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German Pages 668 [845] Year 1887
DENKMÄLER DES
KLASSISCHEN ALTERTUMS.
DENKMÄLER DES
KLASSISCHEN ALTERTUMS ZUR ERLÄUTERUNG DES LEBENS DER
G R I E C H E N UND R Ö M E R IX
RELIGIÖS, KUNST UNI) SITTE.
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BEARBEITET
VON
B.ARNOLD, H. BLÜMNER. R. BORR 31 ANN, W . DEECKE, E. FABRICIUS, A. FLASCH, K. VON J A N , A. MILCHHÖFER, A. MÜLLER, 0 . RICHTER , H. VON ROHDEN, A. TRENDELENBURG, C. WALDSTEIN, R. W E I L , E. W Ö L F F L I N V X D IiEM 1IKRAVSG.EBER
A. BAUMEISTER. II. BAND (IvADMOS-PERIKLES). MIT 610 ABBILDUNGEN" INCL. X X V I I T A F E L N .
MÜNCHEN UND LEIPZIG. DRUCK UND VERLAG VON R, OLDENBOURG.
1887.
Kiulinos. Dir sei) \vi' i | a e i p a i v
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E e t v e , Kai ¿v i r p o i l u p o i c ¡lf|KE biban in alle Häuser geleitet. Über die Tracht der römischen Laren bemerkt Reifferscheid, dafs sie der des Bacchus entlehnt scheine (vgl. Campana opere in plast. 31; Annal. 1883 tav. K), wie dieselben ja auch Wein spenden und ihnen Trauben geopfert werden, z. B. Tibull. I, 10, 21. Anstatt der Vesta erscheint auf diesen Bildern nicht selten ein männlicher Opferer, welcher als Genius des Hauses zu fassen ist. Derartige Bilder sind also zu verstehen: Vesta opfert als Göttin des Herdes und Altares oder der Genius als Repräsentat der Familie vermittelnd f ü r diese den oberen Göttern, sowie anderseits die Familie selbst dem Genius und der Vesta opfert (vgl. genium fovore). — Ein ähnliches Gemälde, wo auch ein Schwein zum Opfer gebracht wird, bei Miliin, G. M. 89, 290. Vgl. .Jordan im Berl. Winckelmannsprogr. Ib65. Zwei schöne Larenköpfe aus Marmor und eine Bronzestatuette, den Gemälden ganz entsprechend, Annal. 1882 tav. MN. [Bmj L a t e r n e n , d. h. tragbare Lämpchen, welche zum Schutz gegen Luftzug mit durchsichtigen Scheiben versehen sind, kennt auch das Altertum schon; doch bediente m a n sich in der älteren Zeit, wo Glas noch
Leda.
ein kostbarer Artikel war, für die Scheiben in der Regel dünngeschabten Hornes; vgl. Plaut. Amphitr. 341: Volcanum in cornu amchtnuni- geris; Frgr.n. com. bei Ath. XV, 699F: KepaTivo? \uxvoi;. Sonst n a h m man auch Blase oder geölte Leinwand dazu. Erhalten haben sich mehrere bronzene, aus Pompeji und Herculanum stammende Exemplare, deren best-
Borb. V, 12); links die Aul'senansieht, rechts ein senkrechter Durchschnitt, wobei der in besonderem Kettchen hängende Deckel aufgehoben erscheint. Die Form ist cylindrisch, wie gewöhnlich; den finden bildet eine kreisrunde, in der Mitte gebauchte Bronzeplatte, welche auf drei Kugeln ruht. Rings herum bilden aufwärts gebogene Ränder eine R i n n e , in welche die Scheiben eingesetzt wurden. Als Stützen dienen zwei Stäbe, deren Seitenansicht in der Mitte gegeben ist. Die L a m p e , welche vermittelst eines am Boden angebrachten Loches auf einem im Zentrum der Basis sich erhellenden Knopfe befestigt werden k a n n , besteht aus dem Ölbehälter, einem beweglichen Deckel und einer kleinen Röhre zur A u f n a h m e des Dochtes. Der gewölbte Deckel h a t mehrere Löcher für den Luftzug und das Auslassen des Rauches. — Man gebrauchte die Laternen ganz besonders beim Seewesen und im Kriege; auch die Fischer, welche nachts fischten, bedienten sich derselben, und L e u t e , welche nächtlicher Weile vom Mahle heimkehrten, liefsen sich anstatt mit Fackeln auch wohl mit Laternen nachhause leuchten. Aus den Angaben der Kriegsschriftsteller geht hervor, dafs man f ü r militärische Zwecke sich auch der Blendl a t e r n e n , welche teilweise oder ganz verschlossen werden k o n n t e n , bediente; auch kommen Stocklaternen (0ße\iaKoXuxvia, Aristot. Pol. IV, 15, doch vgl. H e r m a n n , Griech. Privataltert. S. 170 Anm. 6) vor. Vgl. auch Roux und Barré, Pompeji und Herculanum VI, 50 ff. [Bl] Leda, nach euhemeristisclier Auffassung Tochter des Thestios in Aitolien, wird Gemahlin des Tyn-
Loda. d a r e o s a u s L a k e d a i m o n ; d o c h n a h e t i h r Z e u s in Ges t a l t e i n e s S c h w a n e s (Apollort. 3, 10, 7: Aiö? bi M\bq auveXikivroi; 6(.ioiujil€vro? K Ü K V W , Kai K U T U TI^V auri'iv v u K r a Tuvbdpeai, Aioc |Liev eT€vvr|ttr| TToXubeÜKiii; Kai "E\evr|, Tuvbcipeuu be Kdariup [Kai KX.uTatuviio~Tpa]. .\fcyouai be evioi Neiaeaeai; 'EXevr|v eivai icai Ai60 als das erste leuchtende Malergestirn , das am Kunsthimmel aufstieg. Er fügt institiiitprimusqne hinzu: hie primws speeies exprimerc ylorkm pmkillo iure contidit. Brunn h a t wahrscheinlich gemacht, dafs unter speeies die äufsere sinnlich wirkende Erscheinung zu verstehen sei, wie sie die Illusion hervorruft. Was Agatharch für den Hintergrund begonnen, wird hier für die Einzelgestalten fortgesetzt. Dem Pinsel verschaffte er R u h m , indem er das Vermischen und Verreiben der Farben in Bezug auf Licht und Schatten, also die wirklich malerische Behandlung, begründete. Daher n a n n t e man ihn auch aKiaypdcpoc. Eine wichtige Neuerung kommt hinzu. Durch Polygnot ward die monumentale Wandmalerei in Attika eingebürgert; jetzt tritt ihr die Tafelmalerei entgegen. Mögen Tafelbilder vereinzelt auch schon früher von bedeutenden Malern ausgeführt sein (das nimmt Brunn B. f ü r Polygnots Bruder Aristophon an; gemalte Thontafeln als Votive und Vorlagen gab es seit ältester Zeit), so mufs doch Plinius' ausdrückliches Zeugnis für uns entscheidend sein: neque ante eum tabula nllius ostenditur quae teneat oculos. Der Versuch, eine figürliche Darstellung durch einen gemeinsamen Hintergrund zusammenzuschliefsen, f ü h r t e naturgemäfs zur Beschränkung der Figurenzahl; auch die jetzt erforderliche gründlichere Durchbildung des Einzelnen mufste von umfangreicheren Kompositionen zurückhalten und dazu leiten, auf zierliche geschmackvolle Formgebung das Hauptgewicht zu legen. Die Angaben über Apollodors Werke (ein sacerdos adorans und ein Aiax fulmine incensun werden ihm von Plinius beigelegt) sind ebenso unbestimmt, wie die über seine Lebenszeit. W a r u m Plinius gerade Olymp. 93 (408) nennt, ist unbekannt; der Künstler wird damals schon ein älterer Manu gewesen sein. Leider sind wir von jetzt an weniger als zuvor im s t ä n d e , durch Bildwerke uns eine Vorstellung
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Malerei.
Vorschein ; bewegten sich f r ü h e r alle Gestalten auf von der erreichten K u n s t s t u f e zu verschaffen. Die Vasenmaler k ö n n e n n u n , wo H a n d w e r k und K u n s t I gleichem Boden, so versucht m a n jetzt, wie es schon d u r c h eine i m m e r breitere K l u f t sich scheiden, nicht ; Folygnot g e t h a n , eine Gliederung in m e h r e r e n Reihen ü b e r e i n a n d e r ; vereinzelt werden Berghöhen angem e h r folgen — schlofs ja a u c h die K u n d u n g des Ge: deutet, h i n t e r denen Figuren halb sichtbar werden. fiifses jede Möglichkeit perspektivischer Darstellung : (So schon auf der Sonnenaufgangsvase S. 640 A l b . 711; aus —, u n d n u r in Einzelheiten läfst sich die Rück-
940 Attisches Grabgemiilde. (Zu Seite 961.)
Wirkung der grofsen K u n s t auf i h r e Erzeugnisse s p ü r e n . W a r d kurze Zeit der Eindruck der grofsen Wandgemälde u n t e r a n d e r m in einer auffällig grofsiigurigen Gefäfsgrivppe deutlich (vgl. z. B. die Boreasvase S. 352 Abb. 373; Klein, E u p h r o n . 52), so t r i t t gegen E n d e des J a h r h u n d e r t s u n d in der Folgezeit ein Streben nach Zierlichkeit wie in d e n G e f ä f s f o r m e n so in den Darstellungen hervor. T e r r a i n a n d e u t u n g e n komm e n erst schüchtern, dann in reicherem Mafse zum
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vgl. auch das dieser Zeit angehörige Votivrelief Mittl. A t h . Inst. 1880 Taf. 7.) Dagegen scheint m a n m i t F a r b a u f t r a g gleichzeitig wieder sehr .iurückhaltend geworden zu sein. N u r f ü r eine b e s t i m m t e Art attischer Gefäfse, f ü r schlanke K ä n n c h e n (Xr|KUt>oi), die f ü r d u f t e n d e Wohlgerüche bei der B e s t a t t u n g bes t i m m t w a r e n , blieb die bereits S. 857 besprochene D e c k u n g des T h o n g r u n d e s m i t weifsem P f e i f e n t h o n in Gebrauch. Doch erst im 4. J a h r h u n d e r t b e g a n n
Malerei. mau wieder, die b u n t e Zeichnung auch in einzelnen Teilen mit b u n t e r Farbe auszufüllen (in reichhaltiger F a r b e n s k a l a ; schöne Beispiele bei Benndorf, Griech. u. sicil. Vasenb. Taf. 14 u. 33; vgl. Furtwängler, Arch. Ztg. 1880 S. 134ff.), doeh auch jetzt n u r zur Verdeutlichung u n d Belebung der Zeichnung ohne eigentliche Schattierung. Weiteres s. »Vasenkunde -. Kin besonders anziehendes Beispiel erhalten wir in Abb. 940 (nach Benndorf a . a . O . Taf. 26). Tu der Mitte sehen wir die schlanke Oirabstele, mit einem P a l m e t t e n a u f s a t z , der ebenso wie die sorgfältige strengere Zeichnung auf ziemlich f r ü h e Zeit, wohl den A n f a n g des 4. J a h r h u n d e r t s , weist. Vor dem Grabmal sitzt eine Frau, zu der ein junger Wanderer mit: Reisehut und Lanzen fragend h e r a n g e t r e t e n ist. Von links n a h t eine andre, um das G r a b zu s c h m ü c k e n ; auf ihrem Ilachen Korbe liegen Kränze, lange Binden hängen herab. In der Sitzenden glaubt m a n hier und auf den vielen verwandten Darstellungen neuerdings die Verstorbene erkennen zu sollen (Mittt. A t h . Inst. 1880 8. 1801t). Die zarte A n m u t des Bildes bedarf keiner Hervorhebung. Doch mag auf die schöne Gruppierung, die ungemein geschickte P i n s e l f ü h r u n g bei Herstellung der Umriislinicn, die plastische Rundling, die den Figuren trotz des Mangels jedweder .Schattierung verliehen i s t , besonders hingewiesen werden. Welche Fortschritte inufs die groi'se K u n s t g e m a c h t h a b e n , wenn I l a n d w e r k e r h ä n d e kurz nach 400 schon solche Zeichnung mit wenigen Strichen h i n z u w e r f e n vermochten! Das ist vor allem das Verdienst eines Zeuxis, eines Parrhasios! Z e u x i s seheint der ältere zu sein, ein jüngerer Zeitgenosse Apollodors; Sokrates, m i t d e m er wiederholt zusammen g e n a n n t wird, vielleicht gleichalterig, wahrscheinlich etwas jünger. Seine Blütezeit wird in das letzte Viertel des 5. u n d in die e r s t e n Olympiaden des 4. J a h r h u n d e r t s f a l l e n , Plinius' Ansatz (35, Gl): Olymp. 95,4 (397) intravit artis porta-s ab hoc (Ayollodoro) apertas bezeichnet eher sein Ende. Seine H e i m a t war Ilerakleia; dai's die unteritalische Stadt gemeint sei, läfst sich v e r m u t e n , n i c h t beweisen. Ein H i m e r ä e r oder ein Thasier galten als seine Lehrer. Sicher s t a n d er in V e r b i n d u n g mit U n t e r i t a l i e n ; seine Alkmene s c h e n k t e er den Agrigentinern, f ü r Kroton malte er seine b e r ü h m t e H e l e n a , a n deren Herstellung sich verschiedene A n e k d o t e n k n ü p f t e n (Overbeck, Schriftqu. N. 1667 ff.); in A t h e n ist er jedenfalls lange Zeit u n d zwar schon frühzeitig gewesen. Schon in Aristoplianes' A c h a r n e r n (v. 991) wird sein rosenbekränzter Eros (vgl. S. 180 1 ) e r w ä h n t . Ein A u f e n t h a l t in E p h e s o s ist n i c h t h i n r e i c h e n d verbürgt (Rhein. Mus. 38,437 f). Von allen hier u n d sonst g e n a n n t e n Gemälden f e h l t u n s jede Vorstellung, denn auch die versuchte Zur ü e k f ü h r u n g eines p o m p e j a n i s c h e n W a n d g e m ä l d e s (Arch. Ztg. 1868 Taf. 4) auf den Hercules in,fans dra-
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coiws stranyuUms (I'lin.35,62, vielleicht mit der zuvorg e n a n n t e n A l k m e n e identisch) wird von andrer Seite l e b h a f t b e s t r i t t e n (Arch. Ztg. 1878 S. 4 A n m . 10). Nur in einem Falle sind wir so glücklich, uns den Charakter einer S c h ö p f u n g des Zeuxis vergegenwärtigen zu k ö n n e n , d a wir von der H a n d eines so feinen K u n s t k e n n e r s wie Lukian eine ausführliche Beschreibung von Zeuxis' K e n t a u r e n f a m i l i e besitzen. Eine K e n t a u r i n nährt auf einer Wiese ihre beiden J u n g e n . I h r Geniahl, der o b e r h a l b der G r u p p e m i t h a l b e m Leibe über einer Anhiilie sichtbar wird, schaut lachend auf die Seinen nieder und hält in der erhobenen R e c h t e n über seinem H a u p t das J u n g e eines Löwen, um seinen J u n g e n einen kleinen Schreck einzujagen. B l ü m n e r , Arch. Stud. zu Luc. 36 ff. hat recht, die vom Schriftsteller g e r ü h m t e Erfindungsgabe in Zeuxis' W e r k e n (üei Kaivoirosetv ¿ireipiiro) bei diesem Bilde h a u p t s ä c h l i c h in der Bildung des K e n t a u r e n w c i b e s zu suchen. Eine Kentaurenf a m i l i e war in der Tliat etwas ganz Neues. Zeuxis' K u n s t bestand nach Aristoteles d a r i n , auch das Fremdartigste u n d U n n a t ü r l i c h s t e (übüvarov) als glaubwürdig (mi}avöv) (irscheinen zu lassen. Xieht auf Zeuxis, sondern auf alcxandriniscbe Zeit weist das Original des s c h ö n e n Berliner Mosaiks a u s der Villa des Hadrian zurück (Abb. 941 , nach Mon. Inst. IV, 50), aber in der Auffassung s t e h t es Zeuxis nicht eben fern u n d h a t seine S c h ö p f u n g zur letzten Grundlage. Auch liier eine Familienscene aus dem K e n t a u r e n l e b e n , aber dem lieblichen Idyll tritt hier ein grauses D r a m a gegenüber. W i r sind in eine wilde F e l s l a n d s c h a f t versetzt. I n der Abwesenheit des K e n t a u r e n h a b e n die wilden Raubtiere sein W e i b überfallen u n d niedergerissen. Da sprengt er h e r a n . Schon h a t er voll Schmerz und Wut einen der R ä u b e r zu Boden gestreckt, der n ä c h s t e Felsblock soll d e n Tiger treffen, der blutdürstig von seinem Opfer nicht lassen will. Was der Ausgang sein wird, ob der K e n t a u r auch den letzten Feind besiegen oder das Schicksal seines Weibes teilen wird, der K ü n s t l e r h a t es u n s überlassen, das zu erraten. Über Zeuxis' K u n s t c h a r a k t e r m ü s s e n die gegebenen A n d e u t u n g e n g e n ü g e n ; m a n k a n n noch beifügen, dafs seine Tafelbilder sich auf wenige Gestalten u n d einzelne Situationen b e s c h r ä n k t zu h a b e n scheinen. Eigenartige, malerisch treffliche Durchbildung des Körperlichen bei u n g e w ö h n l i c h e n Stoffen, das wird sein R u h m gewesen sein. Alle weiteren V e r m u t u n g e n e n t b e h r e n gesicherter Grundlage. W a s von seiner P r a c h t l i e b e , seinem Künstlerstolz u n d seiner Eitelkeit erzählt wird, bedarf hier keiner E r l ä u t e r u n g . Sein grofser Genosse u n d Nebenbuhler, der i h m auch in dieser H i n s i c h t n i c h t s n a c h g a b , ist P a r r h a s i o s a u s E p h e s o s . E r g e h ö r t der gleichen Zeit a n , eine g e n a u e r e Abgrenzung scheint unmöglich. Auch seine Thätigkeit werden wir u n s vornehmlich in
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Malerei.
Athen zu denken haben, dafs er jedoch mit dem Bürgerrecht beschenkt sei, wird nirgends bezeugt. Wie Zeuxis wird auch er Kunstreisen gemacht haben — lud doch Athen zur Zeit des peloponnesischen Krieges zu ruhigem, künstlerischem Schallen gewifs nicht ein —, auf Rhodos und Samos befanden sich Werke seiner Hand. Gegen 20 Gemälde werden von ihm namhaft gemacht, teils Einzelfiguren, teils genrehaften Charakters, teils mythologisch. Bei letzteren Stoffen stand er wahrscheinlich, wie vielleicht auch schon sein Vorgänger Apollodor, unter Euripideischem Einflufs (Robert, Bild u. Lied 35); dahin gehört die Heilung des Telephos, der Wahnsinn des Odysseus, Philoklet auf Lemnos (vgl. Ann. Inst. 1882 p. 286 f.). Über seine Darstellung des Streites um die Waffen des Achill s. S. 28 2 ; über seinen Prometheus vgl. Milchhöfer, Befreiung des Prom. 20 f. Auf Grund einer eindringenden Prüfung der erhaltenen Nachrichten (Overbeck, Schriftqu. N. 1692ff., bes. N. 1724ff.) glaubt Brunn im Gegensatz zu Zeuxis, bei dem der malerische Gesichtspunkt überwiege, Parrhasios feinste in Zeichnung und Modellierung durchgebildete Formbehandlung und zugleich »scharfe Auffassung und feine Durchführung des Psychologischen in den Charakteren« zuschreiben zu sollen. In Ausführung dieses Urteils weist Milchhöfer a. a. O. auf die anscheinende Vorliebe des Künstlers für »Schmerzonsbilder« hin und das wiederholt in seinen Gemälden, auch am Demos von Athen (Plin. 35, 69; vgl. Overbeck, Griech. Plast. II 3 , 89) deutlich hervortretende Problem, »an einer Figur widerstreitende Affekte stärkster Art zum Ausdruck zu bringen«. So hat die griechische Malerei am Anfang des 4. Jahrhunderts den bedeutsamsten und mühevollsten Teil ihrer Entwickelung bereits hinter sich. Der grofsartige Ernst Polygnotischer Kunst ist freilich geschwunden, dafür sind aber auch fast alle bisherigen Schranken der Technik durchbrochen. Die Malerei hat begonnen, sich ihrer eigensten Vorzüge bewufst zu werden und gelernt, mit ihren in ernster Arbeit errungenen Mitteln Herzerfreuendes, Formvollendetes zu schaffen. Die Zeit des Ringens mit den technischen Schwierigkeiten ist allerdings noch nicht vorüber, aber man hat jetzt die sichere Grundlage gefunden, auf der ungestört fortgebaut werden kann. Der Weg ist gebahnt, das Ziel liegt vor Augen; kein Wunder, wenn nun eine grofse Schar ebenbürtiger Genossen auf den Plan tritt, um mit einander, wenn auch in verschiedenerweise, um die Palme zu ringen. Es sind die Zeitgenossen des Skopas und Praxiteles. Wie Pheidias dem Polygnot, so folgen diese dem Zeuxis und Parrhasios. Wie könnten sie bei der nahen Verbindung beider Künste im Altertum unbeeinflufst geblieben sein ? Einer der bedeutendsten Meister der hier anhebenden Reihe war Maler und Bildhauer zugleich.
Kurz sei zunächst des T i m a n t h e s gedacht, dem selbst Parrhasios einmal unterlegen sein soll. Nicht sowohl seine hervorragende Kunstfertigkeit wird gerühmt, als sein ingenium, seine Erfindungsgabe. Nirgends scheint sie sich so glücklich bewährt zu haben, wie bei seinem gefeiertsten Bilde, der Opferung der Iphigenie (Overbeck, Schriftqu. N. 1734 ff.), wo die Steigerung desSchmerzensausdracks in den Gesichtern der Beteiligten besonderen Eindruck hervorgerufen haben mufs. Da der gröfste Schmerz nicht zum Ausdruck gebracht werden könne, habe der Künstler, heifst es, den unglücklichen Vater Agamemnon sein Haupt verhüllen lassen. Gerade dieser Zug kehrt auf erhaltenen Darstellungen dieser Scene mehrfach wieder, wie sehr sie auch sonst von einander abweichen; ihn dürfen wir daher auf die Erfindung des Timanthes zurückführen (vgl. S. 588 1 u. 754 f.; Wiener Vorlegebl. V Taf. 8—10). Über ein anderes Bild des Künstlers s. Robert, Bild u. Lied 35. Seine Heimat scheint Kythnos zu sein, doch wird er auch Sikyonier genannt; vielleicht liegt eine Verwechslung vor, vielleicht hat er wirklich in S i k y o n gelebt. Dort war gerade zu seinerzeit eine namhafte Malerschule ins Leben getreten, die sich durch eine Reihe von Gliedern verfplgen läfst (vgl. C. Th. Michaelis, Arch. Ztg. 1875 S. 31 ff.). Sie vertrat bestimmte Prinzipien, die Meister machten ihre Lehrthätigkeit zur Hauptsache und liefsen sich den langjährigen Lehrkursus teuer bezahlen. Auf »Korrektheit« scheint grofses Gewicht gelegt zu sein, wissenschaftliches Studium, besonders das der Mathematik und Geometrie, ward gefordert. Die Erinnerung an Polykleitos drängt sich von selbst auf. E u p o m p o s , der Begründer der Schule,- stellt die sikyonische Malweise in ausdrücklichen Gegensatz zur attischen; sein gröfserer Nachfolger P a m p h i l o s gewann solchen Einflufs, dafs auf sein Verwenden der Zeichenunterricht in den Knabenschulen eingeführt ward, dafs selbst Äpelles bei ihm seine Ausbildungvollendete. Es folgten M e l a n t h i o s , dessen Meisterschaft in der Komposition Apelles neidlos anerkannte, und P a u s i a s , der schon in die Zeit Alexanders hinabreicht. Pausias mufs ein hochbegabter, vielseitiger, klarblickender Künstler gewesen sein, der dem Geschmack seiner Zeit entgegenzukommen wufste. Grofse Gemälde waren nicht seine Sache. Freilich war seine grofse Stieropferung berühmt, aber hauptsächlich wegen der kühnen Verkürzung des Stiers und wegen Pausias' Kunst, »mit der einen schwarzen Farbe körperhafte Gestalten aus der Ebene hervorzulocken«. Eine Herstellung der beschädigten Wandgemälde Polygnots in Thespiä mifsglückte ihm, wie Plin. 35,123 sagt, quod non suo genere certasset. Sein genus bildeten die kleinen Kabinettsbilder. Hier mufs er Hervorragendes geleistet und der Malerei neue Gebiete erschlossen haben. Dahin scheinen
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Malerei.
vor allem Kinderscenen, wenn unter pueri das ver- I auf Inhalt und Ausdruck mehr Wert gelegt zu sein. Das gilt jedenfalls von A r i s t e i d e s . Seine Tätigstanden werden kann, und Blumenstücke zugehören keit scheint der Zeit nach an die des Zeuxis ange(vgl. Goethes Gedieht: Der neue Pausias). Endlich schlossen und der des Pamphilos entsprochen zu heilst es von ihm auch (Plin. 35, 124): primus lacuhaben. Die kurzen Erwähnungen seiner Gemälde naria pingere instituit, Worte, die nach manchen haben zu vielen Erörterungen Anlafs gegeben. Aufser vorangehenden Erörterungen wohl richtig von Heibig, einer figurenreichen Perserschlacht, die er sich neuer Untersuch..133 dahin g e f a f s t s i n d : »Während bisher bezahlen liefs, hören wir von einer Scene aus der die Decken nur ornamentiert w u r d e n , schmückte Eroberung einer Stadt: »einer sterbenden ¡Mutter, Pausias dieselben mit bildlichen Darstellungen, indem deren Säugling noch nach ihrer Brust verlangt« Ob er die durch die Balken gebildeten Felder (lacmiaria) die Darstellung einer Uiupcrsis angehörte oder auf mit kleinen Tafelbildern ausfüllte.« Einzelne Stücke die Gruppe beschränkt war, läfst sich nicht, entsolcher flacher oder gewölbter Decken aus späterer scheiden, sicher n a h m diese Scene das Hauptinteresse Zeit (/,. B. Pitt. d ' E r c . IV, 54 ff. und Mon. Inst. VI, in Anspruch. Eine mnpauomcrwpropterfratm amorem 43 ff. 49 ff.) geben ein anschauliches Bild dieser Dekowird auf »die im Todeskampf hinschwindende« Karationsweise. Ist demnach liebevolle, lebenswahre nakc gedeutet (vgl. zuletzt, Kalkmann, Arch. Ztg. 1883 Ausführung im kleinen Mafsstabe das Gepräge, von S. 41 f.), doch ist das Bild vielleicht, wie zweifellos Pausias' Kunst, so darf die glänzende Farben wirkling die Leoniion Epienvi. ein Werk des Enkels (Oehmichen, nicht übersehen werden. Schon früher werden EnPlin. Stud. 236). Hochgeschätzt war sein von Mumkausten genannt, Patnphilos mufs in dieser mühemius nach Rom geschaffter Dionysos, für den Attalos vollen Malweise schon Bedeutendes geleistet haben 100 Talente geboten haben soll. Die Verderbnis der (vgl. »Enkaustik« S. 481 f.), aber Pausias gilt erst Pliniusstelle (35,99) läfst uns im Zweifel, ob auf diesem als ¡irimufs in hoc geliere nolnlh. Leider fehlt uns Bilde auch Ariadne dargestellt war (so zuletzt lüirtjedes Mittel, uns Bilder dieser Technik zu vergegenwängler und Kalkmann), oder ob ein ferneres Werk wärtigen. Klein, Euphron. 97 f. glaubte freilich, auf genannt ist, etwa eine dpruj.utvri nach Diltheys Vorden besprochenen polychromen Schalen und Grabschlag, mit Beziehung auf Byblis (gebilligt von Ilelbig, lekythen sei die Malerei »auf völlig enkaustischem Untersuch. 173 Anm. 4), oder Artamcnes, ein orienWege eingebrannt«, doch h a t Milchhöfer, Mittl. Alb. talischer Stoff, »berühmte Fürbitte der Frau des InInst. 1880 S. 180 das in Abrede gestellt. Und da auch taphernes für ihren llvuder« (Vrliehs). Derzeit werden an den Marmormalereien des 4. J a h r h u n d e r t s , von wir mit Brunn, Allg. Künstlerlex. (1878) II, 253 sagen denen noch die Rede sein wird, nichts auf die Technik müssen: »Keiner der Versuche ist hinlänglich überdes Glühstifts hinweist, so werden wir uns mit unserm zeugend, die Frage also als eine offene zu behandeln.« Nichtwissen vorerst bescheiden müssen. (Das neueste Aristeides' Kunstcharakter ist von Plin. 35, 98 mit Werk über diese Frage: O o s et Henry, l'encaustique den Worten gekennzeichnet: in omnimn ¡irimus nviet les autres procedes de peinture chez les anciens, iiium pinxit et scnxiis hominis e.Tpreasit, quac vomnt Paris 1884.) Gmeei ethe. item perturhationes (Trciihi), ein Urteil, das Der sikyonischen Schule, deren Ilauptmeister wir Brunn, Kiinstlergesch. II, 174 ff. dahin erklärt, dafs kennen gelernt h a b e n , stellt sich eine andre etwa »der Künstler das Gefühls- und Gemütsleben in gleichzeitige Gruppe zur Seite, die B r u n n die t h e seinen innersten Tiefen und in seiner Totalität erb a n i s c h - a t t i s c h e genannt hat. Vier Künstler ragen fafst« und dadurch vor allem auf das Gefühl des hervor: A r i s t e i d e s , sein Sohn N i k o m a c h o s , E u Beschauers gewirkt habe. — Von seinem Sohne p l i r a n o r und N i k i a s . A r i s t e i d e s v o n T h e b e n N i k o m a c h o s (ca. 360 — 320: Oehmichen a. a. O. ist nach den neuesten Forschungen (Oehmichen, 234 f.) läfst sich nur weniges berichten. Schon im Plinian. Stud. 233 ff.) der älteste der Reihe und Altertum (Vitruv III praef. 2) ward er zu den bevon einem gleichnamigen, minderberühmten Enkel deutenden Männern gerechnet, welche nicht aus zu scheiden. Seine und seines Sohnes Blütezeit Mangel an Verdienst, sondern durch ungünstige Vergehört in die kurze Glanzperiode T h e b e n s , die hältnisse des gebührenden Nachruhms nicht teilhaftig späteren Glieder der Schule scheinen nach dem geworden seien. Wie der sikyonische Meister Melanraschen Niederbruch von Thebens Macht sich nach thios mit seinen Genossen und Schülern, arbeitete Athen gewandt zu h a b e n , der Isthmier Euphranor auch er f ü r den Tyrannen Aristratos (nach 359); wir h a t viel für Athen gearbeitet, Nikias h a t t e dort seine hören von Götterbildern und mythologischen DarHeimat. stellungen. Ein Raub der Persephone (S. I I S 1 ) und Tyndariden werden erwähnt; berühmt war seine BeWorin der entscheidende "Unterschied dieser Schule schleichung schlafender Bacchantinnen durch Satyrn von der sikyonischen lag, läfst sich mit unsern Mitteln (vgl. Arch. Ztg. 1880 S. 150; Heibig, Untersuch. 158. nicht feststellen, doch fällt es auf, dafs bei den The238 f.); zu seiner Victoria quadrigam in sublime rapiens banern weniger von technischen Vorzügen gesprochen wird, gröfsere Kompositionen scheinen bevorzugt,
Malerei. s. Heibig a. a. 0 . 154 Anm. 1. I m allgemeinen Scliu- ' Götter u n d ein Theseus, welchem der K ü n s t l e r dem chardt, Nikomachos, W e i m a r 1867. gleichartigen Werke des Parrhasios gegenüber den Als Schüler des Aristeides wird auch K u p h r a n o r Vorzug gröfscrer K r a f t n a c h r ü h m t e . W i e in diesem g e n a n n t , als Bildhauer (S. 516 1 ) und Maler gleich Bilde, so mag er auch in seinem grol'sen Gemälde beriilimt, nach H i n . 3i>, 128 docilin ac laboriunus ante zu l i p h e s o s , das den W a h n s i n n des Odysseus dar-
H42
lo 7,\visf]]t'n Hermes und Arirns.
omnis et in qnocumquc genere e.rcellens ac rsibi aequeäis. Seine Vielseitigkeit erhellt auch aus den wenigen G e m ä l d e n , von denen wir K u n d e haben. In A t h e n b e f a n d e n sich drei gröfsere Bilder von i h m in einer H a l l e des Kerameikos (S. 163 2 ), das glückliche Reitertreffen der A t h e n e r gegen die T h e b a n c r vor der Schlacht bei M a n t i n e i a , Bilder der zwölf D e n k m ä l e r d. klass, Altertums.
(Zu Suite SGCO
stellte, seinem b e r ü h m t e n Vorgänger bewirfst entgegengetreten sein. Über seine lvunstweise u n d seine W e r k e sind wir zu wenig u n t e r r i c h t e t , um sichere Urteile fallen zu k ö n n e n . E s ist das mn so mehr zu bedauern, da es gerade bei diesem M a n n e lehrreich w ä r e , das Verhältnis seiner Gemälde zu seinen plastischen Werken zu kennen. Bemerkens55
866 wert ist, dafs er den Proportionen seine Aufmerksamkeit zugewandt und sogar darüber geschrieben haben soll. Ob m a n ihn mit Overbeck, Griech. Plast. I I 3 , 89 geradezu als Vorläufer des Lysipp in dieser Hinsicht betrachten darf, bleibe dahingestellt. Overbecks Sclilufsurteil (vgl. B r u n n , Künstlergesch. II, 185 i¥.) lautet: »Als eigentümliches Verdienst des Eupliranor dürften wir wohl Frische und Ivräftigkeit und eine gewisse männliche Würde der Formgebung betrachten, durch die er günstig auf die Erhaltung von Ernst und Gediegenheit eingewirkt haben mag, welche durch die Nachahmung Praxitelischer Weichheit ohne Praxiteli sehen Geist in Gefahr sein mochte.« Endlich N i k i a s v o n A t h e n . Mit ihm stehen wir schon vollständig in der Epoche Alexanders. Mag er auch, vielleicht in bewufstem Gegensatz zu Pausias und seinen Schülern, den Blumen- und Vogeldarstellungen entgegengetreten sein und im Geist seine)' Schule die Wahl bedeutsamer Stoffe als wesentliches Erfordernis rechter Malerei bezeichnet haben, so kann doch auch er den Zeitgeist nicht verleugnen. Seine » m e a auf dem Löwen, vielleicht eine »Verherrlichung der nemeischen Kampfspiele«, sein llyakinthos, seine Frauengestalten, seine Tiermalerei weisen darauf hin. Von seiner neuen Nekyia war schon oben S. 857 die Rede. Aufsei' diesen nieist kleinen und enkiiustisrhen Gemälden hat, er jedoch auch einige gröfsere mythologische Bilder gemalt, in einer Auffassung, wie sie Uia • TOIK; auXoiiq f.ieHec Kail' UTTXCC
887
888
Marsyas.
963 Marsyas vor d e r Schinrtung.
(Zu Seite 889.)
XdZeu, Kai yvcrtes ist, so geben wir hier in Abb. 967 den letzten
lichen Kleinasien, sich und seiner Schwester-Gemahlin
von Chr. Petersen (Das M a u s o l e u m , H a m b u r g 1867)
A r t e m i s i a i n Halikarnassos um die M i t t e des 4 . J a h r h .
aufgestellten E n t w u r f , welcher mit B e n u t z u n g
v. Ohr. errichten
V e r s u c h e zweier englischer Architekten in konstruk-
liel's, kann als eine
gemeinsame
der
Schöpfung der bedeutendsten griechischen K ü n s t l e r ,
tiver Beziehung der W a h r h e i t wohl sehr n a h e kommt
w e l c h e um j e n e
und dazu wenigstens geeignet i s t , von dem reichen
Zeit b l ü h t e n , b e z e i c h n e t
Die s c h r i f t l i c h e Überlieferung
werden.
(Hauptstelle Plin. 36,
30. 3 1 , leider n i c h t ganz sicher im T e x t ) ergibt, dal's
plastischen
Bilderschmucke
des Ganzen
eine Vor-
stellung zu bieten.
das G e b ä u d e zu Maussolos L e b z e i t e n entworfen und
Plinius gibt die H ö h e des ganzen B a u e s m i t Ein-
begonnen, u n t e r s e i n e r W i t w e Artemisia (351 — 348)
schlufs des auf dem Gipfel stehenden Viergespannes
weiter g e b a u t , aber erst nach deren Tode von den
auf 140 F u f s an, den U m f a n g a u f 4 4 0 F u f s , und letz-
Meistern
eignen R u h m e und als Denk-
terer ergibt sich, wenn die M a l s e der untersten Sockel-
mal der Kunst« (sagt Plinius) ganz vollendet wurde.
stufe zu Grunde gelegt werden, welche an den hier
Die Architekten werden Satyros und P y t h i s g e n a n n t ,
dargestellten
welche a u c h selbst über den B a u
99'/a, an den L a n g s e i t e n (Nord und Süd) 120'/n F u f s
»zu i h r e m
eine S c h r i f t
ver-
S c h m a l s e i t e n (oben O s t , unten W e s t )
f a f s t e n ; mit dem grofsartigen plastischen S c h m u c k e
in L ä n g e
bekleideten die Ostseite Skopas, die Nordseite B r y a x i s ,
Heiligtum, so h o b e n a u c h diesen Grabesternpel drei
die
h o h e Marmorstufen
Südseite
Timotheos,
die W e s t s e i t e
Leochares,
aufweisen.
Denn
wie j e d e s
griechische
ü b e r den Boden empor,
welche
ü b e r welche die betreffenden Artikel zu vergleichen
nur an den E i n g ä n g e n zum Zwecke des B e s c h r e i t e n s
sind.
wurde im späteren Altertum u n t e r
in wirkliche T r e p p e n s t u f e n zerlegt wurden. Die archi-
die sieben W e l t w u n d e r gerechnet und schon seit der
tektonisch p l a s t i s c h e G e s t a l t u n g des unteren Stock-
Der B a u
Zeit des Augustus b e g a n n man prächtige und kolos-
werkes beruht nun allerdings auf blofser Vermutung;
sale, zum Teil wohl n a c h seinem Vorbilde errichtete
allein dafs es möglich gewesen s e i , dem B e s c h a u e r
G r a b m ä l e r appellativisch Mausolea zu b e n e n n e n (vgl.
s t a t t dessen, eine 6 5 F u f s hohe W a n d aus schmuck-
Sueton. Aug. 1 0 0 ; V e s p . 2 3 ; Martial. V, 64, 5). Glück-
losen Marmorquadern v o r z u f ü h r e n , wie sie P u l l a n s
licher als diese Nachbildungen, h a t der P r a c h t b a u in
Restauration bei Newton (pl. 19) zeigt, wird schwerlich
894
Mausoleum.
noch jemand annehmen wollen. Aufserdem aber haben die Ausgrabungen sämtliche Elemente des bekleidenden Schmuckes in Trümmern von Baugliedern und Skulpturen aufgewiesen. Insbesondere sind Bruchstücke von mehr als 20 kolossalen Löwen nach England geschafft; ebenso der hochgerühmte Torso einer reitenden Amazone; und von den Bildsäulen, welche wir zwischen den W a n d p i l a s t e m in Nischen aufgestellt sehen, war wenigstens eine noch vor 100 Jahren mit dieser Umfassung im Kastell von Budrun unversehrt eingemauert zu finden. »Die Statuen waren, wie die Bruchstücke erkennen lassen, 8 Fufs hoch, und die Männer teils mit Harnisch und Untergewand, wie griechische Krieger gerüstet, teils in persischer Tracht mit der turbanartigen Kyrbasia als Kopfbedeckung und einem das K i n n umhüllenden Tuch versehen.« Es ist wohl zweifellos, dafs hier die Vorfahren des im Innern ruhenden Herrschers gleichsam als Wächter um sein Grab aufgestellt waren. Über diesen Nischen aber h a t man viereckig eingerahmte Platten von glänzend weissem ¡Marmor angenommen, welche nach der Art der Metopen am Parthenon ('s. Art.) Einzelkämpfe aus der griechischen Mythe darstellten, und deren eine mit dem Siege des Theseus über Skiron (s. Art. Thesens) noch leidlich erhalten ist Diese Reliefs waren mit Farben geziert; auch die Marmorverkleidung im ganzen bestand, nach den Trümmern zu sehliel'sen, aus verschiedenfarbigen Sorten. Die auffällige Annahme zweier Thüreingänge, zu welcher die ungerade Zahl der Säulen (für den Oberstock von Plinius bezeugt) Veranlassung gab, motiviert Petersen sinnreich mit der Voraussetzung eines grofsen Treppen-Auf- und -Abgangs im Innern, auf welchem die Besucher (an Festen gewifs sehr zahlreich) rechts zu dem oberen eigentlichen Tempel hinauf- und links wieder von ihm herabstiegen. Übrigens ist von der Einrichtung des Innern, welches nach Analogie andrer Gräberanlagen, die Grabkammer nebst Vorsälen enthalten mul'ste, nichts bekannt, aufser durch den Bericht des letzten Augenzeugen, des Kommandeurs de la Tourette, welcher 1522 das schon halb eingestürzte Gebäude, wie erwähnt, abbrechen liefs. Der Ritter erzählt, wie man nach mehrtägiger Grabung in einen grol'sen viereckigen Saal gelangt sei, welcher ringsum mit Marmorsäulen nebst Zubehör verziert war, während an den Wänden verschiedenfarbige Marmorplatten mit Einfassungen, dann Friese mit Reliefs von Geschichts- und Schlachtendarstellungen sich befanden. Eine enge Thür f ü h r t e aus dem Saale durch einen Gang in die eigentliche Grabkammer, wo m a n auf dem Sarkophage noch eine Urne und einen Wappenhelm aus blendend weifsem Marmor fand (oü il y avoit un sepulcre avec son vase et son tymbre de marbre blanc, fort beau et reluisant ä merveilles). Unglücklicherweise, erzählt der Bericht weiter, machten
sieh in der auf diese Entdeckung folgenden Nacht Räuber daran, den Sarkophag zu öffnen, und anderen Morgens fand man den ganzen Boden bedeckt mit Stückchen von goldgewirkten Stoffen und Goldblättchen; Marmor und Bilderwerk aber ward nun zerschlagen und zum Festungsbau verbraucht. Über dem Arcliitrav des unteren Stockwerkes befand sich nun entweder der Fries mit der Amazonenschlacht, von welchem unten näher zu reden ist, oder wie in unserer Abbildung, ein anderer mit der Kentaurenschlaclit, wovon nur wenige Bruchstücke übrig sind. Der ganze prachtvolle Unterbau war aber n u r ein grofsartiges Postament f ü r den darüber sich erhebenden Tempel, in dessen Inneren Maussolos und Artemisia göttliche Verehrung genossen, vielleicht in der Umgebung vieler olympischer Götter, von deren kolossalen Bildsäulen sich zahlreiche und ausgezeichnet schöne Bruchstücke gefunden haben. Die Tempelcella umschlossen nach Plinius 36 Säulen, nach, den Trümmern ionischen Stils, deren Kapitale ebenso wie die Kassetten der Decke des Umgangs farbig und vergoldet waren, während die Oella von weifsem parischen Marmor erglänzte und am Friese mit der Darstellung eine* Wagenrennens geschmückt war. Der Eingang in die Oella war nach heiligem Brauche an der Ostseite; unsre Abbildung zeigt diese Seite in Verbindung mit der Westseite des Unterbaues, welcher letztere ebenfalls nach alter Regel als Grab umgekehrt gegen Abend sich öffnete. Über dem Gebälk des Tempels mit dem Friese der Amazonen-(oder der Kentauren-)Schlacht erhob sich n u n der eigenartigste Teil dos ganzen Gebäudes, nämlich eine ans 24 Stufen (nach Plinius) bestehende flache und abgestumpfte Pyramide. Sie war aus Steinen von 1 Fufs lU Zoll (engl.) Höhe oder Dicke und teils 3 Fufs teils 2 Fufs Länge zusammengesetzt. Um die Seltsamkeit dieser Krönungen hegreiflich zu finden, mufs man bemerken, dafs die Pyramide als Grabaufsatz nicht bloi's in Ägypten gebräuchlich war, sondern auch in Asien bei Assyrern, Babyloniern und Persern diesem Zwecke diente, und dafs die Aufstellung der Quadriga des Pythis auf solche Art von Spitzsäule (meta), wie Plinius sie bezeichnet, schon z. B. in dem von Kroisos dem delphischen Orakel dargebrachten Weihgeschenke ein altes Vorbild hat, indem nämlich ein goldner Löwe auf einer Pyramide von Goldbarren r u h t e (Herod. I , 50). Dafs diese kühne Umgestaltung des flachansteigenden griechischen Tempeldaches nicht ohne Nachfolge und Wirkung blieb, beweisen uns die verschiedenartigen, einen ähnlichen Aufsatz tragenden Grabdenkmäler in Sardinien, Kleinasien, Sicilien, Gallien und Nordafrika, welche Newton pl. 31 zusammengestellt hat, namentlich aber das ebdas. pl. 63 abgebildete grol'sartige sog. Löwengral) in Knidos, welches auf tempel-
9(J7 Das Mausoleum zu Halikarnass; Rekonstruktiorasversueh.
(Zu Seite 893.)
896
Mausoleum.
I!
•JOS ' Maussolo^.
artigem Unterbau ebenfalls auf einer Pyra mide einen liegenden Löwen trägt. Aus letz terem Monumente wird es zugleich höchst wahrscheinlich, dafs Petersen in der Her Stellung der Stufenpyramide mit Recht ein entsprechend hohes Postament untergelegt und auch durch ein gleiches die Quadriga noch beträchtlich emporgehoben hat. Beides war aufserdem notwendig, um die geforderte Höhe des Ganzen ohne Störung des von Plinius angegebenen Verhältnisses der Teile zu erreichen. Die Gröfse des Viergespannes, welches Pythis arbeitete, läfst sich aus erhaltenen Teilen der Rosse und eines Rades ziemlich sicher berechnen; ob in dem Wagen aber, wie die Restauratoren annehmen, die Kolossalstatuen des Königspaares fahrend anzunehmen sind, ist zweifelhaft. Wenigstens hat dies grofse Bedenken für diejenige männliche Statue, welche an der Nordseite des Denkmals gefunden und aus 63 Stücken zusammengesetzt gemeinhin als Porträt des Maussolos erklärt wird. Wir geben sie in Abb. 968 nach Photographie»Der Kopf (sagt Urlichs) zeigt das interessante Bild des Königs in seiner vollen Manneskraft, mit kurzem Kinn- und Schnurrbart und zurückgestreiftem langen Haar, nicht idealisch schön in seinen etwas kurzen und breiten Proportionen, aber voller Energie und Willenskraft, die sich in den über die Augen stark vortretenden Superciliarknochen und dem festgeschlossenen Munde kund thut. Das lange, über einen Chiton herabwallende Gewand entspricht der Würde des Herrschers, der auf den rechten, bekleideten Fufs sich stützte und, nach der erhobenen linken Schulter zu urteilen, in der Linken eine Waffe oder ein Scepter trug. Der Effect dieser grofsartig komponierten Gewandung ist majestätisch.« Die weibliche, entsprechend grofse Figur mit schöner Gewandung und schleierartigem Kopf Überwurfe, aber mit leider sehr zerstörtem Gesicht, in der man Artemisia zu erkennen glaubt, hat man sich meistens neben jenem als Lenkerin des Gespannes im Wagen stehend gedacht; allein nach Overbecks Bemerkung spricht dagegen anscheinend der allzu ruhige Stand beider Personen, »welcher festen Boden, nicht aber einen beweglichen Wagensitz als Unterlage voraussetzen läfst«. Man hat deshalb auch an die Aufstellung beider Kolossalgestalten im Innern der Tempelcella gedacht, und könnte als Lenkerin des Vier-
Mausoleum. gespar.nes etwa eine Nike oder andre Gottheit ann e h m e n , besonders da bei Plinius nur die Rosse, n i c h t :iber Insassen des Wagens genannt werden. Von der sonstigen Menge statuarischer Bruchstücke und namentlich der Köpfe läfst sich hier nur sagen, d a f s sie meist göttlichen oder heroischen Charakters sind. Unter den mannigfachen Fragmenten von Reliefs wurden schon erwähnt die viereckigen eingerahmten Tafeln, der 0,94 m hohe Fries m i t dem Wagenrennen (an dem ein Kopf »einen bewunderungswürdigen Ausdruck von Eifer« zeigt) und ein sehr verwitterter gröberer Fries mit der
897
der Platten zum Mausoleum wegen allzu geringen Wertes zu bezweifeln anfing. Eine eindringende Untersuchung- h a t erst ganz kürzlich Brunn begonnen (Sitzungsber. d. Münch. Akad. d. Wiss. 1882 Bd. II S. 114— 138), dem es gelungen i s t , ausgehend von Äui'serlichkeiten in Tracht und Bewaffnung der dargestellten Gruppen, ferner durch genaue Betrachtung der Körperformen sowie der der Kompositionsmotive vier Serien von einander zu unterscheiden und zwei davon mit Wahrscheinlichkeit bestimmten Künstlern zuzuweisen. Da wir uns hier versagen müssen, in die Tiefe dieser noch nicht abgeschlossenen Unter-
,"J6U Griechen mit A nazoiien känmpfend.
Kentaurenschlacht, welcher auch bemalt war. Am 1 wichtigsten ist jedoch der zuerst bekannt gewordene Fries mit Amazonenkämpfen, von dem eine Länge im ganzen von über 28 m (jedoch nicht zusammenhängender Stücke) ziemlich gut erhalten vorliegt. i Da man aus der im Eingange angeführten Stelle des Plinius weifs, dafs von den vier mit dem Bildschmuck des Mausoleums beschäftigten hervorragen- > den Meistern jeder eine Seite übernommen hatte, ; so liegt es ziemlich nahe, den »Wettstreit der Hände« Qiodieque certant manus, Plin.) an diesen Bruch- ; stücken nachweisen zu wollen, und in der That j haben die bisherigen Beurteiler meist grofse Unterschiede der einzelnen Stücke bemerkt, ja so grofse, dafs m a n sogar früher die Zugehörigkeit eines Teiles Denkmäler d. klass. Altertums.
suchungen hinabzusteigen, so beschränken wir uns auf die Mitteilung einiger der hervorragendsten Platten nach den von den Originalen abgenommenen Photographien, und e n t n e h m e n die charakterisierenden Bemerkungen meist Brunns eignen Worten. In den wahrscheinlich von der Nordseite des Gebäudes entstammenden, also von B r y a x i s gearbeiteten Platten in Abb. 969 und 970 nebst 971 (welche letztere beide eine und dieselbe Platte rechts und links wiedergeben, weshalb der schildtragende Krieger in der Mitte sich beidemal findet), — hier macht sich im Gegensatze zu andern gröfseren Teilen des Frieses » eine besondere Vorliebe f ü r das Nackte geltend. Die kämpfenden Krieger sind ganz unbekleidet: als Schutzwaffen tragen sie runde Schilde, 57
Mausoleum.
971 Amazonenschlacht.
(Zu Seite 897.)
Mausoleum. die von der Innenseite sichtbar, geschickt zu künstlerischer Verbindung der einzelnen Gruppen verwendet sind, und mit einer Ausnahme den H e l m , der einmal 'Abb. 970 u. 971] eine eigentümliche, an die asiatische Mütze erinnernde Form hat. Von den Amazonen ist nur eine [nicht hier] mit der Mütze und zugleich mit der Ohlanis ausgestattet; Hosen, Ärmel und Stiefeln, die sonst vorkommen, fehlen liier gänzlich. Der allen gemeinsame kurze Chiton ist bei den meisten so geordnet, dal's er von den nackter. Formen des Körpers, namentlich von den Sehenkeln,, noch mögliehst viel sichtbar werden liil'st,
972
899
tümlichkeiten des Künstlers f ü h r t Brunn an: Die bei beiden Reiterinnen (die eine Abb. 970) »so zu sagen passiv« herabhängenden Teile des Chiton, welche nicht der Bewegung folgen; die straff zwischen den .Schenkeln angezogenen Falten des Chiton der einen (Abb. 971) und die nicht mehr völlig naive Anordnung des Chiton der halbnackt erscheinenden Amazone ( A b b . 969); die Stellung der beiden Amazonen zu F'ul's, weicht! mehr dem Moment abgelauscht, als einheitlich aus der Idee geschaffen scheint; das mit seltner Frische und Lebendigkeit ausgestaltet! Motiv der auf ihrem ltosse umgewen-
Amazonenkampf.
ja das eine Mal [Abb. 969] fast nur als Hintergrund des Körpers dient«. »In der Behandlung des Nackten ist ein bestimmter Gegensatz der beiden Geschlechter mit bewufster Klarheit durchgeführt. Die weiblichen Formen sind überall gerundet, aber ohne Weichheit; bei den Männern ist die Muskulatur überall hervorgehoben, aber weniger die Schwellung der einzelnen Muskeln, als ihre Begrenzung nach den Hauptflächen und Umrissen betont. Ü b e r h a u p t aber herrscht eine gewisse Knappheit (\e-nrÖTriuxentum); dal's diese Münzen n i c h t der im J a h r e 467 in P y x u s angesiedelten Kolonie der Rheginer angehören k ö n n e n , sondern einer viel älteren hier vorhandenen Stadt, wird jetzt allgemein anerkannt.
Choix p l . V n . 1 0 ) .
Die doppelseitige Prägung,
wie-
wohl noch i m m e r von sehr altertümlichem C h a r a k t e r , bringt den T y p u s des I n c u s u s auf die Rückseite, a u f
Abb. 1020. S t a t e r von L a o s (Paris; L u y n e s Choix p l . V n . 5 ) , die Aufschrift A«Fi — vo1. V 11.12;. 'Laras der jugendlich gebildete I Lponyinheros, der für den Sohn des Poseidon gilt,
Taf. 2 X. 2). Zeus thronend, noch in altertümlich schwerfäl liger Auffassung, wie er als cuptcuoi; den Adler entsendet, das Scepter in der Linken; auf der Kehrseite der Kopf der Artemis l l y m n i a im vertieften Quadrat und ARKADI?0!M rückläufig als Umschrift. Abb. 1021). Didraclinioiuler jüngeren a r k a d i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , Gewicht 1.1,95 g (lierliner Mün/.k.; v. Sallets Zeitschr. f. Xumism. IX, 2 N.4), welche lipaminondas bei der Gründung von Megalo
reitet auf einem Delphin durch das Meer (Aristoteles bei Pol lux V I , 280), eine Darstellung, die an den Apollo Delpliinios malmt; unten eine Kammuschel. - - Die. Gewichte der hier beschriebenen grol'sgriechischen Münzen liegen durchschnittlich zwischen 8,20 bis 7,50 g.
polis 370/1>9 gestiftet hatte, und zu deren frühesten •Münzen gehörig; die Vorderseite trägt den Zeuskopf mit dem Lorbeerkranz (vgl. Abb. 1092), die Kefirseite den Pan auf einem Fels gelagert mit untergebreitetem Gewand, das knotige Pädum hält er, sich aufstützend, in der R e c h t e n , unten ist die Rohrpfeife, am Fels OAYM, w a s nur Anfang eines Künstler- oder eines Beamtennamens sein k a n n , da auf andern Exemplaren. an dieser Stelle XAPI steht; der Name der Arkader wird hier und auf allen Münzen des Bundes mit dem aus A, P und K zusammengesetzten •Monogramm bezeichnet; Ligaturen dieser Art kommen auf den Münzen erst im 4. J a h r h u n d e r t auf, um dann bald überhand zu nehmen. Abb. 1030. Didrachmon von P h e n e o s ; Gewicht 11,65g (Berl. Münzk.; Friedlaender u. Sallet N. 153). Der Kopf der Demeter oder Kora ist mit dem Ährenkranz, breitem Ohrring und Halsband geschmückt. Die Kehrseite zeigt Hermes, welcher den jugendlichen Arkas, das Kind des Zeus und der Kallisto, das von seiner Mutter ausgesetzt w a r , zu den Nymphen an der Kyllene bringt, eine G r u p p e , die der Zeit wie
Die Entwickelung der griechischen Prägekunst bis zu ihrem Höhepunkt und ihr Niedergang bis zum Beginn der römischen Herrschaft. Das g r i e c h i s c h e
Mutterland, asien,
die Inseln,
Klein-
Afrika,
feloponncs.
Abb. 1027.
Stater von K o r i n t h ,
Gewicht
1027
8,48 g (Imhoof, Olioix pl. II n. 48), Kopf der Pallas (nach andern der bewaffneten Aphrodite),
940
M ü n z k u n d e (griechische).
dem I n h a l t nach dem H e r m e s des Praxiteles sehr n a h e s t e h t (ENEQN); auf a n d e r n Exemplaren ist
ein Angnrium des Zeus. R ü c k s . : Nike, die in der Eile das G e w a n d e r h e b t als Siegesbotin; in der Anordnung der Flügel, wie in der Zeichnung der Figur, noch nicht frei von der Strenge der älteren K u n s t , wovon der Tiergruppe n i c h t s m e h r a n h a f t e t . Der S t a d t n a i n e erscheint hier fast durchgängig als FA[\eiujv. Abb. 1034. D i d r a c h m o n von E l i s ; Gewicht 12,25g (Berliner Münzk.; Friedlaender u n d Sallet N. 134).
neben dem Kopf des Kindes klein der Name des Arkas beigeschrieben. Abb. 1031. Didrachmon von S t y m p h a l o s ; Gewicht 12 g (British Mus.; v. Salicis Zeitschr. f.Nninism. I X , 2 N. 7). Kopf der A r t e m i s , mit dem LorbeerDer Kopf des Adlers, m i t grol'scr X a t u n v a h r h e i t gezeichnet; d a r u n t e r ein E p h e u b l a t t , neben dem wie bei Abb.1033 ein Gorgoneion eingestcinpelt ist. liückseite: ein Blitz FA vom Kotinoskranze umgeben, alles auf den K u l t u s des Zeus (»lympios bezüglich. Abb. 1035. Didrachmon von E l i s ; Gewicht 11,05g (Berliner Münzk.; Friedlaender und Sallet N. 14(1). Kopf der H e r a , mit breitem von P a l m e l t e n geschmückkranz; als Kehrseite Herakles m i t dem liegen in der L i n k e n , dem Löwenfell über d e m A n n , in voller Bewegung losfahrend mit der Keule auf die (nicht zur Darstellung gebrachten) s t y m p h a l i s c h c n Vögel (£TYMt>AAinN). Das SO ist A n f a n g eines Beamlennamens. Abb. 1032. Obol von S t y m p h a l o s ; Gew. 0,85 g (Imhoof, Choix pl. I I I n.84). Herakleskopf mit übergezogener Löwenhaut; Köcks.: Kopf des Sumpfvogels, der kranichartig gebildet ist ^nÄ) (STYM). Die liier beschriebenen Stücke Abb. 1029. 1030. 1031 sind Arbeiten a u s der Zeit des E p a m i n o n d a s , die von der Stempelschneidekunst im Peloponnes nie wieder erreicht worden sind; ihnen a m nächsten s t e h t das D i d r a c h m o n von Elis (Abb. 1036). Die elischen M ü n z e n verdanken ihren T y p e n r e i c h t u m nicht zum wenigsten der reichen K u n s t e n t f a l t u n g , welche a n der F e s t s t ä t t e von Olympia s t a t t f a n d , d a r u m a u c h die vorwiegende Beziehung auf die dortigen K u l t e u n d Wettspiele.
tem Diadem, unter dem in wenigen breiten Locken das H a a r hervortritt; das grol'se Auge verleiht dem Kopf seinen strengen Ausdruck; Kehrseite: Blitz im Kotinoskranz, FA. Abb. 1036. Didrachmon von E l i s ; Gewicht 12,15g (Berliner Münzk.; Friedlaender u n d Sallet K. 136). Der A d l e r , der die Schlange in den Krallen hält.
Abb. 1033. Didrachmon von E l i s ; Gewicht 12,27g
1033
(Berliner Münzk.; Friedlaender u. Sallet N. 49). Der Adler, der den fliehenden H a s e n im L a u f e erhascht,
K e h r s e i t e : Nike, mit dem Palmzwcig in der Rechten, sitzt auf einer aus zwei Stufen gebildeten Basis, FA. Mit der Feinheit der Zeichnung konsrastiert die m a n g e l h a f t e Gestalt des S c h r ö d i n g s , bei d e m m a n n u r auf Vollwichtigkeit Rücksicht genommen zu h a b e n scheint.
941
Münzkunde (griechische). Abb. 1037. Didraclimon von K l i s ; G e w i c h t 1 2 , 1 7 g
Abb. 1 0 4 0 .
( B c r l i n o r M ü n z k . ; Friedlaendor und Sali et N. 138).
des;
Zeuskojif mit dem L o r b e e r k r a n z geschmückt.
Zeitschr.
Rucks.:
der Adler sitzend im K a m p f mit der S c h l a n g e ; AI ist. Anfang eines B e a m t e n n a m e n s ,
F]A(X«(u)v).
Die
Münze ist erheblich jünger als die vorher beschrieb e n e n von Ii Iis. Abb. 1038. Didraclimon von A r g e s ; Gew. 11,24 g ( B e r l i n e r Münzk.;
F o x , Kngravings of givck coins I
Silbermünze des A c h o l i s c h e n
G e w i c h t 2,27 g (Berliner Münzk.; f. Numism. V I I T a f . 8).
Kopf
v.
BunSallets
des
Zeus,
lorbeerbekränzt, der als Zeus TTomagyrios in Ägion, von den Achaern als Bundesgott verehrt wurde. K e h r s e i t e : ein aus A und X gebildetes Monogramm im Lorbeerkranz; da den einzelnen Bundesmitgliedern das Recht- der Münzprägung vorbehalten war, m n i s t e d e r Prügort seinen Namen und Stadtwappen noch b e s o n d e r s b e i f ü g e n : &Y mit dem F i s c h bezieht sich auf D y m e , die beiden .Monogramme auf Bea m t e n n a m e n der Stadt. Abb. 1 0 4 1 . K u p f e r m ü n z e des A e h ä i s e b e n B u n d e s (v. S a l l e t s Zeitschr. f. Numism. I I , 163). Zeus stehend mit. Nike und Scepter, KA. K e h r s e i t e : !>. 12. Eine charaktervolle Zeichnung auf der Vase Mon. Inst. V, 5)7. Auf einer sehr schönen M ü n c h e n « * Vase (N. 805, abgeb. Arch. Ztg. 18«) Taf. 139) sind drei Musen mit Saitenspiel beschäftigt (abgeb. u m t e r »Saiteninstrumente«), zwei blasen die, Doppelflötte, eine singt mit der Notenrolle, drei halten Schinuckktästchen (oder Kästchen mit Schriftrollen?). Die Hesioalisehe Zahl und Benennung erscheint aber auch schom auf der altertümlichen Fran^oisvase (abgeb. unter »Tlnetis«), wo die Musen ganz gleich gebildet sind und ehrbar steife Bekleidung tragen, ohne alle Attribute bis auf Kalliope, welche den Zug führend allein in (der Vorderansicht gemalt ist und eine ländliche Hirtoenflöte von 9 Rohren an den Mund hält. — Ziemlich oft sind auf Vasenbildern mit dem Wettstreit des Marsyas mehrere Musen zugegen als Richterinnen (oder nur zuhörend. Vor dem stehenden Musaios, dler eine Lyra hält, spielt Terpsichore sitzend auf einer jgrofsen Kithar, und hinter ihr steht Meielosa mit z w e i Flöten auf einem schönen Vasenbilde (Mon. I n s ; t . V , 37). Statuairische und Reliefdarstellungen aus älterer Zeit sind nicht e r h a l t e n , obwohl von n a m h a f t e n Künstlern., wie Ageladas, Kanachos, Aristokles, Musenstatuen miit Lyra, Barbiton, Syrinx und von Kephisodotos eiine Gruppe von drei und eine andre von neun Müssen in dem helikonischen Ileiligtume angeführt weerden (Paus. 9, 30,1). Aufserdem erwähnen
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Musen.
wir n u r die den Apollon nebst Artemis und Leto umgebende G r u p p e der n e u n Musen im Giebelfelde des delphischen Tempels (Paus. 10,19, 3; vgl. Brunn, Künstlergeseh. I, 247 f.). Die E i n f a c h h e i t der Komposition u n d die Gleichartigkeit aller n e u n Schwestern, welche wir auch in diesen Werken voraussetzen dürfen, erleidet eine bedeutende Umwandlung in den Bildungen der jüngeren Epoche, als deren W e n d e p u n k t wir die Zeit Alexanders a n n e h m e n dürfen. Der Beginn einer eigentlich wissenschaftlichen Forschung seit Aristoteles und die damit bald eintretende Scheidung der einzelnen wissenschaftlichen und künstlerischen Fächer, inmerlich ang e b a h n t durch die ästhetisch - kritische Reflexion, äufserlich gefördert durch Gründung grofser Bibliotheken, f ü h r t e allmählich auch zu einer unterscheidenden Charakteristik der Vertreterinnen einzelner .Kunstzweige und Wissenschaften. J e d e r Muse wird jetzt ein besonderes Fach zugewiesen, f ü r welches m a n ein stehendes Attribut anwendet. Mehrere Denkmäler beweisen allerdings, indem sie Zwischenstufen darstellen, dafs der Übergang zu jener gewissermafsen fachwissenscliaftlichen Charakteristik, wie wir sie auf römischen Sarkophagen finden, einen längeren Zeitraum erforderte und dafs die einzelnen bedeutenderen Künstler suchten und tasteten. So z. B. auf einem Altarrelief (abgebildet und erörtert von Trendelenb u r g , Berl. AVinckelmannsprogr, 1876) ist der Chor der neun Schwestern sehr hübsch in drei Gruppen von je drei Figuren nach den drei Dichtungsarten der Lyrik, Epik und Dramatik zerfällt, so dafs die Muse mit dem Globus fohlt und zwischen Tragödie und Komödie noch kein Unterschied besteht, xluf dem Relief des Archelaos mit der Apotheose H o m e r s (s. oben Abb. 118 S. 112) finden wir zunächst dem Apollon Polyhymnia in der f ü r sie typischem Stellung, den Arm eingehüllt in das weite Gewand und aufgestützt, die H a n d u n t e r s Kinn gelegt in tiefem Sinnen, den Blick g e s p a n n t auf den Gott gerichtet. Die übrigen Schwestern sind paarweise gruppiert: zunächst Urania mit Terpsichore, die Sternkundige mit der e r n s t e r e n , tiefsinnigen Chorlyrik, d a n n in der Oberreihe links Kalliope m i t der Schreibtafel das Epos l e b h a f t deklamierend u n d neben ihr Klio mit der Rolle, n u n m e h r die Muse der Geschichtschreibung. E r a t o mit der kleinen Leier unid E u t e r p e m i t zwei Flöten h a b e n beide den Blick zum H i m m e l gerichtet, sie vertreten das Liebeslied und die freudige Lyrik; endlich ausgelassen h e r a b t a n z e n d Thalia und im Gegensatze majestätisch dastehend u n d ernst zum Zeus aufblickend Melpomene; jene also schon als Komödie, diese als Tragödie gedacht, aber noch nicht durch Masken oder sonst etwas gekennzeichnet. Aus Ambrakia, der Residenz des Königs Pyrrhos, brachte der Konsul Fulvius Xobilior im J a h r e 189 v. Chr. unter der reichen Beute auch Statuen der
n e u n Musen mit n a c h R o m , die im Tempel des Hercules M u s a r u m aufgestellt w u r d e n und uns aus Münzen der gens Pomponia b e k a n n t sind (Cohen méd. cons. 34, 4—15; Oberg, M u s a r u m t y p i nuniis expressi Berol. 1873). Iiier findet sich schon die tragische Maske nebst Keule f ü r die Tragödie, die komische Maske nebst I l i r t e n s t a b f ü r die Komödie, der Globus nebst Stab f ü r die Astronomie. (Die Einf ü h r u n g der S t e r n k u n d e unter die Musen ist wahrscheinlich der alten Lehre des P y t h a g o r a s von diu' H a r m o n i e der himmlischen Sphären zu verdanken.'! Auch in der Säulenhalle der Octavia s t a n d von der H a n d des rliodischen Künstlers Pliiliskos Apollon nebst Artemis und Leto umgeben von den n e u n Musen (Plin. 36, 34). Mehrere erhaltene Statuenreihen vergegenwärtigen uns die nun erfolgte Umwandlung, durch welche immer m e h r an die Stelle von Tanz und Gesang eine zünftige Gelehrsamkeit gesetzt wird, die zuletzt n e b e n a n d r e m Schreibgerät a u c h das Tintenfal's n i c h t e n t b e h r e n kann. Am vollständigsten u n d hervorragendsten ist zunächst die in der Villa des Cassius zu Tivoli ausgegrabene, im Musensaale des Vatican aufgestellte Reihe von sieben sitzenden Musen, d a n n die in Ildefonso befindliche, gleichfalls sitzend; ferner neun Musen in Stockholm, stehend gebildet (Abbildungen bei Chirac pl. 497 —538); endlich acht hereulanensische W a n d g e m ä l d e (es fehlt E u t e r p e ) , jetzt im Louvre befindlich, die mit Xumen versehen sind (abgeb. Wieseler I I , 734 — 741). Die B e t r a c h t u n g diesel' u n d zahlreicher andrer Musenbildwerke zeigt übrigens, dafs in der Bildung und A u s s t a t t u n g der einzelnen Figuren dem Belieben der K ü n s t l e r keine enge Grenze gezogen w a r , unii dafs n u r wenige Typen (und wahrscheinlich sind diese die am f r ü h e s t e n erfundenen* eine kanonische Geltung erlangt haben. Zu den letzteren gehört und n i m m t den ersten Rang hinsichtlich der Erfindung ein M e l p o m e n e , welche als die Muse der Tragödie charakterisiert wird u n d in einer Reihe von Skulpturen vorliegt. Sie zeigt sich entweder a u f r e c h t d a s t e h e n d (so in einer Kolossalstatue im Louvre) oder in der eigentümlichen Stellung mit aufgestütztem Fufse, welche in m e h r e r e n ü b e r e i n s t i m m e n d e n Statuen erhalten ist. W i r geben die im vaticanischen Musensaal befindliche, Abb. 11.83, nach Photographie. Der Künstler h a t eine w a h r h a f t e r h a b e n e Erscheinung geschaffen, die von den andern zierlichen Musengestalten sonderbar absticht. Melp o m e n e ist in das tragische Theaterkostüm gekleidet : ein langer faltenreicher Chiton mit Überschlag und Ärmeln fällt bis auf die F ü f s e h e r a b (irobripr)?, tunica talnris), welche mit Lederschuhen (edutae) bedeckt, sind. D e n Mantel h a t sie über die linke Schulter geworfen u n d hält das andre E n d e um den rechten Arm geschlungen. Der breite, hochsitzende Gürtel (uaöxcx\icrT)!|p) e r h ö h t noch ihre Gestalt, welche durch
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¡Musen.
J e u liuch auf eineil Felsblock gestellten linken F u f s einen m ä n n l i c h e n Eindruck hervorbringt. Wer Oberkörper ist dabei gerade emporgerichtet und der linke A r m , wclelier das Schwert h ä l t , liegt nur lose auf dem Knie. I n der gesenkten R e c h t e n trägt sie die tragische Maske. Das Gesicht h a t ernste, f a s t strenge Züge; die edle Stirn wird von einer reichen Lockenfülle u m r a h m t , in welche dionysisches W e i n l a u b eingefloeliten ist. So schildert sie Ovid. Amor. I I I , 1,11:
1183 M f l p o m e n e .
(Zu Seite U70.)
Kernt ei i-mjeiUi violcnta Tnu/oalkt piuniu: fronte cmnae torva; jxilla iarebat humi (d. h. schleppte nach). Variationen s i n d : a n s t a t t des Schwertes f ü h r t sie die Keule oder einen kurzen Dolch; oder sie h a t die Maske wie einen Visierhelm über den Kopf gelegt u n d das K i n n in die H a n d gestützt; oder sie h a t selbst des Herakles L ö w e n h a u t über den Kopf gezogen. Das Aufsetzen des F u f s e s b e d e u t e t n a c h K. L a n g e »Kraft und Majestät«, nach Gerhard »Ruhe n a c h tragischer Aufregung«; nach Wieseler ist die Muse »in Nachd e n k e n versunken u n d voll e r h a b e n e r Würde«. Dem Unterzeichneten scheint die etwas unweibliche Gespreiztheit der Stellung auf heroische Männlichkeit
1181
Thalia.
Dichtung r e p r ä s e n t i e r t . Wir geben in Abb. 1184, das vatieanisclne E x e m p l a r (nach Photographie). Ahnlich, doch leichiter u n d zierlicher bekleidet als jene sitzt sie träumeirisch auf i h r e m Felsen n e b e n der komischen Maske, in der linken H a n d das bacchische T a m b u r i n (TÜ^i-rravov)i aufstützend, in der r e c h t e n den H i r t e n s t a b (pedum) f ü l h r e n d . I h r schmales, a n m u t i g e s Antlitz umkränzt ein lEpheugewinde. Oft erscheint sie indessen in l e b h a f t e r e r ' E r r e g u n g , selbst h a l b n a c k t (auf Gemmen). D e r K r u m n n s t a b , welcher die »ländliche Muse« bezeichnet, k o m m t t auch bei Schauspielern auf Gemälden vor. Unter (.den übrigen T y p e n ist n u r noch einer von besonders reizvoller E r f i n d u n g : P o l y h y m n i a h a t
Oí 2
Musen.
1185 Folyliymnia. (Zu Seite 073.)
Musen. den faltenreicheil Mantel straff um den rechten A n n gezogen und pflegt auch in dieser Gewandhaltung den Ellenbogen auf den Felsen oder ein Postament zu stützen; so schon in der Apotheose oben Abb. 118 und auf einer Marsyasvase (Arch. Ztg. 1809 Taf. 18), wo ü b e r h a u p t schon plastische Originale von Nymp h e n und Musen nachgeahmt sind. Das schönste Exemplar dieser Art ist in Berlin, hier Abb. 1185 (nach Photographie). — Zu bemerken ist, dafs auch die Mutter der Musen, M n e m o s y n e (d. h. die Erinnerung), welche zusammen mit den Töchtern vorkommt (z. B, Paus. I, 2, 4; VIII, 47, 2), in ähnlicher Stellung abgebildet zu werden pflegt: mit verhüllten Händen steht sie ruhig sinnend da. So eine mit Inschrift bezeichnete Statue am Eingang in die Rotunde des Vaticans (Millin, G. IM. 21, 62; vgl. Braun, Ruinen Roms S. 508). Die Zahl der römischen Sarkophage mit dem Musenchor, welche Dichtern oder Gelehrten als Ruhestätte dienten, ist nicht gering; Aufzählungen Annal. 1861 p. 122 Note. Zuweilen ist die Bildnisfigur des Verstorbenen in der Mitte angebracht, daneben Apollon oder Atliena oder beide. Die Komposition ist meist u n b e d e u t e n d ; nur auf den älteren besseren Exemplaren sieht man cinigermafsen lebendige Gruppen gebildet und anstatt gehäufter Attribute mehr variierte Stellungen, auch durch Lorbeerbäume den helikonischen Hain angedeutet; so z. B. Annal. 1871 tav. D E . Auf einem Townley'schen Sarkophage (abgel). Millin, G. M. 20, G4) aus verhältnismäfsig guter Zeit sind die Mädchen paarweise in ,schönverzierte Säulennischen gruppiert: einerseits Kalliope und Klio, als die beredtesten, gegenüber Polyhymnia lind Urania als die schweigsamsten; weiter der Mitte zu gesellt sich das Drama mit dem Saitenspiel, nämlich Terpsichore ist zu Melpomene, Erato zu Thalia gestellt; in der Mittelnische steht Euterpe, die auch als Vorsteherin der Totenklage gilt, Ovid. Fast. VI, 059 (nach Gerhard). Als Musterbeispiel der Gleichförmigkeit halberstarrter Typen pflegt m a n gemeinhin einen früher im Capitol, jetzt im Louvre befindlichen Sarkophag zu bezeichnen (abgeb. Clarac pl. 205, 45), der die Besonderheit aufweist, dafs aufser den neun Schwestern, welche die Vorderseite einnehmen, auf den Seitenflächen nochmals rechts der sitzende Homer in Unterredung mit der vor ihm stehenden und ein Buch darreichenden Kalliope, links ebenso Sokrates mit Erato gruppiert erscheint. Wir geben statt dessen den noch nicht publizierten und n u r wenig ergänzten Musensarkophag der Münchener Glyptothek (N. 188), nach Photographie (Abb. 1186), mit der Beschreibung Brunns. »Vor einem den Hintergrund bildenden Vorhange stehen, rechts vom Beschauer beginnend: Apollo vom Gesänge ausruhend, indem er die Rechte auf das H a u p t legt und die Linke auf die Leier stützt, die auf einem Pfeiler steht; neben ihm ein Greif;
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Musen
Polyhymnia ohne Attribut ganz in ihrem Mantel gehüllt; Urania mit einem Stabe auf die Hliinmelskugel in ihrer Linken deutend; Melpomene miit der tragischen Maske und der Keule; Erato mit; der grofsen Leier; Euterpe mit zwei langen Flöten; Minerva auf ihren Speer gelehnt, zu ihren Füfsen die E u l e ; Thalia mit der komischen Maske und einem Hirtenstabe, neben ihr auf niedrigem Pfeiler noch eine zweite Maske; Terpsichore mit der auf einen P'feiler gestellten Schildkrötenleier; Ivalliope mit denn Täfelchen und lvlio, auf einen Pfeiler gelehnt, miit der Schriftrolle. Sämtliche Musen sind auf der SStirn mit den Federn der Sirenen geschmückt.« Über d e n letzteren Umstand vgl. Art. »Seirenen« mit Abbikdu/ag. — Seltsamerweise sind sogar an dem Sarkophage eines frühverstorbenen gelehrten Jünglings die Figuren der Musen in männliche Genien mit den (.gewöhnlichen Attributen umgewandelt (abgeb. Miliin, G. M. 24, 76). ! Bm] Musik. a. D i e S y s t e m e . Den Ausdruck ovUaß/| f ü r das kleinste Ganze, zu welchem sich eine Anzahl von Buehstabien verbindet, scheinen die Grammatiker von den Musilkern entlehnt zu haben. Diese bezeichneten nämlich miit demselben Ausdruck das kleinste System von Tomen, das man auf der Lyra buchstäblich mit einem Griift' umspannen konnte (Nikom. H a r m . p. IG). E s war (das ein Komplex von vier Tönen und f ü h r t e gewöhnlich den Namen T e t r a c h o r d . Waren in ihm dlie drei Intervalle so geordnet, dafs das kleinste denn tiefsten Ton zunächst lag, so hiefs das Tetrachord eiin ' d o r i s c h e s (c f g a), lag jenes Tntervall in der Miitte, so hiefs das Tetrachord p l i r y g i s c h (d ef y), lag es aber oben, so war das Tetrachord l y d i s e h (c cl e f ) . Die s i e b e n s a i t i g e L y r a entlnielt in ihrer Grundstimmung zwei dorische Tetrachiorde, welche so mit einander verbunden waren, dalfs der Hauptund Grundton des Ganzen in der Miitte lag und beiden Tetrachorden gemeinsam angediörte. Nicht mit Rücksicht auf die Tonhöhe, die' wohl etwas tiefer sein mochte, sondern mit R ü c k s i c h t auf einfache oder abgeleitete Töne setzen w?ir die älteste diatonische Stimmung der Lyra folgernde rmafsen an (Nikom. p. 23): ... , ^ Jiypatc Pary- Ilyper- Mese Ilyper- Paira- Nete pate mese paranele ntete Schon Terpander erweiterte die Stiimmung nach oben bis zum hohen e', wobei nicht g^ariz feststellt, ob er die drei obersten Saiten l, d' e' s t i m m t e (Nik. p. 9), oder ob nach jener Weise, die denn Pythagoräer Philolaos zugeschrieben wird, auch er bereits zu stimmen pflegte: a c' il' e' (Nikom. p. 117:; Ersch und Gruber, Hallische Encyklop. Sekt. I I Bd. 36 S. 313).
Musik. Das Verdienst, die Oktave vervollständigt zu haben, schreiben die einen dem Pythagoras von Samos oder seinem L a n d s m a n n Lykaon zu, andere dem Simonides von Keos (Encykl. ebdas. S. 316). Dem System der verbundenen Tetrachorde (auvii^ueviuv) stand nun das jüngere der getrennten Tetrachorde (iiieZeuf.utvuuv) gegenüber mit folgenden Tönen: 0'
^
:[
iiypato Pary- T.ieha- Mese i'.'u'a- Triie Para- Xetipnte nos niese nete Teils der Käme I i y p e r h y p a t e für die neunte Saite, teils die Einrichtung der Instramentalnoten beweist u n s , dafs der Fortschritt sich demnächst den tiefen Tönen zuwandte. AVenn nun Ion von Chios sein Instrument also anreden konnte: »In zehn Stufen enthältst du, elfsaitige Leier, dreimal die harmonische Konsonanz« — so scheint es, dafs bei ihm zu den beiden Tetrachorden der ,uecai e — a u n ( j d e i . bieZeiroievui h — e' bereits das der ÜTTUTC« gefügt worden war : II c ä (e), die Namen der Saiten waren hier dieselben wie in dem mittleren Tetrachord: ijuaT)] oder oberste. uapUTrdrri oder näehstoberste und Xixavö^ oder Zeigelingersait.e; der alte Name Hypormese war bereits aufser Gebrauch. Da übrigens ein System von elf Saiten in Griechenland den Manien des »kleineren vollkommenen« f ü h r t e (Kukl. lfarm. p. 17), liegt die Frage n a h e , ob Ions Verse nicht vielmehr dieses System im Auge hatten, das sich mil Benutzung des Synemmenon-Tetrachords v o n . l bis d erstreckte. Das ist aber darum nicht ganz wahr scheinlich, weil dieses tiefe A allein unter allen Tönen im Griechischen eine männliche Namensforin hat. Während nämlich alle übrigen adjektivisch ge formten Namen weibliches Geschlecht haben und offenbar ergänzen lassen, ist der tiefste Tor allein mit der Maskuiinform TTpoa\a,ußavö|aevo singt:
Dorisch » » » d » » Phrygisch » » » e » » Lydisch » » » / » » Mixolydisch » » » g » » Die Alten aber formten aus den bisher besprochenen Oktavgattungen ihre T r a n s p o s i t i o n s S k a l e n . Bereits in jener frühen Zeit nämlich, in welcher dorische Tetrachorde noch weitaus mehr als phrygische oder lydische in Gebrauch waren, dachte man sich die meisten der auf S. 976 erwähnten Skalen zu einem vollkommenen System von zwei Oktaven erweitert. W i e aus der Grundoktave e a e das vollkommene System A — a entstanden war, so hätte man auch die phrygische Stimmung mit ihren zwei H bis zu denselben Grenzen A — « ' erweitern können und man hätte ihr phrygische Tetrai hordteilung und phrygisehes Ethos gewahrt. Aber man zog es vor aus dem phrygischen Tonos mit zwei $ lieber ein oiiarr||.ia d,u€TaßoA.ov ganz nach dem Muster des Dorischen zu schnitzen, und erhielt damit einen Tonos, der von H — h ' laufend jenes System in seiner ganzen Zusammensetzung wiederholte. Denn auch hier folgte auf den Ganzton II — eis ganz wie im vollkommenen System ein dorisches Tetracliord: eis d e fis und somit bestand diese sogenannte phrygische Skala aus lauter dorischen Elementen. Die einzelnen Töne derselben konnten entweder, wie oben angedeutet, Kard llecnv benannt sein, d. h. die ursprünglichen Namen aus dem Grundsystem Itchalten, oder man konnte auf alle einzelnen Werte dieses neuen Systems die alten Namen in der Weise übertragen, dafs jetzt wieder der tiefste Ton Proslambanonienos, der zweite Hypate Hypaton liiefs u. s. w. Letzteres war dann die Benennung Kard &uvu,mv (ppu-p'ou: Hypaton Meson Diezengm. Hvperlx.].
Mrixe aüvTovov biame, |ar|Te tö.v uv;6iutvav 'laai-'i ,uoO(jav, u\\d xav jaeaav . . . . . . vedjv upoupav ai'öXiZe tüj (.ieXti„ so will auch er die hochgespannten und ;allzuschlaffen Stimmungen vermieden sehen und empliiehlt aioMiüeiv, d. Ii. die dem dorischen Tonos eng verwandte hypodorische Oktave, die auch Aristoteles ('Probl. 19, 48) als für die Zither am besten geeignete und PseudoEuklid überhaupt als die gewöhnlichst« bezeichnet. Wir sind also so kühn, zu behauptem, dafs jene nachgelassenen, schlaffen Harmonien IPlatos unsern mit b gebildeten Tonarten gleichstehem (Fleckeisen, Jahrb. 18B7 S. 815); wir können abier auch den Musiker nennen, welcher jenen Schritt zum erstenmalc that. Nach Plutarch (Mus. 16) hat nämlich Dämon, der Lehrer des Perikles, die nachgelassen lydische Tonart erfunden, ihm dürfen nvir also diese ganze Reihe neuer Oktaven zusprechen, zu denen, wie wir sehen werden, sich mit der Zeit auch ein tiefes Phrygisch noch hinzugesellt. Auch das M i t t e l a l t e r sprach noch von dorischer und lydischer Tonart, auch damals eixistierte noch eine gröl'sere Reihe wirklich verschieidener Oktavgattungen, die uns jetzt meist verlonen sind. Dieselben waren auch der Tonhöbe nacln verschieden, doch hatten die einzelnen Namen keineswegs dieselbe Bedeutung wie im Altertum. Mur die hypodorische Tonart in A war noch dieselbe, wie wir sie oben S. 977 angegeben; von ihr aus ;ging man mit
Kara iltaiv:
p •3 er £ S CD 5
H eis d e fi.s g Kara bOva,uiv qppuYiou:
a h eis d e fis g a h P
B
Hypaton
Meson
Diezengmenon
o
] iyperbi )laion
Ebenso verfuhr man mit der lydischen Skala, die mit ihren vier fo einer modernen Cis-moll-Skala gleich sah. Wurden alle sieben von uns S. 976 mitgeteilten Tonleitern zu solchen Skalen verlängert, dann ergaben sich folgende Skalen:
Musik. Hypodorisch Dorisch Mixolydisch E 11 L — d IV I l y p o p h r y g i s c h Phrygisch Fis H 2£ Ilypolydisch Lydisch Gis Cis 4 ft Der mixolydisclie Tonos h ä t t e in 7>ts-moll mit sechs jj gebildet werden k ö n n e n ; da m a n aber den T o n p bereits a u s dem S v n e m m e n o n s y s t e m k a n n t e , liefs sieli eine mixolydisclie Skala a u c h als D-moll mit 1 b konstruieren. Oktavgattung u n d Transpositionsskala stehen nach dieser unsrer Darstellung in dem innigsten Z u s a m m e n h a n g , u n d so wird erklärlich, wie es h a b e geschehen k ö n n e n , dafs m a n m i t W o r t e n wie TÖVO? u n d TpÖTtoi; so verschiedene Dinge bezeichnete, o h n e die geringste A n d e u t u n g zu geben, ob Oktavgattung oder Transposition gemeint sei. Tövoc qjpüyio? heifst ('von Teivui) die Stimmungs m a n i e r mit erhöhter P a r y p a t e u n d Trite, oder wenn m a n lieber an die lydische Oktave d e n k t , mit erniedrigter Liehanos u n d P a r a n e t e ; um es modern a u s z u d r ü c k e n : die S t i m m u n g s a r t mit zwei jfj. Kleine I n s t r u m e n t e b e s c h r ä n k t e n diesen TUVO? auf die Gesangsoktave von c—e', grofse mochten ihm einen weiteren U m f a n g gönnen, die Theoretiker rechneten ihn durch zwei ;doriscli konstruierte) Oktaven von H- - Ii'. Übrigens wissen wir aus Aristoxenos, Harmonik p. 37, dafs m a n sich eine Zeit, lang mit n u r f ü l l ! von diesen t r a n s p o n i e r t e n Skalen begnügte, u n d zwar waren dies die drei H a u p t t o n a r t e n in .1, H und Cis, sodann wenn wir die Textesworte mit Westphal u m s t e l l e n , eine mixolydische in D, und als tiefste Skala eine in rätselhafter Weise als hypodorisch bezeichnete in (Iis. Zu der Zeit des Aristoxenos selbst aber war m a n über diese A r m u t a n T o n a r t e n längst hinaus. Manche freilich wollten auch jetzt n u r die oben zusammengestellten sieben Skalen gelten lassen, indem sie h e r v o r h o b e n , es k ö n n e doch unmöglich m e h r als sieben Oktavg a t t u n g e n geben (Ath. 14, 20), u n d Ptolemäos im Zeitalter der A n t o n i n e f a n d noch i m m e r diese Ansicht sehr berechtigt. I n d e s die Zeit schritt fort, u n d n a c h d e m m a n g e w ö h n t war, eine lydische u n d ionische Oktave auch m i t h e r a b g e s t i m m t e n Saiten (mit 3 oder 4 b) herzustellen, liefs m a n es sich nicht n e h m e n , auch deren U m f a n g bis zu d e n zwei Oktaven des unveränderlichen G r u n d s y s t e m s a u s z u d e h n e n . So ergaben die oben S. 978 von u n s statuierten n e u e n Oktavgattungen a u c h e i n e R e i h e neuer Transpositionsskalen in G-, C- u n d i^-moll mit zwei, drei u n d vier erniedrigten T ö n e n ; m a n f ü g t e sogar ein tieferes Phrygisch, ein .B-moll mit fünf Erniedrigungen hinzu. W ä h r e n d ferner anfänglich j e d e r G r u n d t o n a r t ( d o r i s c h , phrygisch, lydiscli) n u r n a c h der Tiefe zu eine Nebent o n a r t zur Seite g e s t a n d e n (die u m eine Q u a r t e tiefere mit Hypo- b e n a n n t e Tonart), b e k a m e n jetzt wenig-
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stens die tieferen u n t e r den H a u p t t o n a r t e n auch eine u m eine Q u a r t e h ö h e r s t e h e n d e , mit Hyperb e n a n n t e Seitentonart. So k a m e n die dreizehn Totioi des Aristoxenos zu Stande: Hypodorisch Dorisch Hyperdorisch K A — d l ? Tief-Hypophryg. Tief-Phrygiscli Tief H y p e r p h r y g . F 4b B 5 b es 6 b Hypophrvgisch Phrygisch Hyperphryg. Fis 8 jj H 2 £ e Tief-Hypolydisch Tief-Lydisch G 2 b C 3 b Ilypolydisch Lydiscli Gis 5 j} Cis 4 ij Dafs m a n später auch die liier noch fehlenden beiden hyperlydisclien Skalen in / u n d fis einsetzte, sowie dafs m a n f ü r die tiefphrygische Skala u n d ihre Verwandten den N a m e n ionisch, f ü r die tief lydische d e n N a m e n äolisch substituierte, sei n u r im Vorübergehen e r w ä h n t . Nötiger ist eine g e n a u e Angabe des G r u n d e s , weshalb der hier gewählte Ansatz der Transpositionsskalen von d e m bei Bellermann, Westphal u . a . gewählten sich u m e i n e n H a l b t o n unterscheidet. Nach den Tonregistern des Alypios nämlich heifst die einfachste Skala, die ohne jedes Versetzungszeichen gebildete (ohne § u n d b), nicht die dorische, sondern die hypolydische (die wir als Gis m i t 5 f angesetzt;:. Demgemäß) s t e h t das ganze System bei Alypios einen I l a l b t o n h ö h e r als bei uns, u n d die dorische Skala ist bei i h m von der Einfachheit der G r u n d s k a l a so weit e n t f e r n t , d a f s er sie wie ein ,/5-moll mit 5 b notiert. Dieser b e s t i m m t e n Angabe des Alypios folgen die meisten Darsteller des griechischen Musiksystems schon für die f r ü h e r e Zeit u n d setzen demgemäfs keine Transpositionsskala anders an, als sich a u s den Tabellen dieses Schriftstellers ergibt. Das entspricht jedoch keineswegs dem ursprünglichen Verhältnis der griechischen Tonleiter; denn darüber sind alle Forscher einig, d a f s die S t i m m u n g der L y r a anfänglich e a e war u n d dafs diese S t i m m u n g zum u n v e r ä n d e r t e n System erweitert die G r u n d s k a l a in A ergab. W i r h a b e n n u n in unserer Darstellung diesen Ansatz n i c h t n u r anfänglich zu G r u n d e gelegt, sondern ihn auch bisher festgehalten, einmal weil wir glauben, d a f s derselbe der W a h r h e i t n ä h e r k o m m t als jener h ö h e r e Ansatz, d a n n aber a u c h , weil er den Vorzug gröfserer Klarheit u n d Anschaulichkeit vor j e n e m voraus h a t . Die G r u n d o k t a v e des Systems war sicherlich die von T bis E oder von e bis e', das s t e h t zweifellos fest. Ob es in der T h a t der Dithyrambiker Timotheos w a r , der z u e r s t , wie wir oben S. 974 a n n a h m e n , eine / - S a i t e n e b e n j e n e n acht Saiten a u f s p a n n t e , wissen wir n i c h t sicher. I n welchen Stadien f e r n e r die E n t w i c k e l u n g weiter ging, seit w a n n solche Doppelskalen, wie sie der Ausdruck iacm-aiö\ia bei
Musik.
980
Ptoleinilos erraten läfst (ionisch von e— ,e' und äolisch von fis—fis') zuerst auftauchten, wann in ihnen die /'-Keihe vor der e-lteihe die Oberhand lbekam, wann endlich jene Verkehrung der Nomenklatur eintrat, der zufolge das System in B den Nannen des doriseilen und das in .-I. den Namen des hiypolydischen erhielt, das können wir alles nicht feststellen. Wir sehen nur, dafs die Schriftsteller der Kaiiserzeit, Ptolemäos und Gaudentios so gut wie Alypiios, jene Umänderung der Nomenklatur gleichmäfsig voraussetzen; nur Aristides Quintiiianus hat darin eiinen liest des alteren Systems bewahrt, dafs er S. 27 sein Notenregister mit dem tiefen E (nicht wie Alypios miit F) beginnt. Will sich übrigens jemand den Ansa tz der Kaiserzeit auch auf die ältere Zeit Übertragern, so soll ihm das unbenommen sein. Wir haben niichts dagegen, wenn der geneigte Leser statt des S. 9'78 gegebenen Ansatzes sich lieber die Sache so denlkt: 2. Lydisch / y ab c' d' e' f 3. Phrygisch / is-moll mit. 6 jf, jüngeres Lydisch Cid•moll mit 4 jj. So fügt sic.:h alles noch besser in die Theorie des Alypios; abeir zwei Vorteile gehen bei diesem Ansatz verloren. EOimnal stehen jetzt die beiden plirygisclien Tonoi (C mnd H), sowie die beiden lydischen (D und Cis) niesht mehr wie bei uns als verwandt auf verwandte:!- Grundstufe
| (phrygisch H und B, lydisch Cis und C), sodann verträgt sich mit diesen Ansätzen die sinnreiche j Einrichtung der alten Instrumentalnoten nicht mehr, i welche die dorische Grundstimmung e a e mit ganz i einfachen Zeichen, jede Erhöhung aber mit einem um, gelegten Zeichen (Phrygisch mit 2 jf) notierte (>S. 977 Vgl. Fr. Bellermann, Anonymi scriptio de musioa | (Berlin 1841) S. 5 und 35 ff.; ders., Tonleitern und j Musiknoten (Berlin 1847). Ziegler, Untersuchungen ; auf dem Gebiete der Musik (Programm, Lissa 18fii>). Westplial, Metrik I 2 , behandelt S. 321. 338. 384 ff. | die Transpositionsskalen richtig, bringt auch S.271 ff. viel wertvolles Material über die Oktavgattungen, j aber vor seiner Auffassung der letzteren, namentlich vor dem S. 709 ff. statuierten Schlafs auf der Terz 1 mufs ernstlich gewarnt werden. Ebenso verfehlt ist : sein Bericht über die 6vof.iaöia K c r r ä »eaiv und K a x j buvauiv S. 352 ff. Dieselben Irrtümer enthält des\ selben Verfassers neues Buch: Die Musik des griech. ! Altertums, Leipzig 1883. Vgl. dagegen llirschfelders Philol. Wochenschrift 1883 S. 1569. d. N o t e n s c h r i f t . Hauptsächlich durch die Tabellen des Alypios sind uns zwei Systeme griechischer Notenschrift erhalten, von denen angeblich das eine für die Instrumentalbegleitung, das andere für den Gesang gedient haben soll. Da das letztere genau die Buchstaben des euklidischen Alphabets enthält, erstercs aber nur in einigen wenigen Zeichen griechische Buchstaben deutlich erkennen läfst, können wir wohl nicht in Zweifel darüber sein, dafs die sog. Instrumentalnoten die ältere Schreibweise, die Gesangszeichen die jüngere Schreibweise der griechischen 'Musik enthalten. Ein Blick auf die innere Organisation beider Systeme bestätigt diese Annahme. Wir teilen zunächst eine Übersicht sämtlicher griechischen Noten mit, wie sie Kiemaim für sein Musikwörterbuch zusammengestellt: 1
j E s
M e l o d i e
i s t s o l l
g e m e i n t : i n
«
V o l l s c h l u g
s c h l i e f s e n ,
w e n n
; u i . t d e r F
T e r z
d e r
T o n i k a :
G r u i u l t o n .
S i n g t i o l e n I n s t r u m e u t a l n . H e u t i g e
N o t e n
V P "I I 7 F 7 | H m - | * t L T | H i I - | 3 PI E M
I
d
V W | M C M 9 | J b 3 | H > - - n | * V : 3 | h | R U H | 3 w C | T h o . | ) K d> c ; |
j
r
,
Musik. Durch eine genaue Analyse dieser Zeichen kamen F. Bellermann und 0 . Fortlage zu dem gleichlautenden Resultate, dafs in den I n s t r u m e n t a l n o t e n eine Reihe einfacher Zeichen vorliegt, die als die Grundlage des Systems zu betrachten sei. Die höchsten Töne über h' haben keine selbständigen Zeichen, sondern sind aus der tieferen Oktave wiederholt; die Noten von j" — a sind unvollkommen und systemlos ; von e' an abwärts bis G aber zeigen die I n s t r u m e n t a l n o t e n ein festes mit Konsequenz durchgeführtes System. Es sind hier immer drei Zeichen, n u r durch die Lage von einander verschieden, zu einer G r u p p e vereinigt; als das eigentliche Stammzeichen davon aber ergibt sich aus Betrachtung der alypischen Tonleitern das hier am weitesten rechts stehende; eine Vereinigung dieser Grundzeichen bildet nach Fortlage die S c h l ü s s e l S k a l a des Tonsystems. Wenn dieselbe mich unten weit über die Gesangsoktave e—e', einige Schritte sogar über den mutmafslichenUmfang einer grol'sen elfsaitigen Zither hinausreicht, mufs dieselbe wohl von einem Auleten aufgestellt sein, dessen Instrument nicht nur den Proslambanoiiienos A , sondern sogar einen noch tieferen Ton zu spielen erlaubte. (1 A H c
dafs
so
zweiten Zeichen
einer
jeden G r u p p e , die eigentlich f ü r den V i e r t e l t o n bestimmt waren (die v o n B e l l e r m a n n in seiner g r o f s e n
sondern c lauten, sowie dafs in dorischer T o n a r t die
Tabelle
Parypate f
schränkten Zahl v o n Skalen, n ä m l i c h denen o h n e
lauten müsse,
wählte
man
diese T ö n e das allernächste Z e i c h e n , und
e vorhanden
nicht d a m i t ,
war.
Man
nämlich f ü r das
begnügte
w i e es richtig und ursprünglich
auch üblich war, das u m g e k e h r t e Zeichen jis in das H a u p t z e i c h e n /
umzudrehen,
zu d e m Zeichen, das oben in unserer dicht
neben
neben sich
und
einfach
sondern
griff
T a b e l l e S. 980
demselben
gleichen dort v o n
als /' übersetzt,
mit
wohl
soll aber
eigentlich
den
gefärbten
Noten)
nur
in
einer
be-
auftreten. N a c h d e m das euklidische A l p h a b e t
also
Stammes ist. Dieses Zeichen ist allerdings Riemann
e steht
h
grün
Geltung
zur
gelangt war, k a m man auf den G e d a n k e n , die alten schwer zu erlernenden Z e i c h e n lichen
Buchstaben
Gebrauch
der
mit
hohen
dem
zu
ersetzen.
durch
sog. G e s a n g n o t e n . fis,
das
also
die
gewöhn-
So entstand Man
damals
ein
der
begann bevor-
zugter T o n g e w e s e n zu sein scheint, setzte f ü r j e d e Grundstufe drei Buchstaben des g e w ö h n l i c h e n A l p h a -
Musik. b e t s fest, u n d h a t t e somit bis zu der alten Parypate / a u s r e i c h e n d e Bezeichnungen. Vgl. die Singnoten der zweiten Reihe auf unserer Tabelle S. 980. Ein neues S y s t e m e n t h ä l t diese Schrift n i c h t ; sie. schlierst sich vielmehr in allen Einzelheiten der f r ü h e r üblichen Notation a n u n d tritt bei den Theoretikern der Musik wie Bakclieios u. a. häufig m i t jener vereint a u f , so d a f s oben d a s G e s a n g s z e i c h e n , u n t e n d a s I n s t r u m e n t a l z e i c h e n steht. Von / abwärts wurde in d e m j ü n g e r e n System ein zweites Alphabet, aus vers t ü m m e l t e n oder irgendwie alterierten Zeichen bes t e h e n d , in Gebrauch g e n o m m e n , und aus ihm erg ä n z t e m a n m i t der Zeit auch die sechs u n t e r s t e n I n s t r u m e n t a l n o t e n . Auch f ü r die Zwischenpartie • findliche Statue des Nil (Abb. 1244, nach Photographie), Sie wurde gefunden in der Nähe der Kirche S. Maria i sopra Minerva, wo nach weiteren Funden zu urteilen i ein Isistempel stand. Ruhig und majestätisch ist i der riesig, aber weich gebildete bärtige Gott auf der ! unbewegten Wasserfläche dahingestreckt. Mit dem ! linken Arm, der ein Füllhorn t r ä g t , lehnt er gegen
S i e g e s g ö t t i n n e n .
wird, da Atliena auf dem Schiffe sitzt. Ihrem Stile nach sind die Reliefs jünger als die des Frieses. Bewegung, Körper- und Gewandbehandlung entbehren der »stillen Einfalt und edlen Gröfse« der K u n s t des 5. Jahrhunderts. Überall tritt uns ein bewufstes Streben nach bestechender Wirkung und reizender, hie und da fast an das Sinnliche streifender (Sandalenbinderin) A n m u t in Bewegung und Körper, nach reicher Zierlichkeit im Gewände entgegen. Wir müssen deshalb die Reliefs etwa in den Anfang des 4. J a h r h u n d e r t s setzen und a n n e h m e n , dafs unsre Balustrade eine frühere mit dem Tempel gleichzeitige, vielleicht ganz schmucklose ersetzte. [J]
Nil.
1
2
i
:
i
eine Sphinx, während die rechte H a n d ein Bündel j Ähren hält. Sechszehn Kinder, die Personifikationen der Ellen, welche die höchste Steigung des Nil bezeichnen, umspielen ihn. Zu seinen Füfsen spielen einige mit einem Krokodil, bei seinem linken Knie andere mit einem Ichneumon; andere wieder klettern j an seinem rechten Bein und Arm in die Höhe, andere ! am Füllhorn. Oben im Füllhorn sitzt siegesbewufst das letzte sechszehnte Ellchen. An den Kindern ist viel ergänzt, doch dürfte der Restaurator Caspar Sibilla mit seinem anmutigen Humor im allgemeinen das Richtige getroffen haben. Am Ende des FüllI horns quillt unter dem Gewände, nicht etwa aus einer
1028
Nil.
Nil. Urne, wie sonst bei Flulsgöttern, das Wasser hervor. Jedenfalls wollte hierdurch der Künstler die unergründeten Quellen des Flusses bezeichnen. Die hohe Basis zeigt auf der Vorderseite die einfache Darstellung von Wellen, auf den drei anderen aber Reliefs, welche das Leben auf und an dem Nil veranschaulichen: Kampf von Krokodilen und Nilpferden, Pygmaien auf der Krokodilsjagd, am Ufer weidende Kühe. Die Arbeit der Statue ist römisch, die Erfindung gehört aber sicher der hellenistischen Zeit an. [J] Niobe. Die Sage von Niobe, welche infolge ihrer Überhebung über Leto durch die Geschosse des Apollon und der Artemis alle ihre Kinder am selben Tage verlor, wird schon bei Homer (Q 602 ff.) als bekanntes Ereignis erwähnt. Einige später zugesetzte Verse melden auch schon, dafs die unglückliche Mutter zu Stein ward und nun am hohen Berge Sipylos sitze und ewig trauere; ein lokaler Mythus, der seine bildliche Verkörperung in einem rohen in den Felsen gehauenen Kolossalrelief erhielt, welches von späteren Schriftstellern als Augenzeugen erwähnt wird und heutzutage noch vorhanden ist (vgl. Paus. 1 , 2 1 , 5 ; Quint. Smvrn. I , 291 ff.). Genau wie hier angegeben wird, stellen sich die ganz verwitterten Umrisse der sitzenden Frauenfigur von dreifacher Lebensgröl'se in einer rechteckigen Nische an schwer zugänglicher senkrechter Felsenwand nur in gewisser Entfernung (vom Wege aus) als Werk der Kunst dar, wobei das aus dem gespaltenen Schiefergestein herabrieselnde Wasser die Illusion vom ewigen Tliränenvergul's verstärkt, wie ich aus eigener Anschauung bezeugen kann; vgl. Stark, Niobe (Leipzig 1863) S. ;i8 ff. mit Abbildung Taf. I. Seit Ilomer aber sind die griechischen Dichter aller Zeiten voll von dem tragischen Geschick der Mutter, die alle ihre blühenden Kinder verlor, deren Zahl stark variiert, mehrenteils jedoch auf sechs oder sieben jedes Geschlechts angegeben wird. — Von Kunstdarstellungen wird zuerst ein Relief am Throne des Zeus in Olympia erwähnt: Apollon und Artemis töten die Kinder der Niobe. Alles andre aber, was etwa da war, wurde in Schatten gestellt durch die berühmte Marmorgruppe, über deren Urheber man im Altertum schwankte und von welcher im Art. »Skopas« gehandelt wird. Dafs es indessen neben dieser ausgedehnten Gruppe, von welcher uns ein günstiges Geschick den gröl'sten Teil in Nachbildungen bewahrt hat, von dem populären und dankbaren Stoffe noch andre Verkörperungen gab, bezeugen aufser einzelnen Dichterstellen (s. Stark a. a. O. S. 146 ff.) mehrere Denkmäler von allerdings untergeordneter Gattung und Ausführung, welche insbesondere bei Schmückung der Gräber Verwendung fanden. Denn nach der Sentenz eines athenischen Komödiendichters pflegten sich die Eltern eines verstorbenen Kindes mit dem Schicksale der Niobe zu trösten (Athen. VI, 223: T^ilvr|KE T O I TTOÜ?, r| Niößn
Niobe.
1029
K£KoüqpiK€). Auf einem grofsen Krater aus Ruvo (Stark Taf. II) findet man unter einer Reihe zuschauender Götter x\pollon auf dem Viergespann und Artemis mit zwei Hirschen die Niobiden (fünf Söhne und drei Töchter, dazu die Mutter) mit ihren Pfeilen erlegend, wobei mehrere Motive der mediceischen Gruppe entlehnt sind, jedoch die Geschlossenheit und jegliche Symmetrie in der Komposition vermifst wird. Zwei andre Vasenbilder mit abgekürzter Darstellung und ohne Verdienst Mon. Inst. X I , 40; Sächs. Ber. 1875 Taf. III. Ebendaselbst 1877 S. 70 ff. u. 1884 S. 159 ff. über einige andre neue Denkmäler, besonders ein Wandgemälde landschaftlicher Art, wo auf dem Kithairon die sieben Söhne zu Pferde teils flüchtend, teils getroffen von den Pfeilen, teils sterbend dargestellt sind. An zwei gemalten pompejanisclien Dreifüfsen sind sieben Söhne und sieben Töchter in verschiedenen Stellungen von Pfeilen getroffen hinsinkend als Zierrat verteilt (Mus. Borb.VI, 13.14). Neben einigen schönen Reliefbruchstücken haben wir dann mehrere Sarkophage, von welchen wir die Vorderfläche des in der Münchener Glyptothek (N. 205) befindlichen in Abb. 1245 nach Photographie hier wiedergeben. Rechts und links schreiten in furchtbarer Schnelle Apollon und Artemis Pfeile entsendend auf die Palastgemächer zu, welche durch Vorhänge bezeichnet sind. In den Gruppen der Betroffenen macht sich ein schöner Parallelismus ohne Einförmigkeit bemerkbar. Auf der Seite der Artemis die Mutter mit fünf Töchtern, auf der des Apollon der Pädagog mit ebenso viel Söhnen. Die Mutter, zunächst der Artemis, blickt jäh aufspringend empor, als die jüngste Tochter, tödlich getroffen, ihr auf den Schofs gesunken ist. Dieser Gruppe entspricht von der Mitte ab rechts der alte Pädagog (mit Mantel, Schuhen, einem zottigen Felle, dem kennzeichnenden Krummstabe, Koc|UTrij\r|), der sorglich den jüngsten in seine Arme flüchtenden Knaben aufnimmt. Dann neben der Mutter die bejahrte Amme, schwer bekleidet, sichtlich b e m ü h t , die eben niedergesunkene, fast entblöfste Tochter zu stützen. Dem entsprechend rechts die schöne Figur des Jünglings, welcher den kraftlos niedersinkenden Bruder in seinen Armen auffängt. Neben beiden Gruppen dort eine flüchtende Schwester, die im eiligen Laufe das Gewand über ihrem Haupte flattern läfst; hier der Sohn, erschreckt vor Apollons drohender Erscheinung zurückweichend, indem er seine Jagdspeere hoch über dem Kopfe trägt. Die vierte Tochter, fast in die Mitte des Ganzen gerückt, bäumt sich im Krämpfe des Schmerzes hoch auf; sie ist soeben vor Artemis fliehend in den Rücken getroffen. Von dem f ü n f t e n Kinderpaar hat der gewissenhafte Künstler, durch den Raum beschränkt, nur die Köpfe gezeigt; sie liegen schon getötet am Boden hinter den rächenden Gottheiten und sind nur zwischen deren Fül'sen sichtbar. Auf den (hier nicht
65*
10:10
Niohe.
Xüsse grgi-benen) Seiten des Sarkophages sind links die beiden noch f e l d e n d e n Töchter, die eine auf einen Pfeiler gestützt mit. o h n m ä c h t i g zurücksinkendem Haupte, die andre nach dem in der Seite sitzenden Todespfeile g r e i f e n d , der mir hier sichtbar ist. Rechts in ganz gleicher Halt u n g ein Sohn neben seinem sprengenden B o s s e , u n t e r dessen Leibe der Bruder schon im Sterben liegt. — Die Vorderseite vom Deckel des Sarkophages zeigt zum Überflul's noch vor Teppichen fast künstlich übereinandergeschichtet die heichen aller vierzehn K i n d e r , dazu in dem linken Seitengiebel die trauernde Xiobe selbst tief verhüllt dasitzend; im rechten aller einen grofsen apollinischen Lorbeerkranz, die F h r e des Gottes bezeugend, der so schmerzlich verwundet lmt. — Ahnlich ist der Sarkophag bei Miliin, G. M. 141, 510. Zu den sonstigen in Starks W e r k e besprochenen .Kunstdarstellungen sind hinzuzufügen die Hef t e von Thonreliefs einer vollständigen (.¡nippe, welche zur Bekleidung eines Holzsarges in der Krim dienten (abgeb. Oompte-reudu 186:-! p l . 3 . 4 ) , u n t e r denen die besterhaltenen Stücke, wie die der Mutter mit der j ü n g s t e n Tochter, des Pädagogen mit einem Sohne u n d fliehender Tüchter die Einwirkung der Florentiner M a r m o r s t a t u e n , dagegen d u r c h die. Zugabe einer A m m e und des V a t e r s der Niobiden (Amphion) ("ine gewisse Selbständigkeit des Bildners oder seiner Vorlage h e r a u s t r e t e n lassen. Ganz frei ist die Darstellung des Marmorgemäldes Ahl), ll-li) auf S. 870. — Bemerkenswert ist, dafs auch zu einem Vorspiele der Sage, welches wir n u r flüchtig a u s einem Verse der Sappho kennen, wonach nämlich Niobe mit Leto a n f a n g s in einem Verhältnisse vertrauter F r e u n d s c h a f t stand (Ao/rd) Kai Niößa pcUa ,uev cpiXai tjaav tTaipcu A t h e n . 13, 571D), sich eine Illustration in einer zarten Umrifszeichnung auf Marmor aus H e r c u l a n e u m findet, abgeb. Miliin, G. M. 138, 515: Zu der in t r ü b e r S t i m m u n g d a s t e h e n d e n Leto k o m m t Xiobe geschritten u n d ergreift ihre H a n d , welche jene zögernd gibt; vor i h n e n beiden an «1er E r d e hockend spielt Letos Tochter Aglaia m i t Niobes Hilaira Würfel, während ihre Schwester P h o i b e vertraulich der M u t t e r n a h t . L® m ] isiisse s. S p i e l e .
Numa Pompilius. Nuiua P o m p i l i u s , der besonders ehrwürdige u n d heilige R ö m e r k ö n i g , ist dargestellt auf Münzen der Calpurnier u n d der Marcier, welche ihren Stammbaum auf i h n z u r ü c k f ü h r t e n . Ein Denar des Cn. C a l p u r n i u s P i s o , Proquaestor des P o m p e j u s in Spanien 49 v. Chr. zeigt Xilina mit langem, schlichtem B a r t , über d e m Hinterl i a u p t e ein breites Diadem, auf demselben NVMA; d a h i n t e r CN. PISO PROQ. Die Stirnbinde als königliches Abzeichen weist den T y p u s der S t a t u e , welcher auch dieser Münze vermutungsweise zu gründe liegt, der Zeit nach Alexander cl. Gr. zu (Abb. 124(5, aus Cohen med. cons. pl. X Calpumia 25). Drei andre Darstellungen, welche sein H a u p t mit dem des Aliens zusammen zeigen, s. oben S. 81 Abi). 85 b. c. d. [Ilm] Nymphen. Dais diese genau m i t »Fräulein« zu übersetzenden G o t t h e i t e n zu den allerältesten überh a u p t g e h ö r e n , ist so selbstverständlich wie die Priorität der X o m a d e n vor den Ackerbauern. J e d e r Ilain und jede "Wiese, jeder Bach u i u t jeder Berg h a t seine N y m p h e , die von den H i r t e n und Jägern als die Gottheit des Ortes verehrt wird, nicht als eine a b s t r a k t e Personifikation, sondern als getrennt darin l e b e n d , den Ort b e f r u c h t e n d u n d segnend. Vorzugsweise ist das feuchte E l e m e n t der Sitz des weitverbreiteten Geschlechts; denn das lliefsende Wasser ( m i t u n t e r auch grol'se Teiche, daher vú.ucpui É'Xeiai) ist im südlichen L a n d e G r u n d b e d i n g u n g des vegetativen u n d ¡mimatischen Lebens. Bei H o m e r erscheinen d a h e r die Xyinphen sogar einmal bei der G ö t t e r v e r s a m n d u n g (518); und die Odyssee k e n n t u n d schildert i h r idyllisches Wirken m e h r f a c h mit Vorliebe (i 154; v 35ti; p 240); auch sind die Kirke und lvalypso n u r weiter entwickelte X y m p h e n g e s t a l t c n . W e n n man gewöhnlich eine Dreiteilung in Berg-, Quell- und B a u m n y m p h e n m a c h t (Oreaden, X a j a d e n , Dryaden), so sind doch nach Weickers ausdrücklicher Bemerkung (Griech. Götterl. I I I , 53 ff.) die Oreaden auf den Bergen u n d die Dryaden in den Bäumen n u r als besondere Arten hervorgegangen aus den W a s s e r n y m p h e n , den X a j a d e n , welchen aufser diesen noch viele a n d r e differenzierende B e i n a m e n gegeben werden. D e n n allein die G ö t t i n n e n des Wassers geniel'sen u r a l t e u n d regehnäl'sige Verehrung a n unzähligen O r t e n ; sie allein auch erscheinen als charakterisierte W e s e n auf K u n s t w e r k e n , während Berg-gottheiten stets m ä n n l i c h e Personifikationen sind und B a u m n y m p h e n als solche nicht vorkommen. Die gottesdienstliche V e r e h r u n g der N y m p h e n h a t es schwerlich zu eigentlichen T e m p e l n u n d selbständigen Kultusbildern g e b r a c h t ; m a n betete zu i h n e n bei d e n Stätten, a n welche sie g e b u n d e n waren, in
Nymphen.
1031
den bewässerten Wiesengründen, in schattigen H a i n e n , in einsamen B e r g t h ä l e r n , auf felsigen H ö h e n u n d vorzugsweise^ in H ö h l e n und G r o t t e n , welche von Anfang an als ihr L i e b l i n g s a u f e n t h a l t gelten. Hier stellte m a n ihnen die üblichen W e i h b i l d c h e n auf, jene noch jetzt zahlreich e r h a l t e n e n Yotivreliefs, welche u n s ihre Gestalt vergegenwärtigen. Dargestellt aber werden diese W e s e n , entsprechend ihrem C h a r a k t e r , als liebliche j u n g e M ä d c h e n von heiterem Ansehen u n d freundlicher, zutraulicher Art gegen ihre V e r e h r e r , geneigt mit d e m Menschengesehlochtc U m g a n g zu pllegen. In älterer Zeit sind sie, wie alle weiblieben Gottheiten, völlig bekleidet; in der Zeit der höchsten Kunstentwickelung aber werden auch ihnen die Gewänder allmählich abges t r e i f t , bis sie zuletzt fast ganz n a c k t dastehen. Wie unsre Elfen, tanzen sie g e r n , wobei sie natürlich stets in der Mehrzahl, m e i s t zu dreien gesellt, erscheinen. Ein schöner X y m p h e n r e i g e n auf dem meisterhaften Bilde einer a t h e n i s c h e n Lekytlios ist jüngst bekannt, g e m a c h t durch Eurtwängler, Samml. Saburoff Taf. 55. Von mehreren b e d e u t e n d e n K ü n s t l e r n werden Nymphenbildungcn in lielicf e r w ä h n t , n u r von Praxiteles anscheinend ein Hundwerk (s. B r u n n , Künstlergesell. 1, 339); aber nie sind die N y m p h e n allein, sondern fast regelmäl'sig in der Gesellschaft des P a n uder der Satyrn, nicht selten a u c h des H e r m e s (vgl. Homer £435; l l y m n . N I X , 19; Arist. Thesm. 977 ff.). Der letztere als Itegengott ist ihr natürlicher Anf ü h r e r u n d Geleitet* (xopiiyo? Nu.uqpwv Aristid.), der sie in die Eelsengrotte f ü h r t , a u s welcher k ü h l e Gewässer zur E r q u i e k u n g f ü r H i r t u n d H e r d e zu entspringen pflegen; droben aber sitzt P a n , der S o n n e n g o t t , u n d bläst die Svrinx. E i n e Anzahl solcher Yotivreliefs ist besprochen von Michaelis Annal. Inst. 18G3 p. 324, Wir geben davon eins in derbem H a n d w e r k s s t i l e nach A n n a l . 18(53 tav. L 3 (Abb. 1247), welches aus einer Grotte am Parties auf dem W e g e nach der Eeste Phvle in Attika ins athenische Theseion gekommen ist (Länge 0,46 in). Dil! l'undgrotte wird als b e k a n n t e s Xymplienheiligtuni (Nu.ucpatov u\aaiwv) von dem K o m ö d i e n d i c h t e r Menander u. a. e r w ä h n t . Der F ü h r e r der drei langbekleideten Mädchen, welche sich in der griechischen, uns u n g e w o h n t e n Art a n der H a n d w u r z e l gefal'st halten (ct\\r)XuJv eiri Kctpuuj x 6 ' P a ? exouuai H o m e r X 594 u n d H y m n . Apoll. P v t h . 18), k a n n , obwohl alle A t t r i b u t e fehlen (der H e r o l d s t a b h a t keinen K a u m ) , n u r H e r m e s sein, der m i t den X y m p h e n engverbunden war (vgl. Arist. T h e s m . 977; Anthol. Plan. VI, 344. 253; Palat. app. 177). Aufser d e n roh gearbeiteten Ziegenköpfen, welche die u n t e r P a n s Schutze s t e h e n d e Herde r e p r ä s e n t i e r e n , sehen wir u n t e n ein bärtiges H a u p t , auf das H e r m e s seine H a n d legt; es ist das m e h r f a c h wiederkehrende H a u p t
Nymphen.
1032
Haare, denen das Gewand um die H ü f t e n geschlungen ist, so dafs es nur den Unterkörper bedeckt. Dabei halten sie häufig grol'se Muscheln vor den Scliofs, um die Spendung des Wassers zum erfrischenden Bade anzudeuten; ein sehr hübsches Motiv, welches ihnen f r ü h e r den Namen der Danaiden eingetragen hat. Zur Veranschaulichung dieser Figuren, welche sich auch einzeln als dekorative Gartenstatuen finden (z. B. Clarac pl. 754), geben wir ein römisches Votivrelief (Abb. 1248, nach Mus. Pio-Clem. VII, 10), welches, ohne besonderen Kunstwort, beweist, wie der Kultus der griechischen Nymphen (sie hatten sogar in Rom auf dem Marsfelde einen Tempel; s. Preller, Rom. Myth. I I 3 , 127) sich mit dem der italischen Feldgottheiten verflocht. Bei der Erklärung solcher Reste müssen wir aber von der hohen Dichtermythologie Abstand nehmen. Wir sehen die drei Nymphen umgeben links von Diana (s. Art.), der römischen Lichtgottheit des Waldes, welche ebenfalls den Quellen nahesteht, rechts von Silvanus mit Fichtenzweig und Gartenmesser (s. Art.) und dem römischen Segensgotte und Schützer der Fluren I Iercnlesmit Löwenfell und Keule, N welcher hier (und öfters) gleich andern ländlichen Gottheiten (Satyrn, l'anen) mit der Geberde der Fernschau vorgestellt ist (s. oben S. 589). Die Verbindung gerade dieser GottT H A E en Polyphem finden sie sich nur in vereinzelten Versuchen vor dem 8. J a h r h u n d e r t , und die Teile des Gedicht», in welchen Odysseus selber nicht auftritt (also die sog. Telemachie), sind überh a u p t nicht mit Sicherheit auf Bildwerken nachweisbar. Der Held O d y s s e u s selber ist allerdings von der vollendeten Plastik zu einer höchst charakteristischen Figur ausgebildet worden, welche typische Geltung gewonnen hat. Ihr äusseres Kennzeichen ist bekanntlich durch das ganze Altertum der ,Schifferhut (inXiov, pileus), welcher dem unermtideten Seefahrer gilt. Dieser H u t soll ihm zuerst vom Maler Nikomachos gegeben sein, nach andern schon von Apoll odoros (Olymp. 93); siehe B r u n n , Ivtinstlcrgesch. II, 168. 75. Dalier kommt auf älteren Vasenbildern dieses Abzeichen noch nicht vor. Das phvsiognomische Gepräge aber ward bestimmt durch ein etwas mürrisches und zugleich aufgewecktes Aussehen (Philostr. imag. II, 6; dtrö TOÜ axpucpvoO Kai ¿YP1~ yopÖTot;). Diese Züge hat an einer Statuette des Museo Ohiaramonti im Vatican, deren Kopf wir hier
nach Annal. Inst. lSGtf tav. O l geben (Abb. 1249), Brunn vortrefflich entwickelt (a. a. O. S. 421) und zwar im Gegensätze zu dem oft mit ihm verglichenen Hephaistos (s. Art.). Der angegebene Zug sorgenvoll sich mühenden Wesens wird durch die zusammengezogenen und gegen die Mitte zu stark erhöhten Augenbrauen zum sprechlinden Ausdruck gebracht. Daneben gibt der leise geöffnete M u n d , die feine und gegen die Mitte aufgezogene Oberlippe, während die Winkel des Mundes gesenkt sind, das leicht erhöhte K i n n , den Anflug von Trübsinn und stillem Leiden (Tro\ux\a?) wieder, welchen wir bei gewissen Meerwesen finden (s. Art. »Triton«), Aber der Blick des Auges verschwimmt nicht wie dort in Melancholie, sondern ist fest und durchdringend auf einen P u n k t geheftet. Die Lebhaftigkeit des Geistes zeigt sich ferner in dem sehnigen H a l s e , welcher mit rascher Beweglichkeit dem Auge folgt. Im geraden Gegensatze zu dem Schmiedegotte ist in diesem Gesichte nichts Breites, sondern eine feine, dünne Xase trennt die Augen, deren Sehachse stark konvergiert, ein feingebildeter Mund mit scharfgeschnittener Oberlippe fährt über zu der spitzig vortretenden Rundung des Kinnes. Das H a a r , im Schnitte ähnlich wie bei Hephaistos, ist weich und biegsam, nach hinten gestrichen und läfst die Gesichtsformen frei hervortreten; hinter dem Ohre liegt es voller und verstärkt gewissermafsen den Kopf und vor-
iono
Odvsseus und Odysseia.
Neben den vielwagenden Helden stellen wir seine breitert den Nacken. Aber während des Hephaistos' . H u t einfacli konisch aufsteigt, ist er hier in die | duldende Gattin P e n e l o p e , deren klassisches Bild Länge gezogen und zugespitzt, auch mehr nach hinten uns eine vielbesprochene Statue im Vatican aufgerückt, so dafs er den gröl'seren Teil des Haares verbewahrt h a t (Abb. 1250, nach Photographie). Der birgt. Der Bart läfst das Vorderkinn f r e i , er liegt Kopf dieser Statue ist zwar aufgesetzt, aber zugehörig. dünn auf den Wangen, wird aber nach unten dicker Mehrere Ergänzungen, insbesondere die rechte Hand, und verstärkt das Volumen des Kopfes. Der ganze das rechte Bein, der linke Fufs sind richtig getroffen; nur der Fels, auf dem sie sitzt, ist erst durch moderne Bearbeitung entstanden. Ursprünglich safs sie, nach mehreren antiken Wiederholungen zu scbliel'sen, auf einem mit Fufsschemel versehenen Stuhl, unter dem ein Arbeitskörbchen stand. Die Erklärung der Figur mufs ausgehen von einem Terrakottarelief, wo sie ebenso sitzt und zwei Dienerinnen ihr gegenüber im Gespräch stehen (Overbeck, 11er. Gal. 33, 15), namentlich aber auf ein Vasenbild sich stützen, welches Art. »Weberei« abgebildet wird (ausMon. Inst. IX, 42). Dort sitzt sie ganz ebenso an ihrem grofsen Webstuhl, vor ihr aber steht Teleniach, der sie anscheinend durch seine Rede aus der Trauer aufzumuntern versucht, wobei aber an eine bestimmte Scene des (¡edichts vom Maler nicht gedacht ist. Ein Statuentorso im Vatican (Overbeck 33, l'J) und noch drei Reliefs (R. Roehette, Mon. ined. pl. 71, 2; Combo, Terracott. S, 12; Stackelberg, Gräber Taf. 1 rechts) zeugen für die Beliebtheit der Darstellung. Nach diesem ist es kaum ratsam, mit Pervanoglu (Grabsteine der alten Gr. S. 47), dem Overbeck (Gesch. d. Plastik I», 19«) jetzt folgt, die Statue f ü r einen Grabes schmuck als »die idealisierte Verstorbene in trauernder Haltung« zu deuten, obwohl ähnliche Figuren vorkommen und auch diese mifsbräuchlich dazu verwendet sein mag. Dafs ursprünglich die Statue einer Komposition in Relief angehört habe ' (entweder a m Webstuhl oder bei der Fufswaschung der Eurykleia, s. unten), erhellt, wie 124» Odysscus. (Zu Seite 103.V,.) Friederichs bemerkt (Bausteine I, 36), aus der ganzen Stellung, namentlich, Gesichtsausdruck bildet zu Hephaistos einen starken aus der Herumbiegung des Oberkörpers, welche Gegensatz in der energischen Zusammenzielmng und nur f ü r einen Profilanblick berechnet ist. Das Aufinneren Sammlung, durch welche der Träger befähigt stützen der linken H a n d deutet auf Ermattung erscheint, jedes Hindernis mit Geistesgegenwart zu von Sorge und Schmerz, das Überschlagen des einen besiegen. — Ein sehr schön gearbeiteter Kameo der Beines über das andre, gegen die strengen Begriffe Pariser Bibliothek zeigt einen Odysseuskopf mit der weiblichen Schicklichkeit, zeigt ebenfalls ein breitem konischen H u t oder Helm, worauf als Reliefin Betrübnis auf sich selbst zurückgezogenes und darstellung ein Kampf der Lapithen und Kentauren des Aufseren unachtsames Gemüt; an der Verschleie(abgeb. Miliin, Mon. in^d. I, 22). rung erkennen wir die tugendsame, an dem Wollkorbe
O d y s s e u s und die a r b e i t s a m e H a u s f r a u .
Bei der Ü b e r s e t z u n g
w a h r s c h e i n l i c h der a r c h a i s c h e n P e r i o d e R e l i e f s in ein R u n d w e r k
hat
der
des
angehürigen
jüngere
(s. B r u n n , K ü n s t l e r g e s c h . I , 422) m a n c h e s
Künstler Altertüm-
l i c h e , b e s o n d e r s in der G e w a n d u n g und B i l d u n g des
Odysseia. rettenden einem
1037 Schleier
sehr
gereicht
Die Begegnung
Gemälde Polygnots
g e s t e l l t ( P a u s . I , 22, 6).
wurfe
Baum
gegeben.
ist
»Besonders
das G e s i c h t .
Es
zart
hat
Ausdruck
Sehnsucht;
von
Bekümmernis
die L i p p e n
sind w i e
aus-
in
mit
Xausikaa
auf
der
Burg
von
Athen
dar-
D e n n o c h l ä f s t sich aus d e m
e r h a l t e n e n D e n k m ä l e r v o r r a t w o h l nur e i n e M ü n c h e n e r
eine
l ä n g l i c h s c h m a l e F o r m , d i e so p a s s e n d zum
und
man
(Overbeck
u n d i h r e n w a s c h e n d e n M ä d c h e n w a r s c h o n in e i n e m
der g l ä n z e n d e n T e c h n i k seines Z e i t a l t e r s i m drucksvoll
erkennt
3 1 , 1 ) und in e i n e m s p ä t e n M o s a i k i m V a t i c a n ( B r a u n , R u i n e n S. 259). —
l i n k e n A r m e s n e b s t H a n d , b e i b e h a l t e n , z u g l e i c h aber Falten-
hat,
unvollkommenen Vasenbilde
ist
oder
von
Un-
m u t leise a u f g e w o r f e n u n d d i e g e l ö s t herabhängenden
Locken
charakterisieren
eine
betrübte, gegen äufsere Zierde gleichgültige Stimmung.«
(Friederichs
a. a. 0 . ,
dessen
s o n s t i g e E r k l ä r u n g i m o b i g e n m o d i f i z i e r t ist.) A u s d e r V o r g e s c h i c h t e des O d y s s e u s ist der
bedeutendste
ziehung
zum
Moment
seine
Herbci-
trojanischen Kriege,
durch g e h e u c h e l t e n
Wahnsinn
zu
die
er
hindern
s u c h t e , b i s i h n P a l a m e d c s m i t t e l s d e r bemit,
k a n n t e n L i s t e n t l a r v t e , i n d e m er d e m P f e r d u n d Stier P l l i i g e i u l e n
das
T c l e n i a c h o s in den W e g legte.
Knäblein
D i e s e Scene
w a r der V o r w u r f e i n e s Bildes des P a r r h a s i o s , w e l c h e r zuerst i m druck
lies
physiognomischen
Gesichts
Seelenstimmung
als
Aus-
Spiegelung
Hervorragendes
der
leistete
( v g l . B r u n n , K ü n s t l e r g e s c h . IT, 112).
Später
m a l t e auch E u p l i r a n o r ein b e r ü h m t e s B i l d , w o r a u f O d y s s e u s m i t O c h s und P f e r d p f l ü g t e , dabei
»beobachtende
M ä n n e r im
Mantel«
( d i e G e s a n d t e n ) u n d » i h r F ü h r e r das S c h w e r t e i n s t e c k e n d ". ( P l i n . 35,120), a l s o : P a l a m e d e s hatte den T e l e m a c h o s töten wollen,
Odys-
seus schrickt z u s a m m e n u n d g i b t seine V e r s t e l l u n g a u f , w o r a u f j e n e r , da seine G e g e n list d i e e r w ü n s c h t e W i r k u n g g e z e i g t h a t , v o n der D r o h u n g a b l ä f s t ( v g l . B r u n n , K ü n s t l e r gesch. I I , 184). Lucian.
G a n z ä h n l i e h w a r das bei
dorn. 30
beschriebene
Bild.
g e g e n w i r d ein g e s c h n i t t e n e r Stein beck
13, 4 )
richtiger
für
die
Da(Over-
1250 Penelope.
M y t h o l o g i e in A n s p r u c h g e n o m m e n
(s. A n n a l . 1846
V a s e h i e r h e r b e z i e h e n ( O v e r b e c k 31, 3), w e l c h e
den
(als S c h u t z f l e h e n d e n ) Z w e i g e t r a g e n d e n O d y s s e u s , da-
p. 303). Betrachten wir nun die Homerische Odyssee nach der F o l g e d e r B ü c h e r ,
so l ä f s t s i c h ,
w i e s c h o n be-
m e r k t , f ü r die v i e r ersten k e i n K u n s t w e r k n a c h w e i s e n . Odysseus Gemmen,
(Zu Seite 1036.)
etruskische
auf
Ogygia
finden
w i r a u c h nur auf
z. B . O v e r b e e k 31, 7 — 9.
Schiffbruch
auf
dem Flofs,
aus v o l l e n B a c k e n b l a s e n , auf
—
wobei
Er
leidet
zwei
Winde
einer T h o n l a m p e
in
neben A t h e n a und dann
fliehende
und andre m i t der
Zeugwäsche beschäftigte Mädchen
zeigt.
E r s t das K y k l o p e n a b e n t e u e r
f ü h r t uns zu
einer reicheren Kunstentfaltung, und zwar von ältester Z e i t an.
Schon
auf
ganz
rohgearbeiteten
Gefäfsen
ä l t e s t e r E p o c h e findet sich d i e S c e n e d e r B l e n d u n g , und
zwar
i n so n a i v e r M a c h e ,
d a f s das
Abenteuer
M ü n c h e n (s. A n n a l . 1876 p . 347 u. t a v . R l ) , Avas an
als ein h u m o r i s t i s c h e s V o l k s m ä r c h e n erscheint.
ein
auf d e r V a s e
Gemälde
des P a m p h i l o s
3 5 , 8 6 ) erinnert. —
Ulixes
Leukothea,
in r a t e
(Plin.
M o n . I n s t . X , 53, 2 :
der bärtige
So und
w e l c h e i h m d e n ; z o t t i g e R i e s e sitzt da, O d y s s e u s u n d z w e i G e f ä h r t e n
Odysseus und Odysseia.
1038
schieben ihm im Sturmlauie den Balken in das einzige Auge auf der Stirn. Die derbe Zeichnung, der taktmälsige Laufschritt und die Haltung der Helden, von denen Odysseus dem Kyklopen auch noch den Fuis auf die Brust zu setzen im Begriff ist, während jener vergeblich den glühenden Balken mit der H a n d packt und zurückzudrängen sucht, läfst fast die Grundlage eines Satyrspieles vermuten. Noch gröbere Variationen dieser karikierenden Behandlung, wozu der Stoff einlud, finden sich Mon. Inst. I X , 4, wo hinter
dieser Volkskomik linden wir die Scene noch auf einem etruskischen Grabgemälde (Mon. Inst. IX, 15). Anstatt dieser grausig komischen Darstellung wählte die Skulptur meist den Augenblick, wo Odysseus, um den Feind zu b e t h ö r e n , ihm den Becher mit "Wein darreicht, oder den späteren, wo der Unhold trunken im Schlafe liegt. Die D a r r e i c h u n g d e s B e c h e r s ist das Motiv der ausgezeichneten Statuette, deren Kopf oben in Abb. 1249 vorliegt und welche wir hier ganz in Abb. 1251 (nach Annal. 1863 tav. 0 1) wiedergeben. Die Haltung des Kopfes und das Emporheben der H a n d macht die übernatürliche Gröfse des Riesen bemerkbar. (Ahnlich, aber schwächer die Statuette Overbeck 31, 23.) Den Vorgang, aus welchem die Statue als Hauptperson entnommen ist, zeigt am vollständigsten eine etruskische Aschenkiste (Overbeck 31, 17), wo der Riese
1252
i,n 1251
uMMm-
Odysseus bietet dura Cyklupcn Wein.
dem Kyklopen auch ein Milcheimer und eine Käsedarre von Korbgefieclit auf einer Stange schwebend (Tapaoi (iev Tupüjv ßptilov, t 219) zu sehen ist. Ahnliche Bilder bei Panofka Parodien und Karikaturen, Abhandl. Berl. Akad. 1851 Taf. 3, 1; und bei Overbeck, Her. Gal. 31, 4, wo der Kyklop noch zwei Beine eines eben verzehrten Griechen in den H ä n d e n hält, während ihm Odysseus gleichzeitig den Trank vorhält und mit seinen Gefährten den Pfahl ins Auge zu bohren im Begriff steht. Mit Recht m a c h t Robert (Bild u. Lied S. 20) darauf aufmerksam, dafs diese Zusammenziehung verschiedener Momente der Erzählung der archaischen Kunst eigentümlich ist (vgl. Art. »Troilos« zu Anfang). Als s p ä t e m Nachklang
Odysseus t m d der Oyklop.
zugleich einen der Gefährten, den er verspeisen will, am Arme festhaltend zappeln läfst. Diese Andeutung seiner unmenschlichen Grausamkeit findet sich mit. genau demselben Motiv in der Marmorgruppe im Capitol, Overbeck 31, 19 (wo die Syrinx verkehrt er gänzt ist), auf einem Münchener Relief bei Liitzow, Münchener Antiken Taf. 42 (wo der rechte Arm des Kyklopen mit der Keule ebenfalls eine falsche Ergänzung ist) und auf einem (wiederum in seinem oberen Teile falsch ergänzten) Relief im Louvre, wo der den Trank darreichende Odysseus erhalten ist. Der t r u n k e n i m S c h l a f e l i e g e n d e K y k l o p begegnet uns dann (Abb. 1252, nach R. Rochette, Mon. ined. pl. 63, 2) in dem Reliefbruchstück einer Sarkophagplatte. Der Blick des hinter dem Kyklopen hoch aufgerichtet stehenden Odysseus m u f s auf die (hier fehlenden) Genossen gerichtet sein, welche den Pfahl zur Blendung herbeitragen. Der grofse Becher ist dem Riesen aus der H a n d entfallen, während
Odysseus und Odysseia. eben noch zwei Griechen mit einem Schlauche herant r e t e n , um denselben wieder zu füllen. Mit der Spannung des Momentes kontrastiert sehr schön das ruhig daliegende Schaf von der ITerde des Unholdes. Die H a n d l u n g des dritten Gefährten rechts ist wegen der Verstümmelung des Bildes unklar. Zu vergleichen ist die Aschenkiste bei Overbeck 31, 21. Die F l u c h t d e s O d y s s e u s u n t e r d e m W i d d e r ist auf älteren Vasenbildern ziemlich beliebt (Aufzahlung bei Bolte, De monumentis ad Odysseam p e r t i n e n t i b u s , Berol. 1882 p. 9 sqq.). Gewöhnlich findet, sich n u r ein Tier, unter dem Odysseus angeklammert hängt; davor der Kyklop in rein menschlicher Bildung; seltener sind mehrere, nie aber sind, wie bei Homer in der Beschreibung, drei Tiere zusammengekoppelt (eine für die K u n s t allzu unbeholfene Komposition;. Hiernach gebildet ist eine anmutige Mar:norgruppc in Villa Albani (Abb. 1253, nach Winckelmann, Mon. ined. 155), wo der Widder, von kolossaler Gröfse zu denken ist.
1253
Odysseus u n t e r d e m Widder.
Der Schlufsmoment des Mythus, die A b f a h r t des Schiffes, wobei Odysseus den Kyklopen verhöhnt und dieser einen gewaltigen Stein schleudert, stellt aufser einem wunderlichen Wandgemälde (Annal. 1879 tav. H) n u r eine etruskische Aschenkiste (Overbeck 31, 18) vor und zwar so übereinstimmend mit dem Dichter, dafs dieser liier als direkte Quelle gelten darf. Ausdrücklicher Erwähnung bedarf es, dafs die Bildung des Kyklopen fast überall auf Kunstdenkmälern eine ganz menschliche ist. Er h a t zwei Augen (nicht eins); n u r auf der B ü h n e im Satyrspiel des Euripides (V. 174. 458) h a t t e er ein Auge auf der Stirn und ebenso in einigen späteren Kunstdarstellungen, wo ihm aufser den beiden Menschenaugen ein drittes mitten auf der Stirn sitzt. Diese veränderte Vorstellung tritt ganz besonders hervor in einem sicilisehen Hirtenmärchen, welches von der L i e b e P o l y p h e m s zur schönen Nereide G a l a t e i a handelte. Der ungeschlachte einäugige
1039
Kiese singt hier seiner Herde Liebeslieder vor, um seinen K u m m e r über die spröde Schöne zu verscheuchen: wieder eine ergötzlich komische Figur, besonders bekannt aus Theokrit (XI) und Ovid (Met. X I I I , 750). Ein Gemälde, beschrieben von Philostr. II, 18, zeigte den struppigen Kyklopen unter einer Eiche am IJfer singend, Galateia auf der Meeresfiäche schwebend von Delphinen getragen. Verschiedene campanische Wandgemälde (Heibig N. 1042 bis 1053) geben das ungleiche P a a r in idyllisch-eleganter Auffassung wieder; öfters spielt Polypliem auf der Hirtenflöte und Eros blickt ihm über die Schulter oder bringt auf einem Delphin heranreitend ihm ein Brieftäfelchen, damit m a n über seine Empfindung nicht zweifelhaft sein könne. — Das kleine scherzhafte Gemälde des Timanthes, der schlafende Kyklop, bei dem Satyrn mit einem Thyrsus die Gröfse des Daumens zu messen beschäftigt waren (Plin. 35, 74), ist ohne Zweifel durch Euripides Satyrspiel angeregt worden. Das Abenteuer bei den L a i s t r y g o n e n findet sich als Staffage vorgestellt auf drei grofsen landschaftlichen Wandgemälden, welche 1848 auf dem Esquilin in Rom gefunden wurden. Die Bilder haben hohen Wert als Proben der antiken Landschaftsmalerei, insbesondere durch die friesartig ohne sichere Begrenzung der einzelnen Scenen fortlaufende Darstellung der Landschaft. Das erste Bild stellt die Einfahrt der Schiffe des Odysseus, die Landung der Herolde und ihre Begegnung mit der Tochter des Laistrygonenkönigs an der Quelle Artakia vor; auf dem zweiten stürmt Antiphates mit seinen Riesen heran zur Vernichtung der Griechen; das dritte zeigt, wie inmitten des geschlossenen Hafens die Schiffe von den gigantischen Einwohnern mit Felsblöcken und ausgerissenen Baumstämmen in den Grund geschmettert werden. Auf einem vierten sieht m a n links das Schiff des Odysseus glücklich entweichen, während die rechte Bildhälfte schon die A n k u n f t auf Kirkes Insel darstellt. Die Abgrenzung der einzelnen höchst lebendig komponierten Gemälde entspricht weniger den abgeschlossenen Scenen der Dichtererzählung, als der landschaftlichen Umrahmung, deren grofsartige Anlage mit feinem Gefühle f ü r die L u f t - und Linearperspektive durchgeführt ist. Xach VitruvVII, 5 malte man in der Zeit der Alexandriner gern die Irrfahrten des Ulysses mit landschaftlichem Hintergrunde (Ulyssis errationes per topia). Siehe über die anderen Gemälde Art. »Kirke« und »Unterwelt«. Vgl. Wörmann, Die antiken Odysseelandschaften (mit farbigen Kopien), München 1876. Abgebildet die beiden ersten auch Arch. Ztg. 1852 Taf. 45. 46. Die Abenteuer bei K i r k e , bei den S e i r e n e n und bei S k y l l a werden unter den betreffenden Artikeln behandelt.
1040
Odysseus und Odysseia.
Die Beschwörung des T e i r e s i a s am Rande der Erde und beim Eingang in die Unterwelt finden wir in einem meisterhaften Vasengemälde, Abb. 1254, nach Mon. Inst. IV, 19. »Homer erzählt, dafs Odysseus, an die Unterwelt gelangt, nach Angabe der Kirke eine Grube mit dem Schwerte grub, in der er das Totenopfer darbrachte, und zwei Schafe schlachtete, deren Blut er in die Grube laufen liefs. Darauf setzte er sich mit gezogenem Schwerte an die Grube, den Schatten zu wehren, bis Teiresias befragt sei; als
den letzteren hockend (ÖK\d£ovTa ¿in TOI? troaiv) und von Elpenors und Antikleias Schatten umgeben gemalt hatte. Die Erfindung in unserm Bilde ist überaus vortrefflich. Odysseus sitzt auf einem Steinhaufen, sein Erwarten des Sehers am schaurigen Orte ist in seinem Sitzen und in seinen vorgestreckten, ruhenden Beinen ausgedrückt, und doch läfst uns die auf den Felsen gestützte linke Hand erwarten, was wir fordern müssen, dafs nämlich Odysseus sich erheben werde; denn er durfte vor Teiresias nicht sitzen
1254 Odysseus befragt den Teiresias am Rande der Unterwelt.
dieser kommt und gebietet das Schwert wegzuthun, gehorcht Odysseus und steckt das Schwert in die Scheide (\ 98). Dies ist der in dem Gemälde dargestellte Augenblick. Der Schatten des thebanischen Sehers [die Linien sind nach neuerer Untersuchung durchaus antik] steigt aus dem Boden auf, sein geöffneter Mund zeigt, dafs er seine Forderung ausspricht, der Odysseus nachkommt, indem er das vorgestreckte blutige Schwert zurückgezogen hat. Die Köpfe der geschlachteten Schafe liegen an der Grube, die beiden Gefährten Perimedes und Eurylochos, welche im Gemälde des Polygnotos die Opfertiere herbeitragend dargestellt waren, umgeben hier stehend den sitzenden Helden, während Polygnot
bleiben, wie ihn auch Homer zurückweichen läfst, er mufste aufstehen, teils aus Ehrfurcht, teils weil der Lebendige eine solche Nähe des Schattens nicht ertragen könnte, wie sie sich ergeben würde, wenn wir den Schatten dort in ganzer Figur denken, wo sein Haupt sich vom Boden hebt. Die Gefährten aber hat der Maler angebracht, um seine Gruppe zu füllen und zu erweitern, und es ist sehr schicklich, dafs er dieselben als nicht direkt interessierte Nebenpersonen in ruhigerer Haltung dargestellt hat. Der eine sieht, ruhig auf seine Lanze gelehnt, dem Schauspiel zu, der andre hat, wie Odysseus, sein Schwert zurückgezogen und hinterwärts erhoben« (Overbeck). Über das Gemälde des Polygnot s. »Malerei« oben
Odysseus und Odysseia. S. 857 und »Unterwelt«, woraus sich ergibt, dafs es dem Vasenbilde nicht zur Vorlage gedient haben k a n n ; vielleicht dagegen geschah dies mit der Necromantia liomeri (Plin. 35, 132) oder NeKuia (Plut. non posso suav. 1093 P), welche der Maler Nikias (s. oben 8. 8GG) dem Könige Ptolemaios f ü r G0 Talente (27000 Mark) nicht verkaufen wollte; denn dasselbe war (Authol. Pal. I X , 792) in Übereinstimmung mit Homer gearbeitet.
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sclilossenem Auge innerlich schauend ausspricht. Teiresias war im Leben blind, was auch in dem vorigen Vasengemälde angedeutet ist. Odysseus aber, dessen H a u p t die Schiffermütze bedeckt, steht ernst horchend und nachdenklich mit etwas gesenktem H a u p t e da; das linke Bein hat er zu längerer Ruhe der ganzen Gestalt hoch aufgestützt und beide Arme darüber gekreuzt, in der Linken die Scheide, rechts das blofse Schwert vor sich hinhaltend. Dafs dem
Odysseus u n d Tiresias.
Einen vorgerückteren Moment stellt ein im Louvre befindliches flaches Relief dar, das wir in Abb. 1255, nach Photographie von einem Gipsabgufs hier wiederholen. Teiresias ist aus den Klüften heraufgestiegen und h a t sich gesetzt; ihn bedeckt ein langer, auch das Hinterhaupt priesterlich verhüllender Mantel; er weissagt mit ausdrucksvoller Geberde, indem er die rechte, das Scepter haltende H a n d an die sinnende Stirn legt, in welche die Gedanken und Bilder der Z u k u n f t aufzusteigen scheinen, die er mit halbverDcnkmäler d. klass. Altertums.
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Seher hier ziemlich unmotiviert ein Thronsessel gegeben ist (wie zuweilen auch der Hera beim Parisurteil auf dem Idagebirge), spricht f ü r die spätere Entstehung dieses immerhin ernsten und würdigen Bildwerkes. Der Kopf des Odysseus ist zwar ergänzt, aber sicher, denn die Stellung wiederholt sich genau auf einer Glaspaste bei Overbeck 32, 10. Die Verschleierung des Sehers zeigt römischen Ursprung des Reliefs an (vgl. Friederichs, Bausteine N. 776). — Odysseus seine verstorbene Mutter Antikleia wieder6G
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Odysseus und Odysseia.
findend stellte ein Säulenrelief am Tempel der Apollonis in Kyzikos vor (Anthol. Pal I I I , 8). — D a s Wandgemälde vom Esqnilin, Abb. 039 S. 858, welches die Unterwelt als Landschaft mit einer Staffage a n s der Odysse darstellt, wird noch Art. »Unterwelt« besprochen. Von dem in seine Heimat Itbaka zurückgekehrten Odysseus findet sich nur einigemal die Figur des Helden in B e 1 1 l e r g e s t a 11, eine Erfindung der alexandrinisehen Epoche, die uns auf einer Münze und geschnittenen Steinen aufbewahrt ist. Gewöhnlich ist dabei zugleich angedeutet die rührende Scene mit seinem H u n d e Argos, welcher bei Horner alt und verwahrlost auf dem Miste liegt, und wie er den
Herrn erblickt, ihn auch in Bettlergestalt erkennt, dann aber sterbend zusammensinkt. Realistisch gemalt wäre das widerlich und den Alten ganz unerträglich gewesen. Ein Karneol in Berlin (Abb. 1256, a u s Tischbein, Homer nach Antiken H e f t S S. 23, wo aber die viereckige Umrahmung verkehrt ist u n d störend wirkt) gibt die Dichterscene in Malerei übersetzt a m besten wieder. Odysseus als Bettler im kurzen Chiton und mit schlechtem Mantel bekleidet, auf einen rohen Stab sich stützend, aber an seinem H u t e kenntlich, steht gramvoll und sinnend vor dem H u n d e , welcher ihn freudig anbellt und dabei die Pfote entgegenstreckt. Die seltsame turmartige H ü t t e , aus welcher der H u n d hervorkommt, scheint von dem Künstler gewählt zu sein, um der Gestalt des Odysseus ein äufserliches Gegengewicht zu verleihen. Auf
Münzen der römischen gens Mamilia, welche ihren Stammbaum auf Odysseus' Sohn Telegonos zurückf ü h r t e , findet sich ebenfalls der Bettler mit dem H u n d e (Miliin, (5. M. 1(57, G41). Vereinzelt steht Odysseus als Bettler dem Iros begegnend, dazwischen Telemachos, Vasenbild mit vor/.flgliclicrCharakteristik (Jahn, Sachs. Ber. 1854 S. 49 Taf. II). Die E u fs w a s eh u n g d e r E u r y k l e i a , jener alten Dienerin, welche dem Bettler ein Fufsbad bereitet h a t und an einer Narbe am Beine alsdann in ihm ihren Herrn erkennt, findet sich am frühesten dargestellt auf einer Vase aus Chiusi (abgeb. Mim. Inst. I X , 42). Odysseus, am Spitzhut kenntlich, mit dem ilimation um Leib und linker Schulter, steht da, die rechte Achselhöhle durch einen Stab unterstützend, über der linken Schulter an einem Stocke Käuzen und Trinkgefäi's gehängt, mit gelocktem Bart und kräftigen Ansehens, auch sonst nicht einem Bettler ähnlich. Der linke aufgehobene F a f s schwebt über dem "Waschbecken, gehalten von der dahinter knieenden Eurykleia, hier Antiphata genannt, welche staunend und fragend (sie h a t eben die Narbe am Heine entdeckt) den unbekannten Herrn anschaut. Hinter ihr Euniaios (mit Inschrift) bärtig und kahlköpfig mit. einem um die 1 lül'lcn geschlungenen Schurz bekleidet; auch e r s t r e c k t die Kochte erstaunt gegen den Bettler aus. J);is ganze Bild sucht also nicht die Situation des Gedichtes mit peinlicher Genauigkeit zu illustrieren, sondern der Maler hat die Ein /.einheilen nach eigenem Gutdünken gezeichnet ; er nimmt für die Zusätze und Abweichungen seine künstlerische Freiheit in Anspruch und will auch ohne den Dichter verstunden sein (vgl. Luckenbacli S. 512 ff.). Das hier wiederholte Relief (Abb. 1257, nach Oampana opere in plast. 71) gibt ebenfalls den M> Dient wieder, wo die Amme die Narbe am Beine gefühlt und Odysseus erkannt h a t ; es enthält aber zugleich zwei sehr feinsinnige Züge des Künstlers, der mehr will, als die äufsere Darstellung der Poesie reproduzieren. Wir finden wieder gegen Homer den Sauhirten Eumaios und sogar den Hund Argos anwesend. Brunn, Troisclie Mise. I, 79 sagt darüber: »Eurykleia will in höchster Überraschung laut auf schreien, als sie die Narbe erkannt hat. Odysseus, schnell gefafst, drückt ihr den Mund zu und wendet sieh in demselben Augenblicke gegen Eumaios. Durch ein schnelles Wort sucht er dessen Aufmerksamkeit zu fesseln und seinen etwas neugierigen Blick von der gefährlichen Stelle abzuwenden: denn noch ist es nicht Zeit, auch ihn schon in das Geheimnis einzuweihen. So hält hier die Geistesgegenwart des Odysseus alles in der lebendigsten Spannung. Aber dafs hier kein Betrug gespielt wird, dafs wir wirklich den echten Odysseus vor uns haben, dafür gewinnen wir wiederum ein sicheres Zeugnis durch den H u n d ,
Odysseus unrt Odlvsseia
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Odysseus und Odysseia.
der ruhig neben seinem Herrn liegt. E r allein bleibt u n b e r ü h r t von Aufregung; denn das, wodurch diese hervorgerufen wird, ist f ü r ihn kein Geheimnis mehr; f ü r ihn ist Odysseus schon längst n i c h t mehr ein Bettler, sondern sein rechtmäfsiger H e r r und Gebieter.« Die schöne Gruppe findet sich mehr oder minder variiert auf andern Thonplatten w ieder, aufserdem auf Gemmen und der Nebenseite eines Sarkophages (Annal. 1869 täv. D). Vervollständigt wird sie erst durch die Figur der dahintersitzenden trauernden Penelope mit ihren Dienerinnen (s. oben S. 1036). Die B e g e g n u n g d e s O d y s s e u s m i t P e n e l o p e , während jener noch Bettler i s t , wird sehr hübsch und einfach auf zwei pompejanischen Wandgemälden gefunden (Heibig N. 1331.1332, das letztere bei Overbeck 33,16), aufserdem auf zwei etruskischen Aschenurnen (Brunn 90, 1. 2) und auf einer Spiegelkapsel (Mon. Inst. VIII, 47, 1). Den F r e i e r m o r d des Odysseus h a t t e Polygnotos in der Vorhalle des Tempels der A t h e n e Arein, zu Plataiai gemalt (Paus. I X , 4, 1). Da dieser Tempel aus der Beute der Perserkriege errichtet war, so müssen wir in dem Gedanken des Gemäldes eine wundervolle echt griechische Symbolik sehen. Für uns waren bis vor kurzem von dieser gewaltigen Schlufsscene der Odyssee nur etwa ach t etruskische Aschenkisten übriggeblieben, a u f w e i c h e n (zum Teil verstümmelt) in ziemlich realistischer, doch bewegter Darstellung links der bogenschiefsende Odysseus zu stehen pflegt, während nach rechts entlang die Freier entweder noch beim üppigen Mahle gelagert sind, oder, wenn der Kampf schon im Gange ist , aufspringen und sich mit Efstisclichen (wie beim Dichter) als Schilden gegen die Pfeilschüsse und 7 Oedipus vor der im griechischen Alltagskostüm und als eine ganz friedliche Gesellschaft um die klassische Rätselaufgeberin gruppiert sind und in Gesichtsausdruck und Handbewegungen die verschiedenen Grade ihrer Beteiligung an dieser Unterhaltung wiederspiegeln. Daher ist gewifs in noch viel weiterem Umfange als schon Overbeck angenommen hat, die Hinüberführung des mythischen Einzelvorgangs in ein Genrebild des täglichen Lebens hier anzuerkennen und z. B. auch auf dem letzterwähnten Bilde der vor die Sphinx postierte Mann in Reisetracht mit Schwert und zwei Lanzen nur noch eine Reminiscenz an Oidipus, nicht dieser selbst. Als einen anmutigen Scherz glaubt der Unterzeichnete auch ein Vasenbild (Annal. 1867 tav. J) betrachten zu dürfen, wo statt des Mannes eine junge Frau vor der Sphinx steht und mit ausgestrecktem Arme ihre Rede begleitet: sie selbst gibt, den Spiels umkehrend, dem Ungeheuer ein Rätsel auf, und die Sphinx, nachdenklich den Kopf senkend, scheint über die Lösung in Verlegenheit zu sein. Und da schon sogar Aischylos
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seiner thebanischen Trilogie vom Oidipus ein Satyrspiel mit dem Titel Sphinx beigefügt hatte, so darf es uns auch nicht wundern, einmal auf einem höchst possierlichen Bilde (Overbeck 2,3) einen alten zottigen Silen im Theaterkostüm vor der aufgeputzten Sphinx stehen zu sehen, indem er ihr wahrscheinlich mit derber Scherzrede in der erhobenen Hand einen anscheinend schon gerupften Vogel zum Verspeisen darbietet. Eine eigentümlich grausige Darstellung der Sphinx kennen wir nur auf zwei etruskischen Aschenkisten, deren Bildwerke ja als Abzweigungen älterer griechischer Kunstübung zu betrachten sind. Hier (Overbeck 2, 8) erscheint die Sphinx als ein kentaurenartiges Gebilde: auf dem Leibe eines männlichen Löwen erhebt sich ein weiblicher Oberkörper, dem statt der Arme grofse Flügel angewachsen sind. Sie setzt die Vordertatze auf einen Menschenschädel. Vor ihr steht Oidipus, bärtig, lang bekleidet, einen Stab in der Linken, die Rechte zu rednerischer Geberde erhoben. Auf der andern Seite steht eine flügellose sogen, etruskische Furie mit brennender Fackel, die wohl besser Totenführerin zu nennen ist, jedenfalls aber über die Bedeutung der Darstellung keinen Zweifel S p h i n x . (Zu Seite 1050.) läfst. Die Einflüsse etruskischer Anschauung zeigen sich deutlich in einem ganz ähnlich angelegten späten unteritalischen Vasenbilde, wo neben der elegant auf Blumenkelchen schwebenden Sphinx rechts der jugendliche Oidipus steht, ebenfalls in der Haltung eines Redenden, links die Furie, modernisiert im Jagdkostüm (Annal. 1781 tav. M). Das Hauptbild der Vase, die Leichenfeier des Patroklos mit der Schlachtung der gefangenen Troer darstellend (Mon. Inst. VIII, 32. 33), gibt dazu die Bestätigung. — Derselben etruskischen Liebhaberei für Mordscenen ist es zuzuschreiben, dafs auf einem Grabrelief in Pompeji (abgeb. Overbeck Taf. 2,4), welches Oidipus nach Art der Vasenbilder zeigt, am Fufse des Felsensitzes der Sphinx, die übrigens winzig und gar nicht furchtbar gebildet ist, mehrere Leichen liegen. Endlich bietet ein Wandgemälde im Grabe der Nasonen (Overbeck 2,5) eine mit menschlicher Hand gestikulierende Sphinx, indem die geflügelte Jungfrau erst von den Hüften an in den Hinterleib einer Löwin ausgeht;
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Oidipus.
vor ihr legt Oidipus, in die griechische Chlamvs geGeschmack der Menge mehr zusagenden des Euri kleidet, n a c h s i n n e n d den Finger f a s t in den Mund, pides, zeigt auch das einzige u n d dürftige Kunstw ä h r e n d der ganz römisch gerüstete Diener das Pferd ! werk, welches uns von den ferneren Schicksalen des seines H e r r n . a m Zügel h a l t e n d ruhig daneben steht. Oidipus erzählt, eine etruskische Aschenkiste, hier — Gleichsam als landschaftliche Staffage erscheint Abb. 12G8, nach I n g h i r a m i , Mon. etruschi tuv. Tl. Die Grundlage dieses K u n s t w e r k e s ist eine von der ein n a c k t e r Jüngling, der m i t einem als Sphinx geSophokleischen Tradition, nach welcher Oidipus, aufbildeten H ü n d c h e n spielt, auf einem etruskischen geklärt über seine Schuld, sich selbst des Augenlichts Spiegel (Overbeck Taf. 2, 9). — "Über die Gestalt und beraubt, abweichende Erzählung, welche eben Eurisonstige Entwickelung und B e d e u t u n g der Sphinx pides befolgt hat. Kach dieser w u r d e O i d i p u s , s. Art. nachdem er etwa durch Seherspruch als der Mörder Von den übrigen Scenen der Oidipussage sind so gut wie keine bildlichen E r i n n e r u n g e n übrig. Die ; seines Vorgängers in der H e r r s c h a f t e r k a n n t war, v o n d e n ~\Vaf f e n g e f ä h r t e n d e s L a i o s g e T ö t u n g des Laios im Hohlwege k a n n m a n allenfalls
1208 Oedipus wird geblendet.
auf einer etruskischen Aschenkiste wiederfinden (Overbeck S. Gl f.). — Auf die V e r m e h r u n g der Frevel durch die schnöde Abweisung des Sehers Teiresias n a c h Sophokles' Tragödie wird mit grofser Wahrscheinlichkeit ein Vasengemälde gedeutet (Overbeck Taf. 2, 11), auf dem Oidipus als beseepterter König t h r o n t , w ä h r e n d vor ihm Teiresias im theatralischen Priestersclunuck s t e h t , das mit einem Tempelchen bekrönte Scepter haltend n n d von einem mit Lorbeer geschmückten K n a b e n an der H a n d geführt. E i n e h i n t e r dem Könige stehende, unbezeichnete F r a u mit einem Spiegel mufs m a n wohl f ü r J o k a s t e n e h m e n . I m oberen Felde sitzen drei t h e b a n i s c h e G o t t h e i t e n : A])ollon in der Mitte, zu den Seiten Atliena u n d Aphrodite. Dafs die Tragödien des Sophokles weit weniger Einflufs auf Kunstdarstellungen übten, als die dem
b l e n d e t . Schol. Eur. Phoen. 61 : ev bi TOI Oibinobi oi Aaiou Hepcnrovret; ¿TÜcp^ujaciv aüxöv' rmeig be noX.üßou iraTb' epeiaavTe? irebiy eEo(.i^axoOnev Kai iMÖXÄu.uev KÖpa?. Aus dieser Stelle geht zugleich hervor, dafs Oidipus noch nicht einmal als der Sohn des Laios, sondern n u r als dessen Mörder entdeckt war. Hier nach ist die Erklärung des Bildes sehr einfach. »]n der Mitte sehen wir den jugendlichen Oidipus, der auf die Knie geworfen, an beiden ausgebreiteten Armen von zwei bewaffneten Männern festgehalten wird, während ihm ein dritter, der ihn im l l a a r ergriffen h a t , mit einem Dolch oder kurzen Schwer! die Augen aussticht. Links steht Kreon m i t einem Stabe; u n t e r seiner Autorität wird die Strafe vollzogen; h i n t e r diesem scheint seine Gemahlin Eurydike, auf einem Thron m i t Löwenklauen sitzend, vor dem f u r c h t b a r e n und schmachvollen Anblick
Oidipus. e n t s e t z t , in O h n m a c h t zu s i n k e n , weswegen eine Dienerin sie u n t e r s t ü t z t . Andrerseits, rechts von der Mittelgruppe, eilt J o k a s t e m i t ihren beiden K n a b e n u n t e r den G e b e r d e n heftigen Schmerzes herbei, aucli sie von einer Dienerin begleitet« (Overbeck). Über ein h o c h b e r ü h m t e s Erzbild der s t e r b e n d e n J o k a s t e von Silanion (um Alexanders Zeit), e r f a h r e n wir n u r , dafs der K ü n s t l e r dem Erze, wor a u s er das Gesicht der J o k a s t e bildete, Silber beim i s c h t e , um in der d a d u r c h e n t s t e h e n d e n Blässe des Metalls die Bleichheit des Todes wiederzugeben (s. B r u n n , Künstlergeseh. I, 394. 397). E i n e s c h e m a t i s c h z u s a m m e n f a s s e n d e Darstellung von H a u p t m o m e n t e n a u s Oidipus' Leben h a t sich auf dein Deekel eines römischen Sarkophages g e f u n d e n (abgeb. Mon. Inst. YI. V I I , (38 B ) , u n d zwar diesmal in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit der Sopliokleischen Tragödie. Von der Mittelscene aus nach links sieht m a n jedesm a l durch B ä u m e g e t r e n n t : 1. die Auffindung des ausgesetzten K i n d e s durch einen Ziegenhirten; 2. Oidip u s als J ü n g l i n g über seine A b k u n f t n a c h s i n n e n d (vgl. Soph. O. E. 785 ff.); 3. die B e f r a g u n g des delp h i s c h e n Orakels, a n g e d e u t e t d u r c h die Bildsäule Apollons u n d einen Hammenden Altar, auf dem der Erager mit einem Diener F r ü c h t e opfert. Am rechten E n d e setzt sich «lie Erzählung des Bildwerks fort mit i. der T ü t u n g des Laios, welcher als bärtiger langbekleideter Greis von dem ein gezücktes Schwert h a l t e n d e n Jünglinge an den Haaren vom Wagen herabgerissen wird. D a n n sogleich weiter nach innen •r>. Oidipus vor der S p h i n x stehend, u n t e r deren Felsensitz ein Menschenkopf liegt. Die Mittelscene wird d u r c h eine den Palast a n d e u t e n d e Säule in zwei Teile zerlegt: rechts davon befragt 6. Oidipus auf einem Felsen (statt des T h r o n e s ? ) sitzend den alten Diener über das ausgesetzte K i n d ; links 7.. f ü h r t dieser den H i r t e n des Polybos als Zeugen f ü r die W a h r h e i t seiner Aussage mit l e b h a f t e r tieberde zum Palaste (vgl. Soph. 0 . E. 1146 ff.)- Ersichtlich f e h l t die tragische Schlufsscene aus Bücksicht auf den Ort der Darstellung: die H a u p t s e i t e des Sarkophags zeigt d a f ü r den Adonismythus. [Bm] Olympia. Lage und U m g e b u n g . Die westpeloponnesische K ü s t e n l a n d s c h a f t Elis wird in der Eichtling von Osten nach W e s t e n von zwei gröfseren Flüssen d u r c h s c h n i t t e n : dem P e n e i o s (jetzt Fluls von Gastuni), an welchem Elis, die Haupts t a d t der ganzen L a n d s c h a f t , lag, und d e m A l p h e i o s (jetzt Euphia), d e m heiligen Strom von Olympia. (Siehe f ü r das Folgende die K a r t e , Abb. 1269 ums t e h e n d , nach Bötticher, Olympia 2. Aufl. S. 20.) Der Alpheios, dessen Gebiet hier allein in Bet r a c h t kommt, gehört dem K ü s t e n l a n d e n u r mit s e i n e m Unterlaufe an. E r betritt dasselbe, nach A u f n a h m e des Ladon u n d E r y m a n t l i o s zum stattlichen Strom
Olympia.
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von a n n ä h e r n d 50 m Breite g e w a c h s e n , d u r c h eine T h a l e n g e ; r e c h t s b e w a c h t der breite B e r g r ü c k e n des S a u r e s (320 m , H ö h e von Aspraspitia. P a u s . VI, 2 1 , 3 ) den P a f s , l i n k s der weithin sichtbare spitze K e g e l , welcher e i n s t die Stadt P h r i x a trug (305 m, H ö h e von Paläo P h ä n a r o . Paus. VI, 21, 6; Steph. Byz. u. pi£a u n d tt>aiaxö, 4 7 u VI, 22, 4; Steph. Byz. u. XkiMoü?; E. Curtius a. a. 0 . S. 91; J . G. A. ed. Röhl, Add. 119. Die eben bezeichnete Stelle ist die Grenzscbeide des m e h r geschlossenen Olympiathaies u n d des offeneren Küstengebiets. Denn es lockern sich von liier a n die W e s t a b d a c h u n g e n des Pholoegebirges so ergiebig auseinander, dafs zwei weiträumige Niederungen zwischen denselben B e t t u n g linden, zunächst j e n e von Krielkuki, die von m e h r e r e n Bächen, d a r u n t e r dem K y t h e r o s (Paus. V I , 22, 7) oder K y t h e r i o s (Strab. p. 350), wohl d e m Rinnsal von B r u m a , u n d d e m E n i p ^ e u s (Strab. p. 35G), der ansehnlichen heutigen Lestenitza, durchzogen wird, d a n n die K ü s t e n e b e n e selbst. Aus letzterer fällt der Alpheios zwischen zwei grofsen L a g u n e n (südl. L. von Agulenitza, nördl. L. von Muriä) in den k y p a r i s s i s e h e n Golf (jetzt Golf von Arkadia), eine langgedehnte B u c h t des i o n i s c h e n oder sikelischen Meeres. Nach Strabon p. 343 m ü n d e t e der Alpheios zwischen E p i t a l i o n u n d P h e i a , u n d an der M ü n d u n g selbst lag i n n e r h a l b eines Haines ein Tempel der A r t e m i s A l p h e i o n i a oder A l p h e i u s a , 80 Stadien von Olympia entfernt. E p i t a l i o n , ein strategisch wichtiger P u m k t , der an der K ü s t e n s t r a f s e von Sainikon nach Elis den Alpheiosübergang b e h e r r s c h t e , m u f s auf der Nordwestspitze des triphylischen Hügellandes, also oberhalb Agulenitza, gesucht w e r d e n ; es n a h m die Stelle einer älteren Stadt T h r y o n oder T h r y o e s s a (Binsicht) ein (Xenoph. Hell. III, 2,29; Polyb. IV, 80; Strab. p. 349: Steph. Byz. u. 'Etu-toXiov; E. Curtius a. a. O. S. 76. 88; - - II. II, 592 u. X I , 711. 712; Steph.
Byz. u. Opuov). P h e i a dagegen lag auf dem westlichsten, das Meer b e r ü h r e n d e n Ausläufer der Pholoe, dem H ö h e n z u g e von Skaphidi, d e r s ü d w ä r t s als schmale Felszunge in das Meer vorspringt u n d so eine gegen Norden wohl geschützte B u c h t einschliefst. Diese Felszunge biefs im A l t e r t u m n a c h ihrer eigentümlichen G r u n d g e s t a l t 'lx!)uc, Fisch Wo sie vom Fest lande sich loslöst, ragt h e u t e die R u i n e des mittelalterlichen Kastells Pontikökastro. Dasselbe wird genau die Stelle der alten P h e i a o d c r l ' h e a einnehmen, da auch sie ein fester Platz war. I h r l l a f e n , in welchem zu Schiffe k o m m e n d e Olympiapilger anlegten (120 Stadien von Olympia), ist nach S t r a b o n in der B u c h t westlich von dem Kastell zu e r k e n n e n , wo eine kleine Insel vorliegt (p. 343: rrpÖKeirai be kui rauTiic viqaiov Kai \i|ar|v). J e d e n f a l l s aber h a t a u c h die weit geschütztere heutige R h e d e von Katäkolo schon im A l t e r t u m als Landeplatz g e d i e n t ' ) . Die R e s t e des A r t e m i s i o n s (vgl. Polyb. IV, 79) deckt, w e n n solche ü b e r h a u p t noch existieren, der inzwischen bedeutend vorgerückte Alluvialboden, a u s d e m die K ü s t e n e b e n e besteht. Strabon gibt die E n t f e r n u n g des Heiligtums, in welchem die Wandgemälde zweier korinthischer Meister besonders hervorgehoben werden (Strab. 1. c.; Athen. V I I I , 34GC; Brunn, Künstlergescli. I I , 7), mit 80 Stadien au. Darnach wäre die alte Alpheiosm ü n d u n g , vorausgesetzt dafs der Ausdruck Trpo