31; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 338. 860 So jetzt auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 55. 861 Fraglich ist, ob dann überhaupt ein Wertungswiderspruch gegeben ist. Gegenüber anderen Gläubigern mit Nachrang weist der Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 kein qualitatives Minus auf, weswegen sich nicht erschließt, warum einem nachrangigen Genussscheingläubiger die Beteiligung an dem Debt Equity Swap gestattet werden sollte, einem Gesellschafterdarlehensgläubiger jedoch nicht. Sähe man dies anders und sollte sich über die Plangestaltung ein Wertungswiderspruch nicht auflösen lassen oder es zu missbräuchlichen Plangestaltungen kommen, so ließe sich andenken, ein Optionsmodell vorzusehen, dass die Teilnahme der Gesellschafterdarlehensgläubiger an dem Debt Equity Swap nur dann erlaubt, wenn sonst kein Gläubiger an einer Beteiligung Interesse zeigt, vgl. zu Options-Modellen im Insolvenzplanverfahren Achsnick, Options-Modelle im Insolvenzplanverfahren, passim. Vgl. auch die Anwendung in praxi im Insolvenzplan der IVG Immobilien AG, Auszug unter URL: http://www.ivg.de/investor-relations/ insolvenzplanverfahren/zusammenfassung-insolvenzplan/– Stand: August 2014. 862 So wäre es denkbar, dass ein Planentwurf die Beteiligung der nachrangigen Gläubiger an einem Debt Equity Swap vorsieht, und infolgedessen die ebenfalls beteiligten, vorrangigen Gläubiger nur eine „verwässerte“ Beteiligung am sanierten Unternehmen erhalten. Ihre Beteiligung wäre bei erfolgreicher Sanierung dann weniger wert als bei einer Nichberücksichtigung der nachrangigen Gläubiger, da mehr Anteilsrechte vorhanden und mithin auch der Gewinnanteil pro Anteilsschein geringer ausfällt.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

245

Insolvenzverfahrens mit dem Ergebnis fort, dass die Anteilsrechte im Wert steigen. Infolgedessen können einrückende Gläubiger aufgrund der Wertsteigerung einen Vermögenswert erhalten, der den Wert ihrer ursprünglichen Forderungen sogar übersteigt.863 Ob ein reorganisationsbedingter Wertzuwachs den an einem Debt Equity Swap beteiligten Gläubigern zusteht oder zu einer übernominalen Befriedigung – und damit zu einem Konflikt mit § 245 InsO – führen kann, ist umstritten. b) Meinungsstand Eidenmüller und Verse weisen auf die Gefahr einer übernominalen Befriedigung hin und diagnostizieren ein sich daraus ergebendes Sanierungshindernis.864 Werde eine übernominale Befriedigung und damit ungerechtfertigte Besserstellung der einrückenden Gläubiger nicht durch entsprechende Planausgestaltung (Abschöpfungsklauseln usw.) verhindert, könne die Majorisierung der Anteilseigner an § 245 Abs. 3 Nr. 1 (i.V. m. Abs. 1 Nr. 2) InsO scheitern.865 Die Obstruktion der jeweiligen Gruppe kann nämlich nur dann durch eine Zustimmungsfiktion überwunden werden, wenn die Gruppe angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt wird, was nicht der Fall ist, wenn ein anderer Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen. Dies stelle ein ernsthaftes Sanierungshindernis dar, da einrückende Gläubiger als Neugesellschafter von den Fortführungschancen und dem sogenannten upside potential profitieren. Die Rechtfertigung für den Eingriff sei getragen von dem Befriedigungsinteresse der Gläubiger; dieses Interesse reiche aber nur bis zum Nominalwert der Forderungen, eine darüber hinausgehende Überkompensation ließe sich nicht mehr rechtfertigen.866 Bei erfolgreicher Sanierung drohe eine Überkompensation der einrückenden Gläubiger, wenn die Summe aus Wert der Beteiligung und ausgeschütteten Gewinnen den ursprünglichen Nominalwert der Forderung übertreffe.867 863 Umso erfolgreicher die Sanierung, desto wahrscheinlicher ist ein Erlös, der den Nominalwert der eingebrachten Forderungen übersteigt. Dass es sich hierbei um ein praxisrelevantes Problem handelt, zeigt etwa Pleister, GWR 2013, 220, 221 f., unter Hinweis auf die Reorganisation der centrotherm photovoltaics AG auf („Je nach wirtschaftlicher Entwicklung des Unternehmens und dem erzielten Verwertungserlös können die Gläubiger so unter Umständen sogar mehr als 100 Prozent ihrer ursprünglichen Insolvenzforderung enthalten.“). 864 Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150 f.; Verse, ZGR 2010, 299, 320 f.; in diesem Sinne wohl auch Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1418; Spetzler, KTS 2010, 433, 447 f. 865 Eidenmüller, ZIP 2009, 541, 550; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150 f.; Verse, ZGR 2010, 299, 320 f. Gleiches gilt für andere, den Plan ablehnende Gläubigergruppen, § 245 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. Abs. 1 Nr. 2 InsO. 866 Verse, ZGR 2010, 299, 310 f. 867 Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 151 f.; Verse, ZGR 2010, 299, 311; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546 f.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1418; i. E. auch

246

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Die Gegenauffassung sieht in reorganisationsbedingten Wertzuwächsen keine mit dem Obstruktionsverbot nach § 245 Abs. 3 Nr. 1 (i.V. m. Abs. 1 Nr. 2) InsO konfligierende übernominale Befriedigung einrückender Gläubiger, da derartige sanierungsbedingte Wertsteigerungen schlichtweg keine Berücksichtigung fänden.868 c) Stellungnahme Die Mahnungen vor einer übernominalen Befriedigung durch eine Anteilsübernahme im Zuge einer erfolgreichen Sanierung entpuppen sich seconda vista als gegenstandslos. Das Insolvenzverfahren ist kein Instrument zur Erzielung von Überschüssen. Die einrückenden Gläubiger erhalten keine übernominale Befriedigung. Sie erhalten die wertlose Beteiligung an einer insolventen Gesellschaft, denn der Wert des Gesellschaftsanteils entspricht dem Liquidationswert des Regelverfahrens.869 Dieser ist angesichts der letztrangigen Befriedigungsposition der Anteilsrechte (§ 199 S. 2 InsO) praktisch immer Null.870 Eine Werthaltigkeit pro futuro ergibt sich aus den leistungs- und finanzwirtschaftlichen Maßnahmen im Rahmen der insolvenzlichen Reorganisation und den Sanierungsbeiträgen der Gläubigerschaft871; diese steht den einrückenden Gläubigern daher zu.872 Die Fortführung der Gesellschaft ist nur aufgrund ihrer Sanierungsbeiträge möglich873, wozu auch die Beteiligung an einem Debt Equity Swap zählt. Die Gesellschafter haben dagegen keinen Anspruch darauf, von den Beiträgen Dritter zu Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 217 Rn. 18 f. Zweifel auch bei Madaus, ZGR 2011, 749, 754 (Fn. 10). 868 Auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Bork, ZIP 2010, 397, 408 (Fn. 107); Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 36; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701; jetzt auch Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 27; i. E. auch Marotzke, JZ 2009, 763, 767; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 15; a. A. Verse, ZGR 2010, 299, 311; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 546 f.; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 217 Rn. 18 f. 869 Wittig, ZInsO 1999, 373, 377, Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701; Braun/ Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 3 ff.; a. A. Spetzler, KTS 2010, 433, 447 ff. 870 Etwa Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 2. 871 Nichts anderes gilt für sanierungsbedingte Wertsteigerungen vom Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bis zur Planbestätigung. 872 In diesem Sinne auch schon der Erste Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985, Leitsatz 2.4.9.9 (3), sowie Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 17; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1529; Bork, ZIP 2010, 397, 408 (Fn. 107); H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 15; differenzierend für den sanierungswilligen Gesellschafter wohl K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 579; a. A. Verse, ZGR 2010, 299, 301, 311. 873 Bork, ZIP 2010, 397, 408 (Fn. 107); Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14. Hierzu zählt letztlich auch die Bereitschaft der Gläubiger, den Schuldner zu erhalten, statt zu zerschlagen.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

247

profitieren.874 Im Gegenzug tragen die Gläubiger auch das mit der Übernahme von unternehmerischer Verantwortung verbundene Risiko eines Werteverfalls, bis hin zum Totalverlust.875 Diesem Risiko eine Chance auf Partizipation am Unternehmenserfolg gegenüber zu stellen, hat auch eine sanierungsfördernde Anreizfunktion.876 Zudem ist auch hier der Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt entscheidend: den Zeitpunkt der Bestätigung des Insolvenzplanverfahrens vor Umsetzung des Debt Equity Swap.877 Niemand würde ernstlich fordern, dass ein Zwangsvollstreckungsgläubiger, der einen schuldnerischen Gegenstand im Rahmen des Freiverkaufs nach § 825 ZPO zum tatsächlichen Wert erwirbt, übernominal befriedigt wird, wenn dieser aufgrund getätigter Aufwendungen des erwerbenden Gläubigers im Wert steigt. Gleiches gilt beim Erwerb von Wertpapieren nach § 821 i.V. m. § 825 ZPO oder Gold- und Silbersachen nach § 817a i. V.m § 825 ZPO. Auch hier trägt einzig der Erwerber bzw. der erwerbende Gläubiger das Marktpreisrisiko. Eine positive Kursentwicklung oder eine üppiger als erwartet ausfallende Erfolgsbeteiligung sind ebenso wenig nachträglich abzuschöpfen, wie ein Kursverlust zu einer „Ersatzpflicht“ des Schuldners führt.878 Im Rahmen des Eintrittsrechts des Absonderungsberechtigten nach § 168 Abs. 3 InsO fällt ein Mehrerlös bei einer anschließenden Weiterveräußerung des Gläubigers an einen Dritten nicht in die Masse und wird auch nicht auf dessen Insolvenzforderung angerechnet. Der Bundesgerichtshof hat dies klargestellt: Die Tatsache, dass es bei einer späteren Weiterveräußerung zu einem Übererlös kommt, „verschafft dem 874 Den Gesellschaftern steht es frei, den reorganisationsbedingten Wertzuwachs zu vereinnahmen, wenn sie den Insolvenzgrund beseitigen, Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29. A. A. etwa K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087. 875 In diesem Sinne auch Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; Wieneke/ Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701. Jetzt auch Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 27. 876 Würde man kategorisch jedwede übernominale Befriedigung der Gläubiger ablehnen, so würden die Gläubiger sich für die Liquidation oder die übertragende Sanierung entscheiden, auch wenn diese – verglichen mit der Reorganisation – eine geringere Befriedigung erwarten lässt. In diesen Fällen stünde dem Risiko keine den Eingang rechtfertigende Gewinnerwartung gegenüber. Es bestünde die Gefahr, dass schon aus diesem Grund erfolgsversprechende Sanierungen unterblieben – mit den damit verbundenen nachteiligen volkswirtschaftlichen Folgen. Auf diese Anreizfunktion auch hinweisend, eine übernominale Befriedigung aber ablehnend: Spetzler, KTS 2010, 433, 448. Vgl. auch Meilicke, DB 1989, 1067, 1073; Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 35 f.; Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 27. 877 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701 (Fn. 31). Allgemein Simon, CFL 2010, 448, 451 (Zerschlagungswerte anzusetzen – Positive wie negative Wertveränderungen nach Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung gehen grundsätzlich zugunsten bzw. zulasten der Kapitalgesellschaft und nicht des Inferenten). 878 Damit ist keine übernominale Kompensation verbunden. Ein überschießender Wert ist im Rahmen des § 825 ZPO vom Gläubiger an den Schuldner auszugleichen, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 825 Rn. 16.

248

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

absonderungsberechigten Gläubiger keinen ungerechtfertigten Vorteil. Ein sachgerecht handelnder Verwalter wird auf das Angebot des Gläubigers nur eingehen, wenn er nach Einholung entsprechender Auskünfte mit einem besseren Preis nicht rechnen kann. Der selbst erwerbende Gläubiger hat dann wie jeder kaufwillige Dritte die Chance, durch die Weiterveräußerung einen Gewinn zu erzielen, muss aber auch das Risiko tragen, auf diesem Wege ein Verlust zu erleiden.“ 879 Es erschließt sich nicht, warum für die – statt der Erfüllung der Forderung – übernommene Beteiligung an der Schuldnergesellschaft selbst etwas anderes gelten soll, als für eine Beteiligung an einem Drittunternehmen oder Sachen, deren bestimmbarer Wert spekulativ verzerrt ist. Bei der Fortführungsmöglichkeit handelt es sich um ein Erwerbs-„Chance“, also um eine Gewinnmöglichkeit880, die – entsprechend dem einer Beteiligung inhärenten unternehmerischen Risiko – keinesfalls sicher ist881, und damit einzig dem das Risiko tragenden Übernehmer zusteht.882 Eine Beteiligung der Altgesellschafter am Sanierungsgewinn ist nicht angezeigt.883 Im Fall der übertragenden Sanierung wird auch keine (nachträgliche) Beteiligung der Gläubiger und schlussendlich der Anteilseigner erwogen, wenn der Erwerber durch Investition in den Maschinenpark, Effizienzsteigerung oder nachträgliche Preisanstiege mehr erwirtschaftet. Im Falle des asset deal – wie sich aus der Sonderregelung des § 162 Abs. 1 Nr. 2 InsO ergibt – kommt sogar ein Insolvenzgläubiger als Erwerber in Betracht des Schuldnervermögens in Betracht. Wertsteigerungen des Unternehmens nach dem Erwerb führen auch hier nicht zu einer übernominalen Befriedigung.884 879 BGH v. 3.11.2005 – IX ZR 181/04, BGHZ 165, 28, 31 f. Insoweit gibt es Parallelen zum Schuldentausch, auch hier ist ein besserer Preis (im Wege der übertragenden Sanierung) nicht erzielbar und die Einrückenden tragen das unternehmerische Risiko. Zudem kann es nicht darauf ankommen, ob der Mehrerlös auf kaufmännischem Geschick oder ein hiervon unabhängigen Wertsteigerung beruht. Das gilt umso mehr, als man die Übernahme der Anteile durch die Gläubiger – wie im US-amerikanischen Reorganisationsrecht – als Befriedigung an Zahlungs statt sehen kann, vgl. Braun, in: FS Fischer, S. 53, 58. 880 In diesem Sinne auch Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 75; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 52 („bloße Geschäftschance“); vgl. auch Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245 („[. . .] Chance auf eine Wertsteigerung, [. . .] lediglich die Kehrseite des [. . .] Rangrücktritts“). 881 Überdies unterfallen reine Gewinnerwartungen und in der Zukunft liegende Verdienstmöglichkeiten grundsätzlich nicht der Eigentumsgarantie i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG, vgl. BVerfG v. 23.8.2000 – 1 BvR 68/95 et al., ZIP 2000, 1670, 1672 – Moto Meter m.w. N. 882 Dem Zeitablauf bis zum Eintritt möglicher Wertsteigerungen wird z. B. i. R. d. § 245 Abs. 2 Nr. 1 InsO dadurch Rechung getragen, dass zukünftige Geldzahlungen nur abgezinst berücksichtigt werden, vgl. Drukarzyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 65 ff.; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 19. 883 Dass der Sanierungsgewinn nur den Gläubigern zugewiesen ist, zeigt sich auch durch die Vorschrift des § 225a Abs. 5 InsO, nach der sich die Höhe des Abfindungsanspruches am dem Abwicklungsszenario zu bemessen hat, vgl. auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 95.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

249

Des Weiteren ist zu beachten, dass ein Debt Equity Swap dann erfolgt, wenn eine übertragende Sanierung nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist, weil sich auf Erwerberseite kein kaufbereiter Investor finden lässt oder der erzielbare Fortführungswert den Liquidationswert übersteigt. In jeder Alternative zu dem Schuldentausch verlieren die Anteilseigner ihre Mitgliedschaft – vorbehaltlich § 199 S. 2 InsO – kompensationslos. Die erzielten Erlöse stehen außerhalb des Insolvenzplans, ein Verstoß gegen § 245 Abs. 3 Nr. 1 InsO scheidet insoweit aus.885 Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn der Wert der übernommenen Anteile zum entscheidenden Zeitpunkt bereits höher als der Nennwert der Forderung ist, sich der erzielte Wertzuwachs unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt und in keinem Zusammenhang mit den Sanierungsbeiträgen der Gläubiger. Dieses Szenario dürfte aber kaum je praxisrelevant werden. 4. Verbleib der Altgesellschafter in der Gesellschaft a) Verstoß gegen die absolute Vorrangregel des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO aa) Problemaufriss Unter Umständen können die Gläubiger auch bei überschuldeten Gesellschaften ein Interesse an einem – zumindest teilweisen – Verbleib der Altgesellschafter in der Gesellschaft haben.886 In Familiengesellschaften oder Gesellschaften mit erheblichem Gründereinfluss kann es für solch eine Beteiligung triftige Gründe 884 Wenn man – in Anlehnung an das US-amerikanische Chapter 11-Verfahren – den Debt Equity Swap als Befriedigungsvariante der Gläubiger durch Veräußerung der Unternehmung „unter Umgehung des Marktes“ an sie selbst versteht (so Braun, in: FS Fischer, S. 53, 55 ff. [„eigentlich ein Verkauf zwecks Tilgung der Verbindlichkeiten an Zahlungs Statt durch Anteile“]), dann sind Wertsteigerungen pro futuro aufgrund von Sanierungsbeiträgen oder leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen nicht zu berücksichtigen, sondern der Vergleich mit der Regelinsolvenz entscheidend, der die Wertlosigkeit der Anteilsrechte aufzeigt. 885 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 701. Den Gesellschaftern wird insofern der Restrukturierungswert nicht vorenthalten. Er steht ihnen schlechterdings nicht zu. Die Anwendung der insolvenzrechtlichen Wertung rechtfertigt indes keine missbräuchliche Planarchitektur. Die mit der Feststellung und Bewertung von Abwicklungswert, Liquidationswert und Fortführungswert verbundenen Schwierigkeiten sind in der Praxis erheblich. Auch ist die Gefahr des Einflusses von Großgläubigern auf eine unausgewogene Planstruktur nicht von der Hand zu weisen. An dem skizzierten Grundsatz ändert dies indes nichts. Ein Beispiel für die Schwierigkeiten und gegenläufigen Interessen beim insolvenzlichen Debt Equity Swap liefert die Insolvenz der IVG Immobilien AG, Überblick bei Bayer, „IVG Immobilien – Rheingold in Bonn gefunden!“ manager-magazin, URL: http://www.manager-magazin.de/immobilien/artikel/insolvenzplan-ivg-im mobilien-ag-a-957211.html – Stand: August 2014). 886 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 16. Braun, in: FS Fischer, S. 53, 59 (leichter umsetzbar). Siehe aber – widersprüchlich – ders./Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f. (Fn. 28) (wenig Praxisrelevanz, weil immer Kapitalschnitt auf Null) u. 508 („Man darf nicht übersehen, dass die vollständige Verdrängung des Eigenkapitals durch Fremdkapital die Ausnahme sein wird.“).

250

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

geben: Ohne die (fachliche) Expertise, den persönlichen Einsatz oder das Charisma der Gründer mögen die Sanierungschancen geringer sein.887 Bei börsennotierten Gesellschaften hingegen kann zur Erhaltung der Börsennotierung ebenfalls von einem Kapitalschnitt auf Null abgesehen werden, was zu einem Verbleib der Altgesellschafter führen kann.888 Denkbar ist auch, dass die Gläubiger schlichtweg eine Sanierung in eigener Verantwortung ohne Beteiligung der Altgesellschafter scheuen.889 Ein solcher Verbleib der Altgesellschafter in der sanierten Gesellschaft könnte indes mit dem insolvenzrechtlichen Obstruktionsverbot nach § 245 InsO konfligieren, wenn den Gesellschaftern ein Wert im Sinne des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO zufließt. Im Prinzip soll kein nachrangiger Berechtigter bzw. Gläubiger eine Befriedigung erlangen, wenn ein vorrangiger Gläubiger noch nicht vollständig befriedigt wurde.890 Die Vorschrift sanktioniert missbräuchliches Abstimmungsverhalten und erlaubt unter gewissen Voraussetzungen die Fiktion der Zustimmung dissentierender, obstruierender Gläubigergruppen.891 Damit wird sichergestellt, dass ein Plan nicht durch das negative Votum einer Gruppe blockiert wird, obwohl er insgesamt mindestens gleichwertige oder bessere Ergebnisse ermöglicht als andere Befriedigungsvarianten.892 Befürworten alle Gläubigergruppen die im Insolvenzplan vorgesehene Beteiligung der Altgesellschafter – und damit gegebenenfalls eine Abweichung von der insolvenzrechtlichen Vorrangregel zu ihren Ungunsten –, ergeben sich keine Probleme: Die Zustimmung aller Gläubigergruppen liegt vor, einer Fiktion bedarf es nicht.893 Spricht sich indes nur eine Gruppe mehrheitlich gegen den eine Beteiligung der Altgesellschafter vorsehenden Insolvenzplan aus, müssen die Voraussetzungen des § 245 InsO vorliegen, um diese ablehnende Gruppe zu majorisieren. Sieht man in der (Weiter-)Beteili-

887 So weisen etwa Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 44, darauf hin, dass Altgesellschafter im Eigentum von Vermögensgütern (Lizenzen, besondere Genehmigungen oder Betriebsgrundstücke) sein können, deren Gewährung die Sanierungschancen nicht unerheblich erhöht. Auch Braun, in: FS Fischer, S. 53, 59. 888 Vorausgesetzt der Insolvenzplan sieht nicht vor, die nicht durch Kapitalmaßnahmen „ausgelöschten“ Anteile nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO an die Gläubiger zu übertragen. Eine solche Kombination erlaubt das Ausscheiden der Altgesellschafter bei gleichzeitigem Fortbestand der Börsenzulassung, siehe hierzu F.I.4.b)cc). Zum Erhalt der Börsennotierung beim Debt Equity Swap: Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698 f. 889 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 16. Vgl. auch Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1527 (Altgesellschafter als best owner). 890 Braun, in: FS Fischer, S. 53, 60. 891 Zum Obstruktionsverbot allgemein nur F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 1 ff.; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 1 ff. jew. m.w. N. 892 Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 1. 893 So auch Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699; Pleister, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 245 Rn. 6; Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 81.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

251

gung an der sanierten Gesellschaft eine vermögenswerte Position, dann könnte die Majorisierung an der absoluten Vorrangregel des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO (i.V. m. § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO) scheitern.894 Eine für die Zustimmungsfiktion angemessene wirtschaftliche Beteiligung im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 setzt nach dieser Vorschrift voraus, dass – unter anderem (vgl. Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3)895 – kein am Schuldner beteiligter Gesellschafter (oder der Schuldner selbst896) einen wirtschaftlichen Wert erhält.897 Dieser Vorrang ist Teil des von der Eigentumsgarantie verfassungsrechtlich geschützten Forderungswertes. Fehlt es an dieser Voraussetzung, führt schon die Ablehnung des Plans durch eine Gläubigergruppe zu dessen Nichtannahme und zum Scheitern des Sanierungsvorhabens. Grundgedanke dieser Regelung ist, dass bei der Befriedigung der Kapitalgeber die insolvenzrechtliche Befriedigungshierarchie zu beachten ist. Im Regelinsolvenzverfahren wäre den Altgesellschaftern in Anbetracht des § 199 S. 2 InsO keinerlei Wert zugeflossen: Ihre wertlosen Anteile wären mit der Löschung des Rechtsträgers ersatzlos untergegangen.898 Tatsächlich drängt sich die Frage auf, ob die Fortführung der Schuldnergesellschaft und der Verbleib der Altgesellschafter bereits eine Wertzuweisung i. S. d. § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO darstellt.899 Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die rechtsträgererhaltende Sanierung den Zugriff auf einen Fortführungswert ermöglichen kann, der sich in dieser Höhe nicht durch die Veräußerung im Wege der übertragenden Sanierung (asset deal) und schon gar nicht durch Abwicklung und Einzelverkauf erzielen lässt.900 Somit vermittelt die Beteiligung an dem (reorganisierten) Schuldner einen (Mehr-)Wert. Dann wäre bei strikter Auslegung der Vorschrift ein insolvenzlicher Debt Equity Swap, der den Altgesellschaftern eine Weiterbeteiligung zugesteht, – ganz regelmäßig901 – nur bei Einverständnis aller Gläubigergruppen möglich (oder der 894

Vgl. Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699. Alle drei Kriterien zur Konkretisierung der Angemessenheit müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine Ablehnung obstruktiv ist und die Zustimmung fingiert werden kann, etwa Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 18; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 18; kritisch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 40; Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 87 ff. 896 Die Unterscheidung zwischen Schuldner und den daran beteiligten Personen ist bei Kapitalgesellschaften insofern wenig zielführend, weil die Gesellschafter als Eigentümer der Gesellschaft mittelbar an der Wertzuwendung an die Gesellschaft partizipieren, Rattunde, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, § 245 Rn. 27. 897 Wittig, ZInsO 1999, 373, 376, weist darauf hin, dass der Wortlaut die strikte Absolutheit der Vorrangregel zu unterstreichen scheint. 898 Etwa Braun, in: FS Fischer, S. 53, 60 u. 68 f.; ders./Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f.; Verse ZGR 2010, 299, 307. 899 Etwa Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 681; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508. 900 Unter A.I. 901 Für den Fall einer überschuldeten und zahlungsunfähigen Schuldnergesellschaft. 895

252

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

vollständigen Befriedigung aller vorrangigen Gläubiger) und damit wenig praktikabel.902 Ganz entscheidend ist daher die Antwort auf die Frage, ob der Plan einen Verbleib der Altgesellschafter vorsehen kann, ohne gegen § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO zu verstoßen. bb) Rechtslage vor der Reform durch das ESUG (1) Stand der Diskussion Ob eine Fortführung der schuldnerischen Gesellschaft unter dem bisherigen Rechtsträger bereits eine Zuweisung eines wirtschaftlichen Wertes an den Schuldner oder an diesem beteiligte Personen bedeutete903, war und ist Gegenstand reger Diskussion.904 In der Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung hieß es, dass nicht in jeder Fortführung durch den Schuldner zwangsläufig die Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes zu sehen sei.905 Es sei vielmehr im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung darauf abzustellen, ob die Leistungen, die der Schuldner gemäß dem Insolvenzplan zu erbringen habe, den noch vorhandenen Wert des Unternehmens aufwiegen.906 Sei kein Dritter bereit, anstelle des Schuldners, das Unternehmen wenigstens zu den in dem Plan vorgesehenen Bedingungen fortzuführen, könne im Zweifel nicht angenommen werden, dass der Schuldner durch den Plan „einen wirtschaftlichen Wert erhält“.907 Literatur und Rechtsprechung konkretisieren § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO wie folgt: Ausgehend von einem bilanziell-wirtschaftlichen Ansatz wird der – sich aus Substanz- und Ertragswert zusammensetzende908 – Unternehmenswert mit 902 Vgl. nur Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 28 („[. . .], da in vielen Fällen eine Planlösung nur mit Mitwirkung des Schuldners/Gesellschafters möglich sein wird, andererseits die Erfahrung aus der bisherigen Insolvenzabwicklung gleichfalls lehrt, dass ein Teil der Gläubiger dem Schuldner/Gesellschafter die Insolvenz persönlich so verübeln, dass mit der Zustimmung aller Gruppen nicht gerechnet werden kann.“); Flöther/Wehner, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 245 Rn. 1 (Ablehnung wegen irrationaler Gründe wie Eitelkeit oder Rache). 903 Für den hier untersuchten Fall der insolventen Kapitalgesellschaft ist jede Wertzuwendung an den Schuldner auch eine (mittelbare) Wertzuwendung an die dahinter stehenden Gesellschafter als Shareholder, nur Rattunde, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, § 245 Rn. 27. Ungenau insofern Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13. 904 Hierzu bereits Wittig, ZInsO 1999, 373, 376; Braun, NZI 1999, 473, 477. 905 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 209 l. Sp. Hierzu Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 74. 906 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 209 l. Sp. 907 RegE InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 209 l. Sp. 908 Was den „wirtschaftliche(n) Wert“ im Sinne des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO ausmacht, wird uneinheitlich beantwortet. Für Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43 f., hat ein künftiges Dividendenausschüttungspotenzial aus der Zeit nach der Restrukturierung außer Betracht zu bleiben. Für Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 28, ist es wohl die Erhöhung des Anteilswertes durch die Sanierungsbeiträge der Gläubiger, insbesondere die Kapitalerhöhungen.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

253

den von dem Schuldner zu erbringenden Leistungen saldiert.909 Ergibt sich hierbei ein Kapitalsaldo größer als Null, das nicht durch Kapitalzufuhr von dritter Seite bedingt ist, so sei von der Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes auszugehen, der von dem Schuldner oder der an ihm beteiligten Person auszugleichen sei.910 Eine solche Kompensation könne über die Einräumung einer Beteiligung (stille Gesellschaft) oder über die Auferlegung von Belastungen erfolgen.911 An einer „schädlichen Wertzuweisung“ an die Altgesellschafter fehle es aber, wenn kein fortführungsbereiter Dritter bereit sei, dass Unternehmen im Rahmen der übertragenden Sanierung zu übernehmen und zu Planbedingungen oder besseren Konditionen fortzuführen. Von der fehlenden Übernahmebereitschaft Dritter sei auf die fehlende Werthaltigkeit der Beteiligung zu schließen.912 (2) Die „new value exception“ zur „absolute priority rule“? Für die Konkretisierung wagten Literatur und Rechtsprechung auch den rechtsvergleichenden Blick über den Atlantik. Das liegt nahe, da mit der Vorschrift des § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO die sogenannte absolute priority rule des 11 U.S.C § 1129 (b) (2) (B) (ii)913 aus dem US-amerikanischen Insolvenzrecht 909 Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 21; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 26; ders./Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 13; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27; Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13. 910 Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27 ff. (Auffüllung durch Eigenmittel); Flöther/Wehner, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 245 Rn. 18; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 13 ff.; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 60 ff. Wohl auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13. 911 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 26; ders., NZI 1999, 473, 477; ders./Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 12. 912 Aus der – zur alten Rechtslage ergangenen – Rspr.: LG Mühlhausen v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724; LG Traunstein v. 27.8.1999 – 4 T 2966/99, NZI 1999, 461, 464; aus der Literatur: Madaus, Der Insolvenzplan, S. 290; Wittig, ZInsO 1999, 373, 378; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 245 Rn. 26; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 245 Rn. 6; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 59; Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 245 Rn. 4; a. A. Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 30 (Fortführungsbereitschaft Dritter spielt keine Rolle); kritisch auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 13; Flessner, in: Kreft, HK-InsO, 6. Aufl. 2011, § 245 Rn. 20; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 707. 913 11 U.S.C. § 1129 – Confirmation of plan „(Auszug) (2) For the purpose of this subsection, the condition that a plan be fair and equitable with respect to a class includes the following requirements: (. . .) (B) With respect to a class of unsecured claims – (i) the plan provides that each holder of a claim of such class receive or retain on account of such claim property of a value, as of the effective date of the plan, equal to the allowed amount of such claim; or (ii) the holder of any claim or interest that is junior to the claims of such class will not receive or retain under the plan on account of such junior claim or interest any property, except that in a case in which the debtor is an individual, the debtor may

254

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

(Chapter 11-Verfahren) übernommen worden ist.914 Auch in der US-amerikanischen Reorganisationspraxis ist die Frage, wann eine Zuwendung wirtschaftlicher Werte bei Fortführung durch den Schuldner vorliegt, umstritten.915 Der amerikanische Supreme Court hatte sich in dem als La Salle-Entscheidung bekanntgewordenen Judikat mit der Frage beschäftigt, ob die Fortführung durch den Schuldner unter fortbestehender Beteiligung der bisherigen Gesellschafter gegen die absolute priority rule verstößt.916 Der Entscheidung lag die Insolvenz einer Immobilien-Projektentwicklungsgesellschaft zugrunde, die mit der entwickelten Immobilie nur einen einzigen Vermögenswert von Bedeutung aufwies (sogenannte single asset company). Grundpfandrechtlich sicherte die Immobilie einen Bankkredit in Höhe von circa 93 Millionen US-Dollar nur teilweise ab. Im Rahmen des eröffneten Chapter 11-Verfahrens legte der Schuldner einen Insolvenzplan vor, der unter anderem zwei Punkte enthielt: Einen hälftigen Erlass des Bankkredits und eine Kapitalspritze einiger Altgesellschafter in Höhe von 6,25 Millionen US-Dollar, die im Gegenzug Anteilseigner des Schuldners wurden. Die eine eigene Gläubigergruppe bildende Bank verweigerte dem Plan die Zustimmung. Der Schuldner ersuchte die gerichtliche Bestätigung des Plans, die eine Fiktion der Zustimmung obstruierender Gläubigergruppen (cram down) zur Folge gehabt hätte. Über die Frage der Vereinbarkeit einer solchen Plangestaltung mit der absolute priority rule hatten die Gerichte durch alle Instanzen hinweg zu entscheiden. Der Supreme Court versagte dem Plan schon aufgrund der exklusiven Möglichkeit der Altgesellschafter, den Schuldner fortzuführen, die Bestätigung. Auf die new value exception stellte er nicht tragend ab. Nach dieser

retain property included in the estate under section 1115, subject to the requirements of subsection (a)(14) of this section.“ 914 Braun, in: FS Fischer, S. 53, 60; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.58 ff. Die Regelung des § 245 InsO ist fast wortgleich mit 11 U.S.C. § 1129 (b) (2) (B) (ii). Siehe zur vorbildgebenden „cram down“-Regelung auch Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008 Bd. 2, § 245 Rn. 31 ff.; Wittig, ZInsO 1999, 373, 374 ff. (Fn. 29); Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 698 und – zu dem Ursprung der Regel – auch Madaus, Der Insolvenzplan, S. 126 ff. jew. m.w. N. Diese Übernahme der US-amerikanischen „cram down“-Regelung ist auch noch unter einem anderen Punkt bemerkenswert. Die InsO von 1999 wahrte die verbands- und gesellschaftsrechtliche Souveränität. Im Rahmen des Chapter 11-Verfahrens ist ein solcher Eingriff aber möglich und die Gesellschafter werden als Finanziers der Gesellschaft und letztrangig Berechtigte verstanden. Die absolute Vorrangregel des § 245 InsO offenbart dieses Verständnis des US-amerikanischen Vorbilds – die InsO a. F. blieb aber mit der fehlenden Möglichkeit des Eingriffs in Anteilseignerrechte hinter dem Chapter 11-Verfahren zurück (vgl. Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.79). Diese Inkongruenz hat für Schwierigkeiten gesorgt, auf die noch einzugehen sein wird. 915 Etwa Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 78 ff. m.w. N. 916 Bank of America National Trust and Savings Association vs. 203 North Lasalle Street Partnership, No. 97-1418, 119 S.Ct. 141 1,67 U.S.L.W. 4725 (May 3, 1999) (URL: http://supct.law.cornell.edu/supct/html/97-1418.ZS.hmtl – Stand: August 2014). Hierzu Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 78.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

255

„Ausnahme“ liegt kein Verstoß gegen die absolute priority rule vor, wenn die fortführenden Altgesellschafter den mit der Beteiligung verbundenen Wert durch die Zuführung gleichwertiger neuer Geldmittel vollständig ausgleichen.917 Das Urteil lässt aber auf die Anwendbarkeit und die Einschränkungen der new value exception schließen918: Zum einen weist das Gericht in seinem Judikat darauf hin, dass der Wortlaut einer solchen Schlussfolgerung nicht entgegenstünde. Zum anderen stellt die Urteilsbegründung den Zweck der Vorrangregel als Schutzvorschrift vor einer unangemessenen Bevorzugung der Altgesellschafter heraus.919 Mit Verweise auf die Kongruenz zum amerikanischen Vorbild haben Literatur920 und unterinstanzliche Rechtsprechung921 die in der Entscheidung des Supreme Court aufgestellten Grundsätze zur Auslegung der absoluten Vorrangregel des § 245 InsO herangezogen und in der Fortführung eine grundsätzliche Wertzuweisung gesehen, die mit § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO konfligiere. (3) Kritik an dem bisherigen Lösungsansatz Bis zur Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG waren die Gesellschafter des Schuldners keine Beteiligten des Insolvenzplanverfahrens; ihre Anteilsrechte waren nicht dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger ausgesetzt.922 Das mochte misslich gewesen sein und sich als zu korrigierender Fehler herausstellen923, es war aber – in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung924 – hinzunehmen. Ausgehend von dieser gesellschaftsrechtlichen Enthaltsamkeit der Insolvenzordnung konnte konsequenterweise der Verbleib in der Gesellschaft keine Wertzuweisung darstellen, die gegen die absolute Vorrangregel 917 Zur new value exception: Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 26; Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 78 ff.; Wittig, ZInsO 1999, 373, 375. 918 Etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 26; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 704. Kritisch Braun, NZI 1999, 473, 477. 919 Bank of America National Trust and Savings Association vs. 203 North Lasalle Street Partnership, No. 97-1418, 119 S.Ct. 141 1,67 U.S.L.W. 4725 (May 3, 1999), S. 8 ff. (URL: http://supct.law.cornell.edu/supct/html/97-1418.ZS.hmtl – Stand: August 2014). 920 Wittig, ZInsO 1999, 373, 373 ff.; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 704. 921 So ausdrücklich LG Traunstein v. 27.8.1999 – 4 T 2966/99, NZI 1999, 461, 464, LG Mühlhausen v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724; kritisch hierzu Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27. 922 Siehe hierzu E.II.1.a). 923 Wittig, ZInsO 1999, 373, 379 (Fn. 51) („gesetzgeberische Fehlentscheidung“); Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 202 (fataler Fehler); Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1409 (schwerwiegender Fehler); Jaffé, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 23 Rn. 7 („Geburtsfehler“); Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1827 (Geburtsfehler); Braun/ Heinrich, NZI 2011, 505, 506 (wesentlicher Mangel). 924 Siehe etwa BGH v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206, 210. Eingehend hierzu Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 636 sowie E.II.1.a).

256

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

verstieß: Die Beteiligung am Schuldner kann zwar einen Fortführungswert verkörpern925, de lege lata war den Gläubigern aber dieser Wert schlichtweg nicht zugewiesen.926 Die Regelung des § 245 InsO soll sicherstellen, dass kein Vermögenswert der Insolvenzmasse dem Zugriff der Gläubiger vorenthalten oder entschädigungslos auf nachrangige Gläubiger oder letztrangig Berechtigte (Schuldner bzw. Anteilseigner) verlagert wird.927 Die den erhöhten Fortführungswert verkörpernden bzw. vermittelnden Anteilsrechte fielen jedoch weder in die Insolvenzmasse noch war ein Eingriff in sie möglich. Ihr Verbleib bei den Altgesellschaftern berührte daher die absolute Vorrangregel nicht. Der mit dem „exklusiven“ Fortführungsrecht verbundene Wert stand den (Alt-)Gesellschaftern zu.928 Ein Zugriff auf den Fortführungswert war den Gläubigern nur über Verhandlungen mit den Gesellschaftern möglich.929 Etwas anderes sah die Insolvenzordnung nicht vor. Das haben die bisherigen Lösungsansätze übersehen. Angesichts dessen dürfte ein Verstoß gegen die absolute Vorrangregel nur dann vorgelegen haben, wenn im Einzelfall die Verwertungsalternative der übertragenden Sanierung gegenüber der Sanierung höhere Quoten versprach und trotzdem von einem asset deal abgesehen wurde, obwohl der Verkauf für die Gläubiger vorteilhafter gewesen wäre.930 In diesem Fall kam es mittelbar zu ei-

925 Das soll folgendes Beispiel einer in der Form der Aktiengesellschaft organisierten, insolventen Einzelhandelskette verdeutlichen: Deren Abwicklungswert liegt bei 20, der durch eine übertragende Sanierung erzielbare Wert mit 30 nur geringfügig darüber. Eine Reorganisation – die eine Schließung der verlustbringenden und einen Weiterbetrieb der gewinnbringenden, in Bestlage angemieteten Filialen vorsieht – führt zu einem Plan, der einen Fortführungswert von 50 erlaubt. Auf den um 20 gesteigerten Wert konnten die Gläubiger bisher nicht ohne die Kooperation der bisherigen Gesellschafter zugreifen, da diese auch in der Insolvenz die Beschlusskompetenz behielten. 926 Siehe hierzu E.II.1.a). Die Werthaltigkeit der Beteiligung an einer insolventen Kapitalgesellschaft ergibt sich aus der Möglichkeit des Zugriffs auf den aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ergebenden Fortführungswert. Ebenso wohl auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 506. Letztendlich widersprach diese Regelung der in § 199 S. 2 InsO niedergelegten insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge. 927 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43. Auch schon Braun, NZI 1999, 473, 477. 928 F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 67; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43 f.; vgl. auch Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27: Auch zukünftige sanierungsbedingte Wertsteigerungen der Anteile und Gewinnausschüttungen waren im Rahmen des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO nicht zu berücksichtigen. Anders aber Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 704. 929 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 367; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632 637; vgl. auch Balz, ZIP 1988, 1439, 1441 ff. 930 Das übersieht wohl Flessner, in: Kreft, HK-InsO, 6. Aufl. 2011, § 245 Rn. 20, wenn er jede Fortführung als Ausweis der Existenz eines Mehrwerts ansieht, der dann dem Schuldner/den Gesellschaftern zugutekommt. Fand sich jedoch kein Investor, so blieb den Gläubigern nach der InsO a. F. keine andere Möglichkeit als Zerschlagung

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

257

ner unrechtmäßigen Wertzuwendung. In diesem Fall dürfte die Planbestätigung freilich bereits an § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO gescheitert sein.931 Dieses Ergebnis stützt auch eine Kontrollüberlegung: Das Insolvenzplanverfahren ermöglicht insbesondere932 die insolvenzliche Reorganisation, also den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens unter gleichem Rechtsträger. Den praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Reorganisation wären enge Grenzen gesetzt, wenn die Fortführung immer einen wirtschaftlichen Wert dargestellt hätte.933 Ohne die Kooperation der Altgesellschafter konnten die Gläubiger nicht in die Gesellschaft einrücken. In ihrem Verbleib einen Verstoß gegen die absolute Vorrangregel zu sehen, hätte Gläubigern, die durch das Insolvenzplanverfahren im Sinne des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht benachteiligt wurden, ein ungerechtfertigtes Akkordstörerpotenzial eingeräumt, und damit Sanierungen häufig unmöglich gemacht.934 Im Fall der Sanierung wäre eine Majorisierung dissentierender Gläubigergruppen praktisch nur dann möglich gewesen, wenn die Altgesellschafter den Schuldner rekapitalisiert hätten.935

oder Fortführung mit den bisherigen Gesellschaftern. Der hier vertretenen Auffassung steht außerdem nicht entgegen, dass nach US-amerikanischem Reorganisationsrechts der Verbleib der Gesellschafter grundsätzlich als Verstoß gegen die absolute priority rule gewertet wird. Die absolute Vorrangregel entspricht zwar ihrem US-amerikanischen Vorbild weitgehend. Es darf aber nicht übersehen werden, dass die Vorschrift in gewisser Weise aus ihrem Zusammenhang gerissen wurde. Das Chapter 11-Verfahren bezog die Anteilsrechte in das Planverfahren ein, der deutsche Gesetzgeber entschloss sich indes gegen die Einbeziehung, hierzu Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.79. Mit dem ESUG nähert sich die InsO insoweit (Zuweisung des Fortführungswertes an die Gläubiger bzw. Einbeziehung der Anteilsrechte in das Planverfahren) an das Chapter 11-Verfahren an und wirft damit auch die sich daraus ergebenden Fragen auf. Vgl. Madaus, Der Insolvenzplan, S. 255 (Fn. 219); Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, Vor § 217 Rn. 13 ff. u. § 245 Rn. 27. 931 So wohl auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 23 („Der Vergleich mit dem Verkaufsfall, also mit dem bei einer Regelabwicklung erzielbaren Preis, ist jedoch schon Gegenstand von Abs. 1 Nr. 1.“). 932 Das Insolvenzplanverfahren ist als universelles Instrument der Masseverwertung ergebnisoffen: Außer Sanierungsplänen sind auch Liquidationspläne möglich, statt vieler Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 217 Rn. 38 ff.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 217 Rn. 15. 933 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 25; ders., in: FS Fischer, S. 53, 67; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 59. 934 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 40 (Liquidationszwang ohne sachlich gerechtfertigten Grund); F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 59 (faktische Unanwendbarkeit des Obstruktionsverbots bei Sanierungen); so ebenfalls schon Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 699 f. 935 Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 27; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 699.

258

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

cc) Rechtslage nach der Reform durch das ESUG (1) Anteilseignerstellung als Wertzuwendung Aufbauend auf diesen Überlegungen ist nun zu überprüfen, wie sich die „Kurskorrektur“ des Gesetzgebers auswirkt. Es ist fraglich, ob die die Änderungen wirklich zu einer „Entschärfung“ 936 der mit der absoluten Vorrangregel verbundenen Problematik führt, oder nunmehr jede Einräumung einer Anteilseignerstellung eine Wertzuwendung i. S. d. § 245 Abs 2 Nr. 2 InsO bedeutet. Im Gegensatz zur alten Rechtslage ist der Fortführungswert den Gläubigern der Gesellschaft zugewiesen und ein Eingriff in die ihn verkörpernden Anteilsrechte937 möglich. In der Vergangenheit wurde insbesondere an der Übertragbarkeit US-amerikanischer Grundsätze zur absolute priority rule auf § 245 InsO unter Hinweis auf die Unterschiede zwischen beiden Insolvenzrechten gezweifelt: Unter anderem verstehe das US-amerikanische Vorbild im Gegensatz zur Insolvenzordnung jede (Weiter-)Beteiligung als Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes.938 Das ESUG hat die Insolvenzordnung diesbezüglich dem Chapter 11Verfahren angenähert.939 Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen sind nun möglich, die Gesellschafter als Eigenkapitalgeber werden als letztrangig bzw. nach-nachrangig Berechtigte und die Anteile als Verkörperungen eines den Gläubigern zugewiesenen Fortführungswertes verstanden.940 Die Reform der Insolvenzordnung sorgt nunmehr für eine Parallelität zwischen § 217 InsO und § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO, an der es bisher gefehlt hat. Es fragt sich daher, ob aus dieser Angleichung folgt, dass ein (teilweiser) Verbleib der Altgesellschafter gegen die absolute Vorrangregel verstößt, wenn der Insolvenzplan eine rechtsträgererhaltende Sanierung einer überschuldeten Gesellschaft 936 So Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 45; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 67; vgl. auch Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 16. Teilweise wird indes nicht zwischen InsO a. F. und InsO n. F. unterschieden, vgl. Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, S. 143 f. 937 Strenggenommen erfährt dieser Fortführungswert keine Verkörperung. Er ergibt sich vielmehr aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen. Die Anteilsrechte an der schuldnerischen Gesellschaft sind die Vehikel für einen Zugriff auf diesen Wert, sie repräsentieren gleichsam diesen erhöhten Fortführungswert, vgl. Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43. Ebenso wohl auch Hirte/Knof/Mock, Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 26; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 65 f.; ders./Heinrich, NZI 2011, 505, 506; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1412. 938 Etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27. 939 Diese Einschätzung teilen etwa Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 121. 940 Siehe unter E.III.3. und etwa Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 637; dies., Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, S. 26; dagegen etwa Smid, DZWIR 2010, 397, 402 („kategorialer Unterschied zwischen Gesellschaftern und [nachrangigen] Gläubigern“).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

259

vorsieht. Ist ein Plan für ablehnende Gläubigergruppen nur dann „angemessen“, wenn die bisherigen Gesellschafter einen Ausgleich für den mit ihrem Verbleib verbundenen „wirtschaftlichen Wert“ leisten – im Sinne einer Entsprechung zur besagten new value exception? Richtigerweise kann sich die Frage nur dann stellen, wenn sich im Einzelfall überhaupt aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ein Mehrwert ergibt. Ist dies nicht der Fall, so verkörpern die Anteile keinen wirtschaftlichen Wert, weil sich über die Reorganisation kein Mehr an Wert erzielen lässt. Entscheiden die Gläubiger sich dann für eine Sanierung, also eine Fortführung der Gesellschaft, statt für einen Unternehmensverkauf, um sich aus den laufenden Erträgen zu befriedigen, dann ist darin kein Verstoß gegen die absolute Vorrangregel zu erblicken.941 Auch nach der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG gilt: Nicht jede Fortführung der Gesellschaft ist also eine Wertzuwendung an den Schuldner und die verbleibenden Gesellschafter, die von diesen ausgeglichen werden müsste.942 Insoweit ergibt sich gegenüber der alten Rechtslage keine Änderung. Ist indes ein Fortführungswert gegeben, so wäre dieser Wert – in seiner Verkörperung durch die Anteilsrechte – unter den Anteilseignern aufzuteilen, um deren Vorrang gegenüber den Altgesellschaftern gerecht zu werden. So läge beispielsweise ein Verstoß gegen die Vorrangregel vor, wenn ein Insolvenzplan bei Überschuldung vorsähe, dass von dem Vermögen des Schuldners neunzig Prozent an die Gläubiger verteilt werden und zehn Prozent an die Altgesellschafter, die gemäß § 199 S. 2 InsO allerletzt Befriedigung erfahren. Die Anteilsrechte fallen nicht in die Insolvenzmasse, § 35 InsO. Vermitteln sie aber einen den Gläubigern zugewiesenen Wert, so ist prima vista nicht einzusehen, warum die Eingriffsmöglichkeit nicht genutzt werden sollte, diesen Wert entsprechend der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge vollständig den Gläubigern zukommen zu lassen.943 941 In diesem Sinne wohl auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 23; Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13 f.; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 41. 942 Ebenso F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 63, a. A. – den telos des Obstruktionsverbots verkennend – Wittig, ZInsO 1999, 373, 379; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 705 f. Vgl. auch Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 45, der wohl als Ausgleichszahlung i. S. d. § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, § 251 Abs. 3 InsO auch Beteiligungsrechte an dem Schuldner genügen lässt und daher die Aufnahme einer „Debt Equity Swap“-Option in den Plan vorschlägt. 943 So bereits für die InsO a. F. Braun, in: FS Fischer, S. 53, 67; – zur reformierten InsO – ders./Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f. Im US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren folgt aus der absolute priority rule grundsätzlich die Notwendigkeit vollständigen Ausscheidens der Gesellschafter, vgl. Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 14, und s. – mit Gründen für Abweichungen von der Regel – H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 310 ff. Unverständlich Smid, DZWIR 2010, 397, 403 („Ein völliger

260

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

(2) Teilweiser Verbleib der Altgesellschafter Demnach verstieße ein Insolvenzplan, der einen teilweisen Verbleib der Altgesellschafter in einer reorganisierten Gesellschaft, deren Fortführung besagten Mehrwert verspricht, nach Durchführung eines Debt Equity Swap vorsieht, gegen die absolute Vorrangregel: Mit ihrer – wenngleich verringerten – Beteiligung am Schuldner erhielten die bisherigen Gesellschafter einen wirtschaftlichen, den Gläubigern zugewiesenen Wert (Verkörperung des Fortführungswertes).944 Fraglich ist insofern, ob aus § 245 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 InsO bei dissentierenden Gläubigergruppen die Pflicht zum totalen Swap folgt, um dem Vorrang der Gläubiger gerecht zu werden.945 Bejahendenfalls wäre der Spielraum für flexible, die Altgesellschafter einbindende Gestaltungen deutlich eingeschränkt.946 Tatsächlich ist bereits die Aufnahme eines Schuldentausches in den Plan ein starkes Indiz für einen vorhandenen Fortführungswert. Bietet die Übernahme der Gesellschafterstellung im Zuge der rechtsträgererhaltenden Sanierung keinen (Fortführungs-)Mehrwert gegenüber einen übertragenden Sanierung, werden die Gläubiger davon – bereits wegen des Fortführungsrisikos – Abstand nehmen. dd) Stellungnahme (1) Regelungszweck der Norm Der Regelungszweck der Norm gebietet eine Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Nicht jede Fortführung unter Verbleib der Altgesellschafter im Rahmen einer Sanierung kann einen Ausschlussgrund des Abs. 2 Nr. 2 darstellen. Ein derart weites Verständnis würde Sanierungen regelmäßig unmöglich machen. Auch nach der Reform durch das ESUG müssen beispielsweise Eigensanierungen möglich sein, ohne dass die verbleibenden Gesellschafter die Gesellschaft neu kapitalisieren müssen.947 Ausschluss der Entschädigung der Anteilseigner für den Fall, dass die Gläubiger nicht 100% ihrer Forderungen erhalten [. . .] wäre aber mit den grundrechtlichen Rahmenbedingungen des Insolvenzplanverfahrens nicht vereinbar“). Siehe auch die Zweifel bei Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106, im Hinblick auf eine Bezugsrechtseinräumung. 944 Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13 f. Die Einbringung der Forderungen und deren Erlöschen sorgen aufgrund der damit verbundenen passivistischen Entlastung der Bilanz für eine Steigerung des Unternehmenswertes (Steigerung des Verkehrswertes durch die Kapitalerhöhung). 945 Vgl. Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699 f.; Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415 (Verbleib der Altgesellschafter nur bei Ausgleich der damit verbundenen Wertzufuhr). Wohl auch Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f. (Fn. 28); – im Umkehrschluss auch – H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443. Dagegen F. Becker, Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 59 (Fn. 88). Das Problem sehen auch Simon, CFL 2010, 448, 456, Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 f., die bei Zugrundelegung des Zerschlagungswertes der Anteilsrechte bei überschuldeten Gesellschaften die Notwendigkeit des vollständigen Ausscheidens der Altgesellschafter sehen. 946 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699 f.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

261

Mit dem Obstruktionsverbot des § 245 InsO soll unterbunden werden, dass eine Minderheit von Gläubigern die Abstimmung über den Plan willkürlich oder zur Erreichung ungerechtfertigter Zugeständnisse, Sondervorteile und eigennütziger Ziele missbraucht.948 Der Plan soll trotz Ablehnung einer Gläubigergruppe möglich sein, wenn der Plan gleichwertige oder bessere Ergebnisse als die Liquidation ermöglicht. Dieser Regelungszweck steht einer Weiterbeteiligung der Altgesellschafter – auch nach Schaffung der Eingriffsmöglichkeit – nicht grundsätzlich entgegen. Das Angemessenheitserfordernis des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO sichert die faire Verteilung der Vermögenswerte und bietet einen ausreichenden Schutz vor Schlechterstellung.949 Daher kann beispielswiese – schon aus Gründen der Denklogik – die verfassungsrechtlich gebotene angemessene Entschädigung als Ausgleich für den Eingriff in die Anteilseignerrechte keine Wertzuweisung im Sinne des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO darstellen.950 (2) Keine Pflicht zum Eingriff Es würde der gewünschten Flexibilität des Insolvenzplanverfahrens nicht gerecht, wenn die absolute Vorrangregel – zumindest für den Fall der Überschuldung – einen vollständigen Ausschluss der Altgesellschafter erzwänge, weil jeder Verbleib der Altgesellschafter eine Wertzuwendung951 im Sinne der Regel dar947 Ebenso Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699 f. Wohl auch Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 245 Rn. 16 sowie – wenngleich zur alten Rechtslage – Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 27. Für eine teleologische Reduktion des Abs. 2 Nr. 2 spricht sich aus Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 23 f. 948 Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 4 ff.; Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 2. 949 Ebenso Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27. 950 So auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 434 (Verfassungsrechtliche Entschädigung – als Kompensation des Verlusts des mitgliedschaftlichen Rechts – ist „Vermögensschutz, nicht [. . .] Vermögenszuwachs!“). 951 Schon die Beantwortung der Frage, was den Wert ausmacht, bereitet Schwierigkeiten und wird offenbar in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Ist es der Wert der Anteilsrechte? Dann wäre der Zeitpunkt für die Werthaltigkeit von großer Bedeutung. So stellen die einen im Rahmen der Wertbemessung auf das unsanierte Unternehmen ab, also auf den Zeitpunkt der Insolvenzverfahrenseröffnung (etwa Pleister, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 245 Rn. 24). Teilweise wird aber auch auf den Wert des sanierten Unternehmens, also zum Zeiptunkt der Planbestätigung, abgestellt (etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 27). Nach erstgenanntem Ansatz wären die Anteilsrechte – zumindest bei Überschuldung – wertlos (so auch Wittig, ZInsO 1999, 373, 377). Nach Durchführung der Sanierung ergäbe sich der Wert aus den Sanierungsmaßnahmen und -beiträgen der Gläubiger. Im Hinblick auf den Ertragswert ist fraglich, ob dies nur den bestmöglichen Liquidationswert (wie durch eine übertragende Sanierung abschöpfbar) oder auch den Fortführungswert, also den reorganisationsbedingt höheren Ertragswert (Differenz zwischen dem bei einem einem Verkauf erzielbaren Preis und dem Wert, den allein der Schuldner durch eine Fortführung realisieren kann und der sich gerade aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergibt) erfasst (so

262

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

stellen würde.952 Aus der Eingriffsmöglichkeit folgt keine Pflicht zum vollständigen Entzug der Anteilsrechte. Insbesondere nach der Reform durch das ESUG sollen rechtsträgererhaltende Sanierungen unter Verbleib der Altgesellschafter möglich sein, wenn dies eine höhere Gläubigerbefriedigung verspricht. Eine Beteiligung der Altgesellschafter kann in vielen Fällen die Chancen für eine erfolgreiche Sanierung erhöhen (Expertise, Charisma usw.). Ihr Verbleib kann demnach eine Art good will darstellen, der die Zuwendung eines wirtschaftlichen Vorteils kompensiert.953 Erachtet die Mehrheit der Gläubiger eine Weiterbeteiligung der Altgesellschafter (wenngleich mit stark reduzierter Beteiligungshöhe) als zweckdienlich, dann ist von einer solchen Vermögenswertigkeit des Verbleibs auszugehen.954 Der Mehrheit der Gläubiger muss es möglich sein, den Altgesellschaftern einen Verbleib zu ermöglichen. Dies gilt umso mehr, da die Gläubiger nun die Möglichkeit haben, die Altgesellschafter aus der Gesellschafterposition herauszudrängen.955 Findet dies im Fall der Überschuldung nicht statt, so ist im Regelfall davon auszugehen, dass es für diesen „Verzicht“ auf die vollständige Übernahme der Anteilsrechte triftige Gründe gibt: etwa weil der Verbleib der Altgesellschafter die bestmögliche Sanierung verspricht.956 Die Eingriffsmöglichkeit bedingt keine Pflicht zum vollständigen Herausdrängen zugunsten vorrangiger Gläubiger.

wohl Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 23). Umstritten ist überdies, ob das spezifische Fortführungsrisiko wertmindernd in Abzug zu bringen ist (so Braun, in: Nerlich/ Römermann, InsO, § 245 Rn. 26, a. A. Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 245 Rn. 31; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 68). 952 Das fordern wohl Kresser, ZInsO 2010, 1409, 1415; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 507 f. Der Schluss von Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699, dass aus der neu geschaffenen Eingriffsmöglichkeit wohl keine Pflicht folgen könne, überzeugt hingegen nicht, denn – wie gezeigt E.II.1.a) – war den Gesellschaftern der durch die Anteilsrechte verkörperte Fortführungswert bis zur Reform durch das ESUG nicht zugewiesen. Für eine Einzelfallbewertung – wenngleich sich auf die alte Rechtslage beziehend – Thies, in: HambKomm-InsO, § 245 Rn. 13. 953 Ebenso Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 28; wohl auch Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 25; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 245 Rn. 23; Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 77; Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1527 (Altgesellschafter als best owner). Nicht übersehen wird, dass diese Rechtfertigung einer Abweichung von der absoluten Vorrangregel angreifbar ist. Nicht nur ist die Bewertung solch immaterieller Werte schwierig, auch verkörpern sie Hoffnungen und Aussichten, die nicht durch echte Vermögenswerte gedeckt sind. Vgl. auch Eidenmüller, ZGR 2001, 680 705 f., der eine Kapitalzufuhr fordert und schwer bewertbare Güter, wie (zukünftige) Arbeitsleistungen oder eine Fortführung als neuen Wert ablehnt, da sie Gläubigern keinen greifbaren wirtschaftlichen Wert bietet; a. A. aber Drukarczyk, in: MünchKommInsO, § 245 Rn. 77. 954 Nur i. E. ebenfalls Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 77, der es aber bereits an der Wertzuwendung scheitern lässt, wenn die sonstigen Kapitalgeber die Fortführung gestatten. 955 F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 67; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 579. Wohl auch Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699. 956 Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1527 (Altgesellschafter als best owner).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

263

Nur in evidenten Missbrauchsfällen und unbilliger Benachteiligung der ablehnenden Gläubigergruppe ist eine Ausnahme zu machen.957 Um sicherzustellen, dass einzelne Gläubiger auf die Entscheidung über die Weiterbeteiligung und die Plangestaltung Einfluss nehmen können, sollte ein Wettbewerb verschiedener Insolvenzpläne958 möglich sein.959 Dies ist umso wichtiger, als die Gläubiger im Rahmen des insolvenzrechtlichen Rechtsschutz keine Möglichkeit haben Insolvenzpläne anzugreifen, die nicht die bestmögliche Variante der Gläubigerbefriedigung darstellen: Im Rahmen des § 245 InsO wird der Schutz der opponierenden Beteiligten an einen Wertvergleich zwischen den Szenarien mit und ohne Plan geknüpft. Auch im Rahmen der §§ 251, 253 InsO wird zur Bestimmung der Schlechterstellung immer mit dem Regelverfahren verglichen.960 Insbesondere nach der Reform durch das ESUG, das zu einer Aufwertung des Insolvenzplanverfahrens geführt hat, wurden die planverfahrensrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten stark erweitert. Konkurriert der Plan, der eine teilweise Weiterbeteiligung der Altgesellschafter vorsieht, mit einem alternativen Planentwurf, der einen vollständigen Ausschluss vorsieht, so wäre mit Vorlage eines eigenen Planes eine Einflussnahme der jeweiligen Gläubigergruppe möglich.961 Ein Planinitiativrecht haben nach § 218 Abs. 1 InsO indes nur der Schuldner oder der Insolvenzverwalter962; die Gläubiger selbst haben kein Vorlagerecht.963 Über §§ 218 Abs. 2, 76 Abs. 2, 157 S. 2 InsO kann die Gläubigerver957 Nicht überzeugen kann ebenfalls, die Anwendbarkeit der absoluten Vorrangregel im hier untersuchten Fall immer an der fehlenden Zugehörigkeit der Anteilsrechte zur Masse nach § 35 InsO scheitern zu lassen (so aber Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 44 [Nicht dem Insolvenzbeschlag unterfallende Anteilsrechte keine Vermögenswerte i. S.d Abs. 2 Nr. 2]. Diese Auffassung verkennt die Zuweisung des Fortführungswerts an die Gläubiger und lässt die Werthaltigkeit der Anteile durch ihre Sanierungsbeiträge unberücksichtigt. 958 Die Pluralität des Planinitativrechts nach § 218 InsO bezweckt den Wettbewerb verschiedener Insolvenzpläne um die bestmögliche Gläubigerbefriedigung, Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 1. 959 Problematisch aber Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 45, für den ein Scheitern des Obstruktionsverbotes schon deswegen ausscheide, da es jedem Gläubiger freistehe, sich an einem Debt Equity Swap zu beteiligen, wenn er sich in „Erwartungssituation“ einer Beteiligung begeben will. Hierfür solle eine „Debt Equity Swap“-Option in den Plan aufgenommen werden, um dem einzelnen Gläubiger eine Beteiligung zu ermöglichen und Ausgleichszahlungen zu vermeiden. 960 Etwa Thies, in: HambKomm-InsO, § 251 Rn. 9; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 253 Rn. 14. 961 Vgl. – noch zur alten Rechtslage – Wittig, ZInsO 1999, 373, 378. 962 Nach überwiegender Auffassung steht das Planinitiativrecht nicht dem vorläufigen, sondern nur dem endgültigen Insolvenzverwalter zu, etwa Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 218 Rn. 9; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 218 Rn. 7. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann indes vor Verfahrenseröffnung an einem Planentwurf arbeiten. 963 Etwa – mit (begründeter) Kritik am fehlenden Vorlagerecht der Gläubiger – Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 218 Rn. 3. Zu den damit verbundenen Schwierig-

264

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

sammlung auf die Gestaltung des Insolvenzplanes Einfluss nehmen und den Verwalter mit der Erstellung eines Planes beauftragen. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der Einfluss einzelner Gläubigergruppen, die beispielsweise ein vollständiges Herausdrängen der Altgesellschafter zugunsten einer Teilnahme ihrerseits an dem Debt Equity Swap befürworten, begrenzt ist, da sie die Mehrheit der Gläubigerversammlung überzeugen müssen.964 Denn mehrere Alternativpläne eines Berechtigten sind – ander als im US-amerikanischen Chapter 11-Verfahren – nach weit überwiegender Auffassung unzulässig.965 Des Weiteren ist umstritten, ob das originäre Vorlagerecht des Insolvenzverwalters durch einen von der Gläubigerversammlung initiierten (derivativen) Plan überlagert und zum Erlöschen gebracht wird.966 Die diese Frage bejahende Auffassung hält solch einen konkurrierenden Plan für mit der Gläubigerautonomie und den Pflichten des Insolvenzverwalters aus §§ 157 S. 2, 218 S. 2 InsO unvereinbar.967 Für die Gegenauffassung968 konfligiert ein eigener Plan des Verwalters nicht mit der Autonomie der Gläubigerversammlung, sondern ermöglicht vielmehr einen Wettbewerb um die bestmögliche Verwertungsart. Die letzte Auffassung ermöglicht demnach, dass der Insolvenzverwalter einen Plan vorlegt, der im Einzelfall eine der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie angemessenere Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung vorsieht. Da so ein Mehr an Plankonkurrenz969 ermöglicht wird, ist diese Auffassung vorzugswürdig.970

keiten bei abweichenden Gesellschafterinteressen etwa Spliedt, ZInsO 2013, 2155, 2155 f. 964 Das sehen – mit Blick auf die InsO a. F. – bereits Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 26 sowie Wittig, ZInsO 1999, 373, 378 f., der auf die typische Interessenpluralität hinweist. Auf die Gefahr einer Dominanz Einzelner weist auch Siemon, ZInsO 2013, 1549, 1558 hin. 965 Statt vieler Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 218 Rn. 124 ff.; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 218 Rn. 12 jew. m.w. N. 966 Diese Frage ist keinesfalls ein „Scheinproblem“ – wie von Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 3.5 bezeichnet –. Im Hinblick auf die grundsätzliche Frage des Ob einer Sanierung mittels Planverfahren mögen divergierende Pläne unpraktikabel sein. Im Hinblick auf die Details der künftigen Beteiligungsstruktur sind verschiedene Planentwürfe wohl möglich. 967 Für – maximal zwei konkurrierende Pläne – etwa Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 218 Rn. 29 f.; Otte, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 218 Rn. 30; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 218 Rn. 38 ff.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 14 jew. m.w. N. 968 Für – maximal drei konkurrierende Pläne – etwa Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 218 Rn. 48 f.; ders./Frank, in: Braun, InsO, § 218 Rn. 12; Lüer, in: Uhlenbruck, InsO, § 218 Rn. 7; K. Schmidt/Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 218 Rn. 7; Thies, in: HambKomm-InsO, § 218 Rn. 11; Hess, in: Hess, InsO, § 218 Rn. 4; Maus, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 830. Siehe zur gleichgelagerten Problematik bei Eigenverwaltung und § 284 InsO: Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 191 f. 969 De lege ferenda ist den Gläubigern bzw. bestimmten Gläubigergruppen ein eigenes Planvorlagerecht einzuräumen, um ihnen schon Gestaltungsmöglichkeiten bei der

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

265

(3) Übertragbarkeit bisheriger Lösungsansätze Die bisherigen Lösungsansätze, die eine Saldierung mit eventuellem Wertausgleich von den Altgesellschaftern und dem Schuldner fordern971, sind abzulehnen. Solch eine Kompensation in Form der Zahlung einer „Optionsprämie“ durch die Altgesellschafter bietet keine Vorteile. Ein ausreichender Schutz der Gläubiger wird bereits über § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO erreicht.972 Die Bemessung einer Prämie bzw. Ausgleichszahlung ist angesichts der Bewertungsschwierigkeiten973 problematisch und sanierungsfeindlich974, da – legt man den Wert zum Zeitpunkt der Plandurchführung zugrunde – besonders erfolgreiche Sanierungen zu hohen Kompensationen führen würden und dem Schuldner und dessen Gesellschaftern ein noch geringerer Anreiz für frühzeitige Insolvenzverfahrenseinleitungen geboten würde.975 Auch ist die Auffassung, die eine fehlende Wertzuwendung vermutet, wenn sich kein Unternehmenskäufer findet, leicht angreifbar. Die Suche nach übernahmebereiten Investoren ist – insbesondere bei Nischenunternehmen – sehr zeitund kostenintensiv. Schon aus diesem Grund ist fraglich, ob angesichts eines auf die Fortführung gerichteten Insolvenzplans mit der notwendigen Intensität nach einem Erwerber gesucht wird bzw. ob überhaupt ein Bieterprozess in Gang gesetzt wird.976 Darüber hinaus bietet, auch wenn sich ein Käufer findet, der gebo-

Planentstehung einzuräumen und sie nicht nur auf die Regelungen zum Minderheitenund Rechtsschutz zu verweisen, so schon Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 218 Rn. 3, der auch ein eigenes Initiativrecht der planunterworfenen Gesellschafter fordert (a. A. diesbezüglich bereits Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1528). 970 Fraglich ist aber, ob ein eigener Plan des Verwalters in praxi Chancen auf eine Annahme hat, da ein von der Gläubigerversammlung mehrheitlich angeregter Plan häufig auch im Abstimmungstermin die Mehrheit auf sich vereinen dürfte. Vgl. Haas, in: Kreft, HK-InsO, Vor § 218 Rn. 1 (Vorsprung des früher eingereichten Planes). 971 So etwa Wittig, ZInsO 1999, 373, 379; F. Becker, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 41 Rn. 63. 972 Überzeugend Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 27, 24 („Außerhalb evidenter Missbrauchsfälle sind Zuschläge auf das Liquidationsergebnis – erneut: der Liquidationswert aus Sicht des Unternehmensträgers [Schuldners] kann durchaus der Fortführungsmehrwert des Unternehmens sein – weder justiziabel noch sinnvoll, weil die Mitglieder der obstruierenden Gruppen von einem Scheitern des Planes keine Vorteile haben.“). Ebenso Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 699. 973 Anschaulich Wittig, ZInsO 1999, 373, 377. 974 Vgl. Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 27, 25. 975 Anzumerken ist, dass es keinen Verstoß gegen die absolute Vorrangregel begründet, wenn den Altgesellschaftern die Möglichkeit zur Erhaltung ihrer Beteiligung im Wege einer korrespondierenden Barkapitalerhöhung eingeräumt wird, und sie diese Möglichkeit wahrnehmen. Denn damit einhergehenden Wert gleichen sie bereits durch die Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung aus. 976 Auch Drukarczyk, in: MünchKomm-InsO, § 245 Rn. 76 f. u. 82; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 25.

266

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

tene Preis angesichts der fehlenden Effizienz des Marktes für insolvente Unternehmen nur eine Indizwirkung.977 (4) Keine uneingeschränkte Übertragbarkeit der LaSalle-Entscheidung Ein rechtsvergleichender Blick auf das Verständnis der US-amerikanischen „absolute priority rule“ stützt diese Auffassung, will die Vorschrift doch sicherstellen, dass den Gläubigern eine faire Behandlung („fair and equitable treatment“) zuteil wird.978 Dabei muss auch die Entstehungsgeschichte der Norm berücksichtigt werden. Die Regel ist eine Reaktion auf missbräuchliche gläubigerbenachteiligende Gestaltungen der Gesellschafter von Immobilien-Projektentwicklungsgesellschaften.979 Der Supreme Court rügte in der Entscheidung auch die Exklusivität der Fortführung durch die Altgesellschafter. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Insolvenzrecht haben hiesige Schuldner indes kein exklusives Planinitiativrecht.980 (5) Zwischenergebnis Somit stellt eine Fortführung des Schuldners unter (teilweisem) Verbleib der Altgesellschafter auch nach der Reform durch das ESUG nicht zwangsläufig die Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes im Sinne des § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO dar, der zu einer Verletzung des Erfordernisses der angemessenen Beteiligung führt. Die absolute Vorrangregel ist mithin einer wertenden Auslegung unter Berücksichtigung des durch § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO gesicherten Schutzniveaus und dem Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung zugänglich, die auch die wertzuwendungskompensierende Wirkung eines good wills verbleibender Altgesellschafter berücksichtigen muss. Der jeweilige Planentwurf hat aber – im Hinblick auf die Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 225a InsO – die insolvenzrechtliche Vorrangregel zu beachten. b) Verbleib einzelner Altgesellschafter in der Gesellschaft Umstritten ist, ob auch ein Verbleib einzelner Gesellschafter möglich ist, oder alle bisherigen Gesellschafter entsprechend ihrer bisherigen Beteiligungsquote an 977

Ebenso Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 707. 11 U.S.C. § 1129 (b) (2). Vgl. Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.63 f. 979 Hierzu eingehend Wittig, ZInsO 1999, 373, 374. 980 Wittig, ZInsO 1999, 373, 375; Braun, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 245 Rn. 26; ders., in: FS Fischer, 53, 59 ff. Nach 11 U.S.C. § 1121 (b)). steht dem Schuldner ein exklusives Planvorlagerecht für die ersten 120 Tage nach Verfahrenseröffnung zu, das ihm – sofern wahrgenommen – weitere 60 Tage gibt, auf die Planannahme hinzuwirken. Erst nach Ablauf dieses „exklusiven“ Zeitraums kommt es zur Plankonkurrenz, siehe Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 218 Rn. 2; Otte, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 217 Rn. 20 ff. 978

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

267

der reorganisierten Gesellschaft zu beteiligen sind. Eine Auffassung lehnt das selektive Herausdrängen einzelner Gesellschafter ab und begründet dies mit dem Gleichbehandlungsgebot nach § 226 InsO.981 Eine nicht proportionale Kapitalherabsetzung, Bezugsrechte nur für einen Teil der Gesellschafter oder ein selektiver Entzug von Anteilsrechten (gemäß § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO) erfordere entweder eine – grundsätzlich nicht ersichtliche – sachliche Rechtfertigung oder eine ausdrückliche Zustimmung der betroffenen Gesellschaftergruppen.982 Überdies konfligiere eine Besserstellung einzelner Anteilseigner mit § 254 Abs. 3 Nr. 2 InsO; auch hier rechtfertige der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Untergruppenbildung zwischen den gleichgestellten Anteilseignern.983 Die Gegenauffassung hält eine Beteiligung einzelner Gesellschafter für zulässig, da die hierfür erforderliche Zustimmung nach § 254a InsO ersetzt werden könne.984 Ausgehend von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise seien verschiedene Gruppen zulässig.985 Ersterer Auffassung gebührt indes der Vorzug, da keine Gründe für eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter ersichtlich sind: Stimmrechtsbeschränkungen, Vorzugsrechte oder ähnliches bleiben unberücksichtigt, einzig die Beteiligungshöhe ist entscheidend (§ 238a InsO). Versteht man die Gesellschafter als letztrangig bzw. nach-nachrangig Berechtigte, so ist unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Verteilungsreihenfolge kein Raum für eine derartige Differenzierung.986 Da der Fortbestand der Mitgliedschaft auch eine Wertzuweisung darstellen kann, konfligiert eine Ungleichbehandlung gegebenfalls auch mit dem Obstruktionsverbot, § 254 Abs. 3 Nr. 2 InsO.987 Eine pauschale Ersetzung der Zustimmung zu einer Ungleichbehandlung nach § 226 Abs. 2 InsO würde zudem den Anwendungsbereich des § 254a InsO überdehnen. Sinn und Zweck der Vorschrift und insbesondere seines Abs. 2 ist es, den Zugriff auf die Anteilsrechte bei Einbeziehung in den Plan zu ermöglichen. Die Ersetzung der hierfür erforderlichen Gesellschafterbeschlüsse und Erklärun981 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 14, 30; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz; § 31 Rn. 33. Wohl auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 245 Rn. 26. 982 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127 f.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 14; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 28; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 217 Rn. 87. 983 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz; § 31 Rn. 33; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127 f.; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 30; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443. 984 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 26. 985 Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 245 Rn. 35. 986 Ebenso Thole, ZIP 2013, 1937, 1943; ders., Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 297 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 87. 987 Etwa Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 245 Rn. 26; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 443.

268

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

gen garantiert die Durchsetzung der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie. Die Vorschrift fingiert jedoch nur die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen, eine Legitimation von Ersetzungen insolvenzverfahrensrechtlicher Erklärungen und Zustimmungen kommt nicht in Betracht. Andernfalls ließe sich auch ein Verzicht auf Rechtsbehelfe oder ein Verzicht auf die angemessene Entschädigung oder die Abfindung nach § 225a Abs. 5 InsO rechtfertigen. Ein solches Verständnis führt den gesetzlich vermittelten Schutz im Insolvenzverfahren ad absurdum. Ist die Beteiligung nur einzelner Gesellschafter gewünscht, so ist ein solches Ergebnis über eine zulässige Planarchitektur herbeizuführen: durch Bildung unterschiedlicher Gruppen für sanierungsunwillige und sanierungswillige Altgesellschafter.988 Nur Letzteren kann beispielsweise ein Bezugsrecht bei einer korrespondierenden Barkapitalerhöhung eingeräumt werden, oder ihr Anteil nicht vollständig nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO entzogen werden.989 Dass die Bildung unterschiedlicher Gruppen bei Altgesellschaftern bei Vorliegen eines bedeutenden sachlichen Grundes zulässig ist, indiziert schon § 222 Abs. 3 S. 2, wonach für geringfügig beteiligte Anteilseigner mit einer Beteiligung am Haftkapital von weniger als einem Prozent oder weniger als 1.000,– Euro besondere Gruppen gebildet werden können.990 c) Ergebnis Die durch die Reform des ESUG geschaffene Eingriffsmöglichkeit in Anteilseignerrechte macht eine teilweise Neubewertung der mit der absoluten Vorrangregel des § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO verbundenen Lehrsätze nötig. Angesichts der fehlenden Zuweisung des Fortführungswerts an die Gläubiger war vor der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG ein Verbleib der Gesellschafter in der reorganisierten Gesellschaft keine Zuweisung eines „wirtschaftlichen Werts“ i. S. d. § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 InsO an den Schuldner und die dahinter stehenden Gesellschafter. Nach der Reform und trotz zwischenzeitlicher Zuweisung des Fortführungswerts an die Gläubiger bedeutet aber nicht jede Fortführung im Zuge einer Sanierung eine Wertzuweisung im Sinne der Vorschrift. Dies gilt insbesondere, wenn kein Fortführungswert existiert, wofür das fehlende Erwerbsinteresse eines Dritten ein Indiz sein kann. Allerdings folgt im Hinblick auf die insolvenzrechtliche 988 So auch Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 127; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, Vor §§ 217 ff. Rn. 24. Vgl. auch Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1701. Weitergehend Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 222 Rn. 13 (Differenzierung zwischen Sanierungsbeiträgen, Beteiligungshöhe). 989 Auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 222 Rn. 13; Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 35 f. u. 50. Ebenso – wenngleich zum Schuldentausch bei Personengesellschaften – K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 579; Wertenbruch, ZIP 2013, 1693, 1701 (kein Verstoß gegen § 226 InsO). 990 So jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 222 Rn. 149.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

269

Befriedigungshierarchie aus der Eingriffsmöglichkeit nicht zwangsläufig eine Pflicht zum Eingriff in die Gesellschaftsanteile. Der Regelungszweck der Vorschrift und die sanierungsfreundliche Ausrichtung der Insolvenzordnung gebieten es, dass es den Gläubigern mehrheitlich möglich sein muss, einen Verbleib der bisherigen Gesellschafter vorzusehen. Denn deren Verbleib kann nicht nur die Chancen für eine – der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung dienenden – Sanierung erhöhen, er kann über den sich aus einer Weiterbeteiligung ergebenden good will auch einen Wert darstellen, der den zugewiesenen „wirtschaftlichen Wert“ der Anteilsrechte kompensiert. Der rechtsvergleichende Blick auf das vorbildgebende US-amerikanische Reorganisationsrecht steht einer solchen Bewertung nicht entgegen. Im Gegensatz zum dortigen Insolvenzrecht stellt im Planverfahren nicht jede Weiterbeteiligung eine Wertzuweisung dar, die – um einen Verstoß gegen die absolute priority rule zu verhindern – durch eine Wertkompensation im Sinne der new value exception ausgeglichen werden muss. Vor dem Hintergrund des exklusiven Planinitativrechts des Schuldners ist die Auslegung der US-amerikanischen Regelungen durch die Insolvenzgerichte eine Reaktion auf die missbräuchliche Ausnutzung des Chapter 11-Verfahrens, nach dem ein Plan „fair and equitable“ sein muss, um einen cram down zu rechtfertigen. Auch § 245 InsO bezweckt die Erzielung eines solch fairen und angemessenen Ergebnisses. Um dem gerecht zu werden, ist dem Vorrang der Gläubiger bei der Planarchitektur Rechnung zu tragen. Die einzelnen Gläubigergruppen können über §§ 218 Abs. 2, 76 Abs. 2 InsO auf die Gestaltung der Planentwürfe einwirken; im Wettbewerb konkurrierender Insolvenzpläne kann sich der bestmögliche Plan durchsetzen. Einen hinreichenden Schutz dissentierender Gläubigergruppen bietet § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die absolute Vorrangregel ist insoweit einer wertenden Auslegung unter Berücksichtigung des mit der Weiterbeteiligung verbundenen Vermögensvorteils zugänglich. Nur bei evidentem Missbrauch (Vorsätzlicher Benachteiligung einer Gläubigergruppe, kollusives Zusammenwirken) steht die Vorschrift einer mehrheitlich beschlossenen Weiterbeteiligung entgegen. Sieht der Insolvenzplan einen Verbleib der Altgesellschafter vor, so gebietet das Gleichbehandlungsgebot eine proportionale Herabsetzung aller Altgesellschafter. Ein Vorzug nur einzelner Altgesellschafter kommt nur unter den Voraussetzungen des § 226 Abs. 2 S. 1 InsO in Betracht; eine Fiktion der zustimmenden Erklärung nach § 226 Abs. 2 S. 2 InsO über § 254a Abs. 2 InsO scheidet allerdings aus. 5. Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Insolvenz beseitigende Barkapitalerhöhung Eine weitere Fragestellung betrifft die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für eine Barkapitalerhöhung, die den Insolvenzgrund beseitigt und da-

270

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

mit zu einer Beendigung des Insolvenzverfahrens führt. Nach der optionalen Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren, wird zur Rechtfertigung des damit verbundenen Eingriffs immer wieder auf die Möglichkeit der (Alt-)Gesellschafter verwiesen, jederzeit den Insolvenzgrund zu beseitigen und sich damit dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.991 Fraglich ist nur, wie die Gesellschafter ihren „Kopf aus der insolvenzlichen Schlinge“ ziehen können, um den Zugriff der Gläubiger auf Insolvenzmasse und Fortführungswert zu verhindern. Augenscheinlichstes Mittel wäre eine effektive Barkapitalerhöhung der (Alt-) gesellschafter. Mit der Zuführung neuen Eigenkapitals in ausreichender Höhe ließen sich sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch Überschuldung beseitigen.992 Damit wäre die Grundlage für das Insolvenzverfahren entzogen. Außerhalb des Insolvenzverfahrens ist die Gesellschafterversammlung für satzungsändernde Kapitalmaßnahmen wie die Kapitalerhöhung zuständig.993 Problematisch ist indes, dass die Einbeziehung der Gesellschaftsanteile in das Insolvenzplanverfahren zur funktionellen Zuständigkeit der Beteiligtenversammlung für die Kapitalerhöhung führt.994 Nicht mehr die Gesellschaftsversammlung, sondern die Beteiligtenversammlung entscheidet über die in dem Insolvenzplan vorgesehenen Kapitalmaßnahmen. § 179 Abs. 1 AktG und § 53 Abs. 1 GmbHG werden verdrängt. Die Altgesellschafter sind als Beteiligte – neben den Gläubigern – nur noch eine Gruppe, die über die Annahme des Planes entscheidet; angesichts der Insolvenzrealitäten hat ihre Stimme denkbar wenig Gewicht.995 Der lapidare Hinweis auf die Aufnahme der Barkapitalerhöhung in den Insolvenzplan hilft ebenfalls nicht weiter, da die Gesellschafter selbst kein Planinitiativrecht haben und die Abstimmung über die Annahme des Planes mitunter nicht zeitnah erfolgt.996 Die neu geschaffene Eingriffsmöglichkeit darf jedoch nicht dazu führen, dass den Gesellschaftern keine Handhabe mehr zur Verfügung steht, um die Insolvenz abzuwenden und die Gläubiger vollumfänglich zu befriedigen. Anerkannt ist, 991 Etwa Sassenrath, ZIP 2003, 1517, 1524; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8; Altmeppen, in: FS Hommelhoff, S. 1, 19; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29; Fischer, NZI 2013, 823, 830 f. 992 Siehe hierzu unter C.I. 993 Siehe hierzu unter D.II.2. 994 Nur Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 98, 102 u. 166. 995 Siehe hierzu unter E.II.2.b)bb). 996 Nach § 218 InsO habe nur der Insolvenzverwalter und der Schuldner ein solches Recht zur Vorlage eines Insolvenzplanes. Das Recht steht bei juristischen Personen dem Vertretungsorgan zu, statt vieler Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 218 Rn. 7 f. m.w. N.; Spliedt, ZInsO 2013, 2155. Die Gesellschafter können über § 37 GmbHG auf die Geschäftsführer einwirken. Nach Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 270 dürfen die Gesellschafter aber in ihrer Eigenschaft als Organ des Schuldners über dessen originäres Planvorlagerecht einen Plan vorlegen.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

271

dass eine bereits vor Insolvenzeröffnung beschlossene, aber noch nicht zum Handelsregister angemeldete Kapitalerhöhung nicht aufgrund der Insolvenzeröffnung unwirksam wird, und – bei bereits geschlossenen Zeichnungs- und Übernahmeverträgen – auch nicht einseitig von den Gesellschaftern aufgehoben werden kann.997 Sie steht nicht im Widerspruch zum Zweck des Insolvenzverfahrens998, sondern dient wegen der massemehrenden und insolvenzbeseitigenden Wirkung der Insolvenzzweckerreichung. Die Gesellschafterversammlung ist daher in Ausnahme zur grundsätzlichen Kompetenz der Beteiligtenversammlung für derartige Barkapitalerhöhungen zuständig.999 Dem steht auch nicht gegenüber, dass die Gesellschafter vor Verfahrenseröffnung die Insolvenz beseitigen hätten können.1000 Angesichts des regelmäßigen Unvermögens der Gesellschafter, frisches Kapital in ausreichender Menge nachzuschießen, werden derartige Fälle in der Praxis wohl äußerst selten vorkommen. 6. Unwirksamkeit von Change-of-control-Klauseln, § 225 Abs. 4 InsO a) Bedeutung von Change-of-control-Klauseln Ziel und Folge eines sanierenden Umtauschs von Fremd- in Eigenkapital ist das Einrücken von Gläubigern in die Gesellschafterstellung und das (zumindest teilweise) Herausdrängen der Altgesellschafter. Die satzungsändernden Kapitalmaßnahmen stellen sicher, dass die bisher aufgelaufenen Verluste den Alteigentümern zugewiesen werden und die Gläubiger aufgrund ihrer neu erlangten Gesellschafterstellung die Sanierung maßgeblich beeinflussen können.1001 Ein Debt Equity Swap führt demnach zwingend zu einer Änderung der Kontroll- und 997 RG v. 20.10.1911 – II 68/11, RGZ 77, 153, 154 f.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 103. 998 Hüffer/Koch, AktG, § 179 Rn. 2; Stein, in: MünchKomm-AktG, § 179 Rn. 74. 999 So jetzt wohl auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 465; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29. Ebenso anscheinend H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 430 f. Bereits – vor der Reform durch das ESUG – Hüffer, in: MünchKomm-AktG, § 264 Rn. 29 u. 73. A. A. wohl Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 98, 102, 166 u. insbesondere Rn. 269 f., der aber ausführt, dass die Befugnisse der Gesellschafterversammlung erhalten bleiben, wenn (i) die Ausübung mit dem Insolvenzverfahrenszweck und damit dem Gläubigerinteresse vereinbar ist und (ii) die Befugnis nicht mit den Befugnissen der Gläubiger- bzw. Beteiligtenversammlung kollidiert. Dies kann man auch so verstehen, dass damit die Gesellschafterversammlung befugt bleibt, über die insolvenzgrundbeendigende Barkapitalerhöhung zu beschließen, da hiermit dem Insolvenzverfahrenszweck vollständig entsprochen wird. In Rn. 269 f. scheint er aber für den Fall des geplanten Herausdrängens der Altgesellschafter eine Kompetenz der Gesellschafterversammlung zu verneinen: Schon vor Rechtskraft einer Planbestätigung bestünde eine „Veränderungssperre“, die verhindere, dass die Gesellschafter das Plan- und Abstimmungsverfahren torpedieren. Überdies könne der Plan die Aufhebung von Gesellschafterbeschlüssen vorsehen. 1000 So jetzt auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 29. 1001 Vgl. oben unter D.II.

272

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Mehrheitsverhältnisse. Eine solche Veränderung im Rahmen der insolvenzlichen Sanierung kann jedoch den Sanierungserfolg gefährden, wenn der Schuldner Verträge geschlossen hat, die sogenannte Change-of-control-Klauseln enthalten. Hierbei handelt es sich um vertragliche Abreden, die einer Partei Lösungs-, Rücktritts- oder Kündigungsrechte einräumen, wenn es bei dem Vertragspartner zu einer Änderung der Management- oder Gesellschaftsstruktur kommt, § 225a Abs. 5 InsO.1002 Die aus dem angelsächsischen Rechtsraum stammenden Vertragsklauseln sehen zum Beispiel bei Anstellungs-, Finanzierungs- und Vertriebsverträgen ein außerordentliches Kündigungsrecht vor.1003 Mit derartigen Klauseln wird versucht zu verhindern, dass durch Änderung der Anteilseignerstruktur des Vertragspartners, mittelbare Vertragsbeziehungen mit Konkurrenten bestehen.1004 Change-of-control-Klauseln sind zudem Ausfluss von Vertrauensschutzüberlegungen.1005 Stellt die Klausel auf eine Änderung der Kontrollverhältnisse oder auf einen Wechsel in der Geschäftsführung ab, muss zudem beachtet werden, dass schon die Eröffnung des Insolvenzverfahren und der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse am schuldnerischen Vermögen nach § 80 InsO den Tatbestand solcher Klauseln erfüllen kann.1006 b) Change-of-control-Klauseln als Sanierungshindernis Die drohende Vertragsbeendigung gefährdet den Sanierungserfolg, da insbesondere für die Gesellschaft grundlegende Verträge oder rechtsträgerspezifische Berechtigungen mit solchen Change-of-control-Klauseln verbunden sind.1007 Die automatische Lösung oder Kündigung dieser Vertragsbeziehungen führt durch den damit verbundenen erhöhten Refinanzierungsbedarf 1008 oder dem Wegfall

1002 Zu Change-of-control-Klauseln Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2515 ff.; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 8. 1003 Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2515 ff. 1004 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1928. 1005 Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1928; Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2515 ff. 1006 So auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, Anlage 4, S. 69); vgl. auch Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 9 f. („Damit diese Regelung [Anm.: § 254 Abs. 4 InsO] überhaupt eine Wirksamkeit entfalten kann, muss sie zwingend implizieren, dass nicht bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu einer Beendigung von Vertragsverhältnissen führt, sofern ein Planverfahren angestrebt wird.“). 1007 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 51; Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 25; Brinkmann, WM 2011, 97, 102; vgl. auch Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2515 ff. 1008 Schlitt, in: MünchKomm-AktG, § 33 WpÜG Rn. 115; vgl. auch Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 290.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

273

betriebsnotwendiger Lizenzen, Know-how-Verträge und Vertriebsrechte1009 den Versuch einer rechtsträgererhaltenden Sanierung ad absurdum.1010 Zwar kann sich die Unwirksamkeit einer Change-of-control-Klausel aus einem AGB-rechtlichen Verstoß gegen § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Verwendungsgegners oder – falls statt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung eine individualvertragliche Vereinbarung vorliegt – aus § 138 BGB ergeben, wenn aufgrund der Klauseln wirtschaftliche Handlungsfreiheit der an der Vertragspartei beteiligten Gesellschafter – insbesondere der Mehrheitsgesellschafter – unverhältnismäßig eingeschränkt ist.1011 Die damit verbunde Rechtsunsicherheit ist indes nicht geeignet, die Sanierungsbereitschaft der Gläubiger oder Dritter zu erhöhen.1012 Die rechtliche Überprüfung aller entscheidenden Verträge mit Change-of-control-Klauseln im Rahmen einer due diligence1013 ist zeitaufwendig und kostenintensiv und schon aus diesem Grund geeignet, potentielle Investoren abzuschrecken. c) Unwirksamkeit von Change-of-control-Klauseln aa) Unwirksamkeit bereits nach § 119 InsO? Fraglich ist aber, ob aus Change-of-control-Klauseln in der Insolvenz überhaupt Rechte abgeleitet werden können. In der Literatur wird dies bezweifelt: Change-of-control-Klauseln stünden im Widerspruch zu § 119 InsO, wonach Beschränkungen der Rechte des Insolvenzverwalters nach den §§ 103 ff. InsO unwirksam seien.1014 Change-of-control-Klauseln seien eine solche Beschränkung des insolvenzverwalterlichen Wahlrechts und deshalb unwirksam.1015 Bei § 225a Abs. 4 InsO handele es sich folglich nur um eine „begrüßenswerte Klarstellung“.1016 Dem wird von anderer Seite widersprochen. Change-of-control-Klauseln knüpften nicht an die Merkmale wie Zahlungseinstellung, Insolvenzantragsstellung oder Insolvenzeröffnung an. Es handle sich daher regelmäßig um insolvenzunabhängige Vereinbarungen; diese unterfielen indes nicht dem Anwendungsbereich des § 119 InsO.1017

1009 1010 1011 1012 1013

Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 25. Siehe hierzu das anschauliche Beispiel bei Brinkmann, WM 2011, 97, 98. Vgl. aber Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2517 („grundsätzlich zulässig“). Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 9. So der Vorschlag von Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform,

S. 9. 1014

Hölzle, NZI 2011, 124, 129; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508 f. Hölzle, NZI 2011, 124, 129; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508 f. 1016 Hölzle, NZI 2011, 124, 129. 1017 Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 8. Statt vieler Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO Rn. 12 ff. m.w. N. 1015

274

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Die Zulässigkeit von Klauseln, die eine Sonderkündigung oder Lösung für den Fall der Insolvenzantragsstellung gestatten, ist äußerst strittig.1018 Für gegenseitige Verträge werden derartige Lösungsklauseln1019 – unter Hinweis auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Streichung des § 137 Abs. 2 RegE InsO1020 – von der bisher überwiegenden Meinung für zulässig gehalten.1021 Andere Stimmen im Schrifttum wiederum bestreiten die argumentative Aussagekraft der historischen Auslegung und sehen in Lösungsklauseln für den Fall einer Insolvenzeröffnung einen Verstoß gegen § 119 InsO, wenn die Vereinbarung nicht einer gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeit entspricht.1022 Für von § 108 InsO erfasste Dauerschuldverhältnisse, wie Miet- und Pachtverhältnisse, wird die Zulässigkeit von Lösungsklauseln für den Fall der Insolvenzeröffnung hingegen weitestgehend bestritten.1023 Der Bundesgerichtshof hat nun unlängst entschieden, dass Lösungsklauseln in Verträgen über fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen, wegen Unvereinbarkeit mit § 103 InsO unwirksam sind.1024 In seinem Judikat hat das Gericht aber auch herausgestellt, dass Lösungsklauseln, die nicht an insolvenzspezifische Umstände – etwa Verzug usw. – anknüpfen, das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nicht beeinträchtigen und daher mit § 119 InsO vereinbar sind.1025 Change-of-control-Klauseln knüpfen nicht an die Insolvenzeröffnung, sondern an die Änderung der Management- und Gesellschaftsstruktur allgemein an. Auf insolvenzliche Verschiebungen der Kontrollverhältnisse im Rahmen einer Reorganisation sind diese Abreden nicht konkretisiert. Daher steht § 119 InsO der Wirksamkeit von Change-of-control-Klauseln nicht entgegen.1026 1018 Für einen Überblick über den Streitstand etwa BGH v. 15.11.2012 – IX ZR 169/ 11, BGHZ 195, 348, 351 ff.; Huber, in: MünchKomm-InsO, § 119 Rn. 28 ff.; Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO, § 119 Rn. 11 ff. 1019 Unter einer Lösungsklausel versteht man eine Vereinbarung der Vertragspartner zur Auflösung des Vertrages. Unbeachtlich ist, ob die Lösung durch ein einseitiges Gestaltungsrecht, nämlich ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht, möglich ist oder schon das Rechtsgeschäft selbst auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB) abgeschlossen wird, Huber, in: MünchKomm-InsO, § 119 Rn. 18. 1020 Siehe hierzu eingehend Huber, in: MünchKomm-InsO, § 119 Rn. 5 ff.; Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO, § 119 Rn. 13 f. 1021 Siehe nur Huber, in: MünchKomm-InsO, § 119 Rn. 28 ff.; Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO, § 119 Rn. 13 f.; Ahrendt, in: HambKomm-InsO, § 119 Rn. 3 ff. jew. m.w. N. 1022 Siehe etwa Balthasar, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 119 Rn. 15; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 119 Rn. 15 ff.; Marotzke, in: Kreft, HK-InsO, § 119 Rn. 3 f. jew. m.w. N. 1023 Etwa Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO Rn. 12 ff. 1024 BGH v. 15.11.2012 – IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348, 353. Vgl. Huber, in: MünchKomm-InsO, § 119 Rn. 28 ff. (nur Anwendbarkeit auf Verträge über die fortlaufende Lieferung von Waren und Dienstleistungen). 1025 Vgl. BGH v. 15.11.2012 – IX ZR 169/11, BGHZ 195, 348, 350 f.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

275

bb) Unwirksamkeit nach § 254a Abs. 4 InsO Deshalb sieht § 225a Abs. 4 InsO ausdrücklich vor, dass ein insolvenzlicher Debt Equity Swap kein Recht zur Kündigung und Rücktritt gewährt oder zu einer anderweitigen Beendigung führt. Entgegenstehende Vertragsabreden werden für unwirksam erklärt (§ 225a Abs. 4 S. 3 InsO). Abs. 4 S. 4 der Vorschrfit stellt klar, dass die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nur dann einschlägig ist, wenn einzig die im Insolvenzplan vorgesehenen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen zur Lösung von einem Vertrag berechtigen. Rechte aufgrund von Pflichtverletzungen, die keine gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen betreffen, bleiben jedoch hiervon unberührt.1027 § 225a Abs. 4 InsO wurde – nach Kritik aus dem Schrifttum1028 – erst durch die Beschlüsse des Rechtsausschusses in den Gesetzesentwurf aufgenommen.1029 Sie soll sicherstellen, dass der Sanierungserfolg des Debt Equity Swaps nicht durch den Wegfall bedeutsamer Verträge beeinträchtigt wird.1030 Die Vorschrift hat Kritik hervorgerufen: Ein Eingriff in die Rechte unbeteiligter Dritter sei ein erhebliche und bedenkliche Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit, da die Unwirksamkeit auch mit Wirkung für die Zeit nach dem Insolvenzverfahren angeordnet werde.1031 Aus der Beschränkung der Privatautonomie folgt jedoch nicht die Unzulässigkeit des § 225a Abs. 4 InsO. Vielmehr kommt es entscheidend auf den mit Change-of-control-Klauseln verbundenen Zweck und die wirtschaftlichen Folgen für die andere Vertragspartei an. Ein Debt Equity Swap wird gewählt, wenn die 1026 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 57; Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, S. 8 unter Hinweis auf BGH v. 17.11.2005 – IX ZR 162/04, ZIP 2006, 88, 90, als Beispiel dafür, dass auch die Rechtsprechung ein Verstoß gegen § 119 InsO verneint, wenn die Klausel nicht an die Insolvenzeröffnung oder an die Ausübung des Wahlrechts anknüpft. 1027 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 297 („Eine Lösung aus anderen Gründen bleibt ebenso unberührt wie die Lösung auf der Grundlage gesetzlicher Lösungsrechte“). 1028 Vgl. nur Brinkmann, WM 2011, 97, 101 f.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508 f. 1029 Beschlussempfehlung Rechtsausschuss, BT-Drucks. 17/7511, S. 36 l. Sp. 1030 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508 f. („Erpressungs-Stopp“ für Finanzkreditgläubiger). 1031 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 57 (Aufoktroyierung von Vertragspartner: Zustimmung nach § 230 Abs. 3 InsO erforderlich); Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 10; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29. Ähnlich – wenngleich auch noch zum Entwurf des ESUG vor Aufnahme des § 225a Abs. 4 InsO – auch Bay/ Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927, 1928, die solche Kündigungsrechte als „ein der Privatautonomie des Zivilrechts immanentes Problem“ einordnen, das „unüberwindbar“ sein dürfte. Sie bezweifeln jedoch, dass Gläubiger bei aussichtsreichen Sanierungen von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen. Dagegen lässt sich aber einwenden, dass es wahrscheinlich ist, dass Gläubiger die Kündigungsmöglichkeit als Hebel für Nachverhandlungen zu ihren Gunsten „missbrauchen“. Kritik auch bei Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 107.

276

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

rechtsträgererhaltende Sanierung anderen Verwertungsarten überlegen ist, da sich der Fortführungswert insbesondere aus der Verknüpfung von Unternehmen und Rechtsträger ergibt. Der Erhalt der für das Gelingen der Sanierung notwendigen Vertragsverhältnisse ist daher von entscheidender Bedeutung.1032 Eine ausnahmslose Unwirksamkeit stößt aber dann auf Bedenken, wenn die Klausel berechtigte Interessen der anderen Vertragspartei schützt. Das ist für wichtige Mietverträge (z. B. im filialisierten Einzelhandel) eher abwegig.1033 Auch für Finanzierungsverträge oder Lizenzverträge dürfte es regelmäßig an einem schützenswertem Interesse fehlen, da sich der mit der Klausel bezweckte Schutz vor Veränderungen mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen in der Insolvenz entweder verwirklicht hat oder der bezweckte Schutz des lizenzierten Rechts bei Verstößen anderweitig erreichen lässt (z. B. über eine Kündigung wegen minderwertigen Lizenzprodukten). Soll aber eine Change-of-control-Klausel beispielsweise die Vertraulichkeit geschäftsinterner Informationen schützen, dann wäre ein Einrücken von Konkurrenten in die Stellung als Gesellschafter und ein damit verbundener Zugriff auf sensible Informationen der verwendenden Partei eine gravierende Beeinträchtigung für den anderen Vertragspartner.1034 Daher ist der Anwendungsbereich der Vorschrift teleologisch zu reduzieren, um die berechtigten Interessen der betroffenen Vertragspartner zu schützen.1035 Eine teleologische Reduktion wäre zudem geeignet, Interessenkonflikte schon bei der Plangestaltung zu berücksichtigen und hätte insoweit auch vorbeugende Wirkung.1036 d) Ergebnis Sanierungsgefährdende Change-of-Control-Klauseln sind nach § 225a InsO unwirksam. Da sie nicht an die Insolvenzeröffnung anknüpfen, folgt eine Unwiorksamkeit nicht bereits über § 199 InsO. Die Vorschrift ist aber teleologisch zu reduzieren, wenn die berechtigen Interessen des betroffenen Vertragspartners ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen. 7. Austrittsrecht der Altgesellschafter, § 225a Abs. 5 InsO Außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann ein Gesellschafter dann aus der Gesellschaft austreten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solches Austrittsrecht 1032

Vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128. Vgl. Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515, 2516. 1034 Willemsen/Rechel, BB 2012, 203, 205; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 10; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29. 1035 So jetzt auch die Vorschläge von Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29, Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 111. 1036 So befürchten Landfermann, WM 2012, 821, 830 sowie Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128, dass Change-of-control-Klauseln durch Lösungsklauseln allgemeiner Art unterlaufen werden könnten. 1033

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

277

aus wichtigem Grund gehört nach der Rechtsprechung zu den zwingenden, unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten1037 und folgt aus der negativen Vereinigungsfreiheit.1038 Auch in der Änderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft kann ein wichtiger Grund liegen.1039 Die Rechtsfolge eines solchen Austritts ist ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, dessen Höhe sich außerhalb der Insolvenz nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages richtet. Fehlt eine ausdrückliche Klausel, so ist der Verkehrswert entscheidend, § 738 Abs. 1 S. 2 BGB analog.1040 Maßgeblich ist bei Fehlen einer anderweitigen Regelung demnach nicht der Zerschlagungswert, sondern der Fortführungswert, einschließlich der stillen Reserven und des good will.1041 Stellt eine im Insolvenzplan vorgesehene Maßnahme für einen – nach Durchführung des Debt Equity Swap verbleibenden1042 – Anteilseigner einen wichtigen Grund zum Austritt dar, so hat der Ausscheidende besagten Anspruch gegen die Gesellschaft. Dieser Abfindungsanspruch stellt grundsätzlich eine finanzielle Belastung dar und ist aus diesem Grund geeignet, die Sanierung zu gefährden. Um den entgegenzuwirken begrenzt § 225a Abs. 5 InsO die damit verbundenen Folgen mit der Beschränkung eines Abfindungsanspruches auf den anteiligen Wert bei Abwicklung.1043 In diesem Zusammenhang ist fraglich, welcher Maßstab für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, anzulegen ist. Uneinigkeit besteht, ob auf die außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Maßstäbe abzustellen ist1044, oder

1037 Siehe nur BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 369 m.w. N. Zur (umstrittenen) Frage eines Austrittsrecht aus wichtigem Grund bei der Aktiengesellschaft nur Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 45 ff. 1038 Haas, NZG 2012, 961, 965 f.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 287. 1039 Haas, NZG 2012, 961, 965 f.; ders., in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 30. 1040 BGH v. 1.4.1953 – II ZR 235/52, BGHZ 9, 157, 168; v. 17.2.1955 – II ZR 316/ 53, BGHZ 16, 317, 322; v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 376; eingehend zum Abfindungsanspruch Schäfer, in: MünchKomm-BGB, § 738 Rn. 23 ff. 1041 Etwa BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 370 („Wert des lebenden Unternehmens“). Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 30. 1042 § 225a Abs. 5 InsO findet auf einen Verlust von Anteilsrechten als Folge eines Kapitalschnitts auf Null oder Übertragung nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO keine Anwendung, ebenso Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 9. Anders SchluckAmend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050 f.; wohl auch Smid, DZWIR 2010, 397, 403. 1043 Wie § 225a Abs. 4 InsO ist auch Abs. 5 erst durch die Beschlüsse des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) in den Gesetzesentwurf aufgenommen. 1044 Vgl. nur K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086 (Fn. 9); Schäfer, ZIP 2013, 2237, 2242; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 40 u. 54. Wohl auch Hölzle, NZI 2011, 124, 128; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 58 f.; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 24; Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 82; Eidenmüller, in: Münch-

278

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

ob das Insolvenzrecht die für dieses gesellschaftsrechtliche Austrittsrecht außerhalb der Insolvenz geltenden gesellschaftsrechtlichen Grundsätze überlagert.1045 Richtigerweise ist – auch hier – von dem Primat des Insolvenzrechts auszugehen.1046 Angesichts der Entwertung des Anteilsrechts im Hinblick auf seine Vermögens- und Mitgliedschaftskomponente unterfällt es nur einem eingeschränkten – durch die insolvenzverfahrensrechtlichen Regelungen vermittelten – Schutz.1047 Für einen uneingeschränkten gesellschaftsrechtlichen Schutz, wie er außerinsolvenzlich gegeben ist, besteht kein Raum. Dahr begründet eine Maßnahme nach § 225a Abs. 2, Abs. 3 InsO noch nicht aus sich heraus ein Austrittsrecht, da beispielsweise im Hinblick auf die negative Vereinigungsfreiheit ein insolvenzbedingt eingeschränktes Schutzniveau besteht.1048 So ist nicht ersichtlich, dass allein eine Veränderung der Beteiligungsstruktur durch Einrücken von Gläubigern im Wege des Debt Equity Swap ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund begründet.1049 Nicht ausgeschlossen werden kann indes, dass andere im Plan vorgesehene gesellschaftsrechtliche Maßnahmen einen wichtigen Grund für einen Austritt begründen können.1050 Im Ergebnis werden mithin die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze zum Austrittsrecht der Gesellschafter verdrängt.1051

Komm-InsO, § 225a Rn. 116; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050 f. 1045 Haas, NZG 2012, 961, 965 f. Wohl auch noch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466. Zum Verhältnis von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht unter E.VI. 1046 Haas, NZG 2012, 961, 965 f.; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 9. 1047 Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a. Rn. 9 u. 31. Eingehend hierzu unter E.VI.2. 1048 So jetzt auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29 (enge Auslegung). A. A. Hölze, KTS 2011, 291, 322. Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 58 f. So ist beispielsweise sehr fragwürdig, ob ein Austrittsrecht, dass dem Überfremdungsschutz in Familiengesellschaften dient, in der besonderen Insolvenzsituation Bestand hat. Auch die Austrittsrechte bei bestimmten Umwandlungsmaßnahmen (§§ 29, 207 UmwG) werden grds. durch das Insolvenzrecht überlagert (a. A. Verse, ZGR 2010, 299, 323). Zu der negativen Vereinigungsfreiheit unter E.V.2.b). 1049 So jetzt auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 30. Wohl auch noch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466. A. A. wohl Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 59; Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking, S. 1039, 1050 f.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 289, der bereits bei jeder Veränderung der Beteiligungsstruktur ein Austrittsrecht annimmt; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 11. 1050 Beispielsweise wenn der Plan eine Satzung vorsieht, die Nachschusspflichten oder ähnliches begründet. Wohl auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29; Braun/ Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 28; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466. Vgl. auch Verse, ZGR 2010, 299, 322 f. 1051 Ebenso Haas, NZG 2012, 961, 965 f.; a. A. K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086 (Fn. 9); Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 40 u. 54 (Austrittsrecht richtet sich nach den außerhalb des Insolvenzverfahren geltenden Maßstäben); Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 116; wohl auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 289 (Nur Rechtsfolge des Austrittsrechts insolvenzrechtlich modifiziert).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

279

Ausdrücklich geregelt ist, dass sich die Insolvenzsituation auf die Höhe des Abfindungsanspruches auswirkt: Sie bestimmt sich demnach nicht nach dem Verkehrswert, sondern nach dem Wert, der sich bei Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte. Richtigerweise sollte hier auf den Liquidationswert abgestellt werden, um eine Harmonisierung mit §§ 251, 253 InsO zu erreichen.1052 Damit ist auf die bestmögliche Variante der Liquidation (im Regelfall die übertragende Sanierung) abzustellen.1053 Die damit verbundenen Risiken, Unwägbarkeiten und Kosten sind aber einzupreisen. Damit stellt der Gesetzgeber auch in diesem Zusammenhang nicht auf den – regelmäßig höheren – Fortführungswert ab.1054 Da die Fälle, in denen bei Abwicklung des Schuldners, dem jeweiligen Gesellschaftsanteil noch einen Wert zukommt, nur theoretischer Natur sind, führt dies faktisch zu einem Ausschluss des Abfindungsanspruchs.1055 Rein vorsorglich ist insofern, dass der Abfindungsanspruch nach § 225a Abs. 5 S. 2, 3 InsO über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren verzinslich gestundet werden kann, um eventuelle – die Sanierung bedrohende – Härten abzufedern1056: Ein solcher Anspruch wird kaum jemals praxisrelevant werden.

1052 Die überwiegende Meinung zieht den Wert des Regelverfahrens als Maßstab für den Abfindungsanspruch heran, vgl. nur Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 558 f. (Liquidationswert); Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 60; Jaffé, in: Wimmer, FK-InsO, § 225a Rn. 32; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 31 (Liquidationswert); Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 (Liquidationswert); Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 118 (Liquidationswert); Flöther/Wehner, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 225a Rn. 19 (Liquidationswert). Zweifel bei Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 f. Auf die bestmögliche Verwertung, z. B. bei einer unterstellten Veräußerung in Gänze im Wege einer übertragenden Sanierung, stellen ab: Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 53; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 98; Willemsen/Rechel, ESUG, § 225a Rn. 83; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, § 225a Rn. 9; differenzierend H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432. Angesichts der Insolvenzrealitäten dürften die Anteilseigner freilich bei beiden Ansätzen leer ausgehen. Vgl. aber Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 29 (Bemühen um eine Rechtsträgererhaltung signalisiert Restvermögenswert). 1053 Statt vieler Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 98. 1054 Dies ist nur konsequent: Es ist kein Grund ersichtlich, warum Altgesellschafter bei Austritt an dem sanierungsbeitragsbedingten Fortführungswert partizipieren sollten. 1055 Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 60; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 8 weist, richtigerweise unter Hinweis auf BGH v. 4.3.1998 – II ZB 5/97, BGHZ 138, 136, 139 ff.; v. 19.7.2010 – II ZB 18/09, BGHZ 186, 229, 237 – Stollwerck, darauf hin, dass außerinsolvenzlich Anteilseignern, die an einer Beseitigung des Insolvenzgrundes nicht mitwirken, Werterhöhungen durch Maßnahmen Dritter bei der Abfindung nicht zugute kommen. Deshalb erfordere die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG auch keine Korrektur des auf den Liquidationswert gerichteten § 225a Abs. 5 InsO. Ebenso Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 30. Bereits K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT, S. 83 (Zerschlagungswert Null). 1056 Zu den Einzelheiten, insbesondere dem zu veranschlagenden Zinssatz: Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 55 ff. (Zins nach InsO-Grundsätzen); a. A. Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 121 (§ 351 Abs. 2 HGB). Nicht in Betracht kommt – angesichts der Insolvenzsituation – ein Rückgriff auf gesellschaftsrechtliche

280

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Im Zusammenhang mit dem Abfindungsanspruch können sich darüber hinaus aus der Satzung des Schuldners von § 225a Abs. 5 InsO abweichende Abfindungsregelungen ergeben, die statt dem zu veranschlagenden Wert den Buchwert zum letzten Bilanzstichtag oder frühere Ertragswerte zugrundelegen.1057 Für solche Abweichungen von § 225a Abs. 5 InsO ist indes kein Raum; hier überlagert das Insolvenzrecht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Gesellschaftsrecht.1058 Gleiches gilt für die gesellschaftsvertraglichen Regelungen, die vorteilhaftere Stundungs- oder Zinsregelungen vorsehen.1059 8. Registergerichtliche Formerfordernisse Die für die Durchführung des Debt Equity Swap erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Eintragung in das jeweilige einschlägige Register, für den hier untersuchten Fall der GmbH und der Aktiengesellschaft dem Handelsregister. Der Fortsetzungsbeschluss (§ 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 GmbHG) und die Kapitalherabsetzung sowie Kapitalerhöhung (§§ 189, 211, 181 AktG; §§ 56, 54 GmbHG) im Rahmen des Kapitalschnitts sind als satzungsändernde Maßnahmen in das Handelsregister anzumelden. Erst mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister wird diese wirksam und der Übernehmer erwirbt die neu geschaffenen Anteilsrechte.1060 Solche konstituierende Publizitätsakte werden aber nicht durch den rechtskräftigen Insolvenzplan ersetzt. Eine Handelsregistereintragung bleibt WirksamkeitsVorschriften wie beispielsweise § 327b Abs. 2 AktG, so aber Kebekus/Wehler, in: GrafSchlicker, InsO, § 225a Rn. 13. 1057 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 54. Auch der Börsenkurs spielt keine Rolle, etwa Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 294 f. 1058 So auch Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 30 f. Wohl a. A. Silcher, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 225a Rn. 12 („Ein Abfindungsanspruch dürfte sich nur ergeben, wenn dieser vorher auch in seiner Höhe vertraglich vereinbart worden ist.“). 1059 Inkonsequent ist es, einerseits die insolvenzrechtliche Regel des § 225a Abs. 5 InsO für die Höhe des Abfindungsanspruchs heranzuziehen, andererseits aber für die Voraussetzungen des Austrittsrechts die außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Maßstäbe zugrunde zu legen und bezüglich der Stundungsregelungen den gesellschaftsvertraglichen Regelungen den Vorzug zu geben, wenn diese gegenüber der 3-JahreRegelung in § 225a Abs. 5 eine Schlechterstellung vorsehen. So aber Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 40 u. 55. Das Insolvenzrecht überlagert indes nicht nur das Gesellschaftsrecht, sondern auch das Gesellschaftsvertragsrecht. Bereits an § 238a InsO zeigt sich dies: Dort wird nicht auf gesellschaftsvertragliche Stimmrechtsverhältnisse abstellt, sondern allein auf Beteiligung der Anteilseigener am gezeichneten Kapital des Schuldners. Stimmrechtsbeschränkungen, Sonder- oder Mehrstimmrechte bleiben außer Betracht. So jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 122 („Ebenso unbeachtlich sind entgegenstehende Abfindungsregeln außerhalb des Plans, etwa im Gesellschaftsvertrag“). 1060 Statt vieler Gehrlein, NZG 2010, 1131, 1133.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

281

voraussetzung.1061 Die erforderlichen Beschlüssen können – wie schon bisher – in den Insolvenzplan aufgenommen werden und gelten in der vorgeschriebenen Form abgegeben, wenn dies im gestaltenden Teil des Insolvenzplans geregelt ist.1062 Die Anmeldung beim Handelsregister obliegt den zuständigen Organen des Schuldners. Um Verzögerungen zu vermeiden ist nach § 254a Abs. 3 InsO ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die erforderlichen Anmeldungen beim jeweiligen Registergericht vorzunehmen. Wird die Anmeldung von dem Vorstand sowie dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates oder der Geschäftsführung des Schuldners nicht vorgenommen, ist es die Pflicht des Insolvenzverwalters, die Anmeldung unverzüglich vorzunehmen. Diese Pflicht ergibt sich aus der Verpflichtung des Verwalters zur ordnungsgemäßen Verfahrensführung und zur Umsetzung der sich aus dem Plan ergebenden Anforderungen.1063 Verletzt er diese Pflicht kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, § 60 Abs. 2 InsO. Erfordern die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen hingegen eine Bekanntmachung, so werden diese durch das Insolvenzplanverfahren ersetzt.1064 Auch in diesem Punkt zeigt sich die Überlagerung der gesellschaftsrechtlichen Regelungen durch das Insolvenzrecht. Gleiches gilt auch für die Formerfordernisse, denen die gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen unterliegen. So bedarf die Kapitalerhöhung als satzungsändernder Beschluss der notariellen Beurkundung. Dies ergibt sich für die Aktiengesellschaft aus §§ 184 AktG und für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus § 53 Abs. 2 GmbHG. Mit der Aufnahme in den Insolvenzplan gelten sie als in der vorgeschriebenen Form abgegeben. Die gerichtliche Bestätigung des Plans macht die notarielle Beurkundung entbehrlich.1065 Angesichts der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans wäre die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung eine unnötige Förmelei; die Wah-

1061 Nach der Gesetzesbegründung hat dabei das Registergericht nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz: Da bereits das Insolvenzgericht das Zustandekommen des Plans überprüft hat, besteht für eine erneute Prüfung kein Bedarf; dem Registergericht soll vor allem eine beurkundende Funktion zukommen; RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 37 l. Sp., so etwa auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 44 f.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 560 f.; a. A. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113 ff. Wohl auch H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 448 f. 1062 Ob Gesellschafterbeschlüsse in den Insolvenzplan aufgenommen werden durften, war vor dem ESUG umstritten, siehe etwa H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 404. 1063 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 37 l. Sp. 1064 Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele aus dem Aktienrecht: eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlage oder eine dem Bezugsrechtsausschluss vorangehende Bekanntmachung, vgl. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 36 r. Sp. 1065 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 56 l. Sp. Das gilt auch für die beglaubigter Erklärung des Übernehmers eines GmbH-Anteils (§ 55 Abs. 1 GmbHG) und den Zeichnungsschein zur Zeichnung neuer Aktien nach § 185 Abs. 1 AktG; hierzu nur Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 254a Rn. 1.

282

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

rung des Formerfordernisses durch die Aufnahme der gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in den Insolvenzplan insoweit nur konsequent. 9. Reichweite der Sanierungsprivilegien des § 39 InsO a) Problemaufriss aa) Neuordnung des Rechts der Gesellschafterfremdfinanzierung Zu untersuchen ist, ob § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO der Sanierungstauglichkeit eines Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren entgegensteht. § 39 Abs. 1 InsO zählt enumerativ die im Insolvenzverfahren nachrangigen Forderungen auf. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig. Angesichts von im Regelfall einstelligen Insolvenzquoten folgt aus der Nachrangigkeit einer Forderung – als Folge der Abkehr von dem Eigenkapitalersatzrecht – ganz regelmäßig ein Totalverlust der von der Subordination betroffenen Gläubiger. Die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren wurde zum 1.11.2008 durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)1066 neu gestaltet.1067 Ziel des MoMiG war es unter anderem das als übermäßig kompliziert geltende Eigenkapitalersatzrecht zu deregulieren und zu vereinfachen.1068 Basierend auf der Grundüberlegung, dass ein Gesellschafter zur Überwindung einer Krise der Gesellschaft dieser Eigenkapital zur Verfügung zu stellen hat, statt ein Darlehen auszureichen und damit das hiermit verbundene Finanzierungsrisiko ganz oder teilweise auf die restlichen Gläubiger abwälzt, hatten Rechtsprechung und Lehre Voraussetzungen entwickelt, nach denen die grundsätzliche Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter eingeschränkt war und Gesellschafterfremdfinanzierungen eigenkapitalersetzenden Charakter hatten.1069 Die Neuregelung kennt keinen Eigenkapital1066 MoMiG vom 23.10.2008, BGBl. I, S. 2026; zur Rechtslage im Insolvenzrecht nach dem MoMiG Gehrlein, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 26 Rn. 1 ff. 1067 Siehe den Überblick bei Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 72 ff. m.w. N. 1068 RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 42, 56. Die Impulse hierfür gingen von Huber/Habersack, BB 2006, 1 ff. aus. 1069 Die Rechtsprechung begründete die Eigenkapitalersatzregeln mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens („keine Rückgewähr des zur Überwindung der Krise ausgereichten Darlehen vor ihrem Ende“, vgl. BGH v. 14.12.1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 272 f. – Lufttaxi; v. 27.09.1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 175; v. 26.11.1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 336 f.; v. 26.03.1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 388) sowie der Finanzierungsverantwortung bzw. Finanzierungsfolgeverantwortung der Gesellschafter (BGH v. 19.09.1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 175 f.; v. 7.11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344). Demnach läuft es den objektiven Grund-

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

283

ersatzcharakter von Gesellschafterdarlehen mehr; im Insolvenzfall sind Gesellschafterdarlehen – vorbehaltlich der Ausnahmen nach § 39 Abs. 4 S. 2 und § 39 Abs. 5 InsO – stets nachrangig.1070 Die dem früheren Eigenkapitalersatzrecht zugrundeliegenden Überzeugungen mündeten in einer Sonderbehandlung der Gesellschafter-Fremdfinanzierung im Insolvenz- und Anfechtungsrecht (§ 135 Abs. 1 InsO, § 6 AnfG).1071 bb) § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als Sanierungshindernis Aus Gläubigern werden durch die Beteiligung an einem Debt Equity Swap Gesellschafter. Nicht zwangsläufig geht dies mit dem vollständigen Verlust der Gläubigerstellung einher. So ist unter Umständen vorgesehen, dass nur ein Teil der Darlehensforderungen getauscht wird.1072 Ein solches „Stehenlassen“ kann bei einem vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap sogar von den Gläubigern als Bestandteil einer Investitionsstrategie beabsichtigt sein.1073 Nach Durchführung des Tauschs sätzen ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung entgegen, wenn Gesellschafter Fremdfinanzierungen wählen, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung Eigenkapitalfunktion haben. Vgl. zur Dogmatik des Eigenkapitalersatzrechts eingehend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 530 ff. m.w. N. Zum dogmatischen Ansatz des bisherigen Eigenkapitalersatzrechts: Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 25. 1070 Bäuerle, in: Braun, InsO, § 39 Rn. 15; Gehrlein, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 26 Rn. 36 ff.; siehe auch den Überblick bei K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 26 ff. Für eine Abschaffung der Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150. Kritik auch bei Marotzke, ZInsO 2013, 641, 655 ff. (Aufgabe des Eigenkapitalersatzrechts lässt sachliche Rechtfertigung für Nachrangigkeit entfallen). 1071 K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 27; Hirte, Uhlenbruck, InsO, § 135 Rn. 2 ff.; ders./Knof, WM 2009, 1961, 1961 („Sonderopfer der Subordination“). Die Abschaffung der Subordination fordert etwa Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 59 f. 1072 Zweifelnd indes Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 77. 1073 Die Investitionsstrategie mancher Distressed-Debt-Investoren bzw. Non-Performing-Loan-Investoren sieht vor, Forderungen bonitätsschwacher Gläubiger auf dem Sekundärmarkt zu erwerben und über eine „Eigenkapital“-Strategie (loan-to-own) mittels Debt Equity Swap das Zielunternehmen zu erwerben, sanieren und schlussendlich zu veräußern. Das teilweise Stehenlassen eines Teils der Darlehensforderungen dient dabei der Gewinnmaximierung: Die stehengelassenen Darlehensforderungen werden – obwohl mit Abschlag erworben – nach erfolgreicher Sanierung zum Nennwert zurückgeführt, die im Wert gestiegenen Unternehmensanteile veräußert. Die Kombination führt zu hohen Renditechancen bei vergleichsweise geringem Verlustrisiko, vgl. zum vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap: Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 636; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 280; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 1 ff.; Ekkenga, ZGR 2009, 581, 586; Kunz/Ehnert, FB 2007, 395, 399; Kestler/Striegel/Jesch, NZI 2005, 417, 419; Daimer, Distressed Debt Investments, S. 23; Redeker, BB 2007, 673, 673; Labbé/Rudolph, FB 2008, 97, 99; Siemon, ZInsO 2014, 172, 176 ff.

284

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

sind die Beteiligten dann sowohl Gläubiger1074 der Gesellschaft als auch deren Anteilseigner.1075 In Betracht kommt zudem, dass die Neugesellschafter der Gesellschaft nach ihrem Anteilserwerb Darlehen gewähren. Als fremdfinanzierende Gesellschafter träfe die Einrückenden freilich die Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO mit voller Wucht: Sie trügen bei Scheitern der Sanierung zusätzlich zum Totalverlustrisiko ihres Einsatzes als Anteilseigner (§ 199 S. 2 InsO) das Risiko der völligen Entwertung ihrer Forderungen gegen die Gesellschaft.1076 Angesichts dieser Aussichten wären Gläubiger verständlicherweise nur selten zu einer Teilnahme an einem aussichtsreichen Schuldentausch bereit. Das beschriebene Risiko kann sich auch beim insolvenzlichen Debt Equity Swap im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens verwirklichen. Der Insolvenzplan kann einen teilweisen Umtausch von Darlehens- oder Schuldverschreibungsforderungen1077 in Anteilsrechte vorsehen.1078 Aber auch wenn der Insolvenzplan keine verbleibenden Forderungen vorsieht, ist es möglich, dass die Gesellschafter alsbald wieder eine Gläubigerstellung bekleiden, wenn nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens neue Forderungen begründet werden. So können beispielsweise einrückende Kreditinstitute neue Sanierungsdarlehen gewähren oder die „Hausbank“ der sanierten Gesellschaft bleiben. Auch kommt in Betracht, dass an dem Debt Equity Swap beteiligte Lieferanten Forderungen stunden.1079 Scheitert die Sanierung, wären diese als Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens bzw. diesen wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen nachrangig und bereits getätigte Tilgungsleistungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.1080 1074 § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfasst auch wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen. Das soll Rechtsgeschäfte mit Kreditfunktion erfassen, vgl. Habersack, ZIP 2007, 2145, 2150. In Betracht kommt daher, dass auch an dem Debt Equity Swap beteiligte Lieferanten durch die Gewährung von Stundungen, Fälligkeitsvereinbarungen oder Nichtgeltendmachung von Forderungen dem Nachrang unterfallen, vgl. Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 35. 1075 Ebenso kommt in Betracht, dass ein eingerückter Gesellschafter im Zuge der Sanierung oder im Nachgang der Gesellschaft Darlehen gewährt (z. B. ein Kreditinstitut); H.-F. Müller, in: Der Verband in der Insolvenz, S. 407 f.; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 InsO Rn. 64. 1076 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 693; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 InsO Rn. 1 („Praktische Folge [der Nachrangigkeit] ist, dass die nachrangigen Gläubiger nur in Ausnahmefällen mit einer Befriedigung rechnen können, wenn nämlich alle „normalen“ Insolvenzgläubiger iSv § 38 InsO zu 100% befriedigt werden können und danach noch ein Überschuss verbleibt oder wenn ein Insolvenzplan vorgelegt wird, der auch Zahlungen an nachrangige Gläubiger vorsieht.“). 1077 Vgl. aber Friedl, BB 2012, 1102, 1105 (Regelmäßig kein Nachrangigkeitsrisiko, da vollständiger Umtausch von Anleihen im Rahmen des Debt Equity Swap). 1078 Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 13. 1079 Statt vieler Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 38. 1080 Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 694 f. u. 699; ders., in: FS K. Schmidt, S. 1743, 1757 weist darauf hin, dass ein enges Zeitfenster für die Veräußerung sich

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

285

Diese Risiken beeinträchtigen die Attraktivität des (vor-)insolvenzlichen Debt Equity Swaps als Sanierungsinstrument. Um das Verlustrisiko abzuwenden, wären sie gezwungen, die Forderungen (oder ihre Beteiligung) nach Bestätigung des Insolvenzplans zeitnah und ggfls. zu einem geringeren Preis abzustoßen.1081 Ein hektisches Abstoßen von Forderungen oder Anteilen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens hat aber eine fatale Außenwirkung: Für Dritte könnte eine Veräußerung bzw. Rückführung als Manifestation fehlenden Vertrauens in die Fortführungsfähigkeit der Gesellschaft verstanden werden.1082 b) Kleinbeteiligungsprivileg, § 39 Abs. 5 InsO Ausnahmen von der grundsätzlichen Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen normiert das sogenannte Kleinbeteiligungsprivileg nach § 39 Abs. 5 InsO. Demnach sind Gläubiger, die mit zehn Prozent oder weniger am Haftkapital der insolventen Gesellschaft beteiligt sind und nicht zu den geschäftsführenden Gesellschaftern gehören von der Nachrangigkeit befreit.1083 Der Verweis auf Abs. 4 S. 1 stellt klar, dass Abs. 5 nur auf die dort genannten Gesellschaften Anwendung findet. Für die Geschäftsführung kommt es nicht auf die rechtsgeschäftliche Bestellung an, auch der faktische Geschäftsführer ist nicht privilegiert.1084

nicht selten negativ auf den erzielbaren Preis auswirken wird. Es ist aber fraglich, ob ein Gläubigerwechsel durch Abtretung als Folge der Veräußerung an einen Dritten überhaupt geeignet ist, den Nachrang zu beseitigen. Nach überwiegender und zutreffender Auffassung bleibt der Nachrang der zedierten Forderung nach § 404 BGB erhalten, wenn der Gesellschafter eine Forderung an einen außenstehenden Dritten abtritt, vgl. Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 InsO Rn. 46; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 55; K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 40 jew. m.w. N.; zur Aufgabe der Gesellschaftsstellung eines Darlehensgebers BGH v. 15.11.2011 – II ZR 6/ 11, ZIP 2012, 86 ff. 1081 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511; Huber, ZInsO 2013, 1, 11; Wittig, in: FS Uhlenbruck, S. 685, 694 f. u. 699 (zur Vorgängerregel). Die Aufgabe der Gesellschafterstellung verändert grds. nichts an der Nachrangigkeit der Darlehensforderung. Der Wertung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO entsprechend wird jedoch eine teleologische Reduktion des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO befürwortet: Die Nachrangigkeit erlischt ein Jahr nach Aufgabe der Doppelrolle Gesellschafter und Gläubiger, vgl. Ahrens, in: Ahrens/ Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 32. 1082 So Huber, ZInsO 2013, 1, 11, der deshalb insbesondere Kreditinstituten eine genaue Überprüfung der Vor- und Nachteile eines Debt Equity Swap rät, bevor sie sich zur Teilnahme entscheiden. 1083 Zur Kritik („widersprüchlich“, willkürlich, missbrauchsanfällig) Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 72 m.w. N.; vgl. auch Undritz, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 29 Rn. 81 f. 1084 Genauso wie der rechtsgeschäftlich bestellte Geschäftsführer kann er sich nicht auf die „relative Unverantwortlichkeit“ berufen, welche die Privilegierung rechtfertigt, vgl. Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 21.

286

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Bei der Berechnung der zehn Prozent wird – ebenso wie in § 238a InsO – einzig die Höhe der Kapitalbeteiligung, also der Nominalwert der Stammeinlagen, berücksichtigt.1085 § 39 Abs. 5 InsO schützt „Kleinbeteiligte“ vor der Nachrangigkeit im Falle des Scheiterns der Sanierung. Zu beachten ist, dass der entscheidende Schwellenwert auch erreicht werden kann, wenn Einzelne zwar weniger als zehn Prozent der Beteiligung halten, diese Kleinbeteiligungen aber umständehalber zusammen zu rechnen sind. So wird vertreten, bei gemeinsamer Gewährung von Darlehen oder Belassung von Kreditmitteln durch Kleinbeteiligte deren Beteiligungen zusammenzurechnen.1086 Auch eine tatsächliche praktizierte Koordination von in Interessen- oder Risikoverbindung stehenden Kleinbeteiligten soll – wegen der damit verbundenen unternehmerischen Beteiligung – eine Zurechnung begründen.1087 Dem Bundesgerichtshof zufolge reicht für eine Zurechnung eine koordinierte Finanzierungshilfe, wie etwa eine Kreditvergabe, aus.1088 Das kann auch für die an einem Debt Equity Swap beteiligten Gläubiger nachteilige Folgen haben. Tauschen beispielsweise Schuldverschreibungsgläubiger im Rahmen eines Schuldentauschs einen Teil ihrer Schuldverschreibungen in eine (Klein-)Beteiligung, so kann die Summe der Beteiligungen dieser Gläubigergruppe den Schwellenwert überschreiten.1089 Das setzt voraus, dass schon die Verbindung als Schuldverschreibungsgläubiger der gleichen Emission für die Annahme einer gemeinsamen Darlehensgewährung anzusehen ist. Auch die Verbindung über einen Konsortialkredit könnte eine gemeinsame, koordinierte Darlehensgewährung darstellen und ist daher im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Kleinbeteiligungsprivilegs zu berücksichtigen. Aus diesem Grund bietet das Kleinbeteiligtenprivileg keine ausreichende Rechtssicherheit.

1085 Gehrlein, BB 2008, 846, 859; Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 42. Umstritten ist, ob die Voraussetzungen des Kleinbeteiligungsprivilegs nur im Zeitpunkt der Kreditgabe oder während der gesamten Dauer des Darlehensverhältnisses gegeben sein müssen, hierzu Gehrlein, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 26 Rn. 50. 1086 K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 43 (Zusammenrechnung bei abgestimmten Verhalten bei der Finanzierung); K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.69; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 74 (entsprechende Anwendung von aktienrechtlichen Zurechnungsregeln, §§ 20, 134 Abs. 1 S. 2 AktG, §§ 21 ff. WpHG). 1087 Etwa Kleindiek, in: Kreft, HK-InsO, § 39 Rn. 64 (schon gleichgerichtete Interessen ausreichend, einer Interessenverbindung oder Risikogemeinschaft bedarf es nicht); Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 45; der aber eine Zurechnung bei koordinierter Kreditvergabe nach der Reform durch das MoMiG ablehnt. 1088 So – wenngleich noch zur früheren Rechtslage – BGH v. 9.5.2005 – II ZR 66/ 03, ZIP 2005, 1316, 1318; v. 19.3.2007 – II ZR 106/06, ZIP 2007, 1407; v. 26.4.2010 – II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443. 1089 Offen gelassen vom BGH v. 26.4.2010 – II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

287

c) Sanierungsprivileg, § 39 Abs. 4 S. 2 InsO aa) Anwendbarkeit des Sanierungsprivilegs Um kein Sanierungshindernis zu schaffen, hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1.11.2008 mit dem MoMiG § 39 Abs. 4 S. 2 InsO eingefügt.1090 Bei diesem sogenannten „Sanierungsprivileg“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Forderungen aus Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Rechtshandlungen in der Insolvenz als nachrangige Insolvenzforderungen zu behandeln sind.1091 Es ist zu untersuchen, ob und in welchem Umfang den beteiligten Gläubigern bei einem Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren das Sanierungsprivileg zugutekommt.1092 bb) Persönlich-Sachlicher Anwendungsbereich (1) Erfasste Gesellschaften und Gesellschafter Die Privilegierung nach § 39 Abs. 4 S. 2 InsO setzt voraus, dass Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zweck ihrer Sanierung erwerben. Für den untersuchten Fall des insolvenzlichen Debt Equity Swap bei Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der persönliche Anwendungsbereich eröffnet. Nach § 39 Abs. 4 S. 1 InsO ist das Sanierungsprivileg anwendbar auf Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, mithin für Kapitalgesellschaften. 1093 Der Anwendungsbereich umfasst Gesellschafter dieser Gesellschaften.1094 Auf die for-

1090 § 39 Abs. 4 S. 2 InsO entspricht weitgehend dem bisherigen Sanierungsprivileg der Novellenregeln der §§ 32a, 32b GmbHG a. F., zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG etwa H.-F. Müller, in: Der Verband in der Insolvenz, S. 407 ff.; K. Schmidt, in: K. Schmidt, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.52 ff. 1091 Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 13a. 1092 Gehrlein, NZI 2012, 257, 260, bezeichnet die Erfahrungen mit dem Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 InsO „nicht sehr ermutigend“. 1093 Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 13b; Hess, in: Hess, InsO, § 39 Rn. 111. 1094 Darlehen ausgeschiedener Gesellschafter bleiben bis zum Ablauf der Jahresfristen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AnfG verstrickt, BGH v. 15.11.2011 – II ZR 6/11, ZIP 2012, 86 ff. Innerhalb dieser Frist bleibt die Einstufung als nachrangige Gesellschafterdarlehen auch bei Abtretung der Forderung an einen Nichtgesellschafter bestehen, siehe BGH v. 21.2.2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 46; vgl. zur Problematik bei Inhaberschuldverschreibungen Thole, NZI 2013, 321; ders., ZIP 2014, 293, 300. Altgesellschafter, die ihre Beteiligung (geringfügig) aufstocken, können sich nicht auf die Privilegierung berufen, es sei denn, sie verlassen hierdurch den Anwendungsbereich des Abs. 5 (Kleinbeteiligtenprivileg), nur Ehricke, in: MünchKomm-InsO, § 39 Rn. 55.

288

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

male Stellung als Gesellschafter kommt es nicht an: Bei wirtschaftlicher Entsprechung sind auch Darlehen eines Dritten betroffen.1095 (2) Art und Weise des Anteilserwerbs Der Wortlaut des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO umfasst jede Form des Beteiligungserwerbs durch einen Neugesellschafter. Altgesellschafter sind nur dann geschützt, wenn sie vor Anteilserwerb dem Kleinbeteiligungsprivileg nach Abs. 5 unterfielen.1096 Nicht entscheidend ist, ob die Gläubiger die Gesellschafterstellung durch die Übernahme bestehender Anteile (derivativer Erwerb) oder durch Beteiligung an einer Kapitalerhöhung erlangt haben.1097 Auf die Höhe der übernommenen Beteiligung kommt es nicht an.1098 Nicht entscheidend ist zudem, ob der Gesellschaft neues Eigenkapital zufließt.1099 Die eingangs beschriebenen1100 Strukturen zur Durchführung eines Debt Equity Swaps stellen daher allesamt einen Erwerb im Sinne der Vorschrift dar.1101 (3) Zeitpunkt des Anteilserwerbs Die Gesellschafterstellung muss bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes, also der materiellen Insolvenz, erlangt werden.1102 Im Gegensatz zur bisherigen Regelungen in §§ 32a, 32b GmbHG a. F. stellt § 39 Abs. 4 S. 2 InsO nicht mehr auf das Merkmal der „Krise“ ab.1103 Wenngleich die Vorschrift auf einen von einem 1095

Vgl. Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 40 ff. mit Kasuistik. So die herrschende Meinung, etwa K. Schmidt/Herchen, in: K. Schmidt, InsO, § 39 Rn. 45; Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1966; Ehricke, in: MünchKomm-InsO, § 39, Rn. 55; Lüdtke, in: HambKomm-InsO, § 39 Rn. 49 m.w. N. Angesichts der Abkehr vom Eigenkapitaleratzrecht sprechen indes beachtliche Gründe für eine Privilegierung von darlehensgebenden Altgesellschaftern, die ihre maßgebliche Beteiligung aufstocken: Wenn Gesellschafterforderungen im Rahmen eines Debt Equity Swap einbringbar sind, so rechtfertigt diese sanierende Wirkung eine Gleichbehandlung, vgl. Preuß, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 60; a. A. Kleindiek, in: Kreft, HK-InsO, § 39 Rn. 58. 1097 Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 13c; Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1963. 1098 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1966. 1099 Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 13c; a. A. im Ergebnis Kleindiek, in: Kreft, HK-InsO, § 39 Rn. 57, für den die Übernahme bestehender Anteile der Schlüssigkeit des Erwerbs zu Sanierungszwecken entgegenstehen kann. Dabei wird jedoch übersehen, dass auch eine Kapitalherabsetzung und eine Übertragung der verbleibenden Anteile an Gläubiger (nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO) eine sanierende Wirkung hat und es insofern nicht auf die geforderte Ausstattung mit „frischem“ Eigenkapital ankommen kann. 1100 Siehe hierzu unter D. 1101 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1963 ff. 1102 Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 38. 1103 Nur Kleindiek, in: Kreft, HK-InsO, § 39 Rn. 21 ff. u. 56; Ehricke, in: MünchKomm-InsO, § 39 Rn. 55; Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO, § 39 Rn. 28 (verkürzter Zeitraum gegenüber a. F.). 1096

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

289

Neugesellschafter ab dem Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit gewährten Kredit zugeschnitten ist, kommt es einzig auf den Anteilserwerb im Zeitpunkt drohender bzw. eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung an, weswegen auch Altkredite begünstigt werden, wenn der Gläubiger in der Sanierungssituation die Beteiligung erwirbt.1104 In der in dieser Arbeit untersuchten Situation ist das Insolvenzverfahren bereits eröffnet, ein Insolvenzgrund liegt mithin vor. (4) Zum Zwecke der Sanierung Der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft muss schließlich auch „zum Zwecke ihrer Sanierung“ erfolgen. Das setzt voraus, dass der Gläubiger beim Anteilserwerb mit subjektiver Sanierungsabsicht gehandelt hat. Außerhalb der Insolvenz werden teilweise hohe Anforderungen an die Inanspruchnahme des Sanierungsprivilegs gestellt.1105 Bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap kann am Vorliegen einer solchen Absicht nicht ernstlich gezweifelt werden. Schon beim außerinsolvenzlichen Erwerb der Anteile an einer Gesellschaft in der Krise ist eine solche Absicht zu unterstellen.1106 Für die Vermutung soll schon ausreichen, dass die Sanierungsfähigkeit in einem entsprechenden Gutachten attestiert wird und der Anteilserwerb Teil des Sanierungskonzepts ist.1107 Der insolvenzliche Debt Equity Swap ist Teil des Sanierungsinsolvenzplans. Daher geht auch schon der Gesetzgeber von der Anwendbarkeit des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO in der hier untersuchten Konstellation aus.1108 Eines Verweises auf die Vorschrift wie in § 9 Abs. 1 S. 4 KredReorgG bedarf es angesichts der Anwendbarkeit der Insolvenzordnung nicht.1109

1104 Etwa Ehricke, in: MünchKomm-InsO, § 39 Rn. 55 m.w. N. Ungenau inswoweit Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 66 („Die Gewährung von Darlehen ist damit nicht schon ab dem Zeitpunkt der Kreditunwürdigkeit privilegiert.“). Kritisch zur Anknüpfung an das Merkmal des Anteilserwerbs Lüdtke, in: HambKomm-InsO, § 39 Rn. 49. 1105 Vgl. nur BGH v. 15.11.2011 – II ZR 6/11, ZInsO 2012, 86; v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106, 112 f.; siehe hierzu Himmelsbach/Achsnick, NZI 2006, 561, 563. 1106 Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 13c; vgl. auch – das noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG ergangene, aber übertragbare Entscheidung des – BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106, 112 f. 1107 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1967 m.w. N. 1108 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 32 l. Sp. Zurückhaltender Gehrlein, NZI 2012, 257, 261 („Freilich dürften die allgemeinen Anforderungen an ein tragfähiges Sanierungskonzept auch im Insolvenzplanverfahren bei der Umwandlung von Forderungen in Beteiligungen zu beachten sein.“). 1109 Das Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten v. 9.12.2010 (BGBl. I, S. 1900) statuiert – als Antwort auf die Finanzmarktkrise der Jahre nach 2009 – ein außerinsolvenzliches Sanierungsverfahren für Kreditinstitute. Ziel ist die Stabilisierung

290

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

Allein die Sanierungsabsicht reicht jedoch für die Privilegierung nicht aus. Zu dem subjektiven Sanierungswillen muss überdies noch die objektive Sanierungsfähigkeit treten.1110 Diese ist nach Auffassung des Bundesgerichtshof gegeben, wenn nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs die Gesellschaft objektiv sanierungsfähig ist und die für ihre Sanierung konkret in Angriff genommenen Maßnahmen zusammen objektiv geeignet sind, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren.1111 Dieser Anforderung soll durch die Vorlage eines Sanierungsgutachtens Genüge getan sein.1112 Ob die angestrebte Sanierung letztendlich erfolgreich ist, ist unbeachtlich.1113 Bei dem insolvenzlichen Debt Equity Swap erfolgt der Anteilserwerb als Teil des Insolvenzplans. Eine gerichtliche Bestätigung des Insolvenzplans attestiert insoweit die objektive Sanierungsfähigkeit.1114 Zumindest ist von einer tatsächlichen Vermutung auszugehen.1115 Obgleich ist nicht jedwede Rechtsunsicherheit ausgeräumt1116: Es droht die Subordination, wenn der Insolvenzverwalter im Folgeninsolvenzverfahren darauf abstellt, dass wegen fehlerhafter Tatsachengrundlage das Scheitern der Sanierungsbemühung von vornherein absehbar war.1117

des Finanzsystems durch Reorganisation in Schieflage geratener systemrelevanter Banken („too big to fail“), hierzu etwa Spetzler, KTS 2010, 433, 453 ff.; H.-F. Müller, KTS 2011, 1 ff. Da dieses Verfahren gerade kein Insolvenzverfahren voraussetzt, findet § 39 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 InsO nur entsprechende Anwendung. 1110 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106, 112 f.; OLG Köln v. 24.9.2009 – 18 U 134/05, ZInsO 2010, 238, 238 ff.; KG v. 17.11.2009 – 14 U 208/08, NZG 2010, 463, 464; Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1967 m.w. N. 1111 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106, 112 f.; Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1967 m.w. N. 1112 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1967 f. Vgl. auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 32 (Beschluss über die Verfahrensaufhebung als Indiz für die Sanierungseignung); kritisch aber Simon, CFL 2010, 448, 459. 1113 BGH v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106, 113. 1114 So jetzt auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 468; Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 44; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 24; wohl auch K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1608; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 56 Rn. 7. 1115 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 450. Im Insolvenzsteuerrecht existiert eine solche Vermutung: Ein Sanierungsinsolvenzplan soll Ausweis der Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit sein. Vgl. BMF-Schreiben v. 27.3.2003 – IV A 6-S 2140-8/03, I 2003, S. 240 Rn. 4 (S. 2). Auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 32 (Verfahrensaufhebung als Indiz für die Sanierungswirkung), einschränkend Gehrlein, NZI 2012, 257, 260 f. 1116 Diese attestieren ebenfalls Gehrlein, NZI 2012, 257, 260 f.; Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1820; H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 450. Daher sollte klargestellt werden, dass der Anteilserwerb im Rahmen eines insolvenzlichen Debt Equity Swap zum Zwecke der Sanierung der Gesellschaft erfolgt, ebenso Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Simon, CFL 2010, 448, 459. 1117 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 450.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

291

cc) Zeitliche Grenze der Privilegierung (1) Problemaufriss Das Sanierungsprivileg bietet aber keinen dauerhaften Schutz vor Subordination durch eine zeitlich unbegrenzte Privilegierungswirkung. Der zeitliche Anwendungsbereich endet gemäß § 39 Abs. 4 S. 2 InsO mit dem Erreichen der nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft.1118 Die Bestimmung des Zeitpunkts ist daher von besonderer Bedeutung.1119 Auch der Gesetzgeber hat die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten gesehen; auf eine Klarstellung wurde allerdings verzichtet. Vielmehr soll die Wirkung des durch das MoMiG eingeführten Sanierungsprivilegs auf das Insolvenzplanverfahren abgewartet werden.1120 Wann eine Sanierung nachhaltig ist, ist umstritten. (2) Meinungsstand Teilweise wird angenommen, eine nachhaltige und damit erfolgreiche Sanierung läge bereits dann vor, wenn der Insolvenzplan bestätigt wird.1121 Damit wird der Zeitraum indes deutlich zu stark verkürzt: Eine nachhaltige Sanierung liegt nicht schon dann vor, wenn das Insolvenzverfahren beendet wird und die Insolvenzgründe beseitigt wurden.1122 Denn dann würde das Sanierungsprivileg beim insolvenzlichen Debt Equity Swap nicht mehr zum Tragen kommen. Gegen diese Auffassung spricht auch der endgültige Wortlaut der Norm. Im Referentenentwurf war noch eine Privilegierung „bis zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit“ vorgesehen; der Gesetzesentwurf ist demgegenüber mit der Formulierung „bis zur nachhaltigen Sanierung“ weiter gefasst.1123 Dem Zweck der Privilegierung entsprechend bedarf es einer perspektivisch gesicherten Tätigkeit.1124 Wurde die bestehende Schieflage überwunden und hat sich die wirt1118 Kommt es in der Folge erneut zur Krise und zur Eröffnung eine Insolvenzverfahrens entfällt die Privilegierung, die Forderungen sind dem Grundsatz des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO entsprechend wieder nachrangig. 1119 Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150 („erhebliche Rechtsunsicherheit“); H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 450 („schwer handhabbares Kriterium“); Obermüller, ZInsO 2011, 1809, 1820 f. (große Unsicherheit für die Bankpraxis). 1120 Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 643. Im RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 18 r. Sp., wird eine Überprüfung der Regelung in Aussicht gestellt. 1121 Meyer/Degener, BB 2011, 846, 848, ebenso Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 225a Rn. 9; zumindest unklar Schumacher, in: Wimmer, FK-InsO, § 39 Rn. 20 (Privilegierung bis zum „Ende der Krise“). 1122 Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 40; Kleindiek, in: Kreft, HK-InsO, § 39 Rn. 61; Lüdtke, in: HambKomm-InsO, § 39 Rn. 53; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 468; Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1969; dies./Mock, DB 2011, 632, 643; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 49. 1123 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1968 f. 1124 Ahrens, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 39 Rn. 40.

292

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

schaftliche Lage entspannt, dann fehlt es an dem zeitlichen Zusammenhang zur vorangegangenen Sanierung. In dieser Situation wird aus der Sanierungsbeteiligung eine reguläre Beteiligung. Die Kredite sind dann keine Kredite eines Sanierungsgesellschafters mehr, sondern wie Kredite jedes anderen Gesellschafters zu behandeln. Eine Dauerprivilegierung für die gesamte Zeit der Gesellschafterstellung ist nicht gerechtfertigt. Fraglich ist, wann diese zeitliche Zäsur eintritt. Sie soll nach einer Auffassung gegeben sein, wenn die ergriffenen Maßnahmen zur Sicherung der Fortführungsfähigkeit im Sinne einer positiven Fortführungsprognose dazu geführt haben, dass die Bestandsgefährdung der Gesellschaft, also insbesondere die Gefahr des Eintritts von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung mindestens für das laufende und das gesamte folgende Geschäftsjahr abgewendet worden sei.1125 Im Rahmen einer Reinvermögensvorschau müsse als gesichert gelten, dass eine die Schulden deckende und die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen ermöglichende Vermögensmasse sichergestellt sei.1126 Die Prognose soll – nach einer anderen Auffassungsausformung – positiv ausfallen, wenn über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft wiederhergestellt ist.1127 Die Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit garantiere, dass die Gesellschaft wieder Fremdkapital zu marktüblichen Konditionen aufnehmen könne. Erst dann könne der Sanierungsgesellschafter seinen Sanierungskredit abziehen, ohne mit dem Abzug die Sanierung zu gefährden.1128 In Anlehnung an § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO sei von einer Nachhaltigkeit nach Ablauf eines Jahres auszugehen.1129 Hingegen soll es nicht auf die Wiedererlangung einer Wettbewerbsfähigkeit oder Renditefähigkeit in denen für die Gesellschaft relevanten Märkten ankommen. Der Schutz der anderen Gesellschaftsgläubiger erfordere eine Begrenzung auf die Sicherung des Bestands der Gesellschaft. Diese Bestandssicherung sei Motiv für den Anteilserwerb gewesen. Das Risiko der Herstellung von Wettbewerbsfähigkeit und Renditefähigkeit sei hingegen ein originär unternehmerisches; es träfe Sanierungsgesellschafter und „einfache“ Gesellschafter gleichermaßen.1130 1125 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1969; dies./Mock, DB 2011, 632, 643; ähnlich, aber vage Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO, § 39 Rn. 29 (Beseitigung der materiellen Insolvenz für mindestens ein Jahr, § 135 Abs. 1 Nr. 2 analog). 1126 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1969. 1127 Wittig, in: FS K. Schmidt, S. 1743, 1758; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 53; Gehrlein, WM 2011, 577, 584 f. 1128 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.277. Hierauf stellt auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 44 ab, ohne jedoch einen Zeitraum zu nennen. 1129 Gehrlein, WM 2011, 577, 584 f. Ebenfalls – aber ohne Verweis auf § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – auf ein Jahr abstellend Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 51. 1130 Hirte/Knof, WM 2009, 1961, 1969.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

293

Eine andere Auffassung fordert eine Privilegierung, die zwei bis vier Jahre über den Zeitpunkt der nachhaltigen Sanierung hinausgeht.1131 Ein derartig langer Zeitraum sei angezeigt, um die mit dem Zeitpunkt der nachhaltigen Sanierung verbundene Ungewissheit abzumildern.1132 Von Spliedt wird vorgeschlagen, die Dreijahresfrist für die Planüberwachung nach § 286 Abs. 1 Nr. 2 InsO als Indiz für die Sanierungsdauer heranzuziehen.1133 Nach Simon kann von einer nachhaltigen Sanierung frühestens zwei Jahre nach Planbestätigung ausgegangen werden.1134 Vereinzelt wird auch ein fester Zeitraum von fünf Jahren seit Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister vorgeschlagen.1135 Ein fester Zeitraum umgehe die mit der Bestimmung des Zeitpunkts der nachhaltigen Sanierung verbundenen Unwägbarkeiten.1136 (3) Stellungnahme Die Auffassungen, die einen festen Zeitraum zur Bestimmung des Merkmals „bis zur nachhaltigen Sanierung“ vorschlagen, überzeugen nicht. Ob ein, drei oder fünf Jahre als Zeitraum herangezogen werden, immer haftet dem ein Odem von Starrheit und Willkür an. Dem Sinn und Zweck des § 39 Abs. 4 InsO entsprechend bietet ein fester, einzelfallunabhängiger Zeitraum nicht die Gewähr für den Eintritt eines Sanierungserfolges, der aufgrund seiner Nachhaltigkeit einen Wegfall des Privilegs rechtfertigen würde. Vorzugswürdig ist daher die Auffassung, die den Eintritt der Nachhaltigkeit im Sinne der Vorschrift von der Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit abhängig macht. Kann sich die sanierte Gesellschaft zu marktüblichen Konditionen refinanzieren, dann ist von der Nachhaltigkeit der Sanierung auszugehen.1137 Dieses Kriterium wahrt die für den Einzelfall notwendige Flexibilität, ohne die mit der Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen verbundene Vag- und Unwägbarkeiten zu riskieren. Gegenüber der Auffassung, die eine positive Fortführungsprognose, eine ausreichene Vermögensdeckung und die gesicherte Abwendung von Zahlungsunfähigkeit und Überschul1131 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552 (drei Jahre); Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511 (zwei Jahre). 1132 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552. 1133 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 32. Ähnlich Ehricke, in: MünchKomm-InsO, § 39 Rn. 56 (Insolvenzplanzeitraum) und Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 24 (Weite Auslegung, maximal Frist des § 286 Abs. 1 Nr. 2 InsO). 1134 Simon, CFL 2010, 448, 456 u. 459. 1135 So Hölzle, NZI 2010, 207, 210. Zwar wird der Zeitraum im Zusammenhang mit dem Vorschlag für ein außerinsolvenzliches Sanierungsvergleichsgesetz genannt, einer Übertragung der Forderung nach einem feststehenden Zeitraum auf den insolvenzlichen Debt Equity Swap steht nichts entgegen. Jetzt auch Eidenmüller, in: MünchKommInsO, § 225a Rn. 60 (etwa fünf Jahre). 1136 Hölzle, NZI 2010, 207, 210. 1137 Im Ergebnis auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 44 (weite Auslegung).

294

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

dung fordert, um von einer nachhaltigen Sanierung auszugehen, hat sie den Vorteil, dass die besagte Kreditwürdigkeit und die Ausreichung von Krediten zu marktüblichen Konditionen ein zuverlässiger bestimmbares Kriterium ist. Der geforderte einjährige Zeitraum in Anlehnung an § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO vermeidet kurzfristige Fehleinschätzungen auf Gläubigerseite. Ergänzend kann ein vorhandenes Kreditwürdigkeits-Rating einer anerkannten Rating-Agentur zur Bestimmung herangezogen werden: Liegt die Einstufung über der Stufe „Non-Investmentgrade speculative“ für länger als zwölf Monate, so ist von einer nachhaltigen Sanierung auszugehen und eine Rückführung der Gesellschafterdarlehen kann ohne Sanierungsgefährdung vonstattengehen. d) Ergebnis Die Teilnahme an einem Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren birgt für die beteiligten Gläubiger die Gefahr, in einer Folgeinsolvenz der zu sanierenden Gesellschaft den Wirkungen des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu unterfallen. Auch eine Beteiligung mit zehn Prozent oder weniger am Haftkapital schützt nicht, wenn eine Zurechnung verschiedener Kleinbeteiligungen erfolgt und daher die Ausnahme des „Kleinbeteiligungsprivilegs“ unanwendbar bleibt. Auch bei dem insolvenzlichen Debt Equity Swap droht stehengelassenen oder neubegründeten Forderungen die Subordination. Schutz hiervor vermittelt den Teilnehmern des Swaps das Sanierungsprivileg nach § 39 Abs. 4 S. 2 InsO. Freilich sind die zeitlichen Grenzen der Privilegierungswirkung unklar: Der Begriff der Nachhaltigkeit sorgt für erhebliche Rechtsunsicherheit, die jedoch für die Sanierungsfreundlichkeit des Insolvenzrechts abträglich ist. Nach vorzugswürdiger Auffassung ist die Sanierung nachhaltig, wenn über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft wiederhergestellt ist. 10. Insolvenzanfechtungsrisiken, §§ 129 ff. InsO Verschiedentlich wird im Zusammenhang mit der Durchführung eines Debt Equity Swap auch vor Insolvenzanfechtungsrisiken gewarnt.1138 Zu untersuchen ist daher, ob die Teilnahme an einem Schuldentausch im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens mit Insolvenzanfechtungsrisiken. Sinn und Zweck der Vorschriften über die Insolvenzanfechtung ist es, gewisse Gegenstände, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens1139 aus der Insolvenz1138 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; ders., BB 2008, 846, 850. Ebenso Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519. Vgl. zum vorinsolvenzlichen Debt Equity – i. E. ein Anfechtungsrisiko verneinend – etwa Wirsch, NZG 2010, 1131, 1131 ff. (Schutz durch Kapitalaufbringungsregeln und Differenzhaftung). 1139 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, 107. Ausnahmsweise sind auch Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung anfechtbar, § 147 InsO.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

295

masse abgeflossen sind, wieder zurückzuziehen und sie haftungsrechtlich der Gläubigergesamtheit zuzuweisen.1140 Aus § 129 InsO und aus § 147 InsO (argumentum e contrario) ergibt sich, dass nur solche Rechtshandlungen der Anfechtung unterliegen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahren vorgenommen worden sind.1141 Auf den untersuchten Fall eines Debt Equity Swap im Insolvenzverfahren sind die §§ 129 ff. InsO nicht anwendbar; und es sind auch keine im Zusammenhang mit dem Schuldentausch stehenden Rechtshandlungen ersichtlich, die – für den Fall des Scheiterns der Sanierung – bei einer Folgeinsolvenz einer Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO unterliegen könnten.1142 Außerdem fehlt es beim insolvenzlichen Debt Equity Swap an der Gläubigerbenachteiligung.1143 Demgegenüber warnen einige Stimmen vor grundsätzlichen Anfechtungsrisiken bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap.1144 Die Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in zusätzliche Gesellschafterbeteiligungen sei hinsichtlich der Sacheinlage des Neugesellschafters nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 BGB anfechtbar, falls die Gesellschaft binnen Jahresfrist erneut in Insolvenz falle.1145 Zwar fehle es regelmäßig an der Gläubigerbenachteiligung, da Eigenkapital gemäß § 199 S. 2 InsO gegenüber anderen Fremdkapitalgebern nachrangig sei.1146 Tilge der Gesellschafter jedoch durch die Einbringung seines nachrangigen Darlehens seine Einlageverpflichtung, scheide eine Gläubigerbenachteiligung aus, da eine Kompensation über die Grundsätze zur Kapitalaufbringung und insbesondere der Differenzhaftung erfolge, wenn der Wert der Forderung nicht dem Nennwert des übernommenen Gesellschaftsanteils entspricht.1147 Auch im Hinblick

1140 Statt vieler Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, Vor §§ 129 ff. Rn. 1 ff. m.w. N. Grundlegend auch Bork, ZIP 2014, 797 ff. 1141 Statt vieler Kirchhof, in: MünchKomm-InsO, § 147 Rn. 1. 1142 Ebenfalls Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 116. Bereits Handlungen des starken vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalters sind nicht anfechtbar, statt vieler K. Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129 Rn. 38 m.w. N. Vgl. auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 446 ff. 1143 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 116, allerdings ist nicht eindeutig, ob sich diese Einschätzung auf Grundlage des Nennwertansatzes ergibt. Vgl. – die auf den insolvenzlichen Debt Equity Swap nicht übertragbaren Ausführungen – bei Wirsch, NZG 2010, 1131, 1131 ff.; Schleusener, Der Debt-EquitySwap, S. 134. Wohl auch Ekkenga, ZGR 2009, 581, 588. 1144 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; ders., BB 2008, 846, 850; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519; auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 21; vgl. H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 449. 1145 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261; ders., BB 2008, 846, 850; Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519. 1146 Wirsch, NZG 2010, 1131, 1133. Etwa – wohl aber auch nur zum vorinsolvenzlichen Schuldentausch – Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 185 Rn. 47. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 116; a. A. etwa H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 449. 1147 Wirsch, NZG 2010, 1131, 1133.

296

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

auf Anfechtungsrisiken müsse das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO Anwendung finden.1148 Diese Bedenken sind angesichts des nicht eröffneten Anwendungsbereichs nicht nachvollziehbar. Mangels Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen im Zusammenhang mit einem insolvenzlichen Debt Equity Swap kommt es deshalb nicht auf die Frage an, ob sich nach der Reform der Insolvenzordnung durch ESUG eine Gläubigerbenachteiligung aus § 254 Abs. 4 S. 2 InsO ergeben kann. Gegenteiliges unterstellt, käme eine solche indes in Betracht, wenn Altgesellschafter, die nicht der Privilegierung des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO unterfallen, Forderungen einbringen, die nicht die übernommene Einlageleistung zum Erlöschen bringen und mangels Differenzhaftung (§ 254 Abs. 4 S. 2 InsO) kein diese Gläubigerbenachteiligung kompensierender Schutz erreicht werden kann.1149 Im Hinblick auf Rückzahlungen von stehengelassenen Forderungen im Nachgang zum Insolvenzverfahren, die aufgrund des Einrückens der Gläubiger Forderungen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO geworden sind, schützt das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO.1150 Es erweckt den Eindruck, dass die Diskussion über Anfechtungsrisiken beim insolvenzlichen Schuldentausch aus der fehlenden Unterscheidung zwischen insolvenzlichem und vorinsolvenzlichem Debt Equity Swap, zwischen Enbringung der Forderung und Rückzahlung auf stehengelassene Forderungsteile sowie einer Überdehnung des Anwendungsbereiches der §§ 129 ff. InsO folgt. Ob bei einem vorinsolvenzlichen Debt Equity Swap Anfechtungsrisiken bestehen, kann hier offen bleiben. Bei dem hier Gegenstand der Untersuchung bildenden insolvenzlichen Schuldentausch bestehen sie nicht.1151 11. Nachrangigkeit der Entschädigungsforderungen Eventuelle Entschädigungsforderungen der ausscheidenden Altgesellschafter sind gegen die Gesellschaft gerichtet. Nach Auffassung von Simon sollen diese Forderungen in der Folgeinsolvenz der Gesellschaft nachrangig sein, da sie „aus dem Eigenkapital als Residualgröße herrühren.“ 1152 Der Gesetzgeber müsse de lege ferenda die Nachrangigkeit durch Ergänzung des § 39 Abs. 1 InsO um eine 1148 Wirsch, NZG 2010, 1131, 1133; ohne Begründung von der Anwendbarkeit des Sanierungsprivilegs ausgehend Smid, DZWIR 2010, 397, 402, dagegen zweifelnd – und Klarstellung vom Gesetzgeber fordernd – Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519. 1149 So Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. Sich anschließend H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 449. Dies kann allerdings nur gelten, wenn man den Vollwertigkeitsansatz für die Bewertung der Forderungen bejaht: sonst fehlt es an der notwendigen Differenz für die gleichnamige Haftung. 1150 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 449 (ggfls. Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO). 1151 Rückzahlungen auf stehengelassene Darlehen der einrückenden Neugläubiger, die nach Ende des Planverfahrens erfolgen (§ 258 InsO), werden über das Sanierungsprivileg (§ 39 Abs. 4 S. 2 InsO) geschützt. 1152 Sub specie § 225a Abs. 4 DiskE-ESUG Simon, CFL 2010, 448, 457.

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

297

weitere Ziffer festschreiben.1153 Tatsächlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Entschädigungsanspruch an die nachrangige Eigenkapitalposition anknüpft. Aus dieser Anknüpfung eine Nachrangigkeit abzuleiten ist jedoch zu weitgehend. Dem Ausscheidenden wird ein ein vertieftes Risiko aufgebürdet. Zudem ist auch der Abfindungsanspruch nach § 225a Abs. 5 InsO nicht nachrangig.1154 Auch bedarf es keiner Sicherung der Entschädigungs- und Abfindungsansprüche durch eine Kreditsicherheit, etwa einer Bankbürgerschaft. Eine ausdrückliche Vorschrift sieht die Insolvenzordnung nicht vor, für eine Analogie zu § 327b AktG fehlt es insolvenzbedingt an Regelungslücke und Vergleichbarkeit der Interessenlage.1155 Für die Rechtsanwendung dürfte die aufgeworfene Frage indes keine praktische Bedeutung haben – soweit man den Liquidationswert ansetzt –: Angesichts der insolvenzlichen Realitäten hat ein tatsächlicher Entschädigungsanspruch der Altgesellschafter einen extremen Seltenheitswert. 12. Konflikt mit Kapitalerhaltungsvorschriften Für den teilweisen oder vollständigen Entzug der Anteilsrechte sind die Anteilseigner voll zu entschädigen.1156 Auch wenn angesichts der Insolvenzrealitäten und der Zugrundelegung des Liquidationswertes Entschädigungszahlungen praktisch nie vorkommen werden, ist zu fragen, ob die Kompensationszahlungen mit den Kapitalerhaltungsvorschriften vereinbar sind. Die Grundsätze der Kapitalerhaltung – normiert in §§ 57, 62, 71 ff. AktG, §§ 30 f. GmbHG – tragen bei, den Abfluss von Gesellschaftsvermögen aus der Haftungsmasse zu verhindern, das zur Gläubigerbefriedigung notwendig und als Ausstattungsminimum zur Fortführung erforderlich ist.1157 An die Gesellschafter darf das zur Erhaltung des Haftkapitals erforderliche Vermögen nicht ausgezahlt werden. Teilweise wird demgemäß angenommen, dass Kompensationszahlungen für ausscheidende Gesellschafter gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften verstößen, weil eine sanierte Gesellschaft regelmäßig noch über nicht ausreichend ausschüttungsfähiges Reinvermögen verfüge und insofern Gläubiger gefährdet seien.1158 Zur Abwendung 1153

Simon, CFL 2010, 448, 457. Vorzugswürdig ist hier die Berücksichtigung einer Risikodiskontierung, Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 121. 1155 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 469 (unangemessene Bevorzugung). 1156 Hierzu bereits unter E.V.2.a)cc). 1157 Eingehend zum Grundsatz der Kapitalerhaltung etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 890 ff. u. 1131 ff.; Bayer, in: in: MünchKomm-AktG, § 57 Rn. 1 ff.; Ekkenga, in: MünchKomm-GmbHG, § 30 Rn. 1 ff.; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 41 ff. jew. m.w. N. 1158 H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 357; ders., KTS 2012, 419, 434 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 58; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 31. 1154

298

E. Der insolvenzliche Debt Equity Swap

eines Konflikts müssten die Zahlungen durch Dritte erbracht werden, da die Auszahlungssperre zu einer – mit § 251 InsO konfligierenden – Schlechterstellung des Altgesellschafters führe.1159 Die Gegenauffassung sieht keinen Konflikt des Grundsatzes der Kapitalerhaltung mit Zahlungen als Kompensation für den Eingriff in das von Art. 14 geschützte Anteilseigentum oder als Folge des § 225a Abs. 5 InsO1160. Der insolvenzrechtliche Gläubigerschutz rechtfertige die Suspendierung der Kapitalerhaltungsregel, da das Ausscheiden in ihrem Interesse an einer bestmöglichen Haftungsmaximierung durch durch Zugriff auf die Anteilsrechte geschehe.1161 Die richtige Antwort auf diese Frage ergibt sich wieder aus dem Primat des Insolvenzrechts: Das Insolvenzrecht geht dem Gesellschaftsrecht in der Insolvenz der Gesellschaft vor, soweit es sich um gesellschaftsrechtliche Schutzbestimmungen zugunsten der Gesellschafter handelt: In der Insolvenz sind ausschließlich die insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen sachgerecht. Bei den Kapitalerhaltungsvorschriften handelt es sich aber um Regelungen, die vorrangig dem Gläubigerschutz dienen.1162 Fraglich ist daher, ob auch in diesem Fall die gesellschaftsrechltlichen Regeln verdrängt werden. Insolvenzrechtliche Entschädigungszahlungen wären dann gegenüber den Kapitalerhaltungsvorschriften vorrangig. Ein solcher Vorrang anderer Rechtsgebiete gegenüber den Kapitalerhaltungsregeln nach §§ 57 ff. AktG ist nicht beispiellos. So geht etwa die Emittentenhaftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation (§§ 44 f. BörsG, §§ 37b, 37c WpHG, § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. §§ 37v ff. WpHG, § 826 BGB) der Kapitalerhaltung vor. Dieser Vorrang ist von höherrangigrem Recht vorgegeben: Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 der Prospektrichtlinie1163 und Art. 7 der Transparenzricht-

1159 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 435 f.; Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 58; Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 31. 1160 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 550 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 48 u. 121. Wohl auch Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 113. 1161 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 550 f. 1162 Etwa Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 57 Rn. 1; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Einl. Rn. 7; Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 41 ff. 1163 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003 S. 64. Zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.10.2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG (ABl. EU L 294 v. 6.11.2013, S. 13).

VII. Insolvenzrechtliche Auslegungsfragen

299

linie1164 verlangen eine Emittenthaftung bei fehlerhaften Prospekten oder fehlender Regelpublizität und sehen keine Beschränkungen auf das ausschüttungsfähige Vermögen vor; für andere Fälle fehlerhafter Kapitalmarktinformation kann mithin nichts anderes gelten.1165 Im Hinblick auf ein derartiges Primat des Insolvenzrechts vor den Kapitalerhaltungsregeln besteht jedoch keine derartige europarechtliche Vorgabe. Eine Belastung Dritter, namentlich der Gläubiger, zu rechtfertigen, erfordert einen höheren Begründungsaufwand. Hinsichtlich der gegenwärtigen Gläubiger fällt die Begründung nicht schwer. Sie haben dem Plan und den darin enthaltenen Zahlungen an die Altgesellschafter zugestimmt und bedürfen daher nicht des Schutzes der Kapitalerhaltungsvorschriften.1166 Eine teleologische Reduktion ist daher sachgerecht. In Bezug auf die Neugläubiger ist der Schutzbereich indes noch eröffnet, sie sind nicht Beteiligte des Insolvenzverfahrens und daher schützenswert.1167 Einem die Kapitalerhaltungsregel suspendierenden Primat des Insolvenzrechts steht ihr schützenswertes Interesse entgegen. Entschädigungszahlungen stehen daher unter dem Vorbehalt der Kapitalerhaltungsvorschriften. Rechtstatsächlich dürften diese Erwägungen aber kaum Praxisrelevanz besitzen: Entschädigungszahlungen an die Altgesellschafter dürften einen hohen Seltenheitswert besitzen.

1164 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG. Zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.10.2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG (ABl. EU L 294 v. 6.11.2013, S. 13). 1165 Unlängst BGH v. 31.5.2011 – II ZR 141/09, ZIP 2011, 1306 ff. Habersack/ Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 42. Eingehend hierzu Mülbert/Steup, in: Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 41 Rn. 5 ff. 1166 Wohl auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 550 f. 1167 Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 31. Das übersieht wohl Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 550 f.

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften 1. Einleitung Handelt es sich bei dem Schuldner um eine börsennotierte Aktiengesellschaft, so stellen sich im Hinblick auf den insolvenzlichen Debt Equity Swap kapitalmarktrechtliche Folgefragen. Börsennotierte Aktiengesellschaften bzw. deren Aktionäre unterliegen kapitalmarktrechtlichen Pflichten. Diese sind unter anderem im Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) geregelt.1 Die Insolvenz einer börsennotierten Gesellschaft berührt diese Pflichten grundsätzlich nicht. Zu untersuchen ist zum einen, ob und wie sich ein Debt Equity Swap – und der damit gegebenenfalls verbundene Kapitalschnitt bis auf Null – auf die Börsenzulassung der Aktien auswirkt (unter 2.), ob die an einem Debt Equity Swap beteiligten Gläubiger einer Pflicht zur Abgabe eines Angebots gem. § 35 WpÜG unterliegen (unter 3.) und ob für die im Reorganisationsverfahren ausgegebenen Aktien Prospekt- (unter 4.) sowie Publizitätspflichten bestehen (unter 5.). Im Rahmen dessen ist zu untersuchen, ob das Insolvenzrecht auch Verdrängungs- und Querwirkungen im Sinne eines insolvenzrechtlichen Vorrangs auf das Kapitalmarktrecht ausübt.2 Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sind eng miteinander verknüpft.3 Letzteres kann sowohl eine gesellschaftsrechtliche als auch eine kapitalmarktrechtliche Schutzrichtung aufweisen, wenn es sowohl den Schutz des Aktionärs als auch die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes bezweckt. Wie gezeigt richtet sich der Schutz der Insolvenzverfahrensbeteiligten nach den insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen. Im Folgenden wird daher untersucht, ob das Insolvenzrecht nach der Reform durch das ESUG spezifische Wirkungen auf das Kapitalmarktrecht aufweist.

1 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz v. 20.12.2001 (BGBl. I, S. 3822), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 53 des Gesetzes v. 7.8.2013 (BGBl. I, S. 3154). 2 Nur Streit, NZI 2005, 486 ff. („Das Verhältnis von Insolvenzrecht und Kapitalmarktrecht im Fall der Insolvenz einer börsennotierten Gesellschaft ist noch weitgehend ungeklärt.“). 3 Vgl. auch Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 1 Rn. 5.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

301

2. Auswirkung auf die Börsenzulassung a) Fortbestand der Börsenzulassung in der Insolvenz Die Börsenzulassung ist die grundsätzlich erforderliche Erlaubnis, die Börseneinrichtungen für den Handel in zugelassenen Wertpapieren im regulierten Markt zu nutzen.4 Die Zulassung zu dem jeweiligen Marktsegment erteilt die Geschäftsführung der Börse auf Antrag des Emittenten der Wertpapiere, § 32 Abs. 1 (i.Vm. § 15) BörsG5, wenn die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen.6 Da die Zulassungsstellen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sind sie Behörden im verwaltungsrechtlichen Sinn und die Börsenzulassung mithin ein begünstigender Verwaltungsakt. Weder durch den Insolvenzantrag des Emittenten noch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt sich dieser Verwaltungsakt automatisch, argumentum e contrario § 43 BörsG.7 Das BörsG sieht keine automatische Beendigung der Börsenzulassung als Folge einer Insolvenz vor.8 Auch begründet die Insolvenz grundsätzlich keinen Widerruf von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 BörsG. Ein solcher setzt voraus, dass ein ordnungsgemäßer Börsenhandel des betroffenen Wertpapieres auf Dauer nicht mehr gewährleistet ist oder der Emittent seine Pflichten aus der Zulassung auch nach einer angemessenen Frist nicht erfüllt. Beides ist nicht zwangsläufige Folge der Insolvenz eines Emittenten.9 Ein Widerruf der Zulassung erfolgt demnach regelmäßig nach § 39 Abs. 2 S. 1 BörsG nur auf Antrag des Emittenten. Der Widerruf darf nur erfolgen, wenn er dem Schutz der Anleger nicht widerspricht, § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG.10 Ein solcher Rückzug einer börsennotierten Aktiengesellschaft von dem regulierten Handel wird als Delisting bezeichnet.11

4 Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 1 ff. Keiner Zulassung bedürfen staatliche Schuldverschreibungen (§ 37 BörsG) oder sog. Berichtigungsaktien inländischer und ausländischer Emittenten (§ 33 Abs. 4 EGAktG), vgl. Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 37 BörsG Rn. 3 ff. 5 Börsengesetz v. 16.7.2007 (BGBl. I, S. 1330, 1351), zuletzt geändert durch Art. 14 d. Gesetzes v. 15.7.2014 (BGBl. I, S. 934). 6 Zu den Zulassungsvoraussetzungen (§ 32 Abs. 3 BörsG) statt vieler Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 44 ff. 7 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 9. Die Abwicklungsgesellschaft des IG Farben-Konglomerats, die IG Farbenindustrie AG i.L., meldete am 10.11.2003 Insolvenz an, ein Rückzug von der Börse erfolgte jedoch erst am 12.3.2012, Handelsblatt v. 17.8.2011 (URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/von-der-boersegenommen-der-letzte-vorhang-faellt-fuer-die-ig-farben/4508894.html – Stand: August 2014). 8 In Betracht kommt indes eine Aussetzung oder Einstellung des Handels nach § 25 Abs. 1 BörsG. 9 Statt vieler Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 44 ff. m.w. N. 10 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1398; Bungert/Wettich, DB 2012, 2265, 2265. Umstritten ist, ob die Aktionäre den Zulassung widerrufenden Verwaltungsakt mit Wider-

302

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Außerinsolvenzlich ist der Vorstand der Aktiengesellschaft für den Antrag zuständig. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht jedoch die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Vermögens der börsennotierten Aktiengesellschaft gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über, sofern nicht ausnahmsweise die Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO angeordnet wird und der Vorstand verfügungsbefugt bleibt. Da die Erfüllung der mit der Börsenzulassung verbundenen Pflichten Kosten verursacht, die die Insolvenzmasse tangieren, ist der Insolvenzverwalter anstelle des Vorstands für die Antragsstellung zuständig.12 Insoweit fällt der Antrag in den Verdrängungsbereich, nicht in den insolvenzfreien Bereich.13 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 11 WpHG, § 43 BörsG.14 b) Verlust der Börsenzulassung bei einem Cold Delisting Eine Börsenzulassung erlischt nicht nur durch Widerruf von Gesetzes wegen oder von Amts wegen, § 39 Abs. 1 BörsG. Ein Wegfall der Börsenzulassung kann auch die Folge gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen sein. Umwandlungs-, Eingliederungs- oder Verschmelzungsvorgänge können zum Erlöschen der Zulassung führen.15 Dieser Weg des Rückzugs von der Börse als (Neben-) Folge einer gesellschaftsrechtlichen Gestaltung wird als unechtes oder „kaltes“

spruch und Anfechtungsklage angreifen, da § 39 Abs. 2 BörsG hierfür Drittschutz vermitteln muss, dafür VG Frankfurt v. 17.6.2002 – 9 E 2285/01 (V), ZIP 2002, 1446; v. 2.11.2001 – 9 G 3103/01 (V), NJW-RR 2002, 480; anders – unter Hinweis auf § 15 Abs. 6 BörsG – nun aber VG Frankfurt v. 25.3.2013 – 2 L 1073/13.F, ZIP 2013, 1886, 1887. Überblick zum Streit bei Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 76 m.w. N. Vgl. auch BVerfG v. 11.7.2012 – 1 BVR 3142/07 et al., BVerfGE 132, 99, 106 – Delisting. Nähere Bestimmungen über den Widerruf trifft die jeweilige Börsenordnung, § 39 Abs. 2 S. 5 BörsG. 11 Zum Begriff etwa Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rn. 30 ff.; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 40 Rn. 1 ff.; Bungert/Wettich, DB 2012, 2265 ff. 12 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1406. Eines Hauptversammlungsbeschlusses für den Delisting-Antrag sowie eines darauf folgenden Pflichtangebotes bedarf es nicht. Das Aktieneigentum ist wegen der Insolvenz situativ entwertet, überdies hat der Bundesgerichtshof die in der Macrotron-Entscheidung aufgestellten Grundsätze (v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. – Macrotron) jüngst aufgegeben (BGH v. 8.10. 2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta). 13 Zum Begriff des insolvenzfreien Bereichs und der Frage der Verkürzung des insolvenzfreien Bereichs durch das ESUG: Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 31 Rn. 19 ff. Vgl. demgegenüber den deutlich umfangreicheren insolvenzfreien Bereich vor der Reform durch das ESUG nur Uhlenbruck, in: Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 15 ff. 14 Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 1 ff. sowie Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 43 BörsG Rn. 2. 15 Statt aller Hüffer/Koch, AktG, § 199 Rn. 30.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

303

Delisting bezeichnet (Cold Delisting).16 Auch ein Kapitalschnitt auf Null führt zu einem Verlust der Börsenzulassung. Mit dem vollständigen Untergang der bestehenden Aktien geht auch die an sie geknüpfte Zulassung unter.17 Denn die Zulassung von Aktien zum Handel an einer Wertpapierbörse bezieht sich nicht auf die Gesellschaft, sondern stets nur auf die jeweiligen Wertpapiere.18 Die im Wege der sich unmittelbar anschließenden Kapitalerhöhung neu geschaffenen Aktien treten nicht die Rechtnachfolge der bisherigen Aktien an; ihnen fehlt daher die Börsenzulassung.19 Auch bei einem Kapitalschnitt auf Null handelt es sich demnach um einen Fall des Cold Delisting.20 Ein Verlust der Börsenzulassung kann misslich sein, da die Notierung aufgrund der zur ihrer Erlangung notwendigen Aufwendungen einen Wert verkörpert.21 Zudem erlaubt eine fortbestehende Börsenzulassung den Neuaktionären, sich einfacher von ihrer Beteiligung zu trennen.22 Ein Rückzug von der Wertpapierbörse kann jedoch auch erwünscht sein, wenn sich beispielsweise nach Durchführung der Kapitalmaßnahmen die Anteile in der Hand weniger Gläubiger befinden – und deswegen ein Rückzug von der Börse erwünscht bzw. zwingend ist23– oder wenn der mit der Zulassung verbundene Aufwand der Gesellschaft im Hinblick auf Zulassungsfolgepflichten und Rechnungslegung vermieden werden soll.24 Über einen Kapitalschnitt auf Null kann dies erreicht werden. Aus § 40

16 Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 39 BörsG Rn. 41 ff.; Habersack, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 40 Rn. 1, 27 ff.; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1212 jew. mit Beispielen. 17 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698 (Bruchloser Erhalt der Börsennotierung praktisch nicht möglich). Solch ein kaltes Delisting fand beispielsweise bei den Insolvenzplänen der Pfleider AG, hierzu Pleister, GWR 2013, 220, 221 f., und der IVG Immobilien AG, hierzu Bayer, „IVG Immobilien – Rheingold in Bonn gefunden“ manager-magazin v. 6.3.2014, (URL: http://www.ma nager-magazin.de/immobilien/artikel/insolvenzplan-ivg-immobilien-ag-a-957211.html – Stand: August 2014), statt. 18 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213 (Erlöschen des begünstigenden Verwaltungsakts nach § 43 Abs. 2 VwVfG ipso iure); Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507. 19 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213. 20 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507. 21 Vgl. Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1405; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698. 22 Zu diesem und weiteren Vorteilen einer fortbestehenden Börsenzulassung Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698; Pleister, GWR 2013, 220, 222. 23 Voraussetzung für die Börsenzulassung ist eine Mindeststreuung der Aktien im Anlegerpublikum (Freefloat), § 9 Abs. 1 S. 2 BörsZulV, Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698. 24 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1400. Die Zulassung für den regulierten Markt hat Publizitäts-, Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten des Emittenten zur Folge und dient im Aktienrecht als Anknüpfung für besondere Regelungen, die allein für börsennotierte Aktiengesellschaften gelten (etwa §§ 87 Abs. S. 2; 93 Abs. 6; 110 Abs. 3 S. 1; 121 ff.; 149, 248a; 161) AktG. Hierzu BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254, 2255 – Frosta.

304

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Abs. 1 BörsG i.V. m. § 69 Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV)25 erwächst keine Pflicht, für die im Nachgang des Kapitalschnitts auf Null herausgegebenen Aktien eine Zulassung zu beantragen, da der Schuldner aufgrund der Kapitalherabsetzung auf Null seine Emittenteneigenschaft verliert und zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung nicht mehr „Emittent zugelassener Aktien“ im Sinne der Vorschrift ist.26 Mit der Durchführung der Maßnahmen endet demnach die Börsennotierung. c) Kein Pflichtangebot aufgrund der Macrotron-Rechtsprechung des BGH aa) Problemaufriss Mit dem Kapitalschnitt auf Null lässt sich demnach ein Rückzug der börsennotierten Aktiengesellschaft von der Wertpapierbörse erreichen. In diesen Fällen scheitert – mangels Bescheid über den Widerruf der Zulassung – auch der kapitalmarktrechtliche Schutz des § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG, der den Widerruf verbietet, wenn er dem Schutz der Anleger widerspricht.27 Fraglich ist aber, ob sich aus dem Gesellschaftsrecht besondere Erfordernisse ergeben, die den Aktionären einen Schutz vermitteln. In Betracht kam eine Anwendung der sogenannten Macrotron-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in der auf die besondere, dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 14 GG unterfallende Börsenzulassung von Aktien hingewiesen wurde.28 Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie beziehe sich sowohl auf den Verkehrswert der Aktie als auch auf die Möglichkeit der jederzeitigen Realisierbarkeit durch Zugang zu einem großen Kreis potentieller Erwerber an einem Handelsplatz. Der Rückzug des Emittenten von der Börse vermindere die Fungibilität der Aktien. Wegen der – in diesem Fall drittschützende Wirkung entfaltenden – Eigentumsgarantie sei das reguläre Delisting nur dann zulässig, wenn ein zustimmender Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt und den Minderheitsaktionären ein angemessenes Barabfindungsangebot unterbreitet wird, dessen Höhe in einem gerichtlichen Verfahren entsprechend den Regeln des Spruchverfahrens überprüft werden kann.29 Von einer Angemessenheit des Kaufangebots sei nur dann auszugehen, wenn die Abfindung auf den vollen Wert des Aktieneigentums gerichtet ist.30 Die Entscheidung des Gerichts 25 Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt einer Wertpapierbörse in der Fassung der Bekanntmachung v. 9. 9.1998 (BGBl. I, S. 2832), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 43 des Gesetzes v. 22.12.2011 (BGBl. I, S. 3044). 26 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507. 27 Vgl. Bungert/Wettich, DB 2012, 2265 f. 28 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. – Macrotron. Fortführung BGH v. 7.12.2009 – II ZR 239/08, ZIP 2010, 622. 29 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. – Macrotron. Fortführung BGH v. 7.12.2009 – II ZR 239/08, ZIP 2010, 622. 30 BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff. – Macrotron; statt vieler Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rn. 23 ff. m.w. N.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

305

erging zwar im Zusammenhang mit einem regulären Delisting, nach ganz vorherrschender Auffassung war sie aber auch auf die Fälle des Cold Delisting übertragbar.31 Im Rahmen des insolvenzlichen Debt Equity Swap einer börsennotierten Aktiengesellschaft finden die Macrotron-Grundsätze jedoch keine Anwendung. Weder ein kaltes Delisting durch einen Kapitalschnitt auf Null, noch ein reguläres Delisting durch Antrag nach § 39 Abs. 2 BörsG erfordern die Beteiligung der Altaktionäre bzw. der Hauptversammlung oder die Unterbreitung eines angemessenen Barabfindungsangebots. Denn der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zu Angebotspflicht bei Delisting vom regulären Markt geändert und eine solche Pflicht steht auch im Widerspruch zu insolvenzrechtlichen Wertungen. bb) Aufgabe der Macrotron-Rechtsprechung Der Bundesgerichtshof hat seine Macrotron-Rechtsprechung als Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben.32 Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass der Widerruf der Börsenzulassung für den regulierten Markt den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts des Aktionärs nicht berührt.33 Das durch das Aktieneigentum begründete – und von Art. 14 GG geschützte – Vermögensrecht resultiere nicht aus der tatsächlichen Verkehrsfähigkeit (an einer Wertpapierbörse), sondern aus der rechtlichen Verkehrsfähigkeit. Letztere sei durch ein Delisting aber nicht betroffen, da der Verlust der Börsennotierung regelmäßig den Zugang zu dem Kreis potentieller Erwerber erschwere, die Fungibilität an sich aber nicht beeinträchtige. 34 Eine gesteigerte Fungibilität sei eine schlichte Ertrags- und Handelschance und als solche nicht durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt.35 Die Entscheidung für ein Delisting sei von dem Aktionär – ebenso wie der Antrag für eine Börsenzulassung – als „geschäftspolitische Maßnahme des Unternehmens und seiner Organe“ hinzunehmen und unterscheide sich nicht von anderen – ebenfalls hinzunehmenden – ak-

31 OLG Düsseldorf v. 30.12.2004 – 1-19 W 3/04, ZIP 2005, 300 ff. Auch etwa Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 5a; Habersack, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 40 Rn. 27 ff.; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507 jew. m.w. N. Siehe aber Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rn. 30 ff. m.w. N. auch zur Gegenauffassung; Zur Unübertragbarkeit der Macrotron-Rechtsprechung auf das Downlisting in den sog. Entry Standard BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 113 f. – Delisting, sowie OLG Bremen v. 12.10.2012 – 2 W 25/12, ZIP 2013, 821; KG Berlin v. 30.4.2009 – 2 W 119/08, ZIP 2009, 1116; OLG München v. 21.05.2008 – 31 Wx 62/07, ZIP 2008, 1137. 32 BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 – Frosta. 33 BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99 ff. – Delisting. 34 BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 120 ff. – Delisting. 35 BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 121 ff. – Delisting.

306

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

tionärstypischen Risiken.36 Die Annahme einer Vergleichbarkeit mit Strukturmaßnahmen sei daher nicht zwingend.37 Unter dem Eindruck dieses Judikats ergibt sich nunmehr auch für den Bundesgerichtshof keine Beeinträchtigung des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums bei tatsächlicher Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit, weswegen es bei einem Delisting keines Hauptversammlungsbeschlusses oder eines Barabfindungsgebots an die Minderheitsaktionäre bedürfe.38 Der über § 39 Abs. 2 BörsG vermittelte Schutz sei bei einem regulären Delisting vielmehr ausreichend.39 Ein reguläres Delisting bzw. Downlisting sowie ein kaltes Delisting sind daher auch im Rahmen der insolvenzlichen Sanierung nicht an Zustimmungserfordernisse oder Pflichtangebote gebunden: gesellschaftsrechtlicher Schutz wird nicht mehr zugestanden. cc) Widerspruch zur insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie Eine derartige Wendung des Bundesgerichtshofes wäre indes nicht zwingend gewesen. Das Bundesverfassungsgericht hat nur darauf hingewiesen, dass ein Pflichtangebot verfassungsrechtlich nicht geboten, wohl aber zulässig sei.40 Für den Fall einer erneuten Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder eines Handeln des Gesetzgebers41 ist aber festzustellen: Die der MacrotronRechtsprechung zugrundeliegenden Erwägungen des Bundesgerichtshofs sind schlechterdings nicht auf den Rückzug einer insolventen Aktiengesellschaft von der Börse übertragbar. Für einen gesellschaftsrechtlichen Schutz der Aktionäre besteht kein Anlass.42 Die in der Macrotron-Entscheidung aufgestellten Anforde36

BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 122 – Delisting. BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 129 f. – Delisting. 38 Darüber hinaus verwirft der BGH, dass sich solche Anforderungen aus § 207 UmwG, § 243 Abs. 2 S. 2 AktG, § 29 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Fall 2 UmwG oder einer Gesamtanalogie zu den gesellschaftsrechtlichen Regelungen anderer gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen (§§ 305, 329b, 327b AktG, §§ 29, 207 UmwG) ergeben, BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254 ff. – Frosta. Im Fall ging es zwar nur um einen Fall des Downgradings bzw. Downlistings, die Ausführungen des BGH lassen aber auf einen vollständigen Wegfall der gesellschaftsrechtlichen Anforderungen schließen. Hierzu Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2432 f. 39 BGH v. 8.10.2013 – II ZB 26/12, ZIP 2013, 2254, 2256 – Frosta. 40 BVerfG v. 11.7.2012 – BvR 3142 et al., BVerfGE 132, 99, 129 f. – Delisting. Das erkennen etwa auch Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2431 f. (Carte Blanche des BVerfG); Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rn. 31 u. 35. 41 Einen Fortbestand des Abfindungserfordernisses regt etwa an Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2432 u. 2435 (§ 29 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Fall 2 UmwG als verallgemeinerungsfähige Analogiegrundlage). 42 Insoweit kommt es nicht zu einer Überlagerung des Kapitalmarktrechts durch das Insolvenzrecht, da es sich bei den Macrotron-Grundsätzen um einen gesellschaftsrechtlichen Schutz der (Minderheits-)aktionäre handelt, nur Hüffer/Koch, AktG, § 119 Rn. 33. Vgl. auch Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1401 ff. (Völliger Wertverlust der Ak37

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

307

rungen knüpften an eine Beeinträchtigung des Wertes des Aktieneigentums durch das Delisting an. In der Insolvenz einer Aktiengesellschaft weisen die Anteilsscheine demgegenüber – wie gezeigt – ganz regelmäßig keinen Wert mehr auf, da die Forderungen der Aktionäre allen anderen im Rang nachgehen und ein Überschuss nach § 199 S. 2 InsO nicht erwartet werden kann.43 Angesichts der Wertlosigkeit der Aktien widerspräche es den insolvenzrechtlichen Wertungen, wenn über ein Barabfindungangebot den Altaktionären ein Wert zufließen würde, der die insolvenzrechtliche Befriedigungsreihenfolge konterkariert.44 Der Vorrang des Insolvenzrechts gegenüber gesellschaftsrechtlicher Minderheitenschutzregelungen steht daher schon dem Erfordernis eines solchen Pflichtangebots entgegen.45 dd) Auswirkungen und Gestaltungsspielräume Das reguläre Delisting und das Downlisting bedürfen keiner Befassung der Hauptversammlung. In der Insolvenz fällt die Kompetenz dem Insolvenzverwalter zu.46 Verbleibenden Aktionären ist kein Abfindungsangebot zu unterbreiten. tien ohne Sanierung); Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 4. 43 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1406; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1213; Hein, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 4; anders aber Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 5a; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 507, die eine Verpflichtung für eine Barabfindung annehmen, aber aufgrund der regelmäßigen Wertlosigkeit zu einem Angebotspreis von Null kommen. 44 Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Schuldentausch die Erfolgsaussichten der geplanten Sanierung verbessert. Teilweise wird in der Literatur zwar eine Hauptversammlungszuständigkeit und ein Pflichtangebot gefordert, wenn der Sanierungsplan zum Erhalt des insolventen Rechtsträgers führt, da in diesen Fällen die Aktien eine werthaltige Eigentumsposition verkörpere, etwa Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1406. Dem kann aber nicht gefolgt werden. Die Gläubiger entscheiden den Schuldner zu reorganisieren und über einen (teilweisen) Verbleib der Altaktionäre. Es widerspräche der insolvenzrechtlichen Befriedigungsreihenfolge, wenn die Entscheidung für eine Befriedigungsalternative dazu führt, dass den Altaktionären ein Pflichtangebot zu unterbreiten wäre. Etwas anderes ließe sich nur dann begründen, wenn ausnahmsweise ein Überschuss im Sinne des § 199 S. 2 InsO zu erwarten wäre. Zu beachten ist jedoch, dass die Auffassung von Grub/Streit unter dem Eindruck der InsO a. F. erging. Hier war der sich aus der rechtsträgererhalten Sanierung ergebende Fortführungswert noch den Gesellschaftern zugewiesen. Dies ist nach reformierter InsO nicht mehr der Fall. Aufgrund des insolvenzrechtlichen Primats verbleibt auch für ein auf verwaltungsrechtlichen Schutz gestütztes Abfindungsgebot (vgl. Hüffer/Koch, AktG, § 199 Rn. 32) kein Raum. 45 Der Widerspruch offenbart sich auch dadurch, dass für die Höhe des angemessenen Barabfindungsangebots der volle Wert der Aktien zugrunde zu legen wäre, den der durchschnittliche Börsenwert indiziert. In der Insolvenz einer überschuldeten Gesellschaft ist dieser aber als Indikator für den wahren Wert der Aktien unbrauchbar. Hierzu unter E.V.2.a)cc)(2)(d)(cc). 46 Etwa Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 170 (Börsengängigkeit und Börsenbenutzungsverhältnis sind genuin massebezogen und fallen in den Verdrängungsbereich).

308

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Dies gilt auch im Fall des kalten Delistings durch einen Kapitalschnitt auf Null: Hier verbleiben schlichtweg keine Altaktionäre in der Gesellschaft. Die Kapitalerabsetzung beschließt hier die Hauptversammlung oder – bei Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzplanverfahren – die Beteiligtenversammlung; eines Abfindungsangebots bedarf es ebenfalls nicht. Ausgehend von dem Vorgenannten ergeben sich dergestalt Spielräume für Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis. Der Kapitalschnitt auf Null ermöglicht ein Delisting durch den Untergang der Börsenzulassung der bisher bestehenden Aktien, wenn solch ein Rückzug von den einrückenden Gläubigern angestrebt wird.47 d) Ergebnis Die Börsenzulassung besteht in der Insolvenz der Gesellschaft grundsätzlich fort. Außer der Möglichkeit eines regulären Delisting über einen Antrag nach § 39 Abs. 2 BörsG können über im Insolvenzplan vorgesehene Kapitalmaßnahmen auch zu einem Rückzug von der Börse im Wege eines sogenannten Cold Delisting führen. Die hierfür von der Literatur und älteren Rechtsprechung aufgestellte Anforderung einer Angebotspflicht dient dem gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz und kann daher – unabhängig von einer zukünftigen Rechtsprechungsänderung – in der Insolvenz wegen dem Vorrang des Insolvenzrechts und der insolvenzrechtlichen Wertungen keine Anwendung finden. 3. Übernahmerechtliches Pflichtangebot a) Einleitung Sofern die Aktien zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind48, müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen des Wertpapiererwerbs- und Wertpapierübernahmerechts beachtet werden, § 1 Abs. 1 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG).49 Nach §§ 35, 14 Abs. 2 WpÜG muss derjenige, der unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt hat, die Kontrollerlangung unverzüglich unter Angabe der Höhe seines Stimmrechtsanteils veröffentlichen und hat danach grundsätzlich innerhalb von vier Wochen den außenstehenden Aktionären ein Angebot zur Übernahme aller Aktien zu unterbreiten. Die Pflicht zur Angebotsunterbreitung bezweckt den gesellschaftsrechtlichen Schutz der Minderheitsaktionäre, denen angesichts des Auftretens eines einflussreichen Mehrheitsgesellschafters die Möglichkeit zur Veräußerung ih47 Für die Gründe eines solchen „Going Private“ etwa Richard/Weinheimer, BB 1999, 1613, 1617 ff. Siehe auch Schockenhoff, ZIP 2013, 2429, 2433 f. 48 Zum Begriff des organisierten Marktes, der im Freiverkehr (Entry Standard [Frankfurt], m:access [München]) gehandelte Aktien nicht erfasst, siehe Meyer, in: Mülbert/Habersack/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 36 Rn. 11. 49 Zu den Zielen des WpÜG, RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 1 f. u. S. 28 r. Sp.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

309

rer Aktien zu einem angemessenen Preis außerhalb eines öffentlichen Übernahmeangebots eingeräumt werden soll, weswegen die Kontrollerlangung durch ein öffentliches Übernahmeangebot keine Verpflichtung zur Angebotsunterbreitung auslöst (§ 35 Abs. 3 WpÜG).50 Zudem hat die Vorschrift die kapitalmarktrechtliche Funktion, den Aktionären, die ihre Erwerbsentscheidung vor der Kontrollübernahme getroffen haben, den Ausstieg aus ihrer Investition zu ermöglichen.51 Erwirbt ein Investor die Kontrolle, so muss er den übrigen Aktionären übernahmerechtliches Pflichtangebot zum Erwerb ihrer Aktien nach Maßgabe von §§ 35 ff. WpÜG unterbreiten oder sich eine behördliche Befreiung erteilen lassen.52 Das Pflichtangebot schützt somit das Vertrauen in die Kontinuität der bisherigen Mehrheitsverhältnisse in der börsennotierten Aktiengesellschaft. Eine uneingeschränkte Angebotspflicht wäre in Sanierungs- und Reorganisationsfällen eine große Hypothek für die beteiligten Gläubiger. Sähe beispielsweise der Insolvenzplan vor, dass die Altaktionäre nicht vollständig ausscheiden, so wäre ein Pflichtangebot mit einem nicht unerheblichen finanziellen Risiko im Hinblick auf die damit verbundenen Transaktionskosten verbunden.53 Denn es bestünde die Möglichkeit, dass eine unvorhersehbare Anzahl von Aktionären das Angebot annimmt. Die einrückenden Gläubiger haben indes in der Vielzahl der Fälle weder das Interesse an der noch die Mittel für eine Vertiefung ihres Engagements. Im Folgenden wird daher untersucht, ob einrückende Gläubiger die Angebotspflicht nach § 35 WpÜG treffen kann. b) Regelungsinhalt des § 35 WpÜG aa) Kontrollerlangung über eine Zielgesellschaft Die Pflicht nach § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG setzt die Kontrollerlangung voraus. Nach der Vorschrift des § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt derjenige die Kontrolle im Sinne des WpÜG, der mindestens 30 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft auf sich vereint. Eine faktische Kontrolle trotz Unterschreitens der Schwelle ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich.54 Auf die Art der Erlangung kommt es dabei nicht an. 50 RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 30 l. Sp.; Schlitt/Ries, in: MünchKommAktG, § 35 WpÜG Rn. 5 ff. m.w. N.; Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 526. 51 Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 526 f. 52 Investoren streben häufig eine Mehrheitsbeteiligung an, um die Sanierung entscheidend mitzubestimmen, nur Redeker, BB 2007, 673, 678. 53 Redeker, BB 2007, 673, 678; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 285; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 21. 54 Hierzu und zu den Gründen für die 30 Prozent-Schwelle: Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2153.

310

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Bedeutungslos ist, ob der Erwerb börslich oder außerbörslich erfolgt.55 Damit unterfällt auch der Erwerb von Aktien im Wege der Kapitalerhöhung grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 35 WpÜG.56 Unbeachtlich ist dabei, um welche Art der Kapitalerhöhung es sich handelt: Auch Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen zu Sanierungszwecken können demnach zu einer Kontrollerlangung führen.57 Bei der Sanierung außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens, etwa bei einem außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap, ist die Kontrollerlangung möglich.58 Auch im Wege der insolvenzlichen Kapitalerhöhung ist die Kontrollerlangung möglich. Banken oder NPL-Investoren, die sich als Großgläubiger an der Sanierung mittels Schuldentausch beteiligen, erlangen damit gegebenenfalls die Kontrolle im Sinne der Vorschrift59: Ihnen wird im Regelfall daran gelegen sein, mehr als 30 Prozent der Aktien zu erwerben, um sicherzustellen, dass die zur Sanierung notwendigen Maßnahmen durchführbar sind und nicht am Widerstand der übrigen Aktionäre bzw. verbleibenden Altaktionäre scheitern.60 bb) Zurechnung nach § 30 WpÜG Eine Kontrollerlangung setzt nicht zwangsläufig voraus, dass eine Person auch selbst 30 Prozent der Anteile an der Schuldnergesellschaft hält. § 30 WpÜG ergänzt § 29 Abs. 2 WpÜG durch Zurechnungstatbestände. Während die in § 30 Abs. 1 WpÜG normierten Zurechnungstatbestände keine Probleme bereiten61, wirft die Zurechnungsnorm des § 30 Abs. 2 WpÜG im Rahmen des insolvenzlichen Debt Equity Swap Fragen auf. Der durch § 35 WpÜG angestrebte Schutz der Minderheitsgesellschafter wäre lückenhaft und leicht umgehbar, wenn die Angebotspflicht nur dann griffe, wenn die Stimmrechte auf eine Person vereint wären oder ihr wegen einer besonderen rechtlichen Beziehung zugerechnet würden. Stimmen sich mehrere, deren Beteiligungshöhe allein den entscheidenden Schwellenwert nicht erreicht, in ihrem Verhalten ab, so vermittelt ihnen dies un55

Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 35 WpÜG Rn. 69 m.w. N. Zur Frage, ob die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit in der Hauptversammlung die Befreiung von der Angebotspflicht begründet etwa Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 35 WpÜG Rn. 47 m.w. N. 57 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 35 WpÜG Rn. 70 mit Verweis auf Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Redeker, BB 2007, 673, 678; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 285. 58 Nur Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552; Redeker, BB 2007, 673, 678; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 285 f.; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 21. 59 § 238a InsO führt im Rahmen des § 35 WpÜG zu keiner Veränderung der Stimmrechtsanteile, etwa Simon, CFL 2010, 448, 449; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 122. 60 Nur Redeker, BB 2007, 673, 678. 61 Zur Kritik an § 30 Abs. 1 WpÜG nur Halász/Kloster, WM 2006, 2152, 2153. 56

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

311

ter Umständen eine erhebliche unternehmerische Einflussmöglichkeit. Eine Zurechnung erfolgt nach § 30 Abs. 2 WpÜG auch in den Fällen, in denen ein Investor (oder eine Tochtergesellschaft) sich mit anderen Aktionären abstimmt und sein Verhalten nachhaltig koordiniert.62 Über ein solches „acting in concert“ kann sich auch beim insolvenzlichen Debt Equity Swap eine Angebotspflicht ergeben.63 Eine solche Abstimmung nach § 30 Abs. 2 WpÜG kommt in verschiedenen Konstellationen in Betracht. Zwei oder mehr Investoren erwerben Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft mit dem Ziel der Beteiligung im Wege eines insolvenzlichen Debt Equity Swap.64 In Betracht kommt auch, dass mehrere Konsortialbanken einen Konsortialkredit nur teilweise einbringen und sich im Rahmen ihres Konsortialvertrages abstimmen. Oder eine Vielzahl von Schuldverschreibungsinhabern, deren Rechte durch einen gemeinsamen Vertreter wahrgenommen werden, beteiligt sich an einem Schuldentausch.65 Zu beachten ist dabei aber, dass kein acting in concert stattfindet, wenn es sich um einen bloßen parallelen Aktienerwerb durch verschiedene Gläubiger handelt66; auch wenn es sich dabei jeweils um Parteien ein und desselben Konsortialkredits handelt.67 62 BGH v. 18.9.2006 – II ZR 137/05, BGHZ 169, 98, 104 – WMF. Zum außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap eingehend Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 37 Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 639; Halász/ Kloster, WM 2006, 2152, 2152 ff.; Ekkenga, ZGR 2009, 581 ff.; Redeker, BB 2007, 673, 678 jew. m.w. N. 63 Zum „acting in concert“ beim außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap etwa Franke, Debt Equity Swaps, S. 185 ff.; Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 85 ff.; Redeker, BB 2007, 673, 678. 64 Teilweise wird für den außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap angenommen, dass ein acting in concert i. S. d. Zurechnungsregelung des § 30 Abs. 2 S. 1 WpÜG bereits dann vorliegt und die Pflicht zur Abgabe des Übernahmeangebots auslöst, wenn die Gläubiger mit einer Mehrheit der (Alt-)Aktionäre die hierfür notwendigen Kapitalmaßnahmen abstimmen. Für die Anwendung des Zurechnungstatbestandes ist nämlich unerheblich, ob der Gläubiger eine Aktie der Zielgesellschaft besitzt. Nach § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG findet dann aber keine Zurechnung statt, wenn die Ausübung der Stimmrecht im Einzelfall geschieht. Denn im Einzelfall fehlt es an der dauerhaften Einflusskoordination auf Grundlage einer gemeinsamen, konkret gefassten unternehmerischen Absicht, die über allgemein gehaltene Vorstellungen hinausgeht (BGH v. 18.9.2006, II ZR 137/05 – BGHZ 169, 89, 108 – WMF), hierzu etwa die Darstellung bei Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 30 WpÜG Rn. 29 ff. Für den insolvenzlichen Debt Equity dürfte ähnliches gelten, allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass die Koordination im Rahmen des Planverfahrens – bei unterstellter Anwendbarkeit des § 35 WpÜG im Insolvenzverfahren – gerade gesetzlich angeordnet ist. Zumindest für die Abstimmung vor Eröffnung des Insolvenverfahrens schützt das Einzelfallprivileg des § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG. 65 Vgl. Friedl, BB 2012, 1102, 1107. 66 Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 37; Redeker, BB 2007, 673, 678. 67 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 285, die darauf hinweisen, dass auch die intensive Abstimmung der an dem Debt Equity Swap teilnehmenden Gläubiger in Be-

312

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Die Gegenleistung ist nach Art und Höhe entsprechend §§ 39, 31 i.V. m. §§ 3– 7 WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngebV)68 zu bestimmen. Danach hat der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Bei der Bestimmung der angemessenen Gegenleistung sind grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter, mit ihm gemeinsam handelnder Personen oder deren Tochtergesellschaft zu berücksichtigen. c) Sanierungsbefreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG aa) Voraussetzungen Die Kontrollerlangung zieht die Pflicht zum Angebot an die außenstehenden Aktionäre nach § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG nach sich. § 37 WpÜG ermöglicht in den Fällen, in denen die Angebotspflicht nicht sachgerecht erscheint, die Erteilung einer Befreiung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zuständige Aufsichtbehörde.69 Die Voraussetzungen hierfür ergeben sich aus § 37 Abs. 1 WpÜG i.V. m. § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-AngebV. Die Sanierungsbefreiung muss nach § 37 Abs. 1 WpÜG i.V. m. § 8 S. 1 WpÜG-AngebV bei der BaFin schriflich beantragt werden. Der Antrag hat die in § 10 WpÜG-AngebV genannten Angaben zu enthalten, die nach § 11 WpÜG-AngebV erforderlichen Unterlagen sind beizufügen. Da der Antrag bereits vor Erlangung der Kontrolle gestellt werden kann, ist eine Einholung der Befreiung vor der Bestätigung des Planes möglich.70 Zu den Befreiungstatbeständen zählt nach § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-AngebV auch die Kontrollerlangung im Zusammenhang mit der Sanierung der Gesellschaft. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass ein Anteilserwerb in der Krise der Gesellschaft allen Gesellschaftern zugute kommt und die Angebotspflicht sanierungsbereite Investoren abschrecken würde.71 Den Zusammenhang mit der Sanierung weist der Antragssteller durch den Vortrag der Sanierungsbedürftigkeit, der Sanierungsfähigkeit und der Leistung eines Sanierungsbeitrags nach.72 Auzug auf alle erforderlichen Kapitalmaßnahmen und Umsetzungsbeschlüsse keine Abstimmung darstellt, die eine Zurechnung begründet, da es sich hierbei um punktuelle Maßnahmen im Rahmen eines Einzelfalls handelt (Einzelfallprivileg des § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG). Diese – zum außerinsolvenzlichen Schuldentausch ergangenen – Ausführungen lassen sich auf den insolvenzlichen Debt Equit Swap übertragen. 68 Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots v. 27.12.2001, BGBl. I, S. 4263. 69 Etwa – auch zur enormen praktischen Bedeutung der Befreiung – Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 5 f. 70 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2 Rn. 25. 71 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, Anh. zu § 37 WpÜG Rn. 16.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

313

ßerhalb des eröffneten Insolvenzverfahrens mag das Vorliegen dieser Voraussetzungen im Einzelfall fraglich sein, weil die BaFin den Begriff des „Sanierungsfalles“ eng auslegt.73 Bei der Teilnahme an einem Debt Equity Swap in der Insolvenz der Aktiengesellschaft sind die materiellen Voraussetzungen hingegen erfüllt. Der Schuldner ist (drohend) zahlungsunfähig oder überschuldet, ein Insolvenzgrund gemäß §§ 17 ff. InsO ist gegeben. Die Sanierungsbedürftigkeit ist insofern offenkundig.74 Zum Nachweis der Sanierungsfähigkeit fordert die BaFin die Vorlage eines Sanierungskonzepts, das von einem Wirtschaftsprüfer oder anerkannten Sanierungsberater erstellt oder plausibiliert und bestätigt wurde.75 Unter Berücksichtigung des mit der Erstellung eines solchen Konzepts verbundenen Zeit- und Kostenaufwand76, ist angesichts der ausführlichen Darstellung des Sanierungskonzepts – insbesondere der bereits eingeleiteten und noch geplanten leistungs- und finanzwirtschaftlichen Maßnahmen – im darstellenden Teil des Insolvenzplans77, an diesem Erfordernis nicht festzuhalten. Das Insolvenzplanverfahren bietet als gerichtliches Verfahren mit strengen prozeduralen Vorgaben eine ausreichende Richtigkeitsgewähr.78 Die Prüfung des Plans durch den Gläubigerausschuss, die Schuldnerin und den Verwalter (§ 232 InsO), die Verabschiedung durch die Beteiligten im Abstimmungs- und Erörterungstermin (§ 235 InsO) und die gerichtliche Bestätigung (§ 248 InsO) verhindern einen Missbrauch des Dispenses nach § 37 WpÜG i.V. m. §§ 8 ff. WpÜG-AngebV.79 Eine zweite Plausibilitätsprüfung

72 Hierzu etwa OLG Frankfurt v. 25.6.2004 – WpÜG 5/03 et al., ZIP 2004, 1309, 1312 f.; Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, Anh. zu § 37 WpÜG Rn. 17; Redeker, BB 2007, 673, 678. 73 Die Aufsichtsbehörde stellt in ihrer Praxis auf den Begriff der bestandsgefährdenden Risiken nach § 322 Abs. 2 HGB ab, nur Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 40 (restriktiver Standpunkt der BaFin); Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 24; Sydow/Beyer, AG 2005, 635, 643; Redeker, BB 2007, 673, 678 m.w. N., die jeweils für eine weite Auslegung plädieren (gesellschaftsrechtliche Krise ausreichend). 74 Vgl. Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, Anh. zu § 37 WpÜG Rn. 18. Die Parallelen zu den Voraussetzungen des Sanierungsprivilegs nach § 39 Abs. 4 S. 2 InsO sind offensichtlich, siehe unter E.VII.9.c). Hier wie dort soll durch Konkretisierung des Sanierungszusammenhangs sichergestellt werden, dass die jeweiligen Ausnahmen tatsächlich nur dem genuinen Sanierer zugutekommen. Wenig überraschend greifen daher Teile der Literatur zur Ausfüllung des Begriffs auf die zu § 39 Abs. 4 S. 2 InsO (bzw. der Vorgängerregelung des § 32 Abs. 3 S. 3, Abs. 1 GmbHG a. F.) ausgearbeiteten Grundsätze zurück. Siehe hierzu statt vieler: Franke, Debt Equity Swaps, S. 218 ff. 75 Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 286; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 702. 76 Etwa Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 60 (Erteilung des Dispenses nicht nur Formalität). 77 Beispiel bei Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 558 ff. 78 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 702 f. 79 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 702 f.

314

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

durch die BaFin wäre eine unnötige Redundanz. Der Insolvenzplan weist mithin die Sanierungsfähigkeit nach. Der Nachweis eines angemessenen, maßgeblichen und für den Fortbestand der Gesellschaft unverzichtbaren Sanierungsbeitrags80 gelingt ebenfalls: Die sanierenden Wirkungen des Debt Equity Swap – insbesondere die Entschuldung – wurden eingehend beschrieben.81 Die Übernahme unternehmerischer Verantwortung bei gleichzeitiger Stärkung der Eigenkapitalbasis ist von entscheidender Bedeutung für die Sanierung und erfüllt damit die Anforderungen an einen Sanierungsbeitrag im Sinne der Vorschrift.82 bb) Rechtsfolge: Ermessensentscheidung der BaFin Die Erteilung der Befreiung von der Pflicht zum Angebot an die übrigen Aktionäre ist eine Ermessensentscheidung der BaFin.83 Diese hat grundsätzlich die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen, dem Interesse des die Kontrolle Erlangenden ist indes ein Vorrang einzuräumen, wenn die materiellen Voraussetzungen vorliegen.84 Einer Interessenabwägung bedarf es dann nicht, wenn die Gesellschafter als Beteiligte dem Insolvenzplan und damit der Umsetzung des Schuldentausches zugestimmt haben bzw. ihre Zustimmung erfolgen wird.85 Es fragt sich jedoch, ob die BaFin ein Ermessen ausüben kann, wenn dies nicht der Fall ist, d.h. die Aktionäre die Umsetzung des Plans – und damit des Debt Equity Swap – ablehnen, ihre Zustimmung aber nach Maßgabe des §§ 245 Abs. 1, Abs. 3, 246a InsO fingiert werden kann. Liegen alle Voraussetzungen des Dispenses vor, kann in aller Regel von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden.86 Findet der Beteiligungserwerb im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens statt, ist der insolvenzrechtliche Vorrang der Gläubigerinteressen und die Funktion der Schuldnergesellschaft als Haftungsobjekt der Gläubiger – ohne deren Sanierungsbereitschaft die Aktien ersatzlos untergegangen wären – zu berücksichtigen. Im Ergebnis ist daher immer von einer Befreiung von der

80

Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 703. Siehe unter B.IV.1. 82 Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 42; auch zur Frage der Erbringung eines Sanierungsbeitrags durch eine eingeschaltete Verwaltungsgesellschaft Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 703. 83 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 2. 84 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 2. 85 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 703 (Zustimmung als Einverständnis mit einer pflichtangebotsfreien Kontrollerlangung). Ähnlich Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 27. 86 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 63; Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 37 Rn. 83. 81

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

315

Pflicht zur Abgabe eines Pflichtangebots für den Fall der Übernahme einer Beteiligung im Wege des insolvenzlichen Debt Equity Swap auszugehen.87 d) Anwendbarkeit des § 35 WpÜG in der Insolvenz aa) Keine Anwendung bei Kapitalschnitt auf Null Die Notwendigkeit eines Sanierungsbefreiungsantrags setzt jedoch voraus, dass § 35 WpÜG seinem Schutzzweck nach überhaupt anwendbar ist. Nach § 1 WpÜG ist das WpÜG nur anzuwenden, wenn es sich um Angebote zum Erwerb von Wertpapieren handelt, die von einer Zielgesellschaft ausgegeben wurden und zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Erwerben die einrückenden Gläubiger die Kontrolle im Rahmen eines Kapitalschnitts auf Null, erlischt die Börsenzulassung der bestehenden Aktien. Zum Zeitpunkt des Kontrollerwerbs sind die Wertpapiere daher nicht mehr an einem organisierten Markt zugelassen. Der Anwendungsbereich des § 1 WpÜG ist in diesen Fällen bereits nicht eröffnet.88 bb) Sonstige Fälle: Teleologische Reduktion des § 35 WpÜG (1) Primat des Insolvenzrechts In allen anderen Fällen stellt sich hingegen die Frage der Anwendbarkeit bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap. In Betracht kommt eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift aufgrund des Vorrangs des Insolvenzrechts. Sind die Schutzadressaten der Vorschrift bereits durch die insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen geschützt, ist für einen gesellschaftsrechtlichen oder kapitalmarktrechtlichen Schutz, der auf die außerinsolvenzliche Situation zugeschnitten ist und den insolvenzrechtlichen Gläubigervorrang nicht beachtet, kein Raum. Erfasst der Schutzbereich hingegen auch Dritte, die nicht Beteiligte des Insolvenzverfahrens sind, verbleibt der Norm ein Anwendungsbereich. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der übrigen Minderheitsaktionäre.89 Die Pflicht zur Gleichbehandlung nach § 3 Abs. 1 WpÜG entspricht dem aktienrecht87 Zur Vermeidung der Konsequenzen einer Ablehnung kann der Befreiungsantrag nach § 8 S. 2 WpÜG-AngVO schon während des Insolvenzplanverfahrens und somit vor Erlangung der Kontrolle gestellt werden, um sicherzustellen, dass die Befreiung zum entscheidenden Zeitpunkt vorliegt. Der Plan kann zudem unter die Bedingung der Erteilung gestellt werden, § 249 InsO. Hierzu – und zu weiteren Verfahrensfragen – Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704; auch Redeker, BB 2007, 673, 678; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 60. 88 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1214; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 62. 89 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 35 WpÜG Rn. 6 m.w. N.

316

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

lichen Gebot der Gleichbehandlung in § 53a AktG. Bei dem insolvenzlichen Debt Equity Swap stellt sich zum einen die Frage, ob § 35 WpÜG im Verhältnis zu den mit einrückenden Gläubiger anwendbar ist, d.h. ein einrückender (Groß-) gläubiger – der mehr als 30 Prozent Beteiligungshöhe erreicht – den anderen Neuaktionären ein Übernahmeangebot machen muss. Zum anderen ist fraglich, ob verbleibende Altaktionäre den Schutz des § 35 WpÜG verdienen, oder ob eine teleologische Reduktion aufgrund insolvenzrechtlichen Vorrangs vorzunehmen ist. (2) Keine Schutzbedürftigkeit der Altaktionäre Sieht indes der Insolvenzplan einen teilweisen Verbleib der Altaktionäre vor, so verbbleiben an einem organisierten Markt zugelassene Aktien und der Anwendbarkeit ist prima vista eröffnet. Eine Nichtanwendbarkeit könnte sich indes aus der besonderen Interessenlage bei einer Insolvenz ergeben. Im Gegensatz zu ordentlichen Kapitalerhöhungen außerhalb eines Insolvenzverfahrens oder im Rahmen außerinsolvenzlicher Sanierungen treten die Interessen der bisherigen Aktionäre hinter die Interessen der Gläubiger zurück. Sowohl der Fortbestand der Schuldner(aktien)gesellschaft als auch der teilweise Verbleib der Altaktionäre ist Folge der Gläubigerentscheidung den Schuldner nicht abzuwickeln, sondern zu reorganisieren. Ausgehend von dieser Prämisse ist auch in Bezug auf § 35 WpÜG das Insolvenzrecht prioritär. Es wurde bereits festgestellt, dass das Insolvenzrecht die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften betreffend den Minderheitenschutz und der Gleichbehandlung überlagert.90 Ob man die die Vorschrift im Gesellschaftsrecht oder im Kapitalmarktrecht verortet91, spielt für das Auslegungsergebnis keine Rolle. Das Pflichtangebot nach § 35 WpÜG gewährt ein geregeltes Austrittsrecht in einem fairen und gleichen Verfahren. Ein die Geschicke der Aktiengesellschaft stärker beeinflussender Mehrheitsaktionär führt durch seine Mehrheitsmacht zu einer Entwertung der Position der Minderheitsaktionäre, kann er doch durch seine Mehrheitsmacht die Geschicke der Gesellschaft nachteilig beeinflussen. Außerhalb der Insolvenz ist deshalb die Möglichkeit der Minderheitsaktionäre zu deinvestieren sachgerecht. Auch ist ihr Vertrauen in die Kontinuität der bisherigen Mehrheitsverhältnisse in der börsennotierten Aktiengesellschaft schützenswert.92 In der Insolvenz verdienen die Altaktionäre den durch § 35 WpÜG vermittelten Schutz jedoch nicht. Ohne den Eintritt der Neuaktionäre durch den

90

Siehe hierzu E.VI.2. Statt vieler Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 35 WpÜG Rn. 8 m.w. N.; Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 526 f. 92 Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 35 WpÜG Rn. 4; Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 526 f. 91

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

317

Schuldentausch gingen ihre Anteilsrechte entschädigungslos unter.93 Ihre Anteile sind als organisationsrechtliche Formalpositionen nur ein Vehikel für den Zugriff auf einen Fortführungswert.94 Den rettenden – und in der Befriedigungshierarchie vorrangigen – Gläubiger mit einer Angebotspflicht zu belasten, ist sinnwidrig.95 Erwähnenswert ist auch, dass – auch wenn es zu einer Manifestation dieses Konflikts angesichts der möglichen Befreiung von der Angebotspflicht nicht kommen wird – die Wertungen des WpÜG und des Insolvenzverfahrens konfligieren. Für die Bemessung der Gegenleistung ist gem. § 5 Abs. 1 WpÜGAngebV grundsätzlich der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien zu berücksichtigen. In der Insolvenzsituation ist der Börsenkurs jedoch aufgrund spekulativer Verzerrungen von unzureichender Aussagekraft.96 Ein (überhöhtes) Angebot auf dieser Grundlage würden wohl viele Aktionäre annehmen, die sanierungsbereiten Gläubiger wären – über ihre Sanierungsbeiträge hinaus – erheblichen finanziellen Belastungen ausgesetzt; die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften wäre angesichts dieser Unwägbarkeit selten. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten würden Insolvenzpläne regelmäßig ein vollständiges Ausscheiden der Altgesellschafter im Wege eines Kapitalschnitts auf Null vorsehen – auch wenn ein teilweiser Verbleib der Altgesellschafter im Einzelfall nutzbringender wäre97 –98, da der Weg über eine Bedingung des Planes nach § 249 InsO zwar die Belastung abwenden, gleichzeitig aber auch das Scheitern der Sanierung bedeuten würde.99 Zöge man jedoch für ein Pflichtangebot den Zerschlagungswert heran, würde voraussichtlich kein Altaktionär ein Angebot annehmen, da dies – ausgehend von der Annahme der Wertlosigkeit bei Überschuldung der Gesellschaft – zu einem entschädigungslosen Ausscheiden führen würde.100 Beide Varianten offenbaren, dass für die Pflicht nach § 35 Abs. 1 S. 1 WpÜG im Rahmen des insolvenzlichen Debt Equity Swap kein Raum besteht. Insoweit ist der Anwendungsbereich der Vorschrift teleologisch zu reduzieren.101 Dem stehen aus vorgenannten Gründen auch keine europarechtlichen Bedenken entgegen.102 93

Siehe hierzu unter E.III.3.a). Statt vieler Braun, in: FS Fischer, S. 53, 68. Siehe hierzu unter E.III.3.a). 95 Ebenso Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 702 (Perversion der insolvenzrechtlichen Wertungen); Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 25. 96 Siehe hierzu unter E.V.2.a)cc)(2)(d)(cc). 97 Das erkennt auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 25. 98 So jetzt beispielsweise der „Praxistipp“ von Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 25. 99 Vgl. Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704. 100 Hierzu statt vieler Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 688. 101 Die teleologische Reduktion des WpÜG wird auch für andere Sachverhalte vorgeschlagen, in denen die Ziele des Gesetzes leerlaufen, etwa Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, S. 488 ff. 94

318

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

(3) Keine Schutzbedürftigkeit mit einrückender Gläubiger Nicht nur den Altaktionären, auch den übrigen Teilnehmer des Debt Equity Swap muss über § 35 WpÜG keine Austrittsmöglichkeit eingeräumt werden. Die Teilnehmer eines Debt Equity Swap bringen ihre Forderungen im Tausch gegen Aktien des Schuldners ein. Sie haben einer Teilnahme am Schuldentausch sowie der im Insolvenzplan vorgesehenen Einbringungsverhältnisse zugestimmt. Es wäre widersinnig, wenn den Neuaktionären trotz Inkaufnahme des Kontrollerwerbs durch einen Gläubiger unmittelbar nach Umsetzung des Plans und Abschluss des Insolvenzverfahrens ein öffentliches Angebot zu unterbreiten wäre. Diese Auslegung stützt erneut ein Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie dient auch dem Schutz des Kapitalmarkts: Das Vertrauen von Investitoren in die Kontinuität der Mehrheitsverhältnisse zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung wird geschützt.103 Für einen derartigen Vertrauensschutz fehlt es indes völlig bei einer Aktienübernahme im Rahmen eines Insolvenzplanes.104 (4) Vereinbarkeit mit der Übernahmerichtlinie Ein solche Beschränkung der Pflicht aus § 35 WpÜG verstößt auch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 der Übernahmerichtlinie. 105 Nach dieser Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass bei einem Kontrollerwerb den Minderheitsaktionären ein Pflichtangebot unterbreitet werden muss. Für den telos dieser Richtlinie gilt auch das Vorgenannte. Ihr Anwendungsbereich umfasst den Kontrollerwerb in der funktionsfähigen, werbenden Gesellschaft. Bereits aus dem Erwägungsgrund (9) ergibt sich dieser Schutzzweck und er konkretisiert sich durch Art. 3 Abs. 1 Buchst. d), Art. 5 ff. der Übernahmerichtlinie. Mit dem insolvenzrechtlichen Vorrang der Gläubiger ist ein wertpapierrechtliches Pflichtangebot nach Kontrollerlangung zugunsten der in der Schuldnergesellschaft verbleibenden Altaktionäre nicht zu vereinbaren.

102 Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG v. 30.4.2004, L 142 S. 12, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 219/2009 v. 11.3.2009, ABl. EU Nr. L 87 S. 109, steht mangels Schutzzweckeröffnung nicht entgegen; vgl. etwa Erwägungsgrund (9). 103 Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 35 WpÜG Rn. 4; Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 526 f. 104 Auch im Hinblick auf den Schutzzweck „Schutz vor ineffizienten Unternehmensübernahmen“ (vgl. Veil, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 527) gilt nichts anderes. Bei insolvenzliche Reorganisationen kann dieser Schutz nicht greifen. 105 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4. 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU Nr. L 142/12 v. 30.04.2004.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

319

(5) Aufsichtsbehördliche Befreiung unzureichend Zwar werden – worauf eingegangen wurde106 – bei insolvenzlichen Sanierungen mittels eines Schuldentauschs ganz regelmäßig die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Angebotspflicht nach § 37 Abs. 1 WpÜG i.V. m. § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngebV)107 vorliegen. Im Gegensatz zu außerinsolvenzlichen Sanierungen besteht wegen der Offenkundigkeit der Interessenlage kein Bedürfnis, eine gesetzliche Pflicht des Kontrollerwerbers vorzusehen, von welchem durch eine aufsichtsbehördliche (Ermessens-)Entscheidung im Einzelfall entbunden werden kann.108 Trotzdem verbleiben in diesem Zusammenhang Rechtsunsicherheiten.109 Mag die Entscheidung der BaFin auch vorgezeichnet sein, es verbleibt ein Rest an Unsicherheit, dessen Ausräumung – durch die Einholung der Befreiung – mit Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist.110 Eine Rechtfertigung für eine Ausnahme von der Angebotspflicht ergibt sich bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen auch nicht dadurch, dass die Aktien im Zuge einer Kapitalerhöhung ohne oder unter Ausschluss des Bezugsrechts erworben wurden. In der Literatur wird im Zusammenhang mit § 37 WpÜG diskutiert, ob eine Kontrollerlangung durch eine ordentliche Kapitalerhöhung, die von mindestens einer qualifizierten Mehrheit der Aktionäre (ohne Mitwirkung des späteren Kontrollerwerbers) auf der Hauptversammlung beschlossen wurde, eine ausdrückliche oder konkludente Befreiung von der Angebotspflicht konstituiert.111 Auf die Insolvenzsituation lassen sich die für eine Befreiung von der Angebotspflicht vorgetragenen Argumente jedoch nicht übertragen. Sind die Aktien nach §§ 225a Abs. 1, 217 S. 2 InsO in das Insolvenzplanverfahren einbezogen, so beschließt die Gläubigerversammlung die für eine Umwandlung von Gläubigerforderungen in Aktien des Schuldners erforderlichen Kapitalmaßnahmen (§ 225a Abs. 2 InsO) und tritt insoweit an die Stelle der Hauptversammlung. Die Altaktionäre sind an der Abstimmung über die Annahme des Planes zu beteiligen, §§ 235 Abs. 3 S. 2, 238a, 222 Abs. 1 106

Siehe hierzu unter F.I.3.c). Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots v. 27.12.2001, BGBl. I, S. 4263. 108 So wohl auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 25, da auch er für eine Verdrängung des kapitalmarktrechtlichen Minderheitenschutzes durch das Insolvenzrecht – und insbesondere § 251 InsO – plädiert. 109 So auch Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519 (Fn. 25). 110 Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 43; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 60 (Erteilung des Dispenses nicht nur Formalität); Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 25. A. A. Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552 f.; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 61 (Einholung des Dispenses kein Sanierungshindernis). 111 Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 27, a. A. Krause/Pötzsch/ Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 37 Rn. 36 jew. m.w. N. 107

320

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Nr. 4 InsO. Angesichts der insolvenzlichen Realitäten hat ihre Stimme jedoch kein Gewicht: Ihre Planzustimmung kann praktisch immer über § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 bzw. § 246a InsO fingiert werden.112 Der Wechsel der Zuständigkeit von der Hauptversammlung zur Gläubigerversammlung entzieht dem Argument der Befreiung von der Angebotspflicht kraft ausdrücklicher oder konkludenter Zustimmung die Grundlage, da hier gerade nicht die Mehrheit der Aktionäre die Kapitalmaßnahme ohne Beteiligung des Kontrollerwerbers beschließt. (6) Schlussfolgerung An der Pflicht zur Angebotsabgabe nach § 35 WpÜG bei Kontrollerlangung im Zuge eines insolvenzlichen Debt Equity Swap ist demnach nicht festzuhalten: Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist teleologisch zu reduzieren.113 Weder den Altaktionären noch den einrückenden Gläubigen gebührt der mit der Vorschrift intendierte Schutz.114 Angesichts der mit einer solchen teleologischen Reduktion einhergehenden Rechtsunsicherheit, wird die um Rechtssicherheit bemühte Sanierungspraxis jedoch weiterhin die Aufsichtsbehörde um eine Ausnahme nach § 37 Abs. 1 WpÜG i.V. m. § 9 S. 1 Nr. 3 WpÜG-AngebV ersuchen, sofern kein Kapitalschnitt auf Null erfolgt. e) Ergebnis Im Rahmen Debt Equity Swap kann es zu einer Kontrollerlangung im Sinne des § 35 WpÜG von an dem Schuldentausch beteiligten Gläubigern kommen. Der Anwendungsbereich der Norm nimmt insolvente börsennotierte Aktiengesellschaften nicht aus. Weder den Altaktionären noch den übrigen Gläubigern und Neuaktionären ist jedoch der Schutz des § 35 WpÜG zu gewähren. Der Vorrang des Insolvenzrechts gebietet den Anwendungsbereich der Vorschrift in der Insolvenz teleologisch zu reduzieren. Zwar liegen die Voraussetzungen der Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG i.V. m. § 8 S. 1 WpÜG-AngebV beim insolvenzlichen Debt Equity Swap vor. Die Einholung der Befreiungsentscheidung ist jedoch aufgrund des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands sowie der mit behördlichem Ermessen verbundenen Unwägbarkeiten sanierungsfeindlich und kann eine teleologische Reduktion nicht ersetzen. 112 Nur K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607 f. („Mitentscheidung“ sei Euphemismus); Hölze, KTS 2011, 291, 322; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 66 (Abstimmungsverhalten bedeutungslos). 113 De lege ferenda ist die Nichtanwendbarkeit der Vorschrift klarzustellen, siehe hierzu unter H.II.3. 114 Vgl. zur generellen Kritik an der Befreiungsentscheidung der BaFin statt eines Entfalls der Angebotspflicht von Gesetz wegen: Schlitt/Ries, in: MünchKomm-AktG, § 37 WpÜG Rn. 16. Auch Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 45 (ausreichender Schutz über § 251 InsO).

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

321

4. Prospektpflicht nach WpPG a) Grundlagen Die wohlstandssteigernde Wirkung des Kapitalmarkts hängt entscheidend von seiner allokativen Funktionsfähigkeit ab. Für eine optimale Verteilung des vorhandenen Kapitals ist es unabdingbar, dass Anleger Vertrauen in die Integrität und Fairness des Kapitalmarkts haben. Um eine bestmögliche Einschätzung des bestehenden Chancen-Risiken-Potenzials zu ermöglichen, ist der Abbau von Informationsasymmetrien dabei von entscheidender Bedeutung.115 Ein wichtiger Baustein hierfür ist die Prospektpflicht. Als bedeutende Informationsquelle über die wirtschaftliche Situation des Emittenten bilden Wertpapierprospekte die Grundlage für dessen jeweilige Anlageentscheidung.116 Im Zuge des Schuldentausches bei einer insolventen Aktiengesellschaft werden durch die Kapitalerhöhung neue Aktien an die einrückenden Gläubiger ausgegeben. Fraglich ist, ob für diese neu geschaffenen Aktien einen Prospektpflicht besteht, wenn die Gläubiger die Aktien übernehmen oder eine Börsenzulassung angestrebt wird.117 Denn neue Aktien müssen förmlich zum Handel an der Wertpapierbörse zugelassen werden, da sich die bisherige Zulassung nur nur auf die Altaktien bezieht. Die wesentlichen Vorschriften finden sich im Wertpapierprospektgesetz (WpPG)118, das die Vorgaben für Wertpapierprospekte der EU-Prospektrichtlinie (ProspRL)119 umsetzt. Nach § 1 Abs. 1 WpPG gilt das Gesetz für alle Wertpa115

Wohl auch Vokuhl, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 3. BGH v. 31.5.2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7, 14; Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 36 Rn. 1, 13. Unter einem Prospekt ist ein schriftlicher Bericht zu verstehen, der Angaben enthält, die einem unbestimmten Kreis von Personen die Beurteilung von Vermögensanlagen ermöglichen sollen, RegE 2. WiKG, BT-Drucks. 10/318, S. 23. 117 Vgl. etwa Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2336; Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/ Weiß, WM 2014, 1309, 1313 ff. 118 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist, v. 22.6.2005 (BGBl. I, S. 1698), zuletzt geändert durch Art. 11 d. Gesetzes v. 20.9.2013 (BGBl. I, S. 3642). 119 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 v. 31.12.2003 S. 64. Zuletzt geändert durch Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.10.2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG (ABl. EU L 294 v. 6.11.2013, S. 13). 116

322

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

piere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt120 zugelassen werden sollen. Für diese Wertpapiere besteht – vorbehaltlich ausgewählter Ausnahmetatbestände – nach § 3 Abs. 1, Abs. 4 WpPG eine grundsätzliche Prospektpflicht. Dieses Prospekt muss den Vorgaben des WpPG und der EU-Prospektverordnung121 entsprechen. Die BaFin muss vor Veröffentlichung das Prospekt billigen.122 Verstöße gegen diese Prospektpflicht werden nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 WpPG als Ordnungswidrigkeit geahndet und gehen mit der Untersagung des öffentlichen Angebots durch die BaFin einher, § 26 Abs. 4 S. 1 WpPG. Ausnahmen ergeben sich aus § 3 Abs. 2, Abs. 3 WpPG und § 4 Abs. 1, Abs. 2 WpPG. Auch die Zulassung an einem registrierten Markt weist eine Prospektpflicht auf: Nach § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG123 i.V. m. § 3 Abs. 1 WpPG bedarf es für die Zulassung neu geschaffener Aktien an einem regulierten Markt grundsätzlich der Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts. b) Prospektpflicht bei einem Debt Equity Swap aa) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG (1) Öffentliches Angebot der Aktien Aufbauend hierauf ist zu untersuchen, ob es sich bei dem insolvenzlichen Debt Equity Swap um ein öffentliches Angebot der Gesellschaft an die Gläubiger handelt, das eine Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG auslöst. Nach § 2 Nr. 4 Hs. 2 WpPG ist ein öffentliches Angebot eine Mitteilung an das Publikum in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden.124 Bei einem Schuldentausch könnte es bereits an der Mitteilung an ein Publikum im Sinne der Vorschrift fehlen, da nur ein begrenzter und bestimmbarer Kreis von Gläubigern, etwa die Inhaber einer bestimmten Darlehensforderung oder einer Schuldverschreibung als Übernehmer

120

Hierzu zählt nur der regulierte Markt, vgl. § 32 BörsG. Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung (ABl. EU L 149 v. 30.4.2004, S. 3). 122 Überblick bei Vokuhl, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 8 ff. 123 Börsengesetz v 16.7.2007 (BGBl. I S. 1330, 1351), zuletzt geändert durch Art. 14 d. Gesetzes v. 15.7.2014 (BGBl. I S. 934). 124 Der zivilrechtliche Angebotsbegriff nach § 145 BGB ist nicht maßgebend, Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 15. Ausreichend ist, dass eine konkrete Zeichnungs- oder Erwerbsmöglichkeit besteht, Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 36 Rn. 4. 121

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

323

vorgesehen sind. Die Gesellschaft hat zudem nur eine begrenzte Anzahl von Gläubigern, die Erwerbsmöglichkeit steht mithin nicht einer unbestimmten Anzahl von Teilnehmern am Kapitalmarkt offen. Eine Vielzahl der Gläubiger ist der Gesellschaft zudem bekannt, insbesondere die Teilnehmer des Schuldentauschs. Bereits diese Begrenzung des angesprochenen Teilnehmerkreises spricht gegen das Vorliegen eines öffentlichen Angebots im Sinne des § 2 Abs. 4 WpPG. So wird die Öffentlichkeit etwa dann verneint, wenn der Personenkreis 100 Personen unterschreitet.125 Das wäre dann gegeben, wenn nur einzelne Großgläubiger, etwa Banken oder Investmentvehikel mit alternativer Alangestrategie, an dem Schuldentausch teilnehmen. Zudem ist die Situation bei einem Debt Equity Swap vergleichbar mit einer sogenannten Privatplatzierung, bei der das Angebot an einen eng abgegrenzten und bestimmbaren Personenkreis erfolgt.126 Im Ergebnis ist daher richtigerweise bereits von der Nicht-Öffentlichkeit des Angebots auszugehen.127 Im Schrifttum wird Hinblick auf das Merkmal des begrenzten Personenkreises aber auf Unsicherheiten der Auslegung durch die BaFin hingewiesen128, so dass der Vollständigkeit halber auch auf die weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 WpPG einzugehen ist. (2) Individualität der Zeichnungsentscheidung Darüber hinaus setzt ein öffentliches Angebot eine individuelle Entscheidung über den Kauf oder die Zeichnung der Wertpapiere voraus. Weit überwiegend wird eine solche individuelle Entscheidung gegeben sein. Eine solche Entscheidungshoheit begründet § 225a Abs. 2 S. 2 InsO, da kein Gläubiger gegen seinen Willen zur Teilnahme an dem Schuldentausch gezwungen werden kann. Eine Ausnahme ergibt sich nur für den Fall eines Debt Equity Swaps mit Schuldverschreibungen und der Möglichkeit des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG.129 (3) Keine Informationsasymmetrie Die Prospektpublizität dient dem Abbau von Informationsasymmetrien. Bestmögliche Aufklärung sichert die Informationseffizienz und damit letzlich die 125 Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 21; Vokuhl, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 20. 126 Vgl. Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 2 WpPG Rn. 25. 127 Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1313 f. Vgl. bereits Richter, ECFR 2009, 358, 368. 128 Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1314. 129 Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1314. Tatsächlich liegt hier eine Uniformität des Willens der Schuldverschreibungsgläubiger vor, hierzu unter F.II.3.b)cc).

324

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Funktionstüchtigkeit des Kapitalmarkts. Anleger sollen bestmöglich über den Emittent und das angebotene Wertpapier informiert sein, um Vertrauensdefizite und Missbrauch zu minimieren. Aus diesem Grund existiert die Prospektpflicht nach dem WpPG.130 Bei einem Debt Equity Swap ist dieses Informationsbedürfnis indes sehr fraglich. Die Gläubiger haben Kenntnis über die Insolvenz der Gesellschaft. Im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens sind sie über den darstellenden Teil des Insolvenzplans, Gläubigerversammlungen und insolvenzrechtliche Informationsrechte über entscheidungserhebliche Umstände, die der Teilnahme an dem Debt Equity Swap zugrundeliegen, informiert. In der Insolvenz des Schuldners kommt zudem hinzu, dass die einzubringenden Forderungen insolvenzbedingt nur noch teilweise werthaltig sind. Mit der Entscheidung für eine Teilnahme am Debt Equity Swap steigen die Gläubiger in der Befriedigungshierarchie ab. Sie treten aber in keinen rechtsgeschäftlichen Erstkontakt mit dem Schuldner.131 Auch der telos der Prospektpflicht spricht daher – neben dem bereits fehlenden öffentlichen Angebot im Sinne des § 2 Nr. 4 WpPG – gegen eine Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG.132 (4) Ausnahmen bei öffentlichen Angeboten Geht man dagegen von einer grundsätzlichen Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG aus, griffen auch keine ausdrücklichen Ausnahmen nach §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 WpPG. Die Ausnahmen könnten aber im Einzelfall anwendbar sein. So besteht keine Prospektpflicht, wenn die einrückenden Gläubiger ausschließlich qualifizierte Anleger im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WpPG sind, oder es sich um weniger als 150 einrückende Gläubiger handelt, § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 WpPG.133 Ausdrückliche Ausnahmen für den Debt Equity Swap existieren nicht.134 Ausnahmen nach § 4 Abs. 1 WpPG sind nicht anwendbar. Die Ausnahme des § 4 Abs. 1 Nr. 2 WpPG, nach der Wertpapiere, die anlässlich einer Übernahme im Wege eines Tauschangebots angeboten werden keiner Prospektpflicht unterliegen, sofern ein Dokument verfügbar ist, dessen Angaben denen 130

Etwa Vokuhl, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 17 Rn. 1 ff. Vgl. auch Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1314 f. (Anleihegläubiger hat Anlageentscheidung zur Investition in Wertpapiere des Emittenten bereits mit dem Erwerb der Schuldverschreibungen getroffen). 132 Ebenso Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1314. 133 Es ist § 3 Abs. 2 S. 2 WpPG zu beachten. Die Vorschrift normiert, dass jede spätere Weiterveräußerung von Wertpapieren, die zuvor Gegenstand einer oder mehrerer der in S. 1 genannten Angebotsformen waren, als ein gesondertes Angebot anzusehen sind. Zu den Ausnahmen des Abs. 2 etwa Vokuhl, in: Voß, Europäisches Kapitalgesellschaftsrecht, § 17 Rn. 23 ff. 134 Vgl. Richter, ECFR 2009, 358, 368 („The Prospectus Directive [2003/71/EC] contains an EU-wide definition of a public offer, Art. 2 [1] [d], as well as a list of exemptions from the obligation to publish a prospectus upon a public offer. None of the exemptions cover an issue of shares in non-insolvency proceedings.“]). 131

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

325

des Prospekts gleichwertig sind, will Doppelpublizitäten vermeiden.135 Es lässt sich daher nicht für den Debt Equity Swap nutzbar machen. (5) Ergebnis Im Ergebnis besteht keine Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts nach § 3 Abs. 1 WpPG. Mangels Informationsbedürfnis der Übernehmer der Aktien sowie mangels Öffentlichkeit des Angebots scheidet eine Pflicht aus. bb) Prospektpflicht nach § 3 Abs. 4 WpPG (1) Zulassung an einem organisierten Markt Aus § 3 Abs. 4 WpPG ergibt sich eine Prospektpflicht für Wertpapiere, die im Inland an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, sofern nicht aus Abs. 4 Abs. 2 WpPG etwas anderes bestimmt. Strebt der Schuldner eine Zulassung der Aktien an einem organisierten Markt an, so setzt dies die Veröffentlichung eines Prospekts voraus. Für die Zulassung der Aktien im regulierten Markt ergibt sich die Notwendigkeit des Prospekts auch aus § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG.136 Erfolgt kein Kapitalschnitt auf Null, so muss für die neu geschaffenen Aktien eine Zulassung nach § 31 Abs. 1 BörsG beantragt werden, wenn sie im regulierten Markt der Börse gehandelt werden sollen. Eine Pflicht zur Zulassung der neu geschaffenen Aktien kann sich aus § 69 Abs. 1 BörsZulV ergeben.137 Nach dessen Abs. 2 bleibt hierfür aber ein Jahr Zeit.138 Damit ist eine grundsätzliche Pflicht gegeben. (2) Ausnahmen Auch ist keine ausdrückliche Ausnahme ersichtlich. Bis auf § 4 Abs. 2 WpPG kommen keine Ausnahmen von der Prospektpflicht in Betracht. Mit Blick auf die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts für die Zulassung der Aktien zum Handel an einem organisierten Markt gelten die Ausführungen zur Ausnahmen von der Pflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG.139 Auch hier fehlt es an den Voraussetzungen der Ausnahme nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 WpPG. Auch die Ausnahme nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG scheidet bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap aus. Nach dieser Vorschrift entfällt die Prospektpflicht, wenn das Kapitalerhö135

Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rn. 7 ff. Näher Heidelbach, in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 32 BörsG Rn. 56 f. m.w. N. 137 Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1212; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 698, die wohl § 3 Abs. 4 WpPG meinen. 138 Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1315. 139 Siehe hierzu unter F.I.4.aa)(4). 136

326

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

hungsvolumen weniger als zehn Prozent ausmacht.140 Dies ist zur Sanierung eines insolventen Unternehmens unzureichend. (3) Teleologische Reduktion des § 3 Abs. 4 WpPG? Auch im Bereich der Prospektpflichtigkeit ließe sich ein Vorrang des Insolvenzrechts andenken, der zu einer teleologischen Reduktion des § 3 Abs. 4 WpPG führt. Einer solchen Annahme steht indes entgegen, dass die Vorschrift dem Schutz Kapitalmarkts und damit potentieller Anleger gilt. Ein insolvenzrechtlicher Vorrang kann sich nur auf die Beteiligten des Insolvenzverfahrens beziehen. Der Schutz des Kapitalmarkts steht auch einer allgemeinen teleologischen Reduktion entgegen. (4) Ergebnis Sollen die Aktien aus dem Debt Equity Swap zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden, ergibt sich eine Prospektpflicht aus § 3 Abs. 4 WpPG. Ausnahmen greifen nicht. Weder ein insolvenzrechtlicher Vorrang noch ein entfallender Schutzzweck gebietet eine teleologische Reduktion des § 3 Abs. 4 WpPG. cc) Anteilsübertragung als Alternative Angesichts der mit den Pflichten nach dem WpPG verbundenen Unsicherheiten und Aufwands, wird in der Literatur die Übertragung bestehender Aktien nach § 225 a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO als Alternative vorgeschlagen, um etwa die Prospektpflicht bei Neuzulassung nach § 3 Abs. 4 WpPG abzuwenden.141 Die Erstellung eines derartigen Prospekts ist nicht nur zeit- und kostenaufwendig142, sondern auch mit Haftungsrisiken verbunden und schon aus diesem Grund in der Sanierungssituation problematisch.143 Statt eines Debt Equity Swap mittels Kapitalschnitt müsste der Insolvenzplan eine andere Vorgehensweise vorsehen: Die Anpassung des Stammkapitals an die aufgelaufenen Verluste erfordert eine Kapitalherabsetzung. Eine Herabsetzung auf Null unterbliebe jedoch. Weiter müsste der Plan vorsehen, dass die herabgesetzten Anteile an die teilnehmenden Gläubiger übertragen werden. Im Gegenzug erlassen diese der Gesellschaft die Forde140

Heidelbach, in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 4 WpPG Rn. 32 f. Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704. 142 Für viele Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 36 Rn. 1, 13 (Zeitraum von vier Wochen bis vier Monaten); Wieneke/ Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704. 143 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704, die zudem darauf hinweisen, dass die Verfügbarkeit der für die Prospekterstellung erforderlichen historischen Finanzinformationen ein Problem darstellen könne; auch soll eine breite Streuung der Aktien kaum herbeiführbar sein. 141

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

327

rungen. Tatsächlich umschifft ein solcher „unechter“ Debt Equity Swap nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO mehrere Probleme. Nach einem Kapitalschnitt auf Null dürfen für den zur Auffüllung des gesetzlichen Mindest-Haftkapitals erforderlichen Betrag keine Sacheinlagen festgesetzt sein.144 Obwohl im Rahmen des insolvenzlichen Debt Equit Swap den Altgesellschaftern kein Bezugsrecht zusteht bzw. die strengen außerinsolvenzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses bei einer Barkapitalerhöhung nicht anwendbar sind145, bleiben hier bis zu einer höchstrichterlichen Klärung des Verhältnisses von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht Rechtsunsicherheiten. Durch den Verzicht auf die (Sach-)Einlage der Forderungen werden überdies die mit der Werthaltigkeit verbundenen Unwägbarkeiten vermieden, was im Ergebnis eine Einbringung zum Nennwert ermöglichen kann.146 Eine derartige Struktur umgeht auch die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einem Börsenzulassungsverfahren. Anders als bei einem Kapitalschnitt auf Null bleibt die Zulassung der Aktien bestehen und es bedarf keiner erneuten Zulassung.147 Der Debt Equity Swap nach § 225a Abs. 2 InsO und nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO stehen überdies in einem Alternativverhältnis, d.h. es besteht kein Vorrang eines Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen.148 Eine Debt Equity Swap durch die Übernahme bestehender Anteile kann daher im Einzelfall die vorzugswürdigere Alternative sein.149 c) Ergebnis Eine kapitalmarktrechtliche Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG für die Aktien aus der Kapitalerhöhung ist mangels Öffentlichkeit des Angebots nach § 2 Nr. 4 WpPG nicht gegeben. Jede Weiterveräußerung gilt es nach § 3 Abs. 2 S. 2 WpPG als gesondertes Angebot, weswegen die Handelbarkeit eingeschränkt sein kann. Für die Zulassung der Aktien zum Handel an einem öffentlichen Markt im Inland muss indes ein Prospekt veröffentlicht werden, § 3 Abs. 4 WpPG. Zur Vermeidung des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands kann daher eine Struktur von Kapitalherabsetzung und Übertragung der Anteile nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO eine vorzugswürdige Alternative sein.

144 Siehe unter D.II.1.b. Die Praxis behilft sich insoweit mit Kapitalschnitten bis auf das Mindestgrundkapital, welches nach § 225a Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO auf die Gläubiger übertragen wird. 145 Siehe hierzu unter D.VI.3.a)dd). 146 So auch Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 706; Redeker, BB 2007, 673, 678. 147 Ebenso Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704 f. 148 Ebenso Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 302. 149 Ebenso Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 302; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 88; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704 ff., mit Hinweisen zur technischen Umsetzung des unechten Debt Equity Swaps und Formulierungsvorschlägen.

328

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

5. Kapitalmarktrechtliche Pflichten nach WpHG a) Mitteilungs- und Publizitätspflichten Auch im Hinblick auf kapitalmarktrechtliche Folgepflichten stellt sich Frage der Anwendbarkeit in der Insolvenz. In Betracht kommt eine Verdrängung der Pflichten nach §§ 15, 21 ff., 37v ff. WpHG aufgrund eines Primats des Insolvenzrechts. Nach § 15 WpHG ist ein Inlandsemittent verpflichtet, unverzüglich solche Tatsachen zu veröffentlichen, die geeignet sind, den Börsenkurs der zugelassenen Wertpapiere eines Aktiengesellschaft erheblich zu beeinflussen.150 Die Vorschrift dient der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts durch den Abbau von Informationsasymmetrien und vertrauenszerstörendem Insider-Handel.151 Unzweifelhaft löst etwa der Insolvenzantrag die Pflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG aus.152 Aber auch Kapitalmaßnahmen, wie Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung oder andere Entscheidungen sowie Vorgänge im Insolvenverfahren haben grundsätzlich Kursbeeinflussungspotenzial und könnten eine Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht auslösen.153 Es fragt sich daher, ob den Insolvenzschuldner eine Pflicht nach § 15 WpHG trifft. §§ 21 ff. WpHG verpflichten nicht nur den Emittent, sondern auch den Aktionär. Nach § 21 WpHG hat ein Aktionär einer an einem organisierten Markt börsennotierten Gesellschaft eine Mitteilungspflicht gegenüber der Gesellschaft selbst und der BaFin, wenn er bestimmte Schwellenwerte154 (zwischen drei und 75 Prozent) erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Nach Mitteilung an die Gesellschaft trifft diese ebenfalls eine Pflicht zur Bekanntmachung nach § 26 WpHG. Im Fall der insolvenzlichen Sanierung einer börsennotierten Aktiengesellschaft mittels Debt Equity Swap werden aus Gläubigern Aktionäre. Es fragt sich, ob die Pflicht in der Insolvenz fortbesteht, die Teilnehmer des Debt Equity Swap den Meldepflichten des §§ 21 ff. WpHG unterliegen und den Insolvenzschuldner die Pflicht nach § 26 WpHG trifft. Gleiches gilt für Regelpublizitätspflichten nach §§ 37v ff. WpHG. Die Erstellung von Finanzberichten und Zwi-

150 Eingehend zur Mitteilungspflicht nach § 15 WpHG: Zimmer/Kruse, in: Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 15 WpHG Rn. 1 ff. 151 Etwa Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 15 WpHG Rn. 6 ff. 152 Statt aller Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1399. 153 Emittentenleitfaden der BaFin, Stand 28.4.2009, IV.2.2.4. S. 53 (URL: http:// www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Leitfaden/WA/dl_emittentenleitfaden_2013. pdf?__blob=publicationFile&v=5 – Stand: August 2014). 154 Für die Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 S. 1 WpHG gelten die gleichen Zurechnungsnormen wie für das Pflicht nach § 35 Abs. 2 S. 1 WpÜG, Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552 (Fn. 86).

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

329

schenmitteilungen der Geschäftsführung lässt sich bei einer insolventen Gesellschaft hinterfragen. b) Fortbestand in der Insolvenz Die weit überwiegende Auffassung geht von einem Fortbestand der kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten in der Insolvenz aus.155 Die Pflichten blieben als öffentlich-rechtliche Pflichten in der Insolvenz des Schuldners unberührt.156 Allein die Teilnahme am Markt und die Möglichkeit des Handels rechtfertige das Fortbestehen der Pflichten.157 Das Schutzbedürfnis potentieller Anleger sei angesichts vermeintlich niedriger Einstiegspreise und hoher Kursausschläge wegen Marktenge besonders hoch.158 Dass der Wert der Aktie in der Insolvenz rechtstatsächlich ausgelöscht sei und nur noch Objekt spekulativen Handels, ändere nichts am eröffneten Anwendungsbereich.159 So soll etwa nach der Auffassung von Wieneke und Hoffmann auch im Insolvenzplanverfahren die Ad-hoc-Meldepflicht nach § 15 WpHG nicht entfallen. Enthalte der Insolvenzplan öffentlich nicht bekannte, kursrelevante Umstände, müsse einer anderweitigen öffentlichen Bekanntgabe erst eine Meldung nach § 15 WpHG vorgeschaltet werden, da die gesellschaftsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Bekanntmachungen nicht die Voraussetzungen zur Herstellung der Bereichsöffentlichkeit erfüllten.160 Auch § 11 WpHG ist bezüglich der Existenz kapitalmarktrechtlicher Pflichten in der Insolvenz eindeutig.161 Nach dieser Vorschrift hat der Insolvenzverwalter des insolventen Inlandsemittenten diesen bei der Erfüllung der Pflichten nach dem WpHG zu unterstützen und die hierfür erforderlichen Mittel aus der Insolvenzmasse bereitzustellen.162 Nur vereinzelt wird eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs angenommen, da die Erfüllung der Pflichten und die damit verfolgte Zweckerreichung, namentlich die Bildung eines fairen Marktpreises durch Informationseffizienz, in der Insolvenzsituation „sinnentleert“ seien.163 155 BVerwG v. 14.4.2005 – 6 C 4/04, BVerwGE, 123, 203 ff.; Streit, NZI 2005, 487 ff.; Rubel, AG 2009, 615, 616; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1214; Zimmer/ Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 3 u. § 15 WpHG Rn. 20; Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 700 jew. m.w. N. 156 Statt vieler Hirte, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 11 Rn. 13. 157 BVerwG v. 14.4.2005 – 6 C 4/04, BVerwGE, 123, 203, 206; Rubel, AG 2009, 615, 616 m.w. N. 158 Hirte, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 11 Rn. 10. 159 BVerwG v. 14.4.2005 – 6 C 4/04, BVerwGE, 123, 203, 206; Rubel, AG 2009, 615, 616 m.w. N. 160 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 700. Siehe auch Zimmer/Kruse, in: Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 15 WpHG Rn. 20. 161 Hirte, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 11 Rn. 12 ff.; Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 3. 162 Hirte, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 11 Rn. 12 ff.; Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 11 WpHG Rn. 6 ff. 163 Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1408 ff.

330

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Die Frage ist insoweit von erheblicher Bedeutung, da die Folgepflichten auch während des Insolvenzverfahrens nicht entfallen, wenn der Plan einen Kapitalschnitt auf Null vorsieht. Mit Verlust der Börsenzulassung durch ein Cold Delisting ist die Gesellschaft zwar kein Inlandsemittent mehr im Sinne im Sinne des § 2 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. a WpHG und somit kein Normadressat mehr.164 Die Kapitalmaßnahmen werden aber erst mit Rechtskraft des Insolvenzplans und Eintragung ins Handelsregister wirksam, § 254 Abs. 1 InsO i.V. m. §§ 181, 211 AktG, § 54 Abs. 3 i.V. m. §§ 58a, 56 GmbHG. Bis dahin bleibt der Schuldner Inlandsemittent und der Masse fallen die mit der Erfüllung der Pflicht verbundenen Kosten und die mit der Nichterfüllung verbundenen Bußgelder an.165 Das lässt sich nur über einen Antrag auf Widerruf der Börsenzulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG vermeiden. c) Kein Primat des Insolvenzrechts Eine Nichtanwendung der Normen im Wege einer teleologischen Reduktion kann sich indes nicht aus dem Primat des Insolvenzrechts ergeben. Ein Vorrang insolvenzrechtlicher Vorschriften vor den gesellschaftsrechtlichen oder auch kapitalmarktrechtlichen Schutzbestimmungen ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Vorschriften ausschließlich dem Schutz der Beteiligten des Insolvenzverfahrens dienen. Die betreffenden Vorschriften des WpHG dienen als öffentlich-rechtliche Vorschriften jedoch der Herstellung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes und dem Schutz potentieller Anleger166. Eine Vorrangwirkung des Insolvenzrechts auf sie als Unbeteiligte ist nicht gerechtfertigt. Der Schutz der potentiellen Investoren als Unbeteiligte des Insolvenzverfahrens unterscheidet die kapitalmarktrechtlichen Pflichten nach §§ 15, 21 ff. WpHG von § 35 WpÜG. Die Pflicht zur Abgabe eines Angebots bei Kontrollerwerb dient einzig dem Schutz der Aktionäre und ihres Vertrauens in die Kontinuität der Mehrheitsverhältnisse. In der Insolvenz unterstehen sie einzig den insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen. d) Sinnhaftigkeit in der Insolvenz Auch wenn sich keine Verdrängungswirkung des Insolvenzrechts ergibt, so ist die Sinnhaftigkeit kapitalmarktrechtlicher Mitteilungs- und Publizitätspflichten nach §§ 15, 21 ff. WpHG in der Insolvenz zu hinterfragen. Mit Eröffnung des 164 Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 15 WpHG Rn. 19; Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 5a; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 61; Reger/Stenzel, NZG 2009, 1210, 1214 (Erreichen des Schwellenwertes eine juristische Sekunde nach Wegfall der Börsenzulassung). 165 Vgl. nur Grub/Streit, BB 2004, 1397 ff.; Streit, NZI 2005, 486 ff. 166 Hirte, in: Kölner Kommentar zum WpHG, § 11 Rn. 15; Rubel, AG 2009, 615, 616.

I. Debt Equity Swap bei börsennotierten Aktiengesellschaften

331

Insolvenzverfahrens sind die Aktien entwertet.167 Sie haben ihren inneren Wert vollständig verloren.168 Nach der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG kann auch auf die organisationsrechtliche Struktur der Gesellschaft zugegriffen werden. Auch bei einer Reorganisation verbleibt den Anteilen – im Gegensatz zu Insolvenzordnung a. F.169 – kein Wert mehr. Die bisherigen Aktionäre, auch wenn sie nach dem Debt Equity Swap in der Gesellschaft verbleiben, sind nicht schützenswert. Die Gläubiger – auch die am Debt Equity Swap teilnehmenden – sind über die Geschehnisse und die Beteiligungsverhältnisse aufgrund der Information durch den Insolvenzplan und der Teilnahme ausreichend informiert.170 Somit verbleibt nur noch der Schutz potentieller Anleger. Ob es hierfür aber der §§ 15, 21 ff. WpHG bedarf, darf angezweifelt werden.171 Die Meldepflicht nach § 15 WpHG bezweckt etwa die Bildung realistischer Börsen- und Marktpreise durch Informationseffizienz und die Verhinderung von Insiderhandel.172 Die Insolvenz der Gesellschaft wird aber ab dem Zeitpunkt des Antrags auf Verfahrenseröffnung bereits in den Börsenpreis eskomptiert. Hierüber wurde auch nach § 15 WpHG informiert. Etwaige Kursveränderungen sind nicht Folge und Konsequenz einer regulären Wirtschaftstätigkeit einer werbenden Gesellschaft, wie sie die Pflicht des § 15 WpHG voraussetzt. Es sind auch keine reorganisationsbedingten Maßnahmen finanz- und leistungswirtschaftlicher Art. Ein etwaiger Restwert ist Folge von Spekulation und insolvenzbedingter Marktenge.173 Nach der Reform der Insolvenzordnung durch das ESUG und der Aufgabe der insolvenzrechtlichen Neutralität der Insolvenzordnung bedeutet die Insolvenz rechtstatsächlich den Totalverlust des Anteilsrechts, da den Gläubigern die organisationsrechtliche Struktur haftungsrechtlich zugewiesen ist. Vor der ESUG-Reform war aufgrund der fehlenden Eingriffsmöglichkeit der rechtsträgerspezifische Fortführungswert noch den Gesellschaftern zugewiesen und damit auch in den Anteilsrechten „verbrieft“.174 Entweder wurde die Gesellschaft abgewickelt und die Aktien gingen unter oder sie verblieben im Rahmen einer Sanierung als Gesellschafter und profitierten am reorganisationsbedingten Fortführungswert. Die Ausgangslage hat sich nun jedoch verändert. Da nach der ESUGReform die Aktie als Anteilsrecht haftungsrechtlich den Gläubigern ausgesetzt 167

Siehe hierzu unter E.III.3.a). Das erkennen auch Grub/Streit, BB 2004, 1397, 1408 ff. 169 Siehe hierzu unter E.VII.4.a)bb)(3). 170 Albrecht/Streit, ZinsO 2009, 1991, 1994 f. 171 Zumindest für die Regelpublizität nach §§ 37v ff. WpHG, Albrecht/Streit, ZinsO 2009, 1991, 1994 f. 172 Statt vieler Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht, § 15 WpHG Rn. 7 f. m.w. N. 173 Siehe hierzu unter E.V.2.a)cc)(d)(cc). 174 Daher war auch vor der ESUG-Reform eine anlassbezogene Publizität nicht sinnentleert, siehe Albrecht/Streit, ZinsO 2009, 1991, 1996. 168

332

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

ist, verbleiben als Motive für einen Erwerb der Aktien nur noch die Spekulation oder die Hoffnung.175 In Aktien insolventer Gesellschaften investierende Anleger sind in Anbetracht der Stärkung des Planverfahrens weniger schützenswert. Die Aktionäre verlieren ihre Aktien regelmäßig entweder durch Löschung oder durch Entzug und werden auf einen vermögensbezogenen Schutz verwiesen. Ein reorganisationsbedingter Mehrwert kommt ihnen nicht zugute. Der realistische Marktpreis – dessen Bildung § 15 WpHG sichern will – beträgt praktisch immer Null. Die Anwendung des Publizitätspflichten können daher nur die Fälle rechtfertigen, in denen die Aktien tatsächlich einen Überschuss nach § 199 S. 2 InsO verbriefen, der Plan einen Verbleib der Aktionäre vorsieht, es einen Übernahmeangebot für die insolvente Gesellschaft gibt oder die Aktien zum Betrug an unbedarften Anlegern missbraucht werden sollen. In diesen Fällen spricht einiges dafür, dass die notwendige Bereichsöffentlichkeit und die faire Marktpreisbildung bereits durch das Insolvenzplanverfahren und die damit einhergenden Informationspflichten ausreichend hergestellt werden. Ein Fortbestand der Publizitätspflichten – insbesondere der Regelpublizität, §§ 37v ff. WpHG – ist zudem masseverringernd.176 Der Gesetzgeber hat sich indes mit der Einführung des § 11 WpHG gegen eine Suspendierung kapitalmarktrechtlicher Pflichten entschieden. Zumindest für die Regelpublizität sollte diese Entscheidung überdacht werden.177 e) Ergebnis Das Primat des Insolvenzrechts betrifft nur Beteiligte am Insolvenzverfahren. Eine Substitution drittschützender Vorschriften durch insolvenzrechtliche Schutzbestimmungen lässt sich daraus nicht ableiten. Auch begründet in diesen Fällen kein fehlendes Schutzbedürfnis eine Beschränkung des Anwendungsbereiches durch teleologische Reduktion. §§ 15, 21 ff. WpHG dienen dem Schutz des Kapitalmarkts und potentieller Anleger. Zwar sprechen beachtliche Argumente für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der kapitalmarktrechtlichen Pflichten nach §§ 15, 21 ff. WpHG. Angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine solche Ausnahme durch Verabschiedung des § 11 WpHG ist dies aber nicht angezeigt.

175 H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 432 f.; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 466, der prognostiziert, dass das ESUG zu einem Mehr an Spekulation mit den Aktien insolventer Gesellschaften führen wird; siehe auch Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 110 f. Kommt es indes regelmäßig zu einem vollständigen Herausdrängen, könnte das zu einem Weniger an Spekulation führen. 176 Albrecht/Stein, ZInsO 2009, 1991, 1994 f. 177 Vorschläge de lege ferenda bei Albrecht/Stein, ZInsO 2009, 1991, 1997 (Fn. 33).

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

333

6. Zusammenfassung Auch im Verhältnis von Insolvenzrecht und Kapitalmarktrecht wirkt sich das Primat des Insolvenzrechts aus. Führen gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, etwa ein Kapitalschnitt auf Null, zum Wegfall der Börsenzulassung, erfordert dies keine Zustimmung der erweiterten Gläubigerversammlung. In der Insolvenz steht zudem der Vorrang des Insolvenzrechts einer dem Schutz der Aktionäre dienenden Barabfindungspflicht bei einem Delisting entgegen. Eine solche konfligiert mit der insolvenzrechtlichen Befriedigungsreihenfolge. Auch außerinsolvenzlich hat der Bundesgerichtshof seine sogenannte Macrotron-Rechtssprechung als Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgegeben. Der beschriebene Vorrang des Insolvenzrechts führt auch zu einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs des § 35 WpÜG, der als Norm des Kapitalmarktrechts die bisherigen Aktionäre vor der Kontrollübernahme durch einen Mehrheitsgesellschafter schützt. Insolvenzbedingt bedarf es dieses Schutzes jedoch nicht mehr. Schutzbestimmungen, die nur dem Schutz der Aktionäre einer insolventen Aktiengesellschaft dienen, werden durch die insolvenzrechtlichen Schutzbestimmungen verdrängt. Die Möglichkeit der Einholung einer aufsichtsbehördlichen Befreiung kan das Bedürfnis für eine teleologische Reduktion nicht entfallen lassen. Eine kapitalmarktrechtliche Prospektpflicht nach § 3 Abs. 1 WpPG für die Aktien aus der Kapitalerhöhung ist mangels Öffentlichkeit des Angebots nach § 2 Nr. 4 WpPG nicht gegeben. Für die Zulassung der Aktien zum Handel an einem öffentlichen Markt im Inland muss ein Prospekt veröffentlicht werden, § 3 Abs. 4 WpPG. Kaptitalmarktrechtliche Mitteilungs- und Publizitätspflichten nach WpHG bleiben in der Insolvenz der börsennotierten Aktiengesellschaft erhalten. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift aufgrund insolvenzrechtlichen Vorrangs ist nicht möglich, da die Vorschriften dem Schutz potentieller Anleger dienen und diese keine Beteiligten des Insolvenzverfahrens sind.

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen 1. Ausganspunkt Für die Unternehmensfinanzierung müssen Gesellschaften nicht ausschließlich auf Bankkredite zurückgreifen. Als Finanzierungsmittel kommt auch die Begebung einer Anleihe in Betracht. Unter einer Anleihe wird eine Vielzahl an gleichartigen verzinslichen Schuldverschreibungen verstanden, die in hoher Zahl am Kapitalmarkt platziert werden.178 Anleiheemissionen sind von erheblicher Bedeutung zur Finanzierung des Kapitalbedarfs von privaten wie öffentlichen

178 Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 1 ff.

334

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Schuldnern und der weltweite Anleihemarkt hat unlängst ein Volumen von mehr als 100 Billionen US-Dollar erreicht.179 Mit der Emission von Inhaberschuldverschreibungen – der häufigsten Form der Schuldverschreibung180 – kann Liquidät auf dem Kapitalmarkt beschafft werden.181 Diese Art der Unternehmensfinanzierung hat bei allen Vorteilen182 jedoch mehrere Nachteile, wenn ein Emittent in die Krise gerät und eine Änderung der Anleihebedingungen anstrebt. Insbesondere in der Krise oder Insolvenz kann es notwendig sein, die Anleihebedingungen zu ändern, um dem Emittenten Handlungsspielräume einzuräumen, die eine erfolgreiche Sanierung erst ermöglichen oder unterstützen.183 In der Vergangenheit bedienten sich vorrangig Großunternehmen des Kapitalmarkts zur Unternehmensfinanzierung. Das hat sich geändert. Auch im Mittelstand boomen Anleiheemissionen. Neugeschaffene Börsenhandelsplätze für Mittelstand-Bonds haben für einen zusätzlichen Auftrieb gesorgt. Mittelständische Gesellschaften nutzen auch dann Schuldverschreibungen, wenn wegen hoher Ausfallrisiken und restriktiverer Kreditvergabe keine Bank zu einer Finanzierung bereit ist. Angesichts eines historisch niedrigen Zinsniveaus spiegeln die im Vergleich zu früheren Tagen vermeintlich niedrigen Coupons184 ein hohes Maß an Solidität und Seriösität vor. Tatsächlich handelt es sich angesichts der niedrigen Bonität der Schuldner häufig um Hochrisikoanleihen (sog. High Yield Bonds oder Junk Bonds) mit stark erhöh-

179 Bloomberg News, Unstoppable $100 Trillion Bond Market Renders Models Useless (URL: http://bloom.bg/1rzTekV – Stand August 2014). Siehe auch Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 793 Rn. 3. 180 Müller-Eising/Bode, BKR 2006, 480, 483; Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 793 Rn. 2. 181 Der deutsche Mittelstand weist traditionell geringe Eigenkapitalquoten auf. Aufgrund der Auswirkungen der Bankenregulierung nach Basel II bzw. Basel III haben vor allem bonitätsstarke Gesellschaften aus risikoarmen Branchen Aussichten auf Bankkredite. Bonitätsschwächere Unternehmungen zahlen höhere Zinsaufschläge. Nach Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Kap. A Rn. 11 führt dies zu vermehrten Nutzung von alternativen Finanzierungsquellen, wie Inhaberschuldverschreibungen. Siehe auch FAZ v. 7.4.2011 S. 18 „Die goldenen Zeiten für billige Unternehmensfinanzierungen sind vorbei“; Christoph Rottwilm, manager-magazin v. 29.12. 2011 (URL: http://www.manager-magazin.de/finanzen/alternativegeldanlage/a-805279. html – Stand: August 2014); manager-magazin v. 24.3.2014 (URL: http://www.mana ger-magazin.de/finanzen/alternativegeldanlage/anlegerfalle-mittelstandsanleihe-christiankirchner-a-960384.html – Stand: August 2014). 182 Gegenüber dem klassischen Bankkredit, bei dem die Bank die Konditionen vorgibt, Sicherheiten verlangt und Covenants festschreibt, ist die Gesellschaft hier freier, was die Ausgestaltung der Bedingungen (Laufzeit usw.) angeht. Aufgrund der mit einer Emission verbundenen Kosten ist diese Art der Unternehmensfinanzierung jedoch regelmäßig erst ab einer gewissen Größe wirtschaftlich. 183 RegE SchVG, BT-Drs. 16/12814, S. 1, 14. Zum Unterschied zwischen Inhaber – und Namensschuldverschreibung Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 2 m.w. N. 184 Als Coupon wird der feste Nominalzinssatz bezeichnet; nur Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 40.

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

335

tem Ausfallrisiko.185 Bereits aus diesem Grund wird es zukünftig vermehrt zu Restrukturierungen und Reorganisationen unter Beteiligung von Anleihen kommen.186 Restrukturierungen von Anleihen sehen sich mit einer Besonderheit dieser Finanzierungsform konfrontiert.187 Statt einer überschaubaren Anzahl von Kreditinstituten, Lieferanten oder Arbeitnehmern existieren bei Schuldverschreibungen eine Vielzahl von – dem Emittenten regelmäßig – unbekannten Anleihegläubigern, die sich – trotz grundsätzlich ähnlicher Interessen – praktisch nie zu einem gemeinsam Handeln zusammenfinden, wenn sie sich denn überhaupt über die Medien erreichen lassen. Erfordert eine Krise des Emittenten während der Laufzeit Zugeständnisse der Anleihegläubiger im Hinblick auf Zinsverzichte, die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung oder einen Debt Equity Swap, müssen die der Emission zugrundeliegenden Anleihebedingungen geändert werden. Hier gilt indes das Prinzip der kollektiven Bindung188: Zur Änderung bedarf es grundsätzlich die Zustimmung jedes einzelnen Gläubigers zu einem gleichlautenden Änderungsvertrag; ein Erfordernis, das zu erreichen praktisch unmöglich ist.189 Es liegt daher sowohl im Interesse des Emittenten als auch im Interesse der Anleihegläubiger dieses Hindernis durch rechtliche Organisation der Anleihegläubiger und der Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen zu überwinden.190 Regelungen für eine solche Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger finden sich im Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG).191 Der Vorgänger, das Schuldverschreibungsgesetz vom 4.12.1899 sah sich einem hohen Bedeutungsverlust ausgesetzt. Es wurde als unangemessen ein-

185 Eingehend Hutter, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 18 Rn. 1 ff. u. 29 (Non-Investment Grade Rating). 186 RegE SchVG, BR DruckS. 180/09, S. 13. Etwa die Prognose des manager-magazins, dass es ab 2015 vermehrt zu Insolvenzen („böses Ende“) kommen wird, managermagazin v. 24.3.2014, „Anlegerfalle: Die Mittelstandsanleihe – eine verhängnisvolle Affäre“ (URL: http://www.manager-magazin.de/finanzen/alternativegeldanlage/anlegerfal le-mittelstandsanleihe-christian-kirchner-a-960384.html – Stand: August 2014). 187 Zur Restrukturierung von Anleihen allgemein Schlitt/Schäfer, in: FS Goette, S. 615 ff.; Friedl, BB 2012, 1102 ff.; Thole, ZIP 2014, 293 ff. 188 § 4 S. 1 SchVG. Zur kollektiven Bindung Horn, BKR 2009, 446, 448; Schlitt/ Schäfer, in: FS Goette, S. 615 f. 189 RegE SchVG, BR DruckS. 180/09, S. 13. Etwa Schlitt/Schäfer, in: FS Goette, S. 615 f. 190 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Anleihegläubiger im Vergleich zu einer Darlehen gewährenden Bank ein erhöhtes Informationsdefizit aufweisen. Es findet seltener eine kontinuierliche Überwachung (permanent monitoring) statt. Zudem erhalten viele Anleihenbedingungen keine oder schwächere Covenants und Berichtspflichten, vgl. zu Convenants Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 51 ff. 191 Schuldverschreibungsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2512), zuletzt geändert durch Art. 2 d. Gesetzes vom 13.9.2012 (BGBl. I S. 1914).

336

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

schränkend und nicht mehr zeitgemäß empfunden.192 Zudem galt es – etwa mangels Umschuldungsklauseln (Collective Action Clauses) – im Wettbewerb der Rechtsordnungen als nicht nicht mehr wettbewerbsfähig:193 Das Schuldverschreibungsgesetz von 1899 galt als der Hauptgrund für das „forum shopping“ deutscher Gesellschaften.194 Der Nachfolger soll mehr Flexibilität für Restruktierungen bieten und die beklagten Missstände beseitigen.195 Die Besonderheit des SchVG liegt darin, dass es nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG bereits außerinsolvenzlich einen Debt Equity Swap aufgrund eines Beschlusses einer Anleihegläubigermehrheit vorsieht.196 In der Rechtspraxis hat sich jedoch gezeigt, dass auch das Insolvenzverfahren ein großes Potenzial für erfolgreiche Sanierungen bietet, denen außerinsolvenzlich kein Erfolg beschieden war.197 Die Reorganisation von Schuldverschreibungen im Insolvenzverfahren wirft eine Reihe von spezifischen Rechtsfragen auf, die im Folgenden beleuchtet werden. 2. Überblick über das Schuldverschreibungsgesetz a) Sachlicher und zeitlicher Anwendungsbereich Nach § 1 SchVG gilt das Schuldverschreibungsgesetz für nach deutschem Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen.198 192

Horn, BKR 2009, 446 f. RegE SchVG, BR Drucks. 180/09, S. 1; Horn, BKR 2009, 446 f.; Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299 f. 194 Hölzle, KTS 2011, 291, 320; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 42 (Fn. 71). Auch Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 8; C. Paulus, DB 2008, 2523 ff.; Weller, ZGR 2008, 835 ff. 195 Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 94. Dies ist nur bedingt gelungen, vgl. die Ergebnisse einer Umfrage zur Praxistauglichkeit des SchVG, Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2337 ff. Über eine erneute Reform wird bereits diskutiert und konkrete Änderungen vorgeschlagen, Arbeitskreis Reform des Schuldverschreibungsrechts, Reform des Schuldverschreibungsgesetzes, ZIP 2014, 845 ff.; Thole, ZIP 2014, 293 ff. 196 Die Zulässigkeit eines außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap ist umstritten. Vgl. etwa Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 305 f. (Differenzhaftungsrisiko wegen Mehrheitsentscheid nicht hinnehmbar). 197 So etwa die gescheiterte außerinsolvenzliche Sanierung der Inhaberschuldverschreibungen der Pfleiderer AG. Erst im Insolvenzplanverfahren war die Sanierung erfolgreich. Hierzu etwa Lürken, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 5 Rn. 41 ff. 198 Zum Begriff der Gesamtemission wird auf § 151 StGB verwiesen. Um eine Gesamtemission handelt es sich, wenn eine größere Zahl im Wesentlichen gleichartiger Schuldverschreibungen begeben wurde, die in der Stückelung auf bestimmte Nennbeträge als Teilstücke einer Anleihe erscheinen und die Möglichkeit, sie am Kapitalmarkt unterzubringen, nicht ausgeschlossen ist. Bei entsprechender Gestaltung kann daher nicht nur die Emission von Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen, sondern auch 193

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

337

Als Schuldverschreibung gilt jedes verbriefte Leistungsversprechen nach §§ 793 ff. BGB. Inhaltsgleich sind die Schuldverschreibungen, wenn sie auf denselben Bedingungen beruhen und gleiche Rechte für alle Schuldverschreibungen vorgesehen sind, so dass die Schuldverschreibungen untereinander austauschbar sind. Im SchVG ist die Beschränkung auf Inlandsemittenten entfallen.199 Entscheidend ist das anwendbare Recht, so dass auch durch ausländische Finanzierungstöchter begebene Schuldverschreibungen in den sachlichen Anwendungsbereich fallen.200 Anleihen der öffentlichen Hand und Pfandbriefe sind nach § 1 Abs. 2 SchVG vom Anwendungsbereich ausgenommen.201 Das SchVG ist anwendbar auf Schuldverschreibungen, die nach dem 5.8.2009 begeben wurden, § 24 Abs. 1 S. 1 SchVG. Für vor diesem Zeitpunkt begebene Schuldverschreibungen sieht Abs. 2 eine Öffnungsklausel vor. Hiernachkönnen die Gläubiger durch qualifizierte Mehrheit von 75 Prozent die Anwendbarkeit des SchVG herbeiführen (sog. opt-in).202 Der Emittent muss der Änderung der Anleihebedingungen zustimmen. b) Erweiterte Kompetenzen der Gläubigerversammlung Eine Änderung der Anleihebedingungen setzt wie oben einleitend dargestellt grundsätzlich die Einstimmigkeit der Anleihegläubiger voraus, § 4 S. 1 SchVG. Dies sichert einerseits die materielle Gleichbehandlung aller Gläubiger und andererseits die Fungibilität der Wertpapiere.203 Änderungen sind nach Abschnitt 2 des SchVG möglich. Die dort vorgesehene Gläubigerversammlung kann durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen herbeiführen, § 5 Abs. 3 SchVG. Nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG ist auch der Beschluss über einen Debt Equity Swap vorgesehen.204 Nach § 7 SchVG kann ein Gemeinsamer Vertreter der Gläubiger zur Wahrung ihrer Rechte gewählt werden.205 Im Insolvenzverfahren des Emittenten kann die Bestellung noch nachgeholt werden. Um dies

die Ausgabe von Namensschuldverschreibungen als Teil einer Gesamtemission erscheinen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Namensschuldverschreibungen nach dem neuen § 1 Abs. 1 DepotG in die Girosammelverwahrung einbezogen sind. 199 Horn, BKR 2009, 446 f. 200 Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 909. 201 Gleiches gilt für von der öffentlichen Hand garantierte Schuldverschreibungen, z. B. der Finanzmarktstabilisierungsfond. Die ihnen fehlende Insolvenzfähigkeit, die gute Bonität oder die hohe Unterlegung mit Sicherheiten soll hier eine Änderung während der Laufzeit der Anleihe überflüssig machen, RegE SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 16; Horn, BKR 2009, 446, 447 f. Zur hohen Ausfallsicherheit von Pfandbriefen etwa Hagen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 23 Rn. 1 ff. 202 Kessler/Rühle, BB 2014, 907 ff. 203 RegE SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 17; Horn, BKR 2009, 446. 204 Hierzu etwa Friedl, BB 2012, 1102 ff. 205 Horn, BKR 2009, 446, 453.

338

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

zu ermöglichen muss das Insolvenzgericht eine Versammlung der Anleihegläubiger zum Zwecke der Bestellung einrufen, § 19 Abs. 2 S. 1, S. 2 SchVG. 3. Besonderheiten des insolvenzlichen Debt Equity Swap von Anleihen a) Erweiterter Anwendungsbereich Das SchVG knüpft für den sachlichen Anwendungsbereich nicht wie sein Vorgänger an die Eigenschaft als Inlandemittent ab, sondern stellt einzig auf die Wahl des deutschen Rechts für eine Gesamtemission ab, § 1 SchVG. Nach § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG unterliegen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners die Beschlüsse der Gläubiger den Bestimmungen der Insolvenzordnung. Die Anwendbarkeit des § 19 SchVG knüpft demnach daran, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen nach Art. 3 EuInsVO im Inland befindet und diee Schuldverschreibung nach deutschem Recht begeben wurde.206 Dies gilt auch für Fälle von Schuldverschreibungen, die nach dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 begeben wurden.207 206 RegE SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 25 l. Sp.; Thole, ZIP 2014, 293, 293, auch zu Fällen, in denen die Anleihen nach ausländischem Recht begeben wurde. 207 Damit beseitigt das Insolvenzverfahren Unsicherheiten über die Anwendbarkeit des SchVG und die Reichweite der opt-in-Möglichkeit des § 24 Abs. 2 SchVG. Die durch § 24 Abs. 2 SchVG eingeräumte Möglichkeit der nachträglichen Einfügung von Collective Action Clauses in Schuldverschreibungen, die vor Inkrafttreten des SchVG begeben wurden, wurde jedoch durch eine Entscheidung des OLG Frankfurt erschwert. Im Fall der Pfleiderer AG entschied das OLG Frankfurt im Jahr 2012 (OLG Frankfurt v. 27.3.2012 – 5 AktG 3/11, ZIP 2012, 725), dass ein nachträglicher opt-in nur für AltAnleihen deutscher Emittenten, die sich vollständig nach deutschem Recht richten, möglich sein soll. Die Anleihebedingungen der betroffenen Schuldverschreibungen waren nach deutschem Recht begeben, nur eine einzige Nachrang-Klausel unterlag niederländischem Recht. Das Gericht hielt die nachträgliche Entscheidung zugunsten der Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung unzulässig und begründete dies mit einer Auslegung des § 24 Abs. 2 SchVG. Der Wortlaut sei zwar nicht eindeutig, er sei aber systematisch dahingehend auszulegen, dass die nachträgliche Anwendung nur bei Schuldverschreibungen eröffnet sei, die bereits zuvor nach dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 einem Mehrheitsentscheid der Gläubigergemeinschaft zugänglich waren. Eine nachträgliche Majorisierungsmöglichkeit sei aus Gründen des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots und Vertrauensschutzes nicht zulässig. Das sehr fragwürdige – den Anwendungsbereich des § 24 Abs. 2 SchVG praktisch aufhebende – Judikat ist auf breiten Widerspruch getroffen, etwa C. Paulus, WM 2012, 1109 ff.; Florstedt, ZIP 2013, 2286 ff.; Thole, ZIP 2014, 293, 299 ff.; Kessler/Rühle, BB 2014, 907 ff.; Paul, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 24 SchVG Rn. 3; Kaulamo, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 17 Rn. 99; Lürken, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 5 Rn. 34; vgl. hierzu auch Weiss, FAZ v. 2.5.2012, S. 19 („Torpedierte Sanierung – Das Schuldverschreibungsgesetz muss verbessert“). Ein schützenswertes Vertrauen und einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verneinten bereits Baums/Schmidtbleicher, ZIP 2012, 204 ff. Abschwächend jetzt OLG Schleswig v. 10.12.2013 – 2 W 82/13, ZIP 2014, 221 ff.

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

339

b) Primat des Insolvenzrechts aa) Grundsätzlicher Vorrang des Insolvenzrechts Gegenüber dem Gesellschaftsrecht erstreckt sich der insolvenzrechtliche Vorrang auf den Minderheitenschutz, den Gleichbehandlungsgrundsatz, den Rechtsschutz und etwa die Beschlussfassungskompetenz.208 Eine ausdrückliche Vorrangregel findet sich für Schuldverschreibungen in § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG. Nach dieser Vorschrift unterliegen nach Verfahrenseröffnung die Beschlüsse der Gläubiger den Bestimmungen der Insolvenzordnung, sofern die folgenden Absätze der Vorschrift nicht anderes bestimmen. Die Vorschrift stellt die Vorrangwirkung des Insolvenzrechts als Kollektivverfahren klar, der sich im Hinblick auf die Geltendmachung von Forderungen bereits aus § 87, 174 ff. InsO ergibt. Dieser Vorrang reicht indes nur soweit das Insolvenzrecht Regelungen vorgibt und § 19 SchVG keine Vorrangausnahmen vorsieht.209 Demnach sind beispielsweise im Vorfeld der Verfahrenseröffnung getätigte Zahlungen an die Anleihegläubiger nach §§ 119 ff. InsO anfechtbar und eine Zwangsvollstreckung der Gläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig, § 89 InsO. Der insolvenzrechtliche Vorrang zeigt sich auch an anderer Stelle. Modifikationen der Gläubigerrechte sind integraler Bestandteil des Insolvenzplanverfahrens. Daher setzten solche Modifikationen nicht voraus, dass die Anleihebedingungen Änderungsmöglichkeiten nach § 5 Abs. 3 S. 1 (i.V. m. Abs. 1) SchVG vorgesehen haben. Fälligkeitszeitpunkte, Zinskürzungen, Rückzahlungskürzungen sind daher möglich, auch wenn kein opt-in nach § 24 Abs. 2 SchVG erfolgt ist. Maßnahmen, die sich mit den Zielen des Insolvenzverfahrens nicht vereinbaren lassen, sind jedoch in diesem Fall ausgeschlossen. Der Vorrang des Insolvenzrechts bezieht sich auch auf die zur Beschlussfassung erforderlichen Mehrheitsbeschlüsse. § 244 InsO geht § 5 Abs. 4 SchVG vor. Statt einer qualifizierten Mehrheit nach § 5 Abs. 4 SchVG reicht die einfache Mehrheit auf, soweit der Plan insolvenzrechtlich zulässige Zugeständnisse der Gläubiger vorsieht.210 Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 1 S. 1 InsO.

208

Siehe hierzu unter E.VI.2. Paul, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 19 SchVG Rn. 5. 210 A. A. etwa Paul, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 5 SchVG Rn. 19. Das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit rechtfertigt sich aber durch die außerinsolvenzliche Beschlussfassung und Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger. Für das Planverfahren sind solche Zugeständnisse durch Majorisierung und Obstruktionsverbot charakteristisch. Es ist aber nicht einzusehen, warum die Schuldverschreibungsgläubiger in der Insolvenz besser stehen sollten, als andere Gläubiger. Vgl. auch Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 911 (Bei der Wahl des gemeinsamen Vertreter gelten insolvenzrechtliche Mehrheitserfordernisse). 209

340

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

bb) Debt Equity Swap nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG Im Insolvenzplanverfahren kann keinem Gläubiger die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft aufgezwungen werden. Nach §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO ist die zustimmende Erklärung jedes Gläubigers, der ein Anteilsrecht übernimmt, dem Plan beizufügen. Eine Teilnahme am Debt Equity Swap aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses sieht das Insolvenzplanverfahren nicht vor.211 Das Schuldverschreibungsrecht geht hingegen weiter und erlaubt die Majorisierung von Anleihegläubigern. Nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG können die Gläubiger beschließen, dass die Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile, andere Wertpapiere oder andere Leistungsversprechen getauscht werden können. Durch diese Vorschrift kann die ablehnende Minderheit zu einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und einer Übernahme von unternehmerischem Risiko gezwungen werden. Fraglich ist, ob das Primat des Insolvenzrechts aus § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG einem insolvenzlichen Debt Equity Swap entgegensteht. Hierzu ist das Verhältnis der §§ 5 ff. SchVG zum Insolvenzrecht zu untersuchen. cc) Anwendbarkeit der §§ 5 ff. SchVG im Insolvenzplanverfahren Ob im Insolvenzplanverfahren trotz § 19 Abs. 1 S. 1 InsO noch ein schuldverschreibungsrechtlicher Debt Equity Swap zulassig ist und ob auch im Rahmen des Planverfahrens die Regelungen über die Beschlussfassung nach §§ 5 ff. SchVG anwendbar sind, ist umstritten. Teilweise wird eine solche Parallelität angenommen.212 Richtigerweise ist zu differenzieren. Separate Beschlüsse der Schuldverschreibungsgläubiger im Rahmen einer Gläubigerversammlung sind nur dann zulässig, wenn sie nicht mit dem Insolvenzplanverfahren konfligieren.213 Die Beschlussfassung findet im Rahmen der Beteiligtenversammlung im Erörterungs- und Abstimmungstermin statt. Sonst hätten die betroffenen Anleihegläubiger zwei separate Abstimmungen vorzunehmen.214 Auch wären Beschlüsse nach § 5 Abs. 3 SchVG während des Insolvenzplanverfahrens möglich.215 Dem steht aber § 19 Abs. 1 S. 1 SchVG entgegen, der einen Vorrang des Insolvenzrechts und der insolvenzplanverfahrensrechtlichen Regelungen vorsieht. Das hier ausdrücklich nierdergelegte Primat des Insolvenzrechts macht §§ 5 ff. SchVG im insolvenz211

Siehe hierzu unter E.II.2.a)cc). OLG Zweibrücken v. 20.3.2013 – 3 W 9/13, ZInsO 2013, 2119 f., das den § 9 Abs. 2 SchVG anwendbar hält, Lürken, GWR 2013, 499; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 f. (§ 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG nach Insolvenzeröffnung anwendbar); auch Paul, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 5 SchVG Rn. 17 ff. u. § 19 SchVG Rn. 5. 213 So jetzt wohl auch Thole, ZIP 2014, 293, 297 f. 214 So OLG Zweibrücken v. 20.3.2013 – 3 W 9/13, ZInsO 2013, 2119 f., das den § 9 Abs. 2 SchVG anwendbar hält; Lürken, GWR 2013, 499. 215 Lürken, GWR 2013, 499. Auch Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912. 212

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

341

rechtlichen Bereich unanwendbar. Der Insolvenzplan, der eine Teilnahme der Schuldverschreibungsgläubiger vorsieht, enthält den notwendigen Beschluss im Sinne des § 5 SchVG. Eine gesonderte Gläubigerversammlung zur ausschließlichen Befassung mit dieser Fragestellung ist nicht vorgesehen, soweit sie nicht nur der internen Willensbildung und Beauftragung des gemeinsamen Vertreters dient.216 Ebenso wenig ist ein paralleler schuldverschreibungsrechtlicher Debt Equity Swap nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG nach Insolvenzverfahrenseröffnung zulässig, wenn die Anteile in den Plan einbezogen werden.217 Auch aus der Regierungsbegründung zum ESUG ergibt sich nichts anderes.218 Dort wird festgestellt dass, die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG – im Hinblick auf § 225 Abs. 2 S. 2 InsO – unberührt bleibt.219 Dies bezieht sich aber ausschließlich auf die fehlende allgemeine Majorisierungsmöglichkeit bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap. Ein derartiges paralleles Verfahren macht außerdem keinen Sinn, da es nach Verfahrenseröffnung zu Konflikten mit den im Plan vorgesehenen Regelungen kommen würde. Die in § 5 Abs. 3 S. 1 SchVG genannten Möglichkeiten dienen insbesondere der Erleichterung einer Restrukturierung im Krisenfall, wenngleich sie – anders als die Vorgängerregelung von 1899 – nicht mehr an eine Krise oder Insolvenzgründe anknüpfen.220 Ist es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekommen, ist dieser Zweck hinfällig. Die Majorisierungsmöglichkeit des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG, der eine antizipierte Zustimmung zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap per Mehrheitsentscheidung darstellt, ist vom insolvenzrechtlichen Vorrang nicht erfasst. Eine Verdrängung durch §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO findet nicht statt.221 Mangels Konflikt mit den insolvenzrechtlichen Vorschriften geht ein solches Verständnis des insolvenzrechtlichen Vorrangs fehl. Die zeigt schon der Wortlaut des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. Der stellt klar, dass eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ausgeschlossen ist. Ein solcher Wille liegt jedoch dann vor, wenn er im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG gebildet wurde. Im Ergebnis liegt eine Zweistufigkeit vor; die Willensbildung ist vorgeschaltet. Liegt die notwendige Mehrheit vor, manifestiert sich die antizipierte Zustimmung: Der Wille aller Schuldverschreibungsgläubiger ist entsprechend der 216 Thole, ZIP 2014, 293, 297 f. auch zur Verbindlichkeit einer solchen Vorgabe im Außenverhältnis. 217 A. A. wohl Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 ff. 218 So aber Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 ff. 219 RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp. 220 § 11 des Schuldverschreibungsgesetzes von 1899 ließ Beschränkungen von Gläubigerrechten im Rahmen der Gläubigerversammlung „nur zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Konkurses des Schuldners“ zu. 221 So aber Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912 ff.

342

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

vertraglichen Abrede uniform auf Zustimmung zum Schuldentausch gerichtet.222 Aufgrund dieser Uniformität kommt es zu keinem Konflikt mit § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. Es wäre auch nicht überzeugend, die Gläubiger, die sich außerinsolvenzlich des Schutzes durch die negative Vereinigungsfreiheit begeben habe, in der Insolvenz anders zu behandeln. Des Weiteren ergibt sich dieses Ergebnis auch aus dem Ziel der reformierten Insolvenzordnung, die Sanierung von Unternehmen zu erleichtern. Die Unanwendbarkeit des sanierungsfreundlichen § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG im Insolvenzplanverfahren stünde dieser Zielerreichung entgegen. Dieser Ansatz klärt auch die Frage nach dem notwendigen Mehrheitenerfordernis. Da der Prozess der Willensbildung nicht Teil des Insolvenzverfahrens ist, reicht eine einfache Mehrheit nach § 244 InsO nicht aus. Erforderlich ist eine qualifizierte Mehrheit nach § 5 Abs. 4 S. 2, S. 3 SchVG. dd) Obstruktionsverbot und insolvenzrechtlicher Rechtsschutz Stimmen die Schuldverschreibungsgläubiger dem Insolvenzplan nicht zu, so wird ihre Zustimmung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 245 Abs. 1, Abs. 2 InsO ersetzt. Rechtsschutz vermittelt ihnen nur §§ 251, 253 InsO. Gilt in außerinsolvenzlichen Restrukturierungen nach § 20 SchVG ein aktienrechtsähnliches kassatorisches Rechtsschutzsystem mit Anfechtungsklage223, sieht der insolvenzrechtliche Rechtsschutz die vereinfachte Aufhebung des Suspensiveffektes einer Beschwerde und einen auf Vermögensschutz bezogenes Rechtsschutzsystem vor. Im Bereich insolvenzrechtlichen Vorrangs ist § 20 SchVG unanwendbar.224 ee) Intensivierter Schutz nach § 19 Abs. 4 SchVG § 19 Abs. 4 SchVG ist eine Intensivierung des insolvenzlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes des par conditio creditorum. Er erlangt indes nur dann Bedeutung, soweit § 226 InsO den Grundsatz auf eine gruppeninterne Gleichbehandlung beschränkt. Inhaltlich gebietet § 19 Abs. 4 SchVG keine eigene Gruppe für Schuldverschreibungsgläubiger nach § 222 Abs. 2 InsO, die Vorschrift verbietet aber unterschiedliche Gruppen für die Gläubiger einer Gesamtemission.225 So222 So jetzt wohl auch – sub specie § 3 WpPG – Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1311 (Willensbildung im Rahmen des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG findet „auf der Grundlage kollektiver Willensbildung kraft Gesetz statt. Einer eigenen Willenserklärung des betreffenden Anleihegläubigers bedarf es insoweit nicht.“). 223 Kritik an der Transplantation eines auf verbandsrechtliche Streitigkeiten ausgerichteten Rechtsschutzsystems ins Schuldverschreibungsrecht etwa bei Florstedt, ZIP 2013, 2286, 2287. 224 Wohl auch Paul, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO, § 20 SchVG Rn. 27 f. (§ 20 nur bei Beschlüssen nach § 5 SchVG). 225 Etwa Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 222 Rn. 17.

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

343

fern überhaupt eine sachgerechte Abgrenzung im Sinne des § 222 Abs. 2 S. 3 SchVG möglich wäre, steht dem § 19 Abs. 4 InsO entgegen. Als Folge dessen wäre eine Teilnahme nur einzelner Gläubiger an einem insolvenzlichen Schuldentausch mittels Sondervereinbarungen ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 19 Abs. 4 SchVG. Auch ein gemeinsamer Vertreter ist an § 19 Abs. 4 SchVG gebunden, einem gegen Abs. 4 verstoßender Insolvenzplan darf er nicht zustimmen. c) Konfusion einer verbrieften Forderung Die Einbringung bedarf der Verpflichtung der Gläubiger gegenüber dem Emittenten, die Schuldverschreibungsurkunde zu übereignen. Statt einer Vereinbarung zwischen einzelnen Gläubiger und Emittenten reicht eine Bevollmächtigung der Wertpapiersammelbank oder anderer Bank durch die Gläubiger oder einen gemeinsamen Vertreter zu Vertragsschluss und dinglicher Durchführung.226 Die Übereignung vollzieht sich nach §§ 929 ff. BGB. Mangels unmittelbarem Besitz ist § 931 BGB anwendbar: Nötig ist eine Abtretung des Herausgabeanspruches aufgrund der Sammelverwahrung und anschließende Umstellung der Besitzmittlungsverhältnisse der Wertpapiersammelbank.227 Als Alternative ist die Abtretung der Rechte aus der Schuldverschreibung nach § 398 BGB möglich, um die Verfügungsbefugnis auf den Emittenten zu übertragen. Die Schuldverschreibungsurkunde ist nach § 952 Abs. 2 BGB an den Emittenten herauszugeben. Indes führt die Übertragung von verbrieften Forderungen wie Inhaberschuldverschreibungen auf den Schuldner bzw. Emittenten nicht zum Erlöschen kraft Konfusion.228 Vielmehr bewirkt die Konfusion in diesem Fall lediglich ein Ruhen; sie leben mit Neubegehung des Papiers wieder auf.229 Das Reichsgericht hat dies damit begründet, dass die Durchsetzung des Rechts der Schuldverschreibungen mit sachenrechtlichen Einflüssen einer Konfusion bei Zusammentreffen von Gläubiger- und Schuldnerschaft entgegenstehen.230 Bei Wertpapieren führt der sachenrechtliche Einschlag zum einem Fortbestehen der Forderung des Schuldners gegen sich selbst, solange die Urkunde noch vorhanden ist.231 In der Literatur wird unter Hinweis auf die ungeklärten Fragen für einen Verzicht auf die Abtretungs- bzw. Übertragungslösung plädiert und empfohlen, eine Verrechnung oder einen Erlass vorzunehmen.232 Hierfür besteht aber keine Notwendigkeit. 226

Friedl, BB 2012, 1102, 1104. Schlitt/Schäfer, in: FS Goette, S. 615, 625; Friedl, BB 2012, 1102, 1104. 228 RG v. 1.4.1935 – IV 179/34, RGZ 147, 233, 243 f. 229 Vgl. RG v. 1.4.1935 – IV 179/34, RGZ 147, 233, 243; Grüneberg, in: Palandt, BGB, vor § 362 Rn. 4. 230 RG v. 1.4.1935 – IV 179/34, RGZ 147, 233, 243 f. 231 Habersack, in: MünchKomm-BGB, § 797 Rn. 8 (Ruhen der Forderung bei Rückerwerb am Markt). 232 Ekkenga, ZGR 2009, 582, 590 f. 227

344

F. Kapitalmarktrechtliche Rechtsfragen

Der Schuldentausch kann auch bei der Beteiligung von Schuldverschreibungsforderungen mittels Kapitalmaßnahmen durchgeführt werden. Zu beachten ist indes, dass zur Herbeiführung der erwünschten Wirkungen des Debt Equity Swap die Konfusion der Schuldverschreibungen erreicht werden muss, da ein Ruhen der Forderung unzureichend ist. Hierzu muss die Schuldverschreibungsurkunde zerstört werden. Da heute die überwiegende Mehrzahl der Schuldverschreibungen in einer Globalurkunde verbrieft ist und bei Wertpapiersammelstellen aufbewahrt wird, hat dies der emittierende Schuldner zu veranlassen.233 d) Werthaltigkeit der Forderung Zur Werthaltigkeit der Forderungen gilt das bereits Ausgeführte234: Da Rückzahlungsansprüche aus Schuldverschreibungen aus Geldzahlungen resultieren, können sie mit dem Nennwert angesetzt werden. Die für Sacheinlagen geltenden Vorschriften sind teleologisch zu reduzieren. Einer Bewertung der Forderungen bedarf es nicht. Die Publizitätsvorschriften sind hingegen anwendbar, da eine Offenlegung zur Vermeidung einer möglichen Irreführung von Neugläubigern über eine effektive Kapitalerhöhung vermieden wird. Bei Schuldverschreibungen, deren Anleihebedingungen die Möglichkeit des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG und damit einen Anknüpfungspunkt zur späteren Mitgliedschaft vorsehen235, ist eine Vergleichbarkeit zu § 194 Abs. 1 S. 2 AktG gegeben.236 Folgt man indes dem Vollwertigkeitsansatz, so bietet das Insolvenzplanverfahren noch einen weiteren Vorteil gegenüber einer Restrukturierung. Im Rahmen der Einbringung der Forderung bei einem Schuldentausch übernimmt die ablehnende Gläubigerminderheit nicht nur das unternehmerische Totalverlustrisiko. Außerhalb der Insolvenz setzt die Mehrheitsentscheidung alle einrückenden Gläubiger einem gesellschaftsrechtlichen Differenzhaftungsrisiko aus, wenn die eingebrachten Forderungen die Einlageverpflichtung wertmäßig nicht decken.237 Zusätzlich zum Totalverlust als Eigenkapitalgeber sähe sich die einen Schuldentausch ablehnende Minderheit weiteren Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt. Aus diesem Grund wird die Möglichkeit des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SchVG in seiner reinen Form teilweise für unzulässig gehalten und in praxi bislang kaum umgesetzt.238 Stattdes-

233

So auch Friedl, BB 2012, 1102, 1106 (Einziehung und Entwertung). Siehe hierzu unter E.VII.1.c). 235 Eine solche Anknüpfung im Sinne einer facultas alternativa des Anleihegläubigers fordert etwa Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 30 zur Rechtfertigung einer Umwidmung zum Nennwert nach § 194 Abs. 1 S. 2 AktG. 236 Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 307. Einzig ein Hauptversammlungsbeschluss zum Zeitpunkt der Begebung fehlt bei den Schuldverschreibungen. 237 Vgl. auch Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 305 f.; Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2337; Kessler/Rühle, BB 2014, 907, 912. 238 Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 305 f. 234

II. Debt Equity Swap von Inhaberschuldverschreibungen

345

sen weicht man auf „Umwegstrukturen“ mit Wahlrecht aus.239 Der § 254 Abs. 4 InsO schließt im Insolvenzplanverfahren die Differenzhaftung aus und beseitigt dieses Risiko beim insolvenzlichen Debt Equity Swap.240 4. Ergebnis Mit dem neuen Schuldverschreibungsrecht sollte ein zeitgemäßes, Mehrheitsentscheidungen zulassendes und flexibles Instrument für die Restrukturierung von Anleihen geschaffen werden. Außerinsolvenlich hat es die Erwartungen nicht erfüllt. Unsicherheiten über den Anwendungsbereich der opt-in-Regelung des § 24 Abs. 2 SchVG, das Differenzhaftungsrisiko im Falle des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG sowie die Transplantation eines auf verbandsrechtliche Streitigkeiten ausgerichteten Rechtsschutzsystems ins Schuldverschreibungsrecht haben Kritik auf sich gezogen. Forderungen nach einer Reform werden lauter. Viele der außerinsolvenzlich bedeutsamen Rechtsfragen sind bei der Reorganisation im Insolvenzplanverfahren durch das Primat des Insolvenzrechts entschärft. Ausweislich der Klarstellung des § 19 Abs. 1 S. 1 InsO sind die Bestimmungen des Insolvenzplanverfahrens vorrangig. So kommt es für den Anwendungsbereich darauf an, dass der Mittelpunkt der hautpsächlichen Interessen im Inland liegt und die Schuldverschreibungen nach deutschem Recht begeben sind. Auch wenn man statt dem vorzugswürdigen Nennwertansatz der Vollwertigkeitsthese folgt und Forderungen nur zum objektiven Wert eingebracht werden können, schließt § 254 Abs. 4 InsO Differenzhaftungsrisiken aus. Rechtsschutz vermitteln nur noch §§ 251, 253 InsO. Dieser Vorrang gilt aber nur soweit die insolvenzrechtlichen Bestimmungen reichen oder § 19 SchVG keine Ausnahmen vorsieht. § 19 Abs. 4 SchVG intensiviert den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und § 19 Abs. 2, Abs. 3 SchVG ermöglicht die Wahl eines gemeinsamen Vertreters der Gläubiger noch im Insolvenzverfahren. Auch die antizipierte Zustimmung zur Teilnahme am Debt Equity Swap durch Mehrheitsentscheidung bleibt im Insolvenzverfahren erhalten. Im Rahmen des Insolvenzplanverfahren kann daher ein Debt Equity Swap der Schuldverschreibungsgläubiger vorgesehen werden, die nach §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO erforderliche Zustimmung aller Gläubiger gilt als erteilt, wenn die qualifizierte Mehrheit entsprechend § 5 Abs. 4 S. 2, S. 3 SchVG erreicht wird. De lege lata ist das Insolvenzrecht für Schuldverschreibungen der vorteilhaftere Rechtsrahmen für Sanierungen.

239

Seibt/Westpfahl, ZIP 2013, 2333, 2336. Lürken, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 5 Rn. 94. 240

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap I. Steuerrecht als Sanierungshindernis Auch steuerliche Auswirkungen eines Debt Equity Swap für die Schuldnergesellschaft1 sind zu beachten. Gelten steuerliche Unwägbarkeiten doch als eine der größten Hürden für einen reorganisierenden Schuldentausch.2 Die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für einen insolvenzlichen Debt Equity Swap ist wenig zielführend, wenn die steuerrechtlichen Probleme und Fragen den Gläubigern jedwede Motivation rauben, ihre Forderungen einzubringen bzw. steuerliche Belastungen als Folge des Schuldentausches den Erfolg der Sanierung bedrohen.3 Trotz der großen praktischen Bedeutung des Sanierungssteuerrechts bietet die vorliegende Arbeit keinen Raum für eine umfassende Befassung mit den steuerrechtlichen Aspekten; sie werden hier nur im Überblick dargestellt.4 Besonders hervorzuheben sind zwei Punkte: Der Untergang von nicht genutzen Verlustvorträgen (unter I.) und die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen (unter II.). Der Überlick schließt mit einem Ausblick (unter III.).

1 Zu den Auswirkungen eines Debt Equity Swaps auf Gläubigerebene etwa Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 112 ff.; Mückl, FR 2009, 497, 502 f.; Westpfahl, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 89 ff.; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 287. 2 64 Prozent der im Rahmen einer Studie Befragten nannten steuerliche Unwägbarkeiten als Grund für die Zurückhaltung bei der Nutzung des Debt Equity Swaps, vgl. Roland Berger Strategy Consultants/Noerr, ESUG-Studie 2012, Erste Praxiserfahrungen mit der neuen Insolvenzordnung (URL: http://www.rolandberger.de/media/pdf/Ro land_Berger_ESUG-Studie_20121106.pdf – Stand: August 2014); Zusammenfassung bei Kremers/Hoffmann, ZInsO 2013, 289 f. Vgl. auch Kahlert, ZIP 2014, 1101 f. 3 Mückl, FR 2009, 497, 503 (potentielles Sanierungshindernis); Undritz, ZGR 2010, 201, 214 ff. („Besteuerung des Sanierungsgewinns kann im Planverfahren ein echter deal breaker sein“); H.-F. Müller, KTS 2012, 419, 450 („Sanierungsbremse“); MaierReimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 137 f. („steuerrechtliche Diskriminerung der Sanierung“); auch Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 212 („Sanierungshindernis“); Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 560 (Fn. 18: „wesentlicher Makel“) sowie Hölzle, KTS 2011, 291, 341. 4 Eine Befassung mit den Auswirkungen eines Debt Equity Swaps auf die Grunderwerbssteuer und die Zinsschrankenregelung unterbleibt, hierzu etwa Born, BB 2009, 1730, 1734 ff.; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 203 ff.

II. Untergang von nicht genutzten Verlustvorträgen

347

II. Untergang von nicht genutzten Verlustvorträgen Bei Verlustvorträgen handelt sich um die Summe der Verluste, die in einem abgelaufenen Veranlagungszeitraum angefallen sind und nicht mit positiven Einkünften des gleichen Zeitraums verrechnet werden können. Als Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips können diese Verluste in den nächsten Veranlagungszeitraum übertragen werden und senken damit in diesem Zeitraum den steuerrechtlich relevanten Gewinn. Dadurch verringert sich – vorbehaltlich der Regeln zur Mindestbesteuerung (§ 10d Abs. 2 EStG i.V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG)5 – auch die Steuerlast. In der Sanierungssituation und insbesondere bei einer Sanierung mittels Debt Equity Swap sind Verlustvorträge besonders bedeutsam: Beim Schuldentausch kommt es durch die Einbringung der Forderungen unter Nennwert zu konfusions- oder verzichtsbedingten Sanierungsgewinnen.6 Deren Besteuerung kann im ungünstigsten Fall die Sanierung gefährden, konterkariert sie doch den sanierenden Effekt des Schuldentauschs aufgrund der erhöhten Steuerlast.7 Die Reduzierung der Steuerlast durch vorgetragene Verluste ermöglicht damit oft erst die Gesundung oder unterstützt sie zumindest signifikant8, denn nur ein den steuerlichen Verlustvortrag übersteigender Gewinn unterliegt der Ertragsbesteuerung. Ein Wegfall der Verlustvorträge ist daher in der Sanierungssituation besonders schmerzhaft. Ein solcher kann sich bei der Sanierung mittels Debt Equity Swap aus § 8c Abs. 1 KStG ergeben9, nach dem ein schädlicher Beteiligungserwerb einen – zumindest teilweisen – Wegfall der Verlustvorträge begründet: Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe ste5 Hierzu und zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regeln zur Mindestbesteuerung: Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1111. 6 Steuerrechtlich wird der Debt Equity Swap als tauschähnlicher Vorgang nach § 6 Abs. 6 S. 1 EStG eingeordnet. Außerhalb einer Krisensituation und einer Kongruenz von Buchwert der Verbindlichkeit und gemeinem Wert der einzubringenden Forderung liegt ein erfolgsneutraler Passivtausch vor: Das Eigenkapital erhöht sich genau um die Höhe der erlöschenden Forderung, ein Sanierungsgewinn bleibt aus; vgl. Kußmaul/ Palm, KSI 2012, 107, 113; Mückl, FR 2009, 497, 500. Konsequenterweise vermeidet die Einbringung zum Nennwert die mit dem Anfall eines Sanierungsgewinns einhergehenden steuerrechtlichen Probleme; etwa Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150 (Fn. 71); ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 53. 7 Vgl. Mückl, FR 2009, 497, 502; Carli/Riedl/Mückl, ZIP 2010, 1737, 1741 f. (krisenverschärfende Wirkung); Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 515; Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 108; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 5.46; Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, §§ 217–269, Rn. 12. 8 Hass/Schreiber/Tschauner, in: Hommel/Knecht/Wohlenberg, Handbuch Unternehmensrestrukturierung, S. 841, 861. 9 Nach § 10a S. 10 GewStG findet die Regelung des § 8c KStG entsprechende Anwendung für die Ermittlung der Gewerbesteuer.

348

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap

hende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar, § 8c Abs. 1 S. 1 KStG.10 Übersteigt der Beteiligungserwerb die 50 Prozent-Schwelle gehen die Verlustvorträge vollständig unter, § 8c Abs. 1 S. 2 KStG. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt auch eine Gruppe von Erwerbern als Erwerber im Sinne der Vorschrift. Als Grund für diesen quotalen bzw. vollständigen Untergang des steuerlich geltend zu machenden Verlustes wird angeführt, dass eine mit einem Anteilseignerwechsel verbundene Änderung der wirtschaftlichen Identität der Nutzung zuvor erwirtschafteter Verluste eines anderen wirtschaftlichen Engagements entgegenstehen soll.11 Angesichts der Ausgangssituation bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap bei überschuldeten Gesellschaften und der Tatsache, dass nach § 8c Abs. 1 S. 4 KStG auch ein Beteiligungserwerb im Wege einer Kapitalerhöhung zu einem schädlichen Beteiligungserwerb führen kann12, dürfte der Schuldentausch regelmäßig den Erhalt der Verlustvorträge bedrohen.13 In Anbetracht dieser Aussichten hatte der Gesetzgeber eine Ausnahme für Sanierungsfälle vorgesehen: Vergleichbar mit anderen Ausnahmen für Sanierungssituationen wurde ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebes privilegiert und sollte körperschaftssteuerlich unbeachtlich sein.14 Dieses in § 8c Abs. 1a KStG vorgesehene sogenannte „Sanierungsprivileg“ 15 ordnete die Europäische Kommission im Zuge eines förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV – wegen der mit den Klausel verbundenen wirtschaftlichen Vorteile – indes unlängst als europarechts10

Hierzu Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 31. Begründung zum UntStRefG, BT-Drucks. 16/4841, S. 76 r. Sp. Die Regelung soll auch insbesondere Missbräuchen mit Verlustvorträgen durch Mantelkäufe verhindern, etwa Lang, GmbHR 2012, 57. 12 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – a/08/10001, BStBl. I 2008, 716. Vgl. aber Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 214 (Vorteilhaftigkeit des Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen im Einzelfall). 13 Etwa Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 138 ff.; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 31, jeweils auch mit dem Hinweis, dass die Ausnahmen des § 8c Abs. 1 S. 5 KStG (Konzernklausel) und § 8c Abs. 1 S. 6 ff. KStG (Stille-Reserven-Klausel) kaum Anwendung finden dürften. Zu den sich aus der Vorschrift ergebenen Problemen bei der Planerstellung etwa Zimmer, ZInsO 2011, 950, 952 (erhebliche Verteuerung der Planerstellung durch rechnerischen Mehraufwand). 14 Die Vorschrift wurde auch als „lex Opel“ bezeichnet, da sie zur Steigerung der steuerlichen Sanierungsfreundlichkeit gedacht war und verhindern sollte, dass Sanierungen wegen eines Wegfalls von Verlustvorträgen scheitern, etwa Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561, 562 m.w. N. 15 Hierzu etwa Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 111; Zimmer, ZInsO 2011, 950, 950 f.; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 150 ff. Die ursprüngliche zeitliche Befristung der Geltungsdauer auf zwei Jahre wurde später aufgehoben, Art. 2 Wachstumsbeschleunigungsgesetz v. 22.12.2009, BGBl. I, S. 1959. 11

III. Besteuerung von Sanierungsgewinnen

349

widrige Beihilfe ein16, weswegen es – zumindest zurzeit – unanwendbar ist17 und § 8c Abs. 1 KStG auch in Sanierungssituationen Anwendung findet.18

III. Besteuerung von Sanierungsgewinnen Die sich sanierungssteuerrechtlich ergebenden Härten für den Schuldner19 versuchte das Bundesfinanzministerium durch einen sogenannten „Sanierungserlass“ abzufedern.20 Dieser erlaubt eine abweichende Festsetzung (§ 163 AO) und Stundung der – nach Ausschöpfung der ertragssteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten anfallenden – Steuern (§ 222 AO); am Ende kann sogar ein vollständiger Erlass stehen (§ 227 AO).21 Um in den Genuss davon zu kommen, muss der Schuldner sanierungsfähig und sanierungsbedürftig, der Steuererlass zur Sanierung geeignet und die Sanierungsabsicht der Gläubiger gegeben sein.22 In praxi wird das Vorliegen der Voraussetzungen regelmäßig durch Sanierungs16 EU-Kommission v. 26.1.2011 K(2011) 275 endgültig – C 7/2010 (ex CP 250/2009 und NN 5/2010), ABl. EU L 235/26 v. 10.9.2011; auch EU-Kommission v. 24.2.2010 K (2010)970 engültig. 17 Die Anwendung der Vorschrift hat das BMF suspendiert (BMF v. 30.4.2010 – IV C 2 – S 2745-a/08/10005/02, DOK 2010/0332067, BGBl. I, S. 488 = DStR 2010, 928; vgl. auch BFH v. 9.5.2012 – 1 B 18/12, juris). Eine Suspendierungsregel findet sich nun in § 34 Abs. 7c S. 3–5 KStG. Gegen die Entscheidung der Kommission ist die Bundesregierung nur sehr zögerlich vorgegangen. Eine vor dem EuGH nach Art. 263 f. AEUV einen Tag nach Fristablauf eingereichte (!) Klage wurde von EuGH als unzulässig abgelehnt, EuGH v. 18.12.2012 – T-205/11; dagegen ist nun ein auf Aufhebung gerichtetes Rechtsmittelverfahren beim EuGH anhängig, Az. C-102/13 P. Die Bundesregierung soll aber einigen Klagen von Unternehmern beigetreten sein, vgl. Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1112. Vgl. auch die Kritik an der Entscheidung der Kommission FG Münster v. 1.8.2011 – 9 V 357/11 K, G = ZIP 2011, 1771; Kußmaul/Palm, KSI 2011, 107, 112. Dagegen aber Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 170 ff., der die Entscheidung der Kommission als richtig einstuft und Vorschläge zur Herstellung einer Europarechtskonformität macht. 18 Zimmer, ZInsO 2011, 950, 952 f. 19 In der Vergangenheit sah § 3 Nr. 66 EStG a. F. vor, dass Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden, steuerfrei sein sollten. Diese Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wurde zum 1.1.1998 ersatzlos aufgehoben. Hierzu und zu der Begründung des Gesetzgebers Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 108. 20 Erlass des BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, 240 = ZIP 2003, 690 (Ertragssteuerliche Behandlung von Sanierunggewinnen, Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen, §§ 163, 222, 227 AO). Vgl. Begründung zum UntStRefG, BT-Drucks. 16/4841, S. 76 r. Sp. (Billigkeitsentscheidung statt gesetzlicher Regelung). Zum Sanierungserlass Kahlert, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 57 Rn. 49 ff. 21 BFH v. 14.7.2010 – X R 34/08, BFHE 229, 502, v. 12.12.2013 – XR 39/10, ZIP 2014, 638; statt vieler Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, §§ 217–269 Rn. 17. 22 BGH v. 13.3.2014 – IX ZR 23/10, ZIP 2014, 882, 884; etwa Fey/Neyer, DB 2009, 1368, 1370; Mückl, FR 2009, 497, 500 f.; Undritz, ZGR 2010, 201, 215; Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 188 ff.

350

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap

gutachten nachgewiesen.23 Für Reorganisationen gilt das im Rahmen des Sanierungsprivilegs des § 39 Abs. 1 Nr. 5 i.V. m. Abs. 4, Abs. 5 InsO Ausgeführte: Im untersuchten Fall weist der Insolvenzplan das Vorliegen der Voraussetzungen, also die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungseignung, die Sanierungsabsicht der Gläubiger und – gegebenenfalls24 – die Sanierungsfähigkeit nach. Dass bei Vorliegen eines Insolvenzplanes auch die Finanzverwaltung von dem Vorliegen der Voraussetzungen ausgeht, zeigen die Ausführungen im Sanierungserlass25 und in einem späteren Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen26; auch der Bundesgerichtshof schloss sich dem an27. Zwischenzeitliche Unwägbarkeiten, hervorgerufen durch ein die Verfassungsmäßigkeit des Sanierungserlasses anzweifelndes Urteil des FG München28, wurden duch ein Judikat des X. Senats des Bundesfinanzhof, nach dem keine Bedenken an der Zulässigkeit der Anwendung des Erlasses im Lichte der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. bestünden, nur prima facie beseitigt.29 Denn auf die Revision gegen das Urteil des FG München hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses geäußert.30 Mithin sind nicht alle Rechtsunsicherheiten in Verbindung mit dem Sanierungserlass beseitigt.31

23

Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 32. Ob die Sanierungsfähigkeit eine eigenständige Bedeutung im Steuerrecht hat, ist umstritten, vgl. Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1110 (Fn. 99) m.w. N. So ist der Sanierungserlass auch einzuräumen, wenn trotz der Sanierungsmaßnahme die Gesellschaft nicht fortgeführt wird und die Steuerbegünstigung erfolgt, um einen Sozialplan zu erfüllen. 25 Hierauf lässt auch BMF v. 27.3.2003 – IV A 6-S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240 = ZIP 2003, 690 schließen („Liegt ein Sanierungsplan vor, kann davon ausgegangen werden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.“); hierzu Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1110. 26 BMF v. 22.12.2009 – IV C 6 – S 2140/07/10001, BStBl 2010 I S. 18 = ZIP 2010, 104 („Die Fälle der Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) fallen originär unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 27. März 2003“). Nur etwa OFD Niedersachsen v. 19.6.2013 – S 2140-8-St 248 (VD), BeckVerw 273825. 27 BGH v. 13.3.2014 – IX ZR 23/10, ZIP 2014, 882, 884. 28 FG München v. 12.12.2007 – 1 K 4487/06, ZIP 2008, 1784 (Sanierungserlass als Steuerbefreiung contra legem nach bewusster Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F.); kritisch etwa Mückl, FR 2009, 497, 501. 29 BFH v. 14.7.2010 – X R 34/08, BFHE 229, 502 (Revision gegen das FG Köln v. 24.8.2008 – 6 K 2488/06). Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 14.7.2011 – 2 BvR 2583/10. Siehe auch die Übersicht zur Diskussion bei BGH v. 13.3.2014 – IX ZR 310, ZIP 2014, 882, 886, der die Frage der Gesetzeswidrigkeit des Sanierungserlasses offengelassen hat. Offengelassen auch vom BFH v. 12.12.2013 – X R 39/10, ZIP 2014, 638 Rn. 15. Eingehend zur Thematik Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 110 m.w. N. 30 BFH v. 28.2.2012 – VIII R 2/08, ZIP 2012, 989. Auch FG Sachsen v. 4.4.2013 – 6 K 211/09, GmbHR 2013, 666, 667 f. sowie v. 24.4.2013 – 1 K 759/12, ZIP 2013, 2274, 2275. 31 Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1828; Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1110 f.; Gragert, NWB 2013, 2141, 2142. 24

III. Besteuerung von Sanierungsgewinnen

351

Da zudem nicht feststeht, ob die Stundung der Steuerschuld letztendlich zu ihrem Erlass führt, muss eine verbindliche Zusage der zuständigen Finanzbehörden nach § 89 Abs. 2 AO über die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses eingeholt werden.32 Der Erlass kommt als Folge einer Billigkeitsentscheidung nur dann in Betracht, wenn die Steuerschuld persönlich unbillig ist, d.h. die Erhebung der Steuern die Existenz des Steuerpflichtigen bedrohen bzw. vernichten würde. Die Einholung der Zustimmung ist mit mehreren Hürden verbunden: Die Entscheidungsbefugnis der einzelnen Finanzämter ist häufig begrenzt, was die Einholung der Zustimmung übergeordneter Stellen erforderlich macht.33 Des Weiteren umfasst die Bindungswirkung der Zusage der Finanzbehörden nicht den auf die Gewerbesteuer entfallenden Teil der Steuerlast. Diese fällt nach herrschender Auffassung nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich des Sanierungserlasses.34 Die Zusage der zuständigen Gemeinde muss daher gesondert eingeholt werden; ihr steht eine eigene Ermessenentscheidung zu.35 Im Einzelfall – etwa bei filialisiertem Einzelhandel usw. – sind die Betriebsstätten-Gemeinden im ganzen Bundesgebiet zerstreut und die Einholung mit erheblichen Aufwand und damit einhergehenden Transaktionskosten verbunden.36 Zudem ist nicht sicher, ob tatsächlich alle Gemeinden – auch unter Berücksichtigung ihrer eventuell desolaten Haushaltssituation – auf den Gewerbesteueranfall verzichten.37

32 BMF v. 29.12.2003 – IV A 4-S 0430-7/03, BStBl. I 2003, 742. Statt vieler Undritz, ZGR 2010, 201, 216. 33 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 33, der darauf hinweist, dass die anzulegenden Maßstäbe für diese Entscheidung nicht einheitlich seien und im Einzelfall erheblich abweichen können. Besonders die von Finanzinvestoren betriebenen Sanierungen würden von den Finanzbehörden skeptisch beäugt, da hier die Insolvenz teilweise in Kauf genommen wird, um eine größtmögliche Rendite im Vorfeld zu erzielen. 34 BMF v. 27.3.2003 – IV A 6-S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240. Zur Zuständigkeit etwa Ebbinghaus/Hinz, ZInsO 2013, 911 ff. m.w. N. 35 Sächsisches OVG v. 2.9.2010 – 5 B 555/09, juris. Vgl. auch Mückl, FR 2009, 497, 501. 36 Andres, in: Andres/Leithaus, InsO, §§ 217–269 Rn. 17; Westpfahl, in: Eilers/ Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 33; Carli/Riedl/Mückl, ZIP 2010, 1737, 1741 f. (Gewerbesteuerproblematik als show stopper); Frank/Heinrich, ZInsO 2011, 1826, 1828 (unter Hinweis auf die Insolvenz der Arcandor AG); Mückl, FR 2009, 497, 501; Schmidt/Schlitt, Der Konzern 2009, 279, 288. Mit Handlungsempfehlung für richtigen Erlassantrag bei der Gewerbesteuer Ebbinghaus/Hinz, ZInsO 2013, 911, 916 f. 37 Ebbinghaus/Hinz, ZInsO 2013, 911, 912 f. Nach Westpfahl, in: Eilers/Koffka/ Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 33 schließen sich die Gemeinden indes regelmäßig der Entscheidung der Finanzbehörden über die Einkommensteuer an. Siehe aber die anfängliche Zurückhaltung bei der Diskussion um einen Gewerbesteuerverzicht der Stadt Duisburg bei der Insolvenz des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor AG. In diesem Fall hatte beispielsweise die Stadt Duisburg anfangs einen Steuererlass abgelehnt, Spliedt, GmbHR 2012, 462, 468; aus der Tagespresse etwa „Kommunen verzichten auf Steuerforderungen“, Spiegel Online v. 1.6.2010 (URL: http://spon.de/ac5Mf – Stand: August 2014) sowie Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 519 f.

352

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap

IV. Folgerungen Die Entscheidung des Gesetzgebers, im Zuge der ESUG-Reform nicht auch das Sanierungssteuerrecht zu reformieren, ist auf viel Kritik gestoßen.38 Der Kritik ist zuzugestehen, dass die Besteuerung von Sanierungsgewinnen nicht krisenvertiefend wirken darf und steuerrechtliche Kollateralschäden zu vermeiden sind. Vor diesen hatte schon der Bundesrat gewarnt, insbesondere weil § 8c Abs. 1 KStG durch Gestaltungen nicht umschifft werden kann.39 Der Gesetzgeber ist aufgerufen, eine – mit europäischem Beihilfrecht konforme – gesicherte gesetzliche Grundlage für ertragssteuerliche Privilegierung von Sanierungssituationen im Regelfall zu schaffen.40 Zur Herstellung von Planungssicherheit bedarf es einer klaren gesetzlichen Regelung im Sinne einer engen Verzahnung von Insolvenz- und Steuerrecht.41 Als Alternative kommt die Abschaffung des § 8c Abs. 1 KStG in Betracht.42 Dass sich die wirtschaftliche Identität der Schuldnergesellschaft durch den Beitritt eines Gesellschafters im Rahmen einer Sanierung ändert, kann nicht überzeugen.43 Missbräuchlichen Nutzungen von Verlustvorträgen, etwa bei Mantelkäufen, könnte durch Ausnahmeregelungen entgegengetreten werden.44 Über den Problemkreis des Wegfalls von Verlustvorträgen hinweg, bedarf es auch einer klaren gesetzlichen Privilegierung von Sanierungsgewinnen.45 Der Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums bietet bereits aufgrund der Un-

38 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 515 (Gesetzgeberisches Nichthandeln „höchst bedenklich“). 39 Etwa Schleusener, Der Debt-Equity-Swap, S. 118. Auch eine Debt Equity Swap durch Üebrtragung der Anteile gegen Forderungsverzicht wird von dem Anwendungsbereich des § 8c Abs. 1 KStG erfasst. 40 Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 515; Undritz, ZGR 2010, 201, 216. Insbesondere auch Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 170 ff. mit konkreten Vorschlägen für eine europarechtskonforme Regelung. 41 So bereits Eilers, GWR 2009, 3; Westpfahl/Janjuah, Beil. zu ZIP 3/2008, 1, 19 ff. Unlängst etwa Kahlert, ZIP 2014, 1101, 1112. 42 Zimmer, ZInsO 2011, 950, 951; Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 5.37. Zu den Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Norm: Vorlagebeschluss des FG Hamburg v. 4.4.2011 – 2 K 33/10, ZIP 2011, 1713, Aussetzungsbeschluss des BFH v. 28.10.2011 – I R 31/11; das Verfahren ist beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 6/ 11 anhängig; statt vieler Lang, GmbHR 2012, 57 ff. m.w. N. Das BMF hat am 15.4.2014 den Entwurf eines Schreibens zur „Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften“ veröffentlicht, welches das bisherige Schreiben zu § 8c KStG ersetzen soll (URL: http://www.datev.de/lexinform/a5234988.pdf – Stand: August 2014). Hierzu Neumann, GmbHR 2014, 673 ff. 43 So überzeugend Hölzle, NZI 2010, 207, 213 (Verstoß gegen Nettoprinzip gebietet Nichtanwendbarkeit des § 8c KStG). 44 Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 177 ff. 45 Eilers, GWR 2009, 3.

IV. Folgerungen

353

sicherheit über seine Rechtmäßigkeit keine ausreichend sicheres Fundament für Sanierungen: Die Ausgestaltung als Billigkeitsentscheidung macht die zeitaufwendige Einholung verbindlicher und (kostenpflichtiger) Zusagen der Finanzverwaltung erforderlich.46 Darüber hinaus belastet die nicht von dem Erlass erfasste Gewerbesteuer die Sanierungsbemühungen noch weiter.47 Zudem ist zweifelhaft, ob der Sanierungserlass in seiner jetzigen Form mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar ist48, wenngleich die Europäische Kommission im Rahmen einer Einzelfallprüfung die beihilferechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt haben soll49 und auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof auf die Konformität des Erlasses mit europäischem Beihilferecht hindeutet50. Denn auch ein Steuererlass kann Beihilfecharakter haben.51 Nicht verkannt wird dabei, dass sich das Sanierungssteuerrecht naturgemäß in einem Spannungsverhältnis be-

46

Nur Kußmaul/Palm, KSI 2012, 107, 110. Die Gewerbesteuerbelastung ist regelmäßig von entscheidender Bedeutung für das Gelingen einer Sanierungstransaktion. So etwa im Fall des (außerinsolvenzlichen) Debt Equity Swap der Werkstatt-Kette A.T.U., bei der 80 Millionen Euro Gewerbesteuer aus Sanierungsgewinnen erlassen wurden, siehe Oliver Stock, Christophorus hilf! Handelsblatt v. 6.2.2014 (URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/ atu-sanierung-christophorus-hilf/9436544.html – Stand: August 2014). 48 Etwa die beachtlichen Argumente bei Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften, S. 195 ff. u. S. 200, der auch Lösungsvorschläge präsentiert. Offen gelassen von BGH v. 13.3.2014 – IX ZR 23/10, GmbHR 2014, 525, 530 m.w. N. 49 So Gragert, NWB 2013, 2141, 2142, Mitarbeiterin im BMF, nach der die EUKommission im Rahmen einer nicht veröffentlichten Einzelfallentscheidung von der beihilferechtlichen Rechtmäßigkeit ausgehe. 50 EuGH v. 18.7.2013 – C-6/12, EuZW 2013, 867 – P Oy. In diesem Urteil hatte der EuGH über die Europarechtskonformität einer finnischen Mantelkauf-Regelung zu befinden, die der deutschen Sanierungsklausel des § 8c KStG ähnelt. Der EuGH stellt heraus, dass die Selektivität einer Beihilfe das maßgebliche Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer staatlichen Zuwendung sei. Da die finnische Regelung diese Selektivität aufweise, sei sie mit europäischem Beihilferecht unvereinbar: Art. 107 Abs. AEUV verbiete selektive Beihilfen, d.h. die Begünstigung bestimmter Unternehmungen oder Produktionszweige. Übertragen auf das Steuerrecht verbiete die Vorschrift Maßnahmen, die der Verfolgung von Zielen dienten, die dem Steuersystem nicht inhärent seien. Die finnische Vorschrift weise eine derartige Zielverfolgung – wie beispielsweise die Sicherung von Arbeitsplätzen in besonderen Fällen – auf und sei angesichts des eingeräumten Ermessens der Behörden selektiv. Auf den deutschen Sanierungserlass übertragen heißt dies: Da der Erlass (i.V. m. BMF v. 22.12.2009 – IV C 6 – S 2140/ 07/10001, BStBl 2010 I S. 18) i. E. aber kein Ermessen im Hinblick auf insolvenzliche Sanierungsgewinne aufweist, sprechen gewichtige Argumente dafür, dass es an der Selektivität im Sinne des Art. 107 Abs. AEUV fehlt. Siehe die Begründung der die beihilferechtliche Unbedenklichkeit annehmenden Verfügung der OFD Magdeburg v. 21.3. 2013 – G 1498-3-ST 213 (Gliederungspunkt 4.) = ZInsO 2013, 1068. Trotzdem: Rechtsunsicherheit verbleibt, da eine originäre Entscheidung des EuGH zu dem deutschen Sanierungserlass – soweit ersichtlich – in nächster Zeit nicht zu erwarten ist. 51 EU-Kommission v. 26.1.2011 K(2011) 275 endgültig – C 7/2010 (ex CP 250/2009 und NN 5/2010), ABl. EU L 235/26 v. 10.9.2011 Rn. 50. 47

354

G. Steuerrechtliche Aspekte des Debt Equity Swap

wegt. Einem Mehr an steuerlicher Sanierungsfreundlichkeit können Einbußen der öffentlichen Hand gegenüberstehen, weswegen verhindert werden muss, dass Verluste sozialisiert werden, wenn etwa in Aussicht gestellte Sanierungsziele (Arbeitsplatzerhalt usw.) nicht umgesetzt werden.52 Diese rechtspolitischen Implikationen sind bei der Reform des Sanierungssteuerrechts zu berücksichtigen.

52 Insbesondere bei fremdfinanzierten Übernahmen: vgl. Oliver Stock, Christophorus hilf! Handelsblatt v. 6.2.2014 (URL: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handeldienstleister/atu-sanierung-christophorus-hilf/9436544.html – Stand: August 2014). Vgl. Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 33 (Insolvenzen als Folge von überhöhten Renditezielen).

H. Vorschläge de lege ferenda I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung 1. Zustimmungserfordernis der teilnehmenden Gläubiger Die Insolvenzordnung sieht nach der Reform durch das ESUG eine Majorisierung in den Insolvenzplan einbezogener Anteilseigner vor. Unter den Voraussetzungen des § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 InsO wird ihre Zustimmung bei Obstruktion des Plans fingiert; gleiches gilt nach § 246a InsO, wenn die Anteilseigner ihr Stimmrecht überhaupt nicht ausüben. Da die Voraussetzungen des § 245 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 praktisch immer vorliegen werden, können die bisherigen Gesellschafter zur Teilnahme an dem Debt Equity Swap gezwungen werden.1 Ein solcher Zwang zur Teilnahme existiert für die Gläubiger nicht: Ihre Zustimmung zur Teilnahme am Schuldentausch kann im Wege der mehrheitlichen Abstimmung innerhalb der Gläubigergruppe nicht ersetzt werden.2 Wie § 225a Abs. 2 S. 2 (i.V. m. § 230 Abs. 2) InsO klarstellt, ist eine Umwandlung gegen den Willen der jeweiligen Gläubiger – im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen3 – ausgeschlossen. Ein solches Zustimmungserfordernis aller Gläubiger kann sich als Sanierungshindernis erweisen, wenn die für die erfolgreiche Sanierung nötige Beteiligung an einem Schuldentausch nicht erreicht wird.4 Die Gläubiger von international 1 Brinkmann, WM 2011, 97, 99 f.; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1607 f. („Mitentscheidung“ sei Euphemismus); Madaus, ZGR 2011, 749, 754 f. (Willensbildung [. . .] wird [. . .] unerheblich und zur reinen Fiktion); Hölze, KTS 2011, 291, 322; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 66 (Abstimmungsverhalten bedeutungslos); Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125 (i. E. kein effektives Stimmrecht); a. A. anscheinend J. Schmidt, GWR 2010, 568, 569 (Zustimmungsbedürftigkeit). 2 Etwa Kebekus/Wehler, in: Graf-Schlicker, InsO, § 225a Rn. 4. 3 Das englische Company Voluntary Arrangement lässt beispielsweise eine Majorisierung von Gläubigern im Hinblick auf die Teilnahme an einem Debt Equity Swap zu: Notwendig ist eine Mehrheitsentscheidung der Gläubiger mit einer Summenmehrheit von 75 Prozent, hierzu Hölzle, KTS 2011, 291, 323. 4 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117 (Plan ist ohne Majorisierungsmöglichkeit „stumpfes Schwert“); Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 230 Rn. 45; Hölzle, KTS 2011, 291, 323; Thies, in: HambKomm-InsO, § 230 Rn. 6 („Der durch § 230 Abs. 2 InsO statuierte Vorrang der Barabgeltung und die Abstandnahme von dem Mehrheitsprinzip läuft gewissermaßen dem mit dem ESUG verfolgten Ziel einer Erleichterung der Sanierung

356

H. Vorschläge de lege ferenda

platzierten oder breit gestreuten Anleihen sind regelmäßig nicht erreichbar oder verhalten sich passiv.5 Minderheiten nehmen Blockadepositionen ein, weil sie auf eine vollständige oder jedenfalls gegenüber der Planquote höhere Barablösung spekulieren. Auch droht bei Konsortialkrediten mit zahlreichen Finanzgläubigern oder mehrstufigen Finanzierungsstrukturen eine Obstruktion durch einzelne Beteiligte.6 Die Durchführung des Debt Equity Swaps ist indes oftmals nur dann sinnvoll, wenn sich eine ausreichende Zahl von Gläubigern beteiligt.7 Die Möglichkeit der Majorisierung bräche den Widerstand von umwandlungsunwilligen Minderheiten. 2. Ausnahme des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG Für Schuldverschreibungsgläubiger existiert eine solche Teilnahme an einem Debt Equity Swap durch Mehrheitsentscheidung. Nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 und S. 2 SchVG kann – die Anwendbarkeit des SchVG vorausgesetzt – die Gläubigerversammlung mit einem qualifizierten Quorum einen Umtausch der Forderungen in Gesellschaftsanteile des Emittenten beschließen. Die Vorschrift, die einen Schuldentausch außerhalb und innerhalb eines Insolvenzplanverfahrens ermöglicht, trägt der praktischen Unmöglichkeit der Einholung einer Zustimmung aller Gläubiger einer Gesamtemission Rechnung.8 3. Gründe für eine Majorisierung der Gläubiger a) Entwertung der Forderungen in der Insolvenz Der für die Insolvenz charakteristische Mangel an ausreichenden Vermögenswerten löscht nicht nur den Wert der Anteilsrechte aus, auch die Gläubigerforderungen sind erheblich entwertet, da – sofern sie keine Absonderungsrechte begründen – nur quotale Befriedigung erfahren. Angesichts dieser insolvenzbedingten Entwertung der materiellen Rechtspositionen wird vertreten, dass den Gläubigern eine Teilnahme aufgrund eines legitimierenden (qualifizierten) Mehrheitsbeschlusses zumutbar sei, wenn für eine hinreichend informierte Stimmrechtsausübung sowie einen effektiven Minderheiten- und ggf. Rechtsschutz Sorge getragen ist.9 Dem ist zuzustimmen. Nicht nur die Position der Anteilseigdurch Einbeziehung von Gläubigern in die Gesellschaft im Wege eines Debt Equity Swaps zuwider.“). 5 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 543 („Unmöglichkeitsgrund“); Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511. 6 Schlitt/Ries, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, Kap. 9 Rn. 5. 7 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511. 8 Hierzu F.II.1. 9 Hölzle, KTS 2011, 291, 323 f. („Einschränkungen der individuellen Rechtsmacht und Eingriffe in materielle, insolvenzbedingt aber entwertete Rechtspositionen durch

I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung

357

ner, sondern auch die der Gläubiger ist regelmäßig in der Insolvenzsituation entwertet.10 Im Rahmen der Abstimmung in der jeweiligen Gläubigergruppe können Minderheiten durch Mehrheitsentscheidung gebunden werden: Stimmt die Mehrheit der Gläubiger einer Gruppe beispielsweise einer Befriedigungshöhe zu, die hinter der Quote in einem alternativen Regelinsolvenzverfahren zurückbleibt, so wird auch die den Plan ablehnende Minderheit durch diese Entscheidung gebunden. Die Grenze bildet das subjektive Recht des einzelnen Gläubigers, nicht schlechter gestellt zu werden, als bei Abwicklung ohne Insolvenzplan, § 251 Abs. 1 InsO. Kann die Mehrheit über die Höhe der Befriedigung entscheiden, dann sollte auch die Art der Befriedigung einer Mehrheitsentscheidung unterliegen. Überdies tragen die Gläubiger im Insolvenzplanverfahren naturgemäß ein Prognoserisiko, da keinesfalls sicher ist, dass die auf den von der Insolvenzordnung abweichenden Regelungen beruhenden Lösungen wirklich zu einer höheren Befriedigungsquote führen. Ist es für die ein Planverfahren oder die vorgesehene Befriedigungshöhe ablehnenden Gläubiger hinzunehmen, durch Mehrheitsbeschluss gebunden zu werden, dann ist auch die zwangsweise Übernahme von Gesellschaftsanteilen zumutbar, deren Werthaltigkeit von dem Sanierungserfolg abhängt. b) Überwindung des Störpotenzials von Akkordstörern Nach weit überwiegender Ansicht trifft die Gläubiger keine Pflicht zur Zustimmung zu außerinsolvenzlichen Sanierungsbeiträgen.11 Angesichts der Unklarheiten im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Treuepflichten der Gesellschafter untereinander (und gegenüber der Gesellschaft) in Sanierungssituationen12 ist mehr als zweifelhaft, ob eine Pflicht der Gläubiger zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap besteht. Eine derartige Pflicht aus einer schuldvertraglichen Treuepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB herzuleiten, ist kaum vertretbar.13 So muss beilegitimierenden [qualifizierten] Mehrheitsbeschluss können einem jeden Gläubiger daher zugemutet werden, wenn für eine hinreichend informierte Stimmrechtsausübung sowie einen effektiven Minderheiten- und ggf. Rechtsschutz Sorge getragen ist.“). 10 Wenngleich die Position der Gläubiger entsprechend der insolvenzrechtlichen Vorrangregel weniger entwertet ist als die der Anteilseigner. Siehe Hölzle, KTS 2011, 291, 323. 11 Zur „Akkordstörer“-Problematik BGH v. 12.12.1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319, 319 ff. – coop; ablehnend Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 584 ff., 627, 840; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 154 f. Auch trifft Kreditinstitute nach vorzugswürdiger Auffassung auch keine Rechtspflicht zur Unterstützung von Sanierungsbeiträgen: BGH v. 29.5.2001 – VI ZR 114/00, ZIP 2001, 1412, 1413; Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 2.232; Madaus, Der Insolvenzplan, S. 41 f. m.w. N. auch zur Gegenauffassung. 12 Hierzu unter E.II.1.b). 13 Gleichsam zweifelnd Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43, der aber Ausnahmen (§ 236 Abs. 1 HGB) erwägt.

358

H. Vorschläge de lege ferenda

spielsweise ein Darlehensgeber nur aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung eine Leistung von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten als Erfüllungssurrogat gemäß § 364 BGB als Leistung akzeptieren.14 Derartige Vertragsanpassungen aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleiten, weitet dessen Anwendungsbereich übermäßig aus. Der Weg über § 313 BGB scheitert wiederum daran, dass das Insolvenzrisiko in die Sphäre des Schuldners fällt. Auch aus den Grundsätzen zur zivilrechtlichen Aufopferung kann eine aktive Pflicht zur Teilnahme an einem Schuldentausch nicht abgeleitet werden.15 Ebenso wie bei den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten zur Zustimmungsverpflichtung zu einer Sanierungsmaßnahme sind auch bei der Pflicht der Gläubiger zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap – wenn man eine solche denn annehmen will – doch erhebliche Zweifel an der Praxistauglichkeit in der Sanierungssituation angebracht. Infolgedessen kommt in diesen Fällen den ablehnenden Gläubigern ein Störund Blockadepotenzial zu.16 Es war unter anderem dieses Blockadepotenzial auf Gläubigerseite, dass einzelne Schuldner zur Flucht ins europäische Ausland bewogen hat; im Gegensatz zum deutschen Insolvenzrecht sieht das Recht von England und Wales eine Majorisierung von Gläubigern, die sich einer Beteiligung an dem Debt Equity Swap versperren, vor. Eine Mehrheitsentscheidung für die Beteiligung einer Gläubigergruppe an dem Debt Equity Swap schwächt dieses Störpotenzial ab und ermöglicht eine planbare und ausreichende Beteiligung an dem Schuldentausch: mit positiven Folgen für die Sanierungsfreundlichkeit des deutschen Rechts. c) Vermeidung komplexer Bewertungsfragen Eine fehlende Majorisierungsmöglichkeit führt des Weiteren zu komplexen Bewertungsfragen. Als Folge des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes muss der Insolvenzplan für die tauschunwilligen Gläubiger einer Gruppe eine Quotenzahlung vorsehen, die wirtschaftlich der Übernahme einer Anteilsübernahme entspricht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gläubiger einer Ungleichbehandlung zustimmen. Die damit verbundene Wertbemessung erfordert die Bestimmung, welche Insolvenzquote einem Anteilswert entspricht. Damit ergäbe sich in diesen Fällen eine weitere komplexe Bewertungsfrage im Rahmen des Planverfahrens17; im Fall einer Majorisierung entfiele diese Proble14

Statt vieler Weidenkaff, in: Palandt, BGB, § 488 Rn. 5. Vgl. Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, S. 157 ff. (Entschädigungszahlung in Geld als Kompensation für faktischen Duldungszwang). Auch Bitter, ZGR 2010, 147, 176. Vgl. auch Brinkmann, WM 2011, 97, 101 („Aus dem Aufopferungsgedanken lassen sich nur Duldungs- aber keine Handlungspflichten begründen.“). 16 Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 43; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511 („echtes Sanierungshindernis“). 17 Insolvenzbedingt sind Bewertungsunsicherheiten noch einmal deutlich erhöht, vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. 15

I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung

359

matik.18 Die verpflichtende Teilnahme für andere Gläubigerminderheiten weist mithin viele Vorteile auf. 4. Lösungsmöglichkeiten a) Keine Majorisierungsmöglichkeit de lege lata In Betracht kommt eine entsprechende Anwendung von § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 und S. 2 SchVG oder eine teleologische Reduktion des §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO. Die entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 3 S. 1Nr. 5, Abs. 4 S. 1 und S. 2 SchVG außerhalb des Schuldverschreibungsgesetzes scheitert jedoch bereits an der fehlenden Regelungslücke. Aus der Erwähnung der entsprechenden Vorschrift im Schuldverschreibungsgesetz, dem Wegfall der – gegenüber einer Majorisierungsmöglichkeit – milderen Zustimmungsfiktion und §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO im Gesetzgebungsverfahren, ergibt sich die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der grundlegenden Wahlfreiheit des einzelnen Gläubigers. Daher scheidet auch eine teleologische Reduktion aus. De lege lata existiert keine Majorisierungsmöglichkeit.19 b) Majorisierungsmöglichkeit de lege ferenda aa) Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit? Die Vorteilhaftigkeit eines insolvenzlichen Schuldentausches für die Sanierung provoziert Frage, ob und bejahendenfalls unter welchen Bedingungen Gläubiger de lege ferenda zur Beteiligung an einem insolvenzlichen Debt Equity Swap verpflichtet werden könnten. Prominentestes Argument gegen eine zwangsweise Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist der damit verbundene Eingriff in die durch Art. 9 GG geschützte negative Vereinigungsfreiheit. § 230 Abs. 2 InsO ist eine Ausprägung des Verbotes von Verträgen zu Lasten Dritter und des Grundrechts der negativen Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG.20 Die überwiegende Ansicht ist von der Verfassungswidrigkeit eines Eingriffs durch Zwangsbe18

Zu alledem Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, III. 2. Rn. 71. Eine Majorisierung sich verweigernder Gläubiger lässt sich auch nicht über die von Eidenmüller (Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 551 ff. u. 666 ff.) vorgeschlagenen Kooperationspflichten im Reorganisationsrecht“ erreichen. Nach Eidenmüller können hieraus Zustimmungs- und Kooperationspflichten erwachsen, die beispielsweise in die Beteiligung zu einem Sanierungskredit münden können. Diese Pflichten sollen auch die Zustimmung zu einem insolvenzlichen Schuldentausch umfassen, vgl. Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 36 f.). Die vorgeschlagene Lösung weist aber verfahrensrechtliche Unwägbarkeiten (teleologische Reduktion des § 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO) auf, die auch nicht völlig entkräftet werden können. Vorzugswürdig ist eine Kodifizierung einer Majorisierungsmöglichkeit. 20 Nur Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 230 Rn. 48. Zur negativen Vereinigungsfreiheit etwa Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9 GG Rn. 46 m.w. N. 19

360

H. Vorschläge de lege ferenda

teiligung in einem Verband überzeugt.21 Teilweise wird auf die Bedeutung der negativen Vereinigungsfreiheit hingewiesen, die sich etwa in § 29 UmwG offenbare.22 Nach dieser Vorschrift steht bei der Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform (oder bei der Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft) jedem betroffenen, widersprechenden Anteilseigner ein Barabfindungsanspruch zu. Dem hält Maier-Reimer indes zutreffend entgegen, dass sich aus der Existenz des § 29 UmwG systemimmanente Grenzen der negativen Vereinigungsfreiheit ergeben, die auch für den insolvenzlichen Debt Equity Swap zu gelten haben: Wenn die Vorschrift, die Freiheit einer konkreten Vereinigung beizutreten, einschränke, sei damit – unabhängig von der Vorbeteiligung an einer zu verschmelzenden Gesellschaft – auch die Übernahme einer Gesellschaftsbeteiligung aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses zu rechtfertigen.23 Wenig überzeugend ist hingegen das Argument, dass der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 und S. 2 SchVG eine Einschränkung der negativen Vereinigungsfreiheit statuiert habe und schon deshalb ein Zwang zur Teilnahme an dem Debt Equity Swap verfassungsrechtlich unbedenklich sei.24 Denn in diesen Fällen haben bereits die Anleihebedingungen zum Emissionszeitpunkt die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses vorzusehen, § 5 Abs. 1 S. 1 SchVG. Der Erwerb der Obligationen bedeutet daher eine den Anforderungen des § 230 Abs. 2 InsO genügende antizipierte Zustimmung der Schuldverschreibungsgläubiger.25 Die Rechtfertigung des Eingriffs in die negative Vereinigungsfreiheit ergibt sich aber daraus, dass die Zwangsbeteiligung den Erfolg der Sanierung sichert. Erlaubt die Sanierung einen Zugriff der Gläubiger auf den erhöhten Fortführungswert und damit eine Haftungsmaximierung, so kann dies eine Zwangs-

21 Etwa Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547; ders., in: Bankrechtstag 2011, S. 129, 150; siehe aber ders., in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 36 ff. (Zustimmungspflicht aufgrund von Kooperationspflichten innerhalb der Reorganisation); wohl auch Spliedt, GmbHR 2012, 462, 468; ders., in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 28; Braun/ Frank, in: Braun, InsO, § 230 Rn. 1 ff.; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374, 380. Kritik aber bei Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 34. 22 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 547. 23 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 118; ders., in: FS Goette, S. 299, 304. Für den Einzelfall auch eine Rechtfertigung annehmend Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511. 24 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117; ders., in: FS Goette, 299, 302. Auch in der Gesetzesbegründung zum ESUG wird auf die Möglichkeit des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG 2009 hingewiesen, RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 31 r. Sp. 25 So jetzt auch Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a Rn. 29; Spahlinger, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 32. Das übersieht Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117; ders., in: FS Goette, S. 299, 302 (Verweis auf § 24 Abs. 2 SchVG 2009).

I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung

361

beteiligung rechtfertigen.26 Einen ausreichenden Schutz der Gläubiger vor Schlechterstellung ergibt sich aus §§ 245, 251, 253 InsO. bb) Beschränkung auf Ausnahmefälle Für Pleister und Kindler kommt eine Rechtfertigung eines Eingriffs in das Grundrecht der negativen Vereinigungsfreiheit nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht. Der Sanierungs- und Reorganisationszweck ließe nur dann Zwangsbeteiligungen zu, wenn die soziale und wirtschaftliche Bedeutung des Schuldners und die Vielzahl der betroffenen Arbeitsplätze einen herausragenden Einzelfall darstellen.27 Ein solches Kriterium ist aber für die Rechtfertigung eines Eingriffs nicht geeignet. Das Insolvenzplanverfahren dient der Gläubigerbefriedigung durch Haftungsmaximierung, § 1 S. 1 InsO.28 Sanierungsrecht ist das deutsche Insolvenzrecht nur insofern, als das vorrangige Verfahrensziel in der bestmöglichen Befriedigung der konkurrierenden Gläubiger besteht und ein saniertes Unternehmen aufgrund des gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren erhöhten Fortführungswerts die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ermöglicht.29 Gründe des Gemeinwohls oder des volkswirtschaftlichen Vorteils einer Sanierungsalternative sind als Kriterien für die Rechtfertigung eines Eingriffs im Rahmen des Planverfahrens ungeeignet.30 cc) Beschränkung auf börsennotierte Aktiengesellschaften Eine Zwangsbeteiligung aufgrund Mehrheitsentscheidung sollte aber nicht uneingeschränkt ermöglicht werden. Nur bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist eine solche Mehrheitsentscheidung verfassungsrechtlich unbedenklich.31 Die Aktiengesellschaft weist eine geringe personalistische Prägung auf und dient vor26 A. A. Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 552, die an der Verfassungsmäßigkeit einer Majorisierungsmöglichkeit zweifeln und stattdessen ein Wahlrecht zwischen der Übernahme von Anteilen und schuldrechtlich gestalteten Genussrechten mit entsprechender finanzieller Ausstattung gewähren. 27 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511. 28 Vgl. nur BGH v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359, 1361 Rn. 22. Statt vieler etwa Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 19 f.; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1841. 29 Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 33 Rn. 2.19 ff.; Marotzke, JZ 2009, 763, 766 f.; Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516; Flöther, ZIP 2012, 1833, 1840; Schmerbach, in: Wimmer, FK-InsO, Vor §§ 1 ff. Rn. 24. Das verkennt etwa Bormann, NZI 2011, 892, 894. 30 So auch Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 516. 31 So – bereits außerinsolvenzlich (sub specie § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 SchVG) – auch Friedl, BB 2012, 1102, 1103. Weitergehend Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117.

362

H. Vorschläge de lege ferenda

rangig der Kapitalanlage. So sind Aktionäre nach Leistung der Einlage – auch in der existenzbedrohenden Krise – nicht zu Nachschüssen verpflichtet.32 Auch sonst treffen den Aktionär – vorbehaltlich des der Aktie innewohnenden Verlustrisikos – keine (Haftungs-)Risiken, Belastungen oder Pflichten.33 Aus der Börsennotierung folgt eine gesteigerte Fungibilität, die es dem zwangsweise Beteiligten erlaubt, sich rasch und einfach dem Beteiligungszwang zu entziehen.34 Auch das Bundesverfassungsgericht hat unter diesen Gesichtspunkten keine Verletzung der negativen Vereinigungsfreiheit bei Zwangszuteilung von Aktien gesehen.35 De lege ferenda ist daher die Möglichkeit, eine die Beteiligung an einer börsengängigen Aktiengesellschaft ablehnende Minderheit zu majorisieren, in die Insolvenzordnung aufzunehmen.36 Zu beachten ist indes, dass – worauf bereits eingegangen wurde37 – ein Kapitalschnitt auf Null mit dem Verlust der bisherigen Börsenzulassung einhergeht, in diesen Fällen muss der Insolvenzplan die Zulassung der neu geschaffenen Aktien vorsehen. Die Zwangsbeteiligung an einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft oder einer GmbH ist hingegen abzulehnen.38 In diesen Fällen bestehen entweder Haftungsrisiken, eine eingeschränkte Fungibilität oder eine personalistischere Prägung. So kann in der Satzung einer GmbH vorgesehen sein, dass eine Nachschusspflicht aller Gesellschafter beschlossen werden kann, § 26 GmbHG.39 Für die durch Majorisierung zur Teilnahme an einem Debt Equity Swap gezwunge32 BGH v. 19.10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, 28 – Sanieren oder Ausscheiden; statt vieler Bungeroth, in: MünchKomm-AktG, § 54 Rn. 6. 33 Wie gezeigt besteht auch keine Pflicht aus § 35 WpÜG, siehe hierzu unter F.I.3.d). 34 Auch Friedl, BB 2012, 1102, 1103 (keine Verletzung der negativen Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG); Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 304; ders., in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117. Siehe hierzu auch E.V.2.a) cc)(2)(dd). Die Möglichkeit der Deinvestition ist auch im Hinblick auf das Totalverlustrisiko bei einer Folgeinsolvenz bedeutend, vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 36. 35 BVerfG v. 20.7.1954 – 1 BvR 459/52, BVerfGE 4, 7, 26 – Investitionshilfe. Vgl. Maier-Reimer, in: FS Goette, S. 299, 303 (Mitgliedschaft in AG aufgrund Zwangszuteilung von Aktien kein Eingriff in Art. 9 GG). 36 Ebenso Friedl, BB 2012, 1102, 1103; Simon, CFL 2010, 448, 450; wohl auch – nicht auf börsennotierte AGs beschränkt – Thies, in: HambKomm-InsO, § 230 Rn. 6; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117. Siehe die Kritik von Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 33 („wohl zu weitgehend“). 37 Siehe hierzu unter F.I.2.b). 38 Zumindest für die GmbH ebenfalls ablehnend Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117. 39 Freilich ließe sich eine solche Nachschusspflicht durch Satzungsänderung im Insolvenzplanverfahren streichen, § 225a Abs. 3 InsO. Vgl. auch Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 117 (Ausfallhaftung für Mitgesellschafter).

I. Gläubigerbeteiligung am Debt Equity Swap durch Majorisierung

363

nen Gläubiger stellt dies eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung dar. Zudem würde eine Zwangsbeteiligung zu Sanierungszwecken konterkariert, wenn die Zwangsanteilseigner den wirtschaftlichen Erfolg pro futuro als „lästige Gesellschafter“ durch obstruierendes Verhalten beeinträchtigen.40 Eine derartige Gefahr betrifft indes vorrangig Gesellschaften mit beschränkter Haftung aufgrund ihrer stärkeren personalistischen Prägung. Zudem sind Gesellschaftsbeteiligungen, die nicht börslich gehandelt werden, weniger fungibel. Sich der aufgezwungenen Beteiligung zu entziehen, ist mit deutlich höherem Aufwand verbunden. dd) Beschränkung auf bestimmte Gläubigergruppen Anzudenken ist zudem, Mehrheitsentscheidungen bei bestimmten Gläubigern oder Gläubigergruppen von Gesetz wegen auszuschließen.41 In Betracht kommen hier beispielsweise öffentlich-rechtliche Gläubiger oder Arbeitnehmer. Diese Gläubiger wären dann vor einer Zwangsteilnahme geschützt.42 ee) Zustimmungsfiktion entsprechend § 230 Abs. 2 DiskE-ESUG (1) Wegfall der Zustimmungsfiktion im Gesetzgebungsverfahren Der Diskussionsentwurf des ESUG sah als Verfahrenserleichterung noch eine Zustimmungsfiktion für die an dem Debt Equity Swap beteiligten Gläubiger vor. Nach § 230 Abs. 2 S. 2 DiskE-ESUG wurde die Zustimmung des keine persönliche Haftung übernehmenden Gläubigers fingiert, wenn dieser trotz Erläuterung der Maßnahme und einer Aufforderung nicht widersprach.43 Eine derartige Zustimmungsfiktion wäre geeignet die Anzahl der beteiligten Gläubiger zu erhöhen, Verzögerungen zu vermeiden und Transaktionskosten zu senken.44 Der kurz40

So richtigerweise Simon, CFL 2010, 448, 450. Nicht nur haushalts- und kommunalrechtliche Gründe können einer Beteiligung entgegenstehen (vgl. Reg ESUG, BT Drucks. 17/5712, S. 18), auch kann im Einzelfall die Beteiligung mit europäischen Beihilferecht unvereinbar sein, Fritze/Heithecker, EuZW 2010, 817, 818 f. 42 Vgl. Thies, in: HambKomm-InsO, § 225a Rn. 37; Spahlinger, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 225a Rn. 11; a. A. aber Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 31. 43 Diskussionsentwurf des BMJ für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, Beilage 1 zu Heft 28, ZIP 2010, S. 1, 11. Im Wortlaut: „Die Zustimmung des Gläubigers, der keine persönliche Haftung übernehmen soll, gilt als erteilt, wenn 1. der Insolvenzverwalter oder der Schuldner ihm die geplante Maßnahme schriftlich erläutert und ihn dabei aufgefordert hat, binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen seine Zustimmung zu erklären, und 2. der Gläubiger innerhalb der Frist nicht schriftlich geantwortet hat, obwohl er bei der Aufforderung auf die Rechtsfolge eines solchen Verhaltens hingewiesen worden ist.“. 44 Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511; Hölzle, NZI 2011, 124, 128. 41

364

H. Vorschläge de lege ferenda

fristige Wegfall wurde in der Literatur teilweise heftig kritisiert45; der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren für „praktisch tot“ erklärt.46 Diese Einschätzung ist zwar mehr rhetorische Übertreibung als akkurate Analyse, nicht von der Hand zu weisen ist aber, dass eine hohe Beteiligung für den Sanierungserfolg von nicht unerheblicher Bedeutung ist. Es fragt sich daher, ob einer Zustimmungsfiktion verfassungsrechtliche oder sonstige Bedenken entgegenstehen. (2) Verfassungsmäßigkeit einer Zustimmungsfiktion Denn – darauf weist Hölze zutreffend hin – die Beteiligung an dem Debt Equity Swap erfolgt nicht gegen, sondern schlimmstenfalls ohne den ausdrücklichen Willen der betroffenen Gläubiger.47 Verhält sich ein Gläubiger passiv, dann ist die Beteiligung an dem Debt Equity Swap für diesen kein Unbill. (3) Kein unangemessener Aufwand für die Gläubiger Die Zustimmungsfiktion entsprechend § 230 Abs. 2 S. 2 DiskE-ESUG bürdet den involvierten Gläubigern auch keinen unangemessenen Aufwand auf, der einer Kodifikation entgegenstehen würde. Der Entfall im Gesetzgebungsverfahren war nicht nur verfassungsrechtlichen Bedenken geschuldet. Institutionelle öffentlich-rechtliche Gläubiger, insbesondere Finanzverwaltungen und Sozialversicherungsträger, opponierten gegen die Gesetzwerdung mit der Begründung, auf entsprechende Schreiben von Insolvenzverwaltern zu reagieren, sei zu aufwendig.48 Dieses Argument kann indes nicht überzeugen. Der mit einem Insolvenzverfahren verbundene Aufwand ist Bestandteil des mit einer wirtschaftlichen Betätigung verbundenen Risikos. Die Gläubiger trifft im Insolvenzverfahren besondere Obliegenheiten: Dazu gehören unter anderem die Kenntnisnahme von Schreiben des Insolvenzverwalters, die Anmeldung von Forderungen zu der Insolvenztabelle und die Teilnahme an Gläubigerversammlungen. Ihnen ist auch ein Widerspruch nach hinlänglicher Information zumutbar.49 Unabhängig von der Fra45 Bork, ZIP 2010, 397, 409 ff.; Hölzle, KTS 2011, 291, 323; ders., NZI 2011, 124, 128; ders., in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 42; Pape, ZInsO 2011, 1033, 1040; Frind, ZInsO 2011, 656, 657; Flessner, in: Kreft, HK-InsO, 6. Aufl. 2011, § 230 Rn. 6; Thies, in: HambKomm-InsO, § 230 Rn. 6; a. A. aber Landfermann, WM 2012, 821, 829 (vorrangig Großgläubiger als Teilnehmer des Schuldentauschs); Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508 („in den wenigsten Fällen eine größere Anzahl von Gläubigern“ als Schuldentauschbeteiligte). Als Beispiel kann der Debt Equity Swap bei der Pfleiderer AG dienen: Hier war es nur eine Investmentgesellschaft als einziger einrückender Gesellschafter, vgl. K. Schmidt, ZIP 2012, 2085. 46 Frind, ZInsO 2011, 656, 657; dagegen Braun/Heinrich, NZI 2011, 505, 508. 47 Hölzle, NZI 2011, 124, 128. Ebenso Thies, in: HambKomm-InsO, § 230 Rn. 6. 48 Heinrich, NZI 2012, 235, 237; Hölzle, in: Kübler, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, § 30 Rn. 41. 49 So bereits Simon, CFL 2010, 448, 450; Pleister/Kindler, ZIP 2010, 503, 511.

II. Notwendige Änderungen und Klarstellungen

365

ge, ob öffentlich-rechtlichen Gläubigern eine Beteiligung an einem Debt Equity Swap aufgezwungen werden können sollte, ist einer modernen Verwaltung die Kenntnisnahme und entsprechende Reaktion zuzumuten. Bejaht man indes die Unzumutbarkeit für diese Gläubigergruppen, oder bejaht man Unvereinbarkeit der Teilnahme der öffentlichen Hand an einem Debt Equity Swap50, so muss daran nicht die sanierungsfreundliche Zustimmungsfiktion in Gänze scheitern: Anzudenken wäre dann eine Ausnahme von der Zustimmungsfiktion für öffentlich-rechtliche Gläubiger oder andere Gläubigergruppen. 5. Ergebnis Die Teilnahme an einem Debt Equity Swap setzt nach §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO InsO die ausdrückliche Zustimmung eines jeden Gläubigers voraus. Weder besteht eine Pflicht des einzelnen Gläubigers zur Teilnahme an einem Schuldentausch, noch kann die fehlende Zustimmung einzelner majorisiert werden. Die in § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 und S. 2 SchVG vorgesehene Majorisierungsmöglichkeit lässt sich weder im Rahmen einer Analogie noch im Wege einer teleologischen Reduktion der §§ 225a Abs. 2 S. 2, 230 Abs. 2 InsO auf andere Gläubiger übertragen. Die fehlende Möglichkeit der Majorisierung räumt den Gläubigern im Einzelfall jedoch ein Störpotenzial ein, das den Erfolg von Sanierungen beeinträchtigen oder verhindern kann. De lege ferenda ist daher das Erfordernis der Individualzustimmung zugunsten einer Mehrheitszustimmung aufzugeben. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften wäre mangels Folgepflichten einer Beteiligung und deren hoher Fungibilität der mit einem Zwang zur Teilnahme verbundene Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Ausnahmen zugunsten öffentlich-rechtlicher Gläubiger sind vorzusehen. Zudem ist die im Diskussionsentwurf noch vorgesehene Zustimmungsfiktion (§ 230 Abs. 2 DiskE-ESUG) zu kodifizieren.51

II. Notwendige Änderungen und Klarstellungen 1. Änderung des § 225a InsO a) Zusammenführung der Abs. 2 und 3 Wie gezeigt haben die Altgesellschafter insolvenzbedingt kein Bezugsrecht. § 186 AktG (analog)52 ist teleologisch zu reduzieren. Mithin bedarf es bei einem Debt Equity Swap mittels Kapitalmaßnahmen keines Ausschlusses. Ein solcher ist aber beispielhaft in § 225a Abs. 2 S. 3 InsO aufgeführt. Der Aufbau der 50 51 52

Etwa Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 11. Vgl. Heinrich, NZI 2012, 235, 239 f. Zur Herleitung des Bezugsrechts bei der GmbH siehe unter D.II.3.a).

366

H. Vorschläge de lege ferenda

Norm wurde bereits kritisiert. Ihr wenig überzeugender systematischer Aufbau ist der Diskussion um den Debt Equity Swap geschuldet, an dem sich paradigmatisch die Nachteile der gesellschaftrechtlichen Neutralität der Insolvenzordnung des Jahres 1999 gezeigt haben.53 Zur Auflösung des systematischen Widerspruches und zur Klarstellung ist die Vorschrift anzupassen. Abs. 2 und 3 sollten de lege ferenda in folgendem Abs. 2 aufgehen: „(2) 1Im Plan kann jede Regelung getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist, insbesondere die Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft, die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten oder die Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner. 2Eine Umwandlung gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ist ausgeschlossen.“

Einer beispielhaften Aufzählung der einzelnen Maßnahmen, die für einen Debt Equity Swap charakteristisch sind, müssen nicht aufgeführt werden. Konsequenterweise wird Abs. 4 dann zu Abs. 3, aus Abs. 5 wird Abs. 4. b) Ergänzung des § 225a Abs. 4 S. 3 InsO Der Anwendungsbereich des § 225a Abs. 4 S. 3 InsO ist einzuschränken, um den berechtigten Interessen des Vertragspartners an einer Lösung der Verträge Rechnung zu tragen. Daher sollte § 225a Abs. 4 InsO abgeändert werden. Abs. 4 S. 3 könnte de lege ferenda wie folgt ausgestaltet sein: 3

„Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam, sofern nicht wegen eines berechtigten Interesses ihre Wirksamkeit geboten ist.“

Nach dieser Formulierung können berechtigte Interessen die Unwirksamkeit einer Change-of-control-Klausel begründen, sofern der an einer Lösung des Vertrags interessierte Vertragspartner sich auf ein solches beruft. Alternativ müsste § 225a Abs. 4 InsO teleologisch reduziert werden.54 Solche Einschränkungen wären geeignet, Interessenkonflikte schon bei der Plangestaltung zu berücksichtigen und hätten insoweit auch vorbeugende Wirkung.55 2. Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie Zur Vermeidung von sanierungsgefährdender Rechtsunsicherheit und rechtlichenUnwägbarkeiten im Hinblick auf die Anwendbarkeit der betroffenen Arti53 Auch Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 8; Braun, in: FS Fischer, S. 53, 55 ff. 54 So jetzt auch Haas, in: Kreft, HK-InsO, § 225a Rn. 29; Eidenmüller, in: MünchKomm-InsO, § 225a Rn. 111. 55 So befürchten Landfermann, WM 2012, 821, 830 sowie Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 128, dass Change-of-control-Klauseln durch Lösungsklauseln allgemeiner Art unterlaufen werden könnten.

II. Notwendige Änderungen und Klarstellungen

367

kel der Kapitalrichtlinie (für den Debt Equity Swap etwa Art. 29, 33 Abs. 1 u. Abs. 4, 34, 46 der Kapitalrichtlinie)in insolvenzlichen Sanierungen ist der Europäische Gesetzgeber aufgefordert, eine klarstellende Neufassung der Richtlinie zu erlassen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der nicht eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Der Anwendungsbereich kann – etwa durch Einfügung eines Art. 1 Abs. 3 Kapitalrichtlinie oder eines Erwägungsgrundes – betroffene Aktionärsschutzbestimmungen in der Insolvenz einer Aktiengesellschaft ausklammern. 3. Anwendungsbereich des § 35 WpÜG Der Wortlaut des § 35 WpÜG sieht die Angebotspflicht bei Kontrollerlangung vor und nimmt nicht ausdrücklich Aktienerwerbe innerhalb eines Insolvenzplanverfahrs aus. Angesichts der Unanwendbarkeit der Norm bei Erwerben innerhab eines Insolvenzverfahrens, ist der Anwendungsbereich telologisch zu reduzieren. Eine solche Reduktion entgegem dem Wortlaut könnte den Vorwurf einer richterlichen Rechtsfortbildung contra legem auf sich ziehen. Eine derartige Rechtsfortbildung wäre mit der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an Recht und Gesetz nicht vereinbar.56 Zur Vermeidung diesbezüglicher Unwägbarkeiten ist der Anwendungsbereich ausdrücklich einzuschränken. De lege ferenda sollte daher klargestellt werden, dass die Beteiligten eines insolvenzlichen Debt Equity Swap nicht der Pflicht nach § 35 WpÜG unterliegen.57 Diese könnte im Rahmen eines § 35 Abs. 4 WpÜG oder des § 225a InsO geschehen. Eine derartige Klarstellung in § 35 Abs. 4 WpÜG könnte etwa wie folgt lauten: „Wird die Kontrolle über die Zielgesellschaft im Rahmen einer insolvenzlichen Sanierung erworben, besteht keine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1.“

4. Ausnahme von der Prospektpflicht bei Reorganisationen a) Ausgangslage Eine Prospektpflicht für im Rahmen eines Debt Equity Swap neu geschaffene Aktien nach § 3 Abs. 1 WpPG existiert nicht. Trotzdem bestehen im Hinblick auf das Merkmal „öffentliches Angebot“ Rechtsunsicherheiten, die etwa bei Debt Equity Swaps unter Beteiligung von breit gestreuten Schuldverschreibungen mit mehr als 150 nicht qualifizierten Inferenten einer Durchführung entgegenstehen könnten. Für die Zulassung der Aktien an einem organisierten Markt ist überdies nach § 3 Abs. 4 WpPG eine Prospektpflicht gegeben. Fraglich ist, ob diese Prospekt56 Die Rechtsprechung legt teilweise großzügige Maßstäbe an, vgl. nur BGH v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148, 160 ff. – Bodenfliesen II. 57 Auch Madaus, Der Insolvenzplan, S. 26.

368

H. Vorschläge de lege ferenda

pflicht bei Reorganisationen angesichts des Insolvenzplans und dessen Kontrolle durch das Insolvenzgericht sachgerecht ist. b) Prospektpflicht im US-Reorganisationsrecht Das US-amerikanische Reorganisationsrecht, das für das deutsche Insolvenzplanverfahren in vielen Punkten Vorbild war, kennt hingegen eine Ausnahme von der Prospektpflicht für im Rahmen von Reorganisationen neu geschaffenen Aktien. Nach 11 U.S.C. § 1145 (a) (1) und (2)58 benötigen diese Anteile kein sogenanntes „registration statement“ nach bundesrechtlichen (sec. 5 des Securities Act of 1933) oder ausnahmsweise einschlägigen einzelstaatlichen Wertpapiervorschriften.59 Ein öffentliches Angebot unterliegt grundsätzlich der Pflicht zur Registrierung. Dies geschieht durch besagten Registrierungsantrag.60 Hierbei handelt es sich um ein Konvolut von Dokumenten und insbesondere eines Wertpapierprospekts, welches bei der zuständigen Börsenaufsichtsbehörde United States Securities and Exchange Commission (SEC)61 im Vorfeld der Börsenzulassung eingereicht werden muss und der aufsichtsrechtlichen Genehmigung bedarf.62 Strenggenommen handelt es sich demnach um keine Ausnahme von der Prospektpflicht, sondern vom gesamten formellen Prüfungsverfahren. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ausnahme ist, dass die Anteile im Rahmen des Reorganisationsplanes emittiert werden. Hiernach ist ihre Handelbarkeit nicht ein58 11. U.S.C § 1145 – Exemption from securities law (Auszug) (a) Except with respect to an entity that is an underwriter as defined in subsection (b) of this section, section 5 of the Securities Act of 1933 and any State or local law requiring registration for offer or sale of a security or registration or licensing of an issuer of, underwriter of, or broker or dealer in, a security do not apply to – (1) the offer or sale under a plan of a security of the debtor, of an affiliate participating in a joint plan with the debtor, or of a successor to the debtor under the plan – (A) in exchange for a claim against, an interest in, or a claim for an administrative expense in the case concerning, the debtor or such affiliate; or (B) principally in such exchange and partly for cash or property; (2) the offer of a security through any warrant, option, right to subscribe, or conversion privilege that was sold in the manner specified in paragraph (1) of this subsection, or the sale of a security upon the exercise of such a warrant, option, right, or privilege. 59 Braun, in: FS Fischer, S. 53, 58. Einzelstaatliche Wertapiergesetze, sog. blue sky laws, werden durch section 18 Securities Act of 1933 in praktisch allen relevanten Fällen derogiert. Bei der Formulierung in 11 U.S.C § 1145 (a) handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Vgl. Werlen/Sulzer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 45 Rn. 192. 60 Vgl. zum genauen Inhalt Werlen/Sulzer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 45 Rn. 33 ff. m.w. N. 61 Zur SEC etwa Werlen/Sulzer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 45 Rn. 15 m.w. N. 62 Überblick bei Werlen/Sulzer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 45 Rn. 30 ff. m.w. N.

II. Notwendige Änderungen und Klarstellungen

369

geschränkt. Da nach 11 U.S.C. § 1145 (c)63 eine prospektpflichtbefreite Emission im Rahmen der insolvenzlichen Sanierung als Initial Public Offering (IPO) gilt, obwohl nur die Gläubiger Anteile erwerben, bestehen keine Einschränkungen mit Blick auf die Handelbarkeit und die Gläubiger sind grundsätzlich frei, ihre Aktien nach Ende der Reorganisation zügig auf dem Sekundärmarkt zu veräußern.64 Der Ausnahmeregelung liegen zwei Einsichten zugrunde: Im Rahmen von Sanierungen emittierte Anteilsrechte im Zuge eines Debt Equity Swap werden nur von den Gläubigern erworben. Als Beteiligte des Reorganisationsverfahrens haben sie gestaltend mitgewirkt und sich auf Grundlage des Reorganisationsplans für die Übernahme der Anteile entschieden. Sie bedürfen daher nicht des durch die Prospektveröffentlichung vermittelten Schutzes vor Informationsasymmetrien und es besteht kein Risiko einer Irreführung, die das Vertrauen in den Kapitalmarkt schädigt.65 Darüber hinaus ist die Erstellung eines Wertpapierprospekts mit hohen Kosten und Zeitaufwand verbunden. Beide Ressourcen sind in der Insolvenz ein besonders rares und schützenswertes Gut.66 Lange Genehmigungsverfahren und hohe Rechtsberatungskosten konterkarieren die Erreichung des auf Unternehmenswerterhaltung ausgerichteten Reorganisationszieles und wirken im Ergebnis sanierungshindernd.67 Im Hinblick auf den Schutz potentieller Kapitalmarktteilnehmer wird auf die gerichtliche Kontrolle des Insolvenzverfahrens und die Informationen nach 11 U.S.C. 1125 (disclosure statement) verwiesen. Die Ausnahme wird auch damit gerechtfertigt, dass die Teilnehmer am Debt Equity Swap an einer raschen Veräußerung interessiert seien, da sie über eine Mehrheitsentscheidung zur Teilnahme gezwungen wurden. Im Ergebnis ist 11 U.S.C. § 1145 ist auf eine Entscheidung zugunsten der Sanierungsfreundlichkeit und zulasten kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutzes zurückzuführen. c) Änderungsbedarf de lege ferenda aa) § 3 Abs. 1 WpPG De lege ferenda ist eine Klarstellung des WpPG sinnvoll, die mit Blick auf den Debt Equity Swap die Nichtanwendbarkeit des § 3 Abs. 1 WpPG feststellt. Dies könnte etwa durch eine aufsichtsrechtliche Klarstellung seitens der BaFin erfol63

11. U.S.C § 1145 – Exemption from securities law (Auszug) (c) An offer or sale of securities of the kind an in the manner specified under subsection (a)(1) of this section is deemed to be a public offering. 64 Sie gelten nicht als „restricted securities“ im Sinne der Rule 144 des Securities Act of 1933 Vgl. Braun, in: FS Fischer, S. 53, 58 (freie Handelbarkeit). 65 Siehe hierzu bereits unter F.I.4.b)aa)(3). 66 Vgl. Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309. 67 Vgl. Braun, in: FS Fischer, S. 53, 58.

370

H. Vorschläge de lege ferenda

gen.68 Möglich wäre ebenfalls, einen zusätzlichen Halbsatz im § 2 Nr. 4 WpPG einzufügen, nach dem es sich bei der Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Gesellschaftsanteile am Schuldner, nicht um ein öffentliches Angebot im Sinne der Vorschrift handelt.69 Ebenfalls erwägenswert wäre überdies die Schaffung einer weiteren Ausnahme im § 3 Abs. 2 WpPG. Ein Nr. 6 könnte eine Ausnahme für den insolvenzlichen (und außerinsolvenzlichen) Debt Equity Swap vorsehen. Angesichts des Fehlens einer solchen Ausnahme in der Prospektrichtlinie erscheinen die ersten beiden Varianten vorzugswürdig. bb) § 3 Abs. 4 WpPG Eine Prospektpflicht für im Rahmen des Debt Equity Swap geschaffene Aktien und deren Zulassung an einem registrierten Markt ist wenig sanierungsfreundlich. Es existieren keine aussagekräftigen historischen Finanzinformationen für eine Prospekterstellung.70 Trotzdem ist fraglich, ob eine Ausnahme von der Prospektpflicht für Aktien oder Wertpapierem, die in der Insolvenz ausgegeben werden, sachgerecht ist. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Reorganisationsrecht kann de lege lata kein Gläubiger gegen seinen Willen zur Teilnahme an einem insolvenzlichen Debt Equity Swap gezwungen werden, § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. Ein gesteigertes Bedürfnis für eine rasche Veräußerungsmöglichkeit ist daher nicht erkennbar. Als Argument für eine derartige Ersetzung des Prospekts durch den Insolvenzplan verbliebe dann vornehmlich nur das fehlende Informationsbedürfnis von als Erwerbern in Frage kommenden Anlegerkreisen, die aufgrund ihrer Stellung als qualifizierte Anleger keines Prospektes nach WpPG zur Information bedürfen. Im Ergebnis überwiegt der Schutz des Kapitalmarkts, weswegen – zumindest zurzeit – kein Handlungsbedarf de lege ferenda angezeigt ist.

III. Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag Eine weitere Fragestellung betrifft das Barkapital-Erfordernis nach § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG im Insolvenzplanverfahren.71 Teilweise wird in der Literatur darin ein Sanierungshindernis ge68

Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1315. Auch Cahn/Hutter/Kaulamo/Meyer/Weiß, WM 2014, 1309, 1315 mit einem Formulierungsvorschlag für einen erweiterten § 4 Nr. 2 WpPG a. E. („; der an die Gläubiger einer Schuldverschreibung gerichtete Vorschlag nach § 5 Abs. 3 Nr. 5 des Schuldverschreibungsgesetzes, durch Mehrheitsbeschluss Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile, andere Wertpapiere oder andere Leistungsversprechen umzutauschen, gilt nicht als öffentliches Angebot von Wertpapieren.“). 70 Wieneke/Hoffmann, ZIP 2013, 697, 704. Siehe zu den Anforderungen etwa Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 36 Rn. 35 ff. 71 Die Vorschriften finden auch im Insolvenzplanverfahren Anwendung, vgl. nur Braun/Frank, in: Braun, InsO, § 225a Rn. 18. 69

III. Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

371

sehen, da es bei einem Kapitalschnitt auf Null zwingend einer gemischten Sachund Bareinlage bedarf. In der Insolvenz wird es nicht selten zu solch einem radikalen Schnitt kommen.72 Der auf das gesetzliche Mindesthaftkapital entfallende Betrag kann nach § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG nicht durch Sacheinlagen erbracht werden, sondern muss zwingend durch Bareinlage erfolgen.73 Im Rahmen eines außerinsolvenzlichen Debt Equity Swap bereitet die Norm Schwierigkeiten. Im Hinblick auf einen Kapitalschnitt auf Null gelten für die Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses für die auf das Mindestkapital entfallende Barkapitalerhöhung signifikant höhere Anforderungen als für die Sachkapitalerhöhung. Damit sichern § 228 Abs. 1 AktG und § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG auch die Gesellschafter vor einem vollständigen Verlust ihrer Mitgliedschaft bei einem Kapitalschnitt auf Null.74 Für den insolvenzlichen Debt Equity Swap ist die Ausgangslage jedoch eine andere. Wie gezeigt steht den Gesellschaftern wegen der insolvenzbedingten Entwertung des Anteilsrechts in der Insolvenz schlichtweg kein Bezugsrecht zu. § 186 AktG (analog) ist insoweit teleologisch zu reduzieren.75 Damit ergeben sich diesbezüglich schon keine sanierungshindernde Wirkungen und kein Bedürfnis für eine Nichtanwendbarkeit der Vorschriften, die eine ausschließliche Sachkapitalerhöhung erlauben würde. Fraglich ist aber, ob der Vorschrift bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap ein Anwendungsbereich verbleibt. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Kapitalaufbringungsvorschriften bei einem insolvenzlichen Debt Equity Swap teleologisch zu reduzieren sind. Angesichts des nominellen Zuflusses eines Wertes in Höhe des Nennwertes durch passivistische Entlastung bei einem Tausch von Darlehensforderungen in Eigenkapital ist eine Bewertung des Einbringungsgegenstandes nicht erforderlich.76 Legt man das Verständnis zugrunde, dass es sich bei der Einbringung dieser Forderungen um Sacheinlagen handelt, so ist eine Prüfung nach §§ 188 Abs. 2 S. 1, 36a Abs. 2 S. 3 AktG, §§ 57 Abs. 2 S. 1, 7 Abs. 3 GmbHG entbehrlich. Ausreichend ist eine Offenlegung der Einbringungsumstände. Damit ist ein Schutzzweck der Vorschrift bereits erreicht: die Vermeidung von Bewertungsproblemen.77 72

Vgl. nur Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 125. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 113; vgl. die praktischen Auswirkungen, Pleister, GWR 2013, 220, 222. Siehe auch die Schwierigkeiten mit den Vorschriften bei Spahlinger, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 225a Rn. 26 (Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhung zulässig wegen zwingendem Charakter der § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG). 74 Etwa Oechsler, in: MünchKomm-AktG, § 228 Rn. 1. 75 Alternativ ist ein Bezugsrechtsausschluss zu Lasten der Altgesellschafter auch bei einer Barkapitalerhöhung in der Insolvenz unproblematisch, da die materiellrechtlichen Anforderungen, die außerhalb der Insolvenz gelten, keine Anwendung finden, siehe zu allem unter E.VI.3.a)dd). 76 Siehe zu allem unter E. VII.1.c). 77 Hüffer/Koch, AktG, § 228 Rn. 3. 73

372

H. Vorschläge de lege ferenda

Damit verbleibt als Schutzzweck nur noch die Sicherstellung eines Liquiditätszuflusses.78 Eine Ausnahme ist aber nicht angebracht. Denn ein Debt Equity Swap allein wird nicht ausreichen, um den Schuldner zu sanieren. Die bilanzielle Wirkung des Debt Equity Swap ist äußerst hilfreich, die Weiterführung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs sowie die leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen erfordern aber auch, dass der Schuldner über ausreichende Liquiditätspolster verfügt. Da der Debt Equity Swap nur mittelbar liquidiätsschonend wirkt, aber im Gegensatz zu einer Barkapitalerhöhung keine neuen Barmittel einfließen, setzt ein Gelingen der Reorganisation regelmäßig noch den Einsatz anderer Sanierungsmittel (fresh money usw.) voraus.79 Aufgrund der mit der Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens verbundenen Kosten setzt das Insolvenzplanverfahren zudem eine gewisse Größe des Schuldners voraus. Für die einrückenden Gläubiger dürfte die Aufbringung der für die Barkapitalerhöhung erforderlichen 50.000 EUR (§ 7 AktG) bzw. 25.000 EUR (§ 5 Abs. 1 GmbHG) kein Problem darstellen. Die zur Erreichung des gesetzlichen Mindesthaftkapitals erforderliche Bareinlage ist im Verhältnis zur Unternehmensgröße regelmäßig überaus gering. An § 229 Abs. 3 i.V. m. § 228 Abs. 1 AktG bzw. § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG wird kein insolvenzlicher Debt Equity Swap scheitern. Im Ausnahmefall verbleibt noch ein Verzicht auf einen Kapitalschnitt auf Null und einen Entzug der restlichen Anteile nach § 225 Abs. 3 Hs. 2 Alt. 2 InsO.80 Der regulative Aufwand für eine ausdrückliche Ausnahme dürfte außer Verhältnis zum Nutzen stehen.81

IV. Zusammenfassung Die Aufgabe der gesellschaftsrechtlichen Neutralität war eine überfällige und gebotene Weiterentwicklung des deutschen Insolvenzrechts. Als Folge der Möglichkeit, auf die organisationsrechtliche Struktur zugreifen zu können, offenbaren 78

Hüffer/Koch, AktG, § 228 Rn. 3. Nur Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 574 (Fn. 103); Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 1.3.; Kleindiek, in: FS Hommelhoff, S. 543, 545 f. 80 Als Beispiel kann die Insolvenz der Pfleiderer AG dienen: Der Insolvenzplan sah eine Kapitalherabsetzung auf Null zur Verlustdeckung und eine anschließende gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung vor. Nur bis zur Erreichung des Mindestgrundkapitals wurde eine Bareinlage erbracht. Darüber hinaus fand eine Sachkapitalerhöhung unter Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Regressforderungen statt, Pleister, GWR 2013, 220, 221 f.; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 103; K. Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2085. 81 So wäre es nicht ausreichend, in einem § 225a Abs. 2 S. 4 InsO die Anwendung der § 228 Abs. 1 AktG und § 58a Abs. 4 S. 1 GmbHG mit der Maßgabe zuzulassen, dass bei Kapitalerhöhungen im Rahmen des § 225a Abs. 2 auch bis zur Erreichung des Mindesthaftkapitalbetrages Sacheinlagen festgesetzt werden können. Das würde übersehen, dass nicht bei jeder Art von Forderung eine Nennwerteinbringung gerechtfertigt ist, siehe unter E.VII.1.a). 79

IV. Zusammenfassung

373

sich aber eine Vielzahl von Schwierigkeiten und Auslegungsfragen. Es gilt das Insolvenzrecht de lege ferenda weiterzuentwickeln und die Abstimmung mit dem Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht voranzutreiben. Insbesondere soweit Vorschriften und Richtlinien, die den Gesellschaftern Schutz vor Mehrheitsmacht, Kompetenzentzug und Ungleichbehandlung oder Rechtsschutz einräumen, nicht die insolvenzrechtliche Sondersituation berücksichtigen, ist Anpassung und Klarstellung vonnöten.

I. Ergebnis und Zusammenfassung in Thesen – Die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf den schuldnerischen Rechtsträger durch Einbeziehung der Gesellschaftsanteile in das Insolvenzplanverfahren ist geboten, um die sich aus § 199 S. 2 InsO ergebende Befriedigungshierarchie widerspruchsfrei zu gewährleisten. Nicht den letztrangigen Gesellschaftern, sondern den Gläubigern steht ein sich aus der Verknüpfung von Rechtsträger und Unternehmen ergebender Fortführungswert zu. – Aus der insolvenzrechtlichen Befriedigungshierarchie folgt zudem das Primat des Insolvenz- gegenüber dem Gesellschaftsrecht. Der Anwendungsbereich der gesellschaftsrechtlichen oder kapitalmarktrechtlichen Vorschriften, die allein dem Gesellschafter-Minderheitenschutz oder der Gesellschaftergleichbehandlung dienen, ist insoweit teleologisch zu reduzieren. Die Vorrangwirkung des Insolvenzrechts erfasst nur den insolvenzrechtlichen Bereich und die am Verfahren Beteiligten. – Die gesetzgeberische Entscheidung, die weitgehende gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts aufzugeben, ist europarechts- und verfassungskonform. – Die Behandlung einzelner Auslegungsfragen – etwa bei Umsetzung eines insolvenzlichen Debt Equity Swap – hat sich an der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers und dem Primat des Insolvenzrechts zu orientieren. Der insolvenzliche Schuldentausch wird dadurch zu einem effektiven, rechts- und planungssicheren Instrument im Rahmen reorganisierender Sanierungen; die Effizienz des Insolvenplanverfahrens als Sanierungsinstrument wird hierdurch wesentlich erhöht. – Es fehlt an einer tauglichen Abstimmung von Insolvenz- und Steuerrecht. Das Sanierungssteuerrecht ist de lege lata ein Sanierungshindernis. Angesichts der Zweifel an der Vereinbarkeit mit europa- und verfassungsrechtlichen Vorgaben ist der Gesetzgeber aufgerufen, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Sanierungen und insbesondere den Debt Equity Swap zu verbessern, um zu vermeiden, dass aussichtsreiche Sanierungen an steuerrechtlichen Unwägbarkeiten scheitern. – Der durch Rechtssicherheit mitbedingten Sanierungseffizienz wegen ist eine Klarstellung und Fortentwicklung der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung de lege ferenda angezeigt, um die sich aus dogmatischen Verknüpfung

I. Ergebnis und Zusammenfassung in Thesen

375

von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht ergebenden Friktionen zu beheben und die Abstimmung der Rechtsgebiete zu verbessern. Insbesondere: • Der begrenzte Anwendungsbereich der Kapitalrichtlinie ist klarzustellen. • Die Reichweite des § 225a Abs. 4 InsO ist einzugrenzen. • Die Unanwendbarkeit des § 35 WpÜG in der Insolvenz ist klarzustellen.

Literaturverzeichnis Achsnick, Jan: Options-Modelle im Insolvenzplanverfahren, Dissertation, Berlin 2001 Ahrens, Martin/Gehrlein, Markus/Ringstmeier, Andreas (Hrsg.): Fachanwaltskommentar Insolvenzrecht, 2. Auflage, Köln 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Ahrens/Gehrlein/ Ringstmeier, InsO] Albrecht, Achim/Stein, Sebastian: Die Verantwortlichkeit von Insolvenzverwalter und Organen einer insolventen Aktiengesellschaft – Teil III, ZInsO 2009, 1991–1997 Altmeppen, Holger: Zur Rechtsstellung der Gläubiger im Konkurs gestern und heute, in: Festschrift für Peter Hommelhoff, Köln 2012, 1–20 [zitiert: Altmeppen, in: FS Hommelhoff] – Ist das besicherte Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren der Gesellschaft subordiniert oder privilegiert?, ZIP 2013, 1745–1752 Andres, Dirk/Leithaus, Rolf/Dahl, Michael: Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Andres/Leithaus, InsO] Arbeitskreis Reform des Schuldverschreibungsrechts: Reform des Schuldverschreibungsrechts, ZIP 2014, 845–857 Arnold, Arnd: Nennwertanrechnung beim Debt Equity Swap – Paradigmenwechsel durch das ESUG und die Aktienrechtsnovelle 2012?, in: Festschrift für MichaelHoffmann-Becking, München 2013, 29–44 [zitiert: Arnold, in: FS Hoffmann-Becking] Assmann, Heinz-Dieter/Pötzsch, Thorsten/Schneider, Uwe H.: Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), 2. Auflage, München 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG] Bacina, Denis/Redeker, Rouven: „Sanieren oder Ausscheiden“ – Die Treuepflicht des Gesellschafters in Sanierungsfällen, DB 2010, 996–1002 Balz, Manfred: Sanierung von Unternehmen oder von Unternehmensträgern? Zur Stellung der Eigentümer in einem zukünftigen Reorganisationsverfahren, Köln 1986 [zitiert: Balz, Sanierung von Unternehmen oder von Unternehmensträgern?] – Logik und Grenzen des Insolvenzrechts, ZIP 1988, 1438–1445 Bauer, Andreas F./Dimmling, Andreas: Endlich im Gesetz(entwurf): Der Debt-EquitySwap, NZI 2011, 517–521 Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred (Hrsg.): Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommentar, 20. Auflage, München 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Baumbach/Hueck, GmbHG] Baumbach, Adolf/Lauterbach, Wolfgang/Albers, Jan/Hartmann, Peter: Zivilprozessordnung, Kommentar, 74. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO]

Literaturverzeichnis

377

Baums, Theodor: Umwandlung und Umtausch von Finanzinstrumenten im Aktien- und Kapitalmarktrecht, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, Bd. II, München 2007, 3–40 [zitiert: Baums, in: FS Canaris, Bd. II] Baums, Theodor/Schmidtbleicher, Roland: Neues Schuldverschreibungsrecht und Altanleihen, ZIP 2012, 204–217 Bay, Carl-Christian/Seeburg, Dirk/Böhmer, Martin: Debt-Equity-Swap nach § 225a Abs. 2 Satz 1 des geplanten Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), ZInsO 2011, 1927–1941 Bayer, Walter/Habersack, Mathias (Hrsg.): Aktienrecht im Wandel (Band I: Entwicklung des Aktienrechts), Tübingen 2007 [zitiert: Bearbeiter, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. I] – (Hrsg.): Aktienrecht im Wandel (Band II: Grundsatzfragen des Aktienrechts), Tübingen 2007 [zitiert: Bearbeiter, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II] Becker, Bernhard/Böttger, Peter/Müller, Stefan/Reinke, Jens: Der Debt Equity Swap als Instrument zur Unternehmensstabilisierung – Unternehmensfinanzierung unter den Vorzeichen von Basel III und einer ggf. reformierten Insolvenzordnung, KSI 2011, 53–59 Beissenhirtz, Volker: Plädoyer für ein Gesetz zur vorinsolvenzlichen Sanierung von Unternehmen, ZInsO 2011, 57–71 Binder, Jens-Hinrich: Dogmatik des Aktionärsschutz in der Krise – die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie im Wandel, ZVglRWiss 112 (2013), 23–44 Bitter, Georg: Sanierung in der Insolvenz – Der Beitrag von Treue und Aufopferungspflichten zum Sanierungserfolg, ZGR 2010, 147–200 – Anfechtung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO, ZIP 2013, 1497–1508 – Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen: ein spät entdeckter Zankapfel der Gesellschafts- und Insolvenzrechtler, ZIP 2013, 1998–2001 Bitter, Georg/Hommerich, Christoph: Die Zukunft des Überschuldungsbegriffs, Köln 2012 [zitiert: Bitter/Hommerich, Die Zukunft des Überschuldungsbegriffes] Bitter, Georg/Laspeyres, Anne: Rechtsträgerspezifische Berechtigungen als Hindernis übertragender Sanierung, ZIP 2010, 1157–1165 Blersch, Jürgen/Goetsch, Hans-W./Haas, Ulrich (Hrsg.): Berliner Kommentar Insolvenzrecht, Loseblatt 48. Ergänzungslieferung, Köln 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Blersch/Goetsch/Haas, BK-InsO] Bork, Reinhard: Grundfragen des Restrukturierungsrechts – Prolegomena zu einer Reform des deutschen Insolvenzrechts, ZIP 2010, 397–413 – Anfechtung als Kernstück der Gläubigergleichbehandlung, ZIP 2014, 797–810 Bormann, Jens: Kreditreorganisationsgesetz, ESUG und Scheme of Arrangement [Insolvenzrechtliche Neuerungen im Spannungsverhältnis zwischen erleichterter Unternehmenssanierung und Beschneidung von Gläubiger- und Gesellschafterrechten], NZI 2011, 892–898

378

Literaturverzeichnis

Born, Alexander: Aktuelle Steuerfragen im Zusammenhang mit Debt-Equity-SwapTransaktionen, BB 2009, 1730–1735 Brand, Marco: „Sanieren oder Ausscheiden“ in der Aktiengesellschaft, KTS 2011, 481– 503 Braun, Eberhard: Das Obstruktionsverbot in der Praxis: Ein überzeugender Start, NZI 1999, 473–478 – Eingriff in Anteilseignerrechte im Insolvenzplanverfahren – Das U.S.-amerikanische Konzept in Chapter 11 Bankruptcy Code und seine deutsche Entsprechung, in: Festschrift für Gero Fischer, München 2008, 53–70 [zitiert: Braun, in: FS Fischer] – (Hrsg.): Insolvenzordnung, 6. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Braun, InsO] Braun, Eberhard/Heinrich, Jens: Auf dem Weg zu einer (neuen) Insolvenzplankultur in Deutschland – Ein Beitrag zu dem Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, NZI 2011, 505–517 [korrigierte Online-Version] Braun, Eberhard/Uhlenbruck, Wilhelm: Unternehmensinsolvenz, Düsseldorf 1997 Breuninger, Gottfried E./Ernst, Markus: Der Beitritt eines rettenden Investors als (stiller) Gesellschafter und der „neue“ § 8c KStG, GmbHR 2010, 561–568 – Debt-Mezzanine-Swap und die Unmaßgeblichkeit der Maßgeblichkeit – Anmerkungen zur Kurzinformation der OFD Rheinland vom 14.12.2011, GmbHR 2012, 494– 498 Brinkmann, Moritz: Wege aus der Insolvenz eines Unternehmens – oder: Die Gesellschafter als Sanierungshindernis, WM 2011, 97–103 – Der strategische Eigenantrag – Missbrauch oder kunstgerechte Handhabung des Insolvenzverfahrens, ZIP 2014, 197–207 Brüning, Marc: Gesellschafter und Insolvenzplan, Dissertation, Hamburg 2006 [zitiert: Brüning, Gesellschafter und Insolvenzplan] Brünkmans, Christian/Uebele, Sebastian: Rechtsschutz gegen missbräuchliche Insolvenzanträge und insolvenzzweckwidrige Insolvenzpläne?, ZInsO 2014, 265–275 Bücker, Thomas/Petersen, Sven: Kapitalmarkttransparenz bei Restrukturierungen – Loan-to-own-Strategien im Lichte des derzeitigen Melderegimes, ZGR 2013, 802– 813 Bütter, Michael/Tonner, Martin: Übertragung von Darlehensforderungen und Bankgeheimnis, ZBB 2005, 165–173 Bundesministerium der Justiz: Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, Köln 1985 [zitiert: BMJ, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht] – Diskussionsentwurf des BMJ für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, Beilage 1 zu ZIP 28/2010, 1–22 [zitiert: Disk-ESUG, Beil. 1 zu ZIP 28/2010]

Literaturverzeichnis

379

Bungert, Hartwin/Wettich, Carsten: Das weitere Schicksal der „Macrotron“-Grundsätze zum Delisting nach der Entscheidung des BVerfG – Zugleich Besprechung des BVerfG-Urteils vom 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08, DB 2012 S 1618, DB 2012, 2265–2269 – Die zunehmende Bedeutung des Börsenkurses bei Strukturmaßnahmen im Wandel der Rechtsprechung, in: Festschrift für Michael Hoffmann-Becking, München 2013, 157–190 [zitiert: Bungert/Wettich, in: FS Hoffmann-Becking] Buth, Andrea/Hermanns, Michael (Hrsg.): Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, 4. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Buth/Hermanns, Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz] Cahn, Andreas/Hutter, Stephan/Kaulamo, Katja/Meyer, Andreas/Weiß, Daniel: Regelungsvorschläge zu ausgewählten Rechtsfragen bei Debt-to-Equity-Swaps von Anleihen, WM 2014, 1309–1315 Cahn, Andreas/Simon, Stefan/Theiselmann, Rüdiger: Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage? – Zum Erfordernis der Forderungsbewertung beim Debt Equity Swap –, CFL 2010, 238–250 – Debt Equity Swap zum Nennwert!, DB 2010, 1629–1632 – Nennwertanrechnung beim Debt Equity Swap, DB 2012, 501–504 Carli, Winfried M./Rieder, Markus S./Mückl, Norbert: Debt-to-Equity-Swaps in der aktuellen Transaktionspraxis, ZIP 2010, 1737–1743 Chatterji, Subhrendu/Hedges, Paul: Loan Workout And Debt For Equity Swaps, West Sussex 2001 Daimer, Andreas: Distressed Debt Investments: Debt-Equity-Swaps am deutschen Markt, Hamburg 2009 [zitiert: Daimer, Distressed Debt Investments] Decher, Christian E./Voland, Thomas: Kapitalschnitt und Bezugsrechtausschluss im Insolvenzplan – Kalte Enteignung oder Konsequenz des ESUG?, ZIP 2013, 103–114 Delhaes, Wolfgang: Im Überblick: Der Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren, NZI 1999, 47–53 Diffring, Philipp: Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften: Gestaltungen und Privilegierungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht, Dissertation, Berlin 2012 [zitiert: Diffring, Umwandlung von Forderungen zur Sanierung von Kapitalgesellschaften] Dreier, Horst (Hrsg.): Grundgesetzkommentar, 3. Auflage, Band I, Tübingen 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Dreier, GG] Drouven, Ralph: Neue Wege: „Reverse Debt-to-Equity-Swap“, ZIP 2009, 1052–1053 Drouven, Ralph/Nobiling, Jesko: Reverse Debt-Equity-Swap – Auch steuerlich eine Alternative? DB 2009, 1895–1900 Ebbinghaus, Mark/Hinz, Bogdan: Sanierungshindernis Gewerbesteuer? – Zuständigkeitskonflikte beim Erlassantrag von Gewerbesteuer, ZInsO 2013, 911–917 Eckert, Rainer/Harig, Florian: Zur Bewertung von Sicherheiten beim Debt Equity Swap nach § 225a InsO im Insolvenzplanverfahren, ZInsO 2012, 2318–2324

380

Literaturverzeichnis

Ehlers, Harald: Noch eine Reform – § 224 Abs. 2 – 5, ZInsO 2009, 320–325 – Sanierung mit oder ohne Insolvenz, ZInsO 2010, 257–265 Eidenmüller, Horst: Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, Habilitation, Köln 1999 [zitiert: Eidenmüller, Unternehmenssanierung] – Gesellschafterstellung und Insolvenzplan, ZGR 2001, 680–711 – Wettbewerb der Insolvenzrechte?, ZGR 2006, 467–488 – Leveraged Buyouts und die Effizienz des deutschen Restrukturierungsrechts, ZIP 2007, 1729–1737 – Rechtsmissbrauch im Europäischen Insolvenzrecht, KTS 2009, 137–161 – Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, Berlin 2009 [zitiert: Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht] – Reformperspektiven im Restrukturierungrecht, ZIP 2010, 649–660 – Die Sanierung deutscher Gesellschaften über ein englisches Scheme of Arrangement, ZIP 2011, 2033–2047 – Unternehmenssanierung nach der Insolvenz, in: Stärkung des Anliegerschutzes – neuer Rechtsrahmen für die Sanierung: Bankrechtstag 2011, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung (hrsg. von Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./ Nobbe, Gerd/Wittig, Arne), Berlin u. a. 2012, 129–261 [zitiert: Eidenmüller, in: Bankrechtstag 2011] – Der Insolvenzplan als gesellschaftsrechtliches Universalwerkzeug, NJW 2014, 17– 19 Eidenmüller, Horst/Engert, Andreas: Reformperspektiven einer Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (Debt-Equity-Swap) im Insolvenzplanverfahren, ZIP 2009, 541–554 Eidenmüller, Horst/Frobenius, Tilmann/Prusko, Wolfram: Regulierungswettbewerb im Unternehmensinsolvenzrecht: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, NZI 2010, 545–550 Eilers, Stephan: Der Debt Equity Swap – Eine Sanierungsmaßnahme für unternehmerische Krisensituationen, GWR 2009, 3–5 Eilers, Stephan/Koffka, Nils Matthias/Mackensen, Marcus: Private Equity – Unternehmenskauf, Finanzierung, Restrukturierung, Exitstrategien, 2. Auflage, München 2012 [zitiert: Bearbeiter, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity] Eilers, Stephan/Rödding, Adalbert/Schmalenbach, Dirk (Hrsg.): Unternehmensfinanzierung: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Rechnungslegung, 2. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter in, Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung] Ekkenga, Jens: Sachkapitalerhöhung gegen Schuldbefreiung, ZGR 2009, 581–622 – Neuerliche Vorschläge zur Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap – Erkenntnisfortschritt oder Wiederbelebungsversuche am untauglichen Objekt?, DB 2012, 331–337

Literaturverzeichnis

381

Fey, Achim/Neyer, Wolfgang: Entschärfung der Mantelkaufregelung für Sanierungsfälle, DB 2009, 1368–1376 Fischer, Gero: Das neue Rechtsmittelverfahren gegen den Beschluss, durch den der Insolvenzplan bestätigt wird, NZI 2013, 513–521 Fischer, Roderich: Der Übernahme-Swap durch Insolvenzplan – Investitionsentscheidung im Wettbewerb, NZI 2013, 823–830 Flessner, Axel: Sanierung und Reorganisation – Insolvenzverfahren und Großunternehmen in rechtsvergleichender und rechtspolitischer Untersuchung, Habilitation, Tübingen 1982 [zitiert: Flessner, Sanierung und Reorganisation] – Die Unternehmensperspektive im europäischen Insolvenzrecht, in: Festschrift für Thomas Raiser, Berlin 2005, 827–838 [zitiert: Flessner, in FS Raiser] Flöther, Lucas F.: Die aktuelle Reform des Insolvenzrechts durch das ESUG – Mehr Schein als Sein?, ZIP 2012, 1833–1842 Florstedt, Tim: „Kooperatives Denken“ im Schuldverschreibungsrecht – ein Holzweg?, ZIP 2013, 2286–2289 Fölsing, Philipp: Die Zähmung der Widerspenstigen im Suhrkamp-Fall: Schutzschirmverfahren bei Gesellschafterstreit, ZInsO 2013, 1325–1332 Frank, Achim/Heinrich, Jens: Von Zielen und Irr-Wegen – Gedanken zur Reform des Insolvenzrechts, ZInsO 2011, 1826–1831 Franke, Peter: Debt Equity Swaps – Finanzielle Sanierung von börsennotierten Aktiengesellschaften, Dissertation, Baden-Baden 2010 [zitiert: Franke, Debt Equity Swaps] Fridgen, Alexander: Das ESUG – Abschluss der ersten Stufe der Insolvenzrechtsreform, GWR 2011, 535–538 Friedl, Markus J.: Der Tausch von Anleihen in Aktien, BB 2012, 1102–1108 Frind, Frank: Zum Diskussionsentwurf für ein „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ – Teil 1: Nur Artikel ohne Regelungen zum Insolvenzplanverfahren, ZInsO 2010, 1473–1482 – Zum Diskussionsentwurf für ein „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ [Teil 2: Die Regelungen zum Insolvenzplanverfahren, Eigenverwaltung, Insolvenzstatistikgesetz etc. – Fortsetzung aus ZInsO 2010, 1473 ff.], ZInsO 2010, 1524–1530 – Problemanalyse zu geplanten Neuregelungen des Plan- und Eigenverwaltungsverfahrens nebst Insolvenzstatistik [Zum RegE „ESUG“ („Weitere Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“) hier: Teil 2 – Die Regelungen zum Insolvenzplanverfahren, Eigenverwaltung, Insolvenzstatistikgesetz etc], ZInsO 2011, 656–661 Fritze, Marc/Heithecker, Jan: Insolvenzplansanierung und EU-Beihilfenrecht, EuZW 2010, 817–820 Fromm, Andreas: Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsbeitrag im Zeitpunkt der Überschuldung, ZInsO 2012, 1253–1256

382

Literaturverzeichnis

Gebler, Olaf: Ausländische Insolvenzverfahren zur Sanierung deutscher Unternehmen, NZI 2010, 665–669 Gehrlein, Markus: Banken – vom Kreditgeber zum Gesellschafter – neue Haftungsfallen? (Debt-Equity-Swap nach ESUG), NZI 2012, 257–261 – Anfechtung versus Sanierung – Anfechtungsgefahren für Sanierungszahlungen, WM 2011, 577–585 Geldmacher, Christoph: Das präventive Sanierungsverfahren: Ein detaillierter Vorschlag [Nach dem Referentenentwurf zum ESUG – Warum ein Gesetz zur präventiven Unternehmenssanierung weiterhin notwendig ist, und wie es aussehen kann], ZInsO 2011, 353–372 Georgakopoulos, Leonidas N.: Querverbindungen zwischen Insolvenz- und Aktienrecht in der Europäischen Union, Anmerkung zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 24. März 1992 (Rechtssache C-381/89, Syndesmos Melon ./. Griechischer Staat), ZEuP 1995, 639–645 Geßler, Ernst: Die Umwandlung von Krediten in haftendes Kapital, in; Festschrift für Philipp Möhring, München 1975 [zitiert: Geßler, in: FS Möhring] Gilson, Stuart C./Kose, John/Lang, Larry H. P.: Troubled debt restructurings – An empirical study of private reorganization of firms in default, Journal of Financial Economics 27 (1990), 315–353 Göb, Alexander: Das Gesetz zu weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), NZG 2012, 371–377 Gottwald, Peter (Hrsg.): Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Auflage, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch] Graf-Schlicker, Marie Luise (Hrsg.): Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Auflage, Köln 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Graf-Schlicker, InsO] Gragert, Katja: Steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen, NWB 2013, 2141– 2146 Gravenbrucher Kreis: Stellungnahme des Gravenbrucher Kreises zum RegE-InsO, ZIP 1989, 468–465 Großfeld, Bernhard: Barabfindung und Ausgleich nach §§ 305, 305 AktG, NZG 2004, 74–75 Grub, Volker/Streit, Georg: Börsenzulassung und Insolvenz, BB 2004, 1397–1410 Günther, Thomas: Auswirkungen des ESUG auf das Insolvenzplanverfahren – Mehr Entscheidungsfreiheit für die Gläubiger?, ZInsO 2012, 2037–2043 Gustavus, Eckhart: Kapitalerhöhung durch Einbringung von Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft – Anmerkung zum LG Berlin v. 27.10.1976 – 98 T 30/76, BB 1977, 214–216 Haas, Ulrich: Die Einbeziehung der Anteilsrechte in das Insolvenzverfahren, NZG 2012, 961–968 Habersack, Mathias: Das Aktiengesetz und das Europäische Recht, ZIP 2006, 445–451

Literaturverzeichnis

383

– Gesellschafterdarlehen nach dem MoMiG – Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145–2153 Habersack, Mathias/Verse, Dirk A.: Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, München 2011 [zitiert: Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht] Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./Schlitt, Michael (Hrsg.): Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Auflage, Köln 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt] Häfele, Boris: Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap, Baden-Baden 2013 [zitiert: Häfele, Die Treuepflicht der Aktionäre bei der vorinsolvenzlichen Sanierung durch einen Debt Equity Swap] Häsemeyer, Ludwig: Insolvenzrecht, 4. Auflage, Köln u. a. 2007 [zitiert: Häsemeyer, Insolvenzrecht] Halász, Christian/Kloster, Lars: Abgestimmtes Verhalten im Sinne des § 30 Abs. 2 WpÜG im Zusammenhang mit einem Debt Equity Swap, WM 2006, 2152–2160 Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht (Schmidt, Andreas, Hrsg.): 4. Auflage, Köln 2012 [zitiert: Bearbeiter, in: HambKomm-InsO] Hass, Detlef/Schreiber, Susanne/Tschauner, Heiko: Sanierungsinstrument „Debt for Equity Swap“, in: Hommel, Ulrich/Knecht, Thomas/Wohlenberg, Holger (Hrsg.), Handbuch Unternehmensrestrukturierung, Wiesbaden 2006, 841–874 [zitiert: Hass/ Schreiber/Tschauner, in: Hommel/Knecht/Wohlenberg, Handbuch Unternehmensrestrukturierung] Heinrich, Jens: Insolvenzplan „reloaded“ – Zu den Änderungen im Insolvenzplanverfahren durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, NZI 2012, 235–243 Heintges, Sebastian/Urbanczik, Patrick: Debt for Equity Swaps und deren Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, DB 2010, 1469–1471 Hemel, Daniel: Empty Creditors and Debt Exchanges, Yale Journal on Regulation, Vol. 27, No. 1, New Haven 2010, 159–170 Hess, Harald (Hrsg.): Insolvenzrecht, Kommentar, 2. Auflage, Heidelberg 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Hess, Insolvenzrecht] Heun, Werner: Der Staat und die Finanzkrise, JZ 2010, 53–62 Himmelsbach, Rainer/Achsnick, Jan: Investments in Krisenunternehmen im Wege sanierungsprivilegierter debt-equity-swaps, NZI 2006, 562–564 Hirte, Heribert: Restrukturierung nach der InsO: Gesetzesplan, Fehlstellen und Reformansätze innerhalb einer umfassenden InsO-Novellierung, ZGR 2010, 224–227 Hirte, Heribert/Knof, Béla: Das „neue“ Sanierungsprivileg nach § 39 Abs. 4 S. 2 InsO, WM 2009, 1961–1971 Hirte, Heribert/Knof, Béla/Mock, Sebastian: Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (Teil I), DB 2011, 632–643 – Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (Teil II), DB 2011, 693–698

384

Literaturverzeichnis

– Das neue Insolvenzrecht nach dem ESUG, München 2012 Hölzle, Gerrit: Die „erleichterte Sanierung von Unternehmen“ in der Nomenklatur der InsO – ein hehres Regelungsziel des Ref-ESUG, NZI 2011, 124–131 – Die Sanierung von Unternehmen im Spiegel des Wettbewerbs der Rechtsordnungen in Europa – Eine Betrachtung des Sanierungs- und Insolvenzstandortes Deutschland le lege lata und de lege ferenda im europäischen Vergleich am Beispiel Englands –, KTS 2011, 291–341 – Praxisleitfaden ESUG, Köln 2012 – Der Insolvenzantrag als Sanierungsoption – auch gegen den Willen von Gesellschaftern?, ZIP 2013, 1846–1851 – Zur Durchsetzbarkeit von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz, ZIP 2013, 1992–1998 Hölzle, Gerrit/Pink, Andreas: Mezzanine-Programme und gestaltungspotenzial der Sanierungseigenverwaltung im ESUG, ZIP 2011, 360–368 Hofert, Sebastian/Arends, Volker: Intelligente rechtliche Gestaltung von Mezzanine-Finanzierungen, ZIP 2005, 1297–1305 Hofert, Sebastian/Möller, Christian: GmbH-Finanzierung: Debt Equity Swap – der bessere Debt Equity Swap für Unternehmen in der Krise, GmbHR 2009, 527–531 Hoffmann, Wolff-Dieter: Sind wertlose Forderungen gegen Kapitalgesellschaften zum Nennwert einlagefähig? – Ein Beitrag zur Aufbringung von Grund- und Stammkapital, BB 1992, 575–581 Hopt, Klaus J./Fleckner, Andreas M./Kumpan, Christoph/Steffek, Felix: Kontrollerlangung über systemrelevante Banken nach den Finanzmarktstabilisierungsgesetzen (FMStG/FMStErgG), WM 2009, 821–834 Horn, Norbert: Das neue Schuldverschreibungsgesetz und der Anleihemarkt, BKR 2009, 446–453 Horstkotte, Martin/Martini, Torsten: Die Einbeziehung der Anteilseigner in den Insolvenzplan nach ESUG, ZInsO 2012, 557–581 Hu, Henry T. C./Black, Bernhard S.: Debt and Hybrid Decoupling: An Overview, The M&A Lawyer 4/2008, 4–10 Huber, Herwart: Großer Wurf oder viel Lärm um nichts? Anmerkungen zum ESUG aus Sicht eines Kreditinstitutes, ZInsO 2013, 1–11J Huber, Ulrich/Habersack, Mathias: GmbH-Reform: Zwölf Thesen zu einer möglichen Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, BB 2006, 1–7 Hübner, Alexander/Frauer, Alexander: Vergaberecht und Insolvenz – Der Debt-EquitySwap in seiner vergaberechtlichen Dimension, NZBau 2011, 142–146 Hüffer, Uwe/Koch, Jens: Aktiengesetz, Kommentar, 11. Auflage, München 2014 [zitiert: Hüffer/Koch, AktG] Jaffé, Michael: Restrukturierung nach der InsO: Gesetzesplan, Fehlstellen und Reformansätze innerhalb einer umfassenden InsO-Novellierung aus Sicht eines Insolvenzpraktikers, ZGR 2010, 248–263

Literaturverzeichnis

385

Jaffé, Michael/Friedrich, Andreas: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Insolvenzstandortes Deutschland, ZIP 2008, 1849–1858 James, Christopher M.: When Do Banks Rake Equity in Debt Restructurings? The Review of Financial Studies 1995 (Vol. 8 No. 4) 1209–1234 Jesch, Thomas A./Striegel, Andreas/Boxberger, Lutz (Hrsg.): Rechtshandbuch Private Equity, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Jesch/Striegel/Boxberger, Rechtshandbuch Private Equity] Kahlert, Günter: Insolvenzrecht und Steuerrecht – Gemeinsam für ein wettbewerbsfähiges Insolvenzrecht, ZIP 2014, 1101–1112 Kalra, Rajiv/Chan, Kam C./Raines, Gary A.: The Effect of Equity-for-Debt Swaps on Security Returns: Some New Evidence, Journal of Financial and Strategic Decisions 1996 (Vol. 9 No. 2), 69–84 Kanzler, Oliver/Mader, Florian: Sanierung um jeden Preis? – Schutz der Neugläubiger nach Durchführung eines insolvenzrechtlichen Debt-Equity-Swaps –, GmbHR 2012, 992–998 Karollus, Martin: Die Umwandlung von Geldkrediten in Grundkapital – eine verdeckte Sacheinlage?, ZIP 1994, 589–599 Kessler, Alexander/Rühle, Thomas: Die Restrukturierung von Anleihen in Zeiten des SchVG 2009 – Anmerkung zu OLG Schleswig – 2 W 82/13 und OLG Zweibrücken – 3 W 9/13, BB 2014, 907–914 Kestler, Matthias/Striegel, Andreas/Jesch, Thomas A.: Distressed Debt Investments – Insolvenzrechtliche Instrumentarien der Unternehmenssanierung über Fremdkapital, NZI 2005, 417–424 Kindler, Peter: Verdeckte Sacheinlage und Kapitalschutzrichtlinie – Zur Umwandlung von Geldkrediten in Nennkapital der AG, in: Festschrift für Karlheinz Boujong, München 1996, 299–318 [zitiert: Kindler, in: FS Boujong] – Finanzkrise und Finanzmarktregulierung – Ein Zwischenruf zum 68. Juristentag, NJW 2010, 2465–2469 Kleindiek, Detlef: Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren, in: Festschrift für Peter Hommelhoff, Köln 2012, 543–563 Klinke, Ulrich: Europäisches Unternehmensrecht und EuGH – Die Rechtsprechung in den Jahren 1991–1192, ZGR 1993, 1–40 Klöhn, Lars: Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche, Habilitation, Tübingen 2009 [Klöhn, Das System der aktien- und umwandlungsrechtlichen Abfindungsansprüche] Kluth, Thomas: Die „wertlosen Gesellschaftsanteile“ – der Stein des Anstoßes im Sanierungs-Insolvenzplan, ZInsO 2002, 258–264 Kölner Kommentar zum WpHG (hrsg. von Hirte, Heribert/Möllers, Thomas J.): 2. Auflage, Köln 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Kölner Kommentar zum WpHG] Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Arbeitskreis Insolvenzwesen Köln e. V. (Hrsg.): 3. Auflage, Köln 2009, [zitiert: Bearbeiter, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung]

386

Literaturverzeichnis

Kreft, Gerhart (Hrsg.): Kommentar Insolvenzordnung, 6. Auflage, Heidelberg 2011 [zitiert: Bearbeiter, in: Kreft, InsO, 6. Aufl. 2011] – (Hrsg.): Kommentar Insolvenzordnung, 7. Auflage, Heidelberg 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Kreft, InsO] Kremers, Klaus/Hoffmann, Thomas: Insolvenzrechtsreform führt zum Mentalitätswechsel, ZInsO 2013, 289–290 Kresser, Matthias: Debt-equity-swaps im Insolvenzverfahren de lege ferenda, ZInsO 2010, 1409–1418 Krieger, Gerd: Beschlußkontrolle bei Kapitalherabsetzungen, ZGR 2000, 885–907 Krolop, Kaspar: Deregulierung bei der Sacheinlage durch Regulierung der Gesellschafteraufrechnung – Vorschlag für eine Erleichterung der Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital, GmbHR 2007, 117–125 Krüger, Markus E.: Mindestkapital und Gläubigerschutz, Dissertation, Baden-Baden 2005 [zitiert: Krüger, Mindestkapital und Gläubigerschutz] Krull, Helge: Bedingter Insolvenzplan und Kapitalschnitt, Dissertation, Hamburg 2000 [zitiert: Krull, Bedingter Insolvenzplan und Kapitalschnitt] Kübler, Bruno M. (Hrsg.): Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz – Eigenverwaltung und Insolvenzplan, Köln 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Kübler/Prütting/Bork, Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz] Kübler, Bruno M./Prütting, Hanns/Bork, Reinhard (Hrsg.): Kommentar zur Insolvenzordnung, Loseblatt 59. Ergänzungslieferung, Köln 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO] Kunz, Hartmut/Ehnert, Thoralf: Debt for Equity Swaps: Turnaround Investment in Deutschland, FB 2007, 395–406 Kußmaul, Heinz/Palm, Tim: Der Debt to Equity Swap (DES) als Sanierungsinstrument im deutschen Steuerrecht, KSI 2012, 107–113 Labbé, Marcus/Rudolph, Jens: Debt-Equity-Transaktionen im Insolvenzplanverfahren: Eine unterschätzte Sanierungschance, FB 2008, 97–102 Landfermann, Hans-Georg: Das neue Unternehmenssanierungsgesetz – Überblick und Schwerpunkte – Teil I –, WM 2012, 821–831 Lang, Joachim: Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG – eine Bestandsaufnahme, GmbHR 2012, 57–63 Lang, Dennis/Muschalle, Volker: Suhrkamp-Verlag – Rechtsmissbräuchlichkeit eines rechtmäßig eingeleiteten Insolvenzverfahrens?, NZI 2013, 953–957 Larraín, Felipe/Velasco, Andrés: Can Swaps Solve the Debt Crisis? Lessons from the Chilean Experience, Princeton Studies in International Finance No. 69, Princeton 1990, 1–46 Leonhardt, Peter/Smid, Stefan/Zeuner, Mark (Hrsg.): Insolvenzordnung (InsO, 3. Auflage, Stuttgart 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO] Leuschner, Lars: Gibt es das Anteilseigentum wirklich?, NJW 2007, 3248–3250

Literaturverzeichnis

387

Lie, Erik/Lie, Heidi J./McConnell, John J.: Debt-reducing exchange offers, Journal of Corporate Finance 7 (2001), 179–207 Liebig, Max/Witt, Peter: Unternehmenssanierung: Vor oder nach der Insolvenz?, DB 2011, 1929–1935 Löbbe, Marc: Gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten des Debt Equity Swap, in: Liber amicorum für Martin Winter, Köln 2011, 423–446 [zitiert: Löbbe, in: Liber amicorum Martin Winter] Lürken, Sacha: Anmerkung zu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 20.3.2013 – 3 W 9/ 13, GWR 2013, 499 Lutter, Marcus: Materielle und förmliche Erfordernisse eines Bezugsrechtsausschlusses – Besprechung der Entscheidung BGHZ 71, 40 (Kali und Salz), ZGR 1979, 401–418 – Verdeckte Leistungen und Kapitalschutz, in: Festschrift für Ernst C. Stiefel, München 1987, 505–533 [zitiert: Lutter, in: FS Stiefel] Lutter, Marcus/Hommelhoff, Peter (Hrsg.): GmbH-Gesetz, 18. Auflage, Köln 2012 [zitiert: Bearbeiter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG] Luttermann, Claus: Unternehmen, Kapital und Genußrechte, Habilitation, Tübingen 1998 [zitiert: Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte] Madaus, Stephan: Der Insolvenzplan, Habilitation, Tübingen 2011 [zitiert: Madaus, Der Insolvenzplan] – Keine Reorganisation ohne die Gesellschafter, ZGR 2011, 749–775 – Die Rechtsbehelfe gegen die Planbestätigung nach dem ESUG, NZI 2012, 597–600 – Umwandlungen als Gegenstand eines Insolvenzplans nach dem ESUG, ZIP 2012, 2133–2139 – Schutzschirme für streitende Gesellschafter? Die Lehren aus dem Suhrkamp-Verfahren für die Auslegung des neuen Insolvenzrechts, ZIP 2014, 500–508 Maidl, Johannes: Die Wandelschuldverschreibung bei der GmbH, NZG 2006, 778–780 Maier-Reimer, Georg: Zwangswandlung von Schuldverschreibung in deutsche Aktien, in: Festschrift für Wulf Goette, München 2011, 299–311 [zitiert: Maier-Reimer, in: FS Goette] – Debt Equity Swap, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, Köln 2012, 107– 140 [zitiert: Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011] Marotzke, Wolfgang: Das deutsche Insolvenzrecht in systemischen Krisen – Sind enteignungsgestützte Rettungsübernahmen besser?, JZ 2009, 763–774 – Gläubigerbenachteiligung und Bargeschäftsprivileg bei Gesellschafterdarlehen und vergleichbaren Transaktionen, ZInsO 2013, 641–659 Maunz, Theodor/Dürig, Günter: Grundgesetz-Kommentar, 70. Ergänzungslieferung, hrsg. von Herzog, Roman/Scholz, Rupert/Herdegen, Matthias/Klein, Hans H., München 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Maunz/Dürig, GG]

388

Literaturverzeichnis

Meilicke, Wienand: Die Kapitalaufbringungsvorschriften als Sanierungsbremse – Ist die deutsche Interpretation des § 27 Abs. AktG richtlinienkonform?, DB 1989, 1067– 1075 (Teil I), DB 1989, 1119–1124 (Teil II) Meyer, Heinrich/Degener, Jan-Moritz: Debt-Equity-Swap nach dem RegE-ESUG, BB 2011, 846–851 Meyer-Löwy, Bernd/Pickerill, Carl N.: Versperrt das Gesellschaftsrecht den rechtzeitigen Weg in die Sanierung? – Eine Betrachtung zu den Auswirkungen des § 18 InsO auf den Konflikt zwischen Unternehmenserhaltungspflicht und frühzeitigen Sanierungsmaßnahmen –, GmbHR 2013, 1065–1075 Michalski, Lutz (Hrsg.): Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 2. Auflage, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Michalski, GmbHG] Mielke, Werner/Nguyen-Viet, Thanh-Mai: Änderung der Kontrollverhältnisse bei dem Vertragspartner: Zulässigkeit von Change of Control-Klauseln im deutschen Recht, DB 2004, 2515–2520 Mock, Sebastian: Genussrechtsinhaber in der Insolvenz, NZI 2014, 102–106 Möhlenkamp, Andreas: Flucht nach vorn in die Insolvenz – funktioniert Suhrkamp, Zugleich Besprechung LG Frankfurt, Urt. v. 10.9.2013, und OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.10.2013, BB 2010, 2828–2831 Moraux, Franck/Navatte, Patrick: Admissible Designs of Debt-Equity Swaps for Distressed Firms: Analysis, Limits and Applications, Congrès International de Finance, Paris 2007 [zitiert: Moraux/Navatte, Admissible Designs of Debt-Equity Swaps for Distressed Firms: Analysis, Limits and Applications, S. . . .] Mückl, Norbert: Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument im Steuerrecht, FR 2009, 497–506 – Effektive Bindung von Leistungs- und Know-how-Trägern in Krise und Insolvenz, ZIP 2012, 1642–1649 Mülbert, Peter O.: Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung, Der Konzern 2004, 151–162 Mülbert, Peter O./Leuschner, Lars: Die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 14 GG und Art. 2 Abs. 1 GG für die Gesellschafterstellung – wo bleibt die Privatautonomie?, ZHR 170 (2006), 615–672 Müller-Eising, Karsten/Bode, Christoph: Zivilrechtliche Probleme bei der Emission „ewiger Anleihen“, BKR 2006, 480–484 Müller, Hans-Friedrich: Der Verband in der Insolvenz, Habilitation, Köln u. a. 2002 [zitiert: H.-F. Müller, Der Verband in der Insolvenz] – Die Kapitalerhöhung in der Insolvenz, ZGR 2004, 842–860 – Reorganisation systemrelevanter Banken – Das Restrukturierungsgesetz für Kreditinstitute vor dem Hintergrund der Diskussion über die Reform des allgemeinen Unternehmensinsolvenzrechts, KTS 2011, 1–24 – Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Insolvenzplan, KTS 2012, 419–452

Literaturverzeichnis

389

– Der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument, KSzW 2013, 65–69 – Entrechtung der Gesellschafter im Insolvenzverfahren – Anmerkungen zum Fall Suhrkamp, DB 2014, 41–46 Müller, Julia: Der Debt-equity-Swap als Sanierungsinstrument mit dem Fokus auf dem Insolvenzplanverfahren: eine umfassende Darstellung der Voraussetzungen, involvierten Parteien und Wirkungsweise, Dissertation, Saarbrücken 2012 [zitiert: Müller, Der Debt-equity-Swap als Sanierungsinstrument mit dem Fokus auf dem Insolvenzplanverfahren] Müller, Welf: Gibt es einen Grundsatz der nominalen Kapitalaufbringung, in: Festschrift für Michael Hoffmann-Becking, München 2013, 835–846 [zitiert: W. Müller, in: FS Hoffmann-Becking] Münchener Kommentar: Kommentar zum Aktiengesetz, – Band 1: §§ 1–75, 3. Auflage, München 2008, Hrsg. Goette, Wulf/Habersack, Mathias – Band 4: §§ 179–277, 3. Auflage, München 2011, Hrsg. Goette, Wulf/Habersack, Mathias – Band 6: §§ 329–410, 3. Auflage, München 2011, Hrsg. Goette, Wulf/Habersack, Mathias/Rolf [zitiert: Bearbeiter, in: MünchKomm-AktG] Münchener Kommentar: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5: Schuldrecht Besonderer Teil III (§§ 705–853), 6. Auflage, München 2013, Hrsg. Säcker, Franz Jürgen/Rixecker, Roland [zitiert: Bearbeiter, in: MünchKomm-BGB] Münchener Kommentar: Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG – Band 1: §§ 1–34, 1. Auflage, München 2010, Hrsg. Fleischer, Holger/Goette, Wulf – Band 3: §§ 53–85, 1. Auflage, München 2011, Hrsg. Fleischer, Holger/Goette, Wulf Münchener Kommentar: Kommentar zur Insolvenzordnung, – Band 2: §§ 103–269, 2. Auflage, München 2008, Hrsg. Kirchhof, Hans-Peter/ Lwowski, Hans-Jürgen/Stürner, Rolf [zitiert: Bearbeiter, in: MünchKomm-InsO, 2. Aufl. 2008] – Band 1: §§ 1–79, 3. Auflage, München 2013, Hrsg. Kirchhof, Hans-Peter/Eidenmüller, Horst/Stürner, Rolf – Band 2: §§ 80–216, 3. Auflage, München 2013, Hrsg. Kirchhof, Hans-Peter/Eidenmüller, Horst/Stürner, Rolf – Band 3: §§ 217–359, 3. Auflage, München 2014, Hrsg. Kirchhof, Hans-Peter/Eidenmüller, Horst/Stürner, Rolf [zitiert: Bearbeiter, in: MünchKomm-InsO] Mylich, Falk: Kreditsicherheiten für Gesellschafterdarlehen, ZHR 176 (2012), 547–577 – Kreditsicherheiten für Gesellschafterdarlehen – Stand der Dinge und offene Fragen, ZIP 2013, 2444–2451 Nerlich, Jörg/Römermann, Volker (Hrsg.): Kommentar Insolvenzordnung, München, Loseblatt 25. Ergänzungslieferung, 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Nerlich/Römermann, InsO]

390

Literaturverzeichnis

Neumann, Ralf: Überlegungen zum aktuellen Entwurf des BMF-Schreibens zu § 8c KStG, GmbHR 2014, 673–682 Noack, Ulrich: Unternehmensinsolvenz: Reorganisation des Rechtsträgers oder Vertragsnachfolge bei übertragender Sanierung, in: Festschrift für Volker Röhricht, Köln 2005, 455–466 [zitiert: Noack, in: FS Röhricht] Noack, Ulrich/Bunke, Caspar: Gläubigerbeteiligung an Sanierungserträgen und Vertragsüberleitung bei übertragender Sanierung in der Gesellschafterinsolvenz, KTS 2009, 129–153 Obermüller, Manfred: Das ESUG und seine Auswirkungen auf das Bankgeschäft, ZInsO 2011, 1809–1821 Oelke, Herbert/Wöhlert, Helge-Torsten/Degen, Stephan: Debt-Mezzanine-Swap – Königsweg für die Restrukturierungsfinanzierung?, BB 2010, 299–303 Palandt, Otto (Hrsg.): Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 73. Auflage, München 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Palandt, BGB, InsO] Pape, Gerhard: Zum Fortgang der Arbeiten auf der Dauerbaustelle InsO, ZInsO 2011, 1–10 Paulus, Roman: Die ausländische Sanierung über einen Dept-Equity-Swap [sic!] als Angriff auf das deutsche Insolvenzrecht?, DZWIR 2008, 6–14 Paulus, Christoph G.: Die Insolvenz als Sanierungschance – ein Plädoyer, ZGR 2005, 309–326 – Konturen eines modernen Insolvenzrechts – Überlappungen mit dem Gesellschaftsrecht, DB 2008, 2523–2527 – Deutschlands langer Weg in die insolvenzrechtliche Moderne – Auf der Suche nach einer Sanierungskultur (Rescue Culture) –, WM 2011, 2205–2210 – Schuldverschreibungen, Restrukturierungen, Gefährdungen, WM 2012, 1109–1113 Piekenbrock, Andreas: Empfiehlt sich angesichts der Wirtschaftskrise die Einführung eines gesonderten Restrukturierungsverfahrens?, ZVglRWiss 108 (2009), 242–272 – Das ESUG – fit für Europa?, NZI 2012, 905–912 Pleister, Christian: Restrukturierung nach dem ESUG: Die wichtigsten Praxisfälle, GWR 2013, 220–223 Pleister, Christian/Kindler, Steffi: Kapitalmaßnahmen in der Insolvenz börsennotierter Gesellschaften, ZIP 2010, 503–512 Preuße, Heinz Gert/Schinke, Rolf/Urquidi, Victor L.: Ansätze zur Lösung der Schuldenkrise Lateinamerikas: Uriquidi-Plan, debt equity swaps, Direktinvestitionen, Göttingen 1989 [zitiert; Bearbeiter, in: Preuße/Schinke/Urquidi, Ansätze zur Lösung der Schuldenkrise Lateinamerikas: Uriquidi-Plan, debt equity swaps, Direktinvestitionen] Priester, Hans-Joachim: „Sanieren oder Ausscheiden“ im Recht der GmbH, ZIP 2010, 497–503 – Debt-Equity-Swap zum Nennwert?, DB 2010, 1445–1450

Literaturverzeichnis

391

Prusko, Wolfram: Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, Dissertation, München 2013 [zitiert: Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz] Pujol, Michael: Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht – Rechtsvergleichende Untersuchung zur Stellung der Gesellschafter in der Insolvenz und zur Abstimmung von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen bei der gerichtlichen Unternehmenssanierung, Dissertation, München 2007 [zitiert: Pujol, Die Sanierung der Schuldnergesellschaft vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Neutralität des Insolvenzrechts nach deutschem und französischem Recht] Redeker, Rouven: Kontrollerwerb bei Krisengesellschaften: Chancen und Risiken des Debt-Equity-Swaps, BB 2007, 673–680 Reger, Gerald/Stenzel, Igor: Der Kapitalschnitt auf Null als Mittel zur Sanierung von Unternehmen – Gesellschaftsrechtliche, börsenzulassungsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Konsequenzen, NZG 2009, 1210–1214 Reifert, Thomas (Hrsg.): Finanzielle Restrukturierungen – Sanierung von Unternehmenskrediten durch Debt Equity Swaps und Treuhandlösungen, Stuttgart 2011 [zitiert: Bearbeiter, in: Reifert, Finanzielle Restrukturierung] Rendels, Dietmar/Zabel, Karsten: Insolvenzplan, Köln 2013 [zitiert: Rendels/Zabel, Insolvenzplan] Reuter, Alexander/Buschmann, Markus: Sanierungsverhandlungen mit Krediterwerbern: Strategien „alternativer Investoren“ auf dem rechtlichen Prüfstand, ZIP 2008, 1003– 1011 Reuter, Axel L.: Das Problem der Vollwertigkeit von Gesellschafterforderungen im Zusammenhang mit deren Verwendung zur Kapitalerhöhung bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, BB 1978, 1195–1196 Richard, Jörg/Weinheimer, Stefan: Der Weg zurück: Going Private, BB 1999, 1613– 1620 Richter, Tomásˇ: Reconciling the European Registered Capital Regime with a Modern Corporate Reorganization Law. Experience from the Czech Insolvency Law Reform, ECFR 2009, 358–369 Rinze, Jens/Heda, Klaudius: Non-Performing Loan und Verbriefungs-Transaktionen: Bankgeheimnis, Datenschutz, § 203 StGB und Abtretung [zugleich eine Besprechung des Urteils des OLG Frankfurt a. M. vom 25. Mai 2004 = WM 2004, 1386], WM 2004, 1557–1566 Römermann, Volker: Neues Sanierungsrecht ab 2012, Der Regierungsentwurf des ESUG, GWR 2011, 375–378 – Neues Insolvenz- und Sanierungsrecht durch das ESUG, NJW 2012, 645–652 – Ein Jahr ESUG – Eine Bestandaufnahme aus dem Blickwinkel der GmbH-Beratung, GmbHR 2013, 337–345 Roth, Thomas: Bankenfonds für Debt Equity Swaps: rechtliche Grundlagen und praktische Ausgestaltung, dargestellt am Beispiel der Philippinen, Dissertation, Konstanz

392

Literaturverzeichnis

1989 [zitiert: Roth, Bankenfonds für Debt Equity Swaps: rechtliche Grundlagen und praktische Ausgestaltung] Rubel, Jörgen: Erfüllung von WpHG-Pflichten in der Insolvenz durch Insolvenzverwalter oder Vorstand? Pflichtenbestimmung im Lichte des § 11 WpHG, AG 2009, 615– 622 Rusch, Konrad/Brocker, Till: Debt Mezzanine Swap bei Unternehmensfinanzierungen – rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen, ZIP 2012, 2193–2198 Sassenrath, Gerd: Der Eingriff in Anteilseignerrechte durch den Insolvenzplan, ZIP 2003, 1517–1530 Schäfer, Carsten: „Girmes“ wiedergelesen: Zur Treupflicht des Aktionärs im Sanierungsfall, in: Festschrift für Peter Hommelhoff, Köln 2012, 939–959 – Insolvenzplan als Lösungsmittel für Mehrheits-/Minderheitskonflikte? – Lehren aus dem Fall Suhrkamp, ZIP 2013, 2237–2244 Schalast, Christoph: Veräußerung von Einzelforderungen (Single Names) und Portfolios notleidender Kredite – Markttrends und Entwicklungen, BKR 2006, 193–198 Schall, Alexander: Kapitalaufbringung nach dem MoMiG, ZGR 2009, 126–155 Scheunemann, Marc P./Hoffmann, Guido: Debt-Equity-Swap – Steuerliche Strukturierung und zivilrechtliche Rahmenbedingungen –, DB 2009, 983–986 Schleusener, Ann-Kathrin: Der Debt-Equity-Swap, Dissertation Frankfurt am Main u. a. 2011 [zitiert: Schleusener, Der Debt-Equity-Swap] Schlitt, Michael/Schäfer, Suanne: Die Restrukturierung von Anleihen nach dem SchVG, in: Festschrift für Wulf Goette, München 2011, 615–628 [zitiert: Schlitt/Schäfer, in: FS Goette, S. 615] Schluck-Amend, Alexandra: Paradigmenwechsel bei der Stellung des Gesellschafters im Insolvenzverfahren nach dem ESUG, in: Festschrift für Michael Hoffmann-Becking, München 2013, 1039–1052 [zitiert: Schluck-Amend, in: FS Hoffmann-Becking] Schmerbach, Ulrich/Staufenbiel, Peter: Die übertragende Sanierung im Insolvenzverfahren, ZInsO 2009, 458–467 Schmidt, Jens M.: Der Debt Equity Swap als Sanierungsinstrument im Fokus des Gesetzgebers, GWR 2010, 568–571 Schmidt, Karsten: Organverantwortlichkeit und Sanierung im Insolvenzrecht der Unternehmen, ZIP 1980, 328–337 – Die sanierende Kapitalerhöhung im Recht der Aktiengesellschaft, GmbH und Personengesellschaft, ZGR 1982, 519–538 – Möglichkeiten der Sanierung von Unternehmen durch Maßnahmen im Unternehmens-, Arbeits-, Sozial und Insolvenzrecht, Gutachten D zum 54. Deutschen Juristentag, Verhandlungen des vierundfünfzigsten deutschen Juristentages, Nürnberg 1982, hrsg. von der ständigen Deputation des deutschen Juristentages, Band I (Gutachten) Teil D, München 1982 [zitiert: K. Schmidt, Gutachten D zum 54. DJT] – Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, Köln 1990 [zitiert: K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen]

Literaturverzeichnis

393

– Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, Köln 2002 [zitiert: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht] – Sanieren oder Ausscheiden – Bemerkungen zum Urteil des BGH vom 19.10.2009 – II ZR 240/08, JZ 2010, 125–130 – Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht im ESUG-Entwurf, BB 2011, 1603–1610 – Debt-to-Equity-Swap bei der (GmbH & Co.-) Kommanditgesellschaft [ESUG, „Sanieren oder Ausscheiden“ und vor allem: Fragen über Fragen!], ZGR 2012, 566–584 – Schöne neue Sanierungswelt: Die Gläubiger okkupieren die Burg!, ZIP 2012, 2085– 2088 – Überschuldung und Unternehmensfortführung oder: per aspera ad astra – Grundsatz und Praxisfragen um § 19 Abs. 2 InsO, ZIP 2013, 485–493 – (Hrsg.): Kommentar Insolvenzordnung, 18. Auflage, München 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: K. Schmidt, InsO] Schmidt, Karsten/Uhlenbruck, Wilhelm: Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 4. Auflage, Köln 2009 [zitiert: Bearbeiter, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz] Schmidt, Mario/Schlitt, Michael: Debt Equity Swap – Eine attraktive Form der Restrukturierung?, Der Konzern 2009, 279–290 Schockenhoff, Martin: Delisting – Karlsruhe locuta, causa finita?, ZIP 2013, 2429–2435 Schön, Wolfgang: Die Europäische Kapitalrichtlinie – eine Sanierungsprämie, ZHR 174 (2010), 155–162 Schorlemer, Benedikt von/Stupp, Matthias: Kapitalerhöhung zu Sanierungszwecken – zur Reichweite der Zustimmungspflicht des Minderheitsgesellschafters mit Sperrminorität, NZI 2003, 345–354 Schreiber, Werner/Herbst, Christoph: Insolvenzplanverfahren mit Hürden. Die Rettung einer mittelständischen Brauerei in der Insolvenz, ZInsO 2008, 435–437 Schulz, Patrick: Insolvenzrecht: Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens während eines anhängigen Hauptinsolvenzverfahrens mit Schutzcharakter – Kommentierte Anmerkung zu EuGH v. 22.11.2012 – C-116/11, EuZW 2013, 141–147 – Insolvenzrecht: Internationale Zuständigkeit für Anfechtungsklage gegen in Drittstaat ansässigen Anfechtungsgegner – Anmerkung zu EuGH v. 16.1.2004 – C-328/ 12, EuZW 2014, 262–265 Schuster, Gunnar: Zur Stellung der Anteilseigner in der Sanierung, ZGR 2010, 325–355 Schwark, Eberhard/Zimmer, Daniel: Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Auflage, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrecht] Seibt, Christoph H./Westpfahl, Lars: Auf dem Weg zu einem „Neuen Sanierungsgesellschaftsrecht“ – Ergebnisse einer Experten-Umfrage, ZIP 2013, 2333–2343 Servatius, Wolfgang: Gläubigereinfluss durch Covenants, Habilitation, Tübingen 2008 [zitiert: Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants]

394

Literaturverzeichnis

Siemon, Klaus: Das ESUG und § 270b InsO in der Anwendung – Zugleich eine Anmerkung zu AG Erfurt, Beschl. v. 13.4.2012 – 172 IN 190/12 – ZInsO 2012, 944, ZInsO 2012, 1045–1053 – Sanierungsfall Leveraged Buyout in der deutschen Insolvenz – Die Insolvenzordnung ist in Teilen verfassungswidrig, ZInsO 2013, 1549–1562 – Das Distressed Debt Investing in der deutschen Insolvenz 2013, ZInsO 2014, 172– 182 Simon, Stefan: Der Debt-Equity-Swap nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, Corporate Finance Law 2010, 448–459 Simon, Stefan/Merkelbach, Matthias: Gesellschaftsrechtliche Strukturmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren nach dem ESUG, NZI 2012, 121–129 Smid, Stefan (Hrsg.): Kommentar zur Insolvenzordnung (InsO) mit insolvenzrechtlicher Vergütungsverordnung (InsVV), 2. Auflage, Stuttgart 2001 – Große Reform oder Beseitigung der Insolvenzordnung durch ein neues Konkursverfahren – Ein Beitrag zu Schatten und Licht gegenwärtiger Reformprojekte –, DZWIR 2010, 397–408 Smid, Stefan/Rattunde, Rolf/Martini, Torsten: Der Insolvenzplan, 3. Auflage, Stuttgart 2012 [zitiert: Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan] Spetzler, Sophie: Insolvenzrechtsreform und Bankenreorganisation, KTS 2010, 433–461 – Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern im Insolvenzverfahren – Ausgliederung als Alternative zum Debt-Equity-Swap, Dissertation, Köln 2011 [zitiert: Spetzler, Eingriffe in die Rechte von Anteilseignern] Spindler, Gerald/Stilz, Eberhard: Aktiengesetz, Kommentar, Band 2 (§§ 150–410 AktG), 2. Auflage, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Spindler/Stilz, AktG] Spliedt, Jürgen D.: Debt-Equity-Swap und weitere Strukturänderungen nach dem ESUG, GmbHR 2012, 462–471 – Insolvenz der Gesellschaft ohne Recht der Gesellschaft? Zur gesellschaftsrechtlichen Abstinenz des OLG Frankfurt/M. in den Beschlüssen v. 1.10.2013 – 5 U 145/ 13, ZInsO 2013, 2112 und v. 7.10.2013 – 5 U 135/13, ZInsO 2013, 2164, ZInsO 2013, 2155–2158 Stöber, Michael: Die Kompetenzverteilung bei Kapitalerhöhungen im Insolvenzverfahren, ZInsO 2012, 1811–1821 – Strukturmaßnahmen im Insolvenzplanverfahren und gesellschaftsrechtliche Treuepflicht – der Fall Suhrkamp, ZInsO 2013, 2457–2466 Streinz, Rudolf: Europarecht, 9. Auflage, Heidelberg 2012 Streit, Georg: Veröffentlichungspflichten gem. §§ 21, 25 WpHG bei der insolventen AG, Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters und Kostenhaftung der Masse, NZI 2005, 486–489 – Maßnahmen zur Restrukturierung der Passivseite, DB Beilage: Status Recht 2009, 94–95

Literaturverzeichnis

395

Stürner, Rolf: Möglichkeiten der Sanierung von Unternehmen durch Maßnahmen im Unternehmens- und Insolvenzrecht – Eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Karsten Schmidt zum 54. Deutschen Juristentag –, ZIP 1982, 761–772 Sydow, Christian von/Beyer, Oliver: Erwerb von notleidenden Krediten und anschließende Kapitalerhöhung mit Sacheinlage, AG 2005, 635–644 Tesauro, Guiseppe: Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 8.4.1992, Rs. C83/91 (Meilicke), Slg. 1992, I-4871, ZIP 1992, 1036–1044 – L’estinzione del debito di conferimento del socio di società per azioni mediante compensazione con un credito vantato nei confronti della società (= Tilgung der ausstehenden Einlage eines Gesellschafters durch Aufrechnung mit einer Forderung gegen die Aktiengesellschaft), in: Festschrift für Wienand Meilicke, Baden-Baden 2010, 697–731 [zitiert: Tesauro, in: FS Meilicke] Theiselmann, Rüdiger: Debt Equity Swaps als Instrument zur finanziellen Restrukturierung, GmbH-StB 2013, 150–154 – (Hrsg.): Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, 2. Auflage, Köln 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts] Thole, Christoph: Nachrang und Anfechtung bei Gesellschaftsdarlehen – zwei Seiten derselben Medaille?, ZHR 176 (2012), 513–546 – Treuepflicht-Torpedo? Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht im Insolvenzverfahren, ZIP 2013, 1937–1945 – Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Tübingen, Köln 2014 [zitiert: Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz] – Die Restrukturierung von Schuldverschreibungen im Insolvenzverfahren, ZIP 2014, 293–302 Toth-Feher, Geza/Schick, Olaf: Distressed Opportunities – Rechtliche Probleme beim Erwerb notleidender Forderungen von Banken, ZIP 2004, 491–497 Uhlenbruck, Wilhelm: Vom „Makel des Konkurses“ zur gesteuerten Insolvenz, in: Festschrift für Walter Gerhardt, Köln 2004, 979–998 [zitiert: Uhlenbruck, in: FS Gerhardt] – Zur Geschichte des Konkurses, DZWIR 2007, 1–5 – Von der Notwendigkeit eines eigenständigen Sanierungsgesetzes, NZI 2008, 201– 206 – Gesellschaftsrechtliche Defizite der Insolvenzordnung, in: Festschrift für Hans-Jochem Lüer, München 2008, 461–478 [zitiert: Uhlenbruck, in: FS Lüer] – (Mithrsg.) Kommentar zu Insolvenzordnung, 13. Auflage, München 2010 [zitiert: Bearbeiter, in: Uhlenbruck, InsO] Undritz, Sven-Holger: Restrukturierung in der Insolvenz, ZGR 2010, 201–217 Urlaub, Jasmin: Notwendige Änderungen im Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) zur Verhinderung von Missbräuchen, ZIP 2011, 1040–1045

396

Literaturverzeichnis

Vahl, Susanne: Die Umwandlung von Auslandsschulden in Investitionen: Rechtsgrundlagen und Praxis in Brasilien, Dissertation, Frankfurt u. a. 1991 [zitiert: Vahl, Die Umwandlung von Auslandsschulden in Investitionen] Vallender, Heinz: Gefahren für den Insolvenzstandort Deutschland, NZI 2007, 129–137 – Insolvenzkultur gestern, heute und morgen, NZI 2010, 838–844 – „Gesetzgeberische Schritte zu einem modernen Insolvenzrecht – Reformbedarf und -vorhaben in der Diskussion“, in: WPg (Die Wirtschaftsprüfung) Sonderheft IDW Symposium, Düsseldorf 2011, 31–34 Vaupel, Christoph F./Reers, Ulrich: Kapitalerhöhungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften in der Krise, AG 2010, 93–105 Veil, Rüdiger (Hrsg.): Europäisches Kapitalmarktrecht, 2. Auflage, Tübingen 2014 [zitiert: Bearbeiter, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht] Verse, Dirk A.: Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, Habilitation, Tübingen 2006 [zitiert: Verse, Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften] – Anteilseigner in der Insolvenz – Überlegungen zur Reform des Insolvenzplanverfahrens aus gesellschaftsrechtlicher Sicht, ZGR 2010, 299–324 Wallner, Jürgen: Partielle Universalsukzession durch Insolvenzplan – Ein Beitrag zur Diskussion um den debt equity swap, ZInsO 2010, 1419–1426 Wansleben, Till: Werthaltigkeitsprüfung und Offenlegung beim Debt Equity Swap, WM 2012, 2083–2092 Weber, Jens/Schneider, Petra: Die nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vorgesehene Umwandlung von Forderungen in Anteils- bzw. Mitgliedschaftsrechte (Debt-Equity-Swap), ZIP 2012, 374–384 Wellensiek, Jobst: Übertragende Sanierung, NZI 2002, 233–239 Wellensiek, Jobst/Flitsch, Michael: Probleme der übertragenden Sanierung – Eine Bestandsaufnahme aus insolvenzpraktischer Sicht vor dem Hintergrund einer weltweiten Wirtschaftskrise, in: Festschrift für Hans Gerhard Ganter, München 2010, 63–74 [zitiert: Wellensiek/Flitsch, in: FS Ganter] Wentzler, Jochen: Debt Equity Swap als Teil der finanziellen Unternehmenssanierung, FB 2009, 446–452 Wertenbruch, Johannes: Die Personengesellschaft im Vergleich zur AG und GmbH im Insolvenzplanverfahren, ZIP 2013, 1693–1704 Westpfahl, Lars: Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren, ZGR 2010, 385–436 Westpfahl, Lars/Janjuah, Riaz K.: Zur Modernisierung des deutschen Sanierungsrechts, Beilage zu ZIP 3/2008, 1–28 Westpfahl, Lars/Knapp, Marvin: Die Sanierung deutscher Gesellschaften über ein englisches Scheme of Arrangement, ZIP 2011, 2033–2047 Wiedemann, Herbert: „Sanieren oder Ausscheiden“, in: Festschrift für Peter Hommelhoff, Köln 2012, 1337–1348 [zitiert: Wiedemann, in: FS Hommelhoff]

Literaturverzeichnis

397

– Debt Equity Swap – Gedanken zur Umwandlung von Schulden in Eigenkapital, in: Festschrift für Michael Hoffmann-Becking, München 2013, 1387–1396 [zitiert: Wiedemann, in: FS Hoffmann-Becking] Wieneke, Laurenz/Hoffmann, Thomas: Der Erhalt der Börsennotierung beim echten und unechten Debt Equity Swap in der Insolvenz der börsennotierten AG, ZIP 2013, 697–708 Willemsen, Reinhard/Rechel, Jasmin: Insolvenzrecht im Umbruch – ein Überblick über den RegE-ESUG, BB 2011, 834–840 – Das ESUG – wesentliche Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf noch auf der Zielgeraden, BB 2012, 203–226 – Kommentar zum ESUG – Die Änderungen der InsO, Frankfurt 2012 [zitiert: Willemsen/Rechel, ESUG] Wimmer, Klaus: Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform, Köln 2012 [zitiert: Wimmer, Das neue Insolvenzrecht nach der ESUG-Reform] – (Hrsg.): Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 7. Auflage, Köln 2013 [zitiert: Bearbeiter, in: Wimmer, FK-InsO] Wirsch, Stefan A.: Debt Equity Swap und Risiko der Insolvenzanfechtung, NZG 2010, 1131–1133 Wirth, Gerhard: Vereinfachte Kapitalherabsetzung zur Unternehmenssanierung – Zugleich Anmerkung zur Urteil des LG Dresden vom 15-08-1995 „Sachsenmilch AG“ –, DB 1996, 867–872 Wittig, Arne: Obstruktionsverbot und Cram down – § 245 InsO im Lichte der LaSalle Street Entscheidung des U.S. Supreme Court vom 3.5.1999, ZInsO 1999, 373–379 – Übernahme der Gesellschafterstellung an Krisenunternehmen als Sanierungsbeitrag der finanzierenden Kreditinstitute, in: Festschrift für Wilhelm Uhlenbruck, Köln 2000, 685–722 – Das Sanierungsprivileg für Gesellschafterdarlehen im neuen § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO, in: Festschrift für Karsten Schmidt, Köln 2009, 1743–1760 [zitiert: Wittig, in: FS K. Schmidt] Wulfken, Jörg: Juristische Strukturen und ökonomische Wirkungen von debt equity swaps, Dissertation, Konstanz 1989 [zitiert: Wulfken, Juristische Strukturen und ökonomische Wirkungen von debt equity swaps] Zempel, Ingo: Genußrechte als Instrument zur Eigensanierung von Kapitalgesellschaften im Insolvenzplanverfahren, Dissertation, Berlin 2001 [zitiert: Zempel, Genußrechte als Instrument zur Eigensanierung von Kapitalgesellschaften im Insolvenzplanverfahren] Zimmer, Frank Thomas: Abschaffung der Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1 KStG) und Debt-Equity-Swap nach ESUG, ZInsO 2011, 950–953 Zipperer, Helmut: „Übertragende Sanierung“ – Sanierung ohne Grenzen oder erlaubtes Risiko?, NZI 2008, 206–210

Sachwortverzeichnis Aktienrechtlicher Abfindungsanspruch 179 f., 210, 219 Anleihen 46, 53, 60, 77, 224 ff., 284, 334 ff., 356 asset deal 70 ff., 97, 248, 251, 256 Aufrechnungsverbot 88, 239 Austrittsrecht 196 f., 276 ff., 316 Barkapitalerhöhung 69, 88, 91 ff., 157, 171, 203 ff., 216 ff., 232, 241, 265, 268, 269 ff., 327, 371 f. Begriffsbestimmung 45 f. Beschlusskompetenz 108, 114, 159, 200, 208, 211, 214, 256 Bezugsrecht 33 ff., 77, 82, 89, 365 Bezugsrechtsausschluss 82, 89 ff., 138 ff., 157, 196, 199, 203 ff., 279, 319, 327, 371 Börsenzulassung 250, 301 ff., 315, 321, 327, 330, 362 Change-of-control-Klauseln 32, 271 ff., 366 Chapter 11-Verfahren 28, 30, 40, 53, 96, 102 f., 109, 121 ff., 131 f., 167, 249, 254, 257 ff., 264, 269 Cold Delisting 302 ff., 330 Company Voluntary Arrangement 29, 98, 355 Debt Mezzanine Swap 73 f. Delisting 182, 301 ff., 330 Differenzhaftung 64 f., 78, 87 f., 94, 107 f., 222, 226, 236, 242, 294 ff., 336, 344 f. Distressed Debt 51 ff., 283 Doppelinsolvenz 136

Eigenkapitalquote 22 f., 26, 56, 74, 334 Eigentumsgarantie 35, 159 ff., 248 ff. 279, 304 Empirie 46 Enteignung 115, 162 ff., 174 Entschädigung 122, 127, 133, 136, 150, 162, 172, 174 ff., 213, 219, 260 f., 268, 296 ff. Fortführungswert 25 f., 31, 42, 58, 70 ff., 97, 114 ff., 150 ff., 164 ff., 176 ff., 193, 195, 211 f., 220 ff., 243, 249, 251, 256 ff., 277 ff., 307, 317, 331, 360 f. forum shopping 29, 98, 336 Genussrecht 74 ff., 196, 361 Geschichte 46 f. Gesellschafterdarlehen 45, 64, 66, 124, 241 ff., 282 ff., 295 Gläubigerversammlung 105, 108, 112, 159, 168, 199 f., 214, 231, 264 f., 319 ff., 337 ff., 356, 364 Gleichbehandlungsgrundsatz 84, 89, 147, 199, 209, 214 f., 267, 339 Informationsasymmetrie 321 ff., 369 Inhaberschuldverschreibung 53, 76, 287, 333 ff. Inhalts- und Schrankenbestimmung 164 ff., 174 Insolvenzanfechtung 32, 39, 63, 72, 85, 186, 202, 283, 294 ff. Kapitalaufbringung 34, 64, 86 ff., 138, 194, 199, 222, 224, 227 ff., 232 f., 235 ff., 295, 371 Kapitalerhaltung 297

Sachwortverzeichnis Kapitalerhöhung 26 f., 56, 69, 84, 85 ff., 93 f., 105 f., 138 ff., 196, 203 ff., 269 ff., 280 f., 288, 303 f., 310, 321, 327 f., 344 f., 371 Kapitalherabsetzung 26, 31, 35, 82 ff., 90, 93, 106, 127, 129, 138 f., 156, 203 f., 211, 267, 280, 288, 304, 326 ff., 372 Kapitalmarktrecht 33 f., 300 ff. Kapitalrichtlinie 137 ff., 214, 238, 366 ff. Konfusion 26, 67, 78, 81, 86, 343 Kreditsicherheit 60, 63, 237, 297 Leveraged Buyouts 22, 36 Liquidationswert 23 ff., 42, 97, 120, 165, 175 ff., 185 f., 206, 211, 224, 246, 249, 261, 265, 279, 297 Liquiditätsschonung 59 Macrotron-Rechtsprechung 302 ff. Majorisierung 104, 245, 152, 157, 338 ff., 355 ff. Minderheitenschutz 34, 147, 174, 184 ff., 199 ff., 206 ff., 265, 307 f., 316, 319, 339 Mindestnennbetrag 370 Motive der Beteiligten 46 ff. Nachrangigkeit 45, 66 f., 73 ff., 231, 242, 282 ff., 296 f. Nachteile 63 ff. Nennwertansatz 36, 222 ff., 344, 347, 371 f. Neugesellschafter 230 Non-Performing Loan 51 ff., 183, 310 Novation 73, 86 Obstruktionsverbot 112 f., 149, 161, 221, 246, 249 ff., 339, 342 Ökonomische Sinnhaftigkeit 41

399

par conditio creditorum 71, 163, 194, 201, 215, 244, 342 Pflichtangebot 221, 302 ff. Praktische Konkordanz 168 ff. Prospektpflicht 92, 321 ff., 367 ff. Publizitätspflicht 328 ff. Publizitätsrichtlinie 158 f. Rechtsmissbrauch 132 ff. Rechtsschutz 184 ff., 200 f., 265, 339, 342 Registergericht 159, 227 f., 280 f. Reverse Debt Equity Swap 78 f. Sacheinlagegegenstand 86, 203, 216 Sacheinlagevorschriften 87 f., 225, 228, 238 Sanierungsgewinn 67, 74, 231, 239, 346 ff. Sanierungsprivileg 32, 67, 213, 242, 282 ff., 313, 348, 350 Scheme of Arrangement 29, 32 Schuldverschreibungsgesetz 104, 202, 323, 335 ff., 359, 370 share deal 26, 70, 81, 93 Staatsverschuldung 22, 46 Steuerrecht 67 f., 78 f., 239, 290, 346 ff. Terminologie 42 f. Treuepflicht 98 ff., 172, 189, 196, 215, 357 f. Übernahmerichtlinie 318 Übernominale Befriedigung 244 ff. Überschuldung 57 ff., 120 f. Übertragende Sanierung 24 ff., 31, 39, 42, 70 ff., 97, 113 ff., 125, 131, 135 f., 148, 154 f., 165 ff., 210 ff., 224, 247 ff., 279 Universalsukzession 25, 78 f., 167 f. Verdeckte Sacheinlage 65 f., 87 f., 120, 222

400

Sachwortverzeichnis

Vereinigungsfreiheit 35, 103, 159, 191 ff., 205, 277 f., 342, 359 ff. Verlustvortrag 25, 39, 67 ff., 78, 116, 125, 346 ff. Vollwertigkeitsansatz 36, 222 ff., 296, 344 Vorteile 56 ff.

Wandelschuldverschreibung 76 ff. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz 308 ff., 362, 367 Zustimmungserfordernis 197, 245, 251, 359, 363 ff. Zustimmungsfiktion 245 ff., 359, 363 ff.