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German Pages 334 [340] Year 1936
DER AUFSTIEG DES PAPSTTUMS IM RAHMEN DER WELTGESCHICHTE 1047-1095 VON
DR. ALEXANDER CARTELLIERI O. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT JENA
VERLAG VON R. OLDENBOURG MÜNCHEN UND BERLIN 1936
Copyright 1936 by R. Oldenbourg, München Printed in Germany Druck von Emil & Dr. Edgar Richter, Stadtroda/Thür.
. . . die alte Wahrheit, daß Männer den Lauf der Zeiten beherrschen. Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, 5. Bd. (1894) S. 6.
VORWORT Das vorliegende Buch wurde als M a c h t g e s c h i c h t e , oder, wie man zu sagen pflegt, als politische Geschichte mit besonderer Rücksicht auf die zwischenstaatlichen Beziehungen geschrieben. Es setzt die beiden im gleichen Verlag erschienenen Bücher fort: „Weltgeschichte als Machtgeschichte 382—911, Die Zeit der Reichsgründungen", 1927, und „Die Weltstellung des deutschen Reiches 911—1047", 1932. Deshalb sei auf die früheren Vorworte verwiesen. Religion, Kunst und Literatur, Verfassung und Wirtschaft, Wissenschaft und Technik einzubeziehen, wäre eine großartige Aufgabe gewesen, die aber wegen des Mangels an zuverlässigen, die Leistungen der behandelten Länder vergleichenden Vorarbeiten die Kraft eines einzelnen weit überstiegen hätte. Das Ziel war immer, den aufmerksamen, nach Wissen strebenden Leser zu den echten Quellen zu führen; sie in großer Zahl anzugeben, wäre bei den abendländischen leicht, bei den morgenländischen kaum möglich gewesen. Die angezogenen neueren, ihrerseits auf Quellenforschung beruhenden Schriften beweisen den Dank des Verfassers für die genossene Förderung, auch wenn ihre Ergebnisse nicht angenommen wurden. Irrtümer, die in der reichen Literatur nicht selten vorkommen, konnten meist nicht kenntlich gemacht werden. Es mußte genügen, sie nicht mehr zu wiederholen und die ermittelten Tatsachen klar darzulegen. Entbehrliche Fremdwörter wurden, wie seit langen Jahren, tunlichst vermieden. Äußere Gründe geboten den Verzicht auf manche an sich wertvolle Beigaben und zwangen zur Kürze. Während der Abfassung wurde es immer schwieriger, ausländische Literatur festzustellen und zu beschaffen. Um so aufrichtiger ist der Dank, den ich hier allen denen abstatten möchte, die mitgeholfen haben, sie dennoch auszunutzen: in erster Linie dem Direktor der Universitätsbibliothek, Herrn Professor Dr. Theodor Lockemann, sowie den sämtlichen Beamten, die alle meine Wünsche mit der größten Liebenswürdigkeit erfüllten und mir namentlich unmittelbar vor der Drucklegung Zeit und Mühe sparende Erleichterungen gewährten; sodann der „Gesellschaft der Freunde der Universität Jena", in erster Linie Herrn Fabrikbesitzer Dr. h. c. Felix Günther in Greiz, Ehrenbürger der Universität Jena, desgleichen dem uns leider durch den Tod entrissenen Herrn Fabrikbesitzer Otto Donalies in Zeitz, Ehrenbürger der Universität Jena, die V
der Bibliothek des Historischen Seminars namhafte Spenden zukommen ließen und es dadurch instand setzten, die wissenschaftliche Arbeit auf der Höhe zu halten. Meine Tochter Ilse und ihr Gatte, Studienrat Dr. Max Prange in Lübeck, haben auch diesmal die Korrekturen sorgfältig mitgelesen und das Namenverzeichnis angefertigt. Ihnen wie meiner früheren Assistentin Dr. Käthe Nicolai, Studienrätin in Jena, die mich bei der Drucklegung dauernd unterstützt hat, fühle ich mich für ihre Hilfsbereitschaft zu aufrichtigem Dank verpflichtet. J e n a , am 28. April 1936, dem 40.Todestag Heinrich vonTreitschkes. ALEXANDER
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CARTELLIERI.
INHALTSVERZEICHNIS. E R S T E S BUCH.
VOR GREGOR VII. (1047—1073.) E R S T E S KAPITEL.
Heinrich III. und die deutschen Päpste (1047—1054)
Heinrich I. von Frankreich hegt Absichten auf Lothringen Heinrich III. bekriegt Dietrich IV. von Holland Sept. 1047 Herzog Gottfried u. Balduin V. von Flandern verbrennen Nimwegen u. a. m. Okt Zusammenkunft des Kaisers u. des französischen Königs zu Ivois Mitte Okt. 1048 Herzog Adalbert von Oberlothringen fällt, Gerhard von Elsaß folgt . . . Papst Klemens II. + 9. Okt. 1047 Benedikt IX. wirft sich zum Papst auf 8. Nov Bonifaz II. von Tuszien unterstützt ihn Der Kaiser ernennt Poppo von Brixen Weihnachten Poppo als Damasus II. in Rom konsekriert 17. Juli 1048 Er stirbt 9. August Brun von Toul als Leo IX. in Rom konsekriert 12. Febr. 1049 Der auctor gallicus gegen den Kaiser Dietrich IV. von Holland erschlagen 14. Jan. 1049 Eduard der Bekenner von England u. Sven Estrithson von Dänemark helfen dem Kaiser Leo IX. bannt Herzog Gottfried u. Balduin V. Juni Heinrich III. zwingt Balduin zum Treueid 1050 Bischof Gebhard von Regensburg u. die Bayern bekämpfen die Ungarn 1049/1050 Heinrich III. läßt Herzog Gottfried frei Mitte Aug. 1051 Er bekriegt die Ungarn ohne Erfolg Aug. — Okt Heinrich III. belagert Preßburg Ende Juli 1052 Herzog Konrad von Bayern abgesetzt 11. April 1053 Hermann von Reichenau tadelt den Kaiser Konrad erobert die Hengstburg 1053 Heinrich IV. Herzog von Bayern Weihnachten Kasimir I. von Polen unterwirft sich Ende 1050 Bretislaw I. von Böhmen verzichtet auf Schlesien zu Gunsten Polens 22. Mai 1054 Herzog Gottfried u. die beiden Balduine wüten im Bistum Lüttich 1053 . Hermann von Möns heiratet Richilde von Hennegau um 1051 Theobald I. von Champagne Vasall des Kaisers Mitte April 1054 . . . . Heinrich III. zieht gegen Balduin V. Mitte Juli 1054
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Bonifaz II. ermordet 6. Mai 1052 Herzog Gottfried heiratet Beatrix von Tuszien 1054 ZWEITES KAPITEL. 1057)
12 12
Der Ausgang Heinrichs III. und Viktors II. (1055—
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Heinrich III. in Italien Ende März 1055 Siege der Normannen über die Oströmer 1048 Gewalttaten der Normannen Benevent huldigt Leo IX. 5. Juli 1051 Drogo von Apulien ermordet 10. August 1051 Argyrus als Katepan in Unteritalien 1051 Paldolf IV. von Capua stirbt 19. Febr. 1049, Paldolf V. folgt Waimar V. von Salerno ermordet 2./3. Juni 1052, Gisolf folgt Leo IX. und Heinrich III. einigen sich in Worms Weihn. 1052 Leo IX. darf in Schwaben werben Er wird bei Civitate geschlagen 18. Juni 1053 Er bittet den Basileus um Hilfe Er stirbt 19. April 1054 Seine Lateransynode April 1049 Seine Synode zu Reims Anf. Okt. 1049 Er bannt Berengar von Tours 1050 Gebhard von Eichstätt als Viktor II. in Rom konsekriert 16. April 1055 Herzog Gottfried u. die beiden Balduine von Flandern belagern vergeblich Antwerpen 1055 Verschwörung Gebhards von Regensburg u. anderer gegen den Kaiser . . Weif III. von Kärnten stirbt 12. oder 13. Nov.. Konrad von Bayern 15. Dez. Heinrich IV. mit Berta von Turin verlobt Weihnachten Seine Wahl (1053) u. Krönung (1054) Heinrich III. u. Heinrich I. treffen sich in Ivois 27. Mai 1056 Herzog Gottfried unterwirft sich Ende Juni 1056 Siege der Liutizen 1055 u. 1056 Viktor II. beim Kaiser Beatrix u. ihre Tochter Mathilde freigelassen Heinrich III. stirbt 5. Okt. 1056 Kaiserin Agnes Papst Viktor II. Reichsverweser Sein T o d 23. Juli 1057
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DRITTES KAPITEL. (1045-1059)
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Ostrom, die Seldschuken und die Kirchenspaltung
Konstantin IX. Monomach Leo Tornikios Gegenkaiser 1047 Eroberungen der Seldschuken u. Einfälle der Petschenegen 1048 f. Tughrilbeg vor Malazgerd 1053 Er zieht in Bagdad ein 1055 Niedergang der Fatimiden Basilissa Zoe stirbt 1050 Konstantin IX. unwürdig Michael Kerullarios Patriarch 1042 Kerullarios an den Erzbischof von Achrida 1053
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Leo IX. antwortet Seine Synode zu Bari Ende 1053 Kardinal Humberts Dialog Er geht mit anderen nach Konstantinopel Jan. 1054 Sie bannen den Kerullarios 16. Juli Sie werden von ihm gebannt 20. Juli Theodora zur Basilissa ausgerufen 11. Jan. 1055 Konstantin IX. Monomach stirbt am gleichen T a g e Michael VI. wird gekrönt, und Theodora stirbt 31. Aug. 1056 Isaak Komnenos Qegenkaiser 8. Juni 1057 Michael VI. dankt a b 30. Aug Isaak gekrönt 1. Sept Kerullarios verbannt 8. Nov. 1059 (1058?) Isaak von den Petschenegen besiegt Sept. 1059 Konstantin X. Dukas Basileus 25. Dez VIERTES KAPITEL. (1057—1060)
Der
erste
Vorstoß
der
päpstlichen
.
Reformpartei
Hildebrand am deutschen Hof Dez. 1057 Stephan IX. stirbt 29. März 1058 Benedikt X. konsekriert 5. April Nikolaus II. konsekriert 24. Jan. 1059 Die Mailänder Pataria Die neue Papstwahlordnung April 1059 Nikolaus II. verbündet sich mit den Normannen August Stellung Robert Ouiskards Hildebrand Archidiakon Benedikt X. wird schimpflich abgesetzt April 1060 F Ü N F T E S KAPITEL.
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Die Regentschaft der Kaiserin Agnes (1057—1062)
Kaiserin Agnes als Reichsverweserin Frieden mit Ungarn u. Familienbündnis Sept. 1058 Neue Herzöge von Bayern u. Kärnten 1061 Nikolaus II. stirbt 20. Juli 1061 Alexander II. gewählt 30. Sept Cadalus von Parma als Honorius II. erhoben 28. Okt Kaiserin Agnes nimmt den Schleier Benzo von Alba wirkt für Cadalus Gottfried der Bärtige läßt beide Päpste heimkehren Mitte Mai 1062 Unzufriedenheit mit der Kaiserin Agnes Staatsstreich von Kaiserswerth Anf. April 1062
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S E C H S T E S KAPITEL. Heinrich IV. und die deutschen Fürsten (1062—1067)
59
Anno von Köln Fürstenversammlung zu Köln Mai/Juni 1062 Burchard von Halberstadt erkennt Alexander II. an Alexander II. bannt Cadalus-Honorius April 1063 Adalbert von Bremen in Allstedt neben Anno Juni 1063 Heinrich bekriegt Ungarn Aug.—Sept Synode zu Mantua 31. Mai 1064
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IX
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Anno in Ungnade Aug. 1064, Adalbert Regent Siegfried von Mainz u. a. pilgern nach Jerusalem Benzo drängt zur Romfahrt Anf. 1065 Schwertumgürtung Heinrichs IV. 29. März 1065 Aufschub der Romfahrt Mai Adalberts Entlassung zu Trebur Anf. Jan. 1066 Fürst Gottschalk ermordet 7. Juni 1066 Heinrich IV. heiratet Berta von Turin Sommer 1066 Richard von Capua bedroht Rom Gottfried der Bärtige verträgt sich mit ihm Juni 1067 Die Grafen Werner u. Eberhard SIEBENTES
KAPITEL.
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Frankreich vor 1066
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Herzog Wilhelm von Normandie im Kampfe gegen Empörer Sein und Heinrichs I. Sieg bei Val-es-Dunes 1047 Sein Gegensatz gegen Galfried II. Martell von Anjou Er heiratet Mathilde von Flandern 1053 Seine Siege bei Mortemer Febr. 1054 u. bei Varaville Aug. 1058 Heinrich I. heiratet Anna von Kiew 1051 Philipp I. gekrönt 23. Mai 1059 Heinrich I. stirbt 4. Aug. 1060 Balduin V. von Flandern Vormund u. Regent Galfried II. von Anjou stirbt 14. Nov Wilhelm der Eroberer nimmt Maine 1063 Sein Zug nach der Bretagne 1064
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ACHTES K A P I T E L . Die Eroberung Englands durch die Normannen (1066)
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Eduard der Bekenner u. Godwin von Essex Bedeutende Stellung Haralds Englische Zustände vor 1066 Eduard der Bekenner stirbt 5. Jan. 1066 Harald u. Wilhelm der Eroberer Harald II. König 6. Jan Wilhelm versammelt seine Vasallen in Lillebonne . . Alexander II. begünstigt ihn Haralds Bruder Tostig u. Harald Hardrada von Norwegen Fulford 20. Sept Harald II. besiegt sie bei Stamford Bridge 25. Sept Wilhelm landet in Pevensey 29. Sept Er schlägt Harald II. bei Hastings (Senlac) 14. Okt. 1066 Er wird gekrönt 25. Dez
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NEUNTES K A P I T E L . Normannische Sizilien (1060—1073)
Eroberungen
in • Unteritalien
Robert Guiskard u. sein Bruder Roger nehmen Messina Mai 1061 Roger siegt bei Cerami Sommer 1063 Alp Arslan nimmt Ani 1064 Konstantin X . Dukas stirbt 21. Mai 1067 Eudokia heiratet Romanus IV. Diogenes 1. Jan. 1068
X
siegen
bei
und
. . . .
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Robert Quiskard erobert Bari 16. April 1071 Er zieht in Palermo ein 10. Jan. 1072
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ZEHNTES KAPITEL. Oströmische Verluste in Asien (1068—1072) . . . Seldschuken in Cäsarea (Kappadozien) 1067 Romanus IV. nimmt Manbidj Nov. 1068 Jerusalem türkisch 1070/1071 Romanus IV. bei Malazgerd geschlagen u. gefangen 19. Aug. 1071 . . . Friedensschluß Michael VII. Dukas Basileus 24. Okt. 1071 Romanus IV. stirbt 1072 Alp Arslan stirbt Nov. 1072 Oströmische Heiratspläne für Robert Quiskard
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ELFTES KAPITEL. Die Anfänge Heinrichs IV. (1068-1072) Anno von Köln u. andere Gesandte in Rom 1068 Italienische Feindschaft gegen die Deutschen Heinrich verordnet Frieden u. Versöhnung Weihnachten Burchard II. von Halberstadt gegen die Liutizen 1067/1068 Heinrich bekämpft sie Frühjahr 1069 Seine geplante Ehescheidung Dedi II. von Wettin gegen den König Sommer 1069 Egino klagt Otto von Northeim vor dem König an Juni 1070 Otto führt Krieg Weif IV. Herzog von Bayern Weihnachten Otto und Magnus von Sachsen begnadigt Juni 1071 Domweihe in Halberstadt Heinrich u. Sven Estrithson in Lüneburg Anf. Juli Heinrich ermahnt Böhmen u. Polen zum Frieden Herbst 1071 Gottfried der Bärtige von Lothringen stirbt 24. Dez. 1069 Gottfried der Bucklige heiratet die Gräfin Mathilde Philipp I. von Frankreich mündig Wende 1066 Er erwirbt das Gätinais 1068 Balduin VI. von Flandern stirbt 17. Juli 1070 Der flandrische Erbfolgekrieg, Schlacht bei Cassel 20. Febr. 1071 . . . Hennegau als Lütticher Lehen Mai 1071 Adalbert von Bremen stirbt 16. März 1072 Herzog Otto (Ordulf) stirbt 28. März Hamburg von den Slawen verbrannt Liemar Erzbischof von Bremen-Hamburg 27. Mai Otto von Northeim freigelassen 27. Mai Kaiserin Agnes vermittelt zu Worms Ende Juli Cadalus-Honorius stirbt Wende 1071/1072 Anno von Köln tritt zurück Weihnachten 1072
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ZWÖLFTES KAPITEL. Die Mailänder Pataria und der Angriff des Papsttums (1066—1073) Erlembald als Führer Erzbischof Wido mißhandelt 4. Juni 1068
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Ariald getötet 27. Juni Pataria in Cremona u. in Piacenza Wido dankt ab Erzbischof Gottfried in Castiglione belagert 1071 Wido stirbt Aug. 1071 Erzbischof Atto gewählt 6. Jan. 1072 Gottfried zu Novara geweiht Königliche Räte u. Bischöfe gebannt Febr. oder März 1073 Alexander II. stirbt 21. April Heinrich begnadigt Rudolf, Bertold u. Weif 24. März
104 105 105 105 105 105 106 106 106 106
Z W E I T E S BUCH.
GREGOR VII. (1073—1085.) E R S T E S KAPITEL.
Die Erhebung Gregors VII. (1073)
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Hildebrands Jugend Sein Wesen Sein Außeres Seine Wahl 22. April Seine Ansprüche auf Spanien Seine Priester- (22. Mai) und Bischofsweihe (29. Juni) ZWEITES KAPITEL.
110 111 112 112 113 114
Der sächsische Aufstand (1073/74)
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Der Burgenbau Heinrich kränkt die Sachsen in Goslar 29. Juni 1073 Rede Ottos von Northeim Heinrich flieht aus der Harzburg 9. August Zerstörung der Burgen Heinrich schreibt unterwürfig an Gregor Gregor in Benevent Aug. u. in Capua Sept Heinrich gibt in Gerstungen nach 20. Okt Angeberei Regengers Nov Königstreue der Wormser Gregor gegen Philipp von Frankreich 4. Dez Heinrich u. die Sachsen zu Breidingen Ende Jan. 1074 Frieden zu Gerstungen 2. Febr DRITTES KAPITEL.
Der Kampf um die Kirchenreform (1074, 1075)
Die Zerstörung der Harzburg Ende März 1074 Gregor VII., die Normannen u. Konstantinopel Fastensynode gegen Simonie u. Nikolaitismus März 1074 Heinrich u. die Legaten in Nürnberg Ende April Thronwirren in Ungarn Aufstand in Köln gegen Anno 23. April Heinrich zieht nach Ungarn Aug. Sept Gregor beansprucht Ungarn Er wirbt für das Morgenland XII
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Seine Klagen 22. Jan. 1075 Sein Brief an Sven Estrithson Liemar von Hamburg-Bremen gegen den Papst Lage in Frankreich u. im englisch-normannischen Staat Fastensynode Febr. 1075 Philipp I. mit dem Bann bedroht Strafurteile gegen Liemar u. andere Bischöfe Dictatus papae Erlembald, Führer der Pataria, erschlagen Ende Juni Wibert von Ravenna u. Hugo der Weiße gegen den Papst Schlacht bei Homburg a. d. Unstrut 9. Juni Zerwürfnis zwischen Heinrich und Gregor Unterwerfung der Sachsen zu Spier Ende Nov Graf Eberhard zu Roncaglia gegen die Pataria Robert Guiskard lehnt eine deutsche Belehnung ab Heinrich investiert weiter Bischöfe
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VIERTES KAPITEL. Der Kampf um die Macht in der Kirche (1075, 1076) Gregor gegen Thedald von Mailand 8. Dez. 1075 Er warnt Heinrich am selben Tage Er wird überfallen Weihnachten Prinz Konrad soll in Deutschland nachfolgen Weihnachten Reichsversammlung zu Worms, Gregor abgesetzt 24. Jan. 1076 . . . . Lateransynode. Heinrich abgesetzt Febr Gottfried III. von Niederlothringen stirbt 26. Febr Markgräfin Beatrix von Tuszien stirbt 18. April Heinrich gibt Meißen an Wratislaw II. von Böhmen Ende Juli . . . . Robert Guiskard und Richard von Capua versöhnen sich Wende 1075 . . Robert belagert Salerno 6. Mai 1076 Gregor an Hermann von Metz 25. Aug Versammlung zu Ulm Sept Desgleichen zu Trebur über eine Neuwahl Mitte Okt Boleslaw II. macht sich zum König von Polen Weihn
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FÜNFTES KAPITEL. Canossa und Forchheim (1077) Heinrich geht über die Alpen Canossa 26.-28. Jan. 1077 Rudolf zu Forchheim gewählt 15. März 1077
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SECHSTES KAPITEL. Die päpstliche Neutralität (1077—1080) Heinrich in Ulm Ende Mai 1077 Gisolf II. von Salerno erliegt Robert Guiskard 1076, 1077 Robert belagert Benevent 19. Dez. 1077 Gregors Auffassung der Kirchenverfassung Kaiserin Agnes stirbt 14. Dez. 1077 Fastensynode zu Rom 27. Febr.—3. März 1078 Richard von Capua stirbt 6. April Schlacht bei Mellrichstadt 7. Aug Synode zu Rom 19. Nov Fastensynode zu Rom 11. Febr. 1079
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SIEBENTES KAPITEL. Investiturverbot und Kampf um Rom (1080, 1081) Sieg Heinrichs bei Flarchheim 27. Jan. 1080 2. Bannung Heinrichs, Verbot der Laieninvestitur 7. März Mathildische Schenkung an den Papst Seine Beziehungen zu Wilhelm dem Eroberer 1079, 1080 . Wibert von Ravenna als Oegenpapst zu Brixen 25. Juni 1080 Robert Guiskard Lehnsmann Oregors VII. 29. Juni Heinrich an der Weißen Elster geschlagen 15. Okt. . . . Truppen der Oräfin Mathilde bei Volta Mantovana geschlagen nach Mitte Okt Philipp I. von Frankreich als Simonist Erzbischof Manasse von Reims 3. Bannung Heinrichs Febr. 1081 Lehnseid des künftigen deutschen Königs März Oregors Brief an Hermann von Metz über weltliche Gewalt 15. März 1081 Gregor braucht Geld für die Kriegführung Heinrich versucht Ekbert II. von Meißen zu gewinnen
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ACHTES KAPITEL. Ostrom und Robert Guiskard (1073—1083) . . . . 168 Aufstand der Bulgaren 1073, Malikschah 168 Michael VII. verträgt sich mit Soliman 1074 168 Alexius I. Komnenos 169 Nicephorus III. Basileus 1. April 1078 169 Raubzüge der Türken 170 Alexius I. Basileus 1. April 1081 171 Verzweifelte Lage des oströmischen Reiches 171 Unteritalienische Verhältnisse 172 Robert Guiskard landet in Valona vor Ende Mai 1081 173 Alexius schließt Frieden mit Sultan Soliman 17. Juni 173 Venezianische Schiffe besiegen die normannischen beim Kap Pali Juli . . 174 Robert Guiskard siegt bei Durazzo 18. Okt. 1081 174 Er nimmt Durazzo 21. Febr. 1082 175 Er kehrt in die Heimat zurück April 175 Alexius begünstigt den venezianischen Handel Mai 175 Oströmische Finanznot 175 NEUNTES KAPITEL. Die Kaiserkrönung Heinrichs IV. Der Tod Gregors VII. und Robert Guiskards (1081—1085) Heinrich erreicht nichts vor Rom Mai u. Juni 1081 Er geht gegen die Gräfin Mathilde vor Hermann von Salm Gegenkönig Juni Heinrich zum zweiten Mal vergeblich vor Rom Febr.—April 1082 . . . Kaiser Alexius unterstützt ihn Wratislaw II. von Böhmen besiegt Liutpold von Österreich bei Mailberg 12. Mai 1082 Gregor bannt Heinrich zum 4. Mal 24. Juni Otto von Northeim stirbt 11. Jan. 1083 Heinrich zum dritten Mal vor Rom Febr Er nimmt die Peterskirche 3. Juni Lateransynode Gregors 20.—22. Nov XIV
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Heinrich in Apulien Anf. Febr. 1084 Wibert als Klemens III. inthronisiert 24. März Heinrich zum Kaiser gekrönt 31. März Robert Quiskard erstürmt Rom 28. Mai Heinrichs Rückkehr nach Deutschland nach Mitte Juni Seine Anhänger bei Sorbara von Truppen der Gräfin Mathilde geschlagen 2. Juli Bischof Gebhard III. von Konstanz als Führer der päpstlichen Partei 22. Dez Deutsche Parteikämpfe 1085 Wratislaw II. von Böhmen zum König gekrönt 15. Juni Robert Guiskard gewinnt Korfu Ende 1084 Gregor stirbt in Salerno 25. Mai 1085 Robert Guiskard stirbt 17. Juli
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DRITTES BUCH. NACH GREGOR VII. (1085-1095.) E R S T E S KAPITEL.
Die Nachfolge Gregors VII. (1085—1089)
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Desiderius von Monte Cassino zum Papst gewählt 24. Mai 1086 . . . . 193 Als Viktor III. inthronisiert 9. Mai 1087 194 Er stirbt zu Monte Cassino 16. Sept 194 194 Otto von Ostia als Urban II. zum Papst gewählt 12. März 1088 . . . . Gräfin Mathilde heiratet Weif V. Herbst 195 Urban bei Graf Roger von Sizilien in Troina April oder Mai 195 Roger erobert Sizilien 1077 ff .196 Pisaner, Genuesen u. Amalfitaner erobern Mahdiya 6. Aug. 1087 . . . 197 Die Urbanisten siegen in Rom über die Wibertisten 28. Juni 1089 . . . . 198 Urban zieht in Rom ein 3. Juli 198 Seine Synode zu Melfi Mitte Sept. 1089 198 Herzog Roger von Apulien Lehnsmann des Papstes 198 Synode zu Konstantinopel Sept 198 Petschenegen bedrohen Konstantinopel 1086 u. 1087 199 Alexius bei Silistria geschlagen Herbst 1087 199 Kumanen gegen Petschenegen 200 Robert der Friese von Flandern bei Alexius 200 Z W E I T E S KAPITEL. Glück und Unglück Heinrichs IV. ( 1 0 8 5 - 1 0 9 4 ) . . 201 Heinrich gegen Ekbert II. von Meißen 1086 201 Heinrichs Niederlage bei Pleichfeld 11. Aug. 1086 201 Sein Sohn Konrad zum König gesalbt 30. Mai 1087 201 Burchard II. von Halberstadt getötet 7. April 1088 202 Weif IV. erstürmt Augsburg 12. April 202 Heinrichs Verlobung mit Eupraxia 1088, Hochzeit vor 14. Aug. 1089 . . 203 Gegenkönig Hermann stirbt 28. Sept. 1088 203 Ekbert II. geächtet 1. Febr. 1089 203 Heinrich in Italien April 1090 204 Er wird unweit Canossa geschlagen Okt. 1092 204
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Synode Urbans zu Troja 12. März 1093 Bertold II. von Zähringen Qegenherzog in Schwaben 1092 Prinz Konrad fällt von Heinrich ab 1093 Städtebund gegen den Kaiser Weif IV. Vasall des hl. Petrus Fürstenversammlung zu Ulm Nov. 1093 Wilhelm von Hirsau Eupraxia verläßt Heinrich 1094 Hugo von Lyon bannt Heinrich zu Autun 16. Okt. 1094
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DRITTES KAPITEL. England und Frankreich (1066—1095) König Wilhelms militärische Maßnahmen Seine Herrschaft unumschränkt Burgenbau u. Gütereinziehung Auswanderung von Angelsachsen Empörung Eustachs II. von Boulogne 1067 Wilhelm unterwirft Exeter 1068 Krönung der Königin Mathilde 11. Mai 1068 Kämpfe um York 1069 Wilhelm als Herr ganz Englands 1071 Malkolm III. von Schottland Lehnsmann 1072 Feudale Empörung, Waltheof hingerichtet 31. Mai 1076 Dreifaches Dänengeld 1084, Domesday Book 1086 Lehnseid für Wilhelm 1. Aug. 1086 Kämpfe um die Bretagne 1076 Desgleichen um Maine, Abkommen 1084 Robert Kurzstiefel empört sich gegen Wilhelm 1077/78 Philipp I. erwirbt das französische Vexin 1077 Wilhelm stirbt 9. Sept. 1087 Streit seiner Söhne Wilhelms II. Rufus u. Roberts 1088 Erzbischof Lanfrank stirbt 28. Mai 1089 Wilhelm II. kämpft gegen Robert 1091 Gemeinsam gehen sie gegen ihren Bruder Heinrich vor 1091 Malkolm III. von Schottland erschlagen 13. Nov Anselm Erzbischof von Canterbury Sept. 1092 Wilhelm II. vermag die Normandie nicht zu erobern 1094 Sein Zwiespalt mit Anselm 1095 Philipp I., Berta und Bertrada 1092 Ivo von Chartres gegen Philipp 1092 Philipp zu Autun gebannt 16. Okt. 1094
208 208 208 209 209 209 210 210 210 211 211 212 212 212 213 213 214 214 214 215 216 216 216 217 217 217 218 218 219 219
VIERTES KAPITEL. Ostrom, Araber und Türken (1071—1095) Atsiz in Damaskus 1076, Tutusch ebenda 1079 Machtstellung des Philaretus in Syrien nach 1071 Soliman in Nicäa 1081 Malikschah in Aleppo 1086 Akka, Tyrus u. a. Städte unterwerfen sich Badr 1089 Malikschah in Bukhara 1089 Neue Petschenegennot 1091 Tzachas in Smyrna um 1089 XVI
. . . .
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Die flandrischen Ritter Konstaniinopel von den Petschenegen bedroht März 1091 Alexius erwartet abendländische Hilfe Er besiegt die Petschenegen bei Lebunium 29. April 1091 Malikschah stirbt Mitte N o v . 1092 Aufstand auf Kreta u. auf Zypern 1092/1093 Der serbische König Bodin Verschwörung gegen Alexius 1094 Der Serbe Vlkan unterwirft sich Sommer Einfall der Kumanen 1095 Badr u. der Chalif Mustansir sterben 1094 Thronstreit im Seldschukenreich 1095
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FÜNFTES KAPITEL. Spanien und der Beginn der Wiedereroberung (1031—1095) 228 Hischam III. dankt ab, Cordoba Republik 228 Christliche Reiche um 1065 229 Sancho III. el Mayor stirbt 1035 229 Bermudo III. von Leon fällt bei Tamaron 1037 229 Oarsias von Navarra fällt bei Atapuerca 1. Sept. 1054 229 Ferdinand I. von Kastilien u. "Leon nimmt Coimbra 1064 230 Ramiro I. von Aragon fällt bei Graus 8. Mai 1063 230 Wilhelm V I I I . von Aquitanien erobert die Gascogne 230 Die Franzosen nehmen Barbastro 1. Aug. 1064 231 Es geht verloren Ende April 1065 231 H u g o Candidus Legat in Spanien 1063 232 Ferdinand I. stirbt 27. Dez. 1065 232 Krieg der drei Sanchos 1067 233 Sancho II. von Kastilien besiegt Alfons VI. von Leon bei Llantada 19. Juli 1068 233 Garsias verliert Galizien 1071 233 Alfons VI. bei Golpejera von Sancho II. geschlagen Anf. Jan. 1072 . . . 233 Sancho II. vor Zamora ermordet 7. Okt. 1072 233 Der Cid 234 Garsias von Galizien von Alfons IV. gefangengesetzt 13. Febr. 1073 . . 234 Sancho Garsias IV. von Navarra ermordet 4. Juni 1076 234 Der mozarabische Ritus durch den römischen ersetzt 1071 235 Eblo II. von Rouci kommt nicht zum Kampf gegen die Ungläubigen . . 235 Alfons VI. in T o l e d o Mai 1085 235 Er verfügt auch über Valencia 1086 235 Alfons VI. in Tarifa 1082 236 Die Almoraviden 237 Jusuf landet in Algeciras 30. Juni 1086 237 Er siegt bei Sagrajas 23. Okt. 1086 238 Alfons VI. söhnt sich mit dem Cid aus 1087 239 Franzosen belagern Tudela 239 Der Erzbischof von T o l e d o Primas in Spanien 1088 240 Sancho Ramirez von Aragon u. Urban II. 1088 f 240 Jusuf landet zum 2. Mal Juni 1089 241 Kriegstaten des Cid um 1090 241
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Jusuf landet zum 3. Mal Juni 1090 Ein Vetter Jusüfs erstürmt Cordoba 26. März 1091 Genua u. Pisa sollen helfen Der Cid in Valencia 15. Juni 1094 Der Cid siegt vor Valencia Dez. 1094
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SECHSTES KAPITEL. Der Aufruf zum Kreuzzug (1095) Urbans Synode zu Piacenza 1.—7. März 1095 Alexius bittet um Hilfe Urban für Pedro I. von Aragon 16. März König Konrad leistet dem Papst Stallmeisterdienste 10. April Konrads Sicherheitseid 15. April Seine Hochzeit mit der Tochter Graf Rogers 1. von Sizilien Arialds Gebeine in Mailand erhoben Weif V. trennt sich von Mathilde Heinrich IV. u. Venedig Juni 1095 Kroatien, Dalmatien, Ungarn Sizilien christlich 1091 Urban wütet gegen Heinrich IV Urban in Asti Ende Juni 1095 Urban in Le Puy-en-Velay Mitte August Urban in Saint-Gilles Anf. Sept Konzil zu Clermont 18.—28. Nov Urbans Kreuzzugspredigt 27. Nov Angeblicher Brief des Kaisers Alexius Rückblick
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BÜCHERVERZEICHNIS. Mehrbändige Werke wurden in der Regel nur soweit berücksichtigt, wie sie für die Zeitgrenzen des vorliegenden Bandes in Betracht kamen, und lange Titel etwas gekürzt. Nur an einer Stelle angezogene Werke konnten hier meist fortbleiben. A. = Archiv, Archives, Archivio usw. Abh. = Abhandlungen. Abh. aus dem Gebiete der mittleren u. neueren Geschichte u. ihrer Hilfswissenschaften. Festgabe . . . H. F i n k e gewidmet. Münster i. W . 1925. Vorreformationsgeschichtliche Forschungen, Suppl.-Bd. Ac., Ak. = Académie, Akademie usw. A d a m von B r e m e n , Hamburgische Kirchengeschichte. 3. Aufl. hrg. von B. Schmeidler. Hannover u. Leipzig 1917. SS. R. G. A d a m s G. B., T h e History of England (1066—1216). London 1905. T h e Politicai History of England, Bd. 2. A d o n t z N., Notes armèno - byzantines. Byzantion 9 (1934), S. 367—382. A m a r i M., Storia dei Musulmani di Sicilia. 2 2 a. c. di C. A. Nallino (Catania 1935); 3, 1 (Firenze 1868); 3, 2 (Firenze 1872). A m a r i M. = Centenario. A m a t u s = Aimé, Ystoire de li Normant p.p. D. Delarc. Rouen 1892. Die neue Ausgabe: Storia de'Normanni di Amato di Montecassino volgarizzata in antico francese a. c. di V. de Bartholomaeis, Fonti per la Storia d'Italia p. dall'Istituto storico italiano per il medio evo, Scrittori, sec. XI, Roma 1935, wurde mir zu spät zugänglich. A m e 11 i A., S. Leone IX e il suo ultimo carme . . . Casi n en sia 1. Montecassino 1929, S. 5 - 1 5 . A n n a l e s A l t a h e n s e s maiores ed. alt. ree. E. L. B. ab Oefele. Hannoverae 1891. SS. R. O. A n n a l e s B e n e v e n t a n i a. c. di O. Bertolini. Bullettino dell'Istituto storico italiano e Archivio Muratoriano Nr. 42 (1923). A n n a l e s C a s i n e n s e s ex Annalibus Montis Casini antiquis et continuatis excerpti ed. G. Smidt. SS. 30 (1934), S. 1385—1429. A n n a l e s R o m a n i , Liber pontificalis 2, S.329—350, X X I . d' A r b o i s de J u b a i n v i l l e H., Histoire des ducs et des comtes de Champagne depuis le VI m e siècle jusqu'à la fin du XI m e . Paris 1859. A r q u i 11 i è r e H. X., L'Augustinisme politique. Essai sur la formation des théories politiques du moyen âge. Paris 1934. L'Église et l'État au moyen âge, Bd. 2. — Saint G r é g o i r e VII. Essai sur la conception du pouvoir pontifical. Paris 1934. L'Église et l'État au moyen âge, Bd. 4. A r 11 e r G., Die Zusammensetzung der deutschen Streitkräfte in den Kämpfen mit den Slaven von Heinrich I. bis auf Friedrich I. Zs. d. Vereins für
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Boos
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—
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XXXV
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XLIII
E R S T E S BUCH.
VOR GREGOR VII. (1047—1073.)
ERSTES KAPITEL.
HEINRICH III. U N D DIE DEUTSCHEN PÄPSTE (1047—1054.) Kaiser Heinrich III. stand auf der Höhe seiner Macht, als er Ende Mai 1047 nach Deutschland zurückkehrte. 1 ) Er hatte das Papsttum aus tiefer Erniedrigung emporgehoben und es mit einem sittenreinen deutschen Bischof besetzt, er konnte auf freundliche Beziehungen zu den waffentüchtigen Normannen rechnen l a ) und mit ihnen nicht nur etwaigen Angriffsgelüsten Ostroms entgegentreten, sondern auch darüber hinaus an die Vertreibung der Araber aus Sizilien denken. Wäre sie gelungen, so hätte sie die Kreuzzüge nach dem Heiligen Land unter deutscher Führung eingeleitet. Welches war die dringendste Aufgabe des Tages ? Die Vernichtung des deutsch-christlichen Einflusses auf Ungarn, die unmittelbar vor Beginn des Zuges nach Italien gemeldet worden war, 2 ) verlangte scharfe Gegenmaßregeln. Der Kaiser bereitete solche auch vor, tat aber im Osten zunächst nichts, weil der Westen seine Aufmerksamkeit fesselte. König Heinrich I. von Frankreich hatte sich von beutelustigen Rittern in seiner Umgebung einreden lassen, die Abwesenheit Heinrichs III. biete ihm eine günstige Gelegenheit, um die alten, niemals endgültig aufgegebenen Ansprüche auf Lothringen mit Waffengewalt zu vertreten. Vor allem wurde ihm geraten, Aachen, die Hauptstadt des Landes, zu nehmen, dann würde ihm das übrige alles zufallen. Man denkt an den Handstreich Lothars gegen Otto II. im Jahre 978.3) Tatsächlich hatte Heinrich I. auch Rüstungen begonnen, dann aber doch nicht losgeschlagen, wahrscheinlich weil er fürchtete, wegen seines offenbaren Friedensbruches von Klemens II. zur Verantwortung gezogen zu werden, vielleicht auch, weil ihm der inzwischen in die Heimat zurückgekehrte Graf Galfried II. von Anjou, 4 ) der ja dem Kaiserhause nahe stand, im Falle eines Krieges hätte recht unbequem werden können. Bischof Wazo von Lüttich, dessen selbständige, unerschrockene Art wir kennen, 6 ) trug durch die dringenden moralischen Ermahnungen, die er an den König richtete, auch dazu bei, daß der Frieden wenigstens zwischen Deutschland und Frankreich erhalten blieb. 6 ) *) Müller, Itinerar S. 66. — *») Cartellieri 2, S. 480. — 2 ) Ebd. 2, S. 475. — ä) Ebd. 2, S. 175. - 4 ) Ebd. 2, S. 482. — ¡¡) Ebd. 2, S. 473. — 6 ) Steindorff 2, S. 2. Luchaire, Histoire 2, S. 239. Flach 4, S. 296. Huysmans S. 68.
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Ursprünglich hatte wohl König Heinrich I. zusammen mit seinem früheren Bundesgenossen Herzog Gottfried dem Bärtigen von Oberlothringen ') und den Grafen Balduin V. von Flandern und Dietrich IV. von Viaardingen (w. Rotterdam), den man Graf von Holland zu nennen pflegt,' 8 ) gegen den Kaiser vorgehen wollen. Da aber Heinrich I. sich jetzt zurückhielt, taten es auch Gottfried und Balduin. Dietrich allein verwüstete etwa im Juli 1047 die ihm benachbarten Bistümer. Einen Zug nach Ungarn konnte der Kaiser um so eher hinausschieben, als der neue König Andreas I. mehrfach durch Gesandte seine Unterwerfung und Tributzahlung anbot, wenn man ihm sein Reich lasse.8) Heinrich III. versuchte deshalb im September, Dietrich zu züchtigen. Wie im April des vorhergehenden Jahres (1046),9) so fuhr er auch diesmal zu Schiff den Rhein hinab, nahm Viaardingen und Rijnsburg (nw. Leiden), kam aber in dem sumpfigen Gelände schon bald nicht weiter und erlitt auf dem Rückzüge schwere Verluste. Ein Zeitgenosse beklagt es, daß das Reich weder Ehre noch Ruhm gewonnen habe.10) Das war der erste militärische Rückschlag nach den kirchenpolitischen Erfolgen in Italien, und er wirkte sich schnell genug aus. Gottfried und Balduin V. von Flandern begannen nunmehr einen selbst für damalige Verhältnisse auffallend wilden Vernichtungsfeldzug. Die schöne Kaiserpfalz in Nim wegen und (am 25. Okt. 1047) die Stadt Verdun, deren Bischof Dietrich dem Herzog ganz besonders verhaßt war, plünderten sie aus und steckten sie dann in Brand. Gegen den Willen Gottfrieds gingen dabei auch der Dom und die kirchlichen Gebäude in Flammen auf. Das Elend der obdachlos gewordenen Geistlichkeit erregte das größte Mitleid. Nachträglich gab sich Gottfried allerdings sehr viel Mühe, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen, und unterwarf sich auch später einer demütigen Kirchenbuße. Um so bedeutsamer wurde es für den Bestand der kaiserlichen Macht in jenen Gegenden, daß es dem alten Bischof Wazo gelang, Lüttich selbst mit bewunderungswürdiger Standhaftigkeit zu verteidigen und den Feind auch aus der Umgebung zu vertreiben. Der Kaiser nahm an diesen Kämpfen persönlich nicht teil, setzte aber Gottfried ab und übertrug 1047 Oberlothringen einem Adalbert, der wahrscheinlich ein Graf von Longwy war.11) Wenn im Laufe des Jahres 1048 Heinrich I. von Frankreich sich einer Verständigung mit dem Kaiser geneigt zeigte, so lassen sich seine Beweggründe bei der Dürftigkeit der Überlieferung nicht klar ersehen. Wahrscheinlich wurde er durch die Rücksicht auf Kämpfe, die er zusammen mit Wilhelm (dem Eroberer) von Normandie gegen Galfried II. von Anjou durchfocht, vielleicht aber auch durch die Furcht vor einer allzugroßen Machterweiterung seines Schwagers Balduin V. von Flandern von Lothringen abgelenkt. Nachdem Bischof Brun von Toul, wie schon einmal im Jahre 1033, vermittelt hatte,12) trafen sich die beiden Herrscher Mitte Oktober 1048 in Ivois und schlössen wieder einen Freundschaftsvertrag. 13 ) n Cartellieri 2, S. 434. — ?») Verlinden, Robert S. 28, Anm. 4. — s ) Steindorff 2, S. 12. — ») Cartellieri 2, S. 443. — " ) Steindorff 2, S. 15, 17. Blok 1, S. 169. — " ) Steindorff 2, S. 19, 24. Vanderkmdere 1, S. 105. Dupreel S. 41 ff., 46, 51. Huysmans S. 72. — 12 ) Cartellieri 2, S. 381. — l s ) Steindorff 2, S. 43.
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Damit hing zusammen, daß der neue Herzog Adalbert von Oberlothringen zum Angriff gegen Gottfried schritt. Er wurde aber bald an der Sambre bei Thuin (sö. Möns), also auf niederlothringischem Gebiet, von ihm überfallen und verlor sein Leben (1048). Ehe noch das Jahr zu Ende ging, ernannte Heinrich III. den Grafen Gerhard, einen Bruder Adalberts, zu dessen Nachfolger. Der neue Herzog, meist Gerhard von Elsaß genannt, stammte aus einem altangesehenen Hause, und seine Nachkommen haben bekanntlich Oberlothringen bis zum Übergang an Frankreich im 18. Jahrhundert regiert.11) Sicher hatte der Kaiser die lothringischen Wirren im Auge, als er auf den päpstlichen Stuhl einen Mann setzte, der die Untaten Gottfrieds aus der Nähe miterlebt hatte und deshalb bereit sein mußte, sich an seiner Bestrafung zu beteiligen. Denn Papst Klemens II., der aufrichtig die Reform fördern wollte, dem aber Peter Damiani allzugroße Milde vorwarf, 15 ) war schon am 9. Oktober 1047 gestorben. 18 ) Die meisten seiner Urkunden, die übrigens wenig zahlreich sind, hatten deutschen Kirchen gegolten, und wie innig er insbesondere sein Bamberg liebte, ist bekannt. Während römische Gesandte sich nach Deutschland aufmachten und entsprechend den eingegangenen Verpflichtungen den Kaiser um einen Nachfolger baten,17) verließ der 1046 abgesetzte Papst Benedikt IX. seine Burg Tuskulum und nahm, nachdem er reichlich Geld unter das Volk verteilt hatte, am 8. November 1047 zum dritten Male den Stuhl Petri ein. Man kann sich vorstellen, daß eine gewisse Abneigung gegen den deutschen Einfluß dabei wirksam wurde. Die vom Standpunkt der allgemeinen Kirche keinesfalls erfreuliche Adelsherrschaft mochte auch einem Teile der Bürgerschaft materielle Vorteile bieten. Merkwürdigerweise fand Benedikt Unterstützung bei Markgraf Bonifaz II. von Tuszien, dessen Beziehungen zu Waimar V. von Salerno und zu den Tuskulanergrafen wir kennen. Der äußerst wandelbare und ehrgeizige Herr, der sich bisher im Dienste des Kaisers bewährt hatte, wollte vermutlich im Süden eine ähnliche Stellung einnehmen wie im Norden Gottfried der Bärtige von Oberlothringen. Starker Fürstentrotz durchflutete die Zeit. Der mit dem deutschen Papst einig gehende Kaiser bildete eine ernstliche Gefahr für den Unabhängigkeitstrieb gewisser großer Vasallen, die man Übervasallen nennen darf. Um Weihnachten 1047 ernannte der Kaiser in Pöhlde (onö. Göttingen), gemäß der demütigen Bitte der römischen Gesandten, den mit ihren Verhältnissen vertrauten Bischof Poppo von Brixen, einen Bayern, zum Papst. 18 ) Auf der Reise nach Rom wurde aber Poppo von Bonifaz aufgehalten, der ihm bedeutete, daß Benedikt jetzt allgemein anerkannt sei. Er kehrte deshalb zum Kaiser zurück. Dieser drohte dem Markgrafen, nötigenfalls persönlich einzugreifen,19) und daraufhin entschloß 14 ) Steindorff 2, S. 46. Witte, Lothringen 5, 2, S. 67; 7, 1, S. 124. Vanderkindere 2, S. 336. Dupréel S. 51. Parisot S. 29, 444, 531 u. sonst. — I 5 ) Ép. 3, Migne, P.l. 144, S.207. Steindorff 2, S. 25. — " ) Steindorff 2, S.27. Kehr, Vier S. 52. Cartellieri 2, S. 478. — " ) Steindorff 2, S. 29. Oregorovius 4, S. 67. Borino, Elezione S. 219, Anm. 384, 388. Falce, Bonifacio 1, S. 188. Kehr, Vier S. 52. — l s ) Steindorff 2, S. 29. Schmid, Kan. S. 67, 103. — 19 ) DD. 5, Nr. 217. Kehr, Vier S. 4, Anm. Messina S. 118. Falce, Bonifacio 1, S. 191.
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sich Bonifaz in rascher Sinnesänderung, Benedikt zu vertreiben und Poppo sogar selbst zu geleiten. Die einfachste Erklärung dafür ist wohl die, daß er inzwischen die Absetzung Gottfrieds erfahren und daraus geschlossen hatte, daß der Kaiser doch stärker sei, als man angenommen hatte. Am 17. Juli 1048 wurde Poppo zu St. Peter in Rom als Damasus II. konsekriert, starb aber schon drei Wochen später, am 9. August, in Präneste, 20 ) ehe er irgendwie hervorgetreten war. Ihm folgte auf dem Stuhle Petri Bischof Brun von Toul. Sein Vater Graf Hugo IV. von Egisheim (sw. Kolmar) war ein Vetter Kaiser Konrads II. Seine Mutter Hedwig, eine Gräfin von Dagsburg (sw. Zabern), stammte aus dem romanischen Sprachgebiet Lothringens. Beide zeichneten sich durch treffliche Bildung und werktätige Frömmigkeit aus. Ihnen wurde am 21. Juni 1002 ein jüngerer Sohn geboren, eben Brun, den sie dem geistlichen Stande bestimmten. In der Schule von Toul erzogen, daselbst Domherr geworden, ganz erfüllt von den Gedanken der lothringischen Klosterreform, auf dem ersten Römerzuge Konrads II. auch militärisch bewährt, nahm er 1026 die Wahl zum Bischof von Toul in seiner Uneigennützigkeit gerade deshalb an, weil das Bistum arm war und er viel Gutes zu stiften hoffte. Er war ein schöner und vielseitig unterrichteter Mann, sehr sprachgewandt, reich und in jeder Hinsicht für eine hohe Stellung geeignet. 21 ) Zu Worms erkor ihn der Kaiser im November 1048 aus den oben angedeuteten Gründen zum Papst: er sollte dem Wüten Herzog Gottfrieds in Lothringen ein Ende machen. Brun ließ sich aber, um der Form zu genügen, in Rom wählen und wurde am Sonntag, dem 12. Februar 1049 als Leo IX. konsekriert. Seine Reformfreundlichkeit stand fest. 21 ) Der maßgebende Einfluß Heinrichs III. auf das Papsttum wurde vorläufig nicht getadelt, weil die Kirche davon Vorteil hatte. Nur vereinzelte Stimmen, wie der sogenannte Auetor Gallicus in seiner Schrift De ordinando pontifice, nahmen daran Anstoß. Der Verfasser, wohl ein lothringischer Geistlicher, der sich auf Pseudo-Isidor stützt und zwischen Weihnachten 1047 und Mitte Juli 1048 an französische Bischöfe schreibt, verurteilt in heftigen Worten die kirchlichen Maßnahmen des Kaisers und betont stark, daß der Papst nur von Gott gerichtet werden dürfe. Seine Meinung läßt sich kurz dahin zusammenfassen, daß eine weltliche Kirchenreform vom Übel sei. 22 ) Auch der vortreffliche Lütticher Bischof Wazo dachte ähnlich. 23 ) So kündigten sich die Verwicklungen an, die den nächsten Jahrhunderten das Gepräge geben sollten. Der Krieg gegen die Aufständischen im Westen nahm seinen Fortgang. Es bedeutete einen erfreulichen Vorteil für die deutsche Sache, daß Dietrich IV. von Viaardingen am 14. Januar 1049 bei diesem Ort oder bei Dordrecht von den Kaiserlichen besiegt und erschlagen wurde. 21 ) 2 0 ) Steindorff 2, S. 37, 52. 2 1 ) Steindorff 2, S. 55, 71. v. üiesebrecht 2. S. 456. Witte, Lothringen 5, 2, S. 61; 7, 1, S. 103. Hauck 3, S. 596. Drehmann S. 47. Fliehe, Réforme 1, S. 130. Schmid, Kan. S. 68 ff., 97 ff. Kehr, Vier S. 53. Kölmel S. 87. — 2 2 ) Lib. de lite 1, S. 8—14. Mirbt S. 7. Fliehe, Réforme 1, S. 116. Schmid, Kan. S. 99. Huysmans S. 92 mit der Abfassungszeit, 117, 192. — 2 3 ) Hauck 3, S. 598. Kern S. 183. — 2 1 ) Steindorff 2, S. 66. Blok 1, S. 169.
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Auch Gottfried der Bärtige erlitt eine Niederlage, aber es schien kaum möglich, Balduin V. von Flandern ohne Flotte zu bezwingen. Deshalb wandte sich Heinrich III. an die Könige von England und von Dänemark. Der Thronbesteigung Eduards des Bekenners wurde früher gedacht.25) Er war als Sohn Emmas von Normandie aus ihrer ersten Ehe mit Äthelred II. von England ein Halbbruder Gunhilds, der verstorbenen ersten Gemahlin Heinrichs III. Deutsche Geistliche schätzte er durchaus, und überdies hatte er ällen Grund, die unruhige Macht Flanderns, das Verbannten und Seeräubern gerne eine Zuflucht bot, niederzuhalten. Er sammelte daher Schiffe in Sandwich an der südöstlichen Küste Englands und trug Sorge, daß Balduin V. nicht zu Wasser dorthin entfliehen könnte.26) Den König Sven Estrithson von Dänemark betrachtete der Kaiser geradezu als Vasallen und befahl ihm, zu demselben Zweck die ihm benachbarte Küste zu bewachen.27) Am wertvollsten war für Heinrich III. die Hilfe, die ihm der im Juni 1049 in Deutschland eingetroffene neue Papst Leo IX. dadurch bot, daß er über Gottfried und Balduin V. den Bann verhängte.28) Man sieht, welche Bedeutung ein dem Kaiser gefügiges Papsttum auch in politischmilitärischen Dingen hatte. Gottfried unterwarf sich sogleich in Aachen und wurde gefangen gesetzt; Balduin tat es erst später ebenda, als sein Land durch den Kaiser verwüstet worden war. Aber damit war die Ruhe noch nicht hergestellt. Im folgenden Jahre 1050 unternahm der Kaiser nach Mitte April über Cambrai einen Zug gegen Balduin V. und zwang ihn, zu Bruay (n. Valenciennes) den Treueid zu leisten.29) Leider aber konnte er dem Westen seine ungeteilte Aufmerksamkeit nicht auf die Dauer widmen. Es war das alte Verhängnis der deutschen Geschichte, bedingt durch die gefährliche Mittellage des Reiches, daß an mehreren Fronten gleichzeitig Krieg geführt werden mußte. Bischof Gebhard von Regensburg, ein sehr ungeistlicher und kampflustiger Halbbruder Kaiser Konrads II., begann im Winter 1049 auf 1050 eigenmächtig den Grenzkrieg gegen die Ungarn, um Beute zu machen.®0) Sie vergalten Gleiches mit Gleichem und verheerten deutsches Land. Bayrische Große bauten jetzt auf Befehl des Kaisers das früher zerstörte Deutsch-Altenburg bei Hainburg 31 ) (sw. Preßburg) wieder auf und schlugen am 22. September 1050 die heranrückenden Feinde vollständig.32) Das genügte dem Kaiser aber nicht, er hatte das richtige Gefühl, daß im Osten endlich einmal ein Ende gemacht werden müsse, und gab deshalb Mitte August 1051 in einer merkwürdigen Anwandlung von Versöhnungspolitik Gottfried frei, damit dieser die Verteidigung der Westgrenze gegen seinen bisherigen Bundesgenossen, den Grafen von Flandern, übernähme.33) Der Graf war ohne jeden Zweifel in der Hauptsache Vasall des Königs von Frankreich,34) der ihn aber nicht hinderte 26 ) Cartellieri 2, S. 439 ff. — 26 ) Hodgkin S. 445. Kienast, Deutsche Fürsten 1, S. 43. — 2 ') Hofmeister, Kampf S. 12/13. — 2») Steindorff 2, S. 83. Düppel S. 54. Berten S. 32. — 29 ) Steindorff 2, S. 107. v. Oiesebrecht 2, S. 669 anders. — 30 ) Steindorff 2, S. 111. Kehr, Vier S. 27. — " ) Cartellieri 2, S. 425. Klebel, Altenburg S. 63. — 32 ) Steindorff 2, S. 111. Riezler 1, 2, S. 66. — 33 ) Steindorff 2, S. 154. Dupreel S. 59. — 34 ) Kienast, Deutsche Fürsten 1, S. 14. Cartellieri 2, S. 303.
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und auch kaum hindern konnte, deutsches Gebiet anzugreifen. Man sieht, wie schwach damals die Regierungsgewalt in Frankreich war. Flandern steuerte zielbewußt auf tatsächliche Unabhängigkeit zwischen den beiden großen Nachbarreichen hin, bis Philipp August dem Land 1214 bei Bouvines den entscheidenden Schlag versetzte und seinen hochfliegerv den Plänen ein Ende machte. Erst im 15. Jahrhundert, in der burgundischen Zeit, konnten sie wieder aufgenommen werden. Heinrich III. selbst rückte mit einem starken Heere, in dem alle deutschen Stämme mit Ausnahme der durch ihre eigenen Wirren behinderten Lothringer vertreten waren, nach Mitte August 1051 südlich der Donau vor und verwüstete in der üblichen Weise ungarisches Gebiet, wurde aber durch Überschwemmungen erheblich behindert, litt bald Mangel an Lebensmitteln und mußte sich im Oktober auf dem Rückzüge den Übergang über die Rabnitz (Repcze), einen linken Nebenfluß der Raab, erst in hartem Kampfe bahnen.35) Erreicht war wenig oder nichts, und es liegt die Frage nahe, ob es nicht doch auf deutscher Seite an dem richtigen Verständnis für die technischen Notwendigkeiten einer Kriegführung im Osten fehlte. Sei es, daß es sich um Böhmen, um Polen oder jetzt um Ungarn handelte, immer drängt sich die gleiche Beobachtung auf. Allzu einseitig legten die Ritter Wert auf Tapferkeit und regelrechte Waffenführung, sie konnten besser sterben als sich fremden Verhältnissen anpassen. Dieser Gesichtspunkt muß auch voll zur Geltung kommen, wenn heute bedauert wird, daß damals nicht mehr für die Ausbreitung deutschen Wesens im Osten geschehen ist. Heinrich III. ließ sich durch seinen Mißerfolg nicht abschrecken. Man kann sich leicht vorstellen, daß er die Ungarn für gottlose Empörer hielt und sie unbedingt strafen wollte, obwohl sie ja zuerst angegriffen worden waren. Friedensverhandlungen führten um so weniger zum Ziel, als sich König Andreas I. nicht aufrichtig zeigte und immer weniger Zugeständnisse machte. Vergeblich empfahl Papst Leo den Frieden, wahrscheinlich weil er fürchtete, daß sonst der Kampf gegen die Normannen, den er selbst dringend wünschte, in den Hintergrund träte. Die Erinnerung daran, daß Ungarn die königliche Würde dem Papste Silvester II. verdankte,86) mochte auch mitwirken. Ostpolitik und Südpolitik kreuzten sich. Der Kaiser beharrte auf seinem Plan und belagerte nach Ende Juli 1052 Preßburg, das zehn Jahre vorher schon einmal zerstört, aber von den Ungarn wieder aufgebaut worden war.") Trotz seiner Kriegsmaschinen konnte er die Stadt im August und September nicht einnehmen, und als der von Andreas herbeigerufene Papst gekommen war, ließ er sich von ihm bestimmen, die Belagerung abzubrechen. Die Versprechungen aber, die Andreas für diesen Fall gemacht hatte, erfüllte er nicht und kümmerte sich nicht einmal um den ihm von Leo IX. angedrohten Bann. Eine Fortsetzung des Feldzuges war unmöglich, da dem deutschen Heer die Lebensmittel ausgingen.38) Wer möchte bezweifeln, daß das verfehlte Unternehmen das Ansehen des Kaisers und des Papstes schädigte? Es mag sein, daß ihre Zusammenarbeit dadurch ihre Stoßkraft verlor, Steindorff 2, S. 151, 154. Huber 1, S. 191. Juritsch, Babenberger S. 64. — ) Cartellieri 2, S. 254. — " ) Ebd. 2, S. 425. — 38 ) Steindorff 2, S. 179. Huber 1, S. 193. Schünemann S. 75. Riezler 1, 2, S. 68.
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daß sie ursprünglich verschiedene Ziele verfolgten. Jedenfalls hatte der schlaue Ungar sie getäuscht, um sich ihrer zu erwehren. So lange die Ungarngefahr andauerte, mußte der Herzog von Bayern unbedingt zuverlässig sein. Nach dem Tode des Herzogs Heinrich VII. aus dem Hause Luxemburg 39 ) am 14. Oktober 1047 hatte der Kaiser die Verwaltung 16 Monate lang selbst geführt, das Land dann aber am 2. Februar 1049 einem Neffen des Erzbischofs Hermann von Köln und des Schwabenherzogs Otto II. aus dem Hause der lothringischen Pfalzgrafen von Zütphen, namens Konrad (Kuno), übertragen. Dieser verstand es aber nicht, sich die Zufriedenheit des Herrschers zu erwerben, bekam überdies Händel mit dessen streitbarem Oheim, dem schon genannten Bischof Gebhard von Regensburg, und wurde schließlich gemäß dem Spruche der Fürsten auf einer Reichsversammlung zu Merseburg um Ostern (11. April) 1053 abgesetzt. Daraufhin warb er Anhänger, verpflichtete sie sich eidlich und begann eine offene Empörung. Die Verurteilung des Bayernherzogs gewann dadurch größere Bedeutung, daß sie nicht allgemein gebilligt wurde. In diese Zeit gehört die bei dem Mangel anderer Zeugnisse oft wiederholte Bemerkung des Zeitgenossen Hermann von Reichenau,40) der trotz seiner sonstigen Kaisertreue hervorhebt, es hätten die Vornehmen wie die kleinen Leute über Heinrich III. immer mehr gemurrt: dieser habe sich zwar mit Gerechtigkeit, Friedensliebe, Frömmigkeit, Liebe zu Gott und sonstigen guten Eigenschaften eingeführt, sich darin aber nicht vervollkommnet, sondern sei allmählich der Habsucht und einer gewissen Sorglosigkeit verfallen, so daß man fürchten müsse, er würde noch viel schlimmer werden. Belege im einzelnen für diesen schlimmen Wandel im Charakter des von hohen Idealen erfüllten Herrschers fehlen, und die Frage bleibt offen, inwieweit der Tadel berechtigt war. Herzog Konrad bekämpfte nicht nur in Bayern und in Kärnten die Reichsgewalt, sondern floh auch zum Ungarnkönig und veranlaßte ihn, einen von dessen Gesandten schon beschworenen Frieden nicht zu genehmigen und ihm selbst Truppen mitzugeben. Mit diesen machte er 1053 einen verheerenden Einfall in Kärnten und eroberte die wohl bei St. Margarethen (s. Wildon) in Mittelsteiermark gelegene Hengstburg. 41 ) In Bayern dagegen konnten sich seine Anhänger nicht behaupten. Der Kaiser durchzog das Land und erhob zu Weihnachten 1053 seinen erst dreijährigen gleichnamigen Sohn, Heinrich IV., zum Herzog, ohne die einheimischen Großen zur Wahl aufzufordern. Dabei wird man der Stellung gedenken, die er selbst 1027 erhalten hatte.42) Auch diesmal sollte ein Bischof die Regierung für das unmündige Kind führen, der aus Schwaben stammende Gebhard von Eichstätt, der mit rücksichtsloser Tatkraft gegen die Störer des Landfriedens einschritt.43) Er hatte sich schon in jungen Jahren als Richter ausgezeichnet, galt für sehr klug und nahm im Rate des Kaisers eine einflußreiche Stellung ein. 39 ) Cartellieri 2, S. 424. Riezler 1, 2, S. 64 f., 69. Kehr, Vier S. 21. Mitteis, Pol. Prozesse S. 31. — 4°) SS. 5, S. 132. - « ) Steindorff 2, S. 223 ff. A. Chroust, NA. 15 (1890), S. 589. — ) Freeman, N. C. 3, S. 257. Ramsav, Foundations 2, S. 4. — 467 ) Freeman 3, S. 325. Ramsay, Foundations 2, S. 6. Hodgkin S. 477. Stenton, William S. 172. — «8) Freeman, N. C. 3, S. 326, 336. Ramsay, Foundations 2, S. 9. — 458 ) Hodgkin S. 521, Index. Vinogradoff S. 19. — 46 °) Hodgkin S. 519, Index. Vinogradoff S. 594, Index.
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trotz der vielen schrecklichen Däneneinfälle die angelsächsische Landesverteidigung gegen einen zu Schiff herankommenden Feind keineswegs. Man erlitt nach dem Oesetz der Trägheit lieber von Zeit zu Zeit schwere Verluste, die als eine Fügung Gottes erscheinen mochten, als daß man sich dauernd anstrengte, um sie zu vermeiden. Von Tostig herbeigerufen, aber wohl schon von sich aus zum Angriff entschlossen, kam der im Dienste Ostroms 1 « 1 ) vielbewährte Held Harald Hardrada mit einer gewaltigen Flotte herbei. Seit 1047 König von Norwegen, kämpfte er jahrelang mit Sven Estrithson von Dänemark, bis ein Vertrag, den er mit ihm schloß, ihm die Hände frei ließ. An der schottischen Küste vereinigte er sich mit Tostig, der sein Vasall wurde. Es war das letzte Mal, daß Männer aus dem hohen Norden in England einfielen, das sie in den Jahrhunderten vorher so furchtbar heimgesucht hatten. Die Meinung, daß die Insel die Eroberung lohne und daß sie unfähig sei, sich zu verteidigen, muß weit verbreitet gewesen sein. Die Verbündeten besiegten bei Fulford, unweit von York, Edwin und Morkere, die sich ihnen entgegengestellt hatten, am 20. September 1066 und zogen in York ein.468) Da kam König Harald mit seinen Leibwächtern und allen Truppen, die er unterwegs in Eile hatte aufbieten können, überraschend heran und schlug seinen verräterischen Bruder und dessen Bundesgenossen am 25. September bei Stamford Bridge am Flusse Derwent vollständig. Harald Hardrada und Tostig fielen. Der norwegischen Flotte wurde erlaubt, in die Heimat zurückzukehren.468) Gerade der schöne Erfolg König Haralds, auf den er stolz sein konnte, schadete ihm mehr, als er ihm nützte, weil er ihn von der normannischen Hauptgefahr ablenkte. Aber konnte er im voraus wissen, wann diese kommen würde? Hielt er nicht vielleicht Tostig und die Norweger für gefährlicher als das bunt zusammengewürfelte Heer des Herzogs der Normandie? Wilhelm hatte um Mitte August 1066 seine Flotte an der Mündung der Dive nahe bei Caen gesammelt, wurde aber sechs Wochen lang durch ungünstige Winde verhindert auszulaufen.161) Es dient ihm zu hohem Ruhme, daß er es verstand, unruhige und an Gehorsam nicht gewöhnte Scharen von Freiwilligen in Ordnung zu halten und zu verpflegen. Seine Gemahlin Mathilde sollte ihn während seiner Abwesenheit als Regentin vertreten. Später fuhren die Schiffe nach Saint-Valéry an der Mündung der Somme, von wo die Überfahrt über den Kanal kürzer war (12. September). Immer noch wehte der Wind nach Süden. Endlich, als schon eine nicht unbedenkliche Unzufriedenheit herrschte, schlug er nach Norden um, und sofort stach die Flotte in See, um am Morgen des 29, September ohne Schwierigkeit bei Pevensey (sw. Hastings) zu landen.466) Nach der Ausschiffung marschierten die Truppen nach dem 161 ) Cartellieri 2, S. 457. — 46ä) Freeman 3, S. 341. Ramsay, Foundations 2, S. 7. Hodgkin S. 478. Stenton, William S. 175. Corbett 5, S. 499. — 4«3) Freeman, N. C. 3, S. 365, Karte S. 348. Ramsay, Foundations 2, S. 12. Hodgkin S. 481. — 461 ) Freeman, N. C. 3, S. 386,392. 4 Ramsay, Foundations 2, S. 16,18. Hodgkin S. 482. Stenton, William S. 182. — ) Hodgkin S. 228,435. Stenton, Feudalism S. 22 u. sonst. — 47 ^ Freeman, N. C. 3, S. 498. Ramsay, Foundations 2, S. 31,34. — 472 ) Meyer, Sturmfahne S.222.
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errangen einen blutigen, aber vollständigen Sieg dank ihrer besseren Bewaffnung, geschickteren Taktik und hervorragenden Führung. Die Engländer unterlagen, weil sie sich nicht rechtzeitig von ihrer veralteten Kampfweise losgesagt hatten und keine strenge Zucht üben wollten. Überdies erfordert die Gerechtigkeit, nochmals daran zu erinnern', daß sie durch Stamford Bridge schon geschwächt waren. Von der Stärke der beiden Heere zu v sprechen, hat keinen Sinn, weil die Zahlen zu ung e w i ß sind. Auch bei diesem weltgeschichtlichen Ereignis wird eine ganz klare Anschauung niemals erzielt werden. Denn wir haben fast nur normannische, kaum englische Quellen. Moderne Engländer haben von der Schlacht gesagt, es sei Waterloo ohne die Preußen gewesen. 1 ™) Das angelsächsische Königtum fand auf dem Schlachtfelde ein jähes, nicht unverdientes, aber nicht ruhmloses Ende. 471 ) Man hat hervorgehoben, daß es ihm niemals gelungen war, die einzelnen Stämme wirklich zu einigen, sondern daß immer wieder landschaftliche Eifersüchteleien und adelige Fehdegelüste eine werdende Einheit auflösten. W i e so o f t in der germanischen Geschichte zeigte sich auch hier die verhängnisvolle Eigenschaft kraftvoller Männer, sich im richtigen Zeitpunkt nicht unterordnen zu wollen. A m 20. Oktober trat Wilhelm den Marsch auf London an.476) Die Hauptstadt von Wessex, Winchester, die der Königin-Witwe Ealdgyth als Wittum gehörte, unterwarf sich. Gelegentlicher Widerstand wurde gewaltsam gebrochen. Selbst die Erkrankung Wilhelms, die sein Vorgehen einige Wochen lang verzögerte, wurde von keiner allgemeinen angelsächsischen Gegenbewegung ausgenutzt. Zwar hatte Erzbischof Stigand mit einigen Geistlichen und weltlichen Herren Edgar den Ätheling doch noch zum König gewählt, aber da Edwin und Morkere für ihn keine O p f e r bringen wollten, konnte der Herzog in London einziehen und am Weihnachtstage 1066 in Westminster von Erzbischof Ealdred von York gekrönt werden. Die Mitwirkung Stigands lehnte er unter Hinweis auf dessen Förderung durch einen Gegenpapst ab. Ein großes Ereignis der abendländischen Geschichte hatte sich in wenigen Monaten vollzogen, eines der größten des elften Jahrhunderts, das heute noch allgemein sichtbar nachwirkt. O f t genug ist geschildert worden, welches die bedeutsamen Folgen waren. Als die Hauptsache kann angesehen werden, daß England nicht gleich, aber allmählich trotz seiner Insellage in die Verflechtungen der festländischen Machtpolitik immer tiefer verstrickt wurde, Bündnisse mit Staaten jenseits des Kanals schloß, Kriege ebendort führte und besonders durch seine reichen Geldmittel maßgebenden Einfluß übte. Das normannische England trat in die Weltgeschichte ein, dank der Schwäche Frankreichs, wie man nicht versäumen darf hinzuzufügen. " 3 ) Round, Feud. Engl. S.390. — I U ) Davis, England S. 4. — 475) Freeman, N. C. 3, S. 526, 557. Ramsay, Foundations 2, S. 38,43. Adams S. 8. Corbett 5, S. 502.
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NEUNTES KAPITEL.
NORMANNISCHE EROBERUNGEN IN UNTERITALIEN U N D SIZILIEN. (1060—1073.) Je eingehender man sich mit der Geschichte der Normannen beschäftigt, desto mehr muß man ihre großartige Leistungsfähigkeit bewundern. Nach den Franken haben doch sie unter allen germanischen Stämmen am meisten Dauerndes geschaffen, und ihre Spuren werden niemals vergehen. Das gilt, wenn auch längst nicht in gleichem Maße, von den Normannen in Unteritalien ebenso wie von denen in England. Im Laufe des Jahres 1060 verloren die Oströmer ganz Kalabrien an die unter der Führung Robert Guiskards stetig vorwärtsdrängenden Normannen. t)iese brachten im Mai Tarent und Brindisi in ihre Hand, wobei man nicht vergessen darf, daß sie sich damit die Möglichkeit sicherten, an der Ostküste der Adria zu landen und das Reich des Basileus unmittelbar zu bedrohen. Als sie dann auch Reggio di Calabria bezwungen hatten, stand ihnen gleich die Überfahrt nach Sizilien offen. 476 ) Darüber mußte man sich in Konstantinopel vollkommen klar sein, daß, wenn Sizilien von den Normannen erobert wurde, dies für die gemein christliche Sache einen gewaltigen Gewinn, für Ostrom dagegen den endgültigen Verlust der reichen und für jede großzügige Mittelmeerpolitik unentbehrlichen Insel bedeutete. Wie die Normannen im Westen, so machten im Norden die Petschenegen und Usen (Gusen, Ogusen) 4?6a ) sowie im Osten die Seldschuken, lauter ursprünglich türkische Horden, der oströmischen Regierung große Sorge. Man denkt an die Nöte des fränkischen Reiches im 9. und 10. Jahrhundert, als es von Normannen, Sarazenen und Ungarn bedrängt wurde. Nur ein Mann von außerordentlicher Entschlußkraft und ebenso hoher militärischer wie staatsmännischer Begabung hätte die Lage meistern können. Konstantin X. Dukas aber, dessen Erhebung erwähnt wurde, war gerade kein Heerführer, sondern eher ein Pazifist.477) Daß er sich auf die Finanzen verstand, konnte die anderen ihm fehlenden Eigenschaften nicht ersetzen. Zwar errangen die Truppen, die er im Oktober 1060 nach Unteritalien schickte, obwohl sie nicht zahlreich waren, Erfolge und entrissen den Normannen ihre Eroberungen, weil einige von diesen Verrat übten und den Feinden Vorschub leisteten.478) 47S ) v. Heinemann 1, S. 189. Gay S. 521. Chalandon, Histoire 1, S. 174. — ««*) Laurent, Turcs 4S. 7, Anm. 2. Cartellieri 2, S. 356. Vasiliev 1, S. 429. Enz. Islam 2, S. 178. — ") Neumann S. 74,79. Laurent, Turcs S. 56. Vasiliev 1, S. 464. — 478 ) v. Heinemann 1, S. 195. Oay S. 526. Chalandon, Histoire 1, S. 174.
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Aber bald brachte Robert den oströmischen Vormarsch zum Stehen und gewann die verlorenen Plätze wieder. Noch konnte er nicht selbst nach Sizilien gehen, sondern stellte seinen Bruder Graf Roger an die Spitze des Heeres, das dort eingreifen sollte. Zwistigkeiten unter den die Insel bewohnenden Sarazenen erleichterten das Unternehmen. Die eine Partei, geführt von Ibn Timnah, dem Emir von Syrakus und Catania, rief die Christen gegen den Emir von Girgenti und Castrogiovanni, Ibn al-Hawas, zur Hilfe.479) Die Normannen konnten auch landen und reiche Beute machen, nicht aber Messina überrumpeln und liefen Gefahr, von der Heimkehr abgeschnitten zu werden (Ende Februar 1061). Ein zweiter Vorstoß im Mai, den Robert und Graf Roger gemeinsam machten, gelang, und Messina fiel ohne Schwierigkeit in ihre Hand.480) Dagegen glückte es ihnen nicht, Castrogiovanni zu bezwingen. Eine Verbindung der beiden Kaiserreiche gegen die Normannen, die der Basileus lebhaft erstrebte und deren an anderer Stelle gedacht wurde, kam bekanntlich wegen der zerfahrenen innerdeutschen Verhältnisse nicht zustande. Die Fortschritte der Normannen in Unteritalien wurden dann durch die Streitigkeiten zwischen Robert und Roger gehemmt.481) Der ältere Bruder trug Bedenken, den jüngeren zu mächtig werden zu lassen, Graf Roger wollte nicht nachgeben, und es brach ein offener Kampf aus. Robert wurde von den Leuten seines Bruders in Mileto (sw. Catanzaro) gefangengenommen und mußte ihm weitgehende Versprechungen machen, um frei zu werden. Eine aufrichtige Aussöhnung fand nicht statt, wohl aber wurde ein Teilungsvertrag geschlossen, der vorläufig ausreichte. Graf Roger setzte seine Eroberungen in Sizilien fort und siegte, obwohl die Muselmanen aus Afrika Verstärkungen erhalten hatten, im Sommer 1063 bei Cerami (nw. Troina).482) Von der besonders reichen Beute machte er dem Papst wertvolle Geschenke und erhielt zum Dank dafür eine geweihte Fahne sowie Ablaß. Neuere Forscher haben mit Recht vor der Annahme gewarnt, daß die Normannen in diesen Kämpfen starke Kräfte eingesetzt hätten. In Wirklichkeit war ihre Ritterschaft wenig zahlreich, und man kann anfangs wohl von bloßen Plünderungs-, zügen sprechen, die allerdings im Laufe der Jahre zum Besitz der ganzen Insel führten. Messina und Troina (w. Ätna) blieben fest in ihrer Hand. In Unteritalien stellte sich dem weiteren Vordringen Roberts während der Jahre 1064 und 1065 eine neue Erhebung seiner Stammesgenossen in den Weg.483) Die Einzelheiten bleiben uns unklar. Wenn wir hören, daß ungefähr zu derselben Zeit auch Richard von Capua sich gegen aufsässige Grafen zu wehren hatte,484) bekommen wir den Eindruck, daß recht viele dieser streit- und raublustigen Abenteurer keine Lust verspürten, sich in geordnete staatliche Verhältnisse unter streng 4 ") v. Heinemann 1, S. 197, 201. Gay S. 524. Chalandon, Histoire 1, S. 191. 195 f. — 48°) Müller, Islam 2, S. 481 626. v. Heinemann 1, S. 199. Oay S. 524. Chalandon, Histoire 1, S. 195. — ) Caspar, Roger S. 5. Chalandon, Hist 1, S. 198. Holtzmann, Unionsverh. S. 45. — 482) v. Heinemann 1, S. 209. Chalandon, Histoire 1, S. 202 f. Gottlob, Kreuzablaß S.45. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 122, 260.— 48S ) v. Heinemann 1, S.213. Chalandon, Histoire 1, S. 204. — v. Heinemann 1, S. 241. Chalandon, Histoire 1, S. 219.
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regierenden, wenn auch aus ihrer eigenen Mitte hervorgegangenen Fürsten einzufügen, und lieber den Versuch machten, ihre Ungebundenheit zu wahren. Robert und Richard wurden aber ihrer Feinde Herr. Immer deutlicher zeichnete sich in Sizilien Palermo als lockendes Ziel ab. Robert und Qraf Roger konnten aber 1064 trotz einer Belagerung von drei Monaten nichts gegen die Stadt erreichen.186) Am 20. September desselben Jahres fuhr eine Flotte der Pisaner in den Hafen ein und machte reiche Beute, die ihnen willkommenen Anlaß zum Bau ihres Domes gab, doch ist der Zusammenhang ihres Unternehmens mit dem normannischen nicht recht klar.188) Für den Wagemut Roberts spricht es, daß er schon 1066 daran dachte, Truppen in Durazzo auszuschiffen und den Basileus in dessen eigenem Reich zu bedrohen. Oströmische Schiffe verhinderten die Ausführung des kühnen Planes.487) Auch landeten sie Waräger, die 1066 Bari wieder dem Basileus unterstellten.488) Das war zweifellos ein schöner Erfolg, aber die Lage an den übrigen Grenzen ließ ein wirklich ausschlaggebendes Eingreifen in Unteritalien nicht zu. Die Seldschuken machten immer weitere Fortschritte. Alp Arslan, der Sohn Caghribegs und Neffe des im September 1063 gestorbenen Tughrilbeg, hatte sich früh ausgezeichnet und wurde im April 1064 zum Sultan ausgerufen.488») Er begann gleich einen Angriff auf oströmisches Gebiet und verwüstete Georgien.489) Ani, das 1045/46 an Ostrom gekommen war,490) setzte ihm zuerst heftigen Widerstand entgegen, aber der armenische Statthalter verlor den Kopf, und Alp Arslan konnte am 6. Juni eindringen. Die Einwohner wurden durch Folterqualen gezwungen, verborgene Schätze anzugeben, oder niedergemetzelt. Unter der riesigen Beute ragte ein mannshohes silbernes Kreuz aus der Kathedrale 1 hervor. ' > j Auch sonst verübten die zuchtlosen Scharen überall die schlimmsten Greuel, verschonten aber dank einer List des Königs Gagik, Sohn des Apas, Kars, die Hauptstadt von Wanand. Gagik fühlte sich trotzdem so wenig sicher, daß er sein Ländchen dem Basileus überließ und froh war, mit einigen Städten im Westen Melitenes abgefunden zu werden. Wenn in demselben Jahre (1064) Petschenegen durch Thrazien und Mazedonien bis vor die Tore Konstantinopels jagten, versteht man es, daß der Hof in seiner Hilflosigkeit schon daran dachte, die Hauptstadt zu verlassen.491) Noch raffte sich Ostrom zu keinen wirksamen Gegenmaßregeln auf. Erst der Tod Konstantins X. Dukas am 21. Mai 1067 brachte die Dinge in Fluß.492) Die Vormundschaft über seine Söhne hatte er seinem Bruder, dem Cäsar Johann, und seiner Gemahlin Eudokia Makrembolitissa übertragen, ihr aber nur unter der Bedingung, daß sie sich nicht wieder verheirate. Die furchtbare Not des Reiches legte es ihr nahe, ihr Wort 48S
) v. Heinemann 1, S. 214. Chalandon, Histoire 1, S.204 m i t ' d e m Jahr. > Amari 3, S. 102. Novati S. IQ mit dem (ahr. Malaterra S. 45, Anm. 3. — ) Chalandon, Histoire S. 183. — 4 8 8 ) v. Heinemann 1, S. 216. Chalandon, Histoire 1, S. 184. — 488 >) Enz. Islam 4, S. 588. — 4 8 9 ) Müller, Islam 2, S. 88. Tournebize S. 133. Enz. Islam 1, S. 336,372 ; 2, S. 829. Laurent, Turcs S. 74. Honigmann S. 188, 229. — »o) Cartellieri 2, S. 358, 465. — 4 9 1 ) Chalandon, Essai S. 4. Dölger 2, Nr. 955. — "*) de Muralt S . l l . —
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zu brechen, und sie erkor am 1. Januar 1068 den zehn Jahre jüngeren Strategen Romanus Diogenes, einen von heißer Leidenschaft erfüllten, wagelustigen Kriegsmann, zum Gemahl. 493 ) Damit hatte das Reich wieder einen militärisch tüchtigen Kaiser, gegen den allerdings die in den Hintergrund gedrängte Bureaukratie mit allen Mitteln arbeitete. Romanus IV. sah die Abwehr der Seldschuken mit Recht als seine wichtigste Aufgabe an. In Unteritalien wechselten die Machtverhältnisse seit Jahrhunderten, und es lag zunächst kein Anlaß vor zu glauben, daß die Normannen eine dauernde Herrschaft errichten könnten. Deshalb brauchte auch Robert Ouiskard nicht damit zu rechnen, daß ihm starke oströmische Kräfte entgegengestellt würden. Am 5. August 1068 begann er die Belagerung von Bari, das für einen der stärksten Plätze Italiens galt und in früheren Zeiten schon lange Belagerungen ausgehalten hatte. 494 ) Er schloß die Stadt sowohl zu Lande wie zur See ein. Ein Teil der Bevölkerung war ihm freundlich gesinnt, ein anderer blieb Ostrom treu. Daß die Normannen große Maschinen errichteten, nützte ihnen nicht viel. Sie verstanden es noch nicht genügend, sie zu schützen, und so konnten die Einwohner sie durch Feuer bald wieder zerstören. Entscheidend wurde, daß aus Konstantinopel auf dringende Hilferufe hin zwar eine Flotte zum Entsatz geschickt wurde, daß es den Normannen aber gelang, sie zu besiegen und, wie man bemerkt hat, damit ihren ersten Erfolg zu Wasser zu erringen. Endlich, am 16. April 1071, nachdem zwei Jahre und acht Monate verflossen waren, ergab sich die oströmische Besatzung von Bari, und Robert schloß mit den Bürgern einen Vertrag, der ihnen eine gewisse Selbständigkeit ließ.495) Da er inzwischen auch Brindisi, das einige Jahre vorher durch aufsässige Normannen den Oströmern übergeben worden war, in seine Hand gebracht hatte, 494 ) darf man vom Ende der oströmischen Herrschaft über Italien und damit von einer weiteren Auf-1 lösung des alten Imperium Romanum sprechen. Sicher verzichtete man in Konstantinopel noch nicht endgültig, aber das Verlorene wieder^ Zugewinnen, hätte ungeheure Anstrengungen und eine ungewöhnlich günstige Weltlage erfordert. Mit der nimmermüden Tatkraft, die ihm eigen war, faßte Robert gleich wieder das noch arabische Sizilien ins Auge. Er rüstete Schiffe aus, die er mit einheimischen und gefangenen oströmischen Matrosen bemannte, und brachte zusammen mit seinem Bruder Roger, wie es scheint durch verräterische Vorspiegelungen, Catania in seine Gewalt. Dann begann er im August 1071 die zweite Einschließung der volkreichen Hauptstadt Palermo. 497 ) Wieder wurden von den Normannen gewaltige Maschinen erbaut, wieder fanden zahlreiche Scharmützel statt. Der Hunger forderte unter den Belagerern und unter den Belagerten zahlreiche Opfer. Robert, der Eile hatte, nach Apulien zurückzukehren, gewährte den Einwohnern billige Bedingungen. Namentlich durften sie 493 ) de Muralt S. 13. Neumann S. 108. Chalandon, Essai S . U . Vasiliev 1, S. 465. — 494 ) Cartellieri 1, S. 308,310; 2, S. 142,292. — 495 ) v. Heinemann 1, S. 218,221. Gay S. 538. Chalandon, Histoire 1, S. 186 189. ScHipa S. 176. Buckler S. 447. Vasiliev 1, S. 474. — ««) Chalandon, Histoire 1, S. 184, 190. — 4 " ) v. Heinemann 1, S. 223,227. Chalandon, Histoire 1, S. 206,209, 327 mit der Zeit. Kehr, Belehnungen S. 22. Malaterra S. 53, Anm.3.
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bei ihrer Religion bleiben. Es war doch ein denkwürdiger Augenblick, als er am 10. Januar 1072 einzog und die bisher als Moschee dienende Marienkirche dem christlichen Gottesdienst zurückgegeben wurde.488) Aber es fehlte noch viel am vollständigen Besitz der Insel. Im wesentlichen verfügten die Normannen über die Nordküste mit Catania, Messina und Palermo, die Araber über die Mitte und den Süden, sowie Taormina ganz im Osten und Trapani ganz im Westen. Die beiden siegreichen Brüder teilten jetzt: Robert sicherte sich die Oberhoheit über die ganze Insel mit Palermo und der Hälfte von Messina, Graf Roger bekam das übrige. Daß Richard von Capua sich ungefähr zu derselben Zeit mit den aufrührerischen Vasallen Roberts verband,499) nötigte diesen zu neuen Kämpfen auf dem Festlande, die glücklich für ihn verliefen. Nach der Einnahme von Cannä erkrankte er aber im April 1073 so schwer, daß mit seinem Ende gerechnet wurde. Da veränderte 1073 der Tod Alexanders II. die Lage vollkommen und stellte den wieder genesenen Herzog neben den großen Papst Gregor VII. Chalandon, Histoire 1, S. 209. — «») v. Heinemann 1, S. 254. Chalandon, Histoire 1, S. 224.
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ZEHNTES KAPITEL.
OSTRÖMISCHE VERLUSTE IN ASIEN. (1067—1072.) Zur Zeit des Thronwechsels in Konstantinopel (1067) raubten die Seldschuken Cäsarea in Kappadozien mit der Kirche aus, in der die Reliquien des griechischen Kirchenvaters Basilius des Großen (+ 379) ruhten.600) Anderen Orten in Zilizien und Syrien, namentlich Antiochia, erging es nicht besser. Die Schuld trug der Geiz der unzulänglichen kaiserlichen Regierung, die es versäumt hatte, rechtzeitig die nötigen Mittel für eine ausreichende Grenzverteidigung bereitzustellen. Das sollte jetzt anders werden. Wenige Monate nach seiner Erhebung machte Romanus IV. sich gegen die Türken auf, um seinen guten militärischen Ruf zu rechtfertigen. Sehen wir von minder wichtigen Zusammenstößen ab, so ist festzuhalten, daß er im November 1068 die Burg von Manbidj, dem alten Hierapolis (nö. Aleppo), in seine Gewalt brachte,601) aber sich infolge der Unterlassungssünden seiner Vorgänger nicht stark genug fühlte, um einen entscheidenden Schlag zu führen. Im folgenden Jahre (1069) zog er von neuem ins Feld, überschritt den Taurus und den Euphrat, konnte aber nicht hindern, daß die Feinde dort, wo er nicht war, vordrangen und ihre Raubzüge immer weiter ausdehnten. Oft genug hatte das oströmische Reich schöne Siege seinen fremden Söldnern zu verdanken gehabt, aber diese konnten auch durch ihre nationalen und rassischen Unterschiede den einheitlichen Oberbefehl erheblich erschweren. So war es unter Romanus IV., der Slawen aus Mazedonien, Bulgaren, Waräger und Franken, d. h. Abendländer aller Art, unter seinen Fahnen vereinigte.602) Aus Usen und Petschenegen bestehende Hilfstruppen versagten immer leicht, wenn sie den stammverwandten Türken entgegengestellt wurden. Als besonders schmerzlich mußte es nicht nur in der morgenländischen, sondern ebenso in der abendländischen und gesamten Christenheit empfunden werden, daß der unter Malikschah, einem Sohne des Sultans Alp Arslan, stehende türkische Emir Atsiz wohl Ende 1070 oder Anfang 1071 ganz Palästina mit Jerusalem und Ramla eroberte.608) Die früher zerstörte Kirche des hl. Grabes war 1048 durch den griechischen 60 °) de Murait S. 12. Laurent, Turcs S. 24. Honigmann S. 118. — «01) Weil ! 3, S. 112. de Murait S. 14. Enz. Islam 3, S. 254. — «® ) Schlumberger, Récits 2, S. 68. Vasiliev 1, S. 468. — 6°s) Weil 3, S. 110. Wüstenfeld, Fatimulen 3, S. 38. Müller, Islam 1, S. 628; 2, S. 90. Röhricht, 1. Kreuzzug S. 233. Enz. Islam 1, S. 533 ; 2, S. 1178.
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Patriarchen prächtig erneuert worden, und eine Reihe von Jahren hindurch hatten sich die Christen einer leidlichen Ruhe erfreut, ohne daß allerdings die häßlichen Streitigkeiten zwischen Lateinern und Griechen aufhörten. 6038 ) Das Ereignis bedeutete gleichzeitig eine schwere Niederlage der Fatimiden. Der persönlich ganz untüchtige Chalif al-Mustansir hatte einen armenischen Sklaven, namens Badr al-Djamali, als seinen Statthalter von Akka mit der Verteidigung des Landes betraut, aber Badr konnte es, wie wir eben sahen, doch nicht behaupten.504) Nur Askalon erwehrte sich des Atsiz mit Erfolg. Jetzt kam der abbasidische Chalif, dessen Oberhoheit die Seldschuken ja anerkannten, nach langer Unterbrechung im Kanzelgebet wieder zu Ehren. Man möchte meinen, daß gerade die Schreckenskunde vom Verlust Jerusalems den Basileus veranlaßte, im Frühjahr 1071 einen großen Vorstoß zu machen und den gefährlichen Feind möglichst weit im Osten anzugreifen. Erst zog er mit sehr starken Streitkräften nach Sebaste (Siwas) am oberen Halys (Kisil-Irmak) und entschloß sich dann, die beiden verlorengegangenen Burgen Akhlat am Westufer des Wan-Sees und Malazgerd (Mantzikiert) nördlich davon wiederzunehmen. Gegen die erstere schickte er eine Abteilung, ohne zu bedenken, daß er damit sein Heer schwächte. Der anderen bemächtigte er sich und dachte trotz Abratens seiner Umgebung, den Sultan Alp Arslan, der einige Zeit vorher durch die Unterwerfung Aleppos einen bedeutenden Erfolg erzielt hatte, zum Kampfe zu zwingen. So kam es am 19. August 1071 zur Schlacht bei Malazgerd.'106) Eine eindringende Gesamtdarstellung darüber fehlt noch. Romanus IV. verkannte in seinem leidenschaftlichen Kampfeseifer die Taktik der leichten Reiterei auf der Gegenseite völlig. Er folgte ihr stundenlang mit seiner eigenen schweren, ohne erreichen zu können, daß sie sich stellte. Als die Dämmerung anbrach, wollte er in sein Lager zurückkehren. Dabei entstand, wie es in solchen Fällen zu gehen pflegt, eine große Verwirrung, und die Türken, die absichtlich zurückgewichen waren, stürzten sich aus ihren Hinterhalten heraus auf die überraschten Feinde. Ob Andronikus Dukas, Sohn des Cäsars Johann und Neffe des früheren Kaisers Konstantin X., wirklich Verrat übte oder ob das bloß zur Beschönigung der Niederlage behauptet wurde, läßt sich schwer ausmachen. Jedenfalls setzte Romanus heldenmütig sein Leben ein. Es war umsonst, er wurde völlig geschlagen und gefangengenommen, aber, was hervorgehoben zu werden verdient, von Alp Arslan nach dessen erstem Zornesausbruch anständig behandelt. Die Unklugheit und Voreiligkeit des Basileus sind heftig getadelt worden, doch erfordert es die Gerechtigkeit, nicht bloß seine taktischen Mißgriffe, sondern auch die offenbaren Mängel des oströmischen Heerwesens und im Einzelfall den erwähnten Verrat deutlich hervorzuheben. 603i ) Cartellieri 2, S. 410. Röhricht, 1. Kreuzzug S. 10. — 6 W ) Wüstenfeld, Fatimiden 3, S. 1, 26,33, 37 ff. Müller, Islam 1, S. 634,636. Enz. Islam 1, S. 582; 3, S. 831. — 5°6) Weil 3, S. 115. de Muralt S. 20. Hertzberg S. 250. Müller, Islam 2, S. 89. Neumann S. 111. Qelzer S. 1010. Jorga, Osman. Reich 1, S. 54. Laurent, Turcs S.43, 59 u. £desse S. 370. Delbrück 3, S.209. Oman 1, S.219. Enz. Islam 3, S. 220. Vasiliev 1, S. 469. Orousset S. XXXII. Cahen mit 19. August. Honigmann S. 121,190.
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Tüchtige Heerführer, desgleichen tapfere, zumeist allerdings ausländische Söldner waren vorhanden, desgleichen verteidigungsfähige Burgen an den Grenzen. Aber es fehlte an willensstarken Persönlichkeiten, die alle brauchbaren Kräfte zusammengefaßt und einem einheitlichen Plane dienstbar gemacht hätten. Seit dem Tode Basilius' II. (1025) waren die Kaiser zu alt, zu wenig gesund und öfters von unpolitischen und unmilitärischen Frauen abhängig. Deshalb verstanden sie es auch nicht, gute Minister in ihren Dienst zu stellen, und es gibt zu denken, wenn Konstantin IX. Monomach, wie wir sahen, einem Possenreißer seine Gunst schenkte. Der Staatsschatz war leer, weil er für unnütze Dinge vergeudet wurde. Der Bau prachtvoller Kirchen mochte den frommen Anwandlungen sehr unfromm lebender Herrscher entsprechen. Es wäre besser gewesen, die dafür verbrauchten erheblichen Summen der Landesverteidigung zuzuwenden. Davon hätte der christliche Glaube dauernde Vorteile gehabt. Daß die Höflinge sich bei dem Mangel an scharfer Aufsicht schamlos bereicherten, wird unter diesen Umständen nicht wundernehmen. Die zahlreichen Aufstände hätten als Sturmzeichen gedeutet werden können, aber der Leichtsinn der regierenden Kreise war zu groß, und ihre Stimmung mag der vor der französischen Revolution ähnlich gewesen sein. Romanus IV. mußte für viele Sünden seiner Vorgänger schwer büßen. Man hat Malazgerd mit Adrianopel (378) verglichen, lind tatsächlich lassen sich zwischen dem wilden Vorwärtsstürmen der Goten und der Seldschuken manche Ähnlichkeiten finden. Ein kulturloses, aber durchaus kriegstüchtiges, den Tod niemals scheuendes Volk wird bei seinem Einfall in ein hochkultiviertes Land mit einer vielfach gespaltenen Bevölkerung in der Regel den Sieg davontragen. Bei der Lage Malazgerds verdient das Verhältnis der griechischen Bürger des oströmischen Reiches zu den armenischen unsere besondere Aufmerksamkeit.506) Die Armenier machten der Regierung in Konstantinopel die heftigsten Vorwürfe wegen, ihrer Unfähigkeit und schoben ihr die ganze Schuld am raschen Vorrücken der Seldschuken zu. Dabei übertrieben sie sehr stark, aber bestreiten ließ sich nicht, daß tatsächlich meist Eunuchen an die Spitze der Heere gestellt wurden, weil man in ihnen keine Gegenkaiser zu fürchten brauchte, und daß einzelne von ihnen militärisch nicht auf der Höhe standen. Andere wieder bewährten sich vortrefflich. Auf armenischer Seite müssen die Zuchtlosigkeit und' Uneinigkeit der kleinen Fürsten getadelt werden. Dadurch kam es zu keinem geschlossenen Widerstande nach außen. Die Armenier sahen in den Seldschuken gar nicht ihre schlimmsten Feinde, sondern häufig genug ihre Erretter vom harten oströmischen Joch. Der Frieden, den Romanus IV. als Gefangener auf 50 Jahre schließen mußte, ist uns schlecht überliefert.507) Namentlich bestehen Zweifel darüber, ob er Land abgetreten oder bloß den beiderseitigen Besitzstand anerkannt hat. Festzustehen scheint, daß er gegen ein hohes Lösegeld freikommen, jährlich Tribut zahlen und alle Gefangenen zurückgeben M«) Laurent, Turcs S. 33,73. — 6(") Dölger 2, Nr. 972. Laurent, Turcs S. 95. Vasiliev 1, S. 469. Cahen S. 637.
Weil 3, S. 116.
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sollte. Tatsächlich sind die Bedingungen milde und verständig zu nennen. Ihre Erklärung würde darin liegen, daB Alp Arslan aus Furcht vor der Unbotmäßigkeit der emporstrebenden kleinen türkischen Machthaber erst einmal seinen Gewinn in Ruhe sichern wollte. Da geschah das Unerhörte, vom christlichen Standpunkt tief Beschämende. Während der besiegte Basileus schon nach acht Tagen von seinem großmütigen und klugen Feinde freigelassen wurde und sich auf den Weg nach Konstantinopel machte, drängte der alte Cäsar Johann Dukas die Basilissa Eudokia, ihren Gemahl absetzen zu lassen. Da sie das verweigerte, wurde am 24. Oktober 1071 ihr Sohn erster Ehe Michael VII. Dukas zum Basileus ausgerufen und sie selbst in ein Kloster verbannt. So hatte es Psellos geraten, der als Lehrer Michaels jetzt wieder eine Gelegenheit gekommen sah, durch seine Ränke politischen Einfluß zu üben. Romanus IV. setzte sich in Kleinasien zur Wehr, aber die meisten seiner Anhänger wandten sich von ihm ab, und der bei Malazgerd vielleicht schon Verrat übende Andronikus nahm ihn 1072 im zilizischen Adana gefangen. Gemäß einem aus Konstantinopel eintreffenden Befehl wurde er trotz der ihm gemachten Versprechungen geblendet, und zwar mit so ungeschickter Grausamkeit, daß er bald darauf starb.608) Der neue Basileus Michael VII. Dukas,809) Sohn Konstantins X. und der Eudokia Makrembolitissa, zog sich während einer Teurung den schimpflichen Beinamen Parapinakes,610) d. h. Viertelsdieb, zu, weil man behauptete, daß er sich auf Kosten des hungernden Volkes bereicherte. Er war ein Schöngeist und als solcher ganz und gar nicht am Platz. Nur ein kraftvoller Kriegsmann hätte dem an so vielen Stellen bedrohten Reiche helfen können. Die Unzufriedenheit ergriff deshalb auch die militärischen Kreise am stärksten. Trotz seiner Schwäche oder vielleicht gerade wegen seiner Schwäche konnte aber Michael acht Jahre lang den Thron behaupten. Alp Arslan hatte nach seinem Siege bei Malazgerd die Oströmer nicht mehr persönlich bekämpft, sondern mit einem gewaltigen Heere den Amu-Darya (Oxus) überschritten, um nach Bukhara zu gelangen. Da brachte ihm der Befehlshaber einer Burg, der gegangen vor ihn geführt wurde und den er grausam töten lassen wollte, eine Wunde bei, an der er wenige Tage später, Ende November 1072, nur 40 bis 45 Jahre alt, starb.511) Er war ein wilder Draufgänger und vergoß unbekümmert Blut, aber ihn zeichneten auch große Charaktereigenschaften aus, wie er namentlich gegenüber Romanus IV. bewiesen hatte. Ihm folgte sein Sohn Malikschah im Alter von 18 Jahren. Inmitten aller dieser Verlegenheiten sah man sich am Hofe zu Konstantinopel sehnsüchtig nach einem kriegsstarken Retter um. Noch unter Romanus IV. hatte man daran gedacht, dessen Sohn mit einer Tochter Robert Guiskards zu verheiraten. Michael VII. griff auf den älteren Plan zurück und schlug um die Wende des Jahres 1072 in einem uns erhaltenen Briefe seinen Bruder Konstantin Porphyrogennetos als Gemahl 6 8 ° ) de Muralt S. 21,23. Geizer S. 1011. Laurent, Turcs S. 61. Vasiliev 1, S. 465. — sc*) Neumann S. 113. Vasiliev 1, S. 465. — «») de Muralt S. 24. Hertzberg S. 252. — e u ) Müller, Islam 2, S. S6. Jorga, Osman. Reich 1, S. 58. Enz. Islam 1, S. 337.
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der normannischen Prinzessin vor. Dafür sollte ihr Vater, wie es in dem Briefe heißt, die Schutzwehr der Grenzen sein und alle Feinde des Reiches bekämpfen. Wir erkennen das ganze Selbstgefühl des normannischen Herzogs darin, daß er die Sache zunächst in der Schwebe ließ.612) Er konnte warten. Es ist der Niedergang des oströmischen Reiches, der sich vor unseren Augen vollzieht und den uns Namen wie Bari, Palermo, Malazgerd zum Jahre 1071 immer wieder in Erinnerung rufen. Männer, die noch im alten Römertum wurzelten, konnten es gar nicht begreifen, daß ihre heidnischen Vorfahren so große Erfolge erzielt hatten, während jetzt den christlichen Nachkommen nichts mehr glücken -.wollte.613) Aber woher sollte eine gründliche Besserung kommen, wenn weder das Haupt noch die Glieder geneigt waren, sich in ernster Selbstbesinnung Opfer aufzulegen ? Jeder dachte an sich, keiner an das Ganze, das so lange; standgehalten hatte und von dem man daher nur allzugern in trügerischer Ruheseligkeit glaubte, daß es auch noch weiter standhalten würde. M2 ) Dölger 2, Nr. 989,990. v. Heinemann 1, S. 300. 1, S. 260. Leib S. 172. — Neumann S. 120.
Chalamdon, Histoire
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ELFTES KAPITEL.
DIE ANFÄNGE HEINRICHS IV. (1068—1072.) Man konnte darauf gespannt sein, wie der junge Heinrich IV. nach seinein Verzicht auf den an sich so notwendigen Rotnzug die Regierung führen würde. Doch im voraus muß mit aller Bestimmtheit gesagt werden, daß wir die Einflüsse, die auf ihn wirkten, hier und da ahnen, selten aber genau feststellen können. Von den Aufträgen einer Oesandtschaft, die zu Anfang des Jahres 1068 nach Rom ging und an der Anno von Köln, Bischof Heinrich von Trient und Otto von Northeim teilnahmen, ist uns nichts bekannt.514) Weil sie mit Cadalus-Honorius Verkehr pflogen, empfing Alexander II. sie erst, als sie deshalb öffentlich Buße getan hatten. Daß sie sich ihr unterwarfen, zeigt deutlich die Schwäche ihrer Stellung. Wir erfahren bei dieser Gelegenheit, daß infolge der aufwühlenden Tätigkeit der Pataria eine starke Verstimmung gegen die Deutschen entstanden war.516) Otto konnte einen in die Nähe von Piacenza angesagten Gerichtstag gar nicht halten, weil die Italiener, wie der deutsche Chronist sagt, ihn in ihrem Hochmut und angeborenen Haß durch wüstes Geschrei gar nicht zu Worte kommen ließen. Vom werdenden italienischen Nationalgefühl darf man in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts sicher schon sprechen. Ein Mönch aus Monte Cassino 516 ) klagte im schlechtesten Latein: die Deutschen besäßen alles, was sie wollten, das Königreich und die Macht, den Reichtum und die Ehre, die Herrschaft über andere Völker und die Wissenschaft. Dagegen seien die Italiener und die Römer verarmt und ganz heruntergekommen, sie dächten nur an sich statt an Christus und wandelten nicht im Licht, sondern in der Finsternis. Stolze Herren die einen, armselige Knechte die andern, so könnte man den Gegensatz am kürzesten zusammenfassen, wobei man nicht vergessen wird, daß derjenige, der aus Vaterlandsliebe sein Volk aufrütteln will, gern übertreibt. Aber wie fern lagen damals die italienischen Dinge dem jungen deutschen König! Er hatte genug im eigenen Lande zu tun. Zunächst setzte er fort, was sein Vater eingeleitet hatte.517) Am Weihnachtstage 1068 ließ er zu Ooslar eine Verordnung zu Gunsten der Versöhnung und des Friedens eidlich bekräftigen. 518 ) Wenn er bald darauf seine Aufmerksamkeit dem Osten zuwandte, so konnte er sich daran erinnern, «*) M. v. Kn. 1, S. 585. Herberhold S. 103. — Ann. Altahenses zu 1068. — ««) Fedele, Italianità S. 14 ff. - 51 ') Cartellieri 2, S. 431. — 518) M. v. Kn. 1, S. 509. 94
daß Heinrich III. 1045 die Liutizen bekämpft hatte.319) An gewichtigem Anlaß zum Eingreifen fehlte es nicht. Der Tod des Abodritenfürsten Gottschalk und die grausame Vernichtung alles christlichen Wesens waren ja noch in frischem Gedächtnis. Im vorhergehenden Winter (1067/1068) hatte Bischof Burchard II. von Halberstadt die Gegenwehr glücklich begonnen und aus dem Bundesheiligtum der Westslawen in Rethra ihr gottgeweihtes Roß entführt. Daß er es bestieg, um siegreich heimzureiten,520) machte auf Christen und Heiden sicher starken Eindruck. Damals müssen die großartigen Burganlagen zerstört worden sein. Der sehr kalte Winter, der die vielen Seen und Sümpfe Mecklenburgs zum Gefrieren brachte, legte Heinrich den Gedanken nahe, die Liutizen zu überraschen. Das gelang auch. Er rückte mit sächsischen Mannschaften in ihr Land ein, plünderte, verwüstete, tötete, zerstörte Götzenbilder und kehrte um Anfang April 1069 mit reicher Beute namentlich an Gefangenen heim.521) Man hat darauf hingewiesen, daß über ein halbes Jahrhundert verging, ehe wieder ein deutscher König persönlich diesen Slawen entgegentrat, deren bester Bundesgenosse die deutsche Zwietracht war und blieb. Die der Zeitstimmung so gut entsprechende Kriegstat gewann dem König sicher die Gemüter, aber er entfremdete sie sich gleich wieder durch seinen Scheidungsplan. Er war noch keine drei Jahre mit Berta von Turin verheiratet, wobei man nicht vergessen wird, daß die Fürsten die Eheschließung gewollt hatten, um ihn zu einer ernsteren Lebensführung zu veranlassen. Der Zweck wurde aber nicht erreicht, und Heinrich fand wieder Gefallen an anderen Frauen.622) Anfang Juni 1069 trug er den Fürsten in Worms vor, daß er sich von Berta trennen wolle, weil es ihm unmöglich sei, mit ihr die Ehe zu vollziehen/ 23 ) und Berta bestätigte, daß es nicht geschehen sei. Vermutlich hatte er es bis dahin gar nicht versucht, weil die ungeliebte Gattin ihm gleichgültig war. Ob das Beispiel Rudolfs von Schwaben, der etwa zu derselben Zeit Bertas Schwester Adelheid verstieß, weil er behauptete, daß sie ihm die Treue nicht gewahrt habe, auf Heinrich einwirkte, weiß man nicht.524) Adelheid wußte sich übrigens nicht lange darnach von dem Übeln Verdachte zu reinigen. Erzbischof Siegfried von Mainz hätte vielleicht rechtzeitig eingreifen müssen. Er hatte es aber in seiner Verlegenheit und Unselbständigkeit nicht getan und bat lieber Alexander II. um die Entsendung eines bevollmächtigten Legaten. Als solcher kam im Oktober Peter Damiani nach Frankfurt a. M. zu einer dort tagenden Synode, betonte ganz im Sinne seiner strengen Anschauungen die Größe des Ärgernisses und tat als die Willensmeinung des Papstes kund, daß der König niemals die Kaiserkrone erlangen würde, wenn er auf seinem Vorhaben beharre. Heinrich fügte sich. Es bedarf kaum eines ausdrücklichen Hinweises auf den Schaden, den er dem Ansehen der weltlichen Gewalt durch sein 5 " ) Cartellieri 2, S. 442. — 52) m. v. Kn. 1, S. 585. Sellin S. 47. Lammert S. 79. Schiichhardt S. 333. — 5 " ) M. v. Kn. 1, S. 610. Hauck 3, S. 735. Artler S. 35. — 522 ) Oben Anm. 379. — 52 ») M. v. Kn. 1, S. 613, 625.627. Hauck 3, S. 747. Lorenz, Bertha S. 27. Schmeidler, Kl. Forsch. S. 144. Schneider, Mittelalter S. 269. — 5 « ) Kirchner S. 47.
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unüberlegtes Ansinnen zufügte. Man mußte in Rom zu der Überzeugung kommen, daß ein so unsteter, seine eigenen Gelüste nicht beherrschender Jüngling nicht ernst zu nehmen sei, und diese Auffassung mag einen sehr viel stärkeren Einfluß auf den Gang der Dinge gehabt haben, als wir quellenmäßig nachweisen können. Ein Laie, der gröblich sündigt, wird der Kirche gegenüber immer einen schweren Stand haben. Anno von Köln besuchte jetzt nach einer Pause den Hof wieder und erhielt wertvolle Gunstbeweise, vermutlich weil er dem König klarzumachen verstand, es sei am besten, wenn er sich füge. Rücksichten auf Bertas Mutter, die außerordentlich tatkräftige Markgräfin Adelheid von Turin, deren Einfluß auf die burgundisch-westitalienischen Verhältnisse nicht zu unterschätzen war, mögen mitgespielt haben. Es ist uns nicht bekannt, ob die gleich zu schildernden inneren Verwicklungen es dem König leichter machten, dem guten Rate zu folgen und auf den Scheidungsplan zu verzichten. Jedenfalls besserte sich das Verhältnis der Gatten schon bald, als Heinrich den ehelichen Verkehr mit Berta aufnahm, und im Hochsommer 1070 wurde ihnen eine Tochter geboren. 625 ) Unbotmäßige Herren, die jede Verlegenheit des Königs ausnutzten, gab es genug. Markgraf Dedi II. von der sächsischen Ostmark aus dem Hause Wettin wollte die Lehen, die Markgraf Otto von Meißen, der 1067 verstorbene erste Gemahl seiner zweiten Gattin Adela von Löwen, besessen hatte, in seine Hand bringen und stieß dabei auf den entschiedenen Widerstand Siegfrieds von Mainz, der darüber großenteils zu verfügen hatte und als Gegenleistung verlangte, daß die den Thüringern längst verhaßten Zehnten 526 ) seiner Kirche sichergestellt würden. Dedi, den die ehrgeizige Adela angeblich aufstachelte, schlug los und besetzte die Burgen Scheidungen an der unteren Unstrut und Beichlingen westlich davon, 627 ) der mit ihm verbündete sächsische Graf Adalbert, der Adelheid, die Tochter Adelas und Ottos, geheiratet hatte, die königliche Abtei Nienburg an der Saale (nw. Cöthen). König Heinrich, der den Standpunkt des Erzbischofs billigte, zog zwischen Mitte Juli und Mitte August 1069 ins Feld und zwang die Herren ohne sonderliche Mühe zur Unterwerfung, indem er Beichlingen in Brand steckte und Scheidungen eroberte. Dedi II. mußte die Markgrafschaft Niederlausitz an seinen eigenen Sohn erster Ehe Dedi III., der dem König anhing, abtreten. Es handelte sich demnach um ausgesprochene Familienstreitigkeiten, die bei genügender Stärke des Königtums keinen erheblichen Schaden anrichten konnten. Viel gefährlicher waren die persönlichen Unstimmigkeiten zwischen Heinrich und dem sowohl persönlich wie machtlich bedeutendsten Fürsten. Als der König 1069 einer Einladung Ottos von Bayern folgte und in einer sächsischen Besitzung des Herzogs Quartier nahm, wurde von Rittern des Herzogs ein Anschlag auf des Königs treuen Diener und Erzieher Kuno versucht, aber vereitelt. Noch schöpfte Heinrich keinen Verdacht und sah sich persönlich nicht bedroht. Aber im Juni 5 « ) Lorenz, Bertha S. 45. — 62 «) M. v. Kn. 2, S. 188. Regg. Thuring. 1, Nr. 897. Richter 3, 2, S.100. Hauck 3, S. 731,737. Schmidt, Siegfried S.28. Schmid, Zehntstreit. Widera S. 85. ZierfuB S. 14,26. — 6 " ) M. v. Kn. 1, S. 619. Posse, Wettiner S. 40, Nr. 15; 41, Nr. 21. Cartellieri 2, S. 443.
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1070 beschuldigte ein übrigens sehr übel beleumundeter Mann, namens Egino, am Hofe den Herzog Otto, daß es sich eigentlich weniger um Kuno als um den König selbst gehandelt habe, der hätte ermordet werden sollen. Auf den 1. August nach Ooslar geladen, näherte Otto sich mit Bewaffneten und bat um freies Geleit auch für die Heimkehr. Es wurde ihm abgeschlagen, er kehrte in seine Heimat zurück und wurde am 2. August 1070 abwesend wegen seines Ausbleibens von den sächsischen Fürsten zum Tode verurteilt. Damit verlor er auch sofort sein Herzogtum Bayern.628) Immer wieder fragt man sich, ob ihm eine solche Mordtat zuzutrauen war oder nicht, und immer wieder muß man bekennen, daß wir zu wenig von ihm wissen, um eine bestimmte Antwort zu geben. Das eine steht fest, daß ein Menschenleben in jener schwertgewaltigen Zeit wenig galt und daß Otto die Qunst, die Heinrich Ratgebern niederen Standes schenkte, als verhängnisvoll angesehen haben wird. Es ist möglich, daß ihm jedes Mittel erlaubt schien, um einen tyrannischen, die fürstliche Freiheit insbesondere in Sachsen bedrohenden Herrscher gewaltsam zu beseitigen. Damit begann der viele Jahre ausfüllende, die Regierung Heinrichs so schwer erschütternde Verfassungsstreit, der die Reichseinheit zerbrechen und der Kleinstaaterei die Bahn freimachen sollte. Wieder handelte es sich in erster Linie um Burgen. Heinrich brach Hanstein am rechten Ufer der Werra und besetzte das durch seine natürliche Lage geschützte Desenberg (nö. Warburg) an der Diemel,529) Otto dagegen verwüstete Thüringen und schlug am 2. September 1070 bei Eschwege (osö. Kassel) das von einem Grafen befehligte Aufgebot, das ihn vertreiben wollte. Es kam ihm dabei sehr zustatten, daß ihn Magnus von Sachsen unterstützte. Die wichtigste Aufgabe für Heinrich war, das jetzt erledigte Herzogtum Bayern treuen Händen anzuvertrauen. Aber es sollte sich nur allzubald herausstellen, daß er entweder nur geringe Menschenkenntnis besaß oder sich auf Männer verließ, die ihn nicht gut berieten. Weihnachten 1070 wurde Weif IV. zu Goslar zum Herzog erhoben. Die erste Persönlichkeit aus weifischem Geschlecht, der die Weltgeschichte ausführlicher zu gedenken hatte, war die Kaiserin Judith gewesen, die als zweite Gemahlin Ludwigs des Frommen solch einen verhängnisvollen Einfluß auf die Reichsgeschäfte übte.590) Es war ihr Großneffe Rudolf I., der sich 888 im transjuranischen Burgund zum König aufwarf. Von ihm stammte Gerberga, die Mutter der Kaiserin Gisela, und somit auch Heinrich IV. ab. Ein Neffe Judiths war Weif I., in der Mitte des 9. Jahrhunderts Graf im Argengau und Linzgau. Längere Zeit verschwand der Name im Geschlecht, bis ihn Weif II. 631 ) (+ 1030) wieder aufnahm. Wir kennen ihn aus dem Widerstand, den er gemeinsam mit Herzog Ernst Kaiser Konrad II. leistete. Welfs II. Sohn Weif III. starb 1055 als Herzog von Kärnten ohne Erben, aber aus der Ehe seiner Schwester Kunigunde (Kunizza) mit dem Markgrafen Albert Azzo II. von Este 52«) M. v. Kn. 1, S. 611; 2, S.ll. Niese, Prozeß S. 206. Riezler 1, 2, S.88. Mitteis, Pol. Prozesse S.33. — B29) M. v. Kn. 2, S.20. — »«) Cartellieri 1, S. 244,294,342. Curschmann, Ahnentafeln. — »") Cartellieri 2, S. 345,365. 7
C a r t e l l i e r i , Der Aufstieg des Papsttums.
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(f 1097) war wahrscheinlich 1037 jener Weif IV. entsprossen, ilen seine Großmutter Irmentrud (Imiza, Irmengard) nach Deutschland kommen ließ, damit er die Verwaltung der bayrischen und schwäbischen Hausgüter übernehme. 632 ) Die Otbertiner, die man später Este nannte, stammten von dem 960 genannten Otbert I. ab.633) Von seinen Nachkommen wissen wir, daß sie Heinrich II. und Konrad II. öfters zu schaffen machten. Das jüngere weifische Haus, das im nächsten Jahrhundert eine so tief einschneidende, verderbliche Rolle in der deutschen Geschichte spielen sollte, war demnach im Mannesstamm lombardisch und nur halbdeutsch. Es hielt sich nach seiner Übersiedelung nicht zum bayrischen, sondern zum schwäbischen Stamm. Erst mit Ethelinde, der Tochter Ottos von Northeim verheiratet, verstieß sie Weif IV. 1070 nach dessen Absetzung, um jeden Verdacht, als stehe er nicht völlig auf Seiten des Königs, abzuwenden, und führte Judith, die sehr reiche Tochter Graf Balduins IV. von Flandern, Witwe des 1066 gefallenen Earl Tostig, heim. Ein kaiserlich gesinnter Zeitgenosse warf dem neuen Bayernherzog bei dieser Gelegenheit „offenbaren Meineid und öffentlichen Ehebruch" vor.534) Aber auch der schmähliche Verrat seines früheren Schwiegersohnes beugte den Trotz Ottos von Northeim nicht. Er traf weitere Maßnahmen gegen den bevorstehenden Angriff des Königs und befestigte namentlich zu Anfang 1071 Burghasungen (w. Kassel).635) Der uns schon als einflußreicher Ratgeber Heinrichs bekannte Graf Eberhard vermittelte aber einen Waffenstillstand, und zu Pfingsten (12. Juni) erreichte es Adalbert von Bremen in Halberstadt, daß Otto und auch Magnus begnadigt und, abgesehen vom Verlust ihrer Reichslehen, bloß mit Haft bestraft wurden. Otto bekam auch seine Eigengüter zurück. Die Feier der Domweihe eben in Halberstadt, der zahlreiche geistliche und weltliche Fürsten beiwohnten, erschien als eine eindrucksvolle Kundgebung königlichen Glanzes. Der stolze Kirchenfürst gab wieder im Rate den Ausschlag, und sein Lieblingsplan, Hamburg zum nordischen Patriarchat zu erheben, lebte in ihm auf.636) Nicht lange darnach, Anfang Juli 1071, traf sich Heinrich mit König Sven Estrithson von Dänemark in Lüneburg (sö. Hamburg).637) Adalbert hatte die Zusammenkunft veranlaßt, und daraus kann man vermuten, daß ein Einverständnis gegen die Billunger und andere, sowohl dem König wie dem Erzbischof feindliche Fürsten beabsichtigt war. Der baldige Tod des Erzbischofs machte aber den Vereinbarungen, falls solche überhaupt zustandekamen, ein Ende. Heinrich wünschte Frieden, wahrscheinlich weil er die Hoffnung, nach Italien zu gehen, nicht aufgeben wollte. Deswegen bemühte er sich auch um einen Ausgleich zwischen Böhmen und Polen.639) Herzog Boleslaw II. Smialy, d. h. der Kühne, von Polen bedrohte in seinem 632 ) M. v. Kn. 2, S. 25. Oerken S. 63. Latouche S. 115, Anm. 8. Riezler 1, 2, S. 115. König S. 17. Vgl. oben S. 21. — 633 ) Cartellieri 2, S. 295,341,348 f. Bresslau, Konrad II. 1, S.422. — 6 " ) Ann. Altahenses zu 1071. — 636 ) M. v. Kn. 2, S. 42, 59, 91. Regg. Bremen 1, Nr. 329. — 63«) Johnson S. 159. — 63 ') M. v. Kn. 2, S. 73. Schmeidler, N. A. 41 (1917), S. 778. Regg. Bremen 1, Nr. 331. Lammert S. 430. — 633 ) Schiemann 1, S. 410. M. v. Kn. 1, S.350 ; 2, S. 86. Bretholz S. 167. Köster S. 243. Juritsch, Beiträge S. 71,77.
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unruhigen Streben nach Landgewinn u. a. Herzog Wratislaw II. von Böhmen, obwohl dieser mit seiner Schwester Swatawa vermählt war. Der König tat dasselbe, was 1054 sein Vater getan hatte. 639 ) Er ließ beide im Herbst 1071 nach Meißen kommen und ermahnte sie streng. Wer den anderen zuerst angreife, werde von ihm als Feind behandelt werden. Hiernach erschien die Stellung des Reiches im Osten fester, als sie in Wahrheit war. Im Westen hatten sich Verwicklungen ergeben, die aufmerksam verfolgt werden mußten. Der Tod Herzog Gottfrieds des Bärtigen, der am 24. Dezember 1069 eingetreten war, 640 ) konnte vom Standpunkt des Königs aus günstig beurteilt werden, wenn man sich alles vergegenwärtigte, was der von leidenschaftlichem Ehrgeiz und maßloser Selbstsucht getriebene Herzog unter der Regierung Heinrichs III. und jetzt wieder Heinrichs IV. getan und unterlassen hatte. Jedenfalls gehörte er zu den Reichsfürsten, die am meisten dazu beigetragen haben, die Herstellung einer deutschen Einheit unter dem Kaiser zu hindern. Sein Sohn Gottfried, genannt der Bucklige, der sich später als treuester Anhänger des Königs auszeichnen sollte, hatte sich kurz vor dem Tode seines Vaters mit seiner Stiefschwester Mathilde, der Tochter der Markgräfin Beatrix aus ihrer ersten Ehe mit dem Markgrafen Bonifaz II. von Tuszien, 641 ) verheiratet. Auf diese Weise sollte die machtpolitisch so bedeutsame Verbindung des lothringischen und des italienischen Besitzes möglichst erhalten werden. Jede Veränderung in Lothringen lenkt die Aufmerksamkeit immer auf Frankreich. Dort war Philipp I. um die Wende des Jahres 1066 mündig geworden. 642 ) Der bisherige Regent Balduin V. von Flandern starb am 1. September 1067. Der König war hoch gewachsen und wurde in späteren Lebensjahren unförmlich dick, weil er sich in den Tafelfreuden keine Beschränkung auferlegen wollte. Nicht zu bezweifeln ist seine starke Sinnlichkeit, aus der seine Eheirrungen hervorgingen, und seine nach löblichen Anfängen allmählich zunehmende Unlust, sich ernsthaft mit den Regierungsgeschäften abzugeben. Daß er Reliquien eifrig verehrte und geistliche Stiftungen reich beschenkte, entsprach den damaligen Sitten. Gelegentlich machte seine Habgier auch nicht vor Klosterbesitz halt. Um die Erweiterung des Hausguts war er mehrfach mit viel Geschick bemüht. Im Jahre 1068 nutzte er die früher erwähnte Feindschaft zwischen den Brüdern Gottfried III. dem Bärtigen von Anjou und Fulko IV. dem Zänker geschickt aus und ließ sich von Fulko das Gätinais mit Chäteau-Landon abtreten, das dem königlichen Besitz mehr Einheit gab. 643 ) Eine Aussöhnung zwischen den Brüdern hatte keinen Bestand. Nach neuen Kämpfen setzte Fulko den Galfried um April 1068 in Chinoa gefangen. 644 ) Die Saintonge mußte er dem Herzog von Aquitanien lassen, 645 ) das heißt also schwere Opfer bringen, um sich im alleinigen Besitz der Macht zu behaupten. 6 3 9 ) Oben Anm. 45. — 6 4 °) M. v. Kn. 1, S. 634. Dieckmann, Ahnen S.22. Dupréel S. 132. Orimaldi, Matilde S. 189,214. — Cartellieri 2, S. 481. — 6«) Luchaire, Histoire 2, S. 241. Brächet S. 214. Fliehe, Phil. S.32. Newman S. 25. Olivier-Martin S. 29. — 6 4 3 ) Fliehe, Phil. S. 138. — 6 4 4 ) Halphen, Comté S. 147. Fliehe, Phil. S. 224. — 6 4 6 ) Fliehe, Phil. S. 225. Oben S. 73.
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Da traten in Flandern, in einem der wichtigsten Lehensstaaten, Verwicklungen ein, die den König von Frankreich nicht gleichgültig lassen konnten. Am 17. Juli 1070 war nach kurzer Regierung Graf Balduin VI. von Flandern und Hennegau (als solcher I.) gestorben und hatte seiner Gemahlin Richilde, der Witwe Graf Hermanns von Hennegau, die Sorge für die beiden Söhne aus ihrer Ehe, den ungefähr fünfzehnjährigen Arnolf und den etwas jüngeren Balduin, übertragen. 616 ) Balduins VI. Bruder Robert hatte 1063 Gertrud, die Tochter Herzog Bernhards II. von Sachsen und Witwe des 1061 ermordeten Grafen Florens I. von Viaardingen (Friesland, Holland), geheiratet und wurde „der Friese", nach seiner Pilgerfahrt aber auch „von Jerusalem" genannt. 647 ) Er hatte zwar früher die Erbfolge seines eben erwähnten Neffen Arnolf III. beschworen, dachte jetzt aber nur noch daran, selbst über Flandern zu herrschen, und ließ dort mit großem Geschick Stimmung für sich machen. Besonders in Seeflandern, dessen Bewohner sich durch ihre rauheren Sitten nicht unwesentlich von den binnenländischen Teilen der Grafschaft unterschieden, aber auch in Gent und Brügge fand er viel Anhang. 648 ) Richilde bat Gottfried den Buckligen von Niederlothringen und andere Große aus der Gegend um Hilfe, rechnete aber hauptsächlich auf Philipp I., dem sie Corbie an der Somme (ö. Amiens) abtrat. 649 ) Wilhelm Fitz Osbern, Earl von Hereford, schickte ihr im Namen Wilhelms des Eroberers, dessen Vertrauen er genoß, einige Ritter aus der Normandie, wie die Lehenspflicht gegenüber Frankreich es verlangte. Auf der Seite Richildens und Arnolfs III. sehen wir Krieger aus dem Süden, auf der Seite Roberts des Friesen solche aus dem Norden und Nordwesten Flanderns. Der jetzt ausbrechende flandrische Erbfolgekrieg 660 ) hatte keine lange Dauer. Robert überfiel die auf einer beherrschenden Höhe liegende Burg Cassel (s. Dünkirchen), und am 22. Februar 1071 kam es zur Schlacht. Philipp I. floh, Richilde wurde gefangengenommen, Arnolf III. und Wilhelm Fitz Osbern fielen. Als Robert die Verfolgung allzu hastig aufnahm, geriet auch er in die Hände der Feinde, wurde aber schon sehr bald gegen Richilde ausgetauscht. Im März oder April gelang die Friedstiftung. Robert leistete dem König Mannschaft und wurde von ihm mit Flandern belehnt, erreichte also das Ziel seines Ehrgeizes dank seiner militärischen Überlegenheit und der Schwäche Philipps I. Die Ehe, die dieser mit Berta von Holland, der Stieftochter Roberts, schloß, gehörte, wie man annimmt, auch zu den Folgen des Vertrages. 661 ) Richilde konnte als Mutter und Fürstin den Verlust Flanderns nicht verschmerzen und hoffte es wiederzugewinnen, wenn sie Geld genug hätte, um Söldner zu werben. Sie mag wohl gefürchtet haben, daß Robert in seinem keine Bedenken kennenden Machthunger auch ihren 8 4 6 ) Vanderkindere 1, S. 300. Fliehe, Phil. S. 252 zum 16. Juli. Flach 4, S. 79. Verlinden, Robert S. 44. — 64 ?) Vanderkindere 1, S. 119; 2, S.284. Blok 1, S. 173. Verlinden, Robert S. 14,27,35. — " 8 ) Verlinden, Robert S. 54. — 6 « ) Fliehe, Phil. S. 144, 253. Verlinden, Robert S. 59, 74. — 66 «) M. v. Kn. 2, S. 57. Vanderkindere 1, S. 120. Fliehe, Phil. S. 178,255. Pirenne 1, S. 111. Kienast 1, S. 45. Tait S. 154. Verltaden, Robert S. 66. — 6 " ) Brächet S. 217. Fliehe, Phil. S. 36, 265. Verlinden, Robert S. 71,80 mit der Zeit.
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überlebenden Sohn Balduin II. zu enterben suchte. Deshalb faßte sie den Entschluß, sich unter den Schutz des deutschen Reiches zu stellen, von dem ja der Hennegau zu Lehen ging. Dem Bischof Dietwin von Lüttich als dem geeigneten Vermittler verkaufte sie Anfang Mai 1071 auf einer von mehreren Großen besuchten Versammlung zu Fosses (sw. Namur) ihre hennegauischen Allode und bekam sie sogleich als ligische Lehen zurück. Dietwin benutzte dann die Gunst, in der er bei Heinrich IV. stand, um am 9. und 11. Mai alle Lehen des Grafen von Hennegau, insbesondere die Burgen Möns und Beaumont (sö. Möns) sowie die Mark Valenciennes der Lütticher Kirche übertragen zu lassen. Gottfried der Bucklige als Herzog von Niederlothringen sollte damit belehnt werden und Balduin II. und Richilde weiter belehnen.562) Der Hennegau bekam jetzt eine gewisse Einheit, und die Zugehörigkeit der Grafschaft zu Deutschland sollte sich 100 Jahre später zur Zeit Friedrich Barbarossas sehr bedeutsam auswirken. Robert der Friese dagegen pflegte zunächst gute Beziehungen zu Frankreich, die allerdings 1092 durch die Eheirrung Philipps getrübt wurden. Es wird noch davon die Rede sein. Immer wieder fällt dem Historiker die enge verwandtschaftliche Verbundenheit der damaligen Fürstengeschlechter auf. Die Anführung einer größeren Zahl von Namen mag zunächst lästig erscheinen, aber vermutlich würde die genauere Kenntnis der genealogischen Zusammenhänge größere Klarheit in die Zeitgeschichte bringen. Vornehmlich zu beachten sind auch die wiederholten Eheschließungen von Männern und Frauen, die Anlaß zu politischen Anknüpfungen gaben und deshalb Aufmerksamkeit verdienen. Falls Heinrich IV. oder, was wir nie wissen können, einer seiner Ratgeber bewußt den Hennegauer Grafen im Hinblick auf etwaige französische Pläne förderte, hat er sich damit vom deutschen Standpunkt aus zweifellos ein dauerndes Verdienst erworben. Es hat Fürsten gegeben, die ebenso jung oder sogar jünger als er eine über ihre Jahre hinausgehende Selbständigkeit in allen Regierungsgeschäften bewiesen. Bei Heinrich IV. muß der Wechsel und der Standesunterschied der Ratgeber eine besonders große Rolle gespielt haben. Am 16. März 1072 starb Adalbert von Bremen-Hamburg, und mit ihm sanken umfassende Pläne ins Grab.663) Männer, die wie er Unmögliches begehren, werden immer die Aufmerksamkeit und vielleicht die Bewunderung der Zeitgenossen und der Nachlebenden erregen. Er hat das seltene Glück gehabt, in dem Domscholaster Adam von Bremen einen schriftstellerisch hochbegabten Herold seiner Taten zu finden, und immer wieder werden wir uns gern dem Reiz einer so vielseitigen und lebenssprühenden Persönlichkeit hingeben. Hier kam es nicht darauf an, ihn von der Kirchengeschichte, sondern von der Machtgeschichte aus zu würdigen. Sein Einfluß auf den jungen König und damit auf die Reichsgeschäfte war nicht günstig. Ihm fehlte es an nüchterner Auffassung der "*) Const. 1, Nr. 441. M. v. Kn. 2, S. 56,66; 5, S.381. Vanderkindere 2, S. 92. Verlinden, Robert S.81,84. — «») M. v. Kn. 2, S. 122. Hauck 3, S.664, 751. Regg. Bremen 1, Nr. 339.
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tatsächlichen Verhältnisse und richtiger Beurteilung des Hofes. Sein alter Gegenspieler Anno von Köln übte jetzt wieder maßgebenden Einfluß.5«*) Wenn schon kurze Zeit nachher, am 28. März 1072, Herzog Otto (Ordulf) von Sachsen dem ihm wenig freundlich gesinnten Kirchenfürsten in den Tod folgte, 555 ) so benutzten das die stets unruhigen Slawen zu einem neuen Vorstoß, verbrannten Hamburg, wo Adalbert so gern geweilt hatte, und legten das Land öde. Ganz Nordalbingien ging dem Christentum verloren. Warum wurde nicht sofort mit starken Kräften ein Rachezug unternommen? Wir wissen nur, daß es nicht geschah. Der Nachfolger Adalberts war Liemar, ein Bayer aus einem königlichen Ministerialengeschlecht, den seine Suffragane zu Pfingsten (27. Mai) 1072 weihten.«6) Er besaß vorzügliche Gaben, aber allem Anschein nach konnte er wegen der ungeklärten sächsischen Verhältnisse nichts Größeres unternehmen. Der Sohn Herzog Ottos (Ordulfs), Magnus, war ja noch in Haft, und dadurch mußten die Sachsen je länger desto mehr gereizt werden. Es nützte auch nichts, daß an demselben Tage Otto von Northeim freigelassen wurde, nachdem er einen erheblichen Teil seines Besitzes hatte opfern müssen.657) Die Verstimmung gegen den König nahm sogar zu und richtete sich jetzt hauptsächlich gegen seine Ratgeber niederen Standes, die auf Kosten der in erster Linie zu den Staatsgeschäften berufenen Fürsten bevorzugt würden.568) Rudolf von Schwaben, Bertold von Kärnten und wohl auch schon Weif IV. von Bayern blieben deshalb dem Hofe fern, ohne daß wir über ihre Gründe genau unterrichtet wären. Weif bewies jetzt, daß sein früheres Bestreben, beim König nur ja keinen Anstoß zu erregen, einfach durch seine Absichten auf Bayern zu erklären war. Nachdem er sein Ziel erreicht hatte, wurde er gleich wieder unzuverlässig. Die Spannung in der Umgebung des Königs meldete Herzog Rudolf der Kaiserin-Mutter nach Rom, wo sie frommen Werken lebte, und bat sie um ihre Vermittlung. Alexander II. erklärte sich damit einverstanden und gab ihr den Abt Hugo von Cluni mit. Ende Juli 1072 fand eine Aussprache zu Worms statt, und es gelang Agnes auch, wenigstens eine äußerliche Versöhnung ihres Sohnes mit Rudolf zustandezubringen. Unmittelbar nachher reiste sie wieder ab.569) Um die Wende des Jahres 1071 war der Gegenpapst CadalusHonorius aus dem Leben geschieden.560) Das mußte die Beziehungen zwischen dem König und dem Reform-Papst erleichtern. Erschwert wurden sie anderseits dadurch, daß das Vorgehen der Pataria in Mailand und anderwärts große Unruhe erzeugte. Da gleichzeitig ernste Verwicklungen mit den Sachsen drohten, fühlte sich Anno von Köln nicht mehr fähig, an der Leitung der Reichsgeschäfte teilzunehmen, sondern zog sich zu Weihnachten 1072 unter Hinweis auf sein hohes Alter ««) M. v. Kn. 2, S. 151. «) M. v. Kn. 2, S. 156. Regg. Kn. 2, S. 150. — «5«) M. v. Bulst-Thiele S.92. — 5«°) M.
M
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Bauernfeind S. 63. — 5 « 5 ) M. v. Kn. 2, S. 148. — Bremen 1, Nr. 340. Seidlmayer S.91. — » ' ) M. v. Kn. 2, S. 153,171. — " « ) M. v. Kn. 2, S. 161. v. Kn. 2, S. 163; 5, S. 382. Hauck 3, S.751.
nach Köln zurück.561) Er sollte nur noch gelegentlich hervortreten, um Frieden zu stiften. Die Anfänge Heinrichs IV. zeigen keine sehr hervorstechenden Züge. Alles in allem verstand er es trotz mancher Irrtümer, sich unter den ihm widerstrebenden, aber auch untereinander uneinigen Fürsten zu behaupten, und er brauchte noch kein wichtiges Reichsrecht preiszugeben. Erst die Verbindung seiner inneren Feinde mit der kühn vorgehenden päpstlichen Partei sollte ihm verhängnisvoll werden. bel
) M. v. Kn. 2, S. 174,190. Hauck 3, S.751. Bauernfeind S.64.
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ZWÖLFTES KAPITEL
DIE MAILÄNDER PATARIA UND DER ANGRIFF DES PAPSTTUMS. (1066—1073.) W i r wissen nicht, wann Landolf, ein früher erwähnter Führer der Mailänder Pataria, starb. 568 ) Aber die Hauptsache war, daß sein Bruder Erlembald, ein stattlicher, durch vortreffliche Eigenschaften ausgezeichneter Kriegsmann, an seine Stelle trat. Von Papst Alexander II. erhielt er "öffentlich in Rom eine sehr schöne, geweihte Fahne und begann dann bald, den Kampf gegen simonistische und verheiratete Geistliche fortzuführen. Was in Mailand geschah, richtete sich, wenn auch nicht unmittelbar, so doch in seinen ferneren Nachwirkungen gegen die deutsche Herrschaft, die solch grobe Mißbräuche aus Eigennutz immer geduldet hätte, ohne jemals den Versuch gemacht zu haben, sie auszurotten. Ariald, der die Bewegung entfacht hatte und sie weiter förderte, scheute sich nicht, Anordnungen Erzbischof Widos zu durchkreuzen, und erreichte es sogar in Rom, daß dieser gebannt wurde. Es war ein unerhörter Vorgang, die Billigung einer volkstümlichen Revolution durch die oberste Kirchenbehörde! Heftige Meinungsverschiedenheiten über die Ausdehnung der Fastengebote führten zu schlimmen Gewaltsamkeiten. Am Pfingstfest (4. Juni) 1066 wurde Wido im Dome mißhandelt, sein Palast geplündert. 663 ) Als daraufhin das Interdikt über Mailand verhängt wurde, schlug die Stimmung jäh um. Ariald floh, aber sein Versteck wurde verraten und er selbst am 27. Juni auf einer Insel des Langensees (Lago Maggiore) erst verstümmelt und dann getötet. 564 ) Wie man auch1 über sein stürmisches Draufgängertum denken mag, daran wird man kaum zweifeln dürfen, daß er manches aus der Geschichte der modernen Revolutionen vorweggenommen hat. Erlembald mußte sich eine Zeitlang zurückhalten, hetzte aber, als Wido in allzugroßer Vertrauensseligkeit die Stadt verließ, von neuem gegen ihn. Es wiederholten sich die Angriffe auf die Geistlichen, die nichts von der Pataria wissen wollten, und Ariald konnte zu Pfingsten (27. Mai) 1067 unter großem Zustrom des Volkes feierlich beigesetzt werden. 566 ) Das ließ sich doch nur so auffassen, daß man ihn als unglücklichen Vorkämpfer einer guten und gerechten Sache wenigstens noch" nach dem Tode ehren wollte. 5 « 2 ) M. v. Kn. 1, S. 437. Hauck 3, S. 749. Brown S. 256. Erdxnann, Kreuzzugsged. S. 128. — 5 6 3 ) M. v. Kn. 1, S. 537. Savio 1, S. 423. Erdmann, Kreüz5 zugsged. S. 167. — " ) M. v. Kn. 1, S. 541. Brown S. 262. — 5 6 5 ) M. v. Kn.
1, S. 558.
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Es nimmt nicht wunder, daß es auch in anderen Städten zu Unruhen kam. In Cremona und in Piacenza richtete sich der Zorn der Bevölkerung natürlich auch gegen Simonisten und Nikolaiten. Dabei verhehlte man sich an der Kurie nicht die Gefahren, die sich künftig aus den entfesselten Volksleidenschaften ergeben konnten. Zwei Kardinäle sollten für die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Verhütung von Ausschreitungen sorgen. Der Zweck wurde anscheinend auch erreicht, Erlembald vermied es eine Zeitlang, Anstoß zu erregen, blieb aber in Verbindung mit Hildebrand und wurde durch ihn auf die Bedeutung der Investitur für die kirchliche Verfassung hingewiesen. Da Erzbischof Wido alt und kränklich war, sollte sehr rechtzeitig eine Neuwahl nach den Grundsätzen der Reformer, nicht nach der bisherigen, den Einfluß des Königs wahrenden Gepflogenheit vorbereitet werden. 5 ") Wido glaubte sehr klug zu handeln, wenn er abdankte, gleich Ring und Stab an den König sandte und zu seinem Nachfolger einen vornehmen Mailänder Geistlichen Gottfried empfahl, mit dem er sich vorher geeinigt hatte. Tatsächlich wurde Gottfried, von dem der König schon von früher her eine gute Meinung hatte, in Deutschland ernannt. Er versprach, wie es die Lage verlangte, die Pataria zu unterdrücken, Erlembald als Gefangenen über die Alpen zu schicken und eine größere Summe Geld zu zahlen. 887 ) Die aufsehenerregende Neuerung lag jetzt darin, daß der neue Erzbischof gar nicht nach Mailand hineingelangen konnte. Weder die Städter noch die Landbewohner wollten etwas von ihm wissen. Und als er überdies noch dem päpstlichen Bann verfiel, eröffnete Erlembald einen regelrechten Feldzug gegen ihn und belagerte zu Anfang 1071 die sehr starke Burg Castiglione d'Olona (nw. Mailand), in der Gottfried eine Zuflucht gefunden hatte, da sie seiner Familie gehörte. Es floß viel Blut, aber die Einnahme gelang trotz heftiger Anstrengungen nicht. Der Tod Erzbischof Widos, der seine Abdankung bereut und den vergeblichen Versuch gemacht hatte, wieder zu amtieren, (am 21. oder 23. August 1071) klärte die Lage. 568 ) Jetzt mußte es sich erweisen, ob die alte oder die neue Ordnung, ob Königsrecht oder kanonische Vorschrift mächtiger war. Erlembald entfaltete alle Gaben eines hervorragend geschickten Agitators und gab der Stimmung der Massen die ihm, d. h. der römischen Reformpartei, genehme Richtung. Am 6. Januar 1072 ließ er in Gegenwart eines römischen Legaten einen noch recht jungen Geistlichen, namens Atto, zum Erzbischof wählen. 569 ) Dabei setzte er sich über die von ihm selbst vorher gegebenen Zusicherungen hinweg. Seine Gegner, die den Einfluß des Königs gar nicht für so schädlich ansahen, rotteten sich zusammen, überfielen Atto und zwangen ihn, eidlich zu bekräftigen, daß er niemals Erzbischof werden wolle. Schon am nächsten T a g e gelang es aber Erlembald, die Oberhand zu gewinnen und die Herrschaft der Pataria über Mailand wieder aufzurichten, was ihm durch die reichlichen Geldsendungen erleichtert wurde, die er von Hildebrand aus Rom bekam. Denn die Kurie sah' Attos Eid als ungültig an. Der Erzstuhl 66e
S. 107. S. 175.
) Schmid, Kan. S. 147. — M. v. Kn. 2, S. 102. — »«») M. v. Kn. 2, Schwartz, Besetzung S. 80. Savio 1, S. 430. — 5fi9) M. v. Kn. 2, 105
des hl. Ambrosius blieb leer, weil zwei Erzbischöfe zwiespältig erhoben worden waren. So konnte es nicht weitergehen. Die Zerrüttung des kirchlichen Lebens in Mailand und anderen Städten erforderte immer dringender Abhilfe. Sowohl der König wie der Papst suchten, jeder von seinem Standpunkt aus, einzugreifen. Heinrich sah keinen Grund ein, seinen Kandidaten Gottfried preiszugeben, und befahl durch Gesandte den Suffraganen Mailands, ihn zu weihen. Das geschah auch auf einer Provinzialsynode zu Novara, aber friedliche Verhältnisse wurden damit mit nichten hergestellt. Im Gegenteil, es entbrannten neue Kämpfe der Parteien. Inzwischen hatte in Rom zwischen dem 13. Februar und 24. März 1073, vermutlich eher am Anfang dieser Zeitspanne, eine Fastensynode getagt, und hier tat Alexander II. einen folgenschweren Schritt. Auf Wunsch! der Kaiserin Agnes, die sicher hoffte, durch eine scharfe Maßregel ihren Sohn aus der Gemeinschaft böser Menschen zu retten, verhängte er über die Räte des Königs, die diesen von der Einheit der Kirche trennen wollten, besonders den uns schon bekannten Grafen Eberhard, sowie über die an der Feier zu Novara beteiligten Bischöfe den Bann." 0 ) Damit erklärte er der Laieninvestitur und Simonie den Krieg. Ihn gegen den König zu führen, war er nicht mehr berufen: er starb am 21. April 1073, nachdem er sein hohes Amt ganz im Sinne Hildebrands verwaltet und es diesem somit ermöglicht hatte, noch eine Reihe von Jahren im Hintergrunde zu wirken.671) Er hat seinem Mitarbeiter und Berater den Weg bereitet, und das bedeutet eine weniger hervortretende, aber sachlich wertvolle Leistung. Man möchte glauben, daß Heinrich von den Synodalbeschlüssen schon Kunde hatte, als er am 24. März in Eichstätt Rudolf von Schwaben und Bertold von Kärnten und wenig später wohl auch Weif IV. von Bayern begnadigte.672) Sah er den harten Kampf mit dem Papsttum um die Macht in Italien voraus, so mußte er versuchen, mit den deutschen Fürsten einig zu sein. Dann hatte er nichts zu fürchten. Die Laieninvestitur, die in den folgenden Jahren neben der Simonie und dem Cölibat im Mittelpunkt des kirchenpolitischen Kampfes stehen sollte, beruhte nach einer nicht allgemein angenommenen, aber jedenfalls sehr beachtenswerten Ansicht auf dem in die urgermanische Vorzeit zurückreichenden Eigenkirchenrecht.673) Deutsche und romanische Anschauungen sollten bald hart aufeinander stoßen. Die Eigenkirche hatte der Macht des Reiches gedient, darum wollte Rom sie beseitigen und die Wahl der Bischöfe durch Geistlichkeit und Volk durchführen, weil diese später einmal zur Einsetzung durch den Papst führen mußte. Es braucht kaum erst nachdrücklich betont zu werden, daß bei der damaligen wirtschaftlichen, militärischen und geistlichen Stellung der Bistümer ihre Besetzung durch die Krone eines der wichtigsten staatlichen Erfordernisse war. Bischöfe finden wir immer unter den leitenden Beamten. Wie 670 ) Greg. Reg. 1, Nr. 12. M. v. Kn. 2, S. 198, 697. Bock S. 98. Hauck 3, S. 751. ScHmid, Kan. S. 151. Bulst-Thiele S.97. — ««) M. v. Kn. 2, S.202. Kehr, Prinzipat S. 27. — 6 « ) M. v. Kn. 2, S. 195. Riezler 1, 2, S. 121. — 6 8 ' ) Schmidhn. Stutz, Eigenkirche S.374. Fliehe, Réforme 2, S. 118, Anm. 5. Carlyle 4, S. 61. Hackelsberger S. 55.
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konnte man darauf verzichten, ganz zuverlässige Persönlichkeiten mit solch hohen, verantwortungsvollen Ämtern zu betrauen? Hildebrand wußte wohl, was er tat, als er daran ging, einen der festesten Pfeiler der deutschen Reichsverfassung zu erschüttern. Aus der patarinischen Bewegung wuchs der Investiturstreit heraus. Qeht man den Dingen auf den Grund, so handelte es sich um die Frage, wer in der Kirche und im Reiche die Macht haben sollte, und damit verband sich, den leitenden Männern kaum deutlich bewußt, der Gegensatz zwischen Deutschland und Italien. Deutschland wollte seinen Kaiser über Italien, Italien seinen Papst über Deutschland herrschen lassen, zum Besten der gesamten Christenheit und eines Gott wohlgefälligen Friedens. Die höchste Macht sollte immer dem höchsten Ideal dienen.
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Z W E I T E S BUCH.
GREGOR VII. (1073—1085.)
ERSTES KAPITEL.
DIE ERHEBUNG GREGORS VII. (1073.) Ein tiefgreifender Unterschied fällt uns auf, wenn wir von den Anfängen eines sicher Großes wollenden, aber noch vielfach unsicheren und unselbständigen Königs wie Heinrich IV. zu den Anfängen eines genialen und reifen Staatsmannes wie Gregor VII. übergehen! Unerforschlich bleibt der Ratschluß der Vorsehung, daß Heinrich III. so früh sterben mußte, ohne einen regierungsfähigen Erben zu hinterlassen, und daß in die klaffende Lücke der große Papst trat, der die von dem Verstorbenen f ü r das Reich gewünschte Kirchenreform g e g e n das Reich durchführen sollte. Hildebrand ist hier schon öfters genannt worden, aber noch sind die wenigen und überdies ungewissen Tatsachen aus seiner Jugend zusammenzustellen. Ob wir ihm selbst dort, wo er später darauf anspielt, in allen Stücken glauben dürfen, wissen wir nicht, und von den Obertreibungen seiner Freunde ist ebenso abzusehen wie von denen seiner Feinde. Geboren 1 ) wurde er in Tuszien, in einem sonst nicht bekannten Orte Rovacum nahe bei Sovana 2 ) (w. Bolsena). Das J a h r ist nicht überliefert. Man hat in neuerer Zeit 1025 angenommen, doch bleibt es unsicher. Sein Vater, ein einfacher Landmann, hieß Bonizo, und dieser aus Bonipert abgekürzte Name läßt auf langobardische Herkunft schließen. 3 ) Seine Mutter Berta stammte aus Rom. Eine ungenannte Schwester von ihr heiratete, wie wir sahen, Leo, Sohn Benedikts des Christen, eines getauften Juden, und wurde auf diese Weise die Schwägerin Johann Gratians, des späteren Papstes Gregor VI. 1 ) Gregor VII. selbst hat den Apostelfürsten Petrus gerühmt, „der ihnvon seiner Kindheit an mit besonderer Liebe unter seinen Flügeln genährt und im Schöße seiner Gnade gehegt habe". 5 ) Er wurde also in Rom, und zwar zuerst im Marienkloster auf dem Aventin, 6 ) wo sein mütterlicher Oheim Peter Abt war, und später im Lateranpalast erzogen. Als nach den Ereignissen von Sutri und Rom 1046 Gregor VI. auf Befehl Heinrichs III. nach Deutschland in die Verbannung gehen mußte, begleitete ihn Hildebrand als sein Kaplan. 7 ) Er tat es aber trotz ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen nur widerwillig und konnte nicht ahnen, !) Martens 1, S. 6 ff. Borino, Elezione S. 407. — ! ) Repetti 5, S. 410. — ) Gregorovius 4, S. 160, Anm. Martens 1, S. 9,15. — *) Poole S. 212. — ' ) Greg. Reg. 1, Nr. 39. Tangl, Gregor S. 167. — «) Macdonald, Hildebrand S. 10. — 7 ) Cartellieri 2, S.479. 3
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wie vorteilhaft es später einmal für ihn sein würde, einen Einblick in die deutschen Verhältnisse gewonnen zu haben. Nach dem Tode Gregors VI. gegen Ende 1047 wurde er Mönch in Cluni, wobei zu beachten ist, daß über dieser kurzen Periode seines Lebens ein merkwürdiges Dunkel schwebt. 8 ) Doch liegt kein Grund vor, die Tatsache selbst zu bestreiten. Die Wirksamkeit des hochberühmten Klosters war nicht so weitabgewandt, wie man wohl oft gemeint hat. Im Gegenteil hat es geistig und weltanschaulich der Herrschaft der Kirche still, aber nachhaltig vorgearbeitet und die Gemüter für das Neue empfänglich gemacht. 9 ) Ende 1048 besuchte Hildebrand, sicher im Auftrag Clunis, den Reichstag zu Worms, auf dem die Wahl Bischof Bruns von Toul zum Papst stattfand. Brun nahm den Mönch, dessen hervorragende Gaben ihm von irgendeiner Seite geschildert wurden, mit sich nach Rom. Hier erhielt Hildebrand die Diakonatsweihen, verwaltete seit 1059 das Kloster Sankt Paul vor den Toren und galt als Abt, obwohl ein anderer diese Würde dem Namen nach bekleidete. Die Urkunden sprechen seit 1064 von ihm als dem rector et oeconomus. Seiner Beförderung zum Archidiakon (1059) wurde schon gedacht, ebenso seiner Gesandtschaften nach Deutschland 1054 und 1057. 10 ) In Frankreich, wo die Kirche damals ganz verwahrlost war, wirkte er 1055 kräftig gegen Simonie und Priesterehe und setzte u. a. sechs Bischöfe ab. 11 ) Es wurde gezeigt, wie seit der Wahl Nikolaus' II. sein Einfluß rasch stieg. An den drei entscheidenden Ereignissen des Jahres 1059, der Papstwahlordnung, der Verbindung mit der Pataria und mit den Normannen, hatte er einen großen, aber im einzelnen nicht sicher nachzuweisenden Anteil. Bemerkenswert bleibt, daß er dank seinen Beziehungen zu reichen Juden der Reformpartei das von ihr benötigte Geld zu verschaffen wußte und überdies bei seinem guten Verständnis militärischer Dinge früh erkannte, daß er der deutschen Krieger nicht ohne die gefürchteten Normannen Herr werden konnte. 12 ) Unter schwierigsten Verhältnissen entwickelte er die dem großen Staatsmann nötigen Eigenschaften und erwies sich als erfolgreicher Realpolitiker. Damit wird die religiöse Leidenschaft, die ihn beseelte, durchaus nicht herabgesetzt. Geistliches und Weltliches bildeten in ihm eine untrennbare Einheit, in der jenes herrschen, dieses gehorchen sollte. Neue, selbständige Gedanken über das Verhältnis von Staat und Kirche auszubilden, hatte er keine Gelegenheit gehabt. Das Wesentliche war längst vor ihm gesagt worden, 13 ) aber es kam auf die Kraft und das Zeitmaß der Ausführung an. Am meisten verdankte er Papst Gregor I. 14 ) Das Ideal, das Hildebrand vorschwebte, war die Gerechtigkeit (justitia), d. h. der den höchsten Anforderungen entsprechende Zustand der Welt, wo jeder an dem ihm von Gott angewiesenen Platze steht, sein Handeln den Vorschriften der Kirche anpaßt und, wenn er fehlt, Strafe auf sich 8 ) Scheffer-Boichorst 1, S. 158. Grauert, Hildebrand. Richter 3, 2, S. 368. Hauck 3, S. 597. Smith S.53. Whitney S. 74. Macdonald, Hildebrand S.24. — 9) Brackmann, Pol. Wirkung S. 37,46. — 1 0 ) Oben S. 20 u. 43. — " ) Oben S. 19. Peter Damiani, De abdicatiane episcopatus, Kap. 6, Migne, P. 1. 145, S. 433. Schwarz, Investiturstreit 42, S. 267. Luchaire, Prem. Cap. S. 109. — 1 2 ) M. v. Kn. 2, S. 339. Richter 3, 2, S. 108. — « ) Caspar, Gregor S. 22. — " ) Wühr S. 85, 102,109. Arquilltere, L'Augustinisme S. 152.
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nimmt. Tiefer Schmerz mußte ihn ergreifen, wenn er sich die tatsächlichen Verhältnisse vergegenwärtigte, heiße Scham mußte er empfinden, wenn er an den Verfall des Papsttums, an die Vorgänge in Sutri und! Rom von 1046/1047 dachte. Er wollte, wenn auch nicht so stürmisch, wie man oft gemeint hat, aber jedenfalls zäh und unerbittlich, die Mißbräuche abstellen, ja ausrotten, die Schuldigen zur Verantwortung ziehen und im Notfall unschädlich machen, um die ursprüngliche Reinheit des apostolischen Zeitalters wiederherzustellen. Da damals die Kirche die Welt erfüllte, darf man ihn wohl einen Weltverbesserer nennen, der geistlich-weltliche Machtmittel rücksichtslos angewandt wissen wollte. Das Gefühl der völligen Abhängigkeit von Qott, das sich auch bei anderen gewaltigen Tatmenschen wie beispielsweise bei Bismarck so deutlich ausgeprägt hat, erfüllte ihn mit Mut und Zuversicht. Selbst hat er es sehr nachdrücklich betont, daß alle wichtigen Ereignisse seines Lebens von seinem Eintritt in den geistlichen Stand bis zu seiner Papstwahl sich gegen seinen Willen vollzogen hätten. 16 ) Die Hand Gottes führte ihn dorthin, wohin er ursprünglich nicht wollte! Sein Äußeres war alles andere als stattlich oder ehrfurchtgebietend: die Gestalt klein und unansehnlich.16) Seine Feinde nannten ihn häßlich und verspotteten ihn deshalb nach Herzenslust. Man kann vermuten, daß seiner körperlicher Mängel und bescheidenen Herkunft wegen immer ein Stachel in ihm zurückblieb.1'') Als tapferster Ritter etwa im Heiligen Lande für Christus zu streiten, wäre ein lockendes Ziel für seinen leidenschaftlichen Kampfeseifer gewesen, wenn er sich sein Lebensziel frei hätte wählen können. Urkräftigen Geistes, genial veranlagt, durch eigene Tüchtigkeit und rasche Erkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse emporgekommen, deshalb auch den Vorrechten der Geburt abgeneigt, durch das felsenfeste Bewußtsein göttlicher Sendung ausgezeichnet, steht er vor uns. Er sucht die Macht vielleicht anfänglich nicht, aber bald gebraucht er sie meisterhaft im Dienste seiner Ideale. Während am 22. April 1073 die Beisetzung Alexanders II. im Lateran vorbereitet wurde, entstand plötzlich unter den anwesenden Geistlichen, Laien und auch Frauen, eine ungeheure Aufregung. Alle drängten sich um Hildebrand, der die Feierlichkeit leitete, und verlangten ihn stürmisch als Papst. Vergebens suchte er sie zu beruhigen. Da bestieg der Kardinalpriester Hugo der Weiße, der allem Anschein nach vorher das Volk geschickt bearbeitet hatte, das Lesepult, rühmte die Verdienste Hildebrands und empfahl, ihn zu erheben. Der noch Widerstrebende wurde in die Kirche St. Peter ad Vincula geführt und hier zum Papste gewählt. 18 ) Er nahm den Namen Gregor an, ohne daß sich endgültig entscheiden läßt, ob er dabei an seinen von ihm so hochverehrten Vorgänger Gregor I. oder an seinen Verwandten Gregor VI. oder auch an beide denken wollte.19) 16) Oreg. Reg. 7, Nr. 14», Kap. 7. — *«) Hauck 3, S. 755. Macdonald, Hildebrand S. 39. — i') Caspar, Gregor S. 10. — « ) M. v. Kn. 2, S. 204. Hauck 3, S. 753. Bock S. 103. Fliehe, Réforme 2, S. 71 u. Europe S. 360. Schmid, Kan. S. 151. Schneider, Mittelalter S. 276. — « ) Caspar, Gregor S. 7. Whitney S. 82. Lerner S. 40. Macdonald, Hildebrand S.88.
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Der Vorgang entsprach keinesfalls der Wahlordnung des Jahres 1050, wurde ihr aber in dem offiziösen Protokoll möglichst angeglichen.20) Gregor VII. stand jetzt an der Spitze der Christenheit und fühlte sich überwältigt durch die Bürde der ungeheuren auf ihm lastenden Verantwortung. Todmüde diktierte er die ersten Briefe von seinem Bett aus.21) Wie sich £us den eben geschilderten Vorgängen ergibt, hatte die Zustimmung Heinrichs IV. als des Patricius nicht eingeholt werden können. Der neue Papst begnügte sich damit, seine Wahl nachträglich einfach anzuzeigen,22) und begann dann sogleich zu amtieren. Es wäre irrig, wenn man glauben wollte, daß etwa die Beziehungen zum deutschen Reiche sofort im Vordergrund gestanden hätten, sondern er widmete sich den verschiedensten Angelegenheiten. Wir beachten die Bestimmtheit und Klarheit, die seinen Schreiben zur Zierde gereichen, aber allerdings auch in verbindlicher Form deutlich erkennen lassen, daß der Empfänger zu gehorchen hat. Hervorzuheben ist, daß er schon am 30. April,23) anläßlich des von französischen Baronen geplanten Unternehmens gegen die spanischen Sarazenen, Spanien als alten Besitz des hl. Petrus in Anspruch nahm. Er erinnerte daran, daß Graf Eblo II. von Rouci (sö. Laon) mit ihm einen Vertrag geschlossen habe, gemäß dem Eblo das von ihm den Sarazenen entrissene Land von Seiten des hl. Petrus besitzen sollte. Die Barone sollten eine ähnliche Verpflichtung eingehen, andernfalls verbiete er ihnen den Angriff. Dies ist die erste hochwichtige Andeutung eines künftigen päpstlichen Lehnsreiches, das im Laufe der Jahre immer größeren Umfang annahm und das man schließlich wohl ein Weltreich nennen darf. Als Gregors Legat sollte der uns durch die Papstwahl bekannte Kardinal Hugo der Weiße an Ort und Stelle das Nötige anordnen. Daß es jenr seits der Pyrenäen mehrere christliche Reiche gab, die in unablässigem Kampfe mit den Heiden standen, wurde gar nicht erwähnt. Es dauerte nicht lange, und die spanische Kirche mußte ihr eigenes Officium zu Gunsten des römischen aufgeben. 24 ) In einem Briefe (6. Mai 1073) an Herzog Gottfried III. den Buckligen von Niederlothringen, 26 ) der ihn zu seiner Erhebung beglückwünscht und ihm wohl auch ein Entgegenkommen gegenüber König Heinrich empfohlen hatte, beteuerte der Papst, daß niemand um Heinrichs gegenwärtigen und künftigen Ruhm besorgter sei als er selbst. Aber er stellte gleich auch seine Bedingungen: wenn der König sich seinen Ratschlägen verschließt, so wird das Bibelwort „Verflucht der Mensch, der sein Schwert vom Blute fernhält" nicht den Papst treffen. Gregor liebte dies Wort (Jer. 48,10) besonders und wandte es mehrfach an. Wie man es auch auffaßt, es liegt jedenfalls eine sehr ernste Drohung darin. 2 °) Greg. Reg. 1, Nr. 1. — 21 ) Ebd. — 22 ) Caspar zu Greg. Reg. 1, Nr. 9. Bock S. 111. Schmid, Kan. S. 165. Gutmann S. 29. Zatschek, MIÖG. 47 (1933), S. 322. — 25) Greg. Reg. 1, Nr. 6, 7; 4, Nr. 28. M. v. Kn. 2, S. 213. Kehr, Prinzipat S. 27,32 u. Navarra S. 18,22. Menindez Pidal 1, S. 259 (165). Lerner S. 44. Säbekow S. 16,18. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 140 u. sonst. — 2 i ) Kehr, Navarra S.W. Menendez Pidal 1, S.256,264 (162,170). — 26 ) Greg. Reg. 1, Nr. 9. M. v. Kn. 2, S.215.
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C a r t c l l i e r i . Der Aufstieg des Papsttums.
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Wenige Wochen später, am 24. Juni, erklärte er in einem Schreiben an die Gräfin Beatrix von Tuszien und ihre Tochter Mathilde 26 ) seine Bereitwilligkeit, den König zum würdigen Empfang der Kaiserkrone anzuleiten, allerdings in Worten, wie sie ein Lehrer seinem Schüler, gegenüber gebraucht. Es war klar, daß er das Wohlverhalten oder, sagen wir es gleich deutlich, den Gehorsam des Königs zur Bedingung machen würde. Am 22. Mai 1073 wurde Gregor zum Priester, am 29. Juni, dem Peter- und Paulstage, zum Bischof geweiht.87) Anwesend war bei der letzteren Feierlichkeit im Auftrag Heinrichs sein italienischer Kanzler, Bischof Gregor von Vercelli, ein gebürtiger Piacentiner.28) Wenn dieser noch kurz vorher dafür eingetreten war, die Wahl des neuen Papstes gar nicht anzuerkennen, so war er mit seinem Scharfblick der Zeit zu weit vorausgeeilt, um Erfolg zu haben. 26 ) Greg. Reg. 1, Nr. 11. M. v. Kn. 2, S.217. — " ) M. v. Kn. 2, S.221, Bock S. 113 u. Hauck 3, S. 770 zum 30. Juni. Macdonald, Hildebrand S.95 mit dem 29. — 28 ) M. v. Kn. 2, S. 219. Bresslau, Handbuch 1, S. 478. Schwartz, Besetzung S. 137.
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ZWEITES KAPITEL.
DER SÄCHSISCHE AUFSTAND. (1073/1074.) Der Grund, weshalb die deutsche Regierung die Gelegenheit verpaßte, gleich anfangs die Rechte des Patricius zur Geltung zu bringen, lag darin, daß Heinrich den Herzog Boleslaw II. Smialy von Polen dafür züchtigen wollte, daß dieser trotz der früheren Abmachungen von 1071 Böhmen wieder verheert hatte.89) Wie üblich, sollte die Vereinigung des deutschen Heeres zur Sommerzeit stattfinden, und zwar am 22. August 1073 in Sachsen. Da kam eines der verhängnisvollsten Ereignisse der inneren deutschen Geschichte, der Aufstand der Ostsachsen und Nordthüringer, dazwischen.30) Man wird ihn besser verstehen, wenn man an die furchtbare Erbitterung zurückdenkt, mit der Karl der Große und die Sachsen einander bekämpft hatten. Sicher zitterte sie in der sächsischen Bevölkerung noch nach und steigerte die Abneigung gegen den wegen seines lockeren Jugendlebens und mancher verfehlten Maßnahme wenig beliebten Herrscher. Der Stamm war stolz auf seine ungebrochene Eigenart,30») er konnte es schlecht verwinden, daß er das Reich nicht mehr leitete, wie er es früher getan hatte. König Heinrich II., den Ottonen aus der Nebenlinie, und Konrad II., den Franken, aber Ur-Ur-Enkel Ottos des Großen, hatte er nur gegen Zugeständnisse anerkannt. 31 ) Schon Heinrich III. hegte, wie wir wissen, eine besondere Vorliebe für das Harzgebirge und Goslar. Hier erbaute er eine Pfalz und ein Stift. Man hat geglaubt, daß er und sein Sohn die schön gelegene Stadt zu ihrer festen Residenz machen wollten, aber das trifft nicht zu. Die einfachste Erklärung für die lange Anwesenheit des Hofes in Ostsachsen ergibt sich daraus, daß dort die zahlreichsten Königsgüter lagen und daher alle zugehörigen Personen am leichtesten einquartiert und beköstigt werden konnten.32) So ließen sich sehr beachtenswerte wirtschaftliche Gründe neben den persönlichen für die gleich zu schildernden Maßnahmeii Heinrichs IV. anführen. Viele dieser Güter waren während der Minderjährigkeit des Königs in fremde Hände übergegangen oder wohl auch durch schlechte Verwal2») M. v. Kn. 2, S.222. Artier S.308. — »«) M. v. Kn. 2, S. 225 if. Oundlach 2, S. 7,389. Haise S. 16, 21. Brackmann, Tribur S. 180. Kern S. 198. Carlyle 3, S. 113,129; 4, S. 177. Thompson, Feud. Germ. S. 185. — 30*) Seidluiayer S.20, 66. — 31 ) Cartellieri 2, S. 272,340. — 8 i ) Const. 1, Nr. 440, N. A. 41 (1917), S. 572. Waitz 8, S. 429. Regg. Thuring. 1, Nr. 853. Stimming, Konigsgut S. 88. Regg. Bremen 1, Nr. 271. Schrod S. 156. Eberhardt S. 15,21,44,42.
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tung heruntergekommen. Es war notwendig, den Mißbräuchen und Verlusten zu steuern, um den Ertrag zu heben. Aber man begreift auch gut, daß dadurch eine wachsende Unzufriedenheit erzeugt wurde. Hören wir darüber einen Zeitgenossen: 33 ) „Im Jahre 1068 begann der König im Oenuß seiner jugendlichen Freiheit, im ganzen römischen Reich allein Sachsen zu bewohnen, die Fürsten zu verachten, die Vornehmen hinunterzudrücken, die Niedrigen zu heben, sich der Jagd, den Spielen und anderem Zeitvertreib der Art, wie man ihm zur Last legte, mehr als der Handhabung der Gerechtigkeit zu widmen, Töchter der Adeligen an beliebige Leute unbekannter Herkunft zu verheiraten und voll Mißtrauen gegen die Mächtigen eigene Burgen zu errichten." Diese und ähnliche Vorwürfe gewähren uns einen lehrreichen, sonst sehr seltenen Einblick in die wirtschaftlichen und ständischen Verhältnisse einer wichtigen Landschaft. Ergänzen wir das eben wiedergegebene Stimmungsbild aus anderen Quellen, so treten folgende Punkte hervor: der König habe das alte Recht der Sachsen mißachtet, zahlreiche Zwingburgen errichtet, verschiedene Abgaben erpreßt, Land beschlagnahmt, den Stand der Freien verachtet und schließlich geduldet, daß die hauptsächlich aus Schwaben stammenden Befehlshaber der Burgbesatzungen sich schlimme Gewalttaten zuschuldenkommen ließen. Im Vordergrunde stand natürlich sowohl beim Adel wie bei den Bauern aus leicht erklärlichen, zum Teil rein seelischen Gründen der Haß gegen die Burgen als ragende Sinnbilder des auf dem Lande lastenden Drucks und der eigenen Hilflosigkeit. Die sächsische Freiheit, auf die man so stolz war, schien unter Mauern begraben zu werden. War es wirklich der Hauptzweck der Bauten, daß das sächsische Volk niedergehalten werden sollte? Wir begreifen vollkommen, daß man es glaubte oder dem einfachen Mann wenigstens einredete. Näher kommt man der Wahrheit, wenn man andere Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt. Die Burgen sollten als wirtschaftliche Mittelpunkte und auch als Schutzstätten beim Einbruch der slawischen Feinde dienen. Ein dem König feindlich gesinnter Zeitgenosse gibt das selbst zu, obwohl er an einer anderen Stelle die parteimäßige Auffassung vertreten hat.33a) Man wird sagen können, daß die Burgen im Kriege die Verteidigung, im Frieden die Verwaltung erleichtern und möglicherweise innere Unruhen verhindern sollten. Die Lage entsprach also der bei modernen Heeresvermehrungen, die zwar außenpolitisch begründet, aber von gewissen Oppositionsparteien bekämpft zu werden pflegten, weil sie sich innerpolitisch dadurch bedroht fühlten. Unter den acht Burgen,34) die neu errichtet wurden, steht an erster Stelle die Harzburg (sö. Goslar), deren Kirche der König prächtig ausstattete. Als neunte kam die Lüneburg 35 ) dazu, die Hauptfeste der Billunger, die Heinrich nach der Unterwerfung des Herzogs Magnus von Sachsen in seine Hand gebracht hatte. 33 ) Fnrtolf-Ekkehard, SS. 6, S. 199 zu 1068. — «3») Bruno, De hello Saxonico Kap. 32,16. — '*) Haise S. 4,8. Stimming S. 92,98. — " ) M. v. Kn. 2, S. 237. Richter 3, 2, S. 92.
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Die Anregung zu solchen Bauten kam von Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen, der seine eigene Machtstellung auf dieselbe Weise zu sichern gesucht und sich dabei auch viel Feindschaft zugezogen hatte.3*) Da er 1065 am Hofe den Ausschlag gab, wird man den Anfang der den Sachsen so verhaßten Neuerungen in diese Zeit setzen. In der Verwaltung der königlichen Güter bewährte sich Bischof Benno II. von Osnabrück vortrefflich.") Um 1028 von gemeinfreien Eltern in Schwaben geboren, Domscholaster und später Dompropst in Hildesheim, Erzpriester in Goslar, zeichnete er sich durch ungewöhnliche Fähigkeiten auf dem Gebiete des Bauwesens und der Befestigungskunde aus. Seine Vielseitigkeit erregt Staunen. Im November 1068 Bischof geworden, war er ein strenger Richter und kannte in Steuerangelegenheiten kein Mitleid. In seiner Lebensbeschreibung wird erzählt, wie er die Bauern prügeln ließ, damit sie ihre Abgaben bezahlten. Der Verfasser fügt hinzu, das sei auch wegen der Dickköpfigkeit, Unzuverlässigkeit und Hinterhältigkeit der Leute unbedingt nötig gewesen. Benno besaß das volle Vertrauen des Königs und diente ihm nach modernem Ausdruck als Haus- und Finanzminister. Diejenigen Sachsen und Thüringer, die sich widerrechtlich königlichen Besitz angeeignet hatten, nannten es begreiflicherweise ein schreiendes Unrecht, wenn sie zur Herausgabe genötigt wurden. Ebenso sträubten sich alle Pflichtigen, das zu leisten, was sie schuldig waren. Das angeblich oder wirklich verletzte alte Recht der Sachsen wird nirgends genauer umschrieben. Wahrscheinlich handelte es sich auf Seiten des Königs um das Untersuchungsverfahren (inquisitio), das zur Einforderung entfremdeten Reichsgutes angewandt wurde, den Sachsen aber als ein schändlicher Eingriff in ihre Stammesgewohnheiten erschien. Die Klage über die schlechte Behandlung der Freien zielte einmal darauf, daß die erwähnten Burgbesatzungen aus Dienstmannen bestanden, dann aber auch darauf, daß der König die Töchter edler sächsischer Familien solchen Dienstmannen zur Ehe gegeben hätte. Von königsfreundlicher Seite wurde ihm das aber gerade wieder als Verdienst angerechnet. Es kommt eben darauf an, ob die strenge Durchführung oder die Ausgleichung gewisser Unterschiede der Geburt und der Stammeszugehörigkeit gewünscht wurde oder nicht. Weitere Beschwerden betrafen die Gefangenschaft des Herzogs Magnus, der auf der Harzburg saß, und wohl auch die Absetzung des aus Sachsen stammenden früheren Bayernherzogs Otto von Northeim. Rückt man alle diese uns leider nur bruchstückartig erhaltenen und durch Parteileidenschaft entstellten Dinge in den größeren Zusammenhang der Wirtschafts- und Wehrpolitik, so sieht man in Heinrich IV. einen rücksichtslos und hastig vorwärtsstrebenden Herrscher, der zum Besten des Reiches eine starke Gewalt aufrichten und durch Hausmacht finanziell sicherstellen wollte. Die deutsche Einheit verlangte immer schwere Opfer, aber sie wäre ihrer wert gewesen. Mit der trotzigen Eigenbrötelei der Sachsen ließ '«) M. v. Kn. 1, S. 423,581; 5, S. 380. Regg. Bremen 1, Nr. 292 ff. Oben zu Anm. 365. — 3 ! ) Norbert, Vita Bennonis (rec. H. Bresslau 1902), Kap. 8. M. v. Kn. 1, S. 576. Krüger, Benno. Schmitthenner, Söldnertum S. 59. Seidlmayer S. 91.
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sich der Vorrang im Abendlande nicht behaupten und der Vorstoß des reformierten Papsttums nicht abschlagen. Am 29. Juni 1073 wurden die sächsischen Fürsten bei dem König in Goslar vorstellig, und da scheint er geringe Menschenkenntnis bewiesen zu haben.®8) Im Qefühl seines guten Rechts sah er sie als Empörer an, ließ sie, obwohl es Bischöfe, Herzöge und Grafen waren, vor verschlossenen Türen ungebührlich lange auf eine endgültige Antwort warten und ihnen schließlich durch einen Höfling seine inzwischen erfolgte Abreise eröffnen. Man denkt an das Jahr 1789 und an die Anmaßung, mit der in Versailles die Vertreter des dritten Standes behandelt wurden. Nicht erst in den Anfängen der französischen Revolution übte das Ideal der Freiheit eine unwiderstehliche Gewalt auf die Gemüter. Die sächsischen Fürsten wollten sich eine so schnöde Behandlung nicht gefallen lassen und benutzten die Vorbereitung des polnischen Aufstandes als Vorwand für ihre Rüstungen. Auf einer Versammlung, die in dem kleinen, nicht sicher zu bestimmenden Ort Normeslovo, wie man meint, nördlich des Harzes, stattfand, begründete Otto von Northeim in einer sehr geschickten Rede ihrer aller Pflicht, gegen die unerträglichen Zumutungen des Königs für ihre Freiheit die Waffen zu ergreifen.89) Nachher sprachen Erzbischof Werner von Magdeburg, Bischof Burchard II. von Halberstadt, Markgraf Dedi II. von der Ostmark, Graf Hermann, Bruder des Herzogs Magnus, gewissermaßen im Namen der Billunger, Pfalzgraf Friedrich von Sachsen aus dem Hause Goseck, Bruder Erzbischof Adalberts von Hamburg-Bremen, und schließlich zwei freie Herren von dem ihnen angetanen Unrecht. Geistliche und Laien schwuren einmütig, Widerstand zu leisten. Wer möchte an ihrem guten Glauben zweifeln? So rückte ein sächsisches Heer vor die Harzburg, auf die der König sich zurückgezogen hatte, und überraschte ihn vollkommen.10) Sein kleines Gefolge machte Widerstand unmöglich. Otto verlangte von ihm, daß die Zwingburgen niedergerissen würden, Heinrich wollte das nicht zugestehen und damit seine ganze bisherige Güter- und Verwaltungspolitik preisgeben. Obwohl die Harzburg eng eingeschlossen war, gelang es ihm, in der Nacht des 9. August durch die dichten Wälder nach Hersfeld zu fliehen.41) Der polnische Feldzug mußte natürlich verschoben werden, und zwar sollte sich das Aufgebot erst am 5. Oktober in dem jetzt abgegangenen Ort Breidingen an der Fulda (nw. Bebra) einfinden. Wir sehen, daß Heinrich IV. die Pflichten, die ihm die Ostpolitik auferlegte, nicht unterschätzte. Die Ostsachsen waren es,, die ihn hinderten, dort ganze Arbeit zu machen. Mit ihnen verbanden sich die Nordthüringer auf der Tretenburg (nw. Erfurt) und tauschten Eidschwüre aus.48) Dann entlud sich die ganze Unzufriedenheit in einem heftigen Ansturm auf die äußeren Sinnbilder der verhaßten Fremdherrschaft, die Burgen. Die Heimburg (nw. Blankenburg) wurde in wenigen Tagen genommen und verbrannt, die Hasenburg bei Groß-Bodungen (w. S 8 ) M. v. Kn. 2, S. 225,239. Haise S. 17—22, dem ich folge. — »») M. v. Kn. 2, S. 242,909. — " ) Ebd. 2, S.249. - 4 1 ) Ebd. 2, S. 253,257; 5, S.382. - « ) E bd. 2, S. 264.
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Nordhausen) von einem großen sächsischen Heere belagert, aber mit zäher Tapferkeit verteidigt.45) Graf Hermann Billung bedrängte die Lüneburg mit Übermacht so sehr, daß Heinrich am 15. August Herzog Magnus freilassen mußte, um wenigstens seine dortige bedrohte Besatzung zu retten. Die Burg selbst ging verloren.41) Der neue Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen (seit 1072) und Bischof Benno II. von Osnabrück konnten sich in ihren Amtssitzen bald nicht mehr behaupten und mußten sich dem König anschließen. Dieser hatte die Größe der ihm drohenden Gefahr zu seinem Schaden lange verkannt. Jetzt hielt er sich in der Rheingegend auf und gab sich große Mühe, eine ihm günstige Stimmung zu verbreiten, da er wohl wußte, daß die Sachsen schon an seine Absetzung dachten.46) Mit der Anpassungsfähigkeit, die er zwei Jahre später in noch schlimmerer Verlegenheit wieder bewähren sollte, faßte er den Entschluß, sich persönlich zu demütigen, um sachlich einen Erfolg zu erzielen, d. h., er schrieb einen geradezu unterwürfigen Brief an den Papst, den dieser zwischen dem 24. und 27. September 1073 mit tiefer Befriedigung empfing.4®) Ausgehend von der innigen Verbindung des Staates (regnum) und des Priestertums durch Christus, bekannte Heinrich, wegen seiner Jugend, seiner unbeschränkten Freiheit und seiner Verführung durch schlechte Ratschläge viel gesündigt, sich kirchlichen Besitz angemaßt und Simonie geübt zu haben. Er bitte um Hilfe, da er allein die kirchlichen Verhältnisse nicht bessern könne, und werde in allen Dingen sich nach dem Papste richten. Während er seine ganze Aufmerksamkeit auf den sächsischen Aufstand richten mußte, hatte Gregor am 1. Juli 1073 die Lombarden vor dem durch Heinrich IV. ernannten Erzbischof Gottfried von Mailand dringend gewarnt, weil dieser sich vermessen habe, die hochberühmte Kirche des hl. Ambrosius wie eine gemeine Magd zu kaufen, und deshalb exkommuniziert sei.47) Weit davon entfernt aber, allein auf die geistliche Löse- und Bindegewalt zu vertrauen, erkannte er die Notwendigkeit, mit den Normannen ein gutes Verhältnis herzustellen, und ging daher am 2. August zusammen mit dem Abt Desiderius von Monte Cassino nach Benevent, um von der Stadt Besitz zu ergreifen. 48 ) Fürst Landolf VI. nahm am 12. August 1073 die ihm gestellten Bedingungen rückhaltlos an und begnügte sich damit, künftig des Papstes Statthalter zu sein. Damit hörte das selbständige Herzogtum bezw. Fürstentum auf, das ein halbes Jahrtausend lang im Besitz der Langobarden gewesen war.49) Von Rechten des deutschen Reiches war wieder nicht die Rede. Gern hätte sich Gregor auch mit Robert Guiskard enger verbunden. Aber dieser verspürte nach den Erfolgen, die er über Richard von Capua davongetragen hatte, keine Lust, sich irgendwie unterzuordnen, und so ließ sich Gregor von Richard am 14. September 1073 in Capua den Alexander II. geleisteten Lehenseid wiederholen. Eingefügt wurde ein Zusatz, wonach der Fürst dem König Heinrich Treue schwören sollte, « ) Ebd. 2, S. 267. — 44 ) Ebd. 2, S. 459. — « ) Ebd. 2, S. 271. — *«) Greg. Reg. 1, Nr. 29». M. v. Kn. 2, S.269. Fliehe, Réforme 2, S. 124. Schmid, Kan. S. 170,178. Schmèidler, Heinrich S. 274. — « ) Greg. Reg. 1, Nr. 15. M. v. Kn. 2, S. 274. — « ) M. v. Kn. 2, S. 278. v. Heinemann 1, S. 265. Chalandon, Histoire 1, S. 228. Vehse, Benevent S. 105. — 4») Cartellieri 1, S. 71.
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wenn er von Gregor oder einem seiner Nachfolger dazu aufgefördert würde, unbeschadet der Treue gegen die römische Kirche.50) Die vieldeutige Verpflichtung zeigt uns ganz klar, daß die Kurie noch Wert darauf legte, die Rechte eines deutschen Kaisers zu wahren, wenn er ihr willfährig wäre. Man bewundert des Papstes vorausschauende Klugheit. Richard sah in seiner Selbstsucht nicht ein, daß sein dauernder Vorteil eine Verständigung mit Robert Guiskard verlangte und daß alle Normannen hätten zusammenhalten müssen. Robert Guiskard verdachte ihm die Unterwerfung unter den Papst sehr und begann sofort einen verheerenden Kriegszug auf Capuaner Gebiet, der es Gregor geraten erscheinen ließ, noch längere Zeit unter dem Schutze Fürst Richards zu verweilen. Hier erhielt er den erwähnten Brief König Heinrichs und teilte am 27. September dem treuergebenen Mailänder Führer der Pataria, Erlembald, mit, Heinrich habe „Worte der Süßigkeit und des Gehorsams an ihn geschrieben, wie er sich nicht erinnere, daß Heinrich selbst oder einer seiner Vorgänger jemals ähnliche an die römischen Päpste geschickt hätten". 61 ) Der Papst rechnete mit der Nachgiebigkeit des Königs in der Mailänder Angelegenheit und fürchtete auch die Normannen nicht, da er sich davon überzeugt hatte, daß sie hartnäckig in ihrer Zwietracht verharrten und ihre geplante, für die Kirche gefährliche Einigung nur dann vollziehen würden, wenn er es wollte. Die Folgen solcher Zwietracht für das geplagte Volk spielten hierbei keine Rolle in den Erwägungen des rein politisch denkenden Papstes. Den Sachsen gegenüber blieb Heinrich auf sich selbst angewiesen. Das Truppenaufgebot gegen die Polen, das, wie wir sahen, für den 5. Oktober 1073 in Aussicht genommen worden war, kam nicht zustande. Wohl aber tagten zu Gerstungen (wsw. Eisenach) am 20. Oktober Vertreter des Königs, darunter Siegfried von Mainz, der von ihm im Thüringer Zehntstreit unterstützt worden war, Anno von Köln, die Bischöfe Hermann von Metz und Hermann von Bamberg, sodann Gottfried der. Bucklige von Niederlothringen, Rudolf von Schwaben und Bertold von Kärnten mit den sächsischen Fürsten, die ein starkes Heer heranführten und Heinrich am liebsten schon jetzt im Bunde mit der Kirche beseitigt hätten.58) Das Ergebnis war, daß er auf die Niederwerfung des Aufstandes mit Hilfe der Fürsten verzichten mußte und sich mit der Prüfung der gegenseitigen Beschwerden begnügen sollte. In dem quälenden Gefühl, von seinen Unterhändlern im Stich gelassen zu werden und im Augenblick zur Gegenwehr zu schwach zu sein, schrieb er etwa um diese Zeit (November 1073) einen zweiten Brief an Gregor, den wir nur aus dessen knapper Inhaltsangabe kennen.53) Der Ton war wieder sehr unterwürfig. Der König bekannte sich schuldig, bat den Papst, seine Verfehlungen gegen das kanonische Recht und 60 ) Greg. Reg. 1, Nr. 21 ». M. v. Kn. 2, S. 279. Chalandon, Histoire 1, S. 230. Schipa S. 179. Fliehe, Belehnungen S. 26. — » ) Greg. Reg. 1, Nr. 25. M. v. Kn. 2, S. 287. Domeier, Päpste S. 15. — « ) Q r e g . Caspar zu Greg. Reg. l; S. 49, Anm. 2. Schmid, Kan.
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v. Heinemann 1, S. 267. Réforme 1, S. 130. Kehr, Kn. 2, S. 284. — 52 ) M. v. Epp. coll. Nr. 14, S. 537. S. 180.
die Satzungen der Väter wiedergutzumachen, und versprach Gehorsam und Hilfe. Sein Verhältnis zu Rudolf von Schwaben und Bertold von Kärnten war schon gespannt genug, als es durch einen neuen Zwischenfall wesentlich verschärft wurde. Ein vertrauter Rat des Königs, namens Regenger, dessen Glaubwürdigkeit nicht von vornherein verdächtigt werden konnte, behauptete im November 1073 zu Nürnberg, er sei mit anderen Männern, deren Namen er nannte, vom König zur Ermordung Rudolfs, Bertolds und noch anderer Fürsten angestiftet worden, und erbot sich zum Zweikampf mit jedermann, auch mit dem König selbst, um die Wahrheit seiner Aussage zu beweisen. 64 ) War das ein Schachzug gegen jenen Anschlag Eginos, der eigentlich den König selbst hatte treffen sollen? Erzbischof Siegfried von Mainz, der schon längere Zeit gemäß seiner unentschiedenen Art immer zu vermitteln strebte, berief einen Fürstentag nach Mainz, um die sächsische Sache und dazu jetzt auch die Anklage Regengers prüfen zu lassen. 66 ) Um rechtzeitig einen ihm ungünstigen Beschluß zu hindern, eilte Heinrich, eben von schwerer Krankheit erholt, selbst nach Worms. Die Stadt lag im Streit mit ihrem Bischof Adalbert, der den König nicht hatte aufnehmen wollen, und bereitete diesem erst recht einen begeisterten Empfang. Nicht mit Unrecht hat man hier vom Eintritt des deutschen Bürgertums in die Geschichte gesprochen. Das Zollprivileg, das Heinrich voller Dankbarkeit den hilfreichen Wormsern am 18. Januar 1074 ausstellte, ist für alle Zeiten denk«würdig. 68 ) Es heißt darin: Während alle Fürsten des Reiches unter' Verleugnung ihres Treuschwures gegen uns wüteten, haben sich die Wormser mit Todesverachtung gegen den Willen aller gerade mit uns verbunden. Während die übrigen Städte ihre Tore vor uns schlössen und Wächter aufstellten, haben die Wormser Bürger allein und einmütig ohne Unterschied der Herkunft ihre Stadt bewehrt und uns offen gehalten. Mögen alle lernen, in Nachahmung der Wormser dem König die Treue zu wahren! Man beachte die in die Zukunft weisenden Worte „ohne Unterschied der Herkunft". „Ihren unsterblichen Dank" ließ die Stadt später in einer Inschrift am Rheintore verewigen. Da außerdem aus Süddeutschland Truppen zum König stießen, wurde der Mainzer Tag recht schwach besucht, und Heinrich konnte mit den Fürsten, die gekommen waren, eine Zusammenkunft in Oppenheim verabreden. Der gerichtliche Zweikampf zwischen Regenger und Udalrich von Godesheim, der sich erboten hatte, für den König einzutreten, sollte am 13. Januar 1074 stattfinden. Inzwischen ging die Belagerung der königlichen Burgen durch die Aufständischen weiter. 67 ) Am 20. Dezember 1073 mahnte Gregor 5 8 ) sowohl den König wie die sächsischen Fürsten unter Hinweis auf die Schäden des Krieges, eine Waffenruhe eintreten zu lassen, damit er sich genau über die Sachlage unterrichten könne. Fester als vorher faßte er jetzt das Ziel ins Auge, das verschiedenen Päpsten, wie z. B. später Innocenz III., immer als das höchste vorgeschwebt hat, nämlich das 5») M. v. Kn. 2, S. 291. — « ) Ebd. 2, S. 293. - 5 6 ) Ebd. 2, S. 294,313,909. Boos 1, S. 326. v. Danckelmann S. 79. Fliehe, Rdforme 2, S. 126. — 6 7 ) M. v. Kn. 2, S. 298, 310. — 5 8 ) Greg. Reg. 1, Nr. 39. M. v. Kn. 2, S. 300. Carlyle 4, S. 178.
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schiedsrichterliche Amt ü b e r den streitenden Parteien, wobei dann der größere oder geringere Gehorsam gegen den Heiligen Stuhl den Ausschlag geben konnte. Hätte Gregor die Gesamtlage ungünstig beurteilt, so würde er kaum am 4. Dezember 1073 M ) von Philipp I. von Frankreich wegen der bei der Besetzung des Bistums Mäcon geübten Simonie gesagt haben, der König scheine den Gipfel dieses abscheulichen Verbrechens erreicht zu haben. Der Papst dachte damals nicht an einen Zusammenstoß mit dem deutschen Reich, darum konnte er gegen Frankreich so scharf auftreten. Hier sollte die kanonische Wahl künftig entscheiden, der König die Investitur, natürlich umsonst, gewähren. Verharre er im Ungehorsam und in seiner schnöden Gewinnsucht, würde das allgemeine Interdikt die Franzosen zwingen, ihm nicht mehr zu gehorchen. Man darf es nie vergessen, daß päpstliche Verdammungsurteile, wie sie im kirchenpolitischen Kampfe Heinrichs IV. weltbekannt geworden sind, zuerst Philipp I. trafen. Auch das ist wichtig festzuhalten. Die Investitur wird dem König von Frankreich gelassen, und Gregor wußte ganz genau, daß der König mancherlei Mittel in der Hand hatte, um einen ihm genehmen Kandidaten zu empfehlen und sich mit der Kurie über ihn zu verständigen. Vorläufig, in dem heißen Drang, keine Zeit zu verlieren, arbeitete Gregor darauf hin, seinen Grundsätzen Anerkennung zu verschaffen. Zur Nachgiebigkeit, zur Duldung des an sich unerwünschten Einzelfalls war immer noch Zeit. Es handelte sich für ihn darum, die weltlichen Fürsten erst einmal zu erziehen, d. h:. zum Gehorsam zu bringen. Der plötzliche Tod Regengers, der im Wahnsinn endete,60), bedeutete für Heinrich bei den damaligen Zeitanschauungen zweifellos eine Entlastung. Gott schien die Sache des Königs vertreten zu haben! Dieser brachte Ende Januar 1074 eine nicht sehr zahlreiche, aber kriegstüchtige, wohl hauptsächlich aus Dienstmannen bestehende Mannschaft wieder zu Breidingen unweit von Hersfeld zusammen 81 ) und dachte, die sehr viel stärkeren Sachsen, die südöstlich davon bei Vacha an der Werra standen, zu überraschen. Das gelang aber nicht, und es wurde verhandelt. Der sehr harte Winter empfahl den Abbruch der Feindseligkeiten. Im sächsischen Lager kam es zu einem heftigen Zwiespalt zwischen den Fürsten und den Bauern. Jene erkannten deutlich, daß ihnen eine Niederlage verderblich", aber auch ein Sieg wegen der sozialen Rückwirkungen gefährlich sein würde. Diese, aufgehetzt wie sie waren, wollten sofort losschlagen. Da setzte Otto von Northeim, dem der König die Rückgabe des Herzogtums Bayern in Aussicht gestellt hatte, es durch, daß der Frieden am 2. Februar 1074 zu Gerstungen an der Werra geschlossen wurde. 68 ) Dem König fiel es schwer, sich damit abzufinden. Von einer Bestrafung der Sachsen und Thüringer als Empörer konnte nicht mehr die Rede sein. Er mußte sogar versprechen, die verhaßten Burgen zu schleifen, den beiden Stämmen ihre Rechte und Freiheiten *») Greg. Reg. 1, Nr. 35,36. Schwarz, investiturstreit 42, S.275. Schmid, Kan. S. 174. Fliehe, Philipne S. 39l u. Reforme 2, S. 126. Mitteis, Lehnrecht S.275. — «») M. v. Kn. 2, S. 308. — 61 ) Ebd. 2, S.315; 5. S.382. — 6S) M. v. Kn. 2, S. 289,310,326. Richter 3, 2, S. 147. Riezler 1, 2, S. 124.
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zusichern und von allen Strafen absehen. Dafür erkannten sie die königliche Gewalt wieder an. Bei den Widersprüchen der sehr parteiischen Überlieferung ist es schwer zu sagen, für wen der Vertrag günstiger war. Als wesentliches Ergebnis kann angenommen werden, daß die auf beiden Seiten stehenden Fürsten Gemeinschaftsgefühl genug besaßen, um vor einer Entfesselung, sagen wir der Revolution gegen den König, zurückzuschrecken, weil sie in der Folge dann auch die Leidtragenden gewesen wären. Konnte das übermütig gewordene Volk sich später einmal nicht auch auf andere Burgen stürzen, andere Freiheiten verlangen, andere Dienste verweigern?
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DRITTES KAPITEL.
DER KAMPF UM DIE KIRCHENREFORM. (1074, 1075.) Der König versuchte, die Ausführung seines Versprechens hinauszuzögern und die Burgen womöglich zu erhalten. Denn sein Herz hing an den stolzen Mauern, die er hatte errichten lassen. Aber aufgeregte Scharen aus Sachsen und Thüringen zwangen ihn am 10. März 10T74 in Goslar, die notwendigen Befehle doch zu erlassen.63) Die Zerstörung sollte gründlich vorgenommen werden, allerdings auf der Harzburg nur soweit, wie militärische Rücksichten es nötig machten, so daß einzelne Baulichkeiten und die Kirche stehen blieben. Das sahen die umwohnenden Bauern in ihrem längst vorhandenen Mißtrauen als einen Wortbruch des Königs an, stürzten sich um Ende März auf die nicht mehr verteidigte Feste und machten sie dem Erdboden gleich. Die Kirche plünderten sie aus, zerschlugen die Altäre und die Glocken, mißhandelten die Geistlichen und legten schließlich Feuer an. Nicht einmal den Friedhof, auf dem Verwandte des Königs ruhten, verschonten sie in ihrer Wut. Die Gräber wurden erbrochen, die Gebeine in alle Winde zerstreut.64) Auch hier wieder liegen Vergleiche mit der Verwüstung der Königsgräber in Saint-Denis im August 1793 nahe, und man sieht, daß die Scheu vor kirchlichen Heiligtümern in den älteren Jahrhunderten doch vielleicht nicht so groß war, wie man meist annimmt. Die gemeine Untat flößte auch den dem König feindlich gesinnten Fürsten einen tiefen Schrecken ein. Konnte man doch nicht vorher wissen, wo und wie sich die aufgepeitschten Leidenschaften dels niederen Volkes austoben würden. Schleunigst entschuldigten sie sich bei Heinrich, dessen Zorn man sich vorstellen kann.65) Kirchenfrevel streng zu ahnden, wäre in erster Linie Aufgabe des Papstes gewesen, aber mochte er vom König dazu aufgefordert worden sein oder nicht, jedenfalls kümmerte er sich in dieser Zeit viel weniger um die sächsischen Wirren als um die Verteidigung des hl. Stuhles und um die Bekämpfung der Heiden. Die Grafen Wilhelm von Hochburgund, der ein Enkel Otto Wilhelms war,66) Raimund von Saint-Gilles, später IV. von Toulouse, und Amadeus II. von Savoyen, der Schwager Heinrichs IV., hatten wohl 1067 in Gegenwart Alexanders II. und zahlreicher Zeugen feierlich gelobt, den Besitz des hl. Petrus zu schützen. Jetzt, am 2. Februar 1074, schrieb der Papst 63 ) M. v. Kn. 2, S. 330. — « ) M. v. Kn. 2, S. 332. «•) M. v. Kn. 2, S. 337. — 66 ) Cartellieri 2, S.281.
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Hauck 3, S..771. —
an Wilhelm " ) und forderte ihn auf, samt den anderen mit Heeresmacht zu kommen, nicht um Blut zu vergießen, sondern um durch ihre bloße Anwesenheit den Normannen einen heilsamen Schrecken einzujagen und auf diese Weise deren Unterwerfung zu erleichtern. Dann könnte der Papst nach Konstantinopel gehen und den schwer bedrängten Christen helfen. Markgräfin Beatrix, ihre Tochter Mathilde und ihr Schwiegersohn Gottfried der Bucklige seien in derselben Sache tätig. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß Gregor wenig später (am 4. März) den beiden genannten Frauen schrieb,®8) daß er ihnen unter allen Fürsten des römischen Kaiserreichs besonderes Vertrauen schenke. Zum Verständnis der gegen die Normannen geplanten Unternehmung muß man wissen, daß kurz vorher Paldolf IV. von Benevent, der Sohn des päpstlichen Vasallen Landolf VI., am 7. Februar 1074 bei Montesarchio nahe bei Benevent im Kampfe gegen Robert Guiskard gefallen war.69) Nicht genug damit, ermahnte Gregor am 1. März 1074 •") auf Grund von Nachrichten, die ihm unmittelbar aus dem Morgenlande zugekommen waren, alle Christgläubigen, Konstantinopel gegen die Heiden zu schützen. Die oströmische Hauptstadt wurde tatsächlich durch das Vorrücken der seldschukischen Türken ernstlich bedroht, und die wilden Scharen hatten wie gewöhnlich schreckliche Greuel verübt.' 1 ) Daß auch die von den Petschenegen und den Usen drohende Gefahr längst nicht beseitigt war, muß man außerdem im Auge behalten. Wenn den Papst die Hoffnung beseelte, an der Spitze der streitenden Kirche das Morgenland zu befreien, so richteten sich seine kriegerischen und seine religiösen Bestrebungen auf ein und dasselbe Ziel. Daß er dabei die Vereinigung der beiden Kirchen zu fördern bemüht war, versteht sich von selbst. Das Ergebenheitsschreiben, das ihm einige Zeit vorher der Basileus Michael VII. geschickt hatte, 72 ) schien günstige Aussichten zu eröffnen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß damit auch schon die Bitte um Hilfe verbunden war. Es geschah ungefähr damals, als Michael VII. jene erwähnte verwandtschaftliche Verbindung mit Robert Guiskard plante,73) um ihn zum Verteidiger des bedrohten oströmischen Reiches zu gewinnen. Inzwischen war die Zeit der Fastensynode herangekommen, die in der Woche vom 9. bis zum 15. März 1074 in Rom stattfand. 74 ) Nachdem Gregor scharfe Worte gegen pflichtvergessene Fürsten und Priester gesprochen hatte, schärfte er allen Geistlichen wieder die Ehelosigkeit ein und erweiterte das Verbat der Simonie. Gegen Robert Guiskard schleuderte er wegen der Angriffe auf kirchlichen Besitz Bann und Interdikt. Einen Wunsch Heinrichs erfüllte er, indem er die Weihe 67 ) Greg. Reg. 1, Nr. 46 mit Nachtrag. M. v. Kn. 2, S. 341. Chalandon, Histoire 1, S. 236. Holtzmann, Studien S. 173. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 149.
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Vehse, Benevent S. 107. — 70 ) Greg. Reg. 1, Nr. 49. — 71 ) de Muralt S. 25, 27 f. Vasiliev 1, S. 471. Holtzmann, Studien S. 175, Anm. 2. — 7 ! ) Greg. Reg. 1, Nr. 18 u. S. 348. Dölger 2, Nr. 988. Holtzmann, Studien S. 172. — ™) oben Buch 1, Anm. 512. — 7*) M. v. Kn. 2, S. 347,456,909 ; 5, S.382. Richter 3, 2, S. 154, Anm. 1. Hauck 3, S. 774. Chalandon, Histoire 1, S. 237. Schipa S. 180. Fliehe, Réforme 2, S. 134 mrt dem Jahr.
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Anselms II. von Lucca verschob, bis ihn der König investiert hätte.' 5 ) Dem Bischof von Die (sö. Valence), Hugo von Romans, erteilte er allerdings die Bischofsweihe, ohne daß dieser die Investitur empfangen hatte. 76 ) Doch ließ sich das damit erklären, daß er ihn schon damals als seinen Legaten nach Frankreich zu entsenden gedachte, wie das dann erst im folgenden Jahre auch geschah. In der Mailänder Sache verwarf er den vom König ernannten Erzbischof Gottfried endgültig und ernannte seinerseits Atto.") Die Folge war, daß die Pataria neu auflebte und ihr Führer Erlembald sich nicht scheute, gottesdienstliche Handlungen zu stören, wenn sie den Vorschriften der Reformpartei widersprachen. Ehe der Monat März 1074 zu Ende gegangen war, schickte der Papst verschiedenen Kirchenfürsten in Deutschland genauere Weisungen, 78 ) um der simonistischen Ketzerei und der Unzucht der Geistlichen ein Ende zu machen. Die Schuldigen sollten abgesetzt und dem Volke sollte verboten werden, ihrem Gottesdienst beizuwohnen, damit sie sich aus Furcht vor Beschimpfung besserten. Mit vollem Recht hat ein trefflicher und gelehrter Zeitgenosse, der Mönch Sigibert von Gembloux, an der Kundgebung des Papstes Anstoß genommen. Sie mußte schließlich dazu führen, wie es auch die Folge gezeigt hat, daß die kirchlichen Handlungen von erregten Scharen gestört wurden.78») Gregor ließ sich von seiner Leidenschaft, die vollkommene Reinheit der Kirche wiederherzustellen, zu weit fortreißen. Noch dachte Heinrich nicht an Widerstand. Bald nach Ostern (20. April) 1074 traf er in Nürnberg mit den päpstlichen Legaten Hubert von Palästrina und Gerald von Ostia zusammen.79) Außer mehreren geistlichen Fürsten, wie Siegfried von Mainz und Liemar von BremenHamburg, war auch die Kaiserin-Mutter Agnes zugegen, die sicher auf ihren Sohn im Sinne des kirchlichen Gehorsams einwirkte. Der König war durch seinen Verkehr mit den im Jahre vorher durch Alexander II. gebannten Räten selbst dem Banne verfallen.80) Jetzt wurde er davon gelöst, nachdem er bereut und hinsichtlich Simonie und Cölibat alles Verlangte versprochen hatte. Auch die Räte selbst erhielten nach einer ebensolchen Erklärung Absolution. Der König und Rudolf von Schwaben söhnten sich aus. Soweit mußte das Ergebnis der Nürnberger Zusammenkunft den Papst durchaus befriedigen. Der König schien wirklich gehorchen und die Reform durchführen zu wollen. Da erhob sich das deutsche Bischoftum in seinem begreiflichen Stolz auf seine führende Stellung in der christlichen Welt und seine weitgehende Selbständigkeit gegen den ihm verdächtigen Versuch, es durch Legaten aus der Ferne regieren zu lassen.") In seinem Namen sprach LiemaT von Hamburg-Bremen, und aus dem ™) M. v. Kn. 2, S. 354. Schwartz, Besetzung S.213. — 7«) M. v. Kn. 2, S. 355. Fliehe, Réforme 2, S. 217. Rony, Hugues. Schieffer S. 89, Anm. 1, u. 92 mit der Zeit. — " ) M. v. Kn. 2, S. 368. Brown S. 269. — 78 ) Greg. Epp. coll. Nr.3—5. M. v. Kn. 2, S. 456 zu 1075. Fliehe, Réforme 2, S. 136 zu 1074. — 7 «") Chronik, SS. 6, S. 362 zu 1074. Mirbt S. 267, 449,456. Hauck 3, S. 782. — " ) Greg. Reg. 1, Nr. 85. M. v. Kn. 2, S. 354,377,382. Hauck 3, S. 771,774. Schumann S. 23. Fliehe, Réforme 2, S. 150. Regg. Bremen 1, Nr. 353. BulstThiele S. 98.— 80 ) Fliehe, Réforme 2, S. 121, Anm. 2. Oben S. 106.— 81 ) Schieffer S. 88.
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Plane, eine große Reformsynode unter dem Vorsitz der Legaten in Deutschland einzuberufen, wurde nichts. Die Nachgiebigkeit Heinrichs in Nürnberg hatte wahrscheinlich ihren Grund in der Notwendigkeit, in Ungarn einzugreifen. Man müßte sich wundern, wenn Heinrich nicht den lebhaften Wunsch gehabt hätte, dem Beispiel seines Vaters zu folgen und die Abhängigkeit des den Weg nach dem Osten beherrschenden Reiches sicherzustellen. Nach der Verheiratung seiner Schwester Judith (Sophie) mit König Salomo 1063 hatte zwischen diesem und seinen Vettern, den Söhnen Bêlas I., namentlich dem älteren Geisa I. Magnus und dessen Bruder Ladislaus I. dem Heiligen, ein erträgliches Verhältnis bestanden. Salomo errang schöne kriegerische Erfolge, nahm zeitweilig den Oströmern Belgrad ab 82 ) und besiegte die Petschenegen wie die Bulgaren. Bei der engen Anlehnung des Königs an Deutschland konnte es nicht wundernehmen, daß der deutsche Einfluß stieg, was namentlich den Gästen (hospites) zugute kam. Warum sich Geisa und Ladislaus gegen Salomo empörten, steht nicht fest. Vermutlich wollten sie sich auf die Dauer nicht mit einer untergeordneten Stellung begnügen, und es ist ja aus anderen Zeiten bekannt, wie heftig der ungarische Thron von den verschiedenen Bewerbern umstritten wurde.83) Geisa baute auf den Beistand des Papstes, der ihn als einen besonders treuen Anhänger schätzte und seinen Feinden mit dem apostolischen Zorn drohte. 81 ) So schlug Geisa 1074 los, und Salomo mußte an den deutschen Hof fliehen.86) Heinrich wußte, was auf dem Spiele stand, und dachte nicht daran, die östlichen Dinge zu vernachlässigen. In aller Eile raffte er so viele Truppen zusammen, wie er konnte, und wollte Ende Mai 1074 von Regensburg aus vorgehen, mußte aber davon absehen, weil ihm gemeldet wurde, Anno von Köln habe Wilhelm den Eroberer angestiftet, die Pfalz Aachen zu überfallen. 86 ) Der König-,Herzog befand sich damals in der Normandie, aber was ihn bewogen haben könnte, an einen durch nichts herausgeforderten Einbruch in Lothringen zu denken, bleibt völlig unklar. Von einer anderen Quelle wird behauptet, Heinrich habe Wilhelm, allerdings vergeblich, gegen die aufrührerischen Sachsen um Hilfe gebeten. Anno stand damals in heftigem Gegensatz zu seiner reichen und stolzen Bürgerschaft. Am 23. April 1074 kam es zu Unruhen, weil seine Leute sich an dem Schiff eines Kaufmanns vergriffen hatten, und es blieb dem Erzbischof nichts anderes übrig, als • sich vor den Gewalttaten der hocherregten Menge in Sicherheit zu bringen. Aber schon nach wenigen Tagen konnte er zurückkehren und ein grausames Strafgericht an den Schuldigen vollstrecken.87) Als Heinrich an den Rhein gekommen war, um die Schuldfrage zu klären, ließ er sich von Anno beschwichtigen und ging dann weiter nach Aachen, um die Grenze gegen einen uns unbekannten Feind zu sichern. m) Dölger 2, Nr. 990». v. SiSié 1, S. 261. — 8S) Cartellieri 2, S. 421,433. — ) Greg. Reg. 1, Nr. 58, 17. März 1074. — « ) M. v. Kn. 2, S. 120,384. Schuster S. 14. Schünemann S. 83. Riezler 1, 2, S. 125. — ««) Freeman, N. C. 4, S. 538. M. v. Kn. 2, S. 389. Bauernfeind S.71. — ") M. v. Kn. 2, S.392. v. Danckelmann S. 89. Bauernfeind S. 68.
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Der Kölner Aufstand behält seine Bedeutung in der deutschen Verfassungsgeschichte neben der Haltung der Wormser Bürger im Jahre vorher. Demokratische Kräfte regten sich zuerst am Rhein, und die bisherige geistliche Regierung erschien an verschiedenen Orten unerträglich. Da erhielt der König Mitte Juli 1074 ein besonders dringendes Hilfegesuch Salomos von Ungarn, der sein Reich zu Lehen zu nehmen versprach. Gern hätte er ein Reichsheer gegen Ungarn geführt, aber die Fürsten entzogen sich unter mehr oder minder fadenscheinigen Vorwänden dem Aufgebot, und er konnte deshalb im August nur seine Dienstmannen über die Grenze führen. Er kam auch bis Waitzen (Väcz) an der Donau (n. Ofenpest), es gelang ihm aber nicht, Geisa I. zum Kampfe zu zwingen. Bald machte die Verpflegung Schwierigkeiten, da Geisa mit großem Geschick alle Lebensmittel weggeschafft und sich selbst auf eine unzugängliche Insel, wohl der Donau, zurückgezogen hatte. Nach dem 29. September weilte Heinrich schon wieder in Worms. 88 ) Man muß es festhalten: die königliche Ostpolitik wurde durch die fürstliche Innenpolitik gehemmt. Trotzdem war der Zug nicht vergeblich gewesen. Salomo konnte sich dank einer deutschen Mannschaft auf ungarischem Boden nahe der Grenze behaupten, ließ sich von Heinrich belehnen und trat einige feste Plätze, darunter Wieselburg, die uns bekannte Einfallspforte nach Ungarn, ab. Das Bistum Freising sollte diese und andere Befestigungen im Stande erhalten. Den Erfolgen Heinrichs standen Mißerfolge Gregors gegenüber. Höchst ungehalten über Salomos Eintritt in das deutsche Lehensverhältnis, äußerte sich der Papst in einem Briefe an ihn vom 28. Oktober 1074: 8J ) Stephan (der Heilige) habe doch Ungarn dem hl. Petrus zu eigen gegeben und Heinrich III. habe nach dem Siege (bei Menfö) die Lanze und die Krone des Reiches am Grabe des Apostelfürsten niederlegen lassen. Er machte ihn in strengen Worten auf die bedenklichen Folgen seiner Verirrung aufmerksam und ermahnte ihn, sein Zepter als Lehen des Apostels, nicht des Königs anzuerkennen. In Italien waren die Dinge ganz anders verlaufen, als der Papst es im März erwartet hatte. Zwar war es ihm dank der Hilfe des Fürsten Gisolf II. von Salerno sowie der Markgräfin Beatrix und ihrer Tochter Mathilde gelungen, Mitte Juni 1074 in der Nähe von Viterbo ein Heer gegen die Normannen aufzustellen,90) aber die Pisaner nötigten den ihnen verhaßten Gisolf zur schleunigen Abreise, und auch Beatrix mußte wegen eines Aufstandes ihrer lombardischen Vasallen umkehren. Es nützte nichts, daß sie und Mathilde, wie der Papst schrieb, sich Tag und Nacht für ihn plagten. Das ganze Unternehmen scheiterte hauptsächlich deshalb, weil Gottfried der Bucklige die dem Papst versprochene Waffenhilfe nicht geleistet hatte.91) Aber trotz aller Widerwärtigkeiten, auch trotz einer eigenen schweren Erkrankung verlor Gregor seine Absichten auf das Morgenland nicht aus 8«) Fessier 1, S. 170. M. v. Kn. 2, S. 402. Schuster S. 16. Schünemann S. 86. Schmitthenner, Lehnskriegswesen S. 237. — " ) Greg. Reg. 2, Nr. 13. M. v. Kn. 2, S. 431. Cartellieri 2, S. 254,432,436. — 9°) Gregorovius 4, S. 171. M. v. Kn. 2, S. 416. Fliehe, Réforme 2, S. 170. — 91) Greg. Reg. 1, Nr. 72, 7. April 1074. M. v. Kn. 2, S. 363.
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den Augen. Sie mochten ihn auch schon bei seinem Wunsche, die Oberhoheit über Ungarn zu gewinnen, stark beschäftigt haben. Karl der Oroße hatte die Führung der Waffen gegen die Heiden sich selbst vorbehalten und dem Papst nur die Aufgabe gestellt, für den Sieg zu beten.9*) Gregor VII. dachte anders. In bedeutsamen Briefen aus dem Dezember 1074 betonte er seine aufrichtige Liebe für den deutschen König und entwickelte ihm seine großartigen Pläne.93) Von tiefem Schmerz erfüllt, forderte er zur Hilfeleistung für die von den Ungläubigen mißhandelten Christen im oströmischen Reich auf. Schon seien 50000 (!) Italiener und Ultramontane bereit, unter seiner, des Papstes, Führung bis zum hl. Grabe vorzustoßen. Die inbetreff des hl. Geistes 98a ) abweichende morgenländische Kirche erwarte die Glaubensentscheidung des hl. Petrus. Dem König überlasse er während seiner eigenen Abwesenheit den Schutz der römischen Kirche. Die Kaiserin-Mutter Agnes und die Gräfin Mathilde würden ihn, den Papst, begleiten, die Markgräfin Beatrix dagegen im Lande bleiben und für Ordnung sorgen. Schon erging an alle Gläubigen des hl. Petrus, insbesondere die Ultramontanen, ein dringender Aufruf. Schon einmal hatte ein Papst, Sergius IV. (1009—1012), sich unter Hinweis auf die 1009 durch den Fatimidenchalifen Hakim geschehene Zerstörung der Kirche des Heiligen Grabes an alle Geistlichen und Laien gewandt und seine feste Absicht kundgetan, zusammen mit allen, die sich anschließen würden, selbst zur Hilfeleistung aufzubrechen, und zu Rüstungen aufgefordert. 94 ) Einige Jahre später, 1016, war es Benedikt VIII. gewesen, der zwar kein fernes Unternehmen ins Auge faßte, aber doch durch seine kriegerischen Maßnahmen den Sieg Pisas und Genuas an der Küste Sardiniens vorbereitete.95) Aber daß jetzt ein Papst und zwei Fürstinnen das Schisma von 1054 rückgängig machen, die östliche Kirche mit der westlichen vereinigen, den Islam zurück* schlagen und schließlich Jerusalem befreien wollten, das wäre wirklich ein zugleich geistliches und militärisches Unternehmen geworden, das nach dem Urteil eines neueren Historikers Napoleon L in den Schatten gestellt hätte.96) Es nimmt nicht wunder, daß die hochfliegenden Entwürfe, die Gregor beschäftigten, seine Nervenkraft aufs äußerste anspannten. In einem vertraulichen Brief an Abt Hugo von Cluni vom 22. Januar 10759T) bekannte er, daß die Last der Geschäfte ihn fast erdrücke und er wegen der allgemeinen Schlechtigkeit der Menschen in unermeßlichen Schmerz versinke. Das Schicksal der morgenländischen Kirche, die auf Anstiften des Teufels vom katholischen Glauben abgefallen sei, gehe ihm sehr zu Herzen. Wohin er auch blicke, im Westen, Süden oder Norden sehe er weder Bischöfe noch weltliche Fürsten, die täten, was sie sollten. Die Römer, Langobarden und Normannen seien, wie er ihnen oft sage, in gewisser Beziehung schlimmer als die Juden und Heiden. 92 ) Cartellieri 1, S.211. — 9a ) Qreg. Reg. 2, Nr. 30,31 u. Nachtr. M.v. Kn. 2, S. 342,437,441. Norden S. 39. Gottlob, Kreuzzugsablaß S. 49. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 131. Greg. Reg. 2, Nr. 37,16. Dez. 9M. v. Kn. 2, S. 441. Greg. Epp. coli. Nr. 11, (Dez. 16), M. v. Kn. 2, S. 442. — »«) Oben Buch 1, Anm. 213. — S1 ) Lair 1, S. 47. Cartellieri 2, S.312. Hatem S. 42. Erdmann, Aufrufe S. 11 u. Kreuzzugsged. S. 102. — 95) Cartellieri 2, S. 314. — 9«) Macdonald, Hildebrand S. 139. — « ) Greg. Reg. 2, Nr. 49, dazu 1, Nr. 62. M. v. Kn. 2, S.449.
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C a r t e l l i e r i , Der Aufstieg des Papsttums.
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W i r erkennen hier eine Vorbereitung auf die Kreuzzüge 9 S ) und glauben, daß Urban II. das Vermächtnis seines großen Vorgängers verwirklicht hat. Festzuhalten ist besonders, wenn man auf den vierten Kreuzzug vorausschaut, Gregors kirchlich-politische Sorge um das oströmische Reich. Aus trüben Stimmungen erklärte sich der eigenartige Plan des Papstes, einen Sohn Svens II. Estrithson von Dänemark nach einem „benachbarten, am Meere gelegenen sehr reichen Lande, das im Besitze gemeiner und feiger Ketzer sei", zu ziehen und dort einen Staat zu gründen, dessen Ritterschaft zur Verfügung der Kurie stünde.99) Wäre das gelungen, so hätte er den mehr oder weniger italianisierten N o r mannen unverbrauchte Dänen gegenüberstellen können. Das Land ist nicht genannt, aber wahrscheinlich Dalmatien gemeint. Gregor wollte sich, kurz gesagt, eine eigene Kriegsmacht schaffen, um vom guten Willen der weltlichen Fürsten unabhängig zu sein. Er fühlte sich vereinsamt und von denen im Stich gelassen, die seine Helfer hätten sein sollen, von den Bischöfen. W i r sahen, daß die deutschen von den Neuerungen, die er selbst als Rückkehr zur alten Kirche betrachtete, nichts wissen wollten. Ein halbes Jahrhundert vorher, 1023, hatte Aribo von Mainz einmal den Versuch gemacht, die Selbständigkeit der deutschen Kirche gegen Benedikt V I I I . zu wahren, 100 ) aber unvorhergesehene Ereignisse hatten den Plan im Keime erstickt. Jetzt konnte Liemar von Hamburg-Bremen als Führer des Widerstandes gelten, 101 ) da Siegfried von Mainz nicht charaktervoll genug war, um entschieden hervorzutreten. Liemar nannte den Papst einen gefährlichen Menschen, der den Bischöfen Befehle geben wolle wie seinen Pächtern und sie, wenn sie nicht nach Rom gingen, ohne Gericht suspendiere. Namentlich erregte die erzwungene Ehelosigkeit der Geistlichen starke Unzufriedenheit, 102 ) und es fiel nicht schwer, gute Gründe dagegen vorzubringen: die Menschen seien keine Engel und wer der Natur Halt gebieten wolle, mache der Unzucht und Unreinheit freie Bahn. Ähnlich wie in Deutschland ging es in Frankreich und im englischr normannischen Staate. 103 ) Vor allem wollte die niedere Geistlichkeit vom Cölibat nichts wissen. Daß Philipp I. seinen ganzen Charaktereigenschaften nach nicht der Mann war, sich für die Reform einzusetzen, ist bekannt. Bei Wilhelm dem Eroberer und der Königin Mathilde finden wir wohl den guten Willen, aber ihm Geltung zu verschaffen, erforderte Zeit und Mühe. Wilhelm hatte England mit einem vom Papst geweihten Banner erobert. Zum Dank stiftete er Haralds Standarte nach Rom. 104 ) Aber dieses äußere Zeichen der Ergebenheit und sein fester Wille, die Reform in seinen Landen durchzuführen, konnten nicht darüber täuschen, daß er der Herr seiner Kirche bleiben wollte. 106 ) Er übertrug 98 ) v. Sybel, Erster Kreuzzug S. 169 anders. Erdmann, Kreuzzugsged. — Greg. Reg. 2, Nr. 51. M. v. Kn. 2, S. 444. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 200. — 10°) CarteUieri 2, S. 326. — 101) Regg. Bremen 1, Nr. 555. M. v. Kn. 2, S. 446. — 10*) M. v. Kn. 2, S. 410,909 ; 5, S. 382. — 103) Fliehe, Réforme 2, S. 167. — IM) Freeman, N. C. 4, S. 61. Oben Buch 1, Anm. 453. Meyer, Sturmfahne S.223. — 105 ) Freeman, N. C. 4, S.320. Ramsay, Foundations 2, S. 81,109. Adams S. 21. Stenton, William S. 376. Corbett 5, S. 315. Brooke S. 132 ff. 9S )
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einfach die ihm geläufigen normannischen Bräuche, die in seiner unbeschränkten Herrschaft gipfelten, auf das Inselreich. Drei Punkte zeichneten sich dabei besonders deutlich ab: er behielt sich erstens die Anerkennung eines neuen Papstes und die Einführung päpstlicher Briefe vor. Ohne seine Einwilligung sollten zweitens Beschlüsse nationaler Konzile und drittens Bannurteile über seine Barone und Diener, selbst wenn diese Verbrechen begangen hatten, keine Gültigkeit haben.106) Die guten Beziehungen zum Papsttum wurden dadurch vorerst nicht getrübt. Gregor schrieb mehrfach sehr freundlich an ihn 101 ) und dankte ihm am 4. April 1074 in herzlichen Worten für den Glückwunsch zu seiner Erhebung,108) aber unmittelbare Hilfe konnte er von ihm doch nicht erhalten. Man kann mit Fug bezweifeln, ob der König sie geleistet haben würde, wenn er die Hände frei gehabt hätte. Das war aber so bald nach der Eroberung durchaus nicht der Fall. Wilhelm regierte die englische Kirche nach seinem Willen. Mit Hilfe päpstlicher Legaten entfernte er gewisse Bischöfe und Äbte und ersetzte sie durch Männer, die sein volles Vertrauen besaßen. Auch Stigand von Canterbury mußte weichen, und an seine Stelle trat am 15. August 1070 Lanfrank, der dem König schon in früheren Jahren so vortreffliche Dienste geleistet hatte und der inzwischen (seit 1063) Abt des von Wilhelm neugegründeten Klosters St. Stephan zu Caen gewesen war. In seiner hohen Stellung gab sich Lanfrank die größte Mühe, die durch die kriegerischen Wirren und die politischen Umwälzungen wirtschaftlich und geistig heruntergekommene englische Geistlichkeit wieder auf eine höhere Stufe zu heben. Ihm zeigte sich der König, der sonst so abweisend sein konnte, immer liebenswürdig und übertrug ihm auch während seiner Abwesenheit die Leitung der Staatsgeschäfte. 109 ) Ihre Zusammenarbeit hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, die Eroberung zu befestigen und ihr manche Schärfe zu nehmen. Gregor war weit davon entfernt, sich durch den heftigen Widerstand, auf den er stieß, von seinen Reformplänen abbringen zu lasseil. Auf der römischen Fastensynode, die vom 24. bis 28. Februar 1075 im Lateran tagte, ging er gegen Einzelpersonen, die sich vergangen hatten, scharf vor.110) Die fünf Räte des Königs, „nach deren Rat", wie es heißt, ,„die Kirchen verkauft werden", sollten sich bis zum 1. Juni in Rom verantworten und andernfalls dem Bann verfallen. Es waren dieselben, die im Jahre vorher durch die Legaten in Nürnberg absolviert worden waren.111) Wir müssen demnach annehmen, daß sie ihr Verhalten nicht geändert hatten. König Philipp von Frankreich, der trotz aller schönen Worte 112 ) durch seine Mißregierung den Papst längst aufs äußerste gereizt hatte, sollte auch dem Bann verfallen, wenn er nicht den zu ihm gehenden Legaten 106 ) Eadmer, Hist. Novorum, Migne, P. 1. 159, Sp. 352. Adams S. 50. — ') Oreg. " " " — ' • •»• - — • Macdonald, p e s. 217. Lanfranc Macdonald, Lanfranc S. 56,64,1 _ . Kn. 2, S.451. Hauck 3, S. 777. Carlyle 4, S. 76. Fliehe, Réforme 2, S. 174. Schmid, Kan. S. 184. Salloch S. 18, Anm. 105. Whitney S. 35,94. Macdonald, Hildebrand S. 142. — i " ) Oben Buch 2, Anm. 79. — 1 I 2 ) Greg. Reg. 1, Nr. 75, 13. April 1074. M.v.Kn. 2, S. 372. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 147. 10
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Gewähr für Entschädigung und Besserung gäbe. In einem früheren Briefe vom 8. Dezember 1074 war er ein „reißender Wolf, ein ungerechter Tyrann, Feind Gottes und der heiligen Kirche" genannt worden.113) Über die Zustände in Frankreich hatte sich der Papst die allerübelste Meinung gebildet. Er sah dort allgemeine Straflosigkeit für Bösewichte, dauernde Fehden, Mordtaten, Brandstiftungen, Meineide, Heilige tumsschändung, Unzucht, Räuberei innerhalb derselben Familie, Mißhandlung der die Schwellen der Apostel besuchenden Pilger und Aus,plünderung italienischer Kaufleute. Der König sei der Anstifter und die Ursache aller dieser Frevel.114) Dunkler konnte das Bild kaum gezeichnet werden. Erzbischof Liemar von Hamburg-Bremen wurde auf der Synode wegen hochmütigen Ungehorsams suspendiert.115) Dasselbe Schicksal traf drei deutsche und zwei italienische Bischöfe. Dionysius von Piacenza, ein bekannter Gegner der Pataria, wurde gleich abgesetzt, Robert Guiskard ebenso gebannt wie sein Neffe Robert von Loritello wegen ihrer Angriffe auf den Besitz des hl. Petrus. Ein allgemeines Verbot der Laieninvestitur, das sich besonders gegen Heinrich gerichtet hätte, erging auf dieser Synode noch nicht,116) wohl aber wurde die kanonische Wahl der Bischöfe als Kernstück der Kirchenlehre im Hinblick auf die noch ungeklärten Verhältnisse in Mailand allen Fürsten und Völkern anbefohlen und damit die Investitur mittelbar beseitigt. Der Papst erklärte sich aber bereit, mit Gesandten des Königs über Milderungen des Urteils zu verhandeln, um ihn nur ja in keiner Weise zu beschweren. Er wußte genau, welch große Verantwortung er durch alle diese Maßnahmen auf sich lud. Er hatte aber auch nicht versäumt, sich selbst durch gründliche Vertiefung in das kanonische Recht über seine letzten Ziele klar zu werden. So war der sogenannte Dictatus papae entstanden,117) sein eigenstes Werk, vielleicht ursprünglich als Kundgebung für die Februarsynode gedacht, ein bei aller Kürze großartiger Versuch, die Stellung des Papstes in der Welt zu bestimmen und Richtlinien für seine Amtsführung zu ziehen. Man hat nachgewiesen, daß Pseudoisidor die Hauptquelle ist,118) erst an zweiter Stelle kommt Gregor I., und Augustin wird man in diesem Zusammenhang nur mit großer Zurückhaltung erwähnen. Die 27 scharf gemeißelten Sätze sind gewissermaßen die Pfeiler, auf denen künftig das hochragende, weltumspannende Gebäude der päpstlichen Weltregierung ruhen soll. Alle sind wichtig, haben die Jahrhunderte überdauert und beweisen immer wieder den Zusammenhang mit dem Imperium Romanum. Drei Hauptpunkte sind im Inhalt zu unterscheiden: die Ablehnung aller auf Gleichstellung abzielenden Ansprüche des Patriarchen von Konstantinopel, wobei man sich der gegen Kerullarios gerichteten Schriften Humberts von Silva Candida erinnert; sodann die starke Betonung 11S ) Greg. Reg. 2, Nr. 32, 8. Dez. 1074. — Greg. Reg. 2, Nr. 5, 10. Sept. 1074 ; 2, Nr. 18, 13. Nov. 1074. M. v. Kn. 2, S. 426,435. Fliehe, Réforme 116 2, S. 162. — i » ) Regg. Bremen 1, Nr. 356. — ) Schmid, Kan. S. 184. — " ' ) Greg. Reg. 2, Nr. 55 », S. XV, 708. Caspar, Gregor S. 20. Fliehe, Réforme 2, S. 190. Schneider, Mittelalter S. 280. Wühr S. 114. Macdonald, Hildebrand S. 244. Koebner. Hofmann, Dictatus. — 118 ) Hartmann, Primat, bes. S. 96.
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der Disziplinargewalt des Papstes besonders im Hinblick auf seine Legaten und auf die Ladungen nach Rom; endlich das Festhalten an dem unbedingten Vorrang der römischen Kirche und des Papstes. Man muß sich einige Sätze im Wortlaut vergegenwärtigen, um einen Eindruck von ihrer Wucht zu bekommen: Die römische Kirche ist von Gott allein gegründet (1). Allein der römische Bischof soll von rechtswegen der allgemeine genannt werden (2). Allein der Papst darf Bischöfe absetzen und wieder annehmen (3) sowie kaiserliche Abzeichen benutzen (8). Er darf Kaiser absetzen (12), darf aber selbst von niemandem gerichtet werden (19). Für katholisch soll nicht gehalten werden, wer nicht mit der römischen Kirche übereinstimmt (26). Untertanen darf der Papst von der Treue gegen schlechte Menschen absolvieren (27). Heinrich sah mit Recht noch keinen Grund, an Gegenmaßregeln zu denken. Der Papst hatte ja insofern ganz Recht, daß er nichts Neues verkünden, nur guten alten Brauch wieder zu Ehren bringen wollte. Theoretisch sehr weit gehende Kirchenlehren hatte es immer gegeben. So lange sie nicht in die Praxis umgesetzt wurden, bedeuteten sie für den Staat keine Gefahr. Daß der leidenschaftliche und geschickte Führer der Mailänder Pataria, Erlembald, den man für alle Nöte der Stadt, ja sogar für eine verheerende Feuersbrunst verantwortlich machte, Ende Juni 1075 von seinen Feinden erschlagen wurdey119) nützte der Sache Heinrichs ohne jeden Zweifel. Niemand konnte in der Bewegung den Verlust des Führers ersetzen, und sie gewann nicht wieder ihre frühere Bedeutung. Als ihre dauernde Leistung ist festgestellt worden, daß sie die ausschließliche Gewalt des Erzbischofs brach und der Kommune mit ihren Konsuln den Weg bereitete. Dem König kam weiter zustatten, daß Erzbischof Wibert von Ravenna, der frühere königliche Kanzler, die Unzufriedenheit gegen Gregor schürte und daß wohl im Einverständnis mit ihm Kardinal Hugo der Weiße vom Papst abfiel.120) Man weiß, welchen hervorragenden Anteil Hugo an der Erhebung Gregors gehabt hatte. Wahrscheinlich glaubte er, nicht genügend dafür belohnt zu sein, und suchte, sich daher mit Hilfe des Königs zu rächen. Noch galt aber die Aufmerksamkeit Heinrichs nicht in erster Linie den kirchlichen, sondern den weltlichen Dingen. Wie heftig mußte er darnach verlangen, den unbotmäßigen Ostsachsen und den seltener genannten Nordthüringern seine Macht zu zeigen und sie für die Harzburger Untat zu züchtigen! Seit dem Ende des vorhergehenden Jahres betrieb er mit großer Geschicklichkeit die Vorbereitungen zum Krieg gegen sie, was um so weniger auffiel, als sie sich auch gegen die Ungarn richten konnten. Die Sachsen bekamen aber doch Angst, da Heinrich; diesmal auf die Waffenhilfe der Herzöge Rudolf von Schwaben, Bertold von Kärnten und Gottfried von Niederlothringen sowie auf Zuzug aus anderen Reichsteilen zählen konnte. « » ) M. v. Kn. 2, S. 476. Richter 3, 2, S. 194, Anm. Savio 1, S. 435: nach 28. Juni. Brown S. 275. — " » ) M. v. Kn. 2, S. 478,480. Voosen S.67.
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NaCh fruchtlosen Verhandlungen kam es bei Homburg unweit der Unstrut (n. Langensalza) am 9. Juni 1075 zu einer Schlacht, die uns nur recht ungenau überliefert ist. Schwaben und Bayern hatten auf Seiten des Königs den Vorstreit, konnten aber nichts ausrichten und erlitten schwere Verluste, bis es den Franken, den Niederlothringern und den Böhmen gelang, den Sieg zu erringen. Es nützte nichts mehr, daß Otto von Northeim, der Bayern nicht wiederbekommen und sich für seine Stammesgenossen entschieden hatte, mit wahrem Heldenmut den Widerstand zu verlängern suchte. Er wurde geschlagen, und der König verwüstete das sächsische Land mit Feuer und Schwert.121) Nach Mitte Juli konnte er aber sein Heer nicht länger zusammenhalten und mußte es gemäß der Sitte der Zeit entlassen.182) Seines Sieges froh, hatte er jetzt die feste Absicht, sich mit Gregor zu vertragen und dadurch, daß er dessen kirchliche Wünsche besonders hinsichtlich der Investitur erfüllte und die oft erwähnten Mißbräuche abstellte, sich die Kaiserkrönung zu sichern. Er wußte aber auch, daß fast alle seine Fürsten, das heißt doch wohl hauptsächlich die geistlichen, aus den früher dargelegten Gründen gerade die ihnen ärgerliche Reform keinesfalls wollten. Deshalb schrieb er dem Papst heimlich einen Brief, der Ende Juli 1075 ankam 123 ) und nur der Kaiserin Agnes, der Markgräfin Beatrix und ihrer Tochter Mathilde mitgeteilt werden sollte. Es verdient deutlich hervorgehoben zu werden, daß diese Damen damals auf beiden Seiten volles Vertrauen genossen. Auch Gregor war einer Verständigung geneigt und hatte dem König schon vorher, am 20. Juli, ein freundliches Schreiben mit der Aufforderung gesandt, 121 ) von Simonie abzusehen und den Cölibat durchzuführen. Es erschien möglich, daß der König seinen Einfluß auf die Bischofswahlen bis zu einem gewissen Grade weiter übte, aber natürlich ohne jeden Versuch, dabei Geld oder Geldeswert zu gewinnen. Noch Anfang September gab Gregor seiner Freude darüber Ausdruck, daß „der Hochmut der dem König zu Unrecht widerstehenden Sachsen gebrochen sei".185) Aber schon wenige Tage später, am 11. September 1075, sprach er seine Verwunderung darüber aus,126) daß der König auf einmal über das geplante Abkommen nicht mehr bloß mit ihm geheim, sondern öffentlich mit den Fürsten verhandeln wolle, argwöhnte sofort, daß es jenem überhaupt nicht Ernst damit sei, und lehnte es ab, auf den Vorschlag einzugehen. Gottfried von Niederlothringen, der bekanntlich durch eine ganz äußerliche Ehe an die Gräfin Mathilde gebunden war, erregte als eifriger Parteigänger Heinrichs hierbei das Mißfallen des Papstes, ohne daß wir einen genauen Einblick in die Vorgänge gewinnen können. Gregor wollte das politische Geschäft, um das es sich offenbar handelte, nicht bekannt werden lassen. Heinrich dagegen hatte, vielleicht von Gottfried beeinflußt, seine ursprünglich auf strengste Ver1S1 ) M. v. Kn. 2, S. 413,499; 5, S.382. Delbrück 3, S. 132. Köster S. 243. Riezler 1, 2, S. 127. — 122 ) M. v. Kn. 2, S. 512. — 123 ) In Greg. Reg. 3, Nr. 5. M. v. Kn. 2, S. 564. Fliehe, Réforme 2, S. 266 mit der Zeit. — 12*) Greg. Reg. 3, Nr. 3. M. v. Kn. 2, S. 563. — 126) Greg. Reg. 3, Nr. 7. M. v. Kn. 2, S. 565. — 126 ) Greg. Reg. 3, Nr. 5. Fliehe, Réforme 2, S. 268. M. v. Kn. 2, S. 567. Macdonald, Hildebrand S. 151,157.
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traulichkeit gerichtete Absicht geändert und legte jetzt Wert darauf, daß die Fürsten wüßten, es sei der Papst, der ihn zu der ihnen unwillkommenen Kirchenreform drängte. Die enge Verflechtung der politischen und der kirchlichen Ereignisse zeigte sich gleich wieder. Am 22. Oktober 1075 musterte Heinrich zu Gerstungen das gegen die Sachsen aufgebotene Heer, in dem besonders die Herzöge Dietrich I. von Oberlothringen, Sohn Gerhards, und Gottfried von Niederlothringen hervortraten. 127 ) Es schien, obwohl weniger stark als bei Homburg, zum Siege über die in Nordhausen vereinigten Sachsen und Thüringer zu genügen. Vermittler gingen aber bald hin und her y und Ende des Monats unterwarfen sich die Aufständischen in der Ebene von Spier (s. Sondershausen) dem König auf Gnade und Ungnade, unter ihnen Erzbischof Werner von Magdeburg und Bischof Burchardll. von Halberstadt, Otto von Northeim, Magnus von Sachsen, dessen Oheim Graf Hermann Billung und manche andere.128) Sie wurden an ganz verschiedenen Orten, auch außerhalb der Grenzen des deutschen Reiches, gefangengesetzt. Daß das die Sachsen gleich wieder stark reizte, nimmt nicht wunder, und es eröffnet einen unerfreulichen Ausblick auf die heftigen Gegensätze unter den deutschen Stämmen, wenn wir lesen, wie der den König verherrlichende Verfasser des Carmen de bello saxonico die Charaktereigenschaften der Sachsen in den schwärzesten Farben malt: sie seien, um nur einiges herauszugreifen, trotzig und zügellos, gottlos und meineidig. In dem Augenblick, in dem Heinrich glauben konnte, daß er der Sachsen endgültig Herr geworden sei, traf er auch schon Vorkehrungen für den bevorstehenden kirchenpolitischen Kampf. In seinem Auftrag tat sein vertrauter Rat Graf Eberhard, der mit anderen auf der Lateransynode desselben Jahres gebannt worden war, auf einer Versammlung zu Roncaglia,1281) einer Ebene nördlich des Po oberhalb von Piacenza, die Patarener in die königliche Acht.129) Dann ging er zusammen mit dem Bischof Gregor von Vercelli zu Robert Guiskard, um ihn zu veranlassen, sein Land vom König zu Lehen zu nehmen. Der Herzog erwies ihnen alle Ehre, gab ihnen aber eine klug ausweichende Antwort, Von seinem Standpunkt aus hatte er ganz recht, lieber ein Vasall des Papstes als des künftigen deutschen Kaisers zu sein. Die religiösen Anforderungen des Papstes störten ihn nicht, da er es sich zutraute, doch der Herr der Kirche zu bleiben. Ober den Reichtum und die Macht Roberts sollen die Gesandten gestaunt und gesagt haben, er sei der größte Herr der Welt. Da dieser Reichtum nur aus Unteritalien stammen konnte, ergibt sich, welche Bedeutung eine Beherrschung des Landes für das geldarme Deutschland gehabt hätte. Heinrich hatte, wie wir gesehen haben, sicher damit gerechnet, daß er sich mit Gregor über die Bischofswahlen würde einigen können, und in Deutschland ruhig weiter investiert, auch neue Äbte bestellt, ohne daß seine Verfügungen bei der Geistlichkeit oder beim Volk auf Widerstand stießen. Durch den Erfolg kühner geworden, erhob er um Ende Nor « ' ) M. v. Kn. 2, S. 527. — 128 ) M. v. Kn. 2, S. 533, bes. Anrn. 113 ff. — 128a) Revel. F. Güterbock, N. A. 48 (1930), S. 136. — 129 ) M. v. Kn. 2, S. 571 f. Brackmann, Heinrich S. 401.
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vember 1075 einen Subdiakon der Mailänder Kirche, namens Thedald, der in seiner Kapelle Dienst getan hatte, zum Erzbischof von Mailand1S0) und besetzte desgleichen die Bischofssitze Fermo (s. Ancona) und Spoleto mit vermutlich deutschen Geistlichen.1'1) Man wird die Lage dieser beiden Orte in der Nähe des Kirchenstaates beachten. In Mailand gab es jetzt drei Erzbischöfe, Gottfried, Atto und eben Thedald, und man begreift den lebhaften Wunsch der Bevölkerung, daß diesem unwürdigen Zustand endlich einmal ein Ende gemacht würde. Muß man sagen, daß Heinrich es war, der den einseitig nach der Investitur genannten Streit durch seinen Gegensatz gegen Rom vom Zaune brach? Wegen der Simonie und des Cölibats allein wäre eine Verständigung denkbar gewesen, wegen der Bischofswahlen aber nicht, wenn der Papst nicht nachgab und sich mit dem kirchlich Notwendigen begnügte, das heißt also die Stellung der Bischöfe innerhalb der deutschen Reichsverfassung anerkannte und nur dafür sorgte, daß sie persönlich einwandfrei waren. Denn es ging um sehr viel mehr als um die Investitur, es ging um die Macht in der christlichen Welt. Heinrich war konservativ, er vertrat Anschauungen, die von frömmsten Päpsten und zahllosen Geistlichen jeden Ranges gebilligt oder zum mindesten geduldet worden waren. Gregor war der leidenschaftliche Neuerer, wenn man will, der Revolutionär, der altes Recht brach, um ein zeitloses, in seinen Augen höheres zur Geltung zu bringen. Von Schuld und Unschuld kann hier nicht die Rede sein. Der König wie der Papst taten, was sie glaubten, vor Gott und den Menschen verantworten zu können, pflichtmäßig und voll heiligen Eifers. Nie haben große Männer anders gehandelt. w») M. v. Kn. 2, S. 573. Hauck 3, S.786. Savio 1, S.438. Schwartz, Besetzung S. 82 mit der Zeit. Fliehe, Réforme 2, S.272. — 131) Greg. Reg. 3, Nr. 10. M. v. Kn. 2, S. 577. Schwartz, Besetzung S. 234,240. Schmid, Kan. S. 185.
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VIERTES KAPITEL.
DER KAMPF UM DIE MACHT IN DER KIRCHE. (1075, 1076.)
Gregor führte den ersten Schlag.132) Die Erhebung Thedalds zum Erzbischof von Mailand erkannte er am 8. Dezember 1075 nicht an, lud ihn, allerdings unter Zusicherung freien Geleits auch für die Rückkehr, vor die nächste Fastensynode und warnte ihn in ernsten Worten, sich auf den König, die eigene vornehme Familie oder die Hilfe der Bürger zu verlassen.133) Den Suffraganen verbot er, Thedald die Weihen zu erteilen.134) Man hat den Eindruck, daß er hoffte, ihn von der Sache des Königs zu trennen. Am gleichen Tage schrieb der Papst an Heinrich selbst185) und fügte dem apostolischen Segen in der Grußformel die bezeichnende Einschränkung hinzu: „falls er (der König) dem apostolischen Stuhl so gehorcht, wie es einem christlichen König ziemt." Er erhob eine Reihe Vorwürfe gegen ihn: Heinrich verkehre wissentlich mit den gebannten Räten, betone in seinen Briefen immer wieder seine Ergebenheit und Frömmigkeit, beweise aber durch seine Handlungen das Gegenteil, wie sich aus seinem Verhalten in der Mailänder Angelegenheit und jüngst aus der Investitur der Bischöfe von Fermo und Spoleto ergebe. Gregor betonte seine Einheit mit dem Apostelfürsten Petrus und erinnerte an seine Bereitwilligkeit, bei Bischofswahlen seinen grundsätzlichen Standpunkt zu mildern. Überdies aber, und das war die Hauptsache, ließ er den König durch dessen eigene zurückgehende Gesandte insgeheim ermahnen,1S«) er möge wegen seiner schrecklichen und weitbekannten Ver-. brechen, um derentwillen er nicht allein gebannt, sondern auch für immer abgesetzt zu werden verdiene, Buße tun und die Gebannten aus seiner Nähe entfernen, da er sonst selbst in den Bann komme. Er gebe ihm bis zur nächsten Fastensynode Frist und wolle entweder selbst sterben oder dem König Leben und Reich nehmen. Die Stellung Gregors, der in seinem stürmischen Eifer um seine Rechtsauffassung dies sogenannte Ultimatum absandte, war in Rom durchaus nicht fest. Vielleicht rechnete hier eine Partei damit, daß Heinrich bald kommen würde. Als Gregor in der Weihnachtsnacht 1075 " » ) Thompson S. 217. — 13S ) Greg. Reg. 3, Nr. 8. M. v. Kn. 2, S.576. Savio 1, S. 439. — « « ) Qreg. Reg. 3, Nr. 9. — i " ) Greg. Reg. 3, Nr. 10. M. v. Kn. 2, S. 577. Hauck 3, S. 788. Brackmann, Heinrich S. 402. Macdonald, Hildebrand 155. Göller, Bußgewalt 40, S. 325,335. — l s 8 ) Greg. Epp. coll. Nr. 14, S. 538. Hauck 3, S. 789, Anm. 4.
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in S. Maria Maggiore die Messe las, wurde er von Cencius, einem Anhänger des Gegenpapstes Cadalus und Führer des unzufriedenen Adels, überfallen, mißhandelt und gefangengesetzt. 137 ) Aber die Mehrzahl der Römer blieb ihm treu und befreite ihn gleich am nächsten Tage wieder. Man kann sich denken, wie die überstandene Gefahr und die wunderbar rasche Rettung auf Gregor wirken mußten. Sein Ansehen stieg auf jeden Fall. Dasselbe konnte man aber auch vom deutschen König sagen. Er hatte jetzt, kurz vor dem verhängnisvollem Umschwung in der Reichsverfassung, noch einmal Gelegenheit, seine Dynastie zu sichern. Zu Weihnachten 1075 versprachen die Fürsten in Goslar seinem am 12. Februar 1074 geborenen, also noch nicht zweijährigen Söhnchen Konrad die Nachfolge.138) Um dem Prinzen unter den Fürsten einen mächtigen Beschützer zu gewinnen, ließ Heinrich Otto von Northeim gegen Geiselstellung frei und zog ihn sogar zum allgemeinen Erstaunen in seine nächste Umgebung. Er sollte es bitter bereuen. Da trafen am Neujahrstage 1076 Heinrichs eigene Gesandte mit Gregors erwähnten Weisungen in Goslar ein.139) Heinrichs Zorn kann man sich denken. Er, der sich als Haupt der Christenheit fühlte, dessen Vater das tief gesunkene Papsttum auf die Höhe gebracht hatte, sollte nicht allein wegen seiner Kirchenpolitik, sondern auch wegen seines Privatlebens vor einer römischen Synode zur Verantwortung gezogen werden. Das hätte ja eine völlige Umkehrung der Tage von Sutri und Rom bedeutet! Aller Wahrscheinlichkeit nach reizte die zweite Drohung den König noch mehr als die erste. Man kann ihn nicht verstehen, wenn man sich nicht in die Anschauungen versetzt, in denen er aufgewachsen war. Er dachte nicht daran nachzugeben. Am Verkehr mit den gebannten Räten hielt er durchaus fest und berief sofort eine Reichsversammlung, die am 24. Januar 1076 in Worms zusammentrat.140) Zwei Erzbischöfe und 24 Bischöfe, d.h. die große Mehrheit der in Deutschland tätigen, waren anwesend, aber nur wenige weltliche Fürsten, unter ihnen Gottfried der Bucklige von Niederlothringen, der bei einer Romfahrt die besten Dienste leisten konnte. Heinrich hatte nicht von Anfang an die Absicht, es zum Äußersten kommen zu lassen, wohl aber trieben ihn alle diejenigen vorwärts, die geistliche Strafurteile zu fürchten hatten und sich in ihrer fürstlichen Stellung gefährdet sahen. Gelang es ihnen, Gregor zu beseitigen, dann würde die frühere Abhängigkeit des päpstlichen Amtes vom Kaisertum wiederhergestellt und die Herrschaft über Italien befestigt werden, dann gab es wieder deutsche Päpste. Siegfried von Mainz, dessen schwankenden Charakter wir kennen, trat jetzt entschieden für den König ein. Leicht begreiflich erscheint uns die Erregung der Anwesenden. Sie steigerte sich noch unter dem Einfluß des öfters genannten Kardinals 137 ) Gregorovius 4, S. 181. M. v. Kn. 2, S. 586, 910; 5, S. 383. Fliehe, Réforme 2, S. 277. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 198 u. sonst. — 1S8 ) M. v. Kn. 2, S. 327, 584. Becker, Königtum S. 25. — 139 ) M. v. Kn. 2, S. 611. — u ° ) Const. 1, Nr. 58—61, dazu Finke. M. v. Kn. 2, S. 614. Mirbt S. 17. Hauck 3, S.790. Brackmann, Tribur S. 169. Schmeidler, Heinrich S. 397. Fliehe, Réforme 2, S. 279. Brackmann, Heinrich S. 394,403. Pivec 48, S. 327 ff., 342 f., 350, 363.
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Hugo des Weißen, der dem Papst vorwarf, er habe von Jugend an die schlimmsten Schandtaten begangen. Dabei spielten die allerdings auffälligen Beziehungen des Papstes zu fürstlichen Frauen eine Rolle. Durch seine hohe kirchliche Stellung und seine gar nicht zu bezweifelnde genaue Kenntnis sowohl der italienischen Verhältnisse ^wie der Persönlichkeit des Papstes machte Hugo den stärksten Eindruck. Wie konnte ein Papst, ein Priester, der sich solcher Vergehen schuldig machte, es wagen, dem König, einem Laien, seinen Lebenswandel vorzuhalten? Die Kirchenfürsten verzichteten vollständig darauf, Gregor als den Angeklagten zu hören oder nähere Erkundigungen über Einzelheiten einzuziehen, sondern sagten sich von ihm los und kündigten ihm den Gehorsam auf, weil er die seiner Papstwahl entgegenstehenden Eide gebrochen, mit einer verheirateten Frau, d. h. mit der Gräfin Mathilde von Canossa, zusammengelebt und die ganze Kirchenregierung durch einen neuen Frauensenat geführt habe. Von sich aus befahl Heinrich dem Papste unter Hinweis auf seine Würde als Patricius zurückzutreten 141 ) und rief Geistlichkeit und Volk von Rom 142 ) gegen „den Mönch Hildebrand als Eindringling, Bedrücker der Kirche und hinterhältigen Feind des römischen Gemeinwesens und des Reiches" auf. Man solle jedoch sein Blut nicht vergießen, denn nach der Absetzung würde für ihn das Leben eine größere Strafe sein als der Tod, sondern ihn zum Rücktritt zwingen und einen mit Zustimmung aller Bischöfe und mit dem Rate der Römer vom König Erwählten als Papst annehmen. Das hieß Rückkehr zur alten Ordnung der Christenheit, während doch Gregor sich zutraute, die neue Ordnung trotz aller Hemmnisse durchzuführen. Uns liegt noch ein anderes sehr wirkungsvolles, aber äußerst scharfes Schreiben Heinrichs an den Papst vor.143) Man kann daran zweifeln, ob es gleich den anderen auf diplomatischem Wege überreicht oder eher gewissermaßen als Kampfschrift unter den Römern verbreitet werden sollte. Heinrich unterließ in der Anrede jeden Gruß und nannte Hildebrand nicht Papst, sondern den „falschen Mönch", der alle Geistlichen mit Füßen getreten und sich an dem von Gott eingesetzten Königtum vergriffen habe. Am Schluß schleuderte er ihm die Worte entgegen: „Steige herab, steige herab, auf ewig Verdammter!" Auf einer Synode zu Piacenza sagten sich die lombardischen Bischöfe, nachdem sie von königlichen Gesandten unterrichtet worden waren, sogar durch eine eidliche Versicherung auch von Gregor los.144) Merkwürdig bleibt bei diesen Erklärungen und Beschlüssen, daß sowohl in Deutschland wie in Italien die doch drei Jahre füllende Amtsführung Gregors VII., die vonseiten Heinrichs nicht beanstandet worden war, gar nicht berücksichtigt wurde. Ein Geistlicher aus Parma, Roland,146) den ein königlicher Ministeriale begleitete, verlas die Schreiben der Wormser Versammlung auf der 141 ) Const. 1, Nr. 60. — 142 ) Const. 1, Nr. 61. — 14S ) Const. 1, Nr. 62. M. v, Kn. 2, S. 662. Friedrich, Studien S. 42. Fliehe, Réforme 2, S. 291. Schmeidler, Heinrich S. 398. Hampe, Absagebrief mit richtiger Einreihung. Pivec in Anm. 140. — 144 ) M. v. Kn. 2, S. 630. Hauck 3, S. 793. — 145 ) Schwartz, Besetzung S. 61.
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Lateransynode, die in der ersten Fastenwoche, vom 14. bis 20. Februar 1076, zusammentrat.146) Er ergänzte sie vor allem durch die Mitteilung, daß der König zu Pfingsten (15. Mai) selbst nach Rom kommen wolle« Ein ungeheurer Sturm der Empörung brach aus, und es fehlte nicht viel daran, daß die Gesandten erschlagen worden wären. Gregor selbst schützte sie. Am nächsten Tage berief er sich zunächst betreffs des Ungehorsams der Bischöfe und der Verachtung apostolischer Befehle durch Könige auf ältere Synodalbeschlüsse und Dekrete seiner Vorgänger. Dann verurteilte er Heinrich in der Form eines leidenschaftlichen Gebetes an den hl. Petrus, der ihm, dem Papst, immer besondere Gnade geschenkt und die Lösegewalt im Himmel und auf Erden verliehen habe. „Darauf gestützt", so heißt es dann weiter, „entziehe ich König Heinrich, der sich mit unerhörtem Hochmut gegen Deine Kirche erhoben hat, die Regierung ganz Deutschlands und Italiens, löse alle Christen von den ihm geleisteten und zu leistenden Eiden und verbiete, ihm künftig als dem König zu dienen." Überdies verhängte er den Bann über den König, weil er mit Gebannten verkehrt und versucht habe, die Kirche zu spalten. Tieftraurig wohnte die Kaiserin Agnes dem denkwürdigen Vorgang bei, fest davon überzeugt, daß ihr durch schlechte Menschen verführter Sohn dank der strengen Maßregel des Papstes vor dem Verlust seines Seelenheils bewahrt werden könnte. Die Bischöfe, die die Wormser Kundgebung unterzeichnet hatten, wurden suspendiert, diejenigen aber, die es nur gezwungen getan hätten, bekamen Frist bis zum 1. August, um Genugtuung zu leisten. Siegfried von Mainz und die lombardischen Bischöfe wurden außerdem aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen, jener wegen seines hervorragenden Anteils an den Wormser Beschlüssen, diese wegen der Vorgänge in Piacenza. Schließlich wurden auch burgundische und südfranzösische Bischöfe und Barone mit Kirchenstrafen belegt. Gregor handelte als Herr des christlichen Abendlandes, vollkommen erfüllt von dem Bewußtsein, daß er seine Pflicht tun müsse, wie er es im Dictatus papae selbst ausgesprochen hatte. Die Praxis durfte hinter seiner Theorie nicht zurückbleiben. Sehr bald teilte er allen Gläubigen die der Kirche angetane Schmach wie die Bannung Heinrichs mit und bat um ihre Gebete. 14 ') Jedermann mußte daraus den Schluß ziehen, daß es ein Gott wohlgefälliges Ding sei, den König nicht mehr als solchen anzuerkennen und jede Berührung mit ihm zu meiden. Wer sollte dann aber die äußere Ordnung im Reich aufrechterhalten? Darüber hatte der Papst nichts gesagt, vielleicht weil er meinte, Heinrich würde sich doch bald unterwerfen müssen. Denn daß Bann und Absetzung zwar ohne Vorbehalt verhängt, aber nach Buße und Besserung rückgängig gemacht werden konnten, ist nicht zu bezweifeln. Auf die Vorgänge in Rom hätte es nur e i n e wirksame Antwort gegeben, der sofortige Aufbruch des Königs dahin, um mit dem Schwert Greg. Reg. 3, Nr. 6*, 10 », S. 352. M. v. Kn. 2, S. 631, 667,910 ; 5, S. 383. Hauck 3, S. 794. Hugelmann, Königswahl S. 24. Brackmann, Tribur S. 161. Caspar, Gregor S. 14. Fliehe, Reforme 2, S. 283. Macdonald, Hildebrand S. 165. Bulst-Thiele S. 101. — 117) M. v. Kn. 2, S. 644. Hauck 3, S. 796.
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in der Hand das Recht des Reiches zu wahren. Aber gerade das wurde ihm durch den Verlust seines treuesten und besonders für Italien unentbehrlichen Vasallen unmöglich gemacht. Herzog Gottfried III. der Bucklige von Niederlothringen, der erst etwa 35 Jahre alt war, wurde in Vlaardingen von einem Mordgesellen tödlich verwundet und starb am 26. Februar 1076 in Utrecht.148) Die Anstifter der blutigen Tat waren territorialer Gegensätze wegen Graf Robert I. der Friese von Flandern und dessen Stiefsohn Dietrich V. von Holland. Ob die kirchenpolitischen Gegensätze oder die Zerwürfnisse Gottfrieds mit seiner Gemahlin, der Gräfin Mathilde, die ihm feindselige Stimmung nährten, wird niemals endgültig festgestellt werden können. Heinrich ging selbst nach Utrecht, um die dortigen Verhältnisse zu ordnen, und bestimmte sein Söhnchen Konrad zum künftigen Herzog von Niederlothringen. Die Mark Antwerpen erhielt des Ermordeten Neffe Gottfried, den man nach seiner Burg Bouillon (nö. Sedan) zu nennen pflegt, Sohn von Gottfrieds III. Schwester Ida und ihrem Gemahl Graf Eustach von Boulogne.119) Durch seine Teilnahme am ersten Kreuzzug sollte dieser jüngere Gottfried in der ganzen Christenheit berühmt werden. Die nunmehr verwitwete Gräfin Mathilde von Canossa konnte sich dem Einfluß Gregors VII. um so mehr hingeben, als am 18. April 1076 auch ihre Mutter, die Markgräfin Beatrix von Tuszien, in Pisa starb.160) Mathilde, die jetzt wohl 30 Jahre alt war,161) hatte ihrem ungeliebten Gatten einen Sohn geboren, der früh starb. Um einer Fortsetzung des ehelichen Verhältnisses auszuweichen, hielt sie sich fern von ihm in Italien auf und trat bekanntlich mit schwärmerischer Begeisterung und unermüdlicher Tatkraft für die Sache der Kirche ein. Ganz unabhängig geworden, wich sie kaum noch von der Seite des Papstes und diente ihm, wie ein päpstlich gesinnter Zeitgenosse es ausdrückt, mit wunderbarer Inbrunst.162) Schon damals mag sie den Plan gefaßt haben, ihm einmal ihr reiches Erbgut zu schenken. Um den Eindruck, den sie auf Männer machte, besser zu beurteilen, würde man gern ihr Äußeres kennen, aber es scheint nur bekannt zu sein, daß ihr blondes Haar ins Rötliche spielte.1628) Es nützte nichts, daß auf die Nachricht von den Vorgängen in Rom, die den Hof in helle Empörung versetzten, Bischof Wilhelm von Utrecht am Ostertage (27. März) 1076 in den heftigsten Worten Gregor verfluchte.153) Auch daß Erzbischof Wibert von Ravenna die lombardischen Bischöfe in Pavia zur Bannung Gregors veranlaßte, 164 ) bedeutete nicht viel, so lange niemand das Urteil vollstreckte und den Papst vertrieb. Dazu fand sich aber nach dem Tode des ebenso durch seinen zuverlässigen Charakter wie durch seine Machtstellung ausgezeichneten Herzogs ») M. v. Kn. 2, S. 650. Davidsolui, Gesch. 1, S.255. Fliehe, Réforme 2, S. 289. Grimaldi S. 237. Verlinden, Robert S. 97. — 14s>) M. v. Kn. 2, S. 653, 659. Breysig S. 181. — 16 °) M. v. Kn. 2, S. 692. Davidsolui, Gesch. 1, S. 252. Grimaldi S. 194. Donizo S. 53, Anm. zu 1, V. 1355. — " i ) Overmann S. 123. Grimaldi S. 148,239. Donizo S. 34, Anm. zu 1, V. 834. — «») Lampert S. 288 zu 1077. M. v. Kn. 2, S. 656; 5, S. 383. Overmann S. 243. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 207. — 162») Donizo S. 34, Anm. zu 1, Vers 835. — 16») M. v. Kn. 2, S.661. Hauck 3, S. 797. — 164 ) M. v. Kn. 2, S. 676.
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von Niederlothringen niemand bereit. Synodalbeschlüsse und Kirchenstrafen besiegelten nicht die Niederlage des Königtums, sondern sie dienten hauptsächlich dazu, dem Ungehorsam und der Widersetzlichkeit der deutschen Fürsten einen willkommenen Vorwand zu bieten. Ein Rundschreiben des Königs an die deutschen Bischöfe 165 ) hatte sie auf Pfingsten (15. Mai) 1076 nach Worms geladen. Es enthielt wieder sehr scharfe Angriffe auf „Hildebrand" und betonte im Anschluß an die bekannte Bibelstelle Luk. 22,38 stark, daß nach Gottes Willen die zwei Schwerter, Königtum und Priestertum, eng verbunden sein sollten. Die schnöde Mißhandlung der königlichen Gesandten während der Fastensynode wurde den Empfängern lebendig vor Augen geführt. Aber sowohl auf dieser Versammlung wie auch auf einer späteren, am 29. Juni in Mainz, fehlten gerade die süddeutschen Fürsten, auf die es ankam: 166 ) Rudolf von Schwaben, Weif IV. von Bayern, Bertold von Kärnten. Sie hatten schon etwa seit Ostern (27. März) eine Verschwörung angezettelt, an der auch eine Anzahl geistlicher Fürsten teilnahmen. Die Vorwürfe, die Heinrich gemacht wurden, waren dieselben wie früher und ließen sich dahin zusammenfassen, daß er ein ganz unwürdiger Herrscher sei, so daß der Versuch, ihn zu beseitigen, als Gebot einer höheren Sittlichkeit und offenbaren Staatsnotwendigkeit erscheinen konnte. Erschwert wurde die Lage des Königs dadurch, daß in Sachsen und Thüringen die Gemüter weit davon entfernt waren, sich zu beruhigen, sondern sich von neuem erhitzt hatten. Daß Heinrich den Burgenbau wieder aufnahm und namentlich die ihm so liebe Harzburg wiederherstellen ließ, erregte ebenso große Unzufriedenheit, wie daß Steuern eingetrieben wurden. Als dann die sächsischen Geiseln, die an verschiedenen Orten des Reiches in Haft saßen, sich zu befreien wußten und in die Heimat eilten, unter ihnen Graf Hermann Billung, fehlte der offenen Empörung nur noch der Führer, und dieser erstand ihr in Otto von Northeim, der eben noch der Statthalter des Königs auf der Harzburg gewesen war, jetzt aber endgültig von ihm abfiel.167) Er hätte eine Aussöhnung gewünscht, da sie ihm aber nicht gelang, stellte er die Stammestreue über die Königstreue. In den verschiedensten Jahrhunderten haben deutsche Fürsten ebenso gehandelt wie er, in dem festen Bewußtsein, daß sie recht hätten. In ihrem Verhalten liegt das Verhängnis der deutschen Geschichte. Heinrich mußte sich Bundesgenossen sichern, zog Ende Juli 1076 mit Herzog Wratislaw II. durch Böhmen hindurch nach der Mark Meißen und übergab sie ihm zu der Lausitz dazu.168) Allerdings mußte Wratislaw die Mark gegen Ekbert II., Grafen zu Braunschweig, aus dem Hause der Brunonen, der sie seit 1068 selbst besessen hatte, verteidigen. Es ist ein eigenartiges, unerfreuliches Schauspiel, das sich uns bietet: der deutsche König sieht sich genötigt, sich gegen die aufrührerischen deutschen Fürsten der tschechischen Hilfe zu bedienen. Aber die Sachsen und Thüringer seinem Willen zu beugen, gelang ihm nicht. 166 ) Coast. 1, Nr. 63. M. v. Kn. 2, S.665. Schmeidler, Heinrich S. 398. — ) M. v. Kn. 2, S. 664, 673,677,681. Hauck 3, S. 799. — 16 ') M. v. Kn. 2, S. 715. 168 ) M. v. Kn. 2, S. 716. Bretholz S. 171. Köster S. 243. — 166
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Anderer Art waren die Schwierigkeiten, vor die sich der Papst gestellt sah. Wenn es für ihn sehr wertvoll gewesen war, daß Robert Guiskard die früher erwähnten Eröffnungen Heinrichs abgelehnt hatte,169) so wirkten diese doch in einer anderen, für den Papst ungünstigen Richtung. Unter Vermittlung des Abtes Desiderius von Monte Cassino versöhnten sich wohl um die Wende des Jahres 1075 Robert und Richard von Capua, so daß nicht mehr der eine gegen den anderen von der Kurie ausgespielt werden konnte.1®0) Die Normannen, wie man deutlich sieht, wollten vollständig unabhängig bleiben und weder dem Papst noch dem künftigen Kaiser in irgendetwas nachgeben. Gregor versuchte es trotzdem, sich mit Herzog Robert zu vertragen. Er gab zunächst Mitte März 1076 Auftrag, Roberts Bruder Graf Roger, der darum gebeten hatte, falls er zu Gehorsam und Buße bereit sei, zu absolvieren und Robert selbst wissen zu lassen, daß auch er derselben Gnade teilhaftig werden könnte, wenn er sich fügen wolle.161) Aber die Verhandlungen zerschlugen sich, weil die Normannen Land verlangten, das der Papst nicht preisgeben wollte.162) In seiner bekannten Rücksichtslosigkeit begann Robert am 6. Mai 1076 die Belagerung Salernos im Gegensatz zu seinem Schwager Gisolf II.163) Gregor hatte Ursache genug, die ungestüme Angriffslust des Herzogs zu fürchten, und ging darum sehr behutsam vor. Er verhehlte es sich nicht, daß die langobardischen und auch einige deutsche Bischöfe, wie er selbst es einmal ausdrückt, von wahnwitzigem Haß gegen ihn erfüllt seien.161) Die deutschen Bischöfe, die an der Wormser Versammlung teilgenommen hatten, tadelte er nur in milden Worten und entschuldigte sie mit der Annahme, sie hätten nur gezwungen mitgemacht.166) Ihm lag viel daran, allgemein bekannt zu geben, daß er keine Verschärfung des Streites wünsche. Dem Ritter Wifred, einem Führer der Mailänder Pataria, schrieb er im April 1076, er sei zur Versöhnung mit Heinrich bereit, wenn dieser wiedergutmache, was er zum Schaden der Kirche und zu seiner eigenen höchsten Verdammnis begangen habe.168) Einige Wochen später, im Mai, wandte er sich an alle Getreuen in Deutschland und suchte die Bedenken derjenigen zu zerstreuen, die daran zweifelten, daß Heinrich von rechtswegen gebannt worden sei.167) Er gab eine Übersicht über den kirchenpolitischen Streit und zählte dann drei Gründe für die Verurteilung auf: den andauernden Verkehr mit den schon gebannten Räten, Heinrichs Weigerung, Buße zu tun, und schließlich die von ihm verursachte Spaltung der Kirche. Er betonte seine Bereitwilligkeit, gemäß dem Rat der Bischöfe den König zu absolvieren, wenn dieser seine Machenschaften gegen ihn, den Papst, aufgebe. Am 25. Juli sprach er offen die Drohung aus,168) daß, wenn der König lieber dem Teufel als Christus folge, er, der Papst, schon Mittel und Wege 169 ) Oben Buch 2, Anm. 129. — l s o ) M. v. Kn. 2, S. 687. v. Heinemann 1, S. 279. Chalandon, Histoire 1, S. 243. — i« 1 ) Greg. Reg. 3, Nr. 11 u. S. 352. M. v. Kn. 2, S. 690. — 162 ) Oreg. Reg. 3, Nr. 15, 1076 (April). — 1 6 0 M. v. Kn. 2, S. 689. v. Heinemann 1, S. 282. Chalandon, Histoire 1, S. 244. Ann. Casinenses S. 1420, Anm. 1. — 164 ) Greg. Reg. 3, Nr. 14, 1076 (April). — 166 ) Greg. Reg. 3, Nr. 12, (April). M. v. Kn. 2, S. 672. — 166 ) Wie Anm. 162. — " ' ) Greg. Epp. coli. Nr. 14. M. v. Kn. 2, S. 696. Brackmann, Tribur S. 165. Fliehe, Réforme 2, S. 297 mit der Zeit. — l4 ») Greg. Reg. 4, Nr. 1. M. v. Kn. 2, S. 702. Brackmann, Tribur S. 167.
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finden würde, um die wankende Kirche zu stützen, das heißt, er drohte in verhüllten Worten mit einer Neuwahl. In einem Schreiben an Bischof Hermann von Metz vom 25. August 1076 lte ) stellte er fest, daß alle, die mit Heinrich verkehrten, auch der Exkommunikation verfallen wären. Mit geschichtlichen Beispielen wies er die Behauptung zurück, daß ein König nicht exkommuniziert werden dürfe. Die Könige seien von der dem hl. Petrus verliehenen Binde- und Lösegewalt mit nichten ausgenommen. Auch habe die königliche Würde nicht den Vorrang vor der bischöflichen. Ausdrücklich verbot er, daß der König von jemand anders als von ihm selbst absolviert werde. Das Jahr 1076 hat seinen Platz in der Weltgeschichte. Die tiefsten Fragen nach dem richtigen Verhältnis der weltlichen und der geistlichen Gewalt sind hier aufgeworfen und die sich widersprechenden Antworten allgemein bekannt gemacht worden. Kirchenpolitische Streitigkeiten hatte es auch schon vorher im Abendlande gegeben, aber sie können denen, die hier zu schildern sind, keinesfalls gleichgestellt werden. Staunend ermißt man den Umfang der päpstlichen Ansprüche, wie sie Gregor, eine wahre Herrschernatur, von seinem gottgewollten Recht felsenfest überzeugt, in immer neuen Wendungen darlegte, gegen die Feinde verteidigte, vor Mißdeutungen zu schützen suchte. Es war das erste Mal, daß der Papst einen deutschen König und künftigen Kaiser zu bannen wagte. Am 3. September 1076 legte Gregor allen Gläubigen die Lage dar.170) Wenn der König den Bischöfen Gewähr dafür leiste, daß er die schlechten Ratgeber entfernen, die Kirche nicht als Magd, sondern als Herrin ansehen, die Freiheit der Kirche achten und die Lehre der heiligen Väter hochhalten wolle, so solle gleich nach Rom berichtet werden. Wende der König sich nicht zu Gott, so solle für die Regierung ein Mann gefunden werden, der alle für die christliche Religion und die Wohlfahrt des Kaiserreichs nötigen Verpflichtungen unbedingt übernehme. Damit dann der Papst die Wahl der Fürsten bestätigen könne, sollten ihm die näheren Umstände, die Persönlichkeit und der Charakter des zu Wählenden angegeben werden. Die Hindernisse, die einer solchen Neuwahl entgegenstehen könnten, auch Eide, versprach er, kraft apostolischer Autorität zu beseitigen. Sein Standpunkt war wohl durchdacht. Dreißig Jahre nach Sutri nahm er zum ersten Male in der Geschichte der päpstlich-kaiserlichen Beziehungen für sich das Recht in Anspruch, den späteren Kaiser auf seine Tauglichkeit zu prüfen. Er tat es nicht in jäh aufbrausender Leidenschaft, sondern nach ruhiger Abwägung der Machtverhältnisse. Gehorchte Heinrich wirklich und erfüllte er alle Forderungen, die ihm bisher ja nur in den allgemeinsten Umrissen angedeutet worden waren, so war das dem Papst willkommener als die Erhebung eines Gegenkönigs, der bloß Gehorsam versprach. Gregor war weit davon entfernt, sich die Feindschaft der Fürsten gegen Heinrich zu eigen zu machen, und ebensowenig wollte er für Heinrich gegen die Fürsten eintreten "») Greg. Reg. 4, Nr. 2. M. v. Kn. 2, S. 719. Mirbt S. 22. Hauck 3, S. 804. Fliehe, Riforme 2, S. 309. Wühr S. 75. Salloch S. 32. — «») Greg. Reg. 4, Nr. 3 u. S. 352. M. v. Kn. 2, S. 721. Brackmann, Tribur S. 158.
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und diese dadurch vor den Kopf stoßen. Er suchte peinlich seine scheinbar überparteiliche, jedenfalls die Herrschaft der Kirche sichernde Stellung zu wahren. Die Ansichten, die er hier entwickelte, sollten den Legaten zur Richtschnur dienen, die um diese Zeit nach Deutschland gingen, 171 ) Bischof Altmann von Passau, dem insbesondere die Aufgabe zufiel, Gebannte nach Erfüllung der bekannten Bedingungen zu absolvieren, und Patriarch Sigehard von Aquileja. Altmann, ein Westfale, hatte sich im vorhergehenden Jahre eifrig um die Durchführung des Cölibats bemüht und dabei so heftigen Widerstand gefunden, daß er fast erschlagen worden wäre.172) Dadurch zog er sicher die Aufmerksamkeit des Papstes auf sich. Sigehard war früher der deutsche Kanzler Heinrichs gewesen.173) Alles in allem war die Zahl derjenigen deutschen Bischöfe, die nach der Exkommunikation des Königs von ihm abfielen, nicht sehr beträchtlich, und noch weniger könnte man sagen, daß sie damit gleichzeitig für Gregor Partei ergriffen. In den alten Anschauungen von dem selbstverständlichen Einfluß des Königs auf die Kirche aufgewachsen, hielten sie sich in ihrer schwierigen Lage, ungewiß über den Ausgang des Streites, nach Möglichkeit zurück und dachten hauptsächlich an ihren eigenen Vorteil, der gleichzeitig der ihrer Bistümer sein konnte. Nur ganz wenige setzten sich aufrichtig für Gregor ein. Altmann besuchte im September mit den drei süddeutschen Herzögen eine Versammlung zu Ulm.171) Es wurde eine weitere auf den 16. Oktober 1076 nach Trebur einberufen, um endgültige Beschlüsse über die Besetzung des Thrones zu fassen. Daran, daß Heinrich von den Fürsten beseitigt werden sollte, war nicht mehr zu zweifeln. Siegfried von Mainz, der so oft geschwankt hatte, verließ jetzt die Sache des Königs für immer. Er war im Grunde nur ein kleiner Streber, der über seine eigenen Fähigkeiten hinaus seinem Erzstuhl eine maßgebende Stellung verschaffen wollte und sie jetzt im Bunde mit den aufsässigen Fürsten am besten zu erreichen meinte.176) Diese schienen ihm den sichersten Rückhalt zu bieten, mochten der König und der Papst sich versöhnen oder verfeindet bleiben. Wesentlich wurde, daß in diesem Zeitpunkt die süddeutschen und die sächsischen Gegner Heinrichs sich vereinigten und auf diese Weise eine ansehnliche Macht darstellten. Sie kamen Mitte Oktober 1076 am rechten Rheinufer zu Trebur zusammen, während Heinrich am linken Ufer in Oppenheim Quartier nahm.176) Die Legaten waren anwesend, und sehr bald zeigte es sich, daß ihre von Gregor erhaltenen, schon erwähnten Weisungen sich wesentlich von den Plänen der Fürsten unterschieden. Fassen wir es kurz zusammen: der Papst wollte unbedingt die Reform der Kirche, hauptsächlich den Cölibat und die kanonische Wahl. Die Fürsten aber wollten einen anderen, ihnen ganz willfährigen König, 171 ) M. v. Kn. 2, S. 723. Schumann S.30. — 17«) M. v. Kn. 2, S.559. Seidlmayer S. 92. — 17») Bresslau, Handbuch 1, S. 476. Schwartz, Besetzung S. 33. — 174 ) M. v. Kn. 2, S. 725. Hauck 3, S. 799. — 175 ) M. v. Kn. 2, S. 728. Brackmann, Tribur S. 175. — "«) M. v. Kn. 2, S. 729. Domeier, Päpste S. 29. Richter 3, 2, S. 221. Bock S. 139. Hauck 3, S.800. Sielaff S.68. Fliehe, Réforme 2, S. 299. Schmeidler, Heinrich S.304. Brackmann, Heinrich S.405. Oladel S.20.
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C a r t e l l i e r l , Der Aufstieg des Papsttums.
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durch den tatsächlich eine Reichsreform nach ihrem Sinn in Gang gekommen wäre. Der Parteihader hat die Verhandlungen so stark entstellt, daß es kaum möglich ist, alle Einzelheiten aufzuklären. Um den 1. November gelang es, ein Ergebnis zu erzielen. Heinrich erließ eine allgemeine Verordnung, 1 ") in der er versprach', nach dem Beispiel seiner Vorfahren und Eltern dem Papste Gregor in allen Stücken den schuldigen Gehorsam zu leisten und für etwaige schwerere Vergehen eine ausreichende Genugtuung zu leisten. Er ermahnte die Empfänger, seinem Beispiel zu folgen, auch ihrerseits dem Papste feierlich Genugtuung zu leisten und, soweit jemand gebannt sei, sich absolvieren zu lassen. Der Gesandtschaft, die der König nach Rom schickte, gab er eine weitere Erklärung mit, die ungefähr denselben Inhalt hatte, aber am Schluß die Aufforderung enthielt, der Papst möchte die über ihn selbst umgehenden Übeln Gerüchte aus der Welt schaffen und dafür sorgen, daß in der Kirche und im Königreich die Ruhe wiederhergestellt würde.178) Diese Gerüchte, so wird man annehmen, betrafen die in Worms so stark betonten Beziehungen Gregors zu fürstlichen Frauen und sonstige sein Privatleben betreffenden Vorwürfe. Man sieht, noch stellt sich der König durchaus dem Papste gleich: er ist bereit, sich zu bessern, aber auch der Papst soll es tun. Die Wünsche der Fürsten fanden wenigstens eine gewisse Berücksichtigung. Die Legaten werden sicher darauf gedrungen haben, damit dem Papst diese nötigenfalls so wertvolle Bundesgenossenschaft nicht verlorenging. Heinrich mußte die Stadt Worms, die ihm init solch bewunderungswürdiger Treue gedient hatte, ihrem Bischof preisgeben, die gebannten Räte entlassen und die letzten noch gefangenen Geiseln in Freiheit setzen. Aber er blieb König, wenn auch im Bann, zog sich jetzt nach Speier zurück und enthielt sich der Regierungsgeschäfte. In der Hoffnung, die Neuwahl, die ihnen die Hauptsache war, doch noch zu erreichen, verabredeten die Fürsten untereinander, daß sie ihn nicht mehr als König anerkennen würden, wenn er länger als ein Jahr, von der Februarsynode an gerechnet, im Banne bliebe, luden den Papst ein, selbst nach Deutschland zu kommen und den Streit zu schlichten und versprachen sich schließlich gegenseitig Hilfe für den Fall, daß der König an ihnen Rache nehmen wolle. Den Zeitgenossen blieb es natürlich nicht verborgen, daß das Ansehen des Reiches rasch sank und daß es wegen der inneren Schwierigkeiten nicht mehr im stände war, auf auswärtige Völker Eindruck zu machen. Die deutschen Fürsten trugen die Hauptverantwortung dafür, daß der Einfluß im Osten geringer wurde. Herzog Boleslaw II. Smialy von Polen hielt die Gelegenheit für günstig, sich zu Weihnachten 1076 die Königskrone aufzusetzen,1'9) wie es sein Urgroßvater Boleslaw Chabri 52 Jahre vorher schon getan hatte.180) Aber diese eigenmächtige Rangerhöhung brachte Boleslaw II. kein Glück. Auch beim Papst fand er " 7 ) Const. 1, Nr. 65. Kern S. 341. Pivec 48, S. 361. — 178) Const. 1, Nr. 64. Pivec 48, S. 335. — "«) Schiemann 1, S. 411. M. v. Kn. 2, S. 745. Stasiewski, Deutschi. u. Polen S.303. — 18«) Cartellieri 2, S. 341,375.
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keine Unterstützung. Nachdem er den Bischof Stanislaus von Krakau als Verräter hatte ermorden lassen, wurde er 1079 durch einen Aufstand des Adels und der Oeistlichkeit gezwungen, nach Ungarn zu flüchten. 181 ) Er starb 1081 (1082?) in der Verbannung, und an seiner Stelle regierte sein Bruder Wladislaw I. Hermann, der sich wieder mit dem Herzogstitel begnügte. Gregor klagte in dieser Zeit, wie wir aus seinem Briefe vom 31. Oktober an die Mailänder Patarener wissen, 182 ) ebenso über die Übergriffe der Normannen gegen den Kirchenstaat wie über die Verschwörung Heinrichs IV. mit Simonisten und Ketzern. Aber er vertraute darauf, daß, wenn der König nicht Genugtuung leiste, die Getreuen der römischen Kirche zu einer Neuwahl schreiten würden. Sein Versprechen, ihnen dabei zu helfen, werde er unbedingt halten. Auch jetzt noch, so darf man annehmen, wäre ihm die reumütige Unterwerfung des Königs am liebsten gewesen. 183 ) 1 8 1 ) Schiemann 1, S. 412. M. v. Kn. 3, S. 207. — M. v. Kn. 2, S. 735; 5, S. 383. — Sielaff S . l l .
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) Greg. Reg. 4, Nr. 7.
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FÜNFTES KAPITEL.
CANOSSA UND FORCHHEIM. (1077.) Die deutschen Bischöfe, die um Absolution nachsuchten, und die Gesandten sowohl der Treburer Fürstenversammlung wie die Heinrichs kamen zu einer nicht näher bestimmbaren Zeit nach Rom.184) Wieder ist die Überlieferung höchst unzuverlässig. Wir wissen viel zu wenig von der Entstehung der Quellen, um ihre Glaubwürdigkeit endgültig gegeneinander abzuwägen. Als gut bezeugt kann man betrachten, daß der Papst, bei dem die Kaiserin-Witwe Agnes weilte, den König keinesfalls zur Absolution in Rom sehen, sondern diese im Februar 1077 in Augsburg vornehmen wollte. Briefe von ihm aus dieser Zeit zeigen seinen festen Entschluß, dorthin zu reisen. Am 8. Januar dachte er in Mantua zu sein. Für die Freiheit der Kirche und die Wohlfahrt des Reiches sei er bereit, nötigenfalls sein Blut zu vergießen. Er verhehlte sich aber auch nicht, daß die Römer mit seiner Reise gar nicht einverstanden waren. Die Deutschen sollten für seinen Empfang sorgen. Welcher Wandel der Dinge, seitdem zum letzten Mal ein Papst in Deutschland gewesen war, jener Viktor II., der sich so eifrig darum bemüht hatte, nach dem jähen Tode Heinrichs III. die Ordnung im Reiche zu wahren! Heinrich konnte bald nicht mehr daran zweifeln, daß es den Gesandten der Fürsten gelungen sei, den Papst gegen ihn einzunehmen, und erkannte richtig, daß er unter allen Umständen eine Reichsversammlung unter päpstlichem Vorsitz in Deutschland verhindern müsse. Dazu bot sich nur ein Weg: den Papst noch in Italien als Büßer zu überraschen und ihm die Absolution gewissermaßen abzutrotzen. Die üblichen Alpenstraßen hatten die feindlich gesinnten Herzöge gesperrt. Nichts beweist uns deutlicher die Ohnmacht der Reichsgewalt in diesem entscheidenden Augenblick. Es blieb daher weiter nichts übrig, als den Umweg über Burgund zu machen. Die Vereinigung dieses Landes mit Deutschland trug jetzt ungeahnte Früchte. Königin Berta und ihr noch nicht dreijähriges Söhnchen, um deren Sicherheit der König mit Recht besorgt sein konnte, nahm er mit und wurde zunächst von Graf Wilhelm I. von Burgund, der wie die Kaiserin Agnes den Grafen Otto Wilhelm zum Großvater hatte, ehrenvoll aufgenommen. In Besançon feierte er das Weihnachtsfest 1076.186) i « ) Greg. Epp. coli. Nr. 17,18, o. Datum. M. v. Kn. 2, S. 737. — "5) m. v. Kn. 2, S. 741,748,910 ; 5, S.384. Hellmann, Savoyen S.24. Hauck 3, S.806. Jacob, Bourgogne S. 90,141. Previté-Orton S. 237. Holder-Egger, N. A. 37 (1912), S. 337.
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Nachdem er bei Genf die Rhone überschritten hatte, mußte er seiner Schwiegermutter, der Markgräfin Adelheid von Turin, und ihrem zweiten Sohne Amadeus II. dafür, daß sie ihm Geleit gewährten, einige Zugeständnisse machen, über deren Umfang wir nicht glaubwürdig unterrichtet sind. Die Lage, in der er sich befand, zwang ihn dazu. Der Winter war außergewöhnlich streng,186) und der Alpenübergang, wohl über den Paß des Mont Cenis, konnte deshalb nur unter sehr großen Gefahren bewerkstelligt werden. Nachdem diese glücklich überwunden waren, strömten schon in Vercelli und erst recht in Pavia dem König zahlreiche Anhänger zu, woraus wir entnehmen, daß zum mindesten einem großen Teil der Bevölkerung die Ruhe und Ordnung gewährleistende deutsche Herrschaft nicht verhaßt war. Man kann es begreifen, daß sie recht enttäuscht waren, als sie hörten, daß er gar nicht die Absicht habe, dem Papst mit Waffengewalt entgegenzutreten, wozu die Möglichkeit gegeben gewesen wäre. Völlig überrascht wurde durch Heinrichs Ankunft der Papst, der sofort die Weiterreise nach Deutschland aufgab und die dem Nordrand des Apennin vorgelagerte Burg Canossa 187 ) (sw. Reggio nell'Emilia) aufsuchte. Sie liegt 576 m über dem Meeresspiegel und galt damals als besonders fest, während sie heute durch Bergstürze und Menschenhand schwer beschädigt ist. Er genoß daselbst den Schutz der Gräfin Mathilde und gewährte alsbald Bischöfen und Laien, die darum baten, Absolution, warnte sie aber vor dem Verkehr mit dem König, soweit sie ihn nicht zur Buße bringen könnten. Das entsprach ganz seiner bisherigen Haltung. Bei ihm befanden sich außer der genannten Gräfin, einigen Kardinälen und römischen Diakonen die Markgräfin Adelheid von Turin nebst ihrem Sohne Amadeus II., der Markgraf Albert Ezzo II. von Este, Vater Herzog Welfs IV., sowie der immer zur Vermittlung neigende, geschickte und beredte Taufpate des Königs, Hugo, Abt von Cluni. In der Umgebung des Königs sehen wir den Erzbischof Liemar von HamburgBremen,188) den Bischof Gregor von Vercelli, der Heinrichs italienischer Kanzler war, Bischof Benno II. von Osnabrück und einige andere Bischöfe und Edle, nicht aber deutsche Laienfürsten, die ihn in dieser schweren Stunde im Stich ließen. Ohne Vorwissen der Lombarden, die ein kriegerisches Vorgehen gewünscht hätten, begann Heinrich wohl von Reggio aus Verhandlungen mit dem Papst, brach, als sie ihm zu lange dauerten, unvermutet nach Canossa auf und zeigte sich trotz der scharfen Kälte an drei Tagen als reuiger Büßer vor dem Burgtore im Schnee, unbeschuht, im wollenen Kleide. Unter Tränen erflehten er und die übrigen Gebannten Absolution. Gregor blieb erst hartnäckig, gab aber schließlich dem Drängen der anwesenden Fürstlichkeiten, vermutlich besonders der Frauen, doch nach. Er mußte hören, daß man ihm über „die apostolische Strenge" hinaus „tyrannische Grausamkeit" vorwarf. Auf seine treue Freundin, die Gräfin Mathilde, die als die Burgherrin allein seine Sicherheit verbürgte, 186 ) Curschmann, Hungersnöte S. 121. — 18 ') Friedr. Schneider, Zs. f. Kirchengesch. 45 (1926), S. 1—13. Grimaldi S. 39. Donizo S. 11, Anm. Karte u. Höhenangabe bei Bädeker, Oberitalien S. 411 f. — 1S8) Regg. Bremen 1, Nr. 360.
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hatte er ohnehin Anlaß, Rücksicht zu nehmen. Wir können vermuten, daß sich in ihr nicht nur Mitleid, sondern auch Standes- und Familienbewußtsein regte. Stammte sie doch ebenso wie Heinrich IV. vom deutschen König Heinrich I. ab, und ihre Großmütter waren Schwestern.188») So kam es zu einer Einigung. Am dritten Tage der Bußleistung, dem 28. Januar 1077, versprach der König unter Hinweis auf seine Streitigkeiten mit den deutschen Fürsten, sich mit ihnen in einer von Papst Gregor zu bestimmenden Frist nach dessen Willen entweder gerichtlich oder vergleichsweise zu vertragen, soweit nicht er oder der Papst daran verhindert würde; weiter, sich aller Angriffe auf den Papst, sein Gefolge und seine Boten, wenn er über die Berge oder sonstwohin reisen wollte, auf dem Hinweg, während des Aufenthalts und auf dem Heimweg zu enthalten. Das selbst zu beschwören, weigerte er sich dem Gebrauch gemäß, und darum taten es die genannten beiden Bischöfe Gregor und Benno für ihn. Dann wurde er vorgelassen, warf sich mit in Kreuzesform ausgebreiteten Armen vor dem Papst nieder und wurde vom Bann losgesprochen. Er empfing den Friedenskuß und das hl. Abendmahl, wie auch beim Abschied den apostolischen Segen. Desgleichen wurden Liemar und die gebannten deutschen Bischöfe absolviert.189) Die Vorstellung der Zeitgenossen und der Nachwelt hat immer an dem Bilde des künftigen Kaisers und mächtigsten Herrschers der Christenheit gehaftet, der in der Winterkälte im Büßergewande den harten Sinn des Papstes zu erweichen suchte. Die politischen Zusammenhänge, die allerdings auch in den besten Berichten nur unvollkommen dargelegt wurden, fanden nicht genügende Beachtung, und so erklärt es sich, daß bis auf die neueste Zeit das Urteil über die Bedeutung des menschlich so stark ergreifenden Vorgangs erheblich geschwankt hat. Mit Staunen stellen wir fest, daß in dem Briefe, den der Papst unmittelbar nachher den deutschen Fürsten schickte und den man gern als Hauptquelle verwandt hat, die früher von ihm angegebenen Gründe des Bannes gar nicht erwähnt werden, weder der Verkehr mit den Gebannten, noch die Unbußfertigkeit, noch die Kirchenspaltung. Der Papst schrieb nachher als Politiker, hatte aber vorher als Priester gehandelt. Das gereicht ihm vom religiösen Standpunkt aus zur hohen Ehre, aber die deutschen Fürsten konnten sich mit gutem Recht geschädigt fühlen, obwohl er betonte, daß er so bald wie möglich nach Deutschland kommen werde, die Übernahme weitergehender Verpflichtungen gegen den König bestritt und in einem späteren Briefe hinzufügte, er habe mit dem König nur Abmachungen zu ihren Gunsten getroffen. 190 ) Drei Jahre nachher drückte er sich schärfer dahin aus,191) daß er 188a ) Parisot, Tafel zu S. 514. — 189 ) Greg. Reg. 4, Nr. 12,12 ». M. v. Kn. 2, S. 757,911; 5, S. 384. Mirbt S..181. Richter 3, 2, S. 246. Hauck 3, S.808. Haller, Canossa. Otto. Hampe, Mittelalt. Gesch. S. 67. Fliehe, Réforme 2, S. 305. Schramm, Deutsche Kaiser 1, S. 138. Voosen S. 74. Grimaldi S. 250,270. Macdonald, Hildebrand S. 182. Thompson S. 138,223. Schneider, Mittelalter S. 292. — 19°) Greg. Epp. coli. Nr. 20. — 191 ) Greg. Reg." 7, Nr. 14», 1080 März 7. M. v. Kn. 2, S.902.
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nur die Absolution erteilt, den König aber nicht in sein Reich wiedereingesetzt und auch nicht die Treuverpflichtung gegen ihn hergestellt habe. In Canossa blieb er auf dem bisher eingeschlagenen Wege, d. h. die Unterwerfung Heinrichs zog er einer Neuwahl vor. Im Hinblick auf die deutschen Fürsten und namentlich auf die wieder ausbrechenden Feindseligkeiten deutete er aber sein Verhalten später um und wollte nicht mehr, wie dort unter dem Einfluß seiner Umgebung, an eine wirkliche Sinnesänderung Heinrichs geglaubt haben. In Wahrheit hatte er für das unbefangene Volk durch die Absolution jeden Makel am König getilgt und eine Neuwahl der Fürsten zum mindesten erheblich erschwert. Seitdem Bismarck am 14. Mai 1872 im Reichstage das berühmte Wort sprach: „Seien Sie außer Sorge: Nach Canossa gehen wir nicht, weder körperlich noch geistig", ist die Frage, ob die Absolution ein Sieg oder eine Niederlage des Königs bedeutete, immer wieder erörtert worden. Die Antwort bedarf einiger Erläuterungen. Es ist allgemein bekannt, daß jede Unterwerfung unter die Gebote der Kirche damals als Gott wohlgefällig galt, aber gerade die königlich gesinnten Gläubigen würden es sicher begrüßt haben, wenn der Papst eine weniger demütigende Form gewählt hätte, wie es bei gutem Willen leicht möglich gewesen wäre. Die Verquickung von Politik und Bußsakrament mußte Unbehagen erwecken, und das hat wohl auch die Gräfin Mathilde richtig empfunden, als sie eingriff. Heinrich rettete dadurch, daß er sich der Strafe unterzog, vorläufig wenigstens seine Krone und konnte glauben, durch seine Absolution den Bund des Papstes mit den aufsässigen Fürsten getrennt zu haben. Insofern errang er einen Sieg, aber daß das Königtum, das 30 Jahre vorher über das Papsttum verfügt hatte, eine Absolution dieser Art nachsuchen mußte, bedeutete zweifellos eine Niederlage, an der die deutschen Fürsten die Hauptschuld trugen. Canossa war nicht so schlimm, wie man gedacht hat, aber immer noch schlimm genug. Seine wahre Bedeutung erhielt es aber erst durch die Ereignisse, die darauf folgten. Deshalb nützt es auch nicht viel, wenn man sich die Kirchenbuße fürstlicher Personen älterer und neuerer Zeit bis zu der König Heinrichs IV. von Frankreich (1595) vergegenwärtigt. Es kommt immer darauf an, ob sie einen längeren Kampf abschloß oder, wie es hier der Fall war, nur einen Friedensversuch bedeutete, auf den dann noch ein langer und heftiger Streit folgte. Nicht Canossa, sondern Forchheim besiegelte das Schicksal des deutschen Reiches. Auf einer Zusammenkunft zu Bianello (sw. Reggio) am 3. Februar 1077 mit dem Papst und Mathilde, die hier wieder im Vordergrund der politisch-militärischen Lage steht, schlug der König eine weitere in Mantua vor. Aber es wurde nichts daraus, die Päpstlichen fürchteten, daß man sich Gregors bemächtigen wolle, und brachten ihn in Sicherheit. Drei Monate lang verließ ihn die Gräfin nicht und gewährte ihm auf ihren lombardisfchen Burgen Schutz. Ob Heinrich wirklich einen Anschlag plante, läßt sich weder beweisen noch bestreiten. Sicher aber wäre Gregor vor einer ihm feindlichen Versammlung in eine peinliche Verlegenheit geraten, und man könnte sich wohl vorstellen, daß leiden151
schaftliche Anhänger des Königs ihn für berechtigt hielten, den Papst 1 verhaften zu lassen.191») Während Heinrich dann in verschiedenen Städten Oberitaliens Regierungshandlungen vornahm, schloß sich Mailand eng an den Papst an. Es kam daselbst zu Gewaltsamkeiten, die dem König päpstlicherseits zur Last gelegt wurden,192) und Gregor zweifelte bald am aufrichtigen Versöhnungswillen des Königs.193) Er selbst blieb bei seiner Absicht, nach Deutschland zu gehen, und suchte immer wieder, seinen dortigen Anhängern die ihnen bedenkliche Absolution als politisch harmlos hinzustellen. Sie möchten sich nicht beunruhigen, schrieb er einmal, er gebe ihnen den König schuldiger zurück! 194 ) Es war ein böses Wort, das dem Papst in der Hitze des Parteikampfes entschlüpfte. Vom 13. März 1077 an tagten in Forchheim (nö. Erlangen) weltliche und geistliche Fürsten, die eine Neuwahl wollten. Unter jenen die bekannten drei oberdeutschen Herzöge von Bayern, Kärnten und Schwaben, dazu Otto von Northeim; unter diesen vor allem Erzbischof Siegfried von Mainz. Gregor hatte selbst kommen wollen, sich aber mit Heinrich über das Geleit nicht einigen können.195) Anwesend waren zwei Legaten, Kardinaldiakon Bernhard und Abt Bernhard von St. Viktor zu Marseille, die sich im Sinne des Papstes um eine Verschiebung der Neuwahl bis zu seiner Anwesenheit bemühten. Aber davon wollten die Fürsten nichts wissen, die schon durch das Ergebnis von Canossa bitter enttäuscht waren und fürchteten, daß bei längerem Zuwarten womöglich der König und der Papst sich doch noch vertrügen und dadurch sie selbst Schaden litten. Sie schilderten den Legaten ausführlich die Schlechtigkeit Heinrichs und wählten dann am 15. März 1077 Rudolf von Rheinfelden, den Herzog von Schwaben. Schwierigkeiten, die dabei auftauchten, halfen die Legaten beseitigen. Er versprach kanonische Wahl der Bischöfe, d. h. Verzicht auf Simonie und auf das bisherige Investiturrecht. Außerdem lehnte er jede Bezugnahme auf ein Erbrecht unzweideutig ab: nach seinem Tode sollten die Fürsten den Würdigsten erheben.196) Dem Papst sandte er sofort Botschaft, in der er behauptete, gezwungen die Regierung übernommen zu haben. Er sei bereit, ihm in allen Stücken zu gehorchen. Zur Beglaubigung seines Versprechens bot er öfters an, Geiseln zu stellen. Am 26. März krönte ihn Erzbischof Siegfried in seiner Stadt Mainz.197) Doch kam es daselbst gleich zu einer blutigen Schlägerei, die deutlich bewies, daß der Gegenkönig durchaus unbeliebt war. Er konnte sich weder in Mainz noch in Worms sehen lassen. Der Rhein blieb Heinrich treu. Man kennt das scharfe Urteil, das der warmherzige Biograph Heinrichs IV. über Rudolf fällt. Nachdem er seine vortrefflichen Eigen191a ) Donizo 2, V. 125. Overmann S. 141. Kehr, Papsturkunden S. 232. Ramackers, Itinerar. — 192 ) M. v. Kn. 2, S. 768. — 19») Greg. Epp. coli. Nr. 20. M. v. Kn. 2, S. 765. — 19*) De. unit. eccl. cons. 1, Kap. 6; 2, Kap. 15. — 195 ) M. v. Kn. 2, S. 781. — 19S ) Greg. Reg. 7, Nr. 14«, S. 484/5; 9, Nr. 3. S. 575, Anm. 2. Const. 1, Nr. 392. M. v. Kn. 2, S.784 ; 3, S. 3. Domeier, Päpste S. 41. Hauck 3, S. 810. Predeek S.97. Kern S. 69. B r a n d i s . 229. Carlyle 4, S. 194. Fliehe, Réforme 2, S. 361. Thompson S. 223. Schneider, Mittelalter S.294. Holtzmann, Strator S.334. Wühr S.63. — 1 9 ') M. v. Kn. 3, S. 5. Stutz, Erzbischof von Mainz S. 38.
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Schäften gerühmt hat, klagt er die alles überwindende Habgier an, die auch ihn überwunden habe, so daß er die Treue einer ungewissen Ehre opferte. 1 9 8 ) Der Gegensatz zwischen Einheit und Vielheit erfüllt die deutsche Geschichte. So verderblich das Ideal dynastischer Selbständigkeit gewesen ist, so wenig wird man sich verhehlen, daß es in alten und neuen Zeiten als die dem deutschen Wesen besonders angepaßte Regierungsform gegolten hat. E s durch das andere, höhere einer politischen Einheit und kulturellen Vielheit zu ersetzen, wird immer die Aufgabe des großen deutschen Staatsmannes bleiben. In der gesamten deutschen Geschichte gibt es wenige Ereignisse, die, ohne äußerlich erheblich aufzufallen, das innere Gefüge des Reiches stärker erschüttert haben als die Wahl Rudolfs zu Forchheim. Ein Gegenkönigtum mußte immer schädliche Wirkungen üben, aber die allgemeinen Zugeständnisse Rudolfs an den Papst gingen weit über den Einzelfall hinaus. Sachlich war es ganz richtig, wenn später erzählt wurde, Rudolf habe vom Papst eine Königskrone mit der Inschrift: Rom gab sie dem Petrus, Petrus gab sie dem Rudolf, zum Geschenk erhalten. 1 9 9 ) Jedenfalls hat das ganze Elend der Kleinstaaterei, die Deutschlands Ohnmacht im Rate der Völker begründete, von Forchheim seinen Ausgang genommen. Noch wollte Gregor sich die Anknüpfung mit Heinrich offenhalten, aber erst recht nicht mit den Fürsten brechen. Seine zurückhaltende Politik erleichterte zunächst den Fürsten ihr Werk, und in weiter Ferne sehen wir schon die „teutsche Libertät" auftauchen. 198
) Vita Heinrici IV., Kap. 4. —
193
) Otto von Freising 1, Kap. 7.
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SECHSTES KAPITEL.
DIE PÄPSTLICHE NEUTRALITÄT. (1077—1080.) Nach den königlichen und päpstlichen Kundgebungen des Jahres 1076, die tiefe, viele Jahrhunderte erfüllende Gegensätze offenbarten, erscheinen uns die auf Canossa und Forchheim folgenden Ereignisse wenig bedeutend. Alles löste sich in kleinliche Parteikämpfe auf, es gab keinen klaren Sieger und auch keinen klaren Besiegten, Deutschland vor allem mußte wirtschaftlich und seelisch schwer leiden und lange warten, bis es endlich unter Friedrich Barbarossa zum letzten Male wieder aufsteigen konnte. Der kirchenpolitische Bürgerkrieg brach von neuem aus, und Heinrich versah sich, um ihn angriffsweise zu führen, in der Lombardei reichlich mit Geldmitteln.200) Das gibt uns einen Fingerzeig zur Beurteilung der wirtschaftlichen Gründe der italienischen Kaiserpolitik überhaupt. Dann rüstete er sich zur Rückkehr nach Deutschland. Die östlichen Alpenpässe öffnete er sich durch mehrere geschickte Maßregeln. Im Gegensatz gegen Herzog Bertold 1. bekam jetzt im April 1077 Liutold von Eppenstein, Enkel des 1035 abgesetzten Herzogs Adalbero,201) die Kärntner Herzogswürde und auch die Mark Verona,202) während Patriarch Sigehard von Aquileja mit Friaul sowie später mit Istrien und Krain bedacht wurde.203) In Bayern gegen Ende des Monats angelangt, fand Heinrich einen überaus freundlichen Empfang und zog sogleich Truppen zusammen.201) Die Lage Rudolfs gestaltete sich in Schwaben wenig günstig, weil angeblich die simonistischen und unkeuschen Geistlichen gegen ihn hetzten und die Tugenden Heinrichs laut priesen. Doch sollte sich schon bald die der päpstlichen Sache und damit auch Rudolf so förderliche Wirksamkeit des Abtes Wilhelm von Hirsau geltend machen. Der König verwüstete Schwaben mit größter Rücksichtslosigkeit und zeigte sich dann Ende Mai 1077 zu Ulm 205) auf einer gut besuchten Versammlung. Die Herzöge Rudolf, Bertold I. und Weif IV. wurden neben anderen Herren unter Hinweis auf das alamannische Volksrecht abwesend des Todes schuldig befunden und verloren alle ihre Lehen. Schwaben und Bayern blieben vorläufig bei der Krone. Das Verfahren machte starken Eindruck. Rudolf konnte es nicht hindern, daß viele seiner Vasallen von ihm abfielen und sich dem König zuwandten, der 200 ) M. v. Kn. 3, S. 16. — 201 ) Cartellieri 2, S. 388. — 2 0 2 ) M. v. Kn. 3, S. 20. Jaksch 1, S. 213 ff. — 2 0 3 ) M. v. Kn. 3, S. 21,42. Hessel S. 5. — M. v. Kn. 3, S. 22, 23. — 2 0 ä ) M. v. Kn. 3, S. 36. Niese S. 206. Mitteis, Prozesse S. 36.
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sich seine Anhänger in weitem Umfange eidlich verpflichtete, doch! sicher, um im Falle ihrer Untreue schärfer gegen sie vorgehen zu können. Die militärischen Maßnahmen 206) Heinrichs und Rudolfs ausführlicher zu schildern, würde keine anziehende Aufgabe sein. Sie erschöpften sich meist in Märschen, Belagerungen und Zusammenstößen, die alle keinen großen Zug aufwiesen und keine klare Entscheidung brachten* Auch fehlte es nicht an Verhandlungen, aber die Hauptsache war, daß am 12. November 1077 der Kardinaldiakon Bernhard in Goslar den Bann gegen Heinrich erneuerte und Rudolf als König bestätigte.807) Noch aber gab sich Gregor große Mühe, neutral zu sein oder wenigstens zu scheinen, obwohl es ihm nicht verborgen bleiben konnte, daß er auf diese Weise seine deutschen Anhänger stutzig machte. Er tat es, weil ihn die normannische Gefahr erschreckte. Man erinnert sich an die Belagerung Salernos seit dem Mai 1076 durch Robert Guiskard. Da dieser 1073 Amalfi in seine Hand gebracht hatte,208) konnte er die dortigen Schiffe gut bei der Sperrung des Hafens von Salerno verwenden. Auch Richard von Capua half mit. Fürst Gisolf II. ließ sich zuerst nicht einschüchtern und wollte sich bis zum äußersten verteidigen. Schließlich aber quälte der Hunger die Bewohner dermaßen, daß einige von ihnen am 13. Dezember 1076 den Feind einließen. Eine Zeitlang hielt sich Gisolf noch in der Burg, ergab sich aber auch im Sommer 1077. Er mußte sein ganzes Land abtreten, und es fehlte nicht viel, so wäre er in Ketten abgeführt worden.209) Am Hofe des Papstes fand er dann Schutz und lebte noch eine Reihe von Jahren in dessen Diensten. Die normannischen Fürsten verstanden es ausgezeichnet, die Gunst der Lage für sich auszunutzen und ihren Machtbereich in Unteritalien immer weiter auszubreiten. Richard von Capua begann Anfang Mai 1077 die Belagerung Neapels und wurde dabei von Robert Guiskard unterstützt.210) Aber die Stadt verteidigte sich sehr tapfer und behauptete sich monatelang. Da starb am 17. November Herzog Landolf VI. von Benevent,211) dem sein Sohn Paldolf IV. im Tode vorangegangen war, als letzter Sproß seines Geschlechtes, und Robert scheute sich nicht, Benevent, das doch als päpstlicher Besitz galt, am 19. Dezember einzuschließen. Wenn er zu Anfang des Jahres 1078 mit großem Festgepränge eine Tochter mit dem späteren Grafen von Maine, Hugo V., Sohn des Markgrafen Albert Azzo II. von Este (+ 1097) und seiner zweiten Gemahlin Gersendis von Maine, verheiratete, so ersehen wir daraus, wie hoch der ehemalige Abenteurer inzwischen gestiegen war.212) Gregor kannte die Unzuverlässigkeit und Rücksichtslosigkeit der Normannen sehr wohl, aber wen sollte er ihnen entgegenstellen? Die 206 ) Schmitthenner, Söldnertum S. 66. — 2 0 ') M. v. Kn. 3, S. 76. Hauck 3, S. 813. Schumann S. 43. Fliehe, Réforme 2, S. 367, Anm. 1. — äos) Heyd 1, S. 107. Schipa S. 179. Hofmeister, Amalfi S. 125 u. Obersetzer S. 237. Pontieri S. 23. — 2°9) M. v. Kn. 3, S. 85. v. Heinemann 1, S. 284. Chalandon, Histoire 1, S. 246. Schipa S. 188. Malaterra S. 58, Anm. 2 f . Pochettino S. 499. Romuald S. 189, Anm. 3. Ann. Casinenses S. 1420, Anm. 3. Erdmann, Kreuzzugsged1. S. 208. — 210 ) M. v. Kn. 3, S. 103. v. Heinemann 1, S. 285. Chalandon, Histoire 1, S. 246. Schipa S. 191. Pochettino S. 501. Ann. Casinenses S. 1420, Anm. 4. — 211 ) M. v. Kn. 3, S. 103, Anm. 12. Chalandon, Histoire 1, S. 248, zum 18. Nov. Schipa S. 188,191. Ann. Beneventani S. 145, Anm. 1 mit dem Tag. — 212 ) M. v. Kn. 3, S. 158. Chalandon, Histoire 1, S. 251. Latouche S. 115, Anm. 8.
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Veränderung der Kirchenverfassung erheischte seine volle Aufmerksamkeit. Das Ideal, das ihm vorschwebte;, ist uns bekannt: die freie Wahl der Bischöfe ohne weltlichen Einfluß. Aber noch trug er Bedenken, auf einer Synode geradezu ein Verbot der Laieninvestitur zu erlassen, ihm genügten zunächst Schreiben an die Erzbischöfe, die keine Bischöfe mehr weihen durften, die durch den König oder einen anderen Laien eingesetzt worden waren. Legaten erhielten den Auftrag, diesen Weisungen in Deutschland wie in Frankreich Geltung zu verschaffen, und in Frankreich erzielten sie auch einige Erfolge, so beim Grafen Wilhelm IV. von Toulouse, während Erzbischof Manasse von Reims sich nicht fügte. Man hat mit Recht von einer päpstlichen Propaganda g e g e n die Laieninvestitur und f ü r die kanonische Wahl gesprochen.213) Hier wie so oft in der Geschichte der geistigen Bewegungen ergreift ein neues Schlagwort mit geheimnisvoller Gewalt die Gemüter und trägt über alte Bräuche in kurzer Zeit einen vollen Sieg davon. Im September 1077 entwickelte Gregor seine Auffassung mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit in Briefen an die Kirche von Aquileja,214) wobei man beachten wird, daß der Heinrich nahestehende Patriarch Sigehard am 12. August 1077 in Regensburg gestorben war. Auch jetzt wieder verwahrte er sich dagegen, den Dienst des Königs und die ihm schuldige Treue widerraten oder hindern zu wollen. Ebensowenig denke er daran, Neuerungen oder eigene Erfindungen einzuführen. Er verlange nur, daß bei der Ordination der Bischöfe gemäß den heiligen Vätern die evangelische und kanonische Autorität befolgt werde. Die Prüfung des gewählten Nachfolgers und nötigenfalls dessen Verwerfung behielt er seinen Legaten vor. Der Einfluß des Königs wurde nicht etwa grundsätzlich beseitigt, sondern sollte sich innerhalb der vom päpstlichen Primat gezogenen Schranken äußern dürfen. Wenig später, am 30. September 1077, betonte der Papst in einem Schreiben an Erzbischof Udo von Trier und dessen Suffragane, 216 ) daß die Wirren in Deutschland ihn schon seit lange mit großer Sorge erfüllten und daß er Gott anflehe, er möge nicht dulden, daß das deutsche Volk seine eigenen Eingeweide im Bürgerkrieg zerfleische. Dem König machte er die Gefangennahme päpstlicher Legaten zum Vorwurf, betonte aber nachdrücklich, daß er trotzdem auch ihm gegenüber sich streng an das Recht halten würde. Der Tod der Kaiserin Agnes, der am 14. Dezember 1077 in Rom eintrat,216) war ebenso gottselig wie ihre letzte Lebenszeit. Gregor selbst und andere Freunde umstanden ihr Sterbelager, am Psalmengesang und an den Gebeten beteiligte sie sich selbst, so lange sie konnte. Wie sie zuletzt ganz in der Fürsorge für die Armen aufgegangen war, so schenkte sie ihnen jetzt alle ihre Habe. Unheilvoll hat sie in ihrer demütigen Ergebenheit gegen die Kirche und ihrer Verständnislosigkeit für Staat und Macht auf die Geschicke des deutschen Reiches eingewirkt. Menschlich wird man mit ihr Mitleid haben, weil sie fest davon überzeugt war, das Beste zu wollen, und sich namentlich berufen glaubte, das Seelen21S ) Schmid, Kan. S. 187. — Greg. Reg. 5, Nr. 5 u. 6, 17. Sept. M. v. Kn. 3, S. 66. Schmid, Kan. S. 189,192. — 2 " ) Greg. Reg. 5, Nr. 7. M. v. Kn. 3, S. 88. 216 ) M. v. Kn. 3, S. 93. Bulst-Thiele S. 111. —
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heil ihres Sohnes dadurch zu fördern, daß sie ihn im Gehorsam des Papstes zu erhalten suchte. Auf das Jenseits gerichtet, fehlte sie schwer durch mangelhafte Kenntnis des Diesseits. In den allgemeinen Verhältnissen hinterließ sie keine Lücke. Auf der Fastensynode, die Gregor vom 27. Februar bis zum 3. März 1078 in Rom abhielt,217) zeigte er sich durchaus maßvoll. Von seiner eigenen Reise nach Deutschland sprach er nicht mehr, wünschte aber, daß seine Legaten daselbst eine große geistlich-weltliche Versammlung zusammenriefen und mit ihr feststellten, welche Partei, d. h. doch welcher König, die gerechtere Sache vertrete. Wer, vom König bis zum einfachen Ritter, frevelhaft das Werk der Legaten störe, verfalle dem Anathem. Alle Normannen, die sich anschickten, in den Kirchenstaat einzudringen, nämlich in die Mark Fermo und in das Herzogtum Spoleto, sowie diejenigen, die Benevent belagerten, endlich diejenigen, die die Campagna, Maritima und Sabina bedrohten, wurden gebannt.218) Für sie Gottesdienst zu halten, zog den Verlust der Priesterwürde für immer nach sich. Dem Verkehr mit Gebannten dienten genauere Ausführungsbestimmungen, die denen zugute kamen, die aus Einfalt, Furcht oder Not gefehlt hatten. In dieser Lage bedeutete es für den Papst keinen geringen Vorteil, daß Graf Roger, der Bruder Robert Guiskards, und Jordan I., der Sohn des erkrankten Fürsten Richard von Capua, sich persönlich in Rom unterwarfen und vom Bann lösen ließen. Bei einer früheren Gelegenheit hatte Roger die ihm für die Absolution gestellten Bedingungen nicht erfüllt. Richard selbst gab auf dem Totenbette der Kirche zurück, was er ihr in der Campagna entrissen hatte. Er starb am 6. April 1078, und damit fand auch die Belagerung von Neapel ihr Ende.219) In Deutschland aber konnte von Fortschritten der Friedenssache keine Rede sein. Vor allem ergriff die Sachsen als die im Vordergrunde stehenden Feinde des Königs ein immer tieferes Mißtrauen gegen Papst Gregor, weil dieser sich nicht offen auf ihre Seite stellte, sondern dauernd mit jenem verhandeln ließ.220) Wie konnte man damit die Bannung und die Absetzung Heinrichs in Verbindung bringen? Wo lag die Wahrheit? Gregor selbst litt, wie er am 7. Mai 1078 schrieb, damals schwer unter dem Druck der Geschäfte und setzte seine Hoffnung nur noch auf Gott.221) Aber er wurde nicht müde, für die erwähnte Reichsversammlung zu wirken, und erklärte am 1. Juli 1078 allen nicht im Bann befindlichen Deutschen, er wolle lieber für ihr Wohl den Tod erleiden als den Ruhm der ganzen Welt zu ihrem Verderben erstreben.222) Trotzdem wurde Blut vergossen. Es gelang Heinrich am 7. August 1078 durch die Schlacht bei Meirichstadt (n. Schweinfurt), 223 ) den Gegenkönig Rudolf an der beabsichtigten Vereinigung mit den Schwaben zu 217 ) Greg. Reg. 5, Nr. 14 », 15,16. M. v. Kn. 3, S. 104. Hauck 3, S. 814. Schwarz, Investiturstreit 42, S. 300. Schmid, Kan. S. 192. Fliehe, Réforme 2, S. 368. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 154. — 218 ) Ann. Casinenses S. 1420, Anm. 7. — 2 « ) M. v. Kn. 3, S. 156. Chalandon, Histoire 1, S. 251. Schipa S. 191. Ann. Casinenses S. 1420, Anm. 5 mit dem Tag. Oben Buch 2, Anm. 2 1 0. — 220 ) M. v. Kn. 3, S. 126. Hauck 3, S. 815. Fliehe, Réforme 2, S. 371. — 221 ) Oreg. Reg. 5, Nr. 21. M. v. Kn. 3, S. 119. — 222 ) Greg. Reg. 6, Nr. 1. M. v. Kn. 3, S. 127. — 223) M. v. Kn. 3, S. 139. Delbrück 3, S. 135.
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verhindern, ohne daß eine für den weiteren Verlauf des Bürgerkrieges maßgebende Entscheidung erzielt wurde. Man hat hervorgehoben, daß hier wie in so mancher anderen Ritterschlacht auf beiden Seiten ein Teil siegte und ein Teil eine Niederlage erlitt, weil es namentlich unmöglich ist, fliehende Reiterschajen zu neuem Angriff zu sammeln. Gerade die Not der deutschen Kirche und das ungeduldige Drängen der ihm anhängenden Bischöfe mögen Gregor angespornt haben, noch in demselben Jahre auf den 19. November 1078 eine zweite Synode nach Rom zu berufen.224) Vertreter beider Könige bestritten jede Schuld am Scheitern des päpstlichen Versöhnungswerkes und verlangten die Verurteilung des Gegners. Doch davon wollte der Papst nichts wissen, und er schob eine endgültige Meinungsäußerung weiter hinaus. Neben zahlreichen, die Kirchenzucht betreffenden Beschlüssen finden wir ein deutliches Verbot der Investitur durch einen Laien, auch einen König oder Kaiser, sowie jeder Abweichung von der kanonischen Wahl und der Simonie. Auch auf der Fastensynode, die Gregor am 11. Februar 1079 wieder im Lateran eröffnete, 225 ) erfüllte er die Wünsche der heftig drängenden Feinde Heinrichs nicht, sondern begnügte sich damit, daß beide Könige versprachen, sich der Entscheidung der Legaten zu unterwerfen. Es reizte ihn, sein oberstrichterliches Amt anerkannt zu sehen, mochte er auch im Herzen schon Partei genommen haben. Ob Heinrich wirklich noch mit einer friedlichen Lösung rechnete, wissen wir nicht. Jedenfalls tat er gut daran, seine Stellung politisch und militärisch zu stärken, indem er Ende März 1079 in Regensburg dem Grafen Friedrich von Staufen, der durch seinen gleichnamigen Vater in Schwaben, durch seine Mutter Hildegard in der Gegend von Schlettstadt begütert war, das Herzogtum Schwaben verlieh und ihn gleichzeitig mit seiner kleinen Tochter Agnes verlobte.226) Wir zählen ihn als Herzog Friedrich I. Kein Mensch konnte damals ahnen, daß das Haus, das hiermit aus dem Dunkel in das helle Licht der Reichsgeschichte trat, dereinst die Welt mit seinem Ruhm erfüllen und eine neue, letzte Blüte des alten deutschen Reiches heraufführen würde. Sicher traf es zu, wenn . Gregor im Mai 1079 schrieb, es bereite ihm heftigen Schmerz, daß das Reich der Deutschen, bis dahin das edelste unter allen auf der Welt, durch Brand, Mord und Raub zu Grunde gerichtet werde,227) aber gerade er mußte im Herbst selbst erkennen, daß es ihm nicht gelungen sei, einen dauerhaften Frieden herzustellen, und über die Habsucht der mit der schwierigen Aufgabe betrauten Legaten wurde laut geklagt.228) Man hat hier mit Recht von einer zweiten Niederlage Gregors, nach der ersten in Canossa, gesprochen. 224 ) Greg. Reg. 6, Nr. 5>>. M. v. Kn. 3, S. 163. Hauck 3, S.816. Leib Nr. 16. Schmid, Kan. S. 196. — 225 ) Const. 1, Nr. 388.389. Greg. Reg. 6, Nr. 17 u. Epp. coli. Nr. 27. M. v. Kn. 3, S. 171. Hauck 3, S. 817. Carlyle 4, S. 199. Fliehe, Réforme 2, S. 372. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 156. — 226 ) M. v. Kn. 3, S. 194. Stälin 1, 1, S. 221. Gerken S. 84. — 227 ) Greg. Epp. coli. Nr. 26. M. v. Kn. 3, S. 220 mit der Zeit. — * » ) M. v. Kn. 3, S. 226. Hauck 3, S.819.
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SIEBENTES KAPITEL.
INVESTITURVERBOT U N D KAMPF UM ROM. (1080, 1081.) Bei Flarchheim (s. Mühlhausen) an der Unstrut siegte Heinrich am 27. Januar 1080 über den Gegenkönig Rudolf und über Otto von Northeim dank einer geschickten Umgehungsbewegung und der Angriffslust der Böhmen unter ihrem Herzog Wratislaw, konnte allerdings nicht verhindern, daß inzwischen sein Lager ausgeplündert wurde.229) Da überdies sächsische Herren zu ihm übergingen, fühlte er sich stark genug, um von Gregor zu verlangen, daß Rudolf gebannt würde, und drohte, einen Gegenpapst zu erheben. Gregor konnte daher die Neutralität, auf die er so großen Wert legte, nicht länger wahren und entschloß sich, auf der römischen Fastensynode von 1080230) scharf gegen Heinrich vorzugehen, dem von seinen deutschen Feinden unzählige Gewalttaten vorgeworfen wurden. Die Beschlüsse, die das Datum des 7. März tragen, verboten unter Hinweis auf die früheren Synoden unbedingt die Laieninvestitur, nicht nur für Bistümer und Abteien, sondern auch für die geringeren kirchlichen Würden, unter Androhung des Bannes auch für die verleihenden Fürsten vom Kaiser abwärts. Die gleiche Strafe sollte namentlich aufgeführte Bischöfe und die eroberungslustigen Normannen treffen, wobei man beachten wird, daß bei diesen letzteren die Möglichkeit einer Verständigung vorbehalten wurde. Erledigte Kirchen seien künftig ohne jedes weltliche Eingreifen gemäß der Wahl von Geistlichkeit und Volk in Gegenwart eines den Papst oder den Metropoliten vertretenden Bischofs zu besetzen. Andernfalls falle das Wahlrecht an den Papst oder den Metropoliten. Gleichzeitig bannte der Papst in der Form eines leidenschaftlichen Gebetes an die hl. Petrus und Paulus nach einer Übersicht über den bisherigen Verlauf des kirchenpolitischen Streites Heinrich zum zweiten Mal und entkleidete ihn seiner königlichen Würde in Deutschland und Italien, bestätigte Rudolf dagegen als Erwählten der Deutschen. Hochpathetische Schlußworte richteten sich an die versammelten Väter: Wie Ihr im Himmel zu binden und zu lösen vermögt, so könnt 22 9) M. v. Kn. 3, S. 238. Hauck 3, S. 820. Bretholz S. 175. Köster S. 244. Delbrück 3, S. 137. Fliehe, Réforme 2, S. 377. — Const. 1, Nr. 390,391. Oreg. Reg. 7, Nr. 14 ». M. v. Kn. 3, S. 246. Hauck 3, S. 821. Gottlob, Kreuzablaß S. 54. Carlyle 4, S. 200. Fliehe, Réforme 2, S. 378. Brackmann, Anfänge S. 232. Schmid, Kan. S. 196. Schneider, Mittelalter S. 296. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 156.
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Ihr auch auf Erden Kaiser- und Königreiche und Herrschaften jeder Art geben und nehmen. Alle weltlichen Fürsten sollen jetzt spüren, was Ihr vermögt, und an Heinrich vollstreckt Euer Gericht so schnell, daß alle wissen, er falle nicht durch Zufall, sondern durch Eure Macht. Er werde zerknirscht zur Buße, damit sein Geist gerettet sei am Tage des Herrn. Wer könnte sich der zermalmenden Wucht dieses Strafurteils entziehen? Wer dessen Bedeutung unterschätzen? An die Stelle der Kaisermacht trat der Versuch, über ihr die von der Religion getragene päpstliche aufzurichten, den Kaiser selbst nur noch als Beauftragten des Papstes anzusehen und die gesamte Christenheit einheitlich von Rom aus zusammenzufassen. Wo blieben Karl der Große, die Ottonen und die ersten Salier? Ausgelöscht schien ihr Lebenswerk. Würde sich der Schwerpunkt der Dinge wieder von Mitteleuropa nach Italien verschrieben? Würde an die Stelle des deutsch-römischen ein päpstlichrömisches Großreich treten? Getragen von dem erhebenden Bewußtsein, das Rechte zu tun, wagte der Papst, am Ostermontag dem 13. April 1080 bei der Messe in St. Peter vorauszusagen, daß Heinrich, wenn er bis zum 1. August nicht Buße, tue, tot oder tatsächlich abgesetzt sein werde. Andernfalls möge man ihm, dem Papst, keinen Glauben mehr schenken.231) Er konnte so kühn sprechen, weil ihm um diese Zeit ein allerdings ungewöhnlicher Machtzuwachs zu teil wurde. Die Gräfin Mathilde schenkte der römischen Kirche ihr ganzes Eigengut sowohl in Italien wie in Lothringen und ließ sich wieder damit vom Papste belehnen.232) Trotzdem suchte Gregor auch in ferneren Ländern Bundesgenossen zu werben, und es kann nicht wunder nehmen, daß er an Wilhelm den Eroberer dachte, von dem er noch am 4. April 1078 gerühmt hatte, 233 ) daß er ihn unter den Königen wegen seiner ausgezeichneten Charaktereigenschaften besonders liebe. Aber er war davon entfernt, alle seine Maßnahmen zu billigen. Am 23. September 1079 schrieb er seinem Legaten,234) die römische Kirche habe viel Anlaß, sich über Wilhelm zu beklagen: nicht einmal ein heidnischer König sei so anmaßend gewesen, Bischöfe vom Besuch der Schwellen der Apostel abzuhalten. Wenn der König sich nicht bessere, werde er den heftigen Zorn des hl. Petrus herausfordern. In einem Briefe vom 24. April 1080236) erinnerte der Papst ihn an die Mühe, die er sich gegeben habe, um ihm zum Königtum in England zu verhelfen, obwohl bei dieser Gelegenheit viel Blut geflossen sei. Das konnte doch nur bedeuten, daß der Papst dem König zuliebe religiöse Vorschriften verletzt hatte und sich das jetzt ihm gegenüber zum Verdienst anrechnete. Einige Zeit nachher verlangte er durch einen Legaten mündlich von Wilhelm, daß dieser sich als sein Lehnsmann bekennen sollte, und verwies dabei, wie es scheint, auf die alte Unterordnung Englands unter sai) Holder-Egger, N. A. 19 (1894), S.680. — 232 ) M. v. Kn. 3, S. 259. Schneider, Mittelalter S. 297. Grimaldi S. 306. — 233 ) Greg. Reg. 5, Nr. 19. — 234 ) Greg. Reg. 7, Nr. 1. Jensen S. 33. Brooke S. 137. — 2 3 ') Greg. Reg. 7, Nr. 23.
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Rom, die sich aus der Zahlung des Peterspfennigs ergäbe. In seinem Schreiben vom 8. Mai 1080 drückte er, wie das die Kurie auch sonst gern getan hat, seinen Machtanspruch nur in verhüllenden W o r t e n aus. 236 ) Wilhelm weigerte sich entschieden, darauf einzugehen, und bestritt in seiner kurzen Antwort, daß seine Vorgänger jemals gehuldigt hätten. 2 8 1 ) Er selbst habe es nicht getan und wolle es auch nicht tun. Der Peterspfennig dagegen solle künftig regelmäßiger gezahlt werden. Damit war die Sache erledigt, und Gregor hütete sich wohl, den Bogen zu überspannen und sich Wilhelm zum Feinde zu machen, so lange Rom durch Heinrich in Atem gehalten wurde. Wenn er g e h o f f t hatte, durch Wilhelm einen Anspruch anerkannt zu sehen, den er nachher leichter gegen Heinrich und andere weltliche Fürsten hätte durchsetzen können, so täuschte er sich, und Wilhelm hat das weltliche Fürstentum vor schwerem Schaden bewahrt. Dank seiner klugen Zurückhaltung hatten England und die Normandie vom kirchenpolitischen Streit nichts zu fürchten. Sie standen abseits und konnten warten, bis sie etwa selbst in Mitleidenschaft gezogen wurden. In Deutschland und in Italien ging der Kampf weiter, und Heinrich f a n d auch literarische Unterstützung. Man weiß, daß die königlichen Publizisten weniger zahlreich und im allgemeinen auch weniger geschickt waren als die päpstlichen. Um so wertvoller mußte es sein, daß ein vortrefflich belesener Jurist, Peter Crassus aus Ravenna, 238 ) der zur Umgebung Erzbischof Wiberts von Ravenna gehörte, eine „Verteidigung Heinrichs" schrieb und die zweite Bannung als völlig ungerecht zu erweisen suchte. Die Persönlichkeit und die Amtsführung G r e g o r s tadelte er auf das schärfste und betonte u. a. das Erbrecht des Königs. Man hat immer hervorgehoben, daß er der einzige Laie unter den Publizisten war und daß er in eigenartiger Weise neben den kirchlichen Schriften das römische Privatrecht herbeizog. Er verlangte den Zusammentritt einer Synode, die über Gregor richten sollte. Die Abhandlung wurde aber in Brixen nicht benutzt und erst 1084 dem König vorgelegt. Dort versammelten sich am 25. Juni 1080 30 hauptsächlich italienische, aber auch deutsche Bischöfe, 239 ) und hier t r a t wieder, wie schon 1076, Kardinal H u g o der Weiße als Ankläger Gregors auf, der ihn zwei J a h r e vorher in besonders scharfen W o r t e n gebannt hatte. Des Papstes Lebensführung wurde von seinen jungen Jahren an schonungslos verurteilt und er dann als der „allerverwegenste Hildebrand, der Gotteslästerung und Brandstiftung predige, Meineid und Meuchelmord verteidige" und noch viele andere Verbrechen begehe, zur Absetzung und Vertreibung verurteilt. Sodann wurde Erzbischof Wibert ohne Wahl, 23e ) Qreg. Reg. 7, Nr. 25 ff. Freeman, N.C. 4, S. 431. M. v. Kn. 3, S.321. Jensen S.34,39. Burdach 2, 1, S.274. Fliehe, Réforme 2, S. 345. Laehr S. 33. Brooke S. 140. — 2 " ) Ausgewählte Briefe Nr. 11 b, dazu S. 7. Tillmann S. 16, 238 Anm. 16 zu 1075/1076. — ) Defensio Heinrici IV. regis ed. L. de Heinemann, Lib. de lite 1, S. 432. Mirbt S. 18,548. Oundlach S. 626. M. v. Kn. 3, S. 267. Solmi S. 91 u. sonst. Rosenstock S. 273. Schramm, Renovatio 1, S. 288. Carlyle 4, S. 222. Manitius 3, S.28. Arquillière, Grégoire VII S.2S9 337. Fliehe, Crassus zur Abfassungszeit. Erdmann, Kreuzzugsged. S. 215. — ) Const. 1, Nr. 70. M. v. Kn. 3, S. 285. Bock S. 177. Hauck 3, S.826. Kehr, Wibert. Fliehe, Réforme 2, S. 383. Schmeidler, Heinrich S.399. Schneider, Mittelalter S.298. Lerner S. 53 f. Pivec 48, S.344.
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C a r t e l l i e r i , Der Aufstieg des Papsttums.
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doch durchaus im Einverständnis mit hohen Kirchenfürsten, durch Heinrich als Patricius zum Papst erhoben.240) Ravenna sollte er daneben behalten, wie das auch sonst schon üblich gewesen war.241) Er stammte aus einer in Parma ansässigen Nebenlinie des Hauses Canossa und war, nachdem er, wie früher erwähnt, italienischer Kanzler gewesen war, wahrscheinlich Ende Juli 1072 Erzbischof von Ravenna geworden. Durch Gelehrsamkeit und tadellosen Lebenswandel ausgezeichnet, wollte er in seiner Weise die Kirchenreform durchführen. Dem König hielt er die Treue wie dieser ihm. Aber es fehlten ihm Tatkraft und Wagemut, um sich in einer haßerfüllten Zeit zur Geltung zu bringen. Daß Gregor VII. sich in den heftigsten Worten gegen ihn wandte, ihn als Verwüster der Ravennater Kirche, Antichrist und Ketzerfürst hinstellte und gleichzeitig auch Heinrich heftige Vorwürfe machte, nimmt nicht wunder.242) Wiberts Erhebung wurde übrigens längst nicht von allen Anhängern Heinrichs gebilligt, wie man annehmen kann, weil sie fürchteten, daß der König damit die Grenzen seines gottgewollten Machtbereichs überschritten hätte. Das neue Gegenpapsttum legte es Gregor nahe, sich militärisch zu stärken. Da kamen natürlich in erster Linie die Normannen in Betracht, deren ungezügelter Körperkraft er seine früheren Erfolge doch meistenteils verdankte. Wir wissen, wie rücksichtslos sie einzig und allein ihren eigenen Vorteil wahrzunehmen wußten und sich bei ihrer Unterstützung des Papsttums doch hauptsächlich von dem Gedanken leiten ließen, ein Eingreifen des deutschen Königs im Süden zu hindern. Sie waren für Gregor ein sehr willkommener, vielfach unentbehrlicher, aber immer eigenwilliger Bundesgenosse. Robert Guiskard hatte 1078 einen gefährlichen Aufstand seiner durch harte Steuern gereizten Vasallen niederwerfen müssen.243) Von der Leidenschaft, die ihn gegen die Abtrünnigen erfüllte, bekommen wir einen Begriff, wenn wir hören, daß er einen gefangenen Führer blenden ließ. Etwa Mitte 1080 war es ihm gelungen, die Ruhe gewaltsam wiederherzustellen, obwohl nicht nur Ostrom, sondern wohl auch Gregor selbst den Widerstand gegen die herzogliche Gewalt begünstigt hatten. Als dann Gregor deutlich erkannte, daß keinerlei Hoffnung auf eine Aussöhnung mit Heinrich bestand und mit einem künftigen Romzug gerechnet werden mußte, als geistliche und weltliche Herren der Lombardei ihre Feindseligkeit offen bekundeten, blieb ihm nichts anderes übrig, als trotz der ergangenen Bannurteile 244) gemäß dem Rate des immer geschickt vermittelnden Abtes Desiderius von Monte Cassino den stolzen Herzog zu absolvieren. In Ceprano ließ er zunächst am 10. Juni 1080 Jordan I. von Capua den Eid wiederholen, den dessen Vater Richard im Jahre 1059 Nikolaus II. geschworen hatte.245) Am 29. traf er ebenda 24 ») Hauck, Realenc. 21 (1908), S. 218. Schwartz, Besetzung S. 158. Kehr, Wibert S. 979, Anm. 1. — 241 ) Cartellieri 2, S. 477. Oben S. 45. — 2 « ) Greg. Reg. 8, Nr. 5 u. 7. M. v. Kn. 3, S. 311. —