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German Pages 192 [194] Year 2020
Kai Buchholz
Der Amerikanische Traum Eine kritische Bilianz
Der Amerikanische Traum ist die Verheißung eines selbstbestimmten Lebens freier Persönlichkeitsentfaltung. Doch der Schein trügt – nicht erst seit Donald Trump. Die Gedankenwelten von Ku-Klux-Klan, evangelikalen Fundamentalisten und Alt-Right-Anhängern wie auch die Abgründe einer aggressiven US-Außenpolitik offenbaren die menschenfeindlichen Schattenseiten der USA. Was ist zu tun, um Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und demokratischen Entscheidungsprozessen zur vollen Entfaltung zu verhelfen? Ein knapper, verständlicher Überblick, der historische, gesellschaftspolitische und philosophische Aspekte zu einem nachdenklichen Gesamtbild verknüpft. Kai Buchholz war nach seinem Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Romanistik als Ausstellungskurator, Hörspielautor und Hochschullehrer tätig. Seit 2012 ist er Professor für Geschichte und Theorie der Gestaltung an der Hochschule Darmstadt. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählen: Gestalt und Hinterhalt (2020), 100 Jahre Moderne in Hessen (Hg. 2019), Ludwig Wittgenstein (2006), Die Lebensreform (Hg. 2001).
wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-27337-9
Kai Buchholz Der Amerikanische Traum
Kai Buchholz
Der Amerikanische Traum Eine kritische Bilanz
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Inhalt Die Bürgerrechtsbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Das dunkle Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Amerika und die Welt
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Barack Obama . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
Donald Trump
83
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Der American Dream . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Deutschland und Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Chronologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA . . . . . . . 156 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Personenregister Bildnachweis
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El Dorado/Kansas, 29. Januar 2008: Barack Obama trägt weißes Oberhemd mit blaugestreifter Krawatte zu anthrazitfarbenem Sakko. Vor wenigen Wochen sind die Präsidentschaftsvorwahlen der Demokraten gestartet. Es läuft gut für Obama. Anfang Januar hat er Hillary Clinton in Iowa geschlagen, drei Tage zuvor mit großem Abstand South Carolina geholt. Heute spricht er am Butler Community College zu 2.000 Anhängern. Vom Geländer der schäbigen Empore hängt ein tiefblaues Banner mit dem Slogan „Change we can believe in“. Obama erzählt die Geschichte von Stanley Dunham aus El Dorado, der sich Ende der 1930er Jahre in die junge Madelyn aus dem benachbarten Augusta verliebt. Dunham hält sich mit Gelegenheitsjobs in der Ölbranche und auf kleinen Farmen über Wasser – die Große Depression hat ihren Höhepunkt erreicht. Stanley Dunham und Madelyn Payne heiraten, während in Europa der Krieg ausbricht. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor meldet sich Stanley freiwillig zur Armee, Madelyn hilft bei der Montage von B-29-Bombern. Ihre Tochter Ann kommt 1942 auf dem Militärstützpunkt Fort Leavenworth zur Welt. Es sind extrem unsichere und bedrohliche Zeiten. Das Ehepaar aus Kansas steht sie durch, weil es sich an einen einfachen Traum klammert: dass sie ihre Tochter in einem freien Land unbeschränkter Chancen werden großziehen können. Sie glauben fest daran, dass die Opfer, die ihre Generation bringt, es Ann einst erlauben werden, so zu leben, wie sie leben möchte. Ann Dunham ist die Mutter von Barack Obama. Der Traum seiner Großeltern ist der American Dream. 7
Amerikanische Unabhängigkeitserklärung, 1776
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Im deutschsprachigen Raum verbinden sich mit dem Amerikanischen Traum zwei Formeln: „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ und „vom Tellerwäscher zum Millionär“. Tatsächlich zählen eine zupackende Mentalität und die Vorstellung, menschliches Glück hänge in erster Linie von materiellem Wohlstand ab, zu den Koordinaten US-amerikanischer Kultur. Den American Dream auf diese beiden Aspekte zu reduzieren, griffe aber zu kurz. Während das christliche Mittelalter den Lebensalltag am Jenseits ausgerichtet hatte, wendet sich die Neuzeit wieder den weltlichen Belangen zu. Nach antikem Vorbild kultiviert der Renaissance-Humanismus ein Menschenbild, das sich in den irdischen Verhältnissen bewähren soll. Über die Aufklärung mündet der Weg schließlich in die bürgerliche Menschenrechtsgesellschaft. Sie garantiert jedem Individuum unantastbare Würde und höchsten Wert. Doch das große Versprechen von einem glücklichen Leben aller wurde bislang bitter enttäuscht. Durchgesetzt hat sich ein rein profitorientierter, global vernetzter Kapitalismus – Ausbeutung der Natur, Hungerkatastrophen und ein bedrohter Weltfrieden sind seine Bilanz. Wie konnte es dazu kommen? Wer genau hinsieht, stellt fest, dass Menschenrechte und Kapitalismus dieselben Wurzeln haben: das bürgerlich-liberale Denken, das sowohl Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wie auch Egoismus predigen kann. 1 Will man die politische Entwicklung Amerikas in ihrer vollen Tragweite verstehen, darf man diese Janusköpfigkeit nicht aus den Augen verlieren. Schließlich ist die amerikanische Geschichte in gewisser Weise die Geschichte der Neuzeit. Während Botticelli in Florenz schöne, leicht bekleidete, unschuldige Leiber malt, bricht Christoph Kolumbus gen Westen auf und „entdeckt“ 1492 die Neue Welt. Der unbekannte Kontinent verwandelt sich in ein Laboratorium moderner Lebensverhält1
Vgl. Kai Buchholz: Meditation über Eigentum. In: Alternative Wirtschaftsformen. Hg. G. Böhme. Bielefeld 2012. S. 29–39.
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nisse. Die Unabhängigkeitserklärung, mit der sich die amerikanischen Siedler 1776 von Großbritannien lösen, gilt der Menschenrechtsbewegung als einer ihrer wichtigsten Meilensteine. Aber die USA stehen auch für Abgründe der Zivilisation – für das grausame Niedermetzeln der indianischen Ureinwohner und für die massenhafte Verschleppung von Schwarzafrikanern zum Zwecke der Sklaverei. 2 Nicht zu vergessen der eiskalte Imperialismus, sprich: die neokoloniale Ausbeutung Lateinamerikas und die aggressive politische Einflussnahme in den erdölreichen arabischen Ländern 3.
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Vgl. Bernd Stöver: United States of America. Geschichte und Kultur. Von der ersten Kolonie bis zur Gegenwart. München 22013. S. 57–73, 123–151. 3 Vgl. z. B. Michael Lüders: Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet. München 232017. S. 12–57.
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Die Bürgerrechtsbewegung Die dunklen Kapitel der US-amerikanischen Geschichte speisen sich allerdings nicht aus den Prinzipien der Unabhängigkeitserklärung. Wie der Historiker Heinrich August Winkler scharfsinnig feststellt, zeugen sie gerade von „brutalen Verstößen gegen die eigenen Werte“ 4. Zu diesen Werten gehört insbesondere die Vorstellung, dass alle Menschen gleich geboren sind und dass ihnen unveräußerliche Rechte zustehen: das Recht auf Leben, das Recht auf Freiheit sowie das Recht, nach dem persönlichen Glück zu streben (pursuit of happiness). In Winklers Augen ist dieses humanistische Projekt klüger als seine paternalistischen und rassistischen Schöpfer. Indianer, Schwarze, Frauen und die LGBT-Community müssen sich ihre verbrieften Rechte in den USA zwar mühsam erkämpfen, aber immerhin können sie sich dabei auf die Gründungsurkunde ihres Staates berufen und so mit Engagement eine schlagkräftige Bürgerrechtsbewegung etablieren. Ein bis heute nachwirkendes nationales Trauma löst der Amerikanische Bürgerkrieg aus, der sich an dem Vorhaben entzündet, die Sklaverei abzuschaffen. Auch wenn die Gefechte zwi-
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Christiane Hoffmann/Klaus Wiegrefe/Heinrich August Winkler: „Ein neuer Sonderweg“. Der Historiker Heinrich August Winkler über den Verrat westlicher Werte durch die USA, den Unterschied zwischen Irak-Krieg und Krim-Krise sowie die Ahnungslosigkeit von Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder. In: Der Spiegel. 2015, Heft 1. S. 26. Vgl. auch Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. 4 Bde. München 2016.
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Die Bürgerrechtsbewegung
schen Unionisten und Konföderierten (bislang die blutigsten Kriegsereignisse auf US-amerikanischem Boden) mit der Niederlage der sklavenhaltenden Südstaatler enden, kann von einer Gleichbehandlung der Schwarzen noch lange keine Rede sein. Die ab 1865 in den so genannten „Jim Crow Laws“ einzelner Bundesstaaten festgeschriebene Rassentrennung wird erst 1964 unter Lyndon B. Johnson abgeschafft. Bis dahin existieren vielerorts in öffentlichen Verkehrsmitteln, Restaurants usw. separate Bereiche für Schwarze und Weiße. Auch gemischte Ehen sind in zahlreichen Bundesstaaten verboten. Artikel 3, Absatz 33 der Verfassung South Carolinas von 1895 verfügt zum Beispiel: „Die Ehe einer weißen Person mit einem Neger oder Mulatten oder einer Person mit einem Achtel oder mehr Negerblut ist ungesetzlich und nichtig.“ 5 Ein gutes halbes Jahrhundert später, 1963, beklagt Martin Luther King in seiner legendären Rede I Have a Dream: Als die Architekten unserer Republik die großartigen Worte der Verfassung und der Unabhängigkeitserklärung schrieben, unterzeichneten sie einen Schuldschein, zu dessen Einlösung alle Amerikaner berechtigt sein sollten. Dieser Schein war das Versprechen, dass allen Menschen – ja, schwarzen Menschen ebenso wie weißen – die unveräußerlichen Rechte auf Leben, auf Freiheit und auf das Streben nach Glück garantiert würden. Es ist heute offensichtlich, dass Amerika mit seinen Verbindlichkeiten in Verzug geraten ist, soweit es die farbigen Bürger betrifft. Statt seiner heiligen Verpflichtung nachzukommen, hat Amerika den Negern einen faulen Scheck gegeben – einen Scheck, der mit dem Vermerk zurückgekommen ist: „Keine Deckung vorhanden“. Aber wir weigern uns zu glauben, dass die Bank der Gerechtigkeit bankrott ist.
Im weiteren Verlauf der Rede betont King, seine Vorstellungen wurzelten tief im Amerikanischen Traum: in dem Grundsatz, dass alle Menschen gleich geboren seien.
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Constitution of the State of South Carolina, Ratified in Convention, December 4, 1895. Abbeville/S. C. 1900. S. 18.
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Die Bürgerrechtsbewegung
Martin Luther King während einer Pressekonferenz, 1964
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Die Footballspieler Colin Kaepernick (rechts) und Eric Reid von den San Francisco 49ers knien während der Nationalhymne nieder, Santa Clara/Cal., 2016
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Die Bürgerrechtsbewegung
Malcolm X, ein anderer schwarzer Hoffnungsträger, wird am 21. Februar 1965 bei einer Vortragsveranstaltung von Anhängern der Nation of Islam auf offener Bühne ermordet. Das Verbrechen führt im darauffolgenden Jahr zur Gründung der Black Panther Party (BPP) um Bobby Seale und Huey Newton, die vor allem auch Selbstverteidigungsstrategien für schwarze US-Bürger entwickelt. Im April 1968 wird dann Martin Luther King, auf dem Balkon eines Motels in Memphis stehend, von einem rassistischen Attentäter mit einer Remington 760 niedergestreckt. Im ganzen Land kommt es zu Krawallen, die weitere Todesopfer fordern. Das Attentat sowie die Tötung des Black-Panther-Aktivisten Fred Hampton, den Polizisten im Zuge eines FBI-Geheimprogramms am 4. Dezember 1969 im Schlaf erschießen 6, wirken auf das schwarze Amerika zutiefst verstörend. Noch Jahrzehnte später ist es eine Sensation, dass Barack Obama 2009 als erster schwarzer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ins Weiße Haus einzieht. Selbst unter seiner Führung erlebt das Land erschütternde Rassenunruhen – vor allem nachdem im August 2014 ein Polizist in Ferguson/ Missouri auf den unbewaffneten 18-jährigen Afroamerikaner Michael Brown zwölf Schüsse abfeuert und ihn tödlich trifft. Eine öffentliche Debatte darüber entbrennt, ob sich amerikanische Polizisten bei der Strafverfolgung Schwarzer von rassistischen Vorurteilen leiten lassen. Mitte 2016 setzt der Footballprofi Colin Kaepernick ein Zeichen, indem er niederkniet, während vor Spielbeginn die Nationalhymne läuft. Erst wenn Schwarze und andere Minderheiten in den USA nicht mehr diskriminiert würden, könne er zum Star-Spangled Banner wieder stehen. Einzelne Mitspieler folgen seinem Beispiel. Der damalige Präsidentschaftskandidat Donald Trump attackiert Kaepernick scharf, dessen Verein – die San Francisco 49ers – feuert ihn. Für weltweite Empörung sorgt schließlich der Tod 6
Vgl. Jeffrey Haas: The Assassination of Fred Hampton. How the FBI and the Chicago Police Murdered a Black Panther. Chicago/Ill. 2010.
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Die Bürgerrechtsbewegung
des Afroamerikaners George Floyd, der am 25. Mai 2020 in Minneapolis/Minnesota von dem weißen Polizisten Derek Chauvin erstickt wird. 7 Traditionell verstehen sich die USA als Anführer der „freien Welt“. Angesichts dieser Tatsache mutet es grotesk an, dass laut neueren Studien des Institute for Criminal Policy Research in London gerade hier extrem viele Bürger im Gefängnis sitzen. 8 Etwa 0,66 % der US-Amerikaner befinden sich hinter Gittern (in Deutschland sind es ca. 0,075 %). Damit liegen die USA weltweit auf Platz eins der Statistik. Betrachtet man die Zahlen bezogen auf die ethnische Herkunft, ergibt sich eine beachtliche Kluft: Während 0,5 % der weißen männlichen USBevölkerung eine Haftstrafe verbüßen, sind es bei den Schwarzen 2,6 %. 9 Im Vergleich zum deutschen Rechtssystem, das freie Meinungsäußerung sorgsam gegen strafbare Handlungen wie Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung oder Volksverhetzung abwägt, kennen die USA kaum Einschränkungen, wenn es um das Recht auf freie Meinungsäußerung geht. 10 Eine bemerkenswerte Ausnahme: Bei kommunistischer Gesinnung hört der Spaß auf. Die hysterische Angst vor der „roten Gefahr“, die in dem 7
Vgl. z. B. Daniel C. Schmidt/Jonathan Stock: Big Floyd. Am 25. Mai tötete der weiße Polizist Derek Chauvin den Schwarzen George Floyd. Nach der Tat begannen in den USA die größten Proteste gegen Rassismus der vergangenen 50 Jahre. Wer waren diese beiden Männer? In: Der Spiegel. 2020, Heft 27. S. 48–52. 8 Vgl. Roy Walmsley: World Prison Population List. Institute for Criminal Policy Research 2018, www.prisonstudies.org/sites/default/files/resources/ downloads/wppl_12.pdf, abgerufen am 23. Juli 2020. 9 Vgl. auch Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. New York 2010. 10 Vgl. z. B. Heiko Maas: Aufstehen statt wegducken. Eine Strategie gegen Rechts. München 2017. S. 90–97; §§ 86, 90–91, 111, 126, 130–131, 140, 166, 185–189 StGB; Victor C. Romero: Restricting hate speech against „private figures“: Lessons in power-based censorship from defamation law. In: Columbia Human Rights Law Review. 33 (2001). S. 1–40.
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Ausdruck Red Scare begrifflichen Niederschlag gefunden hat, ist tief in die amerikanische Seele eingebrannt und manifestiert sich bereits lange vor der berüchtigten McCarthy-Ära. 11 2011 dreht Clint Eastwood einen biografischen Spielfilm über J. Edgar Hoover mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle. Sein Hollywoodstreifen schildert, wie sich Hoover – von 1924 bis 1972 Chef der obersten US-Polizeibehörde – vor allem dem Kampf gegen Kommunisten verschreibt. Bereits 1919 ist er daran beteiligt, die anarchistische Bürgerrechtlerin Emma Goldman, die einen pazifistischen und antikapitalistischen Standpunkt vertritt, trotz ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft zusammen mit über 200 anderen „Radikalen“ nach Sowjetrussland auszuweisen. 12 Aufschlussreich ist auch die Geschichte der linksradikalen Weathermen 13, deren Name sich von einer Zeile aus dem BobDylan-Song Subterranean Homesick Blues ableitet: „You don’t need a weatherman to know which way the wind blows.“ Im Juni 1969 wählt Ted Gold den Satz als Titel eines Positionspapiers für das landesweite Treffen der Students for a Democratic Society (SDS). Die Weathermen spalten sich damals vom SDS ab. Kurz darauf, am 6. Oktober, zerstören sie das Polizistendenkmal 14 auf dem Haymarket Square in Chicago und liefern sich mehrtägige Straßenschlachten mit der Polizei (Days of Rage). Im März 1970 jagt die Gruppe versehentlich ihren eigenen Stützpunkt in Manhattan mit Dynamit in die Luft. Drei 11
Vgl. z. B. Robert Keith Murray: Red Scare. A Study in National Hysteria, 1919–1920. Minneapolis/Minn. 1955; Albert Fried (Hg.): McCarthyism. The Great American Red Scare. A Documentary History. New York 1997. 12 Vgl. z. B. Anonym: „Ark“ with 300 Reds sails early today for unnamed port. In: The New York Times vom 21. Dezember 1919. S. 1, 3; Emma Goldman: My Disillusionment in Russia. Garden City/N. Y. 1923. S. 1–10. 13 Vgl. Ingo Juchler: Die „Weathermen“. In: Die RAF und der linke Terrorismus. Bd. 2. Hg. W. Kraushaar. Hamburg 2006. S. 768–781. 14 Vgl. James Robert Green: Death in the Haymarket. A Story of Chicago, the First Labor Movement and the Bombing That Divided Gilded Age America. New York 2006.
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Mitglieder, darunter auch Gold, sterben. Die übrigen flüchten in den Untergrund und nennen sich ab jetzt Weather Underground Organization (WUO). Es folgt eine Reihe von Sprengstoffanschlägen. Sie richten sich gegen Gebäude, die nach Auffassung der WUO besonders markant den US-amerikanischen Imperialismus verkörpern. Als Reaktion auf ein Massaker an der Kent State University, bei dem Soldaten vier unbewaffnete Studierende erschießen und neun weitere schwer verletzen, attackieren die Weather People im Mai 1970 zum Beispiel das Hauptquartier der Nationalgarde in Washington. Ihre Attentate planen sie bewusst so, dass keine Menschen zu Schaden kommen. Im Sommer 1974 stößt der Regisseur Emile de Antonio auf Prairie Fire – ein geheim gedrucktes Taschenbuch von etwa 150 Seiten, in dem der Weather Underground seinen politischen Standpunkt darlegt. 15 Das Spektrum der angesprochenen Themen reicht vom Vietnamkrieg über die US-amerikanische Geschichte (Genozid an den Indianern, Sklaverei, Rassismus, Arbeitskampf), den Neokolonialismus und den Sexismus bis zu aktuellen „revolutionären Strategien“. De Antonio gelingt es, einen Dokumentarfilm mit der Gruppe zu drehen. Unter konspirativen Bedingungen interviewt er in einem versteckten Haus fünf Mitglieder der WUO: Cathy Wilkerson, Bernardine Dohrn, Kathy Boudin, Bill Ayers und Jeff Jones. 16 Nur wenige Wochen nach dem Dreh ist das FBI de Antonio auf den Fersen und versucht, ihn mit einer Subpoena zu umfassenden Aussagen zu zwingen. Unter Verweis auf die Pressefreiheit und mit einer Petition, die 32 Hollywoodgrößen unterzeichnen, darunter Warren Beatty, Harry Belafonte und Shirley MacLaine, gelingt es, die Forderung abzuwenden. 17
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Vgl. Weather Underground: Prairie Fire. The Politics of Revolutionary Anti-Imperialism. San Francisco/Cal. 1974. 16 Zu den Rahmenbedingungen der Produktion vgl. Randolph Lewis: Emile de Antonio. Radical Filmmaker in Cold War America. Madison/Wis., London 2000. S. 182–193. 17 Vgl. Larry McDonald: Pro-terrorist propaganda in the movies. In: Emile
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Prairie Fire wie auch die autobiografischen Aussagen der Gesprächspartner in de Antonios Film belegen, dass der Weather Underground tief in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung verankert ist, woraus sich maßgebliche Unterschiede zu europäischen Terrororganisationen wie der RAF ergeben. 18 2008 werfen die Republikaner Obama im Präsidentschaftswahlkampf vor, enge Kontakte zum ehemaligen Weatherman Ayers zu unterhalten, der sich 1980 den Behörden gestellt hatte und 1987 auf einen Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft der University of Illinois berufen worden war. Doch die Anschuldigungen erweisen sich als übertrieben. 19 Der Grundsatz der Unabhängigkeitserklärung, dass alle Menschen gleich geboren seien, eröffnet vor allem auch den Frauen eine neue Perspektive. Seit mehreren Jahrtausenden werden sie von einem kriegerischen indogermanischen Männerideal unterdrückt und an den Rand gedrängt, das die griechisch-römische Antike und das nordische Heidentum genauso pflegen wie Judentum, Christentum und Islam. 20 Natürlich müssen auch sie sich ihre Rechte jetzt mühevoll erstreiten. Ein wegweisender Schritt ist die von Elizabeth Cady Stanton entworfene und 1848 auf der Seneca Falls Convention von 68 Frauen und 32 Männern unterzeichnete Declaration of Rights and Sentiments. 21 Der Wortlaut der Eingangspassage lehnt sich de Antonio. A Reader. Hg. D. Kellner/D. Streible. Minneapolis/Minn., London 2000. S. 289/290. 18 Vgl. auch William Charles Ayers: Fugitive Days. A Memoir. Boston/ Mass. 2001; Cathy Wilkerson: Flying Close to the Sun. My Life and Times as a Weatherman. New York 2007. 19 Vgl. Scott Shane: Obama and ’60s bomber: A look into crossed paths. In: The New York Times vom 3. Oktober 2008. S. A1. 20 Vgl. Kai Buchholz: Die zwangsheterosexuelle Ellenbogengesellschaft. In: Wie lebt es sich in unserer Gesellschaft? Hg. G. Böhme/U. Gahlings. Bielefeld 2015. S. 171–200. 21 Vgl. Sally Gregory McMillen: Seneca Falls and the Origins of the Women’s Rights Movement. Oxford 2008. S. 237–241.
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eng an die Unabhängigkeitserklärung an. Es folgt eine Liste von Benachteiligungen, denen Frauen ausgesetzt sind, zum Beispiel mangelnde Bildungs- und Berufschancen, eingeschränkte Eigentumsrechte und die Verwehrung des aktiven wie passiven Wahlrechts. Das volle Wahlrecht erhalten die amerikanischen Frauen erst 1920 mit dem 19. Zusatzartikel zur Verfassung. Männlichen Schwarzen wird das Recht zu wählen bereits 1870 zuerkannt, was die frühe Frauenbewegung enttäuscht und spaltet. 22 Ende der 1950er Jahre findet die Psychologin Betty Friedan in einer Fragebogenaktion heraus, dass viele amerikanische Frauen trotz materiellen Wohlstands mit ihrer persönlichen Situation unzufrieden sind. 1963 veröffentlicht sie ihren Bestseller The Feminine Mystique, in dem sie konstatiert, Frauen in den USA würden zunehmend in die Rolle von Ehegattin, Hausfrau und Mutter gezwungen. Dadurch würde den Frauen die Möglichkeit individueller Entfaltung versagt, was unter anderem dazu führe, dass sie ihren eigenen Kindern keine Lebensfreude und kein Interesse an emotionalem Wachstum vermitteln könnten. 1966 gründet Friedan die National Organization of Women (NOW), die sich für die gesetzliche Gleichstellung von Frauen in Ausbildung, Beruf und Familie engagiert. 1970 organisiert sie die erste große nationale Frauendemonstration – den Women’s Strike for Equality mit 40.000 Teilnehmerinnen. Die Proteste zeigen Wirkung. 1972 passiert der bereits 1923 eingebrachte Verfassungszusatz zur Gleichberechtigung von Frauen den US-Kongress. Seine Kernformulierung lautet: „Gleichheit vor dem Gesetz darf von den Vereinigten Staaten oder von einem Bundesstaat nicht aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit versagt oder eingeschränkt werden.“ Leider wird die Gesetzesinitiative nicht von genügend vielen Bundesstaaten ratifiziert, so dass sie nie in Kraft tritt. Mittlerweile ist die Gleichstellung von Frauen in den USA auf vielen Feldern dennoch weiter vorangeschritten, ohne jedoch 22
Vgl. ebd., S. 160–184.
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Eine Suffragette demonstriert für die Freilassung internierter Frauenrechtlerinnen, Washington, D. C., 1917
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vollständig erreicht worden zu sein. Das lässt sich unter anderem an den Einkommen ablesen: Hatte der Durchschnittsverdienst amerikanischer Frauen 1961 nur 59 % desjenigen von Männern betragen, sind es 2007 immerhin 77 %, aber eine deutliche Lücke klafft hier nach wie vor. Jüngste Umfragen zeigen auch, dass sich Frauen immer noch im Nachteil sehen, wenn es darum geht, den Amerikanischen Traum für sich zu verwirklichen. 23 Schwule und Lesben, die unter denselben androzentrischen Rollenbildern leiden wie die Frauen, erreichen die ihnen gebührende gesellschaftliche Anerkennung noch viel später. Die erste Homosexuellenvereinigung der USA hebt 1924 der deutsche Einwanderer Henry Gerber aus der Taufe. Auch seine Society for Human Rights (SHR) knüpft an die amerikanische Unabhängigkeitserklärung an: Sie will sich dafür einsetzen, dass Menschen mit abweichender Veranlagung nicht verächtlich gemacht und nicht daran gehindert werden, ihr persönliches Glück zu verfolgen. 24 Die Aktivitäten sind jedoch von kurzer Dauer, da Gerber und zwei seiner Mitstreiter verhaftet werden. Homosexuelle Handlungen sind damals in allen Bundesstaaten verboten – das Strafmaß reicht bis zu lebenslangem Gefängnis. Ab 1937 werden Schwule und Lesben systematisch vom FBI ausspioniert und verfolgt. 25 Angeheizt durch den sexuell motivierten, nie aufgeklärten Mord an dem 10-jährigen Charles Mattson im Dezember 1936, werden sie pauschal
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Vgl. Sandra L. Hanson: Whose dream? Gender and the American Dream. In: The American Dream in the 21st Century. Hg. S. L. Hanson/J. K. White. Philadelphia/Pa. 2011. S. 77–103. 24 Vgl. Jonathan Ned Katz: Gay American History. Lesbians and Gay Men in the U.S.A. A Documentary. New York 1976. S. 386/387; Hayden L. Mora: Henry Gerber’s bridge to the world. In: The Right Side of History. 100 Years of LGBTQI Activism. Hg. A. Brooks. New York 2015. S. 10–15. 25 Vgl. Douglas Michael Charles: Hoover’s War on Gays. Exposing the FBI’s „Sex Deviates“ Program. Lawrence/Kans. 2015.
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des Kindesmissbrauchs verdächtigt und gelten als Gefahr für Heim, Familie und Gesellschaft. Analog und parallel zur paranoiden Antikommunismuswelle der McCarthy-Ära steigert sich die homophobe Hetze in den folgenden Jahren sogar zur Angst vor einer „rosa Gefahr“ (Lavender Scare), die in der massenhaften Entlassung homosexueller Staatsbediensteter gipfelt. 26 1948 erregt Alfred C. Kinseys Studie Sexual Behavior in the Human Male Aufsehen, nach der knapp 40 % der amerikanischen Männer zwischen Pubertät und Greisenalter wenigstens eine reale homosexuelle Erfahrung bis zum Orgasmus machen. Anfang der 1950er Jahre wagt dann der Schauspieler Harry Hay mit seiner Mattachine Society einen neuen Anlauf, um politisch gegen die Unterdrückung Homosexueller vorzugehen. Mittels Kundgebungen und anderer Aktionen engagiert sich die Vereinigung vor allem für die Entkriminalisierung männlicher Homosexualität. 1955 rufen die Aktivistinnen Del Martin und Phyllis Lyon in San Francisco die erste lesbische Organisation der USA ins Leben – die Daughters of Bilitis (DOB). Ihr erklärtes Ziel: zur gesellschaftlichen Integration Homosexueller beizutragen. 27 Das FBI überwacht die Aktivitäten der Mattachine Society und der Daughters of Bilitis intensiv. 28 Den entscheidenden Befreiungsschlag bewirkt schließlich der legendäre Aufstand rund um das Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street im Juni 1969, bei dem sich Schwule am Abend der Beerdigung ihrer Ikone Judy Garland
26
Vgl. David K. Johnson: The Lavender Scare. The Cold War Persecution of Gays and Lesbians in the Federal Government. Chicago/Ill., London 2004. 27 Vgl. J. N. Katz (wie Anm. 24), S. 426; Victoria A. Brownworth: Criminals and subversives: The Mattachine Society and Daughters of Bilitis. In: The Right Side of History. 100 Years of LGBTQI Activism. Hg. A. Brooks. New York 2015. S. 45–54; Phyllis Lyon/Del Martin: Lesbian/Woman. San Francisco/Cal. 1972. 28 Vgl. D. M. Charles (wie Anm. 25), S. 153–199.
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handgreiflich gegen eine schikanöse Razzia zur Wehr setzen. 29 Ein Jahr später veranstaltet die neu gegründete Gay Liberation Front (GLF) einen Gedenkmarsch, der zwischen 5.000 und 10.000 Menschen mobilisiert – die Tradition der Christopher Street Days ist geboren. Schwule und lesbische Paare werden jetzt zunehmend im öffentlichen Leben sichtbar. 1973 streicht die American Psychiatric Association Homosexualität aus ihrem Krankheitskatalog. Einen herben Rückschlag erleidet die Lesben- und Schwulenbewegung Anfang der 1980er Jahre durch die Aids-Krise, die eine erneute Diskriminierungswelle auslöst. Angemessene Strategien sind jetzt dringend erforderlich. Am Ende ist der nervenaufreibende Widerstand gegen verbohrte Spießer und Fanatiker erfolgreich: Mit Initiativen wie GLAAD (Gay & Lesbian Alliance Against Defamation, 1985), Act Up (AIDS Coalition to Unleash Power, 1987) und dem Red Ribbon Project (1991), in denen sich prominente Pop-Idole und Hollywoodstars engagieren, wächst die öffentliche Anteilnahme beträchtlich. Auch der populäre Spielfilm Philadelphia (1993) mit Tom Hanks und Denzel Washington in den Hauptrollen, in dem ein junger Anwalt wegen seiner HIV-Infektion kaltblütig entlassen wird, trägt zur allgemeinen Sensibilisierung bei. 1981 bringt der Filmhistoriker Vito Russo sein Buch The Celluloid Closet heraus. Es zeigt auf, dass US-amerikanische Filme Lesben und Schwule jahrzehntelang als Freaks, Geistesgestörte und Verbrecher stigmatisiert hatten. Mit Produktionen wie In & Out (1997), Brokeback Mountain (2005) und The Kids Are All Right (2010) kommen gleichgeschlechtliche Liebesbeziehungen dann langsam auch im Hollywood-Mainstream an. 30
29
Vgl. David Carter: Stonewall. The Riots That Sparked the Gay Revolution. New York 2004. 30 Vgl. auch Jim Elledge (Hg.): Queers in American Popular Culture. Bd. 1. Film and Television. Santa Barbara/Cal., Denver/Col., Oxford 2010.
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Heath Ledger (links) und Jake Gyllenhaal in dem Film Brokeback Mountain, 2005
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Einen nicht zu unterschätzenden Katalysator der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung bilden die Discopartys, die David Mancuso ab Mitte der 1960er Jahre in seinem „Loft“ steigen lässt und auf denen Vertreter aller benachteiligten Gruppen zusammenkommen. Die Discowelle, die Ende der 1970er Jahre ihren Höhepunkt erreicht, steht für ein Amerika persönlicher Freiheit und Gleichbehandlung. Ausgelassen und exzessiv feiern die Discobegeisterten ihren Lebensstil im sagenumwobenen Studio 54. Das Publikum ist von Betreiber Steve Rubell handverlesen. In seinem Vergnügungstempel sollen Weiße und Schwarze, Arme und Reiche, Schwule und Heteros, Stars und Menschen von der Straße aufeinandertreffen. Anfang der 1980er Jahre ebbt die Welle ab. Das liegt nicht zuletzt daran, dass den Discojüngern Gegenwind ins Gesicht bläst. In Detroit gründen Jim Johnson und George Baier vom Radiosender W4 die Gruppe Disco Ducks Klan. 31 Auch RadioDJ Steve Dahl aus Chicago heizt die aggressive Stimmung gegen Discomusik kräftig an. „That blowed up real good!“, wird zu seinem Schlachtruf. Mittels eingeblendeter Knallgeräusche täuscht er beim Abspielen von Disco-Titeln vor, er würde die Vinylscheiben in die Luft sprengen. Dahl hatte zunächst für die Rundfunkanstalt WDAI gearbeitet, war dann aber nach nur zehn Monaten rausgeflogen, weil man die Rockschiene zugunsten von Disco zurückgefahren hatte. Er wechselt zu einem anderen Sender und lässt dort mit seiner Kampagne Disco sucks! keine Gelegenheit aus, die Discoszene lächerlich zu machen. Gemeinsam mit einem Handlanger – dem erfolglosen Rockgitarristen Mike Veeck – organisiert Dahl im Juli 1979 sogar die berüchtigte Disco Demolition Night, bei der er in Anwesenheit von 59.000 Baseballfans im Stadion der Chicago White Sox tausende Discoplatten mit Sprengstoff in die Luft
31
Zum Folgenden vgl. Tim Lawrence: Love Saves the Day. A History of American Dance Music Culture, 1970–1979. Durham/N. C., London 2003. S. 373–380.
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jagt. Zuvor hatte er sich in eine Uniform samt Stahlhelm geworfen und war im Militärjeep auf dem Spielfeld vorgefahren. Hinter diesem gewalttätigen Abgesang auf die Disco-Ära verbirgt sich mehr als der Versuch, eine bestimmte Musikrichtung zu desavouieren. Der frenetisch inszenierte Hass transportiert hier unterschwellig auch eine rassistische und homophobe Botschaft. 32 Das wahre Problem hatte der schwarze und schwule Schriftsteller James Baldwin bereits knapp zwei Jahrzehnte zuvor als inneren Konflikt der Diskriminierer diagnostiziert: Er sei kein Nigger, sondern ein Mensch. Da die Weißen den Nigger erfunden hätten, läge die Lösung des Problems bei ihnen. Sie müssten sich fragen, warum sie das Klischee des Niggers benötigten. 33 Ähnlich äußert sich Baldwin zur Frage der Homosexualität. Die Angst, die das Thema bei den meisten hervorrufe, werde oft dadurch bekämpft, dass man Homosexuelle als „unnatürlich“ abqualifiziere und so aus der Gesellschaft ausschließe. Ob gleichgeschlechtliche Liebe natürlich oder unnatürlich ist, sei aber im Grunde irrelevant. Die Natur helfe nicht weiter, wenn es darum gehe, menschliche Fragen zu klären. „Natürlich“ zu leben sei für sich genommen kein sinnvolles Ziel – die entscheidende Aufgabe bestehe darin, im besten Sinne des Wortes ein Mensch zu sein. 34
32
Vgl. Frank Rose: Discophobia. Rock & roll fights back. In: The Village Voice vom 12. November 1979. S. 36/37. 33 Die Äußerungen stammen aus einem TV-Interview für den Bostoner Sender WGBH, das der afroamerikanische Psychologe und Bürgerrechtler Kenneth Clark mit Baldwin am 24. Mai 1963 führt, vgl. James Baldwin/ Kenneth B. Clark: A conversation with James Baldwin. In: Conversations with James Baldwin. Hg. F. L. Standley/L. H. Pratt. Jackson/Miss., London 1989. S. 45. 34 Vgl. James Baldwin: Gide as husband and homosexual. In: The New Leader. 37 (1954), Heft 50. S. 18–20.
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James Baldwin, 1976
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Das dunkle Amerika Die immensen Kraftanstrengungen, die den amerikanischen Bürgerrechtlern immer wieder abverlangt werden, deuten darauf hin, dass es in der US-Bevölkerung einflussreiche Milieus gibt, die den allgemeinen Menschenrechten feindselig gegenüberstehen. Um welche Gruppen handelt es sich? Es ist keine homogene Bewegung, sondern ein Sammelsurium größerer und kleinerer Zirkel, deren Motive sich aus christlich-fundamentalistischen Glaubenssätzen, aus rechtsradikal-nationalistischen Ideologien sowie aus der Überzeugung speisen, die weiße Rasse sei allen anderen überlegen (white supremacy). 35 Dass der Sieg über die Südstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg die gesellschaftliche Spaltung der USA nicht schlagartig überwindet, beweist der Mord an Präsident Abraham Lincoln im April 1865. Am 24. Dezember 1865 gründen dann sechs frustrierte Ex-Soldaten der konföderierten Armee in Pulaski/ Tennessee den Ku-Klux-Klan. Der Legende nach reiten sie 35
Vgl. u. a. James Ridgeway: Blood in the Face. The Ku Klux Klan, Aryan Nations, Nazi Skinheads, and the Rise of a New White Culture. New York 1991; Chip Berlet/Matthew Nemiroff Lyons: Right-Wing Populism in America. Too Close for Comfort. New York, London 2000; Thomas Grumke: Rechtsextremismus in den USA. Wiesbaden 2001; Martin Durham: White Rage. The Extreme Right and American Politics. London, New York 2007; Andrian Kreye: „Die besten Krieger“. Andrian Kreye über amerikanische Skinheads und ihre Verbindungen zu Deutschland. In: Der Spiegel. 1994, Heft 49. S. 116–123; Manfred Brocker: Die Christliche Rechte in den USA. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 57 (2007), Heft 6. S. 24–31.
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wenige Tage später, in weiße Laken gehüllt, durch den Ort, um die Bevölkerung aufzuheitern. Die abergläubischen Schwarzen würden sie aber für die Geister gefallener Soldaten halten und sich fürchten. 36 Der neue Geheimbund, der sich laut Satzung zu den Werten Ritterlichkeit, Menschlichkeit, Barmherzigkeit und Patriotismus bekennt, entwirft eine Rangordnung von Führungsrollen mit Fantasietiteln: Das landesweite Oberhaupt nennen sie „Grand Wizard“; weitere Funktionsträger bezeichnen sie als „Grand Dragon“, „Grand Titan“, „Grand Cyclops“, „Grand Monk“ usw. 37 Es entwickelt sich jedoch keine zentral gelenkte Organisation, sondern eine Art föderales Terrornetzwerk, dem es darum geht, in den Südstaaten die uneingeschränkte Herrschaft der weißen Rasse wiederherzustellen. Die Gewaltexzesse des Klans richten sich vor allem gegen Schwarze, aber auch gegen zugezogene Nordstaatler, die vom Wiederaufbau wirtschaftlich profitieren wollen (carpetbeggars), und gegen „abtrünnige“ Südstaatler (scalawags). Ab 1868 verüben Klanmitglieder neben gewalttätigen Einschüchterungsversuchen tausende Morde – im unmittelbaren Vorfeld der Präsidentschaftswahlen Ende 1868 bringen sie allein in Louisiana mehr als 1.000 Menschen um. 38 Auf Basis des Civil Rights Act von 1871 wird der Klan deshalb zerschlagen. An Thanksgiving 1915 ruft der Kriegsveteran und methodistische Wanderprediger William J. Simmons am Stone Mountain in Georgia eine Nachfolgeorganisation ins Leben. Simmons selbst fungiert als Imperial Wizard und nutzt Vorführungen von David W. Griffith’ neuem Spielfilm The Birth of a Nation 36
Vgl. Susan Lawrence Davis: Authentic History. Ku Klux Klan, 1865– 1877. New York 1924. S. 7/8. Eine kritische Gegenposition dazu vertreten z. B. Henry Grady McWhiney/Francis Butler Simkins: The ghostly legend of the Ku-Klux Klan. In: The Negro History Bulletin. 14 (1950/51). S. 109– 112. 37 Vgl. Annie Cooper Burton: The Ku Klux Klan. Los Angeles/Cal. 1916. S. 18–27. 38 Vgl. Allen William Trelease: White Terror. The Ku Klux Klan Conspiracy and Southern Reconstruction. Baton Rouge/La., London 1995. S. 135.
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Amerikanischer Bürgerkrieg – Afroamerikaner sammeln die Knochen von gefallenen Soldaten ein, Cold Harbor/Va., 1865
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für Propagandazwecke. 39 Das Drehbuch des Films basiert auf einem Roman, der den alten Ku-Klux-Klan als ritterliche Befreiungsbewegung verklärt. Nicht zuletzt wegen seiner damals bahnbrechenden Montagetechnik lockt The Birth of a Nation ein Millionenpublikum in die Kinos. 1923 veröffentlicht Simmons das Buch The Klan Unmasked. Dort berichtet er, im Sinne eines respektvollen Erbes habe sein neuer Ku-Klux-Klan Namen, Regularien und Symbole der Vorgängerorganisation übernommen. Man wolle damit auch an die Leistungen des ersten Klans erinnern, nämlich daran, dass er die weiße Zivilisation vor dem Untergang bewahrt habe. Ohne ihn hätte die „niedere Rasse“ der Schwarzen die US-amerikanischen Errungenschaften zerstört. Viele Schwarze seien damals noch dem Kannibalismus verhaftet gewesen und hätten das Kauderwelsch des afrikanischen Dschungels gesprochen. 40 Der neue Klan knüpfe an die früheren „Erfolge“ an. Sein Zweck sei es, die angelsächsische Zivilisation auf dem amerikanischen Kontinent vor schädlichen Einflüssen zu schützen. 41 Die Gefahr sei real, da viele Bevölkerungsgruppen nicht den Mut und die Ausdauer besäßen, mit denen die weißen Siedler einst die amerikanische Wildnis bezwungen und fruchtbar gemacht hätten. Während britische, irische, deutsche und skandinavische Zuwanderer gute Arbeit leisteten, gelte das für Italiener, Schwarze, Slawen, Juden, französische Kanadier und Asiaten nicht. Aufgrund ihrer höheren Geburtenrate würden die Schwarzen aber bald den Süden des Landes beherrschen, den Nordosten überfluteten Immigranten ohne Englischkenntnisse, in Kalifornien breiteten sich Japaner aus, und eine halbe Million Mexikaner spanischer oder indianischer Herkunft seien kürzlich über die südliche Grenze in die USA eingeströmt. In den großen Städten betrage der Anteil der 39
Vgl. Maxim Simcovitch: The impact of Griffith’s „Birth of a Nation“ on the modern Ku Klux Klan. In: Journal of Popular Film. 1 (1972). S. 45–54. 40 Vgl. William Joseph Simmons: The Klan Unmasked. Atlanta/Ga. 1923. S. 20. 41 Vgl. ebd., S. 23.
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ursprünglichen amerikanischen Weißen nur noch 10 %. Diese Entwicklung gefährde auch die Demokratie in den USA, denn die Fremden seien nicht in der Lage, den sozialen Geist dieses freiheitlichen politischen Systems zu verstehen und zu pflegen. 42 1922 reißt der ruchlose Zahnarzt Hiram Wesley Evans die Funktion des Imperial Wizard an sich, 1925 erlebt der Ku-Klux-Klan mit 5 Millionen Mitgliedern seine Hochphase. Gewaltverbrechen sind nach wie vor an der Tagesordnung: Auspeitschungen, Erschießungen und Lynchmorde. Sie treffen Schwarze, Juden, Katholiken und Mexikaner, aber auch weiße Protestanten, deren Lebenswandel als „unmoralisch“ gilt. 43 1946 gründet der evangelikale Prediger Wesley A. Swift, selbst führendes Klan-Mitglied, in Lancaster/Kalifornien die White Identity Church of Jesus Christ Christian. Er zählt zu den zentralen Figuren der Christian-Identity-Bewegung. In Predigten wie Healing a Sick America (1961) zeichnet er ein eigenwilliges Bild der amerikanischen Geschichte: Gott habe die Pilgerväter auserwählt und nach Amerika geschickt, damit sie dort religiöse Freiheit finden und ein christliches Reich Gottes schaffen. Satan versuche, die Weißen zum Pazifismus zu bewegen. Die Vorstellung, die Bürgerrechte sollten auch für Schwarze, Chinesen oder Juden gelten, sei abwegig, da Gott sie nur den Erbauern der christlichen amerikanischen Nation zugedacht habe. Die weißen Christen seien auch nicht schuld am Schicksal der amerikanischen Schwarzen, da diese auf den Sklavenschiffen international agierender jüdischer Banker in die USA gebracht worden seien. Hier sei es ihnen dann besser ergangen als in ihrer afrikanischen Heimat – anstelle von Kannibalismus und Medizinmännern hätten sie Zivilisation und Kultur kennengelernt. Die von den Vereinten Nationen propagierte weltweite Geltung von Menschenrechten sei nicht in 42
Vgl. ebd., S. 103–112. Vgl. Anonym: The invisible empire. Klan power at its peak. In: Ku Klux Klan. A History of Racism and Violence. Hg. R. Baudouin. Montgomery/ Ala. 62011. S. 20.
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Ku-Klux-Klan-Mitglieder, Hico/Tex., 1992
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Gottes Sinne, weshalb die USA aus dieser Organisation austreten sollten. Eindringlich warnt Swift auch vor einer antiamerikanischen Verschwörung des internationalen Kommunismus und des internationalen jüdischen Bankenwesens unter der Führung der Familie Rothschild. Sein Antisemitismus ist von dem vierbändigen Buch The International Jew (1920–22) geprägt, das ursprünglich als Artikelserie in der Zeitschrift The Dearborn Independent des Automobilmagnaten Henry Ford erschienen war. 44 Die Kapitelüberschriften der Publikation lauten unter anderem: How Jewish international finance functions, Jewish hot-beds of bolshevism in the U. S., Does Jewish power control the world press? oder Will Jewish Zionism bring Armageddon? Die politischen Erfolge der Bürgerrechtsbewegung Ende der 1960er Jahre führen dazu, dass sich radikale Gegner in Frontstellung bringen, um die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse zu torpedieren. Ein prominentes Beispiel sind die Aktivitäten des Neonazis David Duke, der von 1975 bis 1980 als Grand Wizard der Knights of the Ku Klux Klan (KKKK) fungiert. Zwischen 1981 und 1990 leitet er die National Association for the Advancement of White People (NAAWP), in den Jahren 1989 bis 1992 sitzt er für die Republikaner im Repräsentantenhaus von Louisiana, 1991/92 nimmt er erfolglos an den Präsidentschaftsvorwahlen der republikanischen Partei teil. Bei seinen öffentlichen Auftritten spricht sich Duke gegen Sozialleistungen, gegen Immigration und für einen protektionistischen Handel aus: „Wir müssen zu den Japanern gehen und ihnen sagen, ‚Du nicht kaufen unseren Reis, wir nicht kaufen Eure Autos‘.“ 45 In seiner Autobiografie My Awakening (1998) erläutert er seine 44
Vgl. William J. Cameron/Henry Ford: The International Jew. The World’s Foremost Problem. 4 Bde. Dearborn/Mich. 1920–22. 45 Robin Toner: Duke takes his anger into 1992 race. In: The New York Times vom 5. Dezember 1991. S. A14. Vgl. auch Michael Omi: Shifting
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ideologische Entwicklung sowie seine rassistischen, antisemitischen, sexistischen und homophoben Überzeugungen. Ausschlaggebend sei für ihn die Lektüre von Carleton Putnams Race and Reason (1961) gewesen. Das Buch habe ihm bewiesen, dass die Unterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die selbst schwarze Sklaven besessen hätten, mit dem Gleichheitsgrundsatz keinesfalls auf Rassengleichheit abzielten. In seinen eigenen Texten zitiert Duke ausführlich genbiologische und experimentalpsychologische Untersuchungen, aus denen er dann unzulässige Schlüsse zieht. Schwarze besäßen im Durchschnitt einen signifikant niedrigeren IQ als Weiße, woran auch die zahlreichen sozialen Integrationsprogramme (busing, affirmative action, integrated housing) nichts geändert hätten. Deutliche evolutionsgeschichtlich verankerte Rassenunterschiede gebe es zudem hinsichtlich der Persönlichkeitsstruktur: Schwarze seien impulsiver, hemmungsloser, wirklichkeitsfremder, konfrontativer, sexuell aggressiver und kriminalitätsanfälliger als Weiße. Homosexuelle sind in Dukes Augen mehrheitlich Opfer einer genetisch bedingten Fehlentwicklung. Ihr Verhalten qualifiziert er als schädlich, degeneriert, ungesund und unästhetisch. Männer und Frauen würden sich aufgrund ihrer spezifischen Konstitution unter anderem in den folgenden Merkmalen voneinander unterscheiden: Frauen seien menschenbezogen und unterwürfig, Männer dagegen dingbezogen und dominant. Während Männer sich egozentrisch, ergebnisorientiert und risikofreudig verhielten, zeigten sich Frauen empathisch, selbstlos und sicherheitsbedürftig. Als größte Gefahr stuft Duke eine von ihm diagnostizierte jüdische Weltverschwörung ein, die darauf abziele, die weiße Kultur durch Rassenmischung und fortpflanzungshemmende Maßnahmen auszulöschen. Dazu zählt er den jüdisch gesteuerten the blame: Racial ideology and politics in the post-civil rights era. In: Critical Sociology. 18 (1991), Heft 3. S. 84/85; Leonard Zeskind: Blood and Politics. The History of the White Nationalist Movement from the Margins to the Mainstream. New York 2009. S. 34–45.
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KKKK-Führer David Duke auf einer Pressekonferenz, 1970
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Marxismus, der als erster die Idee der Rassengleichheit vertreten habe, die jüdischen Präsidenten der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP), Sigmund Freuds Psychoanalyse, die jüdischen Frauenrechtlerinnen Bella Abzug, Betty Friedan und Gloria Steinem wie auch Jerry Rubin und Abbie Hoffman, die Anführer des anarchistischen Yippie Movements. Vor allem hebt Duke hervor, dass die wichtigsten US-amerikanischen Medien – New York Times, Wall Street Journal, Washington Post, Time, Newsweek, ABC, CBS und NBC – von Juden geleitet und gelenkt würden. 46 Eine weitere Schlüsselfigur der White-Supremacy-Bewegung, die sich aus den KKKK herausschält, ist der Fernsehmechaniker Tom Metzger. 47 Von Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre ist er für die „Knights“ als Grand Dragon von Kalifornien aktiv. 1980 tritt Metzger für die Demokraten im Bezirk San Diego zu den Wahlen des US-Repräsentantenhauses an. 48 1983 löst er sich vom Klan und gründet seine eigene Organisation White Aryan Resistance (WAR), welche die WhitePower-Ideologie mit den „linken“ nationalsozialistischen Positionen der Brüder Otto und Gregor Straßer verbindet. Ab 1984 produziert Metzger die private TV-Talksendung Race and Reason, die sich als Forum unbeschränkter Redefreiheit feiert und in der alle wichtigen Rechtsradikalen der USA zu Wort kommen. Zugleich gibt er monatlich die Zeitung WAR heraus. Unter dem Pseudonym A. Wyatt Mann erscheinen dort Cartoons, die Mexikaner (beaners), Asiaten (gooks), Schwarze (niggers), Juden (kikes) und Schwule ( faggots) auf widerlichste Art
46
Vgl. David Duke: My Awakening. A Path to Racial Understanding. Mandeville/La. 52008. S. 33–40, 55–184, 193–199, 199/200, 263–306. 47 Vgl. u. a. J. Ridgeway (wie Anm. 35), S. 169–176; George Michael: Confronting Right-Wing Extremism and Terrorism in the USA. London, New York 2003. S. 73–76. 48 Vgl. Nancy Skelton: The Klan candidate and the votes he got. In: The Boston Globe vom 17. Juni 1980. S. 2.
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verächtlich machen. 1990 wird Metzger zu einer Geldstrafe von 5.000.000,– US-$ verurteilt. Drei Nazi-Skinheads aus dem Umfeld der White Aryan Resistance hatten zwei Jahre zuvor in Portland/Oregon den schwarzen Studenten Mulugeta Seraw mit Baseballschlägern zu Tode geprügelt. Ein Zivilgericht macht Metzgers Organisation und auch ihn persönlich für das Verbrechen mit verantwortlich. 49 Nach dem Tod von Wesley Swift übernimmt der LockheedIngenieur Richard G. Butler 1971 die Leitung der identitären Church of Jesus Christ Christian. 1973 ruft er in Hayden Lake/ Idaho als politische Kampfbasis seiner Kirche die rassistische Organisation Aryan Nations ins Leben. 50 An der Zufahrt seines Anwesens bringt Butler ein Warnschild mit der Aufschrift „Whites only“ an. Regelmäßig veranstaltet er auf dem Gelände rechtsextreme Weltkongresse, bei denen Neonazis, Skinheads, Klanmitglieder und weiße Nationalisten den Schulterschluss suchen. Anknüpfend an sein Idol Swift, betrachtet Butler rassische Zugehörigkeit als die Triebfeder kultureller Entfaltung. Er sieht sich im Krieg gegen die Auslöschung arischer Gesinnung und beklagt, dass weiße Helden wie Charles Lindbergh durch kulturelle Aliens wie Michael Jackson ersetzt worden seien. Nach Butlers Auffassung sind die Juden aus einer sexuellen Verbindung Evas mit Satan hervorgegangen. Die Vorfahren der übrigen nicht-arischen Völker (mud people) seien „Tiere des Feldes“ gewesen, die sich in abartiger Weise mit Juden vermengt und so menschliche Gestalt angenommen
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Vgl. James Willwerth: Making war on WAR. In: Time. 136 (1990), Heft 17. S. 60/61; Robb London: Sending a $ 12.5 million message to a hate group. In: The New York Times vom 26. Oktober 1990. S. B20; Morris Dees/Steve Fiffer: Hate on Trial. The Case against America’s Most Dangerous Neo-Nazi. New York 1993. 50 Vgl. z. B. Ben Bradlee: From far right: A harder core. White supremacists, while fewer in number, are accused of more violence. In: The Boston Globe vom 28. Juli 1985. S. A13, A16; T. Grumke (wie Anm. 35), S. 43–54, 103–108; Richard Girnt Butler: The Aryan Warrior. Hayden Lake/Id. 1980.
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hätten. 51 Aryan-Nations-Mitglieder müssen sich durch einen umfassenden Treueeid an Butlers Gemeinschaft binden: Sie bekennen sich zu der „heiligen Pflicht“, alles zu tun, um das Volk von den Juden zu befreien und den totalen Sieg der arischen Rasse herbeizuführen. Sie geloben, gegnerische Agenten bis ans Ende der Welt zu verfolgen und ihnen den Kopf abzuschneiden. Zudem schwören sie, den Feinden ihres Glaubens und ihrer Rasse mit reinem Herzen, Mut und Entschlossenheit entgegenzutreten. 52 1. Juli 1998: Die 42-jährige Victoria Keenan fährt mit ihrem Wagen von einer Hochzeitsfeier nach Hause. Wegen eines unbedeutenden Zwischenfalls stoppt sie kurz in der Nähe von Butlers Anwesen. Als sie wendet, hat ihr alter Datsun eine Fehlzündung. Ein Wachmann der Aryan Nations hält den Knall für einen Schuss, glaubt, das Gelände werde von „militanten Juden“ angegriffen, und besteigt zusammen mit zwei anderen Wachleuten einen Pick-up. Sie verfolgen Keenan und schießen mit einem halbautomatischen Gewehr auf ihr Auto. Nachdem ein Reifen getroffen ist, landet der Datsun im Straßengraben. Die drei Männer nähern sich. Sie prügeln auf Keenan und auf ihren Sohn Jason, der sich ebenfalls im Wagen befindet, ein, sie drohen den beiden mit dem Tod. Erst als sie keine Waffe in dem Auto finden und Keenan ihre indianische Herkunft leugnet, ziehen sie sich zurück: „Für heute lassen wir Euer Blut leben.“ Zwei der Wachmänner werden gefasst und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Wegen nachlässiger Personalführung und Aufstachelung zu Gewalt hat sich auch Butler vor Gericht zu verantworten. Er und seine Organisation müssen am Ende 4.800.000,– US-$ Strafe zahlen. Damit ist Butler finanziell ruiniert – sein Landsitz wird zwangsversteigert. 53
51
Vgl. u. a. Daniel J. Wakin: Richard G. Butler, 86, dies; founder of the Aryan Nations. In: The New York Times vom 9. September 2004. S. 31. 52 Vgl. J. Ridgeway (wie Anm. 35), S. 89. 53 Vgl. Michaela Schießl: Glaubst du an Hitler? In: Spiegel Spezial. 1999, Heft 6. S. 102–107; Jo Thomas: Courthouse Klan-fighter takes on Aryan Nations. In: The New York Times vom 29. August 2000. S. A14; Sam Howe
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Richard G. Butler (rechts unten) beim Aryan Nations World Congress in Idaho, 2003
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Zu den einflussreichsten Ideologen der Aryan Nations zählt Louis Beam, Vietnamveteran und ehemaliger Grand Dragon von Texas. 1983 publiziert er seine Essays of a Klansman. Dort zeichnet er die Geschichte des Ku-Klux-Klan nach und malt die Gegenwart in den schwärzesten Farben. Das fremdgesteuerte politische System der USA erhebe unfähige und unedle Menschen über schöpferische und schöne. Millionen von Weißen würden voller Schrecken und Hilflosigkeit mit ansehen, wie sich ihre großartige Kultur im stinkenden, brodelnden Gemenge fremder Rassen, Kulturen und Götter verflüchtige. Die christliche Zivilisation versinke im Nichts, während sich der finstere Abschaum einer bastardisierten Menschheit ungehindert ausbreite. Die Früchte der Rassenmischung lehnt Beam angewidert ab: aufgeworfene Nasen, eingesunkene Augen, gekräuselte Haare und wulstige Lippen, mit denen Faulheit, Zerfall, Verderbnis und ein durchdringender ranziger Gestank einhergingen. 54 Er ruft zum gewaltsamen Widerstand auf: Wir werden einen nationalen Rassenstaat haben, zu welchem Preis auch immer. Genauso, wie unsere Vorväter ihre Freiheit mit Blut bezahlten, müssen wir das auch tun. Es kann in den 1980er Jahren ebenso wenig eine friedliche Geburt unserer Nation geben wie 1776 für unsere Vorfahren. Wir müssen die Bastarde töten. Freiheit, kostbare Freiheit! Noch heute ist der ferne Ruf des Signalhorns zu hören! Arische Krieger, das Schwert in der Hand, versammelt Euch in ihrem Namen. Die Schritte der Stiefel, das Scheppern der Waffen, die Kommandorufe während wir vorwärts marschieren, um die Zerstörer zu erschlagen, auf unseren Lippen der anschwellende Schlachtruf von Rassenfreiheit: ein Gott – ein Volk – eine Nation! 55
Verhovek: Leaders of Aryan Nations found negligent in attack. In: The New York Times vom 8. September 2000. S. A24. 54 Vgl. Louis Ray Beam: Essays of a Klansman. Being a Compendium of Ku Klux Klan Ideology, Organizational Methods, History, Tactics, and Opinions, with Interpolations by the Author. Hayden Lake/Id. 21989. S. 49/50. 55 Ebd., S. 50/51.
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Noch im selben Jahr, in dem Beams Pamphlet erscheint, gründet der Neonazi Robert Mathews die Terrorgruppe Brüders Schweigen – einen militanten Arm von Aryan Nations, der zuweilen unter dem Namen „The Order“ firmiert und der die blutigen Strategien von Beam in die Tat umsetzt. Die Gruppe verübt zahlreiche Raubüberfälle, deren Beute an rechtsradikale Organisationen fließt. Mathews und seine Komplizen spielen auch mit dem Gedanken, prominente „Feinde“ zu liquidieren: David Rockefeller, Elie de Rothschild, Henry Kissinger, Morris Dees vom verhassten Southern Poverty Law Center (SPLC) oder Norman Lear, den Gründer der linksliberalen People for the American Way (PFAW). 56 Am Ende entscheiden sie sich für ein Opfer, das sie leichter zu fassen bekommen: Im Sommer 1984 ermorden sie den liberalen jüdischen Radiomoderator Alan Berg. 57 Ein halbes Jahr später wird Mathews in einem Unterschlupf auf der Insel Whidbey nahe Seattle ausfindig gemacht. Eine Spezialeinheit des FBI bringt Tränengas, Maschinengewehre und einen Hubschrauber zum Einsatz, doch 56
Vgl. Daniel O. Coulson/Elaine Shannon: No Heroes. Inside the FBI’s Secret Counter-Terror Force. New York, London 2001. S. 177; L. R. Beam (wie Anm. 54), S. 58: „In general, this level is composed of the Rothschild, Schiff, Bilderberger, Rockefeller crowd, though there are many more in addition to these. The reader is urged to become fully cognizant of who the enemies are,—that he may strike at the proper time.“; S. 65: „Thus, one can see the likes of Henry Kissinger, first as a protégé of Rockefeller, then later after service (to his masters) as secretary of state where only with the greatest effort and energy was he able to keep the United States from winning in Vietnam.“; S. 42/43: „Klan Watch, which is published by the Jew, Morris ‚anti-Christ‘ Dees (a former embezzler turned confidence man), is the official oracle of Dees’ latest (in a series) of cons known as the Southern Poverty Rip-off-a-Nigger Law Center. […] The November-December issue of this hate sheet complains that ‚dangerous alliances are being formed between the Aryan Nations, the Canadian Klan, and the Texas Klan of Louis Beam.‘ […] Yes, ‚dangerous,‘ the swine says.“ 57 Zu jüngeren rechtsextremen Gewalttaten in den USA vgl. u. a. Southern Poverty Law Center (Hg.): Terror From the Right. Plots, Conspiracies and Racist Rampages since Oklahoma City. Montgomery/Ala. 2012.
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FBI-Fahnder durchsuchen die Überreste des Hauses, in dem sich der rechtsextreme Terrorist Robert Mathews versteckt gehalten hatte, Whidbey Island/Wash., 1984
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Mathews weigert sich aufzugeben. Nach einem 36-stündigen Schusswechsel setzen die Polizisten das Haus mit Phosphor in Brand. Mathews stirbt im Feuermeer. Sein metallenes BrüdersSchweigen-Medaillon, das er immer um den Hals trägt, verschmilzt mit seinem Brustkorb. Zur Truppe von Mathews gehört auch der Extremist David Lane, der zuvor führende Positionen bei Dukes KKKK und in Butlers Kreisen eingenommen hatte. Er wird Ende März 1985 gefasst und zu einer Gefängnisstrafe von 190 Jahren verurteilt. Seine Propagandaschriften geben aufschlussreiche Einblicke in seine Gedankenwelt. Lane ist davon überzeugt, dass zionistische Mächte alle westlichen Staaten lenken würden. Ihre Zentrale sei die zionistische Besatzungsregierung der USA (Zionist Occupation Government, ZOG). Die Welt stehe in Flammen, weil Rassen und Nationen gezwungen würden, ihren natürlichen Selbsterhaltungstrieb zu verleugnen. Die Idee von der Gleichheit aller Menschen verhindere die kulturelle Höherentwicklung. Homosexualität sei ein Verbrechen gegen die Natur, da sie die Arterhaltung gefährde. Die politische Führung der amerikanischen Demokratie sei korrupt und bereichere sich selbst, anstatt dem Volk zu dienen. Diejenigen, die in einer Demokratie die Medien kontrollierten, besäßen mehr Macht als Könige und Diktatoren. 58 In rechtsextremen Kreisen ist Lane vor allem für seine 14 Words bekannt – einen Satz von vierzehn Wörtern, der das zentrale Anliegen der Szene auf den Punkt bringen soll: „We must secure the existence of our people and a future for White children.“ 59 1973 erfindet der Ingenieur Ben Klassen nach verschiedenen beruflichen Fehlschlägen eine neue Religion: die Church of the Creator (COTC), die sich später als Creativity-Bewegung bezeichnet. 60 Das Christentum lehnt Klassen ab, weil es aus 58
Vgl. David Eden Lane: Deceived, Damned & Defiant. The Revolutionary Writings of David Lane. St. Maries/Id. 1999. S. 4/5, 47–49, 92, 99, 101, 103. 59 Ebd., S. 6. 60 Vgl. auch T. Grumke (wie Anm. 35), S. 66–71, 126–131; G. Michael
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der jüdischen Religion hervorgegangen sei. Sein Glaube diene dem Überleben, der Ausbreitung und der Förderung der weißen Rasse. Er sei auf Naturgesetzen, historischer Erfahrung, Logik und gesundem Menschenverstand aufgebaut. Das erklärte Ziel: eine weißere und bessere Welt. Die wichtigsten Glaubensgrundsätze der COTC formuliert Klassen unter anderem in The White Man’s Bible (1981). Er geht davon aus, dass die weiße Rasse die höchste Lebensform sei, die die Natur hervorgebracht habe. Sie zeichne sich durch besondere Kreativität aus und sei in der Lage, auf dem Globus ein goldenes Zeitalter zu errichten, das dem zentralen Grundsatz entspreche: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper in einer gesunden Gesellschaft in einer gesunden Umwelt. In seinem Buch Salubrious Living (1982) gibt Klassen praktische Hinweise, wie dieses Ziel erreicht werden könne: vegetarische Rohkost, reine Luft, klares Wasser, Sonnenbäder, körperliche Ertüchtigung, Naturheilkunde und Hochzüchtung der weißen Rasse. 61 Kern der Creativity-Religion sei die goldene Regel: Was gut für die weiße Rasse ist, ist höchste Tugend, was schlecht für die weiße Rasse ist, ist Todsünde. 62 Klassens demagogische „Bibel“ endet mit den Worten: Die CREATIVITY-RELIGION liefert uns den Schlachtruf, mit dem wir den Triumph des Willens der Weißen wiedererstarken lassen können, wie er heldenhaft vom größten aller weißen Führer bewiesen wurde – Adolf Hitler. Lasst uns deshalb heute in den Kampf eintreten, jetzt! Du hast keine Ausrede, weißer Mann, keinen anderen Ausweg! Es heißt: entweder kämpfen oder sterben! 63
(wie Anm. 47), S. 78–81; George Michael: Theology of Hate. A History of the World Church of the Creator. Gainesville/Fla. 2009. 61 Unverkennbar knüpft Klassen hier an den völkischen Zweig der Lebensreformbewegung an, vgl. z. B. Uwe Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache – Rasse – Religion. Darmstadt 2001. 62 Vgl. Ben Klassen: The White Man’s Bible. o. O. 32008. S. 15/16. 63 Ebd., S. 684.
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Auch traditionelle neonazistische Kreise rüsten Anfang der 1970er Jahre auf. Der stramme Nazi Gary (Gerhard) Rex Lauck gründet 1972 die NSDAP/AO. 64 Seine international ausgerichteten politischen Aktivitäten tragen massiv zur Verbreitung rechtsradikalen Gedankenguts in Europa bei. 65 Neben Flyern und Aufklebern produziert er ein Propagandablatt, das regelmäßig in mehreren Sprachen erscheint: The New Order (englisch), NS Kampfruf (deutsch), Nouvelles NS (französisch), NS Nyhedsbrev (dänisch) usw. Wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhass, Verbreitung von Propagandamitteln und Verwendung von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation wird Lauck 1996 in Deutschland zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Haft kehrt er in die USA zurück. Seine periodischen Hetzpamphlete publiziert er von dort aus unbeirrt weiter. Neuere Nummern befassen sich unter anderem mit der Bundespräsidentenwahl in Österreich, mit der „neuen amerikanischen Revolution“ und mit Zuwanderung als „ethnischem Genozid“: Die Vereinigten Staaten und die europäischen Nationen werden weiterhin von Eindringlingen der Dritten Welt überflutet. Wir, Amerikaner und Europäer, sind jetzt Opfer der mordenden, vergewaltigenden, plündernden Meute, die uns erreicht hat. Die überwiegende Mehrheit dieser Ausländer sind Männer im kampffähigen Alter. Das sind keine „Flüchtlinge“. Das sind Invasoren. 66
Kurios mutet die 1974 von Russell Veh in Los Angeles lancierte National Socialist League an, in der ausschließlich homosexuelle Männer Mitglied werden dürfen und die mit dem Slogan wirbt: „Wenn Homosexuelle Kapitalisten sein können, wenn wir Kommunisten sein können … warum sollten wir dann 64
Vgl. auch T. Grumke (wie Anm. 35), S. 55–57, 109–111. Vgl. z. B. Anonym: Gesunde Barbaren. Mit V-Männern und FBI-Hilfe verschafften sich Fahnder genug Material, um einen der weltweit aktivsten Neonazis vor Gericht zu stellen. In: Der Spiegel. 1996, Heft 18. S. 76/77. 66 Anonym: Die neue amerikanische Revolution. In: NS Kampfruf. 2017, Heft 7. S. 1. 65
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keine Nationalsozialisten sein?“ 67 Veh ist jedoch kein Einzelfall. Es gibt führende, lange Zeit ungeoutete schwule Neonazis wie Michael Kühnen in Deutschland, der eng mit Lauck zusammenarbeitet, oder die britische Blood & Honour-Ikone Nicky Crane. 68 Unter den neuen Rechten in den USA finden sich sogar offen schwule Aktivisten: zum Beispiel der aus Großbritannien zugewanderte Alt-Right-Provokateur Milo Yiannopoulos, der Männlichkeitsfanatiker Jack Donovan, Autor des Buches Androphilia (2007), oder Lucian B. Wintrich, der bis 2018 für die Fake-News-Website The Gateway Pundit arbeitet und 2016 mit seiner Pro-Trump-Kampagne Twinks4Trump Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte – einer Fotoserie halbnackter junger Männer, die Baseball Caps mit der Aufschrift „Make America great again“ tragen. Kaum zu glauben ist andererseits auch, dass Scott Lively und Kevin Abrams in ihrem aus christlich- und jüdisch-fundamentalistischer Perspektive geschriebenen Buch The Pink Swastika (1995) behaupten, die nationalsozialistische Terrorideologie sei im Kern eine homosexuelle Weltanschauung und deshalb müsse der wachsenden Gleichstellung Homosexueller in der US-amerikanischen Gesetzgebung unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden. Mitte der 1970er Jahre entsteht die größte Neonazi-Vereinigung der USA: das National Socialist Movement (NSM). Robert Brannen und Clifford Herrington, die beiden Initiatoren, sind ehemalige Mitglieder der 1959 von George Lincoln Rockwell gegründeten American Nazi Party (ANP).
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Vgl. Anonym: Never again. In: Crusader. Voice of West Coast Gay Liberation. 1975, Februar-Heft. S. 7; Anonym: Russell Veh. In: Encyclopedia of White Power. A Sourcebook on the Radical Racist Right. Hg. J. Kaplan. Walnut Creek/Cal., New York, Oxford 2000. S. 316–318. 68 Vgl. Michael Kühnen: Nationalsozialismus und Homosexualität. Paris 1986; Martin Wroe: Reformed fascist ready to admit homosexuality. In: The Independent vom 27. Juli 1992. S. 3.
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Foto von Lucian B. Wintrich für seine Kampagne Twinks4Trump, 2016
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ANP-Führer George Lincoln Rockwell spricht auf einer Kundgebung im Marquette Park, Chicago/Ill., 1966
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1966 erscheint im Playboy ein langes Interview mit Rockwell, das Aufschluss über dessen Weltsicht gibt. 69 Rockwell sieht sich in einer ähnlichen Rolle wie Lenin – so wie dieser den Ideen von Marx weltweite Wirkung verschafft habe, wolle er das Erbe Hitlers verbreiten. Er gehe davon aus, dass ihn die US-Amerikaner 1972 ins Amt des Präsidenten wählen. Dann werde er FBI-Chef J. Edgar Hoover zum Justiz- und den rassistischen Demokraten George Wallace zum Innenminister ernennen. Weitere Kandidaten für sein Kabinett: der McCarthyAnhänger William E. Jenner sowie der Luftfahrtpionier und Nazisympathisant Charles Lindbergh. Die inneren Hauptfeinde der USA seien die Schwarzen, die jüdischen Kommunisten und die Homosexuellen. Die animalischen „Nigger“ sollten nach Afrika oder in Reservate umgesiedelt werden, hunderttausende jüdische Verräter müssten angeklagt, verurteilt und vergast werden, die Schwulen – eines der hässlichsten gesellschaftlichen Probleme („the ultimate symbol of a decaying civilisation“) – gehörten umgebracht oder auf eine Insel verbannt. Rockwell sagt ein Armageddon zwischen dem wilden afrikanisch-asiatischen Block und der weißen Rasse voraus, das er auf Seiten der Weißen anführen werde. Bereits am 25. August 1967 fällt er aber dem Attentat eines ausgeschlossenen Parteimitglieds zum Opfer. Die Leitung der ANP, die mittlerweile National Socialist White People’s Party (NSWPP) heißt, übernimmt jetzt Matthias Koehl. Der ehemalige Physikprofessor William L. Pierce, der seinen Beruf aufgegeben hatte, um sich ausschließlich der politischen Zusammenarbeit mit Rockwell zu widmen, gerät mit Koehl in Streit und spaltet sich 1974 mit seiner National Alliance (NA) von der Partei ab. Unter dem Pseudonym Andrew Macdonald publiziert er 1978 die fiktiven Turner Diaries, die
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Alex Haley/George Lincoln Rockwell: Playboy Interview: George Lincoln Rockwell. A candid conversation with the fanatical führer of the american nazi party. In: Playboy. 13 (1966), Heft 4. S. 71–82, 154–156.
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wenig später den rechten Terroristen von Brüders Schweigen als Blaupause für ihre Taten dienen. Im selben Jahr wie Pierce trennen sich auch Brannen und Herrington von Koehl, um das National Socialist Movement zu initiieren, das ab 1994 von Jeffrey Schoep geführt wird. Ende der 2010er Jahre formuliert das NSM auf seiner Homepage 25 Grundsätze. Es will die Einwanderung von Nicht-Ariern unterbinden und alle illegalen nicht-weißen Immigranten ausweisen. Zudem fordert es: Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer, unabhängig von der Konfession, reinen arischen Blutes ist. Wer kein Staatsbürger ist, kann in Amerika nur als Gast leben und unterliegt speziellen Gesetzen für Ausländer. Kein Jude oder Homosexueller kann daher ein Volksgenosse sein. […] Wir fordern die Gleichberechtigung des amerikanischen Volkes in ihren Beziehungen zu anderen Nationen sowie die Auflösung der Vereinten Nationen, der NATO, der Weltbank, des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens, der Welthandelsorganisation und des Internationalen Währungsfonds. […] Wir fordern […] das Verbot pro-marxistischer Vereinigungen und ihre Ersetzung durch nationalsozialistische Gewerkschaften. […] Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen […], indem er es ermöglicht, dass sich wieder Kleinfamilien bilden können, in denen der Vater zur Arbeit geht und die Mutter sich um den Haushalt und die Kinder kümmert. […] Zeitungen, die nicht dem nationalen Gemeinwohl dienen, sind zu verbieten. Wir fordern die rechtliche Verfolgung aller Kunst- und Literaturrichtungen, die einen zersetzenden Einfluss auf unser Volksleben ausüben, und das Verbot kultureller Veranstaltungen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen. 70
Seine Ziele will das NSM notfalls mit Gewalt durchsetzen. In der frühen Geschichte des US-amerikanischen Nationalsozialismus sticht der Schriftsteller und Hitler-Verehrer William Dudley Pelley heraus. Zeitgleich mit der Machtergreifung der NSDAP gründet er 1933 die antisemitische und antikom70
www.nsm88.org/25points/25points.html, abgerufen am 20. März 2017.
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munistische Silver Legion of America mit Sitz in Asheville/ North Carolina. 71 Die Organisation, die unter dem Namen „Silvershirts“ bekannt wird und die mit dem German-American Bund wie auch mit den NS-Machthabern in Deutschland kooperiert 72, versteht sich als christlich-fundamentalistische Kampftruppe nach dem Vorbild der deutschen SA. Ihr wöchentlich erscheinendes Propagandaorgan trägt den Titel Liberation. Bei den Präsidentschaftswahlen 1936 tritt Pelley als chancenloser Außenseiter für die faschistische Christian Party an. Sein Ziel: eine „Silver Revolution“ mit ihm als diktatorischem Führer der USA an der Spitze. Im August 1942 wandert Pelley für 15 Jahre hinter Gitter, nachdem ihn ein Bundesgericht wegen krimineller Umsturzversuche verurteilt hatte. 73 Zu den hochrangigen Mitgliedern der Silvershirts gehört damals auch Henry L. Beach. Er fasst beruflich Fuß in der chemischen Reinigungsbranche und geht Ende der 1960er Jahre in Ruhestand. 1969 gründet er dann in Portland/Oregon die Vereinigung Posse Comitatus, der sich wenig später William Potter Gale von der White Identity Church anschließt. 74 Die PosseAnhänger verbreiten das Gerücht, dass die exekutive Gewalt laut US-Verfassung auf kommunaler Ebene angesiedelt sei, die jüdisch unterwanderte Zentralregierung in Washington jedoch die Macht an sich gerissen habe. Das von der Zentralbank ausgegebene Geld wie auch die vom Bund eingeforderten Steuern 71
Vgl. Scott Beekman: William Dudley Pelley. A Life in Right-Wing Extremism and the Occult. Syracuse/N. Y. 2005. S. 79–143; William Dudley Pelley: No More Hunger. The Compact Plan of the Christian Commonwealth. Asheville/N. C. 1935; Ders.: Hidden Empire. Asheville/N. C. 1938; Ders.: The Door to Revelation. An Autobiography. Asheville/N. C. 1939. 72 Vgl. S. Beekman (wie Anm. 71), S. 122/123. 73 Vgl. Anonym: Pelley, Silver Shirts founder, sentenced to 15 years in prison. In: The Boston Daily Globe vom 13. August 1942. S. 12. 74 Vgl. J. Ridgeway (wie Anm. 35), S. 109–141; Daniel Levitas: The Terrorist Next Door. The Militia Movement and the Radical Right. New York 2002. S. 113–120.
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seien eigentlich illegal. In den 1970er und 1980er Jahren wird Posse Comitatus zum Sammelbecken für verarmte Bauern, Steuergegner und Verschwörungstheoretiker. Enge Verbindungen bestehen zu den Aryan Nations von Richard G. Butler, der schon bei den Silvershirts mitgemischt hatte. 75 Öffentliches Entsetzen lösen die blutigen Gewalttaten von Gordon Kahl und Michael W. Ryan aus. Im Februar 1983 streckt Posse-Mitglied Kahl in North Dakota zwei Polizisten nieder, die ihn wegen Steuerdelikten verfolgen. Er kann entkommen, wird aber wenige Monate später in Arkansas aufgespürt und bei einem Schusswechsel, bei dem er einen weiteren Polizisten tötet, erschossen. 76 Ryan, ein Anhänger des Christian-Identity-Predigers und Posse-Comitatus-Führers James P. Wickstrom, richtet 1983 auf einer Schweinefarm bei Rulo/Nebraska einen Posse-Stützpunkt ein, den er mit eiserner Hand kommandiert: Luke, der fünfjährige Sohn von Farmbesitzer Rick Stice, und der 26-jährige Sektenjünger James Thimm fallen bei ihm in Ungnade und werden zu Sklaven degradiert. Auf den Rücken des Jungen schreibt Ryan mit roter Farbe die Zahl 666 – das Symbol des Antichristen. Mehrmals übergießt er Luke mit Eiswasser und verbannt ihn nach draußen in die Kälte, bis er ihm am Ende den Schädel einschlägt und ihn jämmerlich verenden lässt. Thimm wird gezwungen, die Ziege der Farm zu penetrieren. Später foltern ihn Ryan und seine Jünger zwei Tage lang sadistisch: Sie sodomisieren seinen Anus so lange mit dem Stiel einer Schaufel, bis sein Darm reißt. Sie peitschen ihn aus, schießen ihm die Fingerkuppen seiner linken Hand ab, brechen ihm einen Arm und beide Beine. Mit einer Rasierklinge
75
Vgl. L. Zeskind (wie Anm. 45), S. 69–77; Monika Schmidt: Christian Identity Movement (USA). In: Handbuch des Antisemitismus. Bd. 5. Hg. W. Benz. Berlin, Boston/Mass. 2012. S. 99. 76 Vgl. James Corcoran: Bitter Harvest. Gordon Kahl and the Posse Comitatus: Murder in the Heartland. New York 1990; D. Levitas (wie Anm. 74), S. 192–231.
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schneidet Ryan dann Teile von Thimms Haut herunter. Schließlich springt er auf seinen Oberkörper und bricht ihm dabei mehrere Rippen. Thimm stirbt am 29. April 1985 an den Folgen der Misshandlungen und wird auf dem Farmgelände verscharrt. Als Sicherheitskräfte das Grundstück im Juni stürmen, finden sie außer den beiden Leichen auch haufenweise Propagandamaterial, gestohlene Landmaschinen im Wert von 250.000,– US-$ sowie ein umfangreiches Waffenarsenal mit 150.000 Schuss Munition. 77 Die Aktivitäten von Posse Comitatus gehen später im Sovereign Citizens Movement auf, das ebenfalls für kriminelle Schlagzeilen sorgt und 2010 etwa 300.000 Anhänger umfasst. 78 Am 19. April 1995 erschüttert einer der schwersten Terroranschläge die USA: das Bombenattentat auf das Alfred P. Murrah Federal Building in Oklahoma City, bei dem 168 Menschen sterben. 79 Drahtzieher ist der 26-jährige Golfkriegsveteran Timothy McVeigh, der Pierce’ Turner Diaries gelesen hatte und dessen Hass auf US-amerikanische Bundesbehörden keine Grenzen zu kennen scheint. McVeigh wird zum Tode verurteilt und am 11. Juni 2001 mit einer Giftspritze hingerichtet. Mitte der 1970er Jahre formiert sich in den USA auch eine breite protestantisch-fundamentalistische Bewegung, die sich gegen liberale und säkulare Strömungen stemmt. Waren die Evangelikalen bis dahin weitgehend unpolitisch gewesen, attackieren sie jetzt den gesellschaftlichen Wandel, den Studenten-, Friedens-, Frauen- und Schwulenbewegung bewirkt haben. Sie streiten dafür, das Morgengebet an öffentlichen Schulen wieder einzuführen, die biblische Schöpfungsgeschichte im Biologieunterricht zu verankern und den Sexualkundeunterricht ab77
Vgl. u. a. James Coates: Nightmare in Rulo. In: Chicago Tribune vom 16. November 1986. S. B1, B5; D. Levitas (wie Anm. 74), S. 232–242. 78 Vgl. z. B. J. J. MacNab: „Sovereign“ citizen Kane. In: Intelligence Report. A Project of the Southern Poverty Law Center. 139 (2010). S. 12–19. 79 Vgl. L. Zeskind (wie Anm. 45), S. 399–407.
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Zerstörungen nach dem Bombenanschlag auf das Albert P. Murrah Federal Building, Oklahoma City/Okla., 1995
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zuschaffen. Außerdem fordern sie, Pornografie, Abtreibungen, Sterbehilfe, Stammzellenforschung und gleichgeschlechtliche Ehen zu verbieten. 80 Die Christliche Rechte bringt eine Vielzahl von Organisationen hervor, die für traditionelle religiös-moralische Werte eintreten und die personell eng vernetzt sind: American Coalition for Traditional Values (ACTV), American Family Association (AFA), American Freedom Coalition (AFC), Christian Coalition (CC), Christian Voice (CV), Concerned Women for America (CWA), Eagle Forum (EF), Freedom Council (FC), Family Research Council (FRC), Moral Majority (MM), National Christian Action Coalition (NCAC) und Religious Roundtable (RR). 81 Seit Ende der 1980er Jahre unterwandert die Christliche Rechte erfolgreich die Republikanische Partei, Anfang der 2000er Jahre zählt sie rund 6 Millionen Mitglieder und 100.000 bis 150.000 Aktivisten. 82 Geist und Stoßrichtung dieser Bewegung lassen sich an einem Statement ablesen, das der Fernsehprediger und MM-Gründer Jerry Falwell, einer ihrer Hauptvertreter, anlässlich des Terroranschlags auf die New Yorker Twin Towers abgibt: Gott hebt den Vorhang immer weiter an und erlaubt den Feinden Amerikas, uns das zu geben, was wir wahrscheinlich verdienen. […] Die Abtreibungsbefürworter müssen Schuld dafür auf sich nehmen, denn Gott lässt sich nicht verhöhnen. Wenn wir 40 Millionen kleine, unschuldige Babys abschlachten, machen wir Gott verrückt. Ich glaube wirklich, dass die Heiden, die Abtreibungsbefürworter, die Feministinnen, die Schwulen und Lesben, die das aktiv als einen alternativen Lebensstil betreiben, die ACLU [= American Civil Liberties Union] und die People for the American Way 80
Vgl. M. Brocker (wie Anm. 35), S. 25–27. Vgl. Michael Minkenberg: Die Christliche Rechte und die amerikanische Politik von der ersten bis zur zweiten Bush-Administration. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 53 (2003), Heft 46. S. 25. 82 Vgl. M. Brocker (wie Anm. 35), S. 25–27; Michael Minkenberg: Die neue radikale Rechte im Vergleich. USA, Frankreich, Deutschland. Opladen, Wiesbaden 1998. S. 341–347. 81
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… alle diejenigen, die versucht haben, Amerika zu säkularisieren – ich zeige mit meinem Finger auf ihr Gesicht und sage: „Du hast dazu beigetragen, dass das passiert ist.“ 83
Zu den besonders extremistischen evangelikalen Gruppierungen zählt die 1955 von Fred Phelps initiierte Westboro Baptist Church (WBC) in Topeka/Kansas. Auf ihren aggressiven Demonstrationen tragen ihre Anhänger Transparente mit Aufschriften wie „Muslims die, God laughs“, „Same-sex marriage dooms nations“ oder „The Jews killed Jesus“. 2010 richtet die Organisation einen offenen Brief an Präsident Obama, in dem sie ihn warnt, Gott würde gegen ihn kämpfen, weil seine Politik Ungehorsam und Perversion fördere: Abtreibung, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und Ehescheidung. Er müsse bereuen, umkehren und Gott gehorchen, sonst werde Gott die USA mit Hurrikans zerstören. Noch militanter tritt die christlich-fundamentalistische Terrororganisation Army of God (AOG) in Erscheinung, die seit Anfang der 1980er Jahre Hassverbrechen in den USA begeht. 84 So erschießt der Embryonalbiologe und AOG-Anhänger James C. Kopp 1998 den jüdischen Gynäkologen Barnett Slepian mit einem Jagdgewehr, weil dieser Abtreibungen vorgenommen hatte. Kopp flüchtet ins Ausland und wird 2001 im französischen Dinan gefasst. 2003 bestraft ihn ein Gericht in Buffalo mit lebenslänglichem Gefängnis. 1996 verübt der ehemalige Armeeangehörige Eric Rudolph während der Olympischen Sommerspiele in Atlanta im Namen der AOG ein Bombenattentat, bei dem zwei Menschen sterben und 111 weitere verletzt werden. In den beiden darauffolgenden Jahren zündet er Bomben in zwei Abtreibungskliniken und einer schwul-lesbischen Bar. 2005 wird Rudolph zu viermal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
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John F. Harris: God gave U. S. „What we deserve,“ Falwell says. In: The Washington Post vom 14. September 2001. S. C3. 84 Vgl. L. Zeskind (wie Anm. 45), S. 459–463.
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Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 macht die so genannte „Alternative Rechte“ (Alt-Right) von sich reden, vor allem weil Trumps Wahlkampfleiter Stephen Bannon seinen rechtspopulistischen Medienkonzern Breitbart als Sprachrohr dieser Bewegung bezeichnet hatte. 85 Nach Recherchen der Zeitschrift The New Yorker ist davon auszugehen, dass der Hedgefondsmanager Robert L. Mercer als Graue Eminenz hinter der Alt-Right die Strippen zieht. 86 Er verachte das politische Establishment und die Presse der USA, propagiere einen schlanken Staat, betrachte den Civil Rights Act von 1964 als schweren politischen Fehler, glaube an eine kriminelle Verschwörung der Clintons und halte den Klimawandel für eine Erfindung. Mit immensen Geldsummen habe Mercer unter anderem Trumps Wahlkampf, die europäische Brexit-Kampagne und Breitbart finanziert. Zu den prominentesten Alt-Right-Aktivisten und -Plattformen zählen neben dem schillernden Politkasper Milo Yiannopoulos auch das National Policy Institute (NPI) von Richard Spencer, Internetportale wie American Renaissance, Occidental Dissent (OD), VDARE und The Daily Stormer, die YouTubeKanäle The Rubin Report, Mike Cernovich, ramzpaul und Red Ice TV sowie die 2016 von Nathan Damigo gegründete nationalistische, gegen den „kulturellen Marxismus“ agitierende Vereinigung Identity Evropa (IE). 87 Unter dem Titel An Establish85
Vgl. Volker Weiß: Alt-Right-Bewegung. Trumps rechtsextreme Freunde. In: Zeit Online vom 2. Januar 2017, www.zeit.de/politik/ausland/2016-12/ alt-right-bewegung-usa-rechtsextremismus-donald-trump, abgerufen am 20. März 2017. 86 Vgl. Jane Mayer: Trump’s money man. How Robert Mercer, a reclusive hedge-fund tycoon, exploited America’s populist insurgency. In: The New Yorker vom 27. März 2017. S. 34–45. 87 Programmatische Schriften der Alt-Right sind u. a. Jared Taylor: White Identity. Racial Consciousness in the 21st Century. Oakton/Va. 2011; Richard Bertrand Spencer (Hg.): The Great Erasure. The Reconstruction of White Identity. Whitefish/Mont. 2012; Jack Donovan: The Way of Men. Milwaukie/Oreg. 2012.
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ment Conservative’s Guide to the Alt-Right publiziert Milo im März 2016 auf Breitbart.com selbst einen Artikel, der Entstehung und Charakter der Alt-Right umreißt. Die Bewegung ist weit rechts vom konservativen Mainstream angesiedelt, den sie gerne als „cuckservative“ (Mischwort aus cuckold = Hahnrei und conservative) diskreditiert. Vor allem die jungen Repräsentanten wie Spencer, Damigo und Yiannopoulos verbreiten ihre Ideologie über professionell gestaltete Websites mit Podcasts und Video-Blogs, über Twitter, Facebook, Instagram, Snapchat und YouTube. 88 Bis Anfang 2017 arbeitet Yiannopoulos bei Breitbart. Er inszeniert sich als mutiger Kämpfer für das uneingeschränkte Recht auf freie Meinungsäußerung ( free speech). Auf Breitbarts Internetportal veröffentlicht er zum Beispiel eine wohlwollende Kritik des von Cernovich produzierten, thematisch einschlägigen Films Silenced (2016). Immer wieder publiziert er dort auch die Redemanuskripte seiner „Dangerous Faggot Tour“, die ihn an diverse US-amerikanische Hochschulen führt. Die Themen: Why Donald Trump deserves to win, 10 things Milo hates about Islam, The election is rigged oder America deserves borders. Milo gefällt sich in der Rolle des Tabubrechers. In seinen Texten wiederholt er die stereotypen Ansichten Trumps (auf den er sich gern als „Daddy“ bezieht) und würzt sie mit britischem Sarkasmus. Seine Hauptfeinde sind Feministinnen, schwarze Bürgerrechtler, Linksliberale und Muslime, denen er in endlosen Variationen vorwirft, mit ihrer Forderung nach Political Correctness die Meinungsfreiheit zu untergraben. Zu seinen persönlichen Helden zählen – neben Trump – Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Benedikt XVI. („der beste Papst“). Im Februar 2017 löst ein obszönes Skype-Interview 88
Zu den medialen Strategien der Alt-Right vgl. auch Philipp Oehmke: Im Geiste des Gorillas. Seit Donald Trump Präsident ist, erblüht die rechtsradikale „Alt Right“-Bewegung. In ihr sammeln sich Chauvinisten, Internet-Trolle, Islamhasser, Rassisten, Neonazis – und der Präsident selbst. Wer sind ihre Anführer? In: Der Spiegel. 2017, Heft 26. S. 66–72.
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Milo Yiannopoulos auf einer Straight Pride Parade, Boston/Mass., 2019
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von Yiannopoulos mit dem Podcast The Drunken Peasants einen Skandal aus. Die konservative Plattform Reagan Battalion hatte Passagen des Interviews so zusammengeschnitten, dass der Eindruck entstanden war, Milo befürworte die Legalisierung von Sex mit Minderjährigen. Der Verlag Simon & Shuster zieht daraufhin die geplante Veröffentlichung von Yiannopoulos’ Buch Dangerous zurück. In einer Pressekonferenz nimmt Milo zu den Vorwürfen Stellung und teilt mit, er werde seine Arbeit bei Breitbart aufgeben. Wenig später gründet er das Unternehmen Milo Inc., dessen Troll Academy seine öffentlichen Auftritte vermarktet und dessen Verlag sein Buch herausbringt. Bei Amazon klettert Dangerous auf Platz 1 der politischen Neuerscheinungen. Das Kapital von Milo Inc. stammt angeblich von Mercer. Jetzt kokettiert Yiannopoulos damit, dass ihn selbst die Alt-Right hasse. 89 Man könnte zu dem Schluss kommen, dass es ihm gar nicht um politische Inhalte geht, sondern um eine besondere Form der Aufmerksamkeit. Treffend bemerkt er nämlich selbst: „I just like pissing people off!“ 90 Doch bis heute verfolgt er eine rechtspopulistische Trump-Agenda. Er mischt sich sogar ohne Faktenkenntnisse in die deutsche Politik ein – auf seiner Website veröffentlicht er einen Text, den er am 11. Mai 2019 vor Bundestagsabgeordneten von CDU und AfD in Berlin gehalten haben will und in dem es unter anderem heißt: Man kann deutschen Bürgern keine Vorwürfe machen, wenn sie denken, die deutsche Presse sei eine riesige homogene Blase, die ihnen Propaganda eintrichtere, indem sie Statistiken über Arbeitsplätze von Migranten schöne und unliebsame Wahrheiten über Vergewaltigungen und Morde verschweige. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern eine Tatsache. Euer System erscheint manipuliert, weil es manipuliert ist. Es handelt sich um Vertrauensbrüche, die eine Antwort verlangen. Es sind Verbrechen, die Konsequenzen erfordern. Die AfD ist eine dieser Konsequenzen,
89 90
Vgl. Milo Yiannopoulos: Dangerous. o. O. 2017. S. 40–50. Ebd., S. 43.
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und ich begrüße, unterstütze und feiere sie dafür. Danken wir Gott, dass es sie gibt! 91
Im März 2020 publiziert Milo auch ein „Enthüllungsbuch“ über den Prozess gegen Trump-Berater Roger Stone 92, der im Zusammenhang der Sonderermittlungen von Robert Mueller vor Gericht gestellt worden war. Insgesamt ist die Alt-Right durchaus heterogen: Auf seiner Website The Daily Stormer schreibt der Neonazi Andrew Anglin 93 schon im August 2016, die Alt-Right sei eine antijüdisch und antihomosexuell ausgerichtete arisch-nationalistische Gruppierung. Niemand aus dieser Bewegung glaube, ein homosexueller Jude wie Yiannopoulos könne die Alt-Right anführen, wie es die jüdischen Medien behaupteten. Auch Irak-Veteran Damigo 94 setzt sich in seinem Vlog von Yiannopoulos ab. Milo habe das Projekt der Alt-Right mit dem kulturellen Libertarismus (cultural libertarianism) identifiziert. Zwar gebe es durchaus Überlappungen mit dem konservativen Libertarismus – im Zentrum der eigentlichen Alt-Right-Bewegung ständen jedoch die Themen Identität und Rasse. Auf seinem Twitter-Account postet Damigo Botschaften vor den Konföderationsflaggen am Stone Mountain, wo Simmons einst den zweiten Ku-Klux-Klan gegründet hatte. Er empfiehlt auch rechtsgerichtete Bücher wie Samuel Francis’ Essential Writings 91
Milo Yiannopoulos: Speech to German MPs and Journalists in Berlin. 5. Dezember 2019, https://milo.net/50625/full-text-milo-speech-to-afdmps-and-journalists-in-berlin, abgerufen am 24. Juli 2020. 92 Milo Yiannopoulos: The Trial of Roger Stone. o. O. 2020. 93 Zu Anglin vgl. auch Keegan Hankes: Eye of the Stormer. Propelled by the Trump campaign and a new focus on the „alt-right,“ the Daily Stormer is now the top hate site in America. In: Intelligence Report. A Project of the Southern Poverty Law Center. 162 (2017). S. 13–17; Luke O’Brien: The making of an American Nazi. How did Andrew Anglin go from being an antiracist vegan to the alt-right’s most vicious troll and propagandist—and how might he be stopped? In: The Atlantic. 320 (2017), Heft 5. S. 54–67. 94 Vgl. auch Gabriel Thompson: The red pill. My brother, the white nationalist. In: Pacific Standard. 11 (2018), Heft 2. S. 42–51.
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on Race (2007) oder die englische Übersetzung von Guillaume Fayes Pourquoi nous combattons (2001), und er beklatscht die Identitäre Bewegung Frankreichs dafür, dass sie gegen den Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron agitiert. 2016 schreibt Damigo einen Artikel für den Blog von Richard Spencers NPI-Zeitschrift Radix, in dem er eine grundlegende Revision der amerikanischen Verfassung fordert: Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, das Dokument anzugreifen, das im Zentrum der Verehrung derjenigen steht, die unsere Nation feindlichen Fremden überlassen. […] Die Verfassung hat aufgehört, ein Motor des Fortschritts zu sein, und ist in ein Haupthindernis für unsere Zukunft ausgeartet. […] Wenn die in der Verfassung einer Nation verankerten Gesetze nicht mehr den gegenwärtigen und zukünftigen Interessen eines Volkes dienen, steht diese Generation in der Verantwortung, die Verfassung zu ersetzen. […] Wir müssen alles Erdenkliche tun, um unser Volk davon abzubringen, die Zombie-Verfassung in den Rang einer unveränderbaren heiligen Schrift zu erheben.
Spencer wiederum fungiert seit Januar 2017 auch als Mitherausgeber des neuen Internetmagazins AltRight.com, das die nationalen und internationalen Aktivitäten der Alternativen Rechten bündeln will. 95 Für einen Eklat sorgt die Rede, die er am NPI zur Feier von Trumps Wahlsieg hält. Nachdem er die Weißen unter Berufung auf Hegel zur „Verkörperung der Weltgeschichte“ hochstilisiert hatte, ruft Spencer in den Saal: „For us as Europeans it is only normal again when we are great again. Hail Trump, hail our people, hail victory.“ Einige der Zuschauer springen auf und recken den rechten Arm zum Hitlergruß in die Luft. Dass viele reaktionäre Kräfte in den USA genau jene bekämpfen, denen die verbrieften Freiheits- und Gleichheitsrechte lange 95
Zu Spencer vgl. Graeme Wood: His Kampf. Richard Spencer is a troll, an imp, an icon for white supremacists. In: The Atlantic. 319 (2017), Heft 5. S. 40–52.
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Zeit verwehrt wurden – Frauen, Schwarze, Homosexuelle 96 –, lässt sich auch an den Songtexten rechtsgerichteter US-amerikanischer Musikgruppen ablesen. So finden sich in dem Titel Women’s Lib (2000) der Thrash-Metal-Band Raunchous Brothers aus Chicago folgende Zeilen: I want to be a male chauvinist pig and I don’t give a fuck about women’s lib. Women are weak they don’t deserve any rights; the women’s movement is a useless fight! They’re good for sex, and they’re good for work! But other than that, they have no worth— so shut the fuck up bitch!
Die White-Power-Band Angry Aryans aus Detroit bezeichnet Schwarze in ihrem Song Still Just a Nigger (1999) als „blutrünstige Wilde“, die nach Übersee gehörten, keinen Sinn für Zivilisation hätten und in einer Welt von Weißen keine Existenzberechtigung besäßen. Sie seien Kriminelle, die das Land terrorisierten, Kindern Drogen verkauften und sich wie die Ratten vermehrten. Selbst diejenigen unter ihnen, die ein nagelneues Auto führen oder als berühmte Sportstars brillierten, seien nichts anderes als einfach nur Nigger. Überboten wird das noch vom Titel Torture & Humiliation (2005) der GrindcoreBand Grinded Nig aus Dallas. Der Text fantasiert von einem Schlägertrupp, der drei Schwule – zwei Weiße und einen Schwarzen – bis zu deren Haus verfolgt. Dem Schwarzen rammen sie ein Messer in den Hintern und sägen ihm dann den Kopf ab. Den anderen beiden pissen sie ins Gesicht und zwingen sie, erst das Gehirn ihres Lovers, dann frische Hundescheiße zu essen, um ihnen am Ende die Kehlen durchzuschneiden.
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Vgl. dazu C. Berlet/M. N. Lyons (wie Anm. 35), S. 228–246.
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Nach einer Hassgruppen-Studie des Southern Poverty Law Center von 2018 existieren in den USA 51 Ku-Klux-KlanZirkel, 112 Neonazivereinigungen, 148 Bünde weißer Nationalisten, 63 Zusammenschlüsse rassistischer Skinheads, 17 Christian-Identity-Gruppen und 49 Anti-LGBT-Verbände. 97
97
Vgl. Anonym: Active hate groups in the United States // 2018. In: Intelligence Report. Published by the Southern Poverty Law Center. 166 (2019). S. 43–55.
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Amerika und die Welt Mit großem Sendungsbewusstsein bemühen sich die USA, das Modell des Amerikanischen Traums in alle Welt zu exportieren. Gemessen an den Werten der eigenen Verfassung, treten dabei immer wieder eklatante Widersprüche zutage, was die Glaubwürdigkeit US-amerikanischer Außenpolitik massiv untergräbt. Globale Empörung lösen vor allem aggressive Militäraktionen aus: der Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki 1945 mit etwa 200.000 Todesopfern, der Einsatz von Agent Orange im Vietnamkrieg, der hunderttausende Zivilisten trifft, sowie in jüngerer Zeit der 2003 unter falschem Vorwand angezettelte Krieg gegen Saddam Hussein. 98 Weniger bekannt sind die zahlreichen Verstrickungen und verdeckten Operationen (covert actions) amerikanischer Geheimdienste, die nicht der Fantasie unseriöser Verschwörungstheorien entspringen, sondern durch offiziell veröffentlichte Dokumente und durch Kongressberichte wie den Pike Report untermauert sind. 99 Eine Schlüsselrolle spielt die Direktive NSC 10/2 des Nationalen Sicherheitsrats der USA vom 18. Juni 1948 100, die den damaligen Direktor der Central Intelligence 98
Vgl. auch Daniele Ganser: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Zürich 62017. 99 Vgl. z. B. CIA. The Pike Report. Nottingham 1977. S. 186–218; Melissa Jane Taylor: Note on U. S. covert actions. In: Foreign Relations of the United States, 1977–1980. Bd. 6. Hg. M. J. Taylor. Washington, D. C. 2013. S. XXV– XXXIII. 100 Vgl. National Security Council directive on office of special projects, NSC 10/2. In: Foreign Relations of the United States, 1945–1950. Retro-
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Glasbehälter am Tu-Du-Krankenhaus von Ho-Chi-Minh-Stadt mit Föten, die durch den US-amerikanischen Einsatz von Agent Orange im Vietnamkrieg verformt wurden, 1995
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Agency (CIA) damit beauftragt, covert actions zu planen und durchzuführen. Solche Operationen sind von der US-Regierung ausgeführte oder finanzierte Aktivitäten, die sich gegen feindliche Staaten richten beziehungsweise der Unterstützung befreundeter Staaten dienen. Sie werden so geplant und umgesetzt, dass die Regierung im Fall einer Enttarnung jede Verantwortung dafür glaubhaft zurückweisen kann. Konkret zählen zu diesen Operationen Maßnahmen der Propaganda, der wirtschaftlichen Kriegsführung, der Sabotage sowie der Subversion gegen feindliche Staaten, darunter die Förderung von Guerillatruppen, von Widerstandsbewegungen im Untergrund und von Befreiungsorganisationen im Exil. Auf der Basis von NSC 10/2 schmieden die USA nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel geheime Allianzen mit faschistischen Gruppen, um unter dem Schirm der NATO konspirative Stay-Behind-Organisationen zu installieren – Guerillaeinheiten, die im Fall eines Angriffs sowjetischer Truppen hinter der gegnerischen Front Terror- und Sabotageakte verüben sollen. 101 Beim personellen Aufbau der Einheiten unterstützt sie unter anderem Klaus Barbie, der berüchtigte „Schlächter von Lyon“, den die USA über eine Ratline nach Südamerika schleusen und der erst 1987 von einem französischen Gericht zur Rechenschaft gezogen wird. In „Friedenszeiten“ führen StayBehind-Gruppen auch verdeckte Operationen aus. Ihr Aktionsspektrum reicht bis zu staatsterroristischen Anschlägen, die dem Zweck dienen, die kommunistischen Parteien der betroffenen Staaten als vermeintliche Drahtzieher zu diskreditieren und so von der politischen Macht fernzuhalten. Das Bombenattentat 1980 auf den Hauptbahnhof von Bologna mit 85 Toten spective Volume. Emergence of the Intelligence Establishment. Hg. D. S. Patterson/C. T. Thorne. Washington, D. C. 1996. S. 714/715. 101 Vgl. z. B. Christopher Simpson: Der amerikanische Bumerang. NSKriegsverbrecher im Sold der USA. Wien 1988; Richard Breitman/Norman Jacob William Goda: Hitler’s Shadow. Nazi War Criminals, U. S. Intelligence, and the Cold War. Washington, D. C. 2010; Jens Mecklenburg (Hg.): Gladio. Die geheime Terrororganisation der NATO. Berlin 1997.
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folgt diesem Muster. 102 1990 werden die brutalen Aktivitäten der italienischen Geheimarmee, die sich Gladio nennt, im Zuge gerichtlicher Ermittlungen enttarnt. 103 Wenig später fliegen weitere Teile des NATO-weiten Stay-Behind-Netzwerks auf. 104 Auch in Deutschland existieren solche Stay-Behind-Truppen bis Anfang der 1990er Jahre. 105 Hier rekrutieren die USGeheimdienste zudem in aller Öffentlichkeit Reinhard Gehlen, den ehemaligen Leiter der NS-Spionageabteilung Fremde Heere Ost, für höchste Aufgaben: 1946 wird er Chef der nach ihm benannten „Organisation Gehlen“ (Org) – einer Geheimdiensteinheit der USA auf deutschem Territorium. Von 1956 bis 1968 fungiert er dann als erster Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das Counter Intelligence Corps (CIC) und die CIA unterwandern auch westdeutsche Verbände wie die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU), die sich als humanitärer Suchdienst gegründet hatte, um Gefangene in den Internierungslagern der sowjetischen Besatzungszone aufzuspüren. Unter den KgU-Mitgliedern werben sie Spione an, die in der DDR Funkzentralen einrichten, Waffendepots anlegen und Anschlagsziele für den Tag X auskundschaften. Die so radikalisierte KgU verübt sogar Gewalttaten, unter anderem Reifentöter-Attacken, Sprengstoffattentate und Brandanschläge mit Phosphor auf drei Leipziger HO-Kaufhäuser. 106 102
Vgl. auch Regine Igel: Terrorjahre. Die dunkle Seite der CIA in Italien. München 2006. 103 Vgl. Dario N. Azzellini: Gladio in Italien. In: Gladio. Die geheime Terrororganisation der NATO. Hg. J. Mecklenburg. Berlin 1997. S. 23–47. 104 Vgl. u. a. Entschließung zur Gladio-Affäre. In: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 24. Dezember 1990. Nr. C 324/201–202; Daniele Ganser: NATO-Geheimarmeen in Europa. Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Zürich 62013. S. 42–55. 105 Vgl. z. B. Erich Schmidt-Eenboom/Ulrich Stoll: Die Partisanen der NATO. Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946–1991. Berlin 2015; Bernd Stöver: Die Befreiung vom Kommunismus. Amerikanische „Liberation Policy“ im Kalten Krieg 1947–1991. Köln, Weimar, Wien 2002. S. 543–548. 106 Vgl. u. a. B. Stöver (wie Anm. 105), S. 536–543; Karl Wilhelm Fricke/
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Im Zuge verdeckter Operationen unterstützen die amerikanischen Geheimdienste im Kalten Krieg zudem nationalistische Widerstandsgruppen, in denen sich alte Nazikollaborateure und Faschisten tummeln. Namentlich gehören dazu der Bund der russischen Solidaristen (NTS), der Zentralverband der Nachkriegsemigranten aus der UdSSR (TsOPE) und die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). 107 Den OUNFührer Mykola Lebid, der mit den deutschen Nationalsozialisten zusammengearbeitet hatte und daran beteiligt war, ukrainische Juden zu verfolgen, zu foltern und zu ermorden, schmuggelt die CIA 1949 illegal in die USA, wo Lebid offen für den ukrainischen Guerillakrieg wirbt. Per Fallschirm infiltriert der US-Geheimdienst die Ukraine zugleich mit militärisch geschulten Exilrebellen, die er für mehrere hundert Millionen Dollar mit Waffen, Munition, Hubschraubern und Handgranaten ausrüstet. 108 Flankierend finanzieren die Vereinigten Staaten aus Geheimdienstmitteln und Steuergeldern Propagandasender, die neben ihren normalen Programmen auch Desinformation streuen und verschlüsselte Botschaften über den Äther schicken. An vorderster Front: Radio Free Europe (RFE) in München. 109 Weltweit zieht die CIA im Hintergrund die Fäden, um die Politik anderer Staaten im Sinne strategischer Interessen der USA zu manipulieren. So hat sie zum Beispiel bei folgenden Ereignissen die Finger mit im Spiel: beim Sturz des iranischen Premierministers Mohammad Mossadegh (1953), bei der Ermordung des kongolesischen Premierministers Patrice Roger Engelmann: „Konzentrierte Schläge“. Staatssicherheitsaktionen und politische Prozesse in der DDR 1953–1956. Berlin 1998. S. 80–88, 159–169. 107 Vgl. B. Stöver (wie Anm. 105), S. 519–533, 548–552; R. Breitman/ N. J. W. Goda (wie Anm. 101), S. 73–97; Grzegorz Rossoliński-Liebe: Verflochtene Geschichten. Stepan Bandera, der ukrainische Nationalismus und der transnationale Faschismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 67 (2017), Heft 42–43. S. 17–22. 108 Vgl. z. B. C. Simpson (wie Anm. 101), S. 197–213. 109 Vgl. B. Stöver (wie Anm. 105), S. 429–441.
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Sympathisanten und Mitglieder verschiedener nationalistischer Parteien feiern den 109. Geburtstag von OUN-Führer und Nazikollaborateur Stepan Bandera, dem Präsident Juschtschenko 2010 postum den Ehrentitel „Held der Ukraine“ verliehen hatte, Kiew, 2018
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Lumumba (1961) sowie beim Militärputsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende (1973). 110 Außenpolitisches Engagement, das auf demokratischen Werten und Menschenrechten beruht, sieht anders aus.
110
Vgl. u. a. Mark Joseph Gasiorowski/Malcom Byrne (Hg.): Mohammad Mosaddeq and the 1953 Coup in Iran. Syracuse/N. Y., New York 2004; Christopher Andrew: For the President’s Eyes Only. Secret Intelligence and the American Presidency from Washington to Bush. New York 1995. S. 253; Chambre des représentants de Belgique. Enquête parlementaire visant à déterminer les circonstances exactes de l’assassinat de Patrice Lumumba et l’implication éventuelle des responsables politiques belges dans celui-ci: Rapport fait au nom de la commission d’enquête par MM. Daniel Bacquelaine et Ferdy Willems et Mme Marie-Thérèse Coenen. Bd. 1. 16. November 2001. DOC 50 0312/006. S. 127–130, 219/220; James McElveen/James Siekmeier (Hg.): Foreign Relations of the United States, 1969–1976. Bd. 21. Chile, 1969–1973. Washington, D. C. 2014. S. 840–946.
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Barack Obama 2008 kandidiert Barack Obama, damals Senator aus Illinois, gegen John McCain für das Amt des amerikanischen Präsidenten. Sein Wahlkampf mobilisiert die Idealisten und Betrogenen, die von George W. Bushs Amerika die Nase voll haben: Obamas optimistisches Motto „Yes, we can“ inspiriert den Rapper William Adams zu einer musikalischen Collage, die in den Charts landet und einen Emmy Award gewinnt. Shepard Faireys rotweiß-blaues Hope-Poster versorgt seine Kampagne – ohne vorherigen Auftrag – mit der entscheidenden Bildvision. Auch die gesamte Hollywood-Prominenz von Matt Damon bis Susan Sarandon liegt Obama zu Füßen, zuletzt sogar der ehemalige republikanische Außenminister Colin Powell. Gleiches gilt für die Intellektuellen: Unter Obamas zehn größten Spendern befinden sich die Universitäten von Kalifornien, Harvard und Princeton. Insgesamt sammelt er für seinen Wahlkampf 750 Millionen Dollar an Spenden – 100 Millionen mehr, als Bush und Kerry 2004 zusammen eingeworben hatten. Obama gewinnt die Wahl und bekleidet von 2009 bis 2017 das höchste Staatsamt der USA. Am liebsten isst er Linguine mit Garnelen. Zu den Büchern, die ihm am meisten gefallen, zählt der Walfänger-Roman Moby Dick. Was mag ihn an Melvilles Geschichte faszinieren? Sieht er vielleicht in Kapitän Ahab, dem ein weißer Wal das linke Bein abgerissen hat und der das Tier aus Rache zur Strecke bringen will, ein Sinnbild für George Bushs Reaktion auf die Terroranschläge des 11. September 2001? Für Ahabs Verstümmelung ist letztlich dessen eigene grenzenlose Gier nach Walfleisch verantwortlich, sein 75
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blindwütiger Hass auf den weißen Meeressäuger stürzt ihn ins Verderben. Analog dazu befindet sich Amerika nach Bushs Amtszeit in einer seiner tiefsten Krisen – der Kampf gegen alQaida und Saddam Hussein hat das Staatsdefizit in astronomische Höhen katapultiert und das weltweite Ansehen der Nation schwer beschädigt. Die nächsten Jahre liegt das Schicksal von über 300 Millionen US-Bürgern in Obamas Händen. 71 % von ihnen trauen ihm zu, die Wirtschaftskrise zu meistern, 62 % glauben, dass er die amerikanischen Truppen im Irak nach Hause holen kann. 111 Die Erwartungen, die sich an seine Präsidentschaft knüpfen, sind immens. Kein Wunder, dass sich zu seiner Vereidigung vor dem Kapitol 1,8 Millionen Menschen versammeln. Obamas Buch The Audacity of Hope trägt den Untertitel Thoughts on Reclaiming the American Dream. Der Ausdruck „American Dream“ taucht erstmals prominent in dem 1931 erschienenen Buch The Epic of America von James Truslow Adams auf. Adams versteht darunter den Traum von einem Land, in dem es allen Menschen besser geht, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Diese Verheißung lockt zahlreiche Einwanderer nach Amerika. Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden viele von ihnen vor den Toren der Neuen Welt von der Freiheitsstatue begrüßt, deren offizieller Titel La liberté éclairant le monde (Die Freiheit erleuchtet die Welt) lautet. Die 46 Meter hohe Kupferplastik mit der brennenden Fackel ist ein Geschenk des französischen Volkes zur Erinnerung an die Unabhängigkeitserklärung, mit der sich die dreizehn britischen Kolonien Nordamerikas im Juli 1776 vom Mutterland lossagen. Die Prinzipien der Erklärung liegen auch den Ideen zugrunde, die der anarchistische Philosoph Henry David Thoreau in seinem 1849 veröffentlichten Vortrag Resistance to Civil Government entwickelt und die Mahatma Gandhi später tief beeindrucken. Was Obama unter dem Amerikanischen Traum versteht, erläutert er am 28. August 2008 in seiner Rede auf 111
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Newsweek-Umfrage vom Januar 2009.
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dem Parteitag der Demokraten: die Freiheit jedes Einzelnen, das eigene Leben so zu gestalten, wie er es möchte, gepaart mit der Verpflichtung, die anderen mit Würde und Respekt zu behandeln. 1955 erhält der in der Schweiz geborene Fotograf Robert Frank als erster Europäer ein Guggenheim-Stipendium. Er nutzt das Geld, um kreuz und quer durch Amerika zu reisen. Dabei belichtet er über 750 Filme. Unter dem Titel The Americans werden 83 der Aufnahmen später als Buch publiziert – ein fotografisches Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft. Jack Kerouac, Kultschriftsteller der Beatgeneration, bemerkt in seinem Vorwort zu dem Band: „Wer diese Bilder gesehen hat, weiß am Ende nicht mehr, was trauriger ist, eine Jukebox oder ein Sarg.“ 112 In ihren Autos eingekapselt, jagen Franks Amerikaner ihrem individuellen Glück hinterher. Seine Fotos zeigen die materialistische Variante des Amerikanischen Traums: die Wahnvorstellung, dass jeder zum Millionär aufsteigen kann. Es ist die Kehrseite des modernen Individualismus, der eben nicht nur freie Menschen, sondern auch geldhungrige Egoisten ohne Gewissen hervorbringt. Diese typisch amerikanische Goldgräbermentalität ist dafür verantwortlich, dass die globale Finanzkrise des 21. Jahrhunderts ihren Ursprung in den USA nimmt. Das Bankendesaster belastet die Handlungsfähigkeit des neuen Präsidenten erheblich: Zwischen November 2008 und Februar 2009 steigt die Zahl der arbeitslosen Amerikaner um 2,6 Millionen; viele von ihnen landen direkt in der Obdachlosigkeit, da soziale Auffangsysteme nach europäischem Vorbild fehlen. Auch außenpolitisch steht Obama vor einem Scherbenhaufen. Nicht nur Afghanistan, Irak, Iran, Israel und Russland bereiten ihm Kopfzerbrechen. Schon nach wenigen Wochen sieht er sich angesichts der Menschenrechtsverletzungen der Vorgängerregierung einer Zerreißprobe ausgesetzt: Er will das Militärgefäng112
Jack Kerouac: Introduction. In: R. Frank: The Americans. New York 1978. S. 5.
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nis von Guantánamo schließen und Aufklärung betreiben. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass höchste Regierungsmitglieder persönliche Verantwortung tragen. Würde er sie strafrechtlicher Verfolgung aussetzen, drohte nicht weniger als die Erosion der amerikanischen Gesellschaft. Wie sieht nun Obamas Bilanz nach zwei Amtszeiten aus? Die wirtschaftliche Krise und die Arbeitslosigkeit hat er in den Griff bekommen. Mit der staatlichen Krankenversorgung Obamacare hat er für amerikanische Verhältnisse eine historische Tat vollbracht. Nach anfänglichem Zögern hat er sich auch vehement gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben und für ihre Rechte eingesetzt. Als der Oberste Gerichtshof im Juni 2015 urteilt, dass gleichgeschlechtliche Paare ein Anrecht darauf haben, eine Ehe zu schließen, lässt Obama das Weiße Haus in Regenbogenfarben anstrahlen und begrüßt die Entscheidung nachdrücklich: Heute Morgen hat der Supreme Court anerkannt, dass die Verfassung Ehegleichheit garantiert. Damit haben sie nochmals bestätigt, dass alle Amerikaner denselben Schutz des Gesetzes genießen; dass alle gleich zu behandeln sind, ganz gleich, wer sie sind oder wen sie lieben. […] Und dieses Urteil ist ein Sieg für Amerika. Diese Entscheidung bestätigt, woran Millionen Amerikaner bereits von Herzen glauben: Wenn alle Amerikaner gleich behandelt werden, sind wir alle freier.
Doch Obamas Präsidentschaft prägen auch nicht zu vernachlässigende Schattenseiten. Insbesondere der Obama bereits 2009 verliehene Friedensnobelpreis dürfte verfrüht gewesen sein. Zwar haben sich die USA etwas weniger martialisch ins Weltgeschehen eingemischt als zuvor. Sie haben auch am Iranabkommen mitgearbeitet, anstatt das vorderasiatische Land als Hort des Bösen zu beschimpfen, und sie haben eine Annäherung an Kuba bewerkstelligt, die jahrzehntelang undenkbar war. Gleichzeitig weisen amerikanische Drohneneinsätze beunruhigende moralische Untiefen auf. 113 Das Beispiel Ukraine 113
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Vgl. z. B. Matthias Bartsch/Maik Baumgärtner/Nikolaus Blome/Tho-
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Rede von Barack Obama anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises, Oslo, 2009
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zeigt, dass sich die USA nach wie vor in die inneren Angelegenheiten fremder Staaten einmischen: Ein geleaktes Telefonat von US-Diplomatin Victoria Nuland sorgt nicht nur wegen ihrer Äußerung „Fuck the EU“ für Aufregung. Ihre Forderung, Witalij Klytschko solle keinen Posten in einer neuen Regierung erhalten, bedeutet zudem eine dreiste Missachtung demokratischer Prinzipien. 114 Nicht zuletzt ist natürlich an die NSAAffäre rund um die Enthüllungen Edward Snowdens zu erinnern, die unter anderem beweist, in welch gigantischem Ausmaß die USA Regeln des persönlichen Datenschutzes mit Füßen treten. 115 Für ein Land, das sich als Bollwerk von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit begreift, sind das erschütternde Armutszeugnisse. Seinen ersten Wahlsieg verdankt Obama nicht zuletzt Sarah Palin, McCains peinlicher Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin. Die Frage nach ihren außenpolitischen Erfahrungen beantwortet die 44-jährige Gouverneurin von Alaska damals mit der geografischen Nähe ihres Bundesstaats zu Russland. Woche für Woche zieht Saturday-Night-Live-Star Tina Fey ihre zahlreichen Patzer genüsslich durch den Kakao. Viele fürchten sich vor der Aussicht, die Hockey-Mom vom Polarkreis könnte einen siegreichen, aber alten und kranken McCain schon nach kurzer Zeit im Amt des US-Präsidenten beerben. Palin ist seinerzeit die bislang erschütterndste Ausgeburt eines mas Darnstädt/Matthias Gebauer/Hubert Gude/Marcel Rosenbach/Jeremy Scahill/Jörg Schindler/Fidelius Schmid/Holger Stark/Alfred Weinzierl: Der Krieg via Ramstein. Wie stark unterstützt Deutschland Obamas Drohneneinsätze gegen Terroristen? Geheime Pläne belegen die elementare Rolle der US-Militärbasis in der Pfalz. In: Der Spiegel. 2015, Heft 17. S. 20–26; Betcy Jose: Gezielte Tötungen. Auf dem Weg zu einer globalen Norm? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 66 (2016), Heft 35–36. S. 33–38. 114 Vgl. Johannes Kuhn: Malheur mit vier Buchstaben. In: Süddeutsche.de vom 7. Februar 2014, www.sueddeutsche.de/politik/fuck-the-eu-affaeremalheur-mit-vier-buchstaben-1.1882223, abgerufen am 16. Juni 2017. 115 Vgl. Marcel Rosenbach/Holger Stark: Der NSA-Komplex. Edward Snowden und der Weg in die totale Überwachung. München 2014.
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politischen Systems, in dem Hollywood-Schauspieler wie Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger in höchste Ämter gewählt werden, weil Spitzenkandidaten hier nur dann eine Chance haben, wenn sie über ein fotogenes Gesicht und ein dickes Bankkonto verfügen. 116 Doch mittlerweile ist eine Situation eingetreten, die alle mit Palin verbundenen Befürchtungen in den Schatten stellt: Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten heißt Donald J. Trump. Offenbar verwechseln zahlreiche Wähler seine Ignoranz, Dreistigkeit und Unverschämtheit mit Authentizität. 117
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Zur unseriösen Marketingorientierung US-amerikanischer Wahlkämpfe vgl. schon Vance Packard: Die geheimen Verführer. Der Griff nach dem Unbewussten in jedermann. Düsseldorf 1958. S. 217–239. 117 Vgl. Torben Lütjen: Amerika im Kalten Bürgerkrieg. Wie ein Land seine Mitte verliert. Darmstadt 2020. S. 71–107.
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Donald Trump Bereits den Wahlkampf zieht Trump auf ein unerträglich unwürdiges Niveau herab. Seine Konkurrenten bei den republikanischen Vorwahlen und auch seine demokratische Gegnerin Hillary Clinton attackiert er mit persönlichen Beleidigungen. Am 24. Oktober 2016 veröffentlicht die New York Times eine Auflistung seiner giftigen Twitter-Ausfälle und benötigt dafür eine komplette Doppelseite. Den republikanischen Gegenkandidaten Jeb Bush macht Trump als „Heuchler“ und „Trottel“ (sad sack) nieder, über Carly Fiorina lästert er in einem Interview mit dem Musikmagazin Rolling Stone, wegen ihres Aussehens würde niemand sie wählen, Marco Rubio stempelt er als faules Leichtgewicht ab, das auf der Bühne wie ein kleiner Junge wirke, und Hillary Clintons Namen verwendet er fast nie, ohne das Attribut „betrügerisch“ (crooked) davorzusetzen. Doch damit nicht genug. Als die Fox-News-Reporterin Megyn Kelly ihn in einer Fernsehdebatte mit der Vorhaltung in die Enge treibt, er habe Frauen, die er nicht möge, als „fette Schweine“, „Hündinnen“, „Schlampen“ und „widerliche Tiere“ bezeichnet, kartet Trump später auf Twitter zurück: Er würde Kelly nicht als „Tussi“ (bimbo) titulieren, denn das wäre politisch nicht korrekt, er nenne sie nur eine „journalistische Dünnbrettbohrerin“. Natürlich verstehen seine Follower, dass er Kelly trotzdem für eine Tussi hält. Nicht zu vergessen ist, dass Trump in der fraglichen TV-Debatte geantwortet hatte, Political Correctness gehöre zu den großen Problemen der USA – ohne Zweifel ein harter Schlag ins Gesicht der amerikanischen Frauenrechtsbewegung. 83
Donald Trump
Der Top-Journalist Serge Kovaleski, der an einer körperlichen Behinderung leidet, entlarvt Trumps Behauptung, tausende amerikanische Muslime hätten nach den Terroranschlägen vom 11. September ausgelassen gefeiert, als Erfindung. Anstatt seine antimuslimische Hetze einzustellen, äfft Trump die angeborene Fehlbildung des Reporters bei einem Wahlkampfauftritt in entwürdigender Weise nach. Als die dreifache Oscar-Preisträgerin Meryl Streep bei den Golden Globe Awards im Januar 2017 einen Preis für ihr Lebenswerk erhält, nimmt sie in ihrer Dankesrede zu Trumps Entgleisung kritisch Stellung. Ergreifend warnt sie, respektlose Äußerungen von hochrangigen Persönlichkeiten würden zu respektlosem Verhalten im Alltag anstacheln. Umgehend twittert Trump: „Meryl Streep, eine der meistüberschätzten Hollywood-Schauspielerinnen, kennt mich nicht, aber griff gestern Abend bei den Golden Globes an. Sie ist eine . . . . .“ Die Endphase des Wahlkampfs, dominiert von den drei TVDuellen zwischen Trump und Clinton, gleitet schließlich in eine Schlammschlacht übelster Sorte ab. Der Economist wirft Trump deshalb vor, die politische Kultur der USA mit dem Schlagring zu zertrümmern. 118 Das zweite Duell, das von Fragen aus dem Publikum bestimmt wird und in dessen Verlauf Trump androht, Clinton im Fall seines Wahlsiegs ins Gefängnis werfen zu lassen, gewinnt am Ende – Ken Bone. Durch seine freundliche Stimme und sein biederes Outfit (schwarzgeränderte Brille, weißer Schlips, blütenreines Hemd, knallroter Strickpullover) bringt der unauffällige Durchschnittsbürger aus dem Auditorium, der eine energiepolitische Frage stellt, einen Moment gelassener Ruhe in die angeheizte Atmosphäre und wird dafür nach der Sendung von den Fernsehzuschauern mit Sympathiebekundungen überhäuft. 118
Vgl. Anonym: The debasing of American politics. Healthy democracies depend on unwritten rules. The Republican nominee has trampled all over them. In: The Economist vom 15. bis 21. Oktober 2016. S. 11.
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Die absoluten Höhe- oder besser Tiefpunkte des abscheulichen Wahlkampfspektakels: Trump gerät ins Schlingern, weil die Washington Post eine Tonaufnahme publik macht, in der er sich brüstet, Frauen ungefragt zwischen die Beine fassen zu können. Damit ist sein misogyner Charakter endgültig entlarvt. Unglaublich, aber wahr – in seiner grenzenlos breitschultrigen Art behauptet Trump dennoch, niemand habe vor Frauen mehr Respekt als er. Hillary Clinton erleidet einen herben Rückschlag, als FBI-Chef James Comey zwei Wochen vor der Wahl verkündet, voraussichtlich würden die Ermittlungen wegen Clintons E-Mail-Affäre wiederaufgenommen. 119 Zwar stellt Comey die Nachforschungen kurz vor dem Wahltag ein, möglicherweise kostet sein Vorstoß Clinton aber trotzdem den Sieg. Der Wettstreit zwischen Trump und Clinton legt noch eine andere Untiefe offen: „The Donald“ nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau. Faktenchecks 120 auf Plattformen wie PolitiFact ergeben, dass 70 % seiner politischen Kernaussagen irreführend oder sogar dem Reich erfundener Märchen zuzurechnen sind. Ein erhellendes Beispiel dafür liefern Trumps Angriffe auf die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. In einem Interview mit dem Fernsehsender CBS vom Oktober 2015 äußert Trump, dessen Vorfahren aus dem kleinen pfälzischen Winzerort Kallstadt stammen, er habe Merkel immer für eine großartige Führungspersönlichkeit gehalten, aber ihre Entscheidung, Flüchtlinge nach Deutschland zu lassen, sei „wahnsinnig“ (insane). Und er prophezeit, es werde in Deutschland Aufstände geben. Am 15. August 2016 legt er während einer Wahlkampfrede in Youngstown/Ohio nach: Hillary Clinton möchte Amerikas Angela Merkel werden, und Sie wissen, was für ein Desaster diese massive Immigration für Deutschland und die deutsche Bevölkerung bedeutet – die Krimi119
Vgl. James Comey: A Higher Loyalty. Truth, Lies, and Leadership. New York 2018. S. 188–210. 120 Vgl. dazu Lucas Graves: Deciding What’s True. The Rise of Political Fact-Checking in American Journalism. New York 2016.
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Rede von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump beim Nominierungsparteitag der Republikaner, Cleveland/Oh., 2016
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nalität ist auf Werte gestiegen, von denen niemand dachte, sie jemals zu erleben. Es ist eine Katastrophe.
Das ARD-Magazin quer hält mit Zahlen dagegen, die belegen, dass Trumps Situationsbeschreibung der Wirklichkeit nicht standhält. Zwischen 2014 und 2015 habe sich die Mordrate in Deutschland um 2,9 % verringert, während sie in den USA um 6,2 % angewachsen sei; Fälle von sexueller Gewalt seien im selben Zeitraum in Deutschland um 4,4 % zurückgegangen und in den USA um 9,6 % gestiegen; Schusswaffendelikte hätten sich in Deutschland um 6,1 % reduziert, in den USA dagegen um 2,9 % erhöht. 121 Eine noch deutlichere Sprache spricht die Zahl der Massenschießereien seit 2015 und die Anzahl der damit verbundenen Todesopfer: In Deutschland habe sich ein einziges solches Ereignis zugetragen, nämlich der Amoklauf von München am 22. Juli 2016 mit neun Toten. In den USA zähle die Statistik 43 derartige Verbrechen, bei denen 280 Menschen ums Leben gekommen seien. Das modische Gerede von einem „postfaktischen Zeitalter“ verdankt sich nicht zuletzt den realitätsfernen Äußerungen Trumps. In dieses Schema fügt sich nahtlos die Bemerkung seiner Beraterin Kellyanne Conway ein, das neue Weiße Haus habe, als es die Besucherzahlen bei Trumps Amtseinführung viel zu hoch ansetzte, eben „alternative Fakten“ präsentiert. Doch den Gipfel der Unverfrorenheit leistet sich Trump selbst, 121
Die Veränderungen von 2015 auf 2016, die noch nicht erhoben waren, als Trump seine Kritik äußerte, stellen sich wie folgt dar: In Deutschland steigt die Zahl der Morde in diesem Zeitraum um 112 (17 %) und die Zahl der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen um 897 (12,8 %) (vgl. Bundesministerium des Innern (Hg.): Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016. Berlin 2017. S. 8, 12). In den USA erhöhen sich die Morde im ersten Halbjahr 2016 um 5,2 % und die Vergewaltigungen um 4,4 %. Für das Gesamtbild entscheidend ist, dass die Mordrate in den USA durchschnittlich gut fünfmal so hoch ist wie in Deutschland: Zwischen 2000 und 2011 betrug sie in Deutschland 0,97 Morde pro 100.000 Einwohner, in den USA dagegen 5,47 Morde pro 100.000 Einwohner (vgl. UNODC Global Study on Homicide 2013. Wien 2014. S. 126, 132).
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indem er am 17. Februar 2017 twittert: „Die FAKE-NEWSMedien (Versagen @nytimes, @NBCNews, @ABC, @CBS, @CNN) sind nicht meine Feinde, sie sind die Feinde des amerikanischen Volkes!“ Dieses skandalöse Statement veranlasst sogar George W. Bush, die Öffentlichkeit zu suchen, um die Medien in Schutz zu nehmen und den Wert der Pressefreiheit hochzuhalten. Das ist auch bitter nötig, denn unter Donald Trump ist dieses Grundrecht, das der erste Zusatz zur Verfassung der USA garantiert, in realer Gefahr. 122 Welche Vorstellung vom Amerikanischen Traum leitet Trump als Präsidenten? Was sind seine politischen Ziele und gesellschaftlichen Visionen? Einen ersten Vorgeschmack darauf liefert seine Antrittsrede am 20. Januar 2017, in der Trump die versammelte Washingtoner Elite verunglimpft und Gedanken äußert, die den paranoiden Pamphleten eines David Lane entnommen sein könnten: Die heutige Zeremonie hat aber eine ganz besondere Bedeutung. Heute übertragen wir nämlich nicht nur die Macht von einer Regierung auf eine andere oder von einer Partei auf eine andere, sondern wir übertragen Macht aus Washington, D. C. und geben sie Ihnen zurück – dem Volk. Viel zu lange hat eine kleine Gruppe in der Hauptstadt unseres Landes die Früchte des Regierens eingeheimst, während das Volk die Kosten dafür getragen hat. Washington blühte – aber das Volk hatte keinen Anteil an diesem Reichtum. Politiker lebten im Wohlstand – doch die Arbeitsplätze wanderten ab und die Fabriken schlossen. Das Establishment beschützte sich selbst, aber nicht die Bürger unseres Landes.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt glänzt der neue Präsident durch Aktionismus. Noch am selben Tag unterzeichnet er ein Dekret zu Kostenersparnissen im staatlichen Gesund122
Vgl. auch Markus Feldenkirchen: Fake News. Seit Donald Trump die Medien zu „Volksfeinden“ erklärt hat, kämpfen die Journalisten im Presseraum des Weißen Hauses um ihren Platz im neuen Amerika. In: Der Spiegel. 2017, Heft 12. S. 76–80.
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heitssystem. Am 25. Januar folgt die Anordnung, eine Mauer entlang der mexikanischen Grenze errichten zu lassen, und am 27. Januar die als „Muslim Ban“ bekannte Executive Order 13769. In Deutschland schwärmt CSU-Chef Horst Seehofer, diese atemberaubend schnelle Umsetzung von Wahlversprechen sei vorbildlich. Doch ähnlich wie Seehofers Prestigeprojekte Betreuungsgeld und PKW-Maut gerät Trumps Einreisestopp mit geltendem Recht in Konflikt. Er löst chaotische Zustände an den Grenzen aus und führt zu unmenschlichen Konsequenzen. Als ein Bundesrichter das Dekret am 3. Februar aussetzt, reagiert Trump auf Twitter äußerst gereizt: „Die Urteilsbegründung dieses so genannten Richters, die unser Land erheblich an der Strafverfolgung hindert, ist lächerlich und wird aufgehoben werden!“ Verglichen mit diesem Tweet, erscheinen alle persönlichen Beleidigungen, die Trump im Wahlkampf verbreitet hatte, harmlos: Es ist ein hochgradig besorgniserregender Frontalangriff auf rechtsstaatliche Prinzipien, einen unabhängigen Richter als „so-called judge“ herabzuwürdigen. Ein US-amerikanischer Präsident, der so etwas äußert, beschädigt nicht nur die politischen Fundamente seines Landes; er gibt auch unverhohlen eine verfassungsfeindliche Gesinnung zu erkennen. Solche Aggression liegt haargenau auf der Linie von Stephen Bannon, Trumps ultrarechtem Einflüsterer im Weißen Haus. Gegenüber dem Historiker Ronald Radosh hatte Bannon 2013 geäußert, er wäre Leninist – Lenin hätte den Staat zerstören wollen und das wäre auch sein Ziel. 123 In außenpolitischen Zusammenhängen gibt sich Trump in den ersten Wochen seiner Amtszeit ebenfalls überheblich und unversöhnlich. Reihenweise brüskiert er fremde Staatsober-
123
Vgl. Markus Becker/Uwe Buse/Clemens Höges/Peter Müller/Gordon Repinski/Mathieu von Rohr/Thomas Schulz: Mephistos Plan. Kann Donald Trump das Land zu einer Autokratie umbauen? Widerstand walzt er nieder, als könnte er die ganze Welt verändern. Er folgt den Ideen seines Chefstrategen: Der Populist Stephen Bannon ist jetzt der gefährlichste Mann Amerikas. In: Der Spiegel. 2017, Heft 6. S. 11.
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häupter, was Saturday Night Live zu einer bissigen Persiflage reizt. Bereits in den vorangegangenen Wochen hatte Alec Baldwin in der Sendung als Donald Trump seine Paraderolle gefunden. Jetzt sitzt er am Schreibtisch des Oval Office und ist in der Stimmung, andere zum Ausflippen zu bringen. Angestiftet von Bannon, der im Todeskostüm auftritt, ruft er nach und nach verschiedene Regierungschefs an. Dem australischen Premierminister Malcolm Turnbull wirft er an den Kopf: „America first, Australia sucks“, Mexikos Präsidenten Nieto beleidigt er als „bad hombre“, Angela Merkel versucht er mit der Bemerkung zu provozieren, die Berliner Mauer habe nicht standgehalten. Bannon schlägt vor, noch ein zufälliges, unbedeutendes Land anzurufen, um zu zeigen, wer der Boss ist. In Simbabwes Präsidenten Mugabe findet Trump dann aber seinen Meister. Mugabe droht, ihm die Wirbelsäule herauszureißen und aus seinem Schädel zu trinken. Trump sei eine kleine weiße Nutte, die nicht einmal eine Treppe hinuntergehen könne. Für autoritäre Machthaber wie Wladimir Putin, Ägyptens Staatschef al-Sisi oder den philippinischen Präsidenten Duterte hegt Trump augenscheinlich mehr Sympathien als für die westlichen Bündnispartner der USA. Selbst den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un bezeichnet er in einem CBS-Interview Ende April 2017 als „ziemlich kluges Köpfchen“ (pretty smart cookie). Was ihn selbst betrifft, ist aber wohl einem Kommentator der New York Times zuzustimmen, der Trump vor allem als infantilen Charakter beschreibt. 124 Trump sei auf dem Niveau eines siebenjährigen Jungen stehengeblieben, der durch sein Klassenzimmer tobe. Er verfolge keine konsistente Stra-
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Vgl. David Brooks: When a child is leading the world. In: The New York Times vom 16. Mai 2017. S. A27. Zu Trumps Persönlichkeitsstruktur vgl. auch Bandy X. Lee (Hg.): The Dangerous Case of Donald Trump. 27 Psychiatrists and Mental Health Experts Assess a President. New York 2017; zum Innenleben des Weißen Hauses unter seiner Führung Michael Wolff: Fire and Fury. Inside the Trump White House. New York 2018.
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tegie, sei unberechenbar und trete in fast jedes Fettnäpfchen. Diese Analyse deckt sich mit den Aussagen von Trumps Nichte Mary in deren jüngst veröffentlichtem Buch Too Much and Never Enough (2020). 125 Im Interview mit dem Spiegel warnt die promovierte Psychologin, das Zusammenspiel der Pathologien und der Macht ihres Onkels sei „äußerst gefährlich“. Trump habe „eindeutig nicht die intellektuelle Kapazität oder die Impulskontrolle“ 126, um ihm vertrauen zu können. Als die Quinnipiac University US-Amerikaner fragt: „Welches Wort kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie an Donald Trump denken?“, fallen am häufigsten die Ausdrücke „Idiot“ (idiot), „inkompetent“ (incompetent) und „Lügner“ (liar). Der narzisstische Rüpel im Weißen Haus versinkt auch immer tiefer im Morast der Ermittlungen zu den Russlandverbindungen seines Wahlkampfteams, die er regelmäßig als „Hexenjagd“ (witch hunt) geißelt. Derweil ordnet sich die Welt um ihn herum neu. Unmittelbar nach Trumps unverschämten Auftritten bei EU, NATO und G7 Ende Mai 2017 stellt Angela Merkel auf einer Wahlkampfveranstaltung in München Trudering ernüchtert fest: Und die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt. Und deshalb kann ich nur sagen, wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.
Am 1. Juni gibt Trump bekannt, dass die USA das Pariser Klimaabkommen aufkündigen werden. Die Reaktionen sind gesalzen. Der Spiegel titelt: „Triumph der Dummheit“, US125
Mary Lea Trump: Too Much and Never Enough. How My Family Created the World’s Most Dangerous Man. London, New York, Sydney, Toronto, Neu-Delhi 2020. 126 Marc Pitzke/Mary Lea Trump: „Menschen sterben, weil Donald versagt hat“. Ein inkompetenter Geschäftsmann und Narzisst, dem nicht mal der Tod des eigenen Bruders etwas ausmachte, so beschreibt Mary Trump ihren Onkel, den US-Präsidenten. Sie hält ihn für gefährlich – und warnt ihre Landsleute davor, ihn zu wählen. In: Der Spiegel. 2020, Heft 32. S. 86.
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Musiker John Legend twittert: „Wir müssen dieses Arschloch stoppen“, und Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling teilt eine Schlagzeile des Berliner Kuriers: „Erde an Trump: Fuck you!“ Die ehemalige irische Präsidentin Mary Robinson, Mitglied des UN-Ältestenrats, hatte schon im November 2016 geäußert: Wenn Trump aus dem Abkommen aussteige, müssten die USA als Schurkenstaat (rogue state) eingestuft werden. Unmittelbar nach Trumps Wahl hatte Merkel die Bedingungen einer engen Zusammenarbeit mit den USA definiert: die gemeinsamen Werte Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. Es sind Werte, die den Geist der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung atmen. Ähnlich äußert sich Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland am 6. Juni 2017 in einer Grundsatzrede im kanadischen Unterhaus: Der Rückzug der USA als Führungsnation zwinge die anderen Staaten der freien Welt, ihren eigenen souveränen Weg zu verfolgen. Es sei jetzt an Kanada, Standards dafür zu setzen, wie Frauen, Schwule und Lesben, Transgender sowie ethnische, kulturelle und religiöse Minderheiten behandelt werden. Mittlerweile neigt sich Trumps Amtszeit ihrem Ende zu. Berüchtigt sind seine Handelskriege gegen die EU und China. 2018 kündigt er das internationale Atomabkommen mit dem Iran auf und zieht seine Zustimmung zur Abschlusserklärung des G7-Gipfels zurück. Während eines Telefongesprächs im Juli 2019 fordert Trump den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, ein Untersuchungsverfahren gegen Hunter Biden einzuleiten. Hunter ist der Sohn des ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, der als demokratischer Favorit für die Präsidentschaftswahl 2020 gilt. In zahlreichen öffentlichen Anhörungen des US-Repräsentantenhauses stellt sich heraus, dass Trump in der „Ukraine-Affäre“ seine Macht missbraucht und die Untersuchungen des Kongresses behindert hat. Dennoch wird ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsiden92
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ten von der republikanischen Senatsmehrheit niedergeschlagen. Mitt Romney, der bei den Präsidentschaftswahlen 2012 gegen Barack Obama angetreten war, stimmt als einziger republikanischer Senator für Trumps Verurteilung. Seine Gründe legt er vor dem Plenum wie folgt dar: Der Präsident hat eine fremde Regierung dazu aufgefordert, seinen politischen Rivalen zu verfolgen. Um sie dazu zu zwingen, hat der Präsident dieser Regierung wichtige militärische Mittel vorenthalten. Der Präsident hat Zahlungen an einen amerikanischen Verbündeten hinausgezögert, der sich im Krieg mit russischen Angreifern befindet. Die Ziele des Präsidenten waren rein persönlich und politisch. Dementsprechend hat der Präsident das öffentliche Vertrauen in ungeheuerlicher Weise missbraucht. Was er getan hat, war nicht richtig. Nein, es war ein eklatanter Angriff auf unser Wahlrecht, unsere nationale Sicherheit und unsere Grundwerte. Eine Wahl zu korrumpieren, um sich im Amt zu halten, ist vielleicht die missbräuchlichste und folgenschwerste Verletzung des Amtseids, die ich mir vorstellen kann.
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie erweist sich Trump schließlich als katastrophaler Krisenmanager. Anfangs erklärt er das Virus sogar zu einer Erfindung der Demokraten. Anstatt die US-amerikanische Bevölkerung in dieser bedrohlichen Krise zusammenzuführen, spaltet er sein Land auf aggressivste Weise. 127 Die Widersprüche, in die er sich dabei verstrickt, sind selbst für seine Verhältnisse abgründig. Dass der Wirtschaftseinbruch und die Arbeitslosenquote in den USA nie dagewesene Werte erreichen, während die Zahlen der Corona-Infizierten und -Toten die mit weitem Abstand weltweit höchsten sind, lässt ihn persönlich offenbar völlig kalt. 128
127
Vgl. z. B. Guido Mingels/Roland Nelles/Ralf Neukirch/René Pfister/ Marc Pitzke: Die zornigen Staaten von Amerika. In: Der Spiegel. 2020, Heft 24. S. 10–19. 128 Vgl. auch Bob Woodward: Rage. New York, London, Toronto, Sydney, Neu-Delhi 2020.
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Doch wie steht es um die Entwicklung des US-amerikanischen Rechtsextremismus in Trumps Regierungszeit? 12. August 2017, Charlottesville/Virginia: Der 20-jährige James Fields rast mit seinem dunklen Dodge Challenger in eine Gruppe von Gegendemonstranten, die gerade der Kundgebung „Unite the Right“ die Stirn geboten haben. Heather Heyer, eine junge Rechtsanwaltsgehilfin, kommt ums Leben. 19 weitere Menschen werden verletzt, einige von ihnen schwer. Der nationalistische Aufmarsch in der beschaulichen Universitätsstadt hatte ein breites Bündnis von Rechtsradikalen angezogen: Ku-Klux-Klan-Mitglieder, Alt-Right-Anhänger, Neonazis, Identitäre, Neokonföderierte und regierungsfeindliche paramilitärische Milizen. Vordergründig protestieren sie gegen den Beschluss des Stadtrats von Charlottesville, ein Reiterstandbild von Südstaatengeneral Robert E. Lee aus dem Emancipation Park zu entfernen. Wie das Motto der Kundgebung verrät, geht es aber eigentlich darum, die US-amerikanische extreme Rechte zusammenzuschließen. Später werden Fotos und Videos auftauchen, die Fields inmitten rechter Demonstranten zeigen – ausgerüstet mit einem Kampfschild der White-Supremacy-Gruppierung Vanguard America (VA). Als es zu bewaffneten Ausschreitungen zwischen Teilnehmern und Gegendemonstranten kommt, ruft der Gouverneur von Virginia den Notstand aus. Sicherheitskräfte lösen die Veranstaltung auf. Eingefädelt hatte die Proteste der nationalistische Blogger Jason Kessler. Ein Plakat kündigt als Redner der Demonstration unter anderem an: Richard Spencer, den Alt-Right-Aktivisten Augustus Invictus sowie Mike Enoch und Johnny Monoxide vom rechtsradikalen Blog The Right Stuff (TRS). Auch David Duke, Jeffrey Schoep, Andrew Anglin und Nathan Damigo sind nach Charlottesville gereist, um ihre Hassbotschaften zu verbreiten. Bereits in der Nacht zuvor waren mehrere hundert rechtsextreme Rassisten mit Fackeln über den Campus der University of Virginia marschiert und hatten fremdenfeindliche Parolen skandiert: „One people, one nation, end immigration“, „Jew will not replace us“, „Blood and Soil“. 94
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In einer ersten Reaktion auf die Vorkommnisse verurteilt Trump den Hass, den Fanatismus und die Gewalt „auf vielen Seiten“. 129 Politik und Presse reagieren empört, dass er die rechten Extremisten nicht beim Namen nennt. Mehrere Vorstandschefs großer Konzerne verlassen entrüstet Trumps Industrierat, darunter auch Kenneth Frazier, der mit seinem Schritt gegen Intoleranz und Extremismus Stellung beziehen will. Am 14. August lenkt Trump ein und erklärt: Rassismus ist böse. Diejenigen, die in seinem Namen Gewalt provozieren, sind Kriminelle und Verbrecher. Dazu gehören der KKK, Neonazis, White Supremacists und andere Hassgruppen, die angesichts all dessen, was uns Amerikanern lieb und teuer ist, widerwärtig erscheinen. Unsere Nation gründet auf der Wahrheit, dass wir alle gleich geschaffen sind.
Bei einer Pressekonferenz im Trump Tower rückt der Präsident aber schon am nächsten Tag von dieser Linie ab. Vor allem der Fackelzug am Vorabend der Ausschreitungen (der von Richard Spencer organisiert worden war) habe bewiesen, dass sich unter den rechten Demonstranten auch „sehr gute Leute“ (very fine people) befunden hätten. Diesen sei es darum gegangen, friedlich gegen den Abriss eines ihnen äußerst wichtigen Standbilds zu protestieren. Wenn man ein Denkmal Robert E. Lees demontiere, könne man ebenso gut das Andenken der sklavenhaltenden Gründerväter Thomas Jefferson und George Washington in Frage stellen. 130 Diese Überlegung erinnert verdächtig an die Argumentationen von David Duke 131, der sich
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Zum Folgenden vgl. auch Bob Woodward: Fear. Trump in the White House. London, New York, Sydney, Toronto, Neu-Delhi 2018. S. 238–252. 130 Zur historischen Bewertung dieser Aussage vgl. z. B. Jennifer Schuessler: Historians question comments about statues. In: The New York Times International Edition vom 17. August 2017. S. 5. Zu den Ausschreitungen von Charlottesville vgl. u. a. Alex Altman/Michael Scherer: Bigots, boosted by the bully pulpit. In: Time. 190 (2017), Heft 8. S. 28–33; Christoph Scheuermann: Wer Wut sät. In: Der Spiegel. 2017, Heft 34. S. 16–20. 131 Vgl. D. Duke (wie Anm. 46), S. 33–35.
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In der Nacht vor der Kundgebung „Unite the Right“ marschieren Rechtsradikale mit Fackeln über den Campus der University of Virginia, Charlottesville/Va., 2017
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auch prompt via Twitter zu Wort meldet und dem Präsidenten dafür dankt, die Wahrheit über Charlottesville gesagt zu haben. In einer langen Videobotschaft hebt Duke hervor, dass Trumps politische Agenda in vielen Punkten mit seinen eigenen Zielen übereinstimme. Hatten die Organisatoren der Unite-the-Right-Kundgebung darauf spekuliert, mit ihrer Veranstaltung im siebenten Monat von Trumps Amtszeit eine enge Zusammenarbeit rechtsradikaler Gruppierungen und wachsende öffentliche Zustimmung zu erreichen, tritt am Ende das Gegenteil ein. Zahlreiche Internetprovider sperren rechte Hetzportale, Damigo zieht sich aus Identity Evropa zurück, Spencer stellt seine Auftritte an USamerikanischen Universitäten vorerst ein. 132 Für einige Demonstrationsteilnehmer hat die Sache auch ein juristisches Nachspiel. So überträgt Schoep unter dem Druck schwerwiegender Anklagepunkte die Leitung des NSM dem schwarzen Bürgerrechtler James Stern, der als ehemaliger Zellengenosse des Ku-Klux-Klan-Mörders Edgar Killen Schoeps Vertrauen gewonnen hatte. 133 Benjamin Daley vom Rise Above Movement (RAM) kassiert eine dreijährige Haftstrafe wegen gewalttätiger Ausschreitungen, und im Sommer 2019 wird Attentäter Fields zu einer Gesamtstrafe von dreißigmal lebenslänglich plus 419 Jahren Gefängnis verurteilt. 134 Dennoch reißt die Blutspur rechtsextremer Gewalt in den USA nicht ab: Anfang Januar 2018 wird der 19-jährige Student Blaze Bernstein in Orange County/Kalifornien mit zwanzig Messerstichen getötet – tatverdächtig ist sein ehemaliger Mit132
Vgl. u. a. Ryan Lenz: Things fall apart. In: Intelligence Report. Published by the Poverty Law Center. 165 (2018). S. 31–35; Brett Barrququere: Schools out. Richard Spencer took universities, protesters by storm; they adjusted and brought his speaking tour to an end. In: Intelligence Report. Published by the Poverty Law Center. 165 (2018). S. 36–39. 133 Vgl. z. B. Katie Mettler: A black man now controls a hate group. In: The Washington Post vom 3. März 2019. S. A12. 134 Vgl. Brett Barrququere: A living death sentence. In: Intelligence Report. Published by the Poverty Law Center. 167 (2019). S. 12/13.
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schüler Samuel Woodward, Mitglied der Neonazi-Terrorgruppe Atomwaffen Division (AWD), der Bernstein wegen seines jüdischen Glaubens und seiner offen gelebten Homosexualität ermordet haben soll. Am 27. Oktober 2018 erstürmt der schwer bewaffnete Alt-Right-Rassist Robert Bowers gegen 9:45 Uhr Ortszeit die Tree-of-Life-Synagoge in Pittsburgh/ Pennsylvania und erschießt dort während des Sabbat-Gottesdienstes elf Menschen, sechs weitere Personen werden verletzt. Sein Motiv: Judenhass. Genau ein halbes Jahr später, am 27. April 2019, findet Bowers in dem 19-jährigen John Earnest einen Nachahmer. Mit einem halbautomatischen Gewehr der Marke Smith & Wesson tötet Earnest eine Besucherin der Chabad-Synagoge im kalifornischen Poway und verwundet den Rabbi der Gemeinde. Zuvor hatte er auf dem anonymen Internetforum 8chan ein neunseitiges „Manifest“ hochgeladen, in dem er seine bevorstehende Tat damit rechtfertigt, dass die Juden für einen akribisch geplanten Völkermord an der „europäischen Rasse“ verantwortlich seien, und in dem er sogar Trump als einen „zionistischen, judenfreundlichen, verräterischen Schwanzlutscher“ apostrophiert. Auch Patrick Crusius, der in der texanischen Grenzstadt El Paso ein Massaker verübt, postet vorab ein Bekennerschreiben auf 8chan. In dem The Inconvenient Truth betitelten Pamphlet stellt er seinen Plan als Antwort auf die Invasion seines geliebten Texas durch Migranten dar. Lateinamerikaner würden dort bald die Macht übernehmen und die Lebensperspektiven der Weißen vernichten. Am 3. August 2019 steigt Crusius in einen anthrazitfarbenen Honda Civic und fährt von seinem Wohnort nahe Dallas bis zum mehr als 1.000 km weit entfernten El Paso. Ausgerüstet mit einer Kalaschnikow rumänischer Herkunft, betritt er dort einen Walmart-Supermarkt, wo er 22 Menschen vorwiegend lateinamerikanischer Herkunft tödlich trifft und weitere 26 verletzt. 135 135
Vgl. Graham Macklin: The El Paso terrorist attack: The chain reaction of global right-wing terror. In: CTC Sentinel. 12 (2019), Heft 11. S. 1–9.
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Am 11. August 2017, kurz vor der Unite-the-Right-Demonstration, hatte Alt-Right-Führer Spencer ein Charlottesville Statement veröffentlicht 136 – nach eigener Aussage ein „metapolitisches“ Manifest, das die Grundüberzeugungen der internationalen Neuen Rechten umreißen soll. Wer die Schriften von Simmons, Swift, Rockwell, Klassen, Butler, Beam, Lane und Duke kennt, wird in dem zwanzig Punkte umfassenden Traktat allerdings wenig Neues entdecken. Es heißt dort, Rasse sei die Grundlage von Identität. Staaten, die sich über Rasse oder Ethnie definieren, seien legitim und notwendig. Individuen, Familien, Gesellschaften und Nationen würden durch Rasse, Geschlecht, Vererbung und angeborene Begabungen geformt. Abzulehnen seien der Feminismus, sexuelle Abweichung (deviancy), das Abstreiten biologischer Gegebenheiten sowie alles, was auf gesunde Beziehungen zwischen Mann und Frau zerstörerisch wirke. Besonders erschreckend: Das vorgestellte „Programm“ gelte nicht nur für die USA, sondern auch für Europa. Hier wird deutlich, dass es sich bei aktuellen Positionen von FPÖ, Front National, AfD & Co. um US-amerikanische Importware handelt: Die „so genannte“ Flüchtlingskrise sei in Wahrheit – so das Charlottesville Statement – eine Invasion, ein Krieg ohne Waffen um Rasse, Religion, Sex und Moral, bei dem die Identität Europas auf dem Spiel stehe und der europäische Kontinent ein „weiterer Außenposten des Islam“ (another Islamic outpost) zu werden drohe. Nach dem Vorbild der US-Verfassung sollten Europäer das Recht auf uneingeschränkte Meinungsäußerung genießen (was im Klartext bedeuten würde, verfassungsfeindliche Propaganda und Volksverhetzung straffrei zu stellen). Ebenso wie die amerikanischen Bürger sollten die Europäer auch Waffen tragen dürfen, um sich und ihre Familien zu schützen und um die männliche 136
Richard Bertrand Spencer: What It Means To Be Alt-Right. A MetaPolitical Manifesto for the Alt-Right Movement. The Charlottesville Statement. 11. August 2017, https://altright.com/2017/08/11/what-it-means-tobe-alt-right, abgerufen am 18. August 2017.
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Disziplin des Jagdsports zu praktizieren. Dieser Wildwestmentalität fühlen sich offenbar schon die Anhänger der deutschen „Reichsbürger“-Szene verpflichtet 137, deren staatsfeindliche Gesinnung am verschwörungstheoretischen Gedankengut von Posse Comitatus und Sovereign Citizens Movement anknüpft. In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes hatte Trump im März 2007 dargelegt, was er unter dem Amerikanischen Traum versteht. Wohlstand, Frieden sowie Freiheit und Gerechtigkeit für alle seien die Kennzeichen dieses Traums. Die amerikanische Demokratie werde weltweit beneidet. Offenbar hat Trump das große Versprechen der amerikanischen Gesellschaft richtig aufgefasst, nur ist seine Politik nicht darauf ausgerichtet, den Traum zu verwirklichen, sondern ihn zu zerstören. In seiner Rede auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner am 27. August 2020 behauptet Trump in Anspielung auf die Freiheitsstatue, Amerika sei die Fackel, die die ganze Welt erleuchte. Die bevorstehende Präsidentschaftswahl entscheide darüber, ob der Amerikanische Traum gerettet werde oder ob, falls Biden gewinne, eine sozialistische Agenda das glückliche Schicksal der USA zertrümmere – eine scheinheilige Aussage, der die historischen Tatsachen glasklar widersprechen.
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Vgl. Bundesministerium des Innern (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2016. Berlin 2017. S. 90–97.
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Der American Dream 1916 publiziert der amerikanische Philosoph John Dewey sein Buch Democracy and Education. Dort entwirft er ein klares Bild davon, was eine lebendige Demokratie ausmacht: Vielfalt und Teilhabe aller. Unterschiedliche Lebensmodelle müssten in fruchtbaren Dialog miteinander treten, damit das Denken angeregt werde. Ein Staat, in dem sich Familien oder andere Gruppen abgrenzten, tendiere zur Erstarrung. Eine Oberschicht, die sich abschotte, bringe eine sterile Kultur hervor: Ihre Kunst verkomme zur eitlen Selbstbespiegelung, ihr Wohlstand zu unbändigem Luxus, ihr Wissen zu übertriebenem Spezialistentum, ihre Umgangsformen seien von Anspruchsdenken statt von Humanismus geprägt. Die Wissenschaft dürfe sich nicht darauf beschränken, effiziente zweckrationale Organisationsund Fertigungsprozesse zu entwickeln. Sie müsse auch die Beziehungen der Menschen zu ihrer Arbeit erforschen, damit sich die technischen, intellektuellen und sozialen Zusammenhänge der Arbeit von allen nachvollziehen ließen. Nur das könne motivieren, sonst werde Arbeit als mechanische Routine erlebt. Demokratie sei mehr als eine Staatsform – im Kern sei sie eine partizipative Lebensweise auf der Basis kommunikativ geteilter Erfahrung. 138 Dieser Vision unterliegt auch der Amerikanische Traum, wie ihn der bereits erwähnte James Truslow Adams detailliert
138
Vgl. John Dewey: Democracy and Education. New York 1916. S. 97– 102.
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ausgearbeitet hat. In der vielfach zitierten Passage von The Epic of America umreißt Adams den American Dream als jenen Traum von einem Land, in dem das Leben für alle besser, reichhaltiger und erfüllter sein soll, mit Chancen für jeden nach seinen Fähigkeiten und Leistungen. […] Es ist nicht bloß ein Traum von Autos und hohen Löhnen, sondern der Traum von einer sozialen Ordnung, in der es jedem Mann und jeder Frau möglich sein soll, in höchstem Maß das zu erlangen, wozu ihre Anlagen sie befähigen, und in der sie von anderen für das respektiert werden, was sie sind, ungeachtet der zufälligen Umstände ihrer Herkunft und ihres Status. […] Nein, der Amerikanische Traum, der im letzten Jahrhundert mehrere zehn Millionen Menschen aus allen Nationen an unsere Ufer gelockt hat, war nicht nur ein Traum von materiellem Überfluss, auch wenn das zweifellos eine wichtige Rolle spielte. Es war viel mehr als das. Es war der Traum, sich als Mann und als Frau voll entfalten zu können – ungehindert von den traditionellen gesellschaftlichen Schranken älterer Kulturen, frei von sozialen Ordnungen, die zum Vorteil bestimmter Klassen statt für das Wohl jedes Einzelnen entwickelt wurden. Und dieser Traum ist hier im tatsächlichen Leben umfassender verwirklicht worden als irgendwo sonst, wenn auch selbst bei uns sehr unvollkommen.139
Es lohnt, an dieser Stelle weiterzulesen, denn Adams befasst sich im folgenden Abschnitt mit der Zukunft. 140 Er unterstreicht, dass sich der Amerikanische Traum nur dann wahrhaft verwirklichen lasse, wenn die hässlichen Narben, die drei Jahrhunderte Ausbeutung und Eroberung hinterlassen hätten, aufgearbeitet würden. Die amerikanische Geschichte habe Verhaltens- und Denkmuster hervorgebracht, die überwunden werden müssten. Adams nennt sie konkret beim Namen: die Idee, dass Geschäft, Geld und materielle Verbesserung schon an sich wertvoll seien; ein unreflektierter Optimismus; der Hang, Kritik als hinderlich und gefährlich einzustufen; die ab139
James Truslow Adams: The Epic of America. Boston/Mass. 1931. S. 404/ 405. 140 Vgl. ebd., S. 405–412.
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Indianer am Rand des Grand Canyon, um 1920
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schätzige Beurteilung von Bildung als ineffiziente Verweichlichung; die Überbetonung des Quantitativen gegenüber Qualität und geistigen Werten. Die Eroberung immer neuer Grenzen sowie das fortwährende Ringen um stabile Lebensbedingungen hätten das Leben selbst in den Hintergrund gedrängt und eine utilitaristische Denkweise befördert. Jetzt sei es an der Zeit, nach gemeinsamen Werten zu suchen. Worin genau bestehe eigentlich ein besseres und reichhaltigeres Leben? Das Credo der großen Geschäftsleute, dass es vor allem auf Konsum ankomme, helfe hier nicht weiter. Es pferche die Menschen in eine Tretmühle. Am Ende würden die Fabrikbesitzer reicher, die Bevölkerung aber nicht glücklicher. Selbst die Intellektuellen ständen unter dem Druck, ihre Arbeit den Bedürfnissen der Geschäftswelt und dem Massenkonsum anzupassen. Wenn der Amerikanische Traum real werden solle, müsse man die Frage nach den wahren Werten menschlichen Lebens ins Zentrum rücken. Andernfalls verhalte man sich wie jemand, der die Scheune abbrenne, um den Penny im Heu zu finden. * * * Zweifellos ist die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA ein Einschnitt, national wie international. Ebenso unfassbar wie sein narzisstisches und aggressives politisches Handeln ist die Tatsache, dass knapp 63 Millionen Wählerinnen und Wähler diesem Mann ihre Stimme gegeben haben. Betrachtet man die jüngsten Entwicklungen vor dem Hintergrund des Amerikanischen Traums, erscheinen sie allerdings nicht als überraschender Betriebsunfall, sondern als Ergebnis US-amerikanischer Geschichte und Kultur. Im Zentrum steht dabei der Widerspruch der USA, sich einerseits mit rhetorischem Pathos weltweit für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte zu engagieren und diese auch in vorwurfsvollem Ton einzufordern, andererseits aber einen globalen Kapitalismus durchzusetzen, indem sie rücksichtslos hegemoniale Interessen verfolgen und sich in die inneren Ange104
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legenheiten fremder Staaten einmischen. Mit solcher Doppelzüngigkeit haben die USA die humanistischen Werte der Aufklärung in Misskredit gebracht. Hier spiegeln sich die zwei unvereinbaren Lesarten des American Dream wider: zum einen die freie Entfaltungsmöglichkeit des menschlichen Individuums, zum anderen egozentrisches Geld- und Machtstreben als oberstes Leitbild. Radikale Bewegungen von Ku-Klux-Klan bis Alt-Right haben den Humanismus auch im Inneren brutal bekämpft und bekämpfen ihn noch immer. Die eingangs erwähnte Analyse von Heinrich August Winkler stimmt an dieser Stelle mit den Befunden von Dewey und Adams überein.
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Deutschland und Europa Die Europäische Union hat jetzt die Chance, sich von den USA zu emanzipieren und in überzeugenderer Weise für Demokratie und Menschenrechte einzutreten. Doch auch in Europa, etwa in Ungarn oder Polen 141, gibt es Tendenzen, rechtsstaatliche Prinzipien abzubauen. Und auch hier nimmt der Einfluss rechtsextremer Bewegungen zu. Exemplarisch lässt sich das an Parallelen zwischen den USA und Deutschland illustrieren. Bei den Wahlen 2017 wird die rechtsgerichtete AfD mit einem Stimmenanteil von 12,6 % in den Deutschen Bundestag gewählt (alte Bundesländer und West-Berlin: 10,7 %, neue Bundesländer und Ost-Berlin: 21,9 %). Ihr Wahlerfolg verdankt sich ähnlichen Strategien wie derjenige Trumps – kalkulierter Tabubruch, Verrohung öffentlicher Debatten, Hetze und Schützenhilfe von russischer Seite. 142
141
Vgl. z. B. European Commission for Democracy Through Law (Venice Commission): Opinion on the Fourth Amendment to the Fundamental Law of Hungary. Opinion 720/2013, CDL-AD(2013)012, 17. Juni 2013; European Commission for Democracy Through Law (Venice Commission): Opinion on the Draft Act Amending the Act on the National Council of the Judiciary, on the Draft Act Amending the Act on the Supreme Court, proposed by the President of Poland, and on the Act on the Organisation of Ordinary Courts. Opinion No. 904/2017, CDL-AD(2017)031, 11. Dezember 2017; Heinrich August Winkler: Zerbricht der Westen? Über die gegenwärtige Krise in Europa und Amerika. München 2017. S. 148–159. 142 Vgl. dazu auch H. Maas (wie Anm. 10), S. 65–82.
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Björn Höcke, 2019
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Im November 2015 redet der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke auf einer Veranstaltung des Instituts für Staatspolitik, einer Denkfabrik der Neuen Rechten. Angesichts der zahlreichen in Deutschland angekommenen Flüchtlinge behauptet er dort: „Im 21. Jahrhundert trifft der lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp.“ Die damalige AfD-Bundessprecherin Frauke Petry, gefragt nach dem angemessenen Verhalten eines Polizisten bei der Grenzsicherung, äußert Ende Januar 2016 in einem Interview mit dem Mannheimer Morgen: „Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen.“ Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiert den AfDSpitzenpolitiker Alexander Gauland im Mai 2016 mit einer rassistischen Aussage über den deutschen Fußballnationalspieler Jérôme Boateng: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Im Januar 2017 bezeichnet Höcke auf einer Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) in Dresden Richard von Weizsäckers Rede zum 8. Mai 1985 als „eine Rede gegen das eigene Volk und nicht für das eigene Volk“. Unter dem Jubel der Zuhörenden fährt er fort: Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. Und anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten, weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben, […] und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht. So kann es und so darf es nicht weitergehen. […] Es gibt keine moralische Pflicht zur Selbstauflösung.
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[…] Wir brauchen nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad. 143
Jenseits des vielfach diskutierten Ausdrucks „Denkmal der Schande“ ist Höckes Gedankengang allein schon deshalb absurd, als Persönlichkeiten wie Immanuel Kant und Hannah Arendt, Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven, Johann Wolfgang von Goethe und Thomas Mann, Carl Benz, Werner von Siemens und Robert Koch alles andere als in Vergessenheit geraten sind. Ganz im Stil eines Milo Yiannopoulos ereifert sich die frisch gekürte Spitzenkandidatin Alice Weidel dann auf dem Kölner Parteitag der AfD im April 2017: „Die Politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte“. Konsequent schlussfolgert der Kabarettist Christian Ehring in der NDR-Sendung extra 3: „Jawohl, Schluss mit der Politischen Korrektheit. Lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazischlampe doch recht. War das unkorrekt genug? Ich hoffe.“ Weidel verklagt Ehring daraufhin wegen Beleidigung, unterliegt aber vor Gericht. Am 26. August 2017 spricht Gauland auf einer Wahlkampfveranstaltung davon, Aydan Özoğuz, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, in Anatolien „entsorgen“ zu wollen. Bei seinem Auftritt zum politischen Aschermittwoch 2018 hetzt André Poggenburg, damals AfD-Landesvorsitzender von Sachsen-Anhalt, gegen die Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Deutschland: „Diese Kameltreiber sollen sich dorthin
143
Diese Auffassung findet später sogar Widerhall im Programm der AfD zur Bundestagswahl 2017, wo es heißt: „Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiv identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst.“ Zu Höcke vgl. auch Melanie Amann: Angst für Deutschland. Die Wahrheit über die AfD: wo sie herkommt, wer sie führt, wohin sie steuert. München 2017. S. 139–151.
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scheren, wo sie hingehören: weit, weit, weit hinter den Bosporus zu ihren Lehmhütten und Vielweibern.“ Jede dieser Äußerungen für sich genommen ist völlig inakzeptabel. Die Aufzählung beweist, dass fremdenfeindliche und rechtsextreme Positionen in der AfD fest verankert sind. Inzwischen werden die AfD-Parteigruppen Der Flügel und Junge Alternative für Deutschland vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet 144 – die rechtsradikale Hetzzeitschrift Compact entblödet sich in diesem Zusammenhang nicht, den Verfassungsschutz mit der Stasi zu vergleichen 145. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass die zitierten Aussagen nur die Spitze des Eisbergs darstellen. So veröffentlicht der Spiegel eine E-Mail, die Peter Boehringer, mittlerweile AfDBundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Haushaltsausschusses, am 9. Januar 2016 verschickt hat. Wörtlich ist dort zu lesen: Die Merkelnutte lässt jeden rein, sie schafft das. Dumm nur, dass es UNSER Volkskörper ist, der hier gewaltsam penetriert wird. Es ist Köln hoch vier, was hier 2016 abgeht – also nicht 80 betroffene Frauen, sondern 80 hoch vier = 40 Mio Frauen! Und nochmals so viele Männer. Es ist ein Genozid, der in weniger als zehn Jahren erfolgreich beendet sein wird, wenn wir die Kriminelle nicht stoppen. 146
Diese geschmacklose Kriminalisierung der deutschen Kanzlerin ähnelt auffällig der Art und Weise, wie Hillary Clinton 2016 im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf von rechts atta144
Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2019. Berlin 2020. S. 83–89; Ansgar Siemens/Severin Weiland/Wolf Wiedmann-Schmidt: Der Höcke-Jäger. Der Verfassungsschutz hat die AfD-Gruppierung „Flügel“ als rechtsextrem eingestuft. Geheimdienstchef Thomas Haldenwang wird zur Hassfigur der Partei. In: Der Spiegel. 2020, Heft 12. S. 90/91. 145 Jürgen Elsässer/Andreas Kalbitz: Merkels Stasi jagt die AfD. In: Compact. 2018, Heft 11. S. 21–23. 146 Melanie Amann: „Die Merkelnutte lässt jeden rein“. In: Der Spiegel. 2018, Heft 7. S. 26.
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ckiert wird. „Lock her up!“, ist der von Trump angeheizte Schlachtruf zu Clintons E-Mail-Affäre. Er soll die Massen mental zu hysterischer Lynchjustiz gegen die politische Konkurrentin aufstacheln. In Deutschland ruft Compact bereits Mitte Oktober 2015 dazu auf, Angela Merkel wegen Hochverrats anzuzeigen, und stellt online einen entsprechenden Mustertext zur Verfügung. AfD-Politiker diffamieren Merkel als „Kanzlerdiktatorin“, der aufgepeitschte Mob sekundiert auf den Straßen in Nazimanier „Volksverräterin!“. Immer mehr Personen des öffentlichen Lebens erhalten Hass- und Drohmails, gegen die die Strafverfolgungsbehörden weitgehend machtlos erscheinen. 20 % aller deutschen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind davon betroffen. Nachdem Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, die AfD als verlängerten Arm des Rechtsterrorismus bezeichnet hatte, wird auch er im Oktober 2019 massiv bedroht: Dir sollte klar sein, dass Du deshalb nun auf unserer Abschussliste stehst. Und weder Dein Status als Abgeordneter noch der des Staatsministers werden Dich schützen. Du wirst nicht davonkommen. Wir werden Dich kriegen. Und das, was dann kommt, wird nicht schön für Dich. Wir werden Dir mit einem schönen scharfen Messer ein Kreuz in Dein Gesicht ritzen. So wegen Hakenkreuz, Du verstehst schon. Anschließend werden wir Dir Dein heuchlerisches Grinsen aus der Fresse schneiden. Du wirst sehen, ob Du ohne Lippen dann immer noch Lust hast, zu grinsen. Und dann werden wir Dir Deine Wampe aufschneiden. Langsam, Zentimeter für Zentimeter. Du wirst schreien vor Schmerz. Und wir schneiden immer weiter … und weiter. Bis Deine ekelhaften, stinkenden Gedärme herausquellen. Soll ja nicht so angenehm sein.
Breites Aufsehen erregt eine Kette von bislang über 60 widerwärtigen Drohschreiben, die seit 2018 mit der Unterschrift „NSU 2.0“ per Fax oder E-Mail versandt werden. Zu den Adressaten gehören unter anderem die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, die Angehörige von Opfern der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) vertreten hatte, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessi112
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schen Landtag Janine Wissler, die Kabarettistin Idil Baydar, die ZDF-Moderatorin Maybrit Illner, Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, und Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. Başay-Yıldız wird in einem Fax als „miese Türkensau“ beschimpft, und ihr wird gedroht, man werde ihre zweijährige Tochter „schlachten“. Ob alle Schreiben vom selben Absender stammen oder ob einige von „Trittbrettfahrern“ verfasst wurden, ist bislang ungeklärt. Besonders brisant: Die anonymen Botschaften enthalten persönliche Daten der Bedrohten, die nicht öffentlich zugänglich sind und die zuvor auf Computern der hessischen Polizei abgerufen worden waren. 147 In diesem Klima gedeihen konkrete Initiativen gegen Flüchtlinge und Asylbewerber. So verbreitet die rechtsradikale Partei Der III. Weg einen „Leitfaden“ mit dem Titel Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft! und stellt eine Landkarte mit den Standorten solcher Heime ins Netz. Ihre Anhängerinnen und Anhänger ermuntert sie zur Mitarbeit bei der Ergänzung der Karte: „Nur gemeinsam können wir in diesen anhaltend schweren Zeiten für unsere Lebensqualität, unseren Lebensstandard und unseren kulturellen Kreis einstehen.“ Aufgestachelt durch rechtspopulistische und -extremistische Hetze 148, kommt es auch zu zahlreichen Gewalttaten. Die Aktion Mut gegen rechte Gewalt – ein Projekt des Magazins Stern und der Amadeu Antonio Stiftung – verzeichnet auf ihrer Website Angriffe auf Asylsuchende und ihre Unterkünfte. Für das Jahr 2015 werden dort 1.249 solcher Straftaten auf-
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Vgl. Matthias Bartsch: „Verpiss dich lieber“. Rechtsextreme Chats zeigen die Gesinnung einiger Frankfurter Polizisten. Stecken die Beamten auch hinter den Morddrohungen des „NSU 2.0“? In: Der Spiegel. 2020, Heft 32. S. 32–34. 148 Vgl. z. B. Astrid Séville: Vom Sagbaren zum Machbaren? Rechtspopulistische Sprache und Gewalt. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 69 (2019), Heft 49/50. S. 33–38.
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gelistet, für 2016 sind es 3.768 und für 2017 1.715. 149 Einige konkrete Fälle: In der Nacht auf den 28. August 2015 schleudert der 30jährige Dennis Lemke aus Salzhemmendorf einen Molotowcocktail in eine Flüchtlingsunterkunft seines Wohnorts. 150 Eine Frau aus Simbabwe, die vor dem Terror Mugabes geflohen war, und ihr elfjähriger Sohn bleiben nur durch einen glücklichen Zufall unverletzt. An der Tat beteiligt sind auch der 24-jährige Sascha Dohme und die 23-jährige Saskia Börger. Der Strafprozess vor dem Landgericht Hannover legt Details zur Gesinnung des Trios offen: Lemke trägt ein Tattoo, das ein Wikingerschiff mit Odal-Rune zeigt. In der WhatsApp-Gruppe Garage Hakenkreuz hatte er unter anderem geschrieben: „Ich bin der neue Adolf!!!! Nix Zyklon B!!! Erhängt wird das Pack!!!!!!!“. Börger hatte damit geprahlt, ihrem zweijährigen Sohn die Worte „Sieg Heil!“ beigebracht zu haben. Wegen versuchter schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes verurteilt die Schwurgerichtskammer Lemke zu acht Jahren Haft, Dohme zu sieben Jahren und Börger zu viereinhalb Jahren. Allen dreien wirft sie vor, aus „nationalsozialistischem Fremden- und Rassenhass“ gehandelt zu haben. Im März 2018 verhängt der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden gegen acht Mitglieder der terroristi149
Vgl. www.mut-gegen-rechte-gewalt.de, abgerufen am 10. März 2018; Hubert Gude/Martin Knobbe/Wolf Wiedmann-Schmidt: Besorgte Brandstifter. Molotowcocktails, Schüsse, Handgranaten: Anschläge auf Flüchtlingsheime nehmen zu. In: Der Spiegel. 2016, Heft 6. S. 22/23. Zu rechtsradikalen Terrorakten in Deutschland vor 2015 und zur Vernetzung der deutschen Neonaziszene mit US-amerikanischen Organisationen wie KuKlux-Klan, Aryan Nations, Brüders Schweigen und NSDAP/AO vgl. Andrea Röpke/Andreas Speit (Hg.): Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland. Berlin 2013. 150 Vgl. Hubert Gude/Wolf Wiedmann-Schmidt: Feuer im Kinderzimmer. Ein Mann hat den Anschlag auf eine Flüchtlingswohnung in Niedersachsen gestanden. Auch ein Feuerwehrmann war dabei. In: Der Spiegel. 2015, Heft 37. S. 44/45; Julia Jüttner: Männchen mit Hakenkreuz. In: Der Spiegel. 2016, Heft 8. S. 44/45.
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schen „Gruppe Freital“ Freiheitsstrafen von zehn bis vier Jahren. Zwischen Juli und Oktober 2015 hatte die Gruppe Sprengstoffanschläge auf das Auto des Fraktionsvorsitzenden der Linken im Stadtrat von Freital, auf das dortige Parteibüro der Linken, auf zwei Flüchtlingsunterkünfte sowie auf das alternative Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ in Dresden verübt. 151 Im Dezember 2013 reicht der Bundeswehrsoldat Franco Albrecht eine Masterarbeit an der französischen Militärakademie von Saint-Cyr ein, in der er unter anderem behauptet, die Aufnahme von Flüchtlingen und Einwanderern ziele auf „die Auflösung eines Volkes“ ab. 152 Die Gutachter stufen den Text als rassistisch ein und lehnen ihn ab. Auch ein Historiker der Bundeswehr kommt zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern um einen „radikalnationalistischen, rassistischen Appell“ handele. Dennoch bleibt der Fall ohne Konsequenzen. Im Dezember 2015 gibt sich Albrecht unter dem Namen David Benjamin als syrischer Obsthändler aus und beantragt mit dieser Identität in Deutschland Asyl. Am 26. April 2017 nehmen BKA-Beamte den mittlerweile 28-jährigen Oberleutnant fest. Er wird verdächtigt, ein rechtsextremes Attentat zu planen, um es anschließend Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben. Auf einem Datenträger des Verhafteten hatte die Polizei rechtsextreme Inhalte entdeckt, in abgehörten Telefonaten hatte Albrecht gegen Ausländer und Flüchtlinge gehetzt. Äußerst besorgniserregend sind auch die rechtsradikalen Umtriebe in der Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezial151
Vgl. OLG Dresden, Urteil vom 7. März 2018, Az. 4 St 1/16. Vgl. Matthias Bartsch/Jörg Diehl/Matthias Gebauer/Martin Knobbe/ Wolf Wiedmann-Schmidt: Der hessische Syrer. Ein deutscher Soldat führte ein Doppelleben als syrischer Flüchtling und soll einen Anschlag geplant haben. In: Der Spiegel. 2017, Heft 18. S. 55; Maik Baumgärtner/Sven Becker/Jörg Diehl/Matthias Gebauer/Konstantin von Hammerstein/Frank Hornig/Ann-Katrin Müller/Fidelius Schmid: Die Eisprinzessin. Die Affäre um einen rechtsextremen Offizier zeigt, dass Teile der Streitkräfte ein Haltungsproblem haben. In: Der Spiegel. 2017, Heft 19. S. 12–19.
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kräfte (KSK). Anhaltspunkte für das Problem gibt es bereits seit 2003, als KSK-Kommandeur Reinhard Günzel die berüchtigte antisemitische Rede des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann lobt und daraufhin vom damaligen Bundesverteidigungsminister Peter Struck in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird. Im September 2017 findet das Bundeskriminalamt (BKA) dann bei dem KSK-Soldaten André Schmitt unerlaubte Waffen: Munition, Nebel- und Signalgranaten, Zünder für Handgranaten. Im Zuge der Ermittlungen gegen Franco Albrecht war man auf Schmitt aufmerksam geworden. Schließlich entdeckt das sächsische Landeskriminalamt im Mai 2020 auf einem Gehöft des mutmaßlich rechtsextremen KSK-Oberstabsfeldwebels Philipp S. ein Sturmgewehr vom Typ AK-47, 6.000 Schuss Munition sowie zwei Kilogramm Plastiksprengstoff aus KSK-Beständen. S. wird sofort festgenommen. Eine Arbeitsgruppe des Bundesverteidigungsministeriums hat inzwischen umfassende Vorschläge zur Reform des KSK vorgelegt. Nachdem seine Frau und sein Enkel bereits zu Bett gegangen sind, sitzt der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019 noch auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha. Hier wird er mit einem Kopfschuss aus unmittelbarer Nähe ermordet. Die Tatwaffe: ein schwarzer Revolver Kaliber .38 der Marke Rossi. DNA-Spuren führen drei Wochen später zu dem 45-jährigen Neonazi Stephan Ernst, der die Tat zunächst gesteht, sein Geständnis nach einem Verteidigerwechsel aber widerruft. 153 Zum Verhängnis wird Lübcke wohl eine Bürgerversammlung in Lohfelden am 14. Oktober 2015, bei der es um die Unterbringung von Flüchtlingen in einem leerstehenden Gartenmarkt
153
Vgl. z. B. Matthias Bartsch/Sven Röbel/Fidelius Schmid/Wolf Wiedmann-Schmidt/Steffen Winter: „Ein richtig böser Mensch“. Vor zehn Monaten wurde der CDU-Politiker Walter Lübcke erschossen. Nun wird sein mutmaßlicher Mörder angeklagt. Eine Rekonstruktion des Anschlags zeigt, wie gefährlich Stephan Ernst war. Die Behörden hätten den Rechtsextremisten überwachen müssen. In: Der Spiegel. 2020, Heft 17. S. 48–51.
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geht. In der ersten Reihe sitzen Vertreter des Kasseler PegidaAblegers – die Stimmung ist aggressiv. Lübcke argumentiert mit grundgesetzlich verankerten Werten und erklärt: „Wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.“ Gemeinsam mit dem befreundeten Markus Hartmann ist auch Ernst anwesend. Hartmann filmt die Szene mit seinem Handy und lädt Lübckes Äußerung aus dem Zusammenhang gerissen wenig später auf YouTube hoch. Damit provoziert er gewaltbesessene Hasskommentare wie: „Einfach an der nächsten Laterne aufhängen, Schild um den Hals: Hier hängt ein Verräter am Deutschen Volk. Der nächste wird sich das zweimal überlegen“ oder „Schädel abschlagen und in die nächste Jauchegrube kicken“. Als das ARD-Magazin Kontraste Teilnehmer einer Pegida-Demonstration im Juli 2019 befragt, ob der Mord an Lübcke sie zum Umdenken bewege, sind die Antworten ausweichend bis gleichgültig. Ein Befragter meint: „Im Vergleich zur linksextremen Gefahr ist ein Mord alle zwei, drei Jahre aus irgendwelchen Hassgründen relativ normal.“ Auf der Facebook-Seite von Pegida postet ein Nutzer mit Blick auf Lübcke: „Bei dem wär mir noch ein Müllsack zu schade.“ Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt rund 60 Personen, die sich im Netz mutmaßlich strafbar zu Lübcke geäußert haben. Einer von ihnen ist der 71-jährige Rentner Hermann R., der über Lübcke in einer Internetgruppe geschrieben hatte: „Hoffentlich ist er langsam gestorben. Für Völkermörder ist nichts anderes vorgesehen.“ Vom Kasseler Amtsgericht wird R. deshalb Mitte 2020 zu einer Geldstrafe verurteilt, dennoch bleibt er erschreckend uneinsichtig: „Warum greift unsere Justiz nicht ein, wenn unsere Politiker Scheiße bauen und Straftaten begehen? Wenn die illegale Einwanderer hier reinlassen und uns als Nazis beschimpfen. Da muss auch mal zugegriffen werden. Das mit Herrn Lübcke war normal. Der kann nicht sagen, dass wir ausreisen sollen, wenn es uns nicht passen tut.“ 154 154
Julia Jüttner: Fürchterliche Sätze. Nach dem Mord an Walter Lübcke
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Attentäter Stephan Balliet am sechsten Prozesstag im Landgericht, Magdeburg, 2020
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Zwei weitere rechtsextremistisch motivierte Morde ereignen sich kein halbes Jahr später am 9. Oktober 2019 in Halle an der Saale. 155 Es ist Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag. Um 11:54 Uhr hält der 27-jährige Stephan Balliet mit einem Mietwagen unweit der Hallenser Synagoge, richtet seine Handykamera auf sein Gesicht und spult ein offenbar vorbereitetes Statement in englischer Sprache herunter: Er glaube, der Holocaust habe niemals stattgefunden und der Feminismus sei die Ursache der sinkenden Geburtenraten in den westlichen Staaten, was wiederum als Vorwand für eine Massenzuwanderung diene. Die Wurzel all dieser Probleme sei „der Jude“. Danach befestigt Balliet das Handy an seinem Helm und fährt die restlichen Meter zur Synagoge, in der er möglichst viele Juden töten will. Das Video seiner Tat streamt Balliet live auf dem von Amazon betriebenen Gamerportal Twitch. Einer Passantin, die sich von ihm belästigt fühlt, schießt er unvermittelt in den Rücken. Die Frau sackt lautlos zu Boden. Trotz Gewaltanwendung lassen sich die schweren Holztüren der Umfassungsmauer der Synagoge nicht öffnen. Balliet steigt enttäuscht in seinen Wagen, fährt weg und bezeichnet sich selbst als Versager. Als er zufällig einen Döner-Imbiss entdeckt, stürmt er in das Geschäft und erschießt dort einen 20-jährigen Kunden. Um 13:40 Uhr wird Balliet nach einer Verfolgungsjagd an der B 91 von der Polizei festgenommen. Wie die Attentäter von Poway und El Paso war Balliet im Vorfeld seines Verbrechens tagelang auf 8chan unterwegs. Am 2. Oktober 2019 hatte er dann einen englischen „Vorbereitungsbericht“ (pre-action report) der geplanten Tat im Darknet hochgeladen, der im Stil einer Videospielanleitung abgefasst ist. Sorgsam fotografiert, präsentiert Balliet dort zunächst die verfügbaren Waffen und applaudierten Hetzer dem Täter anonym im Netz. Die ersten von ihnen stehen jetzt vor Gericht. In: Der Spiegel. 2020, Heft 27. S. 39. 155 Vgl. Andre Oboler/William Allington/Patrick Scolyer-Gray: Hate and Violent Extremism from an Online Sub-Culture. The Yom Kippur Terrorist Attack in Halle, Germany. Melbourne 2019.
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seine Munition, darunter mehrere selbstgebaute Gewehre und Pistolen, ein Langschwert sowie Rohr- und Nagelbomben. Ziel sei es, so viele Feinde der Weißen zu töten wie möglich, vorzugsweise Juden. Ganz im Duktus US-amerikanischer Rechtsextremisten formuliert Balliet: I originally planned to storm a mosque or an antifa „culture“ center, which are way less defended, but even killing 100 golems won’t make a difference, when on a single day more than that are shipped to Europe. The only way to win is to cut off the head of ZOG, which are the kikes. If I fail and die but kill a single Jew, it was worth it. After all, if every White Man kills just one, we win.
Eine Phalanx nationalistischer Propagandisten, von denen sich viele selbst als „Patrioten“ bezeichnen, befeuert diese erschreckende Entwicklung mit Verschwörungstheorien über einen angeblich in Europa geplanten „Bevölkerungsaustausch“. 156 Zu den Plattformen, die dieses Gedankengut massenweise verbreiten, gehören unter anderem die Portale Quer-Denken.TV, Politically Incorrect, Tichys Einblick, Freie Welt, Wissensmanufaktur oder Klagemauer.TV, ebenso Jürgen Elsässers Magazin Compact, die Zeitschrift Blaue Narzisse, der Amadeus Verlag in Fichtenau, der Kopp Verlag in Rottenburg sowie Götz Kubitscheks Verlag Antaios und dessen Zeitschrift Sezession. In einem Interview mit dem russischen Sender RT Deutsch redet die ehemalige Tagesschau-Sprecherin Eva Herman im Dezember 2015 von einem UN-Papier aus dem Jahr 2001, das ihr und einigen anderen Journalisten „jetzt erst zugänglich“ geworden sei und in dem ein, so wörtlich, „Bevölkerungsaustausch“ zwischen europäischen und nicht-europäischen Ländern geplant werde. Dieses Papier gibt es wirklich. 157 Allerdings ist die Studie alles andere als geheim – sie wurde 2001 156
Vgl. auch M. Amann (wie Anm. 143), S. 228–238. United Nations Secretariat, Department of Economic and Social Affairs, Population Division: Replacement Migration. Is It a Solution to Declining and Ageing Populations? ST/ESA/SER.A/206, 2001.
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für jeden erhältlich veröffentlicht. Zudem geht es dort nicht nur um die Bevölkerungsalterung Europas, sondern auch um diejenige Japans, Südkoreas, Russlands und der USA. In der deutschen Zusammenfassung des Textes, die während des Interviews kurz eingeblendet wird, taucht der Ausdruck „Bevölkerungsaustausch“ überhaupt nicht auf. Auch das englische Wort „replacement“ aus dem Titel der Untersuchung lässt sich so nicht korrekt übersetzen. Es geht einfach um die Frage, ob es eine sinnvolle Strategie ist, schrumpfende Bevölkerungszahlen durch Zuwanderung auszugleichen, um das Funktionieren der sozialen Sicherungssysteme zu gewährleisten und den Arbeitsplatzbedarf in den betroffenen Ländern zu decken. Gerhard Wisnewski, der im Kopp Verlag regelmäßig „Enthüllungsjahrbücher“ veröffentlicht, beklagt, dass das Wort „Geburtenanreiz“ als politischer Begriff verschwunden sei, und leitet daraus ab: Wenn dieser zentrale politische Ausdruck und entsprechende Maßnahmen so strikt vermieden werden und stattdessen für Einwanderer geworben wird, kann das tatsächlich nur heißen, dass die deutsche Bevölkerung ausgetauscht werden soll. Daher handelt es sich bei der „Flüchtlingswelle“ auch nicht um irgendein zufälliges Ereignis, sondern um Bevölkerungspolitik. […] Zusammen mit der sozialen Sterilisierung der Deutschen und anderer europäischer Völker ergibt sich daraus ein logisches System: Geburtenraten runter, Einwanderer rein. Zu behaupten, wir hätten eine schlechte Regierung, ist deshalb falsch, vielmehr handelt es sich um eine feindliche Regierung. 158
Um diese abstruse Auffassung zu untermauern, ergänzt Wisnewski an späterer Stelle allen Ernstes, die „europäischen Völker“ würden gezielt dezimiert, nämlich durch allgegenwärtige Propaganda für Verhütung, Abtreibung, Berufstätigkeit der
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Gerhard Wisnewski: Verheimlicht – vertuscht – vergessen. Was 2015 nicht in der Zeitung stand. Rottenburg 2016. S. 274/275.
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Frau, Auflösung der Familie, Homosexualität, Homo-Ehe und Kondombenutzung. 159 Unter dem Titel Wurde Brüsseler EU im Dritten Reich geplant? führt Michael Friedrich Vogt im Juni 2016 auf QuerDenken.TV ein Gespräch mit Andreas Popp. Dieser zeigt sich davon überzeugt, dass die EU eine aktive Politik der Rassenvermischung betreibe. Er beruft sich dabei vor allem auf eine Rede des damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vom 17. Dezember 2008 und auf ein Zeit-Interview mit Wolfgang Schäuble vom 9. Juni 2016. Wer sich die betreffenden Quellen ansieht, muss jedoch feststellen, dass es in keinem der beiden Fälle um die von Popp unterstellte „Rassenmischung“ geht. Sarkozy thematisiert in seiner Rede Chancengleichheit und Vielfalt, in der kritisierten Passage spricht er über gegenseitige kulturelle Befruchtung (métissage). 160 Und auch Schäuble hat 159
Vgl. ebd., S. 298–301. Auf YouTube kursieren irreführende Zusammenschnitte dieser Rede. In der Originalfassung sagt Sarkozy an der besagten Stelle: „L’égalité des chances, ce doit être la priorité. C’est en rétablissant l’égalité des chances que la République fera circuler ses élites. C’est en rétablissant l’égalité des chances qu’elle fera droit à la diversité. Tout ce qui entrave l’égalité des chances doit être combattu. Tout ce qui empêche chacun de faire valoir ses talents et ses mérites doit être corrigé. Et l’égalité des chances doit cesser d’être théorique pour devenir réelle. Il ne s’agit pas de remplacer une discrimination par une autre. Il s’agit de donner plus à ceux qui ont moins ou, pour prendre une autre image, de faire plus pour ceux qui partent de plus loin. Il s’agit de compenser les handicaps. Il s’agit de donner une deuxième chance à ceux qui n’ont pas eu les moyens de saisir la première. Quel est l’objectif ? Ça va faire parler, l’objectif, c’est relever le défi du métissage. Défi du métissage que nous adresse le XXIe siècle. Le défi du métissage, la France l’a toujours connu. Et en relevant le défi du métissage, la France est fidèle à son histoire. D’ailleurs, c’est la consanguinité qui a toujours provoquée la fin des civilisations et des sociétés. […] La France a toujours connu au cours des siècles … a toujours été au cours des siècles métissé. La France a métissé les cultures, les idées, les histoires. Et l’universalisme de la France n’est rien donc que le fruit de ce constant métissage qui n’a cessé de s’enrichir d’apports nouveaux et de bâtir sur tant de différences mêlées les unes aux autres un sentiment commun d’appartenance et
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natürlich eine kulturelle Bereicherung im Auge, wenn er formuliert: Die Abschottung ist doch das, was uns kaputt machen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe. Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung unserer Offenheit und unserer Vielfalt. Schauen Sie sich doch mal die dritte Generation der Türken an, gerade auch die Frauen! Das ist doch ein enormes innovatorisches Potenzial! 161
Zu erwähnen ist überdies die Identitäre Bewegung, die sich ursprünglich in Frankreich bildet und mittlerweile europaweit vernetzt ist. 162 Ihr deutscher Ableger wird seit 2016 vom Verfassungsschutz beobachtet. Erste mediale Aufmerksamkeit erhält die Gruppe, als deren Aktivisten im Oktober 2012 auf dem Rohbau der Moschee von Poitiers gegen muslimische Überfremdung protestieren. Im Dezember 2013 postet die französische Génération Identitaire dann auf YouTube eine filmische „Kriegserklärung“ (déclaration de guerre), in der mehrere ihrer in Großaufnahmen gezeigten Mitglieder programmatische Parolen verbreiten. Hauptthema der Identitären ist der „Große Austausch“, worunter sie „die Tendenz einer schrittweisen Verdrängung der einheimischen Bevölkerung zugunsten fremder und zumeist muslimischer Einwanderer“ 163 verstehen. Für Fuau fond un patrimoine unique de valeurs intellectuelles et morales qui s’adressent à tous les hommes.“ 161 Bernd Ulrich: Dieser Mann will eine Revolution. Kritik an Amerika und den Reichen. Eine neue Politik für Afrika und ein Willkommen für die Muslime. Gespräch mit einem global denkenden Konservativen. In: Die Zeit. 2016, Heft 25. S. 4. 162 Vgl. u. a. Julian Bruns/Kathrin Glösel/Natascha Strobl: Die Identitären. Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa. Münster 32017; Melanie Amann/Sven Becker/Marcel Rosenbach: Migration nach rechts. Afd. Die Partei verbietet Kooperationen mit der rechtsextremen Identitären Bewegung. Chatprotokolle zeigen: Der Austausch gedeiht. In: Der Spiegel. 2018, Heft 7. S. 42/43. 163 www.identitaere-bewegung.de/kampagnen/grosser-austausch, abgerufen am 4. März 2018.
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rore sorgt vor allem ihre Aktion Defend Europe 164: Sie chartern in Dschibuti ein Schiff, mit dem sie Anfang Juli 2017 in See stechen. Durch den Suez-Kanal fahren sie zum Mittelmeer, um nachzuweisen, dass dort NGOs mit Schlepperbanden kollaborieren. Das erforderliche Geld sammeln die Identitären auf der amerikanischen Alt-Right-Plattform WeSearchr.com, David Duke wirbt auf Twitter für die Kampagne, Breitbart.com widmet ihr mehrere Berichte. Zum Posterboy der Identitären avanciert der Österreicher Martin Sellner, der sich an der Aktion beteiligt und laufend propagandistische Videos ins Internet stellt, bis sein YouTube-Kanal im Sommer 2020 gekündigt wird. 165 Die Formulierung „Großer Austausch“ geht auf den französischen Schriftsteller Renaud Camus zurück, der am 26. November 2010 in der zwischen Montpellier und Nîmes gelegenen Gemeinde Lunel einen Vortrag mit dem Titel Le Grand Remplacement hält. Camus reichert das Vortragsmanuskript um weitere Texte an und veröffentlicht das Ganze ab 2012 im Selbstverlag als Buch, das in der mittlerweile vierten Auflage knapp 450 Seiten umfasst. 166 Drei der Texte erscheinen 2016 unter dem Titel Revolte gegen den Großen Austausch in deutscher Übersetzung im Verlag Antaios mit einem Nachwort Sellners. Camus stellt der juristischen Kategorie „Staatsangehörigkeit“ die Kategorie „Volk“ (peuple) gegenüber. Diese will er nicht im Sinn einer gemeinsamen biologischen Abstammung, sondern in einem kulturellen Sinn verstanden wissen. Einzelnen Individuen, die das wollten, sei es möglich, sich einem solchen Volk einzugliedern, wenn sie dessen Sprache und Kultur, dessen Landschaften, Lebensweise und Geschichte 164
Vgl. www.defendeurope.net; www.twitter.com/DefendEuropeID, abgerufen am 5. März 2018. 165 Vgl. auch Martin Sellner: Identitär! Geschichte eines Aufbruchs. Schnellroda 32017; Martin Sellner/Walter Spatz: Gelassen in den Widerstand. Ein Gespräch über Heidegger. Schnellroda 2015. 166 Renaud Camus: Le Grand Remplacement. Introduction au remplacisme global. Plieux 42017.
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Renaud Camus, 2007
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liebten. Doch ganze Gesellschaften könnten nicht mit einem anderen Volk verschmelzen, ohne ihre eigene Identität zu verleugnen. Die Vorstellung, dass Menschen aus einer bloßen Willensentscheidung heraus ein Volk zu bilden vermöchten, basiere auf einem traurigen Menschenbild, das den Menschen aller Eigenschaften beraube, die seine Größe, seine Besonderheit, seinen einzigartigen, unersetzlichen Charakter ausmachten und die sich aus seiner Geschichte, seiner Kultur und seinen Bindungen (appartenances) speisten. 167 Die globalisierte Wirtschaft habe jedoch ein Interesse daran, kulturell verwurzelte Menschen durch beliebig austauschbare Arbeitskräfte zu ersetzen. Das postindustrielle, postmoderne und posthumanistische Zeitalter strebe allgemein nach dem Billigen – nach Las Vegas, Disney World, Lascaux 3, Robotern und 3-D-Druckern. Sein Prinzip bestehe darin, das Original durch die Kopie zu ersetzen: das Natürliche durch das Künstliche, den ländlichen Raum durch die Vorstadt (banlieue), die Welt durch die Touristenanlage, die Erfahrung durch die Statistik, den Buchstaben durch die Zahl, die Kultur durch die Unterhaltung, das Spiel durch den Wettkampf, den Menschen durch unterschiedslose Menschenware. 168 Entscheidend ist jedoch, was unter Tradition und Kultur zu verstehen ist. Das ultrarechte Lager in Europa hat davon ganz eigene Vorstellungen. So torpediert es beispielsweise – wie seine Gesinnungsgenossen in den USA – die Emanzipation unterdrückter und diskriminierter Gruppen. Populistische Agitatorinnen und Agitatoren wie Eva Herman, der Journalist Volker Zastrow, der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera und die Rumäniendeutsche Birgit Kelle kämpfen mit unseriösen Publikationen gegen die effektive Gleichberechtigung der Frau und gegen einen vermeintlichen „Gender-
167 168
Vgl. ebd., S. 17, 88. Vgl. ebd., S. 421/422.
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wahn“. 169 Fraglos gibt es in der aktuellen Gendertheorie methodisch zweifelhafte Ansätze und erkenntnistheoretisch unhaltbare Gedankenkonstrukte. 170 Damit lässt sich aber nicht ein ganzes Feld wissenschaftlicher Forschung und politischen Handelns pauschal diskreditieren. Höchst problematisch ist, dass Zastrow, Kutschera und andere ein völlig verzerrtes Bild des politischen Gender Mainstreaming verbreiten. 171 Diese Gleichberechtigungsmaßnahme ist keineswegs ein „Umerziehungsprogramm“, mit dem natürliche Geschlechtsunterschiede aufgehoben werden sollen. Das Konzept geht auf die 4. WeltFrauenkonferenz der UN 1995 in Peking zurück, in deren Abschlussbericht es heißt: To ensure effective implementation of the Platform for Action and to enhance the work for the advancement of women at the national, subregional/regional and international levels, Governments, the United Nations system and all other relevant organizations should promote an active and visible policy of mainstreaming a gender perspective, inter alia, in the monitoring and evaluation of all policies and programmes. 172
169
Vgl. u. a. Eva Herman: Das Eva-Prinzip. Für eine neue Weiblichkeit. München, Zürich 2006; Volker Zastrow: Gender. Politische Geschlechtsumwandlung. Waltrop, Leipzig 42016; Ulrich Kutschera: Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen. Berlin 2016; Birgit Kelle: GenderGaga. Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will. Asslar 2015. 170 Vgl. dazu kritisch z. B. Patsy L’Amour LaLove (Hg.): Beißreflexe. Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten, Sprechverboten. Berlin 2017; Alice Schwarzer: Der Rufmord. Judith Butler und Sabine Hark werfen mir und der Zeitschrift „Emma“ Rassismus vor. Da zeigt sich die Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit dieser Berufs-Denkerinnen. In: Die Zeit. 2017, Heft 33. S. 37. 171 Vgl. V. Zastrow (wie Anm. 169), S. 9/10, 23–26; U. Kutschera (wie Anm. 169), S. 44–48. 172 United Nations: Report of the Fourth World Conference on Women. Beijing, 4–15 September 1995. A/CONF.177/20/Rev.1. New York 1996. S. 119.
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Gender Mainstreaming bedeutet also, die Perspektive von Frauen in alle politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Die Behauptung, es handle sich um eine „Umerziehungsideologie“, ist schlicht falsch. Dennoch findet dieses Märchen, das wohl letztlich auf ein Propagandabuch der US-amerikanischen katholischen Aktivistin Dale O’Leary zurückgeht 173, breite Resonanz. So fordert die AfD beispielsweise in ihrem Programm zur Bundestagswahl 2017: Die „Gender-Forschung“ ist keine seriöse Wissenschaft, sondern folgt der ideologischen Vorgabe, dass das natürliche Geschlecht (Sex) und das soziale Geschlecht (Gender) voneinander völlig unabhängig seien. Ziel ist letztlich die Abschaffung der natürlichen Geschlechterpolarität. Bund und Länder dürfen keine Mittel für die „Gender-Forschung“ mehr bereitstellen und keine „Gender-Professuren“ mehr besetzen. Bestehende Förderlinien sollen beendet werden, die der „Gender-Ideologie“ verpflichteten „Gleichstellungsbeauftragten“ an den Universitäten sind abzuschaffen.
Noch einen Schritt weiter gehen Autoren wie Guillaume Faye und Akif Pirinçci, die eine fortschreitende „Entmännlichung“ (dévirilisation) oder „Verschwulung“ der europäischen beziehungsweise deutschen Gesellschaft beklagen. Jack Donovan in den USA vergleichbar, dessen Bücher The Way of Men und Becoming a Barbarian bei Antaios auf Deutsch verlegt sind, sehnen sie sich nach einem kriegerischen indogermanischen Männlichkeitsideal, das sich bei genauer Analyse als menschenfeindlich und destruktiv erweist 174. Faye spricht konkret von einer Schwächung der Werte Mut und Männlichkeit zugunsten von verweiblichenden, fremdenfreundlichen, homophilen und humanitären Wertsetzungen. Wie Wisnewski stellt auch er einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und sinkenden Geburtenraten her – ein Vorurteil, das sich auf die
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Vgl. Dale O’Leary: The Gender Agenda. Redefining Equality. Lafayette/ La. 1997. 174 Vgl. dazu K. Buchholz (wie Anm. 20), S. 174–184, 191–197.
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Ideologie der Nationalsozialisten zurückführen lässt 175 und jeder faktischen Grundlage entbehrt. Faye warnt sogar, die Homosexuellenlobby, die er verächtlich als „rosa Mafia“ verunglimpft, fühle sich den Heterosexuellen überlegen und wolle diese beherrschen. 176 1968 begründet der Sorbonne-Absolvent Alain de Benoist das Groupement de Recherche et d’Etudes pour la Civilisation Européenne (GRECE), aus dem die französische Nouvelle Droite hervorgeht. 177 Faye gehört zu den Galionsfiguren dieser Bewegung. Heute pflegen Faye und Benoist Kontakte zu Jared Taylors American Renaissance und Richard Spencers National Policy Institute. Im Januar 2018 erscheint auf Spencers Radix-Blog ein ins Amerikanische übersetzter Aufsatz von Benoist mit dem Titel America—A View From the French New Right. 178 Benoist kritisiert den American Way of Life und den US-amerikanischen Kapitalismus dort scharf. Zwar seien amerikanische Filme, als sie sich noch nicht in Special Effects und Superhelden-Unsinn erschöpften, durchaus prägend für ihn gewesen. Und besonders beeindruckt hätten ihn amerikanische Schriftsteller wie Mark Twain, Edgar Allan Poe, John Steinbeck, Ernest Hemingway und William Faulkner. Doch auch die andere Seite des American Way of Life sei ihm nicht verborgen geblieben: Kultur als vergängliche Ware oder bloße „Unterhaltung“, eine technomorphe Auffassung des Lebens, die Menschen in er175
Vgl. ebd., S. 181/182. Vgl. Guillaume Faye: Pourquoi nous combattons. Manifeste de la Résistance européenne. Paris 2001. S. 114/115, 173/174; Ders.: La colonisation de l’Europe. Discours vrai sur l’immigration et l’islam. Paris 2000. S. 153–155. 177 Vgl. z. B. M. Minkenberg (wie Anm. 82), S. 150–156; Anne-Marie Duranton-Crabol: Visages de la Nouvelle droite. Le GRECE et son histoire. Paris 1988. 178 Alain de Benoist: America—A View From the French New Right. 14. Januar 2018, www.radixjournal.com/2018/01/america-a-view-from-the-french -new-right, abgerufen am 6. März 2018. 176
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weiterte, ferngesteuerte Computer verwandele, verlogene Beziehungen zwischen den Geschlechtern, eine automobilisierte Zivilisation und kommerzialisierte Gesellschaftsstruktur, fettleibige, vom Fernseher erzogene Kinder, die Glorifizierung von „Gewinnern“, der Konsumwahn, Fastfood, eine schizophrene Mischung aus puritanischen Verboten und hysterischen Grenzüberschreitungen, Scheinheiligkeit, Korruption usw. Benoist müsse gestehen, dass er für das Amerika der Golden Boys, Rednecks und Bodybuilder, des Amerikanischen Traums und der Cheerleader, der Geldmacher und Wall-Street-Broker keinerlei Sympathien hege. Der Kern ihrer Auffassungen tritt dort zutage, wo sich Benoist und Faye zur Frage der Menschenrechte äußern. Die schockierenden Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs, der über 60 Millionen Menschen das Leben kostet (darunter mehr als die Hälfte Zivilisten), führt 1945 zur Gründung der Vereinten Nationen. Bereits in ihrer allgemeinen Charta bekräftigen die UN ihren Glauben an „die Grundrechte des Menschen“ sowie an „Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit“. Am 10. Dezember 1948 verabschiedet die UN-Generalversammlung dann im Pariser Palais de Chaillot die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Von den damals 58 Mitgliedsstaaten stimmen 48 für das Dokument, zwei geben keine Stimme ab, und acht enthalten sich: die Belarussische SSR, Jugoslawien, Polen, Saudi-Arabien, die Südafrikanische Union, die Tschechoslowakei, die UdSSR und die Ukrainische SSR. Den sozialistischen Staaten gehen die Formulierungen zu einer sozial orientierten Wirtschaft nicht weit genug, zugleich sind Meinungs- und Religionsfreiheit mit ihrer marxistischleninistischen Ideologie unvereinbar. 179 Saudi-Arabien sieht die Vormachtstellung des Islam im eigenen Land bedroht, und Südafrika arbeitet gerade an scharfen Apartheidsgesetzen. 180 179
Vgl. auch Karl Marx: Zur Judenfrage. In: K. Marx/F. Engels: Werke. Bd. 1. Berlin 1981. S. 361–370. 180 Vgl. H. A. Winkler, Bd. 3 (wie Anm. 4), S. 134.
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Ein internationales neunköpfiges Team, bestehend aus Aleksandr Bogomolow (UdSSR), René Cassin (Frankreich), Charles Dukes (Vereinigtes Königreich), William Hodgson (Australien), John Humphrey (Kanada), Charles Malik (Libanon), Eleanor Roosevelt (USA), Hernán Santa Cruz (Chile) und Pengjun Zhang (China), hatte den Text der UN-Menschenrechtserklärung erarbeitet. 181 Artikel 1 und 2 lauten: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen. Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.
Faye beurteilt diese Menschenrechte äußert negativ. 182 Für ihn sind sie Ausdruck einer den Globus beherrschenden Ideologie, einer Art „weltlicher Religion“. Basierend auf den beiden
181
Zur Entstehung des Dokuments vgl. u. a. United Nations, Economic and Social Council, Commission on Human Rights, Drafting Committee: First Session. Draft Report of the Drafting Committee to the Commission of Human Rights. E/CN.4/AC.1/14, 23. Juni 1947; United Nations, Economic and Social Council, Commission on Human Rights, Drafting Committee on an International Bill of Human Rights: First Session. Report of the Drafting Committee to the Commission of Human Rights. E/CN.4/21, 1. Juli 1947; United Nations, Economic and Social Council, Commission on Human Rights, Drafting Committee: Second Session. Report of the Drafting Committee to the Commission of Human Rights. E/CN.4/95, 21. Mai 1948; United Nations, Economic and Social Council: Report of the Third Session of the Commission on Human Rights. Lake Success, 24 May to 18 June 1948. E/800, 28. Juni 1948; UNESCO (Hg.): Human Rights. Comments and Interpretations. New York 1949; John Peters Humphrey: Human Rights and the United Nations. A Great Adventure. Dobbs Ferry/N. Y. 1984; Maurice Glen Johnson/Janusz Symonides: The Universal Declaration of Human Rights. A History of Its Creation and Implementation, 1948–1998. Paris 1998. 182 Vgl. G. Faye 2001 (wie Anm. 176), S. 122–124.
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in seinen Augen heuchlerischen Grundwerten Menschenliebe und menschliche Freiheit, dienten die Menschenrechte dazu, eine weltweite „Gedankenpolizei“ (police de la pensée) zu legitimieren, die gegen die „Rechte der Völker“ und gegen kulturspezifische Vorstellungen von Gerechtigkeit vorgehe. Die Menschenrechtsideologie sei aktuell die entscheidende Waffe, um die Identität der Völker zu zerstören und eine Überfremdung Europas herbeizuführen. Auch sei die mit ihr verbundene Idee eines abstrakten universellen Menschen realitätsfern – Menschen seien immer konkrete, in bestimmten Kulturen verwurzelte Lebewesen. Die Geschichte der Menschenrechte beweise zudem, dass diese nicht den Schutz des Einzelnen gewährleisteten, sondern immer wieder herangezogen würden, um Akte der Barbarei zu rechtfertigen. Nicht zuletzt zeige sich der verlogene Charakter der Menschenrechtsideologie daran, dass sie weder die massive globale Umweltverschmutzung noch die soziale Verrohung verurteile, die eine verantwortungslose liberale Wirtschaftsordnung verursacht habe. Auch Benoist kritisiert die Menschenrechte und spricht ihnen jegliche Legitimation ab. 2016 erscheint sein Buch Audelà des droits de l’homme in stark erweiterter zweiter Auflage. Dort skizziert er zunächst die im historischen Verlauf von Edmund Burke, Jeremy Bentham, Joseph de Maistre, Karl Marx, Hippolyte Taine, Marcel Gauchet und anderen gegen die Idee universeller Menschenrechte vorgebrachten Argumente. Ähnlich wie Faye, wenn auch weniger polemisch, problematisiert Benoist vor allem, dass die Menschenrechte von einer abstrakten Vorstellung „des Menschen“ ausgingen, die den tatsächlichen Menschen aller spezifischen Eigenschaften beraube. 183 Der französische Moralist La Rochefoucauld formuliert Mitte des 17. Jahrhunderts die tiefgründige Maxime: „Wie groß die Ähnlichkeit und Unähnlichkeit zwischen den Menschen ist,
183
Vgl. Alain de Benoist: Au-delà des droits de l’homme. Pour défendre les libertés. Paris 22016. S. 27–31, 59–66, 117–119, 175–179.
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lässt sich nur schwer begreifen.“ 184 In diesem Gedanken liegt der Schlüssel zu dem von Faye und Benoist aufgeworfenen Problem: Es ist genauso falsch, die Unterschiede zwischen den individuellen Menschen zu leugnen wie die wesentlichen Gemeinsamkeiten zwischen ihnen in Abrede zu stellen. Genau dem tragen die allgemeinen Menschenrechte aber Rechnung. Sie stellen heraus, dass die Entfaltung der jeweiligen individuellen Persönlichkeit ein allgemeines menschliches Bedürfnis ist. Es handelt sich um die humane Seite des Menschseins, die es zu unterstützen und zu schützen gilt. Zur Persönlichkeit des einzelnen Menschen gehören nun aber nicht nur die Schichten des mündig-autonomen Ichs, sondern auch die unwillkürlichen biografischen und leiblichen Gegebenheiten unseres Selbst. 185 Es wäre ein Fehler, das Ich mit dem allgemeinen und das Selbst mit dem individuellen Menschen zu identifizieren. Vielmehr sind beide Ebenen davon bestimmt, dass sie individuelle, kulturbedingte und allgemein-menschliche Dimensionen miteinander verschmelzen. Beispielsweise ist unser bewusstes Denken und Handeln von den kulturspezifischen Sprachen geprägt, die wir jeweils verwenden. Diese Sprachen können einerseits dazu dienen, unsere individuellen Wünsche und Bedürfnisse zu artikulieren, andererseits lassen sie sich auch verallgemeinernd in andere Sprachen übersetzen. Die wechselnden Gefühle, die unseren Lebensfluss begleiten, sind insofern „individuell“, als die einzelne Person es ist, die sie jeweils für eine gewisse Dauer spürt. Zugleich entspringen diese Gefühle unwillkürlich unserer leiblichen Natur, die wir im Kern mit allen anderen Menschen teilen. 186 Nicht zu vernachlässigen bei der Einschätzung der allgemeinen Menschenrechte ist die dies184
François de La Rochefoucauld: Maximes et réflexions diverses. Paris 1977. S. 103. 185 Vgl. dazu Kai Buchholz: Die private Wohnung. In: Kultur der Privatheit in der Netzgesellschaft. Hg. G. Böhme/U. Gahlings. Bielefeld 2018. S. 65–96. 186 Vgl. Hermann Schmitz: Kurze Einführung in die Neue Phänomenologie. Freiburg, München 2009. S. 29–45, 101–116.
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bezügliche Rechtsprechung. Die Urteile des Internationalen Gerichtshofs, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte oder des deutschen Bundesverfassungsgerichts geben Auskunft über die praktischen Auswirkungen und juristischen Argumentationen, die sich bislang aus den internationalen, supranationalen und nationalen Menschrechtserklärungen ergeben. Sie zeigen auch auf, wie sich die verschiedenen Menschenrechte gegeneinander abwägen lassen. 187 Gerade die Geschichte des Amerikanischen Traums macht deutlich, wo die Kluft zwischen menschenrechtsorientierter Solidarität und rein materiellem egoistischen Gewinnstreben verläuft. Aus dieser Geschichte lassen sich für unsere aktuelle Situation folgende Schlüsse ziehen: Der Traum vom großen Geld („vom Tellerwäscher zum Millionär“) bedroht sowohl die individuelle Persönlichkeitsentfaltung wie auch die fruchtbar-lebendige Entwicklung von Gemeinschaft. Dasselbe gilt für die Unterdrückung und Herabwürdigung anderer Menschen. Obwohl diese Einsicht eigentlich auf der Hand liegt, ist sie offenbar schwer zu verwirklichen. Das bezeugt die heutige Lage der Menschheit besonders eindringlich. Sie ist geprägt: 1. von wachsendem Nationalismus, der Rassismus, Hass gegen Fremde und blinde Aggression schürt 188, 2. von autoritärem politischen Handeln und Korruption, die Menschen unterdrücken, internationale Konflikte provo187
Zu wichtigen historischen und systematischen Aspekten der Menschenrechte vgl. u. a. Michael-Lysander Fremuth: Menschenrechte. Grundlagen und Dokumente. Bonn 2015. 188 Vgl. z. B. Hall Gardner: World War Trump. The Risks of America’s New Nationalism. Amherst/Mass., New York 2018; Harold D. Clarke/Matthew J. Goodwin/Paul F. Whiteley: Brexit. Why Britain Voted to Leave the European Union. Cambridge 2017; Reinhold Vetter: Nationalismus im Osten Europas. Was Kaczyński und Orbán mit Le Pen und Wilders verbindet. Berlin 2017; Irene Götz/Klaus Roth/Marketa Spiritova (Hg.): Neuer Nationalismus im östlichen Europa. Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Bielefeld 2017.
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zieren, das Gemeinwohl schädigen und Politikverdrossenheit erzeugen 189, 3. von religiösem Dogmatismus, der persönliche Entfaltungsmöglichkeiten beschneidet, Andersdenkende stigmatisiert und den Boden für Terror bereitet 190, 4. von einem destruktiven Wirtschaftssystem, das zu Umweltzerstörung, sozialen Spannungen, ästhetischer Verwahrlosung und wachsender Ökonomisierung des gesamten Lebens führt 191, 5. von Hass und unsachlicher Polemik in den Blogs, Vlogs, Chatrooms, Kommentarspalten und sonstigen Selbstdarstellungsforen des World Wide Web, die unvoreingenommenes Denken ebenso untergraben wie sach- und dialogorientiertes Argumentieren. 192
189
Vgl. u. a. Doğan Akhanlı: Verhaftung in Granada oder Treibt die Türkei in die Diktatur? Köln 2018; Margareta Mommsen: Das Putin-Syndikat. Russland im Griff der Geheimdienstler. München 2017; Luke Harding: Collusion. Secret Meetings, Dirty Money, and How Russia Helped Donald Trump Win. New York 2017; Transparency International (Hg.): Corruption Perceptions Index 2017. Berlin 2018. 190 Vgl. u. a. Jasmina Rupp (Hg.): Der (Alb)traum vom Kalifat. Ursachen und Wirkung von Radikalisierung im politischen Islam. Wien, Köln, Weimar 2016; Julia Ebner: Wut. Was Islamisten und Rechtsextreme mit uns machen. Darmstadt 2018. S. 64–88, 124–133; Rüdiger Lohlker: Die Salafisten. Der Aufstand der Frommen, Saudi-Arabien und der Islam. München 2017; Gaël Brustier: Le Mai 68 conservateur. Que restera-t-il de la Manif pour tous? Paris 2014; David Berger: Der heilige Schein. Als schwuler Theologe in der katholischen Kirche. Berlin 2010. 191 Vgl. z. B. Gernot Böhme (Hg.): Kritik der Leistungsgesellschaft. Bielefeld, Basel 2010; Ders. (Hg.): Alternative Wirtschaftsformen. Bielefeld 2012; Kai Buchholz: Plädoyer für ästhetische Ökologie und ästhetische Nachhaltigkeit. In: Landschaftskultur und Kulturlandschaft. Beiträge zur ästhetischen Bildung. Hg. K. Buchholz/E. Mollenhauer-Klüber. Bielefeld 2018. S. 194–218. 192 Vgl. u. a. Bernhard Pörksen: Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung. München 2018; Adrienne Fichter (Hg.): Smartphone-Demokratie. #Fake News #Facebook #Bots #Populismus #Weibo #Civic Tech.
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Positive Impulse könnten aus dem Bereich der Bildung kommen. Worin deren Aufgabe konkret liegt, formuliert Artikel 26 (2) der UN-Menschenrechtscharta wie folgt: Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.
Zürich 2017; Ingrid Brodnig: Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können. Wien 2016.
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Kinder des Internationalen Kindergartens der Vereinten Nationen mit einem Plakat der UN-Menschenrechtserklärung
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Chronologie 1492 | 12. Oktober: Christoph Kolumbus landet bei einer Seefahrt Richtung Westen auf den Bahamas und gilt damit als „Entdecker“ Amerikas 1607 | 24. Mai: englische Kaufleute gründen mit Jamestown in Virginia die erste britische Dauersiedlung auf nordamerikanischem Territorium 1776 | 2. Juli: Verabschiedung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1789 | 30. April: George Washington tritt als erster Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein Amt an 1791 | 15. Dezember: die ersten zehn Zusätze zur US-Verfassung treten in Kraft, die unter anderem Religions- und Pressefreiheit sowie das Recht auf Waffenbesitz garantieren 1823 | 2. Dezember: US-Präsident James Monroe verkündet bei seiner Rede zur Lage der Nation erste Elemente der nach ihm benannten „Monroe-Doktrin“, die europäische Eingriffe auf dem amerikanischen Kontinent verurteilt 1830 | 28. Mai: der US-Kongress beschließt den Indian Removal Act, der sich gegen die indianische Urbevölkerung richtet 1848 | 20. Juli: auf der Seneca Falls Convention unterzeichnen 68 Frauen und 32 Männer die Declaration of Rights and Sentiments zur Stärkung von Frauenrechten 1849 | Goldrausch in Kalifornien 1861 | 4. März: Abraham Lincoln wird 16. Präsident der USA | 12. April: Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs 1865 | 9. April: die Kapitulation der konföderierten Armee beendet den Amerikanischen Bürgerkrieg | 15. April: Präsident Lincoln stirbt an den Folgen eines Mordanschlags | 6. Dezember: mit dem dreizehnten Verfassungszusatz wird in den USA die Sklaverei abgeschafft | 24. Dezember: Gründung des Ku-Klux-Klan in Pulaski/Tenn.
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Chronologie
1869 | 10. Mai: die erste transkontinentale Eisenbahnlinie der USA ist fertiggestellt 1870 | 3. Februar: der fünfzehnte Zusatz zur US-Verfassung, der die Einschränkung des Wahlrechts aufgrund von Rasse und Hautfarbe untersagt, tritt in Kraft 1876 | 25. Juni: bei der Schlacht am Little Bighorn wird die US-Kavallerie unter George A. Custer von Indianerstämmen unter der Führung von Sitting Bull und Crazy Horse vernichtend geschlagen 1886 | 28. Oktober: Einweihung der Freiheitsstatue 1890 | 29. Dezember: beim Massaker von Wounded Knee ermorden Angehörige der US-Kavallerie etwa 300 wehrlose Angehörige verschiedener Sioux-Indianerstämme 1903 | 17. Dezember: erster Motorflug der Brüder Orville und Wilbur Wright in Kittyhawk/N. C. 1906 | 18. April: ein schweres Erdbeben mit 3.000 Todesopfern erschüttert San Francisco/Cal. 1909 | 12. Februar: Gründung der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) 1915 | 25. November: William J. Simmons gründet am Stone Mountain in Georgia den zweiten Ku-Klux-Klan 1916 | 7. November: die Frauenrechtlerin und Pazifistin Jeannette Rankin aus Montana wird als erste Frau in den US-Kongress gewählt 1917 | 6. April: die USA treten in den Ersten Weltkrieg ein 1919 | 16. Januar: mit dem achtzehnten Verfassungszusatz werden Herstellung und Verkauf von Alkohol in den USA untersagt, der Zusatz wird 1933 wieder aufgehoben | 21. Dezember: die anarchistische Bürgerrechtlerin Emma Goldman wird nach Sowjetrussland deportiert 1920 | im Verlag des Automobilmagnaten Henry Ford erscheint der erste Band der antisemitischen Aufsatzsammlung The International Jew | 18. August: der neunzehnte Zusatz zur US-Verfassung, der die Einschränkung des Wahlrechts aufgrund des Geschlechts untersagt, tritt in Kraft 1924 | der deutsche Einwanderer Henry Gerber gründet mit der Society for Human Rights (SHR) die erste Homosexuellenvereinigung der USA 1927 | 21./22. Mai: der US-Pilot Charles Lindbergh überquert im Alleinflug den Atlantik
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Chronologie
1933 | 30. Januar: William Dudley Pelley gründet die Silvershirts mit Sitz in Asheville/N. C. | 4. März: Franklin D. Roosevelt tritt das Amt des 32. US-Präsidenten an, das er bis zu seinem Tod 1945 bekleidet und das er vor allem mit zahlreichen Wirtschafts- und Sozialgesetzen (New Deal) prägt, die sich gegen die Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929 richten 1941 | 7. Dezember: japanischer Luftangriff auf den Militärstützpunkt Pearl Harbor in Hawaii, der dazu führt, dass die USA in den Zweiten Weltkrieg eintreten 1945 | 6. und 9. August: der neue US-Präsident Harry S. Truman lässt die US-Luftwaffe Atombomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abwerfen 1946 | US-Behörden etablieren im Camp King in Oberursel den Nachrichtendienst Organisation Gehlen mit Ex-Nazi Reinhard Gehlen an der Spitze | der evangelikale Prediger Wesley A. Swift gründet in Lancaster/Cal. die radikale White Identity Church of Jesus Christ Christian 1948 | 18. Juni: der Nationale Sicherheitsrat der USA erlässt die Direktive NSC 10/2, die verdeckte Operationen gegen feindliche Staaten in den Bereichen Propaganda, wirtschaftliche Kriegsführung, Sabotage und Subversion veranlasst 1949 | das US-amerikanische National Committee for a Free Europe gründet den antikommunistischen Propagandasender Radio Free Europe mit Hauptsitz in München 1950 | 25. Juni: die USA treten in den Koreakrieg ein | 11. November: Harry Hay ruft in Los Angeles/Cal. die Homosexuellenvereinigung Mattachine Society ins Leben 1953 | 19. August: der iranische Premierminister Mohammad Mossadegh wird mit Unterstützung der CIA gestürzt 1954 | 17. Mai: der Oberste Gerichtshof der USA erklärt die Rassentrennung an öffentlichen Schulen für verfassungswidrig 1955 | Del Martin und Phyllis Lyon gründen in San Francisco/Cal. die Daughters of Bilitis (DOB), die erste lesbische Organisation der USA | Reverend Fred Phelps initiiert in Topeka/Kans. die extremistische Westboro Baptist Church (WBC), die vor allem Lesben und Schwule diffamiert 1959 | 8. März: George Lincoln Rockwell gründet die World Union of Free Enterprise National Socialists (WUFENS), die sich im Dezember in American Nazi Party (ANP) und später in National Socialist White People’s Party (NSWPP) umbenennt
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Chronologie
1961 | Carleton Putnam veröffentlicht sein rassistisches Buch Race and Reason | 17. Januar: Ermordung des kongolesischen Premierministers Patrice Lumumba 1962 | 22. Oktober: die Kubakrise führt an den Rand eines Atomkriegs 1963 | Betty Friedan veröffentlicht ihren feministischen Bestseller The Feminine Mystique | 22. November: Präsident John F. Kennedy wird in Dallas/Tex. ermordet 1964 | 2. Juli: Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet den Civil Rights Act, der die Rassentrennung in den USA beendet | 4. August: die USA treten in den Vietnamkrieg ein 1965 | 21. Februar: der schwarze Bürgerrechtsaktivist Malcolm X wird von Anhängern der Nation of Islam ermordet 1966 | 30. Juni: Gründung der National Organization of Women (NOW) | 15. Oktober: Huey P. Newton und Bobby Seale gründen in Oakland/Cal. die Black Panther Party for Self-Defense 1967 | 25. August: George Lincoln Rockwell, der Gründer der American Nazi Party, wird von einem ehemaligen Parteimitglied erschossen 1968 | 4. April: der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King fällt mit 39 Jahren in Memphis/Tenn. einem Attentat zum Opfer 1969 | Henry L. Beach gründet in Portland/Oreg. die Vereinigung Posse Comitatus | 28. Juni: Beginn der Krawalle am Stonewall Inn, bei denen sich Homosexuelle gegen eine schikanöse Razzia zur Wehr setzen | 21. Juli: der amerikanische Astronaut Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond | 8.–11. Oktober: direkte Aktionen der linksradikalen Weathermen in Chicago/ Ill. (Days of Rage) | 4. Dezember: der Black-Panther-Aktivist Fred Hampton wird im Zuge des FBI-Geheimprogramms COINTELPRO von Polizisten im Schlaf erschossen 1970 | 21. Mai: die Weather Underground Organization (WUO) erklärt der US-Regierung den Krieg | 26. August: Women’s Strike for Equality in New York zum 50-jährigen Jubiläum des neunzehnten Verfassungszusatzes, der Frauen das Wahlrecht zuerkennt 1971 | der Lockheed-Ingenieur Richard G. Butler übernimmt die Leitung der Church of Jesus Christ Christian 1972 | der Neonazi Gary Lauck gründet in Lincoln/Nebr. die NSDAP/AO 1973 | die American Psychiatric Association (APA) streicht Homosexualität aus ihrem Krankheitsregister DSM | mit seinem Buch
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Chronologie
1974 |
1978 | 1979 |
1981 |
1983 |
1984 |
1985 | 1988 |
Nature’s Eternal Religion begründet der Ingenieur Ben Klassen die rechtsextreme Church of the Creator (COTC) | Richard G. Butler gründet in Hayden Lake/Id. die rechtsradikale rassistische Organisation Aryan Nations | 11. September: von den USA gestützter Militärputsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende der ehemalige Physikprofessor William L. Pierce spaltet sich von der NSWPP ab und gründet die National Alliance (NA) | Robert Brannen and Clifford Herrington gründen mit dem National Socialist Movement (NSM) die größte Neonazi-Vereinigung der USA | Russell Veh gründet in Los Angeles/Cal. die National Socialist League, in die nur homosexuelle Männer aufgenommen werden | 8. August: Präsident Richard Nixon tritt wegen der Watergate-Affäre zurück Unter dem Pseudonym Andrew Macdonald veröffentlicht William L. Pierce sein militant-utopisches Buch The Turner Diaries 12. Juli: Radio-DJ Steve Dahl jagt im Stadion der Chicago White Sox tausende Discoplatten in die Luft (Disco Demolition Night) | 4. November: iranische Studierende dringen in die Teheraner Botschaft der USA ein und bringen 70 Geiseln in ihre Gewalt, sie fordern die Auslieferung von Schah Reza Pahlavi, der sich in einem New Yorker Krankenhaus befindet David Duke gründet in Metairie/La. die National Association for the Advancement of White People (NAAWP) | 20. Januar: Ronald Reagan tritt sein Amt als 40. Präsident der USA an Louis Beam veröffentlicht sein militantes Pamphlet Essays of a Klansman | Tom Metzger gründet in Kalifornien die White Aryan Resistance (WAR) | Posse-Comitatus-Mitglied Gordon Kahl tötet drei Polizisten 18. Juni: der jüdische Radiomoderator Alan Berg wird in Denver/Col. von Mitgliedern der rechtsextremen Terrorgruppe Brüders Schweigen ermordet | 8. Dezember: der Terrorist Robert Mathews stirbt in den Flammen seines Verstecks auf der Insel Whidbey/Wash. auf einer Schweinefarm bei Rulo/Nebr. foltert und tötet PosseComitatus-Mitglied Michael W. Ryan zwei Menschen 12./13. November: Ken Mieske, Kyle Brewster und Steve Strasser – drei Nazi-Skinheads aus dem Umfeld von Metzgers White Aryan Resistance – prügeln in Portland/Oreg. den äthiopischen Studenten Mulugeta Seraw zu Tode
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Chronologie
1990 | 22. Oktober: Tom Metzger wird zu einer Geldstrafe von 5.000.000,– US-$ verurteilt, weil er für den Mord an Mulugeta Seraw mit verantwortlich ist 1993 | 14. Dezember: US-Premiere des Spielfilms Philadelphia von Jonathan Demme 1994 | Jeffrey Schoep übernimmt die Leitung des NSM 1995 | Kevin Abrams und Scott Lively publizieren ihr homophobes Buch The Pink Swastika | 19. April: zusammen mit zwei Komplizen sprengt der rechtsradikale Terrorist Timothy McVeigh das Alfred P. Murrah Federal Building in Oklahoma City/Okla. in die Luft – bei dem Attentat sterben 168 Menschen 1996 | 27. Juli: der christliche Terrorist Eric Rudolph verübt ein schweres Bombenattentat auf die Olympischen Sommerspiele in Atlanta/Ga. | 22. August: Gary Lauck wird in Deutschland zu vier Jahren Haft verurteilt 1998 | David Duke veröffentlicht sein autobiografisches Buch My Awakening | 1. Juli: Jesse Warfield, Shane Wright und John Yeager – drei Wachleute von Butlers Aryan Nations – beschießen ein Auto und misshandeln die Fahrerin und ihren Sohn, die indianischer Herkunft sind | 23. Oktober: der christliche Terrorist James C. Kopp erschießt den Gynäkologen Barnett Slepian mit einem Jagdgewehr, weil dieser Abtreibungen vorgenommen hatte 2000 | 7. September: ein Gericht in Idaho verurteilt Richard G. Butler und seine Organisation Aryan Nations zu einer Geldstrafe von 4.800.000,– US-$, Butlers Anwesen in Hayden Lake/Id. wird daraufhin zwangsversteigert 2001 | 11. September: militante Aktivisten der islamistischen Terrororganisation al-Qaida verüben verheerende Anschläge in New York, Washington, D. C. und Pennsylvania 2003 | 20. März: Beginn des US-geführten Irakkriegs gegen Saddam Hussein | 26. Juni: der Oberste US-Gerichtshof erklärt Gesetze, die homosexuelle Handlungen unter Strafe stellen, landesweit für ungültig 2005 | der rechtsgerichtete Verleger William Regnery gründet das National Policy Institute (NPI), das heute von Richard Spencer geführt wird und als wichtiger Thinktank der Alt-Right-Bewegung gilt 2009 | 20. Januar: Barack Obama tritt sein Amt als 44. Präsident der USA an
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Chronologie
2010 | 23. März: US-Präsident Obama unterzeichnet den als „Obamacare“ bekannten Patient Protection and Affordable Care Act 2011 | Jared Taylor publiziert sein rassistisches Buch White Identity | 2. Mai: US-amerikanische Spezialeinheiten töten Osama bin Laden, den Kopf der islamistischen Terrororganisation al-Qaida 2013 | 5. Juni: die britische Zeitschrift The Guardian veröffentlicht die ersten von Edward Snowden weitergegebenen NSA-Geheimdokumente 2014 | 9. August: in Ferguson/Mo. erschießt ein Polizist den unbewaffneten 18-jährigen Afroamerikaner Michael Brown 2015 | 26. Juni: der Oberste Gerichtshof der USA entscheidet, dass die Verfassung gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht auf Eheschließung garantiert 2017 | 20. Januar: Amtsantritt von Donald Trump als 45. US-Präsident | 27. Januar: Trump unterzeichnet die als „Muslim Ban“ bekannte Executive Order 13769 | 13. Februar: Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn tritt zurück, weil er über seine Kontakte zum russischen Botschafter Sergei Kisljak die Unwahrheit gesagt hatte | 9. Mai: Trump entlässt FBI-Direktor James Comey | 1. Juni: Trump gibt bekannt, dass die USA das Pariser Klimaabkommen aufkündigen werden | 21. Juli: Sean Spicer, der Pressesprecher des Weißen Hauses, teilt mit, seinen Posten bis Ende August aufzugeben | 27. Juli: Reince Priebus tritt als Stabschef des Weißen Hauses zurück, sein Nachfolger wird der Minister für Innere Sicherheit John Kelly | 8. August: Donald Trump erklärt, die USA würden Drohungen Nordkoreas „mit Feuer und Zorn beantworten, wie es die Welt noch nicht gesehen hat“ | 12. August: weiße Nationalisten, Neonazis und Alt-Right-Anhänger demonstrieren in Charlottesville/Va. dagegen, dass das Reiterstandbild des Konföderationsgenerals Robert E. Lee abgerissen werden soll; kurz nach der Kundgebung rast ein Mann mit seinem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten | 18. August: Stephen Bannon, Chefberater von Donald Trump und ehemaliger Breitbart-Chef, verlässt das Weiße Haus | 30. Oktober: Sonderermittler Robert Mueller, der mögliche russische Einflussnahmen auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 aufklären soll, erhebt Anklage gegen Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort und dessen Geschäftspartner Richard Gates | 1. Dezember: Trumps früherer Sicherheitsberater Michael Flynn gibt zu, das FBI in der Russ-
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Chronologie
landaffäre belogen zu haben | 6. Dezember: Trump erklärt, Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anzuerkennen | 22. Dezember: Trump unterzeichnet das Gesetz 115–97, das erhebliche Steuersenkungen umfasst 2018 | 1. Januar: ein Mitglied der Nazigruppe Atomwaffen Division (AWD) ermordet den schwulen, jüdischen Studenten Blaze Bernstein | 16. Februar: Robert Mueller erhebt Anklage gegen 13 russische Staatsangehörige und drei russische Unternehmen, weil sie in strafbarer Weise den Präsidentschaftswahlkampf in den USA beeinflusst haben sollen | 13. März: Trump entlässt seinen Außenminister Rex Tillerson | 18. Mai: Trump erklärt, die USA würden das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufkündigen | 9. Juni 2018: Trump zieht seine Zustimmung zur Abschlusserklärung des G7-Gipfels im kanadischen La Malbaie zurück | 27. Oktober: der Alt-Right-Rassist Robert Bowers erschießt elf Menschen in der Tree-of-LifeSynagoge von Pittsburgh/Pa. und verletzt sechs weitere | 7. November: US-Justizminister Jeff Sessions tritt von seinem Amt zurück | 8. Dezember: Trump entlässt seinen Stabschef John Kelly 2019 | 27. April: der 19-jährige John Earnest tötet eine Besucherin der Chabad-Synagoge in Poway/Cal. und verwundet den Rabbi der Gemeinde | 25. Juli: in einem Telefongespräch fordert Trump den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, ein Untersuchungsverfahren gegen Joe Bidens Sohn Hunter einzuleiten | 3. August: Patrick Crusius verübt in einem Walmart-Supermarkt von El Paso/Tex. ein Massaker – 22 Menschen vorwiegend lateinamerikanischer Herkunft sterben, 26 weitere werden verletzt | 16. August: Präsident Trump äußert Interesse daran, Grönland zu kaufen | 10. September: der Nationale Sicherheitsberater John Bolton tritt zurück | 3. Oktober: Trump fordert China und die Ukraine öffentlich auf, Untersuchungen gegen Joe Biden und dessen Familie einzuleiten | 18. Dezember: das US-Repräsentantenhaus leitet ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump ein 2020 | 2. Januar: das US-amerikanische Militär tötet den iranischen Offizier Qāsem-e Soleimānī | 5. Februar: das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump scheitert an der republikanischen Mehrheit im US-Senat | 25. Mai: bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis/Minn. kommt der Afroamerikaner George
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Chronologie
Floyd ums Leben | 7. Juli: Trump informiert den US-Kongress, dass die USA aus der World Health Organization (WHO) austreten | 18. September: die liberale US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg stirbt 87-jährig an den Folgen einer Krebserkrankung | 22. September: die Zahl der COVID-19-Toten in den USA überschreitet die Marke von 200.000 | 26. September: Donald Trump nominiert die erzkonservative Juristin Amy Coney Barrett als Ginsburgs Nachfolgerin am US Supreme Court | 29. September: im ersten TV-Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden verstößt der Präsident massiv gegen die vereinbarten Diskussionsregeln, indem er seinen Herausforderer trotzt mehrfacher Ermahnung immer wieder lautstark unterbricht | 1. Oktober: Trump und seine Frau Melania werden positiv auf COVID-19 getestet | 8. Oktober: das FBI gibt bekannt, dass 13 mutmaßliche rechtsextreme Terroristen verhaftet worden seien, die geplant hätten, kurz vor der USPräsidentschaftswahl die Demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer zu entführen, das Michigan State Capitol zu stürmen und einen Bürgerkrieg anzuzetteln | 3. November: Präsidentschaftswahl in den USA
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Abkürzungsverzeichnis ACLU Act Up BPP DOB GLAAD GLF NAACP NOW PFAW SDS SHR SPLC WUO ACTV AFA AFC AfD ANP AOG AWD CC COTC CV CWA EF FC FRC GRECE
American Civil Liberties Union AIDS Coalition to Unleash Power Black Panther Party Daughters of Bilitis Gay & Lesbian Alliance Against Defamation Gay Liberation Front National Association for the Advancement of Colored People National Organization of Women People for the American Way Students for a Democratic Society Society for Human Rights Southern Poverty Law Center Weather Underground Organization American Coalition for Traditional Values American Family Association American Freedom Coalition Alternative für Deutschland American Nazi Party Army of God Atomwaffen Division Christian Coalition Church of the Creator Christian Voice Concerned Women for America Eagle Forum Freedom Council Family Research Council Groupement de Recherche et d’Etudes pour la Civilisation Européenne
149
Abkürzungsverzeichnis
IE JA KKK KKKK MM NA NAAWP NCAC NPI NSDAP/AO NSM NSU NSWPP OD RAM RR TRS VA WAR WBC WCOTC WUFENS BKA BND CIA CIC FBI KgU KSK NSA NSC NTS Org OUN RFE
150
Identity Evropa Junge Alternative für Deutschland Ku Klux Klan Knights of the Ku Klux Klan Moral Majority National Alliance National Association for the Advancement of White People National Christian Action Coalition National Policy Institute NSDAP Aufbau- und Auslandsorganisation National Socialist Movement Nationalsozialistischer Untergrund National Socialist White People’s Party Occidental Dissent Rise Above Movement Religious Roundtable The Right Stuff Vanguard America White Aryan Resistance Westboro Baptist Church World Church of the Creator World Union of Free Enterprise National Socialists Bundeskriminalamt Bundesnachrichtendienst Central Intelligence Agency Counter Intelligence Corps Federal Bureau of Investigation Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit Kommando Spezialkräfte National Security Agency National Security Council Bund der russischen Solidaristen e. V. (russ. НародноТрудовой Союз российских солидаристов) Organisation Gehlen Organisation Ukrainischer Nationalisten (ukrain. Організація Українських Націоналістів) Radio Free Europe
Abkürzungsverzeichnis
TsOPE
UPA
Zentralverband der Nachkriegsemigranten aus der UdSSR (russ. Центральное объединение политических эмигрантов из СССР) Ukrainische Aufständische Armee (ukrain. Українська Повстанська Армія)
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Gründungs- und Aktivitätszentren rechtsextremer Gruppierungen in den USA
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Pulaski: erster Ku-Klux-Klan (1865) Stone Mountain: zweiter Ku-Klux-Klan (1915) Asheville: Silver Legion of America („Silvershirts“) (1933) Lancaster: White Identity Church of Jesus Christ Christian (1946) Topeka: Westboro Baptist Church (1955) Arlington: American Nazi Party (1959) Portland: Posse Comitatus (1969) Lincoln: NSDAP/AO (1972) Hayden Lake: Aryan Nations (1973) Hillsboro: National Alliance (1974) St. Paul: National Socialist Movement (1974) Metairie: National Association for the Advancement of White People (1981) Otto: Zentrum der Church of the Creator (1982) Fallbrook: White Aryan Resistance (1983) Alexandria: National Policy Institute (2005) Oakdale: Identity Evropa (2016)
Karten
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Extremistische Gewalttaten in den USA
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1 Washington, D. C.: Mord an Präsident Abraham Lincoln (1865) 2 Dallas: Mord an Präsident John F. Kennedy (1963) 3 New York: Anhänger der Nation of Islam erschießen Malcolm X (1965) 4 Arlington: ANP-Führer George Lincoln Rockwell wird von einem ehemaligen Parteimitglied umgebracht (1967) 5 Memphis: Mord an Martin Luther King (1968) 6 Chicago: Polizisten erschießen Fred Hampton (1969) 7 Medina: Posse-Mitglied Gordon Kahl tötet zwei Polizisten (1983) 8 Denver: Mitglieder der Terrorgruppe The Order ermorden den jüdischen Radiomoderator Alan Berg (1984) 9 Rulo: Posse-Mitglied Michael Ryan foltert und tötet zwei Menschen (1985) 10 Portland: WAR-Skinheads prügeln den äthiopischen Studenten Mulugeta Seraw zu Tode (1988) 11 Oklahoma City: Timothy McVeigh sprengt das Alfred P. Murrah Federal Building in die Luft (1995) 12 Atlanta: Eric Rudolph verübt ein Bombenattentat auf die Olympischen Spiele (1996) 13 Hayden Lake: Aryan-Nations-Wachleute überfallen Victoria Keenan und ihren Sohn Jason (1998) 14 Buffalo: James C. Kopp ermordet den Gynäkologen Barnett Slepian (1998) 15 Charlottesville: nach der Kundgebung „Unite the Right“ rast James Fields mit seinem Auto in eine Menschenmenge – eine Tote und 19 Verletzte (2017) 16 Orange County: Atomwaffen-Division-Mitglied Samuel Woodward ersticht den schwulen, jüdischen Studenten Blaze Bernstein (2018) 17 Pittsburgh: der Alt-Right-Rassist und Antisemit Robert Bowers erschießt elf Menschen in der Tree-of-Life-Synagoge und verletzt sechs weitere (2018) 18 Poway: John Earnest ermordet eine Frau in der ChabadSynagoge und verwundet drei weitere Personen (2019) 19 El Paso: Patrick Crusius erschießt 22 Menschen vorwiegend lateinamerikanischer Herkunft in einem WalmartSupermarkt und verletzt 26 weitere (2019)
Karten
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156
ab 1946 White Identity Church of Jesus Christ Christian Wesley A. Swift ( 1946–71) Richard G. Butler ( 1971–2004, → Aryan Nations) William Potter Gale (→ Posse Comitatus) James P. Wickstrom (→ Posse Comitatus)
Christlicher Fundamentalismus
Silvershirts
1915–44 zweiter Ku-Klux-Klan (KKK) William J. Simmons ( * 1915–22) Hiram Wesley Evans ( 1922–39) Wesley A. Swift (→ White Identity Church of Jesus Christ Christian)
1865–71 Ku-Klux-Klan (KKK) James R. Crowe, Calvin E. Jones, John B. Kennedy, John C. Lester, Frank O. McCord, Richard R. Reed (Gründungsmitglieder)
White Supremacy
1933–41 Silver Legion of America („Silvershirts“) William Dudley Pelley ( 1933–41) Henry L. Beach (→ Posse Comitatus) Richard G. Butler (→ White Identity Church of Jesus Christ Christian)
KKK
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
*
= Führungsposition
ab 1955 Westboro Baptist Church (WBC) Fred Phelps ( 1955–2014)
Christlicher Fundamentalismus
WBC
1969–80er Posse Comitatus Henry L. Beach William Potter Gale James P. Wickstrom Gordon Kahl Michael W. Ryan
ANP
White Supremacy
Posse Comitatus
1959–66/67 American Nazi Party (ANP) 1966/67–83 National Socialist White People’s Party (NSWPP) ab 1983 New Order George Lincoln Rockwell ( 1959–67) Matthias Koehl ( 1967–2014) William L. Pierce (→ NA) James Mason (→ AWD) Robert Brannen (→ NSM) Clifford Herrington (→ NSM)
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
157
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ab 1989 Christian Coalition (CC) Pat Robertson ( 1989–2000)
1984–2018 American Coalition for Traditional Values (ACTV) Louis P. Sheldon (Gründer)
ab 1983 Family Research Council (FRC) James Dobson ( 1983–88)
1979–89 Moral Majority (MM) Jerry Falwell ( 1979–89)
ab 1979 Concerned Women for America (CWA) Beverly LaHaye ( 1979–1996)
1978–2012 Christian Voice (CV) Robert G. Grant ( 1978–98; 2003–08)
1977–88 National Federation for Decency ab 1988 American Family Association (AFA) Donald Wildmon ( 1977–2020)
ab 1972 Eagle Forum (EF) Phyllis Schlafly ( 1972–2016)
christlich-fundamentalistische Interessengruppen
Christlicher Fundamentalismus
CC
CWA
AFA
EF
White Supremacy
NSDAP/AO
ab 1972 NSDAP/AO Gary (Gerhard) Rex Lauck (
Nationalsozialismus/ Neonazis ab 1972)
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
Christlicher Fundamentalismus
NSM
1973–96 Church of the Creator (COTC) ab 1996 World Church of the Creator (WCOTC) Ben Klassen ( 1973–93) Matthew Hale ( ab 1993)
1973–2010 Aryan Nations Richard G. Butler ( 1973–2010) Louis Beam Robert Mathews (→ Brüders Schweigen) David Lane (→ Brüders Schweigen)
White Supremacy
ab 1974 National Socialist Movement (NSM) Robert Brannen ( 1974–94) Clifford Herrington Jeffrey Schoep ( 1994–2019) Burt Colucci ( ab 2019)
1974–84 National Socialist League Russell Veh ( 1974–84)
COTC
Aryan Nations
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
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ab 1982 Army of God (AOG) James C. Kopp Eric Rudolph
Christlicher Fundamentalismus
ab 1983 White Aryan Resistance (WAR) Tom Metzger ( ab 1983)
ab 1981 National Association for the Advancement of White People (NAAWP) David Duke ( 1981–90)
ab 1975 Knights of the Ku Klux Klan (KKKK) David Duke ( 1975–80, → NAAWP) Tom Metzger (→ WAR) David Lane (→ Brüders Schweigen)
White Supremacy
WAR
NA
ab 1974 National Alliance (NA) William L. Pierce ( 1974–2002)
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
VDARE
Breitbart
Christlicher Fundamentalismus
ab 2007 Breitbart Robert L. Mercer Andrew Breitbart Stephen Bannon Milo Yiannopoulos
ab 2005 National Policy Institute (NPI) Louis R. Andrews ( 2005–2011) Richard Spencer ( ab 2011)
ab 1999 VDARE Peter Brimelow ( ab 1999)
ab 1990 American Renaissance Jared Taylor ( ab 1990)
Alt-Right
1983/84 Brüders Schweigen – The Order Robert Mathews ( 1983/84) David Lane
White Supremacy
NPI
American Renaissance
Brüders Schweigen
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
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IE
Christlicher Fundamentalismus
Patrick Crusius, Jack Donovan, John Timothy Earnest, Augustus Invictus, Jason Kessler
ab 2017 Rise Above Movement (RAM) Robert Rundo ( ab 2017) Benjamin Daley
ab 2016 Identity Evropa (IE) Nathan Damigo ( 2016/17) Patrick Casey ( ab 2017)
ab 2015 Vanguard America (VA) Dillon Hopper ( ab 2015) James Fields
ab 2008 Occidental Dissent (OD) Brad Griffin ( ab 2008)
Alt-Right
White Supremacy
RAM
VA
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
Christlicher Fundamentalismus
The Daily Stormer
TRS
AWD
White Supremacy
2015–20 Atomwaffen Division (AWD) James Mason John Cameron Denton Samuel Woodward
ab 2013 The Daily Stormer Andrew Anglin ( ab 2013)
ab 2012 The Right Stuff (TRS) Mike Enoch ( ab 2012) Johnny Monoxide
Nationalsozialismus/ Neonazis
Übersicht zu Rechtsradikalismus in den USA
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Literaturverzeichnis Adams, James Truslow: The Epic of America. Boston/Mass. 1931. Akhanlı, Doğan: Verhaftung in Granada oder Treibt die Türkei in die Diktatur? Köln 2018. Alexander, Michelle: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. New York 2010. Altman, Alex/Scherer, Michael: Bigots, boosted by the bully pulpit. In: Time. 190 (2017), Heft 8. S. 28–33. Amann, Melanie: Angst für Deutschland. Die Wahrheit über die AfD: wo sie herkommt, wer sie führt, wohin sie steuert. München 2017. Amann, Melanie: „Die Merkelnutte lässt jeden rein“. In: Der Spiegel. 2018, Heft 7. S. 26. Amann, Melanie/Becker, Sven/Rosenbach, Marcel: Migration nach rechts. Afd. Die Partei verbietet Kooperationen mit der rechtsextremen Identitären Bewegung. Chatprotokolle zeigen: Der Austausch gedeiht. In: Der Spiegel. 2018, Heft 7. S. 42/43. Andrew, Christopher: For the President’s Eyes Only. Secret Intelligence and the American Presidency from Washington to Bush. New York 1995. Anonym: „Ark“ with 300 Reds sails early today for unnamed port. In: The New York Times vom 21. Dezember 1919. S. 1, 3. Anonym: Pelley, Silver Shirts founder, sentenced to 15 years in prison. In: The Boston Daily Globe vom 13. August 1942. S. 12. Anonym: Never again. In: Crusader. Voice of West Coast Gay Liberation. 1975, Februar-Heft. S. 7. Anonym: Gesunde Barbaren. Mit V-Männern und FBI-Hilfe verschafften sich Fahnder genug Material, um einen der weltweit aktivsten Neonazis vor Gericht zu stellen. In: Der Spiegel. 1996, Heft 18. S. 76/77. Anonym: Russell Veh. In: Encyclopedia of White Power. A Sourcebook on the Radical Racist Right. Hg. J. Kaplan. Walnut Creek/Cal., New York, Oxford 2000. S. 316–318.
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180
Personenregister Abrams, Kevin E. 48, 144 Abzug, Bella (1920–1998) 38 Adams, James Truslow (1878– 1949) 76, 101/102, 104/105 Adams, William James (*1975) 75
Albrecht, Franco Hans (*1989) 115/116
Allende Gossens, Salvador (1908–1973) 73, 143 al-Sisi, Abd al-Fattah Saeed Hussein Khalil (*1954) 90 Andrews, Louis Rutledge (†2011) 161 Anglin, Andrew Barrett (*1984) 63, 94, 163
Antonio, Emile Francisco de (1919–1989) 18/19 Arendt, Hannah (1906–1975) 110
Armstrong, Neil Alden (1930– 2012) 142 Ayers, William Charles „Bill“ (*1944) 18/19 Bach, Johann Sebastian (1685– 1750) 110 Bader Ginsburg, Joan Ruth (1933–2020) 147 Baier, George 26
Baldwin, Alexander Rae „Alec“ (*1958) 90 Baldwin, James Arthur (1924– 1987) 27/28 Balliet, Stephan (*1992) 118–120 Bandera, Stepan Andrijowytsch (1909–1959) 72 Bannon, Stephen Kevin „Steve“ (*1953) 29, 89/90, 145, 161 Barbie, Nikolaus „Klaus“ (1913– 1991) 69 Başay-Yıldız, Seda (*1976) 112/ 113
Baydar, Idil Nuna (*1975) 113 Beach, Henry Lamont „Mike“ (1903–1989) 53, 142, 156/ 157
Beam, Louis Ray (*1946) 42/43, 99, 143, 159
Beatty, Warren (eigentl. Henry Warren Beaty, *1937) 18 Beethoven, Ludwig van (1770– 1827) 110 Belafonte, Harry (eigentl. Harold George Bellanfanti jr., *1927) 18 Benedikt XVI. (eigentl. Joseph Alois Ratzinger, *1927) 60 Benoist, Alain de (*1943) 129/ 130, 132/133
181
Personenregister
Bentham, Jeremy (1748–1832) 132
Benz, Carl Friedrich (1844– 1929) 110 Berg, Alan Harrison (1934– 1984) 43, 143, 155 Bernstein, Blaze (1998–2018) 97/98, 146, 155
Biden, Hunter (*1970) 92, 146 Biden, Joseph Robinette „Joe“ (*1942) 92, 100, 146/147 Boateng, Jérôme Agyenim (*1988) 109 Boehringer, Peter Christian Pascal (*1969) 111 Bogomolow, Aleksandr Efremowitsch (1900–1969) 131 Bolton, John Robert (*1948) 146 Bone, Kenneth „Ken“ (*1982) 84 Börger, Saskia (*1991) 114 Botticelli, Sandro (eigentl. Alessandro di Mariano Filipepi, 1445–1510) 9 Boudin, Kathy (*1943) 18 Bowers, Robert Gregory (*1972) 98, 146, 155
Brannen, Robert F. (1926–2004) 48, 52, 143, 157, 159
Breitbart, Andrew (1969–2012) 161
Brewster, Kyle Hayden (*1969) 143
Brimelow, Peter (*1947) 161 Brown, Michael O. D. (1996– 2014) 15, 145 Burke, Edmund (1729–1797) 132
Bush, George Walker (*1946) 75/ 76, 88
Bush, John Ellis „Jeb“ (*1953) 83
182
Butler, Richard Girnt (1918– 2004) 39–41, 45, 54, 99, 142– 144, 156, 159
Cady Stanton, Elizabeth (1815– 1902) 19 Camus, Jean Renaud Gabriel (*1946) 124–126 Casey, Patrick (*1989) 162 Cassin, René Samuel (1887– 1976) 131 Cernovich, Michael „Mike“ (*1977) 59/60 Chauvin, Derek Michael (*1976) 16 Clark, Kenneth Bancroft (1914– 2005) 27 Clinton, Hillary Diane Rodham (*1947) 7, 83–85, 111/112 Colucci, Burt 159 Comey, James Brien (*1960) 85, 145
Coney Barrett, Amy (*1972) 147 Conway, Kellyanne Elizabeth (*1967) 87 Crane, Nicola Vincenzo „Nicky“ (1958–1993) 48 Crazy Horse (eigentl. Tashunka Witko, um 1842–1877) 140 Crowe, James Rankin (1838– 1911) 156 Crusius, Patrick Wood (*1998) 98, 146, 155, 162
Custer, George Armstrong (1839–1876) 140 Dahl, Steven Robert „Steve“ (*1954) 26/27, 143 Daley, Benjamin Drake (*1992) 97, 162
Personenregister
Damigo, Nathan Benjamin (*1986) 59/60, 63/64, 94, 97, 162
Damon, Matthew Paige „Matt“ (*1970) 75 Dees, Morris Seligman (*1936) 43
Demme, Robert Jonathan (1944– 2017) 144 Denton, John Cameron 163 Dewey, John (1859–1952) 101, 105
DiCaprio, Leonardo Wilhelm (*1974) 17 Dobson, James Clayton „Jim“ (*1936) 158 Dohme, Sascha (*1990) 114 Dohrn, Bernardine Rae (*1942) 18
Donovan, Jack (*1974) 48, 128, 162
Duke, David Ernest (*1950) 35– 38, 45, 94/95, 97, 99, 124, 143/ 144, 160
Dukes, Charles, Baron Dukeston (1880–1948) 131 Dunham, Stanley Ann (1942– 1995) 7 Dunham, Stanley Armour (1918–1992) 7 Duterte, Rodrigo Roa (*1945) 90 Dylan, Bob (eigentl. Robert Allen Zimmerman, *1941) 17 Earnest, John Timothy (*1999)
Enoch, Mike (eigentl. Michael Peinovich, *1977) 94, 163 Ernst, Stephan (*1973) 116/117 Evans, Hiram Wesley (1881– 1966) 33, 156 Fairey, Frank Shepard (*1970) 75, 130
Falwell, Jerry Lamon (1933– 2007) 57/58, 158 Faulkner, William Cuthbert (1897–1962) 129 Faye, Guillaume (1949–2019) 64, 128–133
Fey, Elizabeth Stamatina „Tina“ (*1970) 80 Fields, James Alex (*1997) 94, 97, 155, 162
Fiorina, Cara Carleton „Carly“ (*1954) 83 Floyd, George Perry (1973– 2020) 16, 146/147 Flynn, Michael Thomas (*1958) 145
Ford, Henry (1863–1947) 35, 140
Francis, Samuel Todd (1947– 2005) 63/64 Frank, Robert (1924–2019) 77 Frazier, Kenneth Carleton (*1954) 95 Freeland, Chrystia (*1968) 92 Freud, Sigmund (1856–1939) 38 Friedan, Betty Naomi (1921– 2006) 20, 38, 142
98, 146, 155, 162
Eastwood, Clinton „Clint“ (*1930) 17 Ehring, Christian (*1972) 110 Elsässer, Jürgen (*1957) 120
Gale, William Potter (1917– 1988) 53, 156/157 Gandhi, Mohandas Karamchand „Mahatma“ (1869–1948) 76
183
Personenregister
Garland, Judy (eigentl. Frances Ethel Gumm, 1922–1969) 23
Gates, Richard William „Rick“ (*1972) 145 Gauchet, Marcel (*1946) 132 Gauland, Eberhardt Alexander (*1941) 109/110 Gehlen, Reinhard (1902–1979) 70, 141
Gerber, Henry (1892–1972) 22, 140
Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832) 110 Gold, Theodore „Ted“ (1947– 1970) 17/18 Goldman, Emma (1869–1940) 17, 140
Grant, Robert G. (*1936) 158 Griffin, Bradley Dean „Brad“ (*1980) 162 Griffith, David Wark (1875– 1948) 30, 32 Günzel, Reinhard (*1944) 116 Gyllenhaal, Jacob Benjamin „Jake“ (*1980) 25 Hale, Matthew F. „Matt“ (*1971) 159 Hampton, Fred (1948–1969) 15, 142, 155
Hanks, Thomas Jeffrey „Tom“ (*1956) 24 Hartmann, Markus (*1976) 117 Hay, Henry „Harry“ (1912– 2002) 23, 141 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831) 64 Hemingway, Ernest Miller (1899–1961) 129
184
Herman, Eva (eigentl. Eva Bischoff, *1958) 120, 126 Herrington, Clifford D. (*1947) 48, 52, 143, 157, 159
Heyer, Heather Danielle (1985– 2017) 94 Hitler, Adolf (1889–1945) 46, 51/ 52
Höcke, Björn (*1972) 108–110 Hodgson, William Roy (1892– 1958) 131 Hoffman, Abott „Abbie“ (1936– 1989) 38 Hohmann, Martin (*1948) 116 Hoover, John Edgar (1895– 1972) 17, 51 Hopper, Dillon Ulysses (*1988) 162
Humphrey, John Peters (1905– 1995) 131 Hussein, Saddam (eigentl. Hussain Saddam al-Tikriti, 1937–2006) 67, 76, 144 Illner, Maybrit (*1965) 113 Invictus, Augustus Sol (eigentl. Austin Gillespie, *1983) 94, 162
Jackson, Michael Joseph (1958– 2009) 39 Jefferson, Thomas (1743–1826) 95
Jenner, William Ezra (1908– 1985) 51 Johnson, Jim (*1945) 26 Johnson, Lyndon Baines (1908– 1973) 12, 142 Jones, Calvin E. (1839–1874) 156
Personenregister
Jones, Jeffrey Carl „Jeff “ (*1947) 18
Jong Un, Kim (*um 1983) 90 Juschtschenko, Wiktor Andrijowytsch (*1954) 72 Kaepernick, Colin Rand (*1987) 14/15
Kahl, Gordon Wendell (1920– 1983) 54, 143, 155, 157 Kant, Immanuel (1724–1804) 110
Keenan, Jason William (*1979) 40, 155
Keenan, Victoria L. (*1955) 40, 155
Kelle, Birgit Heike (*1975) 126 Kelly, John Francis (*1950) 145/ 146
Kelly, Megyn Marie (*1970) 83 Kennedy, John Booker (1841– 1913) 156 Kennedy, John Fitzgerald „Jack“ (1917–1963) 142, 155 Kennedy, William Stetson (1916– 2011) 4 Kerouac, Jean-Louis „Jack“ (1922–1969) 77 Kerry, John Forbes (*1943) 75 Kessler, Jason Eric (*1983) 94, 162
Killen, Edgar Ray (1925–2018) 97
King, Michael „Martin Luther“ (1929–1968) 12/13, 15, 142, 155
Kinsey, Alfred Charles (1894– 1956) 23 Kisljak, Sergei Iwanowitsch (*1950) 145
Kissinger, Henry Alfred (*1923) 43
Klassen, Bernhard „Ben“ (1918– 1993) 45/46, 99, 143, 159 Klytschko, Witalij Wolodymyrowytsch (*1971) 80 Koch, Robert (1843–1910) 110 Koehl, Matthias (1935–2014) 51/52, 157
Kolumbus, Christoph (1451– 1506) 9, 139 Kopp, James Charles (*1954) 58, 144, 155, 160
Kovaleski, Serge Frank (*1961) 84
Kubitschek, Götz (*1970) 120 Kühnen, Michael Aloysius Alfons (1955–1991) 48 Kutschera, Ulrich (*1955) 126/ 127
Laden, Osama bin (1957–2011) 145
LaHaye, Beverly (*1929) 158 Lane, David Eden (1938–2007) 45, 88, 99, 159–161
La Rochefoucauld, François de (1613–1680) 132/133 Lauck, Gerhard Rex „Gary“ (*1953) 47/48, 142, 144, 158
Lear, Norman Milton (*1922) 43 Lebid, Mykola (1909–1998) 71 Ledger, Heathcliff Andrew „Heath“ (1979–2008) 25 Lee, Robert Edward (1807– 1870) 94/95, 145 Legend, John (eigentl. John Roger Stephens, *1978) 92 Lemke, Dennis 114
185
Personenregister
Lenin (eigentl. Wladimir Iljitsch Uljanow, 1870–1924) 51, 89 Lester, John Calhoun 156 Lincoln, Abraham (1809–1865) 29, 139, 155
Lindbergh, Charles Augustus (1902–1974) 39, 51, 140 Lively, Scott Douglas (*1957) 48, 144
Lübcke, Walter (1953–2019) 116/117
Lumumba, Patrice Hemery (1925–1961) 71, 73, 142 Lyon, Phyllis Ann (1924–2020) 23, 141
Mathews, Robert Jay „Bob“ (1953–1984) 43–45, 143, 159, 161
Mattson, Charles Fletcher (1926– 1936) 22/23 Mazyek, Aiman (*1969) 113 McCain, John Sidney (1936– 2018) 75, 80 McCarthy, Joseph Raymond (1908–1957) 17, 23 McCord, Frank Owen (1839– 1895) 156 McVeigh, Timothy James (1968– 2001) 55, 144, 155 Melville, Herman (1819–1891) 75
MacLaine, Shirley (eigentl. Shirley MacLean Beaty, *1934) 18 Macron, Emmanuel Jean-Michel Frédéric (*1977) 64 Maistre, Joseph de (1753–1821) 132
Malcolm X (eigentl. Malcolm Little, 1925–1965) 15, 142, 155
Malik, Charles Habib (1906– 1987) 131 Manafort, Paul John (*1949) 145
Mancuso, David Paul (1944– 2016) 26 Mann, Thomas (1875–1955)
Mercer, Robert Leroy (*1946) 59, 62, 161
Merkel, Angela Dorothea (*1954) 85, 90–92, 111/112 Metzger, Thomas Linton „Tom“ (*1938) 38/39, 143/144, 160 Mieske, Kenneth Murray „Ken Death“ (1965–2011) 143 Monoxide, Johnny (eigentl. John Ramondetta, *1972) 94, 163 Monroe, James (1758–1831) 139 Mossadegh, Mohammad (um 1881–1967) 71, 141 Mueller, Robert Swan (*1944) 63, 145/146
Mugabe, Robert Gabriel (1924– 2019) 90, 114
110
Martin, Dorothy Louise „Del“ (1921–2008) 23, 141 Marx, Karl Heinrich (1818– 1883) 51, 132 Mason, James Nolan (*1952) 157, 163
186
Newton, Huey Percy (1942– 1989) 15, 142 Nieto, Enrique Peña (*1966) 90 Nixon, Richard Milhous (1913– 1994) 143 Nuland, Victoria Jane (*1961) 80
Personenregister
Obama, Barack Hussein (*1961) 7, 15, 19, 58, 75–80, 93, 144/ 145 O’Leary, Dale (*1941) 128
Özoğuz, Aydan Saliha (*1967) 110
Pahlavi, Mohammad Reza (1919– 1980) 143 Palin, Sarah Louise (*1964) 80/81 Payne, Madelyn Lee (1922– 2008) 7 Pelley, William Dudley (1890– 1965) 52/53, 141, 156 Petry, Frauke (*1975) 109 Phelps, Fred Waldron (1929– 2014) 58, 141, 157 Pierce, William Luther (1933– 2002) 51/52, 55, 143, 157, 160
Pirinçci, Akif (*1959) 128 Poe, Edgar Allan (1809–1849) 129
Poggenburg, André (*1975) 110 Popp, Andreas (*1961) 122 Powell, Colin Luther (*1937) 75 Priebus, Reinhold Richard „Reince“ (*1972) 145 Putin, Wladimir Wladimirowitsch (*1952) 90 Putnam, Carleton (1901–1998) 36, 142
Radosh, Ronald (*1937) 89 Rankin, Jeannette (1880–1973) 140
Reagan, Ronald Wilson (1911– 2004) 60, 81, 143 Reed, Richard Robert (1837– 1884) 156
Regnery, William H. (*1941) 144 Reid, Eric Todd (*1991) 14 Robertson, Marion Gordon „Pat“ (*1930) 158 Robinson, Mary Therese Winifred (*1944) 92 Rockefeller, David (1915–2017) 43
Rockwell, George Lincoln (1918– 1967) 48, 50/51, 99, 141/142, 155, 157
Romney, Mitt (*1947) 93 Roosevelt, Anna Eleanor (1884– 1962) 131 Roosevelt, Franklin Delano (1882–1945) 141 Roth, Michael (*1970) 112 Rothschild, Elie Robert de (1917– 2007) 43 Rowling, Joanne Kathleen (*1965) 92 Rubell, Steve (1943–1989) 26 Rubin, Jerry Clyde (1938–1994) 38
Rubio, Marco Antonio (*1971) 83
Rudolph, Eric Robert (*1966) 58, 144, 155, 160
Rundo, Robert Paul (*1990) 162 Russo, Vito Anthony (1946– 1990) 24 Ryan, Michael Wayne (1948– 2015) 54/55, 143, 155, 157 Santa Cruz, Hernán (1906– 1999) 131 Sarandon, Susan Abigail (*1946) 75 Sarkozy, Nicolas Paul Stéphane (*1955) 122
187
Personenregister
Schäuble, Wolfgang (*1942) 122/ 123
Schlafly, Phyllis (1924–2016) 158
Schmitt, André (*1985) 116 Schoep, Jeffrey „Jeff “ (*1973) 52, 94, 97, 144, 159
Schuster, Josef (*1954) 113 Schwarzenegger, Arnold Alois (*1947) 81 Seale, Robert George „Bobby“ (*1936) 15, 142 Seehofer, Horst Lorenz (*1949) 89
Selenskyj, Wolodymyr Oleksandrowytsch (*1978) 92, 146 Sellner, Martin (*1989) 124 Seraw, Mulugeta (1960–1988) 39, 143/144, 155
Sessions, Jefferson Beauregard „Jeff “ (*1946) 146 Sheldon, Louis P. (1934–2020) 158
Siemens, Ernst Werner von (1816–1892) 110 Simmons, William Joseph (1880– 1945) 30, 32, 63, 99, 140, 156 Sitting Bull (eigentl. Lakota Tatanka Yotanka, um 1831– 1890) 140 Slepian, Barnett Abba (1946– 1998) 58, 155 Snowden, Edward Joseph (*1983) 80, 145 Soleimānī, Qāsem-e (1957– 2020) 146 Spencer, Richard Bertrand (*1978) 59/60, 64, 94/95, 97, 99, 129, 144, 161
Spicer, Sean Michael (*1971) 145
188
Steinbeck, John Ernst (1902– 1968) 129 Steinem, Gloria Marie (*1934) 38
Stern, James Hart (1964–2019) 97
Stice, Luke Brandon (1979– 1985) 54 Stice, Ora Richard „Rick“ (*1956) 54 Stone, Roger Jason (*1952) 63 Straßer, Gregor (1892–1934) 38
Straßer, Otto (1897–1974) 38 Strasser, Steven Rodney „Steve“ (*1968) 143 Streep, Mary Louise „Meryl“ (*1949) 84 Struck, Peter (1943–2012) 116 Swift, Wesley Albert (1913– 1970) 33, 35, 39, 99, 141, 156 Taine, Hippolyte-Adolphe (1828–1893) 132 Taylor, Samuel Jared (*1951) 129, 145, 161
Thatcher, Margaret Hilda (1925– 2013) 60 Thimm, James Allan (1959– 1985) 54/55 Thoreau, Henry David (1817– 1862) 76 Tillerson, Rex Wayne (*1952) 146
Truman, Harry S. (1884–1972) 141
Trump, Donald John (*1946) 15, 59/60, 62–64, 81, 83–95, 97/ 98, 100, 104, 107, 112, 145– 147
Personenregister
Trump, Mary Lea (*1965) 91 Trump, Melania (*1970) 147 Turnbull, Malcolm Bligh (*1954) 90 Twain, Mark (eigentl. Samuel Langhorne Clemens, 1835– 1910) 129 Veeck, Mike 26 Veh, Russell Raymond (*1950) 47/48, 143, 159
Vogt, Michael Friedrich (*1953) 122
Wallace, George Corley (1919– 1998) 51 Warfield, Jesse Edward 144 Washington, Denzel Hayes (*1954) 24 Washington, George (1732– 1799) 95, 139 Weidel, Alice Elisabeth (*1979) 110
Weizsäcker, Richard Karl Freiherr von (1920–2015) 109 Whitmer, Gretchen Esther (*1971) 147
Wickstrom, James Paul (1942– 2018) 54, 156/157 Wildmon, Donald Ellis (*1938) 158
Wilkerson, Cathlyn Platt „Cathy“ (*1945) 18 Winkler, Heinrich August (*1938) 11, 105 Wintrich, Lucian Baxter (eigentl. Lucian Einhorn, *1988) 48/ 49
Wisnewski, Gerhard (*1959) 121, 128
Wissler, Janine (*1981) 113 Woodward, Samuel Lincoln (*1997) 98, 155, 163 Wright, Orville (1871–1948) 140 Wright, Shane 144 Wright, Wilbur (1867–1912) 140 Yeager, John S. 144 Yiannopoulos, Milo (eigentl. Milo Hanrahan, *1984) 48, 59–63, 110, 161
Zastrow, Volker (*1958) 126/127 Zhang, Pengjun (1892–1957) 131
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