Denkwürdigkeiten des Grafen von M .., eine getreue Schilderung seines Lebens und seiner Schicksale zu den Zeiten des nordamerikanischen Befreiungskrieges, der französischen Revolution bis zur Restauration.


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German Pages 264 Year 1829

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Denkwürdigkeiten des Grafen von M .., eine getreue Schilderung seines Lebens und seiner Schicksale zu den Zeiten des nordamerikanischen Befreiungskrieges, der französischen Revolution bis zur Restauration.

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Denkwürdigkeiten

005

Grafen

von

M ....

cine

Wirente Schiloerung feines Lebens und ſeiner Chickſale zu ben Zeiten des nordamerikaniſchen Sefreiungskrieges, der franzöſichen Revolution bis zur Reſtauration .

aus denn Franzöfifchen überfekt

A.

Leva

ſeu

in Paris.

eau

1829.

Druck und Berlag von 3. C. Fritſche und Sohn.

M834mig

nha

I

!

t.

Erftes Kapitel.

Meine Geburt. Erziehung.

Meine Wiege .

Seite Erſte

Erſcheinung in der Welt. -

Königlicher Befehl , der mich nad Pierre- en Cize ſhidt..

3 weites Kapitel. Uchtzehnmonatlicher Aufenthalt. Flucht.

Ausführung.

Entwurf zur

Ausfall mitten

Gaft: am Sage und mit bewaffneter Sand. freundſchaft eines Kaufmanns in lyon. Unkunft in der Auvergne. - Familienvertrag, Abreiſe nach der ſogenannten Jufurgentena"

Armee in Amerika.

16

Drittes Rapitel. Schiffbruch. - Williamsburg. - Serr Jeffers Beſchreibung der amerikaniſchen Ar: fon . Mein Empfang beim General la mee . Ich werde Adjutant. 367485

Die Wilden :

IV MWWW

Seite

Oneidas . Lager von Walley - Forges . Scheinausfall der engl. Armee. sphiladels

G

phia wird geräumt. Niederlage bei Rare: ton- Rivers. Schlacht und Sieg bei Mont Belagerung von New York, mouth. Arnolds Verrätherei. –

Gefangenehmung,

Verurtheilung und Tod des jungen Major An dre', - Graf Carlisle und Herr v. La F .... Angriff Graf Eſtaing vor New - York. Aufhebung der Belage: auf Rew : Port. tưng •

Abreiſe nach Frankreich. – Sturm. Ein engl. Verſchwörung an Bord. Corfar wird genommen. Ankunft in Breft.

43

il

Viertes Kapitel. Beſuch bei meinem Vater. - Unkunft zu Paris. Ich bekomme ein Rittmeiſterdiplom . über Paul Jones und den Hauptmann Lan Wiedereinſchiffung. Rückehr dais.

d

Landais, wird

$

zut amerikaniſchen Armee.

Feldzug während der überfahrt verrüdt. von 1781. - York- Zown. - Capitulation. Ende des amerikaniſchen Landkrieges. -

fc an

Id tehre nach Frankreich zurüd . - Xriumph.

R

Feſte und Bälle daa Wir lichten Anker . C - Ankunft

einzug in Corogna. felbft, 34 Lorient,

104

Konto

PAE

Fünftes Kapitel. Seite Entwurf einer Erpedition nach dem Senegal. — Der Cincina Beſuch zu Pierre- en- Cize. natusorden . – Bergnügungen des Friedens. Das Jahr Reiſe nach Cochindiina. 1789 . Schwindelgeiſt zu Paris und Ber: Herr v. la F .... nimmt Partei failles. Ich wandre mit mei: für die Nevolution, Feldzug in der Cham nem Bruder aus.

pagne. -

Niederlaſſung zu Lauſanne.

Gründung eines der größten wandlungshäufer. Eine Schuld Unverhoffte Neuigkeit. ruft mich nach Amerita . -

Ich diffe mid

129

zu bamburg ein.. Sedeftes Kapitel. Philadelphia ift in ein neues Salent verwan: delt, Gleiche Einfachheit der Sitten .

Sr. Mac : Henry , Kriegeminifter. Herrn Duportail.

über

über Moreau de St.

Mery. – Vorſchläge, die man mir macht. – Deputation an das Direktorium wegen Ents Der Paftetenbäder Marino Tchädigung. and ør. v . Volney. Die Fürften von D. Obrift Samilton . Reiſe nach New - York. über die Bereinigten Staaten . Bus

ſammentreffen mit dem Chevalier . , -

VI WWW Seite Erinnerungen an Herrn 6. la .... und Nachridhten über ſeine Entweichung aus Pl. müs. -

Meine Rüdtebe nach Europa.

163

Siebentes tapitel.

Unkunft in Bamburg. - Abreiſe nach Frank: teid . -- Die Zollbeamten zu Antwerpen . Mein Aufenthalt in Frankreich. - Reiſe nach Irieft. Jofeph de la Broffe. Die Statthalter 3., B. und F. Gerzog von D. -Guſtawfon . - bieronymus Bonaparte. +

208

Er ſte $ Meine Geburt. bung .

Kapitel .

Meine Wiege. -

Erfte Erzie:

Erſcheinung in der Welt.

Königlicher

Befehl, der mich nach Pierre - en - Cize fchidt.

ch erinnere' mid ),, geleſen zu haben ,, daß 1637 Ich die Königinn Anna von Öſterreich Paris bewohnte ; der König Ludmig XIII . , von Vincennes nach St. Germain zurückkehrend, Gewitter überraſcht,

warb von einem heftigen

und ſchlief in den Tuilerien .

Ludwig der Große ward den 5ten Sept. 1638 ge boren. Wenn ich beim Leſen der franzöſiſchen Ges ſchichte dieſe Bemerkung und diefe Übereinſtimmung fand , innern ,

konnte ich mich nie ohne Lachen daran er: daß mein verſtorbener Vater ,

der mich

nicht fehr liebte , mir mehr als einmal geſagt hat :

Junger Herr , Du wäreſt nicht auf der Welt , hätte ich nicht in der und der Nacht, in dem und dem Jahre, Flöhe in meinem Bett gefunden !" Das Ehes 1

2

bett ward der natürliche und geſegliche Zufluchtsort meines

Herrn Baters ;

ich

bin

auf die recht:

lichſte Weiſe vou der Welt die Wirkung dieſer Ur: ſache geworden ,

und ward ,

unter den Aufpicien

der Flöhen , geboren den 21ſten April 1758 ; mein Vater war Cäfar v . m

Graf von

... Ch .

P. , und meine Mutter M ... Ch .. : V. S. eine junge , ſchöne Frau , wie man mir geſagt hat, denn ich war ſo unglücklich ,

ſie zu verlieren ,

ehe

ich ſie kannte. Das edle

Erbgut

meiner Ättern

mit ſeinen

dicken Mauern und Feinen großen, fdwarzen , ächt geſchichtlichen Thiirmen hat mir ſeinen Namen ge geben ,

iſt aber

deßwegen nicht weniger traurig.

Mein Vater, Herr einer kleinen Stadt und vieler Kirdyſpiele, hatte neben feinen bürgerlichen Rechten auch das geiſtliche, die Prediger in den ihm anges hörigen Dörfern zu ernennen .

Der Graf Ch . lebte

mit ſeiner Gattinn mitten unter ſeinen Unterthanen, und dieſe von Beider Wohlthaten . die Rechte der Menſchen ,

Niemand kannte

aber alle kannten

und

übten die Pflichten der Dankbarkeit und Ehrfurcht. Es iſt Thatſadje,

daß , wenn meine Mutter aus:

3 YA WWW ging , Frauen und Kinder auf die Kniee ſanken und den Himmel und ihre Gutsfrau fegneten .

Männer

und Greiſe nahmen von fern ihre Hüte ab , wenn ſie ihren Herrn kommen ſahen , und man läutete War dieſer Austauſch von Schus die Gloden. und Liebe tadelnswerth ?

War es etwas anderes,

als Kinder , die ihre Ältern verehren ? Das alte ,

ungeheure Schloß

beherrſchte den

Flecken und das reiche Thal der Sioule , das von den Gipfeln der monts d'or majeſtätiſch bekränzt wird ; aber alle unſere reizenden ,

lieblichen Gegen:

den der Auvergne , lo ſchön , wenn die Natur ruhig iſt, bieten oft in einer Nacht ein ganz verändertes Schauſpiel

dar ;

unſere

Bäche

durch ein einziges Gewitter ,

werden

Ströme

und das Schwellen

des Waſſers erweckt Beſorgniß und Gefahr. wohnheit macht verwegen ;

Ge

darum laufen die Ein

geborenen häufiger Gefahr, als Reifende , weil ſie zu viel wagen.

So wollte eines Abends ein Nach

bar und Freund meiner Ältern nach Hauſe zurück kehren ;

er war zu Pferde,

verfehlte die Furth,

die er wohl zu kennen glaubte ,

und ertrank

der Sioule , die damals einem Strome glich.

in

Dieſe

4

ſchreckliche Begebenheit,

die man meiner jungen

Mutter ohne Vorſicht meldete ,

war die Urſache

ihres faſt plöblichen Todes . Dieſe Vorfälle abgerechnet ,

die auch in an

deren Familien ſich ereignen können ,

erinnere ich

mich nid )ts Bemerkenswerthen von meiner Geburt bis zu meinem 10. Fahre, außer daß ich eine ge wiffe Karakterſtärke befaß ,

etwas von dem ,

was

Plutarch, vom Alcibiades , als Kind , anmerkt , ober was der Geſchichtſchreiber des guten

Sonnetable

Bertrand von ihm als kleinen Knaben erwähnt. Ich ward faſt ganz bei meiner Großmutter, Eines Tages erzogen .

der Präſidentinn v. S. ,

fragte man mich beim Mittagseſſen : ner ,

willſt du

Spinat ? "

Spinat nicht. " -

Mein Klei

i, Ich liebe den

,, In deinem Uiter muß man

alles lieben ; du ſouft den Spinat eſſen . " Ich 1) will ihn nicht eſſen !" ,, Du ſollſt ihn eſſen ! " und der Spinat warb mir vorgeſegt.

Ich muß

aber alles bekennen , da ich mich deſſen erinnere ; es ſcheint, als habe ich den Teller genommen und den Spinat meiner guten Großmutter , großen Entſegen , ins Geſicht geworfen .

zu ihrem Man ſagte

5

mir : „ Junger Herr, gehen Sie in ihre Stube. " Meine Großmutter , eine fromme, ehrwürdige Frau, ward bald betrübter , das Unrecht,

als id );

denn ich fah nur

was man gehabt ,

mich zwingen zu

wollen , Spinat zu eſſen , da ich erklärt hattē , id ) tiebe ihn nicht.

Die gute Präſidentinn ,

alles Gott anyeim ftellte , Ulter [chob , ,, Lepage ,

die dies

und auf mein jartes

ſagte zu ihrem alten Kammerdiener :

geht zu meinem Enkel ,

fagt ihm ,

er

folle mich um Verzeihung bitten ; hier iſt ein Louis für ihn . "

Der Diener zweifelt nicht am Erfolge,

hält eine Rede nach ſeiner Art, die mit den Wor ten ſchloß : ,, da iſt ein Louis , mein Herr Junker, den Shnen die Frau Großmutter ſchickt, wenn Sie fie um Verzeihung bitten , und Spinat effen wol ten .“

Der Louis hatte daſſelbe Schickſal, wie der

Teller ;

ich warf

den Kopf. ich ,

ihn ſtolz dem atten Diener an

Glaubt meine Großmutter , "

fragte

daß ich für Geld um Verzeihung bitte ?."

Ich mußte wohl damals mit der Untwort Tehr zur frieden ſein , da ich ſie mir gemerkt habe.

Die Bez

gebenheit endigte wahrſcheinlich , wie alle der Art: der junge Herr bat , die Großmama verzieh ; aber

6

trok dem ſind der Spinat und ich nie gute Freunde geworden. Im Jahre 1773 vertauſchte ich die toga prae texta mit der toga virilis, d. h. ich erreichte mein 16tes Jahr , und hier beginnen die Stürme mei: nes Lebens. Der Leſer muß wiſſen , 88 fagen ,

und darum muß ich

daß mein Vater zwei Schwäger hatte ;

beide waren mir treffliche Oheime ,

die mir mit

dem beſten Willen von der Welt alles mögliche übel zugefügt haben ;

ihrer guten Abſicht halber

werden ſie es wohl nicht vor Gott zu verantworten haben .

Der eine war der Präſident v. S. ,

andere M. H. , rath ,

welcher

Baron von u ., als Wittwer

Fräulein v . St. S. ,

der

Sberrechnungs

mit dem geborenen

der Wittwe des Herrn P.;

von dem ſie eine Tochter hatte ,

vermählt war .

Frau P. , meine Stieftante, verheirathete ihre Tod ): ter mit meinem älteſten Bruber , und ich weiß nicht, ob aus Berechnung; ich aber ward keineswegs der Gegenſtand der Zärtlichkeit oder der Nachricht mei ner zufälligen

Tante,

welche durch den Einfluß

des Kopfeiffens in Kurzem meinem eigenen Oheim,

9 1

7

ihrem leichtgläubigen Manne ,

alle ihre Empfin =

dungen der Gehäſſigkeit und ihre Vorurtheile gegen mich einzuflößen wußte . junge Schwägerin Vorſichtigkeit

überzeugt,

theilten nicht im geringſten die

meiner

Schwiegermutter. das

Mein Bruder und meine

Tante ,

Es

ſcheint

ihrer Mutter mir ,

und

ja ich bin

dem Mangel ihrer Liebe zu mir

eine Berechnung ihres mütterlichen Sinnes zum Grunde lag. Ich war nur ein jüngerer Sohn aus uns ;

ſcheint es denn ,

daß durch die Anwendung einer

der vier Regeln der Rechenkunſt, das Abziehen ge nannt , zu meinem Schaden angewendet , nach ihrer Meinung ihre einzige , mit meinem Bruder verhei = rathete Tochter , zufolge gewiſſer Maßregeln , einzige Erbin werden würde ; dies zeigte ihr ein anmuthigeres Familiengemälde, und in Zukunft eine ungeſchmälerte Erbſchaft. Meine Eante arbeitete nach dieſem Ziele, ich werde meiner Treue nicht ſagen , in allen Ehren ; aber es war nicht ihre Schuld , wenn das Ende das Werk nicht krönte.

Der Leſer urtheile ſelbft.

Seit ſeinem Mittwenſtande kam mein Vater nicht inehr nach Paris ; er blieb in ſeinem alten Schloffe,

8

um Schäge aufzuhäufen ,

und bezog die Renten

ſeiner weitläuftigen Güter. ich nicht irre ,

Ich verlebte ,

wenn

zwei oder drei Jahre zu Juilly,

unter der mehr oder weniger forgſamen Oberaufſicht meines Sheims , Frau.

zweiten Mannes

einer zweiten

Es ſcheint, als habe ich die Erziehung der

ehrwürdigen Sratorianiſchen Brüder nommen ;

denn ich verließ ſie ,

verkehrt

ges :

ohne mich durch

meine Studien beſonders ausgezeichnet zu haben ; ich hatte Anlagen gezeigt , aber zu etwas ganz an berm , als dem Griechiſchen oder Latein ,

oder der

Pflege der Rednerblumen . Ich kam aus dem Collegium in das Haus meines Dheims ,

der ,

ziehung übernahm ;

wie er ſagte ,

meine

Er

im Grunde aber nahm ſich

Niemand dieſe Mühe.

In den Augen der Welt,

die nichts unterſucht,

ſchien ich im Schooße und

unter der Obhut meiner Familie , gentlich ohne Rathgeber , im 16ten mår.

während ich ei

meiner eigenen Einſicht

Fahre und mir ganz allein überlaſſen

Jung, kräftig , leidenſchaftlich neugierig , den

Werth keiner Sache kennend , und , wie ein Seder, dazu verurtheilt ,

Erfahrung

auf eigene

Koſten

zu ſammein ,

ohne Führer , ohne Freund ,

ich ein Kürbisherz in Schnee

müßte

zugerichtet gehabt

haben , hätte ich keinen Fehler begangen , wäre es nur aus Unthätigkeit und langer Weile geweſen . Man verfolgte und beobachtete mich mit liebloſen Blicken , man erwartete meine erſte Leichtfertigkeit, überzeugt ,

daß die zweite bald nachfolgen würde,

weil bei einem Schüler von 16 Sahren eine Un = - vorſichtigkeit

die

andere

Meine

erzeugt.

Tante

machte es ſich zum Geſchäft, meine Handlungen zu vergiften ,

meine Fehler zu vergrößern ,

fie in den

Augen meines Oheims zu Verbrechen umzugeſtalten , und mithin auch in den Uugen meines Vaters, der 50 Meifen von der Hauptſtadt entfernt lebte. Alle Gefeße der Natur waren dem Unſehn nach auf dem Punkte ,

vernichtet zu werden ,

weil ein

Knabe von 16 Jahren , gedankenlos , thöricht, wenn man will ,

von der Braunen

und die bereitwillige Liebe ,

zur Blonden eilte, ohne über die Wohls

feilheit des Preiſes zu erſchrecken ,

kaufte.

Ohne

Zweifel mußte ich zu den Wucherern meine Zuflucht nehmen ,

die einen jungen Mann findent , ohne

daß er ſie ſucht ;

ich gebe ſogar zu ,

ich habe ſie

10

geſucht: mit einem Worte , meine Sünden ſtiegen nicht höher , als Freubenmädchen beſucht und Sdul: den gemacht zu haben , gab ,

weil man mir kein Geld

und id , doch gewiß keine falſche Münze ver: Wie dem auch ſei, ich weiß nicht ,

Fertigte.

was

fie gethan , was ſie geſagt , wie endlich meine Stief tante ihre Rechnung gemacht habe ; dennoch iſt es daß man ,

geiviß nicht weniger wahr ,

nicht nur

mit Zuſtimmung, ſondern auf Befehl meines Va ters ,

der gegen mich wie

empört war ,

gegen

ein Ungeheuer

meinetwegen einen Familienrath ver

Ich verſichere jedoch auf mein Gewiſſen,

fammelte.

daß ich hätte beichten können , wie la Hire , und zu fammengenommen fagen : ich habe nicht mehr und nicht weniger gethan , als was ein ſich ſelbſt über taffener ,

Techzehnjähriger

thun kann ; daß

Leichtſinniger

in

Paris

denn man muß mir ſchon zugeſtehen,

und } der Hauptverbrechen mit fremd wa

ren ; meine Tante hatte jedoch das Wahre mit dem Falſchen , das Falſche mit dem Wahrſcheinlichen fo gut vermiſcht, daß mein alter Vater keinen Hu: genblick zweifelte ,

ich Fei aller Verbrechen fähig,

und werde mit dem Vatermorde nicht endigen , nein ,

beginnen .

Ich finge nicht zu viel ; es iſt aber zum

Lachen , das muß man geſtehen . Zu meinem großen Unglücke waren damals alle Väter der Auvergne in der größten Unruhe , und ein paniſcher Schrecken hatte ſich ihrer aller be: 1 mächtigt. Die Geiſtesſchwäche bewohnt die Paläſte, ſo wie die Hiitten ,

und es giebt gemeines Volk

in den Sälen ſo gut, als in den Bodenkammern des rechſten Stockes der großen Stadt.

Zu jener

Zeit waren , wie man ſagt , mehrere Kinder geraubt worden ,

der Dauphin war von einer ſonderbaren

Krankheit befallen , und ſo hatten dieſe beiden Ums ſtünde das Gerücht verbreitet und ſogar bei

den

guten Bürgern glaublich gemact, man habe dem Dauphin Blutbäder verordnet ,

und alle die ver

fchwundenen Unſchuldigen ſeien beſtimmt, die Bade wanne zu füllen ; alle Mütter in Hobidhahen, wie leicht zu begreifen , verſteckten ihre Kinder, wie zu Herodes Zeiten . Gleichzeitig ging auch in der Auvergne das öf= fentliche Gerücht ün Schwange , ein junger Graf Habe

ſeiner

Vater mit

gerührten .

12

Eiern vergiften wollen .

Ob dieſe abſcheuliche Bes

ſchuldigung wahr ſei, oder nicht, habe ich nie er: fahren können ;

die Wahrheit aber iſt ,

daß alle

Bäter in der Auvergne die Sache in vollen Ernſi nahmen . Der Berdacht lebte am väterlichen Heerde; es gab keinen Sohn ,

den man nicht des Vater

mordes beſchuldigte, und alle Familienväter wollten leben ,

ohne zu eſſen ,

aus Furdt vor gerührten

Eiern. So befand ich mich alſo damals unter dem Drucke dieſer unerklärlichen Vorurtheile , und in dieſer lie: benswürdigen Stimmung der Gemüther verſammelte ſich auf unſuchen meines Vaters und nach feia nem Ultimatum , der Familienrath , ohne daß man mich hörte ; man ließ mir , ich verſichere es ,

das

ganze Vergnügen der überraſchung.

Ich warb von

allen

ausgenommen ,

meinen Verwandten ,

einen

den Markis von M. , meinen Vetter , beſchuldigt, gerichtet und verurtheilt. - Man wird dabei nicht fas gen, der Familienrath ſei, wie der der falſchen Ugnes, zuſammengeſetzt geweſen.

Es war mein Oheim,

der Oberrechnungsrath , mein heim , der Präſident v. S. , der Markis v. R. ,

Brigadier der königl.

13

Armeen ,

mein

und

weiſer

ehrwürdiger

Wetter

M. Th ...., Hauptmann der königl. Leibwache. Ich beſinne mich nicht mehr auf die anderen Haupt: perſonen ; aber meine Tante flüſterte in der Eou liffe,

und das Gewicht des 'väterlichen unwillens

ſchwebte über der Berathung.

gewöhnter

der

ein junger an Kriegsgerichte

Markis'p .Min Soldat ,

Mein Vetter ,

der

jedoch

die Strafe

dem

Vergeben anzumeſſen wußte , war der Einzige, der es verweigerte , die Verdammung eines Kindes , viel leicht

fürs Leben ,

Ich muß allen

ſo leichthin zu unterzeichnen .

meinen anderen Verwandten die

Gerechtigkeit angedeihen laſſen ,

daß fie es bereut

und ſeitdem auch bewieſen , haben , meine Stieftante, hat ,

ausgenommen

die mir niemals etwas geſagt Gott

die ich aber auch nie darum befragte.

ſei ihrer Seele gnädig !

Es iſt aber deßwegen nicht minder wahr ,

daß

durch die Sorgfalt meiner guten Verwandten , von denen jeder in Verzweiflung geweſen wäre , irgend jemandem eine ungerechtigkeit anzuthun , Königl. Befehl ausgefertigt wurde, ſtand und Opfer ich war,

deſſen

folgender Gegen

14

8. 1ften Febr. 1775 . „ Der Herr Chevalier v . P .... , von finſterm und wildem Charakter , der keine Art von Be:

( chäftigung ergreifen will, ſoll auf Koſten feines Vaters nach St. Lazare gebracht werden ." — Am Rande des Königl. Befehls habe ich im Archivregiſter die Worte geleſen : ,, Nach Pierre

en- Cize abgeführt ,

den 19ten Febr. 1775 !!"

Gewiß war die lettre de cachet nach dem Datum La Prilliere unterzeichnet geweſen ;

denn ſein das

maliger Nachfolger , Herr von Malesherbes , hätte R$ wohl verweigert , feinen Namen darunter zu Tegen . Wo warſt du ,

Gerechtigkeit der Menſchen !

Weisheit der Familienväter!

Stimme des Blutes ! - in

Wahrheit ,

Stimme der Natur !

Und doch , id ) verſichere es

waren meine Verwandten ,

aus

dem hohen Range der bürgerlichen Geſellſchaft , alle die ehrlichſten Menſchen von der Welt , voller Milde , Rechtlichkeit und Güte ; es iſt mir indeſſen wohl erlaubt zu ſagen , ausgenommen für mich , ausge nommen an dieſem Tage. urtheils !

Traurige Folge des Vor=

Mög't ihr auch noch fo wadere Menſchen

15

zu Richtern haben ; ' ſie können ſich irren , und dann ſtrafen ſie nicht immer recht,

aber oft hart.

Indeſſen Tehen meine Leſer , daß ich mich nach der einzigen Anklage , im 16ten Sabre einen finſtern, wilden Charakter zu haben und keine Beſchäftigung wählen zu wollen ,

den 19ten Febr. 1775 auf dem

Wege von Paris nach, Lyon , oder , um deutlicher zu reden , auf dem Wege nach Pierre - en - Cize befand.

Das Kind hatte ſeine Wärterinn , nämlich

einen Gefreiten der Mared auſſee neben ,

und die

ſüße Ausſicht vor fich , vielleicht während ſeines gan zen Lebens eingeſperrt zu bleiben . -

16

itapitel.

3weites

Achtzehnmonatlicher Aufenthalt. - Entwurf zur Flucht. -- Uusführung. Uusfall mitten am Lage und mit bewaffneter sand . - Gaſtfreundſchaft eines Kauf, manno in Lyon. Ankunft in der Auvergne. Familienvertrag . - Abreiſe nach der ſogenannten Infurgenten - Urmee in merita.

Dögleid , id

glaube ,

daß Redermann den Uus

ſpruch Boileau's kennt ,

,,daß ein Schriftſteller,

der von ſeinem Gegenſtande zu voll iſt , eher verläßt,

ihn nicht

als bis er ihn erſchöpft bat : "

fo

halte ich es doch zum Verſtändniß meiner Erziihlung für unumgänglich nothwendig und ihrem Intereſſe angemeſſen ,

daß ich ein wenig zur nähern

Be

( dyreibung des Schloſſes Pierre - en - Cize übergehe, meiner neuen Wohnung auf Erbpacht,

oder viel

mehr auf unbeſtimmte Zeit, denn ich hatte ſie nicht

17

gewählt. Ich muß alſo über die Örtlichkeit einigen Aufſchluß geben .

Man lieſt im Piganiol de la Force bung von Frankreich ): Pierre- Scise ,

( Beſchrei

, Pierre - en - Cize , oder

Schloß- und Staatsgefängniß in

Frankreich , nahe der Saône , Lyon gegenüber.

In

dieſem Schloſſe ſind ein beſoldeter Hauptmann , eine Compagnie von 30 Mann Fußvolk , ein Lieutenant und ein Sergeant." Dies iſt alles , was ein Geſchichtſchreiber, Rei ſender oder Dichter von Pierre - en - Cize ſagen konnte ,

bem es nicht vergönnt war ,

kennen zu lernen . können ,

Um mehr davon

muß man dort gelebt ,

mit einem Worte ,

es näher ſprechen zu

dort wohnhaft,

Staatsgefangener geweſen ſein,

und deßhalb wird mich Niemand um das

Glück

beneiden , die innere Einrichtung kennen gelernt zu haben.

Das Schloß Pierre - en - Cize war ehemals das Luftſchloß der Erzbiſchöfe von Lyon ; deßwegen bot auch der Unblick nichts Düſteres oder rige$ dar.

Trau

Es war nicht, wie das Schloß Lourdes,

von neblichten Felfen umgeben , gleich einer Erpreſſe

18

mitten

in

glaubt ,

einer

zerſtörten

Natur ,

man

die Titanen haben dafelbſt gefochten ;

war nid)t ,

wie der Berg St. Michel,

e8

von wo

aus man während der Hälfte des Jahres aller ſechs Stunden die Wellen des Meeres ſieht,

die den

Fuß cures Gefängniſſes beſpülen ; wo die Stürme zu euren Füßen toben , ternder

Schiffe in

und wo das Echo . fchei

eurem

Gefängniß widerhallt.

Ohne Vorurtheil gebe ich zu , daß , was die Uus: ficht betrifft, Pierre- en- Cize unendlich angenehmer iſt ; aber doch iſt es kein ſchönes Gefängniß , und wenn man es genau nimmt , blick der Wieſen , Heerden ,

ſo iſt ſelbſt der Un

der Ernten ,

der Wälder ,

der

der frei hin und hergehenden Menſchen

dieſes ganzen Köſtlichen eine Qual mehr.

Gemäldes

eigentlich

nur

Dies iſt auf meine Art und nach eigener An ſchauung die topographiſche und maleriſche Beſchrei bung

von Pierre - en - Cize,

Uußen ;

nach Innen

und

man kann ſie mir aufs Wort glauben ;

denn ich kann fagen : ich fah .

Das Schloß

liegt auf dem Kaider Saone,

wenn man durch die Vorſtadt Vaize

nach

Lyon

19 min

1

geht , auf

auf einem hohen , ſteilen Felſen ; man ſteigt in

den

Felfen

gehauenen

Stufen

hinauf.

Beim Eingangsthore befand ſich die Wache ; ſtehend

aus

einer Compagnie vom

Regimente , theilweiſe Veteranen ,

Lyonenſiſchen außerdem aber

noch eine gute Anzahl junger Soldaten , aus Gunſt zuließ.

die man

Mithin war auf dieſem Punkte

kein Befreiungsplan ausführbar; durften

be

die Gefangenen

überdies nur in einem kleinen Hofe ſpa

ziren gehen ; die Schildwache würde ſie angehalten haben , hätten ſie die Grenze überſchritten , welche ein dicker Kaſtanienbaum war ,

den ich noch fehe.

Das Schloß iſt ein viereckiges Gebäude ,

mit

einem auf der nordweſtlichen Ede befindlichen gro : Ben Thurme , " rechts im Hintergrunde des Hofes ; die Mauern ſind alle ſehr hoch ; der nach der Vaize Vorſtadt gehende Theil iſt nach Nord - Oſten und nur auf einer in den Berg gehauenen Straße zu: gänglich ,

auf welcher man durch Maulefet

nöthigen Vorräthe an Holz ,

die

Wein und anderen

nöthigen Lebensmitteln herbeiſchafft;

es gab daher

nach dieſer Seite zu einige Thüren ;

aber wenn

man jene Gegenſtände hereinbringen wollte, fo trat

20

die ganze Wadje unters Gewehr und vertheilte ſich halb außer- , halb innerhalb der für den Augenblick offnen Thüren.

Nach dieſen Beobachtungen bildete

ich mir eine Vorſtellung von der Natur des Bo dens außerhalb kamt war ,

des Schloſſes ,

wo er mir unbe

weil man midi auf dem nach

Saone gehenden Wege hereingeführt hatte ,

der auf

dem man , wie ſchon oben geſagt, eine Befreiung für unmöglich hielt. Nadybem ich ben Felfen erſtiegen , führte man mich durch den eben beſchriebenen Hof ; ich befand mich am Fuße des dicken Thurmes , ſtieg darin ver möge. einer Wendeltreppe auf einen hölzernen Gang, und ward in die Stube No. 1. eingeſchloſſen , die an

den Thurm grenzte ,

Theil derſelben einnahm .

beffen Halbzirkel

einen

Ich fand in dieſer lieb :

lichen Wohnung die vorgeſchriebenen Möbeln , ein in den Winkel der runden Thurmmauer geſtelltes, elendes Lager , einen Stuhl, einen Tiſch und einen großen Waſſerkrug ; das Tageslicht erhielt ich aus dem innern Hofe , durch ein auf den Gang aus: gehendes ,

wohl vergittertes Fenſter.

So war die

Eintheilung des Schloſſes , und dies die Hinderniſſe ;

21

die ſich der Flucht entgegenſekten.

Ich hatte aber

kaum den innern Hof betreten ,

als ich den Ent

ſchluß faßte ,

um mich ſo bald

alles zu wagen ,

als möglich zu befreien. duld ,

Die Berechnung ,

Ger

Arbeit und Kühnheit meiner Entweichung

am hellen Tage und mit bewaffneter Hand , haben mich in der Geſchichte von Pierre - en - Cize , man kann ſagen , berühmt gemacht.

Das Schloß ward

1791 in der Revolution zerſtört; dafür ,

hätte man von

aber ich ſtehe

1777 bis zur Vernicha

tung

dieſes Gefängniſſes

einen jungen Gefange

nen ,

ſo wie den großen Conde', gefragt:

len Sie Jeſus Chriſtus nachahmen ? "

,, Wol er nicht,

wie dieſer Prinz: ,, laßt mich dem Hrn . v . Beau fort nachahmen ; " fondern : 9. P .... nachahmen , "

,, laßt mich dem Hrn. geantwortet hätte.

Alles in der Welt iſt verhältnismäßig ,

und die

Leſer werden zugeben , daß ein achtzehnjähriger Ges fangener des Folgenden ſich fchon rühmen kann . -

Ein Schüler Vauban's macht nicht mehr Bes rechnungen und Beobachtungen , um in eine Feſtung zu bringen , fliehen .

als ich ,

um aus der meinigen zu

Zuerſt ſagte ich mir :

dieſes Schloß iſt

22 Mw auf der Stelle zugänglich ,

wo

ich wohne , ich muß alſo den Winkel der Mauer durchbrechen , die an den Thurm ſtößt; derſelben Zeit ; barten Steinen ,

die Bauart iſt nicht aus

iſt die Bekleidung aus behauenen , ſo muß die Mitte aus bröcklid ):

tem Geſtein fein ,' und mein Mauerwinkel geht nicht in den Thurm , welcher rund iſt. Man braucht hier alſo nur Zeit und Geduld ,

und die

Toll nicht fehlen. : lerei,

ein wahres Liebhabertalent ,

noch Liebe zur Botanik ;

und außerdem

er hatte ſich vergnügt,

auf die Mauern alle Urten von Blumen zu malen, und , was mir ſehr zu Statten kam , das Zimmer rund herum 21 Fuß hoch blau anzuſtreichen . Man bewundere außerdem bas fonderbare Zuſam mentreffen : einer meiner Vorgänger , ziemlich weit zurück, war Herr Þ. geweſen , ein naher Ver wandter meiner Stieftante ; ich will nicht behaup ten , daß ſie auch zu ſeiner Einfperrung beigetragen hatte , nach deren Urſachen ich nie gefragt, und fie. auch nicht erfahren habe ; die geſellſchaftliche Stellung der beiden Gefangenen gab aber meiner

23

Wohnung das Anfehn eines Familienzimmers. Der Ankauf einer Quantität blauen Papiers , von dem ,

ward

in welches man den Puder wickelt ,

alſo eine meiner Vorbereitungen ;

denn der Minirer

Vor allem fehlte mir

mußte eine Kappe habent.

Geld iſt der Nerv des Krieges, ſagt Trivulce ;

Geld .

es iſt der Nerv aller großen Unternehmungen , und es gab gewiß in meinen Augen keine größere ,

als

die , welche meine ganze Geele beſchäftigte. Ich

erhielt monatlich

50 Fr.;

um

meine

ſchlechte Nahrung zu verbeſſern und um Bücher zu leihen ; auch fand ich ein Mittel, dieſes Sümmchen zu vermehren :

am Tage drieb idi Noten ab.

Die Amphione von Lyon haben von meiner Hand geſchriebene Partituren und ich von ihrem Gelde ohne es zu wiſſen ,

gehabt ; ſie ſind ,

id)

Laden

meine hal

Ich verſchaffte mir Pappe , woraus

ben Befreier.

vor

meine

Fenſter

verfertigte ,

Abends 10 Uhr die Schildwache uns befahl, Licht auszulöſchen ;

ich

weil das

kaufte unter verſchiedenen

Borwänden kleine Meſſer, und da wir im Winter Holz hatten ,

fo fdynißelte ich aus

Stücken kurze Hebel ,

den größten

um die Mauer ohne den

24 mu geringſten Lärm zu zerſtören , indem id) ſie zwiſchen die Steine ſtemmte.

Endlich verſchaffte ich mir

durch meine Wäſcherinn Kugeln , Pulver und eine Vertraut euch den Frauen und

zweiläufige Piſtole.

ihr werdet es nicht bereuen ; willigen ,

euch zu dienen ,

mals verrathen ;

wenn ſie einmal ein

ſo werden ſie euch nie

ſie werden euer Geheimniß ,

mit den Männern der Fall.

Führt man mir die

Mutter des Papirius Präteftatus an , ich Epicharis ,

fo nennte

und was die Männer betrifft,

meine gute Wäſcherinn verſchwiegener ,

war

To

Dies iſt nicht immer

wie die ihrigen bewahren.

ſo als

Turenne. Ich brauchte alſo nur noch Hand ans Werk zu legen ; der Winkel der Mauer und des Thurmes war durch mein Bett verſteckt.

Ich arbeitete in

der Form eines Brüickenbogens und Hütete mich wohl, die Höhe der blauen Malerei zu überſchrei ten ; mein blaues Papier verſteckte meinen geheimen Weg ;

jede Nadt minirte ich 4 Stunden ,

dann recht reinlich aus ,

und klebte jedesmal das

Papier wieder vor meine Thür des Heils. Schutt

widelte

ich

kehrte

ſorgfältig

in

Den

Sdnupftücher

25

und warf ihn mit leichter Mühe in die Schleuſen, die ſich unten an der innern Thurmtreppe befanden . Ich bewohnte No. 1. und ſo konnte ich , cher Nähe , ohne bemerkt

bei fol:

Zivanzig Mal des Tages hinabſteigen, zu werden ;

überdies , waren

Sdlotten zufällig von feltener Ein Umſtand erleichterte die Mauer war ,

dieſe

Liefe. meine Arbeit ſehr;

wie ich es gehofft hatte ,

vom

Thurme ungefähr 2 oder 3 Zoll breit losgetrennt, und während der ganzen Zerſtörung dieſer 9 bis, 10 Fuß dicken Mauer ſtieß ich nur auf einen gro : Ben Stein ;

er ward der Gegenſtand einer tiefen

Betrübniß und einer ernſten Berathung mit mir ſelbſt.'

Dieſer ungeheure Stein zeigte mir eine

ſcharfe Ecke,

und hoffnungslos griff ich ihn durch

Umgrabung an ; man tenke ſich meine Freude, als ich

ihn unter meinen ſchwaden Hebein wie einen

Zahn tvackeln ſah ; ich war ſo glücklich, ihn loszus löſen ,

und ihn endlich durch meinen kleinen Maul:

wurfsreg herauszuſchaffen ; ich dachte nidyt daran, ihn zu zerbrechen oder zu theilen , ſondern verſteckte ihn, wie er war, in meinem Bettſtroh. Man fand ihn ſpäterhin , und er ward in dem Berichte über meine

2

26

Befreiung mit angeführt;

aber

während

meiner

Gefangenſchaft hat ei mein Bett nicht weicher ges macht.

Der Anfang war ſchwer ,

Zoll dicker Kalk midy verhinderte , Steine zu ſehen , mußte , ten .

weil 9 bis 10 die Lage der

die ich mit Vorſicht angreifen

um die blaue Malerei nicht zu überſchrei

Ich grub ſo , daß , wenn ich auf dem Bauche

hineingekrochen war ,

ich meine Beine nachziehen

? und mich in meinem Loche wie ein Schneidergeſell nieberſeken konnte .

Für Licht hatte ich bei meiner

Urbeit gut und ſchlecht, wie man will , durch Po: madentöpfe geſorgt,

in die ich Unſchlitt und einen

Docht that , und ſie ſo in Lampen verwandelte. - Die Trennung zwiſchen der Mauer und dem Thurme fing an ,

mir die äußere Luft zuzulaſſen ,

was für mich eine große Erleichterung war ; berechnete , hatte.

ich

daß ich noch gegen 4 Fuß einzureißen

Ich war mit meiner Urbeit halb fertig,

als ich gegen Mitternacht eine Stimme hörte , die folgende Schredensworte rief :

„ Papa, fieh doch, Es war ein Licht am Fuße des Thurmes ! " ein Kind , der Sohn des Gärtners . Das Blut ſtarzte in meinen Udern , ich drüfte die Hand auf

27

meine Lampe und kam mit der Furcht und einer tüchtigen Blaſe davon .

Der gute Mann glaubte,

ſein Sohn habe ſich geirrt, und dieſer Zufall , der mich verderben konnte , hatte weiter gar keine Folge. Endlich iſt meine Arbeit beendigt , nur 45 Nächte gekoſtet.

und hat mir

Welch eine Menge von

Gedanken ſtrömen auf mich herein !

Diefe dicke

Mauer braucht nur noch einen Stoß,

und

die

dünne Scheidewand zwiſchen mir und der Freiheit verfdwindet.

Was aber ſoll ich thun , von allem

entblößt und nur 10 Franken in der Taſche ? ich allein fliehen ,

Soul

oder wäre es nicht ehrenvoller,

auch meinen Mitgefangenen die Freiheit zu geben ? Sie ſind alle unſchuldig , ja

verſichert.

denn ſie haben es mir

Welche Verbindlichkeit werden ſie

gegen mich haben !

Träte aber der Pchlimmſte Fall

ein und wir würden angegriffen ,

nun ,

To find

wir in ſtart genug , uns zu vertheidigen. Dieſen edlen Gedanken beſchließe ich , führen ;

auszu

aber ich will nichts im Voraus fagen

wenn man mich verriethe! Den folgenden Tag hielt ich mit aller Arbeit inne, und in dem Augenblick, wo wir in unſere Zimmer 2*

2

28

zurückkehren mußten, ſagte ich zu fünfen unter ihnen, daß fie in dem Augenblick,

wo man ihre Zimmer

öffnen würde , nach No. 1. kommen ſollten , wo ich ihnen ein ficheres Befreiungsmittel mittheilen wolle. Ich konnte ſie nicht während der Nacht retten ; wir hätten dazu alle Mauern von einer Stube in die andere durchbrechen müſſen ,

und dadurch uns

aülen Gefahren des Verraths oder der Entdeckung ausgeſellt.

Die Ordnung im

ſtiikte meinen andern Plan :

Gefängniſſe unter: man

öffnete unſere

Thüren jeden Morgen um 7 Uhr und brachte unfere Lebensmittel um 10 Uhr ; während 3 Stunden alſo gab Niemand auf uns Ucht. Die Nacht vor der Flucht konnte ich kein Auge ſchließen ;

id) erwartete die beſtimmte Stunde mit

ſo viet Unruhe ,

ſo viel Ungeduld !

Id ges.

ſtehe fogar, daß mir der Gedanke einige Mal tam, mich allein zu retten ; derſtehen .

aber id) wußte ihm zu wi:

Ich wußte nicht ,

ſteigen müßte ,

wie hoch id) hinab

daher ſchnitt ich meine Betttücher

und Wäſche in Stücken , um mir ein Seit daraus zu verfertigen .

Endlich ſchlägt die Stunde ; die Riegel werden

29

zurückgezogen ; gewöhnlich ,

der Gefangenwärter ſagt mir ,

guten Morgen.

ten treten ein ;

einer unter ihnen fragt mich mit

höhniſchem Tone : Plan ? "

Nun , ivo iſt denn der ſchöne

,, Der Plan , " anticortete ich , ift

hier in dieſer Ede, Papier iſt; lich ? "

hinter der Mauer ,

laßt uns eilen ! " -

riefen Alle.

funden ;

es iſt

ſchichte !

die von

Iſt es mögs

„ Er hat das Loch ge

nicht fertig !

Eine ſchöne Gez

1. Es iſt nicht fertig ;

es mit einem Stoße fein ; mir ! "

wie

Meine fünf Gefähte

aber es wird

wver midy tiebt ,

folge

Wir befeſtigen meine Betttiicher am

Fuße des Betted ; ich erfaſte das Ende dieſes Seils und krieche in den engen Weg . Nankingweſte, ſtole ,

Ich trug eine

in der Taſde eine zweiläufige Pi

ſechs Patronen und ein ſtarkes Meffer mit

einer Springfeder.

Meinen Zuſtand zu beſchreiben,

wäre mir unmöglich ; Hoffnung und Furcht machten meinen ganzen Körper erzittern.

man :

Hinter mir rief

,,Mach , daß du fertig wirſt !"

In wenig

Augenblicken rollte die dünne Scheidewand hinab ; aber die Öffnung war ſo klein , daß ich mit der Schulter 2 oder 3 Minuten ſtecken

blieb - R$

30 www waren ſo viel Sahrhunderte für meine Ungeduld ; denn ich hatte keinen Augenblick zu verlieren .

Beim

Lärm der hinabrollenden Steine läuft der Gärtner, der unten arbeitete , genden Hauſe,

nach ſeinem am Schloſſe lies

und läutet die Sturmglode.

Die

Mache tritt heraus und befekt den einzigen Punkt, durch den ich entfliehen konnte , denn ich brauchte 9 bis ſteigen ;

10 Minuten ,

um vom Thurme herabzu

ich befand mich alſo zwiſchen der Mache

und den Thüren bed Schloffe8. Ein einziger Gefangener ,

Herr von la ...

wagte es , mir zu folgen , die anderen traten beim Unblick der Gefahr zurück ;

mein armer Geführte

hatte aber keine andere Waffe, als einen an beiden Enden

zugeſpißten Beſenſtiel.

Die Sturmglocke

tönt immer fort; alle auf dieſe Seite ausgehenden Schloßfenſter füllen fich mit Menſchen ; der Major eilt mit nackten Füßen und in Unterhoſen herbei 'und ruft :

Ladet's Gewehr ! "

Er befiehlt mir,

zurückzukehren , mit der Drohung , auf mich feuern zu laſſen .

Anſtatt aller Antwort ſtrecke ich ihm

meine Piſtole entgegen , kehren .

und befehle ihm ,

umzu

Der Herr Major läuft davon und ſchreit :

31 11 ,, Feuer auf die Berbrecher !! noch den alten Sergeanten ,

Hier ſehe ich mit dem ich bekannt

war , wie er , die in ſeinen Händen zitternde Flinte an der Backe ,

mich umzukehren bat.

nicht Acht darauf. aus einander

Ich gebe

Wir waren nicht 15 Schritte 10 bis 12

ich trete muthig vor

Flintenſchüſſe fallen mit einem Male - ich ant worte mit einem einzigen , unter

fie binein .

Von

und ſtürze

allen

Fenſtern

Bravorufen und Beifallklatſchen . Kolben- und Fauſtſtöße ,

wüthend erſchallt

Man giebt mir

die lange auf meinen

Rippen gezeichnet blieben ; man reißt mir die Haare aus und die Weſte in Stücken.

La ...,

mein

armer Gefährte , ſtürzt verwundet nieder , nachdem er einem Soldaten ein Auge ausgeſtoßen und einem andern den Finger mit ſeinen Zähnen abgebiſſen hat ;

alle werfen ſich auf ihn - ich bin gerettet.

Incidit

in

Scyllam : “

ich

befinde mich auf

einem ziemlich engen Wege zwiſchen zwei Mauern, die ich nicht zu überſteigen wagte ,

weil mich die

Süngſten von den Soldaten verfolgten und beſtän dig fchrieen : allen ,

,, halt an , halt an ! " -- ich ſtredte

die mich aufhalten wollten ,

meine Piſtole

32

entgegen ,

und ſo bekam ich mehr Verbeugungen,

als je in meinem Leben.

Der oft gewundene Weg

war wohl eine Viertelſtunde lang ; wenigens ſchien es mir ſo. hörte , fo

Da ich nicht mehr hinter mir rufen nahm ich

mit einen Augenblick Zeit,

auszuruhen und meine Piſtole wieder zu laden , als plöglich vier der Soldaten , die mich verfolgten , um die Belohnung zu bekommen ,

zehn Schritt weit

vor mir ſtanden. Ich lehnte mit dem Rücken an der Mauer ; fie blieben ſtehen . ,, Nun ; mein Herr , " ſagte einer von ihnen , gen ,

,, Sie ſind gefan:

Sie können nicht weiter gehen .

Sie haben

eine wackere that verübt , weil Sie Ihre Mit: gefangenen retten wollten ; tapfer ,

als Sie ,

zu ſein ,

die brauchten nur ſo und es wäre Ihnen

gelungen ; aber das ſind Haſenherzen.

Kehren Sie

um , mein Herr , Sie wagen nichts , Ihre Ältern werden Sie befreien . Niemanden verwundet ;

Überdies haben Sie auch unſere

beiden Gefährten

wurden es durch den Herrn v . la ..."

Idi

hörte ihn ruhig bis zum Ende an , weil ich Athem nöthig hatte ,

und antwortete ihnen :

ich will euch nichts thun ;

aber wißt ,

„Zurück ! daß keine

33

menſchliche Gewalt mich lebend aufhalten kann ; ihr feið vier ; ich verſpreche, zwei davon zu töbten !" In einer Hand , hielt ich die Piſtole, in der an dern das Meſſer.

an .

lebt wohl ,

Sie fahen ſich unter einander ihr ſeid ein braver Menſch ;

gute Reiſe und gutes

und ſie gin

Glüc ! "

gen fort, Ich entfernte mich , wo ich

hinging .

ohne

gerade zu wiſſen ,

Der Schall der Sturmgloce,

der Lärm des Schießens , die hundert Stimmen des Gerüchts ,

die in der ganzen Vaize -Vorſtabt die

Worte ,, Gefangener " und ,, Befreiung " ausriefen ; die mehr oder minder beſtimmte Nachricht dieſes Vorfalls war meinen Schritten ,

meiner Flucht,

meinem Laufe vorausgeeilt ; ich fah Frauen an den kommen Fenſtern und Thüren , welche riefen :

Sie , Herr , kommen Sie ins Haus , wir wollen Sie retten . " Id hütete mich woll , ſtehen zu bleiben , ich war nocy dem ſchrecklichen Gefing niſſe zu nahe und lief nur um ſo geſchwinder ; aber dieſe Weiberſtimmen brangen mir zum Her zen ; ohne die Frauen anzuſehen , allerliebſt ;

ſie beklagten mich ,

fand ich ſie aue sie wollten einen

34 MAMMU Marzellinen , Sufannen oder

Unglüdlichen retten ! Gräfinnen

von Almaviva ,

ich ſah ſie mit den

Augen des Herzens ; ich hätte ſie alle umarmt -aber ich hatte keine Zeit dazu. Die Wohnungen lagen da , wo ich jegt hinlief, ohne zu wiſſen warum , nicht mehr ſo dicht neben einander ,

und ſo ,

immer

gehend

oder laufend,

befand ich mich endlich vor einem dichten Gehölze. Ich drang hinein , wie in ein Aſyl; in der Mitte war eine kleine Wieſe ; niß war ,

mein dringendſtes Bedürf

mich auf das Gras auszuſtrecken und

ein wenig auszuruhen.

Eine tiefe Stille herrſchte

um mich herum ;

ich genoß mit Entzücken dieſe

reine ,

Mein erſter Gedanke war eine

freie Luft.

Empfindung von Stolz ; ich ſagte mir , dieſe Bes gebenheit wird Uuffehn machen , Theilnahme erwecken ,

und

wird allgemeine

vielleicht meiner

Zu :

kunft im Waffenhandwerke nüßlich werden ; aber alle dieſe Gedanken führten mid ) zu meiner augens blicklichen Lage zurück.

Was roll aus mir werden ?

Ich wußte nicht , wo ich war ; meine ganze Klei dung beſtand in einer elenden , zerriffenen Nanking: weſte, ich hatte keinen Hut auf dem Kopfe; meine

35

Beine waren von den Dornen zerriffen , in die ich vom Thurme hinabgeſprungen war , Weg bedeckten ,

den ich durchlaufen mußte ,

ich an den Kampfplas kam.

1

?

Bekleidung ,

und die den ehe

Dieſe unordentliche

dieſe blutigen Lappen gaben mir das

Unſehn eines Böſewichts, der ſo eben einen ſchlech ten Streid, begangen hat.

Mein guter Genius

zeigte mir ein Haus nahe bei meiner Lagerſtätte, und 1 und mit der Eigenthümer

fchien .

Es war unge

fähr gegen 9 Uhr bes. Morgens im Monat Juli und fing an , fehr warm zu werden . mich auf der Stelle ,

Ich entſchließe

trete dem Unbekannten ents

gegen ? der zu meinem Glück der wackerſte Mann war ,

Herr Bontems , Kaufmann in Lyon ; fpä

terhin war ich ſo glücklich , für den mir geleiſteten Dienſt erkenntlich fein zu können . mich erſt ,

1

Er bemerkte

als ichy 8 oder 10 Schritte weit vor

ihm war ; er war ſchön gebaut und hatte eine Tehr muntere Geçiditsfarbe ; bei meinem Anblid ward der arme Mann leichenblak, rah zitternd nach dem Pis ſtolenkolben , der aus meiner Taſche hervorragte, und blieb unbeweglich , ohne ein Wort ſagen zu können .

36

Mein lieber Herr , " tebete ich ihn an ,

,, be:

ruhigen Sie ſich ; hören Sie mich an und vergeſſen Sie einen Uugenblick den ſchrecklichen Zuſtand , in dem Sie mich vor fich Teben ; lichſte Menſch, der erlangt ;

denn ich habe meine Freiheit wie:

die Sturmglode,

und die Sie deutlich hören , geläutet.

ich bin der glücks

die dort oben tönt wird

meinethalben

So eben komme ich aus Pierre- en - Cize ;

mein Körper muß von den Schlägen , einem Gefecht

die ich in

mit der Schloßwache bekam ,

ſchwarz wie der eines Negers ſein.

TO

Dieſe Wohs

nung gehört wahrſcheinlich Ihnen ; gewähren Sie mir darin eine Zuflucht bis zur Nacht; von Ermüdung und Hunger erſchöpft;

ich bin

ich würde

Ihnen augenblicklich die Waffe ausliefern ,

die fie

erſchredt, fürchtete ich nicht, ohne Vertheidigungs mittel überraſdht zu werden . lichkeit ,

mich aufzunehmen ,

Haben Sie die Menſcha ſo führen Sie mich

auf einem Wege in ihr Haus , we ich von Niemand geſehen werde ." -

Mein Zutrauen und meine Worte rührten die Fen trefflichen Mann ; durch ſeinen Garten ,

er zeigte mir einen Weg und ich erreichte ſein Haus,

37

ohne von irgend jemand geſehen worden zu ſein . Herr Bontems führte mich in ein Zimmer im Erde geſchoſſe,

wo fich ſeine gute alte Mutter befand .

Sie fchien nicht ſo zu erſchrecken , wie ihr Sohn ; aber ſie weinte bei der Erzählung meiner Begeben heit ; fie brachte mir Erfriſchungen , deren ich ſehr beburfte. Mein Wirth hatte während der Zeit die ſehr natürliche Vorſicht gehabt,

nach Lyon und in die

Umgegend des Schloſſes zu ſchicken ,

um die Urs

fache des Lärmens zu erfahren ; die Berichte ſtimm ten mit dem meinigen überein ; das Intereſſe , das man an mir nahm , weil ich faſt ein Opfer meiner Großmuth , die Underen retten zu wollen , geworden wäre ,

war

Bontems ,

allgemein .

vollkommen beruhigt,

Unerbietungen : verſtecken ;

Nun machte mir Herr alle

möglichen

er wollte mich in ſeinem Hauſe

dieſen Beweis feiner Güte nahm id )

nicht an , und bat ihn nur , mit einige Kleidungs ſtüde ,

einen Hut und ein Pferd zu verſchaffen ,

damit ich auf der alten einſamen Straße von fyon nad, dem Schloſſe meines Vaters reiſen könnte , das nur 15 Meilen davon entfernt lag. ' Herr Bontems

38

und überdies einen Führer

verſchaffte mir Alles , und Geld ;

der Leſer kann ſich denken ,

mit wel

cher Rührung ich von ihm und der guten alten Mutter am Abend Abſchied nahm.

Ich verließ

dies gaſtfreundliche Dach und richtete meinen Weg nach Clermont. Die Zukunft lag vor mir ;

ich wendete den

denn ſonſt hätte ich das ver

Stopf nidt um , dammte Schloß geſehen , chaudern machte ;

deſſen

Andenken mich

ein Rückblick auf eine vergan

gene Gefahr macht mehr Eindruck , als die Gefahr ſelbſt. men ,

Einige unbeſtimmte Beſorgniſſe ausgenom beren ich mich nicht erwehren konnte ,

legte

ich meine Reiſe ungeſtört zurück ; aber ich bebadyte, daß ich Gefahr liefe,

meinem Vater in ſeinem

hohen Ulter durch meine plöbliche Erſcheinung einen und

über

dieſes Unglück wäre ich untröſtlich geweſen .

Ich

ſchädlichen

S dyrecken

zu

verurſachen ,

Fa hielt 1 es für klug , milie , 2 St. von P. , abzutreten . Am Tage meiner bei einem Freund unſerer

Ankunft zu 2. fand ich alles voller Menſchen . Meine Befreiung war in der Auvergne nod; nicht bekannt ;

in jeder Hinſicht fiel ich ihnen wie aus

39

den Motken herab ;

denn man wußte ,

ich ſei in

Pierre- en-Cize und mein armer Vater fange an, von Zeit zu Zeit zu fragen , warum . Es war ein wahrer Theaterſtreich ; die Diener, dieſe zweite Familie unſerer Verwandten und Freunde in den entlegenen Provinzen , umgaben mich , und in ihrer Mitte betrat ich den Saal ; er war über voll, und ich wußte nicht, wem ich antworten ſollte ; Männer und Frauen ,

Jung und Alt ; die einen

lachten über meinen Unzug ,

einige Nachbarinnen

weinten bei meiner Erzählung , alle nahmen an theil daran : ein wahres Gemälde. Ich gab das Gegenſtück zum Telemach ,

wie er ſeine Be

gebenheiten in der Grotte der Calypſo erzählt , jedoch mit dem Unterſchiede,

daß in meiner Geſchichte

nichts Fabelhaftes war.

Die Nachbarn und Nach

barinnen , Herren und Diener , alle hatten Thränen in den Augen ;

damals waren die Herzen durch

die Gewohnheit , Unglück zu ſehen oder zu erfahren, noch nicht verhärtet ;

fpäterhin lernte dies gang

Frankreich in der Schule der Revolution. Man billigte meine Vorſicht, vor meinem Vater nicht unvorbereitet erſcheinen zu wollen ;

der Herr

40 WWW des Hauſes übernahm dieſe Sorge .

Die lachendſte

Ausſicht öffnete fich noch denfelben Abend vor meis nen Blicken ; ich erfuhr,

daß England mit ſeinen

amerikaniſchen Provinzen Krieg führe , und zugleich, daß der Markis von La F .. + Provinz ſtammte ,

der aus unſerer

ſchon Ruf erlangt habe ; man

fagte mir , ich würde ſehr wohl thun , unter ſeinen Befehlen zu dienen . mit Feuer ,

Dieſen Gedanken ergriff ich

und mein Bevollmächtigter fuhr ab,

um mit meinem Vater zu unterhandeln. Herr v. at .... kam an , zählung ſtufenweiſe ein ,

leitete ſeine Ers

und machte ſeinen alten

Freund mit den kleinſten Vorfällen meiner Beges benheit bekannt.

Es giebt oft in den ernſteſten

Sachen etwas Luſtiges ; ſo hörte dieſer Greis , der mir das Leben gegeben hatte ,

den Bericht meines

Unternehmens und deſſen faſt wunderbaren Gelin gens mit vieler Ruhe an.

In ſeiner vollkommenen

Kaltblütigkeit fiel ihm nur die Verſchiedenheit des Sarakters zivifchen meinem Bruder , von Verdienſt,

und mir ,

dem Manne

dem verdorbenen Mens

ſchen , auf ; er erinnerte ſich der Zeit , wo er felbft Musketier geweſen war, und ſagte lächelnd :

1

n Der

41

loſe Wicht; ſehen Sie , mein Freund , ich peke den Fall,

ich hätte den Älteſten anſtatt des Jüngſten

einſperren laſſen ,

der älteſte wäre geblieben . "

Der Friede ward geſchloſſen , alle Bedingungen zugeſtanden , ausgenommen die des Wiederſehens, die mein Vater verweigerte;

aber aus einem gang

andern Grunde , alş den des Zorns , der ſich ſehr abgekühlt hatte.

Mein Vater war ein alter Soldat,

der die Verordnungen kannte ;

er ließ mir ſagen ,

ich hätte nach den königl. Truppen geſchoſſen , man könne deßwegen Nachſtellungen anfangen ,

und er

wolle die unangenehmen Beſuche der Marechauſſee nicht in ſeinem

Schloſſe haben.

Es ward beſtimmt,

daß ich nach dem nördli

chen Amerika gehen ſollte;

mein Vater wollte mir

regelmäßig alle Jahre 100 Louisd'or geben ,

und

in dem Hafen , wo ich mich einſchiffte, folle man mir 6000 Franken auszahlen. Ich reiſte ſogleich nach Rochelle ab , mit einem Empfehlungsbriefe an Heren Seigneur ,

Artillerie

commiffarius. Man hatte geglaubt,

daß ich daſelbſt leicht

eine Gelegenheit zur Überfahrt finden würde ;

ich

42

ſie in Nantes zu ſuchen.

war indeſſen genöthigt,

Zwei Tage nach meiner Ankunft zu La Rochelle erhielt der commandirende Offizier den Befehl, mich gefangen zu nehmen ; v. M .... dig ;

damals war es der Baron

Wie vielen

Dank bin ich ihm ſchul

denn er hatte die Güte ,

Herrn Seigneur

davon zu benachrichtigen , ließ mich zu ſich kommen, und überhäufte mich mit Beweiſen der Theilnahme. Schreiſte darauf nach Nantes mit einem Em pfehlungsbriefe des Heren Seigneur an Herrn von la Ville - Helio , Ordonanzcommiſſarius ,

ab.

Nie

werde ich den liebenswürdigen Empfang vergeſſen, den ich von dieſem Manne erhielt ; er war ſo gütig, in alle Einzelheiten meiner Lage einzugehen ,

gab

mir treffliche Rathſchläge über die Benukung meis nes Geldes , über die Mittel, es durch die Wahl der meinem künftigen Lande angemeſſenen Waaren zu

vermehren ,

verſchaffte

mir endlich eine ſehr

wohlfeile überfahrt auf dem Schiffe bogen " ,

der Regent

ausgerüſtet von den Herren Minier und

Struckmann , und empfahl mich dem Schiffskapitän. So ſchiffte ich mich nach der neuen Welt ein . -

43

Drittes 1

2

ſapitel

Schiffbruch . - Williamsburg . - Gerr Jefferfon . Beſchreibung der amerikaniſchen Armee. - Mein Ich werde Empfang beim General la F .... Lager von Adjutant. - Die Wilden Dneïdag .

7

Ballen - Forges. - Scheinausfall der engl. Urmee. Niederlage bei Rars: Philadelphia wird geräumt .

1

ton-Rivers. - Schlacht und Sieg bei Montmouth . Belagerung von New York. - Urnoldo Berrätherei. Gefangennehmung , Verurtheilung und Tod des jungen Graf Carlisle und Ferr von la Major Undre'. Una Graf Eſtaing vor New - York. F ... .

D

1 1

griff auf New - Port. - Aufhebung der Belagerung . Sturrr . Berfdwos Abreiſe nach Frankreich. Ein engl. Corfar wird genoma rung am Bord. Ankunft in Breſt. men .

Unſere überfahrt toährte 67 Tage und war äußerſt beſchwerlich ;

ein Sturm erhob ſich auf der Höhe

44

der Bermuden , und engliſche Raubſchiffe verfolg ten uns häufig.

Endlich erblickten wir die Vorges

birge Karl und Heinrich , von Chezapeak. Der Tag neigte fich ,

gezogen ,

am Eingange der Bar

die Segel wurden eins

um den folgenden Morgen einzufahren ;

wir hatten guten Wind und erwarteten vergebens die Steuermänner . werden ,

Uus Furcht,

genommen zu

entſchloß fich der Kapitän,

zu fahren , welche ſehr breit iſt; des Schiffes war nach Baltimore .

in die Bay

die Beſtimmung Wir mußten

den Famesfluß hinaufregeln ; der Himmel war bes deckt , man rah nicht hundert Schritte weit.

Nach

wenigen Augenblicken klärt fich die Luft auf,

die

Sonne ſcheint, und wir finden uns zwei Kanonen ſchüſſe weit von der Iſis, Tonnen , Anker lag .

welches

am

einem Schiffe von 64

Eingange des Fluſſes vor

Wir konnten uns durch Scheitern an

der Küſte retten ; die Iſis konnte uns wegen des entgegengelegten Windes nicht verfolgen . Der Ras pitän verliert den Kopf , läßt den Regenbogen bis unter Schußweite der Sſis nahe kommen , ſcheitert im Waſſer nahe beim Lande.

und

Die Engs

45

länder zweifeln nicht länger,

daß wir Feinde find,

und geben auf unſer Schiff Feuer. Küſtenräuber eilen auf Kähnen herbei , um uns zu pliindern ; nung.

Dieſe

nun beginnt die fchrecklichſte Unord Meerwölfe ,

faſt alle Neger

oder

Mulatten , ungefähr 60 an der Zahl , ſteigen an : Bord unter dem Vorwanbe, uns zu retten . Sie beſchäftigen ſich nur mit Plündern , Branntivein - und Weinfäſſer ,

zerbrechen die

und noch ehe

ſię

in die Kajüte des Kapitäns dringen , iſt die Mehr zaht dieſer Räuber ſchon betrunken .

Ich bemerkte,

daß fie ihre Kähne mit ziemlich ſchwachsen Seilen angebunden hatten , und berede einen Schiffsjungen und einen Matroſen ,

mir meinen Koffer ,

der

meine Maaren - mein ganzes Vermögen ! - nebſt meine anderen Sachen enthielt ,

auf das Verdeck

tragen zu helfen ; wir warfen ihn in einen Kahn der mit Trinken und Stehlen beſchäftigten Wüth riche,

ſchneiden das, fchwache Tau ab ,

das ihn

hielt, und in wenig Zugenblicken waren wir auf dem Lande. Die Kugeln pfiffen hoch über unſeren Köpfen , Doch wir waren gerettet ; ich glaubte wenigſtens , es

46 WWW mit aller meiner Habe zu ſein . ſīkend,

Auf meinem Koffer

die Füße auf amerikaniſchem Sande ,

be:

trachtete ich die in wenig Stunden vollendete Ver: nichtung unſeres Schiffel.

Wir wußten nicht, was

wir thun , wohin wir gehen ſollten , oder auf wel cher Seite die Wohnungen lagen .

Wir verſtanden

die Landesſprache nicht und ſahen auch keinen ein : zigen Bewohner.

Endlich kommen mehrere , mit

der Schiffsbeute beladene Raubkähne Berbei ; einige unſerer Matroſen waren mit ihnen. lift aus der nächſten Stadt ,

Ihr Anführer

Hampton ,

Wagen

holen , und alles darauf laden , meinen Koffer nicht ausgenommen ; magazine , hoffte ,

daß ,

melt wären ,

ich hörte nur die Worte :

was mich etwas beruhigte ,

public denn ich

wenn alle Reiſenden wieder verſam : es jedem erlaubt ſein würde,

fein

Eigenthum anzuerkennen und zurück zu nehmen. Nach dreitägigem Warten

zu Hampton verei

nigten ſich alle Schiffbrüchigen , ausgenommen zwei Getödtete und einige Ertrunkene , des public magazine

und die Thüren

öffneten ſich uns.

Mit

freudigen Blicken erkenne ich meinen Koffer wieder, der alle meine Reichthümer enthielt,

und deſſen

47

Schlüſſel ich in der Taſche trug.

Ich nähere mich

aber ach , welch ein Unblick !

das Vorlege

chloß iſt abgenommen , das Schloß erbrochen , und anſtatt der ſchönen holländiſchen Leinwand , die ich gewiß mit großem Gewinn verkauft hätte ,

finde

id, die Flaggen des Schiffes , Steine und Segel lappen !! --

Man kann ſich meine Beſtürzung denken ; taus Fend Stunden von meinem Vaterlande , ohne an deres Vermögen ,

als die Kleidungsſtücke,

die ich

trug , und 9 oder 10 Louisd’or im Beutel. Bon der langen überfahrt und von ſo harten Unglücksfällen ermüdet und geſchwächt,

ruhte ich

zwei Tage aus ; da ich aber mein weniges Geld in dem Gaſthofe zu Hampton

nicht verzehren wollte,

ſo machte ich mich auf den Weg zur Armee , ' und ging nach Williamsburg , der Hauptſtadt von Vir ginien ,

8 bis 10 Stunden von Hampton.

Bei der Armee angelangt , war ich wenigſtens ficher ,

nicht Hungers zu ſterben ;

noch weit bis zur Urmee ; ob

aber es war

und ich war ungewiß,

50 Stunden davon das Hauptquartier fei.

Ich mußte einen Ward durchreiſen , und wußte nicht,

48

wem ich darin begegnen würde , ob Bären ,

Pan

thern oder Klapperſdılangen ; dieſes Bild erzeugten die Reiſebeſchreibungen , die ich in meinem Ges fängniſſe

geleſen hatte.

Landes ſah

ich voraus ,

Nach

dem Anblic des

daß ich oft unter freiem

Himmel würde ſchlafen müſſen ,

was im Monat

November in einem vom Äquator ſo weit entfernten Lande gewiß weder ſicher, noch angenehm iſt ; eben fo machte ich mich gefaßt , Mittag zu eſſen .

nicht alle Tage

Mitten unter dieſen

zu

Betrach

tungen erreichte ich Williamsburg auf einer foge: nannten Straße ,

d. h. einem elenden Fußwege,

ohne von meinem Gepäck im geringſten beläſtigt zu werden . Hier fand ich ſchon einige Franzoſen , denn es giebt deren überall ; man zeigte mir Landkarten, und ich machte mir eine Reiſeroute.

Ich erfuhr,

daß die Hauptarmee , bei der der Markis La .... ſtand,

ſich zu Walley - Forges ,

3 Stunden von

Philadelphia , befinde ; das war weit für einen Fuß reifenden .

Ich erzählte die Umſtände meines Schiff

bruchs in der Bay von Chezapeaf, und da guter Rath nichts koſtet, bekam ich ihn von aller Welt ;

49

man rieth mir auch

mich wegen der Plünderung

meiner Sachen bei Herrn Jefferſon , damals Statt halter von Virginien ,

zu beklagen.

Nach meinem Auftreten in der alten und fo kürzlich in der neuen Welt , hatte ich bei Betrach tung der Gegenſtände kein Prisma mehr vor den Augen , und nur vom Pflichtgefühl getrieben ,

bez

gab ich mich mit einem Dollmetſcher zum Statt halter .

Herr Jefferſon war von unſerm Unglück

ſchon unterrichtet ; klagte mich , über ,

er empfing mich ſehr gut ,

bes

und zeigte mir wahren Kummer bar:

in dieſen Zeiten der Unruhe mir nicht die

fchuldige Gerechtigkeit widerfahren laſſen zu können . Er befahr in meiner Gegenwart ſeinem Sekretär, mir ein Beglaubigungsſchreiben auszufertigen. merkwürdige Schrift war engliſch ,

Dieſe

was ich weder

redete , noch las ; ſpäterhin ſah ich , daß der Herr Statthalter ſeinen Paß damit beſchloſſen hatte , mid der Mildthätigkeit der Vorübergehenden zu empfeh len ! Welches Spiel des Schicfals !

Im 19ten Jahre

war ich aus Pierre - en - Cize entſprungen , litt zwei Monate darauf Schiffbruch , 1000 Stunden 3

50

von meinem Vaterlande ;

aller Habe entblößt in

einem gaſtfreundlichen Lande , mit zu erobern kam ,

deſſen Freiheit ich

begebe ich mich jekt mit

einem Bettelbriefe nach der Hauptarmee.

Glück

licher Weiſe reichte mein weniges Geld aus ,

und

id ) war nicht genöthigt, von dem erbarmungsvollen Worte : to assist , Gebrauch zu machen , das man ohne mein Wiſſen in den Paß gelegt hatte. Von Williamsburg

bis

nach Wallen - Forges

ſind es nicht mehr als 80 Stunden ;

man muß

aber nicht glauben , daß ich übermenſchlich gelitten habe. Ich tvadete ein wenig im Schmuke , darauf war ich gefaßt; das Wetter war nicht immer ſchön , es regnete oft ; im Monat November und December regnet es auch in Frankreich). Unannehinlichkeiten,

Mitten unter dieſen

deren Ende ich voraus ſah,

ermuthigte und tröſtete mich der Gedanke der Frei heit ; bazu rechne man die Kraft und Geſundheit meines Uiters , und man wird fich nicht darüber wundern , daß faſt bei jedem Schritte ein für mich ganz neues Schauſpiel mich vor traurigen Gedanken bewahrte.

Meine Blicke

wurden

von einer Menge

in

51

Frankreich unbekannter Vöget, aufgeheitert, Reichthum und berounderte ;

Verſchiedenheit des

und

in

den

Wäldern ,

durch

mich faſt unausgeſekt mein Weg führte , ich es nicht ſatt werden ,

deren

Gefieders ich die

konnte

lachend tauſend kleine

Eichhörnchen zu beobachten ,

die um mich herum

von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum hüpf ten.

Sie

ſchienen

den Triumphzug eines jungen

Kriegers zu begleiten ; eines Ballets zu

ich glaubte ,

Tehen .

die Eröffnung

Gewiß iſt,

daß dieſe

leichten , geſchickten Tänzer mit ihren Sprüngen und Spielen mich

in meiner Reiſe aufgehalten haben ;

ich betrachtete ſie mit wahrem Vergnügen.

So iſt

man im 19ten Jahre; man lebt nur für den Wu genblick . Meine Reiſe legte ich mit einem einzigen Hemde zurück ; trug in einer Taſche eine umwundene Flaſche, die ich mit Gin füllte, andern

ſchlechtes

wo ich ihn fand ,

Maisbrot ,

in der

fünf Louisd'or im

Beutel , und den von Jefferſon unterzeichneten Paß. Sand und Wälder , Wälder und Sand , war

:!

1

alles ,

was ich von Williamsburg bis zum Lager

bei Waller - Forges fand ;

ich erinnere mich nicht, 3*

52

wie viel Tage ich brauchte , um dieſen Beſchwerlichen Weg zurückzulegen . hin

langſam

Schlecht genährt und mit:

gehend ,

brachte ich wenigſtens ſechs

Nächte unter den Bäumen zu , Wohnung

antraf ;

weil

ich

keine

da ich übrigens die Sprache

nicht verſtand, habe ich nothwendig mehrere Male den Weg verfehlt, verbunden war.

was jedesmal mit Zeitverluſt

Endlich kam ich zu Walley - Forges

in den erſten Tagen des Novembers an. Die amerikaniſche Armee war ungefähr 3 oder 4 Stunden von der engl. Urmee entfernt,

welche

Philadelphia befekt hielt , und ſo die Vorausſagung des Dr. Franklin beſtätigte.

Dieſer berühmte

Mann , dieſer Geſandte , der ſich mit den Wiffen: ſchaften vergnügte , *)

da er ſie ſo geſchickt zum

* ) Im Beiſein Caſanova'd ſprach man von Rubens, der Geſandter geworden war ; ein Herr fragte: 1 Dieſer Nubens war alſo ein Geſandter , der ſich Nein ," antwortete mit Malerei vergnügte ? Caſanova , ner war ein Maler , der fich mit der Gefandtſchaft vergnügte. " So verwandelt ein Mann von Geiſt eine Dummheit in mis. Mein Onkel war bei den Jeſuiten erzogen ; Pater

53

Nugen ſeiner Geſandtſchaft anzuwenden

verſtand ,

fagte, als man ihn zu Palſy wegen der Einnahme von Philadelphia beklagte :

„ Sie irren ſich , die

engtiſche Armee hat nicht Philadelphia genommen ; < ondern Philadelphia hat die engliſche Armee ein genommen . "

Der Fluge ,

erfahrene Greis hatte

Recht . Die Hauptſtadt Penſylvaniens war ſchon für die Engländer das , was Capua in wenig Mo naten den Soldaten Hannibals ward.

Die Ume

rikaner , die Aufrührer , wie man ſie nannte , waren bei Wallen - Forges gelagert ; die engliſchen Offiziere überließen ſich in der Stadt allen Vergnügungen ; unaufhörlich wurden Bälle gegeben , weichlichten ſich die Truppen ,

und ſo ver

und die Generale

unternahmen nichts während des ganzen Winters. Sobald meine Uugen das Lager erblickten , ſtellte meine Einbildungskraft mir eine Armee, Uniformen,

Ferrier ſagte zu ſeinen Schülern : ,, Denn , meine kleinen Freunde , in unſern Orden nimmt man nur Perſonen aus gutem þauſe oder von Genie auf." ,, Der Zeufel, " ſagte mein ( damals vier: jehnjähriger ) Onkel ,

o mein ehrwürdiger Vater,

Tie find gewiß aus ſehr gutem pauſe !" -

1

54

den ganzen Glanz der Krieger,

Standarten , mit

einem Worte , alle militäriſche Pracht vor.

Unſtatt

dieſes ſchönen Schauſpiele , das ich erwartete , rah ich , einzeln oder in Gruppen dete Soldaten ,

ziemlich ſchlecht geklei

die meiſten ohne Schuhe,

viele

ſchlecht bewaffnet, aber alle gut mit Lebensmitteln verſehen , und ich bemerkte , das Thee und Zufer nicht fehlte;

ich wußte nicht,

daß dies Gebrauch

fei, dachte aber mit Fachen an die Werber auf dem Kai der Ferraille, welche zu den Gelbſchnäbeln , die ſie anwarben , fagten : „ man befindet ſich ſehr wohl beim Regimente ; ſollte indeß das Kommißbrod feh len , ſo werden ſie ſich entſchließen müſſen , Kuchen fu eſſen . "

Indem ich das Lager durchging,

Tah ich auch Soldaten ,

den Hut auf dem Kopfe

und darüber eine baumwollene Müße , und um die Schultern anſtatt des Mantels oder des überrods, eine grobe wollene Decke , gerade wie fie in den franzöſiſchen Hospitälern die Kranken trugen.

Spä

terhin lernte ich in ihnen Offiziere und Generale kennen.

So war ,

bei meiner Ankunft,

gennu

die Eracht und das äußere dieſer bewaffneten Na tion ,

deren Unführer den Namen Waſhington ro

55

berühmt gemacht hat.

So waren dieſe Koloniſten

aller Stände Krieger , ohne es zu wiſſen ,

die in

wenig Jahren die kräftigſten Truppen der britanni ſchen Majeſtät beſiegen lernten ;

ſo groß war die

Urmuth der aufrühreriſchen Armee ;

ſo groß war

endlich , beim kleinen Anfange des Unabhängigkeits krieges,

der Geldmangel und die Schwachheit der

Hülfsquellen einer Regierung, welche jept ro reich und mächtig iſt ,

daß ihr damaliges Geldpapier,

continental paper money genannt, faſt gar keis nen Werth hatte , ganz wie die franzöſiſchen Ufiignate im Jahre 1795 . Von dieſen Eindrücken , die ſo ſchlecht den glän zenden Vorſtellungen entſprachen , macht hatte ,

die ich mir ge

ergriffen , und mitten durch dieſe font

derbare Armee gelangte ich endlich zu dem Haupt= quartier des Markis La F ....

Dieſer junge

General war damals , glaube ich , erſt 20 oder 21 Jahre alt.

Ich ſtellte mich ihm vor und erzählte

ihm mit Offenheit meine ganze Geſchichte ; er hörte mich mit Wohlwollen an , und empfing mich , auf meine Bitte ,

als Freiwilliger.

Er

Tchrieb

nach

Frankreich und erhielt von dort aus in Kurzem die

56 www Beſtätigung alles beffen , was ich ihm geſagt hatte, nahm mich zu ſeinem Adjudanten mit Majorsdiplom auf , und hörte von da an nicht mehr auf, mich mit Beweifen der Güte und des Vertrauens zu überhäufen . La F .... ſtellte mich als Adjudant dem befehlshaber vor ;

Ober

dieſer Mann war eine der ſchön

nen Bildungen der Natur ,

die auf den

erſten

Anblid Ehrfurcht und Vertrauen einflößen , und die alle äußeren Vortheile beſißen , welche zum Befehlen geſchickt machen :

eine hohe Geſtalt,

edle Züge,

Milde im Blic und Anmuth im Sprechen ,

Eins

fadyheit in den Bewegungen und im Ausdruck ; dazu eine Ruhe und Feſtigkeit , die alle dieſe Eigen ( chaften in die reinſte Harmonie brachte. Waſhington , den ich hörte und fah. neral,

Es war Dieſer Ge

den ſeine Talente und ſein Glück feitdem

To berühmt machten , begann damals die Laufbahn, die er von Jahr zu fahr als Soldat ,

Bürger

und Politiker fo ruhmvoll vollendet hat ;

ich will

jedoch hier nur vom

General ſprechen.

damals von ſeinen Offizieren , wie idy,

Er war

welche meiſtentheils,

ihren erſten Feldzug mad,ten ,

und von

denen viele durch ſoldatiſchen Inſtinkt und Liebe

1

57

zur Freiheit die von Gott eingeflößte Weisheit und mit

ihr

Ruhm erhalten fouten ,

den

umgeben .

Mehrere von ihnen waren weit entfernt, Krieger beſtimmt zu glauben.

fich zum

Ich ſah um Waſ

hington den General Gates , den Sieger von Sa ratoga ;

er tvar zwei Jahre vorher ein guter dicker

Pachter , klein und etwas über 50 Jahre alt ; dies war der einfache Mann ,

der fchon der Geſchichte

angehörte, ohne etwas davon zu ahnen ; dies par der Landbauer ,

zum

Soldaten umgewandelt ,

der,

eine wollene Müße , und darüber einen Pachterhut auf dem Kopfe,

den Degen von

dem glänzenden

General Burgoyne in

großem Goſtüme und

Bruſt

mit

Orden

hatte.

Neben ihm war Arnold ,

treulos , fchuß ,

engliſchen

Zeitlebens

fahm

bedeckt,

durch

die

erhalten

ſo tapfer , einen

als

Flinten

den er vor Saratoga empfing, als er mit

Gates die Gefahren und den Ruhm theilte .

Einige

Monate vor ſeinem ſoldatiſden Ruhme war Arnold nichts weiter ,

als ein Robbändler.

Der General

Lee war Soldat ſchon vor dem unabhängigkeits kriege;

der General Sullivan Advokat ;

nach dem

Friedensſchluſſe ergriff er wieder , nicht ſeinen Pflugur

1

58 WWW fondern feine Feder. Freund Waſhingtons,

Der Oberſt Hamilton ,

der

ward nach dem Kriege Ud

vokat und proceſſirte in Philadelphia. Stark verwaltete fein Landgut felbft.

Der General Der tapfere

General Knor beſaß vor dem Kriege eine handlung , und befehligte dann die Artillerie.

Buch Unter

ihm diente der junge Dupleſſis - Mauduit , ungefähr 26 Jahre alt , ein tapferer Soldat, von dem ich oft ſprechen werde , und der zu St. Domingo umkam , wo er von ſeinen eigenen Soldaten ſchändlich er

8

mordet wurde. Ich fah auch den Obriſten Urmand , * ) welcher *) . Urmand bildete den Aufſtand der Royaliſten der ganzen Bretagne , und befahr, im März 1793 zu

den Waffen zu greifen , 6 Wochen nadı dem 21ften Ungeklagt, verfolgt, einziger Gegen: ſtand des Mißtraueng der Convention , war die Zhätigkeit dieſes Anführers fo groß , daß er mitten

Januar.

unter ſeinen Feinden und auf dem Punkt, ſeinen ungeheuren plan außzuführen , 6 Monate in Rennes in beſtändiger Arbeit zubrachte , Tag und Nacht auf den Füßen, als krüpplichter Bettler verkleidet, mit einem Pflaſter auf dem Zuge ; kein feindlicher Blid konnte ihn entdecken .

Leider verfiel et aus .

59

ein Corps leichter Truppen befehligte , im Haupt= quartier ankommen , das , in Vorbeigehen Dieſer junge Franzoſe , damals

einer Mühle war.

24 Jahr alt , führte , fo wie ich , ein unbeſtimmtes, Offizier in der franzöſiſchen

wild bewegtes Leben.

Garde , Neffe des Markis von la Belinaie , zweifelter Liebhaber der Dem . Beaumesnil, tänzerin ,

Opern

hatte er ſich nach La Trappe begeben,

und verließ dieſes Kloſter , die

ver=

zu

Gefahren

briſt Urmand

um neben Waſhington

ſuchen .

Unter

dem

Namen

tvar er damals ſchon berühmt, war

und dies war die frühere Laufbahn des ſpäterhin in der

franzöſiſchen Revolution to bekannt gewor

denen Markis de la Rounrie. Endlich faly ich hier auch , Herrn du P .... , nachher beim

zum erſten Male,

Ingenieurbefehlshaber ,

der

Beginn der franzöſiſchen Revolution,

Kriegsminiſter Ludwigs XVI. war . Mitten unter dieſen Offizieren aus ſo verfdier

Erſchöpfung und Gram über den mod des Königs in ein hißiges Fieber , und ſtarb vor Husführung feiner Verſchwörung.

60

denen Ländern ,

fragte ich , wer der Ehrfurcht ein

flößende Mann Fei,

vor dem fich alle aus Gefühl

und Pflicht verneiyten ; ich fragte , wer der General Waſhington ſei. ſein ,

Er mochte damals 40 Jahr alt

hatte unter den engliſchen Truppen gedient,

und war derſelbe Major Waſhington , der 175 .. in der Feſtung Neceſſity befehligte,

als Herr v.

Sumonville , franzöſiſcher Offizier und. Parlementär, durch den beklagenswertheſten Zufall ermordet wurde . Es iſt entſchieden , das Sumonville durch Unwiſſen: heit , oder Verſehen , oder durch den böfen Willen eines Soldaten getödtet wurde , möge er ihn nun für einen Parlementär gehalten haben , oder nicht , aber ich wiederhole , daß es gewiß iſt , der Befehlshaber der Feſtung habe den Befehl dazu nidyt gegeben, und

der

ſicherſte

Beweis

davon

iſt

die Milde,

Großherzigkeit und Güte des Generals Waſhington, die fich niemals während des ganzen Krieges ver: leugneten ,

und

ſich unter allen Prüfungen des

Glücks und Unglücks gleich blieben.

Herr Thomas

fand es poetiſcher und nationaler , dieſe unglückliche Begebenheit unter einem verhaften Lichte für den engtiſchen Offizier

darzuſtellen .

Der Name des

61

Major Waſhington wäire dunkel unwürdigen

Verdachte

übergegangen ;

befieckt

und mit einem in

die

Geſchichte

Niemand fand ęs für nöthig ,

den

Irrthum aufzuklären ; aber jede Entſchuldigung hieße einen der ſchönſten und edelſten der bekannten Cha raktere beleidigen , und aller Verdadyt muß vor dem Namen , den Tugenden und dem Ruhme des Ge nerals Waſhington verſchwinden . Der Mörder Jumonville's wäre niemals ein großer Mann ge worden. George Empörung

Waſhington ein

reicher

war

beim

Landbeſiger

Beginne der in Virginien ;

daher brachte er auch eine große Anzahl prächtiger Pferde zur Armee.

In die einfachſte Uniform ge

kleidet , ohne das geringſte Zeichen des Oberbefehls, gab er den Soldaten viel ,

die ihn auch ſehr liebs ,

ten ; aber er gab auf Soſten ſeines väterlichen Erb gutes ,

denn er empfing und wollte von der Re :

gierung keine Beſoldung empfangen .

So muß ich auch zum unbeſtreitbaren Ruhme des Markis La F .... ſagen , daß er , nach dem Beiſpiele Waſhington's, ſtritt ,

Tehr große Ausgaben

bez

indem er mit ſeinem eigenen Gelde alles

62

kaufte , was zur Bekleidung , Uusrüſtung und Bes waffnung der Truppen nüglich war ;

dieſer Strieg

hat ihm daher auch ungeheure Summen gekoſtet, und gewiß kann man ihm keinen andern

Bewe

gungsgrund unterlegen , als die edle Begierde nach Ruhm ; denn das Wiederbezahlen war damals nicht Tehr wahrſcheinlich.

Geviß war an dieſen groß

müthigen Uufopferungen alles rein , und man kann ſie ſich nur durch den Zauberglanz der Freiheit, oder den in Frankreich immer lebenden Rittergeiſt erklären ; der Enthuſiasmus , die Liebe zu den Ge fahren und etwas Ruhm waren die einzigen Entz, Das Vergnügen , ju befehlen , Krieg

ſchädigungen . zu führen ,

ſich auszuzeichnen ,

war ohne Zweifel

von einigem Gewicht in der Wagſchale ; es iſt ver nünftig, zu berechnen ,

aber es iſt verdienſtlich , es

auf eine edle Weiſe zu thun. jener Zeit , dunkele

Überdies war zu

wo der amerikaniſche Krieg nichts als

Gefahren ,

Entbehrungen ,

Arbeit,

Bes

ſchwerden aller Art darbot , Markis la F .... doch der Einzige von allen den jungen Herren am fran: zöſiſchen Sofe,

welcher den Gedanken und

den

Muth hatte , die Vergnügungen und Patäfte zu

63

verlaſſen ,

um

im

18ten Jahre auf den

Ruhm ,

ohne Gewinn , zu ſpekuliren .

Unter dem General Waſhington alle Tage Gelegenheit dar ,

bot ſich nicht

Ruhm zu erwerben ;

denn es lag gar nicht in ſeinen Berechnungen , ſich leicht mit dem Feinde einzulaſſen ; er erwartete alles von der Zeit und von den Fehlern ſeiner Gegner, die er bekämpfen ,

untergraben ,

es war fein tägtiches Studium , Hand Zeit zu gewinnen ,

und

zerſtören ſollte ; mit bewaffneter deßwegen nannte

man ihn mit Recht den Fabius Amerikas. Die

zu Philadelphia

mit Vergnügungen

bes

ſchäftigten Engländer ließen uns den Winter über ziemlid) ruhig ; dem Lager zu geahnt ,

ſie ſprachen nur mit Spott von Wallen - Forges ; man hätte kaum

daß wvir uns ſo nahe ſtanden ,

als wir

zur Erinnerung daran einen nachbarlichen Beſuch erhielten .

Wir faßen im Hauptquartier ,

der ziemlich bequemen Mühle ,

d. h. in

beim Eſſen ,

ein ſchöner verirrter Jagdhund herbeikommt ,

als und

uns um ein Mittagseſſen bat ; auf dein Halsbande ſtanden die Worte: ' General How e . Man ſchickte diefen Hund , ber dem Oberbefehlshaber der

64

engliſchen Armee gehörte , ſeinem Herrn durd , einen Parlementär zurück ;

der General war über dieſe

Artigkeit

ſehr

General ,

feinem Feinde ,

erfreut ,

antwortete

unſerm

in einem ſehr

liebens

und

würdigen Briefe. Man erinnert ſich, in welchem elenden Zuſtande ich im Lager angekommen war ;

der Markis la

F .... hatte die Güte , mir Mittel zum Unkauf der Pferde und der nöthigen Uusrüſtung zu ver Tchaffen.

Gegen die Mitte Sanuars wollte man

eine Diverſion durch den Angriff auf Canada ma chen ,

wo wir ſchon Verbindungen angeknüpft und

wenig Feinde gegen uns hatten ,

und La f ...

reiſte ab , um den Oberbefehl der Truppen zu über: nehmen , die in der Umgegend von Albany ſtanden.

Wir machten dieſe Reiſe in Schlitten auf dem Nordfluffe mit großer Schnelligkeit , aber bei einer außerordentlichen Kälte ; einer unſerer Reiſegefährten war der tapfere Dupleſſis Mauduit , Artillerie befehligen follte.

der unſere

Ehe man jedoch das

Unternehmen tragte , hielt man es für nöthig , ſich der Verbindung der wilden Völker zu

verſichern,

die zwiſchen Canada und Neu : England wohnen.

65

Nach einigen Ruhetagen zu

albany brangen

wir bis zum Monkflüſſe und bis zur Wohnung des - Herrn Johnſton vor ,

der nächſten bei den

Hütten der verſchiedenen Stämme, unter den Nas men Tuſcaroros , Oneïdas , u . f. w. bekannt. waren mit den

gewöhnlichen

Wir

Geſchenken verſehen ,

um uns der Wilden Freundſchaft zu erwerben ; man kann hier in Wahrheit ſagen , daß kleine Andenken ſie unterhalten .

Unſere Gaben , die man prachtvoll

fand , beſtanden aus wollenen Decken , kleinen Spie geln und beſonders in Farben ,

die die Wilden

ſehr ſchägen , weil ſie ſich derſelben bedienen , Geſidht damit zu bemalen ; überdies Pulver, Kugeln und einige franzöſiſche Geldſtücke , lieben ,

das Blei,

die ſie

weil ſie das Bild des Königs von Frank

reich tragen ,

den nach alten Sagen die Wilden

noch ihren Großvater nennen. 2000 an der Zahl,

Sie begaben fich,

Männer und Frauen ,

nach

dem beſtimmten Orte der Zuſammenkunft, und mit Hülfe der Geſchenke und der geiſtigen Waſſer , die ward der Vertrag fehr bald ab :

wir austheilten , gerdsloffen .

Ich war ſehr neugierig , die Gebräuche

und Lebensart , dieſes Volkes zu beobachten ,

deſſen

66 Muu Unblic mir ſo neu war ; in wenig Tagen war ich deſſen ſatt.

Der europäiſche Bettler ſchien mir

weniger widerwärtig ,

als der amerikaniſche Wilde ;

man bemerkt überbies , es ſei aus welchem Grunde es wolle , daß ihre Bevölkerung abnimmt. Mir trafen unter ihnen einen alten Soldaten aus der Urmez des Markis v. Montcalm ; er war ganz Wilder geworden , . hatte das Franzöſiſche faſt vergeſſen und lebte ganz ' wie fie , nur hatte er ſich niemals die Ohrenränder ausſchneiden laſſen wollen , was das Zeichen der Krieger iſt. Wir verließen $ diefe Stämme gegenſeitig gleid ) zufrieden . Der entworfene Angriff auf Canada ward aus Gründen verſchoben ,

die mir unbekannt blieben ,

und wir

kehrten nach dem Lager von Walley - Forges zurück. Ich habe jedoch bei unſeren Verhandlungen mit den Kindern der Natur beinerkt ,

daß beide Theile

das Mißtrauen für die Mutter der Sicherheit hiel ten , denn wir nahmen 50 junge Krieger mit uns, um an Ort und Zeit für die Erfüllung des Ver trags zu ſtehen ,

und einer der unſern blieb als

Bürge ; doch ich war es nicht.

Späterhin ſah ich Wilde mitten unter unfere

67

Urmee kommen , und ich will davon zwei fonderbare Beobachtungen mittheilen.

Eines Tages faßen wir im

Hauptquartier beim Eſſen ; ein Wilder trat in das Zimmer ,

ging rund um den Tiſch herum ,

fah

ein ungeheures Stück roost - beaf kochend heiß in der Mitte , aus ,

ſtreckte feinen langen tätowirten Urm

ergriff das dampfende Stück mit der Hand,

und ging , es an der Thüre zu eſſen. alle überraſcht;

Wir waren

der General Waſhington ließ ihn

ruhig gehen und fagte lachend ,

es ſei wahrſchein

lich jekt Eßzeit fiir dieſen Mucius Scävola der neuen Welt.

Ein anderes Mal erlaubte ſich

ein Anführer ,

einzutreten ,

während die Generale

Kriegsrath hielten ; Waſhington , groß und kräftig, ſtand ruhig

auf und fchob den Wilden bei den

Schultern zur Thüre hinaus ; der Waldmenſch nahm es keineswegs übel ,

ſondern ſchloß bloß daraus,

man wolle ihm durch dieſes Zeichen Tagen , hier nicht an ſeinem Plake.

er ſei

Eines Tages be

ſtimmte man ihnen eine Zuſammenkunft auf einer Heide ; weit

die Anführer mit ihren Kriegern wohnten

davon

nach

verſchiedenen Richtungen ,

und

hatten große und dichte Wälder ohne alle Fußwege

68

zu durchgehen . Ohne Wegzeiger oder Kompas fin : den ſie ihren Weg durch nur ihnen bekannte Mittel ; in der That verkiindeten auch am beſtimmten Tage und zur beſtimmten Stunde der Gefang und das Geſchrei ihre Ankunft ,

und wir fahen die verſchies

denen Stämme , jeden von ſeiner Seite ,

faſt zua

gleid, aus dem Walde treten. Bei unſerer Rückkehr war ich ſehr über Vorſtellung verwundert ,

die

fich die

die

Einwohner

Neu - Englands von den Franzoſen machten .

Ich

ſtieg eines Tages bei einem Pac ,ter vom Pferde, in deſſen Hauſe mir meine Wohnung angewieſen war ; kaum bei dieſem wackern Manne angekommen , fagt er mir : ,, ich bin recht froh , einen Franzofen bei mir zu haben . "

Ich frage ihn , ſehr geſchmei

,, oh, " chelt, nach der Urſache dieſer Vorliebe. antwortete er , weil der Barbier weit von hier wohnt, und Ihr mir den Bart abſcheerenwerdet ! " -„ Ei, "

ſagte ich),

,, ich kann mich felbft nidyt ra:

ſiren ; aber ich habe dazu einen Bedienten ,

und

der ſoll Euren Bart ſo gut wie den meinigen ver ſorgen ."

,, Das iſt ſonderbar , "

entgegnete der

Mann ;

man hat uns verſichert,

alle Franzoſen

69 mw feien Barbiere und

Geiger."

Ich habe wohl in

meinem Leben niemals 'herzlicher gelacht.

Kurz

darauf fah mein Wirth die mir beſtimmten Lebens mittel und darunter ein großes Stück Rindfleiſch ankommen, er ,

Wie glücklich ſeid ihr doch ,"

ſagte

,, hier in Amerika Rindfleiſch zu eſſen ! "

Ich

verſicherte ihm , treffliches äßen .

daß wir auch in Frankreich vor ,, Das iſt nicht möglich ;

dann

wäret ihr nicht ſo mager." Dies war beim Morgenroth der Freiheit die Nichtigkeit und Erhabenheit der Vorſtellungen , die fich die amerikaniſchen Republikaner von den Frans goſen machten ;

dieſe Schiefheit des Urtheils kam

von der wenigen Verbindung , in der ſie mit Europa ſtanden ; bloß Boſton und Philadelphia hatten mit den Engländern einige Berührungspunkte ,

an den

Küſten war man faſt eben ſo unwiſſend ,

als im

Innern des Landes .

In weniger als 20 Jahren

iſt man dort um mehr als ein Sahrhundert vor geſchritten .

Heute wird man mir kaum glauben,

wenn ich verſichere ,

daß ,

als damals einer der

Unſern auf dem Lande ein Paar Reitſtiefeln vergeſſen hatte , die Umerikaner ſie gleich einem Wunder im

70

Muſeum von New - York aufſtellten ; der , welcher fie vergaß ,

kann ſie mit der Aufſchrift:

french

boots ( franzöſiſche Stiefeln ) wiederfinden . Wir trafen im Lager von Walley - Forges gegen den 15ten März ein . zu Philadelphia ,

Der Feind lebte ſehr ruhig

auf engliſche Manier in größter

Sicherheit tanzend und trinkend. hinreichende Sträfte ,

Wir hatten nicht

um ihn zu vertreiben ,

und

mußten den 15ten April abwarten , wo unſere Nes kruten und Verſtärkungen ankommen ſollten ; blieben alſo

bis dahin in Unthätigkeit ,

Wetter war auch noch ſehr kalt . Landes iſt ſo ſonderbar ,

wir

und das

Das Klima dieſes

daß es oft keinen Früh

ling giebt ; der Mangel dieſer reizendſten Jahreszeit macht,

daß man nach einem langen und ſtrengen

Winter plöglich

zu

unerträglicher Hiße ohne die

geringſte Abſtufung übergeht.

Der Herbſt im Ge

gentheil iſt lang und ſehr ſchön.

Den 15ten April waren unſere Verſtärkungen angekommen , und unſere Vorrüſtungen zum

Feld

fuge gemacht, als wir mit eben ſo viel Erſtaunen als Vergnügen hörten , den Befehl erhalten ,

die engliſche Armee habe

Philadelphia zu räumen und

71

nach Neid : York zu gehen .

Sie war inteſſen aus

geregelten Truppen gebildet, uns an Zaht überlegen Wir vermu

und durch Verſchanzungen gebedt. theten ,

das Londoner Kabinet habe wahrſcheinlich

Nachricht von der Uusrüſtung der Flotte des Grafen Eſtaing.

Was auch die Urſache ſei, die Räumung

Philadelphia's begann auf New Händen der Engländer war. den bis dahin , bei Philadelphia ,

York , das in den

Sie hatten 30 Stun

und zwei Flüffe,

den Delaware

und vor New - York den Nord

fluß , zu paſſiren ; man traf Maßregeln , um ihren Nachzug anzugreifen und zu beunruhigen.

Der General Waſhington , der aus Freundſchaft und Politif wünſchte,

dem General La f ...

jede Gelegenheit ſich auszuzeichnen , fen ,

gab ihm Befehl,

ſich

zu verſchaf

mit einem ſtarken

Detaſchement über Skulkitt hinaus zu begeben , das mit er zuerſt angreife und ihren Nachtrab , möglich , in Unordnung bringe.

wo

Herr v. La F ....

hatte ſich ſchon in einem glänzenden Treffen aus gezeichnet und in der Schlacht bei Brandywine einen Schuß in das Bein bekommen.

Wir marſchirten

gegen Mitternacht ab , fekten in größter Stille über

72

den Skuifitt und ftellten uns in einem , Philadels phia ſehr nahen Gebüſche auf , um mit Tagesan : bruch den Feind zu erkennen und anzugreifen . Haupttheil unſerer Armee war bereit , redete Zeichen

Der

auf verab

in weniger als 2 Stunden uns zu

Hülfe zu kommen.

Die Engländer ,

welche - unter

uns Spione hatten , und deren größter Theil noch in der Stadt war , wurden von unſerm Plane be nachrichtigt; ſie gingen ihrer Seits heraus , hoben den ziemlich ſchwachen Poſten auf ,

den wir bei

der Skulkitt , um unſern Rückzug zu decken , gelaſ fen hatten , und rückten mit der Hoffnung vor , uns ſo zwiſchen zwei Feuer zu bringen.

Unſere kleine

Truppe und wir ſelbſt ahneten die Gefahr nicht, und wir waren nahe daran ,

in einem Neke ge

fangen zu werden . Es kam aber ganz anders . wenig aus ,

Wir ruhten ein

indem wir im Bivuak ſchlummerten.

Glücklicher Weiſe hatte ein Feldarzt, ich weiß nicht wie ,

den

nächtlichen

Rückmarſch

der

engliſchen

Truppen ,

die uns den Rückzug abſchneiden wollten ,

erfahren .

Dieſer Mann , vielleicht aus Sorge für

feine

eigene Erhaltung,

war den Fluß

entlang

73

gelaufen ,

und hatte eine Furth von nicht mehr

als 3 oder 4 Fuß Tiefe entdeckt.

Ich lag auf der

Erde neben meinem chlafenden General, äsculapius , unſer rettende Gott ,

als der

mich aufweckte

und mir die Nachricht und die Entdeckung der Furth ins Ohr flüſterte.

Herr v . La F .... wacht über

unſer Geſpräd gleichfalls auf , zählung wiederholen ,

läßt fich die Er

und gab hier einen vollen

Beweis der bei einem Unführer ſo nöthigen Stalt blütigkeit.

Er befiehlt ruhig dem Arzte , an ſeinen

Poſten zurück zu kehren , und ſchickt mich zu Pferde ab ,

um

ſelbſt nachzuſehen .

weit zu gehen , ſtätigt zu

um

finden ;

Ich

brauchte nicht

die Ausſage des Üsculap be ich erblickte

die Spige

einer

Kolonne, und ſprengte mit verhängtem Zügel zurüd . In demſelben Augenblicke wird der Rückzug ſo ſchnell, als ruhig angeordnet und ausgeführt; unſere kleine Ýrmee rekt über den Fluß in beſter Ordnung und an

der

vom Feldarzte

bezeichneten Stelle ;

wir

ſtellen uns auf dem rechten Ufer in Schlachtordnung auf und gaben die verabredeten Zeichen ; alle unſere Soldaten glaubten , dieſer Vor- und Rückmarſch ſei nach einem vorentworfenen Plane;

4

der Feind

74

ſelbſt wagte es nicht, ſich zu zeigen , tete ,

tveit er fürch

in einen Hinterhalt gefallen zu ſein.

So

brwarben unſere Bewegung, die dem Feinde aur eine Kriegstift ſchien , und unſer ſehr gut ausges führter Rückzug meinem General das größte Lob, daß er auch verdiente ,

ohne Beeinträchtigung des

Dankes , den wir dem Mahndoktor fchuldig waren , der die Furthen fo glicklich zu entdecken wußte; aber von ihm wurde nicht geſprochen . Wenige Tage nachher räumte die engliſche Armee wirklich Philadelphia ;

wir folgten ihr faſt unter

ihren Augen , und beim übergange über den Ratos tonfluß griff der General Lee am Morgen feindlichen Nac trab an. Mann ,

unter ihnen der Kern der Truppen ,

Regiment engliſcher Garden . Gefechte

den

Er beſtand aus 7000 das

Ich war bei dieſem

gegenwärtig , wo Herrv. La F ....

unter den Befehlen des General Lee ftand ; wurden gänzlich geſchlagen ,

wir

unſere Soldaten er :

griffen die Flucht in der größten Unordnung,

wir

konnten ſie nicht wieder zuſammenbringen , auch on nidht 30 Mann wollten Stand halten , und , wie es immer zugeht,

beſchuldigte man auch hier den

75

kommandirenden General der

Verrätherei.

Dies

war mein erſtes Gefecht. Die Flüchtlinge verſammelten ſich indeſſen hinter der großen Armee , der wir begegneten ,

während

auf einen Erfolg ſtolz,

der doch

die Engländer ,

nichts weiter war , als eine theilweiſe Flucht unſerer Soldaten , die Unklugheit begingen , uns mit ihren, aus dem Vortrabe gezogenen Verſtärkungen zu vera Der General Waſhington erwartete ſie in

folgen .

einer feſten Stellung, mit allen unſeren, in Schlacht: ordnung

Die

Engländer

tiefen Graben paſſiren ,

ehe ſie zu

aufgeſtellten

mußten einen

Truppen .

uns gelangen konnten ; ihr tapferes Fußvole zögerte nicht und marſchirte mit vorgeſtrecktem Bajonett auf uns ein ;

es ward durch unſer grobes Geſchük

vernichtet ;

das prächtige Garderegiment verlor die

Hälfte ſeiner Mannſchaft;

ſein Obriſt ward tödt:

lich verwundet. Dieſe Schlacht bei Montmouth , von dem nahen Dorfe ſo benannt , begann um 10 Uhr des Mor gens ;

die Hiße war ſo außerordentlich ,

daß wir

Soldaten ohne Verwundung todt fanden .

Das

erſte Schlachtfeld hatte ich nicht genau beobachten

76

können ,

weil wir ziemlich fern davon waren , als

Sieger auf demſelben zu bleiben ; Montmouth ,

mitten unter dem Stolze und dem

Jubel des Sieges , ſtere

ließ in meinem Gemüthe bü

Eindrücke zurück ,

bariiber ,

nie

aber. 098 von

und ich table mich midst

die Unempfindſamkeit des Mannes

begriffen zu haben ,

der bei Eilau ,

mitten unter

80000 leichnamen der Beſiegten und Sieger, ſagte : ,, welch eine ſchöne Menſchenvernichtung ! "

Wir

ſchliefen auf dem Schlachtfelde unter den Todten, die man noch nicht hatte beerdigen können .

Der

Tag war in jeder Hinſicht ſo heiß geweſen ,

daß

wir alle der Ruhe bedurften .

Die engliſche Armee zog ſich gegen Mitternacht in der tiefſten Stille zurüd ;

wir zogen in das

Dorf ungefähr um 6 Uhr des Morgens ein .

Der

Feind hatte einiges Gepäck und alle Verivundete zurückgelaſſen ; ſie lagen in der Kirche und faſt in allen Häuſern ; man leiſtete ihnen alle nur mögliche Hülfe; ich konnte nicht ohne inniges Mitleid junge Offiziere der engliſchen Garde ſehen , denen man ſo eben ein Glied abgeſchnitten hatte ; einer der ſchönſten Männer ,

ihr Obriſt,

die ich je rah ,

60

77

Sahr alt , mit den edelſten und ehrwirdigſten Zügen , ſtarb an ſeinen Wunden nach 24ſtündigem Leiden . Sonſt fiel kein Gefecht vor , bis die Engländer New York erreichten .

Wir kamen vor dieſer Stadt

faſt zu gleicher Zeit an ,

als ſie einrichten ,

und

nahmen eine feſte Stellung. Die Belagerung bot die größten Schwierigkeiten dat ; eine engliſche Flotte lag im Hafen vor Anker ; die Stadt war von einer Seite durch den Nordfluß ,

von der andern durch

den Weſtfluß vertheidigt; beide ein wenig breiter , als die Seine oder die Loire. Um auf der angreif baren Stelle etwas ausridten zu fönnent, man 100,000 hatten

Mann

haben müſſen ,

nicht mehr als 15000.

bätte

und wir

Die amerikaniſche

Urinee beſchränkte ſich daher aufs Beobachten und ſuchte den Feind daran zu verhindern , Ausfälle in das Land zu

machen und Lebensmittel zu rauben .

Während man ſich fo von beiden Seiten beoba achtete ,

brütete man über einer Berrätherei ,

die

verderblichſten Folgen für die amerikaniſche Republie haben konnte. Ich ſpreche vom General

die

Arnold , der den Engländern die Feſtung Weſtpoint ausliefern wollte .

78

Weſtpoint, ungefähr 20 Stunden von News York , auf dem rechten Ufer des Nordfluſſes , war der Waffenplag der amerikaniſchen Regierung.

Hier

betvahrte man das vorräthige grobe Geſchüg , wie das , hatte.

ſo

welches man vor Saratoga genommen

Durch die Vorſicht der Regierung und die

Sorgfalt der Herren Duportail unb v. Gouvion, franzöſiſche Offiziere, war dieſe Feſtung mit Schanzen umgeben worden , welche den Eingang verſchloffen ; die Höhen tvaren

mit Batterien und furchtbaren

Rebouten bedeckt, deren Feuer fich an vielen Stellen des Fluſſes kreuzte , der , wie der Hafen von Kon ftantinopel unter den griechiſchen Kaiſern , mit einer Kette geſchloſſen war , von welcher jedes Glied über 400 Pfund wog. die Freiheit halfen ,

Zu den Haupturſachen ,

der Vereinigten

kann

Feſtungswerke mit rechnen . nicht hoffen ,

Staaten

man vielleicht diefe

welche

begründen

unnehmbaren

Die Engländer konnten

ſich Weſtpoints mit offnez. Gewalt

zu bemächtigen , da ihre Schiffe nicht herankommen 1konnten , ohne fid

1 Stunde lang dem furchtbaren

Kreuzfeuer der Küſten und benachbarten Höhen aus zulegen.

Sie verſuchten alſo ,

den goldbeladenen

7 17

:1

79

Efet des Königs Philipp hineinzubringen .

Die

Einnahme Weſtpoints hätte dem Feinde erlaubt, uns alle Verbindungen mit den nördlichen Provinzen , aus denen wir viel Lebensmittel , beſonders Odſen , bezogen ,

abzuſchneiden .

Der Verluſt dieſer Stel

lung wäre für uns das größte Unglück geweſen und hätte nicht zu berechnende Folgen gehabt.

Der

General Arnold befehligte daſelbſt. Ein

jurrger offizier,

jubant in der André',

ein

geborner

engliſchen Armee ,

Franzoſe

der Major

hatte mehrmals Gelegenheit gehabt ,

das amerikaniſche Lager zu kommen ,

in

um wegen

des Austauſches der Gefangenen zu unterhandeln . Aus Zufall oder Berechnung war er mit dem Ge neral Arnold bekannt geworden ; diefer Legte hatte durch ſeinen ſeltenen Muth große Dienſte geleiſtet, fand ſich aber wahrſcheinlich nicht nach ſeinen Wün chen dafür belohnt.

Der Major Andre fand ihn

unzufrieden und zur Beſtechung zugänglich ; Vertrag ward geſchloſſen :

der

man verſprach Arnold

viel Geld , gleichen Rang in der engliſchen Armee, mit den dazu gehörigen Emolumenten ; ſeiner Seits verband er fich,

die Feſtung auszuliefern.

Der

80

Feind

ſollte während der Nacht den Fluß herauf und Arnold wollte ſich überrumpeln laſs

kommen , fen .

Wahrſcheinlich waren noch einige Punkte zu

ordnen , die die Gegenwart des Majors verlangten, denn er begab ſich zu einer Zuſammenkunft mit Er kehrte verkleidet zurück und ward

dem General.

von dreien unſerer Mitizen angehalten ,

die vor

unſerer Linie patroullirten und ihm die gewöhn lichen Fragen vorlegten. Der Major, wie die Land: bewohner bekleidet und ſchlecht beritten , antiportete Unfangs

ruhig

urid

einfach ;

die drei Männer,

ziemlich ſchlecht bewaffnet, da ciner von ihnen nidyt einmal einen Hahn an der Flinte hatte, ihn ſchon gehen laſſen , fidh zu beklagen , aufhalte “, anzubieten ; dann , Teinem

wollten

als er unklug genug war,

daß man ihn in ſeiner

und die Ungeſchicklichkeit beging, dies eriveckte Verdacht.

Reiſe Geld ,

Er verlangte

daß man ihn nach Weſtpoint fiihre;

zit

Unglück aber bemerkte einer der Soldaten,

28 fei 2 Stunden weit ,

und in Kurzem iverde der

General Waſhington über den Nordfluß regen , und daß bis Kingsferry , wohin er von einer Unterhandlung zu Hartford zuriickkehre ,

nur eine halbe Stunde

81

Weges lei.

Sie führten alſo den Gefangenen dahin

ab , ohne zu wiſſen , wer er ſei ,

und erwarteten

daſelbſt vor dem Wirthshauſe den General. Arnold hatte jedoch , als vorſichtiger Mann , dem Major Undre ' in einiger Entfernung

einen

Land

befißer folgen laſſen , um über den Erfolg der Reife ſidher zu ſein . Von der Begebenheit durch ſeinen Abgefandten benadhrichtigt,

eilte er in einen ,

am

Fuße der Feſtung bereit liegenden Kahn , deſſen Ru derer verkleidete engliſche Matroſen waren ,

und fo

erreichte er bald den Geyer , ' eine engliſche Corvette, die zivei Kanonenſchüſſe weit davon lag . der unglückliche Major

So ward

Andre' das einzige Opfer

der Verrätherei Arnolds . Alles dies fiet unfern unſeres Neugierde hatte mich getrieben ,

Lagers vor ;

die Ankunft uns

ſerer Generale zu Tehen , und ſo ward ich Zeuge. dieſes ſchrecklichen Auftritts. Der Wirth des Gaft: hofs fagte mir , drei unſerer Soldaten hätten einen Tehr verdächtigen Mann angehalten , der ihnen Geto angeboten habe , wenn ſie ihn geben Caffen wollten ; er zeigte mir den Ort , bsfond ; ich ging hin ,

wo ſich der Unbekannte um ihn zu ſehen und mit

82 mw ihm zu ſprechen . geſehen hatte ,

Da ich den Major Andre' nie

vermuthete ich ,

der Mann ſei ein

engliſcher Spion ; ich war nicht allein eine Viertel ſtunde ſpäter verwundert.

Der General Waſhington

kommt an , mit ihm ſein Generalſtab ; was er hört,

nach dem ,

befiehlt er dem Obriſten Hamilton,

den Gefangenen auszufragen ; id folgte dem Obri ften ;

das Zimmer war niedrig und dunkel und

die Dämmerung brach herein ; Der Obriſt prallt zurück ,

vor

man bringt Licht.

Erſtaunen und

Schmerz

als er auf den erſten Blick den Major

André erkennt. Er findet unter dem Kleide nicht das geringſte militäriſche Zeichen ; eine Uniformweſte unter ſeinem überrocke hätte ihn retten können .

Von

Schmerz durchdrungen , befiehlt Hamilton den Sol daten ,

den Gefangenen nicht aus den Augen zu

laffen ; er eitt zum General : André' !"

„ Es iſt der Major

ruft er mit dem Tone der Verzweiflung.

Das erſte Wort Waſhington's war :

Nehmen

Sie 50 Reiter und bringen Sie mir Arnold lebend oder todt."

Uugenblicklich läßt er die Armee unter

die Waffen treten ; den Gefangenen durchſuchen zu laſſen , war nur fein zweiter Gedanke ;

man fand

83

bei

ihm

den

entworfenen Plan )

die Einnahme

Weſtpoints , den gleichzeitigen Angriff auf unſere Urmee . Gott weiß , was aus der Freiheit der Amerikaner geworden , wäre dieſer Entwurf gelungen !

Der Major ward unter ſtarker. Bedeckung nach dem Lager abgeführt;

man mußte ihn richten und

verurtheilen ; die geringſte Nachricht gegen ihn hätte, bei der damaligen Lage der Dinge , einen Uufſtand verurſacht.

in der Urinee

Wenig Strafbare der neuern Geſchichte haben eine allgemeinere Theilnahme eingeflößt und verdient , als dieſer unglückliche junge Mann ;

er war ein

ausgezeichneter Offizier , voller Feuer und Thätigkeit, mit ſchönen Zügen und liebenswürdigem Charakter, 26. Jahr alt.

Wir erhielten einen Zug engliſcher

Unterhändler ;

die

Generale kamen ſelbſt ;

bot Alles , um ihn zu retten ;

man

eine einzige Bedin

gung konnte

angenommen werden :

uns Arnold

auszuliefern ;

die Engländer verweigerten ſie mit

Schmerz ; fie konnten nicht einwilligen .

Der Major Undre' ward gerichtet und Strange verurtheilt ; Vergünſtigung ,

zum

et erhielt nicht einmal die

erſchoffen

zu werden .

Ich kann

84

bezeugen ,

daß beim Uustritt aus dem Kriegsrathe

unſere Generale den Ausdruck des tiefſten Sdymerzes trugen ; der Markis La F .... hatte Thränen in den Augen.

Der unglückliche junge Mann ging mit

vielem Muthe zum Richtplab , und ſagte laut , er glaube nicht gegen die Ehre gefehlt zu haben ,

in :

dem er gegen Rebellen To handelte , wie er es gethan. Das unvermeidliche Schickſal des Major Audre ' vermehrte den Hab und die Verachtung, die der Name Urnord verdiente.

Der Verräther erhielt von der

engliſchen Politik den verſprochenen Lohn ; aber man vermied , ihn als General- Major dienen zu laſſen , weil

der Widerwille der Offiziere

zu groß gegen ihn war. wohnten auf dem walt.

und Soldaten

Seine Frau und Kinder

Lande und waren in unſerer Ge

Er hatte Niederträchtigkeit genug , zu glau

ben , man würde ſeine Familie für ſein Verbrechen büßen laſſen , und war ſo unverſchämt,

dem Ge

neral Waſhington zu ſchreiben und ihm zu drohen, das Land , und beſonders des Generals ſchöne Bes Fitungen in Virginien , verwüſten zu laffen ,

mit Feuer und Schwert wenn

man

es wage ;

85 nuwu irgend einem

der Seinigen Rache zu nehmen .

Ana

ſtatt aller Untivort ließ Waſhington Madame Arnold und ihre Kinder von ihrer Wohnung aus mit aller möglichen Achtung zu Arnold geleiten ;

ich glaube

rogar, es war ' der Obriſt Hamilton , den er damit beauftragte,

um ihnen unter dieſem Schuße alle

Unannehmlichkeiten auf der Reiſe zu erſparen . Mehrere Wochen lang fiel keine wichtige Bez gebenheit vor ;

wir hörten nur ,

die engliſche Re

gierung habe Bevollmächtigte abgeſandt , um über den Frieden zu unterhandeln ; gleich ſehr jung ,

Lord Carlisle ,

befand ſich unter ihnen ;

ob

er ver

urſachte einen Skandal , der nur ihn traf und nur ihn liderlich machte.

Milord erlaubte ſich ,

in

die Zeitungen , die man zu Netv - York erhielt , die Neuigkeit einrücken

zu laffen ,

der Markis v . La

Fi ...

ſei kurz vor ſeiner Reiſe nady Amerika

in dem

Hofe von St. James ſehr gut empfangen

worden ,

und es fei höchſt undankbar von ihm,

den Don Quirotte in dieſem

Kriege der Empörer

gegen ihren Herrſcher zu machen .

La F .... hielt

ſich für perſönlich beleidigt , und glaubte eine Recht fertigung verlangen zu müſſen .

Die Herausforderung

86

ward durch einen Parlementär überſandt ;, der edle fich herabzuwir:

Lord glaubte wahrſcheinlich nicht, digen ;

aber

er antwortete , dieſer Streit werde

zwiſchen dem Lord Howe und dem Grafen Eſtaing

1

ausgemacht werden ,

Da Milord

dem Rufe eines fashionable

zu London in

( Stußers ) ſtand,

ſo ließen wir dagegen in

die Zeitungen reken ,

fei ganz natürlich ,

ein

daß

es

junger Herr , - der

Sdyminke und Pflaſterchen auflegte , fich nicht ſchla gen wolle ,

und ſo waren die facher auf unſerer

Seite. Bald darauf kam der Graf Eſtaing vor News York mit einer Flotte von 12 Linienſchiffen und mehreren Fregatten an .

Die amerikaniſche Armee,

durch die Gegenwart des franzöfiſchen Admirals ers higt;

Tchloß die Stadt dichter ein.

Herr v.

Eſtaing hatte ſich geſchmeichelt, die engliſche Flotte im Hafen ſelbſt angreifen zu können , fich mit überlegenen

Kräften zeigts.

indem

er

Die Flotte

des Admirat" Howe beftand nur aus 6 oder 8 Schiffen von 50 Sfanonen ; aber die Franzöſiſchen Fahrzeuge , obgleich viel ſtärker, gingen zu tief im Waſſer ,

und liefen daher Gefahr ,

zu fcheitern ;

87 MUN der Languedoc , auf dem Eſtaing ſeine Flagge hatte, führte 110 Kanonen am Bord .

Man mußte auf

dieſe Unternehmung Verzicht leiſten ,

und den ent

worfenen Plan ändern.

Der Markis La F .... übergab mir Briefe für den Grafen Eſtaing ,

und ich ſollte alſo als

beauftragte Perſon jegt einen Mann kennen lernen , der dem

Bilde gleichen würde,

das ich mir von

dem Oberbefehlshaber einer franzöfiſchen Flotte ge macht hatte.

Er empfing mich auf's Beſte ,

mir viele Fragen , antwortete , ihm .

that

auf die ich ohne Verlegenheit

und ich blieb wohl zwei Stunden bei

Ich fand am Bord ſeines Schiffes die aus !

geſuchteſte Tafel ,

und war ſehr verwundert ,

ihn

über Mangel am Nöthigen klagen zu hören , wäh= rend man gar nichts davon bemerkte.

Ich ver

kündete die baldige Ankunft von 50 fetten Ochſen und verurſachte dadurch eine allgemeine Freude , und kaum hatte ich meine Rede geendigt,

als ſchon

Sprachröhre und Zeichen dieſe große Neuigkeit der ganzen Flotte meldeten . Atle Offiziere umgaben und überſchütteten mich mit Fragen über unſere Stellung und Kräfte; ich

88 Vw

war ein ſehr wichtiger, fehr geſuchter und ſehr be fragter Mann .

Der Herr v . Suffren ,

der das

mals nur ein Schiff von 50 Kanonen befehligte, ließ mich bitten , auf fein Schiff zu kommen ; ich mußte dort, um ihm zu gefallen , ſo viel Punſch trinken ,

daß ich beim

Abſchiede fürchtete , das Meer

zu berithren . Außerordentliche Freude gewährte mir das Zu fammentreffen mit meinem Vetter ,

dem Chevalier

von F. , jekt Grafen F. , Großkreuz des St. Louis ordens und Viceadmiral;

damals war er Schiffs

Fähndrich auf der Provence.

Er kannte meine Flucht

aus Pierre - en - Cize , und wir fanden uns 900 Meiten weit , mitten im Kriege , in unſerm eigent: lichen

Elemente wieder ;

et überhäufte mich mit

Zärtlichkeiten , die ich mit Dank empfing , beſonders als er mir einen kleinen Porrath Wiſde anbot, mit dem Seeoffiziere immer reichlich verfehen ſind, und die mir gar fehr za fehlen anfing ;

ich hütete

mich auch wohl , es auszuſchlagen .

Endlich ging id , vom Grafen Eſtaing Worchied zu nehmen ,

der mir ſeine Depeſchen einbändigte.

Ich erinnere mich noch , daß er mir für Waſhington

89

und La F .... Kiſtdhen voller Citronen und Anas nas gab , die von einem erbeuteten Schiffe kamen . Ich mußte während der Nacht mehrere Meilen in der Schaluppe zurücklegen , um reichen ,

und

das Lager zu ers

empfand einen ſolchen Hunger , daß

ich mehrere Ananas verſchlang und faſt daran ge ſtorben wäre. -

Der Kriegsplan füle 1778 warb alio gerinnert, und mach einer berechneten Bewegung blokitte die franzöſiſche Flotte New - Port auf Rhode Island, ziviſchen New - York and Boſton , während ein Theil der Armee , unter den Befehien des Generals Sullivan , mit der Diviſion des Generals La F .... vorrückte ,

um

die Belagerung zu beginnen.

Un

Tere Landung auf dieſer ſchönen Inſel geldyah mit der größten Ordnung und ohne Hinderniß unter dem Schube der drei Fregatten , die uns der Graf Eſtaing gab .

Kaum waren die Linientruppen aus :

geſchifft, als gegen 10000 Milizen herbeieitten, theils zu Pferde, theils zu Fuße; fie gewährten einen lächer lichen Anblid ; alle Schneider und Upotheker ſchienen dem Aufrufe gefolgt zu ſein ,

denn man erkannte

ſie an ihren runden Perücken und chlechten Pferden .

90 M Das Fußvolk

her ,

der Reiterei

ging vor

ſchien nach demſelben Schnitte verfertigt.

und

Ich ver

muthete, daß dieſe Krieger den Feind nicht zu ſehr in der Nähe ſehen wollten , ſondern nur gekommen waren , die Lebensmittel verzehren zu helfen , und ich irrte mich nicht ;

ſie verſchwanden mit dem

Überfluſſe. Wenig Tage nach der Landung begannen wir die Schanzarbeiten mit vielem Eifer ,

als die eng

liſche Flotte vor New : Port erſchien . Der Graf Eſtaing befaht Segel aufzuziehen ; günſtig.

augenblicklich ,

der Wind war ſchwach ,

die aber

Wir fahen dieſe ganze Flotte majeſtätiſch

vor den Erdſchanzen der feindlichen Redouten vor überſegeln ,

und jedes

Schiff eine volle Labung

zum Gruße geben ; es waren 36 und 24 - Pfünder, denen man aus den Redouten mit kleinen 10 und 12 - Pfündern antwortete.

Unſere Flotte verfolgte

die engliſche, welche mit vollen Segeln floh ; bald verloren wir beide aus dem Geſicht, und behielten die Hoffnung eines großen Sieges .

Ein furchtbarer

Sturm erhob ſich vor Beginn des Gefechts ; unſere Flotte

ward

zerſtreut,

das Admiralſchiff,

ſeiner

91

Maſten beraubt, war nahe daran , durch ein feinds liches Schiff von 50 Kanonen genommen zu wer den ; der Gäſar , von Herrn v . Raimondis befehligt, mit 74 Kanonen am Bord , ward von überlegenen Kräften angegriffen und lieferte ein Gefecht; Kapitän

verlor dabei ſeinen rechten Arm ;

der / man

hielt den Cäfar ſchon für verloren , als er ſich den anderen wieder verſammelte. Mitten

mit

unter dieſem Sturm kam der Admiral Byron beim Admiral Howe an ; der Feind war uns nun über legen . Die Belagerung dauerte fort ; der Graf Eſtaing erſchien wieder vor New - Port ;

er hatte uns die

drei Fregatten gelaſſen , Rückzug zu decken ; ihm unmöglich ,

um nöthigen Fal's unſern ale aber er meldete uns , es fei

die Belagerung fortzuſeßen ;

Eſtaing führte die Flotte nach Boſton , auszubeſſern Der General Sullivan ,

wüthend,

franzöſiſchen Flotte verlaffen zu ſein ,

wir

Der Graf

mußten alſo an den Rückzug denken .

um ſie

von

der

erlaubte ſich ,

in einem Tagesbefehl unſere Nation zu beleidigen und die Franzoſen Verräther zu nennen ;

ich fah

92

den Augenblic ,

wo unſere beiden Generale fich

ſchlagen würden.

Der Markis La F .... Beklagte

1 ſich bitter und mit Recht beim General Waſhington . Der Rückzug geſchah in guter Ordnung und wir erreichten unſere Armee. Von dieſer Unternehmung kehrten alſo die Land und Seebefehlshaber gegenſeitig unzufrieden zuriidk ; ich meines Theils fand dabei viel Angenehmes und erhielt ſogar ſo zahlreiche , als aufrichtige Lobſprüche; der Grund war dieſer.

Der Chevalier v . Preville,

der die drei franzöſiſchen Fregatten befehligte, die uns ſere Verbindung mit dem Feſten Lande decken ſollten , ſchrieb mir , um zu fragen ,

ob er für ſeine Ma

troſen nyt einige Erfriſchungen bekommen könnte ; id) theilte den Brief dem Murkis la F .... mit, und der General Sullivan beauftragte mich, einem

Detachement

ziviſchen

den

beiden

mit

Lagern

Lebensmittel aufzuheben .

So bin id, alſo auf 24 Stunden Anführer eines Corps , und mache demnach meine militäriſchen und gaſtronomiſchen Anordnungen ;

der Zwiſchens

raum vom Lager nach der Feſtung war mit Gärten und Wohnungen angefüllt , die die Bewohner ver :

93 Muuu laſſen hatten , um ſich nicht zwiſchen zwei Feuern zu befinden .

Mein Auftrag mußte im Ungeſicht des

Feindes ausgeführt werden ; ich glaubte , Kanonen fchüſſe aushalten zu müſſen ,

und ließ alle Karren

zuſammenbringen ,

finden konnte ;

die

man

füllten ſie mit Obſt und Gemüſen ,

wir

und da der

Himniel alle gute Werke beſchüßt , ſo ſchoß man nicht eine Flinte auf uns ab. Die Fregatten , von meinem glücklichen Erfolge benachrichtigt,

ſchickten

eine Menge Kähne ab und ich begleitete die Sen: dung ſchüßend bis zum Ufer.

Man mußte den

Eifer fehen ,

mit welchem die Matroſen die Äpfel

verſchlangen ,

und die Wagen von den Möhren,

Platanen und anderen Gemüſen befreiten ;

ſie bez

dankten ſich alle um ſo mehr , da fie eine Zeitlang Mangel gelitten hatten.

Ich ward am Bord wie

der Pflegevater der Fregatte empfangen , und man erklärte mich einſtimmig für den Reſtaurator der Seemacht. Die franzöſiſche Regierung entſchloß fich nun , die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten anzus erkennen , und Herrn Gerard als Bevollmächtigten zum Congreſſe zu

ſchicken .

Es war Zeit,

denn

94

man war wenig mit der Hülfe zufrieden , die Frank reich durch Herrn Caron de Beaumarchais men ließ.

zukom

Der Briefwechſel dieſes Mannes belei:

digte allgemein durch

ſeine Leichtfertigkeit, die an

Unverſchämtheit grenzte.

Ich habe die Abſchrift

eines ſeiner Briefe bewahrt : Meine Herren , müffen ,

ich glaube ihnen melden zu

daß das Schiff l'Amphitrite,

von 400

Tonnen , mit dem erſten guten Winde nach dem nächſten amerikaniſchen Hafen regeln wirb . Die Ladung deſſelben ,

die ihnen beſtimmt iſt ,

aus 4000 Flinten ,

80 Fäſſern Pulver;

beſteht 8000

Paar Schuhen , 3000 wollenen Decken ; außerdem noch einige Ingenieure und Artillerieoffiziere ; item einem deutſchen

Baron ,

ehemals Adjudant des

Prinzen Heinrich von Preußen ; ich denke , fie wer: den einen General aus ihm machen können , und bin ihr ergebener Diener,

E. de Beaumarchais." Dieſe Schreibart empörte den Congreß , und •

dieſer ,

givar ſehr,

aber doch noch weniger unver

ſchämte Brief, als das ganze Leben des Schreibers, ward uns allen bekannt.

95

Der deutſche Offizier ,

von dem er fo obenhin

ſprach , war der Baron v. Steuben , Taktiker ,

ein großer

den der Chevalier v. Ternan ,

ausgezeichneter Offizier,

begleitete;

'mals noch wenig Franzoſen .

ein ſehe

wir hatten das

Ich habe die Herren

Duportail , Dupleſſis - Mauduit und de la Rouairie genannt.

Dieſer Lekte war beim Congreß mit ſeiz

nem Bedienten, einem gewiſſen Lefevre,

einem

ſehr ſchönen und tapfern Manne, erſchienen ; Herr 0. Rouairie erhielt fogleich ein Obriſtdiplom , und die Einfachheit der regierenden Verſammlung war damals ſo groß , daß man dem Dienet ein gleiches Diplom auf ſein gutes Ausſehn ausfertigen wollte, hätte dieſer nichts zuerſt es verweigert und den Herren des Congreſſes dafür gebankt. ner ,

Dieſe Män

mit von den unſrigen fo verſchiedenen Gea

wohnheiten , bildeten eine Verſammlung von 13 Perſonen ,

in gleicher Zahl mit den Provinzen der

Union ; fie gingen zur Sigung, zum Congreß, ſo wie man in Paris in ein Leſekabinet geht ,

und

die Weisheit ihrer großherzigen Beſchlüſſe übertraf noch die Einfachheit ihrer Sitten . Nach der Aufhebung der Belagerung von New

06

Port und unſerer Rückkehr zur Armee beſchloſſen der General Waſhington und der Congreß , Markis La

F ...

um Unterſtügung , und Geld zu

nach Frankreich

den

zu fenden,

ein franzöſiſches Truppenkorps weil das Papiergeld ohne

erbitten ,

allen Werth war. Man eilte , den Bau der Fregatte Autance zu vollenden , die trefflich ſegeln und 36 Zwölfpfünder Der Oberbefehl wurde

am Bord führen

ſollte.

einem Franzoſen ,

dem Kapitän

Landais de St.

Malo , ertheilt ; das Fahrzeug ſtand unter der Leis tung

des Warkis La F .... ,

ſollte ihn ausſchiffen ,

und der Kapitän

wo er es wünſchen würde.

Unglücklicher Weiſe nahm man , um die Mannſchaft vollzählig zu machen , trofen ;

70 gefangene engliſche Mas

treffliche Seeleute an ,

son deren Treue

man ſich verſichert hielt, weil man ihnen einen Eid leiſten , ließ . Der Winter war ſehr ſtreng; ward erſt Ende Boſton fror zu ,

Januars fertig ;

die Ausrüſtung der Hafen

und wir waren genöthigt ,

Sdyiffe einen Weg durch das Eis zu hauen. lichteten die Unker bei einem

von dem Wir

günſtigen , aber äußerſt

97

heftigen Winde , und obgleich nur das große Segel gebraucht wurde,

ſo legten wir doch 2 deutſche

Meilen in einer Stunde zurück.

Mehrere franzö

ſiſche Offiziere waren mit uns am Bord ,

unter

andern Herr v . Raimondis , Befehlshaber des Gä far ,

der in dem legten Gefecht den rechten Arm

verloren hatte. Ein furchtbarer Sturm erhob ſich bei der Bank Terra nova;

er dauerte ſo lange und unter ſo

gefährlichen Umſtänden , daß Angſt und Schrecken Utle erfaßte.

Herr v. La F ... war auf dem

Meere gewöhnlich krank , und ſchickte mich oft, um unſern alten Kapitän Raimondis zu befragen , an ſeinem

der

Stümpfe ſehr litt , was durch das be

ſtändige Wanken des Schiffes noch vermehrt wurde . Der alte Seemann beruhigte mich nicht außerors dentlid ) ; er ſagte ſogar, lichen Sturm

noch nie einen To, ſchreck

ausgehalten zu haben .

dieſe Nachrichten dem

Ich brachte

Herrr v. la .... wieder ,

fügte aber jedesmal , um ihn und mich zu tröſten, hinzu ,

der Zuſtand Raimondis müſſe nothwendig

auf ſein Urtheil Einfluß haben , Fehen ,

mit einem

Worte ,

ihn Alles ſchwarz

Alles aufs Schlimmſte

5

98

nehmen laſſen .

Herr v. La F ....,

Lager ausgeſtreckt,

auf ſeinem

brachte dann den Nebel des

Ruhmęs auf ſeine einfachſte Wahrheit zurück : ,, der Teufel, “

rief er philoſophiſch aus ,

,, es war der

Mühe werth , daß ich im 20ſten Jahre , bei meinem Namen , meinem Range , meinem Reichthume, und nachdem ich Fräulein v . Noailles geheirathet hatte, Alles verließ , um hier den Stockfiſchen als Frühſtück zu dienen ! "

Ich meines Theils ,

war glück=

licher , hatte nichts zu verlieren , nichts zu bedauern, und kehrte zum alten Seemann zurück ; er wohnte unter dem Zimmer des Herrn v . La F wela ches das Berathungszimmer war,

ſo daß ich auf

dieſem Wege oft fiel und mir meine Botſchaften eine tüchtige Menge großer Beulen koſteten . Es war unmöglich , ſich bei den Stößen ,

die nach

allen Richtungen mit furchtbarer Schnelligkeit folg ten ,

auf den Füßen zu erhalten ;

man wollte die

Maſten kappen. Einer der Unſern ,

Herr v. N.

war fo angegriffen , daß ich ihn ſeine Piſtolen laden ſah , um ſich lieber zu erſchießen , als zu ertrinken ; ich hätte die Wahl für eine Stecknadel gegeben , aber noch hatten wir nicht Umen geſagt.

Der

99

arme Gefährte war zum Selbſtmorde beſtimmt, denn im Jahre 1792 entzog er ſich , als Offizier der con ſtitutionellen Garde , den patriotiſchen Henkern , die ihn nach der Abtei ſchleppen wollten ,

indem er

ſich den Degen in den Leib ſtieß.

Nach drei ,

für uns unendlich langen Dagen

hörté der Sturm auf ,

und das Wetter blieb von

da an günſtig.

Aber der Wille des Himmels be

hielt

andere Prüfung vor.

uns

eine

wir beim Effen Taßen ,

Während

und weder an die böſen

Tage , noch an das böfe Better , ſondern an Frank reich dachten , von dem wir nur noch 100 Meilen entfernt waren ,

verlangte ein Matroſe ,

mit La

F .... zu ſprechen ; er nahm ihn bei Seite , um ihm mit wenig Worten viel zu ſagen.

Er flüſterte

ihm ganz heimlich ins Ohr , die engliſchen Ma trofen hätten den Entſchluß gefaßt, uns zu ermor den ,

ſich des Schiffes zu bemächtigen und ihn,

La F ...,

nach England zu führen ;

dies ſollte

um 5 Uhr Abends geſchehen , wo unſere Leute fie ablöſten ;

überdies könnte man die Meiſten , und

beſonders die Unführer , Hängebetten finden ;

ganz bewaffnet

er fulgte hinzu ,

5*

in ihren

er habe an

100

der Verſchwörung nur deßwegen Theil genommen, um uns zu retten. Man durfte keinen Augenblick verlieren ; waren zuſammen an ,

wir

14 Offiziere , und fingen damit

uns des Berichterſtatters zu verſichern .

pleſſis - Mauduit ,

die Piſtole in der Hand ,

ihn nicht aus den Augeit .

ließ

Mehrere von uns holten

uſere tapferſten und ſicherſten Matroſen , waffnet herbeieilten .

Dus

die be:

Wir ſtiegen , 30 an der Zahl,

in den Unterraum hinab ;

ſo wie der Ungeber das

Hängebett eines Anführers bezeichnete, wurden mit einem Beile die Strice durchgehauen , der noch ſchlaftrunkene Mann fiel herab , ward ergriffen und geknebelt.

Ulle dieſe Schurken waren ſo erſchrocken ,

daß ſie nicht den geringſten Widerſtand leiſteten . Zuerſt leugneten ſie alle ; mochte ſie die Furcht ,

aber einzeln befragt ver auf der Stelle gehangen

zu werden , ihr Verbrechen zu geſtehen ; einer ihrer Beweggründe ſchien der zu ſein , daß ſie unter dem Gepäck des Herrn v . La F .... ſehr ſchwere Kiſien geſehen und geglaubt hatten , Sdäße. Der Ungeber ward belohnt , verdiente.

ſie enthielten wie er es

101 mm Von dieſem Augenblick an legte ſich keiner von uns mehr ſchlafen , denn wir hatten 60 geknebelte Männer im Unterräume zu bewachen ; man fah im Berathungszimmer nichts weiter , als geladene Ge wehre und bloße Degen.

Wir trafen beim Anbruch

des Tages ein Schwediſches Kauffarthei - Schiff auf unſerm Wege ;

der Kapitän landais ließ den Bes

fehlshaber an Bord kommen ;

man kann ſich von

dem Schrecken des armen Mannes keinen Begriff machen , als er in unſer Zimmer trat und dieſe Todeswerkzeuge Fah ; er glaubte, ſeine legte Stunde habe geſchlagen .

Er verſtand kein Wort Franzöſiſd ),

wir ſuchten ihn durch Zeichen zu beruhigen , jebody wollte er faſt zwei Tage lang weber elfen , noch trinken ; endlich entſchloß er ſich dazu , und fand unfer Effen gut und den Wein vortrefflich. Landais behauptete, der Schwede ſei eine gute Priſe; in Frankreich mußte er . ihn aber doch loslaſſen . Wir fehnten uns immer mehr , das feſte Land zu ſehen ; denn wir waren von Ermüdung erſchöpft, von der Furcht gequält, ein uns überlegenes feind fiches Schiff zu begegnen , und hatten noch überdies die Gewißheit , daß ſich dann die Gefangenen von

102

Neuem empören würden . der Maſtförbe beraubt ;

Der Sturm hatte uns wir wußten jedoch ,

wir dem Lande nahe waren ,

daß

obgleich wir es noch

nicht ſehen konnten ,

als ein engliſcher Corfar von

16 Kanonen anfing ,

auf uns Sagd zu machen .

Da unſere Stücpforten feſt geſchloffen waren , zweis felte der Corfar nicht, daß wir ein Schiff der Weſt indiſchen Compagnie und eine gute Priſe feien ; er war deſſen ſo gewiß , daß ein Theil ſeiner Mann: fchaft auf die Rahen ſtieg , und unter Hurrahrufen feuerte er in halber Schußweite eine Kanone auf uns ab ,

um unſere Flagge zu ſehen ; wir zogen

augenblicklich die amerikaniſche auf ,

und begriißten

ihn mit einem halben Dugend Kugeln. bald

Er kam

von ſeinem Irrthum zurück und ſtrich feine

Flagge.

Er war über die Begebenheit troſtlos.

Wir begnügten uns damit , ſeine Kanonen und ſein Pulver ins Meer werfen zu laſſen , ſeinen Madera Wein zu nehmen ,

und ließen ihn in dieſem kläg

lichen Zuſtande geben ;

in unſerer Lage konnten

wir uns gegen ihn nicht mehr erlauben. Im Angeſicht der franzöſiſchen Küſten bemerk ten wir,

daß unſer

Kapitiin nach

dem Kanal

103

ſteuerte ;

er wünſchte wahrſcheinlich ,

Malo , ſeiner Geburtsſtadt,

ſich zu St.

ſehen zu laſſen ;

meldete es dem Herrn v. la ....,

ich .

der ihm

verbot , dieren Weg zu nehmen ; und wir landeten

ju Breſt .

104 wwww

Viertes

Kapitel.

Beſuch bei meinem Vater .

Ankunft zu Paris. über Paul Ich bekomme ein Rittmeifterdiplom . Wiederein: Jones und den Sauptmann Landais.

fchiffung. – Müdtehr zur amerikaniſchen Armee. Landais wird während der überfahrt verrückt. Feldzug von 1781 . York- Jown. -- Capitulation .. -- Ende des amerikaniſchen Landkrieges. - Ich kehre nach Frankreich zurück. — Triumpheinzug in Corogna. Wir lichten Anker. Feſte und Bälle daſelbſt. Ankunft zu Lorient.

Unſere erſte Sorge war, die ſchurkiſchen Matroſen im Gefängniſſe der Stadt abzugeben ; kehrungen wurden getroffen ,

alle Vor:

um ſie nach Amerika

zu ſenden und dort nach den Landesgeſetzen richten zu laſſen . aufs Beſte ;

Die Herren Seeoffiziere 'empfingen uns aber wir konnten uns zu Breſt nicht

105

aufhalten .

Jeder eilte nach ſeinem

der Markis v. la ...., dung nicht mehr ans

Heerde ,

d. h .

der ſeit unſerer Lan=

Philoſophiren

dachte , war

fchon in ſeinem Hôtel Noailles abgeſtiegen ;

feine

Ankunft

und

Verſailles.

war

die

Tagesneuigkeit

zu Paris

Die Königinn von Frankreich

erzeigte

ihm die Gunſt, ihn in ihrem eigenen Wagen Frau + zuzuführen , die von der Ankunft

V. La F

ihres Mannes nichts gewußt und dieſelbe erſt , wie alle Welt , erfahren hatter Was mich betrifft, ſo beſtieg ich den Eilivager, und reiſete nach Clermont und von da nad, mei nem väterlichen Dache.

Die Natur empfing jedoch

nicht meine erſte Huldigung , ſondern die Danes barkeit ; ich ging ſtationenweiſe.

Zuerſt dankte ich

zu Nantes dem Herrn Ville - Helio ; zu Rochelle dem Herrn Seigneur",

und da ich durch

ſchung nichts gewinnen konnte,

überra

To trug ich große

Sorge', meinen Vater' meine Unkunft wiſſen zu Laffen , und meinen unterthänigen Brief durch einen fehr liebenswürdigen Brief des Maukis v . La F..r an meinen Vater ſelbſt zu verſtärken . Iroß aller dieſer Borkehrungen konnte ich midy

106

beim Eintritt in feine Stube und beim erſten Er: ( dyeinen vor ihm einer gewiſſen Furcht nicht er wehren ; wir waren gegenſeitig gleich verlegen .

Auf

ſeiner umwölkten Stirn ſtand ein Gewitter ,

aber

kein

das

beginnendes,

ſondern ein

abziehendes ,

nur noch von fernher donnert ; denn die Vorwürfe, die er mir machte,

betrafen die großen Ausgaben,

die ich ihm durch meine Reiſe von Paris Pierre - en - Cize

und durch

nadi

meinen Aufenthalt

daſelbſt verurſacht hatte. Hierauf bemerkte ich ihm ganz natürlich , wenn er mir das Geld gegeben hätte , übler gethan geweſen wäre ;

daß,

es nicht

der väterliche Ernſt

konnte gegen eine ſo ſcharfſinnige und von der Ers fahrung beſtätigte Bemerkung nicht Stich halten ; feine Stirn entrunzelte ſich gänzlich und nur mit Mühe unterdrückte er ein lautes Lachen .

Nach zwei Stunden war er nicht mehr derſelbe Mann ;

die Neugier ſiegte und

ich mußte meine

ganze Odyſſee erzählen ; er wollte Alles ausführlich wiſſen .

Er ließ ſich mehrere Mare den Brief des

Herrn 6. LA

... wiederholen , von dem meine

Erzählungen nur die Ergänzungen waren ; ich ſage.

107

er ließ ſich ihn leſen , denn von ſeinen beiden Augen hatte er das eine ſchon längſt in der Schlacht von Dettingen verloren , und das andere fing an , ſehr fchwach zu werden .

Ich blieb 14 Tage bei ihm ;

alle trüben Wolken verflogen , blau ,

der Himmel ward

und mein Vater ſchenkte mir ſo ſehr von

Neuem ſeine Liebe , daß er mir bei meiner Rückkehr nach Paris,

wo ich Dienſt ſuchen wollte,

200

Louisd'or gab , meinen Fahrgehalt auf 1000 Thaler erhöhte und mir einen Banquier anwies , Vorſchüffe

abtragen

ſollte ,

die

der alle

der Markis

La

F .... fo gütig geweſen war , mir zu machen ; er erbot ſich ſogar eine Schwadron Cavallerie zu bezahlen , wenn ich eine erhalten könnte. Überdies gab

er mir

einen

Dankſagungsbrief an meinen

General mit und vergaß nichts in ſeiner Güte für mich.

Ich verließ ihn , von Dankbarkeit durch

drungen und eilte nach Paris. Die neun Seligkeiten erwarteten mich daſelbſt ; es giebt gewiß eine Verbindung zwiſchen Himmel und Erde ;

denn kaum war ich bei meinem ehrs

würdigen Vater wieder in Gunſten , als das Glück mir folgte .

108 www Ich ſtieg zu Paris in einem hôtel garni ab, und wußte nicht,

wo ich einen meiner zahlreichen

Verwandten finden würde , welche ich noch überdies zu jener Jahreszeit auf ihren Gütern glaubte.

Der

Präſident von S. , mein Dheim , kam ſelbft, führte und richtete mich in ſeinem Hauſe ein , meinige wurde.

das das

Diefer treffliche Mann (was nicht

verhinderte , nein , was verurſachyte", daß er in der Revolution ermordet ward ) Freundſchaftsbeweiſen ,

überhäufte mich mit

die aus ſeinem Herzen ka

men , und mit derſelben Gewiſſensrube, als er in den böſen Tagen mich ſeine ganze Strenge fühlen ließ , die in ſeinem ,

durch fremde Intriguen er:

regten Vorurtheile begriindet war.

Nachdem er mich

umarmt , gab mir der gute Oheim ,

der liebens

würdigſte ; lebhafteſte und beſte der Menſchen , einen Brief von meinem Bater , aus P , den 19ten April 1779 datirt ;, ich kann nie den

Tag und die über

Tchrift vergeſſen : albo dies notanda lapillo .

Ich

drückte dieſen an meinen Oheim gerichteten Brief an mein Herz , der mich überzeugte, daß die jebige Güte meines war.

Vaters auf Gerechtigkeit gegründet

,, Der Herr Graf , "

ſchrieb fein. Sekretär,

109 mw denn der edle

Greis konnte

nur

nods

diktiren, /

,, will,

daß dem Herrn Chevalier nichts fehle,

da

er keinen andern Wunſch hat , als ihm die Schmer zen reichlich zu vergelten ,

die ihm die angethane

Ungerechtigkeit verurſacht hat ;

er war das Opfer

einer zu ſpät entdeckten Habgier." Von dem mir zugefügten Unrechte waren mir nur fchmeichelhafte Erinnerungen geblieben ; ich be trachtete die ganze Begebenheit , vom Tage meiner Befreiung an ,

als einen Feldzug.

Ich war weit

davon entfernt , die Gunſt zu. ahnen , die mir das Glück noch vorbehielt.

Nach einem dreiwöchentlichen

Aufenthalte zu Paris , meldete mir der Markis la Fr ... ,

daß der König ihm ein Dragoner - Regi

ment gegeben , habe.

und mich zum Rittmeiſter ernannt

Der Miniſter begleitete das Diplom mit

einem ſehr ehrenvollen Briefe , und durch die Sorg falt eines ungenannten

Gönners , den ich jedoch

errieth , erließ man mir die Bezahlung der Stelle, d. h. damals

7000 Fr.

Ich

konnte nicht mehr

wünſchen ; denn ſeit dem ſiebenjährigen Kriege hatte Frankreich Friede ,

und die militäriſche Laufbahn

wimmelte von jungen Offizieren mit den ſchönſten

110

Namen ,

und es war ſchwerer,

Rittmeiſter,

im Jahre 1779

als 20 Jahre früher oder 30 Jahre

ſpäter Obriſt zu werden .

Ich brauchte nun alſo

nichts weiter , als Beſchäftigung. Eine bedeutende Arinee war in der Bretagne und Normandie unter den Befehlen des Grafen Vaur verſammelt ;

eine große Anzaht Transport

idriffe lagen zu St. Havre und St. Malo bereit. Herr v. La F .... läßt mich holen , und verkündet mir , daß ich mit dem Chevalier v. Gimat, einem ſeiner Adjudanten im amerikaniſchen Kriege ,

nach

Lorient gehen und ſeine Befehle daſelbſt erwarten Das Herz

follte ; es betraf einen geheimen Plan. fehlug mir vor Freude. fährte,

Der Obriſt,

Offizier , , war im Geheimniß ; reden , immer ,

mein Gez

weit älter als ich und ein ſehr erfahrener ich hatte aber gut

er verrieth nichts und wiederholte mir nur daß ich ſehr glücklich ſei,

und daß die

Unhänglichkeit des Markis v . la .... mich weit führen würde ;

damit fagte er mir nichts Neues.

Mehrere Kriegsſchiffe erwarteten uns im Hafen von Lorient : der Bon -Homme Richard , die Alliance, auf der wir nach Frankreich zurückgekommen waren ,

die Pallas ,

von

dem

Kapitän Gottineau ,

einem

trefflichen Marine - Offizier, befehligt , ſtanden unter dem Oberbefehl des berühmten amerikaniſchen Com modore , Paul Jones , auf dem Richard ; mehrere Briggs' und Corvetten machten die

kleine Flotte

vollzählig. Wir ſollten an Bord dieſer und einiger Trans portſchiffe ungefähr 3000 Mann aus verſchiedenen franzöſiſchen

Regimentern

aufnehmen ,

und

Markis La .... den Oberbefehl führen . habe ſeitdem erfahren ,

der Ich

was ich damals ſo ſehr zu

wiſſen wünſchte, nämlich daß der Zweck dieſer Un ternehmung eine Landung in Irland ſei , die Armee des Grafen Vaur ,

während

unter dem Schube

der Flotte des Grafen Orvilliers und der ,ſpaniſchen , einen Ungriff auf England verſuchte.

Mir unbe

kannte Urſachen verzögerten dieſen Plan ,

auf den

die franzöſiſche Regierung endlich ganz Verzicht leiſtete. Während eines ſechswöchentlichen Müßigganges zu Lorient , ward ich Augenzeuge eines höchſt fücher lichen , ſonderbaren , ja faſt unglaublichen Auftritts. Ein Offizier eilt meine Treppe herauf ,

ſtürzt in

meine Stube und bittet mich mit zerſtörten und

112

verivirrten Zügen um Schus und Zuflucyt. war Niemand anders ,

als der höchſt unerſchrockene

Commodore , der berühmte Paul Laſſen Sie uns die Thür lieber Freund , “

ES

ruft er aus ,

feligen Kapitän landais in

Jones. ſchließen , nich bin dem

der Stadt

mein une

begegnet,

der Naufbold will, ich ſoll mich mit ihm ſchlagen ; er verfolgt mich durch alle Straßen ,

den Degen

in der Hand ; id ) verſtehe nicht, mich zu ſchlagen, und will mich durch den Sdyurken nicht umbringen laſſen ."

Ich verriegelte die Thür von innen dop

pelt ; aber der Kapitän kam nicht , und Paul Jones Hatte ſehr Recht ; die Parthie war ungleich und er hätte nur Schläge einzuerriten gehabt. gebenheit fdhabet ſeinem Rufe in

Dieſe Bes

keiner Hinſicht;

fein Gefecht mit der Seraphis , die er mit Entern mahm , erhob ihn über allen Verdacht , und ſtellte ihn den verwegenſten ,

glücklichſten und tapferſter

Seeleuten der alten und neuen

Zeit gleich .

Nach

einem vierſtündigen , hartnäckigen Gefechte faßte der Bon - Homme Richard

Feuer ,

doppelt ſo viel Soldaten,

Paul

Jones , der

als die Seraphis hatto,

ſprang mit allen ſeinen Leuten auf das Feindliche

113

Schiff und nahm es im Sturme;

kaum hatte er

fich deſſen bemächtigt, als der Bon - Homme Ri chard unterging. Sein Streit mit dem Ra pitän Landais kam wegen worüber ſie

ſich

dieſes

gegenſeitig

Gefechtes

beſchuldigten .

her, Sie

kämpften nicht um den Beſit einer Helena, fons dern um den Oberbefehl der Fregatte, die Alliance, auf der ich , neuen Befehlen zufolge , ſogleich nach Amerika zurückkehren ſollte ;

denn Alles war durch

die Veränderlichkeit unſeres politiſchen und militä riſchen Compaſſes verwandelt. Sechs tauſend Franzoſen ,

unter den Befehlen

des Grafen Rochambeau , unter welchem , felbſt als 1 Freiwillige , zu dienen eine Menge junger Herren vom Hofe als Gunſt erlangt hatten ,

wurden den

Amerikanern zu Hülfe geſchickt und Tchifften fich auf der Flotte des Chevalier v. Ternan ein ,

die

von Breſt abſegeln ſollte. Herr 0. La F ... hatte Teinen Abſchied als Dragonerobriſt genommen , ſich vom Könige in der Uniform eines amerikaniſchen ? Generalmajors beurlaubt , und befand ſich ſchon auf der franzöfiſchen Fregatte, Leitung des Herrn

v.

der Adler ,

unter der

Touche - Trevitre ,

um in

114

Amerika den Befehl über eine Diviſion der Armee Waſhingtons zu übernehmen ,

weldie damals in

der Provinz Serſen , bei " New-York , gelagert war ; wir hatten den Befehl,

uns zu ihm zu begeben,

auf der Fregatte, die Alliance , eingeſchifft , welche ohne Verzug abſegeln

ſollte ,

und

ſo hatte der

Kapitän Landais den Oberbefeht erlangt , ohne einen Schlag zu thun . Kaum meinem ſchügenden Dache enteilt , zeigte ſich der Sieger der Seraphis zu Paris ; alle Welt lief an die Fenſter oder in die Oper , um ihn zu Tehen ; der Marſchall. v. Biron , der allen Großen die Honneurs der Stadt machte ,

empfing Paul

Sones mit wahrer Gefallſucht, und ließ das fran : zöſiſche

Garderegiment unter die

Waffen treten ,

um es dem Befehlshaber des Bon - Homme Richard zu zeigen ; unterdeſſen blieb jedoch der Hauptmann landais zu Lorient , und der amerikaniſche Miniſter, der uns begleiten ſollte , zur Abreiſe genöthigt , nahm es über ſich ,

Paul Jones nicht zu erwarten und

Landais an ſeiner Stelle zu ernennen . Acht Tage nach unſerer Abfahrt kam Paul Jones von Paris zurück und fand ſich ohne Schiff. -

115

Wir hatten zwei Abgeſandte des Congreſſes am Bord und richteten uns nach Boſton . beſtimmt zu ſein ,

Es ſchien

daß ich bei meinen überfahrten

immer ungewöhnliche Dinge erleben ſollte ; bei diez fer 8. B. ward unſer Schiffs - Kapitän verrückt. Wir bemerkten ſchon lange , daß in ſeinem Kopfe einige Unordnung ſei,

und bald erhielten wir Ge

wißheit darüber.

Seine Narrheit brach beim Mittagseſſen über einen Truthahn aus , Lee ,

den er ſelbſt zerlegte.

ein Commiſſarius,

Herr

der an ſeiner Seite fas,

nahm die Leber und wollte ſie effen ; Landais ſpringt withend auf , und droht , zu ermorden .

ihn mit ſeinem Meſſer

Alle ſtehen auf;

zwei Neffen des

Commiſſarius rufen die ganze Mannſchaft ihrem Dheim zu Hülfe herbei ; Landais brüllte beſtändig, das beſte Stück gehöre ' von Rechts wegen dem Kapitän ; die andere.

er ſagte und verübte eine Tollheit über Ich hatte mein Tiſchmeſſer zu mei

ner eigenen Vertheidigung ergriffen , mich zukommen wollte,

weil er auf

um ſich zu rächen ,

daß

ich überlaut lachte ; er war ein eigentlich wüthender Narr. Unſere Matroſen liefen herbei ; die Gom

116 w miſſarien des Congreſſes befahlen ihnen , pitän zu binden , was auch geſchah.

den Mas

Wir ſekten

die Begebenheit ſchriftlich auf , und der Befehl des Schiffes ward dem erſten Lieutenant übergeben.

Der neue Kapitän beſchloß die, Reife glücklich und wir landeten 10 oder 12 Tage nachher ; unſer Urtheil ward durch die Regierung von Boſton be: ſtiitigt.

So

endigte

der Kapitän Landais ,

Nebenbuhler des Paul Jones ;

wenigſtens

der habe

ich ſeitdem nichts von ihm vernommen . Ich eilte zur amerikaniſchen Urmee , welche drei Wochen nach meiner Ankunft nach Virginien ab : ging. Wir waren im Jahre 1780. Die kleine Armee des Grafen Rochambeau war zu Rhodes Jsland feſtgehalten ,

wo ſie gegen die Mitte des

Fahres gelandet war, und konnte vor der Ankunft der großen franzöſiſchen Seemacht nichts unternehmen. Erſt 1781 ,

faft ein Jahr ſpäter, -landete die

Flotte des Grafen Graſſe in der Bay von Cheza peat ; dieſer lange Zwiſchenraum ward bei dem ame rikaniſchen Armeekorps , bei welchem ich ſtand , durch kein außerordentliches Ereigniß bezeichnet ; Gefahren und den

an den

abwechſelnden Erfolgen dieſes

117

Feldzuges , der größtentheils in Märſchen ,

Gegen

märſchen und Vorpoſtengefechten beſtand , habe ich, wie jeder andere , mein Theil gehabt;

es war ein

Beobachtungskrieg. Da die Annäherung der franzöſiſchen Flotte einen ausgedehntern Plan begünſtigte , der mit einem all gemeinen und entſcheidenden Gefechte endigen ſollte , To verließ der Graf Rochambeau

Rhode Island.

Die Armee Waſhington's ſchiffte ſich ein , vereinigte ſich

mit der franzöſiſchen ,

und wir ſuchten die

engliſche Hauptarmee , welche Virginien und York Town befekt hielt , einzuſchließen . Cornwallis ,

Oberbefehlshaber ,

Der Markis v.

ward daſelbſt den

6ten October von uns angegriffen .

Eine

ſeiner

beiden Hauptredouten ward durch Herrn v. La F ... und die Amerikaner genommen ;

wir drangen eine

Viertelſtunde früher in dieſelbe ein , 30ſen ,

als die Frans

deren erſte Linie aus den Grenadieren des

Zweibrückiſchen Regiments beſtand , ſich der andern bemächtigten ;

die Franzoſen und Amerikaner bea

Tebte ein bewundernswerther Wetteifer im Muth und in der Unerſchrockenheit;

dies war auch fehr

nöthig , denn die Engländer ſchlugen ſich wie Ver

118

ziveifelte.

Der brittiſdie Stolz mußte ſich als beſiegt

bekennen ; der Markis v. Cornwallis war genöthigt, eine Eapitulation zu verlangen . Die beiden

Gmerale ſchickten ihm den glän:

jungen Herzog von Lauzun , um die Bez

zenden ,

dingungen aufzuzeichnen .

Er

erſchien

allein

als

Unterhändler und wehte mit ſeinem weißen Schnupf tuche; denn damals that der ritterliche Herzog nichts, wie ein anderer.

Die engliſche Urmee marſchicte

nicht unter Trommelſchlag, mit fliegenden Fahnen und allen kriegeri djen Ehren vorbei , fondern burd) eine doppelte Reihe von Franzoſen und nern ,

und jene tapfern ,

daten

legten

beſchämt

Amerika

aber unglüdlichen Sol Waffen

die

nieder.

Der

Markis v. Cornwallis hätte ſehr gern feinen Degen dem Grafen von Rochambeau übergeben ; aber der franzöſiſche General zeigte ihm mit der Hand , daß dieſe Ehre dem General en Chef, Waſhington, gebühre. Die

Engländer ,

zuſammengedrängt,

in der Provinz New - York waren nicht mehr vermögend,

ihre Stellung zu behaupten ;

eine Art

ſtillſchwei

genden Waffenſtillſtandes ging 18 Monate lang dem allgemeinen Frieden voran.

Die vereinigte Armee

119

Waſhington's und Rodhambeau's war zur Unthätig keit beſtimmt; da die Übergabe von York - Town die Frage über die amerikaniſche Unabhängigkeit ents ſchieden hatte ,

ſo

brauchten die Engländer und

Franzoſen ſich nur noch einige Monate auf dem Meere zu ſchlagen . Unbekannt mit der Staatsklug heit ,

die ſich durch Kanonenſchüſſe ,

Flotte ,

ſchlägt ,

Flotte gegen

und keine weiteren Gefechte auf

dem amerikaniſchen Feſtlande, deſſen Unabhängigkeit von nun an gerettet war, vor fich ſehend, ging Der Markis La F ... wieder nach Frankreich zurück und ich that deßgleichen ; denn wir hatten mit der kleinen Armee ,

die bis auf weitere Befehle unter

Rochambeau blieb , nichts gemein . Die offiziere dieſer Urmee hatten , nichts Beſſeres zu thun , reiſen .

Wenn man

glaube ich,

als das Land zu durcha

an die falſchen Begriffe über

Regierung und Menſchentiebe denkt ,

deren Gift

diefe jungen Leute in Amerika einſogen ,

um es

ſpäterhin in Frankreich mit Enthuſiasmus und eis nem ſo unſeligen Erfolge zu verbreiten ,

daß es ,

zivar nicht die einzige , aber eine der Haupturſachen der Revolution ward : To muß man geſtehen ,

alle

120

dieſe jungen Philoſophen mit rothen Abfäßen bätten für ſich und uns weit beſſer gethan , bleiben .

am Hofe zu

Dieſe Gedanken ſchreibe ich in keiner an

dern Abſicht,

als zum Unbenken und zur Erinne

rung nieder. Im Herbſte 1781 benußte ich die Abreiſe mei nes Freundes ,

des Chevalier Capellis ,

Kapitäns

der Fregatte Ariel, der mich an Bord nahm .

Der

Ariel war eine vom Eſcadre des Grafen Eſtaing gemachte

Priſe ,

ein guter Segler,

führte aber

nur 18 neunpfiindige Stanonen . Wir fuhren mit günſtigem Winde ab ; Tage nachher erhob ſich ein Sturm,

wenig

die in jenen Freund fchwor

Gegenden Fehr häufig find.

Mein

mir , fo wie ałe Seefahrer,

dies folle feine lekte

Reiſe ſein ; er fei reich und wolle fich ganz beſtimmt nicht wieder den Gefahren des verdammten Hand werks ausſehen ; ich glaubte nicht ein Wort davon , und hatte Redit.

Er erzählte mir die Geſchichte:

feines Bruders , der auf offener See umgekommen war ; die Erinnerung kam ihm immer bei fdylechtem Wetter. Indeſſen war dieſer Sturm mit dem wäh rend meiner erſten überfahrt nicht zu vergleichen.

121 wwww Nach einer 55 tägigen Schifffahrt erblidten wir Spaniens Küſten .

Ich darf nicht vergeſſen ,

daß

wir ungefähr 25 Meilen vom Lande das Vergnügen hatten ,

dem Schiffe Dublin ,

digen Kanonen ,

mit 12 neunpfün

zu begegnen .

Er hielt uns mit

Recht nach der Bauart für Engländer ; kam bald ,

zu unſerer ,

aber er

aber nicht zu feiner Zus

friedenheit , von ſeinem Irrthum zurück.

Nachdem

wir gegenſeitig und der Flagge verſichert hatten , begann ein Kanonenfeuer ; nach

Stunden ;

mal ſo ſtark,

der Dublin ergab ſich

unſere Equipage war noch eins

als die feinige.

Dies Schiff wat

mit Waaten angefüllt , und die Ladung gehörte nun dem Ariel; mir war die Komödie höchſt lächerlich , die mein Freund Capellis dabei aufführte; während des Gefechtes war er überall , feuerte Feine Kanoniere an , fluchte , ſchrie, die Stücke würden nicht ſchnell und nicht oft genug abgefeuert ;

als der Dublin

fich ergab , ſchoffen die Kanoniere des intern Ber: dedes , im Rauche und unter einem hölliſchen Lärm , immer fort;

Capellis , deſſen Eigenthum das feino:

liche Schiff nun war und dem jeder Schuß jest Herzweh verurſachte,

mochte fid) noch ſo ſehr die

.6

122

Kehle mit: n Hört auf zu feutern ! 311 feueru !"

hört doch auf

wund ſchreien , man ' hörte ihn nicht.

Er ſah einen Kanonier , Ivelcher einen wohlgeladenen Schuß nicht verlieren wollte ,

und ihn in ſeiner

Entzückung mit den Worten abfeuerte :

,, Ei, mei:

mer Treu , den müſfen ſie noch haben ! " glaube ,

Ich

Capellis hätte , . in ſeinem wahrhaft komi

ſchen Zorne , den ehrlichen Kanonier getödtet, hätte er ihn gehabt. Siegreich zogen wir mit unſerer Priſe in den Hafen von Corogna ein ,

wo wir uns nahe beim

Argonaut, einem franzöſiſchen Schiffe von 74 Ras nonen , vor Anker legten. Herr Caqueray ,

Der Anführer deſſelben,

gab gerade an dieſem Tage ein

ſchönes Feft und wir bekamen eine Einladung. Noch ehe wir lanbeten ,

genoß ich ſchon im Voraus der

Ehre und des Vergnügens,

das ganze ſchöne Sea

ſchlecht aus Corogna und die Edelfrauen des Landes gleichſam für uns zuſammengebeten zu ſehen ; abec ſchon vor dem

Ball wurde uns ein ganz unvor

bergeſehenes Schauſpiel, worüber wir ſehr veripun bert svaren .

Während wir die Unker warfen , erſchienen eine

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Menge mit Frauen beladener Kähne,

die Früdjte

trugen-und wie Schiffsjungen kletterten ; viele junge und hübſche unter ihnen trugen nichts , als ihren niedlichen Körper ;

tros der Befeble

enterten fie

unſer Schiff, und da die Matroſen ſie begünſtigten, wurden wir bald davon überſchwemmt; ausgenom men in der Pulverkammer überall Frauert,

waren ,

glaube

ich,

ſo daß wir endlich ſelbſt darüber

lachen mußten , Das Feſt des Herrn v. Eaqueray war ſehr ſchön ;

die Frauen ſchienen mir allerliebſt ;

meine

Uugen waren ihrer ſeit ſo lange entwöhnt !

Über die Stadt Corogna war ich nicht ganz ſo entzlickt, als über ihre ſchönen Bewohnerinnen.

Ich

Bantl aus Umerika ) einem neuen lande mit neuen Städten , wo die höchſte Reinlichkeit die Wohnung des kleinſten Beſikers verſchönert, wo nichts Ekel haftes fich dem

Auge darbietet; man ſieht weder

Lumpen , noch Bettler. Häuſer ,

Su Corogna fand ich alte

Bettelei bei jedem

Rauch verpeſtete Luft ;

Schritte

eine vom

den Geruch der Ölkuchen ;

endlich die angeerbte Unreinlichkeit der Einwohner, die im Schmuke wie in ihrem Elemente leben ; 6*

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Dazu rechne man noch den Lärm unbeſchlagene Räder auf dem der Erde wiederhallen.

unebenſten Pflaſter

Sean - Jacques hätte Corogna

einer Stunde verlaſſen ,

nach

der Wagen , deren

er

der behauptet,

ſeine Wohnung, zu Paris bloß deßwegen verlaſſen zu haben, weil auf der Straße ſein Waſſerträger die Worte : à l'eau ! in einem falſchen Zone ſchrie. Da ich aus Amerika zurüdlehrte , ſich denken ,

ſo kann man

wie viel Tauſend Fragen ich zu bez

antworten hatte.

Der Herzog von Medina Celi,

Obriſt eines Regiments zu Çorogna ,

überſchüttete

mich bamit wie ber fragende Amtmann im Ingénu ; außerdem war er ein Mann. in

Wir lebten ,

ſehr liebenswürdiger jünger Frangoſen

und Spanier,

beſten Brüderſchaft ; , unſere beiden

der

Höfe

hatten ſich gegen England vereinigt , und die Trups pen trugen die vereinigte franzöſiſche und ſpaniſche Cocarde , halb weiß , halb roth und ſchwarz. Wir wurden durch einen widrigen Wind zurüds gehalten

und benußten dies ,

um

den Hafen und

das Zeughaus von Ferrol zu ſehen .

Man ſagte

ụng , es fei Breſt im Kleinen ; ich fah , daß man durch

einen engen Eingang eintrat,

ſo wie bei

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unſerer erſten Seeſtadt;

ich will fie übrigens nicht

vergleichen ; ich kann nur ſagen : ich

ſah Breft

und auch Ferrol. Bei unſerer Rückkehr nach

Corogna benugten

mit die Einladungen zu Bällen , die uns beim Sefte des

Herrn

» . Caqueray

gemacht worden

warena

Die Intendantinn , Madame Tenorio , hatte jeden Ubend einen Pharaotiſch ; ich erinnere mich , daß idh mir herausnahm , Louisd'or zu verlieren ,

fu

ſpielen und über 100

ungefähr alles , was ich

von meinem Feldzuge jenſeits des Meeres mitges bracht hatte.

Ich ſah meine Goldſtücke Tchwinden,

ohne ein Wort

der Ungeduto" auszuſtoßen ; aber

der Teufel verlor nichts dabei ,

ich war ingerlich

tafend ; meine Stirne war beiter und doch war ich

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beßwegen nicht weniger auf dem Punkte , den ver's

-

dammten Spieltiſch umzuwerfen , als ich wie durch Zauberei davon

zurückgehalten wurde;

nämlich deutlich ſagen : gut ſpielt !

ich

hörte

,,wie der junge Offizier

er verliert und ſagt nicht ein Wort ! "

Meine Gedanken erhoben fich augenblicklich bis zur

?

Helbenſtärke ;

1

Rods aufrecht halten müffe.

-

ich fühlte , daß ich die Ehre meines Ich legte die Hand

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wieder auf den Tiſch ;

hätte ich aber meine Weſte

geöffnet , ſo hätte man meine andere Hand geſehen, deren Nägel durch die Haut bis ins Fleiſch ges brungen waren .

Deſſenungeachtet ließ ich zu