208 24 122MB
German Pages 415 [416] Year 1992
STUDIEN ZUR DEUTSCHEN LITERATUR
Band 117
Herausgegeben von Wilfried Barner, Richard Brinkmann und Conrad Wiedemann
Ruedi Graf
Das Theater im Literaturstaat Literarisches Theater auf dem Weg zur Bildungsmacht
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1992
Publiziert mit Unterstützung des schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
Darwin Vargas-Wallis zum Gedenken Veronica Vargas zum Dank
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Graf, Ruedi: Das Theater im Literaturstaat: literarisches Theater auf dem Weg zur Bildungsmacht / Ruedi Graf. - Tübingen : Niemeyer, 1992 (Studien zur deutschen Literatur ; Bd. 117) NE:GT ISBN 3-484-18117-6
ISSN 0081 -7236
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1992 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Lichtsatz Walter, Tübingen Druck: Guide Druck, Tübingen Einband: Heinrich Koch, Tübingen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
IX
1 Das Theater im Feld kultureller Praxen 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Literarisches Theater und nicht literarisches Theater Politische, soziale und kulturelle Verhältnisse im Deutschland des 17. und frühen 18. Jahrhunderts Die ersten Ansätze zu einer Literaturgesellschafi Vom Theater als Jahrmarktvergnügen zum Theater als Medium der literarischen Öffentlichkeit Die Positionierung der öffentlichen Schaubühne
2 Der »philosophische Diskurs« als literarische Ordnungsmacht Zur Moralisierung der Literatur Zur Vorgeschichte der literarischen Öffentlichkeit in religiös dominierten Gesellschaften 2.1.1 Die Verteidigung der litterae 2.1.2 Fiktionskritik und ihre Überwindung in moralphilosophischer Perspektive 2.1.3 Kirche und Religion, Theater und Literatur als »Staatsapparate« 2.2 Die Einordnung der Dichtung in die praktische Philosophie. 2.2.1 Die Lehre als ein Exempel 2.2.2 Der Vorteil der sinnlichen Exempel 2.2.3 Das fiktive Exempel als materialisierte Vorstellung 2.2.4 Möglichkeit als Auslegungskategorie der Philosophie 2.3 Die Wolffsche Philosophie als logozentrische Strategie der kulturellen Vereinigung 2.3.1 Philosophischer Diskurs und religiöser Diskurs 2.3.2 Wolffs Philosophie als Bildungsmacht einer neuen Staatselite 2.3.3 Wolffs Philosophie als rationalistische Universalisierung und Absorption der Partikularismen 2.4 Philosophie als Bestimmungsgrund der Dichtung
i i 3 7 8 15
18
2.1
18 18 25 32 33 33 33 36 43 45 45 59 62 66
V
2.4.1 2.4.2
Die Möglichkeit als Raum der literarischen Fiktion Rhetorische Zweckdichtung oder Dichtung als Mittel der Verwirklichung universaler Zwecke 2.4.3 Die Erfindung der Fabel: Zuordnung des Besonderen zum Allgemeinen der Moral . . . 2.4.4 Fabel und Naturnachahmung 2.5 Der Dichter als Kritiker und Philosoph: Zur wolffianischen Schaffenspsychologie 2.5.1 Das poetische Naturell 2.5.2 Gelehrsamkeit und Kunst 2.6 Wahrscheinlichkeit als Legitimation einer vernünftigen Fiktion 2.6.1 Der universalistische Wahrscheinlichkeitsbegriff: Wahrscheinlichkeit als Möglichkeit 2.6.2 Rhetorische Wahrscheinlichkeit 2.6.3 Die dramaturgische Wahrscheinlichkeit 3 Das Theater als Ort der Bildungsgesellschaft 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.4.1 3.4.2
Anschauende Vernunfterkenntnis Die Bearbeitung der Wirkung: Die Schaubühne als künstliches Hilfsmittel begrifflicher Erkenntnis Die Guckkastenbühne als gerahmtes Bild Die Einrichtung des Schauplatzes Der Aufstieg des Schauspielers in die bürgerliche Gesellschaft und die Umwandlung der Schauspielkunst Die Modellierung des Körpers Die Modellierung der Sprache Die Proben als literarische Disziplinierungspraxen Die Disziplinierung der Sprache Das Zusammenspiel
4 Der Dramatiker am Schreibtisch oder Diskurs über die gute Regierung 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 VI
Wahrscheinlichkeit und Dramenform Geschichte und Bedeutung der Ständeklausel: Zur Genese und Funktion der hohen Handlung Ständeklausel und Gesellschaftsauffassung: Der Vater des Volkes und die Familienväter Cato zum Beispiel Barocker Stoff in aufklärerischer Kleidung
68 76 78 87 93 94
109 109 113 117 119 119 124 125 125 130 135 142 145 145 147
156 156 161 166 176 177
4-2.2 4.2.2.1 4.2.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4
Die Aneignung des Stoffes 179 Die Tragödie als stoische Gattung 182 Die dramatische Umsetzung des Stoffes 183 Aporien am Stoff: Absichten und ihre Verwirklichung 184 Handlung und Fabel 190 Die Katharsis zwischen Reinigung und Lehre 199 Das Trauerspiel und die Verwirklichung der Vernunft 205 Canut: Gott auf Erden gegen den interessanten Bösewicht . . 215 Schlegel und der Gottschedianismus 215 Hermann und Canut: Schauspiele der guten Herrschaft . . . . 222 Canut als analytisches Drama: ein aufklärerischer Ödipus? . . 226 Die dramatische Synthese: Die Konfrontation mit der Erbschaft des Bösen 230 4.3.5 Die auf die Erde hinuntergestiegene Providenz und ihre Apodien: Suche nach dem Sinn und Suche nach der Form 233 4.3.6 Ulfo als Skandalen und Denkanstoß 247 4.3.6.1 Ulfo und die aufklärerische Kritik 250 4.3.6.2 Die Begeisterung für das Außerordentliche: Ulfo als Totengräber des Gottschedianismus 253 4.4 Henzi: Der scheiternde Held und das gescheiterte Trauerspiel 256 4.4.1 Konfliktanlage 256 4.4.2 Historische Situierung des Falls 258 4.4.3 Die Aufnahme des Falls bei Lessing und seinen Zeitgenossen 259 4.4.4 Das Henzi-Fragment zwischen Allegorie und dramatischer Individualisierung 263 4.4.5 Mutmaßungen über das Ende: Aporien des vollkommenen Helden 270 5 Intellektuelle - Publikum - Volk Von der Verstandesbildung zur ästhetischen Erziehung 5.1 5.2 5.3 5.4
5.5
Das äußere Dispositiv für den neuen Zuschauer Der neue Zuschauer als Staatsbürger Das Theater als Bildungsanstalt Die Struktur der literarischen Öffentlichkeit: Zum Verhältnis von Kenner und Liebhaber, Kritik und Geschmack Triumph und Scheitern der Gottschedschen Theaterreform . .
278 279 284 288
292 296
VII
6 Der Kampf um das neue Theater in der Zeit nach Gottsched 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Ein Leipziger Vorspiel Das Hamburger Nationaltheater ein Staatstheater ohne Staat Die Reaktionen auf das Scheitern der Hamburger Enterprise Der Traum des neuen Staatstheaters und die Sehnsucht nach der verlorenen Theatralik Der Triumph des realbürgerlichen Hoftheaters
304 304 307 313 319 327
7 Verzeichnis der Abkürzungen
336
8 Literaturverzeichnis
339
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
Wörterbücher und andere Nachschlagewerke Bibliographien Philosophie, literaturtheoretische und literarische Werke des 18. Jahrhunderts Zeitschriften und Periodika Sekundärliteratur
9 Register 9.1 9.2
VIII
Begriffsregister Namenregister
339 340 340 350 351 375 375 397
Vorwort
Habent libelli fata sua. - Und sie reden von den Zeiten, den Orten und ihren Irrtümern. Ursprünglich geplant war eine Arbeit über das bürgerliche Trauerspiel. Die Konzeption stand ganz im Banne einer Auffassung, wonach sich in der Literatur, oder bestimmter ihrer Phänomene, direkt geschichtlicher Umschwung, der Aufstieg einer Klasse, der Untergang einer ändern, ausprägte. Die literarische Entwicklung spiegelte die gesellschaftliche und politische, und die Interpretation der politischen Entwicklung gab die Leidinie für die Interpretation der literarischen. Das führte zwangsläufig zu einer Abplattung des Literarischen auf das Politische oder Gesellschaftliche, d. h. zum Herauspicken bestimmter als fortschrittlich erkannter Bewußtseinsformen aus der vorhandenen Literatur. Ich will nicht sagen, daß man damit nicht zu Resultaten kommt, - sicher unterhält Literatur eine Beziehung zum gesellschaftlichen Bewußtseinswandel - aber die Resultate wären entweder begrenzt, (indem sie Hinweise auf die und die Veränderung der Bewußtseinsformen geben), oder in ihrer Bedeutung maßlos überzogen, (weil sie die Erschöpfung einer gesellschaftlichen Bewegung in einer literarischen Ausdrucksform behaupten müßten). Je mehr ich am Material arbeitete, desto klarer wurde mir, daß das bürgerliche Trauerspiel keineswegs »der markante Wendepunkt im Entstehungsprozeß der deutschen Nationalliteratur«1 ist; es ist bloß eine der Erscheinungen im Rahmen einer viel umfassenderen Veränderung der kulturellen Beziehungen und der literarischen Produktion. Diesen Wendepunkt, den zu leugnen ich allerdings keine Veranlassung sehe, auf eine bestimmte literarische Form zu reduzieren, resp. diese Form zum Ausdruck eines neuen (Klassen)bewußtseins zu erheben, bringt eine Reduktion auf zwei Ebenen mit sich: i. Indem man die aus einem bewußten Klassengegensatz entstandenen Formen ihrerseits zum Maß des fortschrittlichen Bewußtseins macht, schließt man andere Formen, in denen sich dieses Bewußtsein auch äußert, aus. Die Folge ist eine Reduktion der literarisch relevanten Stoffbearbeitungen auf die bürgerlich-private Thematik, die einer feudal-repräsentativen entgegensteht. Wo man innerhalb dieses Stoffbereichs selbst zwischen einer selbstgenügsamen, quietistischen und einer pädagogisch-repressiven Abschreckungsdramatik 1
So Weber 1976, 9. IX
einerseits, und einer fortschrittlichen, den Klassengegensatz andeutenden Dramatik andrerseits unterscheidet, ist man zu einer weiteren Reduktion gezwungen: die relevanten literarischen Stoffbearbeitungen reduzieren sich auf eine Handvoll Stücke, Lessings Emilia, Schillers Kabale und Liebe, zwei Stücke von Lenz und je eines von Sturz und Wagner. Reduziert wird jedoch nicht nur der literarische Prozeß, reduziert werden auch die Autoren: Von Lessing interessiert nur noch seine Entwicklung von Miß Sara Sampson zu Emilia Galotti, vom Briefwechsel zur Hamburgischen Dramaturgie, nicht jedoch diese Entwicklung in einem größeren Zusammenhang. Herders und Goethes Interesse für das Volkstheater, das pikanterweise zusammenfällt mit der gleichzeitig sich abspielenden aktiven Unterdrückung von Resten des Volksdieaters, kommt schon gar nicht mehr in den Blick. Das hängt zusammen mit einer zweiten Reduktion. 2. Indem man die Entwicklung des Theaters nur vom Standpunkt der Entwicklung der Literatur beurteilt, schließt man jede theatrale Form, die sich außerhalb der dominierenden literarischen Tradition(en) entwickelt, aus. Man übersieht dabei, daß die Literarisierung, in deren Traditionen man sich bewegt, selbst diesen Ausschließungsprozeß betreibt und befördert; in erstaunlicher Kontinuität vollzieht ihn die Literaturgeschichtsschreibung nach.1 Die Annahme eines Aufschwungs des Theaters (unter dem Begriff des Nationaltheaters) und der Literatur (unter dem Begriff der Nationalliteratur) ist ein Effekt der Durchsetzung einer literarischen Kultur, die im wesentlichen aus der Gelehrtenkultur der frühen Neuzeit hervorgeht; ebenso die Annahme des Literarischen als eines einheitlichen Raums. In diesem Denkrahmen bewegen wir uns bewußt oder unbewußt noch heute; er ist die Voraussetzung dessen, daß man Literatur als Ganzes zum Ausdruck, Widerspiegelung oder Entsprechung eines ändern Ganzen (Gesellschaft, Politik, Geist usw.) machen kann. Ihm entstammt auch eine Fragestellung, die das bürgerliche Trauerspiel als Ausdruck einer Klassenemanzipation untersucht. Diese Fragestellung, die mir je länger wie unhaltbarer erschien, war nur aufzuheben, indem man auf eine viel grundsätzlichere Frage zurückging, auf die Frage: Wie entsteht überhaupt das, was wir wie selbstverständlich als Literatur oder das Literarische bezeichnen, welche Konnotationen nimmt es in der untersuchten Epoche, dem 18. Jahrhundert, an, wie steht es zu ändern kulturellen Praxen, bspw. zum Religiösen, welche Funktionen übernimmt es, in welche
2
Auf die Kontinuität dieser Urteile habe ich hingewiesen in Graf 1986, 61; neuerdings auch R. Meyer, der das Theater der Aufklärung als eine Bewegung begreift, die die Geschichte, die Geographie, die Formen und das Personal des Theaters vereinheidicht, indem es alles Ungerade, Mißgestaltete und Abweichende auszurotten versucht. Statt einer Geschichte der Sieger will Meyer eine Geschichte der Besiegten schreiben (vgl. v. a. 1987, 199); hier sollen die Sieger auf ihrem Weg zum Sieg beobachtet werden.
Diskurse3 mischt es sich ein, welche Beziehungen stellt es her und was stößt es von sich ab. Im Rahmen dieser Fragestellung drängte sich ein Zurückgehen auf Gottsched auf. Gottscheds Reformversuch hat seinerseits literarische Reformversuche aus der frühen Neuzeit aufgenommen und sie den Bedingungen Nord- und Mitteldeutschlands in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts anzupassen versucht. Sein großer Mentor war, bei aller Orientierung an den entwickelteren ausländischen Literaturformen, der Philosoph Christian Wolff. Wolff ist das Zentrum der intellektuellen und moralischen Reform in der ersten Hälfte des Jahrhunderts; er stellt das begriffliche Instrumentarium bereit, mit dem das in Bewegung geratene Wissen neu geordnet, die Diskurse neu formiert werden können, er liefert die Begründung, die einer laizistischen Literatur (und damit auch dem Theater) neben dem religiösen Diskurs einen Platz und eine Funktion einräumt. Für Literatur und Theater hat sich Wolff selbst kaum interessiert, aber Gottsched, der sich selbst als sein Schüler deklariert4 und von den Zeitgenossen als Wolffianer der Literatur begriffen wird,5 stützt sich ganz auf die von Wolff vorgenommenen Weichenstellungen, um den umkämpften litterae einen Platz in der Gesellschaft und auf dem Theater zu sichern und damit dem verfemten Theater einen Platz als Bildungsanstalt in der Gesellschaft zu verschaffen. Das Angebot war für die bürgerliche Intelligenz attraktiv, seine Anziehungskraft wirkte weit über die Gottschedschule hinaus. So beeinflußten die grundlegenden Gedanken Wolffs nicht nur Ästhetik, Poetik und Literatur, sondern auch die Theater- und Schauspielreform. Wenn sich die Theaterbewegung im konkreten politisch-gesellschaftlichen Umfeld auch später in Vielem anders entwickelt hat, als dies in der abstrakt-idealisierten Form des moralischen Staates Wolffscher Prägung vorgedacht war, so überlebt doch Zentrales der wolffianisch inspirierten Theater- und Gesellschaftsreform; das Geschäft, das nach den Worten Dürrenmatts Schiller vorschlägt, »der Staat soll das Theater unterhalten und das Theater den Staat erhalten helfen, für Geld Moral...«6, ist, in obrigkeitsstaatlicher Einkleidung, bereits in Wolffs Politik angelegt. 3
Der Begriff Diskurs, der heute ein Allerweltsmodewort ist, wird hier verstanden als eine spezialisierte Redeweise, die an einen bestimmten Code mit Regeln gebunden ist, bestimmte Kompetenzen verlangt und einen Benutzerstatus und ein Wirkungsfeld definiert. So ist bspw. der religiöse Diskurs an die Rede von Gott und der Beziehung Gott-Mensch gebunden, der literarische an den Begriff der Fiktion oder dessen Äquivalente. Aber weder Gott noch die Fiktion sind in ihrer Bedeutung ein nur allemal festgelegt, der Diskurs mit seinen Regeln umreißt daher kein festes Gebilde, sondern ein umkämpftes, sich änderndes Feld. Seine jeweilige Definition ist ein Stück dieser Arbeit. 4 Vgl. J. Chr. Gottsched, WW I, Vorrede, unpag. 5 Vgl. Ludovici 1737, II, 363, der Gottscheds Critische Dichtkunst als beste Poetik der Wölfischen Schule rühmt. 6 Schillerpreis-Rede, FAZ, 15.11. 1986. XI
Diese untergründigen Zusammenhänge führten dazu, scheinbar Unzusammenhängendes zusammenzusehen: den Ärger über das Lachen Harlekins und die Moralphilosophie, diese mit der Theologie, Theologie mit Literatur, Schriftsteller mit Schauspielern und alle zusammen als ebenso viele Tätige und Tätigkeitsfelder einer Bildungsreform in Bewegung. Die Zusammenschau ergab interessante Einblicke ins 18. Jahrhundert und ermöglichte überraschende Durchblicke; sie hatte den Nachteil, daß sie den Verfasser einerseits mit unterschiedlichen Diskurslogiken konfrontierte (Religion, Philosophie, Ästhetik, Literatur, Theater), in denen er sich nur unzureichend sachkundig machen konnte, anderseits eine Materialfülle bescherte, die mit den hier vorgelegten Ergebnissen nicht annähernd ausgeschöpft ist. So wie Wolff der umstrittene Mittelpunkt der ersten Hälfte des Jahrhunderts ist, so ist er der bestrittene Angriffspunkt der zweiten Hälfte. Die Aporien an seinem Bildungsbegriff schlagen gerade auf die Literatur durch und provozieren einen eigentlichen Aufstand des Literarischen gegen die Bevormundung durch die Philosophie. Die gescheiterte Vereinheidichung und die mißglückte Verbindung von Gelehrten und Ungelehrten durch die Literatur läßt einen Raum offen, in dem sich die Vorstöße vervielfältigen, mit Wolff, gegen Wolff und jenseits von Wolff. War in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die literarische Entwicklung noch einigermaßen nachvollziehbar, weil sie mehr oder weniger aus dem Zentrum einer einzigen Philosophie herleitbar war, so wird sie in der zweiten Hälfte zunehmend vielfältiger und unüberblickbarer, weil dieser Bezugspunkt mehr und mehr zur bloß negativen Größe wird, sich selbst aufspaltet oder ganz wegfällt. Ursprüngliche Absicht war, auch diesen Prozeß gegen Wolff theoretisch nachzuvollziehen und dessen Auswirkungen auf Literatur und Theater nachzuzeichnen. Wie der erste Teil relativ ausführlich Begründung, Kampf und Kompromiss für ein Bildungskonzept entwickelt, aus dem ein Literaturkonzept entsteht, den Wirkungen am Schreibtisch des Dramatikers und auf den Theatern nachgeht, und die Kritik der Kenner verfolgt, so hätte der Teil der antiwolffianischen Wende die Entstehung der neuen Literaturkonzepte mit den Veränderungen im intellektuellen Feld verknüpfen müssen und, wie im vorliegenden Falle, deren Einfluß auf die literarische Produktion darlegen müssen, wie umgekehrt den Einfluß dieser auf jene. Nun ist diese Wende nur angedeutet in den Aporien der Theorie und jenen der dramatischen Praxis, der Provokation, die von dramatischen Figuren ausgeht, die sich in die moralische Weltordnung schlechterdings nicht mehr einordnen lassen, und schließlich in der Reaktion auf eine gesellschaftliche und Theaterrealität, die sich den Anordnungen der Theoretiker nicht fugte. Ein Kapitel, das die kritische Wende gegen das moralische Literaturkonzept als Kritik der intellektuellen Kenner an das Kapitel über das Publikum anschloß, wurde ausgegliedert, da seine innere Einheit nur durch den negativen Bezugspunkt gegeben war. Praktisch fruchtbar wäre es nur geworden, wenn man auch die positiven XII
Auswirkungen dieser Kritik, mit all ihren theoretischen und praktischen Problemen, hätte aufzeigen können. Die thematische Beschränkung auf die theoretischen und praktischen Auswirkungen des Wolffianismus in der Literatur bringt es mit sich, daß paradoxerweise gerade jenes Textkorpus ausgeschlossen bleibt, das ursprünglich am Ausgangspunkt des ganzen Dissertationsprojektes gestanden hat. Dessen Gehalte aber sind in der Fluchtlinie des moralischen Literaturkon/epts durchaus eingeschlossen. Hinweise auf die bürgerlich-sentimentale Dramatik der zweiten Hälfte des Jahrhunderts finden sich daher sowohl im Kapitel über den Umbau des Theater wie in der Analyse der Trauerspiele. Das Schlußkapitel schließlich, das die ätzende Kritik der Wirklichkeit an den hochfliegenden Träumen der Reformer zeigt, aber auch die Formen, in denen bestimmte Postulate der Reformer Wirklichkeit wurden, faßt noch einmal einige der zentralen Themen zusammen, läßt die dramatis penonae dieses Schauspiels Revue passieren und zeigt ihre Ideen im Zusammenstoß mit der Realität. Es fuhrt die Auswirkungen einer Reform vor, die nur zu einem kleinen Teil, und vielleicht gerade in ihrem schlechtesten Teil, sich verwirklicht hat, sie zeigt aber auch die daraus (und aus anderm) entstehende neue Konstellation, die noch darauf wartet, analysiert zu werden. Allschwil, im November 1990
XIII
Das Theater im Feld kultureller Praxen
i.i
Literarisches Theater und nicht literarisches Theater
1780 äußert sich Friedrich II. in französischer Sprache zur deutschen Literatur: De L· litterature allemande. In der Gegenwart sieht er wenig Ermutigendes, den Geschmack verkommen, die öffentlichen Schauspiele - die »spectacles publiques« - den Vergnügungen des Pöbels - der »basses classes« - preisgegeben. Wie 50 Jahre vor ihm Gottsched, so erhofft sich Friedrich einen Aufschwung des Theaters von den klassizistisch gedeuteten Regeln. Von ihnen erwartet er eine Durchregelung des Theaters, einen Umbau der Theaterverhältnisse und die Bildung einer neuen Geschmacksgemeinschaft. Wie so viele seiner Zeitgenossen glaubt auch er, am Vorabend einer großen literarischen Kultur zu stehen. Doch das geheiligte Land, das dieser Moses in spe erwartet, ist für andere bereits da. Sein Prophetenblick geht in die falsche Richtung, und wo er auf die Realität trifft, die Realität der ersten Produkte der bürgerlichen Literaturgesellschaft, sieht er in ihnen bloß »abscheuliche Imitationen englischer Stücke«, denen »das Parterre mit Begeisterung«1 applaudiere. Sein an der französischen Hofklassik geschulter Blick läßt ihn Goethes Götz ins Jahrmarkt- und Volkstheater rücken. Aber das Parterre ist nicht mehr das plebejische Publikum der französischen Hauptstadt zu Beginn des 17. Jahrhunderts, es ist das bürgerliche Publikum einer bereits ziemlich entwickelten deutschen Literaturgesellschaft. Er sieht nicht, wie diese Stücke dem Erleben einer kulturell aufsteigenden, aber politisch machtlosen Klasse einen Freiraum, der Kreativität ein Vehikel, der Phantasie einen Vorstellungsraum und der Bedrückung einen Ausweg schaffen, wie Karl Philipp Moritz es exemplarisch an seiner Romanfigur Anton Reiser vorführt, der sich »in dem Schauspiel ... gleichsam wieder zu finden« schien, »nachdem er sich in seiner wirklichen Welt beinahe verloren hatte.«1 Aber im Schatten dieser Literatur tanzen noch die Schemen eines ändern »spectacle publique«, aus dem sich Jahrzehnte zuvor die Wandertruppen herauszuarbeiten versucht hatten, als sie sich mit Gottsched, dem Leipziger Professor, 1 2
Friedrich II., 1780, 47. K. Ph. Moritz 1981, 163.
verbündeten. Im Jahre 1784, über 50 Jahre nach Gottscheds Invektiven gegen Harlekins Lustbarkeiten, drei Jahre nach Lessings Tod, im selben Jahr, in dem Schiller seine Rede über die Schaubühne als moralische Anstalt hielt und in Mannheim und Frankfurt »Kabale und Liebe« uraufgeführt wurde, hat ein süddeutscher Autor unter dem Stichwort »Komödie« Theater folgendermaßen definiert: »Unter den Komödien begreife ich alle weltliche und geistliche Schauspiele. Dazu gehören Gaukler, Taschenspieler, Seiltänzer, Marionetten, Komödien, Tragödien, Charfreitagsprozessionen, Mirakelwirkereien etc. etc. etc.«3 Dieser weite Komödienbegriff bezieht sich nicht auf eine bestimmte Gattungsnorm Komödie, sondern auf eine Vielzahl theatraler Praxen, die additiv den Sammelbegriff Komödie ergeben. Die auf literarische Vorlagen zurückgehenden Formen heben sich nicht aus den ändern theatralen Praxen heraus. Was man im Lichte der bürgerlichen Literaturgesellschaft als Naturform des Theaters begreifen wird, das literarische Drama mit seiner ästhetischen Ordnung, schwimmt hier wie selbstverständlich im Meer verschiedener Jahrmarkt-, Fest- und kultischen Aktivitäten. Ihre Existenz in den Jahren, in denen sich die Literaturklassik vorbereitet, dementiert vor allem die Annahme der einen Geschichte des Theaters als stete Entwicklung in einem homogenen Raum. Literarisches Theater selbst hat keine einheitliche Geschichte: Schuldramen, Gelehrtendramen, Dramen der Literaturklassik oder der Avantgarde sind in mehrfacher Hinsicht inkommensurabel, inbezug auf ihre Wirkungsintention, die Art der Rezeption (Lektüre oder Aufführung), ihren Ort und ihr Publikum. Was sie vergleichbar macht, ist erst der gemeinsame Ort der Schrift, zu dem nur die Lesefähigen, im 18. Jahrhundert eine verschwindend kleine Minderheit,4 den Schlüssel haben, von dem eine noch viel kleinere Anzahl literarischen Gebrauch macht. Die Literaturgesellschaft ist bis weit ins 18. Jahrhundert hinein marginal und zudem überlagert und dominiert von einer Gelehrtengesellschaft. Dem literarischen Theater fehlt also weitgehend eine einheitliche Grundlage. Es ist, wie das noch Pezzl sieht, eine Randform unter verschiedenen kulturellen Praxen, verbannt in die wenigen Enklaven der Schrift. Über lange Zeit ist es zudem keineswegs die dominierende Form theatraler Praxis. Gegen den spontanen Blick, der die Entwicklung des Theaters als Entwickung des (oder zum) literarischen Theaters begreift, soll hier untersucht werden, wie, wo und unter welchen Umständen sich ein literarisches Theater durchsetzt, das alle übrigen Formen zu subkulturellen Praxen herabsetzt. Das Theater interessiert hier nicht als Ausdruck einer Schicht oder Klasse, sondern durch die Beziehungen, die es herstellt, die erst die Geschichte seiner 3 4
Pezzl, Johann, 1784, zit. nach R. Meyer 19803, 184. Schenda (1972, 444) schätzt die Prozentzahl der mitteleuropäischen Lesebevölkerung von über sechs Jahren um 1770 auf ca. 15%. Nimmt man den Entwicklungsstand des Volksbildungswesens zum Maßstab, so dürfte sie am Anfang des Jahrhunderts noch deutlich unter 10% gelegen haben.
vielfältigen Wirkung ermöglicht. Es ist durchaus legitim, in literatursoziologischer Sicht der höfischen Gesinnung der französischen Klassik oder der bürgerlichen Gesinnung der Dramatik des 18. Jahrhunderts nachzuspüren, enthielte sie aber bloß diese Gesinnung, so wäre sie selbst in der eigenen Zeit, geschweige denn über diese hinaus, unfähig, Beziehungen herzustellen, die sie zum Genuß über diese Schicht hinaus macht. Es ließe sich also, um beim einen Beispiel zu bleiben, nicht erklären, weshalb eine Literatur mit höfischem Gehalt in Frankreich zum Paradigma eines klassischen Theaters in der bürgerlichen Gesellschaft werden konnte. Das verlangt, daß man die kulturellen Beziehungen und ihre Veränderungen selbst studiert. Für Deutschland mit seiner vielgestaltigen politischen und kulturellen Realität zwingt eine solche Untersuchung notwendig eine Reduktion auf die wenigen, tonangebenden Zentren auf, die im wesentlichen im protestantischen Norden angesiedelt sind.
1.2
Politische, soziale und kulturelle Verhältnisse im Deutschland des 17. und frühen 18. Jahrhunderts
Die Entwicklung eines dominanten Kulturtyps und eines homogenisierten Kulturraums mit den Charakteristiken einer gemeinsamen Literatursprache und der Berufung auf dieselben literarischen, moralischen und nationalen Werte trotz aller inneren Befehdung ist oft am Beispiel Frankreichs beschrieben worden.5 Dort entsteht der prägende literarische Diskurs in einer klassenübergreifenden Formation, in der das höhere Bürgertum in die absolutistische Staatskultur eingebunden wird. Auf diese kulturelle Formation stützt sich die Zentralmacht. Sie läßt zwar die Ständeordnung unangetastet, macht sie aber durchlässiger, »indem sie das Geburtsprivileg zurückdrängt und an seine Stelle eine Reihe von informellen Fähigkeiten setzt.«6 In Deutschland kann keine Rede sein von einer absolutistischen Staatskultur als Träger einer integrativen nationalen Kultur. Die deutschen absolutistischen Territorialfürsten lehnen sich an italienische und vor allem französische Vorbilder an, sie importieren die Kultur mitsamt ihren Kulturschaffenden aus diesen Ländern.7 Die Verbindung zum Bürgertum ist, trotz der Ausbildung einer bür5
6 7
Die heute bekanntesten Untersuchungen dieser Art sind die Arbeiten von Norbert Elias (i9692), die sich fast ausschließlich mit Frankreich beschäftigen. Vgl. vor allem Über den Prozeß der Zivilisation, Bd. I, Kap. i. P. Jehle, 1986, 22. Vgl. Balet/Gerhard 1973, 254fF. Zur Verschwendung der deutschen Höfe für italienische Kastraten, Komponisten und Bühnenmeister und französische Tänzer vgl. Max von Boehn 1921, 384; Mattenklott/Scherpe 1974, II, 72, Anm. 2. Kritische Stellungnahmen dazu bereits im 18. Jahrhundert vor Schiller und Schubart bei F. C. von Moser 1765, 88f.
gerlichen Beamtenschaft, eher schwach. Sie wird durch die Reprivilegisierung des Adels, welche die deutschen Fürstenhöfe seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verstärkt betreiben,8 zusätzlich geschwächt. In Deutschland fehlt es auch an einem Zentrum, das als Aggregationspunkt einer absolutistischen Staatskultur hätte dienen können.9 Gegenüber Frankreich, wo um die Mitte des 17. Jahrhunderts die absolutistische Zentralmacht den Feudaladel militärisch niedergerungen hat, bietet Deutschland am Ende des Dreißigjährigen Krieges ein Bild extremer territorialer Zersplittertheit: gegen 1800 reichsständische und reichsritterschaftliche Glieder10 gestalten die Landkarte des »Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation«. Die territoriale Zersplitterung bedeutet aber nicht den Sieg eines Feudaladels über die Zentralmacht, sie bedeutet vielmehr die Herausbildung mehrerer Territorialstaaten, die, indem sie sich wechselseitig in Schach halten, den Zustand der Zersplitterung auf lange Zeit aufrechterhalten. Der Sieg der Partikularmächte verhindert zwar die Herausbildung eines nationalen Territorialstaates mit einer, wie Lukacs sagt, »das ganze Volk durchdringenden nationalen Wirtschaft und einer - bei aller Klassentrennung einheitlichen nationalen Kultur -«n und macht das deutsche Gebiet zum Objekt der Politik der europäischen Großmächte. Aber die territoriale Zersplitterung bedeutet nicht Refeudalisierung Deutschlands - obwohl es von Seiten der Territorialfursten Zugeständnisse an den grundbesitzenden Adel und manchmal auch an die Stände gibt - sondern sie geht einher mit einem Aufbau von Staatsapparaten und einer zunehmenden Ausschaltung von feudalständischen Zwischenmächten. Das Ende des Dreißigjährigen Kriegs läutet die zweite entscheidenden Phase des Machtgewinns nach den politischen Ergebnissen der Reformation und des Augsburger Friedens ein. Der Friede von 1648 bescheinigt den Territorialfürsten endgültig die Souveränitätsrechte, die, ergänzt durch die steuerhoheitlichen Regelungen des Reichsabschiedes von 1654, die Etablierung des Absolutismus in den deutschen Territorien begünstigen. Jener Verstaatlichungsschub, den man am Beispiel des absolutistischen Frankreichs zu beschreiben gewohnt ist, sieht man, wenn auch bedächtiger und in ändern Modalitäten, in den deutschen Territorialstaaten ebenfalls am Werk.12 Statt an eine nationale Zentralmacht geht die historische Initiative an die Fürsten der großen Territo8
K. Garber 1983, 37; A. Martine 1975, 472fF. 9 Die Klage über das fehlende kulturelle Zentrum wird auch unter den bürgerlichen Literaturstrategen nie abbrechen, und bezeichnenderweise in der Nationaltheaterdebatte in den Vordergrund treten (vgl. Kap. 6.4). Die Klage weist nicht nur auf die Wirkung des Vorbildes Frankreich, sie zeigt vor allem die Orientierung auf den Staat als Kulturträger. 10 Vgl. Kopitzsch 1981,16. 11 Lukacs 1962, 37. IZ Vgl. Oestreich nach Kiesel/Münch 1977, i.
rialstaaten über, die sich in einem jahrhundertelangen Prozeß gegenseitig eliminieren, bis schließlich nur Preußen übrigbleibt.13 Allerdings ergibt der Verstaatlichungsschub und die Machtkonzentration in den Territorialstaaten noch keinen kulturellen Zusammenhalt, ja zunächst stehen die so unterschiedlichen Verhältnisse der Ausbildung kultureller Gemeinsamkeiten sogar entgegen. Die Höfe als Macht- und Kulturzentren orientieren sich im allgemeinen nicht an einer fiktiven nationalen Kultur, sondern an der damals dominierenden französischen Hofkultur. Die Schlußfolgerung, zu der Friedrich Carl von Moser noch 1765 in der damaligen Debatte über die Existenz eines deutschen Nationalgeistes kommt, gilt für den ganzen Zeitraum des deutschen Absolutismus. Moser macht dort die innere Trennung und Uneinigkeit, die aus der zersplitterten Struktur der politischen Verfassung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation resultiere, für den fehlenden Nationalgeist verantwordich.14 In dieser Diagnose stimmen die meisten Zeitgenossen miteinander überein. Die Unterschiede beginnen bei den Konsequenzen, die man aus diesem Sachverhalt zieht.15 Die kulturelle Zerstreuung geht hervor aus der Dispersion der Macht (was nicht Abwesenheit von Macht bedeutet). Dem politischen Leopardenfell Deutschlands entspricht ein gesellschaftliches, konfessionelles, kulturelles. Das erschwert es, die kulturellen Praxen für den deutschen Raum adäquat zu beschreiben. Trotz der vielen Besonderheiten lassen sich einige Haupdinien der Entwicklung skizzieren. Das Wesendichste, worauf es hier ankommt, hat Norbert Elias zusammengefaßt. Da ist zunächst die Entvölkerung und die entsetzliche wirtschaftliche Erschöpfung des Landes nach dem Dreißigjährigen Kriege. Verglichen mit Frankreich und England ist Deutschland und vor allem das deutsche Bürgertum im 17. und auch noch im 18. Jahrhundert arm, der Handel, vor allem der Fernhandel, der noch im 16. Jahrhundert in einzelnen Gebieten Deutschlands mächtig entwickelt war, verfallen, die riesigen Vermögen der großen Handelshäuser, z. T. durch die Verlagerung der Handelswege als Folge der überseeischen Entdeckungen, z. T. unmittelbar infolge der langen Kriegswirren, verstreut. Was übrigbleibt, ist kleinstädtisches Bürgertum mit engem Horizont, das im wesentlichen von der Deckung der lokalen Bedürfnisse lebt.16
Die Gelehrten orientieren sich zunehmend auf den Staat, aber aufweichen? Sie stehen durch die ganze frühe Neuzeit vor dem Dilemma, das noch von Moser prägt: Diener am Ganzen eines imaginären Reichs oder Fürstenknecht, Diener eines großen Herrn zu sein oder sich mit einem Dienst in einer der unzähligen ständischen Organismen oder in den Institutionen von Kirche und Staat zu *' Vgl. Anderson 1979, 324. F. C. von Moser, 1765 5f., loff. und 102. 15 Vgl. dazu unser Schlußkapitel, S. 322; insbesondere die abweichende Meinung Herders. 16 Elias 1969, lof. 14
bescheiden, die sich eine eher kleinere als größere Unabhängigkeit bewahren konnten. Aber auch hier droht Marginalisierung. Das politische und kulturelle Gewicht der freien Reichsstädte, der Zünfte und Landstände geht zurück; deren enger werdender Horizont hat auch kulturelle Auswirkungen. Das zeigt sich an der Beschränkung und Beschneidung der Handwerkerkultur, aber auch an der Verwandlung der humanistischen Kultur in eine ständische Gelehrtenkultur und der regionalen Begrenzung der literarischen Kultur. Parallel zur Stagnation der Reichsstädte steigt die Bedeutung der Residenzstädte der großen Territorialfürstentümer. Dies schlägt sich, wie Balet/Gerhard gezeigt haben, in einer Kulturverschiebung nieder, deren Folge vor allem die Förderung der Herrschaftsarchitektur, bestimmter Formen der Malerei, Musik und Oper ist.17 Deutsche Literatur nimmt einen kleinen Raum ein. An den Höfen, den kulturellen Zentren der Residenzstädte, spricht man französisch und »ahmt ... mit unzureichenden Mitteln«18 französische Hofkultur nach. Das Bürgertum imitiert den Hof in Sprache und Verhalten. Wer etwas gelten will, spricht französisch. Leibniz spricht und schreibt französisch und Thomasius, der erste deutsche Philosoph, der es gewagt hat, auf dem Katheder deutsch zu sprechen, spricht ein mit lateinischem und französischem Jargon durchsetztes Deutsch.19 Deutsche Kultur scheint trotz der von Luthers Reform getragenen nationalen Erneuerung der Sprache im Lokalen zu versinken. Kleinräumigkeit und Enge beherrscht die Vorstellungswelt. Die nobilitas litteraria, die sich im Humanismus zu großer Geste erhoben hat, versinkt in brütender Klage über den Rückfall in die Barbarei, in der man einen moralisch-kulturkritischen Reflex auf die Auflösung einer »sich korporativ und eigenständig verstehenden res publica litteraria«10 sehen kann. Unter diesen Vorausetzungen ist der Zusammenhang der literarischen Kultur dünn. Ihr Kommunikationsmittel wird noch lange Zeit der Brief sein, der als dünnes Band über das Thurn und Taxische Postwesen die deutschen Intellektuellen verbindet. So träumt der deutsche Geist von der Residenzstadt und vom Posttag. In der harten Realität hält er sich an die abgesicherten Institutionen von Kirche und Schule. Hier hat die literarische Kultur noch ihren sichersten Hort und sie geht, vorderhand noch, nicht nach Brot, ja es gereicht ihr zur Ehre, wenn sie nur von Gelehrten gelesen wird." 17 18 19
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Vgl. dazu Balet/Gerhard 1972, 63. Elias I9Ö92,!, n Vgl. Blackall 1966, 156°.; zur Figur von Thomasius vgl. das schöne Porträt von Ernst Bloch I9752, 3150°. W. Kühlmann 1982,5. Zur Einführung in die Problematik vgl. Kühlmanns Einleitung und Garbers Thesen in: Garber 1983, 31-43. Beispiele dazu bei H. J. Gabler 1982, 2OjfF.
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Die ersten Ansätze zu einer Literaturgesellschaft
Trotzdem, es gibt immer wieder Versuche der Ausweitung der Grenzen der literarischen Gesellschaft, Versuche zur Herstellung einer literarischen Öffentlichkeit. Aber sie stoßen an die eigenen Grenzen der ständischen Borniertheit der Gelehrtenwelt auf der einen, auf die Einwände kirchlicher Kreise auf der ändern Seite. Doch entzieht sich gerade das Feld des Religiösen, das die getrennten Kirchenapparate zu bestellen beanspruchen, eindeutiger Festlegung. Auf ihm wachsen antiinstitutionelle religiöse Bewegungen, die sich radikal gegen weltliche Kunst aussprechen;Z2 die Bewegungen können aber, wie im Falle des Pietismus, selbst wieder zu einem mächtigen Inzentiv der literarischen Entwicklung und ihrer sprachlichen Ausdrucksformen werden.23 Weltliche Literatur artikuliert sich wesentlich auf religiösem Boden, muß sich aber hier gegen kirchliche Institutionen und religiöse Bewegungen abgrenzend behaupten; sie zieht ihre Kraft aus der Religion, ist aber noch lange deren schwächstes Kind. Eine Predigt wirkt in einer hochgradig analphabetischen Gesellschaft mehr als jedes Gedicht und jeder Roman. In der schrecklichen Depression der Kriegs- und Nachkriegszeit findet die bedrängte Kreatur, wie Grimmeishausens Romanfigur Simplicissimus,24 in der Religion eher Bestätigung und Lebensanleitung als in allen ändern artes und Fakultäten. Einerseits sind die literarischen Formen ganz vom Religiösen durchdrungen, anderseits stehen die religiösen Praxen der weltlichen Literatur zum Teil antagonistisch gegenüber. Für eine laizistische Literaturgesellschaft in der Öffentlichkeit ist unter diesen Bedingungen wenig Platz. Ihr Entstehungsort ist die Gelehrtenrepublik, und ihr Stützpunkt ist, trotz aller Anfeindung, der Staat. Die Protagonisten der Literatur bauen ihre Modelle mit den Stützen des Staates, und die Öffentlichkeit, die sie erreichen wollen, ist die Staatsöffentlichkeit der Untertanen. Vielleicht hängt die literarische Wendung der bürgerlichen Intelligenz gerade mit der Verschlechterung ihrer Karrierechancen im absolutistischen Staatsapparat zusammen, wie Alberto Martine aufgrund der sich verschiebenden Berufsorientierung und der sich verändernden intellektuellen Produktion meint feststellen zu können.25 Sie ist aber nicht, oder nur in Einzelfällen, die Basis einer Wendung gegen den Staat, sondern einer Konkurrenz im Staat oder dem lokalen Gemeinwesen. Naturgemäß führt sie dort zu stärksten Spannungen, wo alte Selbstverständlichkeiten und Monopole infragegestellt werden. Dort entstehen Konflikte zwischen den alten Ortho-
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Zur Kunstfeindlichkeit der frühen Ketzerbewegungen vgl. Bredekamp 1972, 956°., zum Pietismus W. Schmitt 1958. Hierzu vgl. A. Langen 1954, 432-ff. H. J. Chr. Grimmeishausen 1975, Buch 5, Kap. 19. A. Martino 1975, 4721!
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doxien und den Neuerern, aber auch zwischen den Neuerern selbst, die sich um die Art der Erneuerung, Erneuerung im Religiösen oder als komplementäre Ergänzung dazu, streiten. Aber auch die laizistische Variante entnimmt der Religion, mindestens in den protestantischen Ländern, das, was diese an bürgerlichem Selbstverständnis und bürgerlicher Moral gegen die höfische Kultur bewahrt hat,26 und sie entnimmt ihr vor allem das Erbe der deutschen Sprache. In diesem Spannungsfeld entsteht die neue Literaturgesellschaft. Die Intellektuellen der ersten Phase können ihre Herkunft aus der Gelehrtengesellschaft nicht verbergen. Sie durchlaufen die akademische Karriere und streben ein akademisches Amt an. Das wird ihnen später den Ruf des pedantischen Gelehrten eintragen. Aber sie streben zugleich weit über den Rahmen des herkömmlichen akademischen Betriebs hinaus, indem sie sich für die Herausbildung eines neuen, nicht akademischen Publikums einsetzen. Viele ihrer Publikationen dienen diesen, nicht akademischen Zielen. Zugleich organisieren sie Aktivitäten außerhalb des akademischen Rahmens, indem sie Zeitschriften gründen, die Gründung von literarischen Gesellschaften, Rednervereinigungen und Lesezirkeln anregen und über ein ausgedehntes Korrespondentennetz einen Diskussionszusammenhang herzustellen versuchen, der die regionalen Grenzen und die Grenzen der universitären Fakultäten bei weitem übersteigt. Prototyp dieses neuen Intellektuellentyps ist der Leipziger Professor Johann Christoph Gottsched. Auch das Theater wird zu einem Aktionsfeld dieses neuen bürgerlichen Intellektuellentyps.
1.4 Vom Theater als Jahrmarktvergnügen zum Theater als Medium der literarischen Öffentlichkeit Die Schranken, die der Entwicklung einer weltlichen literarischen Kultur entgegenstehen, erheben sich noch viel unüberwindlicher vor dem Theater. Volkstümliche Formen des Theaters, wie sie in den Korporationen und Handwerkerzünften gepflegt wurden, werden immer marginaler und beschränkter; Gryphius regen sie nur zur Satire an. Die Spontaneität der Fasnachtsspiele war unter dem Zugriff der städtischen oder kirchlichen Autoritäten längst erstickt oder zur künstlichen Form erstarrt.27 Was an volkstümlichen theatralen Formen übrigblieb, fiel, vor allem in den protestantischen Ländern, den Sittenmandaten der kirchlichen Behörden zum Opfer.28 16
Eine Spezialstudie wie die von Kiesel (1979) über die Topik der Hofkritik zeigt, wie stark diese in der religiösen Tradition verwurzelt ist. 2 7 Vgl. dazu H. Bastian 1983,111-113. 28 Die kirchliche Theaterfeindschaft, die die pietistischen Geistlichen um die Wende zum
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Protestantisches Schultheater und Jesuitentheater funktionalisieren Theater für die sprachliche und moralische Bildung. Sie geben durch ihren religiöspädagogischen Auftrag dem bürgerlichen Theater ah moralische Anstalt zwar Anstösse, ohne dieses inhaltlich und formal zu bestimmen. Das Schultheater antwortet auf ganz andere Anforderungen und stellt im geschlossenen Raum einer Erziehungsinstitution ganz andere Beziehungen her als das öffentliche Theater. Öffentliches Theater ist auf den Markt verwiesen. Als professionelles Theater entsteht es in Deutschland durch einen Anstoß von außen. Deutsche professionelle Schauspieltruppen bilden sich in der Schule der englischen Truppen, die seit Ende des 16. Jahrhunderts nach Deutschland kommen; vielleicht aufgrund des großen Konkurrenzdruckes in England selbst, wo sich das Berufsschauspielertum bereits im 16. Jahrhundert durchgesetzt hat. Diese Truppen findet man regelmäßig zur Messezeit in den großen Handelsstädten, wo sie offenbar recht großen Erfolg haben. Das Auftreten eines Berufstheaters weckt kulturelle Ambitionen. Es gibt Stimmen aus dem Kreis der Gelehrten, die das »öffentliche Agieren« zu bürgerlicher Respektabilität zu bringen versuchen. Der Herausgeber einer Sammlung von Theaterstücken, die 1620 erscheint, widmet diese den Englischen Comödianten, weil diese durch die Anmutigkeit ihrer Geberden und Zierligkeit ihrer Reden den Schauspielerstand wieder zu Ehren gebracht hätten.29 Ungefähr zur gleichen Zeit werden die ersten Theaterverbote ausgesprochen; die Räte der Städte verbieten das Auftreten von Schauspieltruppen, da sie von Zoten und läppigtem Zeug^° genug hätten. Die Zünfte verbieten ihren Laienspielern, die Universitäten ihren Studenten, sich mit Schauspielern zu zeigen,31 und die Gelehrten halten wieder auf strenge Trennung »derjenigen Schauspiele, so von ehrliebenden Gelehrten verfaßt werden«, von jenen, »die von plebejischen und herumschweifenden Personen an den Tag gegeben werden.«32 Wenn das 18. Jahrhundert erneuern und die im Hamburger Hauptpastor Goeze noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ihre lutherisch-orthodoxen Vertreter hat, kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Ihren topischen Argumenten sind beide Konfessionen gleichermaßen verpflichtet, obgleich die katholische Kirche in ihrer Praxis wesentlich toleranter war, weil sie, vor allem durch die jesuitischen Reformen, theatrale Elemente selbst in den Kult integriert hat, während die reformierten Kirchen, von den Pietisten nicht zu reden, dazu tendierten, sie als konkurrierende Formen mit dem Argument der ungeistlichen Zerstreuung auszuschließen. Einen Überblick über die Topik der kirchlichen Theaterfeindschaft gibt Haider-Pregler (1980, 71-134), für den Pietismus konsultiere man Schmitt (1958). Die Vielfalt theatraler Praxen erhält sich daher eher, wie aus dem bereits zitierten Reisebericht von Pezzl (Anm. 3) hervorgeht, in katholischen Landen. 2 9 Brauneck 1970, 2. 30 Flemming I9&52, 13. 31 Vgl. Schubart-Fikentscher 1963, 39. 32 Hallmann 1975,1, 377.
literarische Drama zur Aufführung gelangt, so geschieht das in einem von ständischen Institutionen streng überwachten Raum. Die theatralen Praxen bewegen sich in voneinander abgeschotteten Kreisläufen, und ein ganzes Instanzengefuge wacht darüber, daß es zu keinen Berührungen und Durchmischungen kommt: Literarisches Lesedrama für die Gelehrten, Schultheater als Repräsentations- und Bildungsveranstaltung am Ende des Schuljahres, das Spektakel für die Volksmenge auf dem Markt, geistliches Spiel und Prozessionen für den Gläubigen und Feuerwerk und Aufzüge als Repräsentation der Macht für den Untertanen. Deutsche Truppen treten nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges in die Fußstapfen der englischen.33 Sie versuchen, ihre Fähigkeiten auf dem Markt zur Geltung zu bringen, wo sie als Verkäufer von Schauspielen oder schauspielernde Verkäufer auftreten. Wenigen gelingt der Aufstieg, die meisten verschwinden in der vielköpfigen Menge der Anbieter, die in der Hoffnung auf den Markt gekommen sind, ihre Fähigkeiten, ihre Geschicklichkeit oder ihr Produkt zu Geld zu machen. Die Wandertruppen sind wie eine Unternehmung strukturiert. Geleitet werden sie von einem Prinzipal, der zugleich Besitzer der Kostüme und Dekorationen ist. Dieser bemüht sich bei den Räten der Stadt um die Spielgenehmigung, bei den Fürsten um ein Privileg. Er ist der Obrigkeit gegenüber für seine Truppe verantwortlich, bezahlt die Abgaben und verwaltet die Einnahmen aus den Aufführungen.34 Seine Schauspieler verpflichtet er sich durch einen Arbeitsvertrag und bezahlt sie nach der Wichtigkeit ihrer Rollen und nach den geleisteten Spezialdiensten auf der Bühne oder in ihrem Umfeld.35 Die Lohnhierarchie, mit der die theatralische Rollenverteilung verbunden ist, wirkt sich konservierend auf das Repertoire aus;36 Ähnliches mag von der Publikumserwartung gelten. Die ständige Unsicherheit macht die Truppe eher zu einer Notgemeinschaft als zu einem kontinuierlich arbeitenden künstlerischen Ensemble. Oft verschwinden die Prinzipale mit ihren Einkünften und lassen die Schauspieler in Not zurück,37 oder Schauspieler setzen sich plötzlich von der Truppe ab, um sich einer ändern anzuschließen, selbständig zu werden, oder sich überhaupt vom Theater abzuwenden und in ein anderes Geschäft einzusteigen. So wie die Schauspieltruppen noch keineswegs als künstlerisches Kollektiv wirken, so existiert auch kein öffentliches Theater, das als besonderes künsderi33 34 35
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Kindermann 1959, III, 392. Vgl. Schubart-Fikentscher 1963, 57-62. Was zu solchen Spezialdiensten gehören kann, zeigt die Zusammenstellung bei Maurer-Schmoock (1982, 116); da gibt es beispielsweise Extrazulagen für empfangene Prügel, Ohrfeigen oder Fußtritte auf der Bühne, für einen Sprung ins Wasser oder von einem Felsen herab. Vgl. dazu das Kapitel 3.4.2, v. a. S. I48f. Das hat noch Goethe in seinem Wilhelm Meister beschrieben. Der Roman ist überhaupt in der Schilderung des Theaterlebens im 18. Jahrhundert sehr realistisch.
sdies Ereignis wahrgenommen worden wäre; es ist eine unter ändern Attraktionen, die den geregelten Lebenslauf der Städtebewohner unterbrechen. Wo das Theater auf dem öffentlichen Platz »nicht als besonderes Ereignis wahrgenommen wird«, da gibt es auch noch »kein Publikum, das sich allein wegen eines Theaterstücks auf den Weg machen würde. Es ist daher das Theater, das zu den Leuten kommen muß; die Schauspieler gehen an die Orte, wo viele zusammenkommen.«38 Das sind in erster Linie die Städte; aber Deutschland ist ein Land von kleinen und mittleren Städten.39 Nur zur Zeit der Messen trifft man auch dort eine größere Volksmenge, die zudem Zeit für Vergnügungen hat. Diese Situation zwingt die Truppen zu langen Wanderungen40 und macht sie zu erbitterten Konkurrenten untereinander, wenn es um die Verteilung der fettesten Pfründe, der Spielgenehmigung in einer Messestadt zur Messezeit geht.41 Ein Engagement der Truppen an einem Hof ist die Ausnahme.41 Dort werden sie, je länger, je mehr, von französischen oder italienischen Truppen und der Hofoper verdrängt,43 bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts der große Umschwung folgt.44 Als wanderndes Gesindel werden die Schauspieler kaum von den übrigen fahrenden Berufen, unstet Lebenden und Heimatlosen unterschieden. Sie »bilden keinen geschlossenen Stand im Rechtssinn«45. Bis ins späte 18. Jahrhundert hinein bleiben sie weitgehend gesellschaftlich geächtet und bewegen sich in der Nachbarschaft von Bettlern und Prostituierten, Quacksalbern, Glückstöpfern, Kolporteuren und ambulanten Verkäufern. Die Erfahrung schlägt sich noch im Lebensbericht von Brandes nieder, der als Schauspieler in der zweiten Hälfte des 38
Jehle 1986, n. 59 Die meisten deutschen Städte in jener Zeit haben durchaus noch ländlichen Charakter. Leipzig, das in der Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts eine so große Rolle spielt, zählt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur etwa 30*000 Einwohner, eine Zahl, die allerdings um die Messezeit um ein Beträchtliches anwächst. 40 Frenzel (1984, 23if.) hat die Wanderrouten der bedeutendsten Wandertruppen des 18. Jahrhunderts aufgezeichnet; das ergibt beträchtliche Wanderungsleistungen, die umso erstaunlicher werden, wenn man die Wegverhältnisse und die zur Verfügung stehenden Transportmittel in Betracht zieht. 41 Noch der Streit der Neubers mit dem Harlekin Müller hat darin eine seiner Wurzeln. Vgl. dazu Reden-Esbeck 1881, 118-169, der das ganze Archivmaterial dazu ausbreitet, dieses allerdings nur vom Standpunkt einer idealisierten Neuberin als Vertreterin des literarischen Theaters beurteilt. 4Z Auch hier ist wieder trefflich die Schilderung im Wilhelm Meister. 43 Heinz Kindermann (1959, Bd. III) berichtet von einem ersten festen Engagement am Innsbrucker Hof (S. 392), vom Münchner Engagement der Truppe von Michael Daniel Treu (S. 393) und dem Engagement von Veiten am Hof des sächsischen Kurfürsten Johann Georg III. Dessen Nachfolger Johann Georg IV. allerdings »liebte nur die Oper und entließ die Velten-Truppe« (S. 399). 44 Vgl. dazu S. 328f. 45 Schubart-Fikentscher 1963, 23. Dort findet man auch einen Abriß über die Rechtsgeschichte des Komödiantenstandes.
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i8. Jahrhunderts durch Deutschland gezogen ist,46 und Goethe konfrontiert seinen Wilhelm Meister mit einer ähnlichen Situation: Ist wohl ein kümmerlicheres, unsichereres Stückchen Brot in der Welt? Beinahe wäre es ebenso gut, es vor den Türen zu betteln. Was hat man von dem Neide seiner Mitgenossen, von der Parteilichkeit des Direktors, von der übeln Laune des Publikums auszustehen! Wahrhaftig, man muß ein Fell haben wie ein Bär, der in der Gesellschaft von Affen und Hunden an der Kette herumgeführt und geprügelt wird, um bei dem Tone eines Dudelsacks vor Kindern und Pöbel zu tanzen.47
Von der Geistlichkeit verfemt, von den Fürstenhöfen verbannt und von den städtischen Obrigkeiten oft nur widerwillig geduldet, bewegen sich die Schauspieler notgedrungen im Kreise von gesellschaftlichen Außenseitern, schwimmen im Meer von depossedierten Existenzen und hoffen gleichzeitig, sich aus dieser Lage zu befreien. Statt wie ein Bär in der Nachbarschaft von Affen und Hunden zu tanzen, versuchen sie, sich in die gute Gesellschaft hinaufzuarbeiten und von ihr in ihrer Tätigkeit als ehrenhaft anerkannt zu werden. Schon früh betonen die Schauspieler deshalb den positiven moralischen Einfluß, den sie auf ihr Publikum ausüben, und ihre Funktion als Träger der moralischen Bildung, die sie durch ihre Wanderungen weitherum verbreiten. So betont eine deutsche Wanderbühnenfassung des Hamlet im berühmten Spiegelgleichnis des Theaters den moralischen Auftrag des Schauspielers, mit dem seine bürgerliche Respektabilität verbunden ist.48 Nach ihrem eigenen Kopfe allerdings konnten sie diesen Auftrag nicht ausführen. 46
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Vgl. J.Chr. Brandes' Lebensgeschichte als entlaufener Handlungsgehilfe, Bedienter usw. bis zu seiner ersten Anstellung bei Schönemann (1799,1, 85-167), bis zur Aufnahme in die Schuchsche Gesellschaft (1,167-229) und J.A. Christ, Schauspielerleben im 18. Jahrhundert. Erinnerungen. Zum ersten Mal veröffentlicht von R. Schirmer, Ebenhausen/München 1912. Als abschreckende Pamphlete gegen das Schauspielerleben zwei anonyme Schriften: Das lustige Elend in Reisen und Anekdoten deutscher Schauspieler beyderley Geschlechts, Frankfurt 1782, und Max Sturms theatralische Wanderungen. Ein Büchlein zur Beherzigung für junge Leute, die sich der Schaubühne zu widmen gedenken. Dem Schatten des Hauptpastors Goeze gewidmet. Magdeburg 1788. »Widmung und Erscheinungsort machen die Tendenz dieses Roman-Pamphlets hinreichend klar« kommentiert R. Meyer (1987,161). Aus einer ähnlich moralisierenden Haltung heraus trugen auch die Theaterjournale des 18. Jahrhunderts Material zur sozialen Misere des Schauspielerstandes zusammen. J. W. Goethe, Wilhelm Meisters theatralische Sendung, 2. Buch, 7. Kapitel, S. 94f. Hamlet mahnt dort die Zuschauer: »Tractiret sie wohl, denn es geschiehet kein größer Lob, als durch die Comödianten, denn dieselben reisen weit in der Welt: geschiehet ihnen an einem Ort etwas Gutes, so wissen sie es an einem ändern Ort nicht genug zu rühmen; denn ihr Theatrum ist wie eine kleine Welt, darinnen sie fast alles, was in der großen Welt geschieht, repräsentieren. Sie erneuern die alten vergessenen Geschichten und stellen uns gute und böse Exempel vor; sie breiten aus die Gerechtigkeit und löbliche Regierung und weisen, wie die Tyranney gestraft wird: darum sollt ihr sie wohl belohnen.« Zit. nach Flemming 1965, 15. Daß sie ihren Ruhm und Tadel nicht ungestraft ausbreiten durften, zeigt die Anekdote Rists, in: Flemming 1965, 134-137.
Im Bestreben, sich vom Jahrmarktsspektakel abzugrenzen, suchen sie das Bündnis mit der bürgerlichen Intelligenz. Hoffmann, der Prinzipal, durch den Gottsched das erste Mal in Kontakt mit dem Theater der Wanderbühne kommt, sieht in der mangelnden Distinktion einen Grund für das schlechte Ansehen der Wandertruppen. Man habe »täglich Exempel, daß Marionettenspieler, (die nicht einmal wissen, was eine Comödie/ vielweniger ein Comödiant sey) (...) in einer Stadt durch ihre üble Conduite (...) den Namen Comödiant so verächtlich und verhaßt gemacht/ daß es manchmal schwehr hält/ das eine rechtschaffene Trouppe den Consens wieder erhalten kan.«49 Hoffmann setzt eine Definition der Komödie voraus, die den besseren Truppen eine besondere Kompetenz gibt. Von ihr erhofft er sich die gesellschaftliche Anerkennung, den Consens, was zugleich der Name für die obrigkeitliche Bewilligung ist. Konsens bedeutet heute in erster Linie »Übereinstimmung der Meinungen, Einigkeit« (Duden). Das gesellschaftliche Oben, die Staatsmacht, ist aus der Bedeutung fast ganz verschwunden. Für den Prinzipal Hoffmann zeigte das Wort damals noch unmittelbar seine repressive Seite, die Einwilligung von oben, die ebensogut entzogen werden konnte. Im praktischen Problem der Wandertruppen laufen beide Seiten zusammen: Sie brauchen die Zustimmung von oben und gleichzeitig von unten. Die Zustimmung von oben ist Bedingung ihrer Auftrittsmöglichkeit in den Städten; aber umgekehrt ist der Zulauf der Menge auch Voraussetzung der Zustimmung von oben. Verlieren die Wandertruppen ihre Anziehungskraft, so werden sie auch für die Stadträte uninteressant; niemand will sie mehr sehen. Die Wandertruppen müssen, wollen sie bestehen, die Fähigkeit haben, unten und oben, verschiedene Logiken also, zur Überlagerung zu bringen. Die Herstellung solcher Überlagerungen ist äußerst unstabil und anfällig, ein ständiges va banque zwischen dem Zulauf der Volksmenge und dem Eingriff von oben. Die einen setzen auf die Wirkung ihres Erfolgs, die ändern suchen den Kontakt mit der gelehrten Gesellschaft, die ihrer Tätigkeit einen Sinn verleiht, indem sie sie einer Definition unterwirft. Die Wandertruppen sollen sich an eine literarische Form halten, um sich die Zustimmung eines gebildeten Publikums und die obrigkeitliche Bewilligung zu verdienen. Deren Zustimmung ist die zu einem literarischen Wert, dem sich Publikum und Obrigkeit gleichermaßen verpflichtet wissen. Die Wirkung ist allerdings in einer Gesellschaft, in der literarische Werte im Namen religiöser Werte bekämpft werden, noch sehr gering. Die Berufung auf die literarische Definitionsmacht zeigt jedoch die Möglichkeit einer Lösung. Diese kann allerdings kaum verschiedene Interessen unter einen Hut bringen, solange das Theater noch nicht umgestaltet ist. Die literarischen Bildungsansprüche der Truppen, ihre Bemühungen, in der tonangebenden Gesellschaft wirksam zu werden, vertragen sich nicht mit der Schaulust Niessen 1940, 39. 13
der Menge, und ihre Abhängigkeit von der Menge versagt ihnen die Anerkennung von oben. Das »Drama« vieler Wandertruppen spielt sich in diesem Widerspruchsfeld ab. Die Bemühungen der Theatergruppen, eine Definition für das Theater zu finden, die diese von den übrigen Jahrmarktsaktivitäten unterscheidet, erklärt sich nicht nur aus ihrem Wunsch nach gesellschaftlicher Distinktion (Bourdieu), sie erklärt sich auch aus ihrer gesellschaftlichen Herkunft. Viele von ihnen entstammen einer deklassierten Intelligenz. Als stellenlose Akademiker, Theologen, Juristen, Ärzte, Hauslehrer und verarmte Studenten bilden sie so etwas wie eine zweite literarische Gesellschaft, die sich außerhalb der offiziellen Kanäle von Schule, Kirche und Universität bewegt. Die Wanderbühne ist eines der wenigen Medien, in dem sie aktiv werden können. Hier können sie einen eigenständigen Gebrauch von ihrer Bildung machen, indem sie Theaterstücke übersetzen, umschreiben oder Vorspiele und ganze neue Stücke verfassen.50 Zunächst erstreben sie wohl kaum aktiv eine Literarisierung des Theaters, aber sie suchen die Verbindung mit den Gelehrten. Von ihnen erfahren sie am ehesten literarische Neuigkeiten, hören von neuen Texten und Übersetzungen oder können gar einen neuen Text ergattern. Durch diese Verbindung mit den Gelehrten werden sie nach und nach zu Agenten der literarischen Bildung als einer neuen Vergesellschaftungsmacht; Voraussetzung ist die Durchsetzung der Literatur als Bildungsmacht, die Herausbildung einer literarischen Gesellschaft, die dem erneuerten Theater ein Publikum von literarischen Kennern liefert. Es zeichnet sich eine doppelte Bewegung ab, die ständische Gelehrsamkeit und Wanderbühnen miteinander in Kontakt bringt. Den Bemühungen der Wandertruppen, gesellschaftliche Respektabilität zu erlangen, entsprechen bis zu einem gewissen Grade die Bemühungen der Gelehrsamkeit, für ihre Aktivitäten einen neuen Resonanzraum zu finden. Dies wird nötig in dem Maße, wie sich die Stellung einer bürgerlich-ständischen Intelligenz im absolutistischen Staat verschlechtert, bzw. verändert. Ihre Einbindung ins staatliche Gemeinwesen, weg von den schützenden Bindungen an die ständischen Partikularmächte, eröffnet ihnen den neuen Raum der staatlichen Öffentlichkeit, setzt sie aber neuen Formen der Konkurrenz rivalisierender ideologischer Mächte aus. In dieser Konkurrenz bildet sich das Literarische in seiner besonderen Form, mit seinen befugten Agenten und seinen Institutionen. In neuer Departementalisierung heißt es nun literarische Öffentlichkeit. Als eines ihrer Organe erscheint neben dem literarischen Buch- und Zeitschriftenmarkt auch die Bühne. Die Theaterreform paßt die Bühne den neuen Erfordernissen einer literarischen Öffentlichkeit an: So entsteht die Schaubühne als moralische Anstalt. Die Reformtätigkeit wird zu einem Aggregationspunkt für die zerstreuten kulturellen Praxen. Der bürgerliche Reformer sammelt, selegiert, assimiliert und 50
Flemming 1965, 15.
verstößt. Seine Sammeltätigkeit bezieht sich auf Sachen und Personen. Er sammelt ein Korpus von Werken für die Literaturgesellschaft, und er sammelt die Leute, die zu deren Agenten werden. Er »erlöst« die Literatur aus ihren ständisch-institutionellen Bindungen, aus ihrer plebejischen Würdelosigkeit, indem er sie vereinheitlicht unter den Begriff der schönen Literatur, des regelmäßigen Dramas mit zuerst eindeutig moralischen, später überwiegend ästhetischen Konnotationen. Am Ende dieser Entwicklung werden die Wanderbühnen zu stehenden Theatern, die ständische Gelehrsamkeit hat sich in die verschiedenen intellektuellen Berufe aufgeteilt und eine neue Schicht einer literarischen Intelligenz ausdifferenziert. Sie produziert und diskutiert die literarischen Werke, die auf der Bühne zu authentischer Gestalt kommem sollen. Im Dispositiv des neuen Theaters entstehen die Figuren des literarischen Autors, des literarischen Kritikers, ein neuer Typus des Schauspielers, der Regisseur und die Theaterkritik und schließlich ein erwartungsvolles Publikum, das seine erfüllten Hoffnungen mit Applaus und seine enttäuschten mit Pfiffen quittiert.
1.5 Die Positionierung der öffentlichen Schaubühne Das nicht an Schule und Kirche gebundene Theater tritt an zwei Punkten in Kontakt mit den Institutionen der Staatlichkeit, von denen es Eingrenzung, aber auch beschränkte Legitimierung erfährt: die Schaubühne am Hof als Bestandteil der fürstlichen Hofhaltung und auf dem Markt als Gegenstand der Marktordnung. Als Bestandteil der Hofhaltung genießt sie eine gewisse machtgeschützte Exterritorialität, allerdings um den Preis ihrer Herabsetzung unter eine der »recreationes« des Landesherrn.51 Mit der Bestallung war, wie bei ändern Hofbeamten, Dienst-, Residenz- und Treuepflicht festgelegt. Bis weit ins 18. Jahrhundert verstand man unter dieser Dienstpflicht keineswegs nur Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schauspiel. Dieses stand zudem in der Wertschätzung weit hinter Oper, Ballett und Musik zurück,52 und das deutsche Truppentheater noch einmal hinter dem französischen. Als Träger einer höfischen Kultur sind die deutschen Schauspieltruppen nie aufgetreten. Sie erhielten nur vorübergehend Engagement am Hof und hatten keinen Einfluß auf den Hofgeschmack. Als Gegenstand der Markt- und Feiertagsordnung war die Schaubühne dem Kräftespiel der verschiedenen Mächte ausgesetzt, die im Deutschland des 17. und 18. Jahrhunderts die Öffentlichkeit regulierten. Die Einordnung des Theaters in die Markt- und Feiertagsordnung gilt bis heute. Auch heute muß, wer auf öffentlichem Grund auftreten will, sich einen 51 52
Martens 19813, 22. Balet/Gerhard 1973, 254.
Marktschein beschaffen, fur den Auftritt eine Gebühr bezahlen oder einen prozentualen Anteil der Einnahmen der Staatskasse abliefern und sich im übrigen an die Feiertagsordnung und an bestimmte sittliche Standards halten. Und bis heute hat sich das Theaterverbot an hohen kirchlichen Feiertagen gehalten. Nur das Instanzenspiel der Kontrolle, Überwachung oder Unterdrückung der Schaubühne hat sich mit der Zentralisierung der Macht im Nationalstaat, der Herausbildung einer Zivilgesellschaft und der Herstellung der Staatsunmittelbarkeit verändert. Diese Kontinuität läßt vermuten, daß wir mit dem staatlich kontrollierten Erscheinen der Schaubühne auf dem Markt den Keim der neuen Anordnung gefaßt haben. Betrachten wir also genauer, wie dieses Theater - es ist das Theater der Wanderbühnen - ins gesellschaftliche Gefüge eingebaut wird. Den Wandertruppen wird eine Funktion im Fürstenstaat eingeräumt, aber diese Funktion wird vorerst noch nicht getrennt von den Veranstaltungen der Volksbelustigung. Der weise Fürst gönnt dem Volk eine erlaubte Lust. Eine positive Bestimmung ihrer Funktion fehlt, die Abgrenzung wird vor allem negativ definiert: die Komödien dürfen nichts gegen Gott, Geistlichkeit und Obrigkeit Gerichtetes enthalten. Im Zusammenhang mit der religiös motivierten Theaterfeindschaft findet man oft ein gänzliches Verbot mit der Begründung, daß das fahrende Gesindlein zu nichts nutze sei, die Leute ums Gelde bringe und sie von der Arbeit abhalte. Die Vorstellung vom sittlichen Nutzen der Schaubühne, die der Philosoph Wolff und der Literaturtheoretiker Gottsched schon in den 2oer Jahren diskutiert haben, taucht erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts im staatspolitischen Schrifttum auf. Der Kameralist Michael von Loen beruft sich explizit auf Wolff und zitiert eine Stelle aus dessen Politik, die sich im Kapitel über die Einrichtung des gemeinen Wesens findet: >»Die Komödien und Tragödien< sagt einer der größten Weltweisen unserer Zeit, >haben darum einen Vorzug vor geschriebenen Historien, daß sie einen größeren Eindruck in das Gemüthe der Menschen machen, denn was man selber mit Augen siehet und mit Ohren höret, beweget einem mehr und bleibet besser, als was man bloß erzehlen höreteinen schlechten Staat in der Seele jedes einzelnen Menschen< hervorbringe, indem er den unvernünftigen Elementen in ihr zu Gefallen rede, hatte Aristoteles die Theorie der Katharsis entwickelt«34. Sie ist seit dem sechzehnten Jahrhundert vielfach modifiziert und mit ändern Theorien angereichert worden, um die moralische Wirkung der Literatur unter Beweis zu stellen. Über die Natur31
32 33
34
Vgl. zur Opernkritik, Der Biedermann 85. und 95. Blatt, CD4, 73iff. und Beyträge 3 (1734), S. 610 gegen von Uffenbachs Opernverteidigung; einen allgemeinen Überblick über Gottscheds Opernkritik gibt Birke 1960,194-200 und Neumann 1953, 297-307; zur Romankritik CD4, 168. Vgl. K. Borinski 1886, 381. CD4, no. Fontius 1981, 208.
nachahmung und Wahrscheinlichkeit wurde, worauf wir schon hingewiesen haben, der Konflikt mit dem Wahrheitsanspruch der Kirche geregelt.35 Beinah am Ende der Epoche des europäischen Aristotelismus' schließt Gottsched wieder an Aristoteles an. Erhellend ist dabei, daß er sich einerseits am fortgeschrittensten, d.h. den Bedürfnissen der Kulturpolitik eines frühmodernen Staates am meisten angepaßten Aristotelismus, am französischen orientiert,36 andererseits auf jenen deutschen Vorläufer zurückgreift, in dessen Werk sich eine nationale Perspektive für eine deutsche Literaturreform anzukündigen schien: auf Opitz37. Der Anschluß an Opitz hat vor allem einen kulturpolitisch-nationalen Aspekt?* den Gottsched mit einem aufgeklärt-pädgogischen koppelt;39 der Anschluß an Aristoteles liefert nicht nur die beglaubigende Autorität für eine literarische Kanonbildung, sondern auch die Begriffe, die das Dichten als gesellschaftlich nützliche Tätigkeit legitimieren: Der Dichter, im Anschluß an die im Humanismus in den Aristotelismus eingewirkte rhetorische Tradition als vir bonus, als tugendhafter Staatsbürger mit lauteren Absichten,40 der Darstellungsgegenstand als moralischer Handlungszusammenhang oder moralische Charakteristik41 und die Katharsis als moralische Wirkung. Gottsched stimmt daher in Anlehnung an den Aristotelismus der religiösen Fiktionskritik zu. Seine Übereinstimmung betrifft die Unzuständigkeit der literarischen Fiktion im Bereich des Religiösen. Wie Heidegger sich gegen diejenigen wendet, die die Ereignisse »aus eigenem Störrkopf« »fälschen und erstükken«, so wendet sich Gottsched gegen diejenigen, die »die geoffenbarte Religion mit ihren abgeschmackten Erdichtungen...erweitern, d. i. die Wahrheit mit Lü35
Vgl. dazu W. Krauss, 1959,180. Er las denn auch die Poetik im Lichte von Andro Daciers Übersetzung und dessen Kommentar, wie aus seiner Vorstellung über die Bedeutung der Regel für die Theaterreform hervorgeht und wie er es selbst in der Vorrede zu seinem Cato bekennt. 37 Vgl. K. Garber 1983, 40; Ders. 1976, 45fT. 38 Opitz liefert Gottsched den Beweis in Theorie und Praxis, »daß sich der deutsche Witz vor dem Witz benachbarter Völker nicht schämen darf« (Opitz-Rede, SzL 215). Wenn Gottsched auf den schlechten Geschmack der Deutschen zu reden kommt, so nimmt er den Vater der deutschen Dichtkunst, den einzigen Opitz , so die stehende Wendung, und wer ihm nachgefolgt ist, aus (vgl. CD4, 130). Die Critische Dichtkunst erwähnt Opitz an Dutzenden von Stellen als Vorbild eines natürlichen und richtigen Geschmacks. Vgl. dazu das Register zur Critischen Dichtkunst von H. O. Horch 1978, 83. 39 Garber 1976, 45. 40 Vgl. CD4, 97. In Verkennung dieser Vermischung von Aristoteles und rhetorischer Tradition sucht Gottsched bei Aristoteles vergeblich nach einer Beschreibung des Charakters eines wahren Poeten und widmet daher diesem Thema ein ganzes Kapitel (Vgl. CD4, Kap. 2, dem er ein Geschmackskapitel folgen läßt, das aus der gleichen Perspektive der Anforderung an die Dichterpersönlichkeit argumentiert. 41 CD4, 92 und 97. 36
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gen... verbrämen...«, »die Dichtkunst über den menschlichen Begriff hinaus erstrecken und sich alle Augenblicke in Gefahr begeben, wider die Wahrheit und Wahrscheinlichkeit zu verstossen.«42 Diese Abgrenzung führt nicht zu einer generellen Verurteilung fiktiver Literatur, sondern zur Rechtfertigung einer fiktionalen Literatur, die sich an ihre menschlichen Grenzen halten müsse.43 Damit ordnet er die Zuständigkeiten neu, indem er einerseits die Unzuständigkeit des Dichters fürs Religiöse, die »geoffenbarten Wahrheiten«, aufrechterhält, andererseits ihm eine neue Zuständigkeit erteilt, die ihn zum Partner und Erzieher des vernünftigen Lesers macht.44 Erst die Beschränkung auf »menschliche Dinge« verschafft der Dichtung eine Berechtigung, die sie neben der Religion bestehen läßt, ihr sogar eine besonders große Wirksamkeit zugesteht.45 Ohne Zweifel sieht er diese Beschränkung für das Drama im Rahmen einer aristotelisierenden Nachahmung der mensMichen Handlungen.*6 Aber diese Nachahmung ist nicht nur wahr im Sinne der rhetorischen Glaublichkeit und des gesellschaftlichen Decorumgebots, sondern, wie er gegen die radikale Fiktionskritik von Le Clerc betont, moralisch wahr.47 Gottsched unterscheidet zuerst zwischen göttlicher und menschlicher Wahrheit und beansprucht dann für die letztere eine eigene Stimme, die mit der göttlichen nicht in Widerspruch sein darf. Der Begriff, der diesen Nichtwiderspruch, diese Kompatibilität ausdrückt, ist der der Moral. Durch sie ist fiktionale Literatur mit der göttlichen Offenbarung kompatibel und trotzdem nicht eins. Der religiöse Rigorismus wird überwunden, indem der Literatur außerhalb seines Geltungsbereichs ein neues Feld eröffnet wird. Trotzdem kehrt die religiöse Strenge hinterrücks ins Feld der Literatur zurück. Hatte der kirchliche Rigorismus im Adiaphorastreit jegliche Zwischenposition zwischen religiös und antireligiös artikulierten Positionen verneint, so wiederholt sich nun im Felde der Literatur dieser Rigorismus als moralischer. Der Rückbezug auf die Moral in der Literatur schafft die moralischen Mitteldinge aus der Welt: die Dinge sind entweder als gut oder böse darzustellen, sonst verwirkt die Literatur ihre Existenzberechtigung.48 Der moralische Rigorismus in der Literatur hält sich durch die ganze Aufklärungsepoche. Aus seinem Geist nährt sich noch im 19. Jahrhundert die Zensur des Volksschrifttums.49
CD4, 225. * Vgl. ebd. 44 Vgl. ebd. 41 4
4
* Vgl. ebd. Vgl. CD4, 97. 4 ? Anmerkungen zu Le Clerc, Beyträge VI (1740), 588. 48 Vgl. WW II, § 19-21; hier formuliert es Gottsched inbezug auf die Wirkung des Objekts der Darstellung, die »nützlich oder schädlich, rühmlich oder schimpflich, angenehm oder verdrüßlich ist« (§ 20). 4 9 Vgl. Schenda 1977, 46
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Die Moral schafft also der Literatur eine eigenständige Region und rechtfertigt sie gegenüber der Religion. Diese eigenständige Region bezeichnet Gottsched mit dem traditionellen Begriff der Nachahmung der Natur, der aristotelische Mimesisbegriff mutiert in den neoaristotelischen der Nachahmung der Handlungen gemäß ihrer Natur.5° Die Explikation der Begriffe findet er daher vor allem bei Aristoteles' neuzeitlichen Auslegern und jenem antiken Autor, der schon in der Renaissance zum Lückenfuller der aristotelischen Poetik avancierte, bei Horaz. Seiner eigenen Critischen Dichtkunst stellt er die ars poetica des Horaz voran,51 und für die Einleitung der Deutschen Schaubühne, die er präzisierend Deutsche Schaubühne nach den Regeln und Exempeln der Alten nannte, publiziert er, statt der angekündigten Übersetzung des Aristoteles, die PensJe sur la trag die und die Pensle sur von Fe"nelon.52 Fe"nelon wiederholt darin, als Kritik an der galanten Literatur seiner Zeit, den Vorwurf der religiösen Kritik, daß die Schauspiele schädliche Neigungen entzünden, um dadurch zu einer Reform aufzumuntern, die sich an den philosophischen Begriffen des Altertums orientieren soll. Dadurch würden die Schauspiele auch für eine platonische Republik wieder akzeptabel werden. Fenelons Schrift ist weit davon entfernt, originell zu sein. Die philosophischen Begriffe expliziert er vor allem in Termini des Decorumsgebotes, und seine Polemik richtet sich gegen die Romane und Liebesverwirrungen.^ Aber diese Schrift hat eine strategische Funktion, die bei den ändern Theaterschriften der französischen ekklesiastischen Autoren, die im Umkreis s° Daß Gotttsched unter der aristotelischen Mimesis vor allem eine ars caracteristica der Moral versteht, zeigt seine Interpretation des zweiten Kapitels der Poetik, vgl. CD4, 97. Wie alle seine neoaristotelischen Vorgänger findet er den Begriff bei Aristoteles nicht expliziert. Es ging ihm wohl wie jenem Renaissancepoeten, der sich beklagte: »Nirgends sagt uns Aristoteles klar und deutlich, was die Nachahmung ist; wie können wir sie dann in unseren Werken anwenden?« (Zit. nach Fontius 1981, 207, der seinerseits nach Weinberg 1966, 700 zitiert) Es wundert daher eigendich nicht, daß Gottsched, beflügelt vom neoaristotelischen und klassizistischen Loblied auf den Meister eine Übersetzung der Poetik zwar angekündigt, aber nie ausgeführt hat. 51 Gottsched liefert damit die erste deutsche Übersetzung dieser Schrift, die im gesamteuropäischen Rahmen die Literaturtheorie der Periode der Naturnachahmung entscheidend beeinflußt hat. In der Critischen Dichtkunst zitiert Gottsched Horaz' Ars poetica gut drei Mal mehr als Aristoteles' Poetik. Auch das ist ein Indiz des unterschiedlichen Gewichts ihres Einflusses. 5Z Die Pensae sur la trag die hat er schon der Erstausgabe des Cato beigegeben. " R. Krebs 1985, tff. hat auf den Einfluß F£nelons und Pater Portes bei Gottscheds Polemik gegen die Liebesverwirrungen und das Heiraten in der Tragödie (vgl. Vorrede zum Cato) hingewiesen. Schon seine Opernkritik im Biedermann zeugt von diesem Einfluß. Durch Gottscheds Veröffentlichung von Fdnelons Gedanken über das Trauerspiel im Anhang zu seinem Cato wurde Riccoboni auf Fenelons Schrift aufmerksam und propagierte sie nun wieder in ihrem Ursprungsland (vgl. Reflexions historiques et critiques und ihr Referat im Nachwort zur 10. Auflage des Cato, Ausgewählte Werke . 57). 30
Gottscheds übersetzt werden, bei He"delins, Abbe d'Aubignac Pratique du thoatre* und Pater Pordes Discours sur le spectacle^ noch deutlicher hervortritt. Auch der Abbe d'Aubignac fordert zu einer Reform der Bühne auf, doch stellt er diese Reform entschiedener als etwa Fenelon in gesellschaftspolitische Zusammenhänge. Die Alten hätten deshalb dem Schauspiel so große Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie dessen politische Nützlichkeit begriffen hätten. Diesen Nutzen sieht er darin, daß es die Größe und Blüte des Staates gefeiert und gleichzeitig das Volk erzogen hätte. Seinen Ruf habe das Theater deshalb verloren, weil es dieser Aufgabe nicht mehr gerecht geworden, aber auch von den Mächtigen nicht mehr gefördert worden sei. An die Adresse der Kirche gerichtet, betont er, daß ein Schauspiel heute kein religiöser Akt mehr sei (und damit keine Konkurrenz), sondern lediglich ein nützlicher öffentlicher Zeitvertreib, an die Adresse der staatlichen Gewalt unterstreicht er die Nützlichkeit, die utilite publique des Theaters. Damit liefert der Abbe genau die Abgrenzung, die Gottsched für die Begründung des Sinns seiner Theaterreform braucht: Das bestehende Theater führt zu Ausschweifung und Laster, seine Reform führt es zurück auf seine eigentliche Bestimmung, als quasi staatliche Erziehungsanstalt zu nützen, eine Schule der Tugend zu sein, wie der zeitgenössische Ausdruck lautete. Das, was letztlich die Abgrenzung von religiösem und literarischem Diskurs sichert, ist die Unterordnung beider unter Staat und Kirche, Vaterland und Religion: »Und wenn man sagt, man müsse die Schauspiele in christlichen Staaten dulden,« schreibt der Pater Poree, »so sehet darauf, soviel es möglich ist, daß sich ein Bürger, ein ehrlicher Mann, und ein Christe derselben nicht schämen darf.«'6 Die Moral, die der Literatur einen eigenen Bereich verschafft, steht also in staatlich-gesellschaftlichen Zusammenhängen. Um sie unantastbar zu machen, versucht Gottsched zugleich, sie durch eine Ontologie der Moral universalistisch zu begründen. Die Verknüpfung des pragmatischen Elementes mit dem universalen einer Ontologie fand er bei seinem philosophischen Vorbild, bei Christian Wolff, vorgebildet. Dadurch gewinnen seine poetologischen Bemühungen, unabhängig von allen internationalen Einflüssen und französischen Vorbildern, 54
Sie wurde von Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr ins Deutsche übertragen und erschien unter dem Titel Gründlicher Unterricht von Ausübung der theatralischen Dichtkunst 1737 in Hamburg. Von Steinwehr gehörte zum Gottsched-Kreis und war Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Gottsched bespricht die Übersetzung in den Beyträgen 1737, 17. Stück, S. 141-46. 55 Sie wurde übersetzt vom Gottschedianer Johann Friedrich May und erschien unter dem Titel Des berühmten Französischen Paters Porte Rede von den Schauspielen, ob sie eine Schule guter Sitten sind, oder seyn können. Übersetzt, nebst einer Abhandlung von der Schaubühne, herausgegeben von Johann Friedrich Mayen, Leipzig 1734. Gottsched bespricht die Schrift lobend in den Beyträgen 1734, 9. Stück, S. 3-29. May (1697-1762) gehört zum Kreis der engsten Mitarbeiter Gottscheds in Leipzig. 56 May 1734, 59. 31
ihren spezifischen Charakter, der von der deutschen Situation geprägt ist und auf sie reagiert. Daß sich die »gesamte Problematik des Ästhetischen unter die Leitung und gewissermaßen unter die Obhut der systematischen Philosophie«57 begibt, liegt an der Schwäche ihrer Position in der Öffentlichkeit und ihrem gegenüber dem benachbarten Ausland größeren Legitimationsbedürfnis, das nun durch die Philosophie eine umfassendere Absicherung bekommen soll. 2.1.3
Kirche und Religion, Theater und Literatur als »Staatsapparate«
Die gesellschaftspolitische Konzeption ist in Wolffs Politik vorgebildet. Dort erscheint das Theater als »Einrichtung des gemeinen Wesens« in einer Reihe mit Kirche und Schule, allerdings unter dem Vorbehalt, daß dort nur Stücke aufgeführt werden, die die »menschlichen Zufälle nach ihrer wahren Beschaffenheit«58 vorstellen. Mit der »wahren Beschaffenheit« ist nicht Faktentreue gemeint, sondern die Umarbeitung des Stoffes in einen moralischen Wirkungszusammenhang, der den wirklichen Individuen zum Exempel dienen soll. Dieser moralische Wirkungszusammenhang zeigt sich dem befugten Interpreten in der Geschichte und im Leben, er zeigt sich aber noch klarer in der literarischen Fiktion. Wolff gibt daher den erfundenen Exempeln auf dem Theater den Vorzug vor den »wahren Exempeln, die in der Welt passieren«, da jene Ursache und Folge einer Handlung in ihrer Verknüpfung zeigen, während »im menschlichen Leben alles nach und nach geschieht, ehe das Unglück kommet, welches man sich durch lasterhaftes Leben auf den Hals ziehet.«59 »Hingegen in Comödien und Tragödien folget alles, was zusammengehöret, in einer kurtzen Reihe aufeinander und läßt sich daraus der Erfolg der menschlichen Handlungen viel besser und leichter begreifen, als wenn man im menschlichen Leben darauf acht hat«60. Wolff siedelt die theatralische Fiktion auf einem Terrain an, wo sie zugleich selbständig gegenüber der religiösen Botschaft der Kirche, wie auch als gesellschaftliche Institution kompatibel mit ihr erscheint. Die Tätigkeiten im Rahmen von Schule, Kirche und Theater, Unterricht, Predigt und Schauspiel vermitteln »den im gemeinen Wesen notwendigen Unterricht vom Guten und Bösen«61 entweder durch das persönliche Beispiel des Lehrmeisters, Vortrag oder durch Bücher. Den drei medialen Formen entsprechen die Erziehung durch die Eltern, die Lehrer und die Gelehrsamkeit. Die letzte Form der Lehre ist, je nach Adressat, wiederum von dreierlei Art. Sie gibt »Unterricht ... durch gute Re57
E. Cassirer 1932, 444. $ Politik, § 328. 5 ? Politik, § 328. 60 Ebd.; wie nach Vico die Rechtssprechung eine ganze Poetik enthält, so enthält die Poesie eine ganze Rechtssprechung, ein ganzes Strafrecht. 61 Politik, § 312. 32.
geln«, sie beschreibt »Exempel der Tugenden und Laster« oder sie »mahlt« diese »durch Fabeln ab«6z. Darin verstecken sich die Regeln des Kanons, das Vorbild der Alten und die Naturnachahmung als Nachahmung des Wahren.
2.2
Die Einordnung der Dichtung in die praktische Philosophie
2.2.1
Die Lehre als ein Exempel
Den in der Politik vorgeführten Gedanken des Exempelcharakters des Fiktiven hat Wolff in der Ethik und Metaphysik und später in der Philosophia practica universalis präzisiert. Das Exempel ist eingelassen in eine Struktur, in der sich Auslegung (Erkenntnis), Überredung und Bestimmung überschneiden. Von einem auslegenden (erkennenden) Verstand arrangiert, übermittelt das Exempel das Ausgelegte als Faktizität einem Adressaten, der sich durch das Exempel leiten läßt: der erkennende Verstand, Lehrmeister und allwissender Autor, das Exempel, die anschaulich gemachte Lehre, der Adressat, das lernbegierige Subjekt. Das Exempel ist die einfache Gestalt des neuen literarischen Diskurses, strukturiert durch seine lehrhafte Funktion und bestimmt, neue literarische Verhältnisse zu schaffen. »Der Mensch müsse theils auf Exempel gefiihret werden, darinnen sich dieses alles (die Erkenntnis des Moralgesetzes, rgr.) klärlich zeiget, theils muß man ihn ordentlich lehren.«6' Als Philosoph zieht Wolff die ordentliche Lehrart den Exempeln vor, da sie nicht nur die sinnlichen Wirkungen, sondern zugleich die Ursachen des vorgeführten Handlungszusammenhangs aufzeigten.64 2.2.2
Der Vorteil der sinnlichen Exempel
Ebensowenig wie Wolff Tragödie und Komödie prinzipiell ablehnt, verschmäht er die wahren und die erdichteten Exempel (die Fabeln). Die Exempel hätten gegenüber der Vernunfterkenntnis den Vorteil, daß sie zu einer anschauenden Erkenntnis führten, die »bei vielen (das sind die Vielen der Menge, gegenüber den Wenigen der Gelehrsamkeit, rgr.) einen größeren Eindruck machet als die Vernunft«65. Dieser Eindruck, so stellt es sich Wolff vor, wirke in den Willen und bestimme ihn. »Der Wille entsteht aus Bewegungsgründen (§496 Met.): und also kann man ihm nicht anders beykommen, als daß man Bewegungsgründe in die Seele bringet, wenn man ihn ändern will.«66 Weil die sinnliche Anschauung die Affekte heftiger errege, »einen stärkeren Eindruck in die Seele« mache »als die 62
Ebd. ' Moral, § 166. 64 Vgl. Met., §§368-372. 6 5 Moral, § 167. 66 Moral, § 373. 6
33
figürliche Erkenntnis«67, so richte »man mit Exempel ... mehr aus als mit vielen weitläufftigen Vorstellungen, wenn sie auch noch so vernünftig sind«68, denn man sehe bei den Exempeln die »Gewißheit augenblicklich«. Sinnliche Eindrükke sind nicht nur rascher, sie wirken auch nachhaltiger. Nach einer Annahme der Wölfischen Psychologie kann ein Eindruck in der Seele nur durch den stärkern Eindruck seines Gegenteils gelöscht werden. Gottsched nimmt den Gedanken in der Weltweisheit wieder auf.69 Der stärkere Eindruck sinnlicher Vorstellungen polt auch die sinnlichen Begierden in ihr Gegenteil um.70 Allerdings hat die anschauende Erkenntnis den Nachteil, daß sie unkontrolliert wirkt sowohl in Bezug auf ihren Inhalt (es könnte sich dahinter eine Scheinwahrheit verbergen), wie auch in Bezug auf ihre Reichweite (das Problem der Applikation des Falles in der empirischen Vielfalt). Die erste Kautele entspringt der Skepsis des Rationalismus gegenüber der Sinnlichkeit, die allgemein als Quelle des Irrtums betrachtet wird. Wolff redet daher von einer Sklaverey der Sinnlichkeit, aus der man sich befreien müsse,71 und Gottsched bedauert gar, daß man die sinnlichen Begierden nicht ausrotten könne.7* Der Einfluß der Sinne ist in doppelter Hinsicht schädlich, weil er appetitiv zur Abhängigkeit von sinnlichen Begierden und kognitiv zu falschen Urteilen führen kann.73 Auch die Applikation des Beispiels schafft Probleme, denn sie setzt die Vernunft voraus, die das Beispiel eigentlich erübrigen sollte, da die Vernunft in ihm konkrete, einzelne Gestalt wird. Aber gerade außerhalb des konkreten einzelnen Falls bedarf das Beispiel wieder der Vernunft, da nur sie den Zusammenhang einer bestimmten Wahrheit mit den ändern Wahrheiten herzustellen vermag.74 Daß man trotzdem nicht auf die sinnliche Anschauung verzichten will, hat strategische Gründe. Durch vernünftiges Raisonnement sind nicht alle ansprechbar. Um das Dilemma von stärkerer Wirkung, aber unsicheren Folgen zu heben, verlangt Wolff eine besondere Einrichtung des erdichteten Exempels. Dabei werde »die figürliche Erkenntnis des Guten und Bösen«, d. i. die Erkenntnis durch deutliche Begriffe,75 »in eine anschauende verwandelt und dadurch erhalten, daß die Vernunft bei den Sinnen der Einbildungskraft und Affekten nicht unterliegen darf.«76 Der Satz umschreibt in nuce die Bedingung, unter der Kunst als sinnliche Veranstaltung möglich ist. 6
7 Met., § 503.
68
Moral, § 167. 9 Vgl. WW II, § 982 und WW II, § 87; auch Wolff, Met., § 503 und Moral, §§ 166/67 70 Vgl. Wolff, Moral, § 431 und Gottsched, WW II, § 527 71 Met, § 491. 7> WW II, §§ 510-526. 73 Vgl. Wolff, Met., §§ 490/91, 439; Gottsched, WW I, §§ 962, 974. 74 Met., § 371. 75 Vgl. Met., § 319. 76 Moral, § 373. 6
34
Dieser Bedingung genügen die Exempel, da sie den allgemeinen Begriffen eine Anschauung liefern. Exempel sind also Fälle, die im Hinblick auf ein Allgemeines zu verstehen sind. Sie setzen Allgemeinbegriffe immer schon voraus, denn sie entstehen durch deren Zurückführung (reductio) auf das Besondere, das ohne das Allgemeine nicht existieren würde. Als solche sind sie durchaus wieder Ausgangspunkt der Erkenntnis, denn »da die allgemeinen Begriffe von den Empfindungen ihren Ursprung nehmen«77 und diese »zu der anschauenden Erkänntnis gehören«78, so ist »die Rückführung eines abstrakten Begriffs auf einen besonderen Fall nur die methodisch aufbereitete Umkehrung dessen, was in aller Erkenntnis von Anfang an geschieht.«79 In der normalen Begriffsbildung ist das Besondere in der Erfahrung gegeben; das Besondere des Exempels bereitet diese Erfahrung sinnfällig auf. Hier ist nun noch einmal zu unterscheiden zwischen Exempeln und Fabeln; die einen bedienen sich eines besonderen existierenden Falls, um eine allgemeine Wahrheit zu lehren, sei es in der Form eines Experimentes, um ein naturwissenschaftliches Gesetz zu erläutern, sei es, um in der praktischen Philosophie durch Beiziehung eines konkreten und individuellen Falls eine allgemeine Wahrheit zu klären; die ändern bedienen sich der Fiktion, um einen Einzelfall erst zum exemplarischen Fall zu machen; zu ihrer Erfindung gehört also Reduktion und Fiktion. Im dritten Kapitel der Vernünftigen Gedanken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen erläutert Wolff beide, Exempel und Fabel, im Zusammenhang mit der Kindererziehung: Da nun Exempel und Fabeln, die so eingerichtet sind, das sie den Erfolg der guten und bösen Handlungen handgreiflich machen, dazu dienlich sind, daß man im Guten vernünftig wird, auch die Vernunfrt bey den Sinnen, der Einbildungs-Krafrt und den AfFecten nicht unterliegen darff (§ 373 Mor.), so hat man den Kindern, bey sich zeigendem Gebrauche der Vernunrrt, durch Exempel und Fabeln die Tugenden und Laster vorzustellen, damit sie beyde nicht allein kennen lernen, sondern auch einen Trieb zu jenen und einen Abscheu vor diesen bekommen.80
Im Anschluß an die oben zitierte Stelle kommt Wolff auf das Problem der literarischen Fiktion zu sprechen, indem er einerseits den Erzählungen durchaus eine positive Wirkung auf den Verstand zubilligt, andererseits von den abgeschmackten Märlein annimmt, daß sie zu Vorurtheil und Aberglauben, ja bösen Neigungen verleiten. In der Wortwahl knüpft diese Fiktionskritik fast wörtlich an der biblischen an,81 zumal die abgeschmackten Märlein auch hier von alten Weibern erzählt werden.
77
Met., §§ 809, 832. Met., § 846. 79 D. Harth 1978, 48. 80 Politik, § 103. 81 Vgl. i. Tim 4/7. 78
35
Daß die affektive Komponente nicht zu falschen Vorstellungen fuhrt, dafür hat die geschickte Einrichtung der Fabel zu sorgen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Bestimmung der Fiktion. Der erfindende Autor einer Fabel muß selbstverständlich die allgemeinen Begriffe bereits innehaben oder sie durch Erfahrung und Wissen81 bilden können. Daher der Anspruch der Vernünftigkeit an den Autor. Die Vernunft erst befähigt ihn, Exempel und Fabel so einzurichten, daß sie zur Verstandesbildung anleiten, d.h. die Fähigkeit ausbilden, von der Reduktion wieder zur allgemeinen Wahrheit vorzustoßen. Aber auch die Rezeption erfordert Vernunft; der Vernünftige zieht aus dem bildhaften Exempel reichhaltigere Belehrung als der Unvernünftige, da es ihm nicht nur einen Fall vorführt, sondern ein Gesetz illustriert, das er auch auf andere Fälle anzuwenden vermag. Im Paragraph 167 der Deutschen Ethik präzisiert Wolff daher in bezug auf die Wirkung eines vernünftigen Exempels: »Da nun der Erfolg durch die Vernunft am besten beurteilt wird (§ 368 Met.), diese aber aus dem Verstande kommet (§ 277. 368 Met.), so werden Exempel eine viel lebhaftere Vorstellung geben, wenn Verstand und Vernunft sich mit der Erfahrung vereinbahren.« Für den, der nicht viel Verstand besitzt, leistet die vernünftige Anordnung des Exempels immer noch den Dienst, den Unvernünftigen affektiv in den Gebrauch des Verstandes einzuführen.8' Wolffs Fabel- und Exempeltheorie entfaltet theoretisch im Rahmen der Formung der Gemütskräfte und der Verstandesbildung, was Geliert als Lehre der Fabel von der Biene und der Henne formuliert hat: »Dem, der nicht viel Verstand besitzt, die Wahrheit durch ein Bild zu sagen.«84 z.2.3 Das fiktive Exempel als materialisierte Vorstellung Bei Wolff wird das Fiktive begriffen als Vorstellung, deren Funktion die einer Bestimmung des Willens ist.85 Der Spielraum, der dem Fiktiven eingeräumt wird, läßt sich am Begriff der Vorstellung aufzeigen. Vorstellung ist ein schillernder Begriff. Bei Wolff nimmt er die Stellung eines kunsttheoretischen Zentralbegriffs ein;86 Kunstwerke heißen in Wolffs philosophischem Sprachgebrauch nie Nachahmungen, sondern stets Vorstellungen oder Bilder. Sachlich ergibt sich dadurch keine Differenz zu Gottsched: Der Begriff bezeichnet sowohl die ganze Palette der Bewußtseinsinhalte, wie auch die außerhalb des Bewußtseins erfolgende Darstellung im Material (in Wort, Ton, Farbe oder Stein, oder auf der Bühne).87 »Es kommen aber sowohl die Empfin82
Vgl. Met., § 861. ? Vgl. Politik, § 103; ebd. §§ 9iff. 84 Gellerts Fabeln, Schriften I, 70. 8 * Moral, §373, Met., §§4961"., joSf., 879f. und vorangehendes Kapitel. 86 Vgl. dazu J. Krueger 1980, 4of. 8
36
düngen, als Einbildungen in diesen Stücken mit den Bildern, als Gemälden und Statuen, überein, daß sie eine Vorstellung eines Zusammengesetzten sind: und deswegen werden auch die Vorstellungen der cörperlichen Dinge Bilder genennet. Nemlich ein Bild überhaupt ist eine Vorstellung des Zusammengesetzten.«88 Bewußtseinsinhalt und Kunstwerk, inneres Bild und äußeres Bild erscheinen vollkommen parallel; beide sind sie Abbildungen einer äußeren Realität. Der Begriff, der diese Relation von der einfachen Abbildung bis zur Darstellung eines moralischen Zusammenhangs in der Fabel bezeichnet, ist der der Ähnlichkeit. »Da die Vorstellungen der Seele eine Ähnlichkeit mit den körperlichen Dingen in der Welt haben, so verhalten sie sich zu ihnen wie ein Gemälde oder ein anderes Bild zu der Sache, die es vorstellt.«89. Vorstellungen sind dann richtig (erlaubt), wenn sie einen zureichenden Grund haben. Die Repräsentation des Vorhandenen findet in der sichtbaren Welt ihre zureichende Begründung. Wenn man nun ein Bild von einem Gebäude betrachtet, und nach dem Grund fraget, warum dieses so und nicht anders ist, so zeiget man ebendenselben an, auf den man sich berufen würde, wenn das Gebäude selbst vor unsern Augen stünde.90
Die Auffassung steht in einer Tradition der Naturnachahmung, die seit der Renaissance die Wahrheit der Kunst durch die Kopie der sichtbaren Welt zu beglaubigen sucht.91 Mit ihr ging allerdings schon von Anfang an jene Ansicht parallel, wonach Naturnachahmung über bloße Wirklichkeitsdarstellung hinaus ihre Schönheit durch »auswählende und bessernde Tätigkeit«92 darstellen soll. Wie Martin Fontius gezeigt hat, ist diese doppelte Bestimmung durch die Amalgamierung des Nachahmungskonzepts der aristotelischen Poetik mit der Physikvorlesung, (wo diese als ars imitatoria und ars perfectoria die nachahmende und verbessernde Tätigkeit des Arbeitsprozesses bezeichnete), entstanden.93 Diese Vermischung trug »einen Faktor fortgesetzten Mißverständnisses«94 in die neoaristotelische Kunstdiskussion. Naturalistisches ritrarre und verbesserndes imitare galten als gleichermaßen legitime Verfahren, je nach dem ob die Dinge schon in ihrer Erscheinung vollkommen oder als unvollkommene Erscheinungen zu verbessern waren. Was die beiden widersprüchlichen Verfahren vereinigt, ist der Begriff der schönen Natur, später der Vernunftnatur. Mit ihrer Hilfe wird der Darstellungsbereich von Natur sowohl auf der Ebene der Objekte selbst als
8
7 Met., § 751. Met., § 751. 89 Met., § 786. 90 Met., § 726; vgl. auch das Exempel der Ähnlichkeit, Met., § 19. 91 Panofsky, 1982.·*, 24. 92 Ebd. 88
93
94
Fontius 1981, i9iff. und 2ooff. Ebd. 200. 37
auch ihrer Darstellungsart begrenzt und die Schicklichkeits- und Decorumsgebote in den Nachahmungsbegriff aufgenommen.95 Die sichtbare Welt wird geeinigt unter der Kategorie der Natur, um sie repräsentierbar zu machen:96 Kunst als Bestätigung der Ordnung der Dinge, Kunst als Kopie der Natur, Kopie des Schönen, Kopie der Kopie, die unendliche Reihe der Repräsentationen einer Ordnung, die von sich sagt: Ich bin, die ich bin.97 Auch Wolff steht zweifellos noch in der Tradition dieses mit der christlichen Scholastik versöhnten Aristotelismus, in der die von Gott vorgegebene Natur zum Muster der Nachahmung im Hinblick auf ihre Imitation und Perfektionierung wird. Und auch Wolff versucht noch die unendliche Verwirrung, die das Begriffspaar ars imitatoria und ars perfectoria geschaffen hat, aufzuheben in einem Naturbegriff, der sowohl abbildende wie vervollkommnende Aspekte enthält. Zumal für die literarische Fiktion ist die sichtbare Welt als Begründung unzureichend. Für sie gelten jene Fähigkeiten der Einbildungskraft, sich vorzustellen, was nicht mehr vorhanden ist,98 oder sich »vorzustellen, was wir vorher niemals empfunden haben«99. Die erste ist eine rein reproduktive Fähigkeit, eine Nachbildung dessen, was schon einmal in unsern Sinnen war, die zweite, die Erfindungskraft (facultas fingendi), produziert durch Teilung und Zusammensetzung Neues.100 Doch das Neue entsteht auch hier nur durch den Rückgriff auf schon vorhandene Formen. Wolff scheidet die durch die Erfindungskraft hervorgebrachten Vorstellungen, die phantasmata, in zwei Arten, eine unerlaubte und eine erlaubte.101 »Die erste Manier besteht darinnen, daß wir diejenigen Dinge, welche wir entweder wirklich gesehen, oder nur im Bilde vor uns gehabt, nach Gefallen zertheilen, und die Theile von verschiedenen Dingen nach unserem Gefallen zusammen95 Wie Panofsky in seiner Studie IDEA gezeigt hat, ist genau diese Verwirrung der Einsatzpunkt, an dem Platonisches in den Aristotelismus einfließt. Panofsky 19824, i^. und 28-38. 96 Baudrillard 1976, 78-80. 97 Vgl. Barthes 1974, 40. 98 D.h. sich zu erinnern, vgl. Met., § 235. 99 Met., § 241. 100 In der Deutschen Metaphysik beschreibt er dieses Verfahren implizit am positiven und negativen Beispielen. In der Psychologia empirica ist es theoretisch ausgeführt (vgl. § 144). Wolffs Kodifizierung wird für die folgende Philosophie Maßstab. Auch Baumgarten faßt Einbildungen als neu gebildete (wiedererzeugte) Bilder von sinnlichen Dingen, die schon einmal gegenwärtig waren (Meditationes, § 28). Und wie Wolff unterscheidet auch er zwischen der rein reproduktiven Einbildungskraft und einer kombinierenden Dichtungskraft (Metaphysica § 558 und § 589). Ebenso Meier in seiner Metaphysik, § 555/557 und Sulzer in der Allgemeinen Theorie Bd. I, S. 683f. und Bd. II, S. . Zur Entwicklung des Begriffs bis zu Kant vgl. H. G. Juchem 1970, 94-113. 101 Bei Baumgarten kehrt die Unterscheidung wieder als die von heterokosmischen und utopischen Erfindungen (vgl. Kolleghandschrifl, § 441).
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setzen« und damit etwas erdichten, »so nicht möglich ist, und daher eine leere Einbildung genennet wird.«102 Als Beispiele fuhrt er die Gestalt der Melusine, die Engel und die »seltsamen Gestalten der heidnischen Götter« an. Schon die Ars poetica des Horaz eröffnet die Betrachtung über die Kunst mit einer ähnlichen Kritik am Verfahren der Zusammensetzung. Und der Topos kehrt regelmäßig wieder, wenn es darum geht, vor dem Verfall der Kunst zu warnen, die einzig durch die Wiedergewinnung von Natur, Schönheit und Vernunft aufzuhalten sei. Die Poetiker von der Renaissance bis auf Gottsched versäumen es im allgemeinen nicht, den illustren Vorläufer als Beweis für die Vernünftigkeit ihrer Vorschriften zu zitieren. Aber auch wenn das Fischweib103 bei Wolff als Melusine, die Titelfigur eines bekannten Volksbuchs, wiederkehrt, die Kritik orientiert sich nun nicht mehr am Decorumgebot, sondern an einem vermeintlich objektiven Zustand des abzubildende Objekts oder des moralischen Zusammenhangs. Sie ist zu erschließen durch die Art, wie ihr Gegenteil, die vernünftige Einbildung, eingeführt wird. Diese »andere Manier ... bedienet sich des Satzes des zureichenden Grundes, und bringet Bilder hervor, darinnen Wahrheit ist«104. Wolff verweist auf den Bildhauer, der alles Schöne an der Art der Menschen in einer Statue vereinigt, (es ist das Beispiel der krotonischen Jungfrauen, das, hundertfach zitiert, seit der Renaissance durch das kunsttheoretische Schrifttum geistert), und den Baumeister, der aus vielen Rissen einen neuen herstellt, der »nach den Regeln der Baukunst«105 eingerichtet ist. Die erlaubte Fiktion enthüllt ihre Wahrheit auf höherer Ebene; sie ist das, was an den dargestellten Dingen immer wahr ist, wenn auch ihre Zusammensetzung erfunden sein mag. »Erdichtete Geschichten« seien dann möglich, »wenn dergleichen Erzählung mit solchem Verstand eingerichtet ist, daß nichts Widersprechendes darinnen anzutreffen«106 ist. Die Widerspruchsfreiheit bezieht sich allerdings nicht auf eine Übereinstimmung mit der historischen Wirklichkeit; denn befragt man das Erdichtete danach, »ob es wirklich geschehen sei oder nicht; so wird man freylich finden, daß es der gegenwärtigen Verknüpfung der Dinge widerspricht«, daher »in dieser Welt nicht möglich«107 sei. Das, »was noch fehlet, ehe es wirklich werden kann,« sei »außer dieser Welt zu suchen, nämlich in einem ändern Zusammenhang der Dinge«108. 101
Met., § 241.
10
' Ars poetica, V. 3/4.
104
Met., § 245. 5 Met., § 246; Gottsched wird dieses Beispiel in der Weltweisheit (§ 895) wieder aufnehmen und sich des Beispiels der Regeln der Baukunst auch in der Critischen Dichtkunst zur Erläuterung des regelgerechten Kunstwerks bedienen. Gottscheds Experiment in CD4, iiiff. nimmt die Gedanken von Met., ff. 411/415 wieder auf. 106 Met., § 571. I0 ? Ebd. 108 Ebd. 10
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Die Repräsentation des Vorhandenen findet zwar in der sichtbaren Welt ihre Begründung, diese selbst aber ist kontingent, solange sie nicht in der ins Transzendente verschobenen Begründung ihren letzten Grund, den in Gott begründeten Sinn der Dinge findet. Was aber kontingent ist, könnte auch anders sein, »wenn eine andere Verknüpfung der Dinge stattfindet, als jetzund ist«109. Durch diese Möglichkeit des Andersseins der Welt, der Möglichkeit einer ändern Welt, bekommt die fiktive Vorstellung eine gewisse Berechtigung, wenn sie sich an die Bedingungen dessen hält, was möglich ist, das heißt dessen, was dem Wirklichen nicht widerspricht, wenn es auch selbst nicht wirklich ist.110 Damit rekurriert Wolffs Begriff der fiktiven Vorstellung auf seinen Begriff vom Wesen der Dinge, das nicht in ihrer Wirklichkeit, sondern in ihrer Möglichkeit besteht. Die Forderung der Widerspruchsfreiheit bezieht sich nicht primär auf das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit, sondern auf das von Fiktion und Möglichkeit. Daß der Möglichkeitsbegriff, und nicht der Wirklichkeitsbegriff zum Kriterium für die erlaubte Fiktion wird, liegt daran, daß nicht die Wirklichkeit der Dinge, sondern ihr Wesen, das, um wahr zu sein, nicht verwirklicht werden muß, Darstellungsgrundlage ist. Diese Bestimmung erfährt allerdings, wie man gleich sehen wird, eine Einschränkung durch die weitgehende Abhängigkeit des Wesensbegriffs vom Bestehenden. Eine Vorstellung dessen, was sein kann, hat bei Wolff und Gottsched Dingcharakter.111 Wolff sagt: »Alles, was möglich ist, es mag würcklich sein oder nicht, nennen wir ein Ding«112. Dinge lassen sich dadurch voneinander unterscheiden, daß von ihren verschiedenen Bestimmungen eine sich als Grund der übrigen finden läßt, die nach dem Satz des zureichenden Grundes und der Widerspruchsfreiheit nur diesem Ding zukommt, mithin notwendig ist und es in seiner Art determiniert.113 Das Notwendige, das die Dinge determiniert, ist deren Eigenschaft.114 Das Wesen eines Dinges ist nach dem Satz des Widerspruchs immer auch unveränderlich und ewig, es hat weder Anfang noch Ende."5 Es verschließt sich daher dem verändernden Zugriff und erschließt sich nur der Einsicht. Was man schafft, schafft man durch Nachahmung, die durch Einsicht in das Wesen geleitet ist. Man erkenne das Wesen, »wenn man verstehet, wie es in seiner Art determiniert ist«"6. 10
9 Met., § 568. Vgl. Met., §§ 12/13. 111 Vgl. dazu die Darstellung von Birke 19663., 4. 112 Met., § 16; ganz ähnlich Gottsched, WW I, § 225. "3 Vgl. Met., § 32; WW I, §§ 230-232. 114 Vgl. Met., § 46; Gottsched unterscheidet zudem in der Weltweisheit die Beschaffenheit eines Dinges in notwendige Eigenschaften und Zufälligkeiten, vgl. WW I, § 234; vgl. die Erläuterung von Birke igooa, 5. "5 Met., § 32. 116 Met., § 35; WW I, § 280. 110
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Man kann sich in diesem Zusammenhang auf die zusammengesetzten Dinge beschränken, da Wolffan einer Stelle in der Metaphysik sagt, daß »alle ... Dinge, deren wir uns als außer uns bewußt sind, ... aus vielen Theilen bestehen«1'7. Die Kraft, welche die Verknüpfung der Teile zu einem Ganzen bewirkt, nennt Wolff die Ordnung.11* Diese Ordnung konstituiert sich auf der Grundlage einer Regel, die ihrerseits wieder erlaubt, diese Ordnung zu rekonstruieren."9 Als Hinweis auf die Art dieser Ordnung gibt Wolff zunächst nur an, daß Ordnung dort herrsche, wo eine »Ähnlichkeit des Mannigfaltigen«120 in zeitlicher und räumlicher Folge existiere. Da nun Ähnlichkeitsbeziehungen verschiedene Ordnungen ergeben, läßt sich eine übergreifende Ordnung nur durch eine Hierarchisierung der Ordnung erreichen. Diese Hierarchisierung setzt aber voraus, daß man die Zusammenstimmung des Mannigfaltigen nach einem Prinzip organisiert. Dieses Prinzip ist, objektiv formuliert, der Zweck, subjektiv die Absicht. Aber auch Zwecke und Absichten können sich widerstreiten, und die aufklärerischen Philosophen sind sich dessen durchaus bewußt.121 Daher greift Wolff auf eine Hierarchisierung der Zwecke zurück, die ihm das gewünschte Ordnungsprinzip liefert. Trotz des rationalistischen Anspruchs ist diese Ordnung nicht festgelegt, sie bedarf der ständigen Auslegung. Die subjektive Absicht erhebt sich nicht über den objektiven Zweck, sie ist bloß ihr Erfüllungsgehilfe, der den Zweck der Dinge an den Tag bringt. Das geht so fort bis zur höchsten Absicht, der Absicht des Höchsten, die die ewige Ordnung der Dinge in die Wirklichkeit setzt, an die eigene Einsicht gebunden, die nur die ewig beste Ordnung der Dinge wollen kann. Die Möglichkeit ist nun eine Art Grenzbegriff dieser vollkommenen Ordnung, als logische Ordnung vom menschlichen Verstand einsehbar, als vollkommene jedoch in die Transzendenz verschoben, durch deren Begriff der Vollkommenheit, des Zusammenstimmens aller Teile zu einem letzten Zweck, das Bestehende stets als Fall des Bestmöglichen interpretiert werden muß. Die Zusammensetzung der Dinge ist so vielfältig wie möglich, ihre Wirklichkeit ist rein zufällig, wenn sie nicht ihren Grund hat in dieser letzten und höchsten Absicht, die in Gott beschlossen gedacht ist. Alles Mögliche, alles Denkbare muß in Gott begründet sein, und was in Gott begründet ist, ist auch denkbar und daher möglich. Damit instauriert Wolffeine Art Dialektik der Rechtfertigung, die immer gewinnt: Das Wirkliche ist möglich, weil es als Wirkliches, und damit Gottgewolltes, auch immer schon möglich war, und das Mögliche kann jederzeit wirklich werden, denn wenn es möglich ist, muß es im Verstand des Höchsten begründet sein. Mit Gott als zureichendem "7 Met., § 17. 118 Vgl. ebd. "9 Vgl. Met., § 140. 120 Met., § 132. 121
Vgl. Met., §§ i64ff; WW I, §§ 259, 260.
Grund der Wirklichkeit der Dinge wird der Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit, vom Wesen zur Erscheinung, von der Theorie zur Praxis, von der Vorstellung zur Tat, von der Moral zur Herrschaftsordnung in die Transzendenz verschoben. Möglich ist vieles, aber gewiß ist, daß das Bestehende das Bestmögliche ist. Belangbar für den Zustand der Dinge ist niemand, da ihr Grund in die Transzendenz verschoben ist, verpflichtet ist ihr jedermann. Ihr Zustand ist daher nicht als veränderbarer, sondern nur als begreifbarer aufgegeben. Das Demonstrandum einer Wahrheit ist in den unterschiedlichen kritischen und unkritischen Modi der Erfahrung, der Widerspruchsfreiheit oder eines geltenden Dogmas schon vorausgesetzt, die demonstrative Syllogistik erweist es als seinem Begriff entsprechend. Was aus dem Begriff abgeleitet sich als möglich erweist, das findet Wolff auch in der Erscheinungswelt. Das empirisch Gegebene (von so heterogener Art wie Naturabläufe, Institutionen (Staat) oder herrschende Dogmen (die Offenbarung) erscheint somit immer als Bestätigung vorausgesetzter Prinzipien. »Aus der Definition der Bewegung wurde die Gegebenheit des freien Falls deduziert, aber aus der Definition der Vollkommenheit mit >gleicher Strenge< die Gegebenheit des aufgeklärten Despotismus.«122 Mit Recht spricht daher Bloch von einer Apologie des Staates bei Wolff. Dies gilt im doppelten Wortsinn einer Apologie des Staates und des Status. Wolffs metaphysischer Wesensbegriff ist indirekt von der Wirklichkeit abhängig, da nichts möglich ist, was prinzipiell dem Wirklichen widerspricht; dies - im Nachvollzug eines Wolffschen Syllogismus - aus dem Grund, da das Wirkliche, dadurch daß es ist, auch möglich ist, da von Gott, der letzten Ursache aller Dinge, so gewollt, ein Mögliches aber, das dem ändern Möglichen widerspricht, nicht sein kann, da es aus widersprechenden Absichten heraus entstehen müßte. Bei einer vernünftigen Fiktion dürfen sich daher die Absichten nicht widersprechen. Der Zusammenhang des fiktiven Geschehens ist stets durch eine Absicht gedacht, die die Handlungen in einen Zusammenhang von Ursache und Wirkung rückt. Absichten haben sich als möglich (d.h. widerspruchsfrei und zureichend begründet) zu erweisen dadurch, daß sie den höchsten Absichten nicht widersprechen. Dieses Zusammenstimmen der Absichten nennt Wolff eine Ordnung,123 die um so vollkommener sei, je mehr Teile in einem Grund zusammenstimmen.124 Dieser Begriff der Vollkommenheit ist eine Verdichtung von mechanischem Zweckdenken, mathematischer Axiomatik und Morallehre. Die Teile einer Maschine funktionieren vollkommen, wenn sie alle in einem Zweck zusammenstimmen, die Mathematik funktioniert aus einem Axiom, und die Handlungen 122
Blodi I9752, 66. 3 Vgl. Met., § 132. 124 Met., § 152; zur kunsttheoretischen Anwendung vgl. §§ 404, 411, 822. 12
der Menschen sind vollkommen durch die Zusammenstimmimg aller Handlungen zu einer Absicht.125 Voraussetzung und Folge dieser harmonischen Ordnung ist die Linearität von Ursache und Wirkung, die Systematik der Zahlen und, abbildungstheoretisch, die Eindeutigkeit der Zeichen.126 Bei der Hervorbringung einer vernünftigen Vorstellung bringt eine vernünftige Absicht eine Ordnung zur Erscheinung, die der Ordnung des Höchsten nicht widerspricht. Im Begriff der Möglichkeit ist diese Kompatibilität ausgedrückt. Daher hat sich die Fiktion an das zu halten, was als möglich definiert wird. 2.2.4
Möglichkeit als Auslegungskategorie der Philosophie
Der Möglichkeitsbegriff ist bei Wolff eng verbunden mit der Stellung und Funktion der Philosophie,127 der Abgrenzung von Wissen und Glauben. Erhellend sind schon die Problemlage und der theoretische Zusammenhang, aus denen heraus Wolff seine Philosophie als Wissenschafl des Möglichen entwickelt. Wolff verfällt auf diese Bestimmung, als er im Hinblick auf das kopernikanische System überlegt, ob und inwiefern philosophische und insbesondere physikalische Fragen aus der Heiligen Schrift entschieden werden könnten.128 Mit dem Möglichkeitsbegriff führt er eine Auslegungskategorie ein, die, ohne der Heiligen Schrift explizit zu widersprechen, sich nicht auf sie als Autorität berufen muß. Er integriert dadurch die neuen Erkenntnisse der Naturwissenschaften ins diskursive Gefüge der Wissenschaften und macht sie interpretierbar im Rahmen eines Ideengebäudes, das unabhängig von der Schrift und der Wirklichkeit ein Denkbares annimmt, dessen befugte Ausleger nur die Philosophen sind; er integriert sie, indem er sie auf einen einheitlichen Naturbegriff und einen ebensolchen Vernunftbegriff basiert. Natur und Vernunft sind integriert in die götdiche Ordnung, aber erklärt werden sie von Metaphysikern als Spezialisten der Vernunfterkenntnis: Säkularisierung als Regionalisierung von Diskurslogiken. Wolffs und Gottscheds, ja schon Leibniz' Philosophieprogramm, zieht damit eine Konsequenz aus der Herausforderung durch die neuen Naturwissenschaften.129 Der Begriff der Möglichkeit enthält mindestens drei verschiedene Schichten: das physisch Mögliche, das logisch Mögliche und das metaphysisch Mögliche. So unterscheidet Wolff nicht zwischen dem Möglichen, das jederzeit auch wirklich werden kann (in der Logik führt er als Beispiel den Regen an) und dem Möglichen, das noch nie war.130 Bruchlos scheint er von der physischen Ebene der 115
Vgl. Met., § 152.
126
Vgl. zur Zeichentheorie das Kapitel 3.1: Anschauende und Vernunfterkenntnis »7 Vgl. Logik, Vorbericht, § i. 128 Vgl. W. Schneiders 1983, 16; Logica, §498. 129 Zum philosophiegeschichtlichen Zusammenhang vgl. E. Cassirer 1932, 130 Vgl. die Bestimmung in der Logik, Vorbericht, §§ 3ff. 43
Möglichkeit auf die logische und metaphysische zu wechseln. Alle drei Aspekte des Möglichkeitsbegriffs sind oft gleichzeitig im Spiel. Aber wie ist ihr Determinationsverhältnis? Entgegen einer weitverbreiteten Meinung, die Wolffs Philosophie als Ausdruck der mathematischen Methode sieht, dominiert in ihr keineswegs der logische Möglichkeitsbegriff, da es ihm um eine ratio facti, eine Umdeutung und Überhöhung des Bestehenden in eine widerspruchsfreie Ordnung geht und nicht um logische Strukturen als idealiter existierende Verhältnisse. Wolffs Rationalismus bewegt sich, ohne es zu bekennen, im Rahmen eines Imaginären, das er mit dem Spekulativen, dem sich seine rationale Methode entgegensetzen sollte, verwechselt. Ebensowenig wird sein Möglichkeitsbegriff vom physisch Möglichen bestimmt. Dieses implizierte die Frage nach den Ursachen des Wirklichen, die bei Wolff bruchlos in die Frage nach dem Grund, aus dem alles entsteht, übergeht; d.h. die Frage nach der Ursache des Geschehens geht über in die metaphysische des »Geschehenkönnens«131. Möglichkeit als Denkbarkeit (logische Möglichkeit) und Möglichkeit als Grund (reale Möglichkeit) sind verknüpft in einem metaphysischen Möglichkeitsbegriff, »da sowohl die Frage nach dem Denkbaren, wenn sie zur Frage nach allem Denkbaren wird, wie die Frage nach den Gründen, wenn sie zur Frage nach den letzten Gründen wird, in den Raum der Metaphysik vorstößt.«132 Statt von einem Vorstoß würde man besser von einer Verschiebung des Gegensätzlichen in den widerspruchsfreien Raum der Metaphysik reden. In diesem Raum ist das Wirkliche aufgehoben und überhöht in einen universalen Ordnungszusammenhang, von dem her alles seinen Sinn erhält. In diesem Raum spielt das Rationale als diskursives Prinzip eine Rolle. Das Rationale ist weder das Mathematische, noch das Logische, noch das Mechanische, sondern ein Raum, in dem Elemente des Mathematischen, Logischen und Mechanischen zusammentreten zu einem rationalen Imaginären, das dem Wirklichen seine Deutungsstruktur aufprägt. Wie die Vorstellung der Welt ist auch die Vorstellung der Sprache davon geprägt: das Wirkliche der Sprache ist ihr logisch Mögliches.1'3 In ihr scheint die bestehende Wirklichkeit nur an den Tag zu bringen, was die Möglichkeit bereithält. Diese Möglichkeit enthält eine logische, theologische, physikalische, moralische und, ante litteras, auch eine ästhetische Ordnung (als die Kunst des Scheinens und der Wirkung der Moral). In ihr scheinen alle Aspekte der Wirklichkeit mit der göttlichen Ordnung in Übereinstimmung zu sein: das Mögliche der Mathematik, das Mögliche der Physik, das Mögliche des Geschehens, das Mögliche der Moral, das Mögliche der Sprache. Der Begriff definiert einen Bereich und einen Ausschluß: das Mögliche und Vgl. Schneiders 1983,19. Schneiders 1983, 23. Vgl. dazu Gadet/Pecheux 1981, 45.
44
das Erlaubte, das Unmögliche und das Verbotene. In ihn schreibt sich eine Politik ein. Die Akademie will zum Tribunal dieser Unterscheidung werden, und die Philosophie versucht, sich zu ihrem Richter aufzuschwingen. In der Anlage des Wölfischen Denkens zeigen sich die Weichenstellungen, die auch Gottscheds Vorstellungen der Literaturreform bedingen: Die Akademie als Ort der Kritik und die Philosophie als deren Code. Was Gottsched bei Richelieu als Politik sah und beim Abbe d'Aubignac als theoretisches Projekt für das Theater, das fand er bei Wolff in abstrakten Gedanken.
2.3
Die Wolffsche Philosophie als logozentrische Strategie der kulturellen Vereinigung
2.3.1
Philosophischer Diskurs und religiöser Diskurs
Die entscheidende Verschiebung, an der Wolff arbeitet, ist die zum Logozentrismus. Der Wille Gottes, der nach wie vor im Zentrum steht, bezeichnet keinen Ursprung, sondern eine Möglichkeit. Klar tritt diese Differenz in Wolffs Streit mit Budde zutage, der Wolffs Philosophie vorgeworfen hat, daß darin »Gott nur gradus perfectionis von der Seele des Menschen unterschieden sei«. Damit trifft Budde ohne Zweifel einen zentralen Punkt der wölfischen Philosophie. Wolff kontert, indem er die Annahme des Logozentrismus verteidigt: »Der Unterschied zwischen mir und ihm ist bloß dieser, daß ich mit unseren Theologis behaupte, Gott habe Raison gehabt, wann er dieses befohlen, jenes verbothen: Herr Budde aber davor hält, er habe es ohne Raison gewollt.«134 Die Begriffe, mit denen Wolff in der Metaphysik diesen Unterschied erläutert, sind die von Wissen und Macht. Wäre die Welt keine vollkommene Maschine, so würde sie nur als Werk seiner Macht existieren. Aber das wäre gleichsam eine »unanständige Art«, sich Gott vorzustellen, »da wir ihn derart einem König gleichsetzen, der aus Unverstände und Affekten seine Macht mißbraucht, das ist, anders brauchet, als es die Regeln der Weisheit erfordern.«'35 Gott hingegen braucht seine Macht nach den Regeln dieser Weisheit, und diese gründen, wie wir gesehen haben, im umfassenden Wissen über die Verknüpfung aller Dinge, die ihn die Welt als Maschine konzipieren läßt.'36 Für Wolff ist Gott zwar allwissend, aber letzten Endes nicht allmächtig. Das Wesen der Dinge und die notwendigen Wahrheiten kann Gott nicht ändern. Er kann nicht »machen, daß zweymal zwey weniger oder mehr als vier sey.«137 Er kann daher nur das Mögliche (das, was auch Gegenstand der Philosophie ist) 134 135
136 137
Zit. nach H. M. Wolff 1949, 153. Met., § 1039. Vgl. Met., §§ 565«: und § 1037. Met., § 1022. 45
verwirklichen, aber er tut es aus seinem allseitigen Wissen, dem er in seinem Tun stets verpflichtet ist. Die göttliche Schöpfung, die Wirklichkeit seiner Macht, ist die Wirklichkeit dessen, was in Gottes Verstand möglich ist,138 ist Offenbarung seiner Vollkommenheit.139 Naturgesetz und Moralgesetz entsprechen Gottes Willen, denn dieser kann seiner eigenen Vollkommenheit nicht zuwiderhandeln, indem er der Natur ein anderes Gesetz als das Naturgesetz vorschreibt und den Menschen etwas, was dem Gesetz der Natur zuwiderläuft.140 Daher ist umgekehrt »die natürliche Verbindlichkeit zugleich ein göttliches Gesetze«141. Die Wirklichkeit des göttlichen Willens ist daher stets verknüpft mit der Vernünftigkeit der Welt; das Bestehende ist unantastbar, weil der göttliche Wille einer umfassenden Einsicht entspringt. Aber aus der Vernünftigkeit von Gottes Werken ergibt sich auch die Möglichkeit ihrer Erkenntnis und der Erkenntnis von Gottes Weisheit142. Sein Wille ist in Natur und Gesellschaft erkennbar und erklärbar, in seiner apriorischen Vernünftigkeit jedoch weder kritisierbar noch veränderbar. Daher bleibt die Anordnung der Dinge, der natürlichen wie der gesellschaftlichen, da sie Gott zugeschrieben wird, dem menschlichen Handeln entzogen. Doch der Mensch steht, wenn auch nicht als Handelnder, so doch als Reflektierender neben Gott im Logozentrum. Seine Sicht ist zwar manchmal getrübt, und ihm mangelt die Weitsicht und die Fähigkeit, alles auf einmal zu sehen, aber durch die Position im Zentrum ist ihm der Auftrag klar vorgegeben: die Ausbildung und Perfektionierung seines Verstandes, worin seine menschliche Bestimmung liegt.143 Wolff schreibt dem menschlichen Verstand die »deutliche Erkenntnis der Wahrheit«144 zu. Das Mögliche als möglich zu erkennen, auch wenn es nicht wirklich ist, steht auch dem menschlichen Verstand zu: er ist Teil des göttlichen Verstandes, weil das Denkbare in den absoluten Verstand Gottes eingelagert ist. 138
Met., § 1053. '39 Met., § 1045. HO Vgl. Moral, § 29. 141 Ebd. *42 Met., § 1037. Eine hübsche Illustration dieser Auffassung gibt das Frontispiz von Gottscheds Weltweisheit. Unter einer geometrischen Konstruktionskizze des Weltalls mit Sonnensystemen und Planetenumlaufbahnen steht der Vers: »Hier starret Sinn und Witz, der Geist verliert sich ganz In aller Welten Heer, Pracht, Ordnung, Lauf und Glantz, O: Was ist hier der Mensch? Er wäre nichts zu nennen, Könnt'er am Wercke nicht des Meisters Größe kennen.« Den Vierzeiler illustriert auch Wolff, Met., § 957. H3 Vgl. dazu die berühmten Sätze aus der Vorrede zur Logik. In der Metaphysik behandelt er die Verstandesbildung in praktischer Absicht unter den menschlichen Pflichten. 144 Met., §§ 277/78. Der menschlichen Vernunft schreibt Wolff die Einsicht in den Zusammenhang der Wahrheiten zu (Met., §§ 368-372; vgl. das 3. Kap. der Metaphysik zur Entstehung deutlicher Begriffe). 46
Beide unterscheiden sich, wie schon der Zeitgenosse und Gegner Budde richtig bemerkt hat, nur quantitativ voneinander. Die göttliche Vernunft ist absolute Philosophie, Gott der absolute Philosoph,'45 der Mensch bloß dessen unvollkommene Form.146 ».. .Gott erkennet alles, was möglich ist (§ 955): der Mensch nur etwas (§ 753). Gott erkennet alles deutlich (§ 955): der Mensch vieles undeutlich, ja gar dunckel (§2.75). Gott erkennet alles auf ein mahl (§955); der Mensch eines nach dem ändern.«147 Das Erwachen des Vernunftstolzes, das in Wolffs Vorrede zur Logik, den Vernünffiigen Gedanken von den Kräfften des menschlichen Verstandes ihr eindrückliches Manifest erhält, initiiert keine prometheische Tat - die Vernunft ist ja zurückgebunden an ein absolutes Wissen Gottes - aber es verschiebt ein Stück weit die Zuständigkeiten der Auslegung: Es bestreitet der Theologie die Lehrmeinung über Natur und Moral. Zudem verspricht die philosophische Vernunft, in die Theologie selbst größere Klarheit zu bringen, sie auf vernünftigen Prinzipien zu begründen148 und ihr durch diese Klarheit und Deutlichkeit eine größere Wirkung zu verschaffen.149 Es ist die Darstellung des Zusammenhangs des Ganzen, die die Überzeugungskraft der biblischen Botschaft erhöht.1*0 Wolffs Philosophie bewegt sich in widersprüchlichen Bahnen. Antitheologisch für jene, die (vor allem im 19. Jahrhundert) in der Theologie ein Hindernis des freien philosophischen Denkens sehen, interveniert sie als Philosophie selbst im Theologischen, mit durchaus unterschiedlicher Wirkung.151 Das imaginäre Allgemeine der Theologie, in dem jeder Gegensatz in der jeweiligen Reichsgottesvorstellung aufgehoben scheint, transformiert sich in das imaginäre Allgemeine eines Logos, in dem selbst die Gegensätze der Theologie in der einen Vernunft aufgehoben werden sollen. Die spalterischen Effekte der konfessionellen Gegensätze im Gemeinwesen sollen philosophisch überwunden werden, indem sie durch die Ausbildung der gottähnlichen menschlichen Vernunft zu sekundären Unterschieden herabgesetzt werden. 145 Vgl. Theologia naturalis, § z68 und Met., §§ 972ff.; Schneiders 1983, 9-30. Vgl. Met. § 973. 147 Met. § 956. Inbezug auf sehr große Dinge unterscheidet sich die Deutlichkeit der Erkenntnis inbezug auf Vollständigkeit und Ausführlichkeit, vgl. Probe einer Anwendung, in: Kleine philosophische Schriften I, §§ 1-5. 148 Lebensbeschreibung, Wuttke 1844, 121. 149 So erklärt er den Erfolg seiner Predigten dadurch, daß er »durch deutliche Begriffe die Sache zu erklären suchte und immer eines aus den ändern deducierte (...) und den Beweis nicht allein aus dictis scripturae, sondern auch aus den Begriffen der Sache führte.« Lebensbeschreibung, Wuttke 1844, 128. 150 Vgl. auch Nachricht, I77f. 151 Die unterschiedlichen Wirkungen ergeben sich aus der schwankenden Bestimmung des Unterschieds von Vernunft und Offenbarung. Aus der schwankenden Bestimmung ergeben sich zwangsläufig verschiedene interpretative Positionen: von der opportunistischen Abgrenzung von Offenbarung und Vernunft über deren Gleichsetzung bis zur radikalen Bibelkritik. 146
47
WolfF verschafft damit der Philosophie theoretisch eine Stellung, die sie zu einer Grundwissenschaft des entfremdeten Gemeinwesens und zu einer Universaltheorie aller Wissensgebiete macht. Sie erweist sich mit den traditionellen ideologischen Mächten kompatibel, ihre Sprache der Vernunft spricht auch aus unsern Theologis, aber sie gibt als Stimme der göttlichen Vernunft der Theologie eine neue Begründung. In Umdeutung des Bildes von der Philosophie als der Magd der Theologie wird bei Wolff die Weltweisheit zur »Magd, die mit ihrem Licht den ändern Disziplinen den Weg leuchtet«152. Wolff propagiert also einen Umsturz in der Hierarchie des universitären Fächerkanons, der die bis anhin propädeutische Disziplin der Philosophie zur ersten erheben sollte. Diesen Anspruch nehmen seine Anhänger und Schüler sehr schnell auf. Gottsched, um den es uns hier vor allem zu tun ist, setzt sich nicht nur theoretisch für die Wolffsche Philosophie ein,'53 er kämpft auch praktisch für deren Aufwertung im akademischen Fächerkanon. 1726 setzt er sich in einer Rede für den Umsturz der Fächerhierarchie ein, weil die jetzige Fächerorganisation der Philosophie nicht gerecht werde, da sie »den höchsten Gipfel der menschlichen Vollkommenheit in die unterste Klasse gesetzt und das herrlichste Geschenk Gottes der geringsten unter allen vier Fakultäten zur Beschäftigung angewiesen hat«154. Auch bei Gottsched verbindet sich der Kampf um die Aufwertung der Philosophie sofort mit der Propaganda für den Vernunftgebrauch, d. h. seine Forderung zielt nicht nur auf eine akademische Reform, sondern zugleich auf ein neues Denken. Auf der Ebene der Universität gelang der Philosophie dieser Durchbruch unter Wolffs Aegide nie. Aber das ist auch nicht das Entscheidende. Hingegen verbreitet sich mit der Wölfischen Philosophie der philosophische Diskurs zum ersten Mal weit über die Fachgrenzen hinaus und macht seinen Einfluß in den verschiedensten Gebieten geltend. Die Philosophie hat auch später nie eine formelle Vorrangstellung im universitären Fächerkanon erlangt, aber sie hat zu Zeiten die literarische, theologische, moralisch-politische (rechtliche) und psychologische Diskussion derart beeinflußt, daß man ihr faktisch eine Vorrangstellung zubilligte. Wolffs Philosophie bahnte dazu den Weg.155
52 Nachricht, Kap. 13, S. 536. 153
Gottsched selbst beschreibt seinen philosophischen Werdegang als Weg zur Philosophie Wolffs (vgl. Historische Lobschnft des Freiherrn von Wolf. Halle 1755 (unpag.); ebenso Vorrede zur 2. Aufl. der Weltweisheit, Leipzig 1736, Bogen (*7). Als Ergebnis dieses Weges bezeichnet er selbst in der Lobschrift seine Weltweisheit. 154 Akademische Rede: Ein Jurist muß ein Philosoph sein, Ausgewählte Werke DC,2, S. 466. T 55 Paulsen (1919, 54of.) sah in WolrF den Bahnbrecher des freien Denkens: »Von jetzt an änderte sich, wenigstens im Bereich des Protestantismus, das Verhältnis dahin, daß die Theologie unter den dominierenden Einfluß der Philosophie trat: nacheinander haben die WolrRsche, die Kantische, die Hegeische Philosophie auf die Gestaltung der Theologie entscheidend eingewirkt« (542). 48
Wolff sieht in der Philosophie zweifellos das Zentrum der Reorganisation eines Wissens in Krise; er sieht es in Bezug auf die Naturwissenschaften, deren Erkenntnisse er in ein neues mechanisch-logozentrisches Weltbild zu integrieren versucht, aber ebenso in bezug auf Moral, Politik, Recht und Glaube, ja selbst für die Künste,1'6 die er auf ein philosophisches Fundament stellen will. Die Philosophie soll also zur gesetzgebenden Einheitswissenschaft aller Fakultäten werden. Im Unterschied zu Thomasius, der die Philosophie nur auf der Basis von Erfahrungssätzen neu begründen wollte, ohne sich besonders um die zeitgenössische Erfahrungswissenschaft schlechthin, die Naturwissenschaft, zu bekümmern, im Unterschied aber auch zum Cartesianismus, der sich ganz auf das naturwissenschaftliche Denken beschränkte, versucht Wolff auch das Übersinnliche und das Religiöse mit Mitteln der Metaphysik neu zu bestimmen, indem er in der Philosophie alle Wissensfelder zusammenfaßt und sie als mit göttlichen Absichten übereinstimmend erklärt. In der Philosophie als der Lehre von der vernünftigen Einrichtung der Dinge und der vernünftigen Einsicht der gottähnlichen menschlichen Vernunft sind jene, das Gemeinwesen zerreißenden Gegensätze als überwunden gedacht, die sich stets noch innerhalb und zwischen den Konfessionen auftun, ja selbst derjenige zwischen christlichem Bekenntnis, nichtchristlichem Bekenntnis und Atheismus verliert bei ihm in moraltheoretischer Hinsicht an Schärfe.157 Wolff verarbeitet dabei eigene Erfahrungen im Umgang mit Religionen. In seiner Jugend erlebt er in Breslau »den Eifer der Lutheraner und Catholicken gegeneinander«, von denen »ein ieder Recht zu haben vermeinete«15*. In Halle, wo er 1711 Professor wird, verschärft sich vor seinen Augen der Konflikt zwischen Pietismus und lutherischer Orthodoxie, ja schließlich gerät er selbst ins Schußfeuer der Pietisten. Wolffs Anspruch, mit seiner philosophischen Methode den »höheren Fakultäten« den Text vorzuschreiben, führte zum Konflikt mit der pietistisch dominierten theologischen Fakultät in Halle, wo Wolff seit 1711 lehrte. Wolff hat den Konflikt selbst ausgelöst, als er am Ende seines Prorektorats 1721 eine Rede über die Sittenlehre der Sineser hielt,159 worin er die Möglichkeit einer nicht christlichen Sittenlehre als staatsverträgliche Moralform skizzierte. Die Sineser Rede steht am Ende des Zyklus seiner wichtigsten deutschen Schriften.100 Mit ihr testet er die Politikfähigkeit seiner Gedanken, mit ihr verschärft er den Konflikt mit den führenden Pietisten, der schließlich zu seiner Ausweisung aus Halle
156 157 158 159 160
Vgl. Moral, § 369. Vgl. Moral, §§ 20-22. Lebensbeschreibung, Wuttke 1844, I2of. Ludovici 1736, I, 8 und II, 91. Dt. Logik 1712, Dt. Metaphysik 1719, Dt. Ethik 1720, Dt. Politik 1721. 49
fuhrt.101 Sie signalisiert den »Beginn der Trennung von Moral und Religion, der Rehabilitierung des heidnischen Sokrates«102. Kernpunkt des Streits ist, hinter allen Spiegelfechtereien um den Spinozismus und Atheismus Wolffs und Leibniz', der Kampf um die Zuständigkeiten für Ausbildung und Lehre. Wolffs Anspruch, eine konfessionstranszendente Vernunftlehre zu begründen, stand der Anspruch der hallischen Pietisten entgegen, die orthodox-theologische Auslegung und Lehre radikal theologisch zu erneuern.16' Halle, mit dem Franckeschen Waisenhaus und einer Reformuniversität, deren theologische Fakultät die Pietisten zur richtungsweisenden und verbindlichen Ausbildungsstätte für Theologen in ganz Preußen zu machen versuchten, war für sie ein strategischer Stützpunkt und hatte Symbolgehalt. Wolff befand sich in der Höhle des Löwen. Sein großer Einfluß auf die Studenten der Universität,164 ja selbst auf die Zöglinge des Waisenhauses,105 mußte den Konflikt zusätzlich verschärfen. Nicht nur theoretisch befinden sich Wolff und die Pietisten an den Antipoden - Wolffs Überzeugung von der Vernünftigkeit des Menschen und der Perfektibilität seines Verstandes setzen die Pietisten den Glauben an die prinzipielle Korrumpiertheit der menschlichen Vernunft entgegen, Wolffs Meinung von der Nützlichkeit der Philosophie für die Theologie bekämpfen sie auf der ganzen Linie als Einfluß des Atheismus - Wolff schien auch praktisch den Einfluß der Philosophie auf die Theologie geltend zu machen durch den Erfolg seiner Lehrtätigkeit.166 161
162 163
164 165 166
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Als Quellenberichte zum Fall Wolff sind nützlich: Ludovici 1736/38 I-III und Hartmann 1737, den Ludovici des Plagiats beschuldigt (vgl. Neueste Merckwürdigkeiten der Leibnitzisch Wolffischen Weltweisheit, Frankfurt, Leipzig 1738, S. 8ff.). Zur historischen Darstellung des ganzen Falls, Hinrichs 1971, 388-441, als ältere Darstellung die von Wuttke 1844 in der Einleitung zu Wolffs eigener Lebensbeschreibung. Die neueste mir bekannte Darstellung von D. Bourel 1985, 64-74 folgt im wesendichen Hinrichs. Bourel 1985, 68. Wolffs Hauptgegner, der ehemalige Rektor des Werderschen Gymnasiums zu Berlin, Lange, der just in den Moment nach Halle berufen wurde, als Wolff hier seine philosophischen Vorlesungen aufnahm, warnte seine Studenten von Anfang an, bei Wolff mathematische und philosophische Vorlesungen zu hören. Auch das von Lange verfaßte Gutachten der theologischen Fakultät von 1723 gegen Wolff (Hartmann 1737, 73off.) betont in den konkreten Anklagepunkten den »betrübten Effekte« der Wolffschen Philosophie »an so manchen Studiosis Theologiae« (Hinrichs 1971, m). Wolff bleibt in seiner Antwort nichts schuldig (vgl. Hartmann, 1737, 74off, Hinrichs, 1971, 414). Ludovici II, 96; Hartmann 1737, i85f, 403, 632f.; Hinrichs 1971, 399. Hinrichs 1971, 400. Den hallischen Pietisten geht es zuerst wohl nicht um die Vertreibung Wolffs, sondern um die Zurückstufung seines Lehrbereichs auf reine logische Propädeutik oder auf bloße Mathematik. Wolffs Festhalten an seinem Anspruch, die Philosophie als Universalwissenschaft zu lehren, hatte sie wohl in ihrer harten Haltung bestärkt (vgl. die Reaktion Franckes nach Hinrichs 1971,419). Auch ihr weiterer Kampf richtet sich gegen
WolfF mußte also weg. Pietistische Intrigen am Hof führten zur berühmten Kabinettsordre Friedrich Wilhelms, die Wolff zwang, Halle »binnen 24 Stunden bei Strafe des Stranges« zu verlassen.167 Die Vertreibung Wolffs aus Halle löste in den folgenden Jahren einen ideologischen Großkampf an den mittel- und norddeutschen Universitäten aus.168 172.7 folgte ein Verbot von Wolffs metaphysischen und moralischen Schriften sowie ein Verbot, über sie öffentlich oder privatim zu lesen.1091736 erwirkten die Halleschen Pietisten eine Kabinettsordre, welche den preußischen Theologiestudenten ein zweijähriges Studium in Halle zur Pflicht machte.170 Aber die Vertreibung Wolffs aus Halle war nur der Startschuß zu einem beispiellosen Erfolg der Wolffschen Philosophie. Schmäh- und Verteidigungsschriften trugen seine Philosophie in alle Lande;171 mit jeder Widerlegung Wolffs und jeder Vertreibung eines Wolffianers wuchs die wolffsche Schule.171 Gottsched war ein Wolffianer der ersten Stunde.173 Die Verteidigung seiner Habilitation über den Ursprung des moralischen Übels, in der er, wie Wolff, die Lehre von der prästabilierten Harmonie als unschädliche Hypothese ausgab, erregte großes Aufsehen, »weil Hofrath Wolff nur am Ende des vorigen Jahres, bey Strafe des Stranges aus Halle war vertrieben worden, der aber hier gleichsam öffentlich wieder ehrlich gemacht ward«174. den Einfluß der Wolffschen Philosophie auf die Theologie. Hier erreichten sie durchaus einige praktische Erfolge, so das königliche Mandat, nach dem der Druck und die Vertreibung von Büchern mit atheistischem Inhalt in Preußen verboten wurde, dem kurz darauf ein zweites folgte, das die metaphysischen und moralischen Schriften Wolffs ausdrücklich einschloß. Und noch 1736 erreichte Lange vom König eine Kabinettsordre als Warnung an die theologische Fakultät zu Halle, »daß die Studiosi Theologiae zu Halle sich nicht mehr so fleißig wie vordem auf die Theologie und den Grund der Heiligen Schrift legten, sondern sich vielmehr auf die Philosophie und unnütze Subtilitäten und Fratzen applicieren« (Ludovici, Streitschriften I, 2.). 167 Zum genauen Ablauf der Vertreibung Wolffs vgl. Hinrichs 1971, 401-418. 168 Dazu Hinrichs 1971, 42zff. 16 9 Wuttke 1844, 32. 170 Vgl. ebd., 33. 171 G. V. Hartmann fuhrt bis 1736126 einzelne Schriften gegen Wolffan, 14 Verteidigungsschriften von Wolff und 68 von seinen Anhängern; C. G. Ludovici kommt auf eine wesentlich höhere Zahl. 172 Das sieht nach und nach auch die Gegenseite ein. So schreibt Franz Albert Schultz im Januar 1735 an den jüngeren Francke: »Weiß inzwischen nicht, ob es nicht ratsam, wenn Herr D. Lange sich der Widerlegung solcher Philosophie möchte etwas enthalten, weil es doch dadurch nur immer übler zu werden scheinet.« Zit. nach Hinrichs 1971, 426, der nach der Briefsammlung von Th. Wotschke (Der Pietismus in Königsberg nach Rogalls Tode in Briefen. Schriften der Synodalkommission für ostpr. Kirchengeschichte 1929/30, S. 34) zitiert. 173 Vgl. dazu Gottscheds Bericht über seine Habilitationsdisputation vom 18. Oktober 1724, in: Reichel 1908, I, I37f., WW I7, Vorrede unpag., sowie seine Historische Lobschriß des Freiherrn von Wolf. Halle 1755 (unpag.). 174 Zit. nach M. Wehr 1974, 13. 51
Die Verfolgung Wolffs und seiner Anhänger hatte durchaus unterschiedliche Wirkung auf das wolffianische Lager. Die einen beharrten auf den Wölfischen Prinzipien und zogen radikale Folgen daraus, die ändern paßten die Wolffschen Lehren, den Machtverhältnissen entsprechend, den herrschenden Auffassungen an. Zwischen radikalem und gemäßigtem Wolffianismus gab es aber mancherlei Übergänge und Mischformen, je nach persönlicher Lebenssituation, Charakter und wissenschaftlichen Interessen der Betroffenen und des auf sie ausgeübten politischen Drucks.175 Der radikale Flügel entstammt der zweiten Generation der Wolffianer, die entweder als junge Studenten Wolff selbst in Halle gehört hatten, wie Carpov, der später Wolffsche Gedanken in Jena verbreitete, oder die mit seinem System bekannt wurden durch die Auseinandersetzungen, in die es hineingezogen wurde. So trug indirekt Wolffs prominenter Gegner Budde, von Lange zum Kampf gegen Wolff aufgestachelt,176 durch seine Polemik zur Verbreitung Wölfischer Gedanken in Jena bei. Sie machte seine Schüler (u.a. Edelmann, Reimarus, Lorenz Schmidt, den Verfasser der Wertheimer Bibel, und Heumann) auf Wolff aufmerksam.177 Der radikale Wolffianismus tritt um die Mitte des dritten Jahrzehnts an die Öffentlichkeit. Er provozierte eine Verschärfung der pietistischen Polemik (unter anderen gegen die Wertheimer Bibel, die Lange als »Frucht aus der Wolffischen Philosophie« bezeichnet178), die ihren Höhepunkt in Langes Berliner Mission von 1736 fand. Diese ging allerdings im letzten Moment schief. Langes Scheitern am Hof leitete den Umschwung zugunsten Wolffs ein.179 Das Gros der gemäßigten Wolffianer rückte vom radikalen Flügel ab und förderte damit den Umschwung am Berliner Hof, dem sich schließlich selbst der alternde Soldatenkönig beugte.180 Wolff selbst tat alles, um den Kompromisscharakter seiner Philosophie herauszustreichen, indem er sich scharf gegen die Weiterführung und Radikalisierung seiner Gedanken wandte. Mit dieser sog. Consequentienmacherei hatten ihn seine pietistischem Gegner bei Hofe angeschwärzt und zu Fall gebracht. Hatte Wolff vor seiner Vertreibung aus Halle selbstbewußt seine praktische Philosophie I7
' Beispiele gibt G. Mühlpfordt 1983, 242. Wundt 1945, 242f. 177 Vgl. G. Mühlpfordt 1983, 250. 178 Ludovici 1737/38, 37. 179 Vgl. Hinrichs 1971, 436-39. 180 Es ist der König selbst, der Lange im Interesse der Zurückdrängung gerade des radikalen Wolffianismus zum Stillschweigen auffordert: »... thut ihr wohl, daß ihr euch meiner Verordnung wegen der Wolffischen Philosophie mit einer christlichen Gelassenheit unterwerfet. Es kommt aus dem ferneren Streit gar nichts Gutes heraus, und würde in der Welt manch seltsame Meinung von selbst verschwinden, wenn sie nicht so heftig bestritten worden wäre.« Hinrichs 1971, 440. Das geht wohl nicht so sehr auf Wolff als auf die Konsequenzen, die aus ihm gezogen wurden. 176
52.
wie die des Konfuzianismus als allein der Vernunft verpflichtet gerühmt, ohne damit der göttlichen Schöpfung die Vernunft abzusprechen, betont er nun vor allem die Übereinstimmung dieser Vernunft mit der göttlichen Offenbarung.181 An die Stelle des Kampfes für die selbständige Gestalt der Vernunftlehre tritt nun in seiner Marburger Periode das Argument des strategischen Nutzens seiner Philosophie für die Theologie. Er betrachtet sie »als Prophylaxe gegen den modernen Unglauben«182, gegen die »esprits forts und zur Profanität neigenden Gemüter«, denen er mit »deutlichen Begriffen« eher beizukommen versprach, als andere - damit sind wohl auch die Pietisten gemeint - mit »leeren Worten, denen kein Begriff entspräche«18'. Durch seine Philosophie sollten die Offenbarungswahrheiten, die den Vernunftwahrheiten zugrunde liegen, besser erklärt werden.184 Sind die Offenbarungswahrheiten nun rational oder stehen sie über der menschlichen Vernunft? Oder stimmt das Suprarationale der Offenbarung am Ende doch wieder mit der menschlichen Vernunft überein? Die Fragen fuhren zurück auf das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung. Wolff steht hier in der Nachfolge Melanchthons, der Tradition einer Schriftauslegung, die die Schrift mit den Instrumenten des Verstandes, diesem »Geschenk Gottes« begreifen will,18' während für Luther nur derjenige, der sich in die Unwissenheit versenkt, von Gott erleuchtet wird.186 Im 12. Kapitel der Logik erklärt er die Heilige Schrift als »eine mit Verstande geschriebene« Schrift, sie sei »kein leerer Thon«187. Sie befasse sich zwar mit vielen Sachen, die nur Gott angehen, insoweit er ein »Schöpfer, Erhalter und Regierer der Welt« sei, »aber diese Wahrheiten« könnten 181
Vgl. die Kritik des Wolffianers Ludovici an Wolff bezüglich der Sineser Rede, die etwas von diesem politischen Umschwung im Wolffismus spüren läßt. Dort erklärt Ludovici mit dem Bild des Lichts von Sonne und Mond den Unterschied der von der göttlichen Vernunft erleuchteten christlichen Welrweisheit von der heidnischen, den Wolff in der Sineser Rede außer acht gelassen habe (Ludovici, Vollst. Historic H, 92). 182 Hinrichs 1971, 428. l8 ' Wolffan Cyprian am 26.3.1726, abgedr. in: Th.Wotschke, Wolffi Briefe über seinen Streit mit den halleschen Pietisten, Thür-Sächs. Ztschr. f. Geschichte und Kunst XXI 1932, S. 67. Der Kirchenrat Cyprian aus Gotha, dem Wolff in der Zeit nach 1723 in Briefen das Verhältnis seiner Philosophie zum Christentum mitteilt, ist derselbe Cyprian, dem »Lange sich als Vorkämpfer des rechten Glaubens empfohlen hatte« (Hinrichs 1971, 18
4 Wundt 1945, 194, weist auf »die durchgängige Berufung auf die Heilige Schrift« in der Tkeologia naturalis hin, »was in der Deutschen Metaphysik (im Kapitel über Gott) noch nicht der Fall war«, ebenso darauf, daß sein kosmologischer Gottesbeweis, der von empiriorationalistischen Überlegungen ausgeht, nun vom ontologischen Gottesbeweis der Scholastik, der nur aus dem Begriff geführt wird, flankiert wird. 18 5 Logik, Vorrede. 186 Vgj Luthers Psalmen-Auslegung. Ein Commentarzu den poetischen oder Lehrbüchern des alten Testaments, hrsg. v. Chr. G. Eberle Stuttgart 1874, Bd. i, S. 478. 18 7 Logik u. Cap., § i.
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»durch den rechten Gebrauch der natürlichen Kräfte des Verstandes... erkant werden«188. Die Welt und die sie bevölkernden Lebewesen seien zwar Geschöpfe Gottes, deren er sich zu seinen Zwecken bediene, aber diese Zwecke, da sie, wie wir bereits gesehen haben, in der Vernunft begründet seien, könnten mit Verstand erklärt werden und führten so auf die Weisheit Gottes.189 Hierhin liegt für die Zeit das Wolffsche Skandalon, daß die Differenz von göttlichem und menschlichem Verstand, von Offenbarung und Vernunft nur mehr quantitativ verstanden wird.190 Anderseits gesteht Wolff den Offenbarungswahrheiten gegenüber den Vernunftwahrheiten durchaus eine eigenständiger Realität zu.191 Das Demonstrandum der Offenbarung ist jetzt stillschweigend vorausgesetzt und wird durch eine formale Syllogistik nur noch bestätigt. Dennoch können die Offenbarungswahrheiten nur auf vernünftiger Basis beruhen, da sie a) miteinander in logischem Zusammenhang stehen,192 b) als göttliche Botschaft nicht unvernünftig sein können, und c) daher auf vernünftige Weise aufgeschlüsselt werden können.193 Unter dem Druck des Kampfes gegen seine Philosophie, aber auch unter dem Eindruck der radikalen Folgerungen, die aus seiner Philosophie gezogen werden, scheint sich bei Wolff in der unscharfen Abgrenzung von Vernunft und Offenbarung das Gewicht wieder auf die Seite der letzteren zu neigen. Die Offenbarung wird zur höheren Ratio, die zugleich Mysterium ist. Einerseits hätte sie, behielte man die streng rationalistische Grundlage bei, bloß hypothetischen Charakter, anderseits muß ihr Wolff ja gerade Wirklichkeit zusprechen, da sie von Gottes Werken redet: die unbefriedigende Lösung: sie redet von Wundern, die sich in Verbindung mit der vernünftigen Welt tendenziell in natürliche Wahrheiten verwandeln. Mario Casula hat das Wolffsche Dilemma folgendermaßen formuliert: »Entweder bleibt er konsequent bei seinem Rationalismus bis zum Ende, und dann verschwindet jedes Mysterium, und deshalb zugleich jede Offenbarung, oder umgekehrt, bleibt er nicht seinem Rationalismus bis zum 188
Logik, 12. Cap., § 8. 9 Vgl. Met., § 1037. '9° Eine hübsche Illustration dazu liefert der kleine Aufsatz, Probe einer Verwendung der Natur-Lehre auf die natürliche Gottes-Gelahrtheit, darinnen der Begriff von den göttlichen Verstande durch die Werke der Natur erläutert wird, in: Gesammelte kleine philosophische Schriften, 1736 Bd. I, 519-560, wo er das Verhältnis des menschlichen Verstandes zum göttlichen als Quotient der Auffassungsgabe des einen zum ändern bestimmt; während der menschliche Verstand nur ein Objekt aufs Mal deutlich sich vorstellen könne, so könne sich der göttliche Verstand das ganze Himmelsgebäude (der mit Wahrscheinlichkeitsrechnung erschlossenen Zahl der Himmelskörper) auf einmal deutlich vorstellen (vgl. v. a. § 21). I I 9 Met., § ion, noch deudicher in der Theologia naturalis, § 463, wo die Offenbarung als Geheimnis bestimmt wird, das die menschliche Vernunft nicht erfassen kann. '92 Logica, § 960. J 93 Logica, §§ 971-72; Theol. nat. I, § 494. 18
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Ende treu, und verlangt einen blinden Glauben an die mysteria: dann rettet er sowohl mysteria als Offenbarung, aber auf Kosten seines strengen Rationalismus, mindestens hinsichtlich der Beweisbarkeit der übernatürlichen Wahrheiten.«194 Es gelingt Wolff also nicht, eine Übereinstimmung von Vernunft und Offenbarung nachzuweisen. Unter dem Druck des religiösen Diskurses betont er daher den Primat der Mysteria der Offenbarung vor der menschlichen Verstandeskraft195. Da aber beide letzten Endes wieder miteinander übereinstimmen müssen, scheint Wolff ihr Verhältnis additiv zu bestimmen: einerseits die Vernunftwahrheiten, anderseits die Wahrheiten der Offenbarung. Das ist die Form, in der er die reale Macht des religiösen Diskurses akzeptiert, aber auch die Vernunftwahrheit, d. h. den laizistischen Diskurs, als gesellschaftspolitisch nützlich legitimiert. Dies ist letztlich genau die Abgrenzung, die die Literaturreformer zur Begründung ihrer Literatur brauchen. Die andere Seite, die Akzeptanz des religiösen Diskurses und die Hilfestellung der Philosophie als Vernunftlehre, bildet die Basis, auf der die Berliner Theologie unter Federführung von Reinbeck die Assimilierung des Wolffianismus herbeiführt. Am Beispiel des moralischen Subjekts, des vernünftigen Staatsbürgers, läßt sich diese Modifikation des radikal vernünftigen, moralischen, laizistischen Subjekts in den herrschenden politischen Verhältnissen gut verfolgen. Zunächst scheint Wolff der staatlichen Herrschaftsordnung ein neues Subjekt zu verschaffen, das vernünftige, das sich tendenziell über die religiösen Gegensätze erhebt. Allerdings bedeutet die Konstitution des »vernünftigen Subjekts« noch nicht die »politische Erhebung des Menschen über die Religion«, von der Marx in der Judenfrage spricht.'96 Wolff faßt das Subjekt rein erkenntnistheoretisch und moraltheoretisch. Übereinstimmung mit dem Gesetz der Natur ist durch die Vernunft gegeben, und es »würde statt finden, wenn auch gleich der Mensch keinen Oberen hätte, der ihn dazu verbinden könnte; ja es würde statt finden, wenn auch gleich kein Gott wäre.«197 Die Vernunft wird zum inneren Staat, daher brauche »ein vernünftiger Mensch kein weiteres Gesetze, sondern vermittelst seiner Vernunft ist er ihm selbst ein Gesetze.«198 Rein moraltheoretisch ist diese Vernunft frei von religiösem Glauben. Daher würden diejenigen irren, die glauben, »ein Atheist möge leben wie er wolle und werde auch alle Schandtaten und Laster in der That begehen, wenn er nur von bürgerlichen Strafen frei ist«199. Sein moralischer Makel hängt nicht mit seinem Atheismus 194
M. Casula 1983, In der Theologia naturalis weist er auf das mysterium trinitatis (§ 268 nota) und den partum virginalem (§ 468 nota) hin. 196 MEW i, 354. W Moral, § 20. 198 Ebd., § 24. 199 Moral, § 2i. 195
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zusammen, sondern mit seiner Unwissenheit. Der Atheist ist unmoralisch, weil er falsch schließt, und nicht, weil er nicht glaubt.20° Moraltheoretisch postuliert Wolff eine Pflicht zum Verstand,201 die grundsätzlich für alle Menschen gilt. Bei ihrer Ausbildung kommt der Philosophie eine Schlüsselstellung zu. Philosophie ist diejenige Disziplin, die mit der Menschwerdung des Menschen befaßt ist. Im programmatischen Vorwort zu seinem ersten großen Werk, der deutschen Logik, wird dieser Anspruch an die Philosophie als Verstandesbildnerin zu einem großartigen aufklärerischen Manifest verdichtet: »Der Mensch hat nichts vortrefflichers von Gott empfangen, als seinen Verstand; denn sobald er in demselben verrücket wird, so bald wird er entweder ein Kind, oder ärger als ein wildes Thier, und ist also ungeschickt, Gott zu ehren und den Menschen zu dienen. Solchergestalt kann einer um so viel mehr ein Mensch genennet werden, je mehr er die Kräfte des Verstandes zu gebrauchen weiß.«202 Die Fähigkeiten des Verstandes werden bezogen auf ideologische Subjektion (Gott ehren) und Vergesellschaftung (den Menschen dienen). Davon leitet sich die Funktion der Philosophie ab. Sie konstituiert den Menschen als abstrakten (gottebenbildlichen) Menschen und als Subjekt des Staates. Nur als Philosoph erlangt der Mensch seine Autonomie, wird die reale Unterwerfung freiwillige Subjektion ohne Zwang. Wo die Philosophie den Menschen nicht direkt erreicht, hilft sie mit bei der Einrichtung von Institutionen, welche die Verstandesbildung fördern. In ihrem Programm erlangen die Anstalten zur Bildung des Subjekts des Staates (Kirche, Schule, Theater als moralische Anstalt) überragende Bedeutung. Daher herrscht in staatstheoretischer Hinsicht, wo es um die Bildung des noch unvernünftigen Subjekts geht, nicht jene Freiheit, die in der abstrakten Gemeinschaft der Vernünftigen existiert. Was moraltheoretisch zulässig ist, da man dort von einem abstrakten moralischen Subjekt ausgehen kann, ist staatstheoretisch unzulässig, da es hier um die simultane Vergesellschaftung von Vernünftigen und Unvernünftigen geht. Für die Unvernünftigen ist Atheismus unzulässig, weil bei ihnen keine Vernunft den Ausfall des Glaubens kompensiert; für den vernünftigen Atheisten ist er es deshalb, weil sein Atheismus auch bei Unvernünftigen Schule machen könnte. Daher sei »der Atheist, der großen Verdacht wider sich erreget, im gemeinen Wesen nicht zu dulden.«203 Wolff baut also weiterhin auf die Subjektionswirkung der Religion, »da die Furcht Gottes, welche durch die Religion bestehet, (...) den Menschen verbindet, das Gute zu tun und das Böse zu lassen, was er wegen seiner Unwissenheit 200
Moral, § 22. Moral, Kap. 2. 202 Logik, Vorrede, unpag. 2 °3 Ebd. 201
und aus Mangel der Einsicht in die Beschaffenheit der freyen Handlungen nicht thun, noch lassen würde«104. Für die Ungebildeten übernimmt das Gewissen die Funktion, die das Wissen für den Gebildeten hat. Dieses Wissen verträgt sich in staatstheoretischer Hinsicht nicht mehr mit dem Atheismus. Vernunft konstituiert eine Verantwortlichkeit für das gemeine Wesen, die den Atheismus selbst aufhebt. Wie sich die Offenbarung in der Vernunft auflöst und die Vernunft in der Offenbarung, so schwindet im vernünftigen Nachdenken der Atheismus. Darin bleibt das philosophische Selbstbewußtsein Wolffs intakt, daß es glaubt, mit dem Atheismus schon selbst fertig zu werden. Es liegt daher in der Kompetenz der Vernünftigen, das ist in der der Bildungsgesellschaft und nicht der Kirche, den Atheismusverdacht zu bestätigen oder zurückzuweisen.205 Wolffs Programm der Verstandesbildung skizziert ein neues Verhältnis der ideologischen Mächte zueinander und ein neues Verhältnis von Freiwilligkeit und Zwang. Es reagiert darauf, daß ideologische Vergesellschaftung sich zunehmend von der Kirche in die Institutionen einer laizistischen Kulturgesellschaft verschiebt und Religiosität in Konventikeln außerhalb der Amtskirche praktiziert wird mit dem doppeltem Effekt der Aushöhlung der öffentlichen kirchlichen Autorität und ihrer Verschiebung und Substituierung durch eine innerliche und verinnerlichte Autorität. Wolffs Bemühungen um Prinzipien der Verstandesbildung sollen diese Unsicherheit überwinden, den traditionellen Institutionen den festen Halt zurückgeben und den neuen sichere Grundsätze schaffen, die sie mit den traditionellen verträglich machen. Implizit verteidigt Wolff damit den Raum der laizistischen Kulturgesellschaft und versucht ihn, schon vor seiner Vertreibung aus Halle, aus der Konfliktzone zwischen Kirche und Akademie herauszunehmen durch die Betonung der Eigenverantwortung der akademischen Philosophen, die sich hinsichtlich ihrer Gottgläubigkeit selbst kontrollieren und nicht von Theologen auf ihre Rechtgläubigkeit überprüft werden sollen.106 Die Gelehrten sind gar vom Gottesdienst dispensiert, da sie »dasjenige, was die Prediger sagen, schon selbst verstehen.«207 Aber Wolff gibt sich, mindestens am Anfang seiner Karriere, mit akademischer Selbstbeschränkung nicht zufrieden. Er weiß, daß seine intellektuelle und moralische Reform10* im Namen der Philosophie eine 2
°4 Politik, § 369. °5 Vgl. Politik, § 368. 206 Vgl. Politik, § 368. 2
2
°7 Politik, § 368. Der Begriff wird hier ganz im Sinne Gramscis verstanden. Bei Gramsci bezeichnet der Begriff eine tiefgreifende Änderung in der Philosophie, die die Massen erfaßt, zu einer Veränderung der Weltanschauung fuhrt und die Beziehungen zwischen Herrschenden, Intellektuellen und Volk neu regelt. Als Beispiel nennt er die Reformation, die Aufklärung und die Französische Revolution. Vgl. Gramsci 1975, 318, 515, 992,1249f., 1292, 1407?., 1821, i859f., 2I°8. Siehe auch S. 246.
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organische Verbindung von Intellektuellen und Volk herstellen muß, um sich als Grundwissenschaft des entfremdeten Gemeinwesens gegenüber anderen ideologischen Mächten behaupten zu können. Es geht Wolff gerade darum, die Philosophie als Bildungsmacht im Alltagsbewußtsein zu verankern und damit einen neuen Zusammenhalt zwischen Intellektuellen und Einfad>en, oder, wie es im zeitgenössischen Sprachgebrauch heißt, Einsichtigen und Einfältigen, herzustellen. »Ich habe mir vorgenommen«, schreibt Wolff in den Ausführlichen Nachrichten von seinen Schriften, »die Weltweisheit auf eine solche Art abzuhandeln, daß man sie in einem künftigen Ambte und im menschlichen Leben nutzen könne. Denn ich habe es für einen schädlichen Wahn gehalten, als wenn man sie bloß dazu erlernen sollte, damit man in Gesellschaften Materien zu discurrieren und in den Schulen Materien zu disputieren und in der verkehrten gelehrten Welt Materien zu Zänckereyen hätte.«209 Wolff Bestrebungen sind auf vielfältige Weise mit den Praktiken der Kirche verquickt. Diese ist, in Wolffscher Auffassung, wie die anderen »Einrichtungen des gemeinen Wesens«, vor allem eine Institution der Erziehung. Auch das Predigeramt wird als ein Lehramt praktischer Moral aufgefaßt, das seine Gründe aus der Philosophie bezieht. Mit den Scheitern der hochfliegenden Pläne der Verstandesbildung scheint Wolff der Kirche eher mehr Raum bei der Bildung des einzelnen Subjekts einzuräumen. Die Philosophie zeigt als denkerische Hilfeleistung für die Theologie die Existenznotwendigkeit Gottes und der Religion auf;210 sie überzeugt die Starkgeister, die auf die Reden der Prediger nicht hören wollen. Wo aber keine Vernunft den Glauben ersetzt, wo der Verstand machiavellistisch bloß auf den eigenen Nutzen bedacht ist, indem er die Folgen seiner Taten zu verbergen und zu verleugnen weiß und mit der menschlichen Vergänglichkeit rechnet,211 da vermag nur der Bezug auf die göttliche Strafe und damit der Glaube an Gott den Ausfall der rechten philosophischen Vernunft zu ersetzen. Die philosophische Vernunft vermag die Notwendigkeit der Liebe und Furcht Gottes theoretisch darzutun.212 Diese sind gewissermaßen das Unendliche der endlichen menschlichen Gerechtigkeit und das Unendliche der endlichen vernünftigen moralischen Sanktion. Die Furcht repräsentiert den Staat über seine bürgerlichen Grenzen hinaus. Dieser schützt daher den Glauben an Gott als Glaube an die Strafe über die Grenzen des Lebens hinaus.21' Religion in der affektiven Form der Liebe und Furcht Gottes scheint vor allem eine Angelegenheit für Kinder und den gemeinen Mann zu sein, denen die 2
°9 Nachricht, § 55; vgl. auch Anm., § i u. § 72. Vgl. den III. Teil der Dt, Ethik. 211 Vgl. Politik, § 366. 212 Vgl. Moral, §§ 6948. 21 3 Vgl. Politik, § 366.
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Vernünftige Erkenntnis Gottes, deren Weg in moralischer Hinsicht Wolff im 3. Teil der Deutschen Ethik beschreibt, verschlossen bleibt. Für diese Uneinsichtigen ersetzt der Zwang, oder eine Erziehung, hinter der stets der Zwang steht, die auf Einsicht beruhende Freiwilligkeit der Unterwerfung: Unter den Willen Gottes, des Fürsten und des Vaters. Dem Widerspenstigen droht daher dreifach der Zorn Gottes, die Strafe des Staates und die Strafe des Vaters. Der Rückzug auf das Feld der Philosophie gefährdet Wolffs ursprüngliches Projekt der Verstandesbildung im Alltag. Die strategische Verbindung von Intellektuellen und Einfachen, nach der er in seinen Konfuzianismusstudien zur Begründung und Verbreitung einer laizistischen Moral gesucht hat,214 gibt er, wohl nicht zuletzt unter dem Druck der dominanten ideologischen Diskurse, wieder auf. Sein Ansatz einer intellektuellen und moralischen Reform fließt wieder in die akademischen Bahnen zurück, die er ursprünglich sprengen wollte. Als akademische Philosophie bietet der Wolffianismus sowohl dem religiösen Diskurs (den Offenbarungswahrheiten) wie dem laizistischen Diskurs (den Vernunftswahrheiten) seine Hilfe an. Die Konsequenzen schlagen widersprüchlich auf Wolffs eigene Philosophie zurück. Die Bestimmung Gottes als philosophus absolute summus hat den Weltweisen zu dessen kompetentesten Deuter gemacht, die Anerkennung der Macht des theologischen Diskurses, die seinen Einfluß auf die laizistischen Diskurse retten soll, reduziert seine Aufgabe wieder auf eine Zuträgerfunktion. Der Widerspruch, den er dadurch in seine Philosophie selbst hineinträgt, läßt sich schlechterdings nicht heben. 2.3.2
Wolffs Philosophie als Bildungsmacht einer neuen Staatselite
Der gemäßigte Wolffianismus kommt zur Wirkung, indem er sich vom Schlachtfeld zurückzieht. Indem er sich darauf beschränkt, die Verträglichkeit mit den dominanten Lehren zu betonen und eine Reihe von neuen Diskursen zu integrieren, bietet er Hand zu einer akademischen Staatsphilosophie. Wolffs verstärkte integrative Bemühungen bereiten auch den Boden für seine Rehabilitierung, die in Berlin unter Federführung von Reinbeck angebahnt wird.215 214
In den Anmerkungen zu seiner Metaphysik unterscheidet Wolff zwischen einer sinnlichen und einer vernünftigen Schule der Moral. Die eine, die sog. Kleine Schule, ist die Anstalt der Unvernünftigen und Kinder, die andere, die Große Schule, ist die Lehranstalt der aufgeweckten Köpfe, in der ersten wird durch Exempel gelehrt, in der zweiten durch Gründe (vgl. Anm., § 141; Graf 1986, 45). 21 5 Reinbeck ist eine interessante Persönlichkeit. 1683 als Pfarrersohn in Celle geboren, studiert er ab 1700 in Halle. Aufgenommen in Franckes Collegium Orientale theologicum, beteiligt er sich an der von J. H. Michaelis geleiteten Ausgabe des Alten Testaments. In Halle hörte er auch Wolff, zunächst »wohl in der polemischen Absicht, den nachtheiligen Einfluß seiner Lehre auf die Theologie zu bekämpfen« (ADB, XXVIII, 2). Seine theologische Karriere macht er in Berlin. 1709 Adjunkt des Berliner Pröpsten J. Porst, 1717 Propst an der Petrikirche, wird er Beichtvater von Friedrich Wilhelm I, 59
Reinbeck wirft den Hallenser Pietisten vor, Wolff falsch verstanden zu haben. Die Prinzipien der Moral und Moralität könnten sehr wohl mit der neuen Metaphysik zusammen bestehen, und schließlich sei seine Erklärung von Gott akzeptabel.116 Reinbeck selbst überzeugt sich im Laufe der Jahre immer mehr von der theologischen Brauchbarkeit der Wölfischen Philosophie. Da Wolff die Offenbarung in der Natur und in der Schrift akzeptiere, so könne man seine Philosophie und Vernunftlehre durchaus für die Theologie benutzen.217 Seit 1735 erhält Reinbeck einen »wichtigen Verbündeten in der Person des früheren sächsischen Kabinettsministers Ernst Christoph Graf von Manteuffel«218. Aus den Bemühungen um die Rehabilitierung Wolffs entstand die 5 des Attthophiles, in der Manteuffel die Berliner Geistesverwandten zu geselliger philosophischer Diskussion sammelte. Die Gesellschaft der Alethophilen hat das philosophische Programm Wolffs, die »Wahrheit zu erkennen und sie nach Kräften auszubreiten«, zu ihrem eigenen gemacht. Ihre Statuten verraten auf Schritt und Tritt den Einfluß Wolffs219. Die Medaille, die anläßlich der Gründung der Gesellschaft geprägt wurde, trägt das Motto der Aufklärung »sapere aude« und das Brustbild der Athene. Auf ihrem Helm haben die Köpfe von Leibniz und Wolff diejenigen von Sokrates und Platon ersetzt. In ganz Deutschland entstanden nun Tochtergesellschaften der Alethophilen, die Wolffs Philosophie eine vielfältige und recht unterschiedlich akzentuierte Verbreitung sicherten.220 Ihre Tätigkeit ging z.T. weit über das von Manteuffel gesteckte Ziel geselliger philosophischer Unterhaltungen hinaus. Über diese Ge1721 Delegierter am Reichstag von Regensburg, später Mitglied der Kommission, die den Fall Wolff beurteilen sollte. Nicht zuletzt wegen seiner vermittelnden Haltung interveniert Francke im Fall Wolff direkt beim König, um das Gutachten der Kommission zu umgehen. Nach dem Tod von Porst wird Reinbeck Mitglied des Konsistoriums. In der Zwischenzeit hat er sich immer mehr von der Nützlichkeit der Wolffschen Philosophie überzeugt und wird zum Hauptarchitekten ihrer Rehabilitation in Preussen. Er verbindet sich mit Manteuffel und gehört zum Kreis der Alethophilen. Er stirbt, nachdem er Wolffs endgültige Rehabilitierung noch erlebt hat, 1741. Auch seine Theologie ist immer mehr von einem gemäßigten Wolffianismus durchdrungen. 216 Reinbeck faßt seine Position in einer Stellungnahme Lange gegenüber 1726 in neun Punkten zusammen (vgl. Hinrichs 1971,420 nach den Quellen, Hartmann 1737, jioSJ 8148;). Bourel (1985, 7of.) hat diese Zusammenstellung ohne Quellenangabe übernommen. 217 Vgl. die Vorrede zum II. Teil seiner umfangreichen Betrachtungen über die in derAugspurgischen Confession enthaltenen und damit verknüpften Göttlichen Wahrheiten, welche theils aus vernünftigen Gründen, allesamt aber aus Heiliger Göttlicher Schrift hergeleitet. Schon der Titel enthält ein Programm des gemäßigten Wolffianismus. Das Buch selbst widmet 56 Paragraphen der Nützlichkeit der Philosophie in der Theologie. Reinbeck wird, wie Bourel zu Recht betont, zum Brückenbauer zwischen Theologie und Aufklärungsphilosophie: »Sa theologie de l'Aufklärung compose avec la philosophic« (Bourel 1985, 72). 218 Hinrichs 1971, 430. 219 Vgl. Janssen-Knorsch 1983, 259-263. 220 Vgl. ebd. 60
Seilschaften dringen Wolffs Gedanken in die Geheimgesellschaften des 18. Jahrhunderts ein. Der Wolffianismus der dreißiger und vierziger Jahre war nicht mehr nur Wolff, er hat sich in eine Vielzahl von Strömungen, Schwerpunkten und Streitpunkten verwandelt, denen Wolff das Thema vorgegeben hatte. Eine Institutionalisierung seiner Philosophie bot am ehesten Gewähr gegen die Radikalisierung eines Wolffianismus ohne Wolff. Daher macht der Wolffianismus in den dreißiger Jahren auch auf akademischer Ebene ständige Fortschritte. Reinbecks Bemühungen zeitigen nun selbst in Preussen Erfolge. Selbst am Hof setzt sich noch zu Lebzeiten Friedrich Wilhelms der Wolffianismus dank der Wirkung der Alethophilen um Manteuffel, und Reinbecks, der in der Zwischenzeit auch Beichtvater der Königin geworden ist, durch.111 Der letzte Versuch Langes, das Steuer noch herumzureißen, endet in einem Fiasko. Nun kommt endlich die Kommission zum Zuge, die Wolffs Schriften beurteilen soll. Diese kommt einstimmig zum Schluß, daß in Wolffs Philosophie nichts von dem enthalten ist, was Lange darin gesehen hat.222 Reinbecks Gutachten fügt hinzu: »Da ich für meine Person zugleich dafür halte, daß in Wolffens Schriften viele schöne, und in der Gottesgelahrtheit brauchbare Wahrheiten zu finden sind, daher es schade wäre, wenn dieselben länger confiscieret bleiben sollten«.123 Schon 1739, also noch zu Lebzeiten Friedrich Wilhelms, verpflichtete ein königlich preussischer Befehl die »Studiosi Theologiae«, sich »bevzeiten in der Philosophie und einer vernünftigen Logik; als z. B. des Professor Wolfens, recht fest (zu) setzen, damit sie lernen, rechte deutliche und klare Begriffe von der ganzen Theologie, und insbesondere, von denen zu erklärenden Texten zu machen, dieselben nach ihrem wahren Sinn einzusehen, die darin endialtene Wahrheit zu erweisen, und bündige Schlüsse zur Applikation daraus auf eine überzeugende Weise zu ziehen.« Gottsched beruft sich auf diesen Befehl und setzt ihn seiner anonym publizierten und Manteuffel gewidmeten Lehrart im Predigen voran.224 Auch Friedrich Wilhelm beugt sich, am Ende seines Lebens, dem Einfluß der Philosophie Wolffs. Nach dem Zeugnis Manteuffels habe er sich sogar als ihr Anhänger erklärt und möchte nun alle seine Universitäten mit Wolffianern anfüllen.115 Zum Tatbeweis bleibt ihm allerdings keine Zeit mehr. Eine der ersten Amtshandlungen Friedrichs II. ist es, Wolff nach Halle zurückzuberufen, obwohl er sich selbst kurz darauf unter dem Einfluß Voltaires von der Philosophie Wolffs abgewandt hat.216 221 122 123 224
225 226
Zur Geschichte dieses Umschwungs vgl. Hinrichs 1971, 431-441. Vgl. Hinrichs 1971, 439f. Zit. nach Hinrichs 1971, 440. J. Chr. Gottsched, Grundriß einer überzeugenden Lehrart im Predigen. 2. Aufl., Berlin 1743Vgl. Hinrichs 1971, 440. Zur Beziehung Friedrichs zu Wolff vgl. Janssen-Knorsch 1983, 255-257. 61
2.3.3 Wolffs Philosophie als rationalistische Universalisierung und Absorption der Partikularismen Was fuhrt zur kurzen, aber relativ heftigen Konjunktur der WolfFschen Philosophie? Sie verdankt ihren Erfolg der Tatsache, daß sie für eine Reihe von Streitpunkten Lösungen verspricht. Den Theologen verspricht sie, der christlichen Offenbarung als unbezweifelbare Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen und erst noch die dogmatischen Differenzen in einer neuen Synthese rationaler Theologie aufzulösen. Den Predigern bietet sie eine neue Lehrart, die die Botschaft verständlicher machen soll. Gegenüber der Vielfalt der Begründungen des Rechtssystems und der Unsicherheit in bezug auf die oberste richterliche Instanz (Der Fürst? Die Stadt? Die Zunft? Die Landstände? Das Konsistorium? Der Kaiser? Der Papst?) und in bezug auf das geltende Recht (Das kaiserlich-römische? Die Gesetze des Landesherrn? Das Gewohnheitsrecht?) bietet Wolff die verlockende Gewißheit: »Die Wahrheit des positiven Rechts und des Naturrechts kann mit Gewißheit demonstriert werden.«227 Wolffs Philosophie verspricht eine Vereinheitlichung der Sprache und einheitliche Regeln für die Texte; sie verspricht eine Systematik des Wissens und eine Systematisierung der Moral. Sie taucht auf in der theologischen Diskussion und begründet eine neue Form der Bibelexegese und eine neue Richtung der Theologie. Sie macht ihren Einfluß geltend in der Staatstheorie und ihren empirischen Zweigen, der Staatsklugheitslehre, Polizei- und Kameraltheorie.228 Sie gewinnt seit dem vierten Jahrzehnt Einfluß in der Schule229 und befördert dort, vor allem durch die Vermittlung von Gottscheds Deutscher Sprachkunst, die Pflege der deutschen Sprache.230 Sie erscheint in der Publizistik der Moralischen Wochenschriften; Gottscheds erste Moralische Wochenschrift popularisiert bereits kräftig Wolffsches Gedankengut.2'1 Sie beeinflußt die Literaturdebatte und initiert maßgeblich die Ästhetikdiskussion in Deutschland.232 227
Institutiones luris naturae (1754), Vorwort, zit. nach M. Thomann 1983, 197. Vgl. Batscha/Garber 1981, Kap. i. 22 9 Vgl. A. Heubaum 1905, ijSfF., Paulsen 19193, ^f. 230 Vgl. ebd. und H. J. Frank 1973, 94ff., der darauf hinweist, wie Gottsched in seinem Kern der Deutschen Sprachkunst, der Schulbuchfassung der Dt. Sprachkunst also, die neue Dichtergeneration propagiert: Hagedorn, Haller, Kleist, Gleim und Geliert. 231 Vgl. Die Vernünftigen Tadlerinnen II, 19. Stück in der Ausgabe Reichel S. 1676°.; vgl. dort insbesondere den Kernsatz: »Die Tugend gründet sich auf einen wahren Begriff von dem, was gut oder böse ist. Wer diesen Begriff einmal erlangt hat, der wird alle Laster auf einmal verabscheuen.« (S. i68f.) Auf der WolfFschen Morallehre und der damit verknüpften Theorie der Lust basieren die Vorstellungen von der Nützlichkeit der Literatur: »So ist dann die Vorstellung, von der Schönheit des Guten und der Häßlichkeit des Bösen, der beste Bewegungsgrund, dessen sich ein philosophischer Moralist in Beförderung der rechtschaffenen Tugend mit Vorteil bedienen kann.« (169) 228
62
Hatte der Wolffianismus seit den Dreißiger Jahren angefangen, die Universitäten zu erobern,233 so verbreiteten sich seine Maximen und Denknormen nach Wolffs Tod in breiten Kreisen.134 Kants Kritiken erledigten den Wolffianismus Im Dialog von Herrn Gutherz und Herrn Nimmersatt wird, notdürftig literarisch eingekleidet, der Gedanke der Theodizee erläutert, in der Gottes Einrichtung der Welt als Werk eines vollkommenen weisen Wesens (210), des wölfischen Gottes als philosophy absolute summus, geschildert wird. — Wolfgang Martens' materialreiche und verdienstvolle Arbeit über die Moralischen Wochenschriften erlaubt uns den Befund, daß die Wochenschriften zu Popularisierern der Wolffschen Philosophie wurden, vorsichtig zu verallgemeinern (vgl. insb. Martens 1968, Teil III und IV). Die Moralischen Wochenschriften übernehmen dankbar die von Wolff ausgearbeitete Scheidung der Aufgaben der Sittenlehrer und der Prediger, um ihr eigenes Tun zu rechtfertigen und sich aus der Schlußlinie geistlicher Kritik zu entfernen resp. sich dem Vorwurf der Kompetenzüberschreitung oder der Anmaßung zu entziehen, ja sie gestalten diese Trennung aktiv mit (lyif). Hin und wieder erscheint eine Reaktion aus religiös-christlicher Sicht, die gegen die weltliche Tugendlehre die Reue und Bekehrung des sündigen Herzens setzt (ijSf). In der Religion betonen die Wochenschriften im allgemeinen das Nützliche für Moral und gesellschaftliches Zusammenleben (i85ff.) oder betonen die Entwicklung der Religionen zur Vernünftigkeit (vgl. Die Vernünftigen Tadlerinnen II, 16, I39ff.; Martens 1968, I98ff.), mit den entsprechenden Anmerkungen über den Nutzen von Vernunft und Philosophie für die Stärkung der Religion. Im allgemeinen folgen sie der Wolffschen Bemühung, das Zusammenstimmen von Vernunft und Offenbarung nachzuweisen (zoiff.) und wenden sich gegen Aberglauben (i46ff.). Das Übel erscheint oft als Zeichen höherer Weisheit Gottes (Martens 1968, 274f, wie schon Vern. Tadl. II, 28, S. zu »Gott sieht viel weiter als ein Mensch«); dessen segensreiche Wirkung wird in moralischen Erzählungen durch das Happy-End der Tugendhaften oft sinnenfällig in Szene gesetzt (vgl. etwa die Reaktionen der Moralischen Wochenschriften auf das Erdbeben von Lissabon, Martens 1968, 2y6f). — Weniger groß ist der Einfluß politischer und gesellschaftlicher Vorstellungen des Wolffianismus (331), aber der Grundkonsens des aufgeklärten Absolutismus, daß der Herrscher die Wohlfahrt seiner Bürger befördern soll und die Bürger sich bedingungslos dessen Anordnungen zu unterwerfen hätten, beherrscht beide. Selbstverständlich wird in ihnen auch die Literatur als angenehmes und nützliches Mittel der Morallehre propagiert (Martens 1968, 444ff., zur Schaubühne 4690".). 232 Vgl. Bäumler 1967, 141, Krueger 1980, 80. 233 Vgl. dazu Wundt 1945, 199-210. 2 34 Eine überzeugende Periodisierung des Wolffianismus schlägt Mühlpfordt vor: Halle I, 1707-1723: Zeit der Ausarbeitung seiner deutschen Philosophie. Marburg, 1723-1740: Erste Wirkung in die breite Öffentlichkeit. Halle II, 1740-1754: Nachlassen seiner Wirkung im Hörsaal, aber beträchtliche Zunahme der Wirkung seiner Schriften. Eroberung der Universitäten, Institutionen und des wissenschaftlichen Schrifttums (der Zedler, das große Universallexikon der Zeit, erhält ab 1740 ein eindeutig wolffianisches Gepräge). Diese Wirkung dauert fort bis 1770. Ab 1770 Rückgang des universitären, aber Verbreitung des populären Einflusses. Diese Wirkung fächert sich horizontal auf nach Wissensgebieten, die den alten Fächerkanon Philosophie, Theologie, Jurisprudenz und Medizin sprengen. So finden wir mathematische und naturwissenschaftliche Wolffianer (physikalische, astronomische, biologisch-physiologische, mineralogisch-chemische Wissenschaften), text- und kunstwissenschaftlich, literarisch-schöngeistig und ästhetisch ausgerichtete Wolffianer (philologische, psychologische, pädagogische, rhetorische und ästhetische Wissenschaften) und Wolffianer, 63
zwar theoretisch - obwohl Kant, in Gegensatz zu seinen Nachbetern, keineswegs verächtlich auf Wolff herabschaute235 -, doch kommt er gerade jetzt, in »mannigfaltigen Verzweigungen und Varianten, Sekundärprägungen und Fortbildungen, Metamorphosen und Amalgamierungen«236, zu einem Maximum an gesellschaftlicher Breitenwirkung. Das zeigt sich vor allem in der Moralpublizistik und in der Literatur der Volksaufklärung, im Bereich der Literatur mit moralisch-pädagogischem, nicht mit ästhetisch-künstlerischem Ziel. In diesem letzten Bereich hat Wolffs Strahlungskraft rapide abgenommen.237 Wolffs Philosophie reiht sich ein in die großen Vereinheitlichungsstrategien der Neuzeit; die Vereinheitlichung des Marktes, des Staates, des Rechts, der Vernunft, der Sitten und der Sprache. Sie wendet sich gegen die historischen Partikularismen, die dieser Vereinheitlichung entgegenstehen: die Stände, wo sie die historiographisch, Staats- und wirtschaftswissenschaftlich (in Kameralistik / Staatsrecht und Jurisprudenz), demographisch, publizistisch und praktisch-politisch tätig waren, »...im Zeichen der aufklärerischen Vielseitigkeit und Lebensnähe waren oft zwei oder mehr dieser Varietäten in einer Person vereinigt.« Mühlpfordt gibt dazu Beispiele (vgl. S. 241). Und zudem gab es die Trennung nach Gesinnung und Haltung, von der wir schon zu reden Anlaß hatten. 235 Kant sieht, bei aller prinzipiellen Kritik, Wolffs »großes Verdienst« darin, »mehr Deutlichkeit, Bestimmtheit und Bestreben nach demonstrativer Gründlichkeit, wie irgend vorher, oder außerhalb Deutschlands im Fach der Metaphysik geschehen, ausgeführt zu haben.« Beantwortung der Frage: Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibnitzens und Wolfi Zeiten in Deutschland gemacht hat? In: Werke, VI, 616. 26 ' Mühlpfordt 1983, 240. 137 Man darf allerdings nicht vergessen, daß sich die Meister der Autonomieästhetik z. T. immer noch an der Wolffischen Metaphysik abgearbeitet haben. Moritz läßt seinen Anton Reiser zuerst die Weltweisheit von Gottsched lesen und dann die Metaphysik von Wolff. Das gab »seiner Denkkraft gleichsam den ersten Stoß«.(...) »Und dasjenige, was ihm erst bloße leere Namen gewesen waren, wurden nun allmählich vollgefüllte deudiche Begriffe, und wenn er nun eben den Namen wieder las oder wieder dachte und ihm auf einmal alles wieder so licht und helle wurde, was ihm vorher dunkel und verworren gewesen war, so bemächtigte sich seiner ein so angenehmes Gefühl dabei, als er noch nie empfunden hatte« (Moritz 1981', II, 225). So hatte schon Gottsched die erhellende Wirkung der Wölfischen Metaphysik auf sein Denken beschrieben (vgl. WWI, Vorrede, unpag.) - Herder, der 1762 als iSjähriger den Privatdozenten Kant in Königsberg hört, weiß noch nichts von dessen Bedeutung und schreibt im vierten Kritischen Wäldchen die »wahre Philosophie« Wolff, Baumgarten, Reimarus, Sulzer und Mendelssohn zu, und Lavater gefällt Wolff »wegen seiner zusammenhängenden, eben so deudichen als gründlichen Lehrart ungemein wohl.« (8. 8.1761 an Felix Hess, Ausgewählte Werke I, Zürich 1943, 20; Hinweis aus Pestalozzi 1988, 151). Damit soll jedoch die Absatzbewegung von Wolff in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nicht unterschlagen werden. Viele Literaten werden wohl Wolffs pedantischer Philosophie gegenüber gefühlt haben wie Hamlet dem Vernünfteln von Polonius: Worte, Worte, Worte, Und sie hätten die Pedanten liebend gern vom Katheder gejagt oder an der Nase herumgeführt wie ihr Held Hamlet Polonius. 64
sich nicht in die höhere Ordnung des naturrechdichen Staates einordnen, die Sonderrechte und Privilegien, die lokalen Sitten, die Volksbelustigungen, die Vorurteile und die Mundarten. Seine Schüler und Anhänger arbeiten überall dort, wo vereinheitlicht werden soll: an der Staats- und Rechtstheorie, an der Moral, an der Sprache. Die einen arbeiten an der Überwindung der politischen Partikularismen, die ändern an der Herstellung und Verbreitung einer einheitlichen bürgerlichen Moral und die dritten an der Reinigung der Sprache von den Mundarten. Vereinheitlichung heißt hier: Bereinigung des Territoriums, Reinigung des Rechts (von Gewohnheits- und Sonderrechten), Reinigung der Sitten (von Aberglauben und Vorurteilen), Reinigung der Sprache (von den Mundarten) und Reinigung der Dichtung (von Possen und Elementen der Volksbelustigung, aber auch vom barocken Schwulst). Der Irrtum Wolffs und der Wolffianer besteht darin, daß sie glauben, alle diese Vereinheitlichungen aus dem Zentrum ihrer rationalistischen Philosophie herstellen zu können.2'8 Scheinbarer Sieg der Philosophie über die Theologie, der Vernunft über den Obskurantismus; aber ebenso heimliche Revanche der Theologie im Innern dieses Sieges. Der theoretische Logozentrismus Wolffs ersetzt den alten Theozentrismus und erbt dessen Funktion: für alles Existierende eine Antwort und eine Erklärung bereit zu halten, wobei von der Wirklichkeit als einer gegebenen Möglichkeit ausgegangen und jeweils gefragt wird, »was per corpora, per animas und letztlich per deum möglich ist«.239 Damit erweist sich aber der Wolffianismus wie die alte Metaphysik als eine Beschränkung einer sich entwickelnden Gesellschaft, der expandierenden Felder des Wissens, der Dynamik der Sprache und der Explosion der literarischen Praxen, die sich auf neue Art zum Projekt National- oder Weltliteratur als Literatur der gesamten Menschheit zusammenschließen. An der Vielgestaltigkeit des deutschen Raumes mußte sich ihr Elan brechen; das Fehlen eines realen Zentrums machte das imaginäre Zentrum des Logos und der Vernunft zur Illusion. In ihm konnten weder die widersprechenden Ansichten noch die unterschiedlichen Realitäten aufgehoben werden. Die Einheit, die der Wolffianismus vorschlug, rief den Widerspruch einer Reihe von regionalen Diskursen hervor und den Widerstand der unterschiedlichen regionalen Realitäten. Den Gegnern erschienen die Wolffianer als Diktatoren, Gottsched als Diktator der Literatur. Die wolffianische Strategie ist nur die eine Seite des großen kulturellen Vereinheitlichungsprojekts, das historisch mit dem Bürgertum verbunden ist. Sie sucht, mit großen Schwierigkeiten, Interpolationen und Epizyklen, die Besonderheiten in ihrem rationalen System unterzubringen. Wo sie sich absolut setzt, 2-38 Vgl. Hallers empörte Reaktion über die Anmassung der Wolffianer, Tagebuch seiner Beobachtungen, Bern 1787, II, 140-144. z '9 Schneiders 1983, 16. 65
muß sie mit dem Protest der ändern Linie rechnen, die die Besonderheiten, als Besonderheiten der Stände, der Klassen, der Geschichte, der Sitten, der Sprache, bestehen läßt, um sie in der Fluchtlinie des Ursprungs, der Zukunft oder der Ewigkeit zu absorbieren. Beide zusammen bilden in ihrer widersprüchlichen Verschränkung, unter der Figur des Rechts und des Lebens, die Angelpunkte der bürgerlichen Ideologie des Menschen, in der die Unterschiede nicht unterdrückt, sondern gegeneinander ausgespielt werden, um sie beherrschbar zu machen. Der rationalistischen Strategie gebührt das Verdienst, die Vereinheitlichungsstrategien begonnen, wenn auch nicht auf allen Gebieten erfolgreich durchgeführt zu haben.
2.4
Philosophie als Bestimmungsgrund der Dichtung
Gottscheds Literaturreform ist einer der historischen Versuche der Vereinheitlichung literarischer Praxen auf der Basis der rationalistischen Strategie. In seiner Literaturkonzeption zieht sich die Leitidee des Rechts durch die gesamte poetologische Terminologie. Wahre Dichtung folgt ewigen und unverbrüchlichen Gesetzen, und wer als Dichter »etwas Rechtes hervorbringen will«, muß sich nach ihnen richten. Derjenige, der das Produkt beurteilt, heißt Kunstrichter, und schließlich spricht die Dichtung selbst den Urteilsspruch über die Leute, die sie darstellt; sie schickt sie in den Untergang, gibt sie der Lächerlichkeit preis oder befreit sie von dem Verdacht, der auf ihnen lastet, und fuhrt sie der Belohnung zu. Bestimmungsgrund dieses Rechts, auf dem die rationalistische Dichtungskonzeption beruht, ist die Philosophie, und zwar in aller Deutlichkeit die Wolffsche Philosophie/40 Von Anfang an, bevor er noch mit dem Entwurf seiner Critischen Dichtkunst begonnen hat, will Gottsched die Poesie auf der Philosophie begründen. Die Philosophie sei die Grundlage des richtigen Dichtens, denn sie lehre uns, »die Kräfte der Seelen, ihren wahren und unrichtigen Gebrauch, ...die Natur und Beschaffenheit unserer Gedanken ... recht kennen und beurtheilen«; die Poesie müsse daher »mehr nach den Regeln der Weltweisheit als nach dem verderbten Geschmack des unverständigen Pöbels eingerichtet«241 werden. In der Einleitung zur Weltweisheit charakterisiert er die Philosophie als 240
241
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Zum Streit um die theoretischen Grundlagen der Gottschedschen Poetik: auf der einen Seite stehen Bäumler (1967), Birke (19660/196611), Freier (1973), Gaede (1978), Grimm (1983), Rieck (1972), Wetterer (1981), die Gottscheds Anschluß an die aristotelische Tradition der Naturnachahmung systematisch umgearbeitet und verankert im Lehrgebäude der Wölfischen Philosophie sehen; auf der ändern Seite Herrmann (1970), der die These von den zwei Gottscheds vertritt, dem Gottsched als philosophischen Wolffianer und dem Gottsched als Nachfahre der barocken Poetiker. Der Biedermann, II. Theil, 81. Blatt, (22. Nov. 1728), 122/23.
pnncipium scientiarum et artium.14* In der Philosophie findet er die allgemeinen Prinzipien, die die Dichtung als Ding konstituieren, das nach dem Satz des Widerspruchs und des zureichenden Grundes unter allen seinen Bestimmungen eine haben muß, die nur ihm zukommt und ihm damit eine Eigenschaft und eine Regel gibt.243 Die Critische Dichtkunst versteht sich als Einlösung dieses Anspruchs, bezeichnet doch der Begriff der Critick die Beurtkeilungskunst, »welche nothwendig eine Prüfung oder Untersuchung eines Dinges nach seinen gehörigen Grundregeln voraussetzt« und der Begriff des Criticus den »Gelehrten, der die Regeln der Künste philosophisch eingesehen hat.«244 Wolff stellte die Aufgabe: »Unterdessen wäre es nützlich, wenn man die Künste in Wissenschaften brächte«245 - und die Wolffianer der Poesie machen sich daran, dieses Programm umzusetzen. Die Philosophie erscheint auch im Feld der Dichtung als jene Macht, die in letzter Instanz entscheidet, was darstellbar ist, was nicht, was erlaubt ist und was unerlaubt, was möglich ist, was unmöglich. Auch hier definiert die Philosophie einen Bereich, das Mögliche, und einen Ausschluß, das Unmögliche, und fungiert als Tribunal dieser Unterscheidung. Wir haben gesehen, wie die Bestimmung der Grenzen der Fiktionalität (der Vorstellung bei Wolft) vom Möglichkeitsbegriff der Wölfischen Philosophie abhängt, und weiter, wie die Weite und Enge dieses Möglichkeitsbegriffs Resultat eines theoretischen Kampfes ist, in dem der Theologie ein Stück der Auslegungstätigkeit bestritten wird, die nun allein der menschlichen Vernunft und ihrer theoretischen Praxis, der Philosophie, zugesprochen wird. Wolff geht es dabei primär um die Begründung der Natur- und (normativen) Gesellschaftswissenschaften (Ethik, Politik und Naturrecht), aber mit dem philosophischen Möglichkeitsbegriff lassen sich auch die Grenzen der Dichtung als vernünftiger Fiktion bestimmen. Wolffs Darstellungstheorie verfährt, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, abbildungstheoretisch; die ganze Welt ist ein Spiegel der göttlichen Vollkommenheit, sowie die menschlichen Werke Spiegel ihres der göttlichen Vollkommenheit nacheifernden Verstandes sind. Abbildungen sind, was auf die fortdauernde Geltung des traditionellen Ärr-Begriffs hinweist, Werke jeder Art. Erkenntnis der Möglichkeit eines Dings geht dieser Abbildung voraus, macht die Verwirklichung im Werk zum sekundären Problem, da Erkenntnis stets schon abbildenden Charakter hat. Das Entscheidende ist die Art der Tätigkeit der Seelenvermögen. 142
WWI, § 2i; in der WWI, § 154, (7. Aufl.) beweist er die Aussage syllogistisch als Satz; in der 2. Aufl. benutzt er als Demonstrationsbeispiel den Satz, daß Satiren und Komödien in einer Republik nicht verhindert werden sollen, also genau den Satz, den Löwen später in seiner Rede zu beweisen sucht (vgl. hier S. 291). 2 43 Zur detaillierten Ableitung vgl. Birke igößb. 244 24 Vorrede zur i. Aufl. der CD, Ausgewählte Werke VI, 2, 395. ' Moral, § 369. 67
Den poetischen Zentralbegriffen entspricht oft ein Begriff, der entweder direkt aus der Wölfischen Philosophie entlehnt ist oder sich doch unschwer als eine Abwandlung davon erkennen läßt. Die Begriffe seiner Erkenntnispsychologie, die Theorie der Seelenkräfte mit den Zentralbegriffen Einbildungskraft, Scharfiinnigkeit und Witz sind auch poetologisch bedeutsam.246 Die mentale Vorstellung, die im Begriff ihren sicheren Grund hat, materialisiert sich poetisch in der Nachahmung. Die Wahrnehmung ihrer Vollkommenheit gewährt Lust,14'7 womit Wolff der Diskussion über den Kunstgenuß durch das ganze Jahrhundert Stoff liefert. Auch sein Versuch, die ordentlichen Vorstellungen, Bedingung einer wahren Lust, von den unordentlichen zu trennen, hat ein poetisches Pendant: es findet sich im Begriff der Wahrscheinlichkeit. Dieser scheidet auf der poetischen Ebene die erlaubten Fiktionen von den unerlaubten. Der philosophische Möglichkeitsbegriff taucht daher als zentrale Komponente des poetischen Wahrscheinlichkeitsbegriffs wieder auf. Anders gesagt: der philosophische Diskurs Wolffs wird zu einem zentralen Bestimmungsmoment der Gottschedschen Dichtungskonzeption einer vernünftigen Poesie. 2.4.1 Die Möglichkeit als Raum der literarischen Fiktion Schon Wolff selbst bindet explizit fiktionales Geschehen an seinen philosophischen Möglichkeitsbegriff. Vom Roman meint er: »Wenn dergleichen Erzählung mit solchem Verstand eingerichtet ist, daß nichts Widersprechendes darinnen anzutreffen ist; so kann ich nicht anderes sagen als es sey möglich, daß dergleichen geschieht.«248 Gottsched nimmt den Gedanken in der Critischen Dichtkunst mit Berufung auf den Herrn von Wolff \ und verallgemeinert ihn für die Fabel, das Kernstück seiner Literaturtheorie.249 Gottsched entfaltet den Gedanken allerdings nicht vom Möglichkeitsbegriff, sondern vom Fabelbegriff aus. Dieses Verfahren betrifft nicht den an Wolff orientierten philosophischen Gehalt,250 sondern allein die Darstellungsweise. Gottsched selbst begründet seine Entscheidung für eine Erklärung am Leitfaden des Fabelbegriffs an der Stelle, wo er die Wolffsche Grundlegung seiner Fabeltheorie erwähnt, didaktisch: »Weil diese, (d.h. die Wolffsche) Erklärung unphilosophischen Köpfen vielleicht Schwierigkeiten machen könnte«2'1, bleibt er bei der illustrativen Erläuterung durch Exempel, die die Darstellungsweise der Critischen Dichtkunst im allgemeinen kennzeichnet. 246
Vgl. etwa Met., § 859; Anm., § 320; CD«, 102. ? Siehe oben S. 17, Anm. 54. 248 Met., § 571. 249 Vgl. CD4, 151. 2 5° Diese Meinung vertritt H. P. Herrmann (1970, 252), der darin einen Unterschied zwischen Gottsched und den Zürchern sieht. 2 5' CD4, 151. 24
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Mit dem Problem der Fabel greift er das der Unterscheidung von Beschreibung und Dichtung/51 der alten aristotelischen Unterscheidung von Historiker und Poet, Besonderem der Geschichte und Allgemeinem der Poesie wieder auf. Gottsched legt dem Aristoteles eine ins Kurze zusammengezogene WolfFsche Erklärung in der Mund, wenn er ihn die Fabel als eine Zusammensetzung und Verbindung der Sachen^ bestimmen läßt. Über die nähere Bestimmung dessen, was Zusammensetzung heißt, kommt er schließlich zum Wolffschen Möglichkeitsbegriff.154 Wir verfahren nun umgekehrt, indem wir mit der Darstellung des philosophischen Möglichkeitsbegriffs die Weite und Problematik dessen aufzeigen, was Gottsched mit seinem pragmatisch-biederen Fabelbegriff oft zu sehr einschränkt. Voraussetzung einer vernünftigen Dichtung ist also die Erkenntnis dessen, was möglich ist. Das ist theorieimmanent ein hoher Anspruch, der zu einigen theoretischen Problemen führt; denn die Erkenntnis all dessen, was möglich ist, kommt in letzter Instanz nur Gott zu. Dieser Gott ist aber der Gott des unendlichen Verstandes, an dem die Menschen mit ihrem endlichen Verstand partizipieren. In dieser Spannung von endlichem und unendlichem Verstand, unendlich adäquater Erkenntnis Gottes und der endlichen, aber stets fortschreitenden und sich vervollkommenden Erkenntnis der Menschen liegt bei Wolff das Gebiet möglicher Erfahrung, mit dem sich die Erfindungskunst beschäftigt. In diesem Bereich bewegen sich die Erfinder, von denen Wolff voraussetzt, daß sie von der Grundlage des bereits gesicherten Wissens - des Möglichen, das durch Gott wirklich gemacht ist - ausgehen.155 Man könne, sagt Wolff, die Erfinder »für Leute halten, durch welche Gott zu uns redet und die in ihm von Ewigkeit her verborgene Wahrheit offenbahret: in welchem Verstande Gassendis den Mathematicis unter den Weltweisen den Rang einräumete, den die Propheten unter den Gottesgelehrten haben«256. Es ist typisch für Wolff, daß er den verbalinspirierten Propheten die verstandesinspirierten Mathematiker zur Seite setzt. Darin drückt sich das ambivalente Verhältnis aus, das der Wolffianismus allgemein zur Beziehung von Vernunft und Offenbarung hat: Zum einen die politische Anerkennung dieser Grenze als Anerkennung zweier gesellschaftlicher Mächte und ihrer Diskurslogiken - ohne theoretischen Anspruch unterscheidet man hier zwischen Gründen der Vernunft und Gründen der Offenbarung, je nachdem in welchem Bereich und in welchem Diskurs man sich bewegt -, zum ändern der theoretische Anspruch, auch die Offenbarung in einer umfassenden Vernunft auflösen zu können.257
Vgl. CD4, 149. « CD4, 149.
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257
Ebenso kommt Breitinger vom Wolffschen Wirklichkeitsbegriff zum historisch-Wahren, von dessen Möglichkeitsbegriff zum poetisch-Wahren. CD I, 6of. Vgl. Logik, § 12. Met., § 976. Zum Problem des Verhältnisses dieses Begriffspaars vgl. das Kap. 2.3.1. 69
Die Dichtung im Wölfischen Verstande lebt, wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt, von dieser Verstandesinspiration und nicht von der Wortinspiration eines begeisterten Dichters258. Im Wort Gottes bekundet sich der Logos der Dinge, die im Verstand Gottes begründet sind,259 die durch seinen Willen nicht mehr verändert, sondern nur noch wirklich gemacht werden können.260 Erfindung ist eigentlich Offenbarung des Logos und Gott der einzige und universale Erfinder, da er sich alles vorstellen kann, was möglich ist. Seine Tätigkeit wird erläutert im Vergleich zu derjenigen Huygens', dessen Planetenuhr nicht erst möglich geworden sei, »da er ihr nachgedacht, sondern schon von Ewigkeit her mit in dem göttlichen Verstand gewesen, der sie wie alle übrigen Wahrheiten hervorgebracht«261 habe. Daraus lasse sich schließen, »daß Gott allein der einzige und wahre Erfinder ist, als dessen Verstand alles, was möglich ist, hervorbringet (§ 976); hingegen die Menschen nur von den unendlichen Erfindungen Gottes eine und die andere zu schauen bekommen, indem sie die Gedanken danach richten«202. Wolffs Formulierung scheint eine Perspektive zu eröffnen für ein Dichtungsverständnis, in der Dichtung Offenbarung des göttlichen Verstandes und der Dichter ein Mund göttlichen Verstandes ist. Hier öffnet sich ein weites Feld möglicher Beziehungen: Naturnachahmung als Inspiration durch das Verbum dei in der Natur, Natur als Mittlerin zu Gott in der Physikotheologie, Verselbständigung der Natur in der Dichtung zum lumen naturae, als Absonderung der Natur für uns203 oder als Werden der begotteten Natur in der »Selbstanschauung« des »erdengehüllten Gottes«264. Aber alles kommt hier darauf an, wie man ihr Verhältnis bestimmt; denn daraus erhellt theoretisch das Verhältnis von Wirklichkeit und Möglichkeit, göttlicher Schöpfung und menschlichem Werk, Schöpfungswirklichkeit und Dichtung. Auf der Ebene der Möglichkeit stimmen göttlicher Verstand und menschlicher Verstand wenn nicht überein, so doch zusammen, da die Möglichkeit im göttlichen Verstand begründet ist. Der Gedanke der möglichen Welten dient Wolff zum Beweis der Unendlichkeit des götdichen Verstandes, der »alle Welten auf einmal sich deutlich vorstellen kann«265. Doch wird nicht alles, was möglich ist, in dieser Welt wirk-
2 8
* Die rationalistischen Poetiker kennen sehr wohl die plotinische Tradition des göttlich inspirierten Poeten und die Theorien des furor poeticus (vgl. Gottsched, CD4, ioi£). Aber sie übersetzen sie konsequent in rationalistisch-psychologische Terminologie (vgl. Kap. 2.5). 2 59 Vgl. Met., § 975. 260 Vgl. Met., § 994. 261 Met., § 995. 262 Met., § 996. 26 3 Vgl. Lessing, in HD 70. 264 Zu einigen dieser Beziehungen vgl. Hans Georg Kemper 1981. 26 5 Met., § 952. 70
lieh. Die Verwirklichung fordert eine Absicht, die sich ihrerseits am Möglichen orientiert und daraus nach ihrer Erkenntnis das Bestmögliche wählt.166 Die metaphysische Annahme von der Vollkommenheit Gottes macht die bestehende Welt zur bestmöglichen. Das zu erweisen geht Wolff nicht vom empirisch-Wirklichen aus, sondern vom Begriff der Vollkommenheit, der apriori Gott zukommt; ein vollkommener Verstand kann nur das Bestmögliche verwirklichen. So existiert das Wirkliche immer nur sub specie possibilitatis, als ein Fall des Möglichen. Wir haben schon daraufhingewiesen, wie Wolff daraus eine Art Rechtfertigungsdialektik entwickelt, indem er einmal aus dem Begriff, das andere Mal aus der Anerkennung eines gesellschaftlich wirksamen Dogmas das Wirkliche als vollkommen erweist. Dieses Bestmögliche oder Vollkommene des göttlichen Verstandes ist allerdings für den Menschen nicht einsehbar, da er nicht alle möglichen Welten auf einmal denken und sie vergleichend nebeneinander halten kann.167 Trotzdem ist es apriorisch vorausgesetzt und muß prinzipiell denkbar sein (wir werden sehen aufweiche Art), da sonst die These vom gottähnlichen menschlichen Verstand, der sich nach dem göttlichen richtet, in sich zusammenfiele. Um den Unterschied zwischen Göttlichem und Menschlichem aufrecht zu erhalten, muß Wolffeine Differenz in den Möglichkeitsbegriff einfuhren: »Unterdessen muß man einen Unterscheid machen unter demjenigen, was schlechterdings unmöglich ist (...), und unter dem, was nur nach dem gegenwärtigen Zusammenhange der Dinge, oder in dieser Welt, nicht geschehen kan«168. Aus der ersten Aussage ergibt sich ex negative ein Möglichkeitsbegriff, der auf der logischen Widerspruchsfreiheit beruht, der zweite Möglichkeitsbegriff wird bestimmt durch den Widerspruch des Wirklichen gegen einen Teil des logisch Möglichen, der erste geht aus der Denkbarkeit, der zweite aus den Absichten (in letzter Instanz den Absichten Gottes) hervor, die sich an einer Vollkommenheit orientieren.109 266 Vgl. Met., § 951. 6 7 Vgl. Met., § 956. 268
269
Met., § 574. Vgl· Met., § 967 und die Erläuterung in Anm., § 359. Hier und im Kapitel 4 (Von der Welt) der Metaphysik erläutert Wolff die Beziehung von Möglichkeit und Wirklichkeit mit Beispielen von erschlagender Banalität: »Z. E. Daß ich jetzund sitze, ist durch die Beschaffenheit der Gliedmaßen des Leibes möglich und erhält seine Wirklichkeit durch den gegenwärtigen Zusammenhang der Dinge, das ist, weil der Raum und die Zeit auf eine solche und keine andere Weise erfüllet sind, insoweit ich nemlich dazu Anlaß nehme aus dem, was in der Welt geschienet. Daß ich aufstehe, ist durch die Beschaffenheit der Gliedmassen des Leibes eben so wohl möglich als daß ich sitze: allein wenn es seine Würddichkeit erhalten sollte, so müßte ein gantz anderer Zusammenhang der Dinge seyn, als sich jetzund befindet (§ 570), das ist, der Raum und die Zeit müßte auf eine ganz andere Weise erfüllet sein, als er j etzt erfüllet ist. Denn es müßte sich etwas ereignen, daraus ich Anlaß nehmen könnte, mich zum Aufstehen zu entschließen. Da es nun unmöglich ist, daß einerley Raum und Zeit auf einmahl auf verschiedene Art erfüllet seyn kan; so kan es auch in dieser Welt nicht geschehen, daß ich aufstehe, indem ich sitzen bleibe, indem ich wohl Ursache fände dieses, aber nicht jenes zuresolvieren«(Met., § 573).
Es scheint also zwei Modi zu geben, das im götdichen Verstand beruhende Mögliche einzusehen, den menschlichen und den göttlichen. Der menschliche Verstand erkennt das logisch Mögliche. Dieses scheint der weitere, abstraktere aber auch unausgefiilltere Begriff zu sein (mit Wolff zu reden, weder volhtändig noch ausfuhrlidi), er umschreibt ein unter gewissen Bedingungen Notwendiges,170 eine Art Grenzwert, jenseits dessen das Unmögliche beginnt, das unter keinen Umstände existieren kann. Der zweite Möglichkeitsbegriff, der direkt mit dem Begriff der Wirklichkeit verbunden ist (er bleibt deswegen nicht weniger auch Möglichkeitbegriff, da das Wirkliche ja auch möglich war, ansonsten es nicht hätte wirklich werden können), orientiert sich an der größeren Vollkommenheit als »Bewegungsgrund seines Willens«271. Der erste Möglichkeitsbegriff scheint einsehbar, berechenbar und erforschbar, der zweite scheint sich der Berechenbarkeit, dem menschlichen Verstand überhaupt, zu entziehen. Auf den ersten scheint sich die Wissenschaft zu berufen, die »nicht von eintzelnen, sondern von allgemeinen Dingen«272 handelt, die nur das Mögliche als logisch oder mathematisch Mögliches im menschlichen Verstand bestimmt, das sich »ohne den Willen Gottes beweisen«173 läßt. Es scheint daher naheliegend, die Dichtung auf dem zweiten Möglichkeitsbegriff aufzubauen als dem dem logischen nicht widersprechenden, aber zugleich konkreteren, mit der Schöpfungswirklichkeit verbundenen Begriff. Von diesem Begriff aus scheint sich nun ein Weg zu eröffnen, Dichtung als analoge, aber in sich autonome Schöpfung zu begreifen, deren Wirklichkeit sowohl in der gegenwärtigen wie in einer möglichen Welt fußt. Auf diesem Weg scheint sich Breitinger zu bewegen, wenn er das Dichten bestimmt als nichts »anders, als sich in der Phantasie neue Begriffe und Vorstellungen formieren, deren Originale nicht in der gegenwärtigen Welt der würcklichen Dinge, sondern in irgendeinem ändern möglichen Weltgebäude zu suchen sind«274. Mit der Bestimmung dieser neuen Vorstellungen, von denen Breitinger ausdrücklich die »allgemeinen und abgezogenen Wahrheiten und Begriffe, die alleine dem reinen und von den Sinnen gantz abgekehrten Verstand vernehmlich sind«275, ausschließt, tut sich Breitinger allerdings schwer. Weit davon entfernt, den angezogenen alter deusGedanken auszuführen, versucht er, dieses Mögliche wieder durch einen Wahrheitsbegriff zu bestimmen, der auf der Annahme der Vollkommenheit des göttlichen Verstandes und des Abbildverhältnisses des menschlichen Verstandes beruht. Obwohl er, im Unterschied zu Gottsched, das rein Logische und Verstandesmäßige aus der Dichtung auszuschließen scheint, kommt es durch die Hin*7 Vgl. Met., § 575. 2 7! Met., § 981. 2 Z 7 Met., § 991. 2 73 Met., § 990. 2 74 CD I, 60; vgl. auch CB, 132. 2 75 CD I, 54. 72
tertür seines an Wolff orientierten Wahrheitsbegriffs wieder hinein. Denn das, was die Phantasie begrenzt, ist der göttliche Verstand, in dem das Mögliche gedacht und das Unmögliche ausgeschlossen ist. Der Balanceakt zwischen Nachahmungstheorie und Schöpfungstheorie, zwischen die Naturnachahmen und der Natur nachahmen, neigt sich zugunsten der ersteren, da sich auch Breitingers Poet nicht von Gottes Schöpfung emanzipieren kann. Auch sein Wunderbares und Neues ist noch in der Verniinftigkeit der göttlichen Schöpfung enthalten. Breitinger verschafft der Dichtung zwar eine größere Gegenstandsbreite - aus seinen besondern kulturellen Voraussetzungen heraus muß er nicht auf Wolffs Abgrenzung von Vernunft und Offenbarung zurückgreifen176 -, doch auch bei ihm gibt es die Tendenz, die Beziehung von Schöpfungsmöglichkeit und Schöpfungswirklichkeit rationalistisch auszulegen. Gerade wegen dieser fortbestehenden Bindung an ein rationalistisches Paradigma fuhrt vom Möglichen der Dichtung kein Weg zur Idealisierung, da das Mögliche die in Gott gegebenen Gesetze der Natur nie überschreiten, d.h. auch nicht verbessern könnte. So kann selbst das, was »die Natur zwar noch nicht zur Wirklichkeit gebracht hat, aber doch an das Licht zu bringen vermögend ist, ... keine Verbesserung der Natur, sondern nur eine Nachahmung derselben auch in der Möglichkeit selbst, geheißen werden«277. Anschließend wiederholt Breitinger das Wolffsche Argument von der wirklichen als der besten aller möglichen Welten, wobei er als deren Bestimmungsgrößen, wie Gottsched, Zahl, Maß und Gewicht angibt. Aber gerade diese Vollkommenheit ist von Menschen nicht einzusehen,178 weshalb er sich wieder auf einen Möglichkeitsbegriff als Grenzbegriff einlassen muß, der sich am Logischen orientiert. Breitinger befreit sich also nicht aus dem Dilemma des Möglichkeitsbegriffs von Wolff, der einerseits ein Vollkommenes annimmt, das jeglichen menschlichen Verstand überschreitet, aber dies nur im Rahmen der Möglichkeit des Verstandes definieren kann; mit ändern Worten, er postuliert ein ontologisch Mögliches, das aber die Bedingungen des logisch Möglichen, die Widerspruchsfreiheit, erfüllen muß. Es ist wahr, daß das Vollkommene, im Gegensatz zum bloß Möglichen, einer Absicht, einer notwendigen Existenzursache, eines zureichenden Grundes bedarf, aber diese Absicht verwirklicht nur, was sie innerhalb des Möglichen des göttlichen Verstandes als vollkommener eingesehen hat, als Zusammenstimmen der Absicht mit einem Zweck. Dadurch drückt sich eine Vollkommenheit aus, die sich steigert bis zur höchsten Absicht, der Absicht des Höchsten, in der alle Absichten und Zwecke in der einen und höchsten Vollkommenheit zusammenstimmen. Dieses Zusammenstimmen ergibt sich nicht durch subjektive Zwecksetzung, sondern, wie Wolff aufgrund des Axioms der Allwissenheit Gottes am Beispiel *76 Vgl. dazu Kap. 2.3.1. 277 278
CD I, 268. CD I, 269.
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von Huygens' Erfindung der Planetenuhr erläutert, dadurch, daß man sich nach Gottes Verstand richtet. Der Erfinder orientiert sich also einerseits an der im göttlichen Verstande begründeten logischen Möglichkeit, anderseits, in der Verwirklichung des bloß Möglichen, an der im Begriff des Göttlichen gegebenen Vollendung des Zusammenstimmens von Teilen zu einem Zweck, wodurch er der göttlichen Vollkommenkeit nachstrebt.279 Wir haben also einerseits den Begriff eines logisch Möglichen als formalen Grenzwert und anderseits den einer Zusammenstimmung von Teilen zu einer Absicht, der wiederum annähernd im Rahmen eines logischen oder mechanischen Möglichkeitsbegriffs bestimmt werden soll. Damit sind wir bei jenem Zirkel von Absicht und Einsicht, den Wolff in einer höchsten Einsicht entrückt hat.280 Dieser ist, wenn auch im Ganzen nicht erkennbar, so doch im Prinzip denkbar. Er verkörpert sich in der Idee der Welt als Maschine, die jenes Mittel seiner Absichten ist, das seiner vollkommenen Einsicht, seiner Weisheit entspringt/81 Im Maschinenwesen, d. h. einem mechanisch-dynamischen Ordnungsbegriff, einer »Ordnung in der Veränderung der Dinge«*82, sieht Wolff den entscheidenden Unterschied der wirklichen und der möglichen Welt zum bloßen Traum. Dichtungskonzeptionen, die sich an Wolff orientieren, bewegen sich in denselben Spitzfindigkeiten und Aporien. So gilt für Gottsched zweifellos, daß der Dichter als Erfinder seine Gedanken nach dem göttlichen Verstand richten soll, aber das gibt für seine Dichtungsbestimmung zunächst bloß eine Leerformel, die gleiche übrigens, auf die auch Breitinger zurückgegriffen hat, nachden er vergeblich den Gedanken einer Logik der Phantasie hin und her gewendet hat. So sind nach Gottsched, und hierin würden ihm gewiß viele Zeitgenossen auch außerhalb der Wölfischen Schule zustimmen, die natürlichen Dinge (die Schöpfungswirklichkeit) schön, weil sie Gott »nach Zahl, Maß und Gewicht geschaffen«283 habe. Diese rationalistische Schöpfungsauffassung begründet den Nachahmungsgedanken: »...wenn also die Kunst auch was Schönes hervorbringen will, muß sie dem Muster der Natur nachahmen«2*4. Das bedeutet, wie Gottsched an gleicher Stelle erläutert, »das genaue Verhältnis, die richtige Ord279
Vgl. Met., § 995, wo er die Differenz folgendermaßen erläutert: »Wüßte ein Meckanicus, der eine Planeten-Uhr machen will, alle Planeten-Uhren, die möglich sind, und könnte alle insgesammt sich auf einmahl vorstellen, so dörffte er nur daraus diejenige erwehlen, die zu seiner Absicht sich am meisten schickte. Und so muß man sich die Sache auch bey Gott vorstellen, wenn man nicht von ihm auf eine seiner Vollkommenheit unanständige Weise denken will.« 280 Vgl. hier S. 4if., S. yyf. u. S. 86 281 Met., § 1037, § 557, § 559. 282 Vgl. Met., § 142, § 151, § 558 u.a.m.; der Begriff spielt u.a. in Wolffs Cosmologia generalis eine Rolle. Vgl. dazu M. Campo 1939, 2g 3 CD4,185. 28 4 Ebd.
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nung und richtige Abmessung, daraus ein Dinge besteht«185, beobachten. Naturnachahmung ist also auch hier nicht Nachahmung einer natürlichen oder historischen Wirklichkeit, sondern Nachahmung einer Ordnung. Die Anwendung dieses Gedankens auf die Dichtung bringt Gottsched allerdings in arge Verlegenheit. Daß man Harmonie und Ordnung auch in der Dichtung nachweisen könne, davon ist Gottscheds aufklärerischer Optimismus trotz aller Schwierigkeiten überzeugt. Kann hier, meint er in bezug auf die Poesie und Beredsamkeit, gleich das Verhältnis nicht mit Zahlen und Linien ausgedrücket, mit Zirkel und Lineal abgemessen und so handgreiflich gemacht werden, als in den ändern Dingen, wo man durch Hülfe der Geometrie alles sehr in Licht setzen kann: So folget doch deswegen nicht, daß hier alles willkürlich sei. Unsre Gedanken sind so vieler Harmonie, Ordnung, Abmessung und Verhältnis fähig als Figuren und Töne. Nur es gehören scharfsinnigere Köpfe dazu, die Schönheiten solcher Dinge, die man weder fühlen noch greifen kann, recht auszugrüblen und in ihren ersten Quellen zu untersuchen.186
Die harmonischen Verhältnisse, die in Arithmetik und Geometrie berechenbar und konstruierbar sind, werden im Reich des Wortes zu ideologischen Prämissen, die schwer zu beweisen sind. Bei Gottsched verschwindet der Gedanke von der richtigen Abmessung und der Harmonie von der Oberfläche der Reflexion, um einem ändern Platz zu machen, dem der Erfüllung eines moralischen Zwecks. Scheinbar besteht zwischen den beiden Überlegungen kein Zusammenhang. Man kann daher mit einigem Recht von zwei verschiedenen SchönheitsbegrifFen im Werk Gottscheds reden.28? Wenn wir die beiden Überlegungen allerdings zusammenhalten mit dem, was wir von Wolffs Möglichkeits- und Vollkommenheitsbegriff gezeigt haben, so entdecken wir in der zweiten Überlegung wieder die Wolffsche Vorstellung von der Zusammenstimmung der Teile zu einer Absicht, die ja nichts anderes ist als ein unvollkommenes Abbild der göttlichen Weltharmonie oder -maschine. Da der Dichter diese Harmonie nicht direkt darstellen kann, hält er sich an das, was seinem menschlichen Verstand zugänglich ist; d. h. zum einen an die Widerspruchsfreiheit in Raum und Zeit als abstrakteste Bestimmung des Gegenstandsbereichs, zum ändern an die Übereinstimmung des Dargestellten mit dem in Gottes Absicht festgelegten Geschehenkönnen. Wie die Weltmaschine für die Absicht Gottes ein Mittel ist, so ist es das Gedicht für den Dichter, der zwar in Verfolgung dieser Absicht nicht die göttliche Absicht selbst verwirklicht und zur Darstellung bringt, sich ihr aber unterstellt. Das Mögliche der Dichtung muß in bezug auf die damit verfolgte Absicht mit der göttlichen zusammenstimmen. Diese Zusammenstimmung ist greifbar in der Moral. Gottscheds Dichtungs285 286
287
Ebd. CD4, 186. Vgl. Wetterer 1981, 135-153. 75
konzeption stellt sich zwar in die Tradition des Aristoteles, insofern sie Dichtung als Darstellung menschlicher Handlungen begreift, sie präzisiert jedoch diese Bestimmung im Sinne Wolffs, indem sie deren Möglichkeit als ihr GeschehenKönnen in metaphysischer Hinsicht begreift. Deren Vollkommenheit zeigt sich in der Moral, weil in ihr das Allgemeine des menschlichen Handelns mit den göttlichen Absichten zusammenstimmt. So hält sich die Dichtung, in Berücksichtigung der Unterscheidung von Offenbarungs- und Vernunftwahrheiten, an den Kreis der menschlichen Erkenntnis, ohne sich zu vermessen, die göttliche Vollkommenkeit darzustellen;288 doch weiß sie sich gleichzeitig mit der göttlichen Absicht in Übereinstimmung. Die Moral ist jenes mit der göttlichen Absicht kompatible immer Mögliche, das ist, wenn es auch nicht wirklich (oder verwirklicht) ist. An der Moral, als dem Möglichen und stets mit den göttlichen Absichten Übereinstimmenden, hat die Dichtung, als Darstellung menschlicher Handlungen, ihren Leitfaden. So wie die quantitativen Verhältnisse der Mathematik Ordnung und Zusammenhalt geben, so verschafft die Moral der Dichtung »Harmonie, Ordnung, Abmessung und Verhältnis«289. In der Moral ist das Wirkliche der gesellschaftlichen Verhältnisse umgedeutet und mit deren Möglichkeit, der göttlichen Wirklichkeit und der Wirklichkeit Gottes, in imaginäre Übereinstimmung gebracht. Die Moral hat den eigentümlich doppeldeutigen Charakter eines Postulats und einer Deutungskategorie des Wirklichen. Sie läßt sich in der empirischen Wirklichkeit nicht erkennen und muß doch dort stets zur Anerkennung gebracht werden. 2.4.2 Rhetorische Zweckdichtung oder Dichtung als Mittel der Verwirklichung universaler Zwecke Vor dem Hintergrund dieses Wölfischen Dilemmas, das Abstrakt-Allgemeine als konkret zu erweisen und das Konkrete auf das Allgemeine zurückzuführen, läßt sich, so meine ich, ein alter Streit um Gottscheds Literaturbegriff auflösen. Es geht um den Streit, ob Gottscheds Literaturbegriff rhetorischer oder philosophischer Art ist. Einerseits betont Gottsched, daß ein Gedicht seine Wirklichkeit stets der Absicht eines Autors verdanke, der damit einen moralischen Zweck verfolge. Die Absicht des Autors wäre mithin eine rhetorische persuasio, die er sich durch die Wahl der Materie und des genus causae vorgesetzt hat. Dem steht aber in seinem Werk ein objektivistischer Literaturbegriff entgegen, wonach die Schönheit eines Werkes niemals auf dem Eigensinn des Autors, 288 j^jt jer Gefah^ die Gottsched in CD4, 224 andeutet, »die Sphäre der Dichtkunst über den menschlichen Begriff hinaus (zu) erstrecken, und sich alle Augenblicke in die Gefahr (zu) begeben, wider die Wahrheit und Wahrscheinlichkeit zu verstoßen.« Vgl. auch Kap. 2.1.2. 2g 9 CD* 186. 76
mithin auf seiner konkreten Absicht und Zwecksetzung beruhe, sondern seinen Grund in der wolffisch konzipierten Ordnung, d.h. in der Zusammenstimmung der Teile, Harmonie und Vollkommenheit habe. Diese Seite von Gottscheds Literaturbegriff liefert der philosophischen Partei die Argumente. Die beiden Seiten finden sich in widersprüchlicher Verschränkung in seiner Dichtungskonzeption. Auf der einen Seite schleppt er die Erbschaft der rhetorischen Tradition mit sich, die ihn die literarischen Gattungen sach- und adressatbezogen konzipieren läßt, auf der ändern Seite stehen die Zwecke gerade nicht für die Besonderheit einer Redesituation, sondern demonstrieren die Verwirklichung der Moral schlechthin. Ein konkreter Zweck, eine bestimmte Absicht, eingelassen in eine besondere Redesituation, erscheint als Darstellung höherer Zwecke, die alle betreffen und denen sich alle unterordnen.290 Eigentlich müßte das Beharren auf dem Allgemeinen der Moral die rhetorische Konzeption auflösen. Gottsched vollzieht diesen Schritt nicht, doch versucht er stets, die besonderen Redesituationen der Ständegesellschaft, aus denen sich die Begründung für die Ständeklausel ergibt, in die allgemeine Sprache der Moral zu überhöhen, um damit gerade ihre Besonderheit, die ihm in jungen Jahren noch auffällig war, zu verwischen. Die Absicht des Dichters, dem das Werk seine Wirklichkeit verdanken soll (eine Absicht ist bei Wolff immer Bedingung der Wirklichkeit eines Dinges), wird nicht artikuliert als konkrete Absicht mit einem konkreten Zweck, umgekehrt gibt sich gerade die konkrete Absicht als Verwirklichung eines höheren Zwecks, einer höheren Ordnung, die sie vollzieht. Im Vollzug dieser höheren Ordnung vollzieht die Absicht einen Zweck, der über allen partikularen Zwecken steht: die Moral, zugleich letzter Zweck und Ordnung. Am Punkt, wo sich Zweck und Ordnung treffen, ist jede besondere und einzelne Absicht aufgehoben in einer universalen Ordnung und Harmonie. Ausgehend von diesem konkreten Zweck will Gottsched zunächst überhaupt nichts von den Trauerspielen wissen: »Die Zufälle, die regierenden Häuptern und ändern Standespersonen begegnen, hat kein einziger Zuschauer je gehabt, wird sie auch sein Leben lang nicht haben. Was nutzt ihm denn die Vorstellung derselben.« (Vernünftige Tadlerinnen, zit nach Reichel II, 321.) Hier versucht Gottsched noch, den Gegenstandsbereich des Dramas zu bestimmen, indem er nach der Verallgemeinerbarkeit des Konkreten fragt. So kommt er auf das private Sujet und die Moral als ihr Maß. Wenig später versucht er, die besondere Redesituation des Trauerspiels als Allgemeine auszugeben, indem er das Moralische zum Vergleichbaren ständisch unterschiedener Personen und zum gleichermaßen Wirksamen macht (vgl. Schauspielrede, SzL, 9.). Er kann sich dabei auf eine christlich-stoische Tradition der Einübung in Beständigkeit berufen, die schon Opitz in der Vorrede zu seiner Übersetzung des L. Annaei Senecae Trojannerinnen als vorzüglichste Wirkung des Trauerspiels hervorhebt (abgedr. in: George 1972, 96). Unter ändern Voraussetzungen gilt das noch für einen Teil der bürgerlichen Trauerspiele, wo auch die Beständigkeit die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Situationen herstellt. Zum ganzen Komplex vgl. das Kap. 4.1.1.
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Man sieht die Strukturgleichheit mit Wolffs metaphysischer Konstruktion: eine Welt der Möglichkeiten in einer transzendenten Instanz beschlossen,291 die ihrerseits begründet ist in der höchsten Ordnung des Möglichen,292 ihr gemeinsamer Nenner und ihr gemeinsamer Name die Moral, zugleich möglich, göttlicher Absicht entspringend, abstrakt-allgemein. Diese moralische Ordnung kann nicht hergestellt werden; sie stellt sich gewissermaßen selbst her in der kontemplativen Haltung der Subjekte, die sich ihr unterwerfen. Einsicht, Einsicht, Einsicht, das ist Moses und die Propheten für die Wolffianer.293 Das Wolff-Gottschedsche Dichtungsverständnis entspringt einer rhetorischen Konzeption, die ihren Zweck verbergen will, indem sie ihn als höhere Absicht darstellt.294 Einerseits ist durch die Aufnahme des Verknüpfungsgedankens (statt der rhetorisch-deiktischen Gebärde) die Türe offen für die Vorstellung von der Einheit des Kunstwerks, (hier noch gedacht als dessen moralische Schönheit und Vollkommenheit und kategorial kaum geschieden von der Schönheit der göttlichen Schöpfung), anderseits wird die klassische Ästhetik, der diese rudimentäre Vorstellung einer Ganzheit des Kunstwerks den Weg bereitet, ihr die mangelnde Loslösung von äußeren Zwecken, d.h. hier den moralischen Absichten, durch die sich die Dichtung als Vollkommenheit legitimiert, vorwerfen. Sie wird die Einheit der Dichtung, losgelöst vom Reich der moralischen Zwecke, als subjektiv-allgemeine Zweckmäßigkeit (Kant) oder Vollendung in sich selbst (Moritz) bestimmen. 2.4.3 Die Erfindung der Fabel: Zuordnung des Besonderen zum Allgemeinen der Moral Für Gottsched ist das Kernstück der Dichtung die Fabel. Sie ist die Eigenschaft des Dinges Dichtung, durch die sich ihr Wesen in ihrem Zweck erfüllen soll.295 Sie hat daher vor allem den Anforderungen, die die Philosophie an die Dichtung stellt, zu genügen. Daher bezieht Gottsched das, was Wolff von den Romanen 291
Met., § 975. Met., § 981. 2-93 Vgl. etwa die moralischen Erzählungen in Gottscheds Wochenschriften, deren Quintessenz die Fügung in die weise Vorsehung ist. Etwa Vern. Tadl. II, 28. Stück, Reichel II, 207-211. 194 Ist dies die Operation, die Barthes mit dem Begriff der denomination (die man eigentlich als Benennung/Entnennung übersetzen müßte) belegt? Der Prozeß bezöge sich aber hier auf eine bürgerliche Gesellschaft vor 1789, und »der Übergang vom Realen zu seiner Repräsentierung, vom Ökonomischen zum Geistigen« (Barthes 1964, 124) käme mithin vor der vollen Realisierung der kapitalistischen Ökonomie. Das Reale des Geschichtsprozesses führt das Imaginäre stets bei sich. 295 Zur Metaphysik der Dingbestimmung, die auch für die Dichtung zutrifft, vgl. Birke i966a, 295. und 32ff. 292
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gesagt hat, daß sie Historien aus einer ändern Welt seien,2'6 auf die Fabel,197 übrigens auch in Übereinstimung mit Wolff. Erfinder ist der Dichter bei der Erfindung von Fabeln. Die erste Bestimmung fuhrt die Fabel unter Berufung auf Aristoteles ein als eine »Zusammensetzung oder Verbindung der Sachen«298. In Andeutungen macht Gottsched bereits hier klar, daß es sich bei der Fabel um jene Zusammenstimmung des Mannigfaltigen handelt, die in der Wolffschen Philosophie die Ordnung und Vollkommenheit der Dinge ausmacht. Die Verbindung bestehe nicht, wie der Abbe Bossu im Traktat vom Heldengedicht meine, in der Zusammensetzung des Wahren und Fakchen, also der Verknüpfung von Geschehenem und Erfundenem, sondern es müsse das Zubehör der Fabel, das Zufällige (Tiere, Sachen und Personen), das erfunden sein könne, richtig verbunden werden, so daß es einen Zusammenhang bekomme. Gottsched beachtet sehr genau die Unterscheidung der Ebenen einer möglichen Zusammensetzung (Ebene der Metaphysik) und des unwirklichen, aber auch unwichtigen Akzidentiellen (der Ebene einer für die Dichtung unwichtigen Konkretion), was ihn zur Kritik an Bossu veranlaßt, der offenbar genau diese Ebenen durcheinandermischt. Die Fabel ist einerseits eine »Begebenheit, die sich ... niemals zugetragen hat und also falsch ist«, falsch inbezug auf die jetzige, zufällig andere Zusammensetzung der Dinge, anderseits eine Verknüpfung und Verbindung der Dinge, »sodaß sie einen Zusammenhang bekommen«2"; Konkretion, die unwesentlich und Abstraktion, die wesentlich ist.300 Kriterium der Unterscheidung von wahr und falsch ist nicht der Vergleich von Wirklichkeit und Fiktion, sondern die Unterscheidung zwischen »demjenigen, was schlechterdings unmöglich« ist, und demjenigen, »was nur nach dem gegenwärtigen Zusammenhange der Dinge, oder in dieser Welt, nicht geschehen kan.«301 Der Wahrheitsaspekt der Fabel wird damit primär im Rahmen der Wolffschen Wahrheitstheorie verortet. Die Fabel ist wahr, weil ihre Teile zusammenstimmen; die Teile stimmen zusammen, weil durch die Moral der Geschehensablauf möglich geworden ist. Als Formprinzip ist die Fabel nicht Illustration des Lehrsatzes, sondern Zusammenhang der Teile, sie illustriert nicht, sondern erklärt auf anschauende Weise die Geltung einer Moral. Ihr Gebrauch wird daher nicht wie in der antiken und christlichen Rhetorik im Hinblick auf öffentliche Redesituationen diskutiert, sondern im Hinblick auf die Lehre überhaupt. In ihrer Situationsungebundenheit ist sie Nachahmung, die lehrt, indem sie eine Ordnung vorzeigt
296
Met., § 571.
2
97 CD4, I49ff. 298
CD4, 149; vgl. Aristoteles, Poetik, Kap. 3. 99 CD4,150. 300 Dies stimmt mit Wolffs Wissenschaftsbegriff überein; siehe oben S. 72. 301 Met., § 5742
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und zur Erscheinung bringt. Bei Gottsched verkörpert sie daher die höchste Form der Nachahmung.3?1 Bei Gottsched und Wolff bewegt sich die Fabel im Rahmen einer allgemeinen Theorie der Moral und nicht mehr im Rahmen einer Klugheitslehre. In der klassischen Rhetorik sind Exempel und Fabel Beweismittel in der forensischen Rede; beide werden situationsgebunden und induktiv verwendet. Bei Wolff hingegen stellen sie dar, was einem Allgemeinbegriff innewohnt.303 Das operative Prinzip der Darstellung ist die Reduktion: Reduktion des Allgemeinen auf einen besonderen Fall, der im Allgemeinen enthalten ist. Die Darstellung durch ein Exempel ist im Prinzip die Umkehrung einer vorausgesetzten Deduktion im Erkenntnisprozeß: die Begriffsbildung geht aus von der empirischen Erfahrung, um diese auf Prinzipien zu bringen, aus der die Erfahrung deduziert werden kann. Sie steigt auf von der klaren zu der deutlichen Erkenntnis. Die Demonstration einer deutlichen Erkenntnis am Beispiel kehrt die Richtung des Verfahrens um: die Deutlichkeit des Begriffs wird rückverwandelt in Klarheit. Darin besteht das Verfahren der Reduktion. In zweierlei Hinsicht behält das Beispiel eine enge Beziehung zum Begriff: als seine reduzierte Darstellung reproduziert es ihn in seiner Faktizität (als einen Fall) und erleichtert gleichzeitig den Zugang zu ihm. »Beispiele«, sagt Wolff in der Philosophia practica universalis, »überzeugen uns von der Realität der Begriffe. Denn da die Beispiele als das Besondere das anschauend hervorheben, was dem allgemeinen Begriff innewohnt, ist es, wenn wir den Begriff auf Beispiele applizieren, als ob wir ihn ... durch Nachdenken ... von neuem bilden«304. Obwohl das Exempel von der deutlichen Erkenntnis geleitet ist und wieder zu ihr zurückfuhrt, ist es nicht nur Ausdruck eines defizienten Erkenntnismodus. Indem es anschaulich das Wesentliche enthält, was auf demonstrativischem Weg durch viele Schlüsse und Regeln gelehrt werden müßte, ermöglicht es eine Erkenntnis »aufeinen Blick«^. In dieser Erkenntnis auf einen Blick scheint etwas von der Fähigkeit des göttlichen Verstandes auf, dessen eine Eigenschaft ja darin besteht, alles auf einmal zu erkennen.306 Nur erkennt Gott zugleich auch alles deutlich, während die menschliche Erkenntnis auf einen Blick nur klar ist. Sie bedarf daher stets der Stütze und der Kontrolle durch das sukzessive Verfahren des diskursiven Verstandes. Dieser allein sorgt dafür, daß Begriff und Exempel zusammenstimmen. Erst durch dieses Zusammenstimmen erzeugt das Exempel 302
Das kommt schon in der Überschrift des 4. Kapitels der CD zur Geltung: »Von den drei Gattungen der poetischen Nachahmung und insonderheit der Fabel«, die damit als die besondere und höchste Form der Nachahmung herausgehoben ist (vgl. dazu insb. CD4 i48ff.). 303 Vgl. Ph.p.u. II, § 250. 3 °4 Ph.p.u.II, § 256. 3 °5 Ph.p.u.II, § 297. 306 Met., § 955; siehe oben S. 461".
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Beistimmung; Beistimmung als Beistimmung zum allgemeinen Begriff und nicht als Zusammenstimmung von Verstand und Einbildungskraft. Wolffs Exempellehre hat ihren Platz im Rahmen einer Demonstrationslehre wissenschaftlicher Erkenntnisse und geht aus von den Erfahrungs- und Verständnisvoraussetzungen einer homogenen Wissenschaftsgemeinschaft, die aus einem Exempel stets eindeutige Schlüsse auf die zugrundeliegenden Gesetze zu ziehen weiß. In diesem Punkt unterscheidet sich das wissenschaftliche Demonstrationsbeispiel von der Fabel, die ganz unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Situationen von ihrer Wahrheit überzeugen soll. Wolff bedenkt diesen Unterschied durchaus mit und unterscheidet daher auch deutlich die Fabel vom Exempel. Der Unterschied besteht nicht etwa darin, daß die Fabel auf die Darstellung eines Allgemeinen verzichten würde. Vielmehr unterscheidet sich in diesem Punkte Wolffs Fabeltheorie von der Fabellehre der rhetorischen Tradition, in der die Fabel nicht die fictio eines Allgemeinen, sondern fictio von Einzelfällen ist, aus deren Analogie induktiv ein Allgemeines als Klugheitsregel zu erschließen ist. Aber in der Art, wie dieses Allgemeine im Besonderen, im Fall, dargestellt wird, unterscheidet sich die Fabel auch bei Wolff vom Exempel. Die Fabel ist nicht nur, wie das Exempel, der Fall des Allgemeinen, das Ereignis, in dem das Allgemeine zum konkreten, anschaulichen Beispiel wird (so wie bspw. der Fall der Vogelfeder und des Steines im Vakuum die Fallgesetze illustrieren), sie ist ein Fall, der durch die Erfindungskunst um das bereichert wird, was ihn zum exemplarischen Fall macht: die Fabel ist nicht nur reductio, sie ist gleichzeitigjfirft'0 im Rahmen der Kategorie der möglichen Welten: Denn man erfindet eine Fabel, wenn man einen gewissen wahren Fall irgendeiner allgemeinen Wahrheit auf einen erdichteten zurückfuhrt, der den Begriff jener Wahrheit mit ihm gemein hat.307
So erlaubt die Fabel gleichzeitig eine intuitive Erkenntnis (cognitio intuitiva) wie das Exempel und eine lebhafte (cognitio viva). Vor allem die lebhafte Erkenntnis macht sie zu einem Motiv (einem Bewegungsgmnd) des Willens dadurch, daß die Umstände der Fabel aus der gemeinen Erfahrung genommen werden. Die Übertragung des wahren Falls auf eine Fiktion erhöht deshalb ihre Wirkung und ihren Applikationsraum, weil die Umstände, welche die Fiktion hinzufügt, auf der allgemeinen Erfahrung308 beruhen sollen. Dieses Hinzuerfinden von Umständen soll keine Rücksicht auf die Wahrheit der Geschichte nehmen, ja nicht einmal auf die der biblischen Geschichte, wenn die Wahrheit des Allgemeinen, die Moral, respektiert wird. So lobt Wolff Abraham a Santa Clara, weil er durch Hinzuerfinden besonderer Umstände zu den biblischen Geschichten eine
Ph.p.u. II, § 310, zit. nach LW V, 908. »Quae in fabula finguntur, in vulgus nota esse debent«; Ph.p.u. II, § 306. 8l
lebhafte Fabel gemacht habe.309 Die Fabel steht also näher beim Besonderen und berücksichtigt damit, daß die Einzelfälle der moralischen Welt nicht direkt auf ein Allgemeines zurückgeführt werden können wie die Fälle der physikalischen Welt. Der Gesetzesanspruch der Moralwissenschaften wird damit nicht aufgegeben. Wolff insistiert auf dem Besondern der Fabel nur, um dieser eine größere Wirkung zu verschaffen, und nicht, um der individuellen Erfahrung ein besonderes Recht einzuräumen.310 Das Besondere gilt bei Wolff umso weniger, je mehr es konkreter Erfahrung sich nähert, umso mehr, je näher es dem Möglichen kommt. Die Fabel nähert sich daher wieder der Allegorie an. Wolff verunmöglicht damit vor allem einen induktiven Erkenntnisgewinn, wie sie die Klugheitslehre für das Exempel vorsieht.311 Die Abwertung der wirklichen Exempel, d.h. der erfahrungshaltigen Geschichten führt dazu, den konkreten, sinnlichen Menschen nur negativ, seinen Interessen und Leidenschaften verfallen, zu zeigen. Dieser Zug steht in Übereinstimmung mit einer Tendenz der Staatslehren der Neuzeit, die individuellen Entscheidungen sowohl unterzubewerten wie zu dämonisieren.312 Doch während die frühneuzeitliche Staatswissenschaft die Interessen und Leidenschaften als Antriebsfedern des Handelns noch anerkennt, um sie in der Fiktion des Gesellschaftsvertrags um so wirkungsvoller auszuschalten, so versucht Wolff, der »schärfer als viele seiner Vorgänger den Gedanken einer unverstaatlichten Freiheitssphäre des Bürgers formuliert«313, diese Freiheit, damit sie keine Frechheit werde, aus Moralprinzipien zu deduzieren. Diese gesellschaftstheoretische Bestimmung der Moral erhellt nun präziser die Tragweite des Fabelbegriffs. Der Bereich, der gesellschaftstheoretisch Freiheit genannt wird, d.h. der Bereich dessen, was dem Einzelnen an Handlungsmöglichkeiten offensteht und offenstehen soll, trifft sich offenbar mit dem Bereich der in der Fabel erzählten 3
°9 Vgl Ph.p.u. II, § 314.
310
Erst Lessing öffnet die Fabeltheorie auch zur individuellen Erfahrung, insofern er dem Besonderen die Aufgabe überträgt, »soviel als möglich (zu) erläutern« (LW V, 382), der anschauenden Erkenntnis dabei nicht nur illustrative Bedeutung beimißt, vielmehr Wolffs Verfahren gerade umdreht (vgl. Eichner 1974, 60). Allerdings rühmt Eichner etwas einseitig den »Helden« Lessing gegenüber dem »Trottel« Wolff und unterschlägt dabei den Unterschied von Exempel und Fabel, Reduktion und Fiktion bei Wolff. 311 Wolffs Zeitgenosse Giovanni Battista Vico hat darin einen Unterschied der traditionellen und modernen Auffassung des Exempelgebrauchs gesehen und es am Beispiel der Rechtsprechung erläutert. Hier sei ursprünglich die Statuierung eines Exempels Vollzug der Rechtsprechung selbst gewesen, dann sei es zum Mittel der Rechtsfindung geworden, bis dann in der Moderne die Auffassung, daß das Gesetz allgemein zu sein habe, die Exempel auf einen subsumierten Fall reduziert habe. 311 Vgl. F. O. Wolf 1987, 397, der davon spricht, daß im juristischen Diskurs der Neuzeit jedes einzelne Rechtssubjekt als potentieller Souverän und potentieller Staatsfeind begriffen wird. W Link 1983, 183.
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Geschichte, ihrem Handlungsablauf. Da dieser Bereich gesellschaftstheoretisch durch Prinzipien der Moral bestimmt ist, so muß auch der Handlungsablauf der Fabel so zurechtgerückt werden, daß in ihr nur das erscheint, was sie mit dem Applikationsfall der allgemeinen Moralprinzipien ähnlich macht. Diese Bestimmung kehrt nun den Wölfischen Gedankengang der Beziehung des allgemein Bekannten auf den besonderen Fall um und hebt damit die Erweiterung der Einbeziehung des Gemeinverstandes faktisch auf. Denn das allgemein Bekannte darf ja gerade nicht als besondere individuelle oder kollektive Erfahrung einer Gruppe genommen werden; ihr ist immer nur das zu entnehmen, was sie dem Fall ähnlich macht. Der Gemeinverstand selbst steht unter dem normierenden Druck einer vernünftigen Moral. Insofern expliziert die Fabelhandlung stets nur eine Übereinstimmung oder eine Abweichung. Die Exempel sind entweder positiv, sie zeigen eine mit den Prinzipien der Moral übereinstimmende Tugend; oder negativ, sie fordern zur Aufhebung der Differenz zwischen dem abweichenden Verhalten der Untugend und den in der Moral festgelegten Handlungsprinzipien auf. Diese Konzeption der Fabel ist schon darin angelegt, daß die Moral einen Gesetzesanspruch stellt; sie ist das Allgemeine der Fabel, weil sie allgemeingültig ist, d.h. in jeder besonderen Geschichte zur Geltung gebracht werden soll. Als das imaginäre Allgemeine der menschlichen Praxis, das Vollkommene des gesellschaftlichen Verkehrs, dessen Darstellung die Dichtung ist, gilt sie für jeden und spricht jeden an. Darin steckt auch der Anspruch, das Besondere integriert zu haben. Daher verursacht theoretisch die Übertragung des allgemein Bekannten auf den in den Moralprinzipien enthaltenen Applikationsfall keine Probleme, denn im Gemeinverstand sind diese Prinzipien als Erfahrung der gesunden Vernunft schon als vorhanden gedacht. Aber zugleich wird damit eine Entwirklichung des konkreten Falls eingeleitet, die die konkreten Interessen, gesellschaftlichen Unterschiede, unterschiedlichen Erfahrungen und Traditionen, Veränderungen in der gesellschaftlichen Organisation und dem Zusammenleben aus den Geschichten ausschließt, selbst aber mit der Verarbeitung der wahrgenommenen Unterschiede (denen des Standes bspw.) größte Mühe hat. Das wird sich am Problem der Geltung der Moral des Trauerspiels zeigen, dessen standesbeschränkten Wirkungsanspruch Gottsched übernimmt, diesen aber zugleich zu verallgemeinern sucht.314 Diese Entwirklichung des Konkreten in der Fiktion bedeutet eine Stärkung des Möglichkeitscharakters des Fiktiven, was die Fiktion wieder dem Fall annähert. Der allgemeine Begriff, mit dem die Fabel zusammenstimmen soll, bleibt nach wie vor Ausgangspunkt und Endpunkt der Fabeldichtung. Er ist zugleich Erkenntnisziel (»durch Nachdenken von Neuem bilden«) und Voraussetzung. Vgl. das Kap. 4.1. 83
Das setzt den Primat der theoretischen Vernunft über die praktische voraus: Optimismus des Verstandes, Pessimismus des Willens. Gerade durch die Beschränkung des Besonderen, durch das Absehen von der konkreten Erfahrung Einzelner und von Gruppen, reduziert sich die Neubildung des Begriffs auf eine Reduktion aus Prinzipien für den Gelehrten und auf die Evidenz des Prinzips für den Ungelehrten. So macht denn auch der eine das Prinzip anschaulich, der andere lernt aus den Bildern. Er lernt aber nichts, was über den Rahmen des Bildes hinausginge, weil das deduktive Verfahren das Allgemeine im Besonderen und dem wirklichen Fall nur zur Anschauung bringt. Anschauende Erkenntnis vermittelt zwar richtige, aber nur beschränkte Erkenntnis, die die begriffliche nur stützt, sie aber nicht neu formiert, d.h. neue Begriffe bildet, die aus neuen Verbindungen der Anschauung hervorgehen. Dadurch wird die Einheit von Regelfindung und Applikation, Auslegung und Konkretisierung,315 die bspw. die antike Rhetoriktheorie beherrscht, zerschnitten. Der anschauenden Erkenntnis kommt »kein eigener, qualitativ verschiedener Erkenntniswert« zu; ihre Funktion ist transitorisch, Hilfsmittel der begrifflichen Erkenntnis und Mittel für die »intellektuell Minderbemittelten«316, brauchbar für eine Philosophie der Einfaltigen?11 Die deduktive Anlage setzt voraus, daß das Allgemeine im Autor der Fabel, genauer, seiner vernünftigen Absicht als zureichendem Grund schon vorhanden ist. In Gottscheds berüchtigtem Rezept zur Verfertigung von Fabeln wählt der Dichter den moralischen Satz »nach Beschaffenheit der Absichten, die man sich zu erlangen vorgenommen«318, d.h. der Dichter denkt die Applikation der Moralprinzipien auf den Fall voraus. Danach formiert er einen Handlungsablauf derart, daß dieser als Fall einer Wahrheit erscheinen kann. Schließlich sucht er nach dem im Volk Bekannten, einer allgemein bekannten Geschichte, die diesen Fall illustriert. Erst in diesem dritten Schritt wird das abstrakte Geschehen, der Fall, auf eine allgemein bekannte Begebenheit bezogen, die in ihrem Stoffcharakter nach Inhalt, Schreibart, Redekriterium und Länge zugleich die Gattung bestimmt: Trauerspiel, Lustspiel, Epos oder äsopische Fabel.319 Auf andere Art spielt hier wieder der Zirkel von Absicht und Vollkommenheit. Die Absicht verkörpert sich ja in der Reduktion des Prinzips auf den Fall, aber zugleich kommt die Absicht nur zu ihrem Ziel, wenn sie in der Fiktion etwas vom umfassenden Ordnungszusammenhang zum Vorschein bringt. Inso315
Vgl. dazu Gadamers (i9/54, 312) Bemerkungen zur juristischen Hermeneutik. J. Schuhe-Sasse 1972, 174. 3'7 So bezeichnet Gottsched die Dichtung in der Schulbuchfassung der Critischen Dichtkunst, zit. nach Rieck 1972, 163. 318 CD4 161. 319 Vgl CD4, 162; es ist hier nur von den Hauptgattungen die Rede, die auf dem Formprinzip der Fabel beruhen, die Gottsched zur eigentlichen Dichtung zählt (vgl. das Kapitel 4 der CD: Von den drei Gattungen der poetischen Nachahmung und insonderheit von der Fabet). 316
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fern ist Fiktion Darstellung Von Möglichkeit. Und insofern läßt sich auch sagen, daß die Absicht des Dichters und des Erfinders parallel gehen. Beide können sie ihre Absichten nur dann verwirklichen, wenn sie ihre Gedanken nach dem göttlichen Verstand richten. Der Erfinder richtet seine Gedanken nach Zahlen und Linien, der Dichter, der sich nicht nach Zahlenverhältnissen richten kann, findet die Harmonie und Ordnung der Gedanken^0 in der Moral. In der Moral der Dichtung ist jede konkrete Geschichte einer Fabel aufgehoben in einem abstrakt Allgemeinen, das sie mit der Absicht des Höchsten vereinbar macht. Indem er sich nach der Moral richtet, richtet er seine Gedanken implizit auch nach Gott. In seiner moralischen Absicht ist daher jede konkrete (rhetorisch formulierbare) Absicht als Verwirklichung eines höheren Zwecks, als Moral artikuliert. In der Moralform der Dichtung ist nicht nur die Absicht des Autors aufgehoben, sondern auch die Geschichte der wirklichen Individuen. Diese können sich verhalten, wie sie wollen; am Ende sieht man, wohin das führt. Alles, was in der Fabel geschieht, geschieht zur Lehre. In ihrer Anwendung bestimmt die Fabel den Angesprochenen zu einer Beschränkung, die die mögliche Handlungsvielfalt auf einige, in der Vernunft begründet gedachte Pflichten reduziert. Das ist die Folge dessen, daß die einzelne Geschichte die Moral nur exemplifiziert. Die Rezeptionsvoraussetzung einer solchen Annahme ist die homogene Verstandesgemeinschaft, deren Zufälle keine Abweichungen vom Maß einer vernünftigen Verhaltensnorm in ständischer Beschränkung und Spezifizierung (denn die Unterschiede der Ständegesellschaft sind in dieser Vernunft als vernünftig mitgedacht) kennt. Die zu vermittelnde Wahrheit ist somit in der Fabel selbst enthalten; der Lehrsatz, die Moral von der Geschichte, ist entgegen dem Anschein keine Konklusion aus der Geschichte, sie bringt diese nur auf den Begriff. Einerseits ist sie Verständnishilfe, anderseits Kontrollmittel, um die Angemessenheit des Fabeltextes inbezug auf seine Absicht, seinen Überredungszweck, zu überprüfen.311 Fabel und Lehrsatz (die interpretatio) erhellen sich nicht wechselseitig, ja die eine kann ohne den ändern bestehen, da beide zum gleichen Ziel fuhren.312 Die interpretatio übersetzt zwar die anschauliche Fabel in symbolische Erkenntnis, in sprachliche Zeichen, aber allein daraus geht deutliche Erkenntnis noch nicht hervor. Zeichenvermittelte Erkenntnis ist auf die Einbildungskraft angewiesen,323 die die den sprachlichen Zeichen entsprechenden Vorstellungen hervorbringt. Hier kommt der Fabel eine Veranschaulichungsfunktion zu, die die wenig ausgebildete Einbildungskraft eines erfahrungsarmen Subjekts unterstützt. 320
321 322
323
CD4, !85. Vgl. Ph.p.u. II, § 305. Wolff sagt: »Interpretatio equidem veritatem v. gr moralem verbis apertis declarat, quam fabula docet.« Ph.p.u. II, § 305. Vgl. Met., § 807. 85
Die bloße Illustrationsfunktion macht sie dennoch zu einer defizienten Form der Erkenntnis. Denn die anschauende Erkenntnis, die sie befördert, enthält eben gerade nicht jene extensive Klarheit, die sie zu einem Analogen des göttlichen Verstandes machen würde, der die allgemeine Wahrheit »in tausend Verbindungen, in tausend verschiedenen Individuis«324 sieht, sie liefert gleichsam nur das Bild, wissenschaftlich, das Exempel, d.i. das Besondere im Allgemeinen. Zu den Prinzipien der Moral kommt man daher weder durch die Wirkung der Fabel noch durch den Lehrsatz, sondern nur durch die Reflexion auf die Gründe der Handlung. Wolffs lateinisches Hauptwerk, die Philosophia practica universalis, die die ausfuhrliche Fabellehre enthält, drückt diesen Umstand schon im ausführlichen Titel aus: Philosophia practica universalis praxin complectew, qua omnis praxeos moralis principia inconcussa ex ipsa animae humanae natura a priori demonstrantur. Friedrich Gaede hat das Verhältnis von Fabelhandlung und moralischem Satz mit einer Gleichung zu bestimmen versucht: »Wie sich Gott als Stätte aller Wahrheiten zur Summe der möglichen Welten verhält, so der eine, Wahrheit aussagende Satz zur Fabelhandlung, die eine mögliche Welt darstellt.«325 Richtig daran ist, daß Gott und die Moral als Legitimationsinstanzen der möglichen Welten auftreten, - beide verkörpern sie eine zweckvolle Ordnungsabsicht -, richtig ist auch, daß die fiktiven Fabeln in Analogie zu den denkmöglichen Welten stehen,326 aber nicht der moralische Satz allein, sondern der gesamte Ordnungszusammenhang, den er ausdrückt, verhält sich analog zu Gott. Daher bedarf der Satz für den Einsichtigen einer Begründung und für den Einfältigen einer Anschauung, einer möglichen Erfahrung, die ihn als Satz einer allgemeingültigen Moral validiert: Die Moral verkörpert einen Ordnungszusammenhang, in der alle menschlichen Absichten zu einer Ordnung zusammenstimmen, die letztlich auch mit der Absicht des Höchsten übereinstimmt. Die Dichtung, insofern sie, in der Tradition der aristotelischen Poetiken, Darstellung menschlicher Handlungen ist, illustriert die Moral als das Vollkommene des gesellschaftlichen Verkehrs. In der Moralität verdichten sich auch die ändern Aspekte des abstrakt Allgemeinen: sie ist nicht nur Darstellung der Moral, sondern auch zweckrationale Maschine zur Herstellung von Moral, insofern sie die Bewegungsgründe guter Handlungen liefert; und sie ist, insofern sie moralisch ist, auch schön.327 In der
3*4 Resewitz 1760, 40; zit nach Bäumler 1975, 237; auf diesem Weg aber wird Lessing weitergehen und seine Vorstellung der Dichtung als anderer Welt entwickeln. 325 Gaede 1978, 104. 326 Vgl. Met., § 571; CD4 i49ff. 327 Vgl WW I, § 256; hier inbezug auf die mechanische Vollkommenheit, aber die mechanische ist der moralischen Vollkommenheit analog; was der einen die Zusammenstimmung der Teile, ist der ändern die Zusammenstimmung der Absichten.
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Moral ist die Vollkommenheit der menschlichen Handlungen verdichtet, oder anders, die Moral ist gewissermaßen der archimedische Punkt, an dem der Mensch die Vollkommenheit an einem Zipfel erfassen und sich erschließen kann. Das Problem, mit einem endlichen Verstand ans Unendliche zu rühren und dessen Absichten zu entsprechen (was nichts weniger bedeutet, als sie einzusehen, ihnen mindestens nicht zu widersprechen), findet durch den Bezug auf die Moral eine provisorische Lösung. Jeder moralische Handlungszusammenhang, den die Fabel darstellt, widerspricht der vollkommenen Ordnung nicht. Wenn in ihr auch die vollkommene Ordnung nicht in ihrer ganzen Universalität zur Erscheinung kommt, so repräsentiert sie mindestens ein Stück davon, einen Schritt auf dem Weg zu ihr. Die Idee der unendlichen Perfektibilität, ein Differential der Moral, durchzieht auch das Verhältnis von Moral und göttlicher Vollkommenheit, so wie sie das Verhältnis von endlicher und unendlicher Vernunft bestimmt.318 Der moralische Satz ist nur das Siegel, durch das sich die Wahrheit der Dichtung vor der Wahrheit der Offenbarung legitimiert. Insofern mit der Moral ein universaler Ordnungszusammenhang verbürgt ist, ist sie Bedingung einer ordentlichen Vorstellung auch des Nicht-Geschehenen. Die Verpflichtung auf die Moral macht die Literatur mit den Offenbarungswahrheiten verträglich, führt aber in die Literatur selbst den Mechanismus ein, der ihre Fiktionen nach der Moralverträglichkeit beurteilt. Wie für den orthodox-religiösen Standpunkt gibt es für den orthodoxen Moraltheoretiker keine Adiaphora. Alles, was geschieht, geschieht zur Ehre der Tugend und zur Schande des Lasters. Tertium non datur. Daher nimmt es kaum wunder, daß Wolff in der Philosophia practica universalis in moraltheoretischer Absicht jenen Begriff wieder aufnimmt, der in der Tradition der religiösen Fiktionskritik als Begriffsmarke für die Ablehnung weltlicher Erzählungen gegolten hat: aiefabulae aniles, die Altweibermärchen, die Wolff als Erfindungen ohne nützlichen Zweck von den Fabeln abgrenzt, die zu einem bestimmten Zweck erfunden wurden.3*9 Aus demselben Grund schließt Gottsched strikt jede Darstellung der Gegenstände der Offenbarung aus der Dichtung aus.330 Man sieht hier wieder, wie die von den französischen ekklesiastischen Autoren übernommene Verteidigung der Poesie bei den Gottschedianern fest in der theoretischen Vorarbeit Wolffs verwurzelt ist. 2.4.4 Fabel und Naturnachahmung Bei Gottsched steht die Fabel deshalb im Mittelpunkt seiner Poetik, weil sie für ihn die höchste Leistung poetischer Erfindungskunst darstellt. Sie sei »der Ur318
Vgl. Kap. 2.4.1.
329
Ph.p.u. II, § 310; die religiöse Fiktionskritik bezieht den Begriff aus i.Tim 4,7. Ausfuhrlicher dazu siehe unten S. mff.
330
sprung und die Seele der ganzen Dichtkunst«3'1, weil über sie der Zusammenhang des Ganzen, die »Ordnung und Harmonie der Gedanken« hergestellt werde.332 Die Fabel ist eine Fiktion. Sie ist dies im Sinne Wolffs, obwohl Gottsched die Grenzen zwischen Reduktion und Fiktion fast verschwinden läßt. Gottsched nennt bereits den zweiten Schritt das Ersinnen einer Begebenheit™, d.h. bereits die Reduktion enthält ein Stück Fiktion. Er nennt dies Entwurf einer poetischmoralischen Fabel, so daß der dritte Schritt, die Bezugnahme auf den bekannten Fall, nur noch der Auskleidung dient. Die Fiktion erscheint daher identisch mit der rhetorischen inventio, ihre Wahrscheinlichkeitsbedingungen scheinen Bedingungen der Glaublichkeit.334 Mit seinem berüchtigten Rezept (»Zuallererst wähle man...«) scheint Gottsched in der Tat die rhetorische Tradition aufzugreifen, in der die Fabel nichts anderes als ein Argument in einer Überredungsstrategie ist, um eine moralische Proposition einem bestimmten Publikum annehmbar zu machen.335 Mit der Bestimmung der Fabel als inventio würde man die Verfahrensweise, die Gottsched vorschlägt, kaum verfehlen. Doch ist die Fabel bei Gottsched, im Gegensatz zu ihrer Funktion in der rhetorischen Tradition, nicht einfaches Mittel zum Überredungszweck, da sie, will sie ihre Absichten erreichen, einen moralischen Ordnungszusammenhang zur Erscheinung bringen muß. An diesem Punkt bringt Gottsched die Naturnachahmung ins Spiel, einen bedeutungsschweren Begriff einer langen Tradition, in dem sich verschiedene Linien kreuzen, die Gottscheds Dichtungskonzept prägen. Der Begriff bewegt sich in der Literaturtheorie der Neuzeit zwischen Nachahmung der antiken Meisterwerke und neuaristotelischer Betonung der Wahrscheinlichkeit. Gottsched versucht, die beiden Positionen, die in der quereile des ändern et des modernes auseinandergetreten waren, wieder zu vereinen, indem er die Nachahmung auf 331 CD*, 148; Herrmann (1970, 125) weist darauf hin, daß es sich hier um eine genauere Übersetzung der betreffenden Aristoteles-Stelle handelt. In der ersten Auflage der CD war nur von der Seek der Dichtkunst die Rede, eine Formulierung, die Gottsched bei den vorangehenden Poetiken finden konnte: bei Masen, Palaestra, 6; Omeis, Gründliche Anleitung, 129; Breslauer Anleitung, 95. 33Z Die Fabel wird also nicht als Gattung, sondern als dichterisches Darstellungsprinzip überhaupt verstanden. Als Gattung ist sie Tierfabel, äsopische Fabel. Erst Lessing wird die Fabel wieder auf diesen Formtyp einschränken und ihr zugleich eine präzisere Definition und klarere Funktion geben (vgl. dazu auch K. Scherpe 1968, 31 u. 37; S. Eichner, 1974; zur Wort- und Bedeutungsgeschichte vgl. W. Briegel-Florig 1965, 315; 42-44). 333 CD«, 161.
334 So lautet auch die These von H. P. Herrmann 1970, 1276°. 335 Das zeigt bspw. die Nutzanwendung, die Gottsched für eine bestimmte Fabel vorschlägt: »Z. E. gesetzt, ich wollte einem jungen Prinzen die Wahrheit beibringen: Ungerechtigkeit und Gewalttätigkeit wären abscheuliche Laster« CD4, 161.
der Basis der Wölfischen Philosophie vernünflig zu erklären versucht und die antiken Vorbilder zu Vorbildern in der Vernunft macht. Die Fabel ist also eine Form der Nachahmung."6 Das hat immer wieder zu Schwierigkeiten in der Interpretation geführt, da Gottsched auch die Beschreibung von Sachen, die poetische Malerejp*7, und die Charakterdarstellung durch Nachempfinden zur Nachahmung zählt. In diesen beiden Nachahmungsarten, die Gottsched übrigens geringer schätzt, werden wirklich existierende Gegenstände nachgeahmt, während in der Fabel nachgeahmt werden soll, was gar nicht existiert, weil es zuerst erfunden werden muß. Das scheint paradox zu sein, denn wie soll man etwas nachahmen, das gar nicht existiert. In diesem Dilemma bewegt sich die aristotelisierende Ästhetik seit der Renaissance. Sie verdeckt es dadurch, daß sie den Aristoteles der Poetik (mit dem Prinzip der Mimesis der Praxis) mit dem naturphilosophischen Aristoteles (und dessen ars imitatoria und ars perfectona aus der Physikvorlesung) amalgamiert.338 Gottsched braucht sich um die aristotelische Physikvorlesung nicht zu kümmern, da der Wolffsche Naturbegriff Ärmliches leistet. Auch vom Standpunkt des erkennenden und nachahmenden Subjekts kann Gottsched das Paradox gar nicht auffallen, da sich für ihn Erfindung kategorial gar nicht vom beobachtenden Auffinden vorhandener Einzelheiten unterscheidet; beides ist ein Finden und beide, das einzelne Allgemeine und das wirkliche Einzelne, sind begründet im göttlichen Verstand. Der Dichter als Erfinder eines ändern Zustandes der Welt bringt prinzipiell nichts Neues hervor. Das Nicht-Vorhandene, das seine Erfindungskraft hervorbringt, ist entweder das Vergangene oder das Verborgene. Denn alles, was möglich ist - und auch das Nicht-Vorhandene muß möglich sein - ist im allumfassenden Prinzip Gott von Ewigkeit her begründet. Daher ist im Leibniz-Wölfischen Denken Erfinden ein Finden dessen, was verborgen oder verflossen ist.339 356
G. F. Meier wird Gottsched in seiner Beurteilung der Critischen Dichtkunst (§ 72) vorwerfen, Fabel und Nachahmung gleichgesetzt zu haben. Er selber will den logischen Prozeß derßctio streng vom poetischen der Nachahmung geschieden wissen und bezeichnet daher die Nachahmung als Ausführung der Fabel, als elocutio. Damit stärkt er allerdings eher die rhetorische Komponente in der Dichtungstheorie, als daß er die ästhetische befördert. 337 In diesem Paragraphen findet man in den ersten zwei Auflagen der Dichtkunst die lobenden Hinweise auf die Discourse und die Schrift Von dem Einfluß und Gebrauch der Einbildungskraft der Zürcher. 338 Vgl dazu M. Fontius (1981, 200), der zeigt, wie »die Übertragung des philosophischen /w/fezfto-Begriffs auf die Kunsttheorie«, indem sie den Bedürfnissen der bildenden Künste mit der Formel aus der Physikvorlesung zu Hilfe kam, »in die Anfänge der sich herausbildenden systematischen Theorie der Künste einen Faktor fortgesetzten Mißverständnisses hineintrug.« (200) 339 Vgl. dazu schon den Brief Leibniz" an Gabriel Wagner (1696). In: Leibnitz Deutsche Schuften, 1838,1, 377; ebenso die bereits erwähnten Erläuterungen Wolffs zu Huygens" Erfindung der Planetenuhr in der Deutschen Metaphysik, § 995, hier S. 7off.
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Die Höherschätzung der Fabel rührt daher, daß in ihr mehr Einzelheiten zu einem Allgemeinen zusammengeführt werden, die Fabel also einen höheren Grad von Ordnung verkörpert. Im Prinzip der Naturnachahmung findet er hingegen jenes poetische Darstellungsprinzip, mit dem er die verschiedenen Formen der Dichtung unter einem Begriff zusammenfassen kann.340 Auf die Einführung dieses Begriffs in die deutsche Poetik tut sich der Leipziger Professor einiges zugute. Im Auszug aus Herrn Batteux' Schönen Künsten bezeichnet er sich als den ersten, der diesen Grundsatz in Deutschland eingeführt habe: Als ich in meiner Dichtkunst 1730 zuerst den Grundsatz von der Nachahmung der Natur vortrug, schien er gantz Deutschland neu, und fremde zu seyn. Jedermann meinte: die Poesie sey eine Kunst, Verse zu machen, und weiter nichts. Alle unsere vorigen Dichtkünste hatten so gelehret.'41
Das stimmt allerdings in dieser Form nicht. Schon Opitz hat die Poeterey als Nachäffen der Natur bezeichnet, Mohrhof nennt die Kunst Nachahmung der Natur}^ Rotth versucht, wie später Gottsched, die Dichtung gegen das Reimeschmieden abzugrenzen und bezieht sich dabei auf das Nachahmungsgebot,343 und die anonyme Breslauer Anleitung beginnt mit dem Satz: »Die Poesie ist eine Nachbildung der Natur.«344 Gottscheds Stolz ist dennoch nicht so ganz unberechtigt, da er das Nachahmungskonzept als erster in Deutschland mit einem einheitlichen Begriff der Dichtung verbindet. Die Ausarbeitung seiner Poetik bestätigt ihn »in dem wahren aristotelischen Grundsatze, von der Nachahmung der Natur: weil sich alle übrigen Regeln der Dichtkunst daraus herleiten ließen«345. Im Gegensatz zur Weltweisheit bezieht er in der Critischen Dichtkunst das Prinzip auf die Dichtung allein, unter Ausschluß aller anderen artes: Der Dichter ganz allein, hat dieses zu einer Haupteigenschaft, daß er der Natur nachahmet, und sie in allen seinen Beschreibungen, Fabeln und Gedanken, sein einziges Muster seyn läßt.346
Der Begriff der Nachahmung bringt also die Beschreibung des Wirklichen, das Ausdrücken des Unsichtbaren der Gedanken und das bloß Mögliche der Fabeln unter einen Hut. Was diese heterogenen Darstellungsgegenstände vereinbar 340
Aber auch, im Widerspruch zur CD, die ändern Künste, wie folgender Satz aus der Fortgesetzten Nachricht, einem philosophischen Rechensschaftsbericht aus der Vorrede zur 7. Auflage der WWII, anzudeuten scheint: »Ich begriff den großen Grundsatz von der Nachahmung der Natur, welcher der Poesie mit so vielen Künsten gemein ist.« 341 Gottsched 1754, 74. 342 Im Unterricht Von der Teutschen Sprache und Poesie, Kiel 1682. H3 Vollständige Deutsche Poesie, Vorrede an den Leser, unpag., Leipzig 1988 (recte: 1688). 344 Breslauer Anleitung, 172.5, i. 345 Fortgesetzte Nachricht, Vorrede WW II, 7. Aufl. unpag. 346 CD4, 99. 90
macht, ist der Begriff der Natur. Im Handlexicon von 1760, das als eine Art lexikalische Summa des Gottschedianismus gelten kann, finden wir die zwar nicht von Gottsched selbst verfaßte, aber bestimmt von ihm gebilligte Definition: Natur »heißt in den schönen Künsten alles, was ist, oder was wir uns leicht als möglich vorstellen können. In ihr liegen Schönheiten und Ordnungen, und ihren Regeln muß man folgen. Daher ist sie das Muster oder das Vorbild der Künste«347. Die Formulierung deutet auch hier auf jenen Naturbegriff, den Gottsched in Wolffs Metaphysik vorgefunden hat. Durch den philosophisch einheitlichen Naturbegriff verschwindet auch die Disparatheit des Begriffs der Naturnachahmung. Gottsched braucht sich also um die Paradoxie in der aristotelischen Tradition gar nicht zu kümmern, da Wolffs Naturbegriff, den Gottsched in der Weltweisheit wieder aufnimmt,348 Empirisches, Psychologisches und Metaphysisches zusammenführt. Der Wolffsche Naturbegriff glättet die Widersprüche, die die Naturnachahmung enthält, wenn man sie als Nachahmung der empirischen Welt versteht. Der Begriff ist nicht ein rhetorisch-formales Prinzip, das die Gestaltung der Erfindung nach Maßgabe der persuasio reguliert,349 doch hat in cartesianischer Tradition der philosophische Begriff eine formale Qualität, in der sich Wirkliches, logisch Mögliches und metaphysisch Mögliches amalgamieren.350 Diese formale Qualität, die sich ontologisch als Substanz ausgibt, erlaubt es, die rhetorischen Elemente der voraufgehenden Poetiken aufzunehmen, sie philosophisch umzuformen und zu unterbauen.351 347
Handlexicon, Sp. 1153. Verfasser des Artikels ist einer der Gehülfen Gottscheds, der mit Z. zeichnet. 348 WWI,§405. 349 Dies ist die Ansicht von Herrmann 1970,129. 3 *° Vgl. hier Kap. 2.2.4. 351 Die Frage der Naturnachahmung bei Gottsched ist in der Fachliteratur kontrovers diskutiert worden. Die ältere Forschung hat schon die These vertreten, daß Gottscheds Nachahmungsbegriff allein vom zeitgenössischen philosophischen Naturbegriff her zu verstehen sei, ohne diesen allerdings näher zu untersuchen (vgl. s. Bing 1934, 24!?.; B. Markwardt 1956 II, ijf.). Die Rede von der Vernunftnatur legt nahe, daß die Nachahmung von objektiven Begebenheiten, »vom Begriff der vernünftigen objektiven Natur geprägt wird« (Hohner 1976, 20). Bei Bing fuhrt dieses Objektivitätsideal der Vernunftnatur zur Ansicht, daß bei der höchsten Form der Nachahmung, der Fabel, »in gewissem Sinn schon nicht mehr die Rede davon sein kann, daß der Dichter die Natur nachahmt.« (Bing 1934, 25) Herrmann kritisiert diese Deutung des Naturbegriffs als Inhalts- und Substanzbegriff zu Recht. Er will demgegenüber Natur wieder als Konventionsregel, als formalen Begriff verstehen, mit dessen Hilfe Argumente überzeugend vorgetragen werden können; eine Beziehung zum philosophischen Naturbegriff der Zeit leugnet er. Eine vermimelnde Position nimmt Freier ein: »Die Stärke der rhetorischen Überlieferung begünstigte zwar ein rhetorisches Verständnis der Nachahmung und Wahrscheinlichkeit, hinderte aber Gottsched nicht daran, dieses rhetorische Konzept durch einen mehr substantiellen Begriff von vernünftiger Natur zu erweitern« (Freier 1973, 41). Wenn Herrmann durch seine Fixierung auf die rheto91
Der Dichter betätigt sich als Nachahmer dieser Naturordnung. »Die natürlichen Dinge« seien »schön«, schreibt Gottsched in der Critischen Dichtkunst, weil sie »Gott nach Zahl, Maß und Gewicht geschaffen« habe und folgert daraus, daß die Kunst, wenn sie »auch was Schönes hervorbringen will, ... dem Muster der Natur nachahmen«351 müsse. Ob der Dichter die sichtbare oder die unsichtbare Natur zum Gegenstand nimmt, ob er Vorhandenes kopiert oder beschreibt oder Nicht-Vorhandenes erdichtet, immer betätigt er sich als einer, der eine prästabilierte Ordnung zur Erscheinung bringt, sei dies nun die Ordnung der sichtbaren Welt, die schon dadurch, daß sie von Gott zur Wirklickeit gebracht wurde, auch möglich ist, der unsichtbaren Welt, die nicht weniger wirklich ist,353 oder der möglichen Welt, die durch ihr Gegründet-Sein im göttlichen Verstand ebenso wirklich werden könnte.3* Das fuhrt zu einer spezifischen Umbildung der Anforderung an den Dichter, dessen Anforderungsprofil auch in der Gottschedschen Dichtkunst seine Herkunft aus der rhetorischen Tradition nicht verleugnen kann. In der rhetorischen Tradition wird das, was einer (er)findet, das die ändern nicht gesehen haben, über seine Glaubwürdigkeit als Zeuge legitimiert: Zeuge des Vergangenen, Zeuge des Abwesenden, Zeuge des Verborgenen. Diese Glaubwürdigkeit ist abhängig von seinen ethischen Qualitäten, die im vir-bonus-Iäeal kodifiziert rische Tradition und seine These von den zwei Gottscheden, dem rhetorisch-poetologischen Gottsched und dem philosophischen Wolffianer, die Beziehung der poetologischen Begriffe zum Naturbegriff verkennt, so bestimmt Freier die philosophische Erweiterung des rhetorischen Konzepts, im Rückgriff auf den Substanz-Begriff, noch sehr ungenügend. — Den Umbau der rhetorischen Tradition in philosophischer Absicht hat D. Harth (1978, 43-62) am Beispiel der Wolffschen Fabeldieorie gezeigt, am Beispiel der Gottschedschen Poetik erläutert ihn ausfuhrlich A. Wetterer (1981); den wissenschaftlich präzisesten Nachweis, wie die Denkformen und Methoden des Wolffschen Systems die Umschmelzung des jahrhundertealten Bestandes poetologischer Begriffe zu einer Critischen Dichtkunst ermöglichten, liefert der früh verstorbene Gottsched-Herausgeber J. Birke (1966). Wetterer hat in ihrer Kritik Herrmanns darauf hingewiesen, daß der philosophische Naturbegriff der Zeit nicht substantiellen, sondern formalen Charakter hat. Das gilt vor allem fiiir den cartesianischen, den Herrmann als objektiven charakterisiert. Dagegen wendet Wetterer (1981, 91, Anm.) ein: »Die erkenntnisdieoretisch motivierte Abwertung der Sinnlichkeit fuhrt ja vielmehr gerade dazu, daß die Wahrheit und auch Objekivität der Natur allein in den ihr inhärenten formalen, weil quantifizierbaren Proportionen und Beziehungen zu suchen ist.« Daß der Naturbegriff Wolffs mit dem Cartesianischen nur zum Teil übereinstimmt, hoffe ich in dieser Arbeit gezeigt zu haben. Er enthält höchst formale, aber auch empirische Elemente, die ihn zu einem flexiblen Mechanismus der Anpassung an die Realität, aber auch ihrer Überhöhung machen. 352 CD« 185. 353 Vgl. WW I, § 404/405. 354 Vgl. dazu auch Brei tinger CD I, 53ff, der hier die Nachahmung im Sichtbaren, Unsichtbaren und Möglichen streng auf die Begriffe der Wolffschen Philosophie bezieht.
sind. Diese Formel geht im moralischen Jahrhundert natürlich nicht verloren; aber in der Selbstverständlichkeit, mit der man vom Dichter Rechtschaffenheit und Tugend fordert, verliert sich das Wissen um die Bedeutung dieser Anforderung in forensischer Hinsicht. Gleichzeitig beginnt man aber dieses Ideal auf neue Art zu verstehen. Im Dichterideal Gottscheds wird die moralische Integrität als Zeuge, die das rhetorische vir-bonus-Ideal geprägt hat, umgedeutet zu intellektuellen Fähigkeiten, das Vorhandene zu erkennen und einzuordnen und das Verborgene und Abwesende zu begründen durch den Satz des Widerspruchs und des zureichenden Grundes. Schon Wolff hat in der Logik gesagt, »die Glaubwürdigkeit einer Erzehlung (beruhe) nicht allein auf der Autorität desjenigen, der sie vorbringet, sondern auch öfters auf ihren Umständen.« So sehe man, »die Sache habe entweder gar nicht oder doch nicht auf die Weise geschehen können ... Dergleichen erfordern einen guten Verstand und eine genaue Erkäntnis der Umstände.«355 Die Glaubwürdigkeit des Dichters, so kann man für Gottscheds Umsetzung folgern, hängt also von seinen philosophischen Fähigkeiten ab. Überprüfbar ist sie an der Glaubwürdigkeit seiner Erzählung hinsichtlich ihrer Möglichkeit und der Befolgung der Regeln. Breitinger bleibt hier traditionsverhafteter.356 Daher die Wichtigkeit, die Gottsched dem Charakter eines Poeten zumißt, dessen Ausbildung zu großen Teilen identisch ist mit dem allgemeinen Programm der logischen Propädeutik, das Wolff in seiner Vorrede zur Deutschen Logik umrissen hat. Zur Beschreibung der Fähigkeiten des Dichters greift er auf die Wolffsche Theorie der Seelenvermögen zurück. Daher aber auch die Zentralität des Begriffs der Wahrscheinlichkeit, der die Glaubwürdigkeit einer Erzählung auf der Ebene des Objekts bezeichnet.
2.5
Der Dichter als Kritiker und Philosoph: Zur wolffianischen Schaffenspsychologie
In Gottscheds Critischer Dichtkunst nimmt die Beschreibung des Dichters einen breiten Raum ein. Schon im ersten Kapitel über den Ursprung und das Wachstum der Poesie, traditioneller Bestandteil aller Poetiken vor Gottsched, kommt er auf die Absicht des Dichters zu sprechen, deren »Kenntnis uns in Untersuchung des wahren Wesens der Poesie ein nicht geringes Licht geben«357 soll. Das ganze zweite Kapitel ist dem Charakter eines Poeten gewidmet. Es folgt äußerlich dem traditionellen Argumentenkatalog, setzt den Poeten in Beziehung zu den ändern Nachahmern, Malern, Bildhauern, Musikverständigen, die voneinander unterschieden werden durch die Art ihrer Nachahmung, erwähnt die Abgrenzung 355
Logik, Kap. 7, § 15. 356 Vgl. CD I, 138. 35 ? CD4, 88. 93
gegen den Geschichtsschreiber,358 gegen den Redner und Philosophen;359 darauf folgt die Bestimmung der dichterischen Fähigkeiten nach dem Schema von ingenium und ars, und den Abschluß machen die Moral- und Bildungsanforderungen an den Poeten.360 So traditionell das alles klingt, die Umwertung kündigt sich im Innern der Begriffe an. Wir versuchen dies vor allem am Verhältnis von ingenium und ars, Naturell und Regel herauszuarbeiten. 2.5.1
Das poetische Naturell
Gottsched bestimmt die dichterische Fähigkeit traditionell als Nachahmungsfähigkeit, als »gutes und zum Nachahmen geschicktes Naturell«361. Nachahmung ist zunächst eine indifferente menschliche Eigenschaft; Gottsched sieht sie, in Anlehnung an Aristoteles, als einen naturgegebenen menschlichen Trieb, den er auf philogenetischer und ontogenetischer Ebene mit dem Lernen verknüpft.301 Er bezeichnet hier eine allen Menschen eigene rezeptive Fähigkeit, im Lernprozeß, bestimmte gesellschaftlich geprägte Begriffe und Verhaltensweisen zu übernehmen, nachzuäffen. Er präzisiert ihn am Beispiel der lernenden Kinder, deren Verstand sich »durch die bloße Nachahmung (gewöhne), dieses weiß und jenes schwarz zu heißen.«363 Breitinger bestimmt den Begriff nicht anders.304 Der Begriff der Nachahmung, der als Trieb in der empirischen Psychologie des 18. Jahrhunderts stets eine Rolle spielt,305 kommt in Gottscheds Weltweisheit nicht vor. Seine Funktion in der Poetik läßt aber seine Stellung in der Philosophie einigermaßen erraten. Wie die sinnlichen Vermögen ist die Nachahmung eine indifferente Eigenschaft, ebenso geschickt, das Gute wie das Schlechte nachzuahmen. Es kommt daher auf das Vorbild an, auf die Literatur und Kunst übertragen, auf die Muster und Meisterwerke: richtige Nachahmung wäre also vor allem imitatio der alten Muster. Aber damit ist der Nachahmungsbegriff bei Gottsched nicht erschöpft. Exemplarisch ist das Vorbild der Erziehung nur, wenn es sich selbst nach objektivierbaren Regeln richtet. Dasselbe gilt auch für die literarischen Muster. Die Nachahmungsfähigkeit braucht also selbst ein Kriterium, wodurch sie zur Nachahmung des Vollkommenen befähigt wird. Das Kriterium steckt im metaphysischen Grund der Nachahmung, der Natur, im Dichter wird es faßbar in seiner besonderen Kompetenz, die seine Seelenvermögen zur Nachahmung der 358
CD« 98. »9 CD4, 99. 360 CD4, io6f. 361 CD«, . 362 Vgl. CD4, 68, ioof., 127. 363 CD4, 127. 364 CD I, 68. 365 Vgl. dazu Historisches Wörterbuch der Philosophie VI, 319. 94
Natur befähigen. Es ist also zunächst zu untersuchen, wie die natürliche Nachahmungsfähigkeit zusammengesetzt ist und wie sie, je nach Darstellungsgegenstand ergänzt werden muß durch weitere Fähigkeiten. Schon in den Vernünftigen Tadlerinnen hat Gottsched auf die Bedeutung des Naturells für den Charakter eines Poeten hingewiesen.366 Später wird er sich systematisch der Wolffschen Psychologie bedienen, um die göttliche Gabe des Dichtens als menschliche Seelentätigkeit zu verstehen. Wolffs Theorie ist hier Grundlage für Gottscheds Dichtungstheorie, und sie ist es ebenso für seine Zürcher Gegner.'67 Gottsched fuhrt die Theorie der Seelenvermögen in der Crittschen Dichtkunst in stiller Reverenz an Wolff, den Weltweisen, an der Stelle ein, wo er das Göttliche in der Poesie, das gute Naturell oder den fähigen Kopf eines Dichters näher bestimmt. Ein Poet müsse »eine starke Einbildungskraft, viel Scharfsinnigkeit und einen großen Witz schon von Natur auf besitzen, wenn er den Namen eines Dichters mit Recht fuhren«368 wolle. Einbildungskraft nennt Wolff dasjenige Seelenvermögen, das Vorstellungen von Dingen hervorbringt, die nicht zugegen sind,369 bei Gottsched bezeichnet der Begriff dieselbe reproduktive Fähigkeit.370 Sie bezeichnet zudem, nach der sog. Regel der Einbildungskraft, ein Vermögen, die Ähnlichkeit des Gegenwärtigen mit dem Abwesenden festzustellen.371 Die Leistung der Einbildungskraft ist also beschränkt; sie bezieht sich nur auf solches, das schon einmal empfunden wurde. Wo sie sich auf Nicht-Empfundenes bezieht, bringt sie fictiones absurdae*7* oder leere Einbildungen™ hervor. Gottsched macht zwei Voraussetzungen, die das richtige Funktionieren der Einbildungskraft garantieren sollen: i. Damit die Einbildungskraft die Ähnlichkeit des Abwesenden mit dem Gegenwärtigen feststellen kann, bedarf es eines Vermögens, das möglichst viele Merkmale des Gegenwärtigen aussondert, die eine Ähnlichkeitsbeziehung mit dem Vergangenen unterhalten. Dieses Unterscheidungsvermögen, eine
366
Vern. Tadl., 17. Stück, 26. April 1726; abgedr. in: RVS, 501".; Die Begriffe sind hier schon fast vollzählig versammelt. Für ingenium/e'sprit sagt Gottsched hier noch Geist, was er später, wohl unter dem Einfluß Wolffs, als Witz übersetzen wird. Horazens Ingenium et mens divinior (Sät. 1,4) übersetzt er mit Witz und göttlichem Geist (CD4, 246), in der Übersetzung der Ars Poetica setzt er für ingenium meist Geist (vgl. CD4, 44/45» 48/49; 58/59 als Gabe übersetzt). Witz vertritt hier das Horazsche indicium (CD4, 56/57). Geist/geistreich für ingenium scheint im 18. Jahrhundert durchaus noch gängig zu sein. Bodmer bspw. fügt dem Wolffschen Terminus Witz in Klammern tsprit bei (Anklagung, 44). 367 Vgl. Einbildungskraft, Widmungsschreiben und S. 1835., Anklagung, 38 und 43-46. 36 368 CD4,103. 9 Met., § 235. 37° WW I, § 887. 371 ww T) § 892. 373 37* WW I, § 894. Met., § 241. 95
vollkommenere Form der Aufmerksamkeit1 und der Reflexion?1"* nennt Gottsched die Scharfiinnigkeit und definiert sie als eine »Kraft der Seelen, viel an einem Dinge wahrzunehmen, oder eine Fertigkeit, ein Ding sehr geschwinde zu überdenken.«376 2. Gottsched nimmt ein besonderes Vermögen an, welches die Ähnlichkeit des scharfsinnig Beobachteten mit dem in der Einbildungskraft Reproduzierten herstellt. Dieses Vermögen, »welches sich in der Einbildungskraft auch äußert«, ist der Witz?11 Während die Einbildungskraft aufgrund ihrer Regel vom Gegenwärtigen nur ein Merkmal braucht, um sich das Vergangene wieder vorzustellen, beginnt der Witz sein Geschäft des Vergleichens erst, wenn die Scharfsinnigkeit ihre Analyse getätigt hat. Gegenüber der bloßen Einbildungskraft, die nur eine Ähnlichkeit mit Bekanntem, aber Vergangenem herstellen kann, oder aber vom Ähnlichen auf das Unähnliche verfällt, führt der Witz die Einbildungskraft auf Ähnlichkeiten des Gegenwärtigen mit dem Fiktiven. Diese Fähigkeit des Witzes dient in der Wissenschaft der Herstellung von Allgemeinbegriffen378 und in der Kunst dazu, das »Kunstwerk der Natur ähnlich, das ist natürlich schön«379 zu machen. Der Witz ist also ein Garant des mimetischen Prinzips. Er ist es aber nur dann, wenn Natur als Muster bereits feststeht. Gottsched erläutert den mimetischen Prozeß zunächst am Beispiel eines vorgelegten Musterbildes, also am Beispiel einer Imitatio?%° Diese gilt ihm als Übung des Witzes für größere Aufgaben, die Erfindung eigener Geschichten. Hier meint er einschränkend, »daß es mit Einbildungskraft, Scharfsinnigkeit und Witz bei einem Poeten«'81 nicht getan sei; es gehöre »zu dem Naturelle auch die Kunst und Gelehrsamkeit«382. Es scheint zunächst, als ob Gottsched nur die traditionelle Einteilung von ingenium und ars spezifizierte. Scharfsinnigkeit, Witz und Einbildungskraft gehörten dem ingenium zu, Kunst und Gelehrsamkeit der ars. Allerdings trügt hier die Evidenz. Denn weder erschöpft sich die ars in der traditionellen Gelehrsamkeitsformel, noch lassen sich Witz, Scharfsinnigkeit und Einbildungskraft ganz eindeutig dem ingenium zuordnen. Um ihre Zuordnung
374 375 376 377 3/8 379
WW I, §§ 906, 907; vgl. auch CD«, 104. WW I, § 909. WW I, § 910; Vgl. CD4, 102. WW I, § 914; Vgl. CD4,102. Vgl. WW II, § 481. Ebd. Die folgenden Paragraphen erläutern ähnlich wie CD4, 98f. und io2f. die Schulung des Witzes an den zwei Lehrmeistern, der Natur (mimesis) und der Muster (imitatio)(vgl. §485). 38° Vgl. CD* 104. 381 CD4,105. 38i Ebd.
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zu klären, muß man sie im Verhältnis zum jeweils dargestellten Gegenstand betrachten. Gottsched unterscheidet einerseits zwischen verschiedenen Gegenständen der Nachahmung, anderseits zwischen verschiedenen Graden der Deutlichkeit ihrer Repräsentation. Je nach Gegenstand bekommen daher die Seelenvermögen eine unterschiedliche Funktion und erbringen unterschiedliche Leistungen. An der oben zitierten Stelle (CD4, iO4f.) geht Gottsched von drei Nachahmungsarten aus, die er später in einem eigenen Kapitel näher beschreiben wird.38' Den drei Nachahmungsarten, Beschreibung, Nachahmung von Gemütsbeschaffenheiten und Erfindung entsprechen auf der logischen Ebene Begriff, Urteil, Schluß.^ Ihnen werden die drei Kräfte des Verstandes, BegrifTsbildung, Urteilskraft und Vernunft zugeordnet.385 Begriff, Urteil, Schluß fungieren als Darstellungsprinzipien, nicht als Verfahren. Daher können in Beschreibungen Urteils-, ja Schlußverfahren vorkommen, jedoch nicht als durchgehendes Darstellungsprinzip, da diese als Darstellungsprinzipien der zweiten, resp. dritten Nachahmungsart entsprechen. Für die Nachahmung einzelner Gegenstände genügt daher unter Umständen die Einbildungskraft, wenn das nachzuahmende Ding als einzelnes Objekt schon einmal klar und deutlich empfunden worden ist.386 Sie gilt Gottsched als die geringste Art der Nachahmung, unzulänglich, »einen wahren Poeten zu machen«387. Für die Abschilderung von Charakteren genügt sie schon nicht mehr, geschweige denn für die Erfindung von Geschichten. Je komplexer der Gegenstand, desto unzureichender scheinen die eher dem Naturell zuzurechnenden Vermögen zu sein. Für die Beschreibung kann unter Umständen die Einbildungskraft die Funktion des Witzes übernehmen.388 Sie ist jedoch statisch, denn sie bringt nichts hervor, was wir nicht schon einmal empfunden haben, während der Witz ein dynamischeres Prinzip der Ähnlichkeitsbeziehungen zu bezeichnen scheint, das sich auch der Erfindung bedient.389 3"3 Im Kapitel 4. Die Parallelität hat Gaede (1978, looff.) festgestellt, dem ich hier folge. 385 Vgl. WWI, § 17. Noch deutlicher wird Gottsched im praktischen Teil der Weltweisheit (II, § 196), wo er den drei Stufen des Verstandes die jeweiligen Fähigkeiten zuordnet; der ersten Stufe die Aufmerksamkeit (vgl. I, § 906), das Überdenken (vgl. I, § 909), den Witz (vgl. I, § 914) und die Tiefsinnigkeit (vgl. I, § 917); der zweiten Stufe die Erfahrungsurteile (vgl. I, § 925), die symbolischen Urteile (vgl. I, § 927) und die Folgerungsurteile (vgl. I, § 937); der dritten Stufe die Vernunft und Wissenschaft (vgl. I, § 942), die Erfindungskunst (vgl. I, § 946) und die Gründlichkeit (vgl. I, § 1047). 386 Vgl. WW I, § 888. 387 CD* 143. 388 Vgl. WW I, §§ 891, 914, wo es heißt:«Das Vermögen, die Ähnlichkeit der Dinge leicht wahrzunehmen, welches sich in der Einbildungskraft auch äußert, nennen wir den Witz«. In § 913 bringt Gottsched ein Beispiel, wo die Einbildungskraft die Funktion des Witzes übernimmt. 389 Vgl. WW I, §§ 949/50; CD«, 104; zur praktischen Anwendung WW II, §§ 479-483. 384
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Gunter E. Grimm hat darauf hingewiesen, daß Gottsched in der ersten Ausgabe der Critischen Dichtkunst dem Witz allein die Beachtung der Ähnlichkeitsverhältnisse zuspricht. In den späteren Fassungen parallelisiert er Witz und Beurteilungskraft und spricht letzterer eine Funktion zu, die in der ersten Auflage einzig dem Witz zugekommen war.390 Der Witz genügt offenbar nicht, ein Ähnlichkeitsverhältnis festzustellen. Dieser Meinung war Gottsched allerdings schon in der ersten Auflage. Dort fordert er für den Poeten eine starke Beurtheilungskrafl, da Witz und Scharfiinn nichts helfen würden, »wenn der Witz übel angebracht würde oder gar nicht rechter Art wäre.«391 Die Formulierung scheint den Witz ganz auf das ingenium einzugrenzen und mit der Einbildungskraft zu verbinden und ihnen ein iudicium als Kontrollinstanz gegenüberzustellen. Wolff hingegen hat versucht, den Witz als iudiziöses Vermögen zu definieren, das in Abhängigkeit von der Scharfsinnigkeit wächst.391 Was zunächst als Widerspruch zwischen Gottsched und Wolff erscheint, erweist sich beim näheren Zusehen als Nuancierung. Der Wölfischen Formulierung liegt eine Vorstellung von Graden des Witzes mit offenbar unterschiedlicher Leistung zugrunde. Gottsched bestimmt diese Gradualität des Witzes als dessen unterschiedliche Leistung inbezug auf den Gegenstand. Solange das Vorbild in der anschauenden Erfahrung gegeben ist, übernimmt der Witz auch das Geschäft der Urteilskraft. Die Zuschreibung einer Eigenschaft zu einem Ding kann er allerdings nur leisten, wenn diese durch die Erfahrung ähnlicher Fälle bereits vorgegeben ist. Das Urteil hingegen vollbringt diese Zuschreibung auf eindeutige Weise, weshalb Gottsched für die zweite Nachahmungsart Witz und Urteilskraft verlangt. Schließlich ermöglicht der Witz, eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen einer konkreten Erfahrung und einem konstruierten fiktiven Fall herzustellen. Gottsched bezeichnet dieses Schlußverfahren als Erwartung ähnlicher Fälle oder analogon rationis.™ Da aber hier der Obersatz, weil mittels der Einbildungskraft hervorgebracht, nur undeutlich empfunden werde, gilt ihm dieses Verfahren als unsicher.394 Daher soll der Obersatz zuerst durch die Vernunft bestätigt werden. 390
Grimm 1983, 665. CD, hier zitiert nach SzL, 49; Diese Ausgabe enthält Auszüge aus der ersten Auflage der CD. 392 Vgl. Anm., § 320. Dort will er die guten Poeten von den schlechten Poeten, Rednern und Pickelheringen (also den Spaßmachern des Theaters) abgrenzen. Die Letzteren haben bloß ein gemeines Ingenium, deren Vergleichstätigkeit alles lächerlich macht, die ändern, so kann man die Stelle interpolierend interpretieren, besitzen ein iudiziöses. 393 WW I, § 932. 394 Diese Fähigkeit des Witzes erhält bekanntlich später eine Schlüsselstellung in der Ästhetik. Voraussetzung ist die Trennung der untern von den obern Erkenntnisvermögen und die Aufwertung der ersteren. Nach Bäumler (1967, 190) wird diese Tat Baumgartens durch Wolff dadurch vorbereitet, »daß er die Gefahr des Irrtums, die in 391
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Da Gottsched den Witz als eine Gemüthskrafi definiert, »die Ähnlichkeiten der Dinge leicht wahrzunehmen«, so müßte der Witz eigentlich zu den untern Seelenvermögen gerechnet werden. Diese Zuschreibung ist alles andere als eindeutig. In der Weltweisheit definiert er ihn auch als »Fertigkeit des Verstandes«395. Im ersten Teil, wo er den Witz definitorisch einfuhrt,396 schreibt er ihn nicht gleich dem Verstand zu. Er läßt jedoch gleich darauf den Paragraphen über den Verstand folgen, den er als »Kraft unserer Seele« definiert, »sich etwas deutlich vorzustellen«597. So scheint der Verstand Voraussetzung des Urteils zu sein, denn deutlich erkennen heißt, »die Merkmaale anzugeben, daran ich die empfundene Sache von ändern unterscheide.«398 Das ist aber genau die Bedingung des Urteilens, wo man »dasjenige, was ihm (dem Ding) zukommt, zwar von ihm unterscheiden, doch aber als dazugehörig oder daran befindlich ansehen«399 muß. Aber Gottsched ordnet der deutlichen Erkenntnis auch Aufmerksamkeit, Scharfsinnigkeit und Witz zu, »obgleich nicht allemal in sehr hohem Grade«400. Die Einschränkung bezieht sich einerseits wohl auf die Gegenstände, anderseits auf den Grad des Erkenntnisvermögens. Während der Witz einen Verstand verlangt, der deutliche Begriffe bilden kann, verlangt die Beurteilungskraft einen höheren Grad des Verstandes401. Der Witz hat zwar bei den syllogistischen Schlußverfahren eine beschränkte Funktion, er kann zu richtigen Resultaten kommen, die Richtigkeit jedoch nicht erweisen. Daher unterscheidet Gottsched zwischen einer natürlichen402 und einer künstlichen Vernunftlehre.403 Die natürliche Vernunftlehre beruhe auf der gesunden Vernunft als einer »natürlichen Geschicklichkeit«404, die aus der blossen Nachahmung entstehe. Obwohl Gottsched es nicht explizit erwähnt, so ist doch zu vermuten, daß die gesunde Vernunft sich des Witzes bedient, um auf die Ähnlichkeit der Fälle zu schließen. Denn dabei erweise man sich »mehrenteils empirisch, nicht aber ganz vernünftig«405. Den Unterschied zwischen gesunder Vernunft und künstlicher Vernunft fuhrt er, wie schon die Metaphorik der Adjekder Erwartung ähnlicher Fälle liegt, nicht übertreibt, sondern ins Positive wendet.« Bei Gottsched sieht man nichts von dieser Wendung. 395 WW II, § 479, wo er es in apodiktischer Form behauptet: abgeschwächt in WW I, §915. 396 WW I, § 914. 397 WW I, § 915. 39» Ebd. 399 WW I, § 924. 400 WW L § 9I5 401 Dazu vgl. WW I, §§ 9i6ff 402 WW I, § 19. 403 WW I, § 20. 404 WW I, § 18. 405 WW I, § 931.
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tive andeutet, auf den Unterschied von Naturell und ars zurück,406 zugleich aber definiert er deren Verhältnis neu. So gehört der Witz zwar zum Naturell, als Verstandeseigenschaft ist er aber auch entwicklungs- und bildungsfähig. Durch seine Bildung kann er gleichzeitig auch als eine Art natürliche Urteilskraft oder natürliche Vernunft fungieren. Diese Bildung ist eine Pflicht für die Lebenspraxis, da die Menschen »fast in allen ihren Handlungen empirisch verfahren. Sie schließen nicht aus den ersten Gründen, was man thun oder lassen soll; was geschehen wird oder nicht: sondern sie behelfen sich mit der Erfahrung.«407 Dort komme es »hauptsächlich auf die Ähnlichkeit der Fälle an«4°8. Im Vergleich der Erfahrungen wirkt der Witz als abgekürzter Schluß. Er hat auch hier Aufmerksamkeit, Scharßinnigkeit und Tießinnigkeit zur Voraussetzung,409 da die Erfahrung als »dasjenige Erkenntnis, was wir durch die Aufmerksamkeit auf unsere Empfindung erlangen«410, um so eher verallgemeinerungsfähig ist, je größer die Aufmerksamkeit auf die Empfindung ist.411 Aus diesem Grunde mißt Gottsched in der Critischen Dichtkunst den Beschreibungen eine so grundlegende Bedeutung bei der Ausbildung des Witzes zu, denn sie sollen die Aufmerksamkeit schulen, die fiir den richtigen Gebrauch des Witzes entscheidend ist. Folgende Schlußfolgerung zieht Gottsched aus der Kopierübung von Rissen: Durch dergleichen Übung und Bemühung erlangt man also einen hohen Grad der Aufmerksamkeit auf jede vorfallende Sache; welche endlich zu einer Fertigkeit gedeihet, in großer Geschwindigkeit und fast im Augenblicke viel an einer Sache wahrzunehmen; welche Fertigkeit wir vorhin Scharfsinnigkeit genannt. Indem aber ein solcher Knabe sich ferner bemühet, seinen Riß dem vorgelegten Musterbilde ähnlich zu machen, so muß er die Ähnlichkeiten zwischen beiden wahrnehmen lernen: das ist, seinen Witz üben.«"
Gerade weil der Witz bei Gottsched für alle Wissenschaften und Künste in den Fällen eine positive Bedeutung erlangt, in denen uns die ersten Vernunftgründe fehlen, »so ist es sehr nöthig, daß ein jeder einen solchen Grad des Witzes zu erlangen suche, der ihn von der Ähnlichkeit der Fälle recht überzeuge. Denn wer diese entweder gar nicht sieht, oder eine zu finden meynet, wo keine ist, der stürzet sich selbst in die größten Irrtümer«413. Zur Ausbildung des Witzes bedarf es also vornehmlich der Übung, im Feld der schönen Literatur der Lektüre vorbildlicher Bücher. Die Ausbildung des Witzes 406 Vgl. WW I, § 2i, wo er es am Beispiel der Singekunst erläutert. 407 WW ) §48o 4°8 Ebd. 409 Vgl WW I, § 9o6ff. 4*° WW I, § 126. 4" Das kommt wieder Wolff, Anm., § 320, nahe. 412 CD4,104. 4»3 WW II, § 480. IOO
ist hier wieder in die Grenzen der Imitatio-Tradition eingeschlossen. Doch gelten die Vorbilder der Alten nicht qua Tradition, sondern qua Vernunft: »Man nehme also keinen Ausspruch der Alten, oder Weisen für einen Grundsatz an; bis man ihn aus einer deudichen und richtigen Erklärung herleiten, oder aus edichen Erklärungen seiner Hauptbegriffe, erweisen kann.«414 Das Gleiche gilt auch für die Erfahrung, auf der der Witz beruht: »Wäre es aber ein anschauender Erfahrungssatz: so muß man ihn abermals nach den Regeln der Vernunftlehre untersuchen, ob auch alles richtig dabey zugegangen ist?«415 Diejenigen, die sich bloß nach der natürlichen Vernunft richteten, könnten »auch bei dem besten Mutterwitze (...) gar leicht wieder (sie!) die wahren Regeln der Vernunftschlüsse verstossen«4'6. Was für die in der Erfahrung vorgegebenen Gegenstände und für die vorgegebenen Musterbilder gilt, gilt in noch höherem Masse für die Erfindungen. Sie kommen ohne Kunst und Gelehrsamkeit gar nicht aus. 2.5.2 Gelehrsamkeit und Kunst Aus der etwas umständlichen Untersuchung über das Naturell des Dichters lassen sich nun einige Schlußfolgerungen ziehen. Erkenntnis und Repräsentation einer zusammengesetzten Vollkommenheit, einer (Erfindung und Fiktion bedürfen in letzter Instanz der ausgebildeten Vernunft. Die Ausbildung der Vernunft, und es geht hier um die künstliche Vernunft, fällt in den Kompetenzbereich der Philosophie, genauer der Verstandes- und Vernunftlehre, der Logik im Wolffschen Sinne.417 Die Logik ist zwar nicht identisch mit der Dichtkunst, aber als philosophische Kompetenz ist sie dem Dichter unerläßlich; sie ist zwar kein Mittel der dichterischen Darstellung, aber sie entscheidet über deren Richtigkeit. Daher kann ein Dichter mit einem guten Naturell sehr wohl richtig nachahmen, nie aber Gewißheit über die Richtigkeit der Nachahmung erlangen. Natürliche Vernunft und künstliche Vernunft stehen zueinander wie Geschmack und Regelwissen, sekundäre und primäre Kompetenz.4"8 Der gute Geschmack, den Gottsched als produktives Urteilsvermögen des Dichters und nicht als Kategorie des Publikumsgenusses einführt,419 ist auf die autorisierten Muster angewiesen, wor414
WW II, § 4775 Ebd. 416 WW I, § 19. 417 Gottsched bezeichnet die Vernunftlehre ganz wolffisch als eine »Wissenschaft, die Kräfte seines Verstandes in Untersuchung und Beurtheilung der Wahrheit recht zu gebrauchen« (WW I, § 17). Das ist im Wolffschen Verstand die Definition der Logik. Wolffs deutsche Logik trägt den Titel: Vernünftige Gedancken von den Kräffien des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Gebrauch in Erkäntnis der Wahrheit. 418 In der Critischen Dichtkunst (CD4, 128/133) identifiziert Gottsched die Geschmacksbildung mit dem Gebrauch der gesunden Vernunft. ^9 Das Geschmackskapitel in der CD überschreibt Gottsched Vom guten Geschmack eines Poeten. 41
an er sich üben, bilden und festsetzen kann. Solange diese Muster, die in sich die Vernunftregeln verkörpern, geschmacksprägend sind, genügen der gute Geschmack und die gesunde Vernunft als dichterische Kompetenz. Aber erst durch die Vernunftregeln wird der gute Geschmack unwandelbar.*10 Während in Zeiten des guten Geschmacks Dichter denkbar sind, die ohne philosophische Kompetenz nur durch die Ausbildung ihres guten Geschmackes richtig nachahmen, so ist in Zeiten des Verfalls die Orientierung an Regeln unumgänglich, sei es, daß dem Dichter der poesieverständige Philosoph als Criticus oder die Vernunftlehre als Regel gegenübertritt, sei es, daß er selbst als philosophischer Poet sich ihre Regeln zu eigen macht. Es gibt einen weiteren Grund, den philosophischen Poeten dem traditionellen imttatio-Poeten vorzuziehen. Wir haben am Anfang dieses Kapitels bemerkt, daß Gottsched das Wesen des poetischen Werkes aus der Absicht seines Autors zu bestimmen versucht. In der Absicht ist der Wille und die Verantwortlichkeit des Dichters festgemacht. Sie steht in Gottscheds Poesiekonzept an der Stelle der poetisch-rhetorischen voluntas. Wie der Wille hat sie stets die Erkenntnis einer Vollkommenheit zur Voraussetzung; sie verlangt also eine antizipierende Vorstellung dessen, was möglich ist.421 Löst sich diese Vorstellung infolge ihrer Ungegründetheit in Nichts auf, so verschwindet auch die Absicht. Das bedeutet aber, daß die Absicht den Verstand zur Voraussetzung hat, der die ihr zugrundeliegende Vorstellung begründen und damit als möglich erweisen kann. Verwandelt er diese Vorstellung in Wirklichkeit im Sinne einer Nachahmung, so muß sich durch die Nachahmung eine Wirkung im Sinne seiner Absicht einstellen. Lehnt er sich als imitierender Dichter an die Vorbilder an, so verwirklicht er gewissermaßen nur die bereits validierten Absichten; als erfindender Dichter muß er seine Absicht nach den Prizipien der philosophischen Vernunft überprüfen, ob sie in einer Vollkommenheit gegründet sei. Gottsched formuliert diese Verbundenheit zur Vollkommenheit als eine Pflicht im Rahmen der Tugendlehre. Das hat seinen Grund darin, daß die Empfindungsfähigkeit mit dem moralischen Vermögen verbunden ist. Das moralische Vermögen ist in letzter Instanz die Ursache, der »zulängliche Grund«, warum die Seele »vielmehr diesen als jenen Gedanken hervor zu bringen bemüht ist.«4" Dieses Begehren der Seele kommt erst im »freien Willen«, der auf einer deutlichen Vorstellung des Guten beruht, zu seiner wahren Existenz; wo sich diese als undeutliche Vorstellung als ungegründet und falsch erweist, verschwindet auch das Begehren. Der moralische Wille hat daher »allezeit in der Vernunft seinen Grund«423. 420
Vgl. CD4, 129/132/135/141. WWI, § 314. 4" WW I, § 1052. I, § 1062. 421
IO2
Hier läßt sich wieder die Verbindung zur literarischen Produktion herstellen. So wie Wille und Vollkommenheit der Erkenntnis in der praktischen Philosophie miteinander verknüpft werden, so in der Dichtung die Absicht, die auf einen vernünftigen Willen zurückgehen muß, und die vollkommene Nachahmung. Da sich in der mimetischen Absicht zugleich ein moralischer Wille ausdrückt, ist der nachahmende Dichter verpflichtet, seine Seelenkräfte philosophisch auszubilden. Darin besteht die entscheidende Neuheit der Gottschedschen Poetik gegenüber ihren Vorläufern. Nicht nur befördert er das Prinzip der Naturnachahmung von einer poetisch-rhetorischen Regel des Decorums, der Angemessenheit von res und verba, die es in den Barock- und den sog. Magisterpoetiken zu einer unter vielen Vorschriften macht, zum organisierenden Prinzip der Poesie überhaupt, er verbindet es zugleich mit der Erkenntnispflicht der Wölfischen Philosophie. Damit überwindet zwar Gottsched nicht die schon von den Humanistenpoetiken vorgegebene Überordnung der Gelehrsamkeit über das Naturell, der ars über das ingenium, aber er definiert die ars auf der neuen Grundlage der rationalistischen Philosophie. Die neue Konzeption der Poesie auf philosophischer Grundlage reagiert auf eine Krise in der Tradition gelehrter Poesie. Das humanistische Gelehrtentum befindet sich seit langem in einer Krise, und es hat diese selbst durch seine sterile Traditionsorientiertheit nur verschärft.424 Die Ausbildung eines fürstlichen Beamtenstaates mit eigenen sog. Fürstenschulen und Akademien hat »die Exemtion des Gelehrtenadels von staatlichen Verpflichtungen stufenweise aufgehoben und damit zum Abbau der Gelehrtenprivilegien geführt«415. Aus dem Zwang, die gelehrte Tätigkeit in den Dienst des frühmodernen Staates zu stellen, entwickelt die akademische Gelehrsamkeit eine Reihe von Vorstellungen, ihre Tätigkeit zu legitimieren und sie im Rahmen des frühneuzeitlichen Staates neu zu definieren. In einer ersten Phase adaptiert man die funktioneilen Anforderungen des Fürstenstaates und transformiert das Gelehrtenideal des Humanismus in das des weltgewandten Politicus, des aufgrund von Studium, Leistung und Verdienst nobilitierten AdeL· der Federt Der Transformation entspricht ein reales Bedürfnis des Staates nach Juristen, Theologen, Ärzten und Lehrern. Etwa um die Jahrhundertwende scheinen sich aber die Aufstiegschancen einer Beamtenmeritokratie bürgerlicher Herkunft, die teils in den Auslegungsmustern der politisch modifizierten nobilitas litteraria, teils im Streben nach realer Nobilitierung in eine von den Fürsten vielfach geförderte Konkurrenz mit dem Adel »von Geblüt« eingetreten ist, drastisch verschlechtert zu Vgl. dazu Kühlmann, 1982, 8jff. Grimm 1983, 681. Ausfuhrlicher und präziser als hier bei Kühlmann 1982, 319!?. und Sinemus 1978, zoyff. 103
haben.417 Alberto Martine sieht den Grund in der Geschichte des absolutistischen Staates. Dieser habe in einer ersten Phase, die in einigen Staaten bis ins 18. Jahrhundert hinein dauere, in ändern aber schon kurz nach dem westfälischen Frieden abgeschlossen sei, eine zahlreiche und ergebene Beamtenschaft mit akademischen Titeln erfordert, die die Interessen des fürstlichen Zentralstaates gegenüber der politischen, juristischen und militärischen Macht des Adels vertrat.428 Nach Abschluß dieses Prozesses rearistokratisierte sich der absolutistische Staat, einerseits aus dem Bedürfnis des Fürsten, nach dem Vorbild Louis XTV, den Glanz des eigenen Hofes zu erhöhen, anderseits aus dem politischen Grund, die entmachtete Adelsklasse, die, fimktionslos geworden, ein Element der Instabilität zu werden drohte, zum Fundament des absolutistischen Staates zu machen.429 Es kommt so zu einer sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ständig vertiefenden Spaltung zwischen einer französisch orientierten Hofkultur und einer bürgerlichen Kultur, die zwischen den Polen der Anpassung und der Sezession schwankt. Die Verdüsterung der Zukunftschancen der bürgerlichen Intelligenz, die »von den Machtzentren verdrängt, von Stellenlosigkeit bedroht oder auf zweitrangige Stellen abgeschoben«430 wurde, hat sicher den Verbürgerlichungsprozeß der deutschen Kultur beschleunigt, doch vollzieht sich dieser Prozeß nicht in einem simplen Wechsel des Orientierungsmusters im Übergang der Hegemonie von einer zur ändern Klasse. Wolffs und Gottscheds Anstrengung zur Aufwertung der Philosophie ist ein Versuch, die Tätigkeit des bürgerlichen Intellektuellen im Rahmen des feudalabsolutistischen Staates neu zu legitimieren und ihm eine Funktion zuzuweisen. Der Versuch hat den historisch ambivalenten Charakter, einerseits die Anstrengung der bürgerlichen Intelligenz auf die Integration in den feudalabsolutistischen Staat zu orientieren, anderseits mit seiner Betonung einer allgemeinen Fähigkeit zur Vernunft und den Anstrengungen zur Beförderung der deutschen Sprache und Literatur in Richtung der Herstellung einer bürgerlichen Kulturgesellschaft zu wirken. Wolffs Philosophie hat hier eine ambivalente Funktion, die sich auch in der Dichterkonzeption niederschlägt. Sie überwindet zwar die Grenzen der Gelehrsamkeitsforderung als Anforderung an den Dichter und ersetzt sie durch die Forderung nach Vernunftbildung, die ja eine Pflicht aller ist. Indem die Philosophie zu einer Art Grundlagenwissenschaft aller Wissensgebiete wird, bleibt sie nicht mehr ein abgeschlossener, an die Auseinandersetzung in der Gelehrtenrepublik gebundener Wissenstyp. So nimmt sich Wolff vor, »die Weltweisheit 427
Zahlen findet man bei Martino 1975, 472. Der wichtigste dieser Akademikertitel ist der doctor iuris utriusque. Es ist wohl kein Zufall, daß die großen deutschen Gelehrten der Zeit Juristen sind: Pufendorf, Thomasius und Leibniz in seiner ersten Phase. 4*9 Vgl. Martino 1975, 476f. 430 Martino 1975, 478. 428
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auf eine solche Art abzuhandeln, daß man sie in einem künftigen Amt und im menschlichen Leben nutzen könne« und nicht bloß, »damit man in Gesellschaften Materien zu discurrieren, und in den Schulen Materien zu disputieren und in der verkehrten gelehrten Welt Materien zu Zänckereien hätte.«431 Neben ihrem speziellen Nutzen für die methodische Erweiterung des Wissens in akademischen Materien spricht Wolff der Philosophie als Vernunftlehre auch einen allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen zu, der alle berufsständischen Schranken übersteigt und so die Idee einer allgemeinen Bildung als Verstandesbildung über alle ständischen Schranken hinweg in die Diskussion einführt.432 Diese Aufwertung des Verstandes schlägt sich in einem ganz neuen Verständnis der Gelehrsamkeitsforderung in der Dichtung nieder. Wo Gottsched daher vom Wissen und der Gelehrsamkeit des Poeten redet, meint er nicht mehr vorab die alte Realiengelehrsamkeit, Lektüre der Musterautoren, die Realienlexica, Kollektaneen, Florilegien und Reimregister, die »oratorischen Trödelbücher«433, die dem Autor die inventio liefert, er meint jene Kompetenz, die das metaphysisch Vorhandene selbst neu auffindet. Die philosophische Methodik besteht darin, »nichts für gewiß anzunehmen, was vorher nicht demonstrativisch erwiesen worden ist.« »Dieser Lehrart«, meint Gottsched von der Philosophie Wolffs, »haben sich bisher die Mathematici fast ganz allein bedient; da sich hergegen die übrigen Gelehrten eine ganz andre Schulmethode gemacht, die sich mehr vor das Gedächtnis als vor den Verstand schicket. Daher hat sie denn den Namen der mathematischen Methode bekommen: Nicht als ob sie den mathematischen Wissenschaften eigen bleiben müßte; sondern weil man sie aus Unfähigkeit in ändern Wissenschaften noch nicht gebrauchet hat. Denn eigentlich ist sie die wahre philosophische Methode, die uns die Vernunftlehre vorschreibet.«434 Die Mathematik steht hier für ein Wissensgebiet, das nicht auf den Gedächtnisleistungen, sondern auf Kombinationsfähigkeit und Begründung aufbaut. Entsprechend ist in Gottscheds Poetik der Schwerpunkt von der Tradierung des Wissens auf dessen Begründung verlagert. Auch wenn er seine Stoffe aus dem Fundus der gelehrten Geschichte zieht, den Agis aus dem Plutarch, die Bluthochzeit aus gelehrten Geschichtsquellen und den Cato als Imitation existierender Stücke, so begreift er ihre Gestaltung doch als vernünftig überarbeitete Fiktion, und nicht als Ausgestaltung einer vorgegebenen inventio. 431
Nachricht, § 55; vgl. auch Anm., § i u. § 72. Vgl. H. M. Wolff, 1949, 129. 433 G. P. Müller, Abriß einer gründlichen Oratorie, Leipzig 1722, zit. nach Grimm 1983, 581, ein Buch, das für das Thema der Gelehrtenpoesie zwischen 1500 und 1750 eine wahre Fundgrube ist. Grimm hat die Umorientierung auf das neue Wissensparadigma in Poetik und Rhetorik umfassend beschrieben (vgl. Grimm 1983, 576-602). Gottsched, von dem man Äußerungen ähnlicher Art aus CD1, 39, Anm. V. 438; CD4, 47, Anm. 122; CD4, 138, 250, 263^, 348f.; WW I, § 896; Batteux, Auszug, zitieren könnte, ist nur die Spitze einer breiten Bewegung. 434 WW I, § 150; vgl. auch § 74, § 119, § 121. 432
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Gottscheds philosophischer Dichter liegt letztlich auf der Linie der Genese des modernen Bewußtseinsdiskurses. Er ist philosophisch, nicht weil ihn das mit der Tradition der Gelehrsamkeit verbindet, sondern er braucht die Philosophie, um als vernünftiges Wesen die vollkommene Natur der nachzuahmenden Dinge einzusehen. Die Stoffwahl verlangt vom Dichter nicht mehr die Gelehrsamkeit, sich die vorbereiteten Stoffe und Themen aus dem Bücherschatz der Gelehrtenweh herauszusuchen, sie verlangt von ihm die philosophische Vernunft, welche den Zusammenhang und die Gegründetheit der realen und erdichteten Welt einsehen kann. Eine radikale Konsequenz aus der Forderung nach Vernunftbildung hat schon Descartes gezogen, als er einzig den scharfen Verstand und die ansprechendsten Einfalle statt rhetorische und poetologische Vorschriften zu Kriterien des guten Redners und Dichters machte.435 Dieser Ansicht ist allerdings Gottsched nicht. Die Abgrenzung zu Descartes ist vorgegeben durch die Wolffsche Philosophie. Denn dort hebt die Forderung nach Vernunftbildung für alle die Autoritätsverhältnisse bei ihrer Bildung nicht auf, will sie auch nicht aufheben. Sie entwickelt daher nicht die natürliche Vernunft, den spontanen Gemeinsinn, sondern korrigiert diesen aus präexistierenden Prinzipien einer universalen Vernunft, die sich auch in den herrschenden Verhältnissen verkörpert. Aus der Unterordnung unter diese höchste Autorität erhält der Dichter seine philosophische Kompetenz, diese entsteht kraft Einsicht in diese Unterordnung. Die Autorität, der er sich unterwirft, gibt ihm die Autorität über sein Publikum, eine erzieherische Funktion. Das Autoritätsverhältnis reproduziert sich in seinen dichterischen Fähigkeiten; seine spontanen Fähigkeiten, sein Witz, muß unter die Kontrolle von Vernunft und Regel. Die philosophische Kompetenz im Dichter, die ja nicht identisch ist mit seiner natürlichen Verstandestätigkeit, ist seinen natürlichen Anlagen immer noch übergeordnet. Letztere müssen, wie es Gottsched in der Critischen Dichtkunst sagt, von der ihnen »anklebenden Unrichtigkeit«436 gereinigt werden. Die Dichothomie von Naturell und ars wiederholt sich also auf der Ebene der philosophischen Vernunftlehre. Für die Beziehung von Philosophie und Dichtung hat das folgende Bedeutung. Da die Fabel eine zusammengesetzte Wahrheit darstellt, kann ihre Wahrscheinlichkeit nur von der philosophischen Vernunft überprüft werden. In dieser Bestimmung des Werkganzen durch die philosophische Vernunft liegt der Ansatz zur Konstituierung des Kunstwerkes als Ganzes, dessen Weiterführung bekanntlich zur Ausbildung einer philosophischen Ästhetik führt. Aber Gottsched denkt wie Wolff die Ganzheit des Werkes vom zweckvollen Ganzen der Schöpfung her, die ihren zureichenden Grund in Gott hat. Analog 435 436
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Descartes 1960, 12/13. CD4, 103.
denkt er das Ganze des literarischen Werkes von seinem zureichenden Grund, seinem Schöpfer her. Dieser muß in seiner Absicht einen Zweck verwirklichen, der gottförmig ist, d.h. der Absicht Gottes nicht widerspricht. Daraus ergibt sich der Absichts- und Zweckcharakter des Gedichts. Die Absicht ist an die Vorstellung einer Vollkommenheit gebunden, die, wenn sie eine wahre Vollkommenheit sein soll, auf deutlicher Erkenntnis beruhen muß. Die Deutlichkeit einer moralischen Vorstellung aber bedarf der Weltweisheit, die »uns die wahren Vollkommenheiten der Dinge« zeige »und von den vermeinten unterscheiden«437 lehre. Die Quintessenz der wahren menschlichen Vollkommenheit ist aber die Moral. Daher setzt Gottsched in seinem berühmt-berüchtigten Rezept zur Verfertigung von Gedichten den moralischen Lehrsatz an die erste Stelle. Im moralischen Lehrsatz ist die Absicht des Autors greifbar, der Autor selbst macht sich als moralförmiges Subjekt zum Diener und Träger der Moral, und diese garantiert die Gegründetheit der Vorstellung, denn insofern das Fiktive die moralische Lehre stützt und illustriert, ist es auch möglich. Schließlich erfüllt sich in ihr der Zweck der Dichtung, eine bestimmte Lehre zu vermitteln. Daraus erklärt sich, daß der zureichende Grund eines Gedichtes zugleich im Autor, im moralischen Zweck und in der Nachahmung der Natur liegt: Mit der Nachahmung der Natur ist die differentia specifica bezeichnet, in der die Absicht des Dichters als moralische wirkt. Die richtige Nachahmung hat aber nur Mittelcharakter, die Erkenntnis einer Vollkommenheit zu übermitteln. Die Verschiebung der dichterischen Kompetenz in die philosophische bewirkt den absoluten Mittelcharakter der Literatur. Das ist jedoch im Verständnis der Aufklärungszeit keine Degradierung, sondern eine Aufwertung der Literatur zum Hilfsmittel der Wahrheit. Die Absicht des Dichter bemißt sich daher an der Absicht des Philosophen, glückselig zu machen, aber sie unterscheidet sich von der philosophischen Absicht dadurch, daß sie sich anderer Mittel bedient und sich an ein anderes Publikum wendet. Seine Absicht ist nicht, die Vollkommenheit philosophisch zu begründen, die philosophische Kompetenz dient in dieser Beziehung lediglich der Kontrolle und der Kritik,438 sondern sie evident zu machen fiir ein Publikum, das die Gründe der Vollkommenheit nicht einzusehen vermag; wo es sie einzusehen vermöchte, würde Dichtung hinfällig.439 Die Absicht des Dichters 437 WW I, § 6.
CD4, 96. 9 Diese Konsequenz der Ersetzung der Dichtung durch die Philosophie ist der Aufklärung nicht fremd. Sie findet sich etwa prononciert in Abbe Trublets Essais sur divers sujets de littorature et de morale: »Je vollkommener die Vernunft werden wird, umso mehr wird die Urteilskraft der Einbildungskraft vorgezogen werden, und umso geringer werden dementsprechend die Dichter geschätzt werden. Die ersten Schriftsteller, sagt man, sind Dichter gewesen. Das will ich wohl glauben; sie konnten nichts anderes sein. Die letzten werden Philosophen sein.« Zit. nach Promies 1962, 189.
438
43
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liegt nicht in der Vermittlung ideologischer Kompetenzen, sondern in der Vermittlung ideologischer Diskurse. In dieser Vermittlungsfunktion sieht Gottsched die Eigenständigkeit der Literatur begründet: Ein Gedicht hält ... das Mittel zwischen einem moralischen Lehrbuche und einer wahrhaften Geschichte. Die gründliche Sittenlehre ist für den großen Haufen viel zu mager und zu trocken. (...) Die Poesie hergegen ist so erbaulich als die Morale und so angenehm als die Historic440.
Das Prinzip der Naturnachahmung, das für Gottsched das Wesen der Dichtung ausmacht, verkörpert diese Mittelstellung in perfekter Weise. Sie ist vernünftig, insofern sie die Natur nachahmt, diese aber nicht begründet; sie ist also nicht gründlich. Sie ist sinnlich, insofern sie sinnliche Nachahmung, sinnliche Umsetzung ist. Entsprechend ist die Kompetenz des Dichters zusammengesetzt. Insofern er sich über seine Absicht klar werden, sie begründen muß, ist von ihm eine philosophische Kompetenz verlangt, denn nur der philosophisch geschulte Verstand kann kritisch die wahre Vollkommenheit von der vermeintlichen unterscheiden und so die Bedingung der Verwirklichung einer moralischen Absicht in der Dichtung erfüllen. Die Verwirklichung der Absicht vollzieht sich aber über das Medium der Nachahmung. Insofern ist seine natürliche Nachahmungsfähigkeit angesprochen. Als Ideologe ist der Dichter Philosoph und als Vermittler ideologischer Diskurse ist er Nachahmer. Die Absicht des Dichters ist eigentlich eine philosophisch-pädgogische, vermittelt über das Zwischenglied der nachahmenden Darstellung. Das lebendige Beispiel eines Erziehers und das Beispiel der Dichtung sind strukturgleich, da sie in der pädagogischen Anordnung die gleiche Funktion erfüllen: sie zeigen Nachahmenswertes oder schrecken vor Nichtnachahmenswertem ab. Der Unterschied besteht darin, daß im Fall der Erziehungsperson Beispiel und Person in eins fallen, während sie in der Dichtung auseinandertreten in Werk und Autor. Sie bleiben aber auch hier als Einheit gedacht, da das Werk in der Absicht des Dichters schon als vorhanden gedacht ist, so daß die Anforderung an das Werk bereits als Anforderung an den Dichter auftritt. Für Dichter und Erziehungsperson gilt daher ein ähnlicher Anforderungskatalog: Bei beiden wird die Anforderung an ihren philosophischen Verstand aus den Forderungen der Pflichtenlehre441 begründet. Da die philosophische Einsicht in die Pflicht zugleich zwingend in den Willen wirkt, muß der philosophische Dichter auch dem praktischen Ideal der Tugendhaftigkeit entsprechen.441 Dadurch erfüllt er erst die Anforderungen, die ihn zum nützlichen Glied in einer wohlbestellten Republik machen. Seine Dichterfunktion wird von seiner ideologischen Kompetenz her gedacht, die zugleich seine staatsbürgerliche Rechtschaffenheit garantieren soll. 440 441 442
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CD4,167. Vgl. WW II, 2. Hauptstück. CD4, I09f.
2.6
Wahrscheinlichkeit als Legitimation einer vernünftigen Fiktion
z. 6.1 Der universalistische Wahrscheinlichkeitsbegriff: Wahrscheinlichkeit als Möglichkeit Auch der poetische Begriff, mit dem Gottsched die mögliche und nicht widersprüchliche Fabel bestimmt, wird strukturiert vom philosophischen Ordnungsbegriff Wolffs. Dieser soll das bloß Wahrscheinliche der Fiktion zum Schein der Wahrheit überhöhen. Daher ist das Wahrscheinliche der Fabel nicht bloß das Glaubliche und argumentativ Überzeugende. In ihr scheint stets eine höhere Ordnung durch, die ihr Maß an der Natur der Dinge, das ist, wolffisch gesprochen, an der Möglichkeit und dem Wesen der Dinge nimmt. Wie bei Wolff, so hat auch bei Gottsched diese Ordnung ihren Grund in Gott selbst, der alles »nach Zahl, Maß und Gewicht geschaffen«443 habe. Dieser Ordnung gegenüber, der er angehört und die er spiegelt, verhält sich auch der schaffende Mensch ganz kontemplativ: Die Schönheit eines künstlichen Werkes beruht nicht auf einem leeren Dünkel, sondern sie hat ihren festen Grund in der Natur der Dinge.444
Diese Natur der Dinge ahmt der Dichter nach. Im Begriff der Naturnachahmung ist die Absicht des Dichters an eine Ordnung zurückgebunden, an die Ordnung des Wolffschen Natur- und Kosmos-Begriffs. Damit ist kein Realismuspostulat verbunden, vielmehr die Aufforderung, die Wirklichkeit so lange umzuformen, bis sie mit der vernunftbestimmten Natur zusammenstimmt: Alles Besondere ein Fall des Allgemeinen. Poetische Wahrscheinlichkeit ist daher nach Gottsched »die Ähnlichkeit des Erdichteten mit dem, was wirklich zu geschehen pflegt, oder die Übereinstimmung der Fabel mit der Natur.«445 Die Wahrscheinlichkeit ist nicht bestimmt durch ihren Wirklichkeitsgehalt, sondern durch die zur Möglichkeit überhöhte Wirklichkeit, durch die Natur und das Wesen der Dinge. »Was aber ist wahrscheinlich und was stimmet miteinander überein«, fragt sich Gottsched und gibt sogleich die Antwort: »Dasjenige, was die Natur hervorbringt und der Verstand zusammenordnet.«446 Die Natur erscheint hier als Grund der Regelmäßigkeit, Harmonie, Schönheit überhaupt, die der Verstand als ein Spiegel des geordneten Kosmos nur zu erfassen braucht, um sie richtig darzustellen.447 Natur und Kunst konvergieren im Zeichen der Vernunft. Wo die Kunst etwas Schönes hervorbringt, wird dieses 443 CD4, 132. 444
CD4,132.
445 CD4, 198. 446
Von Gespräihen überhaupt. Vorrede zu Fontenelles »Gespräche der Toten«, in: RVS, 84. 447 Vgl. auch WW II, § 35.
109
zu einem wahren Abbild der Natur.44* Die Regeln der Kunst sind hier nicht mehr Anweisungen zur Verfertigung von Texten, sondern sie werden zu unverbrüchlichen Gesetzen einer waltenden Vernunft, die in der Anwendung ihre eigene Ordnung darstellen und explizieren. Grundlage dieses universalistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff ist die »unveränderte Natur der Dinge«449. Er steht in der Dichtungstheorie an der Stelle, an der in der Metaphysik Gott steht. Aus Wolffs Metaphysik haben wir erfahren, daß die Wahrheit des Ganzen nur einem vollkommenen Verstand einsichtig ist.4S° Die menschliche Vernunft ist auf die Wahrheit des Besonderen und Endlichen beschränkt. Hier begründet der menschliche Verstand das Sosein der Dinge durch die Angabe von Gründen und den Nachweis ihrer Widerspruchsfreiheit. Die Aufgabe der Wolffschen Philosophie ist es nicht, neue Gesetze zu finden, sondern die Gesetzmäßigkeiten der Natur durch bekannte Phänomene und neue Entdeckungen zu bestätigen. Sein positives Verhältnis zu den neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen rührt nicht von einer besonderen einzelwissenschaftlichen Verfahrensweise oder Methodik her, sondern daher, daß er in dieser Verfahrensweise das Modell für das gesamte Gebiet des Wissens sieht. Seine Philosophie erlaubt nicht primär, neue Erkenntnisse zu gewinnen, sondern ermöglicht ihre Integration in ein Weltbild, »daß wir daraus als aus untrüglichen Gründen die Vollkommenheiten Gottes schließen können«451. Gegenstandsbereich der eigentlichen Dichtung hingegen ist nicht das Besondere und Einzelne, sondern das Ganze der wirklichen und möglichen Welten, das, »was wir Menschen zu thun pflegen, oder wahrscheinlicherweise gethan haben könnten, thun sollten, oder thun würden, wenn wir in solchen Umständen befindlich wären«452, wie Gottsched eine berühmte Stelle aus dem neunten Kapitel von Aristoteles' Poetik kommentiert. Die Interpretation der aristotelischen Poetik bewegt sich ganz im Rahmen der Wolffschen Philosophie. Um das Wahrscheinliche nicht mit dem Glaublichen der wirklich vorhandenen und geschehenen Dinge gleichzusetzen, greift Gottsched auf Wolffs Annahme der möglichen Welten zurück: Es kann ja eine Sache wohl möglich, aber bei der itzigen Ordnung der Dinge sehr unglaublich sein. Diese Verknüpfung der wirklich vorhandenen Dinge hält ja nicht alle möglichen Dinge in sich, wie die Weltweisen dartun. Es wären andere Verbindungen endlicher Wesen ebenso geschickt gewesen, erschaffen zu werden, wenn es Gott gefallen hätte. Dem Dichter nun stehen alle möglichen Welten zu Diensten. Er schränket seinen Witz also nicht in den Lauf der wirklich vorhandenen Natur ein. Seine Ein448
Vgl. Handlexicon, Artikel Natur, ebenso die Kommentare von Cassirer 1932, 377 und Haßelbeck 1979, 33; siehe auch oben S. 91. 449 CD4, 123. 45° Vgl. Kap. 2.3.1; auch Met., § 956, WW I, § 1048, §§ injff. 451 Absichten, 2. 451 CD4, 98.
no
bildungskraft fuhrt ihn auch in das Reich der übrigen Möglichkeiten, die der itzigen Einrichtung nach für unnatürlich gehalten werden.453
Allerdings bleibt auch hier der Dichter in die Grenzen des menschlichen Verstandes eingebunden;454 die Wahrheit des Ganzen bleibt ihm verschlossen. Die Kriterien, nach denen er die Vernünftigkeit der Dichtung überprüft, ist einerseits die Widerspruchsfreiheit des Erdichteten in Bezug auf die Wahrheit des Existierenden,455 anderseits die Wahrscheinlichkeit. Denn da die Wahrheit des Ganzen nur dem göttlichen Verstand zukommt, so kann die Wahrheit der Dichtung in bezug auf die göttliche Wahrheit nur Wahrscheinlichkeit, nicht Gewißheit für sich beanspruchen. Die Dichtung geht zwar, im Unterschied zu den Wissenschaften, auf die Wahrheit des Ganzen, aber sie ergreift es gewissermaßen nur an einem Zipfel und gestaltet es auf wahrscheinliche Weise. Keinesfalls dient der Begriff bei Gottsched dazu, die göttliche Wahrheit des Ganzen intuitiv oder phantasierend einzuholen; im Gegenteil dient er geradezu als eine Art Grenzziehungskategorie, durch die die dichterische Wahrheit von der göttlichen der Offenbarung geschieden werden soll. Wer sich nicht an diese Abgrenzung hält, verletzt die Wahrscheinlichkeit, indem er »die Sphäre der Dichtkunst über den menschlichen Begriff hinaus"456 erstreckt und derart anmaßend die Grenzen menschlicher Einsicht überschreitet. Das Verstoßen gegen »Vernunft und Wahrscheinlichkeit« ist eine Verletzung der »Geheimnisse der Religion« und bringt den Dichter in den Verdacht, ein Schwärmer zu sein. Der Schwärmer macht sich einer gravierenden Kompetenzüberschreitung schuldig, indem er in die Auslegungskompetenz der Amtskirche eindringt und das Arcanum des Glaubens verletzt. Er greift in den Sinn des göttlichen Wortes ein, indem er die »geoffenbarte Religion« mit »abgeschmackten Erdichtungen« erweitert, die Wahrheit (die Auslegung der Offenbarung) mit »Lüge« (einem eigenen Sinn) verbrämt »und sie solchergestalt der heidnischen Mythologie«457 gleichmacht. In ähnlicher Absicht kritisiert Gottsched auch Klopstocks Messias, der »außer den heiligen Wahrheiten, die er doch mit so vielen Fabeln verstellet, wenig schätzbares hat.«458 Durch die Entmischung von Offenbarung und literarischer Fiktion, göttlicher Offenbarung und menschlicher Einsicht versucht Gottsched, die Wahrheit literari45
' CD4, 153; Seltsamerweise redet Gottsched hier vom Belieben Gottes in seinen Handlungen. Das widerspricht seinen in Wolffs Banne stehenden philosophischen Ansichten, wonach die Allmacht Gottes durch seine Allwissenheit definiert ist und dadurch das Belieben und Gefallen gerade ausschließt. Die Formulierung mag Gottsched aus der Sprache der religiösen Welt, die die Alltagssprache seiner Zeit noch in einem hohen Maß prägte, untergerutscht sein. 454 Vgl. WW I, §§ 1049/50. 455 CD4,153. 456 CD4, 225. 45 7 Ebd. 458 CD4, 485. III
scher Fiktionen zu legitimieren. Heideggers Angriff auf die fiktionale Literatur459 trifft Gottscheds Fiktionsbegriff nicht mehr, denn auch er wendet sich gegen die Störrköpfe, gegen den Eigensinn. Die Wahrheit der Dichtung darf der Wahrheit des göttlichen Ganzen nicht widersprechen. Wie alles Mögliche in einem unendlichen Verstand begründet gedacht wird, dessen Absicht zugleich der erste zureichende Grund der bestehenden Welt ist, so hat die Dichtung ihren gesicherten und zureichenden Grund in der moralischen Absicht, die eine moralische Ordnung zeigt: denn wer wagte es zu behaupten, daß die gesellschaftlich anerkannte Moral, die gedacht ist als Zusammenstimmung aller Einzelabsichten zu einem, letztlich in der göttlichen Absicht begründeten Naturgesetz, göttlichem Willen widerspreche? Durch ihre moralische Gestalt und Lehre wird die Wahrheit der Dichtung mit der Wahrheit der Offenbarung als verträglich gedacht. Daher die Wichtigkeit des philosophischen Diskurses für die Dichtung, weil dieser ihr eine Abgrenzung gegenüber den Offenbarungswahrheiten und eine moraltheoretische Begründung für die auf den Vernunftwahrheiten basierenden Fiktionen verschafft. Wolffs pragmatische Abgrenzung der Vernunftwahrheiten, die einer laizistischen Moral eine Rechtfertigung gibt und diese zusammen mit der christlichen Moral zur Stütze des Gemeinwesens macht460, geht unmittelbar in die Begründungsversuche der Theaterreform ein. Eine ähnlich additive Formulierung von Vernunft- und Offenbarungswahrheiten, wodurch dem Theater neben der Predigt ein Platz, ein Darstellungsbereich und eine gesellschaftliche Berechtigung eingeräumt wird, findet sich beim Gottschedianer May: Wir nennen die Tugend eine Fertigkeit, gute Handlungen auszuüben. Wer gute Handlungen ausüben soll, der muß vorhero durch wichtige Bewegungsgründe so weit gebracht worden seyn, daß er wirklich zu derselben Ausübung schreitet. Die Bewegungsgründe sind von unterschiedlicher Art. Einige finden wir in der Vernunft, die andere in der Offenbarung: Und nach der Beschaffenheit dieser unterschiedenen Bewegungsgründe bekommen wir die zwiefache Art der Tugend, die philosophische und die Christliche. (...) Ich habe hier nur von der erstem zu reden, und dabey zu erinnern, daß sie deswegen die philosophische genennet wird; weil sie aus der Vernunft, als der Quelle der Philosophie herzuleiten ist. (...) Wenn ... die Schaubühne die philosophische Tugend und die guten Sitten befördern solle: So heist dieses so viel: Es sollen auf derselben solche Vorstellungen geschehen, die den Zuschauern, so zu reden, in lebendigen Exempeln zeigen, aus was vor Ursachen tugendhafte Leute ihre Handlungen anstellen, und durch dieselben ihre Glückseeligkeit finden; wie aber auch hingegen die blinden Neigungen an lasterhaften Handlungen Schuld sind, und endlich alle auf ein unglückseeliges Ende hinauslaufen.4*1
Wie die philosophische Vernunft, die zur richtigen Moral fuhrt, zur Grundlegung des Theaters gedient hat,401 so garantiert sie auch dessen moralische Wir459 46° 461 462 112.
Siehe oben S. 26/i8f. Siehe oben, S. rf. May 1734, Vorrede. Siehe oben S. 32.
kung. Die Propagandisten des Reformtheaters stützen sich fast durchweg auf diese Abgrenzung von Vernunft- und Offenbarungswahrheiten, um die moralische Wirkung des Schauspiels als gleichberechtigt gegenüber der Predigt der Kirche durchzusetzen. Man rechtfertigt das Theater mit ähnlichen Argumenten, wie man die vernünftige Tugendlehre gegenüber dem Auftrag des geistlichen Amtes verteidigt. Einen Niederschlag davon findet man nicht nur bei Gottsched, Geliert, Schlegel, May, Mylius, Löwen und ihren Gesinnungsfreunden, sondern ebenso in den Moralischen Wochenschriften der Zeit.46' Trotzdem ist diese Grenze stets noch umstritten. Noch der zweite Hamburger Theaterstreit im Jahre der Eröffnung des Hamburger Nationaltheaters zeigt, daß das Theater als Tugendschule keineswegs akzeptiert ist.404 Aber auf den Vorwurf, Theateraufführungen zeigten keine sichtbare Besserung, antwortet man nun selbstbewußt, daß das Theater sehr wohl bessern könne und die Predigt, trotz ihrer besseren institutionellen Voraussetzungen, ja auch nicht durchgängig bessere.46' Der Erfolg dieser Grenzziehung hängt davon ab, inwieweit es gelingt, diese Unterscheidung der Wahrheiten durchzusetzen und zu stabilisieren inbezug auf ihre unterschiedliche, aber gleichgerichtete Wirkung als mehr oder weniger verträgliche Mächte eines staatlichen Oben. So sieht es noch Schiller, der Religion und Theater in politischer Hinsicht als komplementäre Ergänzung zu den staatlichen Gesetzen sieht. Insofern ist die Moralisierungsstrategie der Dichtung nur eine Episode in der Entstehung regionaler Diskurse in der staadichen Öffentlichkeit: Die heiligen Wahrheiten an heiligem Ort, die moralischen Wahrheiten in den moralischen Anstalten. Dies ist nicht das letzte Wort und die letzte Einteilung der öffentliche Diskurse, denn schon wenige Jahrzehnte später schreibt Karl Philipp Moritz im Anton Reiser vom gesellschaftlichen Ort des Theaters: »Dieser Platz behauptete dort seine Rechte neben dem geweihten Tempel und war selbst ein Tempel, der Kunst und den Musen geweiht.«466 2.6.2
Rhetorische Wahrscheinlichkeit
Mit dem philosophisch-universalistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff, der eine ideologische Legitimation und Abgrenzung vornimmt, gehen die übrigen Komponenten des Begriffs eine schwer zu klärende Verbindung ein: ihre wichtigsten Teile sind der rhetorisch-persuasive und der dramaturgische Wahrschein4 81. Literaturbrief, LW V, 260. 76 Ebd., 261. 77 Über die neue deutsche Literatur, Suphan II, 211. 73
78
Ebd. ? Ebd., 213.
7
312
einer Demokratisierung der literarischen Verhältnisse: »Aber kann statt des despotischen Musters ein republikanischer Wetteifer eingeführt werden; sind viele Bühnen und dramatische Schriftsteller, die für die Ehre ihrer Provinz streiten, und Kunstrichter, die das Eigenthümliche eines jeden zur Nacheiferung mit Fleiß auseinandersetzen; alsdenn wird das Parterre gleichsam Sitz und Stimme bekommen: elende Übersetzungen werden von selbst fliehen, die Regeln werden von selbst ihre fesselnde Kraft verlieren - kurz, die deutsche Bühne kann nie einen eigentümlichen Charakter bekommen, wenn eine von den Hauptstädten den Ton angäbe, oder gar die einzige wäre.«80 In Wilhelm Meisters theatralischer Sendung läßt Goethe Madame de Retti, die Prinzipalin einer Wandertruppe, die sich selbst vorwerfen muß, den Kunstrichtern gefolgt zu sein, statt das alte Stegreiftheater weiter zu entwickeln, den Plan eines nationalen Theaters entwerfen, die der Herderschen Forderung, den Unterschied in Geschmack und Sitten der Provinzen zu berücksichtigen, in seine Gestalt aufnimmt: Nicht wahr, Alter, wenn wir Verstand und Glück genug gehabt hätten, unsern Plan zu rechter Zeit auszuführen, so hätten wir den Deutschen ein treffliches Geschenk machen können, das der Grund eines National-Theaters geworden wäre und von den besten Köpfen hätte benutzt und verfeinert werden können. Wir sprachen oft über die Vorteile der italienischen Masken, über das Interesse, daß jeder einen bestimmten Charakter, Heimat und Sprache hat, über die Bequemlichkeit, daß ein Akteur sich in eine einzelne Personanage recht hineinstudieren kann und alsdann, wenn er geistreich immer in gleichem Charakter handelt, statt das Publikum zu ermüden, jederzeit gewiß ist, es zu entzücken. Wir dachten auch etwas auf deutsche Weise in dieser Art hervorzubringen; unser Hanswurst war ein Salzburger, unsern Landjunker wollten wir aus Pommern nehmen, unsern Doktor aus Schwaben, unser Alter sollte ein niedersächsischer Handelsmann sein, wir wollten ihm eine Art von Matrosen als Diener geben, unsere Verliebten sollten hochdeutsch sprechen und aus Obersachsen sein, und die schöne Leonore, oder wie wir sie nennen wollten, sollte ein Leipziger Stubenmädchen als Colombine bei sich haben. Wir wollten den Schauplatz in Häfen, Handelsstädte, auf große Messen verlegen, um diese Leute alle geschickt zusammen zu bringen. Wir wollten selbst einen reisenden Arlekin, Pantalon, Brighella auffuhren und durch diese Kontraste unsere Stücke noch mannigfaltiger und reizender machen. Unser Einfall war nur obenhin8'.
Erstaunlichenveise entfernt sich dieser Entwurf von den üblichen Vorstellungen, das Publikum durch moralische Erziehung zu bilden. Sein Modell entnimmt er einem Theater, das zum ganzen Reformtheater in krassem Gegensatz gestanden und von diesem stets bekämpft worden ist. Den Figuren aus der damaligen sozialen Realität, dem Landjunker, dem Gelehrten, dem Handelsmann, den mittelständischen Verliebten, den Dienstleuten und Matrosen, stehen künstliche Kontrastfiguren gegenüber, die die »realistischen« Figuren durcheinanderwirbeln und ihren beschränkten Gesichtspunkt, ihr Wahrscheinliches, komisch kontra80
Ebd., 214.
81
J.W. Goethe 1960,
32-3
stieren sollen. Ziel dieses Theaters ist nicht Belehrung über ein bestimmtes Verhalten, sondern Vergnügen. Die Repräsentation der Provinzen und Stände, die Darstellung des Publikums auf der Bühne, macht also nur einen Teil dieses Theaters aus. Herder hingegen macht die Repräsentation des Publikums auf der Bühne zum Kernstück des Theaters. Das öffentliche Interesse, das Interesse für die gemeinsamen Angelegenheiten ist für ihn die Voraussetzung, daß sich das Publikum selbst auf der Bühne erkennt. Das verlangt »Demokratie und Regierung des Volkes«82 und die »Freiheit« als »eine ungezähmte Frechheit«8'. Diese Voraussetzungen sieht er nur in der Antike erfüllt, während das heutige Publikum zerfalle in ein pöbelhaftes, das man im Zaum halten müsse, und eines, das »eine feinere und mäßigere Freiheit, die Freiheit des Gewissens, ein ehrlicher Mann und ein Christ seyn zu dörfen, (...), unter dem Schatten des Thrones«84 genieße. Ein expliziter Bezug auf das moderne Theater fehlt hier. In der Skizze Wie die Philosophie zum Besten des Volkes allgemeiner und nützlicher werden kann zeigt das Aufkommen des bürgerlichen und weinerlichen Trauerspiels für Herder den Verlust des antiken selbstbewußten politischen Publikums an.8' Gut dreissig Jahre später aber revidiert Herder die Schrift von 1765. Die »Demokratie und Regierung des Volkes« ist in der Zwischenzeit nicht mehr bloß Reminiszenz an die rohen Zeiten der Alten, sie ist Tagesaktualität geworden. Nun bestimmt er das Verhältnis des Theaters zum Publikum als das einer »aktiven Widerspiegelung«86: Auf dem Theater wird ein Publicum oder ein Theil desselben einem ändern Publicum zur Schau vorgestellt; offenbar war dies die Idee der Griechen im Trauerspiel mit dem Chor, im Lustspiel mit dem einzeln oder in Masse personificirten Volke. Theater und Zuschauer hingen also wie Bild und Abbild, wie Seele und Körper zusammen; sie wirkten an und gegen einander; eins wurde durch das andre gehoben und belebet. In Italien und Frankreich (England kenne ich nicht) ist dies auf den besten Bühnen auch also.8?
Diesen idealen Theaterverhältnissen kontrastieren die deutschen: Außer den alten Mysterien, Klosteragenden oder Marionetten kam die Bühne als Hoffeierlichkeit nach Deutschland; das Volk ward hinzugelassen, sich an diesen prächtig gekleideten Hof- und Staatsrevolutionen, die hinter den Lichtern vorgingen, als Pöbel zu erbauen. An manchen Orten Deutschlands hat die Bühne diese Hoftheater-Gestalt und Verwaltung beibehalten, und stehet also ganz außer dem Gebiete der Kunst, weil sie zum Hof-Etiquette gehöret.88
82
Suphan I, 16. 3 Suphan I, 23. »4 Ebd. 8 ? Suphan XXXII, 60. 86 So nennt es der Grundkurs 18. Jahrhundert, "westberliner Projekt 1974, 148. 8 7 Suphan XVII, zgzf. 88 Suphan XVII, 293. 8
324
Herder sieht den Grund für das Fehlen eines Theaters fürs Volk und eines Publikums, das sich aktiv für das Theater interessiert, in der Herkunft des zeitgenössischen deutschen Theaters aus der Hof-Etiquette. Die höfische Repräsentationskunst schließe das Publikum als Darstellungsgegenstand aus und lasse es nur als passiven Pöbel, der sich an einer Haupt - und Staatsaktion weidet, die sein Auge blende.89 In der Antike war es die aktive Rolle des Publikums, die dem Theater seine Gestalt gegeben hat; dessen Fehlen fuhrt Herder dazu, »daß bei uns, wie mich dünkt, durchs Theater das Publikum gebildet werden müsse, nicht aber durchs Publikum das Theater«90. Selbstbewußt setzt er dieses neue Theater von den Veranstaltungen einer feudalen Repräsentationskunst ab, denen er den Kunstcharakter grundsätzlich abspricht. Doch Herders neues Theater wird sich aufgrund der eigenen Voraussetzungen vor dem Problem sehen, daß es das, was es bilden soll, zugleich abbilden soll! Die Vorstellung vom Theater als einer Schule der Nation streitet mit der vom Theater als ihrem Abbild. Der Widerspruch hat einen genauen Zusammenhang mit Herders fortdauerndem Verhaftetsein im Repräsentationsmodell. Herder vermag die Haupt-und Staatsaktion nur im Schema der Repräsentationskunst zu sehen. In ihrem Publikum vermag er nur den passiven Pöbel zu sehen, der sich durch die Pracht der Ausstattung blenden lasse. Die theatralen Formen, in denen der Pöbel aktiv wird, Herder nennt sie selbst als Beispiele einer Antirepräsentationskunst, schließt er aus seiner Betrachtung aus. In erster Linie gegen die Hofetikette, aber ebenso gegen die Reminiszensen einer aktiven Rolle des Publikums im Theater, setzt er nun eine neue Repräsentationskunst, die die alte mit ändern politischen und ideologischen Inhalten durchaus fortsetzt: »Wenn man«, so schreibt Herder, »von großen Begebenheiten seiner Zeit hört oder lieset, so will man diese auch durch Kunst bearbeitet, und von ihr vorgestellt, sehen.«91 Herders Überlegungen unterscheiden sich insofern von vielen seiner Zeitgenossen, als er nicht den Quietismus des Bürgers, sondern dessen politische Beteiligung am Staat zur Voraussetzung einer Theaterblüte macht. Wie später bei Friedrich Schlegel und dann in der Hegeischen Ästhetik erscheint bei ihm die Errichtung der griechischen Polis als Voraussetzung der Kunstblüte.91 Indem sich Herder jedoch mit der versteckten Übernahme des Repräsentationsmodells der Mittel beraubt, mit der diese Darstellung der Welt auf dem Theater für das Publikum verfügbar gemacht werden kann, indem er es aus der 89
Obwohl Herder hier eher gegen die Hofveranstaltungen als gegen die Haupt- und Staatsaktionen der Wandertruppen loszieht, so ist doch seine Kritik, daß die Hauptund Staatsaktion den Pöbel blende, noch die von Gottsched. 90 Suphan XVII, 29^. 91 Suphan XVII, 294. 92 Suphan XVII, 294. 32.5
Distanz eines Publikums der Welt oder eines Publikums von abstrakten Staatsbürgern befreit, nähert er das Theater selbst wieder dem Modell der moralischen Anstalt an, auf dem dem Publikum vorgespielt wird, wie die Welt wirklich ist, wenn es sich nur ihren Werten unterwirft. Die prätendierte Freiheit des Zuschauers, die bei Herder eine explizit politische Voraussetzung ist, verdrängt nun wieder die Frechheit des Zuschauers und der theatralen Figuren. Das bürgerliche Theater aber, das nach Herders Ansicht die höfische Repräsentationskunst ablösen soll, widerspiegelt nicht die Wertwelt seines Republikanismus, sondern die Werte einer bürgerlichen Lebenswelt, jene von Herder 1765 beschriebene moderne Freiheit, die »im Schatten des Thrones seine Hütte und seinen Weinstock in Ruhe gemessen«93 will. Wie Herder seine Vorstellung von der aktiven Widerspiegelung des Publikums auf der Bühne nur am antiken Modell beschreiben kann, so glaubt auch Goethes Madame de Retti nicht mehr daran, ihre Theatervorstellungen im bürgerlichen Leben Deutschlands verwirklichen zu können: Ich bin nun überzeugt, daß man ohne ein Wunder diese Epoche nicht wieder zurückbringen kann. Wir sind wie Leute, die auf einem unbequemen oder schlechten Weg geraten, aber bei dem allen nicht einmal weit vorwärts sind, um zurückezukehren und den ändern von Anfang an betreten zu können.94
Im leicht resignativen Ton, der im übrigen mit Goethes eigener Tonlage in der Skizze Deutsches Theater übereinstimmt, ist dennoch die Hoffnung versteckt, daß gutes Theater wieder möglich werde, wenn man vom bisherigen Weg abgehen, hinter die Anfänge einer falschen Reform zurückgehen könnte. Eine ähnliche Hoffnung hat auch Herder gehegt, der gegen Gottsched, die »Privatstimme, die den Ton für Deutschland angeben wollte«, in Lessings Urteil des 17. Literaturbriefes einstimmte, über diesen hinaus aber die Lessingsche Annahme in Zweifel zog, die der Gottschedschen Reform immerhin das Verdienst eines notwendigen, wenn auch mißglückten Neuanfangs zugeschrieben hat. Ohne Gottscheds Reform hätte man zwar »viele schlechte, meistens elende und vielleicht durchgehend unregelmäßige Stücke; aber eine eignere Bühne; der Hans-Wurst hätte sich auf unserem Theater ausbilden können, als der Harlekin und seine Genoßen auf der italiänischen; wir wären noch gröber, aber minder entnervt; jetzt ist unsere Bühne ein Kind, das durch Nachahmung zu frühzeitig klug geworden - es muß sehr zurückarbeiten, um ein Emil und ein Zögling der Natur zu werden.«95 Lessing seinerseits spürt, daß jene Verteidiger des Theaters, die diesem allzu enge Vorschriften machen wollen, das Theater überhaupt begraben, statt es zu befördern. Nach dem Hamburger Debakel schreibt er an Nicolai: 93 Suphan I, 23. 4 J. W. Goethe 1960, 130. 95 Ebd., 217.
9
Sagen Sie unserem Freunde, daß ich nicht erst böse zu werden brauche, um von unserm Theater mehr übels zu sagen, als Götze davon zu sagen gewußt hat. Ich wünschte von Herzen, daß auf Götzens Schrift alle Theater in ganz Deutschland verschießen werden möchten. In zwanzig Jahren würden sie doch wieder geöffnet; und vielleicht griffe man sodann die Sache von einer beßern Seite an. Die elenden Vertheidiger des Theaters, die es mit aller Gewalt zu einer Tugendschule machen wollen, thun ihm mehr Schaden als zehn Götze.96
Welches nun die bessere Seite sei, verrät Lessing im Brief an Nicolai nicht. Es gibt aber kaum Anhaltspunkte, daß Lessing nach Hamburg seine Position gegenüber dem Theater grundsätzlich geändert hätte; sein weiteres dramatisches Schaffen könnte man zum Teil als Versuch interpretieren, über jeden Wirkungsbezug hinweg das literarische Werk als eigenen und eigentümlichen Reflexionsraum mit seinen besonderen semiotischen Gesetzen zu konzipieren. Die Gestaltung der eigenen Welt gewänne also gegenüber der Wirkungsintention der Mitleiderregung ein Übergewicht, was sich mindestens in Bezug auf Nathan vertreten ließe. Diese ausgebildete Welt - »einen vollkommenen Abdruck eines ausgebildeten menschlichen Geistes« nennt es Karl Philipp Moritz97 - bietet als anschaulich gemachtes Weltmodell viel eher den Stoff zur Reflexion, als daß sie Leidenschaften erweckt.98 Doch das sich entwickelnde Publikum des Theaters, das sich selbst für gebildet hält und sich von den Vergnügungen des Pöbels wie zur Zeit Gottscheds distanziert, ist keineswegs das philosophische Publikum, das sich Lessing vielleicht gewünscht hat; es ist ebensowenig das republikanische Publikum Herders und nicht das interesselose Moritzens. Es entspricht vielmehr dem Publikum, das Herder 1765 als ein Unpublikum für ein bedeutendes Theater bezeichnet hat. Dieses wird in Zukunft zur tragenden Publikumsschicht, und die Bühne wird vor allem seine Vorstellungen und Werte widerspiegeln. Alle Totsagung der enttäuschten literarischen Intelligenz war fehl am Platz, das Theater erlebte in Deutschland einen Aufschwung wie noch nie.
6.5
Der Triumph des realbürgerlichen Hoftheaters
In der Zeit, in der ein Löwen am Theater verzweifelt, Lessing hoffend wartet99 und die Kraftgenies ihre Worte verschleudern, entwickelt sich das Theater munter weiter als Medium eines in rührseliger Selbstbespiegelung und illusionistischer Glücksbefriedigung sich kräftig verbürgerlichenden Publikums. 96
Brief vom n. Oktober 1769, LM 17, 3Oif.
97
Übersicht der neuesten dramatischen Litteratur in Deutschland, in: Moritz 1962, 312. Vgl. Moritz 1962, 490. Immerhin schreibt er in dieser Zeit die Emilia Galotti fertig und beginnt die Arbeit am Nathan, um, wie er an Elise Reimarus schreibt, »zu versuchen, ob man mich auf meiner alten Kanzel, auf dem Theater wenigstens, noch ungestört will predigen lassen?« (Brief vom 6. September 1778, LM 18, 287).
98 99
32.7
Aus der Truppe des Hamburger Theaters geht der Kernbestand des ersten an einem Hofe gegründeten Nationaltheaters hervor, das 1775 in Gotha eröffnet wird. Für die folgende Zeit wird das Hoftheater für ein zahlendes bürgerliches Publikum die dominante Organisationsform des festen Theaters sein: 1776 entsteht ein weiteres in Wien, 1777 in Mannheim, wo Schilller seine Rede über Die Schaubühne als moralische Anstalt betrachtet hielt, und 1786, kurz nach dem Tod Friedrichs II., wird Doebbelins Theater in Berlin, das 1781, im Jahre der Publikation von Friedrichs Philippika gegen die deutsche Literatur, die letzte französische Truppe am Gendarmenmarkt abgelöst hat, zum königlichen Nationaltheater.100 Diese National-und Hoftheater unterscheiden sich wesentlich von den alten Hoftheatern, die für Repräsentationszwecke des Hofes selbst benutzt wurden und nur einem ausgewählten Publikum offenstanden. Sie waren nicht nur auf ein zahlendes Publikum angewiesen und mußten dessen Geschmack mit berücksichtigen; sie mußten auch auf das Schauspielpersonal der Theaterreformbewegung zurückgreifen und konnten im Einzelfall von den Hoftheatern bloß die Musiker erben.101 Der Einzug des deutschen Theaters in die Hoftheater verdrängt zwar die alte Hofkultur mit ihren aufwendigen Opern- und Ballettinszenierungen,102 sie amalgamiert aber deren Repräsentationswesen in ihrer neuen veränderten Gestalt. Von der literarischen Intelligenz, die sich schon lange höfisches Mäzenat für ihre Reformprogramme erträumte, wurde diese Übernahme, bis auf wenige Ausnahmen, lebhaft begrüßt. Ihr Traum vom Literaturstaat, mit allem, was dazu gehört, schien sich zu verwirklichen. Die Etablierung fester Theater wirkt sich 100
101 102
328
Herbert Kittenberg (1925, 79ff) unterscheidet drei verschiedene Arten von Nationaltheatern: Eine erste Gruppe umfaßt die von Fürstenhöfen gegründeten Nationalhoftheater, zu denen Wien, Mannheim, Berlin, München, Bonn und Mainz gehören. Dazu kann man auch die Hoftheater zählen, die keinen Anspruch auf die Nationaltheaterwürde erhoben, wie bspw. Goethes Weimarer Theater. Zur zweiten Gruppe gehören eine Reihe von oesterreichisch-habsburgischen Theatern wie Linz (1782), Graz (1783), Prag (1784), Innsbruck (1786), Brunn (1787), die auf die Initiative von Adligen zurückgehen, die dem Beispiel Josephs II. in Wien nacheiferten. Eine dritte Gruppe umfaßt jene ständigen Theater, die auf private Initiative von Bürgerlichen und Adligen zurückgehen, wie Frankfurt (1792), Magdeburg (1792), Augsburg (1795), Altona (1796), Breslau (1798), Nürnberg (1798). Im weiteren Sinn zu dieser Gruppe gehören Bühnen von Theaterunternehmern, die sich über längere Zeit in einer Stadt niederlassen. Das berühmteste Beispiel ist das Theater von Schröder, der 1771-1780 in Hamburg spielte und damit Lessings pessimistische Einschätzung dieses Theaterortes gründlich widerlegte. Vgl. G. Steiner 1964,102 zu Mainz. Über den auch ökonomisch bedingten Niedergang der großen Hofoper vgl. Balet/ Gerhard 1973, 64. Dieser Niedergang bedeutet aber nicht das Ende der Oper überhaupt, sondern ihre Ersetzung durch eine neue bürgerliche Oper und Operette einerseits und das literarische Sprechtheater anderseits (vgl. ebd. 254ff. und 48iff.). Zu Mainz vgl. G. Steiner 1964, iO2f.
auf allen Ebenen der theatralischen Aktivität und Kommunikation aus; sie zieht die Kanonbildung an die festen Häuser, die zu Stützpunkten der neuen Literaturgesellschaft werden, sie normiert den Umgang mit dramatischer Literatur und theatraler Repräsentation, sie zieht die aufstiegswilligen Schauspieler an sich und schließt die ändern aus, und sie formt, in Wechselwirkung mit den Agenturen der Literaturgesellschaft, den guten Geschmack des Publikums. Im System der Unterscheidungen, die die Reformdiskussion nach und nach eingeführt hat, konzentrieren sich am Hof- und Staatstheater die positiven Bedeutungskomponenten: Hier nur wird Theater gespielt, weil sich hier auch die schöne Literatur niedergelassen hat, weil hier sich die Schauspieler den Anforderungen des literarischen Textes unterzogen haben, und weil hier ein Publikum vorhanden ist, das den literarischen Text in seiner Aufrührung zu würdigen versteht. Alles, was sich außerhalb dieses institutionellen Rahmens bewegt, erscheint nun als Untheater, zu dessen Verfolgung die Theaterzeitschriften jener Zeit aufrufen.103 Wie nur der befugte Autor Theaterstücke schreiben kann,104 so kann nur das befugte Theater diese Stücke im Geist des Autors aufrühren. Die jahrhundertealte Praxis der Wandertruppen, bestehende Stoffe aufzunehmen, ihren eigenen Absichten anzupassen, sie mit ändern Stoffen zu verquicken oder sie theatralisch zu kommentieren, erscheint nun als Profanierung des göttlichen Autors, die Täter als privilegierte Räuber, wie ein Kritiker der Ephemeriden der Literatur und des Theaters schreibt.105 In wenigen Jahren werden die zur Zeit des Hamburger Unternehmens dominierenden französischen Stücke fast völlig vom Theater verdrängt und das immer größer werdende deutsche Repertoire durch englische Übersetzungen ergänzt. Hier erlebt nun auch der von den Literaten schon lange propagierte Shakespeare sein deutsches Bühnenglück. Doch Shakespeare und der von ihm inspirierte Sturm und Drang haben auf der deutschen Bühne nur einen schmalen Platz. Wollten sie aufgeführt werden, mußten sie zudem umgearbeitet und den Erwartungen eines gesitteten Publikums angepaßt werden.106 Während vorher ein erfolgreiches Stück sich höchstens zehn Jahre auf dem Theater hielt, bekam gegen Ende des Jahrhunderts das Repertoire eine bisher nie gekannte Stabilität; Iffland, Schröder und Kotzebue hielten sich bis in die Mitte des nächsten Jahrhunderts auf dem Spielplan.107 I0
' Einige Auszüge daraus bei Meyer 1987, 4 Vgl. Jehle 1989, 5-12. 105 Ephemeriden I, 1785, 315. Zu diesem gesamten Monopolisierungs- und Zentralisierungsprozeß der Kultur vgl. auch R. Meyer 1987, 173-87 u. Graf 1989, I3f. 106 Die Bearbeiter der Shakespearestücke verpaßten diesen im Allgemeinen einen glücklichen Ausgang: Hamlet durfte nicht sterben!!! Schröders berühmte Aufführungen machen davon keine Ausnahme, wenngleich seine Eingriffe gegenüber ändern noch relativ mäßig sein mochten (vgl. dazu Kindermann 1961, IV, 5611".). 107 Belege dazu bei Meyer 1987, 149. IQ
329
In dieser Zeit eines überwältigenden Aufschwungs eines deutschen literarischen Theaters108 entsteht dramatische Literatur nicht mehr nur aus der Feder der literarischen Intelligenz, die Schauspieler selbst werden animiert, Theaterstücke zu schreiben. Doch ihre Vertreter sind keine Molieres und keine Shakespeares, nicht einmal Kurz-Bernardons; es sind die Brandes, Großmann, Iffland und Schröder, und ihre Stücke sind bürgerliche Familiengemälde, die »sich nicht mehr als Herausforderung versteh(en), sondern mit (ihrem) Publikum auf der Linie des geringsten Widerstands, der einer rührseligen Selbstbespiegelung, verständig(en) und eine glatte Rechnung aufmach(en): Zur Erkenntnis gelangt, erkennen am Ende die Fehlenden ihre Fehler.«109 Der schriftstellernde Schauspieler läßt auch in seinem literarischen Produkt bloß erkennen, was die Schauspiellehrer des Reformtheaters ihm abgefordert haben: die Anpassung an die bürgerliche Wohlanständigkeit als Bedingung seines Aufstiegs in die bürgerliche Gesellschaft. Und die Wohlanständigkeit, die als Ideal hinter ihren Stücken steht, diskreditiert als ihr Gegenbild die Verstellung, die als schauspielerische Fähigkeit zum Attribut des Theaterbösewichts in ihren Stücken wird. So pflanzt sich noch in ihren Stücken das Vorurteil über ihren Beruf fort; daher bleibt, trotz all ihrer Anpassung, ihr Ruf bis weit ins 19. Jahrhundert unverändert schlecht, weil dieser unablösbar mit ihrer Tätigkeit verbunden bleibt.110 Das war der Preis für eine Anpassung, die immer auch ein Stück weit ihre Rolle als Schauspieler, des anders als sich Selbst-Seins,111 infrage stellte. Das Maß an Anpassung eines Schauspielers wie Schröder, der auch anderes gekannt hat,"2 müßte eigentlich auch ein anderes Licht auf Schröder als konge108
Nach den Zahlen der Trauerspielbibliographie von R. Meyer (1977) ändert sich in den Siebziger Jahren das Verhältnis der Übersetzungen zu den deutschen Originalstücken zugunsten letzterer, »wobei aber zu berücksichtigen ist, daß der größte Teil der Bearbeitungen zu den Übersetzungen gehört und daß ein Teil der hier noch als >Original< gezählten Texte sich bei genaueren Untersuchungen wenn nicht als Übersetzungen, dann doch wenigstens als Bearbeitungen erweisen dürften.« (Meyer 1977, 23) In den Achtziger Jahren überholen die deutschen Originale die Übersetzungen auch absolut, berechnet auf das Gesamt der Publikationen seit 1730. Die Zeit dieses Aufschwungs deutscher Originaldramen markiert auch den Höhepunkt der Publikation von Trauerspielen überhaupt. Von 1775-1781 erscheinen mit einer Ausnahme stets über 40 Trauerspiele pro Jahr, mit einem absoluten Höhepunkt von 49 Trauerspielen im Jahre 1778. Das ist doppelt so viel wie im ganzen ersten Jahrzehnt der Gottschedschen Literaturund Theaterreform herausgekommen sind und ebenso viel wie im darauf folgenden Jahrzehnt, in dem Gottscheds Reform mit der Deutschen Schaubühne publizistisch ihren Höhepunkt erreicht hat. (Die einzigen heute noch bekannten Titel der Neuerscheinungen von 1778 sind Shakespeare-Übersetzungen und Bearbeitungen.) 10 9 Diederichsen 1984, 113. 110 Vgl. dazu auch Promies 1966, 75 u. Graf 1989, izf. 111 Die Problematik des Schauspielers auf der Grundlage dieser Annahmen beschäftigt die Literatur von Knigge bis Böll. 112 Friedrich Ludwig Schröder (1744-1816) ist ein Sohn aus erster Ehe der Madame Ackermann. Mit seiner Mutter ging er schon als Kind auf Tournee. Die Ackermanns ließen 330
nialen Shakespeare-Interpreten werfen. Auch fur die schauspielerische Interpretation gilt offenbar: Shakespeare ist nicht gleich Shakespeare. In Deutschland nahm Shakespeare seinen Aufschwung zusammen mit dem bürgerlichen Trauerspiel und beeinflußte kurzfristig die Dramatik einer bürgerlichen Jugendrevolte, wie umgekehrt diese seine Dramatik ummodellierte. Diese bleibt aber, sowohl quantitativ wie in bezug auf ihre Wirkung auf das große Publikum, marginal gegenüber dem Hauptstrom der Dramatik der Zeit."3 In dem Maße, wie sich die deutschen Stücke gegenüber den französischen auch quantitativ durchsetzten, nahmen die deutschen Familienrührstücke und Konversationskomödien überhand und marginalisierten die großen Namen der deutschen Literatur: Indiz einer neuen Form des Auseinanderklaffens zwischen oben und unten, die sich in zwei Formen der Dramatik materialisiert: Rührung und Erbauliches für die Massen und Nachdenkliches für die gebildete Elite. Ungefähr gleichzeitig mit der übrigen Literatur setzt sich auch auf dem Theater eine Spaltung in hohe und niedere Literatur durch."4 Das Theater der yoer Jahre ist daher nicht, wie es eine typisierende Literaturwissenschaft wahrhaben will, das Zeitalter des Sturm und Drang und des jungen Goethe, noch das Zeitalter einer neuen Schauspielkunst und eines neuen Darstellungsstils.115 Nüchterner ist wohl die Einschätzung Goethes, der in seiner das Kind 1756 zur Erziehung im Friedericianum in Königsberg zurück. Als jedoch die Zahlungen ausblieben, wurde der zwölfjährige Knabe auf die Strasse gesetzt. Die Bekanntschaft mit einem englischen Equilibristen rettete ihn vor Verwahrlosung und Hungertod. Mit diesem Akrobaten, der ihn nach der Sage mit Shakespeare bekannt machte, zog der junge Schröder durchs Land. 1759 vereinigte er sich in Solothurn wieder mit seiner Familie. Das Verhältnis zu seiner Mutter und seinem Stiefvater war allerdings höchst gespannt. - Sein schauspielerischer Bildungsgang ist von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Ekhof und Kurz-Bernardon geprägt. Nach dem Tod seines Stiefvaters 1771 übernahm er die Leitung der Ackermannschen Truppe. Bis 1780 spielte er in Hamburg. In dieser Zeit brachte er seine berühmten Shakespeare-Inszenierungen auf die Bühne. Nach 1780 begann seine eigene literarische Produktion und von 1785-1797 seine zweite Hamburger Direktionszeit. 1798 trat er zurück. Mit Ausnahme eines mißglückten Comebacks war er bis zu seinem Tode nicht mehr fürs Theater tätig. Nach: ADB XXXII, 506-512; Litzmann 1894; Kindermann 1961, IV, 545557"3 Während Shakespeare-Übersetzungen und Bearbeitungen einen respektablen Anteil ausmachen, sind die deutschen Sturm und Drang-Stücke marginal. Sie erscheinen zeitgleich mit den sogenannten bürgerlichen Trauerspielen, Abschreckungsdramen, Ritterstücken, Bodmers patriotischen Dramen, Übersetzungen von Voltaires Stücken und der Engländer. 114 Den theoretischen Reflex dieser Bewegung hat Schulte-Sasse (1971) untersucht, über die Bewegung selbst fehlt noch weitgehend eine vertiefte Studie. Ansätze dazu bei Scholz 1980, io8ff., im Kapitel: Tyf alogische Aspekte der breiten Produktion. 115 Kindermann (1961, IV, 548) sieht Schröders Schauspielkunst ganz unter diesem Aspekt der Verbundenheit mit Shakespeare und dem Sturm und Drang nach der einprägsamen, aber in dieser Allgemeinheit verfehlten Formel: Ekhof entspricht Lessing und Schröder dem Sturm und Drang! 331
Skizze über das deutsche Theater als dritten Punkt einer »fortdauernde(n) und vielleicht nie zu zerstörende(n) Mittelmäßigkeit des deutschen Theaters« anfuhrt: Es ist die ununterbrochenene Folge von drei Schauspielern, welche, als Menschen schätzbar, das Gefühl ihrer Würde auch auf dem Theater nicht aufgeben konnten und deshalb mehr oder weniger die dramatische Kunst nach dem Sittlichen, Anständigen, Gebilligten und wenigstens scheinbar Guten hinzogen. Ekhofen, Schrödern, Ifflanden kam hierin sogar die allgemeine Tendenz der Zeit zu Hilfe, die eine allgemeine Anund Ausgleichung aller Stände und Beschäftigungen zu einem allgemeinen Menschenwerte durchaus im Herzen und im Auge hatte. Die Sentimentalität, die Würde des Alters oder des Menschenverstandes, das Vermitteln durch vortreffliche Väter und weise Männer nahm auf dem Theater überhand."6
Goethe, so scheint mir, hat hier nicht nur eine politische An- und Ausgleichung der Stände im Auge, sondern auch die Verallgemeinerung einer Reihe von Werten, die sich damals auf dem Theater zu zeigen und sich als allgemeingültige durchzusetzen beginnen. Diese Werte sind zwar verknüpft mit dem Aufstieg des dritten Standes, sie meinen aber nicht die Forderung nach realer Ausgleichung der Stände, wie es zuweilen auch Goethe befürchten mochte, sondern einen Egalitarismus der Moral und Sitte, der dem Einzelnen das Gefühl der gleichen Menschenwürde gab. Es gibt zwar Könige, Adlige, Kaufleute, Bürger, Bauern und Dienstleute, doch sie alle sind, und mit ihnen das Publikum, das sich in ihnen gespiegelt sieht, Kinder, Liebende, Väter und Mütter. Goethe beschreibt die Werte, nach denen sich das neue nachgottschedianische Theater richtet, sehr genau. Die Anforderungen der bürgerlichen Öffentlichkeit, der Freunde des Theaters, wie sie in der Publizistik ablesbar sind, formen seine Gestalt. Während die Generation von Lessing beinah an der Möglichkeit des Theaters überhaupt gezweifelt hat, so beginnt die neue Generation, die diesen gewaltigen Aufschwung des Theaters vor ihren Augen erlebt, an der Qualität dieses Theaters zu zweifeln. Wie schon Lessing, so sehen auch sie zunächst im Konzept der Tugendschule eine Gefahr für das Theater. Karl Philipp Moritz hat in seiner Kritik der zeitgenössischen Dramatik die Verallgemeinerungsfähigkeit von Werten, die aus der Lebenswelt und den Vorstellungen des Publikums gezogen werden, generell bestritten: Ihr Stoff sei aus der Natur selbst genommen und nur im Ausnahmefall, bei Lessing etwa, wo der Stoff zum vollkommenen Abdruck eines ausgebildeten menschlichen Geistes werde, von allgemeinem Interesse, sonst aber, und Moritz bezieht sich hier auf die Familiengemälde von Großmann und Iffland, »so eingeschränkt, daß ich meinen Geist nicht weiter dadurch erhöhen, meine Gesinnung nicht dadurch veredelt fühle, als bloß insofern ich mich über den Nutzen freue, den ein solches Stück auf die Gesinnungen und Empfindungen sehr vieler Zuschauer haben kann.«"7 116 117
332
J.W. Goethe, Werke 49, 171. Übersicht der neuesten dramatischen Litteratur in Deutschfanii, in: Moritz 1962, 312.
Moritz anerkennt einerseits den Nutzen dieser Dramatik, sieht aber durch sie die Entwicklung der Kunst blockiert. Damit die wirkliche Kunst keinem partikularen Zusammenhang verfällt, löst Moritz sie aus allen Lebenszusammenhängen. Aus der Dichotomic von Kunst und Leben ergibt sich für Moritz eine je verschiedene Bildung von Subjektivität: eine natürliche durch die Erfahrungen der Lebenswelt und eine andere durch die Kunsterfahrung. Wer die beiden vermischt, verhält sich wie Anton Reiser, der, da »er von Kindheit auf, aus der wirklichen Welt verdrängt wurde (...) mehr in Phantasien als in der Wirklichkeit lebte.«"8 Bekanntlich wird für Reiser gerade »das Theater, als die eigentliche Phantasiewelt (...) ein Zufluchtsort gegen alle diese Widerwärtigkeiten und Bedrückungen«"9 der Welt. Moritz kritisiert diese Art der Aneignung der Kunst, weil sie, statt der selbstvergessenen Betrachtung des Kunstwerks zu dienen, imaginär Bedürfnisse befriedigen soll, deren Erfüllung die Lebenswelt versagt. Das Kunstsubjekt hingegen läßt die Alltagswelt mit ihren Zwecken und Motivationen überhaupt hinter sich und vertreibt noch die imaginäre Befriedigung seiner Alltagsinteressen aus seiner Beziehung zum Werk. Das interesselose Wohlgefallen revoziert auf radikalste Art jede pädagogische oder psychagogische Nützlichkeit aus dem Kunstkonzept und macht das Kunstwerk nicht zu einem Gegenstand der Lehre oder des Vergnügens, sondern der Verehrung. In ihrem Rigorismus partizipiert sie noch an einem religiösen Muster, das die Nützlichkeit seiner Botschaft ganz in die Transzendenz verschiebt. So wie die Glaubensbotschaft nicht von dieser Welt ist und jede Nützlichkeit, ja Nutzanwendung für das Diesseits ablehnt, weil sie als schädlich für das ewige Seelenheil gilt, so ist jede Nutzanwendung der Kunst von Schaden für den wahren Kunstgenuß. Die Kunstreligion allerdings kennt keine staatlich angestellten Diener, keine Glaubenskongregation und keine Aufseher, die auf die strenge Einhaltung ihres Jenseitigkeitsglaubens pochen würden. Sie ist ganz auf die freiwillige Verehrung ihrer Jünger angewiesen, und niemand verbietet, daß ihre Blumen auch zu ändern Zwecken gepflückt werden. Moritz' Kritik, die selbst dem Unbehagen über das Theater, das unmittelbar nützen will, entspringt, verändert die Verhältnisse kaum, denen dieses entspringt. Im Gegenteil, sie befestigt nur noch die Spaltung zwischen einem Theater, das unmittelbar nützen oder die Bedürfnisse seines Publikums imaginär befriedigen will, und einem, das sich aus allen Lebenszusammenhängen abhebt, zwischen einem Publikum, das auf dumpfe Art seinen Mangel empfindet und ihn befriedigt sehen will, und einem Publikum, dem dieser Mangel kein Thema ist und sein darf. So schafft die Spaltung von Kunst und Leben, durch die Moritz einen übergeordneten Gesichtspunkt, die Freiheit der Kunst, retten will, nicht nur die Dichotomic von hoher und niederer Literatur, von Schönem und 118
K.Ph. Moritz, Anton Reiser, Einleitung zum vierten Teil. "9 Ebd. 333
Nützlichem in der Terminologie Moritzens,120 ein Oben/Unten in der Literatur, sondern zugleich eine Differenz in der Haltung, mit der man Literatur aneignet oder das Theater besucht. In der gesellschaftlichen Wirklichkeit holen sich die massenhaft unbefriedigten individuellen Bedürfnisse die großen Gefühle der Kunst und bereiten sie für ihre Zwecke zu. Moritz kann die Kritik an dieser »mißbräuchlichen Aneigung«, wie er sie am Beispiel Anton Reisers vorfuhrt, nur als moralischen Appell an den Kunstrezipienten richten, durch den Kunstgenuß nicht eigene Bedürfnisse imaginär befriedigen zu wollen. Kein noch so vollkommenes Kunstwerk, kein noch so vollkommener Abdruck eines ausgebildeten Geistes ist davor gefeit, zur imaginären Befriedigung irgendwelcher Privatbedürfnisse wieder eingesetzt zu werden oder irgendwelchen Kathederdemonstrationen zu dienen. So ist das Theater der Zukunft nicht von der Kunstrevolution geprägt, vielmehr holt sich das Theater selbst diese zur Nahrung. Aneignung der hohen Literatur und Fortsetzung der moralisierenden Theaterpraxis gehen Hand in Hand. Die Lehrer des Theaters wachen weiterhin über dessen moralische Funktion und die Masse der Schriftsteller arbeitet der vergnügend-pädagogischen Anstalt in die Hand. Die Freunde der Schaubühne, schreibt wiederum Goethe, »behaupteten, das Theater könne lehren und bessern und also dem Staat und der Gesellschaft unmittelbar nutzen. Die Schriftsteller selbst, gute wackere Männer aus dem bürgerlichen Stande, ließen sich's gefallen, und arbeiteten mit deutscher Biederkeit und gradem Verstande auf diesen Zweck los, ohne zu bemerken, daß sie die Gottschedische Mittelmäßigkeit durchaus fortsetzten und sie, ohne es selbst zu wollen und zu wissen, perpetuirten."121 Die neuen Gottschede hießen nun Sonnenfels, Engel und Knigge, und sie vertraten nicht mehr das heroische Trauerspiel als Exempel für die Fürsten und Geduldsschule für die Untertanen, sondern das bürgerliche Trauerspiel, das Sonnenfels unter Berufung auf die Autorität des Aristoteles als die einzig wahre Tragödie bezeichnet.122 Sonnenfels, der seinen Kampf für ein Hof- und National theater als Vbllstrekkung eines einer Handelsstadt wie Hamburg eigentlich nicht zustehenden Erbes ansah, fordert in seiner Moralischen Wochenschrift Der Mann ohne Vorurteil: »Der Staat ist verpflichtet, über die Schaubühne die Oberaufsicht zu führen, damit sie gesittet, wenigstens damit sie nicht ungesittet sey.«123 Der Staat müsse »jeden Akt, jede Einrichtung mit seinen wirklichen oder möglichen Folgen, 120 Yg] Versuch einer Vergleichung aller schönen Künste und Wissenschaflen unter dem Begriff des in sich selbst Vollendeten, in: Moritz 1962, 3. 121 J.W. Goethe, Werke 49,170. 122 Joseph von Sonnenfels, Briefe über die Wienerische Schaubühne (1768). Wiener Neudrucke, Wien 1884, 7. 123 II,2,i6, zit. nach Martens 1968, 486. 334
nützlichen oder schädlichen, die daraus fließen, genauestens untersuchen«114. Bei ihm wird die Verbindung von Theater und Staat sehr viel genauer definiert als bei den meisten anderen Aufklärern, die als Literaten darüber nur vage Vorstellungen haben.125 Sonnenfels liefert das Theater umstandslos dem Staat aus, und dessen ultima ratio ist die Zensur. Sie ist in den Augen des Staatsbeamten und Professors für Policeywissenschaft und Kameralistik Sonnenfels vor allem deshalb notwendig, weil es in Wien noch ein Theater gibt, dessen Wort in doppelter Bedeutung frei ist; frei von der Schrift und frei von der die gesellschaftliche Nützlichkeit mitbedenkenden Vernunft. So soll durch die Theaterzensur dem unwissenden Komödianten, der alles, was er denkt, auch sagt, ohne es der Zensur vorlegen zu müssen, ein Privileg entzogen werden, das nicht einmal dem Gelehrten zusteht, der sich das, was er sagen will, am Schreibtisch zuerst reiflich überlegen muß.126 Das Modell für das neue Theater gibt auch hier das Produkt des Gelehrten, der sich verantwordich fühlt für das, was er denkt, und der haftbar gemacht werden kann für das, was er schreibt. Wo das Theater seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt, wird die Zensur überflüssig und der Staatseingriff zur Ausnahme, weil im neuen theatralen Diskurs selbst die Mechanismen geschaffen sind, die Konflikte unter Berufung auf den eigentlichen, vernünftigen Sinn des Textes zu lösen. Sonnenfels' Kampf gegen das Stegreiftheater und sein Plädoyer für ein Theater, das seine gesellschaftliche Verantwortung wie der Gelehrte als Verantwortung für den möglichen Sinn seines Wortes wahrnimmt, spricht noch einmal den strategischen Sinn der Gottschedschen Theaterreform aus, das Volksvergnügen umzubauen in eine Bildungsveranstaltung, auch wenn sich die Gestalten auf dem Theater in der Zwischenzeit mehrmals geändert haben. Diese Schlußbetrachtungen gehen über den Stand einer unvollständigen Skizze nicht hinaus. Ebenso wie im Falle des Wolffianismus wären die Veränderungen im intellektuellen Feld, die sich seit der gegengelehrten Wendung der Dichtung abzeichnen, genauer zu untersuchen. Die Neugier hat uns dazu getrieben, die Seiten eines Buches aufzuschlagen, dessen Zeilen noch nicht ausgeschrieben sind.
12
4 J.v. Sonnenfels, Werke III, izif. Zitat rückübersetzt aus Krebs 1985, 459. Vgl. detailliert dazu R. Krebs 1985, 4596°. und Haider-Pregler 1980, 57-66. 116 Vgl. Vorstellung des Herrn von Sonnenfeh, das Nationalschauspiel in Wien zu verbessern. Das Dokument ist abgedruckt in: Krebs 1985, 638-647; hier insbes. 642f. 125
335
7
Verzeichnis der Abkürzungen
Absichten AeS
Anklagung
Anm
BW
Briefwechsel
CB CD
CD I/II
336
Wolff, Christian, 1723: Vernünftige Gedancken von den Absichten der natürlichen Dinge. Frankfurt & Leipzig. Schlegel, Johann Elias, 1887: Aesthetische und dramaturgische Schriften. Hrsg. und eingel. von Johann von Amoniewicz, Stuttgart. (Bodmer, Johann Jacob), 1728: Anklagung des verderbten Geschmackes Oder Critische Anmerkungen über Den Hamburgischen Patrioten, Und die Hallischen Tadlerinnen. Frankfurt und Leipzig (recte Zürich). Wolff, Christian, 1724: Anmerckungen über die Vernünftigen Gedancken von Gott, der Welt, und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. Frankfurt/M. Bodmer, Johann Jacob, 1736: Brief-Wechsel von der Natur des poetischen Geschmackes. Dazu kömmt eine Untersuchung Wie ferne das Erhabene im Trauerspiele Statt und Platz haben könne; Wie auch von der Poetischen Gerechtigkeit. Zürich. Lessing/Mendelssohn/Nicolai, 1972: Briefwechsel über das Trauerspiel. Hrsg. und kommentiert von Jochen Schuhe-Sasse, München. Bodmer, Johann Jacob u. Breitinger, Johann Jacob 1746: Critische Briefe, Zürich. Gottsched, Johann Christoph, 1751: Versuch einer Critischen Dichtkunst durchgehends mit den Exempeln unserer besten Dichter erläutert. Anstatt einer Einleitung ist Horazens Dichtkunst übersetzt und mit Anmerkungen erläutert. Vierte sehr vermehrte Auflage. Leipzig. Breitinger, Johann Jacob, 1740: Critische Dichtkunst Worinnen die Poetische Mahlerey in Absicht auf die Erfindung im Grunde untersuchet und mit Beispielen aus den berühmtesten Alten und Neuern erläutert wird. Mit einer Vorrede eingeführet von Johann Jacob Bodmer (CD I) und Fortsetzung der Critischen Dichtkunst Worinnen die Poetische Mahlerey In
Absicht auf den Ausdruck und die Farben abgehandelt wird, mit einer Vorrede von Johann Jacob Bodemer. Zürich und Leipzig (CD II) Einbildungskraft (Bodmer, Johann Jacob / Breitinger, Johann Jacob), 1727: Von dem Einfluß und Gebrauche der Einbildungs-Krafft; zur Ausbesserung des Geschmackes: Oder Genaue Untersuchung aller Arten Beschreibungen, Worinne die auserlesenste Stellen der berühmtesten Poeten dieser Zeit mit gründlicher Freyheit beurtheilt werden. Frankfurt und Leipzig (recte Zürich). Gleichnisse Breitinger, Johann Jakob, 1740: Critische Abhandlung von der Natur den Absichten und dem Gebrauche der Gleichnisse. Mit Beyspielen aus den Schriften der berühmtesten alten und neuen Scribenten erläutert. Durch Johann Jacob Bodmer besorget und zum Druck befördert. Zürich. Handlexicon Gottsched, Johann Christoph (Hrsg.) 1760: Handlexicon oder kurzgefaßtes Wörterbuch der schönen Wissenschaften und freyen Künste, Leipzig. Lettere Calepio, Pietro, 1964: Lettere a Johann Jacob Bodmer. A cura di Rinaldo Boldini. Bologna. LM Lessing, Gotthold Ephraim, 1886-1924: Sämtliche Schriften. Hrsg. von Karl Lachmann, 3. aufs neue durchges. u. verm. Aufl., besorgt durch Franz Muncker, Stuttgart. Logik Wolff, Christian, 1722: Vernünftige Gedancken von den Kräfften des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Gebrauche in Erkäntniß der Wahrheit. (Deutsche Logik). 3. Aufl., Halle. LW Lessing, Gotthold Ephraim, 1970: Werke. Hrsg. von Herbert G. Göpfert, 8 Bde., München. Met WolfF, Christian, 1725: Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. (Deutsche Metaphysik). 3. Aufl. Halle. Moral WolfF, Christian, 1733: Vernünfftige Gedancken von der Menschen Thun und Lassen zu Beförderung ihrer Glückseligkeit. (Deutsche Ethik). 4. Aufl., Frankfurt/M. und Leipzig. Nachricht Wolff, Christian, 1733: Ausfuhrliche Nachricht von seinen eigenen Schriften, die er in deutscher Sprache von den verschiedenen Theilen der Weltweißheit herausgegeben. 2. Aufl., Frankfurt/M. Ph.p.u. I/II WolfF, Christian, 1738: Philosophia practica universalis, methodo scientifica pertractata, pars prior, theoriam complectens, qua omnis actionum humanarum differentia, omnisque juris ac obligationum omnium, principia, a priori demonstrantur (Ph.p.u. I) und Pars posterior, praxin complectens, qua omnis 337
praxeos moralis principia inconcussa ex ipsa animae humanae natura a priori demonstrantur (Ph.p.u. II) Poetische Gemälde Bodmer, Johann Jacob, 1741: Critische Betrachtungen über die poetischen Gemälde der Dichter. Mit einer Vorrede von Johann Jacob Breitinger, Zürich. Politik Wolff, Christian, 1736: Vernünftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen zu Beförderung der Glückseeligkeit des menschlichen Geschlechtes. 4. Aufl., Frankfurt/M. und Leipzig. RVS Gottsched, Johann Christoph, 1974: Reden, Vorreden, Schriften. Hrsg. von Marianne Wehr, Leipzig. Suphan Herder, Johann Gottfried, 1877-1913: Sämmtliche Werke. Hrsg. von Bernhard Suphan, 33 Bde., Berlin. SzL Gottsched, Johann Christoph, 1972: Schriften zur Literatur. Hrsg. von Horst Steinmetz, Stuttgart.) WW I/II Gottsched, Johann Christoph, 1736: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung abgehandelt werden. Theoretischer (WW I) und practischer Theil (WW II) Beyträge
DLE DVjs GRM IASL LiLi MLR PMLA WB ZdPh ADB GG RGG
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Beyträge zur critischen Historic der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit, 1732-1744: Hrsg. von Johann Christoph Gottsched, 8 Bde., 32 Stücke, Leipzig. Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Germanisch-Romanische Monatsschrift Internationales Archiv für Sozialgeschichte der Literatur Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik Modern Language Review Publications of the Modern Language Association of America Weimarer Beiträge Zeitschrift fur deutsche Philologie Allgemeine deutsche Biographie, s. Literaturverzeichnis 8.1. Geschichtliche Grundbegriffe, s. Literaturverzeichnis 8.1. Die Religion in Geschichte und Gegenwart, s. Literaturverzeichnis 8.1.
8
Literaturverzeichnis
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339
8.2 Bibliographien Goedeke, Karl, 1884-1953: Grundriß zur Geschichte der Deutschen Dichtung. Aus den Quellen. 2. ganz neu bearb. Aufl., 13 Bde, Dresden. Germanistik, Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen, Tübingen i96off. Köttelwesch, Clemens (Hrsg.) 1957'ff.: Bibliographie der deutschen Literaturwissenschaft. Frankfurt/M. Meyer, Reinhart, 1977: Das deutsche Trauerspiel des 18. Jahrhunderts. Eine Bibliographie. München.
8.3
Philosophische, literaturtheoretische und literarische Werke des 18. Jahrhunderts
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(Bodmer, Johann Jacob), 1728: Anklagung des verderbten Geschmackes Oder Critische Anmerkungen über Den Hamburgischen Patrioten, Und die Hallischen Tadlerinnen. Frankfurt und Leipzig (recte Zürich). Bodmer, Johann Jacob, 1736: Brief-Wechsel von der Natur des poetischen Geschmackes. Dazu kömmt eine Untersuchung Wie ferne das Erhabene im Trauerspiele Statt und Platz haben könne; Wie auch von der Poetischen Gerechtigkeit. Zürich (reprint Stuttgart 1966, mit einem Nachwort von Wolfgang Bender). Bodmer, Johann Jacob, 1740: Critische Abhandlung von dem Wunderbaren in der Poesie und dessen Verbindung mit dem Wahrscheinlichen. In einer Vertheidigung des Gedichts Joh. Miltons von dem verlohrnen Paradies; Der beygefügt ist Joseph Addisons Abhandlung von den Schönheiten in demselben Gedichte. Zürich (reprint Stuttgart 1966, mit einem Nachwort von Wolfgang Bender). Bodmer, Johann Jacob, 1741: Critische Betrachtungen über die poetischen Gemälde der Dichter. Mit einer Vorrede von Johann Jacob Breitinger, Zürich. (Bodmer, Johann Jacob), 1741: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften, Zur Verbesserung des Urtheils und des Wizes in den Wercken der Wohlredenheit und der Poesie. 4 Bde., Zürich. Bodmer, Johann Jacob, 1743: Critische Betrachtungen und freye Untersuchungen zum Aufnehmen und zur Verbesserung der deutschen Schaubühne. Mit einer Zuschrift an die Frau Neuberin. Bern. Bodmer, Johann Jacob (Hrsg.), 1972: Die Mahler der Sitten. Nachdruck der Ausgabe Zürich 1746, Hildesheim. Bodmer, Johann Jacob u.Breitinger, Johann Jacob 1746: Critische Briefe, Zürich (reprint Hildesheim 1969). Bodmer, Johann Jacob (1753): Sammlung der Zürcherischen Streitschriften zur Verbesserung des deutschen Geschmackes wider die Gottschedische Schule von 1741 bis 1744. Vollständig in 12 Stüken, 2 Bde., 2. Aufl., Zürich. Boileau-Despreaux, Nicolas, 1967: L'Art Poetique. Die Dichtkunst. Französisch und Deutsch. Übers, und hrsg. von Ute und Heinz Ludwig Arnold. Stuttgart. Brandes, Johann Christian, 1799/1800: Meine Lebensgeschichte. 3 Bde., Berlin. Brandes, Johann Christian, 1779: Ottilie. Trauerspiel in fünf Akten. (Wien 1780) In: Ders., Sämtliche dramatische Schriften Bd. VII. Brawe, Joachim Wilhelm von, 1934: Der Freigeist. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. In: DLE, Reihe Aufklärung Bd. VIII, 272-332, hrsg. von Fritz Brüggemann, Leipzig. (Erstausgabe 1758) Breitinger, Johann Jacob, 1740: Critische Abhandlung von der Natur den Absichten und dem Gebrauche der Gleichnisse. Mit Beyspielen aus den Schriften der berühmtesten alten und neuen Scribenten erläutert. Durch Johann Jacob Bodmer besorget und zum Druck befördert. Zürich. 341
Breitinger, Johann Jacob, 1740: Critische Dichtkunst Worinnen die Poetische Mahlerey in Absicht auf die Erfindung im Grunde untersuchet und mit Beispielen aus den berühmtesten Alten und Neuern erläutert wird. Mit einer Vorrede eingeführet von Johann Jacob Bodmer. Zürich und Leipzig (reprint Stuttgart 1966). (CD I) Breitinger, Johann Jacob, 1740: Fortsetzung der Critischen Dichtkunst Worinnen die Poetische Mahlerey In Absicht auf den Ausdruck und die Farben abgehandelt wird, mit einer Vorrede von Johann Jacob Bodmer. Zürich und Leipzig (reprint Stuttgart 1966, mit einem Nachwort von Wolfgang Bender). (CD II) Briefe, die Einführung des englischen Geschmacks in Schauspielen betreffend, wo zugleich auf den siebzehnten der Briefe, die neue Litteratur betreffend, geantwortet wird, Frankfurt und Leipzig 1760. Brumoy, Pere Pierre, 1730: Le The'ätre des Grecs, 3 Bde., Paris. Corneille, Pierre, 1963: Oeuvres completes. Preface de Raymond Lebegue, pre"sentation et notes de de Andre" Stegmann, Paris. Curtius, Michael Conrad, 1753: Aristoteles' Dichtkunst, ins Deutsche übersetzet, mit Anmerckungen und besondern Abhandlungen versehen von..., Hannover. Dacier, Andr4 1692: La Poetique d'Aristote, contenant les Regies les plus exactes pour juger du Poeme Hero'ique & des Pieces de Theatre, la Tragedie & la Comedie. Traduite en Francois, avec des Remarques critiques sur tout l'Ouvrage. Paris. Descartes, Rene", 1977: Meditationes de prima philosophia. Aufgrund der Ausgabe von Artur Buchenau neu hrsg. von Lüder Gäbe. Zweisprachige Ausgabe. Hamburg. Descartes, Rene, 1960: Discours de la Methode. Zweisprachige Ausgabe, übers, und hrsg. vom Lüder Gäbe. Hamburg. Diderot, Denis, 1968: Oeuvres Esthe"tiques, hrsg. P. Verniere, Paris. Diomedes, 1949: Ars grammatica. In: Handbook of French Renaissance Dramatic Theory. Hrsg. von H.W. Lawton, Manchester. Dubos, Abbe" Jean-Baptiste, 1755: Reflexions critiques sur la poe"sie et la peinture. 6. Aufl., 3 Bde., Paris. Engel, Johann Jacob, 1785-86: Ideen zu einer Mimik, 2 Bde., Berlin. Engel, Johann Jacob, 1803: Eid und Pflicht. Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen. (Entworfen unmittelbar nach dem siebenjährigen Krieg, abgeschlossen 1776). In: JJ. Engels Schriften, VI. Bd., Schauspiele zweiter Theil, Berlin. Fe"nelon, Francois de Salignac de la Mothe, 1742: Gedanken von der Tragödie, in: Die Deutsche Schaubühne nach den Regeln und Exempeln der Alten, Bd. i, Leipzig, S. 22-33 (übers, von J.Chr. Gottsched); Gedanken von den Komödien, ebd., S. 34-38 (übers. L.A.V. Gottsched); die Übersetzungen sind Aus-
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züge aus: Reflexions sur la grammaire, la rhdtorique, la poe"tique et l'histoire, oü Mdmoire sur la grammaire de l'Acadimie fran9aise, ä M. Dacier. Friedrich II., 1883: De la litterature allemande. In: B. Seufert (Hrsg.), Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts, Bd. XXX, Stuttgart (Erstausgabe 1780). Geliert, Christian Fürchtegott, 1774: Schriften. Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter. 10 Theile, Carlsruhe. Geliert, Christian Fürchtegott, 1965: Die zärtlichen Schwestern. Ein Lustspiel in drei Aufzügen. Im Anhang: Chassirons und Gellerts Abhandlungen über das rührende Lustspiel. Hrsg. von Horst Steinmetz, Stuttgart. Gemmingen, Otto Heinrich Frh. von, 1780: Mannheimer Dramaturgie. Für das Jahr 1779. Mannheim. George, David E., 1972: Deutsche Tragödientheorien vom Mittelalter bis zu Lessing. Texte und Kommentare. München. Goethe, Johann Wolfgang, 1828-1833: Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. 55 Bde., Stuttgart und Tübingen. Goedie, Johann Wolfgang, 1960: Wilhelm Meisters theatralische Sendung. Frankfurt/M., Hamburg (Fischer Bibliothek der hundert Bücher). Goeze, Johann Melchior, 1770: Theologische Untersuchung der Sittlichkeit der heutigen deutschen Schaubühne, überhaupt: wie auch der Fragen: Ob ein Geistlicher, insonderheit ein wirklich im Predigt-Amte stehender mann, ohne ein schweres Aergernis zu geben, die Schaubühne besuchen, selbst Comödien schreiben, aufrühren und drucken laßen, und die Schaubühne, so wie sie itzo ist, vertheidigen, und als einen Tempel der Tugend, als ene Schule der guten Empfindungen, und der guten Sitten, anpreisen könne? Neue Auflage. Hamburg. (Gotter, Friedrich Wilhelm), 1776: Mariane, ein bürgerliches Trauerspiel in drey Aufzügen für das herzogliche Hoftheater. Gotha. Gottsched, Johann Christoph, i9O2fT.: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Eugen Reichel, 6 Bde., Berlin. Gottsched Johann Christoph, 1968-1987: Ausgewählte Werke. Hrsg. von Joachim Birke und fortgeführt von P. M. Mitchell, 12 Bde., Berlin, New York (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts). Gottsched, Johann Christoph, 1972: Schriften zur Literatur. Hrsg. von Horst Steinmetz, Stuttgart. (SzL) Gottsched, Johann Christoph, 1974: Reden, Vorreden, Schriften. Hrsg. von Marianne Wehr, Leipzig. (RVS) Gottsched, Johann Christoph (Hrsg.) 1727-1729: Der Biedermann. Erster und zweiter Theil. Leipzig (reprint Stuttgart 1975. Mit einem Nachwort und Erläuterungen hrsg. von Wolfgang Martens). Gottsched, Johann Christoph, 1736: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, darinn alle Philosophische Wissenschaften in ihrer natürlichen Verknüpfung 343
abgehandelt werden. Theoretischer und practischer Theil. 2. vermehrte und verbesserte Auflage, Leipzig. (WW I & WW II) Gottsched, Johann Christoph, 1743: Grundriß einer überzeugenden Lehrart im Predigen. 2. Aufl., Berlin. Gottsched, Johann Christoph (Hrsg.) 1746-1750: Die deutsche Schaubühne nach den Regeln und Exempeln der Alten. 6 Theile, neue verbesserte Auflage, Leipzig. Gottsched, Johann Christoph, 1751: Versuch einer Critischen Dichtkunst durchgehends mit den Exempeln unserer besten Dichter erläutert. Anstatt einer Einleitung ist Horazens Dichtkunst übersetzt und mit Anmerkungen erläutert. Vierte sehr vermehrte Auflage. Leipzig. Reprint Darmstadt 1962. (CD) Gottsched, Johann Christoph, 1754: Auszug aus des Herrn Batteux schönen Künsten aus dem einzigen Grundsatz der Nachahmung hergeleitet. Zum Gebrauche seiner Vorlesungen mit verschiedenen Zusätzen und Anmerkungen versehen. Leipzig. Gottsched, Johann Christoph (Hrsg.), 1760: Handlexicon oder Kurzgefaßtes Wörterbuch der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Leipzig. Gottsched, Johann Christoph, 1762: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, darinn alle philosophische Wissenschaften, in ihrer natürlichen Verknüpfung, in zween Theilen abgehandelt werden, (...) mit einer kurzen philosophischen Historic, nöthigen Kupfern und einem Register versehen. 2 Bde, 7. vermehrte und verb. Aufl. Leipzig. Grimmeishausen, Hans Jacob Christoffel, 1975: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch. München (i. Aufl. 1669). Gryphius, Andreas, 1965: Großmütiger Rechtsgelehrter oder sterbender Aemilius Paulus Papinian. Trauerspiel. Text der Erstausgabe, besorgt von Ilse-Marie Barth. Nachwort von Werner Keller. Stuttgart. Hagen, Johann Jost Anton vom (Hrsg.), 1773: Magazin zur Geschichte des Deutschen Theaters. Erstes Stück. Halle. Haller, Albrecht von, 1787: Tagebuch seiner Beobachtungen, 2 Bde., Bern. Haller, Albrecht von, 1882: Gedichte. In: Bibliothek älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz und ihres Grenzgebietes, Bd. 3. Hrsg. und eingel. von L. Hirzel. Frauenfeld. Hallmann, Johann Christian, 1975: Sämtliche Werke. Hrsg. von G. Spellerberg, Berlin/W, New York (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts). Hartmann, Georg Volkmar, 1737: Anleitung zur Historic der Leibnitz-Wolffischen Philiosophie. Frankfurt u. Leipzig. Heidegger, Gotthard, 1969: Mythoscopia romantica oder Discours von den so benanten Romans. Facsimile-Nachdruck der Erstausgabe 1698. hrsg. von Walter Ernst, Bad Homburg, Berlin, Zürich. 344
Herder, Johann Gottfried, 1877-1913: Sämmtliche Werke. Hrsg. von Bernhard Suphan, 33 Bde., Berlin. Horatius, Quintus Flaccus, 1972: Brief an die Pisonen. Über die Dichtkunst. Lateinisch und Deutsch. Übersetzt und hrsg. von Eckart Schäfer, Stuttgart. Vgl. auch die Übersetzung in Gottscheds Critischer Dichtkunst. Iffland, August Wilhelm (Hrsg.), 1807: Almanach fiirs Theater, Berlin. Iffland, August Wilhelm, 1976: Meine theatralische Laufbahn. Mit Anmerkungen und einer Zeittafel von Oscar Fambach. Stuttgart (Erstausgabe 1798). Kant, Immanuel, 1968: Werke in 12 Bänden. Hrsg. von Wilhelm Weischedel, Frankfurt/M. Kästner, Abraham Gotthelf, 1772: Vermischte Schriften. Zweyter Theil. Altenburg. Knigge, Adolph Freiherr von, 1788/89: Dramaturgische Blätter, Hannover. (= Sämtliche Werke Bd. 18). Knigge, Adolph Freiherr von, 1796: Ueber den Umgang mit Menschen. Fünfte verbesserte und vermehrte Auflage, Hannover. (= Sämtliche Werke Bd. 10). Leibniz, Gottfried Wilhelm 1838: Leibnitz deutsche Schriften. Hrsg. von G.E. Guhrauer, Berlin. Leibniz, Gottfried Wilhelm, 1956: Vernunftprinzipien der Natur und der Gnade. Monadologie. Französisch-Deutsch. Auf Grund der kritischen Ausgabe von Andri Robinet (1954) und der Übersetzung von Artur Buchenau mit Einführung und Anmerkungen hrsg. von Herbert Herring. Hamburg (Philosophische Bibliothek 253). Leibniz, Gottfried Wilhelm, 1971: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand. Übers., eingel. und erläutert von Ernst Cassirer, Hamburg (Philosophische Bibliothek 69). Lessing, Gotthold Ephraim, 1886-1924: Sämtliche Schriften. Hrsg. von Karl Lachmann, 3. aufs neue durchges. u. verm. Aufl., besorgt durch Franz Muncker, Stuttgart. (LM) Lessing, Gotthold Ephraim, 1970: Werke. Hrsg. von Herbert G. Göpfert, 8 Bde., München. (LW) Lessing/Mendelssohn/Nicolai, 1972: Briefwechsel über das Trauerspiel. Hrsg. und kommentiert von Jochen Schulte-Sasse, München. Lillo, George, 1934: Der Kaufmann von London oder Begebenheiten George Barnwells. Bürgerliches Trauerspiel aus dem Jahre 1731 nach der Übersetzung aus dem Englischen von H.A. Bassewitz aus dem Jahre 1757. In: DLE, Reihe Aufklärung, Bd. VIII, 19-89, hrsg. von Fritz Brüggemann, Leipzig. Lillo, George, 1965: The London Merchant (1731). Hrsg. von William H. McBurney, Lincoln (Regents Restoration Drama Series). Löwen, Johann Friedrich, 1748: In einer wol eingerichteten Republik muß der Flor der Schaubüne nothwendig erhalten werden. Rede bei der Aufnahme in 345
die königl. deutsche Gesellschaft zu Göttingen. Erstmals publiziert in: Krebs, Roland, 1985, 598-627. Löwen, Johann Friedrich, 1755: Kurzgefaste Grundsätze von der Beredsamkeit des Leibes. Hamburg. Löwen, Johann Friedrich, 1905: Geschichte des deutschen Theaters (1766) und Flugschriffien über das Hamburger National theater (1766/67). Im Neudruck mit Einleitung und Erläuterung hrsg. von Heinrich Stümcke. Berlin (Neudrucke literarhistorischer Seltenheiten 8). Löwen, Johann Friedrich, 1765/66: Schriften. 4 Bde., Hamburg. Ludovici, Carl Günther, 1737/38: Sammlung und Aufsätze der sämmtlichen Streitschrifften wegen der Wölfischen Philosophie zur Erläuterung der bestrittenen Leibnitzischen und Wolffischen Lehrsätze verfertiget und mit Anmerckungen sowohl als vollständigen Registern versehen. (Gesammelte Werke von Christian Wolff, 3. Abt., Bd. 2., Hildesheim, New York, Zürich 1976). Ludovici, Carl Günther, 1736-1738: Ausfuhrlicher (i. Bd. Kurtzer) Entwurf einer vollständigen Historic der Wölfischen Philosophie. 3 Theile, Leipzig. Luther, Martin 1974: Die gantze Heilige Schrift. Nach der Ausgabe von Wittenberg 1545 hrsg. von Hans Volz u. Mitarb. von Heinz Blanke. München. Luther, Martin, 1874/79: Psalmenauslegung. Hrsg. von Chr. G. Eberle. Stuttgart. Masen, Jakob, 1654-57: Palaestra eloquentiae ligatae. 3 Teile, Colonia. May, Johann Friedrich, (hrsg.) 1734: Des berühmten Französischen Paters Porde Rede von den Schauspielen, ob sie eine Schule guter Sitten sind oder seyn können? übersetzt. Nebst einer Abhandlung von der Schaubühne von J. F. M., Leipzig. Meier, Georg Friedrich, 1747/49: Beurtheilung der Gottschedischen Dichtkunst. Halle (reprint Hildesheim, New York 1975). Meier, Georg Friedrich, 1751-1754: Anfangsgründe aller schönen Wissenschaften. Theil I-III. Halle. Meier, Georg-Friedrich, 1755-1759: Metaphysik. 4 Theile. Halle. Mercier, Louis-Sebastian, 1776: Neuer Versuch über die Schauspielkunst. Aus dem Französischen (Übersetzer ist Heinrich Leopold Wagner). Mit einem Anhang aus Goethes Brieftasche, Leipzig. (Faksimiledruck Heidelberg 1967. Deutsche Neudrucke. Goethezeit.) Mendelssohn, Moses, 1843-1845: Gesammelte Schriften. Nach den Originaldrucken und Handschriften hrsg. von G. B. Mendelssohn. 7 Bände. Leipzig. Mendelssohn, Moses, 1974: Ästhetische Schriften in Auswahl. Hrsg. von O.F. Best, Darmstadt (Texte zur Forschung 14). Mohrhof, Daniel Georg, 1682: Unterricht von derTeutschen Sprache und Poesie/ deren Uhrsprung/ Fortgang und Lehrsätzen. Wobey auch von der reimenden Poeterey der Außländer mit mehren gehandelt wird. Kiel. Moritz, Karl Philipp, 1962.: Schriften zur Ästhetik und Poetik. Kritische Aus346
gäbe. Hrsg. von H. J. Schrimpf, Tübingen (Neudrucke Deutscher Literaturwerke N.F. 7). Moritz, Karl Philipp, 1981: Werke in zwei Bänden. Berlin/DDR, Weimar (3. Aufl.). (Moser, Friedrich Carl von), 1765: Von dem Deutschen national-Geist. o. O. Muralt, Beat Louis de, 1933: Lettres sur les Anglois et les Frangois et sur les voyages, hrsg. von Charles Gould. Paris (Erstausgabe 1728). Mylius, Christlob, 1743; Eine Abhandlung, worinnen erwiesen wird: Daß die Wahrscheinlichkeit der Vorstellung bey den Schauspielen eben so nöthig ist, als die innere Wahrscheinlichkeit derselben. In: Gottsched, Johann Christoph, Beyträge, (8. Bd., 30. Stück, VII, 297-322. Leipzig). Mylius, Christlob, 1750: Versuch eines Beweises, daß die Schauspielkunst eine freye Kunst sey. In: Beyträge zur Historie und Aufnahme des Theaters. Erstes Stück, S. 1-13. Stuttgart. Nicolai Friedrich, 1755: Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland. Mit einer Vorrede von Gottlob Samuel Nicolai. Berlin. Nicolai, Friedrich, 1807: Ueber Ekhof. In: Iffland (Hrsg.), 1807. Nicolai, Friedrich, 1783^: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz. 12 Bde. Berlin. Nicolai, Friedrich: Abhandlung vom Trauerspiele. In: Lessing/Mendelssohn/Nicolai 1972. Omeis, Magnus Daniel, 1704: Gründliche Anleitung zur Teutschen accuraten Reim= und Dicht=Kunst. Nürnberg. Opitz, Martin, 1624: Buch von der Deutschen Poeterey. In welchem alle ihre eigenschafft und zuegehör gründtlich erzehlet/ und mit exempeln außgefuhret wird. Breßlaw. Opitz, Martin, 1644: Weltliche Poemata, erster Teil. Hrsg. von Erich Trunz unter Mitw. von Christine Eisner, Tübingen 1967. Penther, Johann Friedrich, 1748: Ausführliche Anleitung zur Bürgerlichen BauKunst enthaltend ein Lexicon Architectoicum oder Erklärungen der üblichsten deutschen, frantzösischen, italiänischen Kunst-Wörter. Entworfen von Johann Friedrich Penther. Theil IV. Augsburg. Pfeil, Johann Gottlob Benjamin, 1755: Vom bürgerlichen Trauerspiele. Anonym erschienen im 31. Stück der Neuen Erweiterungen der Erkenntnis und des Vergnügens, Leipzig. Wiederabgedruckt in: Eibl, Karl, 1971. Pfeil, Johann Gottlob Benjamin, 1934: Lucie Woodvil. Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Handlungen aus dem Jahre 1756. In: DLE, Reihe Aufklärung, Bd. VIII, 191-271. hrsg. von Fritz Brüggemann. Poree, Pere Charles, 1733: Discours sur le spectacle. Paris; cf. May, Johann Friedrich. Pyra, Immanuel Jakob, 1743: Erweis, das die G*ttsch*dianische Sekte den Ge347
schmack verderbe. Ueber die Hällischen Bemühungen zur Aufnahme der Critik. Leipzig. Pyra, Immanuel Jakob, 1744: Fortsetzung des Erweises, daß die G*ttsch*dianische Sekte den Geschmack verderbe. Wegen der so genannten Hällischen Bemühungen zur Beförderung der Critik. Berlin. Resewitz, Friedrich Gabriel, 1760: Sammlung vermischter Schriften zur Beförderung der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 3, i. Stück. Berlin. Riccoboni, Fra^ois, 1750: L'art du theatre. Paris. Riccoboni, F./Schröder, F. L. 1821: Vorschriften über die Schauspielkunst. Eine praktische Anleitung für Schauspieler und Deklamatoren. Leipzig. Riccoboni, Louis, 1738: Pensees sur la declamation. Paris. Riccoboni, Louis, 1738: Reflexions historiques et critiques sur les differens theatres d'Europe. Paris. Riccoboni, Louis, 1743: De la Reformation du Theatre. Paris. Rotth, Albrecht Christian, 1688: Vollständige deutsche Poesie/ in drey Theilen/ Deren der I. Eine Vorbereitung/ In welcher die gantze Prosodia enthalten, II. Eine fernere Anleitung zu den insgemein üblichen Gedichten, III. Eine richtige Einleitung zu den vor ändern so beniemten Poetischen Gedichten, Leipzig 1988 (recte: 1688). Schiller, Friedrich: Sämtliche Werke. Säkular-Ausgabe in 16 Bänden, hrsg. von E. von der Hellen. Stuttgart u. Berlin. Schlegel, Johann Elias, 1761-1770: Werke. Hrsg. von Johann Heinrich Schlegel, 5. Bde., Kopenhagen und Leipzig. Schlegel, Johann Elias, i887:Ästhetische und dramaturgische Schriften. Hrsg. und eingel. von Johann von Antoniewicz, Stuttgart (Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts). Schütze, Johann Friedrich, 1794: Hamburgische Theatergeschichte. Hamburg. Sturz, Helferich Peter, 1767: Julie, ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. Mit einem Brief über das deutsche Theater, an die Freunde und Beschützer desselben in Hamburg. Kopenhagen und Leipzig. Schmid, Christian Heinrich, 1902: Chronologie des deutschen Theaters. Neu hrsg. von Paul Legband. Berlin, (i. Aufl. 1775) Seyfried, Heinrich Wilhelm, 1779/80: Frankfurter Dramaturgie, hintenan einige Fragen dem Frankfurter Publikum beantwortet. Frankfurt/Leipzig. Sidney, Sir Philipp, 1595: An Apology for Poetry. In: Elizabethan Critical Essays. Ed. with Introduction by G.G. Smith, London 1937. Sonnenfels, Joseph von, 1767-69: Briefe über die Wienerische Schaubühne. Hrsg. von August Sauer, Wiener Neudrucke 7, Wien 1884. Sonnenfels, Joseph von, 1783-87: Gesammelte Schriften. 10 Bde., Wien. Sonnenfels, Joseph von, 1765-76: Grundsätze der Polizey- Handlungs- und Finanzwissenschaften. 3 Bde., Wien. Sulzer, Johann Georg, 1778/79: Allgemeine Theorie der schönen Künste in
348
einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden, Artikeln abgehandelt. 4 Theile, Leipzig. (Thilo, Friedrich Theophilus), 1775: Euphemie, ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen. Leipzig. Thomasius, Christian, 1725: Kurzer Entwurf der politischen Klugheit. Leipzig. Vergleichung der Ackermann- und Kochischen Schauspielergesellschaften, nebst einigen Zusätzen, worinn die vorzüglichsten Einwendungen gegen den Medon, und gegen das Trauerspiel Julie und Bellmont beantwortet, und diejenigen Stücke angezeiget werden, die vom 29. März bis zum 23. May 1769 von der Kochischen Gesellschaft aufgeftihret sind; begleitet von einer Abhandlung über solche Schauspiele, die die Scheinheiligkeit lächerlich machen. Hamburg/Leipzig 1769. Vico, Giambattista, 1977: La scienza nuova. Introduzione e note di Paolo Rossi, Milano. Vico, Giambattista, 1953: Principi di Scienza Nuova. In: Ders., Opere. Hrsg. F. Nicolini, Milano, Napoli. Voltaire, M. de, 1735: Lettres ecrites de Londres sur les Anglois et autres sujets. Suivant la Copie imprimee ä Londres. Se vend A Amsterdam, chez Etienne Ledet, et Compagnie. Wieland, Christoph Martin, 1979: Geschichte des Agathon. Erste Fassung von 1766. Hrsg. von Fritz Martini, Stuttgart. Wittenberg, Albrecht, 1776: Briefe über die Ackermannsche und Hamonsche Schauspieler-Gesellschaft zu Hamburg. Berlin/Leipzig. Wolff, Christian, 1722: Vernünftige Gedancken von den Kräften des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Gebrauche in Erkäntniß der Wahrheit. 3. Aufl., Halle (i. Aufl. 1712). Wolff, Christian, 1724: Anmerckungen über die Vernünftigen Gedancken von Gott, der Welt, und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. Frankfurt/M. Wolff, Christian, 1725: Vernünftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt. 3. Aufl. Halle (i. Aufl. 1719). Wolff, Christian, 1736: Vernünftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen zu Beförderung der Glückseligkeit des menschlichen Geschlechtes. 4. Aufl., Frankfurt/M. und Leipzig (Gesammelte Werke, i. Abt., Bd. 5, hrsg. u. eingel. von H. W. Arndt, Hildesheim, New York) (i. Aufl. Halle 1721). Wolff, Christian, 1723: Vernünftige Gedancken von den Absichten der natürlichen Dinge. Frankfurt & Leipzig. Wolff, Christian, 1733: Ausführliche Nachricht von seinen eigenen Schriften, die er in deutscher Sprache von den verschiedenen Theilen der Weltweißheit herausgegeben. 2. Aufl., Frankfurt/M. (Gesammelte Werke, 349
i.Abt., Bd. 9, hrsg. u. eingel. von H.W. Arndt, Hildesheim, New York 1973)· Wolff, Christian, 1736: Von der Erkenntnis Gottes und seiner Eigenschafften überhaupt, aus Betrachtung der Welt. In: Gesammlete kleine philosophische Schriften, welche besonders zu der Naturlehre und den damit verwandten Wissenschaften nemlich der Meß- und Ar/ney-Kunst gehören. Bd. I. Halle (Gesammelte Werke i. Abt., Bd. 21.1). Wolff, Christian, 1740: Rede von der Sittenlehre der Sineser. In: Gesammelte kleine philosophische Schriften, 6. und letzter Theil. Halle. (Gesammelte Werke, I. Abt., Bd. 21,6). Wolff, Christian, 1728: Philosophia rationalis sive logica. Frankfurt & Leipzig. Wolff, Christian, 1738: Psychologia empirica..., qua ea, quae de anima humanae indubia experientiae fide constant, continentur ... Frankfurt/M. & Leipzig. (Gesammelte Werke, 2. Abt. Bd. 5, 1968). Wolff, Christian, 1736/37: Theologia naturalis methodo scientifica pertractata. Editio nova priori emendatio. - Pars prior, Integra systema complectens qua existentia et attributa Dei a posteriori demonstrantur. - Pars posterior qua existentia et attributa Dei ex notione entis perfectissimi et natura animae demonstrantur (...). Frankfurt & Leipzig. Wolff, Christian, 1738: Philosophia practica universalis, methodo scientifica pertractata, pars prior, theoriam complectens, qua omnis actionum humanarum differentia, omnisque juris ac obligationum omnium, principia, a priori demonstrantur. Francofurti & Lipsiae. (Ph.p.u. I) Wolff, Christian, 1739: Philosophia practica universalis, methodo scientifica pertractata. Pars posterior, praxin complectens, qua omnis praxeos moralis principia inconcussa ex ipsa animae humanae natura a priori demonstrantur. Francofurti & Lipsiae. (Ph.p.u. II) Wottschke, Theodor, 1932: Wolffs Briefe über seinen Streit mit den Halleschen Pietisten. In: Thür.-sächs. Ztschr. f. Geschichte und Kunst, Bd. XXI, S. 51-74. Wuttke, Heinrich (Hrsg.), 1841: Christian Wolffs eigene Lebensbeschreibung. Mit einer Abhandlung über Wolff. Leipzig. Ziegler, Friedrich Wilhelm, 1791: Eulalia Meinau oder die Folgen der Wiedervereinigung. Ein bürgerliches Trauerspiel in vier Aufzügen. In: Deutsche Schaubühne, Bd. XXX.
8.4
Zeitschriften und Periodika
Allgemeine Deutsche Bibliothek, 1765-1792: Hrsg. von Friedrich Nicolai, 106 Bde., Berlin. 350
Allgemeines deutsches Wochenblat zur Ehre der Lektür, 1774-1775: Hrsg. von Albrecht Wittenberg, 52 Stücke, Hamburg. Annalen des Theaters, 1788-1795: Hrsg. von Christian August von Bertram. Belustigungen des Verstandes und des Witzes, 1741-1745: Hrsg. von Johann Joachim Schwabe, 8 Bde., Leipzig. Beyträge zur critischen Historic der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit, 1732-1744: Hrsg. von Johann Christoph Gottsched, 8 Bde., 32 Stücke, Leipzig. Beyträge zur Historic und Aufnahme des Theaters, 1750: Hrsg. von G.E. Lessing und Christlob Mylius, 4 Stücke, Stuttgart. Bibliothek der schönen Wissenschaften und freyen Künste, 1757-1765:12 Bände; Hrsg. Bd. 1-4, Friedrich Nicolai/Moses Mendelssohn; Bd. 5-12, Christian Felix Weisse. Der Biedermann, 1727-1729: Faksimiliedruck der Originalausgabe Leipzig 17271729. Mit einem Nachwort und Erläuterungen hrsg. von Wolfgang Martens. Stuttgart 1975. Briefe, die neueste Literatur betreffend, 1759-1765: Hrsg. von G. E. Lessing, M. Mendelssohn und F. Nicolai, 24 Theile, Berlin/Stettin. Ephemeriden der Literatur und des Theaters, 1785-1787: Hrsg von Christian August von Bertram, 6 Bde., Berlin. Göttingensche Zeitung von Gelehrten Sachen, 1739-1752; ab 1753 u.d.T. Göttingensche Anzeigen von Gelehrten Sachen. Neue Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und des Witzes (Bremer Beiträge): 1744-1750: Hrsg. von Karl Christian Gärtner, ab Bd. 5 von Johann Mathias Dreyer, Bremen/Leipzig. Neue Bibliothek der Schönen Wissenschaften und der freyen Künste, 1765-1805: Hrsg. von Christian Felix Weiße, ab Bd. 29 von Johann Gottfried Dyck, 74 Bde., Leipzig. Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste, 1745-1750: Hrsg. von Johann Christoph Gottsched, 10 Bde., Leipzig. Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, 1751-1762: Hrsg. von Johann Christoph Gottsched, 12 Bde., Leipzig. Das Parterr, 1771: Hrsg. von Christian Heinrich Schmid, i Bd., Erfurt. Theater-Kalender, auf das Jahr 1775, 1776, 1777, 1778, 1779, 1780: Hrsg. von Heinrich August Ottokar Reichard. Gotha. Theater-Journal für Deutschland, 1777-1784: Hrsg. H. A. O. Reichard, 22 Stükke, Gotha. Die Vernünftigen Tadlerinnen 1725/26: Teilweise wiederabgedr. in: Gesammelte Schriften von J. Chr. Gottsched Bd. I-II, hrsg. von E. Reichel, Berlin 1908.
351
8.5
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373
9
Register
9.1 Begriffsregister Abbild(ung) 21, 24, yji., 67, 72, 75, no, 118, Abbildverhältnis 72, 253 Aberglaube 35, 65, 189, 199 Abschreckungsdramatik IX, 242f., 255, 331 Absicht 41-43, 71, 73-77, 84, 88, 93, io2f., lojff., ii2, 174, i84f., 190, 192, 196, 223, 266, 274, 277 Absicht, ästhetische 176 Absicht, dichterische (des Dichters) j6i., fyf., 93, 102, 107, 109, 131, 133, 143, 201,
223, 256 Absicht (des Erfinders) 85 Absicht, höchste (letzte od. göttliche) 4if., 49. 71. 73-78, Sjff., 107, 112, 201
Absicht, moralische (lehrhafte) 78, 85, iO7f., 112, 164, 176, 196 Absicht, mimetische 103 Absicht, philosophische iO7f. Absicht, vernünftige 43, 84 Absicht, widersprechende 42 Absolutismus 4, 22 Absolutismus, aufgeklärter 42, 63, 204, 213, 239, 245, 275 Adel 4, 22, 103?., 2961". Adiaphora (Mitteldinge) 29, 87 Ähnlichkeit 37, 41, 95-100, 109, 120, 129, 135, 191, 199 (Un)ähnlichkeit 96, 198 Ähnlichkeit (Gott-) 244 Ästhetik (Ästhetisches) Xlf., 32, 62f., 89, 98, 176, 217, 302 Ästhetik, klassische 78 Ästhetik, philosophische 106 Affekte 336°., 45, 139, 143, 200 Affektidentität I39f., 143 Akademie (vgl. auch Universität) 2if., 103, 133, 246 Akustik 126 Alethophile 6of. Alexandriner I43f., 264
Allegorie 82, 263f., 275, 305 Allegorie, moralische 20, 271 Allgemeines 35, 69, 72, 76, 78, 80-86, 90, I4of., 165, 212, 265, 291 Allgemeines der menschlichen Handlungen (der Moral) 76-78, i6$f. Allmacht (allmächtig) 45, in Alltagsbewußtsein 58 Allwissenheit (allwissend) 45, 73, in alter deus 72 Altruismus 193, 197, 258, 268, 270, 275 Altweibermärchen (fabulae aniles) 35, 87 amplificatio 191 Amt 58, 105, 132, 149, 154, 238, 24jf., 265 Amt, akademisches 8 Amt, geistliches (Prediger-) 58, 113 analogon rationis 86 analogen der Erfahrung 98, 118 Analyse 120, 295 Analyse, logische 120 Anschauende Erkenntnis, s. Erkenntnis Anschauen einer Vollkommenheit 17, 293 Anschauung (anschauend) 35, 79f., 84, 86, 118, 120-123, 141, 289^ Anschauung, sinnliche 34, 123 Anstand, s. bienseance Antagonist (Gegenspieler) 187, 196, 2i3f., 240, 242, 275 Antike 18, 20, 217, 321, 324 Apathie (Abtötung der Leidenschaften) (vgl. auch Unüberwindlichkeit) I99f. Applikation i8f, 34, 61, 80-82, 84 aptum externum 156 arcanum imperil, s. Geheimnis Architekt (Baumeister) 39, 127, 280 Architektur (Baukunst) (vgl. auch Theaterarchitektur) 6, 39 Aristotelismus 21, 23, 271"., 37f., 91 Aristotelismus (Neo-) 22, 24, 30, 37 ars (Kunst) 21, 67, 90, 94, 96, ioof., 103, 106, logf., I32ff,, 138 375
ars caracteristica, s. Charakteristik, moralische ars imitatoria 371"., 89 ars perfectoria yjf., 89 ars popularis 174 artes, s. Künste Atheismus 4${., 55, 57 Atheist 55f. Aufführung, s. TheateraufRihrung Aufklärung 57, 107, 125, 158, 164,192, 218, 222,
234f, 246
Aufmerksamkeit 96f, 99f., 150, 152, 284, 288, 295, 321 Aufmunterung zur Tugend, s. Belohnung der Tugend Aurseher 129, 135, I53f., 309^, 315, 317, 333 Aufstieg, gesellschaftlicher 103, 132, 282, 297. 330, 33^ Auftritt 127, 129, I47f., 219 Ausdruck, hoher 144 Ausdruck, körperlicher 139^, 142 Ausdruck, künstlicher 140 Ausdruck, lebhafter 143 Ausdruck, literarischer 142 Ausdruck, natürlicher 115, 135, 219 Ausdruck, sinnlicher i38f. Ausdruck, sprachlicher 7, 139, 142 Ausführlichkeit (ausführlich) 471"., 55, 57, 72 Auslegung (vgl. auch interpretatio u. Interpretation, schauspielerische) i8ff., 23. 33. 47. 50. 53- 67, 84, 135, 145, 157, 210, 223, 253 Auslegungsgeschichte 19 Auslegungsprinzipien i8f. Auslegungskategorie 43, 76 Auslegungstradition 199 Ausnahmezustand 163, 165 Aussprache (Diktion) 133,135,143ff., 147 Aussprache, gestelzte 145 Aussprache, natürliche I44f. Aussprachenorm i46f. Autonomie 56, 286 Autonomie, feudale 243 Autor (Schriftsteller) (vgl. auch Dichter) XII, 15, 22, 33, 36, 84, io7f~., i2i, 127, 171, 208, 255, 284, 293f, 302, 321, 334 Autorität(en) 8, 21-23, 28> 43. 93. 106, 116, 120,157, 294 Autorität, kirchliche 8, 22, 57 Autorität, staatliche 8,189 376
Autorität, väterliche 189 Autorität, verinnerlichte 57 Autoritätsverhältnisse 106, 294, 302 Axiom 42, 73, 192 Ballett 15, 279, 328 Beamte (Beamtenschaft) 4, 15, io3f., 130, 261, 284 Begebenheit(en) 79, 84, 88, 91, 185, igof. Begeisterung i, 25, 135, 253, 311 Begierde, sinnliche 34, 181, 220 Begriff 42, 47, 53, 68, 7i£, 80, 85, 94, 97, n8f., I2iff., 125,141,143,172,195ff., 203, 236, 240, 244, 254, 266, 268, 273, 277, 295 Begriff, allgemeiner 3jf., 72, 8of., 83, 96 Begriff, anschauender 136,176 Begriff, deutlicher 34, 46f., 53, 61, 64, 80, 99, 118, 255 Begriff, falscher 294 Begriff, klarer 61, 80, 123 Begriff, menschlicher 28, 76, in Begriff, moralischer 123, 255 Begriff (der Vernunft) 121 Begriff, (Verstandes-) 136 Begriff, wahrer (richtiger) 62, 166, 196f., 20l, 244, 294 Begriffsbildung 35, 80, 84, 97, 295 Beispiel, s. Exempel Bekanntes, allgemein oder im Volk (in vulgus nota) 81, 83f. Bekehrung 63, 293, 316 Belehrung 17, 36, 156, 214, 324 Beleuchtung (Beleuchtungsmittel) (vgl. auch Licht) 128, 135 Beleuchtungstechniker 127 Belieben, s. Willkür Belohnung 66, 244, 252, 272 Belohnung der Tugend (vgl. auch Tugend) 12, l82, 244f.,
Belustigung (belustigen, Unterhaltung, Vergnügen) (vgl. auch Volksbelustigung u. Zeitverschwendung, Zerstreuung) i6f, 26f, 158, 233, 286, 291, 32of., 324 Beruf, bürgerlicher 278 Beruf, unbürgerlicher n Beruf, intellektueller 15 Berufspflicht 27, 133 Beschreibung 69, 89, 90, 97, 100, 212 Besonderes (Besonderheit) 35, 69, 72, 78, 80-86, I09f., 141, 212
Besserung 113, 204, 234, 24 , 272, 316, 334 Bestimmung durch Negation (omnis determinatio est negatio) 10, 67, 244, 249, 256f. Bestimmung, menschliche 46, 254, 294 Bestrafung (vgl. auch Strafe) 193, 244, 270 Bestrafung (Züchtigung) der Laster 12,182, 207, 242, 244 Betragen (Benehmen, conduite) (vgl. auch biense'ance) 13, 131, 134, 137 Beurteilung 192, 270 Bewährung 190, 192, 194, 201, 2i2f., 276 Beweggrund (des Willens, der Handlungen) 33, 62f., 72, 81, 86, 112 Bewegung (auf der Bühne) 130, 137, I4of., i43rT. Bewegung der Seele 152 Bewunderung 167, 170, I73ff., 177, 190, 249, 2750°., 319 Bewußtseinsdiskurs 106, 119, Bibel, s. Heilige Schrift bienseance (Anstand, Schicklichkeit, Wohlstand) 13, 1371"., i^ff., 2o8f., 285, 330 Bild 36-39, 84, 86,118,12off., I24f, 129,139, 151, 153, I79f, 195, 220, 239, 324 Bild, äußeres 37 Bild, gerahmtes 125 Bild, inneres 37 Bild, lebendiges I24f. Bild, lehrhaftes 192 Bilderfolge 190-194 Bildersturm 26 Bildhauer 39, 93 Bildung 14, 23, 50, 56, 93,105,132,153,174, 2891"., 320 Bildung, bürgerliche 132 Bildung, literarische 14, 286, 300 Bildung, moralische 9, 12, 18, 24, 119, 290 Bildung sprachliche 9, 18, 25 Bildungsgesellschaft 57, 119, 297, 3oof. Bildungskonzept XII, 288 Bildungsmacht 14, 20, 24, j8f., 335 bonum commune, s. Gemeinwohl Bösewicht 131,165, 204, 215, 242, 251, 269^ 330 Bosheit, Böses (vgl. auch Laster) 32, 34, 56, 94, 158, i87f., I97f., 233, 248, 252, 255 Buch 32, 284, 288, 296 Bühne 10, I4f, 36, 124, 126, I28f., 131, 135,
148, 162, 282ff., 294, 298, 3o6f., 3i3f, 317, 323f. Bühne, innere 125 Bühne (Guckkasten-) 125 Bühne (Hinter-) 126 Bühne (Opern-) 129 Bühne (Perspektiv-) i25f. Bühne (Vorder-) 126 Bühnenbild 126, i28f. Buhnendeutsch 147 Bühnenraum 127,135, 290 Bühnentechnik 129 buntscheckig 158 Bürger, s. Staatsbürger Bürgertum 3, jf, 22, 65, 128, 176, 272 Calvinisten 213 Cartesianismus 27, 49, 91, 289 Charakter (vgl. auch Figur, Held) 52, ii4f, 136, 139, 144, i48f, 151, 158, 172, 176, 178, 180, 184, i87f, 190, 193-197, 20l, 204, 211, 219-222, 241, 251, 270, 272, 323
Charakter, außerordendicher 248, 250 Charakter, gemischter (mittlerer) 185, 190, 198, 2ii, 220, 225 Charakter, lächerlicher (närrischer) I58f. Charakter, tugendhafter (vollkommener) 159, 196, 1981"., 224f, 27if. Charakter (eines Poeten) 93, 95 Charakterdarstellung, -Zeichnung 89, 97, 115, I5of., 153, 212, 241, 248, 277 Charakteristik, moralische 28, 30, 223, 226, 247, 255, 275 Chor 217, 324 Christ 31, 251, 324 Columbine 150, 323 Commedia dell'arte (vgl. auch Stegreiftheater) 149, 158 constantia, s. Standhaftigkeit Darstellung 134, 140, 145, 192 Darstellung, allegorische (bildhafte) 120, 195 Darstellung, dramatische (theatralische) H7f, 172, 271, 289, 294, 329 Darstellung, epische 118 Darstellung menschlicher Handlungen 76, 86, 137 Darstellung, nachahmende 108, 139 Darstellung, rhetorische 186 Darstellung, wahrscheinliche 156, 177 Darstellungsbereich (Gegenstandsbereich) M> 73. 75. 77. "2. 169, 173 377
Darstellungsbereich, privater 114, 159, 169, 17*. 175 Darstellungsbereich, öffentlicher, staatlicher 169, 172, 175 Darstellungsfimktion 187, 193, 241 Darstellungsgegenstand (Materie, Sujet) 27f., j6L, 90, 92, 95, 161-164, 168, 325 Darstellungsgegenstand, falscher 26f. Darstellungsgegenstand, fiktionaler 27 Darstellungsgegenstand, heroischer 177 Darstellungsgegenstand, höfischer 157 Darstellungsweise 27, 97, 161, 276 Decorum(sgebot) 24, 29f., 38£, 103, 114, 140, 143 Decorumslehre ii5f. Definitionsmacht, literarische 13, 301 Definitionsmonopol 257, 259 Deklamatation 32, 135,1426°., 148, 150, 154, 275 Dekoration 118, I26ff., 129 Dekoration (Zimmer-) 127 Deduktion 80, 294 Demonstration (Vorzeigen) 8of., 162, 193, 1951"., 214, 218, 268, 272 Demonstrationsfigur (-beispiel) 81, 183, 186, 204 demonstrativisches Verfahren 64, 80, 105, 188, 190 Denkbares 41, 43f., 46, 71, 74 Deutlichkeit, deutlich 47, 64, 70, 80, 97, 99, ii9f. (un)deutlich 47, 98 Dialekt, s. Mundarten Dialog 147, 150, 228, 263 dichten, s. erdichten Dichter (Poet) (vgl. auch Autor) 24, 27ff., 69, 73f-, 77. 79. 85, 89, 92f., 95, 976, ioi£, 104, 106-111, 115, 124, 133, i36f., 142, I5lf., 171, 201, 212, 304
Dichter, erfindender 102 Dichter, gelehrter 122, 180, 195, 293 Dichter, inspirierter (vgl. auch Genie) 70 Dichter, nachahmender (imitierender) io2f. Dichter, philosophischer 102, 106, 108 Dichter, dramatischer (theatralischer) 124!!, 172, 196, 284, 302, 310, 323, 330 Dichter, tragischer (Tragödien-, Trauerspiel-) 180, 182 Dichtkunst, s. Poetik Dichtung 22, 24, 281"., 33, 65-70, 72-76, 78f., 83-87, 90, 103, I05f., io7f., noff., 378
114, 117, 119, 121, 191, 209,
212, 219,
289,
306,312 Dichtung, gelehrte 103, 105 Dichtungskraft, s. Erfindungskraft Dichtungstheorie 19, 89, 95, no Diesseits 160, 213, 272f., 333 Differenz, ästhetische 118, 140 Differenz der Ordnungen 183, 196, 201 Differenz von göttlichem und menschlichem Verstand 54, 245 Ding 4o£, 67, 78, 92, 98f., 115, 119 Ding, zusammengesetztes 37, 41 Diskurs Xlf, 59, 69, 113, 237, 239 Diskurs, ideologischer 19, 59,108 Diskurs, juristischer 82 Diskurs, laizistischer 55, 59 Diskurs, literarischer XI, 3, 20, 31, 33, 303, 335 Diskurs, moralischer 18, m, 211 Diskurs, philosophischer XII, 18, 45, 48, 68, ii2, I2i, 301 Diskurs, regionaler 43, 65, 113 Diskurs, religiöser XI, 31, 45, 55, 59 Doctrine classique 209 Dottore (Doktor) 159, 323 Drama 3, 29, 117, I4of., 143, 145, 147, 150, 153, 192, 2OI,
2IO,
212, 217, 3OO, 329ff.
Drama, analytisches 226 Drama (Aufklärungs-) 170, 192, 194, 197, 251, 253, 269, 272 Drama (Barock-) 22, 194 Drama, bürgerliches 3, 176, 224 Drama (Charakter-) 195 Drama, didaktisches 192, 306 Drama (Gelehrten-) 2 Drama, klassisches 2, 192 Drama, klassizistisches I47f., 207 Drama, literarisches 2, 10, 137, 140, i42f., 146, 150, I53f. Drama (Märtyrer-) I77f, I94f, 273 Drama, regelmäßiges 15, 300 Drama, unregelmäßiges 316, 326 Drama, religiöses 20 Drama, (Stationen-) 194 dramatis personae (vgl. auch Figur) 161, 197, 226, 228 Dramaturg 148, 154, 311 dunkel (Dunkelheit) 47, 64, 2651"., 299 Egoismus (Eigennutz) 193, 197, 211, 26if., 265, 268, 27o£, 274^, 285 Ehre 231, 236, 240, 243, 249
Ehrenhaftigkeit (RechtschafFenheit) 9, 12, 108, 131,133, 236, 281 Ehrenmann (rechtschaffener Mann, vir bonus) 9, 31, 92f., 158, 324 Ehrfurcht 167,170, 268, 276 Ehrloser 266 Eigenschaft 40, 67, 78, 80, 92, 98, 138, 245, 292 Eigenschaft, notwendige 40, 90 Eigenschaft, zufällige 40 Eigensinn (Störrkopf) 26, 28, 76,112,178f., 181, 183, i85ff., 190, 202, 249 Eigensinn der Geschichte 215, 268 Einbildung (Phantasmata) (vgl. auch Vorstellung) 37f., 117, 290, 302 Einbildung, leere (fictio absurda) 39, 95 Einbildung, vernünftige 39 Einbildungskraft 341"., 38, 68, 81, 85, 956°., 98, 107, iiof., 123, 160, 179, 191, 290 Einbildungskraft, unordentliche 157^ Eindeutigkeit (der Zeichen) 43, 192, 195 Eindruck (Eindrückung, eindrücklich, einprägen, einpflanzen, einspielen) 16, 33f., I2i, I23f., 172., I9of. Einfache (gemeiner Mann) (vgl. auch (Un)gelehrte) j8f., 86, 291 Einfühlung(stheorie) 114, 139 Einheiten (die drei) 114, 121, 172, 190, 218 Einheit des Charakters 184, 194 Einheit der Fabel 194 Einheit der Handlung 190, I92f., 195 Einheit des Ortes 118, I26f. Einheit der Zeit 118 Einsicht 40, 46, 49, 57, 59, 74, 78, 106, 169^, 179, 196, 2oof., 204-210, 224, 226, 232, 235, 242, 244, 249, 258, 267^ Einsicht, falsche 178, 214 Einsicht, höchste (des Höchsten) 74 Einsicht, menschliche in Einsicht, philosophische 108 Einsicht, richtige 178, 207 Einzelnes no, 141, 265 Eltern 32, 167, 295 elocutio 89 Empfindung 35ff., 100, 102, 124, 135, 139, 141, I44f., 321, 332 Empfindung, aufgeklärte 235 Empfindung, generalisierte 276 Empfindung, moralische 122, 288 Empfindung, sinnliche 121 Empirismus (empirisch) 80, 91, 99, 289
Ende, glückliches (Happy End) 63, 240, 252. 3*9 Ende, trauriges (unglückliches) 206, 243 Episoden, s. Zwischenbegebenheiten Epos (Heldengedicht) 84, 117, 179 Erbauung (erbauen) 108, 158, 205, 331 Erbauungsschriften, religiöse 19 erdichten 72 Erdichtung (vgl. auch Erfindung) 28, 39, 109, in Erfahrung 35f., 38, 42, Soff., 98, ioof., u6f., Hof., 2ii, 223, 251, 333 Erfahrung, anschauende 98 Erfahrung, individuelle 82ff., 141 Erfahrung, kollektive 83 Erfahrung (Kunst-) 333 Erfahrung, mögliche 86 Erfahrung, sinnliche 124, 291 Erfahrung, der gesunden Vernunft 83 Erfahrungssatz Erfinder 69f., 74, 79, 85, 89 Erfindung (vgl. auch inventio) 26, 35, 70, 74, 78f., 876°., 91, 97, , 212 Erfindung, heterokosmische 38 Erfindung, utopische 38 Erfindungskraft (facultas fingendi) 38, 89 Erfindungskunst 69, 81, 87, 97 Erfolg, s. Folge Erfolgloser (Erfolglosigkeit) 195, 272 Erfolgreicher 195 Erhabenheit (erhaben, erhabener Gegenstand) 172, 175, 199, 250, 275^ Erkennbares 46, 74 Erkenntnis (Erkennen) 33, 35, 46, 67, 69, 71, 76, 80, ioof., 119, 124, 179,185,193, 197, 201, 204, 2O7f., 214, 226, 233ff., 277, 320 Erkenntnisprozeß 80, 226 Erkenntnis, anschauende (cognitio intuitiva) 33ff., 81, 84, 86, 119-122 Erkenntnis, begriffliche 84, 122, 124 Erkenntnis (auf einen Blick) 80 Erkenntnis, deutliche 46, 80, 85, 99, 107, I2of. Erkenntnis, endliche (menschliche) 69f., 80, 245 Erkenntnis, unendliche (göttliche) 69, 245 Erkenntnis, figürliche (symbolische) 34, 85, I2of.
Erkenntnis, induktive 82 Erkenntnis, klare 80 379
Erkenntnis, lebhafte (cognitio viva) 81 Erkenntnis, naturwissenschaftliche 81, no Erkenntnis, rationale (Vernunft-) 33, 43, 59, 119, I2i, 292 Erkenntnis, sinnliche 119 Erkenntnis (einer Vollkommenheit) 102, 107 Erkenntnis (Wesens-) 115 Erkenntnispsychologie 68, 119 Erkl rung, deutliche ιοί Erscheinung (Erscheinungswelt) 24, 37, 42, 235. H9 Erz hlung 35, 42, 124, 153 Erz hlung, weltliche 87, 117 Erzieher (P dagoge) 29, 108, 122, 294, 297 Erziehung (P dagogik) 17, 35, 58f., 63,106, I3if., 134, ιβγί., 323 dsprit, s. Geist Ethik (vgl. auch Moral u. Sittenlehre) 67, 205, 209 Ewigkeit (ewig, unver nderlich) 40, 66, 69f., 89, 252, 2731". Exempel (Beispiel) 12, 32ff., 35, 59, Soff., 86, 118, 120, 124, 162, 1641"., 176, 180, 195, 2oo£, 204, 206, 212, 214, 235, 260, 289, 291, 295, 299, 334 Exempel, bildhaftes 36 Exempel, b ses (warnendes, strafendes, negatives) 12,162,165, zooff., 204, 208, 249, 268 Exempel, erdichtetes (fiktives) 34, 36, 191, 212, 244, 295 Exempel, gutes (positives) 12,165, 201, 204, 244 Exempel, lebendiges 112, 212, 295 Exempel, rhetorisches 191 Exempel, sinnliches 33 Exempel, vern nftiges 36 Exposition 150, 219, 223, 256, 271 Extempore, s. Stegreif Fabel 33, 3jfF., 68f., 78-88, 90,106,109, m, 114, n6f., 120, 122, 124, 129, 141, 164, I9of, 194, 200, 217, 250, 292 Fabel, sopische 84, 116, 124, 172, 260 Fabel, dramatische (theatralische) ιιτ£, 124 Fabel als Formprinzip 79, 88 Fabelhandlung 83, 86 Fabelrezept 122, I9of. Fall 34, 36, 41, 71, 8o£, 83f, 88, 249 Fall, allgemeiner 81, 109, 165 Fall, besonderer 35, 8of., 83 380
Fall, einzelner 34f, 82, 201 Fall, exemplarischer 35, 81 Fall, fiktiver (erdichteter) 81, 98 Fall, wahrer 81, 84 Familie 167-171, 224, 236, 238f, 269 Familie, sentimentale 237, 239 Farce 135, 314 Fasnachtsspiele 8 Fehler 179, 184-188, 190, 192, 195, I97ff., 20l£, 205, 209,
211, 214, 222, 237, 2491".,
252, 330
Fehler, charakterlicher i58f., 186, 200 Fehler, moralischer 55, 178 Feld, intellektuelles XII, 314, 335 Figur (vgl. auch Charakter, dramatis personae, Held) 79, 200, 253, 290, 326 Figur, allegorische 179, 264, 267, 275 Figur (Diener-) 160, 323 Figur, komische (vgl. auch Held u. Narr) 160 Figur, k nstliche 323 Figur, realistische 323 Figur, tugendhafte 160, 252 Figur (Typen-) 149, 159, 323 Figurenkonvention 114, 116, 143, 149 Fiktion (fiktiv, Fiktives, Fiktionalit t) XI, 25f., 28, 33, 35f., 40, 43, 67f, 79, 81-85, 88f, 96, ιοί, 105, 107, ii2, ιιγί., 127, Fiktion, erlaubte 39f., 68 Fiktion, unerlaubte 68 Fiktion, literarische 28, 32, 35, 38, 68, in Fiktion, theatralische 32 Fiktion, vern nftige 42, 67, 109 Fiktionskritik, religi se 25-29, 35, 87, Folge (Erfolg) einer Handlung 32, 165, 192, 234, 242, 272 Folge, b se 234, 242 Fortuna i63f., 236f., 244f., 249, 267 Franz sische Revolution 57, 203, 274, 282 Frau 193, 220 Frechheit 82, 324, 326 Freiheit 56, 82, 183, 2O2f., 255, 257, 27ζ£, 324, 326 Freiwilligkeit 57, 59 Freundschaft 222, 234, 264ff., 268f., 271, 275 Furcht 167, 170, 181, ip8f., 224 Furcht Gottes 56, 58 Furchtlosigkeit 181 F rst (Herrscher, K nig, Oberhaupt, Re-
gent) 4, 16, 59, 63, 104, 130, 144, 160, 163,166-171,175, 2iof., 220, 224, 236fF., 242, 244ff., 257, 263, 282, 302, 308, 32off. Fürst, guter 224, 234, 2461"., 257, 259, 270 Fürst, schlechter 259 Fürstenschule 103 Fürstenspiegel 162, 165, 171, 204, 302 Ganzheit (Ganzes, Totalität) X, 41, no, 152, 161, 253, 276, 319 Ganzheit des (Kunst)werkes 23, 78, io6f, I52ff.
Ganzheit der Schöpfung 106, 112 Gattungen, literarische 77, 84, 88, 161, 180 Gattungsbinom 157, 161, 216 Gattungskonvention 114, n6f. Gattungslehre 164, 166 Gattungsvermischung 1941! Gebärden 133, i36ff., 144, 151 Gebärde, künstliche 136 Gebärde, natürliche 136 Gebet 20 Gedächtnis (memoria) 105 Gedicht (vgl. auch Dichtung) 7, 153, 261 Gefühl i2i, i23f., 152, 235 Gegenstand, s. Darstellungsgegenstand Geheimgesellschaften 61 Geheimnis (arcanum imperil) 58, 169, 298 Geheimnis (Mysterium, arcanum des Glaubens) 54, in Gehör (Hören) 124, 288, 293 Gehorchen (Gehorsam) 149, i66f., 169,175, 188, 223, 229, 236, 238ff. (Un)gehorsam 224 Geist (geistreich, Esprit) (vgl. auch ingenium u. Witz) 46, 95, 257, 300, 323, 327, 332, 334 Geistlichkeit 12,16, 307, 312, 315 Geiz (Geizhals) 123, I58f. Gelächter, s. Lachen Gelassenheit 52, 189, 199, 2O2fF., 205, 235 Gelehrsamkeit 32, 96, , 103-106,179, 288 Gelehrsamkeit (Realien-) 105 Gelehrte (vgl. auch Intellektuelle) XII, 5f., 8f., 14,19f., 33, 57, 84,103,105f., 115,133, I79f., 191, 255, 288-294, 298, 311, 323, 331» 335 Gelehrte, humanistische 20, 103 (Un)gelehrte (Ungebildete) (vgl. auch Einfache) XII, 57, 84,174,191, 288-292, 294, 301, 311
Gelehrtenadel (nobilitas literaria) 6, 22f., 103, 284 Gelehrtenprivilegien 103 Gelehrtenrepublik (-gesellschaft) 2, 6ff., 13, 23, 104, 293 Gemeinschaft 18, 219, 234, 242, 258, 275^ Gemeinschaft, ästhetische 296 Gemeinschaft (Gefühls-) 296 Gemeinschaft, staadiche (nationale) 226, 262, 282, 296 Gemeinschaft der Tugendhaften 160, 253, 269 Gemeinschaft der Vernünftigen 56, 85, 158 Gemeinschaftstrieb, s. Vergesellschaftungstrieb Gemeinsinn (sensus communis) (vgl. auch Alltagsbewußtsein) 83, 106, 160, 169, 256 Gemeinwesen (vgl. auch Republik u. Staat) 7, 14, i6f., 32, 47, 49, 56ff, 112,131,171, 182, 246 Gemeinwesen, entfremdetes 48, 58 Gemeinwohl (Gemeinnutz, bonum commune) 171, 182, 240, 247, 258, 273, 286 Gemüt, s. Seele Gemütskräfte, s. Seelenkräfte Genie 3Oo£, 327 genus causae 76 genus demonstrativum 195 genus iudiciale 192 Gerechtigkeit, göttliche (vgl. auch Vorsehung) 237, 251 Gerechtigkeit, menschliche 12, 58 Gerechtigkeit, poetische 12, 184, 186, 194, 198, 214, 217 (Un)gerechtigkeit 88, 252 Geruch 124 Geschehen 44, 84, 192 Geschehen, außerordentliches 173 Geschehen, dramatisches 249, 288 Geschehen, fiktives 42, 68 Geschehen, tatsächliches (wirkliches) 24, 39, 44, 79, 109, 165, 249 Geschehen, unwahrscheinliches 173 Geschehenkönnen 44, 75f., Geschichte 2, 24, 66, 69, 108, 163, I77f., 180, I9of., 2izf. Geschichte, gelehrte 105 Geschichten, besondere 83, 85 Geschichten, biblische 81 Geschichten, erdichtete 26, 39 381
Geschichten (aus einer ändern Welt) 79 Geschichtsschreiber (Historiker) 69, 94, 212 Geschichtsschreibung 213 Geschick, blindes, s. Fortuna Geschicklichkeit 133,138,145, 245 Geschmack , 124, 292, 295, 301, 305, 318, 320, 322f.
Geschmack, französischer 321 Geschmack, guter 28, ioif., 159, 290, 293, 295, 297, 308, 329 Geschmack, höfischer 15, 279, 293, 322 Geschmack des Poeten 28, , 292 Geschmack des Publikums 278, 2931"., 328 Geschmack, verderbter (schlechter) i, 28, 66, 294f., 308, 315, 3i7f. Geschmack des Volkes 293 Geschmacksbildung , 294f. Geschmacksgemeinschaft: i, 301 Gesellschaft 46, 334 Gesellschaft, analphabetische 9 Gesellschaft, bürgerliche (vgl. auch societas civilis u. Zivilgesellschaft) 3, 78, 130, 134. 330 Gesellschaft, höhere I2f., 137 Gesellschaft, literarische 8 Gesellschaft, ständische (zünftische) 26f., 167, 209 Gesellschaftswissenschaften (-theorie, -lehre) 32, 55, 67 Gesetz 2if.( 24, 36, 55, 62, 66, 8if, no, 244 Gesetz, bürgerliches 113, 169, 171, 258 Gesetz, götdiches 46 Gesetz der Moral, s. Moralgesetz Gesetz der Natur, s. Naturgesetz Gesetz, naturwissenschaftliches 35 Gesetzgeber 169 Gesetzlichkeit (Gesetzesherrschaft) 197, 244, 263 Gesicht (Sehen) 121, I24f., 288, 293 Gespräch (vgl. auch Dialog) 114, 269 Geste, bedeutende 141 Geste, malerische i4if. Gestik I29f., 135, 137, 139, 147, 150 Gewalt 88, 167, 204, 232, 236, 257^ 268 Gewalt, staatliche (strafende) 31, 181, 246, 258 Gewalt, väterliche 167 Gewaltmonopol 237f., 257 Gewissen 57, 259 Glaube 43, 49, 53, 55-58, 229, 231, 234, 274 382
(Un)glauben 53 Glaublichkeit (glaublich, Glaubwürdigkeit) 29, 88, 92fF., 1091"., 114,117, 212 (un)glaublich no, 117 Glück (vgl. auch Fortuna) 114, 235f£, 258, 269 (Un)glück, s. Unglücksfälle Glückseligkeit 107, 112, 174, 240, 285, 287 Glückswechsel, s. Peripetie Gott 4off., 45-48, 53, 55f., 58ff., 69^., 89, 92, 106,1091"., i67f., 215, 235, 242, 244, 254, 286, 294 Gott, abwesender (deus absconditus) 268 Gottesbeweis, kosmologischer 53 Gottesbeweis, ontologischer 53 Gottesdienst 57 Gottschedianismus XI, 87, 91,119,133,149, 2i5f., 255, 291, 302, 307 Grammatik 146 Grammatik der Körpersprache 135, 139 Grammatik der Schauspielkunst 13 5f. Großmut (magnanimitas) 164, 166, 172, 181, 186, 200, 235, 239, 306 Gründlichkeit (gründlich) 97, 108 Gründlichkeit, demonstrative 64 Grund (vgl. auch Beweggrund) 44,59,107, no, 178 , 195, 29if. Grund, zureichender 37, 39fF., 42, 67, 73, 84, 93, 102, io6f., ii2, 174 Grund, letzter 40 Guckkasten 125 Gut, höchstes (summum bonum) 179, 223, ^35 Gutes 32, 34, 56, 94,102,158,179,197, 204, 232f.
Haltung 158, 169, 234, 273 Haltung, stoische, s. Unüberwindlichkeit Hamartia, s. Schuld Handeln, menschliches 46, 76, 82, 220, 234, 270, 274 Handlung 42f., 46, 86,138, i47f., i52f., 157, 167, i85f., 190, 192-196, 198, 208, 214, 217, 222, 226, 24of., 272, 319 Handlung, freie 57 Handlung (des gemeinen Lebens) 158 Handlung, hohe 161 Handlung, lasterhafte/böse 35,158,165, 234 Handlung, tugendhafte/gute 35, 86, 112, 206f.
Handlungsablauf (-abfolge) 83, 188, 192, 19 5f., 212
Handlungsfiinktion 187, 268 Handlungsreichtum, -Vielfalt 85, 218 Handlungszusammenhang, moralischer 28, 33, 42, 87, 195, 271 Hanswurst (vgl. auch Pickelhering u. Skaramutz) 150, 157, 323, 326 Happy End, s. Ende, glückliches Harlekin (vgl. auch Pickelhering u. Skaramutz) XII, 2,137f., 149,1576°., 279,299, 306, 323, 326 Harmonie 756°., 85, 88,109, 24of. Harmonie, prästabilierte 51 Häßlichkeit (des Bösen, des Lasters) 62 Hauptstadt (kulturelles und staatliches Zentrum) 4ff., 65, 147, 320-323 Haupt- und Staatsaktion 135, 137, i$6f., 165, 3*5 Hegemonie 104 Heidentum 20, 314 Heilige Schrift (Bibel) i8ff., 23, 26f., 43, 51, 53 Heilsbotschaft 20 Heilsgeschehen 24 Heilsökonomie z6i., 243 Heilsplan, s. Vorsehung Held (vgl. auch Charakter u. Figur) 118, 124, 157, 165, 177, 213, 215, 250 Held, barocker 178, 207, 249, 274 Held, antiker 181 Held, bürgerlicher 207 Held, empfindsamer 235 Held, komischer, lächerlicher 242 Held, stoischer 178, 204, 235 Held, tragischer 177, 184, i98ff, 221 Held, unglücklicher 190 Held, vollkommener, idealer 183, 210, 214, 220, 27off.
Held des Trauerspiels 129, 182, 184, 248 Held mit Fehler 184, 209 Herrschaft (vgl. auch Regierung u. Obrigkeit) 167, 171, 181, 238, 256f., 261, 263 Herrschaft, falsche od. wahre, s. Regierung Herrschaft, formale 238 Herrschaft, klerikale 2jf. Herrschaft, personale 238 Herrschaftsordnung 42, 55 Herrschende 57, 160, 166 Herrscher, s. Fürst Herz 139, 172, 174, 230, 232, 234 , 240, 245, 257f., 267, 291
Hilfsmittel begrifflicher Erkenntnis 27, 84, 107, 120, I23f., 291 Hinfälligkeit, s. Unbeständigkeit Hof 6, II, 15, 22, 104, 128, 280, 302f., 32off.,
328 Honestum (vgl. auch Ehrenhaftigkeit) 258 Ideologie des Menschen 66, 276 Ideologisches Bild 164, 276 Ideologische Mächte 14, 19, 48, 57f., 69 Ideologische Ordnung 23 Ideologische Subjektion 56, 167, 238 Ideologische Vergesellschaftung 56f., 263 Idylle 240 Ikone, moralische 179, 181 Illusion 117, 125, 127, 144, 148 Illusionismus 120, 127, 283 Illusionsbildung 124, 126, 128, 135 Illusionsmalerei 128 Illustration (vgl. auch Demonstration u. Bild) 79, 86,190 Imaginäres 44, 78, 125 Imaginäres, allgemeines 47, 83 Imaginäres, rationales 44 Imagination, s. Einbildungskraft Imitatio (imitare) (vgl. auch Nachahmung der Muster) 37f., 89, 96, Indifferenz, moralische I58f. Ingenium (vgl. auch Witz) 94ff., 98, 103 Instanz, herrschaftliche 169 Instanz, kritische 292f., 296 Instanz, moralische 208 Instanz, richterliche (strafende) 62, 242, 258 Instanz, transzendente 78, 86 Instanzengefüge 10, 16, 19, 293 Intellektuelle (vgl. auch Gelehrte) 57f., 168, 214, 216, 246, 260, 305, 309 Intellektuelle, bürgerliche XI, 71"., 13, 104 Intellektuelle, deklassierte 14 Intellektuelle, humanistische 19 Intellektuelle, literarische 15, 20, 25, 142, 260, 278, 290, 301, 303f., 321, 327f., 330 Intellektuelle, religiöse 20 Intellektuelle, ständische I4f. Intellektuelle, theaterbegeisterte 278, 290, 305, 307, 312. Intellektuelle und moralische Reform XI, 57, 59, 246 Interesse (Vorteil) 22, 82f., 174, 240, 244, ^63, 319. 333 Interesse, ästhetisches 253 Interesse, dramatisches 194, 24 3&> 56ff., 113, 284ff. Kirche (Amts-) 57, in Kirche, katholische 9, 25 Kirchenlied 20 Kirchenväter 25, 302 Klarheit (klar) 47, 80, 97, 120 Klarheit, extensive 86 Klassen (gesellschaftliche Gruppen) if, 65*"., 104, 115, 293, 319 Klassik, französische (Klassizismus) i, 3, 22, 24, 2o8f, 302 Klassik (Literatur-) i, 150, 246 384
Kleidervorschriften 279 Klugheit 72,199^, 208, 2iof., 287, 291 Klugheitslehre 62, Soff, 130, 210 Komik (Komisches) 1571"., 160, 241 Komödiant, s. Schauspieler Komödie (als Gattung) 2, i6f., 32f., 84,129, 1491"., 156-161, lögf., 172, 180 Komödie, s. Theater, Schaubühne, Schauspiel Komödie (Besserungs-) I57f., 175, 180 Komödie, italienische 160 Komödie, lasterhafte 159 Komödie, sächsische 175 Komödie, tugendhafte 159 Komödie (Verlach-) 184 Komödie, weinerliche 175 Komödientheorie 158 Kompetenz (Zuständigkeit) XI, 13, 18, 24, 29, 94, I48f. (In)kompetenz 28 Kompetenz/Inkompetenz 122, 167, 176, 257, 292 Kompetenz (Auslegungs-) 47, in, 153 Kompetenz, dichterische 102, iO7f, 292 Kompetenz, philosophische ioif., 105-108 Kompetenz, primäre ideolog. , 108 Kompetenz (Regel-) 122, 292 Kompetenz, sekundäre ideolog. , 138 Kompetenz, schauspielerische I48f., 151 Kompetenz (Urteils-) 169, 292f., 295 Kompetenzschranken i69f. Kompetenzüberschreitung 63, in, 257 Konfessionelle Gegensätze 23, 47, 49, 55 Konflikt, tragischer (unauflösbarer) 197 Konkretes, Konkretion 76, 79, &${., 273 Konsens 13, 63, 296f, 302 Konsens (Zustimmung von oben) 13, 280, 296f., 302 Konvention, rhetorische 91, H4ff. Konzertierung, s. Zusammenspiel Körpersprache 135, I37f, I4if, 264, 310 Kosmos (Kosmologie) 109, 202 Kostüm 118, 135, 149 Kritik (Beurteilungskunst) XII, 45, 67,154, 178, 208, 250, 292f. Kritik, moralische 156 Kritiker (Criticus) 15, 23, 66f., 93, 154, 172, 208, 255, 291-294, 323 Kulisse i28f. Kulisse, drehbare 129 Kultur, bürgerliche 104
Kultur, gelehrte X, 6, 160 Kultur, höfische jff., 15,104,197, 297 Kultur, humanistische 6 Kultur, laizistische 27 Kultur, literarische i, 6, 8, 298 Kultur, nationale 3ff., 197, 206 Kulturgesellschaft, s. Zivilgesellschaft Kulturpolitik 28, 285, 302 Kunst 7,16, 2i, 24, 27, 34, 38f., 92, 94,113, 179, 219, 246, 296, 3241"., 333f. Kunst/Nicht-Kunst 23, 27 Künste (artes) 7, 22, 26, 49, 67, 90, 100 Kunstfeindlichkeit 7 Kunstfreund 305 Künstler 22, 140, 305 Kunstgenuß 68, 333f. Kunstreligion 333 Kunstrichter, s. Kritiker Kunsttheorie, Kunsttheoretiker 2if., 89, 120 Kunstwerk 36f., 39, 123, i28f., 292, 333f. Lachen (Verlachen, Gelächter) XII, 123,158, i69f., 24if., 285 Lächerlich(keit) 66, ij8f., 24if. Laster (lasterhaft) 3if, 35, 55, 62, 83, 87, i57ff., 160, 186, 197, 202, 212, 217, 223, 233, 242f., 247f., 263, 287, 321 Laster, anstößiges (schändliches) 62, 82, 87, 159 Laster, bestraftes 242 Laster, strafbares (vgl. auch Bestrafung) 159, 261 Laster, triumphierendes 162, 182, 272 Laster, unglückliches 244, 247 Laster, unterliegendes 224, 242 Lazzo 123 Leben 25, 32,58, 66,105,137,141, 246, 296, 333 Lebensführung 132, 2o6f., 310 Lehramt 58, 314 Lehrart 33, 62, 105 Lehrer (Lehrmeister) 321"., 103,167, 293, 295 Lehre 17f., 231"., 32f, 42,50, 79, 85,107,112, 133,156,162,172,175,178,190,193,196, I99fif., 203, 208-212, 214, 251, 291, 302, 3i5> 333fLehrgedicht 240 Lehrsatz, s. moralischer Satz Leiden (Dulden) 2041"., 2O7f., 25if. Leidenschaften 82, 139, 152, 175, 178, I99f., 2i9f., 276, 28jf., 288, 305, 321, 327
Lektüre (Lesen) 2, 25, 117, 253, 289 Lektüre der Muster 100, 105 Leser 18, 27, 29, 117, 207, 254, 284, 286, 2891"., 294 Leserevolution 290 Lexikon der Gebärdensprache 136,138 Lexikalisierung der Leidenschaften 136 Licht(verhältnisse) I26f. Licht, gerichtetes 128 Lichtmalerei 128 Liebe 167, 220, 226, 234f, 237, 239^, 246 Liebe Gottes 58, 239 Liebe (Nächsten-) 210, 239, 248 Liebende 178, 323, 332 Liebesverwirrungen 30, 216 Literarisches X, XII, 14,18, 25,131, 217, 250 Literarisierung (des Theaters) X, 14,18,142, 148, 279, 289, 300 Literatur DC-XII, 6,15, i8f., 23, 25, 27, 29f., 32, 63, 87, 94,104,107f., 116, n8f., 137, 145, 153, 209, 246, 286, 289, 296, 301, 3H> 334 Literatur/Nicht-Literatur 23 Literatur, antike 20 Literatur, fiktionale 29, 112 Literatur, heidnische 20, 25 Literatur, höfische 3 Literatur, hohe 296, 331, 333^ Literatur, niedere 296, 331, 333 Literatur, regelmäßige 118 Literatur, schöne 15, 18, 100, 329 Literatur (Volks-) 18, 20 Literatur, weltliche (laizistische) XI, 7, I9f., 24f.
Literaturbegriff, moralischer XII, 76f., 235, 301 Literaturbegriff, objektivistischer 76 Literaturbegriff, philosophischer 76 Literaturbegriff, rhetorischer 76 Literaturgesellschaft if., 7f., I4f., 21, 143, 296, 301, 329 Literaturreform XI, 28, 45, 66, 119, 279, 300, 328 Literaturreformer 24, 55, 134 Literatursprache 3 Literaturstaat 149, 246, 328 Literaturstreit (-debatte) 62, 298, 300 Literaturtheorie 20, 30, 68, 88, 255 Literaturverhältnisse 33, 122, 323 Logik , 226 Logik (der Phantasie) 74 38S
Logik, vernünftige 61 Logisches 44, 72, 302 Logos 70,139, 254 Logozentrismus 451"., 49, 65 Lüge 26, in, 269 lumen naturae 70 Lust i6f., 62, 68, in, 179, 233, 293 (Un)lust 233 Lust, belehrende 17 Lust, erlaubte (unschuldige) i6f. Lust, unerlaubte (böse) 316 Lust (Sinnen-) 17, 25, 293 Lust, wahre 17, 68, 293 Lustspiel, s. Komödie Lutheraner 49, 213, 238 Luxus 26f., 197 Macht (vgl. auch Staatsmacht) 5, 45, 104, 167, 233, 240, 245 ., 2561"., 271 Machtkonzentration (-monopolisierung) 5, 16, 238 Machtpolitik (Machtstreben) 22, 224, 262 magnanimitas, s. Großmut Maler 93,179 Malerei (malerisch) 6, 120 Malerei, poetische 89 Markt 91"., i4ff., 64, 315 Märlein, abgeschmacktes, s. Altweibermärchen Märtyrer 163, 165, 178, I94f., 198, 2O3f., 207, 273, 277 Mathematisches (mathematische Wissenschaften) 44, 76, 105 Mathematiker 69, 105 Mechanisches (Maschinenhaftes) (vgl. auch Welt als Maschine) 42, 44 Meinungsforschung 245 Melancholie 254 Memorieren 143, I45f., ij2f. Menschenbildung 132, 153 Menschlichkeit (menschlich) 145, 170, 172, 197, 236, 24of., 248f., 252, 319, 332 (Un)menschlichkeit 197, 241, 244, 249, 252, 267 Menschwerdung 56, 279 Metapher (metaphorisch) 120, I22ff. Metaphysik 24, 43f., 49, 60, 64, 79, no, 178, 219 Methode, mathematische 44, 105 Methode, philosophische 49, 105 Mimesis (mimetisch) 30, 96, 120 Mimik 127, 129, 135-138, 147, 150 386
Mitleid 152, 159, 173, 183, 1851"., 189, 1981"., 204f., 224, 239, 246, 248, 25of., 255, 327 Modellierung des Körpers 135 Modellierung der Sprache 142 Möglichkeit (Mögliches, möglich) 40-45, 67-74, 76, 78, 82f., 9of., 93, 102, 107, 109, inf., 116, 206, 246 (Un-)möglichkeit (Unmögliches, unmöglich) 39, 44f., 67 Mögliches, logisch 431"., 72ff., 91 Mögliches, mathematisch 72, 74 Mögliches, mechanisch 72, 91 Mögliches, metaphysisch 43f. Mögliches, ontologisch 73, 226 Mögliches, physisch 24, 43f. Mögliches, poetisch 44, 75 Mögliches, theologisch 44, 226 Monolog 150, 217, 219, 231 Moral 29f£, 42, 44, 47, 49f., 62, 65, 75-79, 8if., 85ff, iO7f, 118, 141, 154, 168, 178, 193, 205, 209, 2ii£, 214, 219, 226f., 238, 240, 244, 246f., 249f., 253, 255ff., 272, 274, 276, 282, 286, 295, 301, 305 Moral, bürgerliche 8, 65, 263 Moral, chrisdiche 112 Moral des Herzens 235 Moral, laizistische (natürliche) 112, 248, 305 Moral, praktische 58, 235 Moral, vernünftige 83 Moralform 49, 85, 211 Moralgesetz 33, 46 Moralischer Satz (vgl. auch Satz, allgemeiner) 79, 84-88, 107, I22f., I4i£, 153, i7i£, i9o£, 193, 218, 220, 248f., 319 Moralische Wochenschriften 62f, 78, 113, 115,118,157,179, 233, 278, 294, 3i5f., 334 Moralisierung (der Literatur, des Theaters) 18, 216, 307 Moralisierung des Publikums 255, 304, 316 Morallehre, s. Sittenlehre Moralphilosophie, s. Philosophie, praktische Moralprinzipien 60, 82f£, 86,178,195, 294 Moralwissenschaften 82 Mundarten 65, 147 Musik 6, 15, 26 Musiker 93, 328 Müßiggang, s. Zeitverschwendung Muster (Vorbild) der Literatur 3, 27, 31, 94, 272 Muster, böse 164, 315
Muster der Alten 2of., 89, 94, ioif., 299 Muster der Natur 38, 74, 9off., 96, 157 Muster der Tugend iS^f., 198, 210, 214, 224, 261 Muster der Vernunft 89, Musterbild 96, loof. Mutter 170, 213, 332 Mysterium, s. Geheimnis Mythologie, heidnische m, 212 Mythos 180, 191, 208 Nachäffen der Natur 90 Nachahmer 92f., 108 Nachahmung 36,38,40, 68,73ff., 79£, 88f., 94. 97. 99. loiff, ioji., nyf., 1x38., 133, 174, 191, 218, 277, 295, 322, 326 Nachahmung des Affekts 114 Nachahmung der Alten (der Muster) (vgl. auch imitatio) 2if., 33, 88, 94 Nachahmung der menschlichen Handlungen 29^, 158, 190 Nachahmung der Natur 2if., 24, 27f., 30, 33. 37. 7°, 73. 75. 8? ·> 9°f·. 103, iO7ff, H4ff, 134, 253, 292 Nachahmungsarten 97 Nachahmungsgegenstände 97 Nachbildung 38, 90,123 Nachdenken 57, 80, 83, 86, 96, 124, 202, 206 Nachfolge (Nacheifern) lyf., 252, 323 Narr 158, 160, 163, 170 Nation (Nationales) 149, 174, 209, 282, 321 Nationalgeist (Nationalcharakter) 5, 311 Nationalliteratur Kf, 65 Nationalsprache 19 Nationalstaat ijf, 22 Nationaltheater X, 4,113,135, 283, 307, 311, 318-321, 323, 334 Natur 22, 24, 38, 43, 46f, 60, 70, 73, 89, 9if., 94ff, io9f., ii4ff, 124,137,140-143, 145, 174, 178, 180, 193, 206, 219, 232, 239, 245, 254, 265, 273, 299 Natur, göttliche (vollkommene) 70, 106, 174 Natur, innere 238, 274 Natur, menschliche 114, 142, 258, 294 Natur, schöne 37, 91, 96 Natur, sichtbare 24, 92 Natur, unsichtbare 92 Naturell, poetisches (vgl. auch ingenium) 94-97, ioof., 103, 106, 187 Naturell, gutes 95,
Naturgesetz 46, 55, 73, no, 112, i67ff, ijif., 2-45 Natürlichkeit (natürlich) 114,116,140,144, 168, 220, 264 (un)natürlich in, 164 Naturrecht 62, 67,165,172, 237, 245ff., 258 Naturwissenschaften 43, 49, 67 Neigung 27,112,136, 170, 189, 234, 239 Neues 38, 73, 89, 174 Niederlage des Bösen, s. Laster, unterliegendes nobilitas litteraria, s. Gelehrtenadel Nutzen, lehrhafter (moralischer, sittlicher) 16, 20, 62f., 172, 29of, 293, 316 Nutzen, öffendicher (gesellschaftlicher) 31, 55, 105, 166, 182, 202, 287 Oberhaupt, s. Fürst Obersatz 98 Obrigkeit 10, i2f„ 16, 130, 167, 169, 261, 286 Offenbarung 24, 29, 46f., 53ff, 57, 62f., 69f., 73, inf., 253 Offenbarung (des Logos) 70 Offenbarung (in der Natur) 60 Offenbarung (in der Schrift) 60 Offenbarungswahrheit 536°., 59, 76, 87, mff. Öffentlichkeit 15, i8f, 32, 159, 220, 269, 280, 286, 292f, 312 Öffentlichkeit, literarische 7ff., 14, 18, 292f, 295, 298ff., 302 Öffentlichkeit, plebejische 286 Öffentlichkeit, politische (bürgerliche) 176 205, 2ii, 284, 332 Öffentlichkeit, privilegierte (ständische) 279 Öffentlichkeit, staatliche 7, 14, 113, 166, 172, 205, 220 Ohnmacht 195, 215, 232, 243, 254, 273 Ontologie 31 Oper 6,15, 26,129, 218, 279, 293, 307^ 328 Oper, bürgerliche 328 Oper, höfische n, 128, 165, 280, 328 Oper, italienische 125, 280 Operette 328 Opernhaus 280 Opernkritik 27, 30 Opfer, unschuldige 221, 25of. Optimismus, aufklärerischer 75, 181, 193, 202, 2O4f, 213, 266f. Optimismus des Verstandes 84, 215
387
Ordnung 24, 38, 4iff., yjff., 79, 84, 86, 88, 9of., io9f., 123, lySf., igöf., 201, 206, 209,
2l8, 222,
226,
230,
234,
236,
2J4
(Un)ordnung 24, i96f., 201, 209, 256 Ordnung, ästhetische 44 Ordnung, göttliche (höchste, vollkommene) 42ff., 7jf., 87, 168, 179, 201, 210, 238, 247 Ordnung, logische 41 Ordnung, mechanische 74 Ordnung, metaphysische 196, 2Ooff., 206, 208, 224, 233, 265 Ordnung, moralische 44,112,196, 218, 240, 242, 254 Ordnung (der Natur) 144 Ordnung, physikalische 44,196 Ordnung, prästabilierte 92 Ordnung, vernünftige 166,179, 202 Ordnung, widerspruchsfreie 44 ordo amoris 235 ordo cognitionis 235 Orthodoxie, lutherische 49, yi6f. Orthodoxie, protestantische 130 Orthodoxie, Zürcher 174 Pädagoge, s. Erzieher Pädagogik, s. Erziehung Pantomime 141, 314 Parterre (Parken) i, 175, 276, 282, 3221". Partikularismen, politische 4, 6jf. Parzellierung 28if. Patriot 257, 262, 266-270, 273, 275, 305, 311. 319 Patriotismus, s. Vaterlandsliebe Patriziat 22, 309 Perfektiblität, s. Vervollkommnung des Verstandes Peripetie (Umschlag, Glückswechsel) 192, 200 Person, s. Figur Person, spielende 152 Person, stumme 152 Personal, hohes/niederes, s. Stand Pessimismus des Willens 84 Phantasie (Phantasiewelt) i, 72f., 165, 179, 2S3> 290, 333 Phantasmata, s. Einbildungen Philosoph (Weltweiser) 33, 43, 561"., 69, 93f., 1075., 161, 171, 182, 200, 203, 210, 214, 240, 291, 302 Philosoph, absoluter (philosophus absolute summus) 47, 59, 63
Philosoph, poesieverständiger 102 Philosophie (Weltweisheit) XII, 32, 43, 45, 47-51, 53f., 56-61, 63, 6yff., 78, 91, , iO4ff., no, ii2,116,161,179f., 206, 209, 246, 2pif., 296, 305 Philosophie, absolute 47 Philosophie der Einfachen (Einfältigen) 84, 219 Philosophie, als Magd der Theologie 48 Philosophie, praktische XII, 25,33f., 42, 80, 103, 217, 314 Philosophie, als principium scientiarum et artium 66f., 104 Philosophie, als Wissenschaft des Möglichen 43 Physik 44 Physikotheologie 70 Physiognomik 136,141 Pickelhering (vgl. auch Harlekin u. Scaramutz) 98,157 Pietismus 7ff., 25f£, 49, 235 Pietisten (hallische) 26, jof., 53, 60 Pflicht 85, 99, 102, 108, 123, 132, 169, 172, 2Oif., 214, 220, 226, 23of., 234ff., 238241 Pflicht (Berufs-) 27,133 Pflicht (Bürger-, Menschen-) 27, 182, 269, 295 Pflicht (Dienst-) 15 Pflicht (Herrscher-) 170, 220, 238, 258 Pflicht (Untertanen-) 23of. Pflicht (Vater-) i69f. Pflicht (zum Verstand) 46, 56, 100, io2f., 104, 220 Pflichtenlehre 108, 182, 220 Pflichtenstreit i89f., 238f. Platz, öffentlicher n, 128, 280 Pöbel i, 12,156, 274, 278f., 284, 288, 29o£, 293, 296f., 301, 32of., 324, 327 poema popolare 173 Poet, s. Dichter Poetik (Dichtkunst) XI, 28, 32, 9of., i6o£, 217 Poetik, aristotelische 21, 30, 86, no, 162, 299 Poetik (Humanisten-) 103,161 Poetik (Magister-) 103 Poetisierung der Religion 174 Politicus 103 Politik 2i, 45,49, 67,172,189,205, 236,268 Polizei (Polizeiwissenschaft) 62, 285
Prediger (vgl. auch Geistlichkeit) j/f., 62f., 3H Predigt 7,17, 32, 47, ii2f., 291 Prinzipal (vgl. auch Theaterunternehmer) , 13,133, 289, 309, 317, 323 Privatheit, privater Bereich 159, 166, 194, 205, 220, 269 Privatleute 161, 167, 280, 322 Privileg (Spielgenehmigung) 10,13, 65,296, 308 Probe 134, i^f., 148 Probe/Bühnenprobe 135, 146 Probe/Leseprobe 135, I40f., I52f. Prospekt (Bühnenprospekt) 126 Protestantismus (Protestanten) (vgl. auch Ordiodoxie) 48, 197, 214 Psychologie 34, 95,129 Psychologie, empirische 94 Publikum XII, 8, 11-15, 22£> io6f, mff, 126, 143, i5off., 156, 170, 175, 179, 183, 188, 192, 197?., 200, 202, 208, 213, 223, 240, 248, 255, 276-280, 282, 2841?., 289, 292-297, 301, 304, 307, 3ii£, 316-320, 323-329, 33iff. Publikum, bürgerliches i, 205, 327f. Publikum, gebildetes (kompetentes) 13, 122, 255, 296, 324, 329 Publikum, moralisiertes 278, 329 Publikum, plebejisches (ungebildetes) i, 288, 293, 324 Publikum, räsonierendes, philosophisches 294, 327 Publikum, republikanisches (politisches) 175. 3M. 317 Publikumsvorstellung 1221"., 216, 332 Querelle des Anciens et des Modernes 88 Quidproquo 118, 120,124, 289 Rahmenschau 125, 192 Rampe 128 Ratio, s. Vernunft Rationalismus 34, 44, 235, 263 Raum 118, 191 Raum, geschlossener (Saal) (vgl. auch Theaterraum) I26ff., 2801". Realismus 2if., 23, 109 Rebell 2j6f., 2621"., 266f., 271, 274f. Rebellion (Aufruhr, Empörung) 258, 261, 266f., 27of., 274, 321 Recht 49, 64, 66f., 23if., 238, 258, 285 (Un)recht 258 Recht, positives 62
Rechtschaffenheit, s. Ehrenhaftigkeit Rechtssprechung 32, 82 Rede 182,191, 210, 212, 264 Rede, forensische So Redekriterium 84,117 Redesituation 77, 8of. Redner 79, 94, 98, 106, 133, 143, 150, 180, 182 Reduktion (reductio) 351"., Soff., 84,88, 292 Reflexion, s. Überdenken Reformation 4, 6,19, 57, 246 refutatio, s. Widerlegung Regel(n) i, 21, 23, 28, 32f., 41, 66f., 80, 91, 93f., ioif., 106, 177, 209, 219, 293ff, 299, 30i£, 323 Regel der Einbildungskraft 9j£, 118 Regel(n) des Dramas 134,190 Regel(n) der Kunst 39, no, 135, 292 Regel(n), rhetorische 103,106 Regel(n), poetologische 90, 106, 301 Regel(n) der Schauspielkunst 134, i4of. Regel(n) der Vernunft (Weltweisheit) 45, 66, , no, 292 Regelmäßigkeit 109, 208 Regent, s. Fürst Regie 154 Regie (Auftritts-) 151 Regie (Stellungs-) 151 Regieanweisung 126, 130 Regiekonzept 153 Regierung (Regieren, Regiment) 166, 169, 256, 261, 275 Regierung, gute 12, 156, 161, 171, 175, 244, 247, 254, 259f., 262f., 270 Regierung, üble (schlechte) 171, 257, 259, 266, 270 Regierung des Volkes 324 Regisseur 15, 148, iftf. Reichsstadt 6, 25 Reinigung, s. Katharsis Religion XII, 7f., 19, 29f., 32,50,55,58, 63, i67f., 222, 305, 314 Religion, geoffenbarte 28, HI Religion, vernünftige 63, 222 Religiöses X, 7, 25, 28f., 32, 49 Religiosität 57 Repertoire (Stückauswahl) 10,135,154, 279, 300, 308, 310, 315, 329 Repräsentation (Repräsentieren, Zur-Erscheinung-Bringen) 26,37f., 40,43, 92, , 125, 208, 324
389
Requisiten 126 Residenzstadt 6, 128, 280 Residenztheater 278 Republik, platonische 30 Republik der Vernünftigen 181, 202 Republik, wohlbestellte (vgl. auch Staat) 67,108, 13 2f., 220, 291 Republikanismus 203, 258, 326 res publica litteraria, s. Gelehrtenrepublik Reue 63, 224, 226ff., 23i£, 237, 242f. Rhetorik (Beredsamkeit) 63, 75, 79$., 105, 143, 150, 191, 217 Rhetorik (Beredsamkeit), körperliche I37f., 140, 145 Rhetoriktheorie 84, 191 rhetorische Konzeption (der Dichtung) 77f., 9if. rhetorische Tradition 28, 77, 81, 88, 92,116, 136, 143, 156 Rhytmik 152 ritrarre 37 roi philosophe 245 Rolle , 132, 144, 146-153, 170, 330 Rollenfach 10,148-151 Rollenhierarchie 149, 154 Rollenspiel 150 Roman 7,18, 26£, 30, 78 Rührstück 170, 175, 3306°. Rührung 321, 331 Satire (Satirspiel, Lastersatire) 8, 66, 129, i57ff. Satz, allgemeiner (vgl. auch moralischer Satz) 141, 276 Scaramutz (vgl. auch Pickelhering u. Harlekin) 138 Schaden (schädlich) 29, 203, 236, 270, 315 Scharfsinnigkeit 68, 95f., 98f., 100, 295 Schaubühne, s. Theater Schauspiel if., 9, 15, 18, 26, 3off., 113, iyii., 139, ij6f., 172, 28of., 293, 317, 321 Schauspielakademie 129,132f., 135,144,147, 152, 307, 310 Schauspieler XII, 9-12, 15, 118, I23f., I26f, 130-154, 159, 220, 278-281, 289, 297ff.,
305ff., 309f., 312, 314, 316-319, 321, 323, 329-332 Schauspieler (Berufs-) 9f. Schauspieler (Laien-) 132 Schauspielkunst 130, 132-136, 138, 140-146, 150,152,154, 307, 310, 331 Schauspieltheorie (-theoretiker) 114, 133 390
Schein 24, I78f. Schein des Falschen 174 Schein der Wahrheit (vgl. auch Wahrscheinlichkeit) 109, 118, 123, 160, 281 Schicklichkeit, s. biensdance Schicksal (vgl. auch Fortuna) 182, 190, 22i£, 254 Schicksal, göttliches 181 Schluß (logischer) 85, 97, 100, 122, 202 Schlußverfahren, s. Syllogistik Scholastik 38 Schönes 24, 38f., 75, 92, 109, 120, 255, 333 Schönheit (schön) 19, 37, 39, 75f., 78, 86, 9i£, 109, 292, 299 Schönheit, malerische 141 Schönheit, moralische (des Guten, der Tugend) 62, 78 Schönheit der Schöpfung 78 Schöpfer (vgl. auch Gott) 106, 174 Schöpfung, göttliche 46, 53, 70, 72f£, 78, 174 Schöpfung, künstliche (autonome) 72, 140 Schrecken 173, 183, i85f., 190, 2O4f. Schreibart (vgl. auch Stil) 84, 114, 116, Schreibart, natürliche H4f£, Schrift 2, 23, 43, 47, 53, 142, 288 Schriftsteller, s. Autor Schuld (schuldhaft, Hamartia) 170, 194, 219, 226, 228f., 248, 271 (Un)schuld, leidende, s. Tugend Schule 6, 14, 17, 19, 32, 56, 62, 105, 281, Schule der Geduld (vgl. auch Theater als moralische Anstalt) 182, 334 Schule der Nation 325 Schule, kleine (sinnliche) 59 Schule, große (vernünftige) 59 Schultheater (Schuldrama) 2, ${., 132 Schwärmer (Schwärmerei) m, 235 Seele (Gemüt) 26£, 33, 37, 45, 102, 123, 136, I39f., 152, 245, 253, 294, 324 Seelenheil 27, 333 Seelenvermögen, (-kräfte, Gemütskräfte) 36, 66f£, 93ff., 97, 99, 103 Seelenvermögen, untere 99 Seelenvermögen, obere 139 Seitenbahnen 128 Sentenz (Sentenzenhaftigkeit) 193, 220, 264 sensus communis, s. Gemeinsinn Sentimentalisierung 171, 176, 189, 236£, 240, 242, 252f, 255, 332
Sinn 23, 44, m, 143,146,192, 213, 255 Sinn, ästhetischer 121 Sinn, vernünftiger 158, 335 Sinnbild 1621"., 165 Sinne 341"., 38, 46, 61, 72, 124, 295 Sinnlichkeit (sinnlich) 18, 34, 92, 108, 119, i22rF., 190, 2o6f., 291, 302 Sitten (sittlich) 64, 66, 112, 294, 310, 315, 322f., 332 Sittenlehre (vgl. auch Ethik, Moral) 42, 49, 62f., 108,154, 172, 219 Sittenlehre, stoische 179, 199 Sittenlehrer (Tugendlehrer) 63,113, 315 Sittenmandate 8, 130 Sittenschule, s. Theater als moralische Anstalt Sitze, Sitzreihen 28if. societas civilis (bürgerliche oder Staatsgesellschaft) 130,134, 166, 175 societas domestica (Hausgesellschaft) 166, 175 societas naturalis (natürliche Gesellschaft) 166 Sohn 223f., 229 sola-fide-Lehre 189 Souverän (vgl. auch Fürst) 82,163,165, 237 Souveränität 163, 166, 259 Spiel 131, 134, I47f., 150 Spiel, stummes I5off. Spielgenehmigung, s. Privileg Spielvorlage 131 Spinozismus 50 Sprache 44, 641"., 104, 139, i^if., 146, 246, 254. 323 Sprache des Körpers, s. Körpersprache Sprache, literarische (dichterische) 137, 142 Sprache der Moral 77 Sprache der Natur (natürliche) 114, 264 Sprache der Seele (des Herzens) 139, 141, 264 Sprachnormierung I46f. Sprachrichtigkeit ^6 ., 152, Staat (vgl. auch Gemeinwesen, Republik) XI, 5, 7,14, 22f., 3if., 58f., 64f., 113,131, 166-172, i74rF., 189, 2iof., 220, 226, 238, 258, 262, 265rF., 269, 274, 2855., 302, 307. 309. 3"f·, 317. 3^5. 334fStaat, absolutistischer 14, 104 Staat, ästhetischer 176 Staat, christlicher 31 Staat, frühmoderner 23, 103, 243
Staat (Fürsten-) 16, 22, Staat, innerer 27, 55, 175, 237, 286, 305 Staat, moralischer XI, 27if. Staat (Territorial-) 4, 22 Staat (Wohlfahrts-) 258, 287 Staat (Zentral-) 4,104, 320 Staadichkeit 163 Staatsaktion 1651"., 2O5ff., 276 Staatsapparat 4, 7, 32, 317 Staatsbürger 18, 31, 63, 82, i3if., 189, 204, 236, 263, 279, 284fT., 312, 320, 326 Staatsbürger, idealer 28, 262 Staatsbürger, vernünftiger 55 Staatsdiener (Staatsdienst) 262, 265, 273 Staatsfeind 82, 239, 266 Staatskirche 25, 258 Staatskultur, absolutistische 3f., 2if., 302 (Staats)macht jf., 10, 13, 25, 170, 257, 271 Staatsmann (Staatsleute) 157, 165^, 194, 204 Staatsmaxime 130, I7if. Staatsraison 2i3f., 258 Staatstheoretiker, (-gelehrte) 171, 285 Staatstheorie, (-lehre, -Wissenschaft) 62, 65, 82, 130, i62f., 166, 169, 210, 237, 258, 260, 262f., 269 Staatsdieater 32, 285, 307, 309, 319, 329 Staatswohl (vgl. auch Gemeinwohl u. Interesse, öffentliches) 211, 247, 257, 262, 285 Staatszweck 258, 263, 285, 287 Stadtrepublik (Kommune) 7, 22, 25 Stand ii, 114,143,149 Stand, hoher (Herrscher-) I56f., 161, 166 Stand, niederer (Privat-) 157, 161, 166 Standesausgleich 332 Standesunterschiede 83,161, 282 Stände 4, n, 65, 282, 324 Ständegesellschaft 77, 85 Ständeklausel 77, 83, i6if., 165f., ijof., 176, 200, 204, 216 Ständeordnung 3, 77, 85, 143, 166, 28if. Ständeschranken 105, 279 Standhaftigkeit (Beständigkeit, constantia) 77, 164, 166, 170, lySf., i8if., 189, 194, 202ff., 205, 208, 2i3f., 216, 247, 249, 272f., 275 Standhaftigkeit, antike 179, 202 Standhaftigkeit, christliche 179, 202, 204 Standhaftigkeit, stoische 198 Stegreifkomödie, (-dieater) I49f., 323, 335 391
Stegreif (Extempore) 145, i47f., 150 Stellung(en) 130, \yjt. 140,1435., 148, 314 Stil (literarischer) 21, 322 Stil, natürlicher 114 Stilideal, horazisches 158 Stillehre (Drei-) 164 Stoff, antiker 2i6ff. Stoff, barocker 177,193, 273 Stoff, christlicher 24, 26 Stoff, hoher 175 Stoffwahl 76,106, i77f., 277 Stoizismus (stoische Tradition, stoische Secte, Stoiker) 166, 177,179-182 Stoizismus, scheinhafter (antiker) 181,185 Stoizismus, wahrer (christlicher) 202, 206 Störrkopf, s. Eigensinn Strafe (vgl. auch Bestrafung) 58f., 164,167, 192, 244, 268 Strafe, göttliche 58, 267^ Stückauswahl, s. Repertoire Subjekt 58, 78, 295 Subjekt, erkennendes (erkenntnistheoretisches) 55, 89, 233, 295 Subjekt (Kunst-) 154, 333 Subjekt, moralisches (moraltheoretisches) 55£, 107,179, 2731"., 295 Subjekt (des Rechts) 82 Subjekt, religiöses 274 Subjekt (des Staates) 56, 285f. Subjekt, unvernünftiges 56 Subjekt, vernünftiges 55,179 Subjektion (Unterwerfung) (vgl. auch ideologische Subjektion) 56, 224, 229, 229, 237-240 Syllogismus 42, 244 Syllogistik 54, 97, 99 Tableau 129^, 151, 153,171,192 Text, literarischer 18, 6z, 138, 141, 145, 148, 150, 289, 329 Textbeherrschung 146 Textstudium 135, 145 Texttreue 154, 289f. Theater (Schau-Bühne) Xlf., if., 8ff., i6ff, 24f., 32, 63, 112, II7-I2I, I23ff., 128-132,
I38f., 144, 149, 154, 156, 166, 171, 175, 208, 216, 255, 278ff., 283-291, 300, 302305, 307, 309-311, 3H-3I7, 3i9f·, 323329, 33iff, 335 Theater, als kleine Welt 12 Theater, als moralische Anstalt XI, 9,14, 31, 56,113,216, 303ff, 3i2ff., 316, 326f., 332, 334
392
Theater (Berufs-) 9 Theater, bürgerliches 128, 326 Theater, geisdiches 9, 128, 324 Theater, höfisches (Hof-) 128, 279, 282, 324, 327f. Theater, (Laien-, Liebhaber-) 132 Theater, literarisches if., 119, 125, 133f., 142, 149, i5if., 288f., 299f., 303, 310, 314, 316, 330 Theater (Marionetten-, Puppen-) 300, 3i8f., 3M Theater, öffentliches 91"., i5f., iSof., 284 Theater, reformiertes (gereinigtes) 113, 313316, 323, 330 Theater (Sprech-) 128, 328 Theater, stehendes (festes) 15, 132, 309, 328f. Theater (Volks-) X, i, 8, 10, 289, 325 Theaterarchitektur, -baukunst 2791"., 282 Theateraufruhrung 113, 128, 153, 208, 216, 306, 316, 329 Theaterbesucher (-publikum) 18, 285, 288, 290, 294 Theaterbilder 130 Theaterdirektor, -leiter (vgl. auch Prinzipal) 309f., 312 Theaterfeindschaft, religiöse 16, 307 Theaterfeindschaft, bürgerliche 128 Theaterfreunde, (-liebhaber) 128, 316 Theaterkritik 15, 133, 151 Theaterleidenschaft 311 Theaterraum 128, 28if. Theaterreform XI, 14, 28, 31, 112, 118, 134, 177, 255, 284, 296-300, 303, 308, 310, 317, 320, 326, 330, 335 Theater(reform)bewegung XI, 289, 309 Theaterreformer 128, 131, 134, 279, 28if., 284, 286£, 294, 298, 310, 3i2ff., 316, 319 Theaterroman 153, 278 Theaterschule (Pflanzschule für Schauspieler) 137, 3i6f. Theatertheoretiker (vgl. auch Schauspieltheoretiker) 125, 129, 310 Theater- (Schauspiel-) truppe (vgl. auch Wandertruppe) 96°., 15, 279, 281, 296, Theaterstreit 113, 313, 316 Theaterunternehmer 309, 312, 318 Theaterverbot 9, 16, 130 Theaterverhältnisse i, 154, 302, 316, 324 Theaterzeitschriften 302, 329 Theodizee 63, 184, 202, 213, 225, 242
Theologe (Gottesgelehrter) 14, 48, 57, 62,
Tugendlehre (vgl. auch Sittenlehre) 63,102, "3.179 Tugendlehrer, s. Sittenlehrer Theologie XII, 47-51, 53, 581"., 61, 65,162 Tugendschule, s. Theater als moralische Theologie, rationale 62 Anstalt Theozentrismus 65 Tiefsinnigkeit 97, 100, 295 Tyrann (Unterdrücker) 163,165, i94f., 204, Tier 12, 56, 278£, 288 257, 268, 274f. Übel 63, 213 Tochter 193, 207 Toleranz 197, 210, 22if. Überdenken (Reflexion) 97, 295 Totalität, s. Ganzes Überredung (Überredungsstrategie, perTraditionsmächte 23, 120 suasio) 33, 76, 88, 91, 114 Überredungszweck 85, 88 tragldie classique i43f„ i73ff., 216 Tragik 214, 272 Unbeständigkeit der Welt (instabilitas, Tragödie i6f., 25,321"., 129, i6off., 169, i72f., caducitas) i62f., 178 Unbeständigkeit des Menschen (vgl. auch 184, 213, 215, 260 Tragödie, griechische 216, 218, 299 Standhaftigkeit) 274 Trauerspiel 77, 83f., 129, 143, 157, 159-163, Unglücksfall (Unglück) 32, 165, 172, 188, 168, i7off., i74ff, i79f., 182, 186, 195, 190, 194, i98f., 203ff, 2o8f., 22if., 225, 197, 2Oof., 2O5, 2IO, 212, 215, 222, 246, 236£, 243, 264, 275 Universität (vgl. auch Akademie) 14,17,19, 272,324,330 45, 48, 5of., 57, 61, 63 Trauerspiel, aufklärerisches 242 Trauerspiel, barockes i63ff„ 173, 175, i77f., Untergang 192, 198, 213, 219, 249, 271 196, 205, 263, 273, 275 Unterricht 32 Trauerspiel, bürgerliches DC£, 77,170,176, Unterscheidung von Amt und Person 238, 196, 207, 243, 248, 324, 331, 334 245 Trauerspiel, heroisches 277, 334 Untertan 10, 21,130,162,166-170,175, 224, 226, 229f., 237, 239, 242, 247, 257f., Trauerspiel, klassizistisches 256 Trauerspiel, politisches 174 263, 265f., 275, 285, 334 Traum (träumen) 74, 158, 274 Unüberwindlichkeit (vgl. auch Apathie) Triumph des Guten, s. Tugend, triumI78f., 181, 184 phierende Ursache 32, 42ff., 112, 198 Tugend (Tugendhaftigkeit) 23, 35, 62, 83, Ursache, letzte 42 87, 93, 108, ii2,132, 139, 157, 166, 179, Urteil 34, 97(1"., 294!!". 181, i83ff., 189, 197, 199, 2oif., 2o6f., Urteil (Erfahrungs-) 97 211-214, 217. ^23, 234, 240, 247, 263, Urteil (Folgerungs-) 97 267, 273, 287, 306 Urteil, symbolisches 97 Tugend, belohnte (glückliche) 63, 242, 244, Urteilskraft (iudicium) 95, 97-101,107, 296 Urteilskraft, natürliche 100 247 Tugend, christliche 112 Vagabund (wanderndes Gesindel) 9, n, 16, Tugend, philosophische (sich bewährende) 130, 132 112, 1941"., 291 Vanitas 183 Tugend, republikanische 189, 260, 263 Vater 142, 167, i69f., 175^, 178, 223f., 239, Tugend (Schein-) 186, 210 265, 294 Tugend, stoische 199 Vater (Familienvater) 59, 115,166-169, 79> Tugend, triumphierende (siegende) 213, 224, 239. 332 224, 240, 242 Vater (Gottvater) 59, i67f., 239 Tugend, unglückliche (leidende) 182, i89f"., Vater (Landesvater) 59, 166-169, 176, 211, 194, 204!·., 214, 272 224, 236f., 239 Tugendgemeinschaft, s. Gemeinschaft Vaterlandsliebe (Patriotismus) 197, 263, Tugend-Laster-Gegensatz 183, 217, 269, 265, 27i£, 274f., 318 271, 285 Vatermord 176 69, 103, 222, 314, 316
393
Verantwortung (Verantwortlichkeit) 57, 102, 133, 135, 335 Verbindung von Intellektuellen und Einfachen XII, jSf., 29P, 292 Verbürgerlichungsprozeß 104 Verdienst 23, 103, 244^ Vereinheitlichung 62, 64!$., i^6f. Verfehlung (Vergehen), s. Versehen Vergänglichkeit, s. Unbeständigkeit Vergesellschaftung (-form, -handeln) 166, 236, 262, 28 jf. Vergesellschaftungsmacht 14, 256 Vergesellschaftungstrieb 258, 262, 265 Vergnügen, s. Belustigung Verhältnis, pädagogisches 295 Verhältnisse, gesellschaftliche 76, 124, 167, 196, 321 Verlachen, s. Lachen Vernünftige 56, 158, 222 (Un)vernünftige 56,121, 215 Vernünftigkeit 63, 73, Vernünftigkeit (der Dichtung) m, 119 Vernünftigkeit (der Welt) 46, 164, 208 Vernunft (vernünftig) 23, 34ff., 39, 43, 471"., 53ff, 57, 64f. 69, 73, 85, 97-101, 104, io6f., 108-112,119, i2i, 125,141,164,174, 197, 2O2, 2O5ff., 214, 22O, 222, 240,
245,
286, 291, 294,311,314 (Un)vernunft ( unvernünftig) 36, 222 Vernunft, gesunde 83, 99, loiff., 152, 158 Vernunft, göttliche 47f, 87, 158, 215 Vernunft, korrumpierte 50 Vernunft, künstliche 99, Vernunft, menschliche 49, 53f., 67, 87, no, 294 Vernunft, natürliche ioo£, 106, 222 Vernunft, philosophische 47, 58, 106, 108, ii2, 291 Vernunft, praktische 84 Vernunftbildung 47,104,106, Vernunfterkenntnis, s. Erkenntnis Vernunftgründe 100, 235 Vernunftlehre (vgl. auch Logik) 50, 53, 55, 6 , , io5f., 295 Vernunftlehre, natürliche 99 Vernunftlehre, künstliche 99 Vernunftnatur 37, 91, 96,109, 174 Vernunftprinzipien 42, 47, 66, 84, 293^ Vernunftschlüsse , 288 Vernunftwahrheit 53, 55, 76, H2f. Vers (Verskomödie) 143, 217, 296 394
Versehen (Verfehlung, Vergehen) i47f., 20l, 2ii, 226, 231, 233, 239, 250, 271 Versinnlichung 118, 143, 174, 276 Versmacher 27 Verstand 33, 351"., 39, 41, 531"., 56, 67, 81, 94, 99, 102, i05f., 109, i22f., 125, 133, 174, 220, 235, 255, 279, 293ff. (Un)verstand 279 Verstand, diskursiver 80 Verstand, götdicher (unendlicher) 46, 54, 69, 70-74, 80, 85, 92, noffi, 245 Verstand, menschlicher (endlicher) 54, 6972, 75, 87, iiof., 332 Verstand, philosophischer 108 Verstand, reiner 72 Verstand, scharfer 106 Verstandesaufklärung 235 Verstandesbildung 46, 56-59, 100, 105, 295 Verstandesinspiration 70 Verstandeskraft 55 Verständige (vgl. auch Gelehrte) 121, 296 (Un)verständige (vgl. auch Ungelehrte) 121, 296 Verstellung (Verstellungskünste) 131, 187, 189, 245, 330 Versuchung 188,194, 241, 273 Verteidigung der Literatur (der Poesie) 18, 27,87 Verteidigung des Schauspielers 12,131 Verteidigung des Schauspiels (der Schaubühne) 305, 313, 327 Vertrag (Gesellschafts-) (pactum unionis) 82, 166, 2ii, 245, 258 Vertrag (Herrschafts-) (pactum subiectionis) 166, 246 Verwirklichung der Vernunft 205, 211, 213, 226, 246, 267, 273f. Verwicklung, dramatische 185, 196, 201, 206, 226, 234, 277 verworren 64 Vervollkommnung 171, 195, 201, 234 Vervollkommnung des Verstandes 45, 50, 87. *34 Verzeihung (Vergebung) 224, 227, 23of, 234f, 242 Verzweiflung 181, 202, 242 vir bonus, s. Ehrenmann Volk 16, 31, 57f., 113,128,130,168,175, 211, 217, 220, 246, 255, 289, 291, 321, 324^ Völkerrecht (ius gentium) 172, 174 Volksaufklärung 64
Volksaufstände 163, 259 Volksbelustigung 16, 65, 255, 335 Volksglauben 20 Volkskultur 26 Volksliteratur (Volksbuch) 18, 20, 29, 39 Volksmasse (Volksmenge) ioff., 171, 174, 284, 296, 331 Volkssprache 19 Volkstheater, s. Theater Vollkommenheit 17, 68, 71, 73, 75, 77, 79, 83f., 102, IO7,
183, 195-198, 201,
220,
235, 240, 246, 277 (Un) Vollkommenheit 195 Vollkommenheit (der Erkenntnis) 103 Vollkommenheit, falsche (vermeintliche, Schein-) 108, 121, 244, 246, 293 Vollkommenheit, göttliche 46, 67, 71-74, 76, 83f., no Vollkommenheit der menschlichen Handlungen (vgl. auch Moral) 87, 138 Vollkommenheit des Kunstwerks 140 Vollkommenheit, mechanische 86 Vollkommenheit, menschliche 48, 87, 107 Vollkommenheit, metaphysische 140 Vollkommenheit, moralische 78, 86 Vollkommenheit, wahre (beständige) loyf., I2i, 131, 293 Vollkommenheit, zusammengesetzte Vollständigkeit 47, 72 Vorbild, s. Muster Vorhang 128 Vorhang (Haupt-) 128 Vorhang (Zwischen-) 126 Vorsehung (Providenz) 26, 78, I78f., 181, 184, 190, 202, 208, 214, 224, 232fF., 237f., 240, 242f., 247, 255, 265, 267 Vorstellung (vgl. auch Einbildung) 36fF., 40, 42, 671"., 72, 85, 95, 102, 107, ngf., i23fF., 138, 156, 164 Vorstellung, deutliche 99,102,107 Vorstellung, undeudiche 102 Vorstellung, falsche, unerlaubte 36, 102 Vorstellung, fiktive 40 Vorstellung, lebhafte 36, 117 Vorstellung, materialisierte (vgl. auch theatrale) 36 Vorstellung, ordentliche 68, 87, 209 Vorstellung, unordentliche 68, 209 Vorstellung, richtige, erlaubte 37, Vorstellung, sinnliche 34, ii)f., 287 Vorstellung, theatrale 1321!, 213
Vorstellung, vernünftige 43 Vorteil, s. Interesse Vortrag, s. Deklamation Vorurteil 35, 65, 228, 294 Vorurteil über den Schauspieler 123, 330 Wahrheit(en) 28f., 34, 62, 76, 81, 85, 88,113, 119, 122-125,134.137. HL 164.172, 174. 2
£, 214, 235, 265
Wahrheit, allgemeine 72, 81, 86, 122, 165 Wahrheit, besondere no Wahrheit, biblische igf., HI Wahrheit, chrisdiche 19 Wahrheit, dichterische (poetische, literarische) 20, 69, 87, mf. Wahrheit, endliche HO Wahrheit, ewige (göttliche) 20, 26, mf. Wahrheit (des Ganzen) iioff. Wahrheit, historische 69, 81 Wahrheit (der Kunst) 37 Wahrheit, moralische 113, I2off., 165, 191 Wahrheit, natürliche 24, 54 Wahrheit, notwendige 45 Wahrheit, (Schein-) 34 Wahrheit, zusammengesetzte 106 Wahrnehmung 125 Wahrscheinlichkeit 24, 28f, 68, 76, 88, 93, 106, iO9ff., ii3f., n6ff., I23f., I28f., i34f., 138,144, 151,156, I58ff., 174, 191, 2o8f., 212, 2I7fF., 224,
284,
323
Wahrscheinlichkeit, dramaturgische 113, H7f., 135, 284 Wahrscheinlichkeit, hypothetische 116 Wahrscheinlichkeit, poetische 68, 109 Wahrscheinlichkeit, rhetorische H3f., n6ff. Wahrscheinlichkeit, universalistische logfF., 1131"., 116, 118 (Un)wahrscheinlichkeit 117, 147, 156, 173, 190, 212, 217 Wand, vierte 128 Wanderbühne, (-theater) 13-16, n8, 126130, 146, 157, 165, 280, 282, 289, 298, 318 Wandertruppen i, 10-13, 16, 126, 145, 278, 28of., 298, 308, 323, 325, 329 Weisheit 45, 211, 220, 306 Weisheit (Gottes) 46, 54, 63 Welt 213, 273, 294, 326 Welt, anderer Zustand 89 Welt, beste aller möglichen 71, 73, 202, 204, 240 Welt, erdichtete 106 395
Welt, als Maschine 45, jj£. Welt, mögliche 70, 72, 74, 81, 92, no Welt, moralische 82, 161, 241, 251, 270 Welt, physikalische 82 Welt, sichtbare 375., 40, 92 Welt, unsichtbare 92 Welt, vorhandene (reale) 106, no, 112 Weltordnung, moralische XII, 118,166,192, 20J, 207, 222f.
Weltordnung, rationale 195,198, 206 Werk, literarisches 15, 25, 106, 108, 121, i42f., 154, 208, 255, 327 Werk Gottes 26, 54 Werk, menschliches 67, 70 Wert 223, 273, 316, 332 Wert, literarischer 4, 13, 20, 23, 319 Wert, moralischer 3, 224, 273, 3055., 316, 319*"·. 3*6 Wert, religiöser 13 Werteopposiüon 197, 212, 2235., 2$6f. Wesen (der Dinge) 24, 40, 45, 78,109,149» 179, 270 Wesen (der Dichtung/Poesie) 93,102,108 Widerlegung (refutatio) 183 Widerspiegelung X, 324, 326 Widerspruch (Satz des) 40, 67, 93 Widerspruchsfreiheit 29,39f., 42,71,73,75, no£, 174 Widerstandsrecht 2j8f. Wiederherstellung 258, 265, 270 Wille (voluntas) 33, iozf., 108, 190, 220, 234f., 237 Wille, freier 102 Wille Gottes 41, 4jf., 59, 72, 222, 227 Wille, moralischer iO2f. Wille, väterlicher 59, 224 Wille, verfehlter 192 Wille, vernünftiger 103 Willkür, (willkürlich, Belieben) m, 197, 2-45 Wirklichkeit (wirklich) 39-42, 7dff., 76-79, 91, 125, 134, 142, 215, 227, 2451"., 258, 26lf.
Wirklichkeit, historische 39, 75, 160, 2i2f. Wirklichkeit der Kunst 327, 333f. Wirklichkeit, natürliche 75 Wirklichkeit, vernünftige 160, 206, 215 Wirkung 26,3j£, 426°., 47,81,86, i2of., 124, 143,152,175,204,276f., 29i£, 295,320 Wirkung (falsche od. üble) 26f., 179 Wirkung, kathartische 200, 204
396
Wirkung, moralische 271"., ii2f., IM, 180,292 Wirkung, sinnliche (von Kunst, Literatur, Schaubühne) 27, 33,118, IM, 292 Wirkungsabsicht 2,123,177,182, 277 Wirkungsmittel, s. Hilfsmittel Wissen 36, 43, 45f., 49, 57, 62, 65,105,167, 174,179,191, 226, 228, 233, 292 (Un)wissenheit (Nichtwissen) 57,174,167, 174, 208, 226, 234, 288 Wissen, anschauliches 191 Wissen, geschichtliches 191 Wissenschaften 43, 67, 72, 79, 97,100,105, ni, 133,138, 206, 288 Wissenschaften, empirische 49, 301 Wissenschaft der Regeln , 176 Witz 18, 46, 68, 95-101, 116,133, i38f., 145, 149,165, 288, 295, 314 Wohlgefallen, interesseloses 333 Wohlfahrt (vgl. auch Staatswohl u. Gemeinwohl) 63, 167, 246f., 285 Wohlfahrtsstaat, s. Staat Wohlstand, s. biens^ance Wolffianismus (Wolff-Schule) XI, ji£, 55, 59ff., 63, 65,116,160,192,202, 233, 235, 248, 289, 30if., 335 Wolffianismus, radikaler 52, 267 Wollust 179,197 Wort Gottes 26£, 70, in Wort, leeres 53, 59, 64, 75, 119, 145 Wortinspiration 70 Wunder 54 Wunderbares 24, 73 Wut (über den bösen Verfolger) 198 Zeichen 119,152, 165 Zeichen, konventionelles 120,137,141, 264 Zeichen, natürliches H9ff., 123, 1361"., 141, 264 Zeichen, sprachliches 85 Zeichen, willkürliches ii9£, 136, 141 Zeit 118, 144, 191 Zeitverschwendung (Müßiggang) 16, 26, 131, 286f, 3i5f. Zensor, innerer 170 Zensur 22, 29,154, 284, 335 Zerstreuung (Zeitvertreib) 9, 25, 27, 35, 144, 287, 320 Zeugen 92f. Zivilgesellschaft (Kulturgesellschaft) (vgl. auch bürgerliche Gesellschaft u. societas civilis) 16, 57, 104 Zorn Gottes 59
Züchtigung der Lastet, s. Bestrafung Zuhörer 283, 286 Zusammenhang der Dinge 39, 47, 88, 214 Zusammenhang (der Wahrheiten) 46, Zusammensetzung (Verknüpfung) der Dinge 39, 45, 69, 74, 77, 79 Zusammensetzung (Verknüpfung) der Dinge, gegenwärtige 39, 71, 79 Zusammensetzung (Verknüpfung) der Dinge, andere 40, 79 Zusammenspiel (Koordination, Konzertierung des Spiels) 135, i47f., I5o£, 154 Zusammenstimmen der Absichten 73, 86, 112, l6l
Zusammenstimmen der Teile (Ordnung) 86, 160, 206 Zuschauer 117,138,148,156, i64f., 170,183, 197-202, 2O4f., 207, 220, 226, 228, 231,
9.2
279, 283, 288ff., 295, 321, 324, 326, 332 Zuschauer, impliziter 250 Zuschauerraum 127, 282f. Zwang 56, 57, 59 Zweck 4if., 73f., 776, 107, 333 Zweck, äußerer 78 Zweck, höchster (letzter, götdicher) 41, 77, 265 Zweck, konkreter 77 Zweck, moralischer jtf., 107 Zweck, natürlicher 265 Zweck, universaler 76 Zweckdichtung 76 Zweckmäßigkeit (subjektiv-allgemeine) 78 Zwecksetzung 73, 77 Zwischenbegebenheiten i88,i9of.,i93ff., 213 Zwischenfabel 190
Namenregister
Abbt, Thomas 260 Abraham a Santa Clara 81 Abrams, Meyer Howard 253 Ackermann, Konrad Ernst 151, 289, 3C»7f., 310, 313, 33of. Ackermann-Schröder, Sophie 330 Addison, Joseph 176, i93ff., 198, 203, 207 Adelung, Johann Christoph 158 Alafberg, Fritz 154 Alberti, Georg Wilhelm 315 Alfieri, Vittorio 203 Alt, Heinrich 25 Althusser, Louis 167 Anderson, Perry 5 Aretin, Karl Otmar Frhr. v. 245 Aristoteles 2off., 24, 28, 30, 69, 76, 79, 88f., 94, no, 117,162,184,190, 200, 212, 218, *99> 334 Arntzen, Helmut 177, 184,186, 194^ Aubignac, Francois-He'delin Abbe" de 31, 45, 117, 153, 191, 2o8f., 28if., 315 Auerbach, Erich 281 Bachtin, Michail 170 Baeumler, Alfred 63, 66, 86, 98 Baif, Lazare de 162 Balet, Leo u. Gerhard, Eberhard 3, 6, 15, 280, 328 Bardies, Roland 38, 78
Bassewitz, H.A. 206 Bastian, Hagen 8 Batscha, Zwi 62,166 Batteux, Charles 90,105 Baudrillard, Jean 38 Baumgarten, Alexander Gottlieb 38, 64, 98,120, 302 Bächtold, Jakob 180 Benjamin, Walter 22, i62ff., 178, 190, 263, 273 Bidermann, Jakob 243 Bing, Susi 91 Birke, Joachim 22, 27, 40, 66f., 78, 92, 292 Birken, Sigmund v. 263 Blackall, Eric A. 6 Bloch, Ernst 6, 42, 235, 258 Bode, Johann Joachim Christoph 309, 317 Bodmer, Johann Jacob 68, 89, 95,120, 122, 136, i6o£, 172-176,180, i98f., 2i7f., 241, 248, 250, 260, 298, 300, 331 Boehn, Max v. 3 Boie, Heinrich Christian 320, 322 Bonassies, Jules 134 Borinski, Karl 27 Bosch, Herbert 274 Bossu, Le 79 Bourdieu, Pierre 14 Bourel, Dominique 50, 60 Böll, Heinrich 330
397
Brandes, Johann Christian ii£, 130, 148, 150, i$9, 243, 250, 330 Braun, Julius Wilhelm 259, 271 Brauneck, Manfred 9 Brawe, Joachim Wilhelm v. 243, 248 Bredekamp, Horst 7, 26 Breitinger, Johann Jacob 68f., 72ff., 89, 92fr"., ngf., i6of., 174, 178, 217 Briegel-Florig, Waltraud 88 Brockes, Barthold Hinrich 125 Bubbers, Adolf 309 Budde, Johann Franz 45, 47, 52 Calepio, Pietro Graf v. 173, i98f., 203 Campo, Mariano 74 Carpov, Jakob 52 Cassirer, Ernst 32, 43, no Castelvetro, Lodovico 161 Casula, Mario 54f. Chodowiecki, Daniel 130 Christ, Joseph Anton 12 Cicero, Marcus Tullius 183 Clodius, Christian 304 Clodius, Christian August 3040°. Colbert, Jean Baptist 322 Corneille, Pierre 165, 173, 182, 198, 200, 2o8f., 322 G^billon, Prosper Jolyot de 260, 322 Croce, Benedetto 302 Cronegk, Johann Friedrich Frhr. v. 311, 319 Cyprian, Ernst Salomon 53 Dacier, Andre1 24, 28, 162, 218 Dalberg, Wolfgang Heribert von 135,154 Danzel, Theodor Wilhelm 132, 173, 215, 2171"., 257, 297, 300, 302 Daunicht, Richard 297, 311 Demosthenes 143 Dennis, John 166 Descartes, 92, io6, 174 Deschamps, Fran9ois-Michel Chretien 176, I93f., 198, 203 Devrient, Eduard 134,149, 289, 312 Diderot, Denis 127, 321 Diebel, Monika 25 Diebold, Bernhard Ludwig 149 Diederichsen, Diedrich 307, 330 Diomedes 161 Doebbelin, Carl Theophil 328 Donzelot, Jacques 170, 236 Dresdner, Albert 20 Dreyer, Johann Matthias 308 Dürrenmatt, Friedrich XI 398
Dyck, Joachim 164 Eberle, Christian Gottlieb 53 Edelmann, Johann Christian 52 Eichhorn, Herbert 289, 308, 312 Eichner, Siglinde 82, 88, Ekhof, Konrad 129, 132-135, 142, 144, 147, ij2f., 307, 33if. Elias, Norbert 3f. Engel, Johann Jacob 130,141, 334 Entner, Heinz 19, 23 Epikur 179 Eschenburg, Johann Joachim 124 Fenelon, Francois de Salignac de la Mothe 30, 144, 219, 299 Fietkau, Wolfgang 242 Flemming, Willi 9,12,14, 125, Fletcher, John 322 Fontenelle, Bernard Le Bouyer de 109,114 Fontius, Martin 21, 27, 30, 37, 89 Formigari, Lia 202 Foucault, Michel 281 Francke, Gotdiilf August 51 Francke, Hermann August 50, jgf. Frank, Horst Joachim 62 Freier, Hans 66, 916 Frenzel, Elisabeth 180 Frenzel, Herbert A. n, 125,146,180, 278ff. Friedrich II. i, 61,183, 320, 328 Friedrich V. 247 Friedrich Wilhelm I. jif., 59, 61, 257 Fueßlin, Johann Conrad 262, 271 Gabler, Hans Jürgen 6, 284 Gabler, Werner 278, 282 Gadamer, Hans Georg 84, 128, Gadet, Frar^oise 44 Gaede, Friedrich 66, 86, 97 Garber, Jörn 62 Garber, Klaus 4, 6, 221"., 28, 166 Gassendi, Pierre 69 Geffcken, Johannes 313 Geliert, Christian Fürchtegott 62,113,13if., 135, 149, ij3f., 160, 235, 25if., 286f£, 29of., 313 George, David E. 77,163 Gillet, Joseph Eugene 166 Ginsburg, Carlo 169 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 62, 320, 322 Goedie, Johann Wolfgang i, 10, 12, 116, 130, 132, 148, 153, 254, 278, 283, 30of., 304, 306, 308, 323, 326, 328, 33if., 334
Goeze, Johann Melchior 9, 12, 20, 313-317, 327 Gösch, Josias Ludwig 285 Gottsched, Johann Christoph XI, i£, 8, 13, i6f., 19, 22ff., 27-31, 34, 36, 39f., 45f., 48, 51, 6if., 64, 66-70, 72-80, 83f., 87124, 126, 129, i32f., i35f., 139, 141, 143146, 150, ij3f., 156-162, 164-167, 169173, 175-226, 233, 235, 240, 244ff., 250, 257^, 263, 271, 277, 28of., 284f., 288304, 3o6fF., 311, 313, 315, 320, 325ff., 330, 334fGottsched, Luise Adelgunde Victorie 158, 161, 180, 283, 297, 299 Göpfert, Herbert G. 256 Graf, Ruedi X, 59, 141, 155, 263, 283, 297,
Henzi, Samuel 26of. Herder, Johann Gottfried X, 5, 64, 311, 3223*7 Herrmann, Hans-Peter 66, 68,174 Hess, Felix 64 Hettner, Hermann 300 Heubaum, Alfred 62 Heydebrand, Renate v. 177, 203 Hinck, Walter 149 Hinrichs, Carl 50-53, 6of. Hirzel, Ludwig 259, 262 His, Francois Pierre 309 Hobbes, Thomas 258 Hoffmann, Carl Ludwig 13, 131, 149 Hohner, Ulrich 91 Horatius Flaccus, Quintus 21, 30, 39, 95,
Gramsci, Antonio 57, 246 Granet, Francois 209 Grimm, Gunter E. 66, 98, 103, 105, 158, 226, 267 Grimmeishausen, Hans Jacob Christoffel 7 Großmann, Gustav Friedrich Wilhelm 330, 33* Grotius, Hugo 172, 258, 265 Gryphius, Andreas 8, 165, 177, 193, 256, 273 Gsteiger, Manfred 260 Habermas, Jürgen 286, 294 Hagedorn, Friedrich v. 62 Hagen, Johann Jost Anton v. I27f., 146, I48f., 151 Haider-Pregler, Hilde 9, 25f., 118, 131, 133, 141, 290, 303, 305, 335 Haller, Albrecht v. 62, 65, 259-262 Haller, Samuel 262 Hallmann, Johann Christian 9 Hamon 318 Hampe, Theodor 280 Harsdörffer, Georg Philipp 263 Harth, Dietrich 35 Hartmann, Georg Volkmar 5of., 60 Haßelbeck, Otto no, 114 Haug, Wolfgang Fritz 119 Hauser, Arnold 2if. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 48, 325 Heidegger, Gotthard 26, 112 Heister, Hanns-Werner 278 Heitmüller, Ferdinand 297 Heitner, Robert R. 221 Hensel, Johann Gottlieb 147 Hensel, Sophie Friederike 147,
Horch, Hans Otto 28 Hottinger, Johann Jacob 235 Hölscher, Lucian 286 Hudemann, Ludwig Friedrich 165 Huygens, Christian 70, 74, 89 Iffland, August Wilhelm I48f., 159, 170, 329f, 332 Jablonski, Johann Theodor 160 Janssen-Knorsch, Ute 6of., Jehle, Peter 3, n, 23, 180, 2o8f., 28if., 302, 329 Johann Georg III. n Johann Georg IV. n Jones, George Leonard 238 Joseph II. 328 Juchem, Hans Georg 38 Kant, Immanuel 38, 48, 63f., 78 Kästner, Abraham Gotthelf 248, 250, 301 Kemper, Hans Georg 70 Kiesel, Helmut 4, 8 Kimpel, Dieter 120 Kindermann, Heinz io£, 129, i33ff., 329, 331 Kittenberg, Herbert 328 Klaj, Johann 263 Kleist, Ewald Christian v. 62 Klopstock, Friedrich Gottlieb in Klotz, Christian Adolf 313 Klotz, Volker 242 Knigge, Adolph Frhr. v. 330, 334 Koch, Heinrich Gottfried 251, 299, 308, 311 Kommerell, Max 173,198, 200 Kopitzsch, Franklin 4, 309 Koselleck, Reinhart 176, 259
143, 158, 212, 217
399
Kotzebue, August v. 132, 170, 329 Köllner, Christian Gottlob i98f. König, Eva 317 Krauss, Werner 24, 28 Krebs, Roland 30, 133, 154, 287, 291, 309, 3ii£, 320, 335 Krießbach, Erich 219 Krueger, Joachim 36, 63 Krüger, Johann Christian 159 Kurz-Bernardon, Johann Joseph Felix 307, 33°f. Kühlmann, Wilhelm 6,103 Lange, Joachim 5off., 6of. Lange, Samuel Gotthold 260 Langen, August 7,125,192 Lavater, Johann Caspar 64,136,141, 260 Lawton, Harold Walter i6if. Le Clerc, Jean 29 Leibniz, Gottfried Wilhelm 6, 43, 50, 60, 64, I04f., 240, 246, 254, 260 Lessing, Gotthold Ephraim , , 24,7°> 8 86, 88, 120, 123, 33 . i36f-, 139-Hi. 144-147» 149. iJi» 154. 159. 161, 170, i75ff., 190,194.199. 2°5, 221, 247,^5°. 256-2771 i8o, 289, 3°°· 3°6ff·) 3IQf·. 313, 316-319. 32-if·. 32.6ff., 33if· Lessing, Karl 276, 317 Lillo, George 2o6f., 243 Link, Christoph 82 Liss, Konrad 300 Litzmann, Berthold 331 Loen, Johann Michael v. 16, 285 Lohenstein, Daniel Casper v. 165,178 Louis XIV 104, 302 Lovejoy, Arthur O. 202 Löwen, Johann Friedrich 67, 133, 135, 137, I44f., 149,153, 218, 286f., 291, 300, 308319, 32i£, 327 Ludovici, Carl Günther XI, 49 - 53 Lukacs, Georg 4 Luther, Martin 6,19, 53,179 Madius (Maggi, Vincenzo) 198 Maier, Hans 285 Manteuffel, Ernst Christoph Graf von 6of., 2ii, 257, 297, 302, 302 Markwardt, Bruno 91 Martens, Wolfgang ${., 63, 113, 130, 157, 285, 293f., 334 Martersteig, Max I34f., 154 Martini, Christian Leberecht 242 Martino, Alberto 4, 7, 104,166, 1751"., 184, 400
i98f., 225 Marx, Karl 55 Masen, Jakob 88 Mattenklott, Gert 3, 255 Mattheson, Johann 308 Maurer-Schmoock, Sybille 10, 126, 129, 147, 150, 278, 283, 289 Maximilian I. 23 May, Johann Friedrich 113, 133, 135, i37f., 282f., 297, 329f. May, Kurt 218 Meier, Georg Friedrich 38, 89, 120 Melanchthon, Philipp 53 Mendelssohn, Moses 64,120, 218, 250, 300 Meyer, Friedrich Ludwig Wilhelm 312 Meyer, Reinhart X, 2,12,128,147,174, 218, 282f, 297, 329f. Michaelis, Johann Heinrich 59 Milton, John 241 Minturno, Antonio Sebastiane 163 Mohrhof, Daniel Georg 90 Moliere, Jean-Baptiste Poquelin 123, 158, 330 Moritz, Karl Philipp i, 64, 78,113, 253, 255, 327, 332ff. Moser, Friedrich Carl Frhr. v. 3f., 260 Moser, Johann Jakob 260 Möser, Justus 260 Mühlpfbrdt, Günter 52, 63f. Müller, Gottfried Polycarp 105 Müller, Joseph Ferdinand (Harlekin) n Münch, Paul 4 Münz, Rudolf 304, 307 Mylius, Christlob 113,128f., I34f., I38f., 153, 284, 287, 290 Neuber, Friederike Caroline (geb. Weißenborn) ii, 216, 222, 297-300, 308 Neuber, Johann n, 146,149, 296ff., 306 Neumann, Alfred R. 27 Nicolai, Friedrich 141, 1476, 151, 177, 250253, 276, 300, 317, 322, 326f. Niessen, Carl 13,131 Ochs, Albrecht 309 Ochs, Peter 309 Oestreich, Gerhard 4 Omeis, Magnus Daniel 88, 282 Opitz, Martin 23, 28, 77, 90,161, i63f., 288 Panofsky, Erwin 37f. Patzke, Johann Samuel 315 Paulsen, Friedrich 48, 62 Pecheux, Michel 44
Peletier du Mans, Jacques 161 Penther, Johann Friedrich 2795. Pestalozzi, Karl 64, 136, 170 Peter, Klaus 211 Petersen, Julius 126 Pezzl, Johann 2, 9 Pfeil, Johann Gottlob Benjamin 243 Piccolomini, Alessandro 163 Platon 60 Polus 139 Pope, Alexander 206 Pore"e, Charles (Pater) 3of., 285 Porst, Johann $