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German Pages 426 [427] Year 2004
DANIEL MELTZIAN
Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane
Beiträge zum Informationsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Prof. Dr. Michael Kloepfer, Prof. Dr. Friedrich Schoch
Band 10
··
Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane
Von Daniel Meltzian
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2002 / 2003 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-3547 ISBN 3-428-11267-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002 / 2003 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen. Literatur, Rechtsprechung und Beschwerden beim Bürgerbeauftragten sind bis Mai 2004 berücksichtigt. Ich danke sehr herzlich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Helmut Lecheler für seine uneingeschränkte Unterstützung während der Anfertigung. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Markus Heintzen für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich den Herausgebern, Herrn Professor Dr. Michael Kloepfer, Herrn Professor Dr. Friedrich Schoch und Herrn Prof. Dr. Hansjürgen Garstka fur die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe „Beiträge zum Informationsrecht".
Berlin, im Juni 2004
Daniel Meltzian
Inhaltsübersicht Einleitung
29
Erster Abschnitt Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten A. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
33
B. Berechtigte und Verpflichtete des Zugangsrechts
43
Zweiter Abschnitt Die Bedeutung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten für die Europäische Gemeinschaft A. Die Funktion des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in einem demokratischen System
45
B. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft
46
C. Die Stärkung demokratischer Legitimation durch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane
53
Dritter Abschnitt Die Entwicklung des Zugangsrechts bis zum Erlass der VO (EG) 1049/2001 A. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit
60
B. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
69
C. Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag
141
D. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Ausschluss klassifizierter Dokumente vom Zugangsrecht und der Registerpflicht
150
Vierter Abschnitt Die V O (EG) Nr. 1049/2001 A. Das Gesetzgebungsverfahren zum Erlaß der VO (EG) Nr. 1049/2001
173
8
Inhaltsübersicht
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
192
Fünfter Abschnitt Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts? A. Die Herleitung allgemeiner Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts
314
B. Keine Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes in der bisherigen Rechtsprechung
316
C. Die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten
320
D. Internationale Übereinkommen der Mitgliedstaaten, insbesondere die EMRK
322
E. Einfügen in Ziele und Strukturen der Gemeinschaft
324
F. Zwischenergebnis: Ausreichender tatsächlicher Befund für die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes
325
G. Bedürfnis für die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes durch den EuGH?
325
Sechster Abschnitt Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in Deutschland A. Der Stand der Entwicklung des allgemeinen Zugangsrechts in den Ländern ...
330
B. Die geltenden Informationsfreiheits- und Akteneinsichtsgesetze der Länder ...
333
C. Anregungen aus noch laufenden oder bereits abgelehnten Entwürfen für Informationsfreiheitsgesetze der Länder
343
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
344
E. Vergleich der deutschen Zugangsregelungen mit der VO (EG) Nr. 1049/2001
351
Zusammenfassung und Ausblick
359
Anhang I:
Anhang II:
Anhang I I I :
Anhang IV:
Leitfaden für die Einstufungspraxis von Gemeinschaftsdokumenten
370
Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten in den Mitgliedstaaten und Bewerberländern
373
Fundstellennachweis der Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
380
Fundstellennachweis der Kodices für eine gute Verwaltungspraxis der Gemeinschaftseinrichtungen
389
Inhaltsübersicht Entscheidungs- und Beschwerderegister
390
Literaturverzeichnis
400
Sachwortverzeichnis
422
Inhaltsverzeichnis Einleitung
29
Erster Abschnitt Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten A. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
33
I.
Auskunftsrecht ohne Einsicht in das Dokument
34
II.
Akteneinsichtsrecht nur bei berechtigtem Interesse
37
III.
Veröffentlichungspflicht nur für ausgewählte Dokumente
42
B. Berechtigte und Verpflichtete des Zugangsrechts
43
Zweiter Abschnitt Die Bedeutung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten für die Europäische Gemeinschaft A. Die Funktion des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in einem demokratischen System
45
B. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft I.
Das Individuum als Subjekt demokratischer Legitimation auf Gemeinschaftsebene
II.
46 47
Die Notwendigkeit der Stärkung demokratischer Legitimation auf Gemeinschaftsebene
49
C. Die Stärkung demokratischer Legitimation durch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane
53
Dritter Abschnitt Die Entwicklung des Zugangsrechts bis zum Erlass der V O (EG) 1049/2001 A. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit I. II.
60
Der Verhaltenskodex 93/730 und die Umsetzungsbeschlüsse 93/731 des Rates und 94/90 der Kommission
60
Die Rechtsnatur und Rechtsgrundlage der Zugangsbeschlüsse: Rs. Niederlande / Rat
63
12
nsverzeichnis III.
Das Verhältnis des Ratsbeschlusses 93/731 zur Geschäftsordnung des Rates: Rs. Carvel / Rat
66
B. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
69
I.
Urteile des EuG und des EuGH zum Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten
70
1.
70
Der Anwendungsbereich der Beschlüsse 93/731 und 94/90 a)
Anwendung auf die Titel V (GASP) und V I (PJZS) des EUV: Rs. Svenska Journalistförbundet
b)
Anwendung auf alle Dokumente im Besitz des Organs: Rs. Rothmans
c)
3.
72
Anwendung auf vorbereitende, interne Dokumente: Rs. Bavarian Lager, Rs. Carlsen
2.
72
Anwendung auf veröffentlichte Rechtsakte: Rs. Karl L. Meyer
d)
71
73
Die Urheberregel
73
a)
Urheberschaft im Rahmen der Komitologie: Rs. Rothmans .
74
b)
Rechtmäßigkeit der Urheberregel: Rs. Interporc II
75
c)
Begriff der Urheberschaft: Rs. Co-Frutta
76
Das Verhältnis zu Spezialvorschriften a)
Allgemeine und spezielle Zugangsvorschriften nebeninander anwendbar: Rs. Interporc II
b)
77 78
Auslegung von Spezialvorschriften im Licht des grundlegenden Rechts auf Zugang zu Dokumenten: Rs. JT's Corporation
4.
Die Anwendung der Ausnahmen
79
a)
80
b)
Allgemeine Anwendungsregeln Unterteilung in zwingende und fakultative Ausnahmen: Rs. Carvel, Rs. WWF und Folgerechtsprechung
c)
81
Ablauf der Ausnahmeprüfung bei fakultativer und zwingender Ausnahmeregelung
5.
78
82
Die Anforderungen an die Begründung
86
a)
87
Zweck der Begründung aa) bb)
Begründung aus dem Kontext: Rs. van der Wal I, Rs. Kuijer, Rs. JT's Corporation
87
Differenzierende Begründung, wenn erste und zweite Ausnahmekategorie einschlägig: Rs. Svenska JournaI istförbundet
88
nsverzeichnis cc)
13
Anforderungen bei der Urheberregel: Rs. Rothmans, Rs. Interporc II, Rs. Interporc III, Co-Frutta
b)
Umfang der Begründung aa) bb)
89
Einzelfallbezogene Ausnahmeprüfimg bedingt einzelfallbezogene Begründung
dd) ee)
90
Bei Zweckvereitelung Begründung nach Gruppen: Rs. WWF
90
Begründung nach der Natur des Dokuments: Rs. Carlsen, Rs. Hautala
91
Begründung der Ablehnung des Zweitantrags: Rs. van der Wal I, Rs. Interporc II, Co-Frutta
6.
89
Grenzen der einzelfallbezogenen Begründung bei Zweckvereitelung: Rs. WWF
cc)
88
94
Die Reichweite einzelner Ausnahmen
94
a)
94
Dokumente, die Teil einer Untersuchung sind aa)
Vor Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren: Rs. WWF
bb)
Nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens
94
vor Abgabe einer begründeten Stellungnahme: Rs. Bavarian Lager
95
cc) Bei Untersuchungen, die nicht zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens
fuhren,
aber andere
Sanktionen nach sich ziehen: Rs. Denkavit dd)
97
Nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, nach Abgabe einer begründeten Stellungnahme und nach Klageerhebung vor dem EuGH: Rs. Petrie
b)
Dokumente, die Teil eines Gerichtsverfahrens sind aa)
98 100
Zugang zu Verfahrensdokumenten in Gerichtsverfahren ohne Beteiligung des Erstellers: Rs. van der Wal I und II
bb)
100
Zugang zu verfahrensunabhängigen Dokumenten in Gerichtsverfahren mit Beteiligung des Erstellers: Rs. Interporc II
cc)
104
Zugang zu Verfahrensdokumenten in Gerichtsverfahren mit Beteiligung des Erstellers, Verhältnis zu nati-
c)
onalem Recht: Rs. Svenska Journal istförbundet
105
Eingeschränkte Kontrolldichte bei politischen Ermessensentscheidungen: Rs. Hautala, Rs. Mattila, Rs. Kuijer II
106
14
nsverzeichnis 7.
Die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs
107
a)
Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs: Rs. Hautala
107
b)
Präzisierung der Grenzen: Rs. Kuijer, Rs. Mattila
109
c)
Abgrenzung zwischen Dokument und Information: Rs. Karl L. Meyer, Rs. Hautala II
8.
111
Der Rechtsschutz
114
a)
Zuständigkeit des Gerichts: Rs. Svenska Journalistförbundet
b)
Kein
Rechtsschutzinteresse
erforderlich:
Rs.
JournalistfÖrbundet, Rs. Interporc II, Rs. BAT I I c)
f) g)
Rs. Pitsiorlas
119
Keine Rechtswirkungen der Handlungen des Bürgerbeauftragten: Rs. ADCSV
122
In-Camera Verfahren, Offenlegung gegenüber dem Gericht: 122
Beweislast für die Existenz des Dokuments beim Antragsteller: Rs. BAT II
II.
117
Zwang zur fristgemäßen Klageerhebung: Rs. Interporc I,
Rs. Eider, Rs. BAT h)
117
Keine Zugangsgewähr durch das Gericht: Rs. Interporc I, Rs. Mattila
e)
115
Fehlende Vorläufigkeit beim einstweiligen Rechtsschutz: Rs. Carlsen
d)
114
Svenska
123
9.
Anforderungen an den Antrag
125
10.
Zusammenfassung
125
Der Einfluss des Bürgerbeauftragten 1.
127
Initiativen des Bürgerbeauftragten zur Verbreitung des Zugangsrechts auf andere Gemeinschaftseinrichtungen
127
2.
Der Bürgerbeauftragte als Beschwerdeinstanz
129
3.
Beschwerden beim Bürgerbeauftragten
130
a)
130
b)
Die Urheberregel / Art. 4 Abs. 4, 5 VO (EG) Nr. 1049/2001 Mehrfachanträge und/oder Anträge, die umfangreiche Dokumente betreffen (Art 3 Abs. 2 des Beschlusses 93/731)...
133
c)
Das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses
134
d)
Die Reichweite einzelner Ausnahmen: Dokumente, die Teil einer Untersuchung sind oder vom juristischen Dienst erteilt wurden
135
nsverzeichnis e)
15
Zuständigkeit des Bürgerbeauftragten bei Beschwerden über Zugang zu Dokumenten im Bereich der GASP und PJZS
137
f)
Die Pflicht zum Errichten eines vollständigen Registers
137
g)
Zusammenfassung
140
C. Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag
141
I.
Art. 1 Abs. 2 EU: Möglichst offene Entscheidungsfindung
142
II.
Art. 255 EG: Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten
143
III.
Art. 207 Abs. 3 EG: Umfassenderer Zugang zu Legislativakten des Rates
147
D. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Ausschluss klassifizierter Dokumente vom Zugangsrecht und der Registerpflicht
150
I.
Das öffentliche Dokumentregister des Rates
151
II.
Der „Solana-Beschluss"
155
1.
Die Umstände der Verabschiedung
156
2.
Ausschluss klassifizierter Dokumente der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vom Zugangsrecht und der Registerpflicht
159
a)
Änderungen am Beschluss 93/731
159
b)
Änderungen am Beschluss 2000/23
163
III.
Die allgemeinen Sicherheitsbestimmungen der Organe und die ESVP .. 1.
2.
163
Die Sicherheitsbestimmungen über den Schutz vertraulicher Dokumente vor der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
164
Der Einfluss der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Die Beschlüsse 107/00, 2001/264 und 2001/844
165
a)
Bindung der Mitgliedstaaten durch die Sicherheitsbestimmungen?
167
b)
Die fehlende Beteiligung des Parlaments
169
c)
Die mittelbaren Auswirkungen der Sicherheitsbestimmungen auf das Zugangsrecht
169
Die Ausgestaltung der Klassifikationsvorschriften in den allgemeinen Sicherheitsbestimmungen
170
d)
nsverzeichnis
16
Vierter Abschnitt Die V O (EG) Nr. 1049/2001 A. Das Gesetzgebungsverfahren zum Erlaß der VO (EG) Nr. 1049/2001
173
I.
Der Vorschlag der Kommission
174
II.
Die Stellungnahme des Europäischen Parlaments
176
III.
Die harte Haltung des Rates
180
IV.
Die Triloggespräche
184
1.
Annäherung während der ersten Triloggespräche
187
2.
Änderung der Positionen bis zum endgültigen Kompromiss
188
3.
Änderungen bis zur Verabschiedung
189
V.
Gesamtbetrachtung des Verfahrensablaufs
B. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
190 192
I.
Zweckklausel (Art. 1)
192
II.
Reichweite der Verordnung
193
1.
2.
Persönlicher Anwendungsbereich (Zugangsberechtigte) (Art. 2 Abs. 1,2) :
193
Sachlicher Anwendungsbereich (Anspruchsverpflichtete)
195
a)
Beschränkung auf Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (Erwägung 8, 12;
b) c)
195
Wegfall der Urheberregel (Erwägung 10, Art. 2 Abs. 3, 3 b), 4 Abs. 4, 5; 9 Abs. 3)
200
Verhältnis zu speziellen Zugangsrechten in bestimmten Bereichen (Art. 2 Abs. 6, Erwägung 12)
208
d)
Der Dokumentbegriff (Erwägung 11, Art. 3 a))
210
e)
Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich des EAG- und des EGKS-Vertrages (Erwägung 5, Art. 2 Abs. 3)
213
f) g) III.
Art. 1 a), „Gemeinsame Erklärung")
Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich GASP und PJZS (Erwägung 7, Art. 2 Abs. 3)
214
Zugang zu veröffentlichten Dokumenten (Art. 10 Abs. 2)...
215
Ausnahmen
217
1.
Zur Struktur der Ausnahmeregelung (Art. 4 Abs. 1, 2, 3)
217
2.
Bewertung der einzelnen Ausnahmebestimmungen
222
3.
Ausnahme bei internen, vorbereitenden Dokumenten (Art. 4 Abs. 3)
236
nsverzeichnis 4.
5.
17
Teil weiser Zugang, wenn Ausnahme nur Teile des Dokuments erfasst (Art. 4 Abs. 6)
239
Die zeitliche Grenze der Ausnahmen
241
IV.
Verhältnis der Verordnung zum Recht der Mitgliedstaaten (Art. 5)
243
V.
Die Behandlung von Anträgen (Erwägung 13; Art. 6; 7; 8; 9 Abs. 2)....
251
1.
Anforderungen an den Antrag (Art. 6 Abs. 1,2)
251
2.
Der Verfahrensablauf nach der Verordnung (Art. 7, 8)
252
3.
Antrag nach sehr umfangreichen oder sehr großen Zahl von Dokumenten (Art. 6 Abs. 3; 7 Abs. 3; 8 Abs. 2)
4.
Hilfe von Amts wegen, Entwickeln einer guten Verwaltungspraxis (Art. 6 Abs. 2, 4; 1 c); 15; 14)
5. 6. VI.
258
Die zeitliche Dauer bei der Bearbeitung von Erst- und Zweitanträgen (Art. 7; 8)
262
Die Gewähr von Rechtsschutz (Erwägung 13, Art. 8 Abs. 1, 3)....
266
Art und Weise der Zugangsgewähr
271
1.
Die Kosten des Verfahrens (Art. 10 Abs. 1 )
271
2.
Formen der Zugangsgewähr (Art. 10 Abs. 2, 3)
274
VII. Sensible Dokumente (Erwägung 7; Art. 2 Abs. 4, 5; 4 Abs. 7; 9 Abs. 1 - 7) 1. 2.
Der Begriff des „sensiblen Dokuments"
3.
278 279
Die Vergabe von Geheimschutzgraden und ihr Verhältnis zu den Ausnahmen der Verordnung
280
Der Einfluss der Sicherheitsbestimmungen auf den Zugang nach der Verordnung
281
4.
Die Kategorie klassifizierter, aber nicht-sensibler Dokumente
282
5.
Die Behandlung sensibler Dokumente Dritter
285
6.
Die besondere Behandlung sensibler Dokumente (Art. 9 Abs. 2 ) .
286
7.
Das Veto-Recht des Urhebers sensibler Dokumente (Art. 9 Abs. 3)
287
8. 9. 10.
Die eingeschränkte Begründungspflicht und Bindung der Mitgliedstaaten an die Schutzmaßnahmen (Art. 9 Abs. 4, 5)
289
Die Veröffentlichung von Bestimmungen über sensible Dokumente und Unterrichtung des Parlaments (Art. 9 Abs. 6, 7)
290
Notwendigkeit einer Kategorie „sensibler Dokumente"?
292
VIII. Einrichten von Registern und Direktzugang (Erwägung 14; Art. 11,12) 1. 2 Meltzian
254
Registerpfl icht (Art. 11)
294 294
nsverzeichnis
18 2. IX.
X.
XI.
Direktzugang (Art. 12)
297
Publikations- und Berichtspflichten (Art. 13, 17)
302
1.
Publikationspflichten (Art. 13)
302
2.
Berichtspflichten (Art. 17)
303
Verbot urheberrechtswidriger Nutzung freigegebener Dokumente (Art. 16)
304
Durchfuhrungsmaßnahmen (Erwägung 17, Art. 18)
306
XII. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
308
Fünfter Abschnitt Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts? A. Die Herleitung allgemeiner Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts
314
B. Keine Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes in der bisherigen Rechtsprechung
316
C. Die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten
320
D. Internationale Übereinkommen der Mitgliedstaaten, insbesondere die EMRK
322
E. Einfügen in Ziele und Strukturen der Gemeinschaft
324
F. Zwischenergebnis: Ausreichender tatsächlicher Befund fur die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes G. Bedürfnis fur die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes durch den EuGH?
325 325
Sechster Abschnitt Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in Deutschland A. Der Stand der Entwicklung des allgemeinen Zugangsrechts in den Ländern ...
330
B. Die geltenden Informationsfreiheits- und Akteneinsichtsgesetze der Länder ...
333
I. II.
Defizite der Informationsfreiheitsgesetze der Länder
334
Defizite bei der Anwendung der Informationsfreiheitsgesetze der Länder
340
C. Anregungen aus noch laufenden oder bereits abgelehnten Entwürfen fur Informationsfreiheitsgesetze der Länder
343
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
344
E. Vergleich der deutschen Zugangsregelungen mit der VO (EG) Nr. 1049/2001
351
Inhaltsverzeichnis
19
Zusammenfassung und Ausblick Anhang I:
Leitfaden
für
die Einstufungspraxis
359 von Gemeinschafts-
dokumenten Anhang II:
Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten in den Mitgliedstaaten und Bewerberländern
Anhang I I I :
373
Fundstellennachweis der Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
Anhang IV:
370
380
Fundstellennachweis der Kodices für eine gute Verwaltungspraxis der Gemeinschaftseinrichtungen
Entscheidungs- und Beschwerderegister
386 390
I.
Entscheidungen des EuG und des EuGH
390
II.
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ...
396
III.
Entscheidungen und Initiativen des Europäischen Bürgerbeauftragten ..
397
IV.
Urteile deutscher Gerichte
399
Literaturverzeichnis
400
Sachwortverzeichnis
422
2*
Abkürzungsverzeichnis
aA
andere Auffassung
Abg.
Abgeordnete/r
ABl.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft
AdR
Ausschuss der Regionen
aE
am Ende
aF
alte Fassung
AfP
Archiv für Presserecht
AGID
Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten Deutschland
AIGGebO
Gebührenordnung fur das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz
AJCL
American Journal of Comparative Law
AJDA
L'Actualité juridique - Droit administratif
AK-GG
Alternativkommentar zum Grundgesetz
AL
Alternative Liste
Alt.
Alternative
Am
Amendment
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts
ARGS
Allgemeiner Rechtsgrundsatz
Art.
Artikel
AStV
Ausschuss der Ständigen Vertreter
Aufl.
Auflage
ausf.
ausführlich
AVR
Archiv des Völkerrechts
bay.
bayerisch
in
Abkürzungsverzeichnis BauGB
Baugesetzbuch
BBG
Bundesbeamtengesetz
BbgAIG
Brandenburger
21
Akteneinsichts- und Informationszu-
gangsgesetz BbgVerf
Brandenburgische Verfassung
Bd., Bde.
Band, Bände
BDSG
Bundesdatenschutzgesetz
Begr.
Begründer
Beih.
Beiheft
bes.
besonders
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BK
Bonner Kommentar zum Grundgesetz
Bin IFG
Berliner Informationsfreiheitsgesetz
BR
Bundesrat
Bsp.
Beispiel
BT
Bundestag
BVerfGE
Bundesverfassungsgerichts-Entscheidungen
BVerfSchG
Bundesverfassungsschutzgesetz
BVerwGE
Bundesverwaltungsgerichts-Entscheidungen
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
CDE
Cahiers de droit européen
CJEL
Columbia Journal of European Law
CMLRev
Common Market Law Review
CR
Computer und Recht
CYELS
Cambridge Yearbook of European Legal Studies
DCSI
Diritto Comunitario e degli scambi internazionali
ders.
derselbe
dies.
dieselbe, dieselben
dh
das heißt
Diss.
Dissertation
22
Abkürzungsverzeichnis
Dok.
Dokument
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung
Drs.
Drucksache
DSB
Datenschutzbeaufiragter
DuD
Datenschutz und Datensicherheit
DV
Die Verwaltung
DVB1
Deutsches Verwaltungsblatt
EA, EAG
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
EBLR
European Business Law Review
EEB
European Environmental Bureau
EELR
European Environmental Law Review
EFAR
European Foreign Affairs Review
EG
Europäische Gemeinschaft oder Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (neue Zählweise)
EGKS
Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGV
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (alte Zählweise)
EIB
Europäische Investitionsbank
EIOP
European Integration Online Papers
EJIL
European Journal of International Law
ELJ
European Law Journal
ELNI
European Law Network International
ELR
European Law Reporter
ELRev
European Law Review
EMEA
European Medical Evaluation Agency
EMRK
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte
endg.
endgültig
EP
Europäisches Parlament
EPL
European Public Law
Abkürzungsverzeichnis Erw.
Erwägung
ESVP
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
EU
23
Europäische Union oder Vertrag über die Europäische Union
EUB
St. Galler Europarechtsbriefe (ab 1998: European Law Reporter)
EuG
Europäischer Gerichtshof - Gericht erster Instanz
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuGRZ
Europäische Grundrechte-Zeitschrift
EuR
Europarecht
EuGVÜ
EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EVP
Fraktion der Europäischen Volkspartei
EWI
Europäisches Währungsinstitut
EWS
Europäische Wirtschafts- und Steuerrecht
EZB
Europäische Zentralbank
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
f., ff.
folgend, folgende
FILJ
Fordham International Law Journal
FOI
Freedom of Information
FOIA
Freedom of Information Act
Fn.
Fußnote
FS
Festschrift
GA
Generalanwalt
GASP
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
GBl.
Gesetzblatt
GBO
Grundbuchordnung
GC
Giurisprudenzia communitaria
GD
Generaldirektion
GdP
Gazette du Palais
24
Abkürzungsverzeichnis
gem.
gemäß
GewO
Gewerbeordnung
GewArch
Gewerbearchiv
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
ggü.
gegenüber
GIQ
Government Information Quarterly
GO
Geschäftsordnung
GS
Gedächtnisschrift
GTE (Bearb.)
Groeben/Thiesing/Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU/EG-Vertrag, 5. Aufl. 1997.
G Y IL
German Yearbook of International Law
GVB1, GVOB1
Gesetz- und Verordnungsblatt
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Habil.
Habilitation
Halbj.
Halbjahr
HbdStR
Handbuch des Staatsrechts
HdBuch
Handbuch
HdKommentar
Handkommentar
HGB
Handelsgesetzbuch
HoL
House of Lords
Hrsg.
Herausgeber
Hs., Halbs.
Halbsatz
IPBPR
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
ICLQ
International and Comparative Law Quarterly
idF
in der Fassung
idR
in der Regel
idS
in diesem Sinne
ieS
im engeren Sinne
IFG
Informationsfreiheitsgesetz
IFG SH
Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein
Abkürzungsverzeichnis
25
IFG NRW
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen
IGO
International governmental organisation
IJEL
Irish Journal of European Law
ILM
International Legal Materials
insb.
insbesondere
IPbpR
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
iSv
im Sinne von
iVm
in Verbindung mit
iwS
im weiteren Sinne
JDI
Journal du droit international
JEPP
Journal of European Public Policy
JöR
Jahrbuch öffentlichen Rechts
JOR
Jahrbuch für Ostrecht
JTDE
Journal des tribunaux droit européen
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
KOM
Kommission
K&R
Kommunikation und Recht
krit.
kritisch
KritV
Kritische Vierteljahresschrift
KS
Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
LDA Bbg
Landesbeauftragter für Datenschutz und Akteneinsicht Brandenburg
LDSG SH
Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holstein
Lit.
Literatur
LKV
Landes- und Kommunalverwaltung
LPG
Landespressegesetz
LT
Landtag
LVwG
Landesverwaltungsgesetz
m.Anm.
mit Anmerkung
26
Abkürzungsverzeichnis
MEP
Mitglied des Europäischen Parlaments
MJ
Maastricht Journal of European and Comparative Law
MLR
Modern Law Review
MMR
Multimediarecht
MOE
Mittel- und Osteuropa
MS
Mitgliedsstaat(en)
mwN
mit weiteren Nachweisen
nds.
niedersächsisch
NGO
Non governmental organisation
NJ
Neue Justiz
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NordÖR
Zeitschrift ftir öffentliches Recht in Norddeutschland
Nr.
Nummer
NVwZ
Neue Zeitschrift fur Verwaltungsrecht
NWVB1.
Nordrhein-westfälische Verwaltungsblätter
OVG
Oberverwaltungsgericht
PJZS
Polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen
PL
Public Law
PIPr
Parlamentsprotokoll
Prot.
Protokoll
PSE
Fraktion der sozialdemokratischen Partei Europas
RDE
Rivisita di diritto europeo
RDCE
Revista de Derecho Communitario Europeo
RDFA
Revue française de droit administratif
RDMC
Revue du Marche Commun et de l'Union Européenne
RdMUE
Revue du Marché Unique Européen
RDS
Recueil Dalloz Sirey
RDV
Recht der Datenverarbeitung
RIDPC
Rivista italiana di diritto pubblico comunitario
RIW
Recht der Internationalen Wirtschaft
RL
Richtlinie
Abkürzungsverzeichnis Rn.
Randnummer, -ziffer
Rs.
Rechtssache
Rspr.
Rechtsprechung
RTDE
Revue Trimestrielle de Droit Européen
RTDH
Revue Trimestrielle de Droit de l'Homme
sa
sachsen - anhaltinisch
sächs.
sächsisch
SGB
Sozialgesetzbuch
SH
Schleswig-Holstein
S lg.
27
Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Teil I) und des Gerichts erster Instanz (Teil
II) s.o., so
siehe oben
str.
strittig, streitig
StUG
Stasi-Unterlagengesetz
StWiss
Staatswissenschaft und Staatspraxis
TLJ
University of Toronto Law Journal
Tz.
Textziffer
u.a., ua
unter anderem, und andere
ULD SH
Unabhängiges Landeszentrum fur Datenschutz Schleswig Holstein
UIRL
Umweltinformationsrichtlinie
UmweltHG
Umwelthaftungsgesetz
UPR
Umwelt- und Planungsrecht
uU
unter Umständen
VA, VerwArch
Verwaltungsarchiv
Var.
Variante
VB1BW
Verwaltungsblatt für Baden-Württemberg
verb.
verbundene
VerblG
Verbraucherinformationsgesetz
Verfö
Verfahrensordnung
VerwGebO
Verwaltungsgebührenordnung
28
Abkürzungsverzeichnis
VG
Verwaltungsgericht
vgl.
vergleiche
vM/K
von Münch / Kunig, Grundgesetz Kommentar
VO
Verordnung
VR
Verwaltungsrundschau
VVDStRL
Veröffentlichungen
der Vereinigung der Deutschen
Staatsrechtslehrer VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WebJCLI
Web Journal of Current Legal Issues
WGO-MföR
WGO-Monatshefte für Ostrecht
WiRO
Wirtschaft und Recht in Osteuropa
WSA
Wirtschafts- und Sozialausschuss
WVK
Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge
YEL
Yearbook of European Law
ZaöRV
Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
z.B., zB
zum Beispiel
ZER
Zeitschrift für Europarecht (iVm ZfRV)
ZEuS
Zeitschrift für Europäische Studien
ZfRV
Zeitschrift für Rechtsvergleichung
ZG
Zeitschrift für Gesetzgebung
ZHR
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht
ZPO
Zivilprozessordnung
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
zT
zum Teil
ZUR
Zeitschrift für Umweltrecht
Einleitung Transparenz ist neben der Bürgernähe zu einer Leitidee des Handelns der Europäischen Gemeinschaft geworden, über die zwischen allen politisch Beteiligten Einigkeit besteht. Fast schon in Vergessenheit gerät, dass es sich um eine Entwicklung handelt, die erst in den letzten zehn Jahren im Zusammenhang mit der wachsenden Legitimationskrise der Gemeinschaft ihren Durchbruch erlebt hat. Der Transparenzgedanke hat auf Gemeinschaftsebene verschiedene Ausprägungen erfahren. 1 Mit dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane, wie es in Art. 255 EG garantiert und in der VO (EG) Nr. 1049/2001 näher ausgestaltet ist, behandelt die Arbeit nur einen Teilaspekt hiervon, wenngleich die wichtigste subjektivrechtliche Ausprägung für den einzelnen Bürger. Bis vor kurzem fehlte es in Deutschland an einer umfassenden Darstellung des gemeinschaftsrechtlichen Zugangsrechts zu Dokumenten.2 Das mag darauf zurückzufuhren sein, dass Deutschland innerhalb der Europäischen Union neben Luxemburg der einzige Mitgliedstaat ist, der kein allgemeines Zugangsrecht kennt, sondern das Prinzip der begrenzten Aktenöffentlichkeit verfolgt. 3 Das erscheint um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass das Zugangsrecht in mehreren Mitgliedstaaten zu den unabdingbaren Grundrechten zählt und eine ähnliche Bedeutung besitzt, wie hierzulande die Meinungsäußerungsfreiheit. Auf Gemeinschaftsebene hat das Zugangsrecht nicht nur Eingang in das Primärrecht, sondern auch in Art. 42 der Grundrechtecharta von Nizza gefunden. Diskutiert wird, ob es sich bereits um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts handelt, was zwei Generalanwälte des 1 Zu anderen Aspekten Sobotta, Transparenz in den Rechtsetzungsverfahren der Europäischen Union, Baden-Baden 2001; Pastor, Accès S. 658 ff.; Piris, RTDE 1994, 1 (20 ff.); Blanchet, RTDE 1997, 915 (918, 920). 2 Siehe jüngst Riemann, Die Transparenz der Europäischen Union, Berlin 2004; ferner Feik, Zugang zu EU-Dokumenten. Demokratie durch Transparenz, Wien 2002; Sobotta, Transparenz, S. 288 ff.; Kloepfer, Informationsrecht, § 10; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 207 ff. (275) sowie Kugelmann, Rechtsstellung, S. 181 ff. Siehe ferner die Kommentierungen zu Art. 255 EG. 3 Vgl. die Zusammenstellung in Anhang II.
30
Einleitung
Europäischen Gerichtshofes bejaht haben. Dieser Frage wird im Fünften Abschnitt nachgegangen. Jedoch hat auch in Deutschland, ausgelöst durch Impulse der Europäischen Gemeinschaft 4 und begleitet von einem zunehmenden wissenschaftlichen Interesse5, ein Umdenken eingesetzt. In vier Bundesländern wurden Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet 6, der Erlass eines Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes ist Bestandteil des Regierungsprogramms von SPD und GRÜNEN. 7 Der Sechste Abschnitt widmet sich dem Inhalt und der praktischen Anwendung der bestehenden Landesregelungen und bezieht die laufenden und abgelehnten Gesetzesinitiativen in anderen Bundesländern mit ein. Der Entwurf des erneut aufgeschobenen Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes soll einer kritischen Betrachtung unterzogen werden und ein Vergleich mit den fortgeschrittenen Erfahrungen auf Gemeinschaftsebene dazu beitragen, Defizite in künftigen Regelungen zu vermeiden. Das Zugangsrecht zu Dokumenten ist aber auch aus gemeinschaftsrechtlicher Perspektive von grundsätzlicher Bedeutung. Ein freier Informationsfluss ist Funktionsbedingung eines demokratischen Staatswesens. Informationen sind mehr denn je Einfluss- und Machtfaktor. Sie sind die Grundlage für rationales Hoheitshandeln und Ausgangspunkt für die demokratische Willensbildung des Individuums.8 Informationen sind die Voraussetzung fur Transparenz. Mangelnde Transparenz von Entscheidungsprozessen geht einher mit mangelnder Kontrolle. Sie haftet den getroffenen Entschei-
4 Siehe insb. Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. 1990 L 158/56), die Modell stand für das brandenburgische AIG {Breitenbach / Palenda, L K V 1998, 252) und der Erichsen, NVwZ 1992, 409 (418 f.) systemverändernde Kraft in diesem Sektor zuspricht. Siehe auch König, DÖV 2000, 45 (45); Bieber, DÖV 1991, 857 (857, 864); Schock, VVDStRL 1997, 158(214) Ls. 11. 5 Siehe die Monographien von Angelov, Grundlagen und Grenzen eines staatsbürgerlichen Informationszugangsanspruchs, Franfurt/aM 2000; Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, Baden-Baden 2000; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, Tübingen 2001, Kloepfer, Informationsrecht, München 2002, Schoch / Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), Berlin 2002 und weitere Angaben im Sechsten Abschnitt. 6 Brandenburg (1998), Berlin (1999), Schleswig-Holstein (2000) und NordrheinWestfalen (2002). 7 Siehe die Koalitionsvereinbarung vom 20.10.1998, in: ZRP 1998, 485 (499) Ziff. 13 und nunmehr die Koalitionsvereinbarung vom 16.10.2002, in: ZRP 2002, 534, http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0„20133,00.htm , unter VIIL:
„Die Verwaltung soll für die Bürgerinnen und Bürger transparenter werden. Deshalb bringen wir ein Informationsfreiheitsgesetz für die Bundesbehörden ein, das dem Grundsatz des freien Zugangs zu öffentlichen Daten und Akten Geltung verschafft." * Schoch, VVDStRL 1997, 158 (214) Ls. 8, 9, 13.
Einleitung
düngen an, fuhrt zu einem Gefühl des Ausgesetztseins, damit zu einer verringerten Akzeptanz auf Seiten der Betroffenen. Die Informationsverbreitung durch hoheitliche Stellen vermag das alltägliche Informationsbedürfnis des Einzelnen nicht angemessen zu befriedigen und ist nur in Ausnahmefällen von Bedeutung. Das Recht auf Zugang zu Dokumenten verschafft dem Einzelnen die erwünschten Informationen und besitzt dabei gegenüber anderen Informationsrechten mehrere Vorzüge, die im Ersten Abschnitt vergleichend herausgearbeitet werden sollen. Als individuelles Informations- und Kontrollrecht spielt das Zugangsrecht zu Dokumenten eine wichtige Rolle bei der demokratischen Legitimation von Hoheitsgewalt. Die Europäische Gemeinschaft ist im andauernden Integrationsprozess auf die Stärkung ihrer demokratischen Legitimation angewiesen. Der Ausbau bestehender Legitimationsformen, wie die Wahl zum Europäischen Parlament, stößt indes an Grenzen und macht es notwendig, andere Formen direkter demokratischer Legitimation heranzuziehen. Weshalb das Zugangsrecht insoweit besonderer geeignet ist, soll im Zweiten Abschnitt erörtert werden. Ein weiterer Gesichtspunkt ist die rasche Fortentwicklung und Konstitutionalisierung des Zugangsrechts auf Gemeinschaftsebene. Ausgehend von der Erklärung Nr. 17 zum Vertrag von Maastricht hat das Zugangsrecht in organinternen Regelungen, später im Sekundär- und dann Primärrecht und zuletzt in der Grundrechtecharta von Nizza Ausdruck gefunden. Parallel hierzu ergingen innerhalb weniger Jahre eine Reihe von Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte und des Europäischen Bürgerbeauftragten, welche die restriktive praktische Anwendung der Zugangsvorschriften durch die Gemeinschaftsorgane korrigierten und eine Vielzahl zu beachtender Anforderungen und Vorgaben aufstellten. Sie werden im Dritten Abschnitt zusammengetragen und gewürdigt. Im Anschluss hieran finden sich Erwägungen zum elektronischen Register des Rates im Internet, über das der Inhalt seiner Dokumente direkt, d.h. ohne Antragsverfahren und kostenlos zugänglich ist. Dieser Zugangserleichterung stehen bedenkliche Einschränkungen durch die Ausweitung und Verschärfung von Sicherheitsbestimmungen und Klassifikationsvorschriften der Organe beim Aufbau einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gegenüber. Der Vierte Abschnitt widmet sich eingehend der VO (EG) Nr. 1049/2001, die im Mai 2001 erging und als zentrale Regelung, entsprechend den Vorgaben des Art. 255 Abs. 2 EG, die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten festlegt. Die Verordnung ist das Ergebnis eines langwierigen und kontroversen Gesetzgebungsverfahrens, das von großen Interessengegensätzen und unterschiedlichen Vorstellungen innerhalb des Rates und im Verhältnis zum Europäischen Parlament geprägt war. Erst in letzter Sekunde konnte durch informelle Gesprächsrunden und Kompromisse ein Scheitern abgewendet werden. Von Interesse ist daher bereits die Entstehung des endgültigen Verordnungstextes, da einige Regelungen nur vor diesem Hintergrund verständlich werden.
32
Einleitung
Zusammen mit den organinternen Durchfuhrungsvorschrifien spiegelt die Verordnung den derzeitigen Stand des Zugangsrechts zu Dokumenten auf Gemeinschaftsebene wider und markiert einen vorübergehenden Endpunkt in der Entwicklung, die sich erstmals einer Gesamtbewertung erschließt. Zu untersuchen ist, inwieweit die bisherigen Erfahrungen und die umfangreiche Entscheidungspraxis der Gerichte und des Europäischen Bürgerbeauftragten im Verordnungstext Ausdruck gefunden haben. Welche Probleme werfen die Neuerungen in der Verordnung auf, ζ. B. der Zugang zu Dokumenten Dritter im Besitz der Gemeinschaftsorgane? Wo überdecken Kompromissformeln fortbestehende Differenzen, und welche Schwierigkeiten bringen sie mit sich? Welchen Grad an Offenheit lassen die Zugangsregelungen tatsächlich erwarten?
Erster Abschnitt:
Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten Das Recht auf Zugang zu Dokumenten liegt der Arbeit als Kernbegriff zugrunde. Im Vorfeld sind die Wesensmerkmale hervorzuheben, die das Zugangsrecht von der Auskunft, vom Akteneinsichtsrecht und von Veröffentlichungspflichten unterscheiden. Bei letzterem ist die elektronische Entwicklung bei der Dokumentverwaltung zu berücksichtigen, die zu einer Angleichung der Zugangsformen fuhrt (unter Α.). Zugangsrechte sind zwischen verschiedenen Beteiligten denkbar, so dass die Zugangsberechtigten und -verpflichteten in Abgrenzung zur Umweltinformationsrichtlinie 90/313, aufgehoben und ersetzt durch Richtlinie 2003/4, und der Rs. C-2/88 J. J. Zwartveld u.a. zu präzisieren sind. Gegenstand der Arbeit ist das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane (unter B.).
A. Wesensmerkmale des Zugangsrechts Das Zugangsrecht zu Dokumenten besitzt drei Charakteristika, die am deutlichsten in Abgrenzung zum Auskunftsrecht, zum Akteneinsichtsrecht und zu Veröffentlichungspflichten sichtbar werden: Es ist das Recht des einzelnen, ohne Angabe von Gründen, von öffentlichen Stellen Einsicht in ihre unveröffentlichten Dokumente verlangen zu können.1
1 Erfasst werden Informationen Privater im Besitz öffentlicher Stellen (Problem des Datenschutzes) und der Zugang gegenüber Privaten, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen (Problem der Privatisierung hoheitlicher Aufgaben).
3 Meltzian
34
Erster Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
I. Auskunftrecht ohne Einsicht in das Dokument Bei einer Auskunft wird der Bürger durch die öffentliche Stelle informiert, beim Zugangsrecht informiert er sich mit ihrer Hilfe. Hiermit sind Vor- und Nachteile verbunden: Bei einer Auskunft 2 erhält der Anfragende eine mündliche oder schriftliche Antwort der Behörde, auf deren Wahrheitsgehalt und Vollständigkeit er vertrauen muss, denn ihm wird keine Einsicht in das Originaldokument als authentischste und verlässlichste Quelle gewährt. 3 Das Zugangsrecht zu Dokumenten beinhaltet dagegen den direkten Zugriff auf die Primärquelle, durch Einsichtnahme oder durch Anfertigung von Kopien. 4 Der Zugang zum Dokument wird hier wörtlich verstanden. Für die Behörde entfällt eine Steuerung des Informationsflusses. Das entspricht der Kontroll- und Informationsfunktion des Zugangsrechts, das gerade auch Defizitbereiche hoheitlicher Tätigkeit betrifft. Der Informationssuchende steht hier einer Auskunft seitens der hoheitlichen Stelle, die potentiell ihre Versäumnisse aufdeckt, zu Recht skeptisch gegenüber.5 Die Gefahr einer Beschränkung durch Verkürzen, Verfälschen oder Auswählen von Informationen ist selbst bei einem gewissenhaften Auskunftsgeber nicht zu vermeiden. Denn die aus seiner Sicht vorgenommene Straffung und Strukturierung reduziert stets die mitgeteilten Informationen, unter Umständen aber nicht im Sinne des Informationssuchenden. 6
2 Vgl. in Deutschland etwa den presserechtlichen Auskunftsanspruch (§ 4 des jeweiligen LPG), § 25 VwVfG, § 13 ff. StUG, § 150 I GewO, § 19 BDSG, § 9 UmweltHG, § 15 BVerfSchG. Im Gemeinschaftsrecht etwa Nr. 4 des Kodex für gute Verwaltungspraxis der Kommission im Anhang zur GO, ABl. 2000 L 308/26 ff., Art. 6, 8, 9 des vergleichbaren Kodex des Generalsekretariats des Rates, Dok. 10103/01 vom 27. Juni 2001 und den Leitfaden für die Pflichten der Beamten und Bediensteten des EP unter III. Α., ABl. 2000 C 97/10. Die Zugangsbeschlüsse 94/90 und 93/731 enthielten ein Einsichtsund kein Auskunftsrecht, Rs. T-106/99, 27.10.99 Karl L. Meyer / Kommission Slg. 1999 11-3275 Tz. 35 f. 3 Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 319; Kugelmann, Rechtsstellung, S. 330; Nordmann, RDV 2001, 71, (79); Wachs, Akteneinsichtsrecht, S. 45, 47. Zum UIG: Roger, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 20; Wegener, in: Schomerus / Schräder / Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 17 f.; Turiaux, Zugangsrechte, S. 150 f. 4 Kugelmann, Rechtsstellung, S. 332: Kopie gehört zum Recht auf Information, jedenfalls bei eigener Bezahlung. 5 Wegener, in: Schomerus / Schräder / Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz.
18
6
Wachs, Akteneinsichtsrecht, S. 45; Feik, Transparenz, S. 24; Riemann, Transparenz, S. 137; Roger, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 20; Turiaux, Zugangsrechte, S. 150; Wegener, in: Schomerus / Schräder / Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 18: uU auch wegen fehlender Sachkunde.
Α. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
35
In dieser Hinsicht ist die Auskunft gegenüber dem Recht auf Zugang ein Weniger. 7 Der unverfälschtere Informationszugang bringt andererseits die Gefahr mit sich, dass es im übertragenen Sinne an einem Zugang zum Dokument fehlt, denn das Einordnen und Verstehen der enthaltenen Informationen obliegt dem Einsichtnehmenden. Probleme entstehen, wenn die Dokumente umfangreich und komplex sind oder inhaltlich schwierig, etwa aufgrund technischer Daten, und es dem Zugangssuchenden an Sachverstand und Kenntnis oder auch der notwendigen Zeit und Mühe fehlt, die Dokumente zu durchdringen 8 oder im letzteren Fall sie überhaupt einzusehen.9 In diesem Fall erweist es sich als günstiger, (ergänzend) eine Auskunft zu erhalten. Sie ist aus Gründen, die in der Sphäre der Behörde wurzeln, subsidiär zur Einsicht geboten, wenn das Dokument aufgrund von Ausnahmen nur bruchstückhaft freigegeben wird und kein aus sich heraus verständlicher Text mehr übrigbleibt 10 , die Aussonderung bereits einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet11, schützenswerte Belange trotz Schwärzung aus dem Kontext erkennbar bleiben 12 oder wenn zu viele Zugangsanträge vorliegen, als das fristgerecht Einsicht gewährt werden kann. 13 Letzteres Problem entschärft sich durch die Einsicht des Dokuments im Inter-
7
Kugelmann, Rechtsstellung, S. 25; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 319; Wachs, Akteneinsicht, S. 47; Voßkuhle, Informationsgesellschaft, S. 381 (zum UIG); Harden, EPL 2001, 165 (176); Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 131. Das Problem ist breit im Rahmen der effektiven Umsetzung der RL 90/313 durch das UIG diskutiert worden, das der Behörde ein Ermessen zwischen Auskunft und Akteneinsicht gewährt (Fn. zuvor, dort mwN und BVerwGE 102, 282 ff., bestätigt in BVerwGE 108, 369 (378)). 8 Wachs, Akteneinsicht, S. 45 f.; Roger, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 20; Wegener, in: Schomerus / Schräder / Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 4 Tz. 21, 27; Turiaux, Zugangsrechte, S. 151. 9 BVerwGE 102, 282 (287) nennt den Fall eines weit entfernt wohnenden Antragstellers. 10 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265; dazu Dritter Abschnitt Β. I. 7. b). 11 Vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 BbgAIG, § 14 IFG SH. Nach BVerwGE 102, 282 (287 f.) ist der Verwaltungsaufwand für die Aufbereitung der Einsicht zweitrangig. Indem die öffentliche Stelle ihre Dokumente für eine Einsicht bereitstellt (etwa in elektronischer Form über das Internet) und durch eine Trennung schützenswerter Daten (ζ. B. indem persönliche Daten auf einem gesonderten Kopfblatt vermerkt werden, welches nicht freigegeben wird), kann sie ihren Aufwand minimieren. Siehe andererseits Dok. 5983/04 vom 4.2.2004, S. 15, 34 zum (teilweisen) Zugang bei Tonaufzeichnungen. 12 VG München N V w Z 1996, 410 (412); Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 65. 13 § 8 BbgAIG und Begründung zum Entwurf des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes, S. 22 (http://www.bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_28349.htm), die es gefährlich weit ausreichen lassen, dass ein übermäßiger Verwaltungsaufwand entsteht. Nach § 5 Abs. 3 Satz 4 SH IFG kann bei gleichförmigen Anfragen und Interessen ein Vertreter bestimmt und nur ihm Einsicht gewährt werden. 3*
36
Erster Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
net. 14 Ferner erfasst der Dokumentbegriff auch Ton- und Bildträger bei denen nur die unmittelbare Wahrnehmung den Informationszugang ermöglicht. 15 Die deutschen Informationsfreiheitsgesetze sehen beim Zugang stets beide Formen, Auskunft und Einsicht, vor und regeln das Verhältnis zueinander selbst (§ 7 S. 2 BbgAIG: Akteneinsicht außer Ausnahme nach §§ 6 Abs. 2 Satz 2, 8 BbgAIG), überlassen die Wahl allein dem Antragsteller (§ 3 Abs. 1 Bin IFG, § 5 Abs. 1 IFG SH) oder geben der Behörde die Möglichkeit, bei gewichtigen Gründen hiervon abzuweichen (§ 5 Abs. 1 IFG NRW). 1 6 Hier zeigt sich der Einfluss der restriktiven Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie 90/313 durch das Umweltinformationsgesetz 17, welches der Behörde ein Ermessen zwischen Auskunft und Akteneinsicht gewährte, wobei sie nach der Rechtsprechung 18 nur aus gewichtigen Gründen von der Wahl des Antragstellers abweichen durfte. Auf Gemeinschaftsebene besteht, zum Guten wie zum Schlechten, keine Wahl zwischen Einsicht in oder Auskunft über das Dokument. Das Zugangsrecht beschränkt sich auf die Einsicht in das Original oder das Übersenden von Kopien (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1049/2001). Ursächlich hierfür ist die Weite des Dokumentbegriffs (Art. 3(a) VO (EG) Nr. 1049/2001: alle Inhalte unabhängig vom Speichermedium) und der Aufwand. Erfasst werden sämtliche internen, häufig Entscheidungen vorbereitende, Dokumente. Sie sind selten aus sich heraus unverständlich, so dass sich, abgesehen von Sprachproblemen bei mündlichen Auskünften, die Offenlegung als weniger aufwendig erweist als eine schriftliche Auskunft. Nachfolgend wird das Zugangsrecht nach dem gemeinschaftsrechtlichen Verständnis eines Einsichtsrechts verwendet, bei dem die hoheitliche Stelle nur formal als Dokumentverwahrer involviert ist, nicht jedoch inhaltlich tätig wird. Es besteht demnach keine Gewähr oder Haftung für die Richtigkeit 19 , Aktualität
14 Vgl. die Internet „Reading Rooms" zum FOIA in den USA (http://www.doi.gov/ foia/readroom); Voßkuhle, Informationsgesellschaft, S. 79. 15 Turiaux, Informationsrechte, S. 150; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 319. 16 Zu undifferenziert daher Ibler, Informationszugangsgesetze, S. 405, 415. 17 BGBl. I 1994, 1490 vom 8. Juli 1994, idF der Bekanntmachung vom 23.8.2001, BGBl. I 2001, 2218. Beachte nun die Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 (ABl. 2003 L 41/26). 18 BVerwGE 102, 282 (287 f.); 108, 369 (378). 19 Vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 UIG, Roger, Umweltinformationsgesetz, § 5 Tz. 10; Wegener, in: Schomerus / Schräder / Wegener, Umweltinformationsgesetz, § 5 Tz. 32, 34. Schoch, DV 2002, 149 (163); Nordmann, RDV 2001, 71 (74, für das IFG SH). Anders bei der Auskunft nach § 25 VwVfG, Kopp / Ramsauer, § 25 Rz. 19 mwN; Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 25 Rz. 15, 45. Der Professorenentwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes von Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 48 sieht in
Α. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
37
oder Vollständigkeit der freigegebenen Dokumente. Letzteres wird über die flankierende Beratungspflicht der Behörde bei der Antragstellung erreicht, welche die regelmäßig fehlende Kenntnis der Dokumentnummer ausgleichen soll. Nicht entgegen steht, dass für die Zugangsgewähr bei jedem Dokument eine inhaltliche Prüfling im Hinblick auf das Vorliegen von Ausnahmen erfolgt. Die Feststellung, dass die Freigabe einer Information nicht aus Gründen des Datenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit verweigert werden darf, sagt nichts über ihren Wahrheitsgehalt, ihre Vollständigkeit oder Verständlichkeit.
II. Akteneinsichtrecht nur bei berechtigtem Interesse Das Zugangsrecht zu Dokumenten entspricht in seiner Ausübung einem voraussetzungslosen allgemeinen Akteneinsichtsrecht und wird gelegentlich auch als solches bezeichnet. Wesen und Umfang sind jedoch verschieden. Beim Akteneinsichtsrecht erhält der Antragsteller wie beim Zugangsrecht Einsicht in das Dokument selbst oder Kopien hiervon. Probleme, die bei der Abwicklung des Zugangs entstehen, können hier wie dort in gleicher Weise auftreten, etwa die Frage des Dokument- respektive Aktenbegriffs. 20 In Herleitung, Funktion und Begründung ist das Akteneinsichtsrecht aber Konstellationen vorbehalten, die vom Zugangrecht zu unterscheiden sind. Das klassische Akteneinsichtsrecht ist ein akzessorisches Verfahrensrecht, das dem individuellen Rechtsschutz dient. 21 Als Verteidigungsrecht steht es nur den am Verfahren Beteiligten zu, nicht unbeteiligten Dritten. Im Justizverfahren ist es Ausprägung des Grundsatzes rechtlichen Gehörs, der sich auf drei Stufen verwirklicht: Recht auf Information über den Verfahrensstoff (u.a. durch die Gewähr von Akteneinsicht), Recht auf Möglichkeit zur Äußerung und Recht auf Berücksichtigung des Vorgetragenen durch das Gericht. 22 Im Verwaltungsverfahren findet rechtliches Gehör durch eine Anhörung statt. Das Akteneinsichts-
§ 2 Abs. 2 Satz 2 vor, dass die aktenführende Stelle jedenfalls bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit mitzuteilen hat. 20 Der Begriff des „Dokuments" ist weiter als der der „Akte". So ist umstritten inwieweit sog. flüchtige Dokumente zugänglich sind, die nicht Bestandteil der Akte werden (Gesprächsprotokolle, Tonbandaufnahmen, E-Mails, vgl. §10 Abs. 3 IFG SH, § 7 Abs. 2 c) IFG NRW). 21 Vgl. in Deutschland: § 29 VwVfG, §§ 147, 406e StPO, §§ 299, 760 ZPO, § 49 OWiG, §100 VwGO, § 78 Abs. 1 FGÒ, § 34 Abs. 1 FGG, § 36b Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG. Zur Lage im Gemeinschaftsrecht: Hix, Akteneinsicht, S. 25 ff; Levitt, CMLRev 1997, 1413 ff; Garofoli, RIDPC 1998, 1285 (1324, 1332); Nowak, DVB1. 2004, 272 (275). 22 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, Art. 103, Rn. 66, 74 f. mwN; Pieroth / Sehl ink, Staatsrecht, Rn. 1077.
38
Erster Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
recht ist hierzu Komplementärrecht wie beim Grundsatz rechtlichen Gehörs. 23 Damit ist das Akteneinsichtsrecht im Rechtsstaatsprinzip verankert und dient einem fairen Verfahren, indem im Prozess Waffengleichheit in bezug auf die zugrundeliegenden Informationen hergestellt wird. 24 Daneben können weitere Akteneinsichtsrechte unterschieden werden 25 , nämlich datenschutzrechtliche Ansprüche Betroffener als Ausprägung des informationellen Selbstbestimmungsrechts 26, wirtschaftlich motivierte Einsichtsrechte 27 und solche spezifischer Berufs- oder Amtsträgergruppen, soweit sie für ihre Aufgabenerfullung erforderlich sind. 28 Allen gemeinsam ist, dass sie nur bestimmten Personen mit einem berechtigten Interesse in einem begrenzten Zeitraum fur ausgewählte Dokumente zustehen. Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten soll hier dagegen verstanden werden als ein verfahrensbegründendes Informations- und Kontrollrecht. Es wird nicht aus dem Verfahren abgeleitet, sondern ist sein Auslöser. Alleiniges Ziel des Verfahrens ist es, Zugang zu bestimmten Dokumenten zu erhalten, ohne eine eigene Betroffenheit oder andere Gründe fur die Einsicht nachweisen zu müssen. Das bedeutet, dass, vorbehaltlich gegenläufiger rechtlich geschützter Interessen, jedem Bürger zu jeder Zeit bei jeder staatlichen Stelle jedes Dokument zugänglich gemacht werden muss. Die Entwicklung des Zugangsrechts weist Querverbindungen zum Akteneinsichtsrecht auf. 29 Seine Wurzeln liegen aber weniger im Rechtsstaatsprinzip als 23 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 28 VwVfG, Rn. 1, 2, 7 mwN und § 29 VwVfG, Rn. 1, 3; Bieber, DÖV 1991, 857 (859 f). 24 Kugelmann, Rechtsstellung, S. 243 f.; ausführlich Angelov, Grundlagen, S. 168 ff. 25 In Anlehnung an Lodde, Informationsrechte, S. 7 ff., 30 ff., 58 ff., 108 ff. Die Kategorisierung gilt für Auskunfts- wie Einsichtsrechte. Siehe auch Nordmann, RDV 2001, 71 (82 ff.) und Schild, RDV 2000, 96 (98 f.). 26 Als Auskunft (§ 19 BDSG, § 83 SGB X, § 15 Abs. 1 BVerfSchG) oder Einsichtsrecht (§ 90c BBG, kombiniert zweistufig: § 13 StUG). 27 § 12 GBO, § 9 HGB, § 79 BGB, § 1563 BGB, § 75 BauGB. 28 Für die Presse, für Gemeindevertreter nach Kommunalrecht und für Personalräte nach Mitbestimmungsrecht. 29 Bieber, DÖV 1991, 857 (861 f.); König, DÖV 2000, 45 (46ff.). Der individuelle Rechtsschutzzweck des Akteneinsichtsrechts, seine Verteidigungsfunktion, basierte auf der Schwere der drohenden Sanktion und der unmittelbaren persönlichen Betroffenheit. Sie wurde mit dem Schutz der Allgemeinheit zunehmend objektiviert. Einher ging die Auflösung des „Beteiligten"-Begriffs, weil der Kreis der potentiell Betroffenen sich bis zur Unkenntlichkeit ausdehnte und keine sinnvolle Abgrenzungsfunktion mehr erfüllte. Diese Entwicklung lässt sich ausgehend von der Akteneinsicht im Justizverfahren über das Disziplinarrecht der Beamten bis zum Verwaltungsverfahren und dort u.a. im Planfeststellungs-, Atom- und Immissionsschutzrecht beobachten. Würde bei technische Großprojekten mit Umweltrelevanz, die durch Langzeitwirkung, ein großes Verbreitungsgebiet und ungeklärte Wirkungsketten gekennzeichnet sind, die Darlegungslast eigener Betroffenheit dem Bürger obliegen, wäre der Informationszugang praktisch unmöglich. Konsequent verzichtet das UIG (gemeinschaftsrechtlich veranlasst) auf den
Α. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
39
vielmehr im Demokratieprinzip. 30 Nach dem Demokratieprinzip geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Voraus geht ein öffentlicher Willensbildungsprozess, der entscheidend davon abhängt, inwieweit die Bürger informiert sind. Nur der informierte Staatsbürger ist in der Lage, sich ein eigenes Urteil zu bilden und in der vom Grundgesetz intendierten Weise am demokratischen Prozess mitzuwirken. 31 Entscheidungen, deren Grundlage und Begründungen voll zugänglich sind, zeigen ferner, dass nichts zu verbergen ist und keine illegitimen Erwägungen die Entscheidung beeinflusst haben. Ein Zugangsrecht der Öffentlichkeit dient damit der Transparenz staatlicher Entscheidungen und fördert deren Akzeptanz durch den Bürger. 32 Es kann, erst recht bei frühzeitiger Einsicht, zu einer Verringerung von Rechtsstreitigkeiten kommen.33 Die Transparenz und Akzeptanz von Entscheidungen stärken zugleich die Legitimation des Handelnden.34 Schließlich führen die Transparenz des Entscheidungsprozesses und die Möglichkeit des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten zu einer Kontrolle der Hoheitsträger bei der Ausübung hoheitlicher Gewalt. Sie müssen
Verfahrensbezug oder etwaige Einsichtsgründe und ordnet der Öffentlichkeit erstmals über den Rechtsschutz hinaus eine allgemeine, wenngleich thematisch begrenzte, Informations· und Kontrollfunktion zu. 30 § 1 IFG Bin: "Zweck dieses Gesetzes ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht ... die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen." Bieber, DÖV 1991, 857 (857, 865); Angelov, Grundlagen, S. 81, 92, 141; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 251, 254 f.; Bleyl, DuD 1998, 32 (32); Borgsmidt, DÖV 1988, 70 (71); G A Tesauro in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 19. 31 So für die Informationsfreiheit Hesse, Grundzüge, Rn. 393 und BVerfGE 27, 71, 81 f.: „Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in den Stand gesetzt, sich Selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im demokratischen Sinne verantwortlich handeln zu können." BVerfGE 44, 125 (147). Zur Einsicht: Wachs, Akteneinsicht, S. 77 f.; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 303 f.; Schwan, Amtsgeheimnis, S. 92 f.; Bieber, DÖV 1991, 857 (865); Bleyl, DuD 1998, 32 (32); Hix, Akteneinsicht, S. 36 f.; Schindel, DuD 1989, 591 (592). 32 Kahl, Verfassungswandel, S. 15 f.; Würtenberger, NJW 1991, 257 (259 f.); Wachs, Akteneinsicht, S. 79; Hix, Akteneinsicht, S. 36. 33 Kahl, Verfassungswandel, S. 16; Schubert, DuD 2001, 400 (402); Wachs, Akteneinsicht, S. 85; Hix, Akteneinsicht, S. 33; Würtenberger, NJW 1991, 257 (259). 34 Kahl, Verfassungswandel, S. 15: rationale Legitimation; Würtenberger, NJW 1991, 257 (258); König, DÖV 2000, 45 (50).
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Erster Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
befürchten, dass Unregelmäßigkeiten und Amtsmissbrauch auf diesem Wege aufgedeckt werden. 35 Als voraussetzungsloses Zugangsrecht existieren in Deutschland thematisch begrenzt nur das Umweltinformationsgesetz für Umweltinformationen 36 und mit Abstrichen das Bundesarchivgesetz für ausgesuchte historische Dokumente.37 Ein Verbraucherinformationsgesetz für verbraucherrelevante Informationen über Lebensmittel ist zunächst gescheitert. 38 Sie verfolgen jeweils eigene Ziele (Schutz der Umwelt, der Wissenschaftsfreiheit, der Verbraucher). Daneben existieren in vier Bundesländern allgemeine demokratische Informationsfreiheitsgesetze (näher der Sechste Abschnitt). In ihrem Verhältnis zueinander ist das Zugangsrecht der Öffentlichkeit umfassender angelegt als das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen. Wer allgemein Zugang zu Dokumenten erhält, bedarf keiner Akteneinsicht mehr. Dennoch ist das Akteneinsichtsrecht neben einem allgemeinen Zugangsrecht nicht bedeutungslos, denn das Zugangsrecht der Öffentlichkeit ist in der Praxis vielfach begrenzt durch gegenläufige, rechtlich geschützte Interessen, vor allem der öffentlichen Sicherheit und des Schutzes Privater. Hier gewähren Akteneinsichtsrechte unter Umständen infolge ihrer unterschiedlichen Herleitung und Begründung weitergehende Informationsrechte, weil der Verfahrensbezug und die Bedeutung für den Betroffenen im Hinblick auf seinen Rechtsschutz bei der Freigabeentscheidung zu berücksichtigen sind. Dass Akteneinsichtsrecht und Zugangsrecht in ihrer Ausübung gleichartig, ihrem Wesen und Umfang nach aber verschieden sind, gilt auch auf Gemeinschaftsebene. Das Akteneinsichtsrecht wird als unverzichtbares Element des
35 Schindel DuD 1989, 591 (597); Kahl, Verfassungswandel, S. 13 f.; Wachs, Akteneinsicht, S. 82 f.:
"Ist die Genehmigungsbehörde verpflichtet, ihre Verfahrensakten offenzulegen, muss sie jederzeit mit der Präsenz des interessierten Bürgers und damit auch mit der externen Kontrolle ihres Entscheidungsprozesses rechnen. Infolgedessen wird sie - vorbeugend - darauf achten, dass jeder ihrer Schritte auf dem Weg zum Genehmigungsbescheid dem kritischen Auge der Öffentlichkeit standhält." Hafner / Gerlach, ZRP 1998, 123 (123); Hix, Akteneinsicht, S. 19, 36 f.; Schröder, DV 1971, 301 (304 f., 314); Schubert, DuD 2001, 400 (402). 36 BGBl. I 1994, 1490 vom 8. Juli 1994, idF der Bekanntmachung vom 23.8.2001, BGBl. 12001,2218. 37 BGBl. I 1988, 62 vom 6. Januar 1988. 38 Kabinettsentwurf vom 8 April 2002 (BT-Drs. 14/8738), Änderungsantrag der CDU/CSU Fraktion vom 16. April 2002 (BT-Drs. 14/8784), im BT beschlossen am 17.5.2002, im Bundesrat von den unionsgefuhrten Ländern am 31. Mai abgelehnt, FAZ Nr. 124 v. 1.6.2002; Knitsch, ZRP 2003, 113 (118); Künast, Informationszugang, S. 33.
Α. Wesensmerkmale des Zugangsrechts
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Prinzips audi alteram partem fur die effektive Gewährung rechtlichen Gehörs angesehen.39 Das Prinzip rechtlichen Gehörs wiederum ist als Verteidigungsrecht im Primärrecht 40, im Sekundärrecht 41 und in der Rechtsprechung des EuGH 42 seit langem anerkannt. Als prozessuales Verteidigungsrecht stellt es abstrakt auf die Wirkung der hoheitlich ausgeübten Gewalt ab, ohne zu differenzieren, ob ein Staat oder eine andere mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Institution handelt, sofern deren Handlungen unmittelbar auf den Einzelnen durchgreifen. Dementsprechend findet es sich insbesondere im Wirtschaftsverwaltungsrecht, wo eine Eingriffsverwaltung mit direktem Gemeinschaftsvollzug besteht.43 Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane ist vor allem in Art. 255 EG und der daraufhin ergangenen VO (EG) Nr. 1049/2001 fur das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission geregelt. Daneben gibt es zahlreiche Regelungen der einzelnen Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft 44 und eine umfangreiche Rechtsprechungs- und Beschwerdepraxis bei EuG, EuGH und dem Europäischen Bürgerbeauftragten. 45 Die Entstehungsgeschichte der Regelungen46 und die Rechtsprechung 47 betonen den demokratischen Charakter des Zugangsrechts und das Ziel, das Handeln der Gemeinschaft transparenter zu gestalten, um eine breitere Akzep-
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Rs. T-36/91 ICI / Kommission Slg. 1995 11-1847 Tz. 69; Rs. 85/76 Hoffmann-La Roche / Kommission Slg. 1979, 461 Tz. 9. Aus der Lit.: Gassner, DVB1. 1995, 16 (20): Korrelat des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Haibach, NVwZ 1998, 456 (458): Ausprägung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör; Bast, RIW 1992, 742 (745): wichtigste Ausprägung des rechtlichen Gehörs. 40 Art. 36 Abs. 1, 46 Abs. 2, 54 Abs. 4 Satz 1, 58 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 5 , 88 Abs. 1 KS; Art. 5 Abs. 2 Satz 1, 46 Abs. 2 Satz 1, 141 EA; Art. 88 Abs. 2 UAbs. I 1, 226 Abs. 1 EG. 41 Z . B . Art. 19 Abs. 1 VO 17/62 iVm Art. 2 Abs. 1 VO 99/63 (KartellVO); 18 Abs. 1 - 4 VO 4064/89 (FusionskontrollVO); Art. 26 Abs. 6, 87 VO 31/61/EWG und 11/61/EAG (Beamtenstatut); Art. 12 VO 3887/92 (Beihilfebezogene Kontrollen); 10 Abs. 4 VO 459/68; 7 Abs. 4 - 6 iVm 8 VO 2423/88 (Antidumping). 42 Rs. 32/62 Alvis / Kommission Slg. 1963, 107 (123) (zum Disziplinarrecht der Beamten); Rs. 74/74 Transocean Marine Point / Kommission Slg. 1974, 1063 (1081); Rs. 85/76 Hoffmann-La Roche / Kommission Slg. 1979, 461 Tz. 9; verb. Rs. T-10 - 12 und 15/92 Cimenteries CBR / Kommission Slg. 1992 11-2667 Tz. 38 f.; Rs. T-36/91 ICI / Kommission Slg. 1995 11-1847 Tz. 69. 43
Ausführlich Hix, Das Recht auf Akteneinsicht im europäischen Wirtschaftsrecht,
1992. 44
Siehe den Fundstellennachweis im Anhang III. Siehe Dritter Abschnitt B. 46 Beginnend mit der Erklärung 17 zum Maastricht Vertrag bis hin zu den Erwägungen 1 bis 3 der VO (EG) Nr. 1049/2001. 47 GA Tesauro Tz. 15 f. des Schlussantrags und der EuGH in Rs. C-58/94 Niederlande /Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 35. 45
4 2 E r s t e r Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
tanz der Bevölkerung gegenüber der Gemeinschaft und letztlich eine größere Legitimität zu erreichen. 48
III. Veröffentlichungspflicht nur für ausgewählte Dokumente Die Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen ist eine Ressourcenfrage und bleibt auf wenige ausgewählte Dokumente beschränkt. Sie ist von der Öffentlichkeitsarbeit hoheitlicher Stellen zu unterscheiden, die freiwillig erfolgt und bei der die Behörde zur Verfolgung eigener Interessen an den Bürger herantritt, etwa um eine erhöhte Außenwirkung ihrer Maßnahmen zu erzielen. Dementsprechend entscheidet die Behörde, welche unveröffentlichten Informationen sie in welcher Form freigibt. 49 Publikationspflichten öffentlicher Stellen bestehen in verschiedenen, allerdings eng umgrenzten Bereichen. 50 Sofern sie die Offenlegung der unveränderten Rohdaten vorsehen, eröffnen sie einen Zugang zur Primärquelle, ohne dass ein Antrag gestellt und dabei ein berechtigtes Interesse oder Gründe angegeben werden müssen. In diesem Fall geht die Veröffentlichungspflicht über das Zugangsrecht hinaus. Der Einzelne muss nicht von sich aus tätig werden und die gewünschten Informationen bezeichnen. Damit entfällt eine Bearbeitungsfrist, die Gefahr einer Zurückweisung des Begehrens und eine Kostenentscheidung zugunsten sofortiger Verfügbarkeit. Jedoch ist eine umfassende Publikationspflicht aller anfallenden Informationen öffentlicher Stellen aufgrund der Kosten und des Aufwands auch unter Berücksichtigung moderner Kommunikationsmethoden wie dem Internet praktisch nicht zu verwirklichen. 51 Sie ließe auch notwendige Ausnahmeregelungen unberücksichtigt, die eine Interessenabwägung verlangen. Publiziert werden kann immer nur eine subjektive Auswahl von Dokumenten, denen eine besondere Bedeutung für die Öffentlichkeit beigemessen wird. Hinsichtlich des Rests stellt sich weiterhin die Frage der Einsichtsmöglichkeit.
48
Dazu der Zweite Abschnitt. Angelov, Grundlagen, S. 214; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 317 f. Kritisch wegen der demokratischen Legitimation von unten nach oben: Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 81. 50 Siehe in Deutschland die vielfältigen öffentlichen Register (z. B. §§ 66, 79 BGB (Vereinsregister), §§ 9 f. HGB (Handelsregister), §§ 9, 11 GWB (Karteilregister)), Verzeichnisse, Kataster und Bücher (dazu § 17 Bin IFG). Zu weiteren Veröffentlichungspflichten: Lodde, Informationsrechte, S. 96. Auf Gemeinschaftsebene siehe Art. 212, 248 Abs. 4, 254 EG, Art. 68 VerfO des EuGH, Art. 17 der GO des Rates. 51 Harden, EPL 2001, 165 (175). 49
Β. Berechtigte und Verpflichtete des Zugangsrechts
43
Das Zugangsrecht zu Dokumenten gewährt dagegen im Grundsatz ein Recht auf Einsicht in alle unveröffentlichten Dokumente der Behörden. Das ist praktizierbar, weil der Bürger mit einem Antrag an die Behörde herantritt und sich ihr Aufwand auf die Bereithaltung der Dokumente für eine Einsichtnahme beschränkt, wozu sie zu internen Zwecken im Rahmen einer geordneten Aktenführung ohnehin verpflichtet ist. Zusammengefasst ist das Zugangsrecht zu Dokumenten das Recht, in jedes unveröffentlichte Dokument einer öffentlichen Stelle Einsicht zu nehmen, ohne dafür Gründe angeben zu müssen.
B. Berechtigte und Verpflichtete des Zugangsrechts Im Verhältnis zwischen Bürger, Mitgliedstaat und Gemeinschaft sind verschiedene Beziehungen denkbar, in denen ein Zugang zu Dokumenten erfolgen kann. Bei der Präzisierung, wer zugangsberechtigt und zugangsverpflichtet ist, sind zwei Konstellationen auszuscheiden: Der Zugang mitgliedstaatlicher Behörden zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane war Gegenstand der Rs. J. J. Zwartveld u.a..52 Dort lehnte es die Kommission ab, einem niederländischen Staatsanwalt Untersuchungsberichte von Gemeinschaftsinspektoren zukommen zu lassen, die er bei der Anklage eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht in den Niederlande benötigte. Der EuGH urteilte, dass aus Art. 10 EG die Verpflichtung der Gemeinschaftsorgane zur loyalen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten folge, vor allem den Einrichtungen, die für die Anwendung und Wahrung des Gemeinschaftsrechts im Rahmen der nationalen Rechtsordnung Sorge zu tragen haben, und verpflichtete erstmals ein Gemeinschaftsorgan zur Gestattung von Zugang zu seinen Dokumenten.53 Gegenstand der Arbeit soll nicht der behördliche Zugang zu Dokumenten im Wege der Amtshilfe sein, sondern das Zugangsrecht der Öffentlichkeit als demokratisches Leistungs- und Teilhaberecht. Ein Zugangsrecht der Öffentlichkeit war auf Gemeinschaftsebene erstmals in Art. 3 Abs. 1 der Umweltinformationsrichtlinie 54 vorgesehen. Sie verpflichtet jedoch die Mitgliedstaaten 52 Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 J. J. Zwartveld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405 m. Anm. Watson, CMLRev 1990, 428 ff., Bradley, CDE 1999, 283 (302). Siehe auch Rs. 234/89 Delimitis / Henninger Bräu Slg. 1991 1-935 Tz. 53 und ABl. 1993 C 39/10 Mitteilung der Kommission über die Zusammenarbeit mit nationalen Gerichten. 53 Zwartveld Tz. 17, 18,25. 54 Richtlinie des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (90/313EWG), ABl. 1990 L 158/56. Aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 (ABl. 2003 L 41/26).
4 4 E r s t e r Abschnitt: Grundlagen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten
zur Herausgabe umweltrelevanter Informationen 55, während es hier um den Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane gehen soll. Bei der Neufassung der Umweltinformationsrichtlinie ist die Ausweitung der Zugangspflicht auf die Gemeinschaftsorgane, wie schon bei Erlass, verworfen worden. 56 Zweck der Richtlinie ist die Verbesserung des Umweltschutzes, der ganz überwiegend durch die Mitgliedstaaten vollzogen wird. Die Gemeinschaft räumt hier dem Bürger gegenüber dem Mitgliedstaat subjektive Rechte ein, um die eigene unzureichende Kontrolle abzugleichen. Das hier untersuchte Zugangsrecht ist ein Recht der Öffentlichkeit und wird gegenüber den Gemeinschaftsorganen wahrgenommen.
55
Art. 3 Abs. 1: "Vorbehaltlich der Absätze 2, 3 und 4 gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Behörden verpflichtet werden, allen natürlichen und juristischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen.". 56 Bei Erlass: vgl. Kommission (ABl. 1988 C 335/5) und Wirtschaft und Sozialausschuss (ABl. 1989 C 139/46); bei der Neufassung: Parlamentsvorschlag in A50074/2001, S. 12, abgelehnt von der Kommission, da deutlich über den Anwendungsbereich einer Richtlinie hinausgehend, die nur für die Mitgliedstaaten gilt (KOM(2001) 303 endg., ABl. CE 240/289 unter 3.4.).
Zweiter Abschnitt:
Die Bedeutung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten für die Europäische Gemeinschaft Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten stärkt die demokratische Legitimation von Hoheitsgewalt auch und insbesondere der Europäischen Gemeinschaft. Die Europäische Gemeinschaft ist demokratiefähig und -bedürftig. Ihre demokratische Legitimation ist auf den hoheitsunterworfenen Staats- und Unionsbürger zurückzufuhren und erfolgt nutzen- und kontrollorientiert auch durch Transparenz und Öffentlichkeit politischen Handelns. Das Zugangsrecht zu Dokumenten verschafft die hierfür erforderlichen Informationen und fordert die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit.
A. Die Funktion des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in einem demokratischen System Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten ist grundlegendes Element einer lebendigen Demokratie. Demokratie bedarf der Rückbindung an den Willen der Herrschaffcsunterworfenen in formalisierten Verfahren, mittels derer die Bürger am politischen Auswahlprozess der Ideen teilhaben. Voraussetzung hierfür ist ein breiter und kritischer Diskurs über wichtige gesellschaftliche Themen durch eine informierte Öffentlichkeit. Ein freier Informationsfluss über alle Vorhaben der Regierung, wie ihn das Zugangsrecht der Öffentlichkeit gewährleistet, ist dafür Bedingung. Geheimhaltung auf allen Ebenen des Regierungshandelns kennzeichnet einen totalitären Staat und drückt sein Misstrauen gegenüber dem informierten und mündigen Bürger aus.1 Wo zuverlässige Informationen fehlen, ist die Meinungsäußerungsfreiheit bedeutungslos und der Nährboden gelegt für Gerüchte, Behauptungen und Verdächtigungen, die das Vertrauen und die Akzeptanz in hoheitliches Handeln zerstören. In einem solchen Klima der Heimlichkeit und Verschwiegenheit gedeihen Korruption, Be-
1 Bieber, DÖV 1991, 857 (857); Voßkuhle, Karpen, DVB1. 2000, 1110(1112).
Informationsgesellschaft, S. 378, 385;
46
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts für die EG
trug und Machtmissbrauch. In einer Demokratie haben die Bürger das Recht zu wissen, wie und warum Entscheidungen zustande gekommen sind und wie sie angewendet werden. Der Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten schafft die erforderliche Transparenz der Entscheidungsprozesse und ihrer Umstände und ermöglicht dem einzelnen, politische Zusammenhänge zu erkennen und eine Verantwortungszurechnung vorzunehmen. Er befähigt den Bürger, Regierungspolitik effektiv zu bewerten und eigenverantwortlich zu entscheiden, wie er im Rahmen der ihm offenstehenden Partizipationsmöglichkeiten sein demokratisches Selbstbestimmungsrecht ausübt.2 Auf diesem Wege erlaubt das Zugangsrecht zugleich eine wirksamere Kontrolle der Regierenden durch die Öffentlichkeit und führt zu einer höheren Akzeptanz der Hoheitsunterworfenen. 3 Die Möglichkeit eines Zugangs zu Dokumenten hoheitlicher Organe erfüllt mehrere Funktionen, die von Bedeutung für jedes demokratische System sind: Er verschafft Informationen über hoheitliches Handeln und gewährleistet deren Authentizität. Die daraus folgende Transparenz ermöglicht eine effektive Kontrolle, trägt bei zur Bürgernähe, ermöglicht die politische Teilhabe der Bürger und schafft auf diese Weise Akzeptanz gegenüber hoheitlichen Entscheidungen.
B. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft Die Gemeinschaft bekennt sich zur Demokratie als grundlegendem Verfassungsprinzip (3. und 6. Erwägung der Präambel des Vertrages über die EU). 4 Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie (Art. 6 Abs. 1 EU). 5 Da die Europäische Gemeinschaft Hoheitsgewalt ausübt, die aufgrund der Supranationali2
Grundlegend: Curtin / Meijers, CMLRev 1995, 391 ff.; Curtin, Opening Spaces, S. 233; Huber, Demokratie, S. 38 f., 49 f.; Riemann, Transparenz, S. 54; vgl. die Begründung Α. I. zum Entwurf des Bundes-IFG S. 11, http://www.bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_28349.htm. 3 Schindel, DuD 1989, 591 (592 f.); Kahl, Verfassungswandel, S. 13, 15; Kugelmann, Rechtsstellung, S. 14 f., 91 f.; Feik, Transparenz, S. 14 f.; Schoch, DV 2002, 149 (156); Kloepfer, Informationsrecht § 10 Rz. 12, ders., DÖV 2003, 221 (224); Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 36 f.; Rohde-Liebenau, Korruptionsprävention, S. 118 ff.; Riemann., Transparenz, S. 60 ff., 91 ff., 99 f. 4 Zum Demokratieprinzip als allgemeinem Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts: Rs. 138/79, 29.10.1980 Roquette / Rat Slg. 1980, 3333 Tz. 33; Rs. 139/79, 29.10.1980 Maizena/ Rat Slg. 1980, 3393 Tz. 34; Rs. C-300/89, 11.6.1991 Kommission / Rat (TitandioxidabfallRL) Slg. 1991, I 2867 Tz. 20; Zuleeg, JZ 1993, 1069 (1070 f.); Reich, Parlament, S. 24 ff. (34); Peters, Verfassung, S. 626; Riemann, Transparenz, S. 73; enger Randelzhofer, in: Hommelhoff / Kirchhof, Staatenverbund, S. 39 ff. (43): kein vorgegebenes Demokratieprinzip mit klaren Anforderungen; ebenso Ress, Legitimierung, S. 631, 647 ff. 5 Kluth, Legitimation, S. 67 f f ; Reich, Parlament, S. 32 ff.
Β. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft
47
tät ihres Wesens den Einzelnen unmittelbar rechtlich verpflichtet 6, bedarf sie der demokratischen Legitimation. Der Legitimationsbedarf nimmt dabei mit fortschreitender Integration in dem Maße zu, wie der Gemeinschaft unmittelbare Durchgriffsrechte auf den Einzelnen zukommen. Zum Teil wird der Gemeinschaft die Fähigkeit zu einer eigenständigen direkten demokratischen Legitimation abgesprochen, weil sie sich nicht auf ein europäisches Volk mit einem Mindestmaß an politisch-kultureller Homogenität stützen kann.7 In diesem Zusammenhang werden auch die Sprachvielfalt und das Fehlen von gesamteuropäischen Parteien, Verbänden und Medien als Politikvermittler beklagt.8 Die demokratische Legitimation müsse sich daher auch in Zukunft ausschließlich von den Staatsvölkern der Mitgliedsstaaten ableiten. Das Recht der Gemeinschaftsbürger auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane würde damit als Bestandteil direkter demokratischer Legitimation der Gemeinschaft ausscheiden. Im folgenden soll zunächst das Subjekt demokratischer Legitimation auf Gemeinschaftsebene bestimmt werden (unter I.), bevor auf die Notwendigkeit einer Stärkung der Legitimationsgrundlage der Gemeinschaft eingegangen wird (unter II.).
I. Das Individuum als Subjekt demokratischer Legitimation auf Gemeinschaftsebene Die demokratische Legitimation der Gemeinschaft beruht nicht auf einem homogenen europäischen Volk, sondern auf dem Bürger als hoheitsunterworfenem Individuum. Der Begriff der „Homogenität" ist zu unbestimmt und auslegungsbedürftig, als dass er seine Funktion als vorrechtliche Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie auf Gemeinschaftsebene erfüllen könnte.9 Ob das erforderliche Maß an Homogenität gegeben ist, kann je nach integrationspolitischem
6
Rs. 26/62, 5.2.1963 van Gend and Loos / Administratie der Belastinger Slg. IX (1963), 1 (25): „Die Gemeinschaft stellt eine neue Rechtsordnung dar, deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Einzelnen sind. Das Gemeinschaftsrecht soll den Einzelnen, ebenso wie es ihnen Pflichten auferlegt, auch Rechte verleihen.". 7
Kirchhof JZ 1998, 969 (972), ders., in: Isensee / Kirchhof HbdStR V I I § 183, S. 855 ff. Rz. 12, 53, ders., EuR Beiheft, S. 11 (12 ff.); Ossenbühl, DVB1 1993 629 (634); Di Fabio, Der Staat 1993, 202 f. Zurückhaltender BVerfGE 89, 155 (186): die Rolle der nationalen Parlamente betonend. Näher Riemann, Transparenz, S. 81 ff. 8 Insbesondere Grimm, ELJ 1995, 282 f f , ders., JZ 1995, 581 ff.; von Brünneck, EuR 1989, 249, 251 f., 257 f.; dagegen Peters, Verfassung, S. 699. 9 Peters, Verfassung, S. 704.
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts für die EG
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Standpunkt des Betrachters bejaht oder verneint werden. Dabei entspricht ein homogenes Staatsvolk selbst unter Nationalstaaten selten der Realität. Der Gedanke volksbezogener Homogenität ist auch unvereinbar mit dem Grundgedanken europäischer Integration, der nationale Eigenheiten und Unterschiede erhalten will, Art. 6 Abs. 3 EU. Ein homogenes Volk ist keine Voraussetzung europäischer Integration und auch nicht ihr Ziel. 1 0 Es zur Bedingung für die Verwirklichung von Demokratie zu erklären, leugnet die Möglichkeit demokratischer Legitimation auf supranationaler Ebene und führt zu einer Fixierung auf den demokratischen Nationalstaat. Ob das wünschenswert ist, mag man bezweifeln, da der Nationalstaat heute immer mehr vor finanztechnischen, ökologischen und sozialen Aufgaben steht, die auf einzelstaatlicher Ebene nicht mehr effektiv bewältigt werden können.11 Wenngleich die Entwicklung des demokratischen Gedankens historisch mit dem Nationalstaat und seinem jeweiligen Staatsvolk verbunden wird, handelt es sich nicht um eine denknotwendige Verknüpfung. 12 Demokratie als Legitimationsprinzip ist nicht für den Nationalstaat reserviert. Leitbild und Maßstab der Demokratie bleibt der selbstverantwortliche und selbstbestimmte Mensch. Demokratie, verstanden als freie Selbstbestimmung aller 13 , wurzelt im Individuum. 14 Wer sich einer Hoheitsgewalt unterwirft, soll daran beteiligt sein, die-
10 Gegen diesen Volksbegriff: Weiler, JöR 1996, 91 ff. (= ELJ 1995, 219 ff.); Pernice, AöR 1995, 100 f f ; Zuleeg, Demokratie, S. 16 ff., ders., AJCL 1997, 505 (523) zum Bsp. USA: Homogenität beschränkt sich auf freien und gleichen Bürgerstatus; Bryde, StWiss 1994, 305 (320): Realitätsverweigerung; Oeter, ZaöRV 1995, 659 (691): ethnischer Fundamentalismus; Pernice, DV 1993, 449 (478 f.); Peters, Verfassung, S. 654: Entkoppelung von Ethnos und Demos; Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 271: Ethos statt Ethnos; Heitsch, EuR 2001, 809 (816), ders., Verordnung, S. 50 f.; Riemann, Transparenz, S. 85. 11 Bryde, StWiss 1994, 305 (308), pointiert (314); Habermas, ELJ 1995, 303 (304 f.); Reich, Parlament, S. 70 f.; Classen, AöR 1994, 238 (259); Peters, Verfassung, S. 628 f.; Heitsch, EuR 2001, 809 (816) 12
Kluth, Legitimation, S. 30 ff.; Zuleeg, JZ 1993, 1069, (1072), ders., AJCL 1997, 505 (512 ff.) am Bsp. USA; Peters, Verfassung, S. 652: weder rational noch historisch bedingt; Oeter, ZaöRV 1995, 659 (691 f.); Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 273. Siehe auch demokratische Staaten wie Belgien, Kanada, die Schweiz oder Indien. 13 BVerfGE 44, 125 (142), im Original hervorgehoben. 14 Kluth, Legitimation, S. 39, 42 f., 66; Zuleeg, JZ 1993, 1069 (1071 f.), ders., AJCL 1997, 505 (523 ff.), ders., Europäische Demokratie, S. 18 f.; Huber, Demokratie, S. 33 f.; Everling, ZfRV 1992, 241 (256); Epping, Der Staat 1997, 349 (357 f.); Peters, GYIL, S. 642, dies., Verfassung, S. 657, 659; Reich, Parlament, S. 38, 49, 54; Bryde, StWiss 1994, 305 (322); Heitsch, EuR 2001, 809 (817), ders., Verordnung, S. 52; siehe auch Hertel, Supranationalität, S. 181 f.
Β. Die demokratische Legitimation der Europäischen G e m e i n s c h a f t 4 9
jenigen zu bestimmen, die über ihn Hoheitsgewalt ausüben.15 Die Gemeinschaftsgewalt begegnet dem Gemeinschaftsbürger nicht nur durch Vermittlung des Staates, sondern betrifft ihn unmittelbar und macht ihn zum berechtigten und verpflichteten Subjekt. Ursprung hoheitlicher Gewalt der Europäischen Gemeinschaft und Bezugspunkt demokratischer Legitimation ist daher der Bürger, dessen Selbstbestimmung und Freiheit das Demokratieprinzip sichern will. Ausgangspunkt der eigenständigen demokratischen Legitimation der Gemeinschaft bildet demnach das herrschaftsunterworfene Individuum, nicht ein europäisches Volk.
II. Die Notwendigkeit der Stärkung demokratischer Legitimation auf Gemeinschaftsebene Ausgehend vom Individuum, beruht die Europäische Gemeinschaft auf zwei Legitimationssträngen. 16 Der Einzelne vermittelt als europäischer Bürger direkte demokratische Legitimation vor allem durch die Wahl des Europäischen Parlaments.17 Hinzu tritt eine indirekte demokratische Legitimation als Bürger eines Mitgliedstaates durch die Wahl des nationalen Parlaments, welches die Regierung wählt und kontrolliert, die Vertreter in den Rat entsendet, dem wichtigsten Rechtsetzungsorgan der Gemeinschaft. 18 Zur Zeit beruht die Legitimation der Europäischen Gemeinschaft noch überwiegend auf der indirekten Legitimation, während der direkten Legitimation stützende Wirkung zukommt. 19 Die von innerstaatlichen Konstellationen abwei-
15 Zuleeg, JZ 1993, 1069 (1072); Epping, Der Staat 1997, 349 (358); Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 274, 276; Rumler-Kor inek, EuR 2003, 327 (333 f.). 16 Peters, GYIL 641 f., dies., Verfassung, S. 681 f.; Huber, Demokratie, S. 34, 55; Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 266; Everling, ZfRV 1992, 241 (256); Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 178 f., 196; Pernice, DV 1993, 449 (483). 17 Zu anderen Formen direkter demokratischer Legitimation, u.a. dem Zugangsrecht der Öffentlichkeit, siehe C. 18 Kluth, Legitimation, S. 86 zu anderen Mitgliedstaaten; Maurer / Jopp, integration 1996, 24 (26 f.); Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 185; Huber, Demokratie, S. 56; Zuleeg, JZ 1993, 1069 (1073). Der innerstaatliche Wahlakt vermittelt eine doppelte Legitimationswirkung: eine direkte, bezogen auf die innerstaatliche Rechtsetzung und eine indirekte, bezogen auf die Mitwirkung an gemeinschaftsrechtlicher Rechtsetzung über den Rat. 19 BVerfGE 89, 155 (184, 186); Huber, Demokratie, S. 57; Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 178; de Bürca, MLR 1996, 349 (353). Siehe aber Tz 52 des Urteils des EGMR vom 18.2.1999 - 24833/94 Matthews / Vereinigtes Königreich EuZW 1999, 308 mit Anm. Lenz: Unter Berücksichtigung der sui generis Natur der Gemeinschaft sei das EP als "gesetzgebende Körperschaft" iSv Art. 3 ZP I anzusehen.
4 Meltzian
50
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts für die EG
chende Form der Legitimation ist dabei Ausdruck des supranationalen Mehrebenensystems und trägt damit der Sui generis - Natur der Europäischen Gemeinschaft Rechnung. Hieraus kann aber nur eine andere Form der Legitimationsvermittlung folgen, nicht ein Weniger an Legitimation. Entscheidend ist, dass ein hinreichend effektiver Gehalt demokratischer Legitimation, ein bestimmtes Legitimationsniveau, erreicht wird. 20 Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die derzeitige Struktur der Gemeinschaft, zeigen sich einige problematische Punkte: (1) Im Rechtsetzungsprozess besitzt der indirekt demokratisch legitimierte Rat weiterhin eine dominierende Rolle, wobei er durch die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens (Art. 251 EG) mehr und mehr zu einer Kooperation mit dem Europäischen Parlament gezwungen ist, das auf diese Weise bis zu einem gewissen Grad Kontrollbefugnisse ausübt. Im Übrigen besitzt das Europäische Parlament keines der Kontroll- oder Kreationsbefugnisse gegenüber dem Rat, wie sie ihm gegenüber der Kommission zustehen. Die einzelnen Ratsmitglieder unterliegen der Kontrolle ihrer nationalen Parlamente, die jedoch wirkungslos bleibt, wenn der nationale Vertreter durch Mehrheitsbeschluss überstimmt wird. 21 Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit machen bereits jetzt die Mehrzahl der Fälle aus und nehmen an Gewicht zu, weil das Einstimmigkeitsprinzip in der sich erweiternden Union eine effektive Arbeit des Rats behindert. 22 Als Ausgleich sollte das Mitentscheidungsverfahren in allen Fällen Anwendung finden, in denen im Rat mit qualifizierter Mehrheit entschieden wird. Die fehlende Kontrolle verschärft sich durch die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen ohne gleichzeitige Einführung der Mitentscheidung durch das Parlament (im Vertrag von Nizza etwa in Art. 161 (Struktur-
20 BVerfGE 89, 155 (182); Kluth, Legitimation, S. 95; Hertel, Supranationalität, S. 157, 182; Schroeder, KritV 1998, 423 (427); de Bùrca, MLR 1996, 349 (353); Schuppert, Legitimation, S. 65 (71); siehe schon Friauf, DVB1. 1964, 781 (787). 21 Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 185 f.; Classen, AöR 1994, 238 (253); Peters, Verfassung, S. 685, 692: entscheidendes Legitimationsproblem des Rates ist seine Kontrolle. Nach Majone, ELJ 1998, 5 (7) kontrolliert der Rat über den Vorrang des Gemeinschaftsrechts sogar die nationalen Parlamente. 22 Zur Lage nach Amsterdam: Simm / Heber, ZG 1999, 331 ff.; BVerfGE 89, 155 (183) sieht hierin keinen Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Mehrheitsentscheidungen seien notwendige Folge der Mitwirkung im Staaten verbünd. Durchgängige Einstimmigkeit stelle die Gemeinschaft strukturell in Frage. In Nizza wurden 35 von rund 70 mgl. Bestimmungen ganz oder teilweise zu Mehrheitsentscheidungen, vor allem bei Ernennungen und im Bereich Justiz und Inneres, z.T. erst ab 2007. Einstimmigkeit ist weiterhin in zentralen Fragen der Einwanderungs-, Steuer-, Sozial- und Außenhandelspolitik erforderlich. Dazu Borchmann, EuZW 2001, 170 (172); Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 268.
Β. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft
51
/Kohäsionsfonds); 181 (Zusammenarbeit mit Drittstaaten); 276 (Haushaltsordnung, Finanzkontrolle) E G . ) . 2 J
(2) Das direkt legitimierte Europäische Parlament besitzt gegenüber der Kommission beachtliche Kontrollrechte (Art. 193 (Untersuchungsausschuss); 197 Abs. 3 (Zitierrecht); 200 (Gesamtbericht); 201 (Misstrauensvotum); 269 Satz 2, 272 Abs. 2, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4, Abs. 6 - 8, 275, 276 (partielles Budgetrecht) EG; nach Nizza: Art. 230 Abs. 2 EG (privilegiertes Klagerecht)) und wirkt bei deren Ernennung mit (Art. 214 Abs. 2 Uabs. 1, 3 EG). Durch die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens ist seine Rolle im Rechtsetzungsverfahren und damit dessen demokratische Legitimation beträchtlich gesteigert worden. 24 Dem Europäischen Parlament fehlt aber immer noch ein unmittelbares Initiativrecht (Art. 192 Satz 2 EG). Des weiteren fehlt ihm die positive Gesetzgebungskompetenz, einen Rechtsakt gegen den Willen des Rates zu verabschieden. In Konfliktfällen beschränken sich seine Rechte selbst im Mitentscheidungsverfahren (Art. 251 EG) darauf, die Verabschiedung des Rechtsaktes zu verhindern (Art. 251 Abs. 2 Uabs. 3, Abs. 5, Abs. 6 EG, negative Gesetzgebungskompetenz). Dabei muss das Parlament berücksichtigen, dass eine supranationale Regelung oft für sich bereits einen Fortschritt darstellt. 25 Im Verfahren der Zusammenarbeit (Art. 252 EG) zwingt die Ablehnung durch das Parlament den Rat nur zu einem einstimmigen Beschluss (Art. 252 c Abs. 2 EG). Schließlich findet das Mitentscheidungsverfahren in mehreren wichtigen Sachgebieten nach wie vor keine Anwendung. 26 (3) Die zahlreichen verschiedenen Beteiligungsverfahren des Europäischen Parlaments, die unterschiedlichen Abstimmungsmodi im Rat, die unübersichtliche Verteilung der Durchführungsbefugnisse und eine sprachlich mitunter wenig gelungene und unsystematisch-punktuelle Regulierungspraxis führen zu einem Mangel an Transparenz und Offenheit, der die Möglichkeit der Partizipation oder Kontrolle seitens der Bürger, der nationalen Parlamente wie des Europäischen Parlaments stark beeinträchtigt und bei vielen ein Gefühl der Fremdbestimmung verursacht. Weit verzweigt und schwer überschaubar bleibt der Bereich der Komitologie-Ausschüsse und unterstützenden wissenschaftlichen Ausschüsse, die regel-
23
Insgesamt in sechs Artikeln mit acht legislativen Fällen, Wessels, Integration 2001,
8(16). 24
Auflistung bei Simm / Heber, ZG 1997, 331 ff. im Anhang (Stand Amsterdamer Vertrag). 2
- Tanneberger, Amsterdam, S. 365; Neuhold, EIPASCOPE 2000/1, 3 (7). Insbesondere Wirtschafts- und Währungspolitik (Titel VII), Agrar- (Art. 37 EG) und Handelspolitik (Art. 133 EG). 26
4»
52
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts für die EG
mäßig nicht-öffentlich zusammentreffen. 27 Art. 7 des neuen KomitologieBeschlusses 1999/468/EG sorgt hier für eine wesentliche Verbesserung: Danach finden u.a. die Zugangsregeln der Kommission auf den Bereich der Komitologie Anwendung (Art. 7 Abs. 2), und die Kommission veröffentlicht eine Liste aller Ausschüsse mit Verweis auf den Basisrechtsakt, auf dessen Grundlage der Ausschuss eingesetzt wurde, sowie einen Jahresbericht über ihre Arbeit (Art. 7 Abs. 4). Der Rat als zentrales Legislativorgan tagt im Regelfall ebenfalls im Geheimen (Art. 5 GO-Rat). Allerdings trifft ihn dann, wenn er als Gesetzgeber tätig wird, eine über Art. 255 EG hinausgehende Veröffentlichungspflicht im Hinblick auf den Rechtsakt (Art. 207 Abs. 3 EG, Art. 7 GO-Rat). 28 Insgesamt betrachtet, ist die gewachsene Form zwischenstaatlicher Problemlösung und supranationaler Organisation der lediglich intergouvernementalen Kooperation und erst recht nationalen Alleingängen überlegen. 29 Überdies taugt es wenig, einen Idealmaßstab anzulegen, der selbst innerstaatlich nicht erreicht wird, und ihn zur Voraussetzung der weiteren Integration zu erklären, zumal es an einem übergeordneten demokratischen Prinzip mit klaren Anforderungen an die Struktur der Gemeinschaft fehlt. 30 Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Europäische Gemeinschaft im fortschreitenden europäischen Integrationsprozess auf den Ausbau ihrer demokratischen Legitimationsgrundlage angewiesen bleibt. 31 Wie schwerwiegend zur Zeit das sog. Demokratiedefizit sein mag, lässt sich nicht exakt
27
Peters, Verfassung, S. 688 f., 695; Haibach, EIPASCOPE 2000/2, 38 ff., ders., zum neuen Komitologiebeschluss 1999/468/EG (ABl. 1999 L 184/23) EIPASCOPE 1999/3, 10 ff.; ders., V A 1999, 110 ff.; ausführlich: Hummer, Beteiligung, S. 285 ff.; Neyer, integration 1997, 24 ff. 28 Peters, Verfassung, S. 696; Kahl, ZG 1996, 224 ff.; Verhoeven, Fundamental, S. 2 ff. Näher Dritter Abschnitt C. III. 29 So Craig /de Bùrca, EC Law, S. 156 ff.; Bryde, StWiss 1994, 305 (307 f.); Curtin, Opening Spaces, S. 235. 30 Randelzhofer, in: Hommelhoff / Kirchhof, Staatenverbund, S. 39 f f : weder aus dem Völker- noch Gemeinschaftsrecht lassen sich konkrete und verbindliche Anforderungen ableiten. Art. 23 Abs. 1 GG bindet nur die deutsche Hoheitsgewalt. Siehe auch Ress, Legitimierung, S. 631, 649. 31 In Mitgliedsstaaten wie Schweden, bei denen ein weitverstandenes Zugangsrecht der Öffentlichkeit Teil der demokratischen Kultur ist, stellt sich nicht erst bei fortschreitender Integration, sondern bereits mit dem Beitritt selbst, die Übertragung von Hoheitsgewalt als demokratischer Rückschritt dar, weil das erreichte demokratische Legitimationsniveau durch restriktiveres vorrangiges Gemeinschaftsrecht verdrängt wird.
C. Die Stärkung der demokratischen Legitimation durch das Zugangsrecht
53
bestimmen. Jedenfalls unterschreitet es nicht den nach deutschem Verfassungsrecht gebotenen Rahmen für weitere Hoheitsübertragungen. 32
C. Die Stärkung demokratischer Legitimation durch das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane Die Stärkung der demokratischen Legitimation der Gemeinschaft kann an beiden Legitimationssträngen ansetzen. Eine Ausdehnung der indirekten Legitimation läuft auf eine stärkere Beteiligung des Individuums am Rechtsetzungsprozess der Gemeinschaft in seiner Rolle als Staatsbürger hinaus. Dafür müsste den nationalen Parlamenten eine gesteigerte Rolle an der Rechtsetzung der Gemeinschaft zukommen.33 Die Einräumung einer eigenständigen Funktion im Rechtsetzungsprozess, durch Einrichten einer zweiten Kammer oder ein eigenes Initiativrecht, ist dabei abzulehnen, da sie den ohnehin komplexen Rechtsetzungsprozess vollends sprengt. 34 Eine erweiterte Kontrolle der Regierungsmitglieder im Rat 35 erscheint schwierig und ist integrationspolitisch und funktional sinnvoller beim Europäischen Parlament angesiedelt. Vorzuziehen erscheint daher eine Stärkung der direkten Legitimation der Gemeinschaft durch das Individuum in seiner Rolle als Gemeinschaftsbürger. 36 An erster Stelle steht hier die Wahl zum Europaparlament (Art. 190 Abs. 1
32 BVerfGE 89, 155 (186 und 188), so wohl in allen Mitgliedstaaten: EuGRZ 1993, 187 zur entsprechenden französischen Entscheidung, 512 zur niederländischen, 285 zur spanischen. 33 Lenaerts/de Smijter, Democratic Representation, S. 185 ff. Siehe Protokoll Nr. 13 zum Amsterdamer Vertrag über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der EU (ABl. 1997 C 340/113) und Erklärung Nr. 13 und 14 zum Maastrichtvertrag (ABl. 1992 C 191/100 f.). 34 Peters, Verfassung, S. 693; Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 183, S. 186 f.; Pernice, DV 1993, 449 (484). Denkbar wäre eine gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur Information über anstehende Rechtsakte. In Deutschland: Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (12.3.93 BGBl. I S. 311). Möglich ist auch einer intensivere Koordination unter den nationalen Parlamente und mit dem EP, siehe Erklärung Nr. 13 zum Maastrichtvertrag. 35 Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 185 ff.; Pernice, DV 1993, 449 (466 ff.). 36 Kotalakidis, Unionsbürgerschaft, S. 267 f., 274 f.: Unionsbürgerschaft als zentraler Ansatzpunkt.
54
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts f r die EG
E G ) " Z u m einen könnte die Rolle des Europaparlaments am Rechtsetzungsprozess, die sich im Laufe der Jahre stetig verbessert hat, weiter ausgebaut werden 3 8 (Mitentscheidungsverfahren als Regelverfahren 39 ; unmittelbares Initiativrecht 4 0 ; Ausbau der Ernennungs- und Kontrollbefugnisse 4 1 ). Z u m anderen könnte auch die Wahl zum Europaparlament verbessert werden (einheitliches Wahlsystem EG)
43
(Art. 190 Abs. 4
EG)42;
Stimmgewichtung
(Art. 190 Abs. 2 Satz 2
; Aufbau von Wahlkreisen und europäischen Parteien (Art. 191 E G ) 4 4 ) .
Denkbar und erforderlich sind aber auch andere Formen direkter Legitimation durch die Gemeinschaftsbürger, um insgesamt ein ausreichendes Legitimationsniveau sicherzustellen. 45 Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Partizipati-
37
Huber, Demokratie, S. 40; Kluth, Legitimation, S. 69: fundamentaler Akt demokratischer Eigenlegitimation. Der wachsenden Bedeutung des EP steht eine sinkende Wahlbeteiligung gegenüber. Dazu Peters, Verfassung, S. 665; Neuhold, EIPASCOPE 2000/1, 3 (8 f.). 38 BVerfGE 89, 155 (184): ergänzende Abstützung der Legitimation, klarer noch BVerfGE 37, 271 (285); Classen, AöR 1994, 238 (251 f.); Pernice, DV 1993, 449 (469); Reich, Parlament, S. 57 ff., 105, 138. 39 Maurer / Jopp, integration 1996, 24 (27 ff.); Reich, Parlament, S. 105 f., 133 f.: auch Erweiterung auf GASP und PJZS, Agrar- und Handelsbereich. 40 Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 183; Tanneberger, Amsterdam, S. 366; dagegen: Reich, Parlament, S. 139 (wegen Art. 190 Satz 2 EG); Maurer / Jopp, integration 1996, 24 (34) (unangemessen, da einziges Exklusivrecht der Kommission). 41 Maurer/Jopp, integration 1996, 24 (33); Reich, Parlament, S. 137 f.; Pernice, DV 1993, 449 (468, 470 f.); Tanneberger, Amsterdam, S. 367: Ein Misstrauensvotum gegen einzelne Kommissionsmitglieder ist aufgrund des Kollegialitätsprinzips der Kommission problematisch. Denkbar sind Kontrollbefugnisse gegenüber dem Rat (Komitologie, GASP/PJZS) und anderen Exekutivorganen (EZB) sowie die Wahl des Kommissionspräsidenten durch das EP. 42 BVerfGE 89, 155 (186); Kluth, Legitimation, S. 70 f.; Peters, Verfassung, S. 663; Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 181; Tomuschat, Integration, S. 169; Classen, AöR 1994, 238 (248 f.). Letzter Vorschlag des EP: ABl. 1998 C 292/66. 43 Huber, Demokratie, S. 41; kritisch: Lenaerts / de Smijter, Democratic Representation, S. 181; Peters, Verfassung, S. 666; Pernice, DV 1993, 449 (482); Zuleeg, Demokratie, S. 21 f.; Reich, Parlament, S. 67 f.: Unterrepräsentation von kleinen Mitgliedstaaten als Verstoß gegen föderales Element. In Nizza wurde eine Annäherung der Parlamentssitze an die Bevölkerungsverteilung vereinbart, Borchmann, EuZW 2001, 170 (172). 44 Kluth, Legitimation, S. 62 f.; Huber, Demokratie, S. 37; Peters, Verfassung, S. 664; Reich Parlament, S. 75 ff.; Jansen, integration 1995, 157 ff.; Riemann, Transparenz, S. 87 ff.; EuGRZ 1998, 191 (195 f.). 45 Schuppert, Legitimation, S. 65 (72, 74); Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 298 f., 304; Dehousse, CMLRev 1998, 595 (617).
C. Die Stärkung der demokratischen Legitimation durch das Zugangsrecht
55
onsrechten und partizipationsermöglichenden Rechten, welche die demokratische Infrastruktur für eine Teilhabe der Bürger schaffen. Partizipationsrechte, die eng mit der Unionsbürgerschaft verbunden sind, sind, neben dem oben genannten Wahlrecht zum Europäischen Parlament, das Recht, eine Beschwerde an den Bürgerbeauftragten zu richten (Art. 195 EG, Art. 21 Abs. 2 E G ) 4 6 , und das Petitionsrecht zum Europäischen Parlament Art. 194 EG, Art. 21 Abs. 1 EG).47 Als demokratische Infrastrukturmaßnahme ist, neben der Betätigung in europäischen Parteien, vor allem der europäische Kommunikationsprozess zu nennen 4 8 , der grundrechtlich
abgesichert w i r d durch die Gewährleistung der
Meinungs- 4 9 , Rundfunk- 5 0 , Fernsehnigungsfreiheit
54
51
, Presse- 52 , Versammlungs- 5 3 und Verei-
. Sie sind für die Herausbildung einer öffentlichen M e i n u n g 5 5
als Vorstufe demokratischer Willensbildung schlechthin konstituierend. 5 6 Hinzu tritt, dass der wahlberechtigte Bürger mit der Hoheitsgewalt, der er unterworfen ist, in seiner Sprache kommunizieren kann. 5 7
46
Heede, EPL 1997, 587 (588); Huber, Demokratie, S. 45; Pernice, DV 1993, 449
(476). 47
Pernice, DV 1993, 449 (477); Huber, Demokratie, S. 45 f.; Sobotta, Transparenz,
S. 52. 48 Classen, AöR 1994, 238 (256 f. Fn. 103, 105 mN), der 1993 erst Anfänge verzeichnet. Positiv schon damals Zuleeg, JZ 1993, 1069 (1074). Huber, Demokratie, S. 47 weist 1999 anhand aktueller Beispiele (BSE, Novel Food, AltautoRL) eine vermehrte Inanspruchnahme nach. 49 Art. 6 Abs. 2 EU iVm Art. 10 Abs. 1 EMRK; verb. Rs. 43 und 63/82, 17.1.1984 VBVB und VBBB / Kommission Slg. 1984, 19 (62). 50 Rs. C-288/89, 25.7.1991 Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda / Commission voor de Media Slg. 1991 1-4007 (4043) Tz. 23. 51 Rs. C-260/89, 18.6.1991 ERT/DEP Slg. 1991, 2925 (2964) Tz. 44 f. 52 Rs. C-100/88, 13.12.1989 Oyowe und Traore Slg. 1989, 4285 (4309) Tz. 9. 53 Art. 6 Abs. 2 EU iVm Art. 11 EMRK. 54 Rs. C-415/93, 15.12.1995 Union royale belge des sociétés de football association and others / Bosman and others Slg. 1995 1-4921 (4925) Ls. 8. Huber, Demokratie, S. 48. Die gemeinsame Interessendurchsetzung durch Verbände und Lobbies wird reichlich genutzt. Die Kommission geht von etwa 3000 Interessenvertretern und 10000 Lobbyisten aus, ABl. 1993 C 63/2. Siehe auch das 50seitige Register zu Art. 9 Abs. 2 GO EP. 55
Noelle-Neumann /Petersen, Meinung, S. 295 ff.: geringe europäische Identität und Kenntnisse, kaum Emotionen, wenig Interesse. Zurückgeführt wird dies auf eine unzureichende und einseitig wirtschaftsbezogene Themenvermittlung durch Politik und Medien. 56 So innerstaatlich das BVerfGE 69, 315 (344 ff.). 57 Siehe Art. 21 Abs. 3 EG; BVerfGE 89, 155 (185); Huber, Demokratie, S. 49; Peters, Verfassung, S. 706; ausfuhrlich: Rogmann, Sprachenstreit, S. 249 ff.
56
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts für die EG
In diesem Zusammenhang ist das Zugangsrecht der Öffentlichkeit als weitere Maßnahme zur direkten demokratischen Legitimation durch die Gemeinschaftsbürger einzuordnen. 58 Da seine generelle Rolle im demokratischen System bereits angesprochen wurde, soll im folgenden die besondere Bedeutung auf Gemeinschaftsebene unterstrichen werden: Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane wird dem Bürger in seiner Eigenschaft als Gemeinschaftsbürger gewährt, bildet also eine unmittelbare Verbindung zwischen diesem und dem jeweiligen Gemeinschaftsorgan. Insofern vermittelt es direkte demokratische Legitimation und vermeidet eine Schwächung der Legitimationskette über mehrere Glieder hinweg, wie bei der indirekten Legitimation durch die Wahl des nationalen Parlaments. Die durch das Zugangsrecht entstehende Verantwortungsbeziehung zwischen Organ und Bürger ist unmittelbarer als bei der Wahl des Europäischen Parlaments, weil keine Repräsentation der Bürger stattfindet. Sie kann darüber hinaus zu jeder Zeit, insbesondere dann, wenn ein gesteigertes Interesse an einzelnen Aspekten des Gemeinschaftshandelns besteht, aktiviert werden, anders als die einmalige Mitwirkung alle fünf Jahre durch den Wahlakt. Das Zugangsrecht stärkt damit das plebiszitäre Element demokratischer Legitimation von Gemeinschaftsgewalt, das in besonderem Maße geeignet ist, Bürgernähe und Akzeptanz herzustellen. Aufgrund ihrer Ausgestaltung als supranationale Organisation und der damit verbundenen räumlichen Ausdehnung und unvermeidlichen Abstraktheit, spielt die Bürgernähe und Akzeptanz für die Gemeinschaft eine herausragende Rolle. 59 Die räumliche Ausdehnung und Sprachenvielfalt erschweren die Herausbildung eines gesamteuropäischen Kommunikationsprozesses und intermediärer Strukturen überhaupt, 60 denen die Aufgabe zukommt, den Bürgern die Ziele und 58 Huber, Demokratie, S. 49 f., ähnlich 37 f.; Peters, Verfassung, S. 694 f., 698 f.; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 251, 254 f., 318; Sobotta, Transparenz, S. 52; Heitsch, EuR 2001, 809 (823), ders., Verordnung S. 57; Österdahl, CMLRev 1999, 1059 (1059); Schoch, DV 2002, 149 (150); Riemann, Transparenz, S. 103; vgl. auch BVerfGE 89, 155 (185). In Mitgliedstaaten mit langjährigen Zugangsrechten zählt dieses unbestritten zu den Stützen der demokratischen Legitimation. Curtin, Opening Spaces 236, 251 f f ; Lenaerts /van Nuffel, Constitutional Law, S. 497 f.; Pernice, DV 1993, 449 (485); Hertel, Supranationalität, S. 184 ff., 210; de Bürca, MLR 1996, 349 (368 ff.); RumlerKorinek, EuR 2003, 327 (339). 59 Tomuschat, Integration, S. 171; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 310. 60 Das Fehlen einer europäischen Öffentlichkeit erkennen auch integrationsfreundliche Autoren an, vgl. Lecheler, Subsidiaritätsprinzip, S. 72 f.; Peters, Verfassung, S. 699 ff. (716); Kluth, Legitimation, S. 61 f.; Hertel, Supranationalität, S. 211; Curtin, Opening Spaces, S. 234; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 250 f.; Sobotta, Transparenz, S. 55 f. Anders als die Kritiker sehen sie hierin aber kein Hindernis für jede weitere Integration.
C. Die Stärkung der demokratischen Legitimation durch das Zugangsrecht
57
Vorgänge innerhalb der Gemeinschaft zu vermitteln. Die Möglichkeit, sich durch das Zugangsrecht zu Dokumenten individuell Informationen zu verschaffen, zeigt die Nähe zu den Kommunikationsfreiheiten. 61 Dabei stellt das Recht auf Zugang zu Dokumenten eine Vorstufe dar, weil die Kommunikationsfreiheiten bereits zu verbreitende Informationen voraussetzen, die u.a. das Zugangsrecht erst verschafft. 62 Insofern ergänzt und verstärkt das Zugangsrecht die bestehenden Kommunikationsfreiheiten als Grundlage für die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit, die ihrerseits die Legitimation des Europäischen Parlaments als den Ort ihrer Repräsentation kräftigt. 63 Die Ausgestaltung des Zugangsrechts als zielgerichtetes aktives Informationsrecht, bei dem der einzelne Bürger Informationen nachfragt, fuhrt des weiteren gerade in den Bereichen zu Transparenz, in denen Informationsdefizite bestehen, die nicht durch eine Informationsvermittlung des Organs beseitigt wurden. Das Reagieren auf konkrete Informationswünsche im Rahmen eines Zugangsrechts bringt auf diese Weise eine effizientere Informationsverteilung mit sich 64 , die potentiell eine größere Richtigkeit der Entscheidungen bewirkt. Das Zugangsrecht bringt auch innerstaatlich mehr Redlichkeit in der Politik mit sich, da Schutzbehauptungen und Schuldzuweisungen über angebliche Diktate aus Brüssel durchschaubar werden. 65 Selbst wenn eine Inanspruchnahme nicht in großem Umfang erfolgt 66 , setzt bereits die Möglichkeit des Zugangs ein bürger61 HoL, Public Access, Tz. 29: in einigen Mitgliedstaaten ist das Zugangsrecht Bestandteil der Meinungsäußerungsfreiheit. In Deutschland sind Behördenakten nach der derzeitigen Auslegung der Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG nicht allgemein zugänglich. Siehe Sechster Abschnitt E. und Lodde, Informationsrechte, S. 128 f f ; Kahl, Verfassungswandel, S. 11 f., 23 f., 27. 62 Neben informellen Informationsquellen, die keinen Anspruch vermitteln, und presserechtlichen Auskunftsansprüchen, die nicht auf Primärquellen gestützt sind. Zu den Defiziten einer reinen Medienöffentlichkeit infolge der Kommerzialisierung und des Wettbewerbsdrucks: Lodde, S. 112 und Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 314, 316 f. Letzterer verwirft auch Information durch staatliche Stellen oder nur für Betroffene. Ebenso Larsson, How Open, S. 45 f. zu den Vorteilen unmittelbarer Einsicht gegenüber verzerrten Informationen durch Regierung, Opposition und Medien. Siehe auch Curtin, Legal Issues, S. 73; Pastor, Accès, S. 651. 63 Weißbuch „Europäisches Regieren" KOM(2001) 428 endg. vom 25.7.2001, ABl. 2001 C 287/1 S. 15 unter III. 3A,Heitsch, EuR 2001, 809 (823). 64 So auch der Zweijahresbericht des Rates 1994/95 und 1996/97 über die Durchführung des Ratsbeschlusses 93/731. Statistiken zeigen die Informationsbedürfnisse der Bürger in bestimmten Bereichen und sind Anlass für eine Änderung der Öffentlichkeitsarbeit. So etwa der Rat fur den Bereich Justiz und Inneres im Zweiten Zweijahresbericht unter 2. 65 Heitsch, EuR 2001, 809 (823). 66 Die Nachfrage lag 2002 für Kommission, Rat und Parlament bei etwa 4000 schriftlichen Anträgen im Jahr und erreicht damit längst nicht die Höhe wie in Ländern mit etablierten Zugangsrechten. In ABl. 1993 C 156/9 nennt die Kommission fur Kanada über einen Zeitraum von 8 Jahren bei erheblich weniger Einwohnern 50 000 Anträge. Skeptisch Sobotta, Transparenz, S. 84.
58
Zweiter Abschnitt: Die Bedeutung des Zugangsrechts f r die EG
freundliches und akzeptanzforderndes Signal. Abgesehen von der fehlenden Kenntnis des Rechts, deutet eine geringe Dokumentnachfrage auf eine momentane Zufriedenheit mit der bestehenden Informationsvermittlung, vergleichbar einer geringen Wahlbeteiligung, die nicht nur Protest, sondern auch grundsätzliche Zustimmung ausdrücken kann. Ein Ruhen der Rechtswahrnehmung spricht insofern nicht für die Abschaffung des Rechts, denn es lebt in Krisen mit verstärktem Informationsbedarf wieder auf. 67 Parlamentarische Kontrolle unterliegt einer Erosion gegenüber wachsenden Freiräumen der Exekutive bei komplexen und spezialisierten Sachverhalten. Im Zusammenhang mit diesem auch innerstaatlich zu beobachtenden Phänomen wird der öffentlichen Kontrolle durch die Bürger eine ersatzlegitimierende Wirkung zugesprochen. 68 Die Möglichkeit individueller Kontrolle von Gemeinschaftsorganen durch Zugang zu deren Dokumenten erfolgt gerade in den Bereichen, in denen mangels transparenter Strukturen auf Seiten der Bürger Befürchtungen bestehen. Das Zugangsrecht vermeidet damit die Probleme parlamentarischer Kontrolle, tritt ergänzend zu dieser und gleicht deren Kontrolldefizit aus. Die derzeitige Ausgestaltung, insbesondere der direkten demokratischen Legitimation durch die Gemeinschaftsbürger bedarf in Zukunft des Ausbaus. Da der Zuwachs an demokratischer Legitimation auf europäischer Ebene mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, gewinnt eine Legitimationsvermittlung durch den Ausbau des bestehenden Zugangsrechts als Bestandteil der direkten Legitimation durch die Gemeinschaftsbürger eine besondere Bedeutung.
67 Kahl, Verfassungswandel, S. 21: Mitwirkungsträgheit sei kein Grund, demokratietheoretisch richtige Konzepte zu verwerfen. Ebenso Bull, ZG 2002, 201 (211, 212 f.). 68 Kugelmann, Rechtsstellung, S. 91 f.; Heitsch, EuR 2001, 809 (821); Würtenberger, NJW 1991, 257 (258); Schindel, DuD 1989, 591 (597); Hatje, EuR 1998, 734 (734); Riemann, Transparenz, S. 61.
Dritter Abschnitt:
Die Entwicklung des Zugangsrechts bis zum Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 Die Entwicklung des Zugangsrechts auf Gemeinschaftsebene lässt sich grob in drei Phasen einteilen.1 Die Entstehungsphase begann 1991 mit der Erklärung Nr. 17 zur Schlussakte der Konferenz von Maastricht 2 (im folgenden: Maastrichtvertrag) und führte 1993/94 zu den Beschlüssen 93/731/EG des Rates und 94/90/EGKS, EG, Euratom der Kommission.3 In den Entscheidungen Carvel / Rai 4 und Niederlande / Rat 5 wurden 1994/95 die Rechtsgrundlage und -natur des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten geklärt (dazu Α.). In der sich anschließenden Fortentwicklungsphase war das Bestehen eines Rechts auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten als solches nicht mehr strittig. In Verfahren vor dem EuG und EuGH und mittels Beschwerden beim Bürgerbeauftragten wurden einzelne Probleme geklärt, etwa die Reichweite der Beschlüsse und Anforderungen bei der Durchführung des Verfahrens. Vom Bürgerbeauftragten veranlasst, weitete sich das Zugangsrecht auf nahezu alle anderen Institutionen der Gemeinschaft aus (dazu B.). Die gewachsene Bedeutung führte Ende 1997 im Amsterdamer Vertrag unter anderem zur Verankerung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Gemeinschaftsdokumenten in Art. 255 EG (dazu C.). Art. 255 Abs. 2 EG sah binnen zwei Jahren nach Inkrafittreten eine allgemeine Regelung auf Gemeinschafts-
1 Siehe auch Curtin / Meijers, CMLRev 1995, 391 ff.; Pastor, Accès, S. 656 ff.; Bradley, CDE 1999, 293 (319 ff); Westlake, Amsterdam, S. 133 ff; Feik, Transparenz, S. 37 ff. 2 ABl. 1992 C 191/101. 3 Beschluss des Rates vom 20.12.1993 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten, ABl. 1993 L 340/43; Beschluss der Kommission vom 8.2.1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten, ABl. 1994 L 46/58. 4 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765. 5 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169.
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iter Abschnitt: Die
t u n g des Zugangsrechts
ebene vor. 6 Der Rat baute ein öffentliches Dokumentregister im Internet auf, das Anfang 1999 betriebsbereit war. Einen Wandel hin zu mehr Geheimhaltung brachte die 1999 einsetzende Herausbildung einer europäischen Sicherheitsund Verteidigungspolitik mit sich, die durch Ausweitung der Klassifikationsvorschriften und allgemeinen Sicherheitsbestimmungen das Zugangsrecht wieder einschränkte (dazu D.).
A. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit I. Der Verhaltenskodex 93/730 und die Umsetzungsbeschlüsse 93/731 des Rates und 94/90 der Kommission Vor dem Maastrichtvertrag, der als Ursprung des gemeinschaftsrechtlichen Zugangsrechts gilt, nahm 1984 und vergleichbar 1988 und 1994 das Europäische Parlament unverbindliche Entschließungen für eine größere Öffentlichkeit der Gemeinschaftsverfahren und die Kodifikation eines Informationsrechts der Bürger an7, die sich an Empfehlungen des Europarates 8 und den weiten mitgliedstaatlichen Regelungen Dänemarks und der Niederlande orientierten. Die Frage nach einem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten gegenüber Gemeinschaftsorganen 9 kam erst 1991 im Vorfeld des Maastrichtvertrages auf. Auslöser war eine Initiative des niederländischen Ratsvorsitzes. Die Niederlande besitzen innerstaatlich ein weitgehendes Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu staatlichen Dokumenten mit Verfassungsrang. 10 Inhaltlich parallel schlugen sie einen neuen Art. 213 b EGV vor, der eine ausdrückliche Kompetenz des Rates für den Erlass einer Verordnung über den Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten enthalten sollte. 11 Die Niederlande wollten damit auf den ihrer Ansicht nach fundamentalen Charakter des Zugangsrechts hinweisen, der ei6
Der Amsterdamer Vertrag ist am 1. Mai 1999 in Kraft getreten (BGBl 1999 II S. 296), so dass die Regelung unter Art. 255 Abs. 2 EG bis zum 1. Mai 2001 erlassen werden musste. 7 ABl. 1984 C 172/176; ABl. 1988 C 49/174; ABl. 1994 C 205/514. 8 Empfehlung der Versammlung Nr. 582 vom 23.1.1970 und 854 vom 1.2.1979; Empfehlung des Ministerkomitees R(81) 19 vom 25.11.1981; Erklärung des Ministerkomitees zur Meinungs- und Informationsfreiheit vom 29. April 1982. 9 Zur Abgrenzung zur Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 J. J. Zwartfeld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405 (Zugang mitgliedstaatlicher Behörden) und der Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 (ABl. 2003 L 41/26) (Zugang gegenüber den Mitgliedstaaten) siehe Erster Abschnitt B. 10 Art. 110 der niederländischen Verfassung, näher Anhang II der Arbeit. 11 Curtin / Meijers, CMLRev 1995, 391 (419).
Α. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit
61
ne allgemeine Regelung auf primärrechtlicher Grundlage erfordert. Die Initiative fand bei der Mehrheit der Mitgliedstaaten, die eine vertragliche Basis für unnötig hielten, keinen Anklang, führte aber dazu, dass der im Dezember 1991 unterzeichnete Maastrichtvertrag statt des Art. 213b EGV im Anhang eine unscheinbare Erklärung Nr. 17 zum Recht auf Zugang zu Informationen enthielt. 12 Die Erklärung Nr. 17 13 enthielt zum ersten Mal eine Aussage der Vertragsstaaten zum Zugangsrecht. Zweck des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten ist danach „die Stärkung des demokratischen Charakters der Organe und des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Verwaltung".
Die Erklärung zielte auf eine Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu den „den Organen vorliegenden Informationen" und sprach insoweit einen Handlungsauftrag gegenüber der Kommission aus. In der Folgezeit erlangte die Erklärung Nr. 17 über ihren rechtlich unverbindlichen Charakter hinaus große politische Bedeutung. Der Ratifikationsprozess im Anschluss an die Unterzeichnung des Maastrichtvertrages war geprägt von einer massiven Akzeptanzkrise der Gemeinschaft in der Öffentlichkeit. Dem quantitativen Zuwachs an Kompetenzen der Gemeinschaft stand keine gleichwertige qualitative Verbesserung von Legitimation, Transparenz und Bürgernähe gegenüber. Weder die Gemeinschaft noch die Mitgliedstaaten hatten sich gegenüber der Öffentlichkeit ausreichend um die Vermittlung der bevorstehenden tiefgreifenden Integrationsschritte bemüht. Ein reflexartiges Misstrauen gegenüber der Gemeinschaft schlug sich in einem gescheiterten Referendum in Dänemark und einem hauchdünnen Referendum in Frankreich nieder. Die Gemeinschaft nahm die Akzeptanzkrise als Ausgangspunkt für mehr Offenheit, wobei ausgerechnet die Erklärung Nr. 17 nun als Beweis dafür dienen sollte, dass die Gemeinschaft sich für mehr Transparenz und Bürgernähe einsetzen wollte, obwohl die Erklärung gerade Ergebnis des diesbezüglich fehlenden Willens der Mitgliedstaaten war. Der Europäische Rat von Birmingham vom 16. Oktober 1992 ersuchte die Kommission, ihre Arbeiten zur Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit bis Anfang 1993 abzuschließen.14 Der Europäische Rat von Edinburgh vom 12. Dezember 1992 wiederholte das Ersuchen. 15 Als Antwort und zur Umsetzung der Erklärung Nr. 17 richtete die Kommission am 5. März 1993 eine allgemeine Mitteilung an die Öffentlichkeit 16 und übermittel-
12 13 14 15 16
Curtin / Meijers, CMLRev 1995, 391 (420) sprechen von einem „Trostpreis". ABl. 1992 C 191/110. Bulletin 92-10 S. 9 unter 1.8. Bulletin 92-12 S. 10 unter 1.5. ABl. 1993 C 63/8.
62
iter Abschnitt: Die
t u n g des Zugangsrechts
te zwei Mitteilungen vom 5. Mai und 2. Juni 199317 an den Rat, das Europäisches Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss, in denen sie eine interinstitutionelle Vereinbarung aller betroffenen Organe vorschlug, die Grundsätze und Mindestanforderungen für eine Regelung des Zugangs zu Informationen enthalten sollte. Der Europäische Rat von Kopenhagen vom 22. Juni 1993 forderte Rat und Kommission auf, ihre Arbeiten im Einklang mit dem Grundsatz, dass die Bürger „möglichst umfassenden Zugang" zu Informationen erhalten, bis Ende 1993 abzuschließen.18 Am 6. Dezember 1993 verabschiedeten Rat und Kommission in einer interinstitutionellen Vereinbarung einen Verhaltenskodex (93/730/EG) 19 , der die Grundsätze für die Regelung über den Zugang zu Dokumenten in ihrem Besitz enthält und von Rat und Kommission bis 1. Januar 1994 umzusetzen war. Der Rat änderte am selben Tag gemäß Art. 151 Abs. 3 EGV 2 0 seine Geschäftsordnung durch den Beschluss 93/662/EG. 21 Der neu eingefügte Art. 22 GO 2 2 ermächtigte ihn, die Bedingungen für den Zugang der Öffentlichkeit zu seinen Dokumenten festzulegen. Auf dieser Grundlage erließ der Rat am 20. Dezember 1993 den Beschluss 93/731 /EG 2 3 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten. Die Kommission fasste ihren Beschluss erst am 8. Februar 1994 (90/94/EGKS, EG, EAG 2 4 ). Anfang März teilte sie Einzelheiten über die interne Durchführung des Beschlusses mit. 25 Dabei wurde festgehalten, dass die Einsicht auch vorbereitende Dokumente erfasst und es keine automatische Ablehnung gibt; jeder Antrag werde einzeln geprüft. 26
17
ABl. 1993 C 156/5 und ABl. 1993 C 166/4. Bulletin 93-6 S. 16 unter 1.22. Siehe auch die interinstitutionelle Vereinbarung von Rat, Kommission und Parlament zu Demokratie, Transparenz und Subsidiarität vom 25. Oktober 1993, ABl. 1993 C 329/132. 19 ABl. 1993 L 340/41. 20 „Der Rat gibt sich eine Geschäftsordnung.". Der entsprechende Art. 207 Abs. 3 EG erhielt durch den Amsterdamer Vertrag eine neue Fassung. 21 Beschluss des Rates vom 6. Dezember 1993 zur Festlegung seiner Geschäftsordnung, ABl. 1993 L 304/1. 22 Art. 10 der GO in der Fassung vom 5.6.2000, Beschluss 2000/396/EG, EGKS, Euratom (ABl. 2000 L 149/21). 23 ABl. 1993 L 340/43, geändert durch Ratsbeschluss 96/705 vom 6.12.1996 (ABl. 1996 L 325/19) und Ratsbeschluss 2000/527 vom 23.8.2000 (ABl. 2000 L 212/9). Eine Gebührenregelung wurde durch den Beschluss des Generalsekretärs vom 27.2.1996 eingeführt (ABl. 1996 C 74/3). 24 ABl. 1994 L 46/58 geändert durch Kommissionsentscheidung 96/567 vom 19.9.96 (ABl. 1996 L 247/45). 25 Erklärung 94/C 67/03, ABl. 1994 C 67/5. 26 Zum Inhalt: Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 ff.; Roger, DVB1. 1994, 1182 ff.; Bradley, CDE 1999, 283 (322) und im Vergleich zur neuen VO (EG) Nr. 1049/2001, der Vierte Abschnitt B. 18
Α. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit
63
II. Die Rechtsnatur und Rechtsgrundlage der Zugangsbeschlüsse: Rs. Niederlande / Rat Die Niederlande stimmten im Rat sowohl gegen die Verabschiedung des Verhaltenskodex als auch gegen die Änderungen der GO durch den Beschluss 93/662 und den Zugangsbeschluss 93/731, wurden aber in allen drei Fällen überstimmt. 27 Daraufhin erhob die niederländische Regierung, unterstützt vom Europäischen Parlament, am 10. Februar 1994 vor dem EuGH Klage gemäß Art. 230 Abs. 2 EG auf Nichtigerklärung des Beschlusses 93/731, des Art. 22 GO des Rates in der Fassung des Beschlusses 93/662 und des Verhaltenskodexes 93/730, soweit er eine Handlung mit Rechtswirkung darstellt. 28 Die Niederlande rügten, der Rat habe die Rechtsnatur des Zugangsrechts der Öffentlichkeit verkannt, für den Beschluss 93/731 eine unzutreffende Rechtsgrundlage gewählt und infolgedessen ein unzureichendes Annahmeverfahren, welches gegen das institutionelle Gleichgewicht verstoße. Der Beschluss 93/731 regele das Verhältnis zwischen den Bürgern der Gemeinschaft und deren Organen. Er begründe ein Recht des einzelnen, informiert zu werden, und gewähre hierfür gerichtlichen Schutz. Der Beschluss stelle also eine Handlung dar, die ausdrücklich gegenüber Bürgern Rechtswirkungen erzeugen soll und gehe damit über den Anwendungsbereich interner Organisations- und Verwaltungsvorschriften hinaus. Aus diesem Grund seien Art. 151 Abs. 3 EGV (Art. 207 Abs. 3 EG) und Art. 22 GO des Rates (idF des Beschlusses 93/662) eine unzureichende Rechtsgrundlage, da sie den Rat nur zum Erlass von Maßnahmen über seine interne Organisation und Arbeitsweise ermächtigen. Auch weil die Transparenz der Entscheidungsprozesse ein Wesensmerkmal jeder demokratischen Ordnung sei und der Zugang zu solchen Informationen ein Grundrecht des einzelnen darstelle, könnten die Voraussetzungen und Grenzen des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane nicht dem Ermessen jedes einzelnen Organs überlassen werden. Indem der Rat die Vereinbarung über die Öffentlichkeit des Verwaltungshandelns auf die Zusammenarbeit zwischen zwei Organen unter Ausschluss des Europäischen Parlaments beschränkt habe, habe er das in Art. 7 EG festgelegte institutionelle Gleichgewicht verletzt.
27 Dänemark erklärte bei der Verabschiedung des Verhaltenskodex einen Vorbehalt und stimmte ebenfalls gegen den Beschluss 93/731. Dänemark und die Niederlande revanchierten sich für ihre Überstimmung neben der Klage der Niederlande, indem sie in der Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. / Rat Slg. 1995 II2765 Streithelfer auf Seiten des Klägers wurden und mit ihrer Erklärung, es habe im Rat keine Abwägung stattgefunden, maßgeblich zur Nichtigerklärung der Ratsentscheidung beitrugen (Tz. 55 - 60, 74 - 76). 28
Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169, mit Anm. Sobotta, EuZW 1996, 157; Simon, Europe 6/1996, 10, No 244; Chiti, EPL 1996, 563; Bergerès, RDS 1997, 19; de Smijter, RdMUE 1996, 257; Limberti, RIDPC 1996, 1230.
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iter Abschnitt: Die
t u n g des Zugangsrechts
Der EuGH wies die Klage bezüglich des Verhaltenskodex ab, da er keine Handlung darstelle, die Rechtswirkungen entfaltet. Er sei Ausdruck der freiwilligen Koordination zwischen Rat und Kommission und gebe nur den Rahmen für spätere Beschlüsse vor, die Rechtswirkungen erzeugen sollen. 29 Bezüglich der Rechtsgrundlage des Beschlusses 93/731 folgte der EuGH dem Vorbringen des Rates und stellte in Tz. 37 fest: „Solange der Gemeinschaftsgesetzgeber keine allgemeine Regelung über das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten, die im Besitz der Gemeinschaftsorgane sind, erlassen hat, müssen diese die Maßnahmen, die die Behandlung darauf gerichteter Anträge betreffen, aufgrund ihrer internen Organisationsgewalt erlassen, in deren Rahmen sie geeignete Maßnahmen treffen können, um das reibungslose Arbeiten ihrer Dienststellen im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu gewährleisten."
Dass der Beschluss dabei Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalte, stehe seiner Regelung als interne Maßnahme nicht entgegen.30 Da der Rat den Beschluss 93/731 rechtsgültig auf der Grundlage seiner internen Organisationsgewalt erlassen durfte, schade die fehlende Beteiligung des Europäischen Parlaments nicht. 31 Aus denselben Gründen wurde die Klage gegen Art. 22 GO des Rates abgewiesen. Im Urteil besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der in den Klagegründen vorgebrachten Rechtsfrage nach der richtigen Wahl der Rechtsgrundlage und der weitergehenden Frage nach der Rechtsnatur des Zugangsrechts.32 Obwohl beide Fragen in den Anträgen der niederländischen Regierung und des Europäischen Parlaments auftauchen, sind sie nicht in der Weise miteinander verbunden, dass die Beantwortung der Frage nach der Wahl der Rechtsgrundlage notwendigerweise die Klärung der Rechtsnatur des Zugangsrechts der Öffentlichkeit voraussetzt. Dadurch war es dem EuGH möglich, die Frage, ob das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, zu streifen, ohne sie entscheiden zu müssen.3^ Ein minimalistischer Ansatz, der richterlicher Selbstbeschränkung entspringen mag, dem EuGH aber auch Kritik eingebracht hat. 34 29
Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 25 - 27. Zum Verhältnis des Beschlusses 93/731/EG zur GO des Rates, siehe Carvel (Fn. 27) Tz. 62. 30 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 38 unter Verweis auf die Rs. C-69/89, 7.5.1991 Nakajima / Rat Slg. 1991 1-2069 Tz. 49, 50 und Rs. ΟΙ 37/92 Ρ, 15.6.1994 Kommission / BASF Slg. 1994 1-2555 Tz. 74, 75. Für den Kommissionsbeschluss 94/90 siehe Rs. T-124/96, 6.2.1998 Interporc / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 47. 31
Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande /Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 41. Chili, EPL 1996, 563 (566 ff.). 33 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 34 - 36. 34 Chili, EPL 1996, 563 (569); O'Neill, PL 1997, 446 (452); Curtin, CMLRev 2000, 7(12); den Gerichtshof verteidigend Bradley , CDE 1999, 283 (350, 352). 32
Α. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit
65
Das Spannungsverhältnis wird besonders im Schlussantrag des Generalanwalts Tesauro deutlich 35 , der vorab bemerkt, dass er dem allgemeinen Ansatz der niederländischen Regierung bezüglich des Informations- und Zugangsrechts der Bürger zustimmt, die vorgetragenen Argumente aber nicht zur Ungültigkeit der streitigen Rechtsakte führen können.36 Im Rahmen seiner Befugnis zur internen Selbstorganisation macht der Rat durch den Beschluss 93/731 seine interne Arbeitsweise beim Zugang zu Dokumenten bekannt und formalisiert den Verfahrensablauf. Ein Zugangsrecht besteht unter den dort festgelegten Bedingungen, aber auch nur dann. Als interne Norm entfaltet der Beschluss Rechtswirkungen auf außenstehende Dritte, da jedes Organ, das für sich selbst Verhaltensregeln aufstellt, insbesondere, wenn sie die Art und Weise der Ausübung einer Tätigkeit festlegen, die Dritte berührt, diese beachten muss und nicht ohne Gründe davon abweichen darf, da sonst ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliegt. 37 Teilweise wird vom Grundsatz patere legem quam ipse fecisti gesprochen.38 In allen Fällen, in denen die interne Norm auch dem Schutz einzelner dient, kann der betroffene Dritte ihre Nichtbeachtung vor Gericht geltend machen. Auf dieser Grundlage können die Betroffenen vom Rat (nur) verlangen, dass er die Regeln, die er sich bei der Prüfung von Zugangsanträgen gesetzt hat, einhält. Insoweit ergibt sich, bezogen auf die Rechtsnatur des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten, ein Unterschied zur Argumentation des Generalanwalts. Er leitet ein subjektives Informationsrecht aus dem Demokratieprinzip als grundlegendem Gestaltungselement der Gemeinschaft ab. 39 Dieses Recht habe bereits vor Erlass des Beschlusses 93/731 bestanden und führe dazu, dass eine Entscheidung des Rates selbst bei vollständiger Beachtung der von ihm festgelegten Regeln rechtswidrig wäre, wenn sie auf eine Negierung des wesentlichen Inhalts des Informationsrechts hinausliefe. Der EuGH dagegen äußert sich hierzu ausdrücklich nicht, sondern erkennt nur eine Entwicklung, die ein Recht des einzelnen auf Zugang zu Dokumenten immer stärker betont. 40 Die Zurückhaltung des EuGH, die auch für das EuG 15
Schlussantrag des GA Tesauro (Fn. 28) Tz. 13 und 24. Infolgedessen schlägt er vor, trotz Zurückweisens der Klagegründe, wegen der Bedeutung der aufgeworfenen Frage und entgegen § 69 Abs. 2 VerfO die Kosten nicht der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Tz. 24). Dem ist der EuGH nicht gefolgt (Tz. 45). 17 G A Tesauro Schlussantrag (Fn. 28) Tz. 18 - 20; Rs. 148/73, 30.1.1974 Louwange /Kommission Slg. 1974, 81 (89). 38 Constantinesco, JDI 1996, 464 (467); van Calster, CJEL 1997, 283 (290); Gautier, JDI 1998, 469 (470); Lafay, RTDE 1997, 37 (38, 55, 64). 39 GA Tesauro Schlussantrag (Fn. 28) Tz. 19, 20, 21, ebenso GA Léger in der Rs. C353/99 P, 6.12.2001 Rat /Hautala Schlussantrag Slg. 2001 1-9565 Tz. 43. 40 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 36. Näher zur Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Gemeinschaftsrechts im Fünften ,6
5 Meltzian
66
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
gilt, hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten lange Zeit geschwächt und führte zu einer überaus verfahrensorientierten Rechtsprechung als Gegengewicht zur fehlenden eigenständigen subjektiv-rechtlichen Verankerung, die sie letztlich jedoch nicht ersetzen konnte.
III. Das Verhältnis des Ratsbeschlusses 93/731 zur Geschäftsordnung des Rates: Rs. Carvel / Rat Am 2. Februar 1994 hatte der Redakteur für Europaangelegenheiten der Zeitung „The Guardian", John Carvel, gemäß dem Beschluss 93/731 einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten der Ratstagungen in den Bereichen Soziales und Justiz gestellt. Am 28. Februar 1994 erhielt Carvel die Dokumente der Ratstagungen im Bereich Soziales. Der Zugang zu den Dokumenten aus dem Bereich Justiz wurde ihm verweigert, weil die fraglichen Dokumente in unmittelbaren Zusammenhang mit den Beratungen des Rates stehen und daher nach seiner GO nicht bekanntgegeben werden können. Auf seinen Zweitantrag nach Art. 7 des Beschlusses 93/731 erhielt Carvel innerhalb der Monatsfrist (Art. 7 Abs. 3) keine Antwort. Auf ein Ersuchen um Klarstellung der vom Rat verfolgten Praxis antwortete dieser am 17. Mai 1994, ein Zugang sei nicht statthaft, da die Dokumente unmittelbaren Bezug auf die Beratungen des Rats nehmen und vertrauliche Informationen über die dort von den Mitgliedstaaten vertretenen Positionen enthalten. Als Carvel daraufhinwies, dass er die Dokumente der Ratstagungen im Bereich Soziales erhalten habe, teilte der Rat mit, diese seien ihm nur aufgrund eines verwaltungstechnischen Versehens aufgrund der Neuartigkeit des Verfahrens zugegangen. Daraufhin erhob Carvel am 19. Mai 1994 gemäß Art. 230 EG vor dem EuG Klage auf Nichtigerklärung der ablehnenden Ratsentscheidung.41 Dänemark, die Niederlande und das Europäische Parlament unterstützten die Klage als Streithelfer. Das EuG behandelte nur den Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731. Da bereits dieser Klagegrund erfüllt war, ließ das EuG die übrigen Gründe unbeantwortet, unter anderem den vorgetragenen Verstoß gegen den fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts auf Zugang zu Dokumenten der Organe der Europäischen Gemeinschaft. Carvel trug vor, dass nach Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 der Zugang zu einem Ratsdokument Abschnitt. Ein Erklärungsansatz für die Zurückhaltung des EuGH findet sich bei Martinez Soria, EuR 2001, 682 (685), siehe Vierter Abschnitt Β. V. 4. 41 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765, mit Anm. Calliess, ZUR 1996, 143; Kugelmann, EuR 1996, 207; Chiti, EPL 1996, 363, ders., RIDPC 1996, 369; Campbell, ICLQ 1997, 174; Armstrong, MLR 1996, 582; Twomey, CMLRev 1996, 843; van Calster, CJEL 1995, 537; Sprokkereef, EELR 1996, 23; Gautier, Europe 12/1995, 9, No 423; Constantinesco, JDI 1996, 464.
Α. Die Entstehung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit
67
zwecks Geheimhaltung der Erörterungen des Rates verweigert werden ,,kanrì\ die Ablehnung also im Ermessen des Rates stehe. Bei der Ausübung seines Ermessens müsse der Rat das Interesse des Bürgers am Zugang zu Ratsdokumenten und das Interesse des Rates an der Geheimhaltung seiner Beratungen abwägen. 42 Sein Ermessen habe der Rat hier nicht ausgeübt, wie das Schreiben vom 17. Mai 1994 und Erklärungen der Niederlande und Dänemarks zur Behandlung seines Zweitantrages im Rat zeigen.43 Der Rat offenbarte ein anderes Verständnis vom Beschluss 93/731, speziell Art. 4 Abs. 2 und beleuchtete damit sein Vorgehen bei Erlass des Beschlusses im Dezember 1993. Der Beschluss 93/731 müsse im Einklang mit der GO des Rates ausgelegt werden. Er sei auf die GO gestützt und besäße ihr gegenüber keinen Vorrang. Nach Art. 5 Abs. 1 der GO des Rates (idF des Beschlusses 93/662) 44 , seien die Beratungen des Rates grundsätzlich gegen jede Bekanntgabe geschützt, wenn der Rat auch anders entscheiden könne. Hier habe der Rat es nicht für angebracht gehalten, von der Geheimhaltung abzuweichen und die betreffenden Dokumente freizugeben. 45 Der Rat interpretierte also das in Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 eröffnete Ermessen im Lichte der Geheimhaltungspflicht des Art. 5 Abs. 1 der GO. Das Ermessen beschränke sich darauf zu entscheiden, ob der Rat im Einzelfall vom Grundsatz der Geheimhaltung nach 5 I GO abweicht oder nicht. Das bedeutet jedoch eine Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses, denn Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 ist eine Ausnahme des im Verhaltenskodex (93/730) niedergelegten Grundsatzes, der Öffentlichkeit möglichst umfassenden Zugang zu gewähren. Dass die Umkehrung kein Zufall war, deutete sich schon bei der Umsetzung des Verhaltenskodexes an. Die Kommission hatte in ihrem Umsetzungsbeschluss 94/90, gestützt auf Art 162 EGV (Art. 218 EG), den Kodex unverändert im Anhang übernommen. Der Rat dagegen änderte am 6. Dezember 1993, vor der Verabschiedung des Verhaltenskodex, seine Geschäftsordnung durch Einfügung von Art. 5 Abs. 1 und 22 GO. Grundlage des Beschlusses 93/731 bildete dann Art. 151 Abs. 3 EGV (Art. 207 Abs. 3 EG) in Verbindung mit Art. 22 GO des Rates. Durch das Einschieben der Geshäftsordnung als Rechtsgrundlage, die auf dem entgegengesetzten Prinzip, Geheimhaltung statt Offenheit, basiert, wollte 42
Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 43, sowie die niederländische Regierung in Tz. 58 am Ende. 43 Wiedergegeben in Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 11-2765 Tz. 56. 44 Art. 5 Abs. 1 GO: „Unbeschadet des Art. 7 Abs. 5 und anderer einschlägiger Bestimmungen unterliegen die Beratungen des Rates der Geheimhaltungspflicht, es sei denn, dass der Rat anders entscheidet." 45 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 47 und Tz. 53 am Ende.
5*
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
der Rat das Ziel des Beschlusses umkehren und der Geheimhaltungspflicht der Geschäftsordnung unterwerfen. Dementsprechend gewährt Art 1 I des Beschlusses 93/731 Zugang nur „gemäß den Bedingungen dieses Beschlusses", während der Verhaltenskodex und der Kommissionsbeschluss „möglichst umfassenden Zugang" gewähren. Auch in anderer Hinsicht fällt der Ratsbeschluss restriktiver aus.46 Entscheidend fur den Inhalt der Ermessensausübung war also, wie sich das Verhältnis des Beschlusses 93/731 zur GO des Rates gestaltet, welche Ratshandlung im Lichte der jeweils anderen anzuwenden war bzw. sich unterordnen muss. Das EuG folgte in seiner Entscheidung dem Vortrag von Carvel und seinen Streithelfern. Entscheidend für die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 sei, dass von den drei im Dezember verabschiedeten Maßnahmen zur Verwirklichung des Transparenzprinzips (93/662, 93/730, 93/731) der Beschluss 93/731 der einzige mit Normcharakter für den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten sei. Folglich regele der Beschluss 93/731 den Zugang der Bürger zu Dokumenten, während die GO nur den Ablauf des inneren Dienstbetriebes regele. 47 Sowohl aus dem Wortlaut des Art. 4 Abs. 2 als auch seinem Ziel, der Öffentlichkeit einen möglichst umfassenden Zugang zu Ratsdokumenten zu verschaffen, gehe hervor, dass der Rat im Rahmen seines Ermessens das Interesse des Bürgers am Zugang zu den Dokumenten und sein Interesse an der Geheimhaltung seiner Beratungen abwägen muss.48 Der Rat könne dem Bürger sein durch Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 eingeräumtes Recht auf eine fehlerfreie Ermessensausübung nicht dadurch nehmen, dass er sein Ermessen nach Art. 5 Abs. 1 GO des Rates nicht ausübt. Vielmehr muss er, sofern die Interessenabwägung unter Art. 4 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 zu einer Freigabe führt, sein Ermessen unter Art. 5 Abs. 1 der GO des Rates dahin ausüben, diese Entscheidung durchzuführen. 49 Der Beschluss 93/731 richtet sich also nicht nach der GO, sondern diese bei der Durchführung nach dem Ergebnis des Beschlusses 93/731. Im konkreten Fall habe der Rat entgegen seiner Verpflichtung
46
Nach Art. 3 Abs. 2 „bemüht sich" der Rat bei Mehrfachanträgen und Anträgen auf umfangreiche Dokumente um eine angemessene Lösung, während der Kodex „im Benehmen mit dem Antragsteller" eine solche Lösung zwingend herbeiführt. Die Einschränkung, dass die Gebühr für Kopien sich in einem vertretbaren Rahmen halten muss, ist entfallen. Die Ausnahmen sind um Untersuchungstätigkeiten erweitert und Art. 8 sieht die Beachtung der Bestimmungen zum Schutz von Verschlusssachen vor. Siehe auch Bradley, CDE 1999, 283 (323); Feik, Transparenz, S. 40. 47 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 62. 48 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 65 - 67. Näher zum Ablauf unter Β. I. 4. 49 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 68.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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keine Abwägung der in Rede stehenden Interessen vorgenommen, seine Entscheidung sei daher nichtig. 50 Wurde in der Rs. Niederlande / Rat der Zugang gemäß dem Beschluss 93/731 als selbstauferlegte Verpflichtung der Organe qualifiziert, betont das Urteil in der Rs. Carvel / Rat die individuelle Rechtsposition, die aus der Selbstverpflichtung folgt und deren Achtung der Rat hier verfehlt. Der substantielle Gewinn fur das Zugangsrecht der Öffentlichkeit bleibt dennoch gering, denn der Rat wurde nicht zur Gewähr von Zugang verpflichtet, sondern nur dazu, überhaupt eine Abwägung vorzunehmen. Der völlige Ausfall einer Abwägung wird aber nach dem Urteil nicht mehr vorkommen. 51 Bezeichnenderweise erhielt John Carvel nach dem Urteil auf Anfrage beim Rat zunächst nur acht der fraglichen 49 Dokumente. Nach Schriftverkehr erhob er am 8. Februar 1996 erneut Klage vor dem EuG. 52 Am selben Tag erhielt er weitere 22 Dokumente, von denen zwei zuvor, nach Mitteilung des Rates, vergessen worden waren. Am 22. März 1996 erhielt er weitere zehn, am 23. Mai 1996 weitere acht Dokumente. Drei Dokumente erhielt er nie.
B. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten ist, abgesehen von der Einrichtung eines Dokumentregisters durch den Rat, allein durch Urteile des EuG oder EuGH und Entscheidungen des Bürgerbeauftragten weiterentwickelt worden. Die Beschlüsse 93/731 und 94/90 blieben bis zum Beschluss 2000/527 im Sommer 2000 nahezu unverändert bestehen.53 Im Folgenden werden die Ur-
50 Rs. T-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 73. 51 Der Rat kann den Beschluss 93/731 auch einfach ändern, wie er es z. B. im Sommer 2000 massiv getan hat. Armstrong, MLR 1996, 582 (585) spricht davon, der Rat beherrsche den Rechtsraum, in dem das Problem angesiedelt sei. Siehe auch Beiaich, RDMC 1998,710(712). 52 Rs. T-19/96, zurückgezogen am 3. Juni 1996, zur Kostenentscheidung Slg. 1996 11-1519, vgl. auch Bradley, CDE 1999, 283 (333 f.) 53 Beim Ratsbeschluss 93/731 wurde durch den Beschluss 96/705/EG, EGKS, Euratom vom 14.12.1995 (ABl. 1996 L 325/19) eine flexiblere Fristenregelung und durch Beschluss des Generalsekretärs vom 27. Februar 1996 eine Gebührenregelung (ABl. 1996 C 74/3) eingefügt. Beim Kommissionsbeschluss 94/90 wurde durch den Beschluss 96/567/EG, EGKS, Euratom vom 28.9.1996 (ABl. 1996 L 247/45) die obligatorische Gebührenerhebung in eine fakultative umgewandelt.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
teile und Beschlüsse des EuG und EuGH und daran anschließend die Beschwerden beim Bürgerbeauftragten thematisch geordnet dargestellt. 54
I. Urteile des EuG und des EuGH zum Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten 1. Der Anwendungsbereich der Beschlüsse 93/731 und 94/90 EuGH und EuG haben das Zugangsrecht als Selbstverpflichtung der Organe qualifiziert, stellen aber hohe formale Anforderungen an die Durchführung des Verfahrens. Eine Pflicht zur Beachtung durch die Organe entsteht aber erst, wenn der Anwendungsbereich eröffnet ist, was dadurch zentrale Bedeutung gewinnt. Der Umfang war in vier Bereichen Gegenstand eines Urteils: im Hinblick auf Dokumente der GASP und PJZS (Titel V, V I EUV) 5 5 , auf veröffentlichte Dokumente, auf vorbereitende interne Dokumente und auf Dokumente im Besitz des Organs, die von Dritten stammen. Der Verhaltenskodex 93/730 sah in seinem ersten Absatz unter der Überschrift „Allgemeiner Grundsatz" einen „möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates" vor, wobei als „Dokument" jedes „im Besitz des Rates oder der Kommission befindliche Schriftstück mit bereits vorhandenen Informationen" galt. Einschränkend sah der folgende Absatz vor, dass „Anträge direkt an den Urheber zu richten" sind, wenn das Organ nicht Urheber des in seinem Besitz befindlichen Dokuments ist. Die Beschlüsse 93/731 und 94/90 übernahmen die Formulierung. 56
54 Eine chronologische Darstellung der Rechtsprechung bis Februar 2002 und ausgewählter Entscheidungen des Bürgerbeauftragten findet sich bei Feik, Transparenz, S. 47 ff., 210 ff. 55 Im Zusammenhang mit der Frage nach der Zuständigkeit des Gerichts. Ein Antrag auf Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich des EAG oder EGKS Vertrages ist bisher nicht Gegenstand eines Urteils gewesen. 56 Art. 1 und 2 Abs. 2 des Ratsbeschlusses 93/731 ; Art. 1 des Kommissionsbeschlusses 94/90 nimmt den Beschluss 93/730 im Anhang an.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
71
a) Anwendung auf die Titel V (GASP) und V I (PJZS) des EUV: Rs. Svenska JournalistfÖrbundet In der Rs. Svenska JournalistfÖrbundet 57 wurde Zugang zu Dokumenten begehrt, die der Rat im Bereich Justiz und Inneres (Titel VI) verabschiedet hatte. Die französische Regierung, als Streithelferin des Rates, hielt hierfür eine ausdrückliche Bestimmung im Titel V I des EUV für nötig. Mangels einer solchen Regelung im EUV, könne der Beschluss 93/731, der auf Art. 151 Abs. 3 EGV (Art. 207 EG) beruhe, nicht herangezogen werden. 58 Das EuG befand, dass der Beschluss 93/731 nach Art. 1 Abs. 2 und 2 Abs. 2 für alte Dokumente des Rates gilt, die Anwendung daher unabhängig vom Gegenstand des Dokuments sei. Im Übrigen beruhe der Beschluss 93/731 auf Art. 151 Abs. 3 EGV und finde, da er keine entgegenstehende Bestimmung enthält, gemäß Art. K.8 Abs. 1 EUV 5 9 Anwendung. 60 Die Entscheidung des Rates, Zugang zu gewähren oder zu verweigern, erfolge in Umsetzung des Beschlusses 93/731 auf dem Gebiet des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten und beziehe sich nicht auf die Zusammenarbeit der Regierungen auf dem Gebiet der Justiz und des Inneren. 61 Das EuG sichert sich damit dreifach ab: Der Beschluss 93/731 gilt mangels entgegenstehender Regelung im Bereich des EUV, zweitens gibt es eine ausdrückliche Regelung, die eben dies vorsieht, und drittens ist die Entscheidung des Rates über die Zugangsgewähr keine Handlung im Bereich des EUV. Hinzu kommt, dass bereits der Rechtssache Carvel / Rat 62 eine ablehnende Ratsentscheidung auf Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich Justiz und Inneres (Titel VI) zugrunde lag, ohne dass darin ein Problem gesehen worden war. Das EuG bestätigte seine Auffassung in der Rechtssache Hautala / Rat b3 für Dokumente aus dem Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicher-
57
Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289. Zum Sachverhalt 8. b) und 6. b) cc). 58 Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 70. 59 „Die Art. 137, 138, 139 bis 142, 146, 147, 150 bis 153, 157 bis 163 und 217 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft finden auf die Bestimmungen über die in diesem Titel genannten Bereiche Anwendung." Ebenso Art. J.l 1 Abs. 1 EUV für den Titel V (GASP). 60 Auch die GO des Rates (Beschluss 93/662) ist auf Art. 151 Abs. 3 EGV gestützt und findet auf Tagungen zum Titel V I des EUV Anwendung (Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 83). 61 Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 81-84. 62 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765. 63 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 II-2492.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
heitspolitik. 64 Art. 28 und 41 EU in der Fassung des Amsterdamer Vertrages bringen die Anwendung deutlicher zum Ausdruck, da sie den neu eingefügten Art. 255 EG selber nennen, während Art. K.8 und der entsprechende Art. J . l l EUV mit Art. 151 EGV nur die Rechtsgrundlage der Beschlüsse aufführten.
b) Anwendung auf alle Dokumente im Besitz des Organs: Rs. Rothmans In der Rechtssache Rothmans 65 ging es um den Zugang zu Dokumenten der Komitologie-Ausschüsse. Nur wenn die Ausschüsse als Einrichtungen der Kommission zugeordnet werden, unterfallen sie ihrer Zugangsregelung nach dem Beschluss 94/90. Das folgt aus der „Urheberregel", die unter 2. ausführlich behandelt wird. Im Ergebnis bejahte das EuG die Zugehörigkeit der Komitologie-Ausschüsse zur Kommission. 66
c) Anwendung auf veröffentlichte Rechtsakte: Rs. Karl L. Meyer Im Beschluss in der Rs. Karl L. Meyer 57 wurde Zugang zu Informationen begehrt, die im Amtsblatt veröffentlicht waren. Das Gericht entschied, dass „der Beschluss 94/90 nicht so aufzufassen [ist], dass unter „Dokument" alle im Amtsblatt veröffentlichten Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane im Sinne des Art. 189 EGV (Art. 249 EG) zu verstehen sind."
Der Beschluss diene nicht dem Zweck, der Öffentlichkeit ein Recht auf Zugang zu Dokumenten zu gewähren, die bereits aufgrund ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt zugänglich sind. 68 Den Vorwurf, die Herausnahme veröffentlichter Dokumente aus dem Anwendungsbereich stehe im Widerspruch zur Gewähr möglichst umfassenden Zugangs, umging das EuG, indem es am Dokumentbegriff anknüpfte. Danach wird möglichst umfassender Zugang zu Dokumenten gewährt, aber im Amtsblatt veröffentlichte Rechtsakte sind keine „Dokumente" 64 Rs. T-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/ Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 36 42 unter Verweis auf Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 81, 82. 65 Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II2466. 66 Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 62. 67 Rs. T-106/99, 27.10.1999 Karl L Meyer /Kommission Slg. 1999 11-3275. 68 Rs. T-106/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer / Kommission Slg. 1999 11-3275 Tz. 39. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Rechtsschutzinteresse auf Zugang zu Dokumenten besteht, die bereits „öffentlich" iSv der Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Bejahend das EuG im Urteil Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 66, 67, 69. siehe 8. b).
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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im Sinne des Beschlusses 94/90. Das Gericht hat dabei offengelassen, wie sich die Rechtslage bei „Dokumenten" gestaltet, die keine derartigen Rechtsakte sind. Die an die Zugänglichkeit anknüpfende Zweckerwägung spricht dafür, alle im Amtsblatt (Teil C, Ε, A) veröffentlichte Dokumente aus dem Anwendungsbereich zu nehmen. Eine andere Situation kann sich für Dokumente ergeben, die auf andere Weise veröffentlicht werden und schwieriger zugänglich sind. Der Bürgerbeauftragte hielt es in der Beschwerde 1424/2000/MM vom 31.12.200169 für ausreichend, dass die Dokumente (kostenpflichtig) auf CDROM oder über Internetdatenbanken wie EUDOR oder CELEX zugänglich sind.
d) Anwendung auf vorbereitende, interne Dokumente: Rs. Bavarian Lager, Rs. Carlsen In der Rs. Bavarian Lager 70 stellt das EuG unter Bezugnahme auf die Mitteilung 94/C 67/03 der Kommission 71 fest, dass Jedermann die Einsicht in ein unveröffentlichtes Kommissionsdokument einschließlich der vorbereitenden Dokumente und sonstiger Materialien beantragen"
kann. 72 Der Entwurfscharakter eines Dokuments steht daher der Zugangsgewähr nicht entgegen. Im Beschluss in der Rs. Carlsen wird daraufhingewiesen, dass es für eine vertrauliche Behandlung grundsätzlich nicht genügt, dass es sich um interne Dokumente handelt.73
2. Die Urheberregel Die am meisten kritisierte Regelung des alten Zugangsrechts war die Urheberregel 74, wonach Zugang nur zu den vom Organ erstellten Dokumenten gewährt wird und nicht zu allen Dokumenten in seinem Besitz, unabhängig vom Urheber. Im Urteil in der Rechtssache Rothmans ging es um den Begriff der 69
Siehe schon Beschwerde 1077/4.12.1996/WG/D/VK/OV. Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217. 71 Mitteilung der Kommission über die Verbesserung des Zugangs zu Dokumenten (ABl. 1994 C 67/5). 72 Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217 Tz. 44. Die scheinbar entgegenstehende Aussage in Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 73 ist nicht generell zu verstehen, sondern bezieht sich auf das konkrete Dokument. 73 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 45. 74 Art. 2 Abs. 2 93/731, ebenso der Verhaltenskodex 93/730, übernommen durch Beschluss 94/90. 70
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Urheberschaft im Zusammenhang mit den Ausschüssen der Komitologie, in der Rechtssache Interporc II wurde die Rechtmäßigkeit der Urheberregel als solche bestritten.
a) Urheberschaft im Rahmen der Komitologie: Rs. Rothmans Die Rothmans International BV ersuchte von der Kommission Zugang zu Protokollen des Ausschusses für den Zollkodex, was diese ablehnte, da die technische Sekretariatsarbeit bei der Aufnahme des Protokolls sie nicht zum Urheber mache.75 Die geistige Inhaberschaft liege beim Ausschuss, der das Protokoll annehme.76 Das EuG ordnet die Urheberregel, „unabhängig von ihrer Qualifizierung", aufgrund ihrer Wirkung als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Transparenz des Beschlusses 94/90 ein. Als solche müsse sie eng ausgelegt und angewandt werden, um Raum für den allgemeinen Grundsatz zu lassen.77 Nach dem Komitologiebeschluss78 unterstützen die Ausschüsse die Kommission bei der Ausübung der ihr übertragenen Aufgaben. Sie setzen sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen79, Vorsitzender ist ein Vertreter der Kommission. Die Sekretariatsaufgaben fallen der Kommission zu, die in diesem Rahmen die Protokolle aufnimmt, die der Ausschuss beschließt. Die Ausschüsse selber verfügen weder über eine Verwaltung noch ein Budget, Archive, Räumlichkeiten oder auch nur eine eigene Anschrift. 80 Daher kann ein Ausschuss nicht als 75
In ihrer Mitteilung 94/C 67/03 (ABl. 1994 C 67/5) ging die Kommission dagegen davon aus, dass auch die unterstützenden Ausschüsse dem Beschluss 94/90 unterfallen, aber gewisse Dokumente als vertraulich zu behandeln sind. 76 Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II2466, mit Anm. Rigaux, Europe 10/1999, 14, No 334; Durand / van Raepenbusch / Lewis, CDE 2000, 473; Bradley, YEL99/00, 547 (554). 77 Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 55 nach dem Urteil Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 II-313 Tz. 56, dazu unter 4. b). Diese Einordnung hat erstmals der Bürgerbeauftragte in der Beschwerde 1056/25.11.96/STATEWATCH /UK/IJH vertreten. Dazu unter II. 3. a). Die Tz. 53 bei Rothmans: „Der Beschluss 94/90 verleiht den Bürgern ein Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates ist ein redaktionelles Versehen, zeigt aber die Gleichbehandlung der Beschlüsse 93/731 und 94/90 durch das Gericht. 78 ABl. 1999 L 184/23. 79 Das sprach für eine Zuordnung zum Rat, was dieser ablehnte (Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/Kommission Slg. 1999 11-2466 Tz. 60). 80 Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 57, 58; ebenso Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 BAT/Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 37.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
75
„Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftsinstitution" iSd Beschlusses 94/90 angesehen werden. 81 Ein Ausschluss der zahlreichen Ausschussprotokolle würde das Recht auf Zugang zu Dokumenten in einer Weise beschränken, die nicht mit seinem Zweck und seiner Bedeutung zu vereinbaren ist. Ausschüsse iSd Komitologiebeschlusses sind daher im Hinblick auf die Gemeinschaftsregelung über den Zugang zu Dokumenten als Teil der Kommission anzusehen.82 Das Verhalten der Kommission vor und im Prozess verdeutlicht das Auseinanderfallen ihres Bekenntnisses für mehr Öffentlichkeit und ihrer zunächst praktizierten Haltung. 83 Drei Wochen vor Verkündung des Urteils war der Komitologiebeschluss dahin geändert worden, dass die Grundsätze der Kommission über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten auf die Komitologie Anwendung finden (Art. 7 Abs. 2).
b) Rechtmäßigkeit der Urheberregel: Rs. Interporc II In der Rechtssache Inter porc Τ/ 84 begehrte der Kläger Einsicht in Dokumente, deren Urheber unzweifelhaft die Mitgliedstaaten und Argentinien als Drittstaat waren. Der Kläger bestritt daher die Rechtmäßigkeit der Urheberregel an sich. Sie sei im Verhaltenskodex als Verfahrensregel ausgestaltet und könne als solche nicht den Anwendungsbereich beschränken, der nach dem Prinzip größtmöglichen Zugangs, der Öffentlichkeit Zugang zu allen Dokumenten im Besitz der Kommission gewähre. Auch die Erklärung Nr. 17 zum Maastrichtvertrag spreche von „den Organen vorliegenden Informationen".
81
Rs. T-l88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 59. Er gehöre auch keiner anderen dort genannten Urhebergruppe an. 82 Rs. T-l88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 61, 62. Ablehnend Sobotta, Transparenz, S. 376 f. aufgrund der formalen Autonomie der Ausschüsse. Im parallel verlaufenden Verfahren Rs. T-l78/99, 6.12.1999 Eider und Eider / Kommission Slg. 1999 11-3509 wurde nach Erlass des Urteils in der Rs. Rothmans der Antrag der Kläger neu beschieden, so dass deren Klage gegenstandslos wurde. Zu einem externer Berater, der im Namen des Organs handelt: Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International /Kommission Slg. 2002 11-2781 Tz. 46, 48. 83 Die Kommission teilte mit, die Arbeiten des Ausschusses seien nach seiner GO vertraulich, weigerte sich aber mangels Urheberschaft diese zu übermitteln (Rs. ΤΙ 88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 11-2466 Tz. 16, 18). Auch die Bearbeitungszeit ist kritisch zu betrachten (Tz. 10 ff.). Siehe auch 8. e) und h). 84 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521, mit Anm. Simon, Europe 2/2000, 11, No 35; Kadelbach, CMLRev 2001, 179; Pallaro, RIDPC 2000, 1313 (1322 ff.); Bradley, YEL99/00, 547 (577).
76
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Das EuG nimmt als Ausgangspunkt die Aussage des EuGH im Urteil in der Rs. Niederlande / Rat, wonach die einzelnen Organe das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten in ihrem Besitz regeln dürfen, solange der Gemeinschafisgesetzgeber keine allgemeine Regelung getroffen hat. 85 Solange es keinen höherrangigen Rechtsgrundsatz gebe, der eine Anwendung der Urheberregel untersagt, dürfe sich die Kommission hierauf berufen. Weder die Erklärung Nr. 17 noch den Schlussfolgerungen der Europäischen Ratstreffen als allgemeinen politischen Erklärungen käme eine solche Bedeutung zu. 86 Als Rechtsmittelinstanz angerufen, hat der EuGH dies bestätigt.87 Das Fehlen eines höherrangigen Rechtsgrundsatzes hat das EuG in den Rs. JT's Corporation und in der Rs. Petrie bestätigt.88 Die klare Verneinung einer der Urheberregel entgegenstehenden höherrangigen Rechtsnorm spricht gegen die Annahme eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Gemeinschaftsrechts auf Zugang zu Dokumenten, wie teilweise vertreten wird. 89
c) Begriff der Urheberschaft: Rs. Co-Frutta In der Rs. Co-Frutta 90 begehrte die Antragstellerin von der Kommission Zugang zu Listen von Marktbeteiligten, der von ihnen beantragten Einfuhrlizenzen für Bananen und der tatsächlich eingeführten Mengen. Die Daten werden von den einzelnen Mitgliedstaaten erhoben und jährlich an die Kommission übermittelt. Die Klägerin ging von der Urheberschaft der Kommission aus. Um ihrer Kontroll und Durchführungsfunktion bei der Bananeneinfuhr nachzukommen, bedürfe die Kommission einer autonom von ihr erstellten Liste, in der die von den Mitgliedstaaten in Zuarbeit gelieferten Daten zusammengestellt werden. 91 Das EuG stellte fest, das die Kommission, die nationalen Daten zusammenstelle, jedoch gemeinschaftsrechtlich nicht befugt sei, Änderungen, Berichtigungen oder sonstigen Eingriffe vorzunehmen. Das bloße Zusammenstellen reiche aber
85
Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande /Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 37. Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 66. 87 Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc III) Tz. 43. 88 Rs. T-123/99, 12.10.2000 π' s Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 53 und Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. / Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 47. 89 Näher der Fünfte Abschnitt. 90 Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta /Kommission. 91 Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta /Kommission Tz. 36-38. 86
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
77
nicht aus, die Urheberschaft der Mitgliedstaaten aufzuheben, so dass sie weiterhin als Urheber der Dokumente im Sinne des Beschlusses 94/90 gelten.92 Das EuG vertritt eine Geistigkeitstheorie, wonach Urheber eines Dokuments nicht notwendig der physische Ersteller ist, sondern derjenige dem das Dokument geistig zuzurechnen ist. In der Praxis fuhrt die Ansicht des EuG zu einem erschwerten Zugang, denn der Betroffene muss sich an jeden einzelnen Mitgliedstaat wenden bzw. unter der VO (EG) Nr. 1049/2001 muss jeder Mitgliedstaat konsultiert werden. 93 Daher ist eine restriktive Anwendung des Urteils wünschenswert. Gemeinschaftsorgane haben oft eine koordinierende Rolle, bei der mitgliedstaatliche Informationen zusammengeführt werden. Insbesondere eine Ausdehnung auf Sitzungsprotokolle, in denen mitgliedstaatliche Standpunkte (Meinungen) zusammengestellt werden, ist abzulehnen. In der Rs. CoFrutta ergab sich die fehlende Befugnis der Kommission zu inhaltlichen Veränderungen der nationalen Daten (Fakten) direkt aus den Verordnungen zur Bananenmarktorganisation.
3. Das Verhältnis zu Spezialvorschriften Ein in tatsächlicher Hinsicht effektiver Zugang hängt davon ab, inwieweit bestehende oder nachfolgende gemeinschaftsrechtliche Spezialregelungen 94 zum Zugangsrecht den Anwendungsbereich des allgemeinen Zugangsrechts verdrängen oder einschränken können. Der Verhaltenskodex sah in der 5. und 6. Erwägung seiner Präambel vor, dass seine Bestimmungen weder das Recht des einzelnen auf Zugang zu personenbezogenen Akten noch die Bestimmungen über geheimhaltungsbedürftige Informationen berühren. Letztere Erwägung präzisiert der Ratsbeschluss 93/731 in Art. 8, der Kommissionsbeschluss und der spätere Parlamentsbeschluss 97/632 in ihren Erwägungen. Das EuG nahm in zwei Urteilen zum Verhältnis des allgemeinen Zugangsrechts gegenüber Spezialvorschriften Stellung:
92
Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta / Kommission Tz. 47. Das war dem EuG auch bewusst, Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta / Kommission Tz. 64. In der Beschwerde 1045/21.11.96/BH/IRL/JMA erreichte der Bürgerbeauftragte bereits 1998 als einvernehmliche Lösung, dass die Kommission die Mitgliedstaaten konsultiert, was der späteren Lage nach der VO (EG) Nr. 1049/2001 entspricht. 94 Das Verhältnis zu nationalen Zugangsrechten wurde in der Rechtssache Rs. ΤΙ 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 56, 61, 134 bewusst nicht behandelt. 93
78
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
a) Allgemeine und spezielle Zugangsvorschriften nebeneinander anwendbar: Rs. Interporc I I In der Entscheidung Interporc if 5, ging es um den Zugang zu Dokumenten, die Bestandteil eines anderen Gerichtsverfahrens vor dem EuG waren. Die Kommission war der Meinung, in diesem Fall ergebe sich das Zugangsrecht für die Verfahrensbeteiligten nach der Verfahrensordnung der Gemeinschaftsgerichte als lex specialis-Regelung.96 Das EuG hielt dagegen fest, die Möglichkeit, Zugang nach dem Verfahrensrecht des Gerichts zu erlangen, als prozessleitende Maßnahme oder abgeleitet aus dem Recht auf Verteidigung, berühre nicht das allgemeine Recht auf Zugang zu Dokumenten nach dem Beschluss 94/90. 97 Das EuG verwies unterstützend auf die 5. Erwägung der Präambel des Verhaltenskodex und zog verallgemeinernd den Schluss, dass keine Bestimmung des allgemeinen Zugangsrechts die speziellen Akteneinsichtsrechte berührt und umgekehrt die Möglichkeit, Zugang aufgrund spezieller Zugangsrechte zu verlangen, nicht das Berufen auf den Verhaltenskodex ausschließt.98
b) Auslegung von Spezialvorschriften im Licht des grundlegenden Rechts auf Zugang zu Dokumenten: Rs. JT's Corporation In der Rechtssache JT's Corporation 99 berief sich die Kommission bei ihrer Zugangsverweigerung auf Art. 15b und 19 der VO 1468/8110°, die die nachgefragten Informationen für streng vertraulich erklärten. Das EuG befand, sofern die VO 1468/81 als lex specialis-Vorschrift angewendet werden müsste, dürfe
95
Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 1-3521, mit Anm. Simon, Europe 2/2000, 11, No 35; Kadelbach, CMLRev 2001, 179; Fallaro, RIDPC 2000, 1313 (1322 ff.). 96 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Tz. 37. Dieselbe Argumentation vertrat die Kommission bezogen auf nationale Behörden in Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 II3269 Tz. 41. 97 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Tz. 44. Erneut abgelehnt bezogen auf Behörden in Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 49. 98 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Tz. 45. 99 Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269, mit Anm. Simon, Europe 12/2000, 12, No. 378, Gautier, JDI 2001, 591. 100 VO (EWG) Nr. 1468/81 des Rates vom 19. Mai 1981 betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedsstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission, um die ordnungsgemäße Anwendung der Zollund Agrarregelung zu gewährleisten (ABl. 1981 L 144/1), geändert durch VO (EWG) Nr. 945/87 des Rates vom 30. März (ABl. 1987 L 90/3).
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
79
sie nicht im Widerspruch zu dem Beschluss 94/90 ausgelegt werden. Der dem Beschluss 94/90 beigefügte Verhaltenskodex verleihe nämlich einem grundlegenden Recht Ausdruck, dem Recht auf Zugang zu Dokumenten.101 Damit geht das EuG über seine Aussagen im Urteil in der Rs. Interporc II hinaus. Dort standen die allgemeinen und speziellen Zugangsvorschriften berührungslos nebeneinander, während das EuG hier davon ausgeht, dass Spezialvorschriften dem grundlegenden Recht auf Zugang zu Dokumenten nicht widersprechen dürfen. Während im ersten Fall die Ablehnung nach restriktiven Spezialvorschriften lediglich die Zugangsmöglichkeit nach allgemeinen Vorschriften eröffnete, muss nun die restriktive lex specialis-Regelung dem grundlegenden Recht auf Zugang entsprechen und demgemäss ausgelegt und angewandt werden. Die Zugangsbeschlüsse 94/90 und 93/731 enthalten damit ein Minimum an Zugangsrechten, das nicht unterschritten werden darf. 102 Dass die Spezialvorschriften im Licht des Beschlusses 94/90 ausgelegt werden müssen, deutet auf eine hierarchische Ordnung, in der das Zugangsrecht eine höherrangige Rechtsnorm verkörpert. Auch in diesem Punkt war das Urteil Interporc II zu einem anderen Ergebnis gekommen und hatte die Urheberregel mangels entgegenstehender höherrangiger Rechtsnormen für zulässig erklärt.
4. Die Anwendung der Ausnahmen Die Anwendung der Ausnahmen und die Begründung ablehnender Entscheidungen ist durch die Rechtsprechung sehr detailliert entwickelt worden. Das beruht auf zwei Gründen: Die Ausnahmen sind weit ausgestaltet, fast immer der Grund für die Ablehnung von Zugangsanträgen und dementsprechend oft Gegenstand von Gerichtsverfahren. Wichtiger noch ist, dass EuG und EuGH das Zugangsrecht zunächst als organinternes Verfahrensrecht qualifiziert haben. Dem Bürger stand damit das Recht zu, dass sein Antrag gemäß dem Verfahren, wie es die Beschlüsse ausgestalten, behandelt wird. Dieser engen Rahmenziehung steht das Bestreben der Gerichte gegenüber, die freiwillige Selbstverpflichtung der Organe aufzuwerten, indem genaue Vorgaben für die Durchführung des Verfahrens und die Anwendung der Ausnahmen gemacht werden. In-
101 Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd./Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 50 mit Hinweis auf Rs. T-92/98, 7.12.1999 interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Tz. 37-39, 43-47; Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/Kommission Slg. 1999 11-2466 Tz. 53; Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company /Kommission Slg. 1999 11-3217 Tz. 36, 37. 102 Das ergibt sich schon aus dem Urteil Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II): Ist die Spezialvorschrift enger, bleibt der Zugang nach dem Beschluss 93/731 möglich. Ist sie weiter, bleibt der Zugang trotz des Beschlusses 93/731 möglich.
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
80
folgedessen mussten die Organe weniger befurchten, dass eine Ausnahme nicht einschlägig ist, als dass sie bei der Anwendung einen Fehler machen, der zur Nichtigkeit der Entscheidung fuhrt. Freimütig haben der Rat und die Kommission ihre Probleme bei der Interessenabwägung im Rahmen der fakultativen Ausnahmen gestanden, mit der Folge, dass zunehmend die zwingenden Ausnahmen herangezogen wurden und die VO (EG) Nr. 1049/2001 nur zwingende Ausnahmen kennt. 103
a) Allgemeine Anwendungsregeln Immer wieder, angefangen mit der Rs. WWF UK my haben EuG und EuGH betont, dass die Ausnahmen möglichst eng ausgelegt werden müssen, damit die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, nicht vereitelt wird. 1 0 5 Sie haben die Argumentation bei der Urheberregel (oben 2.) und als Begründung für die Gewähr teilweisen Zugangs herangezogen, wenn eine Ausnahme nur Teile eines Dokuments betrifft (unten 7.) und hieraus eine Entscheidungspflicht des Gemeinschaftsorgans abgeleitet, das Anträge nicht zur Entscheidung an die nationalen Gerichte weiterleiten darf (unten 6. b) aa)). Im Beschluss Carlsen 106 hat der Präsident des Gerichts Saggio in einer einstweiligen Anordnung die Ausnahmen als nicht abschließend charakterisiert. Sie seien durch den voranstehenden allgemeinen Begriff gekennzeichnet, dem in Klammern besondere Anwendungsfälle folgen, auf die er jedoch nicht beschränkt ist und denen geringere Bedeutung zukomme. Da sich das Ergebnis aus einer wörtlichen Auslegung der Bestimmung ergebe, stehe es nicht im Widerspruch zur grundsätzlich engen Anwendung und Auslegung der Ausnah-
103
Dritter Zweijahresbericht (98/99) über die Durchführung des Beschlusses 93/731 S. 7; Zweiter Zwei Jahresbericht (96/97) unter 3.2.; Diskussionspapier der Kommission vom April 1999 SG.C.2VJ/CD D(99) 83 unter 4.; Kadelbach, CMLRev 2001, 179
(180).
104
Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313. Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 56; Rs. ΤΙ 24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 49; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 II2289 Tz. 109 f.; Rs. C-174 und 198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 27; Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit Nederland BV / Kommission Slg. 2000 11-3011 Tz. 45; zuletzt Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 25; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie / Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 66 und Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 55; Schilling, EuR 1996, 44 ff. 106 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485. Näher zum Sachverhalt unter 5. b) dd). 105
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
81
men. 107 Die Auslegung ist in keinem späteren Fall mehr streitig geworden und wurde daher weder korrigiert noch bestätigt. Auch im Beschluss Carlsen war sie nicht entscheidungserheblich, da jedenfalls die Vorläufigkeit der Anordnung fehlte (dazu 8 c)). Daher könnte auch ein obiter dictum vorliegen. 108 Die wörtliche Auslegung der Beschlüsse 93/731 und 94/90 erscheint jedenfalls nicht eindeutig, sondern lässt eher offen, ob die Klammern exemplarisch oder abschließend den vorstehenden Oberbegriff wiedergeben. Kommt die wörtliche Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, sprechen teleologische Erwägungen für eine enge (wörtliche) Auslegung und damit abschließende Beschreibung. 109
b) Unterteilung in zwingende und fakultative Ausnahmen: Rs. Carvel, Rs. WWF und Folgerechtsprechung Der Verhaltenskodex sah unter der Überschrift „Regelung der Ausnahmen" vor: „Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch die Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in bezug auf [bestimmte geschützte Interessen]. Die Organe können ferner den Zugang verweigern, um den Schutz der Interessen des Organs in bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen zu gewährleisten."
Dieselbe Regelung trafen Art. 4 Abs. 1, 2 des Beschlusses 93/731 und der Beschluss 94/90. Das EuG hat, beginnend mit der Rs. Carvel / Rat no, die Ausnahmen entsprechend in zwei Kategorien eingeteilt: In zwingende Ausnahmen, bei deren Vorliegen das Organ verpflichtet ist, den Zugang zu verweigern 111 , und eine fakultative (ermessensabhängige) Ausnahme, bei deren Vorliegen das Organ eine Abwägung vornehmen muss zwischen dem Interesse des Bürgers auf Zugang zu dem Dokument und den Interessen des Organs an der Geheimhaltung seiner Beratungen. 112
107
Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 48, 49. Von einer abschließenden Aufzählung ging der Bürgerbeauftragte in der Beschwerde 180/13.10.1995 /JPB/PD/B aus (ABL. 1997 C 272/15). 108 So der nachfolgende Präsident Vesterdorf, FILJ 1999, 902 (922, 924). Skeptisch auch Bradley , CDE 1999, 283 (351 f.) und Ritleng, Europe 5/1998, 11, No. 157. 109 So auch Curtin, CMLRev 2000, 7 (33 f.). 1,0 Rs. Τ-194/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd./Rat Slg. 1995 II2765. 111 Allerdings trifft das Organ eine Begründungspflicht, wieso zwingende Ausnahmen vorlagen. 1,2 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 64, 65, 67; Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 57 - 59.
6 Meltzian
82
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Die Unterscheidung der beiden Gruppen ergibt sich nach dem Urteil in der Rs. WWF aus der Art der geschützten Interessen. Die zwingenden Ausnahmen schützen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit in Fällen, in denen die Verbreitung Personen Schaden zufügen könnte, die zur Verweigerung berechtigt wären, wenn sich das Dokument in ihrem Besitz befände, während der fakultative Ausnahmetatbestand des Beratungsgeheimnisses nur Interessen des Organs schützt. 113 Ablehnende Bescheide können sich auf eine oder beide Ausnahmegruppen stützen. 114 Innerhalb der zwingenden Ausnahmen ist es möglich, dass sowohl die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses als auch des privaten Interesses einschlägig ist. 115
c) Ablauf der Ausnahmeprüfung bei fakultativer und zwingender Ausnahmeregelung Das Organ muss für jedes beantragte Dokument prüfen, ob dessen Offenlegung geeignet ist, ein durch die zwingenden Ausnahmen geschütztes Interesse zu beeinträchtigen. Bezogen auf die Informationen, die es dafür zu berücksichtigen hat, ergaben sich Unterschiede der verschiedenen Sprachfassungen. 116 Die entsprechende Tz. 43 im Urteil van der Wal I n l heißt im Deutschen „unter Berücksichtigung der ihr vorliegende Informationen", im Französischen „au regard des informationes dont elle dispose", im Englischen „in the light of the information available". Im Niederländischen, der Verfahrenssprache, dagegen heißt es „wegens de informatie die het bevat", was dem Deutschen „wegen der darin enthaltenen Informationen" entspricht, wobei „darin" das freizugebende Dokument meint. GA
113 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 60; Rs. T83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission Slg. 1998 11-545 Tz. 42 f.; Rs. T20/99, 13.9.2000 Denkavit Νeder land BV / Kommission Slg. 2000 11-3011 Tz. 39. Die von Furrer, ZUR 1997, 153 (156 f.) weiter vorgenommene Unterteilung der zwingenden Ausnahmen in solche, die Rechte Dritter bzw. Rechte der Gemeinschaft oder das öffentliche Interesse schützen, hat sich nicht bestätigt. 1.4 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 61 (zum Beschluss 94/90); Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 114, 119 (zum Beschluss 93/731), zuletzt Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit NederlandBV/Kommission Slg. 2000 11-3011 Tz. 40. 1.5 Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit Nederland BV/ Kommission Slg. 2000 11-3011 Tz. 40. 1.6 Darauf weisen Swaak / Scher mers, Public Access, S. 566 hin. 1.7 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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Cosmas hat in seinem Schlussantrag zur Rs. van der Wal II m die abweichenden Sprachfassungen aufgegriffen, verneint aber jede praktische Relevanz. Grundlegendes Kriterium sei die Beurteilung der Folgen der Bekanntgabe. Hierfür müsse das Organ auf alle erforderlichen Informationen zurückgreifen, d.h. gegebenenfalls auf jede Information in seinem Besitz, jede ihr zugängliche sowie jede Information, die im Dokument enthalten ist. Die Prüfung läuft in zwei Schritten ab: Das Organ formuliert Umstände, unter denen die Freigabe einer bestimmten Kategorie von Dokumenten durch die Ausnahmen geschützte Interessen beeinträchtigen würde. In diesem Fall ist die Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu diesen Dokumenten gerechtfertigt. So würde etwa die Freigabe von Dokumenten aus einer Beratung über die mögliche Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen einen Mitgliedstaat das Vertrauensverhältnis für eine einvernehmliche Streitbeilegung zerstören. In einem zweiten Schritt erfolgt der Nachweis, dass das konkret beantragte Dokument dieser Dokumentkategorie zugehört und seine Freigabe geschützte Interessen beeinträchtigt. Vor Gericht sind die angeführten tatsächlichen Umstände, die die Anwendung einer zwingenden Ausnahme bedingen, bislang immer anerkannt worden. Schwierigkeiten bereitet den Organen aber oft der Nachweis, dass die konkret beantragten Dokumente durch ihre Freigabe geschützte Interessen schädigen.119 Regelmäßig belassen es die Organe beim Hinweis auf die Zugehörigkeit zu der betreffenden Dokumentkategorie. Die Sensibilität von Informationen schwankt jedoch selbst innerhalb einer Dokumentkategorie so stark, dass immer eine einzelfallbezogene Prüfung des beantragten Dokuments erforderlich ist. So kann die Beratung über die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens thematisch und inhaltlich auch Dokumente hervorbringen, die das Vertrauensverhältnis gar nicht berühren. Exemplarisch ist die Rs. Kuijer 120: Herr Kuijer beantragte die Freigabe von Berichten zur politischen und Menschenrechtslage in Drittstaaten, die einen hohen Anteil an Asylbewerbern stellen. Der Rat lehnte den Zugang mit einer Standardbegründung für mehrere Berichte ab, da es sich um gleichartige Dokumente handele. Das EuG stellte fest, der Rat müsse die Einschlägigkeit der Ausnahme für jedes Dokument (Land) prüfen und begründen. Hier gehe aus der Begründung des Rates nicht hervor, dass er jedes der Dokumente eigenständig untersucht hat oder auch nur nach
118 Schlussantrag in Rs. C-174 und 198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal/ Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 51 Fn. 42 iVm Fn. 63. 119 Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 74, 75. 120 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959, mit Anm. Rigaux / Simon, Europe 6/2000, 13, No. 169, Gautier, JDI 2001, 591; Pallaro, RIDPC 2000, 1313 (1335 ff.). Das Rechtsmittel des Rates, Rs. C-239/00 Ρ Rat / Kuijer, ABl. 2000 C 247/18, wurde später zurückgezogen. Siehe ferner Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer/Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485.
6*
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Gruppen, die die gleichen wesentlichen Merkmale besitzen. 121 Im Anschluss verweigerte der Rat erneut den Zugang und unterlag mit seiner Begründung erneut vor Gericht (Rs. Kuijer II). Das EuG befand, die Ausnahmen könnten nur angewandt werden, wenn die Gefahr absehbar und nicht rein hypothetisch ist. Die Tatsache, dass ein Dokument negative Informationen oder Aussagen über die politische Lage oder den Menschenrechtsschutz in einem Drittstaat enthält, bedeute nicht zwangsläufig, dass die Freigabe die öffentlichen Interessen (internationale Beziehungen) beeinträchtige, und reiche allein und abstrakt für eine Ablehnung nicht aus. Die Informationen seien überwiegend öffentlich zugänglich und enthielten keine politisch sensiblen Wertungen des Rates. Eine Beeinträchtigung scheide nach den Umständen aus, wenn die Analyse zeitlich überholt sei; sich die Gemeinschaft bereits offiziell kritisch geäußert hat; die Beziehungen bereits einen Punkt erreicht haben, wo weitere Kritik ihnen nicht schaden kann oder die Aussagen ausschließlich positiv sind. 122 Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Freigabe eine zwingende Ausnahme betrifft, muss das Organ den Antrag ablehnen123, bei der fakultativen Ausnahme steht die Ablehnung in seinem Ermessen. Dabei muss das Organ das Interesse des Bürgers am Zugang zu dem Dokument gegen sein Interesse an der Geheimhaltung seiner Beratungen abwägen.124 Die Abwägung hat den Organen erhebliche Schwierigkeiten bereitet, so dass sie im Verlauf der Zeit verstärkt von den zwingenden Ausnahmen Gebrauch gemacht haben. 125 Das Problem ist auch unter der VO (EG) Nr. 1049/2001 virulent geblieben. Der Abwägungsprozess ist erst im Jahre 2001 Gegenstand der Rs. BAT/Kommission 116 gewesen, die das Problem exemplarisch verdeutlicht: British American Tobacco suchte Zugang zu Protokollen einer Ausschusssitzung, auf der expandierter Tabak Rauchtabak gleichgestellt und damit für
121 122
Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 41. Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 56, 60,
63-66. 123
Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 58; Rs. ΤΙ 24/96, 6.2.1998 Interporc / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 52; Rs. T83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 43; Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 II3269 Tz. 64 (für den Beschluss 94/90); Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 112; Rs. T-l88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 37 (für den Beschluss 93/731). 124 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd./Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 64, 65, 67 (für den Beschluss 93/731); Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz 57-59 (für den Beschluss 94/90). 125 Zu den Schwierigkeiten: Wölker, Transparenz, S. 110. 126 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International (Investments) Ltd. /Kommission Slg. 2001 11-2997.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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verbrauchssteuerpflichtig erklärt wurde. Die Kommission gewährte Zugang, hielt aber die Identität der Mitgliedstaaten, die unterschiedliche Standpunkte vertreten hatten, gestützt auf die fakultative Ausnahme zum Schutz der Geheimhaltung der Beratungen geheim. Sie habe davon ausgehen müssen, dass die Klägerin Zugang zum Inhalt der Diskussion anstrebe, da sie zu keinem Zeitpunkt angegeben habe, auch erfahren zu wollen, welche Vertretung welche Stellungnahme abgegeben habe. Für eine Einbeziehung in ihre Interessenabwägung hätte sie hiervon aber Kenntnis haben müssen. Die Nicht-Bekanntgabe der Identität hielt sie auch grundsätzlich für eine notwendige Voraussetzung, um einen offenen und freien Diskussionsverlauf zwischen den Mitgliedstaaten und damit den ordnungsgemäßen Verlauf der Ausschussberatungen zu gewährleisten. 127 BAT erwiderte, ihr Interesse sei offensichtlich, da trotz Harmonisierung der Verbrauchssteuervorschriften erhebliche und kostspielige Unterschiede in der Behandlung durch die Zollbehörden der Mitgliedstaaten bestünden. Da die Information Bestandteil der Dokumente sei, sei sie nicht verpflichtet, in ihrem Antrag Gründe darzulegen. Ohne Beweislastumkehr obliege es der Kommission, die Verweigerung des Zugangs zu rechtfertigen. 128 Da der Antragsteller seinen Antrag nicht begründen müsse, kann nach Ansicht des EuG dem Organ ohne Kenntnis der persönlichen Gründe nicht vorgeworfen werden, im Rahmen der Abwägung nur das Interesse, das jeder Bürger am Zugang zu den Dokumenten haben könnte, zu würdigen und nicht besondere Interessen des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Kommission könne sich aber nicht einfach darauf berufen, die Ziele des Antragstellers nicht gekannt zu haben, wenn in dem Zusammenhang der Antragsstellung das Interesse offensichtlich und für die Abwägung nicht völlig unerheblich war. 129 Es widerspreche der gebotenen Interessenabwägung, den Zugang grundsätzlich zu verweigern, weil das Dokument Informationen über die Stellungnahme der einzelnen Mitgliedstaaten enthält. Die Bekanntgabe der Identität stelle nicht notwendigerweise den ordnungsgemäßen Verlauf der Beratung in Frage. Da hier die Beratungen zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags abgeschlossen waren, konnte die Bekanntgabe der Identität nicht mehr die Stellungnahme der Mitgliedstaaten zur Besteuerung expandierten Tabaks beeinträchtigen. 130
127
Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Ltd. /Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 31, 34. 128 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Ltd. /Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 27, 29. 129 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Ltd /Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 42, 44, 45. 130 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Ltd. /Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 52, 56.
Tobacco International (Investments) Tobacco International (Investments) Tobacco International (Investments) Tobacco International (Investments)
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Unklar ist gewesen, wie das Organ im Rahmen der Abwägung ein individuelles Zugangsinteresse berücksichtigen soll, wenn der Bürger keine Gründe für den Zugang anzugeben braucht. 131 Daher war davon auszugehen, dass grundsätzlich nur ein abstraktes Zugangsinteresse, bezogen auf die Öffentlichkeit, bestimmt und abgewogen werden konnte. 132 Das EuG bestätigt nun, dass ein besonderes persönliches Interesse nur berücksichtigt werden kann, wenn das Organ Kenntnis hiervon hat. Für den Antragsteller empfiehlt sich also im Zweifel eine Begründung, auch wenn ihr Fehlen nicht zur Ablehnung führen darf. Um die Voraussetzung nicht auszuhöhlen, verlangt das EuG aber andererseits vom Organ, naheliegende Interessen, die sich aus den Umständen ergeben, zu erkennen und zu berücksichtigen. Der Schutz des Interesses des Organs beschränkt sich auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Beratung und seine Effektivität durch eine offene, redliche und erschöpfende Diskussion. Ihre Geheimhaltung als solches ist spätestens mit der Einführung des Art. 1 Abs. 2 EU (möglichst offene Entscheidungsfindung) kein schützenswertes Interesse mehr. Ihre Bedeutung gewinnt die Geheimhaltung in bezug auf den Gegenstand der Beratungen, dient dann aber regelmäßig öffentlichen oder privaten Interessen, die ausreichend durch die zwingenden Ausnahmen geschützt werden. Ein Eigeninteresse ist betroffen, wenn vorbereitende Dokumente mit persönlichen Stellungnahmen nachgefragt werden und die Freigabe befürchten lässt, dass der Betroffene sich in Zukunft nicht mehr in der gleichen Weise an Entscheidungsprozessen beteiligen wird. Insoweit hat das EuG jedoch festgehalten, dass eine „grundsätzliche Verweigerung" immer dem Erfordernis einer einzelfallbezogenen Abwägung widerspreche. Auch die Bekanntgabe der Identität stellt nicht notwendig den Beratungsverlauf in Frage, etwa dann nicht, wenn die Beratung bereits abgeschlossen ist. 133
5. Die Anforderungen
an die Begründung
Ablehnende Entscheidungen sind nach Art. 253 EG zu begründen. Der Verhaltenskodex, der Beschluss 94/90 und Art. 7 Abs. 3 des Ratsbeschlusses 93/731 sehen vor, dass die Ablehnung von Zweitanträgen „ordnungsgemäß zu
131 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc /Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 48; Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet 65, 109; Wölker Transparenz, S. 110. 132 Siehe Rs. T-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 86 (für die Abwägung teilweiser Zugangsgewähr gegen den damit verbundenen Verwaltungsaufwand) und Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 98 (auch besonderes Zugangsinteresse berücksichtigen). 133 Siehe zur Praxis unter der VO (EG) Nr. 1049/2001 Vierter Abschnitt B. III. 3.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
87
begründen" ist. Der Beschluss 93/731 sieht in Art. 7 Abs. 1 vor, dass auch bei der Ablehnung des Erstantrags die Gründe mitzuteilen sind.
a) Zweck der Begründung Die Begründung verfolgt ein doppeltes Ziel: Sie soll die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr zur Verteidigung seiner Rechte die tragenden Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen kann und der Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzt wird, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. 134
aa) Begründung aus dem Kontext: Rs. van der Wal 1\ Rs. Kuijer, Rs. JT's Corporation Ob die Begründung diesen Erfordernissen genügt, beurteilt sich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut, sondern auch anhand des Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln. 135 Zu berücksichtigen sind der gesamte Briefverkehr des Antragstellers mit dem Organ sowie seine Kenntnisse über Natur und Inhalt der erbetenen Dokumente. 136 Dabei kann der Kontext, in dem eine Entscheidung getroffen wurde, die Anforderungen an die Begründung erleichtern, umgekehrt jedoch auch verschärfen. 137 Eine solche Verschärfung tritt ein, wenn der Antragsteller Gründe vorträgt, die Zweifel aufwerfen, ob die Ablehnung des Erstantrags fundiert war. Unter diesen Umständen ist das Organ verpflichtet, in seiner Antwort auf den Zweitantrag darauf einzugehen, wieso die Gründe keine Änderung seiner Position ergeben haben, weil es andernfalls für den Antragsteller unverständlich wä-
134 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 66; Rs. ΤΙ 24/96, 6.2.1998 Interporc / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 II-231 Tz. 53 mN; Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 39, 43; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 116; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 36; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 91. 135 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 63; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 ΙΙΙ 959 Tz. 36; Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 63. 136 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 65; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 ΙΙΙ 959 Tz. 44. 137 Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 45.
88
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
re, wieso das Organ die erneute Ablehnung aus denselben Gründen aufrechterhält. 138
bb) Differenzierende Begründung, wenn erste und zweite Ausnahmekategorie einschlägig: Rs. Svenska Journalistförbundet Soweit das Organ sich zur Ablehnung des Antrags auf zwingende Ausnahmen und die fakultative Ausnahme stützt, muss die Begründung angeben, inwieweit Dokumente oder Teile davon beiden Ausnahmekategorien unterfallen bzw. nur einer der beiden. Nur so wird dem Betroffenen und dem Gemeinschaftsrichter ermöglicht, festzustellen, ob das Organ seinen unterschiedlichen Verpflichtungen bei der Anwendung der Ausnahmen nachgekommen ist. 139
cc) Anforderungen bei der Urheberregel: Rs. Rothmans, Rs. Interporc II, Rs. Interporc III, Co-Frutta Der bloße Hinweis auf die Urheberregel als Grund für die Ablehnung des Zugangs zu Dokumenten verdeutlicht nach Ansicht des EuG dem Betroffenen hinreichend klar, warum das Organ die Dokumente nicht übermittelt, und versetzt den Gemeinschaftsrichter in die Lage, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nachzuprüfen. 140 Andererseits hat das EuG die Urheberregel als faktische Ausnahme vom Grundsatz weitestgehenden Zugangs qualifiziert, die eng ausgelegt und angewandt werden müsse, vor allem dann, wenn Zweifel am Urheber eines Dokuments bestehen.141 Der EuGH hat daher in der Rechtsmittelinstanz zu Recht festgehalten, dass die enge Auslegung und Anwendung der Urheberregel bedeute, dass die Einrichtung den Ursprung des Dokuments festellen müsse und dem Antragsteller angeben muss, wer Urheber ist, damit er bei ihm Zugang
138
Rs. T-l88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 46. Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 76; Rs. ΤΙ 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 119, 124, 125. 140 Rs. T-l88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 36, 37; Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 78; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 67; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 77. 141 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 69, 70. Siehe zu solchen Zweifelsfällen die Rs. T-l88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 11-2466 unter 2. a) und die Beschwerde 1056/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH beim Bürgerbeauftragten unter II. 3. a). Kritisch daher auch Feik, Transparenz, S. 187. 139
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
89
beantragen kann. 142 Der pauschale Hinweis auf die Urheberregel reicht gerade in den streitigen Fällen nicht aus, wo der Urheber nicht eindeutig bestimmbar ist oder die Urheberschaft bestritten wird.
b) Umfang der Begründung aa) Einzelfallbezogene Begründung
Ausnahmeprüfung bedingt einzelfallbezogene
Voneinander zu unterscheiden ist die Anwendung der Ausnahmen auf die beantragten Dokumente und die Begründung der ablehnenden Entscheidung. Die Prüfung der Ausnahme ist eine Verpflichtung des Organs, die sich aus den Zugangsregeln ergibt. Die Begründung der ablehnenden Entscheidung sehen die Zugangsregeln vor, sie richtet sich aber vorrangig nach Art. 253 EG und wird von den Gerichten auch hieran gemessen: Wie oben festgestellt, prüft das Organ bei jedem beantragten Dokument, ob seine Offenlegung ein durch die Ausnahmen geschütztes Interesse verletzt. Die Prüfung der Ausnahmen ist notwendig einzelfallbezogen. Es genügt nicht, sich auf die allgemeinen Merkmale der angeforderten Dokumentkategorie zu stützen 143 , denn selbst bei gleichartigen Dokumenten können Informationen nicht nur in ihrem Inhalt, sondern auch im Grad ihrer Schutzwürdigkeit beträchtlich voneinander abweichen. 144 Eine nach Kategorien zusammengefasste und zwangsläufig unscharfe Prüfung führt damit im einzelnen zu falschen Ergebnissen. In seiner Begründung der ablehnenden Entscheidung muss das Organ verdeutlichen, dass es eine konkrete Beurteilung der beantragten Dokumente vorgenommen hat. 145 Zweck der Begründung ist, die Kontrolle der Aufgabenerfüllung durch den Betroffenen und den Gemeinschaftsrichter sicherzustellen. Daher reicht die bloße Behauptung nicht aus, es bedarf eines Nachweises der Analyse. 146
142 Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interpore III) Tz. 49, dem Schlußantrag des GA Léger in Tz. 92, 93 folgend. Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta / Kommission Tz. 61. 143 Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 65, 46; siehe Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 II485 Tz. 36 - 39 als falsch entschiedenes Gegenbeispiel. 144 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 40. 145 Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 38; Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 65; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 89. 146 Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 43; Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 70. Jedoch weist Be-
90
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
bb) Grenzen der einzelfallbezogenen Begründung bei Zweckvereitelung: Rs. WWF Diese Verpflichtung bedeutet jedoch nicht, dass das Organ unter allen Umständen gehalten wäre, für jedes Dokument die „zwingenden Gründe" anzugeben, die die Anwendung der Ausnahmen rechtfertigen, da sonst die Hauptfunktion der Ausnahme gefährdet wäre. Es kann sich nämlich als unmöglich erweisen, die Gründe für die vertrauliche Behandlung jedes Dokuments anzugeben, ohne den Inhalt des Dokuments bekanntzumachen und der Ausnahme damit ihre wesentliche Zweckbestimmung zu nehmen.147
cc) Bei Zweckvereitelung
Begründung nach Gruppen: Rs. WWF
In diesem Fall muss die Begründung der Zugangsverweigerung „wenigstens für jede Gruppe von Dokumenten" die einzelnen Gründe enthalten, aus denen eine Offenlegung unter eine der Ausnahmen fällt. 148 Auf diese Weise soll der Adressat der Entscheidung sich vergewissern können, dass die Einzelfallprüfung tatsächlich stattgefunden hat, und er soll die Stichhaltigkeit der Ablehnungsgründe beurteilen können. 149 Entscheidend ist, dass die abgesenkte Begründungsverpflichtung nicht die Prüfungspflicht der Ausnahmen beeinflusst. Trotz gruppenbezogener Begründung der Ablehnung muss eine einzelfallbezogene Ausnahmeprüfung erfolgen. Die Gefahr einer Zweckvereitelung der Ausnahme durch eine Begründung im Einzelfall kann erst durch eine einzelfallbezogene Ausnahmeprüfung festgestellt werden. Das Zurücknehmen der Begründungspflicht von einer Begründung für jedes Dokument auf eine gruppenbezogene Begründung im Fall einer drohenden Zweckvereitelung ist gerade deswegen hinnehmbar ; weil vorher eine einzel-
laich, RDMC 1998, 710 (714) zu Recht daraufhin, dass die Anforderungen weitaus geringer sind, als in der Rs. C-2/88, 13.7.1990 J. J. Zwartfeld u.a. Slg. 1990 1-3365 Tz. 25, die ein Zugangsrecht mitgliedstaatlicher Behörden aus Art. 5 EG a.F. behandelte. 147 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 65. 148 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc /Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 54; Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 117; Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 64, 74; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 94; Rs. ΤΙ 91/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 79. In Rs. T-l88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 II-1959 Tz. 41 spricht das EuG davon, dass aus der Begründung des Rates nicht hervorgehe, dass er jedes der Dokumente eigenständig untersucht habe oder auch nur nach Gruppen, die die gleichen wesentlichen Merkmale besitzen. 149 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc /Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 54; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 92.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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fallbezogene Ausnahmeprüfung stattfindet. Dadurch ist gewährleistet, dass aus der Gesamtmenge der Dokumente einer Gruppe, die ursprünglich harmlose und vertrauliche Dokumente enthielt, nur noch diejenigen übrig geblieben sind, die vertraulich sind. Soweit bei ihnen eine nähere Begründung die Funktion der einschlägigen Ausnahme unterläuft und daher für die gesamte verbliebene Gruppe erfolgt, bleibt die Gewissheit, dass die harmlosen Dokumente, bei denen schon keine Ausnahme einschlägig ist, bei der Anwendung der Ausnahmen ausgesondert und freigegeben worden sind.
dd) Begründung nach der Natur des Dokuments: Rs. Carlsen, Rs. Hautala Beim Beschluss in der Rs. Carlsen 150 hatten dänische Bürger vor dänischen Gerichten gegen die Ratifikation des Maastrichtvertrages Klage wegen Verstoßes gegen die dänische Verfassung eingelegt. Um ihre Klage zu belegen, beantragten sie Zugang zu Dokumenten des Juristischen Dienstes, in denen er bei später verabschiedeten Rechtsakten eine Kompetenzüberschreitung der Gemeinschaft für möglich hält. Der Rat lehnte die Anträge auf Zugang ab; bei Dokumenten des Juristischen Dienstes, die Stellungnahmen zu Rechtsfragen enthielten, folge die Ablehnung aus der Natur der Dokumente, da ihre Offenlegung das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit und Beständigkeit des Gemeinschaftsrechts sowie das öffentliche Interesse daran verletzen, dass der Rat Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung erhält. Sie seien „als solche vertraulich" und würden „nach „ständiger Praxis" nicht ausgehändigt". 1 5 1 Der Richter der einstweiligen Anordnung stellte fest, dass der Rat den Zugang zu den Dokumenten nicht wegen ihres Inhalts ablehnt, sondern weil es sich um Stellungnahmen des Juristischen Diensts handelt. Angesichts ihrer Natur hielt auch er den besonderen Nachweis ihrer Wirkungen für entbehrlich, „so dass der Umstand, dass der Rat nicht den Inhalt jedes einzelnen Schriftstückes geprüft hat, als solcher prima facie keinen Begründungsmangel bedeutet."
Dies werde durch die Rechtsprechung bestätigt, wonach nur für jede Gruppe von Dokumenten die besonderen Gründe anzugeben sind, aus denen die Weitergabe unter eine der Ausnahmen fällt. Die Begründung brauche nicht für jedes Dokument die Gründe angeben, da es sich als unmöglich erweisen könnte, ohne
150
Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. / Rat Slg. 1998 11-485, mit Anm. Ritleng, Europe 5/1998, 11, No 157; Novak-Stief, ELR 1998, 496; Bradley, CDE 1999, 283 (339 f.), in der Hauptsache später aus dem Register gestrichen. 151 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 27, 36.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
den Inhalt bekanntzumachen und der Ausnahme damit ihre wesentliche Zweckbestimmung zu nehmen. 152 Der Beschluss verdeutlicht exemplarisch, wie die Möglichkeit einer Begründung nach Gruppen von Dokumenten bei einer drohenden Zweckvereitelung fälschlich dahin verstanden wird, dass bereits die Prüfung der Ausnahmen nach Dokumentkategorien erfolgen kann und auf diese Weise das Zugangsrecht erheblich eingeschränkt wird. Die beiden beantragten Dokumente unterfallen aufgrund ihres Inhalts der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses. 153 Eine nähere Begründung dieser Verbindung mag den vertraulichen Inhalt preisgegeben haben und musste daher gruppenbezogen erfolgen. Die Begründung nach Art. 253 EG schließlich muss nach ständiger Rechtsprechung der Natur des betreffenden Rechtsaktes angepasst sein. 154 Unvereinbar mit dem Grundsatz weitestgehenden Zugangs und der engen Auslegung und Anwendung seiner Ausnahmen, ist jedoch das Vorgehen des Rates, die Stellungnahmen der Juristischen Dienste inhaltlich nicht mehr zu prüfen, sondern davon auszugehen, dass aufgrund ihrer „Natur" alle Stellungnahmen zwangsläufig der vorgebrachten Ausnahme unterfallen. Das läuft auf eine Bereichsausnahme im Anwendungsbereichs hinaus und verkennt, dass auch harmlose Stellungnahmen des Juristischen Dienstes vorstellbar sind, die freigegeben werden können ζ. B. solche mit einer ausschließlich positiven Einschätzung.155 Der Rat selber gibt zu, nicht für alle Dokumente des Juristischen Dienstes müsse die Vertraulichkeit gewahrt werden, jedoch für alle Stellungnahmen zu Rechtsfragen. 156 Das scheint im Ergebnis zweifelhaft. Das Geheimhaltungsinteresse kann mit der Zeit abgenommen haben oder entfallen
152
Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 39. Rs. T-44/97, 8.11.2000 Ghignone u.a. / Rat Slg. 2000 11-1023 (Beamtensache) Tz. 47 gestützt auf die Ausführungen des GA Jacobs Tz. 35 in der Rs. C-350/92, 13.7.1995 Spanien/Rat Slg. 1995 1-1985 (1997 f.). 154 St. Rspr. Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. / Rat Slg. 1998 II485 Tz. 38; verb. Rs. C-71, 155, 271/95, 4.2.1997 Belgien und Deutschland / Kommission Slg. 1997 1-687 (723) Tz. 53. 155 So auch Feik, Transparenz, S. 77. Der Rat vertritt, die Freigabe von Stellungnahmen, welche die Rechtmäßigkeit eines Gemeinschaftsrechtsaktes oder die Kompetenz zu seinem Erlass bestätigen, lasse e contrario den Schluss zu, dass im Falle der Zugangsverweigerung die Stellungnahme Bedenken enthalte. 156 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 27; siehe aber die zugänglichen Gutachten des Juristischen Dienstes aus dem Gesetzgebungsverfahren der VO (EG) Nr. 1049/2001: Dokument 7594/00 vom 5.4.2000 (Auswirkungen, Form und Geltungsbereich des Rechtsaktes), 7184/01 vom 19.3.2001 (Regelung empfindlicher Dokumente) und 8002/01 vom 12.4.2001 (Bemerkungen zu juristischen Formulierungen). 153
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
93
sein, weil das Organ den Empfehlungen nachgekommen ist oder umstrittene Punkte mittlerweile vom EuGH entschieden wurden. 157 Gegen die Ansicht des Rates spricht auch das Urteil in der Rs. Hautala, wo der Rat unter Berufung auf den Beschluss in der Rs. Carlsen ausfuhrt, dass bestimmten Kategorien von Dokumenten aufgrund ihrer Natur zwangsläufig das Risiko anhafte, dass ihre Verbreitung das öffentliche Interesse beeinträchtige. Das sei bei im Rahmen des COREU-Netzes erstellten Dokumenten der Fall. Sie seien ihrer Natur nach interne Arbeitsmittel, deren Verbreitung das ordnungsgemäße Funktionieren der GASP beeinträchtigen könne. Im Anschluss fugt der Rat hinzu, dass die Ablehnung auch auf einer inhaltlichen Prüfung beruht. 158 In seiner Würdigung greift das EuG die Natur des Dokuments nicht auf. Abgestellt wird auf die angemessene Prüfung des Rates, ob die Verbreitung des angeforderten Dokuments unter eine der Ausnahmen fällt und somit vom allgemeinen Grundsatz des Zugangs der Öffentlichkeit abzuweichen ist. Aus der Zielsetzung des Zugangsbeschlusses ergebe sich, „dass die Entscheidung über die Ablehnung eines Zweitantrages auf der Grundlage einer wirklichen Prüfung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat." 1 9
Auch der Bürgerbeauftragte unterscheidet in der Beschwerde 1542/2000/ (PB)SM zwischen Stellungnahmen des Juristischen Dienstes zu Rechtsfragen im Kontext künftiger Rechtsstreitigkeiten, die er dem Schriftverkehr zwischen Anwalt und Mandaten gleichstellt und Hinweisen bei der Erstellung von Rechtsakten, zu denen als legislative Dokumente weitergehender Zugang zu gewähren ist (Art. 207 Abs. 3 EG). Da der Rat diese Unterscheidung ablehnt, hat der Bürgerbeauftragte sich mit einem Sonderbericht an das Europäische Parlament gewandt (dazu II. 3. d)). Der Zugang zu Dokumenten des Juristischen Dienstes ist auch unter der VO (EG) Nr. 1049/2001, die insoweit in Art. 4 Abs. 2 2. Spiegelstrich eine besondere Ausnahme einführte, sehr umstritten geblieben und derzeit Gegenstand der Rs. T-84/03. 160
157
Dyrberg, ELR 1999, 157 (166); Sobotta, Transparenz, S. 410, 412. Näher zur Auffassung des Rates der Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1542/2000/(PB)SM, http://www.euro-ombudsman.eu.int/special/pdf/de/001542.pdf . 158 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 60, ebenso Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 49, 82. 159 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 67, ebenso Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 87, 89. Siehe auch GA Léger in seinem Schlußantrag zur Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission Tz. 58, 61. 160 Rs. T-84/03, 28.2.2003 Maurizio Turco / Rat, ABl. 2003 C 112/38. Siehe auch die Beschwerden 1015/2002/(PB)IJH, 1542/2000/(PB)SM und 412/2003/GG und etwa die Zweitanträge Dok. 9698/03, 9924/03, 9986/03, 10606/03, 10649/03 und 5152/04.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
ee) Begründung der Ablehnung des Zweitantrags: Rs. van der Wal I, Rs. Interporc II, Co-Frutta Der Verhaltenskodex erlaubt es dem Antragsteller, ohne Begründung die Ablehnung des Erstantrags überprüfen zu lassen, indem er einen Zweitantrag stellt. Das Verfahren stellt dabei keinen Rechtsbehelf gegen die Zurückweisung dar, sondern eröffnet die Möglichkeit einer eigenständigen zweiten Prüfung des Antrags. 161 Das Organ kann daher bei der Ablehnung des Zweitantrags andere Gründe vortragen als beim Erstantrag 162 oder seine ursprünglichen Gründe aufrechterhalten. Voneinander abweichende Begründungen sind kein Indiz für einen Ermessensmißbrauch. 163 Der Antragsteller kann die Ablehnung des Erstantrags auch nicht eigenständig anfechten, da es sich um eine Zwischenmaßnahme zur Vorbereitung der abschließenden Entscheidung handelt. 164 Trägt jedoch der Antragsteller gute Gründe gegen die Ablehnung des Erstantrags vor, ist das Organ verpflichtet diese zu entkräften 165 (siehe 5. a) aa)).
6. Die Reichweite einzelner Ausnahmen In zwei Bereichen haben EuG und EuGH die Reichweite der Ausnahmen näher ausgestaltet. Unter den Ausnahmen „öffentliches Interesse - Inspektionstätigkeiten" und „öffentliches Interesse - Rechtspflege" wurden Anträge auf Zugang zu Dokumenten abgelehnt, die Teil einer Untersuchung bzw. eines Gerichtsverfahrens sind:
a) Dokumente, die Teil einer Untersuchung sind 166 aa) Vor Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren:
Rs. WWF
In der Rechtssache WWF UK / Kommission 161 hatte Irland für die Errichtung eines Informationszentrums in einem Nationalpark Mittel aus dem Strukturfond 161
Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 64. 162 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 56. 163 Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta /Kommission Tz. 25, 73. 164 Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta / Kommission Tz. 26, 28, 31. 165 Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 46. 166 Siehe auch das Arbeitsdokument der Kommission „Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten in Bezug auf Vertragsverletzungsverfahren", SEK/2003/260/3 vom 28.2.2003.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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der Gemeinschaft beantragt. Der World Wide Fund for Nature (WWF) erhob bei der Kommission Beschwerde wegen der Verletzung von Umweltschutzvorschriften. Die Kommission untersuchte die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, fand aber keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsvorschriften. Dagegen erhob der WWF erfolglos Klage 168 und beantragte im Anschluss den Zugang zu allen Dokumenten der Kommission über die Prüfung des Projekts. Die Kommission lehnte den Zugang aufgrund des Schutzes des öffentlichen Interesses (Inspektionstätigkeiten) und der Wahrung der Vertraulichkeit des Entscheidungsprozesses ab. Daraufhin erhob der WWF Klage gemäß Art. 230 EG. Das EuG kommt zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten von der Kommission bei Untersuchungen, die zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen können, Vertraulichkeit erwarten dürfen. Die Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten, die sich auf solche Untersuchungen beziehen, ist daher aus Gründen des öffentlichen Interesses (Inspektionstätigkeiten) gerechtfertigt, selbst wenn die Untersuchungen seit einiger Zeit abgeschlossen sind. 169 Die Kommission genügte jedoch nicht den Begründungsanforderungen, da Hinweise auf eine Abwägung widerstreitender Interessen ebenso fehlten wie Angaben, weshalb die beantragten Dokumente mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens zusammenhingen.170
bb) Nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vor Abgabe einer begründeten Stellungnahme: Rs. Bavarian Lager In der Rs. WWF war mangels Verstoßes gegen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts von der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens abgesehen worden. Dagegen war in der Rs. Bavarian Lager m nach Abschluss der Sachverhaltsuntersuchung ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden. Nach Ankündigung aber vor der Abgabe der mit Gründen versehenen Stellungnahme (Art. 226 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EG) wurde das Verfahren ausgesetzt 167 Rs. Τ-105/95 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313. Dazu Chili, CMLR 1998, 189 ff.; de Leeuw, EPL 1997, 339 ff.; van Calster, CJEL 1997, 283 ff.; Schikhof, MJ 1997, 386 ff.; EUB 1997, 172 ff.; Beiaich, RDMC 1998, 710; O'Neill, PL 1997, 446; Furrer, ZUR 1997, 153; Rilleng, Europe 5/1997, 14, No 147; Izzo, DCSI 1997, 397; Gautier, JDI 1998, 469; Jambrenghi, RIDPC 1997, 705; Bradley, CDE 1999, 283 (334 ff.). 168 Rs. T-461/93 An Taisce und WWF UK / Kommission Slg. 1994 11-733 und Rs. C325/94 Slg. 1996 1-3727. 169 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 62, 63. 170 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 70, 74. 171 Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217 m. Anm. Kadelbach CMLR 2001, 179, Rigaux / Simon, Europe 12/1999, 11, No 411; Pallaro, RIDPC 2000, 1313 (1316, 1321).
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
und später eingestellt. 172 Der Kläger betonte, dass die Rs. WWF nicht herangezogen werde könne, weil dort gerade nicht der Fall entschieden worden sei, dass das Vertragsverletzungsverfahren bereits eingestellt ist. Die Kommission sah hierin keinen relevanten Unterschied. 173 Das EuG stellt zunächst klar, dass nach dem Urteil in der Rs. WWF nicht sämtliche Dokumente, die mit Vertragsverletzungsverfahren zusammenhängen, von der Ausnahme erfasst werden, sondern nur Dokumente aus der Untersuchungsphase, die zu einem solchen Verfahren fuhren können. Anschließend betont das EuG entgegen beider Parteivorträge, dass die mit Gründen versehene Stellungnahme angekündigt, aber nie übermittelt worden sei, so dass es sich lediglich um einen Entwurfstext handelte. 174 Das Vertragsverletzungsverfahren befand sich damit bei Einreichung des Antrags auf Zugang noch im Stadium der Inspektion und Untersuchung. Nach dem Urteil in der Rs. WWF durfte daher die Einsicht verweigert werden, um den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens sicherzustellen und sein Ziel nicht zu gefährden. Das EuG präzisiert damit die in der Rs. WWF eröffnete Möglichkeit, sich auf den Schutz des öffentlichen Interesses zu berufen. Stellt man darauf ab, dass die Ausnahme eine vertrauliche Kompromissfindung zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten sichern soll, beschränkt sie sich auf die Zeitspanne, in der eine solche Verständigung noch möglich ist. Im Vertragsverletzungsverfahren schienen die Bemühungen des EuG, nachzuweisen, dass noch „nicht das Stadium [erreicht wurde], in dem die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgibt" (Tz. 42), auf eine zeitliche Grenze der Ausnahme hinzudeuten. Die Kommission ist zur gütlichen Streitbeilegung nur im Vorverfahren der Klage verpflichtet, das mit ihrer begründeten Stellungnahme endet, in der sie die Pflichtverletzung feststellt und den Mitgliedstaat zur Beseitigung der Gemeinschaftsrechtsverletzung auffordert. Ob der Mitgliedstaat dem nachkommt oder nicht, spielt für die Klageerhebung eine Rolle, 175 eine vertrauliche Kompromissfindung ist in diesem Stadium nicht mehr vorgesehen, da ansonsten das Vorverfahren keine Bedeutung besäße (siehe aber dd)). 172
Siehe auch den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 713/98/1JH vom 6. März 2001 (http://www.euro-ombudsman.eu.int/special/pdf/de/980713.pdf ) und teilweise im Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2000 S. 232). 173 Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217 Tz. 29 und dagegen 32, 34 und 40. 174 Rs. T-309/97 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217 Tz. 41 44; Kadelbach, CMLRev 2001, 179 (184). 175 Die Klageerhebung der Kommission steht in ihrem Ermessen (Rs. C-87/89, 17.5.1990 Sonito u.a./Kommission Slg. 1990 1-1981 ff. (2009)), eng begrenzt durch ihre Pflicht zur Rechtmäßigkeitsaufsicht (Art. 211 EG). Auch wenn der Mitgliedstaat nach Ablauf der Frist oder kurz nach Klageerhebung sein Verhalten ändert, bejaht der EuGH ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse (Rs. 7/61, 19.12.1961 Kommission / Italien Slg. 1961, 693 (715 f.); Rs. 296/92, 12.1.1994 Kommission / Italien Slg. 1994 1-1 (12)).
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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Eine andere Variante lag der Rs. WWF zugrunde, wo lediglich die Untersuchung des Sachverhaltes beendet war, ein Verfahren aber nie eröffnet wurde, so dass die Möglichkeit eines späteren Verfahrens zu demselben Komplex bestehen blieb, etwa infolge neuer tatsächlicher Verdachtsmomente. Auch hier sah das EuG eine schützenswerte Vertrauensbeziehung, die eine Verweigerung des Zugangs rechtfertigt. Andererseits hat der Bürgerbeauftragte in der verbundenen Beschwerde 271 und 277/2000 entschieden, dass die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Inspektion) nur solche Dokumente erfasst, die als Teil einer Untersuchung im Hinblick auf ein konkretes Verletzungsverfahren erstellt wurden. Die Kommission hatte den Zugang zu zwei Berichten über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts durch zwei Mitgliedstaaten abgelehnt, die unabhängig von einer Untersuchung oder einem Vertragsverletzungsverfahren angefertigt wurden. Zwar könnten sie später in einem solchen Verfahren verwendet werden, eine derartige Interpretation der Ausnahme ermögliche aber potentiell die Geheimhaltung aller Dokumente (näher unter II. 3. d)).
cc) Bei Untersuchungen, die nicht zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens führen, aber andere Sanktionen nach sich ziehen: Rs. Denkavit Die Rechtssachen WWF, Bavarian Lager und Petrie betrafen die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens. In der Rechtssache Denkavit 176 ging es um die Nichtgewährung finanzieller Hilfen der Gemeinschaft bei einem Verstoß im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL 1 7 7 . Das führte nach Ansicht der Kläger zu einer von der Rs. WWF abweichenden Beurteilung. Zudem sei die Untersuchung selber, wenn auch nicht das Verfahren insgesamt, beendet. Die Kommission betonte den engen Zusammenhang zwischen dem Vertragsverletzungsverfahren und der Ausgabenkontrolle, da die Kontrolle durch Einleitung eines Verfahrens nach Art. 226 EG als auch im Rahmen eines Rechnungsabschlusses des EAGFL ausgeübt werden könne. Nach Ansicht des EuG ändert der Abschluss der konkreten Inspektion vor Ort nichts daran, dass die Inspektionstätigkeiten insgesamt, bei denen die Einhaltung der Vorschriften und den Bedingungen für die Gewähr einer Finanzhilfe untersucht werden, bei Antragstellung auf Einsichtnahme noch im Gange waren. 178 Die Kommission war da-
176 Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit Nederland BV/ Kommission Slg. 2000 11-3011, mit Anm. Gautier, JDI 2001, 591. 177 Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. 178 Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit Nederland BV/ Kommission Slg. 2000 11-3011 Tz. 48. Unklar Sobotta, Transparenz, S. 414, der dadurch jeglichen Zugang zu Dokumenten mit bezug auf Inspektionen ausgeschlossen sieht.
7 Meltzian
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
her berechtigt, den Zugang zu verweigern, um das für den störungsfreien Ablauf nötige Klima gegenseitigen Vertrauens aufrechtzuerhalten. Der Inspektionsbegriff ist auch auf andere Untersuchungsverfahren anwendbar, bei denen der störungsfreie Ablauf ein Klima gegenseitigen Vertrauens erfordert. 179 Zugleich wird im Einklang mit dem Urteil Bavarian Lager bestätigt, dass die Ausnahme sich über die Ermittlung der Umstände hinaus, formal auf das gesamte Verfahren bis zur endgültigen Entscheidung über die Folgen, bezieht.
dd) Nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, nach Abgabe einer begründeten Stellungnahme und nach Klageerhebung vor dem EuGH: Rs. Petrie In der Rs. Petrie m hatte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, eine begründete Stellungnahme abgegeben und anschließend Klage gemäß Art. 226 EG beim Gerichtshof erhoben. Die Antragsteller bezweifelten, dass der der Kommission vom Mitgliedstaat geschilderte Sachverhalt der Realität entspricht und ersuchten Zugang zu den Dokumenten des Vertragsverletzungsverfahrens. Die Kommission verweigerte den Zugang zum Schutz des öffentlichen Interesses aufgrund des Vertragsverletzungs- (Untersuchungen) und Gerichtsverfahrens (Rechtspflege). 181 Die Kläger waren der Ansicht, das Erfordernis der Vertraulichkeit im Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG entfalle jedenfalls nach seiner Einleitung und Bekanntmachung durch die Kommission. 182 Das EuG wies auf sein Urteil in der Rs. WWF, wonach Mitgliedstaaten während der Untersuchungen, die zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen könnten, Vertraulichkeit erwarten dürfen. „Dieses Erfordernis der Vertraulichkeit besteht auch nach Anrufung des Gerichtshofes fort, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Verhandlungen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat, mit denen erreicht werden soll, dass dieser freiwillig den Erfordernissen des Vertrages nachkommt, während des Ge-
179
Derzeit Gegenstand der Rs. T-237/02, 8.8.2002, Technische Glaswerke Ilmenau GmbH / Kommission, ABl. 2002 C 233/35, 28.9.2002. Dort bestreitet die Klägerin die Übertragbarkeit auf Fälle staatlicher Beihilfen. 180 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677, m. Anm. Europe 2/2002, 16, No. 45. 181 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 14, 15, 17. 182 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 55, 57.
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richtsverfahrens und bis zur Verkündung des Urteils des Gerichtshofes fortgesetzt werden." 183
Die Verweigerung durfte daher auf die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses an den Inspektionstätigkeiten und den Gerichtsverfahren gestützt werden. Das Urteil in der Rs. Petrie ist die bislang letzte Entscheidung zur zeitlichen Grenze der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Inspektionen) und geht zugleich am weitesten. Hatte das EuG in der Rs. Bavarian Lager noch offen gelassen, ob die Ausnahme mit Abgabe einer begründeten Stellungnahme der Kommission endet, erstreckt es nun die Ausnahme bis zur Verkündung des Urteils durch den EuGH. Damit verzögert sich der Zugang für Antragsteller erheblich. Angedeutet hatte sich das Ergebnis in der Rs. Denkavit, die ein dem Vertragsverletzungsverfahren ähnliches Sanktionsverfahren betraf. Dort führte das EuG aus, dass die Ausnahme über den Abschluss der Untersuchung hinaus anwendbar sei, solange das Verfahren noch andauere und keine endgültige Entscheidung über die Sanktion getroffen sei. Das Vertragsverletzungsverfahren dauert bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens durch ein Urteil des EuGH, in dem das gemeinschaftswidrige Verhalten des Mitgliedstaates festgestellt wird. Die Klageerhebung nach Scheitern des Vorverfahrens bedeutet nicht das Verfahrensende, weil die Sanktion nicht in der Einreichung der Klage, sondern der Verurteilung besteht. Die Ausdehnung des von der Ausnahme geschützten Vertrauensverhältnisses bezweckt die freiwillige Erfüllung der Vertragspflichten durch den Mitgliedstaat. Seine Anhörung und die begründete Stellungnahme der Kommission im Vorverfahren sollen ihm Gelegenheit geben, vor Klageerhebung den Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts nachzukommen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Letzteres ist kein Ziel für sich, wie die Rs. Bavarian Lager noch vermuten ließ, sondern lediglich wünschenswert, weil ein vertraulich geschlossener Kompromiss zwischen Kommission und Mitgliedstaat nach Klageerhebung schwieriger wird. Das EuG hält eine gütliche Streitbeilegung jedoch nicht für ausgeschlossen und dehnt die Ausnahme daher bis zum Ende des Gerichtsverfahrens aus. Dadurch kommt es zu einer Überlagerung und Einschränkung der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege). Sie schützt verfahrensbezogene Dokumente, die für das Verfahren erstellt wurden, nicht jedoch solche, die bereits unabhängig vom Verfahren existierten. Von dieser Unterscheidung werden die Dokumente eines Vertragsverletzungsverfahrens ausgenommen, denn durch die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Inspektionen) werden in Gerichtsverfahren nach Art. 226 EG alle Dokumente, verfahrensbezogene und verfahrensunabhängige, geschützt.
183
Ί*
Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission
Slg. 2001 11-3677 Tz. 68.
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Woraus das EuG ein derartiges Interesse an einer gütlichen Streitbeilegung ableitet, dass es das ausdrücklich verankerte Prinzip der Transparenz und des Zugangs zu Dokumenten (Art. 1 Abs. 2 EU, 255 EG) überwiegt, bleibt unklar. Der Vertrag erwähnt es nicht, das Vertragsverletzungsverfahren nennt eine gütliche Einigung nicht einmal als Ziel, geschweige denn als überwiegendes Interesse. Gewährleistet werden muss die Einhaltung des Rechts. 184
b) Dokumente, die Teil eines Gerichtsverfahrens sind aa) Zugang zu Verfahrensdokumenten in Gerichtsverfahren des Erstellers: Rs. van der Wall 185 und II™ 6
ohne Beteiligung
Nationale Gerichte können sich nach der Bekanntmachung 93IC 39/05 187 im Bereich des Wettbewerbsrechts in den Grenzen des innerstaatlichen Verfahrensrechts an die Kommission wenden, um Auskünfte zur Anwendung der Art. 81 und 82 EG zu erhalten. Der Rechtsanwalt Gerard van der Wal erbat Kopien dreier Antwortschreiben der Kommission an nationale Gerichte. Die Kommission wies das Ersuchen mit Hinweis auf den Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) zurück. Die Antworten bilden Teil der Gerichtsakten des laufenden nationalen Verfahrens, so dass das nationale Gericht über den Zugang entscheide. Van der Wal erhob gegen die Ablehnung, unterstützt vom Königreich Niederlande, Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EG. Das EuG zieht (ohne Vortrag der Parteien) Art. 6 EMRK heran, der jedermann gewährleiste, dass seine Sache in billiger Weise, d.h. von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört wird. Das beinhalte, dass es dem nationalen Gericht freistehen muss, seine eigenen Verfahrensvorschriften, u.a. über
184
Williams, ELNI 2/2001, 3 (12). Soweit dadurch die Praxis einiger Mitgliedstaaten, begründete Stellungnahmen aus Vertragsverletzungsverfahren freizugeben, verhindert wird, hält Williams einen Verstoß gegen Art. 176 EG für möglich, da die Freigabe eine verstärkte Schutznahme zugunsten der Umwelt darstellt (öffentlicher Druck). 185 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal /Kommission Slg. 1998 11-545. Dazu Schermers / Swaak, Public Access, S. 553 ff. (prägend in allen Punkten des späteren Urteils des EuGH); Österdahl, CMLRev 1999, 1059 ff.; Novak-Stief, ELR 1998, 200; Ritleng, Europe 5/1998, 11, No 158; Gautier, JDI 1999, 514; Troianello, DCSI 1998, 377. 186 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1, dazu Kadelbach, CMLRev 2001, 174 ff; Davis, ELR 2000, 303 ff; Simon, Europe 3/2000, 13, No. 71; Gautier, JDI 2001, 591; de Smijter, RdMUE 3/1999, 191. 187 Bekanntmachung 93/C 39/05 über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Artikel 85 und 86 des EG-Vertrages (ABl. 1993 C 39/6).
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die Vertraulichkeit der Akten anzuwenden. Die im Beschluss 94/90 vorgesehene Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) sichere die Wahrung dieses grundlegenden Rechts. Da die Tragweite der Ausnahme damit über die Interessen der Parteien des Verfahrens hinaus, die Verfahrensautonomie der nationalen Gerichte umfasse, könne sich die Kommission auch dann auf sie berufen, wenn sie am Gerichtsverfahren nicht beteiligt ist. 188 Insoweit sind Dokumente, die nur fur ein bestimmtes Gerichtsverfahren erstellt werden, von Dokumenten zu unterscheiden, die unabhängig von einem solchen Verfahren existieren. Nur erstere sind von der Ausnahme erfasst. Die Entscheidung über ihre Freigabe sei während des gerichtlichen Verfahrens allein Sache des nationalen Gerichts. Solange das Verfahren anhängig ist, verlangt daher der Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) von der Kommission, den Zugang zu verweigern. 189 Da die Antworten der Kommission für das nationale Gerichtsverfahren erstellt worden waren, durfte die Kommission sich daher auf die Ausnahme berufen. Bedeutsam ist die Unterscheidung des EuG zwischen Dokumenten, die für das Verfahren erstellt wurden, und solchen, die unabhängig davon existieren. Bei verfahrensbezogenen Dokumenten sieht das Gericht durch eine Freigabeentscheidung der Kommission die nationale Verfahrensautonomie beeinträchtigt. Die Ausnahme verlange daher eine Verweigerung. Eine Auslegung der Ausnahme, die zu einer zwingenden Weigerung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Dokumentkategorie führt, ist jedoch nicht erforderlich und daher unverhältnismäßig. 190 Sie führt dazu, dass der Zugang zu Kommissionsdokumenten in ihrem Besitz, die dem Beschluss 94/90 unterfallen, sich nicht mehr nach Gemeinschaftsrecht und gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutz richtet, sondern von der Offenheit der mitgliedstaatlichen Regelungen abhängt. Für welches mitgliedstaatliche Gericht die Kommission die Antwort vorbereitet hat, stellt sich für den Antragsteller als rein zufällig dar, beeinflusst aber maßgeblich, ob er, je nach nationaler Vorschrift, Zugang erhält und wo er Rechtsschutz suchen muss. Selbst wenn die Gefahr einer Beeinträchtigung der nationalen Verfahrensautonomie besteht, verlangt sie nicht eine Entscheidung des nationalen Gerichts. Eine enge Auslegung der Ausnahme nach dem Grundsatz weitest möglichen Zugangs führt vielmehr dazu, dass die Kommission das nationale Gericht fragt, ob es Einwände hat, dass sie während des Verfahrens Dritten die Antwort bekanntgibt. Auf diese Weise wird der Grundsatz des Beschlusses 188
Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 45-49. 189 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 50,51. 190 Schermers / Swaak, Public Access, S. 570: es sei nicht nachvollziehbar, wieso der Schutz des öffentlichen Interesses von der Kommission aus „verlange", kategorisch den Zugang zu verweigern.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
94/90 gewahrt und das öffentliche Interesse (Rechtspflege) einheitlich auf Gemeinschaftsebene geschützt.191 Gegen das Urteil des EuG legten die niederländische Regierung und van der Wal Rechtsmittel zum EuGH ein. Die weite Auslegung der Ausnahmen des Beschlusses 94/90 durch das EuG nehme eine ganze Kategorie von Dokumenten von der Anwendung des Beschlusses aus und beeinträchtige die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts, da sich der Zugang nach der Verfahrensordnung des jeweiligen nationalen Gerichts richte. 192 Bezogen auf den Grundsatz der Verfahrensautonomie, den das EuG aus Art. 6 EMRK hergeleitet habe, sei nicht dargelegt worden, wodurch die Unabhängigkeit der nationalen Gerichte gefährdet werde. 193 Der EuGH lehnt zunächst die Auslegung des Art. 6 EMRK ab. Weder aus Art. 6 EMRK noch einer gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten ergebe sich der allgemeine Grundsatz, wonach allein das Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, befugt ist, Zugang zu Verfahrensunterlagen zu gewähren. 194 Die Unabhängigkeit des Gerichts werde durch den Beschluss 94/90 und den gerichtlichen Rechtsschutz auf Gemeinschaftsebene gegenüber Entscheidungen auf Zugangsgewähr hinreichend berücksichtigt. 195 Wann die Kommission sich auf den Schutz des öffentlichen Interesses berufen kann, richte sich nach den verschiedenen Arten von Dokumenten, die im Rahmen der Bekanntmachung 93/C 39/05 übermittelt werden. Bei Dokumenten, die sich bereits im Besitz der Kommission befanden (1) oder die zwar für das Verfahren erstellt wurden, aber nur auf Dokumente verweisen, die sich bereits im Besitz der Kommission befanden (2), und bei Dokumenten, in denen die Kommission eine allgemeine, vom Sachverhalt des Verfahrens unabhängige Stellungnahme abgibt (3), muss die Kommission prüfen, ob sie unter die Ausnahmetatbestände
191 So Schermers / Swaak, Public Access, S. 569 ff., die auch auf das Urteil des EGMR Gaskin Series A 160 vom 7.7.1989 weisen, wo das Gericht statt der Verweigerung des Zugangs zu persönlichen Daten verlangt, die Zustimmung der Betroffenen einzuholen. Aufgegriffen von GA Cosmas in Fn. 71 seines Schlussantrags. 192 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 8, bezogen auf Tz. 51 des Urteils in der Rs. T83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal /Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545. 193 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 9; näher Schlussantrag des GA Tz. 24, 35, 83 und 84; so schon Schermers / Swaak, Public Access 568 f.: Die Transparenz durch die Zugangsgewähr sichere erst die Unabhängigkeit des Gerichts vor unzulässigem Druck durch die Kommission. 194 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 17, 18. GA Cosmas hatte dies anders gesehen: Tz. 32, 33, 36, 37. 195 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 19.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
103
des Beschlusses 94/90 fallen. 196 Diese drei Dokumentgruppen sind jeweils auf ihre Art verfahrensunabhängiger Natur. Juristische Untersuchungen oder Wirtschaftsanalysen, die auf Grund der Angaben des einzelstaatlichen Gerichts von der Kommission für dieses Verfahren erstellt werden, unterliegen dagegen hinsichtlich ihrer Bekanntgabe wie jedes andere Sachverständigengutachten den nationalen Verfahrensregeln. 197 In diesem Fall kann das nationale Recht der Bekanntgabe entgegenstehen, und die Wahrung dieses Rechts kann ein schutzwürdiges öffentliches Interesse iSd Ausnahme des Beschlusses 94/90 sein. 198 Das genügt jedoch nicht, um die Kommission von jeder Pflicht zur Bekanntgabe freizustellen, da der Beschluss 94/90 einen möglichst umfassenden Zugang der Öffentlichkeit vorsieht und Ausnahmen somit eng ausgelegt und angewandt werden müssen. Die Einhaltung nationaler Verfahrensvorschriften ist ausreichend gewährleistet, wenn die Kommission sicherstellt, dass die Bekanntgabe nicht gegen das nationale Recht verstößt. Im Zweifelsfall konsultiert sie das einzelstaatliche Gericht und verweigert den Zugang nur, wenn es sich gegen die Bekanntgabe ausspricht. 199 Folglich hätte die Kommission den Antrag nach Konsultation mit dem nationalen Gericht bescheiden müssen. Der EuGH hebt daher das Urteil des EuG und die Entscheidung der Kommission als rechtsirrig auf. Das Urteil verlangt vom Gemeinschaftsorgan eine eigene Entscheidung, mit der Folge, dass sich das Verfahren nach Gemeinschaftsrecht richtet und das EuG und der EuGH Rechtsschutz gewährleisten. Inhaltlich wird die Entscheidung des Organs durch das nationale Gericht determiniert, denn der EuGH räumt der Kommission bei negativer Antwort des mitgliedstaatlichen Gerichts keinen eigenen Beurteilungsspielraum über die Freigabe mehr ein. 200 Allerdings sieht Tz. 28 vor, dass die Kommission überhaupt nur „im Zweifelsfair das nationale Gericht konsultiert. Eine Missbrauchsgefahr seitens der Kommission ist dabei nicht anzunehmen, da sie ohnehin alle Fälle verweigern und das nationale Gericht entscheiden lassen wollte.
196 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 20 - 24. 197 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 25. 198 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 26. Hervorhebung durch den Verfasser. 199 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 27, 28. Zusammengefasst Tz. 32. Die Lösung folgt GA Cosmas, der sie ausfuhrlich begründet hat, Tz. 59, 77, 92, 99, und seinerseits der Kritik von Sc hermers / Swaak, Public Access 568 ff. folgt. 200 Kadelbach, CMLRev 2001, 179 (190).
104
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
bb) Zugang zu verfahrensunabhängigen Dokumenten in Gerichtsverfahren mit Beteiligung des Erstellers: Rs. Interporc II In der Rs. Interporc 7/ 2 0 1 erhob die Interporc Im- und Export GmbH Nichtigkeitsklage gegen den ablehnenden Zweitbescheid auf Zugang zu Kommissionsdokumenten. Sie begehrte den Zugang, um die Dokumente in einem anderen laufenden Nichtigkeitsklageverfahren gegen die Kommission zu verwenden. Die Dokumente waren dabei von der Kommission nicht für das Verfahren erstellt worden, sondern existierten bereits vorher unabhängig davon. Die Klägerin verwies auf das Urteil van der Wal /, wonach die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) nur auf Dokumente angewandt werden kann, die für ein Gerichtsverfahren erstellt wurden und nicht auf solche, die unabhängig von einem Verfahren existieren. 202 Die Kommission vertrat, die Unterscheidung gelte nur für Verfahren, bei denen sie nicht Partei sei. In eigenen Verfahren sei sie berechtigt, den Zugang auch zu Dokumenten zu verweigern, die unabhängig vom Verfahren bestehen, aber eine Verbindung zu ihm aufweisen. Andernfalls würden ihre Verteidigungsrechte gefährdet. Die Ausnahme greife daher auch nur, solange das Verfahren anhängig sei. 203 Das EuG verwarf die Argumentation der Kommission, weil sie dem wesentlichen Ziel des Beschlusses 94/90 zuwiderlaufe. 204 Eine enge Auslegung und Anwendung der Ausnahme „Rechtspflege" verbiete die Offenlegung von Dokumenten, die ausschließlich für ein Verfahren erstellt wurden. Das beinhalte neben den Plädoyers und anderen eingereichten Dokumenten auch den Schriftverkehr mit dem Rechtsdienst oder externen Anwälten. 205 Ziel der Ausnahme sei der Schutz der Arbeit innerhalb der Kommission und der Vertraulichkeit des Rechtsgesprächs. Nicht erfasst würden Dokumente, die im Rahmen einer reinen Verwaltungsangelegenheiten erstellt wurden, selbst dann, wenn ihre Offenlegung im Prozess nachteilig für die Kommission wirke. 206
201 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521, mit Anm. Simon, Europe 2/2000, 11, No 35; Kadelbach, CMLRev 2001, 179; Pallaro, RIDPC 2000, 1313 (1322 ff.); Bradley, YEL99/00, 547 (577). 202 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 50. 203 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 33 -36. 204 Deutlich Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 43 und Tz. 38 - 40. 205 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 40,41. 206 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 42.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
105
Damit bekräftigt das EuG seine Haltung aus dem Urteil van der Wal I auch für den Fall einer Verfahrensbeteiligung des Dokumenterstellers. Zwei Monate später bestätigte der EuGH im Rechtsmittelverfahren van der Wal II die Differenzierung des EuG in verfahrensbezogene und unabhängige Dokumente 207 , hob das Urteil aber aus anderen Gründen auf
cc) Zugang zu Verfahrensdokumenten in Gerichtsverfahren mit Beteiligung des Erstellers, Verhältnis zu nationalem Recht: Rs. Svenska Journalistförbundet In der Rs. Svenska Journalistförbundet verbreitete die Vereinigung schwedischer Journalisten die Klagebeantwortung des Rates in bearbeiteter Fassung im Internet und gab Namen und Dienstanschrift der verantwortlichen Bediensteten an, mit der Aufforderung an die Öffentlichkeit, diesen ihre Meinung zu senden. Das EuG sah hierin eine Verletzung des allgemeinen Grundsatzes der geordneten Rechtspflege, nach dem die Parteien das Recht haben, ihre Interessen unabhängig von jeder äußeren Beeinflussung, insbesondere durch die Öffentlichkeit, zu vertreten. 209 Nach den Verfahrensregeln bedarf es der Genehmigung des Präsidenten nach Anhörung der Parteien, die Akten der Rechtssache oder die Verfahrensvorgänge einzusehen.210 Als Verfahrensmissbrauch wurde die Veröffentlichung nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung bei der Kostenverteilung dahingehend berücksichtigt, dass der unterliegende Rat nur 2/3 der Kosten trug. Die Freigabe verfahrensbezogener Dokumente einer Prozesspartei erfolgt hier außerhalb eines Zugangsverfahrens durch die Gegenseite. Die Problematik ist jedoch ähnlich. Entscheidungen über Fragen des Verfahrensablaufs, u.a. den vertraulichen Charakter von Verfahrensdokumenten, fallen in die Verfahrensautonomie des Gerichts und sind Bestandteil der richterlichen Unabhängigkeit, die die Interessen der beteiligten Parteien wahrt. Trifft ein Dritter die Entscheidung, droht der Verdacht einer Einflussnahme bei der Regelung des Rechtsstreits. 211
207
Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 24, 25. 208 Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289. 209 Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 135 - 139. Ablehnend Sobotta, Transparenz, S. 404, 406, der meint, eine öffentliche Diskussion des Prozessstoffes sei grundsätzlich hinzunehmen, wenn keine anderweitigen Interessen eingreifen. 210 Art. 5 Abs. 3 Uabs. 3 der Dienstanweisung für den Kanzler vom 3. März 1994 (ABl. 1994 L 78/32), Art. 116 § 2 der Verfahrensordnung. 211 So G A Cosmas im Schlussantrag zur Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 36 Fn. 27. Kritisch Schilling, ZeuS 1999, 75 (107), Feik, Transparenz, S. 96.
106
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Folglich verlangt die Verfahrensordnung eine Entscheidung des Gerichts, vergleichbar der Konsultationspflicht des nationalen Gerichts nach der Rechtssache van der Wal. Die im Internet veröffentlichten Dokumente waren vom schwedischen Justizministerium weitergegeben worden. Der Rat sah hierin einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, den die schwedische Regierung ablehnte.212 Das EuG hat die aufgeworfene Frage über das Verhältnis zwischen abweichendem nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Zugangsrecht nicht angesprochen.
c) Eingeschränkte Kontrolldichte bei politischen Ermessensentscheidungen: Rs. Hautala, Rs. Mattila, Rs. Kuijer II Im Urteil Hautala 2] 3 räumt das EuG dem Rat bei der Anwendung der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (internationale Beziehungen) als Bestandteil der politischen Verantwortung Ermessen ein und beschränkt seine Kontrolle auf die Prüfung, ob die Bestimmungen über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden sind, der Sachverhalt zutrifft, bei der Tatsachenwürdigung keine offensichtlichen Fehler vorgekommen sind und kein Ermessensmissbrauch vorliegt. 214 Ging es in der Rs. Hautala um Dokumente der 2. und 3. Säule (GASP, PJZS), hat das EuG dies in der Rechtssache Mattila auch für die erste Säule bestätigt und ausgeführt, der Rat dürfe für die Frage der Vertraulichkeit des Dokuments die Art und Detailliertheit der darin enthaltenen Informationen berücksichtigen. 215 Nach der Rs. Kuijer II ist der Kontrollmaßstab beschränkt, wenn zu entscheiden ist, ob der Zugang zu dem Dokument das öffentliche Interesse beeinträchtigt. 216 Wie in den Rs. Hautala und Mattila ging es um die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (internationale Beziehungen), so dass ungeklärt bleibt, ob der Kontrollmaßstab auch bei den anderen Unterpunkten (öffentliche Sicherheit, Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten) abgesenkt werden kann. In der Praxis ist das nicht geschehen (siehe vorstehend 6. a) und b)), wenngleich dort ebenfalls das Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten betroffen war. Eine abgesenkte Kontrolldichte auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite ist keine Seltenheit und wird der Exekutive vom Gerichtshof neben politischen Ermessensentscheidun212
Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
56,61. 213 2,4
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492. Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 71,
72. 215
Rs. T-204/99, 12.7.2001 Olli Mattila/Rat
und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz.
59, 64. 2,6
Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 53.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
107
gen auch bei komplexen wirtschaftlichen oder technischen Sachverhalten in mehreren Bereichen (Agrarpolitik, Zollrecht, Wettbewerbsrecht, Beihilfenkontrolle, Außenwirtschaftsrecht) zugebilligt. 217
7. Die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs Die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs erlangt ihre besondere Bedeutung durch die Weite der Ausnahmen. Da die Ausnahmen potentiell jedes Dokument erfassen, ist es für den Antragsteller wichtig, dass der Zugang nur zu dem von der Ausnahme betroffenen Teil verweigert werden darf, der unter Umständen nur wenige Zeilen eines vielseitigen Dokuments ausmacht. Die Möglichkeit teilweisen Zugang zu gewähren, wird vom Verhaltenskodex und den Beschlüssen 93/731 und 94/90 nicht angesprochen. Zentral ist das Urteil des EuG in der Rs. Hautala, das in den Rs. Kuijer und Mattila bestätigt wurde. Die Bedeutung in der Sache wird dadurch unterstrichen, dass der Rat gegen das Urteil in der Rs. Hautala erstmals Rechtsmittel zum EuGH eingelegt hat. In diesem Zusammenhang gewinnt der Beschluss in der Rs. Karl L. Meyer an Bedeutung.
a) Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs: Rs. Hautala Fr. Hautala begehrte als Mitglied des Europäischen Parlaments Zugang zu einem Bericht der Gruppe „Ausfuhr konventioneller Waffen". Der Rat verweigerte den Zugang aus Gründen der öffentlichen Sicherheit (internationale Beziehungen), da der Bericht sensible Informationen über Drittstaaten enthielt. Hiergegen erhob Fr. Hautala, von Schweden und Finnland unterstützt, Nichtigkeitsklage. 218 Fr. Hautala machte geltend, der Rat verstoße gegen Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 93/731, weil er den Zugang auch zu den Teilen des Dokuments verweigert habe, die nicht von der Ausnahme gedeckt seien. 219 Eine derartige Auslegung der Ausnahmeregelungen gehe über dasjenige hinaus, was zum Schutz des öffentlichen Interesses notwendig sei. 220 Der Rat betonte, der Beschluss
2.7
Dörr, in: Sodan /Ziekow, Tz. 162 f. mwN. Rs. Τ-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492, mit Anm. Rigaux, Europe 10/1999, 14, No 334; Durand / van Raepenbusch / Lewis, CDE 2000, 473; Bradley, YEL99/00, 547 (575). Rechtsmittel Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat /Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565. 2.9 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 47, 49. 220 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 52. Die Klägerin wies dafür auf Art. 3 Abs. 2 letzter Unterabsatz der RL 90/313 über den 2.8
108
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
93/731 sehe vor, dass die Öffentlichkeit Zugang zu „Dokumenten" des Rates erhalte. Der Rat müsse daher Anträge auf Zugang anhand des Originalzustandes der Dokumente prüfen, ohne dass er sie zum Zweck der Verbreitung anpassen müsse.221 Andernfalls wandele sich das Zugangsrecht zu Dokumenten zu einem Recht auf Zugang zu Informationen. 222 Das EuG stellt fest, dass der Beschluss 93/731 den Rat nicht zur Prüfung verpflichtet, ob teilweiser Zugang gewährt werden kann, eine solche Möglichkeit aber auch nicht ausschliesse. Die Auslegung habe daher zu berücksichtigen, dass der Beschluss der Umsetzung des Grundsatzes weitestmöglichen Zugangs zu Informationen dient, Ausnahmen infolgedessen eng ausgelegt und angewandt werden müssen, um den Grundsatz nicht zu vereiteln. 223 Zudem verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass Ausnahmen nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessene und erforderliche Maß hinausgehen. Der Schutz des öffentlichen Interesses (internationale Beziehungen) könnte hier aber erreicht werden, wenn der Rat nur diejenigen Teile des Berichts unkenntlich macht, die die internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnten. 224 Dabei erlaube es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem Rat, in besonderen Fällen, in denen der Umfang des Dokuments oder der unkenntlich zu machenden Teile für ihn zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand fuhrt, die Bedeutung des Zugangs der Öffentlichkeit zu den gekürzten Teilen gegen seine Arbeitsbelastung abzuwägen. Der Rat schütze auf diese Weise das Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung. 225 Der Rat müsse also prüfen, ob teilweiser Zugang zu den nicht von den Ausnahmen gedeckten Informationen zu gewähren ist. 226 Da er dies unterlassen habe, sei die Entscheidung für nichtig zu erklären. Das EuG verknüpft die Frage der Gewähr teilweisen Zugangs mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Prinzip, Ausnahmen von einem Grundsatz eng auszulegen und anzuwenden. Eine enge Anwendung der Aus-
freien Zugang zu Informationen über die Umwelt und die Aussagen des EuGH in der Rs. C-321/96, 17.6.1998 Wilhelm Mecklenburg / Kreis Pinneberg Slg. 1998 1-3809 Tz. 25 zur Auslegung der RL, mit Anm. Gazin, Europe 8/9/1998, 12, No 272; Notaro, RdMUE 3/1998, 245. 221 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 58. 222 Siehe Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 51 und Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat /Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 11. 223 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 78 -84. 224 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 85; in diese Richtung bereits Söderman, RdMUE 1998, 19 (61). 225 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 86, bestätigt vom EuGH in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 30. 226 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 87.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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nahmen bedeutet, dass nur der betroffene Dokumentteil unzugänglich bleibt. Die Gewähr teilweisen Zugangs verhindert pauschale Ablehnungen und zwingt in jedem Fall zu einer vollständigen Prüfung der beantragten Dokumente, was den Aufwand bei der Bearbeitung steigert. Gegenläufig ist daher der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, soweit er eine ordnungsgemäße Verwaltung schützt. Beim Ausgleich der beiden Positionen zeigt sich der offene Ansatz des EuG: Würde die Bearbeitung in besonderen Fällen „zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand führen", ist eine Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an dem Teildokument und der Arbeitsbelastung des Organs erlaubt. Damit ist sichergestellt, dass eine vom Gericht nachprüfbare Gegenüberstellung und Gewichtung der Positionen erfolgt. Der Abwägungsvorgang führt zu einer Selbstüberprüfung des Organs und sichert damit, dass eine Ablehnung nur im erforderlichen Maße, jedenfalls nicht automatisch stattfindet. Der Rat hat sich gegen eine teilweise Zugangsgewähr gewandt, weil es dem Zweck der Transparenz zuwiderlaufe, wenn der Antragsteller nur bruchstückhafte Informationen erhalte und nicht das authentische Dokument. 227 Damit bestreitet er im Sinn eines „Alles oder Nichts"-Prinzips, dass ein Interesse an einem teilweisen Zugang bestehen kann. 228 Demgegenüber dürfte in aller Regel dem Interesse der Öffentlichkeit besser gedient sein, wenigstens Teile des Dokuments zu erhalten.
b) Präzisierung der Grenzen: Rs. Kuijer, Rs. Mattila In der Rechtssache Kuijer 7 2 2 9 hat das EuG seine Aussagen aus der Rechtssache Hautala in einem Punkt ergänzt. Wenn die Prüfung, ob teilweiser Zugang gewährt werden kann, mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist, erlaubt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem Rat, zum Schutz der ordnungsgemäßen Verwaltung das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu Teilen des Dokuments gegen seine Arbeitsbelastung abzuwägen.230 Das EuG fügt hinzu, da der Rat ohnehin verpflichtet sei, für jedes Dokument zu prüfen, ob dessen Offenlegung geeignet ist, zwingende Interessen zu beeinträchtigen, stellt das Entfernen
227
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 58. Zum Konflikt dieses Prinzips mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz deutlich Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 GA Léger Tz. 1 1 3 115. 229 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959, mit Anm. Rigaux / Simon, Europe 6/2000, 13, No. 169, Gautier, JDI 2001, 591; Pallaro, RIDPC 2000, 1313 (1335 ff.). 230 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 54, 55 entsprechend Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 86, 87, ebenso Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 II2265 Tz. 68, unklar dagegen Tz. 69 (Interesse des Antragstellers). 228
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
dieser Passagen nicht notwendiger Weise einen übermäßigen Aufwand dar. 231 Damit drückt das EuG aus, dass nur in besonderen Ausnahmefällen eine so große Arbeitsbelastung anfallen wird, dass der teilweise Zugang verweigert werden kann, er aber in aller Regel zu gewähren ist. Die Aufgabe, den Aktenbestand durch Trennung von einsichtsfähigen von geheimhaltungsbedürftigen Daten so zu organisieren, dass teilweiser Zugang ohne großen Aufwand möglich ist, obliegt der Behörde und Versäumnisse hierbei dürfen nicht dem Antragsteller zum Nachteil gereichen (vgl. das „Trennungsprinzip" in § 15 IFG SH, Sechster Abschnitt E.).
Restriktiver verfuhr das EuG in der Rs. Mattila 232, in der Rat und Kommission unstreitig nicht geprüft hatten, ob teilweiser Zugang zu gewähren ist. Nach Ansicht des EuG liegt jedenfalls dann ein unangemessener Verwaltungsaufwand vor, der berechtigt, keinen teilweisen Zugang zu gewähren, wenn er „sinnlos" (Tz. 69) wäre, weil die Teile, zu denen Zugang hätte gewährt werden können, so wenig Informationen enthalten, dass sie für den Antragsteller „völlig wertlos" (Tz. 70) sind. Ergänzend wird herangezogen, dass die Dokumente nicht ohne Mühe auseinander genommen werden können und keine leicht abtrennbaren Teile umfassen. 233 Im konkreten Fall bejahte das EuG dies, so dass die fehlende Prüfung teilweiser Zugangsgewähr keinen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens hatte und unschädlich war. 234 Bedenklich ist, dass die Beurteilung, wann Dokumentteile mangels Informationen völlig wertlos für den Antragsteller sind, dem Organ einen erheblichen Ermessensspielraum einräumen und eine Beurteilung der Verwendungsabsicht voraussetzen, die der Antragsteller nicht offen legen muss. 235 Auch die technische Frage, ob die Trennung leicht oder nur mit Mühe möglich ist, ist missbrauchsanfällig. Entscheidend kann sein, inwieweit die Gerichte im Rahmen des Rechtsschutzes durch Einsicht in die betroffenen Dokumente eine eigene Bewertung vornehmen. 236 231 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 56 unter Verweis auf Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 II2289 Tz. 37. Siehe auch GA Léger in Tz. 118 f. seines Schlussantrags zur Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 und Schlußantrag Rs. C353/01 P, 22.1.2004 Mattila/ Rat und Kommission Fn. 35 zu Tz. 73. 232 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265. 233 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 69, 70. 234 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 71. 235 Ablehnend daher auch Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 83 und Feik, Transparenz, S. 166. 236 Leider lässt das EuG in der Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 die Erklärung des Organs und die „Natur des Dokuments" ausrei-
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
111
In der Rechtsmittelinstanz237 wurde die Beurteilung der Wertlosigkeit teilweisen Zugangs vom EuGH nicht erörtert, denn der EuGH hob die Entscheidung des EuG bereits deswegen auf, weil Rat und Kommission unstreitig keine teilweise Zugangsgewähr erwogen hatten und erst im Gerichtsverfahren die Gründe hierfür offenlegten. Damit werden dem Antragsteller die Verfahrensgarantien der Beschlüsse 93/731 und 94/90 entzogen, wie auch sein Recht auf eine begründete Entscheidung. Der Antragsteller könne nicht erkennen, ob die Entscheidung sachlich richtig ist oder ob sie unter einem Mangel leidet, aufgrund dessen ihre Rechtmäßigkeit in Frage gestellt werden kann. 238 GA Léger äußerte sich in seinem Schlußantrag jedoch eindeutig ablehnend. Da der Antragsteller seinen Antrag nicht zu begründen brauche, sei das Recht auf Zugang nicht davon abhängig, dass die Dokumente für den Antragsteller von irgendeinem Nutzen sind. Auch sei die Zugangsverweigerung nicht durch eine Ausnahme gedeckt. Zwar könne seit der Rs. Hautala der Zugang im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verwehrt werden. Der EuGH habe sich aber auf die besonderen Fälle bezogen, bei denen die Freigabe einen übermäßigen Verwaltungsaufwand verursache, also mehr als nur eine sehr große Arbeitsbelastung. Die Einschränkung müsse äußerst restriktiv ausgelegt und angewandt werden. 239
c) Abgrenzung zwischen Dokument und Information: Rs. Karl L. Meyer, Rs. Hautala II In der Rechtssache Karl L. Meyer 240 ersuchte der Kläger von der EIB und der Kommission Informationen über bestimmte Darlehenszinssätze. Nach Ansicht des EuG bestand kein Anspruch gemäß dem Beschluss 94/90. Bei dessen Anwendung sei zwischen den Begriffen „Dokument" und „Information" zu unterscheiden. Keine der Vorschriften des Beschlusses oder Verhaltenskodex regele ein Recht auf Zugang zu Informationen; das Zugangsrecht gelte nur für Dokumente. Die Bezugnahme auf die Erklärung Nr. 17 („Zugang zu Informationen") gebe dem mehrfach verwendeten Begriff des „Dokuments" keine neue Bedeutung241.
chen. Ablehnend GA Léger in seinem Schlußantrag zur Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission Tz. 58, 61. 237 Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila/Rat und Kommission. 238 Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission Tz. 32. Ausführlicher der Schlußantrag von G A Léger Tz. 50 ff.; Lorenz, NVwZ 2004, 436 ff. 239 Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila/Rat und Kommission Tz. 68-76. 240 Rs. T-l06/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer / Kommission Slg. 1999 11-3275, mit Anm. Rigaux, Europe 1/2000, 18, No 19; Bradley, YEL99/00, 547 (579). 241 Rs. Τ-106/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer /Kommission Slg. 1999 11-3275 Tz. 35.
112
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Im Rechtsmittelverfahren Hautala II 242 argumentierte der Rat, unterstützt von der spanischen Regierung, dass die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs auf ein Recht auf Zugang zu Informationen hinausläuft. „Dokument" iSd Beschlusses 93/731 sei das Dokument „in seiner bestehenden Form ohne die geringste Änderung". 243 Der Rat sei nicht zur Erstellung eines neuen Dokuments aus Teilen von Informationen verpflichtet. 244 GA Léger leitet, wie vor ihm GA Tesauro 245 , in seinem Schlussantrag ein allgemeines Rechtsprinzip auf Zugang zu Informationen her und bejaht die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs. 246 Dabei hält er die Verwendung des Begriffs „Dokument" im Wortlaut des Beschlusses 93/731 nicht für ausschlaggebend 247 und die Unterscheidung zwischen Dokument und Information für rein formal und künstlich. Das Zugangsrecht zu Dokumenten richte sich immer auf den Inhalt, die Information, und nie auf das Dokument als physische Form. Daher seien Zugangsanträge letztlich Anträge auf Informationen. 248 Der EuGH hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Die Auslegung des Rates und der spanischen Regierung beeinträchtige ohne die geringste Rechtfertigung die praktische Wirksamkeit des Zugangsrechts und stehe dem Zweck des Beschlusses 93/731 entgegen, möglichst umfassenden Zugang zu gewähren und Ausnahmen eng auszulegen und anzuwenden. Zugleich stehe ihre Ansicht offenkundig außer Verhältnis zum Zweck, die Vertraulichkeit der von der Ausnahme erfassten Informationen zu gewährleisten. 249 Auf den Schlussantrag seines Generalanwaltes ist der EuGH mit keinem Wort eingegangen, da er dessen Ergebnis, die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Gemeinschaftsrechts vermeiden wollte. Die Verwendung der Begriffe „Dokument" und „Information" war uneinheitlich: In der Rs. Hautala griff das EuG für die Frage, ob teilweiser Zugang zu gewähren ist, auf die Grundlagen des Beschlusses 93/731 zurück und zog die 242 Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565, m. Anm. Europe 2/2002, 16, No. 45; Leino, CMLRev 2002, 621. 243 Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565) Tz. 11. 244 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 58; Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 11. 245 Rs. C-58/94 30.4.1996 Niederlande /Rat Slg. 1996 1-2169 Schlussantrag Tz. 19 21. 246 Zur Herleitung: Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 47-88, deutlich Tz. 59. Näher dazu VI. 3. 247 Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 91, 97 f. 248 Schlußantrag G A Léger Rs. C-353/99 Ρ, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 92, 93. 249 Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 25, 26, 29.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
113
Erklärung Nr. 17 und Tz. 66 der Rs. Svenska JournalistfÖrbundet heran, die von einem Recht auf Zugang zu Informationen sprechen 250, andererseits die Präambel des Verhaltenskodex und Tz. 35 des Urteils Niederlande / Rat, wo von einem Recht auf Zugang zu Dokumenten die Rede ist. 251 In der Rs. Kuijer begründet das EuG die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs ausdrücklich mit dem Grundsatz des Rechts auf Information 252 und in der Rs. Mattila ist von teilweisem Zugang zu nicht von den Ausnahmen gedeckten Informationen die Rede. 253 Der Widerspruch zwischen Zugang zu Informationen und Dokument löst sich bei näherer Betrachtung auf. Die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs entspricht einem Recht auf Zugang zu Informationen als Teil eines Dokuments, 254 Das Zugangsrecht kann nicht auf vollständige Dokumente reduziert werden, auch der Zugang zu Dokumentteilen bleibt ein Zugang zu einem Dokument. Das ist deutlich, wenn der Antragsteller ein bestimmtes Dokument identifiziert und nur infolge der Erwägungen des Organs Teile davon nicht freigegeben werden. Davon zu unterscheiden ist ein (nicht anerkanntes) Recht auf Zugang zu reinen Informationen, wie im Beschluss Karl L. Meyer. Dort lag dem Informationsverlangen des Antragstellers kein erkennbares Dokument zugrunde, dessen Freigabe angestrebt wurde. Vielmehr suchte der spätere Kläger eine Auskunft der Behörde. Beim Recht auf Zugang zu Dokumenten steht die Freigabe des Dokuments oder Teilen davon im Vordergrund. Kennzeichnend ist der unmittelbare Zugriff auf das Dokument als Primärquelle. Nur in Ausnahmefällen sehen einige Zugangsrechte vor, dass die Freigabe des Dokuments durch eine behördliche Auskunft ersetzt werden kann, etwa bei einer Vielzahl von Anfragen nach demselben Dokument oder bei einem unverhältnismäßigen Aufwand der Trennung bei teilweiser Zugangsgewähr. In diesem Fall wird der erstrebte Dokumentzugang in abgeschwächter Form als Informationszugang, der von der Behörde gesteuert wird, aufrechterhalten. Das Gemeinschaftsrecht kennt eine solche Einschränkung nur in der Umweltinformationsrichtlinie, welche die Mitgliedstaaten verpflichtet. Beim Recht auf Zugang zu reinen Informationen geht es dagegen um die Erlangung einer bestimmten Auskunft von den Behörden. Ein Zugriff auf bestimmte Dokumente als Primärquelle wird nicht angestrebt, deren Freigabe ist 250
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 80,
251
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 81,
83.
82.
252 253
Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 54. Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz.66,
69. 254
So auch Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala la II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 94.
8 Meltzian
(Hauta-
114
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
nur mittelbares Ziel, wenn die Information nicht direkt erteilt werden kann. D.h. die Behörde wird für die Informationsgewinnung inhaltlich herangezogen, während der Dokumentzugang gerade auf die Unabhängigkeit von den Informationen der Behörde setzt und sie nur als Mittel beansprucht, die Dokumente zu erhalten. Im Ergebnis kann der Beschluss Karl L. Meyer also nicht herangezogen werden, um eine Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs zu verneinen. Umgekehrt bringt die Gewähr teilweisen Zugangs kein Zugangsrecht zu reinen Informationen in Form einer Auskunftspflicht mit sich.
8. Der Rechtsschutz Im Bereich des Rechtsschutzes bestätigte das EuG seine Zuständigkeit bei Zugangsanträgen nach Dokumenten der GASP und aus dem Bereich Justiz und Inneres. Gleichzeitig verneinte es das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses des Klägers. Einstweiliger Rechtsschutz wurde in der Rs. Carlsen mangels Vorläufigkeit der Maßnahme ebenso abgelehnt, wie in der Rs. Interporc I die Zugangsgewähr durch das Gericht und in der Rs. ADCSV 255 die Rechtsverbindlichkeit von Handlungen des Bürgerbeauftragten. Zwei weitere Bereiche betreffen den Klagezwang aus Fristgründen und das neu eingeführte In-camera Verfahren, bei dem das Gericht vertrauliche Dokumente einsieht, ohne sie der Gegenseite offenzulegen. In der Rs. BAT II stellt das EuG die widerlegliche Vermutung auf, dass ein Dokument nicht existiert, wenn das Organ dies behauptet.
a) Zuständigkeit des Gerichts: Rs. Svenska Journalistförbundet Die Zuständigkeit des Gerichts wurde im Zusammenhang mit der Frage nach der Reichweite der Beschlüsse 93/731 und 94/90 aufgeworfen und folgt in der Begründung deren Argumentation (siehe 1. a)). In der Rs. Svenska Journalistförbundet 256 ging es um den Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich Justiz und Inneres (Titel VI). Großbritannien als Streithelfer des Rates machte geltend, die Zuständigkeit des Gerichts erstrecke sich nach Art. 46 EU nicht auf
255
Rs. T-l03/99, 22.5.2001 Associazione delle cantine sociali venete /Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 2000 11-4165. 256 Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289, mit Anm. Berrod ! Ritleng, Europe 8/9/1998, 11, No 271; Gautier, JDI 1999, 514; NovakStief, ELR 1998, 438; Österdahl, CMLRev 1999, 1059; Bradley, CDE 1999, 283 (343 ff.).
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
115
den Bereich des Titels V I des EUV. 2 5 7 Die Klägerin erwiderte, dass in der Rs. Carvel die Zuständigkeit unbestritten gewesen sei, obwohl es ebenfalls um Dokumente aus dem Titel V I des EUV gegangen sei. 258 Nach Ansicht des EuG fällt die Entscheidung des Rates, den Zugang zu verweigern, in die Durchführung des Beschlusses 93/731 und bezieht sich nicht auf die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen auf den Gebieten der Justiz und des Inneren. Dass das Gericht gemäß Art. 46 EU nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der unter die Titel V und V I fallenden Maßnahmen zuständig ist, stehe seiner Zuständigkeit für Entscheidungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu diesen Maßnahmen daher nicht entgegen. Die Gewähr oder Ablehnung des Zugangs zu Dokumenten bleibt unabhängig vom Inhalt des Dokuments stets eine Entscheidung auf dem Gebiet des Rechts auf Zugang zu Dokumenten und damit innerhalb der Zuständigkeit des EuG. 259 Das wurde in der Rechtssache Hautala bei Dokumenten aus dem Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Titel V) bestätigt. 260
b) Kein Rechtsschutzinteresse erforderlich: Rs. Svenska JournalistfÖrbundet, Rs. Interporc II, Rs. BAT II Um zu prüfen, wie die schwedischen Behörden das Recht schwedischer Bürger auf Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Europäischen Union handhaben, beantragte die Vereinigung schwedischer Journalisten bei verschiedenen schwedischen Behörden Zugang zu 20 Dokumenten, von denen 18 freigegeben wurden. Die Dokumente waren teilweise unleserlich gemacht, bei einigen war schwer zu erkennen, ob Teile unleserlich gemacht worden waren. Anschließend beantragte die Vereinigung beim Rat Zugang zu den gleichen 20 Dokumenten. Der Rat gab zwei Dokumente frei, auf den Zweitantrag hin weitere zwei. In Bezug auf die 16 verbleibenden Dokumente lehnte er den Zugang ab. Die Vereinigung erhob, unterstützt durch die Königreiche Schweden, Dänemark und Niederlande, Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung des Rates, der von Frankreich und dem Vereinigten Königreich unterstützt wurde. 261 Der Rat war der Ansicht, der Klägerin fehle das Rechts257
Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
258
Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
259
Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
260
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat
261
Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet
71. 73. 85. (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 41,
42.
z*
/ Rat S\g. 1998 11-2289.
116
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
schutzinteresse. Soweit sie von den schwedischen Behörden bereits Dokumente erhalten habe, könne sie keinen Vorteil aus der erneuten Übermittlung erlangen. Ihr Verhalten sei ein Verfahrensmissbrauch, zumal die Offenlegung durch die schwedischen Behörden ohne Genehmigung durch den Rat einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darstelle. 262 Die Klägerin erwiderte, sie habe nicht alle Dokumente vollständig erhalten. Der Vorwurf, die Dokumente von den schwedischen Behörden rechtswidrig erlangt zu haben, begründe für sich ein weiteres berechtigtes Rechtsschutzinteresse. Das EuG stellt fest, dass weder der Beschluss 93/731 noch 94/90 den Zugang der Öffentlichkeit von einer besonderen Begründung abhängig macht. Eine Person, der der Zugang zu einem Dokument oder zu einem Teil eines Dokuments verweigert wird, hat daher bereits aus diesem Grund ein Interesse an der Nichtigerklärung dieser Entscheidung. Unerheblich sei, dass die Dokumente bereits allgemein bekannt seien. 263 Ob die Freigabe seitens der schwedischen Behörden einen Gemeinschaftsrechtsverstoß darstellt, sprach das EuG nicht an. Ebenso stellte das EuG in der Rs. Interporc II fest, dass die Tatsache, dass der Kläger im Lauf eines anderen Verfahrens einen Teil der Dokumente erhalten hat, ihn nicht seines Rechtes nach dem Beschluss 94/90 beraubt, Zugang zu dem Rest zu verlangen. 264 In der Rs. BAT II 265 hält das EuG fest, dass die Behauptung der Kommission, ein Dokument befände sich nicht in ihrem Besitz oder existiere nicht, eine Verweigerung des Zugangs darstellt und damit zulässiger Gegenstand einer Nichtigkeitsklage ist.
262
122. 263
Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 66, 67, 69; Rs. T-41/00, 30.4.2001 BAT/Kommission Slg. 2001 11-1301 Tz. 20; Rs. T204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 106; Rs. ΤΙ 91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 26. 264 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 46, ebenso Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 30. 265 Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. / Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781, dort Tz. 31, 32. Zum Sachverhalt siehe 8. h).
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
117
c) Fehlende Vorläufigkeit beim einstweiligen Rechtsschutz: Rs. Carlsen In der Rechtssache Carlsen 266 stellten die Kläger neben ihrer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach Art. 243 EG. Im Verfahren wies der beklagte Rat auf die fehlende Vorläufigkeit der beantragten Maßnahmen hin. Die Anordnung, Zugang zu verschiedenen Ratsdokumenten zu gewähren, hebe die Wirkung der Entscheidung in der Hauptsache auf. Sie gehe sogar darüber hinaus, da in der Hauptsache nur die Nichtigkeit der Entscheidung festgestellt, dem Rat aber nicht aufgegeben werden könnte, bestimmte Dokumente zu übermitteln. 267 Der Richter der einstweiligen Anordnung hielt den Einwand für begründet. Die Übermittlung der fraglichen Dokumente greife der Entscheidung über die Nichtigkeit der ablehnenden Zugangsentscheidung des Rates vor und würde eine endgültige Situation schaffen, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. 2 6 8 Daher wurde der Antrag auf einstweilige Anordnung mangels Vorläufigkeit zurückgewiesen. Es bliebe möglich, die ablehnende Entscheidung lediglich für nichtig erklären zu lassen, um möglichst schnell eine erneute Entscheidung zu erreichen. 269 Dennoch hat die einstweilige Anordnung ihre Attraktivität verloren und ist in der Rechtssache Carlsen das erste und letzte Mal beschritten worden.
d) Keine Zugangsgewähr durch das Gericht: Rs. Interporc I, Rs. Mattila Die Zugangsgewähr im einstweiligen Rechtsschutz scheitert an der Vorläufigkeit, da sie die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Antragsteller haben daher aus Zeitgründen in Hauptsacheverfahren beantragt, Zugang über das Gericht zu erlangen.
266
Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. / Rat Slg. 1998 11-485, mit Anm. Ritleng, Europe 5/1998, 11, No 157; Novak-Stief, ELR 1998, 496; Bradley, CDE 1999, 283 (339 f.). 267 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 33, 34. 268 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a./Rat Slg. 1998 11-485 Tz. 54 56. Anders in Deutschland das VG Gelsenkirchen NWVB1. 2002, 242 im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), da andernfalls in einem anhängigen Klageverfahren ein endgültiger Rechtsverlust drohte. 269 Die Antwort auf den Zweitantrag müsste fristgemäß innerhalb von zwei Monaten erfolgen.
118
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
In der Rechtssache Interporc I 210 beantragte die Klägerin festzustellen, dass die Kommission nicht berechtigt sei, nach Erlass eines Nichtigkeitsurteils, den Zugang zu den streitigen Dokumenten zu verweigern. Die Klägerin versuchte zu verhindern, dass die Kommission nach der Nichtigerklärung im folgenden Zugangsverfahren andere Gründe für die Ablehnung vorbringt und sie damit zwingt, erneut zu klagen. Das sei ihr nicht zuzumuten und raube dem Verfahren nach dem Beschluss 94/90 jede praktische Wirksamkeit. 271 Das EuG wies den Antrag als unzulässig ab, da nach gefestigter Rechtsprechung 272 der Richter im Rahmen seiner Aufhebungskompetenz nach Art. 230 EG, nicht befugt ist, Gemeinschaftsorganen Anordnungen zu erteilen. 273 Der EuGH hat dies in der Rechtsmittelinstanz bestätigt. Die aufgehobene Entscheidung sei so anzusehen, als wenn sie nie bestanden hätte. Die Antrag auf Akteneinsicht werde erneut vollständig geprüft und dürfe folglich auf andere Gründe gestützt werden. 274 In der Rechtssache Mattila 275 beantragte der Kläger, das EuG möge sich die Dokumente zur Untersuchung übermitteln lassen und ihm dann gegebenenfalls teilweisen Zugang gewähren. Auch das lehnte das EuG ab, da es weder den Organen Anordnungen erteilt, noch deren Rolle einnimmt. 276 Der EuGH hat dies in der Rechtsmittelinstanz bestätigt. 277
270 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231, mit Anm. Österdahl, CMLRev 1999, 1059; Novak-Stief, ELR 1998, 103; Simon, Europe 4/1998, 15, No 126; Gautier, JDI 1999, 514; Musillo, RIDPC 1998, 1348. 271 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc /Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 59 und ihr Rechtsmittelvortrag in Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc / Kommission Tz. 26, Schlussantrag des GA Léger Tz. 62. 272 Rs. C-15/85, 26.2.1985 Consorzio Cooperative d'Abruzzo / Kommission Slg. 1987, 1005 Tz. 18; Rs. T-346/94, 9.11.1995 France-Aviation / Kommission Slg. 1995 11-2841 Tz. 42. 273 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc/Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 61. Siehe auch Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. /Rat Slg. 1998 II-485 Tz. 34 und 55, 56; Rs. T-106/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer /Kommission Slg. 1999 II3275 Tz. 21; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 26 f. Biondi, EBLR 1998, 221 (225) meint, das Gericht sei nicht um eine Freigabeanordnung gebeten worden, sondern um eine Interpretation des Beschlusses 94/90 bezogen auf das Verhalten der Kommission. Nach Tomkins, YEL 99/00, 217 (228) zeigt die Beschränkung der Verwaltungsgerichte auf die Wiedergutmachung vergangenen Unrechts das große Potential anderer Instrumentarien, wie den Bürgerbeauftragten. 274 Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc / Kommission Tz. 31, dem Schlussantrag des GA Léger Tz. 68 - 70 folgend. 275 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265. 276 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 II-2265 Tz. 26, 7. 277 Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila/Rat und Kommission.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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e) Zwang zur fristgemäßen Klageerhebung: Rs. Interporc I, Rs. Pitsiorlas Das Fehlen einstweiligen Rechtsschutzes und der Zugangsgewähr durch das Gericht selbst verlängert die Zeit, bis ein Antragsteller die gewünschten Dokumente einsehen kann. Denselben Effekt verursachte ein Fristkonflikt des Antragsstellers, den die Organe herbeifuhren konnten und der ihnen eine zusätzliche Ausnahme zur Verweigerung des Zugangs verschaffte. 278 In der Rechtssache Interporc I 219 importierte die Interporc Im- und Export GmbH unter Vorlage einer argentinischen Echtheitsbescheinigung abgabenfrei Rindfleisch aus Argentinien. Auf Fälschungen hingewiesen, leitete die Kommission Untersuchungen ein, in deren Verlauf sie auch bei der Firma Interporc gefälschte Zertifikate fand. Die deutschen Behörden erhoben darauf, nach Entscheidung der Kommission, die Eingangsabgaben nach. 280 Aufgrund der zweimonatigen Klagefrist für eine Nichtigkeitsklage (Art. 230 Abs. 5 EG) musste Interporc innerhalb dieser Zeitspanne entscheiden, ob eine Nichtigkeitsklage gegen die Kommissionsentscheidung Aussicht auf Erfolg hat. Als Entscheidungshilfe beantragte Interporc bei der Kommission Zugang zu einer Reihe von Dokumenten über den Vorgang, was die Kommission u.a. wegen des Schutzes des öffentlichen Interesses (Internationale Beziehungen, Inspektionstätigkeiten) ablehnte. Darauf stellte Interporc einen Zweitantrag. Beim Erst- und Zweitantrag auf Zugang zu Dokumenten wurde den Organen jeweils eine Frist von einem Monat eingeräumt (Art. 7 Abs. 1, 3 Beschluss 93/731; Art. 2 Abs. 2, 4 Beschluss 94/90), in Ausnahmefällen von zwei Monaten (Art. 7 Abs. 5 Beschluss 93/731 idF des Beschlusses 96/705). Daher war Interporc gezwungen, rechtswahrend Nichtigkeitsklage zu erheben, ohne die Dokumente eingesehen zu haben. 281 Die Kommission wechselte nun bei der Ablehnung des Zweitantrags zulässigerweise 282 ihre Begründung und berief sich, „unbeschadet der anderen Ausnahmen", auf den Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege), da die
278
Dazu auch Biondi, EBLR 1998, 221 (225). Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231, mit Anm. Simon, Europe 2/2000, 11, No 35; Kadelbach, CMLRev 2001, 179. 280 Diese Konstellation ist nicht unüblich, siehe ζ. B. Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269. 281 Rs. T-50/96, 17.9.1998 Primex Produkte Import-Export und andere / Kommission Slg. 1998 11-3773. Das EuG erklärte die Entscheidung für nichtig. Die Kommission hat ihr Rechtmittel, Rs. C-417/98 P, am 10. Mai 2000 zurückgezogen. 282 Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission (van der Wal I) Slg. 1998 11-545 Tz. 64: Der Zweitantrag ist im Verhältnis zum Erstantrag kein Rechtsbehelf, sondern eröffnet eine komplett neue Überprüfung, bei der auch neue Gründe angebracht werden können. 279
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
fraglichen Dokumente Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits seien.283 Der Verhaltenskodex könne die Kommission nicht zwingen, der Gegenpartei Dokumente zu liefern, die das Verfahren betreffen, weil dadurch ihr Recht auf Verteidigung unterlaufen würde. 284 Nachdem Interporc auch gegen diese Kommissionsentscheidung erfolgreich Nichtigkeitsklage erhoben hatte, kehrte die Kommission zu ihren ursprünglichen Ausnahmen bei der Ablehnung des Erstantrags zurück und zwang Interporc zu einer zweiten Klage. 285 Der Verzögerungseffekt basiert auf der Möglichkeit, Erst- und Zweitantrag aus unterschiedlichen Gründen abzulehnen, da der Zweitantrag keinen Rechtsbehelf gegen den Erstantrag darstellt und dieser nicht selbständig anfechtbar ist (dazu 5. b) ee)), und der fehlenden Koordinierung der Fristen für die Nichtigkeitsklage und das Zugangsverfahren. Da Zeit ein kritischer Faktor beim Zugang zu Dokumenten ist, sollte das Organ daher die ursprünglichen Gründe aufgrund zwischenzeitlicher Änderungen der Sachlage erweitern, nicht jedoch komplett austauschen dürfen, zumindest nicht unter dem Vorbehalt, später zu den erstgenannten Gründen zurückzukehren. Damit würde ein zweiter Prozess vermieden, da das Gericht bei der erweiterten Begründung das gesamte Vorbringen beurteilen kann, bzw. dem Organ die Rückkehr zu den alten Gründen verwehrt ist. 2 8 6 Im Rahmen der VO (EG) Nr. 1049/2001 ist die Frist von einem Monat auf 15 Arbeitstage verkürzt worden (Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1). Die Überschreitung in der Praxis und die Möglichkeit eine Fristverlängerung um 15 Arbeitstage (Art. 7 Abs. 3, 8 Abs. 2) kann aber immer noch zu Konfliktfällen führen. Für den beschriebenen Fall wurde im Urteil Interporc II klargestellt, dass die Verteidigung der Kommission nicht berührt wird und sie zum Schutz des öffentlichen Interesses (Rechtspflege) nicht den Zugang verweigern kann. 287 Umgekehrt stellt sich die Möglichkeit, den Zugang in einer endlosen Prozessschlei-
283 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 18. 284 In der Rs. T-50/96, 17.9.1998 Ρrimex Produkte Import-Export und andere / Kommission Slg. 1998 11-3773 vertrat die Kommission die Ansicht, die Dokumente seien für das Verfahren belanglos. Kritisch zu diesem Argument beim Akteneinsichtsrecht: Levitt, CMLRev 1997, 1413 f f ; kritisch zum Kommissionsverhalten Novak-Stief, ELR 1998, 103 (105). 285 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521. Im Rechtsmittelverfahren Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc Imund Export GmbH / Kommission (Interporc III) hat Interporc diese Praxis erfolglos angegriffen, siehe dort Tz. 31. 286 So auch Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 17. 287 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 42.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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fe zu verzögern, bis der Zugang fur den Antragsteller jeden Sinn verloren hat, als eine Beschränkung seines Rechts auf Verteidigung (zeitnahes Urteil) dar. 288 Ein anderes Fristproblem ergab sich in der Rechtssache Pitsiorlas, 289 Der Kläger beantragte beim Rat Zugang zu Dokumenten. Der Rat verneinte deren Besitz und verwies den Kläger an die Europäische Zentralbank. Darauf erhob der Kläger Zweitantrag beim Rat, der unter Hinweis auf die Urheberregel endgültig abgelehnt wurde, und einen Erstantrag bei der EZB. Nach Ablehnung durch die EZB aus der sich ergab, dass der Rat doch Urheber war, erhob er Nichtigkeitsklage gegen beide Entscheidungen. Bezogen auf die Ratsentscheidung war die Zweimonatsfrist des Art. 230 Abs. 5 EG überschritten. Der Kläger berief sich auf einen entschuldbaren Irrtum, weil das Verhalten des Rates geeignet gewesen sei, bei einem gutgläubigen Rechtsbürger verständliche Verwirrung hervorzurufen. Das EuG lehnte das ab: Ein durchschnittlich sorgfältiger Rechtsbürger konnte über die Endgültigkeit der Ratsentscheidung und die Frist nicht im Zweifel sein. 290 Es sei klar gewesen, dass die EZB-Entscheidung für eine Klage nicht abgewartet werden musste. Der EuGH bejaht dagegen in der Rechtsmittelinstanz, Generalanwalt lizzano folgend, einen entschuldbaren Irrtum. Das EuG habe den Begriff des entschuldbaren Irrtums zu eng ausgelegt, denn trotz Kenntnis der Endgültigkeit der Entscheidung und der Klagefrist könne ein entschuldbarer Irrtum bestehen, wenn das Verhalten des Gemeinschaftsorgans geeignet gewesen sei, verständliche Verwirrung hervorzurufen. 291 Der Antragsteller habe hier keinen Grund gehabt, die ablehnende Ratsentscheidung anzufechten. Der Rat habe die Existenz des Dokuments geleugnet und aufgrund der Rechtmäßigkeitsvermutung bestehender Gemeinschaftsrechtsakte und mangels anderweitiger Indizien, müsse der Antragsteller von der Richtigkeit dieser Behauptung ausgehen.292 Zweifel konnten dem Antragsteller erst mit dem Schreiben der EZB kommen, so dass die Klagefrist auch erst in diesem Augenblick zu Laufen begann.
288 Biondi, ELBR 1998, 221 (225). Das letzte Urteil in der Rs. Interporc Im- und Export GmbH / Kommission erging 7 Jahre nach der ursprünglichen Entscheidung (1996 2003). 289 Rs. T-3/00, 14.2.2001 Pitsiorlas / Rat und EZB Slg. 2001 11-717. 290 Rs. T-3/00, 14.2.2001 Pitsiorlas / Rat und EZB Slg. 2001 11-717 Tz. 22, 23. 291 Rs. C-193/01 P, 26.9.2002 Pitsiorlas / Rat und EZB, Tz. 24 f. 292 Rs. C-193/01 P, 26.9.2002 Pitsiorlas / Rat und EZB, Tz. 33 f.; Schlußantrag GA Tizzano Tz. 24; Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. / Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781 Tz. 35; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 58.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
f) Keine Rechtswirkungen der Handlungen des Bürgerbeauftragten: Rs. ADCSV In der Rechtssache T-103/99 293 wurde der Associazione delle cantine sociali venete der Zugang zu Kommissionsdokumenten verweigert. Sie legte Beschwerde beim Bürgerbeauftragten ein und erhob, als er sich nicht äußerte, Untätigkeitsklage gemäß Art. 232 EG gegen ihn, hilfsweise gegen das Europäische Parlament, soweit er als dessen Einrichtung angesehen werden muss. Das EuG stellt fest, dass keine Handlung des Bürgerbeauftragten zwingende Rechtswirkungen erzeugt, auch wenn sie eventuell die Haltung des Organs beeinflussen vermag. Mangels anfechtbarer Handlung war die Klage daher unzulässig. Das Urteil verdeutlicht die engen Grenzen einer Beschwerde zum Bürgerbeauftragten, die aus Kosten- und Fristgründen oft gewählt wird, aber auch den spezifischen Unterschied zu den Gerichten. Da Empfehlungen des Bürgerbeauftragten keinen Befolgungszwang besitzen, kann und sollte er einen weiten Begriff des Verwaltungsmissstandes praktizieren 294 , verweigerte Dokumente einsehen und durch kritische Empfehlungen auf eine Freigabe hinwirken.
g) In-Camera Verfahren, Offenlegung gegenüber dem Gericht: Rs. Eider, Rs. BAT In den Rechtssachen Eider, BAT, Kuijer II 295 hat das EuG Rat und Kommission durch Beschluss aufgefordert, die beantragten Dokumente gemäß Art. 65 b) und 66 Abs. 1 seiner GO 2 9 6 innerhalb kurzer Zeit vollständig dem Gericht zu übermitteln, damit es die Schlüssigkeit ihres Vortrags überprüfen kann. Die Dokumente werden dabei nach dem dafür neu eingefugten Art. 67 Abs. 3 der GO 2 9 7 nicht der Gegenpartei zugänglich gemacht (sog. In-Camera Verfahren).
293
Rs. T-103/99, 22.5.2000 Associazione delle cantine sociali venete /Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 2000 11-4165. 294 Dazu Dritter Abschnitt B. II. 2. 295 Rs. T-36/00, 7.2.2001 Eider und Eider / Kommission Slg. 2001 11-607; Rs. ΤΙ 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International / Kommission Slg. 2001 II2997; Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer/Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 21. 296 Art. 65 b): „... sind folgende Beweismittel zulässig:... Vorlegung von Urkunden", Art. 66 Abs. 1 : „Das Gericht bezeichnet... die Beweismittel.". 297 Verfahrensordnung idF vom 6.12.00 ABl. 2000 L 322/4: „Hat das Gericht zu prüfen, ob ein Schriftstück, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits von Belang sein kann, gegenüber einer oder mehreren Parteien als vertraulich zu behandeln ist, so wird das Schriftstück während dieser Prüfung den Parteien nicht übermittelt."
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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Der Gerichtshof macht hiervon zunehmend Gebrauch. 298 Der Antrag des Klägers in der Rs. Mattila, das EuG solle sich die Dokumente vorlegen lassen und dann seinem Rechtsanwalt Zugang gewähren, gegebenenfalls unter der Pflicht zur Geheimhaltung, hatte keinen Erfolg. 299
h) Beweislast fur die Existenz des Dokuments beim Antragsteller: Rs. BAT II In der Rechtssache BAT II 300 ersuchte ein Tabakunternehmen die Kommission um Dokumente, auf die sie einen Richtlinienvorschlag zur Herstellung, Aufmachung und zum Verkauf von Tabakerzeugnissen stützte, insbesondere die Beurteilung wissenschaftlicher Forschungsarbeiten durch einen Sachverständigenausschuss, der der Kommission zuarbeitete. Die Kommission behauptete, Protokolle zu diesem Thema würden nicht existieren, befänden sich jedenfalls nicht in ihrem Besitz und verwies den Antragsteller an den Ausschuss. Daraufhin erhob das Unternehmen Nichtigkeitsklage. Das EuG lud nach mündlicher Verhandlung Zeugen zu der Frage, ob die Forschungsarbeiten Gegenstand im Ausschuss gewesen waren und ob über die Sitzung Protokoll geführt worden war. Einen Tag vor der für die Vernehmung der Zeugen anberaumten Sitzung, bejahte ein geladener Zeuge, der beruflich verhindert war, schriftlich die im Beweisbeschluss enthaltenen Fragen. Am selben Tag übermittelte die Kommission der Klägerin die Protokolle. 301 Die Klägerin beantragte daraufhin, der Kommission die Verfahrenskosten aufzuerlegen und durch prozessleitende Maßnahmen Auskunft über das Vorliegen einer schriftlichen internen Bewertung der Forschungsarbeiten zu erhalten. Die Kommission widersprach, übermittelte jedoch unmittelbar vor Beginn der Sitzung der Klägerin und dem Gericht das Dokument. Das EuG führt aus, dass aufgrund der allgemeinen Vermutung der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsrechtsakten von der Nichtexistenz eines Dokuments auszugehen ist, wenn das Organ dies behauptet. Es handele sich jedoch um eine einfache Vermutung, die in jeder Weise durch stichhaltige und übereinstim-
298 Zu einem neueren Fall außerhalb des Zugangsrechts: Rs. T-145/98, 24.2.2000 ADT Projekt / Kommission Slg. 2000 11-387 mit Anmerkung Kadelbach, CMLRev 2001, 179 (181 ff), sowie das unzulässige Rechtsmittel der Kommission hiergegen Rs. C-349/99 Ρ Kommission / ADT Projekt, Slg. 1999 1-6467. 299 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila /Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 21, 109, 110. 300 Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd./Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781. 301 Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. /Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781 Tz. 11 - 14.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
mende Indizien vom Kläger widerlegt werden könne. 302 Über die während des Verfahrens übermittelten Dokumente hinaus, war das der Klägerin nicht möglich, so dass die Klage teils gegenstandslos, teils unbegründet war. Das EuG hat jedoch nach Art. 87 § 3 seiner VerfO der Kommission die Kosten des Verfahrens auferlegt, die von ihr ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht worden sind. Das Gericht bezeichnete das Verhalten der Kommission als in besonderem Maße bedauerlich. Die Protokolle seien erst nach angeordneter Zeugenvernehmung und schriftlicher Aussage eines Zeugen am Tag vor der Sitzung gefunden worden. Im anderen Fall habe die Kommission das Dokument 21 Monate nach dem ursprünglichen Antrag und nachdem sie regelmäßig seine Existenz bestritten habe, wenige Minuten vor Beginn der Sitzung gefunden und übermittelt. 303 Mit Bedauern muß man feststellen, dass das Urteil nicht aus der Entstehungsphase des Zugangsrechts stammt, sondern ein Jahr nach Verabschiedung der VO (EG) Nr. 1049/2001 erging. Die Verzögerungstaktik der Kommission mag Besonderheiten des Falles entspringen, sie offenbart jedoch mehr über ihre Einstellung zum Zugangsrecht der Öffentlichkeit als alle hehren Versprechungen und ist ein Affront gegenüber dem Gericht. 304 Es ist offensichtlich, dass die Freigabe, 21 Monate nach dem ursprünglichen Antrag, für den Antragsteller ohne praktischen Nutzen ist. Die Kostentragungspflicht der Kommission mildert die Mühen der Prozessführung, ändert jedoch am Ergebnis nichts. Die generelle Möglichkeit der Kostenauferlegung hat keinen Strafcharakter und bleibt damit ein stumpfes Schwert. Die Nichtexistenz des begehrten Dokuments kann das Organ schwerlich nachweisen. Richtigerweise liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Existenz daher im Ausgangspunkt beim Antragsteller. Das EuG spricht insoweit von einer einfachen (widerlegbaren) Vermutung der Nichtexistenz. Trägt der Antragsteller im Prozess so konkret zum Vorhandensein der Dokumente vor, dass Zweifel an der Behauptung ihrer Nichtexistenz entstehen, obliegt es dem Organ, den Vortrag wieder zu entkräften. Die Darlegungslast schaukelt sich wechselseitig auf. Der anfängliche Vortrag des Antragstellers muss so substanziiert sein, dass ein Eingehen der anderen Partei und eine Beweiserhebung durch das Gericht möglich ist. Ein Ausforschungsbeweis bleibt verwehrt. Der Antragstel-
302 Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. / Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781 Tz. 35; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 58; Rs. C-193/01 P, 26.9.2002 Pitsiorlas / Rat und EZB, Schlußantrag GA Tizzano Tz. 24, dort auch zu einer daraus resultierenden Fristverlängerung. 303 Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. /Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781 Tz. 62 - 67. 304 Kritisch auch Feik, Transparenz, S. 156.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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1er ist jedoch in der Wahl der Beweismittel nicht beschränkt (Freibeweis), denn die Vermutung kann „in jeder Weise" (Tz. 35) widerlegt werden.
9. Anforderungen
an den Antrag
Weder der Verhaltenskodex noch die Beschlüsse 93/731 oder 94/90 enthielten die explizite Aussage, dass eine Begründung nicht erforderlich ist, obwohl es ein unverzichtbares Merkmal des allgemeinen Zugangsrechts in Abgrenzung zu den Zugangsrechten als Beteiligte des Verfahrens darstellt. Dass Anträge vom Antragsteller nicht zu begründen sind, bestätigte das EuG in der Rs. Interporc I für den Beschluss 94/90 305 unter Verweis auf die Mitteilung der Kommission über die Verbesserung des Zugangs zu den Dokumenten 306 und im Urteil zur Rs. Svenska Journalistförbundet für den Beschluss 93/731 307 . Anträge müssen nach den Beschlüssen 93/731, 94/90 „hinreichend präzise" formuliert sein, um das Dokument bestimmen zu können. Gegebenenfalls wird der Antragsteller zur Präzisierung aufgefordert. In der Rs. JT's Corporation war der Antrag so ungenau, dass er Tausende von Dokumenten erfasste. Das EuG führt aus, soweit die Kommission um Präzisierung des Antrags auf Zugang gebeten habe, schließe sie die Möglichkeit nicht aus, Zugang zu gewähren. Insofern fehle eine Ablehnung als Klagegegenstand.308 Art. 7 Abs. 4 des Beschlusses 93/731 und Art. 2 Abs. 4 des Beschlusses 94/90 fingierten bei fehlender Antwort auf einen Zweitantrag eine Ablehnung des Organs. Die fingierte Ablehnung ist zulässiger Klagegegenstand.309 Die Klagefrist bestimmt sich nach der Einreichung des Zweitantrags.
10. Zusammenfassung Der Anwendungsbereich der Zugangsbeschlüsse 93/731 und 94/90 wird im Lichte des Grundsatzes größtmöglichen Zugangs weit verstanden und erfasst alle vom Organ erstellten Dokumente in seinem Besitz, die nicht im Amtsblatt 305
Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc /Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz.
48. 306
ABl. 1994 C 67/5. Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 65, 109. 308 Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 15,25. 309 Siehe den Sachverhalt in Rs. T-156/97, 12.11.1997 Achim Berge / Kommission, Slg. 1997 11-2097 und Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. / Rat Slg. 1995 11-2765 Tz. 40,41. 307
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
veröffentlicht sind. Unberührt bleibt das Recht auf Zugang nach speziellen Vorschriften. Die Ausnahmen sind eng auszulegen und anzuwenden, was auch die Urheberregel betrifft, die wie eine Ausnahme wirkt. Für jedes Dokument ist gesondert zu prüfen und in der Begründung nachzuweisen, dass seine Freigabe geschützte Interessen beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung muss absehbar und darf nicht rein hypothetisch sein. Das Gericht kann sich die Dokumente übermitteln lassen und in einem In-camera Verfahren einsehen, ohne sie der Gegenpartei zugänglich zu machen. Sind zwingende Ausnahmen betroffen, ist der Zugang zu verweigern; im Rahmen der fakultativen Ausnahme muss eine Abwägung zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit am Zugang und dem Geheimhaltungsinteresse des Organs vorgenommen werden. Ein besonderes Interesse des Antragstellers ist nur zu berücksichtigen, soweit es bekannt ist, was bei offensichtlichen Interessen vermutet wird. Der Antrag muss keine Gründe für den Zugang enthalten. Sofern die Ausnahmen nur Teile des Dokuments erfassen, muss der Rest freigegeben werden, außer der Aufwand der Unkenntlichmachung ist unverhältnismäßig hoch. Die Begründung muss grundsätzlich für jedes Dokument nachweisen, weshalb seine Offenlegung geschützte Interessen verletzt. Die Gründe können sich aus dem Kontext der Entscheidung ergeben, müssen aber in jedem Fall die vom Antragsteller im Verfahren vorgetragenen Gründe entkräften. Erst- und Zweitantrag werden eigenständig geprüft, so dass sowohl neue Ablehnungsgründe vorgebracht als auch die alten beibehalten werden können. Würde durch die Begründung der Inhalt des Dokuments so weit bekannt, dass der Zweck der Ausnahme vereitelt wird, muss jedenfalls für jede Gruppe von Dokumenten eine Begründung erfolgen. Bei Vertragsverletzungoder vergleichbaren Sanktionsverfahren werden vertrauliche Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens vor dem EuGH geschützt, weil bis dahin die Möglichkeit besteht, dass die Mitgliedstaaten ihren Gemeinschaftsverpflichtungen freiwillig nachkommen. Ist noch kein Sanktionsverfahren eingeleitet, muss die ablehnende Entscheidung nachweisen, dass die Dokumente Bestandteil einer konkreten, vorgelagerten Untersuchung sind oder waren. Die Ausnahme „öffentliches Interesse - Rechtspflege" findet nur auf Dokumente Anwendung, die für das Gerichtsverfahren erstellt wurden, unabhängig von der Beteiligung des Organs am Verfahren/ 10 Sofern die Freigabe aufgrund von nationalen Verfahrensvorschriften ungewiss ist, konsultiert das Organ das nationale Gericht und trifft unter Berücksichtigung der Antwort eine Entscheidung gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Zugangsbeschlüssen. Bei der Ausnahme „öffentliches Interesse - interna-
310 D.h. die Ausnahme greift ein, wenn die Dokumente für ein Gerichtsverfahren erstellt wurden, selbst wenn das Organ hieran unbeteiligt ist. Umgekehrt kann die Ausnahme nicht herangezogen werden, wenn das Dokument nicht für das Gerichtsverfahren erstellt wurde, selbst wenn das Organ beteiligt ist und das Dokument Teil seiner Akte ist.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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tionale Beziehungen" besitzt das Rat einen politischen Ermessensspielraum, den das Gericht nur eingeschränkt überprüft. Der Rechtsschutz gegen ablehnende Zugangsbescheide wird in allen Bereichen von EuG und EuGH wahrgenommen. Die vollständige oder teilweise Ablehnung des Zugangs oder die Behauptung, dass Dokument existiere nicht oder sei nicht im Besitz des Organs, begründet ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse. Unerheblich ist, ob der Antragsteller anderweitig Zugang erlangt hat. Der Antragsteller muss seinen Antrag hinreichend präzisieren. Die Existenz des begehrten Dokuments muss er beweisen. Das Gericht kann keinen Zugang gewähren und die Freigabe nicht anordnen, hierauf gerichteter einstweiliger Rechtsschutz würde die Hauptsache vorwegnehmen und ist daher unzulässig. Handlungen des Bürgerbeauftragten haben keine Rechtswirkungen.
II. Der Einfluss des Bürgerbeauftragten Der Europäische Bürgerbeauftragte 311 hat zur Entwicklung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane maßgeblich beigetragen. Mit seiner Initiative zum Bestehen von Regeln über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten bei den verschiedenen Gemeinschaftseinrichtungen hat er deren umfassende Verbreitung eingeleitet. Seine Empfehlungen bei einzelnen Beschwerden haben das Zugangsrecht in mehreren Punkten geprägt. Nicht zuletzt hat der Bürgerbeauftragte versucht, durch eine Vielzahl von Reden in der Öffentlichkeit und bei den Institutionen ein Bewusstsein für mehr Offenheit und Transparenz innerhalb der Gemeinschaft herauszubilden. 312
/. Initiativen des Bürgerbeauftragten zur Verbreitung des Zugangsrechts auf andere Gemeinschaftseinrichtungen Im Rahmen seines Auftrages, die Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsbürgern und den Institutionen der Gemeinschaft zu verbessern und die Bürger vor Missständen bei der Tätigkeit der Gemeinschaftsorgane zu schützen, kann der Bürgerbeauftragte aufgrund einer Beschwerde von jedem Unionsbürger und jeder natürlichen oder juristischen Person mit (Wohn)Sitz in einem Mitgliedstaat oder aus eigener Initiative Untersuchungen anstellen (Art. 195 Abs. 1
3,1 Das Amt wurde seit der erstmaligen Besetzung 1995 von Jacob Söderman wahrgenommen, der 1999 im Amt bestätigt wurde. Am 15. Januar 2003 wurde als Nachfolger Nikiforos Diamaqdouros gewählt, ABl. 2003 L 43/43. 312 Siehe http://www.europarl.eu.int/ombudsman/speeches/de/default.htm .
128
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
E G 3 1 3 ) . Im Juni 1996 leitete der Europäische Bürgerbeauftragte aus eigener Initiative eine Untersuchung zum Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten ein, die sich bei bestimmten Gemeinschaftsinstitutionen und Organen befinden ( 6 1 6 / P U B A C / F / I J H ) . 3 1 4 Unter Berücksichtigung der Aussagen des E u G H in der Rs. Niederlande
/ Rat 315
kam er zu dem Schluss, dass die Weigerung, Regeln
über den Zugang der Öffentlichkeit zu verabschieden und diese auch der Öffentlichkeit leicht zugänglich zu machen, einen Missstand darstellt und sprach eine entsprechende Empfehlung aus 3 1 6 , der 13 der 14 angesprochenen Einrichtungen nachkamen. 3 1 7 Anfang 1999 weitete der Bürgerbeauftragte seine Untersuchung auf drei neu errichtete Einrichtungen und die europäische Vollstreckungsbehörde Europol aus. 3 1 8 A l l e haben auf Empfehlung des Bürgerbeauf313
Art. 107d EA, Art. 20d KS, vgl. auch Art. 21 EG (Petitionsrecht). Siehe weiter Art 2 Abs. 1 des Beschlusses 94/262 des EP vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeine Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten (ABl. 1994 L 113/15) und Art. 4, 5 der Durchführungsbestimmungen (ABl. 1998 C 44/14, dort nur Hinweis auf die Internetadresse). 314 ABl. 1997 C 272/40 ff., mit Sonderbericht an das Parlament, ABl. 1998 C 44/9, das hierauf eine Entschließung traf, ABl. 1998 C 292/170. Siehe auch Söderman, Akteneinsicht unter 5. (http://www.europarl.eu.int/ombudsman/speeches/pdf/de/eipa_de . pdf) und Pastor, Accès, S. 669 f. 315 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande /Rat, Slg. 1996 1-2169 Tz. 37: „Solange der Gemeinschaftsgesetzgeber keine allgemeine Regelung über das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den Dokumenten, die im Besitz der Gemeinschaftsorgane sind, erlassen hat, müssen diese die Maßnahmen, die die Behandlung darauf gerichteter Anträge betreffen, aufgrund ihrer internen Organisationsgewalt erlassen, in deren Rahmen sie geeignete Maßnahmen treffen können, um das reibungslose Arbeiten ihrer Dienststellen im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu gewährleisten." [Hervorhebung vom Autor] Der weitere Zusammenhang spricht für die bloße Befugnis zur Regelung: Tz. 39: „Somit ist der Rat beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts befugt, die Behandlung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten, die in seinem Besitz sind, zu regeln." und Tz. 40 und 41 : „erlassen konnte", „erlassen darf. Dazu auch Fünfter Abschnitt B. 316 Beschluss vom 20.12.1996, ABl. 1996 C 272/40 (3.6). 317 Europäisches Parlament, Rechnungshof, Europäische Investitionsbank, Wirtschafts- und Sozialausschuss, Ausschuss der Regionen (knapp hierzu Bradley CDE 1999, 283 (326 - 329)) und Europäisches Wirtschaftsinstitut, Europäische Stiftung für Berufsbildung, Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung, Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Europäische Umweltagentur, Übersetzungszentrale für die Einrichtungen der Europäischen Union, Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Europäische Agentur zur Beurteilung von Arzneimitteln. Der Gerichtshof hat keine Regelung getroffen, das Harmonisierungsamt für den Binnemarkt besaß bereits eine Regelung. Beim Bürgerbeauftragten: Art. 14 der Durchführungsbestimmungen seines Statuts. 3,8 OI/1/99/IJH Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/145. Betroffen waren die Europäische Zentralbank (ersetzt das Europäische Wäh-
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
129
tragten Zugangsregeln erlassen (Fundstellennachweis aller Einrichtungen in Anhang III).
2. Der Bürgerbeauftragte
als Beschwerdeinstanz
Das Recht, eine Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen, wurde von den Zugangsbeschlüssen 93/731, 94/90 und 97/632 des Rates, der Kommission und des Parlaments als Alternative und Ergänzung zur Nichtigkeitsklage vor dem EuG vorgesehen (ausführlicher im Vierten Abschnitt Β. V. 6. beim Rechtsschutz nach der VO (EG) Nr. 1049/2001). 319 Ihre Attraktivität gegenüber einer Klage besteht darin, dass keine zweimonatige Klagefrist, sondern eine zweijährige Beschwerdefrist einzuhalten ist 3 2 0 und nur geringe Kosten entstehen. Beschwerden können mit der Behauptung eines Verwaltungsmissstandes ohne Nachweis eigener Betroffenheit erhoben werden. Die Beschwerdegründe sind ebenso wenig auf den Bruch rechtsverbindlicher Regeln beschränkt, wie die späteren Ausführungen des Bürgerbeauftragten, der einzelne Beschwerden als Ausgangspunkt für Verbesserungen der Verwaltungspraxis einsetzen kann. 321 Andererseits ergeht kein rechtsverbindliches Urteil, und der Bürgerbeauftragte weist stets darauf hin, dass für Angelegenheiten des Gemeinschaftsrechts der Gerichtshof die höchste Autorität besitzt/ 22 Zudem besitzt der Bürgerbeauftragte für die Beurteilung verweigerter Dokumente nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 seines Statuts selber kein uneingeschränktes Zugangsrecht. 323 Das Potential des offenen Begriffs des „Verwaltungsmissstandes" hat der Bürgerbeauftragte in seinem Jahresbericht 1995 in der Dehnbarkeit des Begriffes über unrechtmäßiges Handeln hinaus gesehen. Daran hat sich durch den Versuch einer Definition im Jah-
rungsinstitut), die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und das Gemeinschaftliche Sortenamt. Europol fiel nach Art. 41 EU in das Mandat des Bürgerbeauftragten. 319 Heede, EPL 1997, 587 (600); Davis, WebJCLI 2000 Issue 1 unter „Quasi-Judicial Review" (http://webjcli.ncl.ac.uk/2000/issuel/davisl.html). 320 Art. 2 Abs. 4 des Beschlusses 94/262. 321 Zu den Vorteilen Tomkins, YEL 99/00, 217 (236 f., 242); Feik, Transparenz, S. 255. 322 Rs. T-l03/99, 22.5.2001 Associazione delle cantine sociali venete /Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 2000 11-4165. 323 Danach kann Zugang (nur) aus berechtigten Gründen der Geheimhaltung verweigert werden. Nach Satz 6 bleiben Beamte gegenüber dem Bürgerbeauftragten an die Pflicht zur Wahrung des Dienstgeheimnisses gebunden. Das Parlament befürwortete insoweit eine Änderung (A5-240/2001) des Statuts, die Kommission lehnte dies ab (KOM(2002) 133 endg.), Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2002 unter 2.7.3.
9 Meltzian
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
resbericht 1997 nichts geändert 324, der die Regeln und Grundsätze einer guten Verwaltungspraxis mit einschließt, die Gegenstand einer neuen Initiative des Bürgerbeauftragten sind. 325 In der praktischen Handhabung im Bereich des Zugangsrechts ist der Bürgerbeauftragte vereinzelt für seme zunächst minimalistische und an der Rechtmäßigkeit ausgerichtete Vorgehensweise kritisiert worden. 326
3. Beschwerden beim Bürgerbeauftragten a) Die Urheberregel / Art. 4 Abs. 4, 5 VO (EG) Nr. 1049/2001 Bei der Beschwerde 1056/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH 327 vertrat der Rat die Auffassung, der Vorsitz im Rat (Art. 203 Satz 2 EG) sei ein „anderes Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftseinrichtung" iSv Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 93/731. Daher sei der Rat nicht Urheber der angeforderten Dokumente und folglich nicht verpflichtet, Zugang zu ihnen zu gewähren. 328 Der Beschwerdeführer brachte vor, der Vorsitz im Rat sei keine andere Gemeinschaftseinrichtung, sondern eine Funktion des Rates selber. Der Rat gab darauf seine Position auf, unterschied aber weiter zwischen Dokumenten, die der Mitgliedsstaat in seiner Funktion als Vorsitz im Rat erstellt und solchen ohne Bezug zum Vorsitz. Für letztere gelte weiterhin die Urheberklausei. 329 In derselben Beschwerde verweigerte der Rat nach Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 den Zugang zu Dokumenten, bei denen er zusammen mit der Kommission und US-Behörden gemeinsamer Urheber war. 330 Der Beschwerdeführer vertrat, es müsse ausreichen, dass auch der Rat Urheber der Dokumente
324
Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1995, ABl. 1996 C 234/6 und 1997, ABl. 1998 C 380/12. 325 Ol/1/98/0V; näher Vierter Abschnitt Β. V. 4. 326 Tomkins, YEL 99/00, 217 (236 ff.). 327 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/95. 328 In der Beschwerde 1795/2002/IJH wurde festgestellt, dass das Präsidium des Europäischen Konvents nicht Teil des Rates ist oder einer Zugangsvorschrift unterfällt, jedoch im Rahmen guter Verwaltungspraxis weitgehenden Zugang gewährt. Unzufrieden hiermit das Parlament, A5-0298/2003 unter 4. 2. Spiegelstrich. 329 Vgl. B. 2. der internen Richtlinien des Rates für die Anwendung des Beschlusses 93/731 vom 29.1.1999; ähnlich unter der VO (EG) Nr. 1049/2001, Dok. 6203/02 vom 1.3.2002. 330 Für eine (unproblematische) gemeinsame Urheberschaft von zwei Gemeinschaftsorganen siehe Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 11.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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sei. Der Bürgerbeauftragte wies auf den Zweck des Beschlusses 93/731 hin, der Öffentlichkeit möglichst weiten Zugang zu gewähren. Art. 2 Abs. 2 sei formal keine Ausnahme, wirke aber faktisch wie eine Ausnahme. Die Ansicht des Rates zur gemeinsamen Urheberschaft würde ihre Reichweite beträchtlich erweitern. Das EuG habe aber festgestellt, dass Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz so angewandt werden müssen, dass sein Zweck nicht vereitelt wird. Da also weder Wortlaut noch Rechtsprechung die Argumentation des Rates stützen, könne er sich bei einer gemeinsamen Urheberschaft nicht auf Art. 2 Abs. 2 berufen. Als der Beschwerdeführer im Anschluss an die Entscheidung erneut um Zugang zu den Dokumenten bat, verweigerte der Rat den Zugang und stützte sich wiederum auf Art. 2 Abs. 2 des Beschlusses 93/731. 331 Die erbetenen Dokumente würden nie im Rat als solchem beraten oder zu den Akten genommen, sondern nur von Beamten des Generalsekretariats. Sie wären daher nicht „im Besitz des Rates befindliche Schriftstücke" iSd Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 und fielen aus dem Anwendungsbereich. 332 Der Bürgerbeauftragte hielt es für zulässig, dass der Rat unter Berücksichtigung seiner ersten Empfehlung die Ablehnung auf einen anderen Grund stellt, obgleich er die Gefahr eines endlosen Kreislaufs für den Beschwerdeführer anerkennt. 333 Inhaltlich verwies er auf Art. 207 Abs. 2 EG, wonach das Generalsekretariat den Rat unterstützt. Nach dem Beschluss 93/731 laufe das Antragsverfahren über die zuständigen Dienststellen des Generalsekretariats, die den Antrag prüfen (Art. 3 Abs. 2, 3; 6; 7 Abs. 1). Da es keine Anzeichen dafür gebe, dass das Generalsekretariat eine vom Rat getrennte Gemeinschaftseinrichtung ist, seien Dokumente im Besitz des Generalsekretariats „im Besitz des Rates" (Art. 1 Abs. 2) und der Beschluss 93/731 damit anwendbar. Schließlich gab der Rat die Dokumente für einen Zeitraum bis Februar 1998 frei. In einem neuen Antrag, der sich bereits nach der VO (EG) Nr. 1049/2001 richtete, ersuchte der Beschwerdeführer Zugang zu den Dokumenten seit Februar 1998. Da es sich um gemeinsam mit US-Behörden erstellte Dokumente handelt, hat der Rat sie nach Art. 4 Abs. 4 konsultiert und, da sie eine teilweise Freigabe ablehnen, den Zugang gestützt auf Art. 4 Abs. 1 a) der VO (internationale Beziehungen) verweigert. Der Beschwerdeführer rügt, dass der Rat nach
331 Beschwerde 916/2000 vom 1.3.2001, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2001, S. 219 332 Vgl. Β. 1. der internen Richtlinien des Rates für die Anwendung des Beschlusses 93/731 vom 29.1.1999. 333 Siehe auch oben 8. d). Im vorliegenden Fall war die Beschwerde 1996 eingereicht worden. Die erste Entscheidung erging im Juni 1998, die zweite am 1.3.2001. Nach der Beschwerde 1346/98/OV vom 18.5.2000 ist es ein Verwaltungsmissstand, zu unterschiedlichen Gelegenheiten wechselnde Gründe für eine Entscheidung zu geben.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
der Konsultation keine eigenständige Einschätzung vorgenommen hat. Aus den zuvor freigegebenen Dokumenten ergebe sich, dass keine sensiblen Daten enthalten seien. Auch sei jedenfalls teilweiser Zugang nach Art. 4 Abs. 6 zu berücksichtigen. Zu Berücksichtigen ist, dass der Rat nach Art. 4 Abs. 4 Dritte nur konsultiert, um selbst zu beurteilen, ob eine Ausnahme vorliegt. Liefert der Dritte durch seine pauschale Ablehnung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ausnahme, kann der Rat zwar aus der Ablehnung an sich folgern, dass eine Freigabe die Beziehungen zu dem Dritten belastet. In diesem Fall würde dem Dritten jedoch ein Veto-Recht eingeräumt, das ihm, im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 5, gerade nicht zusteht. Im Ergebnis kann der Rat die Zugangsverweigerung daher nicht allein mit der Ablehnung des Dritten begründen, denn die Freigabe harmloser Dokumente ist nicht geeignet, die internationalen Beziehungen zu belasten. Der Rat muss konkrete Tatsachen vortragen, weshalb die Freigabe die Beziehungen belasten wird. Dem ist er hier bislang nicht nachgekommen.334 In der Beschwerde 1753/2002/GG 335 begehrte ein irischer Bürger nach der VO (EG) Nr. 1049/2001 bei der Kommission Zugang unter anderem zu zwei von Irland vor Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1049/2001 an die Kommission gesandten Schreiben. Die Kommission erklärte, in diesen Fällen die Mitgliedstaaten systematisch zu konsultieren, ob sie der Freigabe ihrer Dokumente zustimmen. Da die irischen Behörden um die Verweigerung des Zugangs baten, lehnte die Kommission den Antrag ab. Der Beschwerdeführer rügte, dass die Offenlegung der Schreiben keines der in der Verordnung Nr. 1049/2001 dargelegten Interessen gefährdet hätte. Der Bürgerbeauftragte kam zu dem Schluss, dass die Kommission im Einklang mit der Rechtsprechung des EuG handelte 336 , jedoch entgegen ihrer eigenen Durchführungsvorschriften 337. Die Durchführungsvorschriften sehen vor, dass die Kommission das Dokument ohne Konsultation des Dritten freigibt, wenn das Dokument entweder vom Urheber veröffentlicht worden ist oder seine Freigabe offensichtlich kein schützenswertes Interesse berührt (Art. 5 Abs. 3). Nur „in allen übrigen Fällen" sollte der Urheber konsultiert werden, insbesondere wenn das Dokument der Kommission vor Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1049/2001 übermittelt worden war (Art. 5 Abs. 4). Angesichts des Widerspruchs zwischen diesen Bestimmungen und der prakti-
334
Siehe seine Formulierung in der Antwort:
„In those circumstances [Ablehnung seitens der US-Behörden], the General Secretariat cannot but conclude that the release would disturb the cooperation between the EU and the US." 335 336 337
Entscheidung vom 28.11.2003. Rs. T-76/02, 17.9.2003 Mara Messina /Kommission Tz. 40, 55. Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom, ABl. 2001 L 345/94.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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zierten, angemessenen Vorgehensweise, empfahl der Bürgerbeauftragte der Kommission, die Durchführungsvorschriften klarzustellen.
b) Mehrfachanträge und/oder Anträge, die umfangreiche Dokumente betreffen (Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses 93/ 731) Das Problem der Mehrfachanträge und Anträge nach umfangreichen Dokumenten wurde vor dem EuG nie behandelt, weil die Betroffenen es aus Kostenund Fristgründen bevorzugten, Entscheidungen vor dem Bürgerbeauftragten zu erlangen. Der Bürgerbeauftragte ordnet Art. 3 Abs. 2, wie die Urheberregel, als faktische Ausnahme ein und folgert daraus eine zweckorientierte, enge Auslegung und Anwendung. Bei der Beschwerde 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH 338 ersuchte der Beschwerdeführer Zugang zu Protokollen von vierzehn Ausschusstreffen. Der Rat lehnte unter Berufung auf Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 den Antrag ab, weil es sich um einen sog. Mehrfachantrag handele und um einen Antrag, der eine umfangreiche Anzahl von Dokumenten betreffe. Als angemessene Lösung gewährte er Zugang zu fünf der vierzehn Dokumenten.339 Der Beschwerdeführer trug vor, der Begriff „Mehrfachantrag" beziehe sich auf eine Situation, in der eine Person wieder und wieder Zugang zu einem Dokument ersuche. Art. 3 Abs. 2 spreche von „umfangreichen Dokumenten" nicht einer „umfangreichen Anzahl von Dokumenten". Der Rat antwortete, der Begriff „Mehrfachanträge" beinhalte Fälle, in denen eine Person über lange Zeit regelmäßig und systematisch Anträge auf Zugang zu einer großen Anzahl von Dokumenten derselben Art verlange, die nicht notwendig identisch sein müssen. Allein diese Auslegung gebe Art. 3 Abs. 2 eine praktische Wirkung. Der Bürgerbeauftragte entschied, dass Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz, möglichst weiten Zugang zu gewähren, restriktiv anzuwenden sei, um nicht den Zweck des allgemeinen Grundsatzes zu vereiteln. Der Begriff „Mehrfachantrag" scheine Anträge nach demselben Dokument zu meinen. In diesem Fall ermögliche Art. 3 Abs. 2 dem Rat, eine angemessene Lösung zu finden, wenn der Antragsteller mehrfach einen Antrag stellt, mit der Behauptung, die Umstände für die Ablehnung hätten sich geändert. Die Auslegung des Rates vereitele den allgemeinen Grundsatz, denn der Beschluss
338 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/92. Ähnlich Beschwerde 634/97/PD, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/103 339 Der Ratsbeschluss weicht insoweit vom Verhaltenskodex und der Umsetzung durch die Kommission ab, als er die angemessene Lösung nach Art. 3 Abs. 2 nicht im Benehmen mit dem Antragsteller herbeiführt. In der Praxis bedeutet das, dass der Rat nur einen von ihm ausgewählten kleinen Teil der Dokumente freigibt.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
93/731 kenne keine Begrenzung der Zahl von nachgefragten Dokumenten. In diesem Fall verstoße seine Auslegung gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, da es vorher nicht möglich ist abzusehen, wie viele verschiedene Dokumente man nachfragen könne, bevor der Rat von einem Mehrfachantrag ausgeht. Das gleiche gelte für die Auslegung des Begriffs „umfangreiche Dokumente". Bei der Beschwerde 1087/10.12.96/STATEWATCH/UK/IJH 340 hatte der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von zwei Wochen vier Anträge auf Zugang zu insgesamt 104 Dokumenten gestellt. Der Rat verwies auf Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 und berücksichtigte als angemessene Lösung nur die Dokumente des laufenden Jahres. Dies betraf einen Teil der Dokumente des vierten Antrags und weniger als VA aller angeforderten Dokumente. Von den Dokumenten des laufenden Jahres wiederum wurde nur ein Teil freigegeben. Für den Rest überwiege bei der Abwägung der in Rede stehenden Interessen nach Art. 4 Abs. 2 die Vertraulichkeit der Beratungen, da die Materien noch diskutiert würden oder erst kürzlich verabschiedet worden seien. Diese Argumentation erscheint kritikwürdig, da der Rat von sich aus nur die Dokumente des laufenden Jahres berücksichtigte. Der Bürgerbeauftragte verneinte die Anwendung einer angemessenen Lösung für die vier Anträge. Die Anwendung von Art. 4 Abs. 2 hielt er nicht für fehlerhaft.
c) Das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses In der Beschwerde 412/2003/GG 341 begehrte ein Beschwerdeführer nach Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1049/2001 Zugang zu einem Gutachten des Juristischen Dienstes. Gemäß der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 2. Spiegelstrich (Schutz der Rechtsberatung) konnte der Zugang verweigert werden, sofern nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht. Der Bürgerbeauftragte bejahte ein öffentliches Interesse, da der Antragsteller mit dem Dokument wissenschaftliche Ziele verfolgte. Das allein sei aber kein „überwiegendes" öffentliches Interesse, sonst sei die Ausnahme ohne Bedeutung. Weder das Interesse des Antragstellers an der Freigabe des Dokuments, noch das seines mit Steuermitteln geforderten Forschungsinstituts oder zukünftiger Leser überwiege das Geheimhaltungsinteresse bei Gutachten des Juristischen Dienstes, so dass der Antrag abzulehnen war. Die Entscheidung verdeutlicht die zweistufige Prüfung der Ausnahmen in der VO (EG) Nr. 1049/2001 mit einer „public interest override": Zuerst muss ein öffentliches Interesse an der Freigabe begründet, in einem zweiten Schritt dann sein Überwiegen gegenüber den Geheimhaltungsinteressen dargelegt werden. Schwierigkeiten bereitet die Kon340 341
Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/24. Entscheidung vom 21.7.2003.
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
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turlosigkeit des Begriffs „öffentliches Interesse". Selbst wenn man hierbei, wie der Bürgerbeauftragte, Fernziele des Antragstellers (wissenschaftliche Veröffentlichung) berücksichtigt und nicht als unbeachtliches persönliches Interesse qualifiziert, bleibt fraglich, wann konkret das Interesse an der Freigabe die gegenläufigen Schutzinteressen überwiegt. 342
d) Die Reichweite einzelner Ausnahmen: Dokumente, die Teil einer Untersuchung sind oder vom Juristischen Dienst erstellt wurden In der verbundenen Beschwerde 271 und 277/2000/(IJH)JMA 343 begehrte eine Umweltorganisation Zugang zu zwei Studien über die Einhaltung von Umweltrichtlinien durch einen Mitgliedstaat, welche die Kommission bei einem externen Unternehmen in Auftrag gegeben hatte. Die Kommission stützte die Verweigerung des Zugangs auf die Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Inspektionen), da es sich um vorbereitende Dokumente handele, die zur Einleitung von Untersuchungen führen und später in einem Vertragsverletzungsverfahren enden könnten. Der Bürgerbeauftragte zog die Urteile WWF und Bavarian Lager 344 heran, wonach der Zugang zu Dokumenten verweigert werden kann, die Teil einer Untersuchung sind, die zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen kann. Die Untersuchung sei durch Verhandlungen zwischen dem Mitgliedstaat und der Kommission gekennzeichnet und beginne, sobald die Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass eine Gemeinschaftsrechtsverletzung vorliegt. Die Auslegung der Kommission führe dazu, dass Zugang zu jedem Dokument in ihrem Besitz verweigert werden kann, das tatsächliche oder rechtliche Angaben über die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch die Mitgliedstaaten enthält und daher die mögliche Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens in der Zukunft beeinflusst. Die beantragten Dokumente seien vor jeder Untersuchung in Auftrag gegeben worden, und die Kommission habe zur Zeit der Antragstellung keine Vorbereitungen für ein Vertragsverletzungsverfahren begonnen. Daher durfte sie die Verweigerung nicht auf den Schutz ihrer Untersuchungstätigkeit stützen. Damit spricht der Bürgerbeauftragte erstmals an, ab wann die Ausnahme eingreift, während die Urteile WWF, Bavarian Lager und Denkavit 345 nur Rückschlüsse zuließen, bis wann die Ausnahme herangezogen werden kann.
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Näher Vierter Abschnitt B. III. 1. Entscheidung vom 31.5.2001, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2001, S. 237. 344 Rs. T-l05/95, 5.3.1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313; Rs. T-309/97, 14.10.1999 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 11-3217. 345 Rs. T-20/99, 13.9.2000 Denkavit Nederland BV/ Kommission Slg. 2000 11-3011. 343
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
In der Beschwerde 1542/2000/(PB)SM 346 ersuchte der Antragsteller Zugang zu zwei Rechtsgutachten des Juristischen Dienstes. Der Rat stützte seine Verweigerung, dem Beschluss in der Rs. Carlsen 347 folgend, auf Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 93/731 (Schutz des öffentlichen Interesses). Andernfalls sei es ihm in Zukunft nicht möglich, unabhängigen juristischen Rat zu erhalten. Der Bürgerbeauftragte differenzierte: Das erste Dokument enthalte eine Stellungnahme zu Rechtsfragen im Kontext zukünftiger Rechtsstreitigkeiten und stehe dem Schriftverkehr zwischen Mandanten und Anwalt gleich. Eine Freigabe würde das öffentliche Interesse beeinträchtigen, so dass sich der Rat zulässigerweise auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 1 berufen könne. 348 Das zweite Dokument dagegen enthalte Hinweise, wie sich der Rat im Rahmen eines Rechtsetzungsverfahrens verhalten sollte. Solche Dokumente entsprächen nicht dem Austausch zwischen Mandant und Anwalt, sondern seien vorbereitende legislative Dokumente, zu denen nach Art. 207 Abs. 3 EG weitergehender Zugang zu gewähren sei, jedenfalls nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens und sofern keine andere Ausnahme eingreife. 349 Die Begründung des Rates sei daher nicht ausreichend. Der Rat lehnte die Empfehlung des Bürgerbeauftragten ab. Nach Art. 207 Abs. 3 EG sei auch die Wirksamkeit des Beschlussfassungsverfahrens zu wahren und dem öffentlichen Interesse sei durch die Nicht-Freigabe mehr gedient. Eine Offenlegung der Gutachten, die im Ergebnis falsch sein könnten oder deren Empfehlungen vom Rat nicht berücksichtigt wurden, könnten die Anfechtung von Rechtsakten des Rates fordern. Der Juristische Dienst könne sich dann als Prozessvertreter des Rates von der im Gutachten vertretenen Position nur schwer lösen. Eine Unterscheidung zwischen positiven und negativen Gutachten sei nicht möglich. Die Freigabe positiver Gutachten lasse den Umkehrschluss zu, dass die nicht freigegebenen Gutachten zu einem negativen Ergebnis kommen. Zunächst neutrale Aussagen könnten bei einer späteren Praxisänderung den Interessen des Rates zuwiderlaufen. Der Bürgerbeauftragte war der Ansicht, dass die Argumentation des Rates eine Weigerung der Freigabe gestützt auf eine Ausnahme begründe, jedoch nicht den grundsätzlichen Ausschluss und wandte sich daher mit einem Sonderbericht an das Europäische Parlament. 350 Das Parlament kritisiert die systematische Ablehnung durch den Rat und empfiehlt eine Klarstellung des Wortlauts
346 347 348 349 350
Entwurf einer Empfehlung vom 18. Oktober 2001. Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. /Rat Slg. 1998 11-485. Nach Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf Art. 4 Abs. 2 (Rechtsberatung). Nach Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 wäre dies Art. 4 Abs. 3. http://www.euro-ombudsman.eu.int/special/pdf/de/001542.pdf .
Β. Fortentwicklung des Zugangsrechts
137
im Sinne des Bürgerbeauftragten. 351 Die VO (EG) Nr. 1049/2001 hat mit Art. 4 Abs. 2 2. Spiegelstrich eine eigene Ausnahme zum Schutz der „Rechtsberatung" eingeführt. Der Charakter als Ausnahme macht deutlich, dass eine systematische Ablehnung unzulässig ist, sondern eine Einzelfallprüfung stattfinden muss. Die Anwendung der Ausnahme ist Gegenstand der Rs. T-84/03 Turco / Rat. 352
e) Zuständigkeit des Bürgerbeauftragten bei Beschwerden über Zugang zu Dokumenten im Bereich der GASP und PJZS In der Beschwerde 1087/10.12.96/STATEWATCH/UK/IJH 353 zweifelte der Rat die Zuständigkeit des Bürgerbeauftragten an, da es sich um eine Angelegenheit des Titels V EU (PJZS) handele, auf die sich sein Mandat nicht erstrecke. Der Bürgerbeauftragte verwies auf die Aussage des EuGH in der Rs. Niederlande / Rat 354, wonach die Rechtswirkungen vom Beschluss 93/731 ausgehen, der auf Art. 151 EGV (Art. 207 EG) gestützt ist. In der Rs. Carvel 355 habe das EuG einen Fall über Zugang zu Dokumenten der PJZS entschieden, obwohl seine Jurisdiktion nach Art. L EUV (Art. 46 EU) ebenfalls begrenzt war. Hierfür hätte das Gericht keine Jurisdiktion besessen, wenn es sich um eine Angelegenheit der PJZS gehandelt hätte. Der Zugang zu Dokumenten sei eine Frage des Gemeinschaftsvertrages und falle auch dann nicht in den Titel V des EU, wenn die Dokumente sich auf Handlungen in diesem Bereich beziehen. Drei Monate später wies das EuG in der Rs. Svenska JournalistfÖrbundet 356 mit einer ähnlichen Begründung Einwände gegen seine Zuständigkeit ab.
f) Die Pflicht zum Errichten eines vollständigen Registers In der Beschwerde 1055/25.11.1996/STATEWATCH/UK/IJH 357 wurde das Fehlen eines aktuellen Verzeichnisses der Ratsmaßnahmen in den Bereichen 351
A5-0298/2003, unter 4. 5. Spiegelstrich und 9., 4. Spiegelstrich. Zu ablehnenden Zweitanträgen etwa Dok. 9698/03, 9924/03, 9986/03, 10606/03, 10649/03. 352 Rs. T-84/03, 28.2.2003, Maurizio Turco / Rat, ABl. 2003 C 112/38, 10.5.2003. Siehe auch die Beschwerden 1015/2002/(PB)IJH, und 412/2003/GG und etwa die Zweitanträge Dok. 9698/03, 9924/03, 9986/03, 10606/03, 10649/03 und 5152/04. 353 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/24. 354 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande/Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 38, 40. 355 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel ά Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765. 356 Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 85. 357 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/141.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Justiz und Inneres gerügt. Der Rat verwies auf die spätere Jahresübersicht seiner Tätigkeiten. Im Rahmen einer einvernehmlichen Lösung wies der Bürgerbeauftragte darauf hin, dass das Führen eines aktuellen Verzeichnisses ein wesentlicher Grundsatz guter Verwaltungspraxis sei und das Fehlen einen Missstand darstellen könne. Eine jährliche Aufstellung zum Abschluss könne zu Auslassungen führen, daher wäre ein laufendes Verzeichnis effizienter. Der Rat erwiderte, er führe ein aktuelles Verzeichnis der verabschiedeten Maßnahmen und verwies auf eine Entschließung des Rates der Justiz- und Innenminister vom 19. März 1998, wonach eine Liste der im Bereich Justiz und Inneres verabschiedeten Rechtsakte im Volltext über das Internet zugänglich gemacht wird. Eine Liste der Maßnahmen könne der Jahresübersicht entnommen werden. Der Beschwerdeführer wies auf die Divergenz von Rechtsakten und Maßnahmen. Der Bürgerbeauftragte empfahl daraufhin dem Rat, der Öffentlichkeit sein aktuelles Verzeichnis der verabschiedeten Maßnahmen zugänglich zu machen, da es sich um Dokumente im Sinne des Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses 93/731 handele. Bei der Beschwerde 917/2000/GG 358 hatte der Beschwerdeführer festgestellt, dass der Rat bestimmte Dokumentkategorien bewusst weder in Tagesordnungen noch Abschlußberichten oder sonstigen offiziellen Dokumenten aufführt. 359 Es handelte sich dabei um DS 3 6 0 oder Sitzungsdokumente, SN-Dokumente361, Dokumenten mit der Kennzeichnung „limite" 3 6 2 , sog. Non-Papers und Dokumente mit der Klassifikation „nur für den Dienstgebrauch" 363. In seinem Antrag ersuchte der Beschwerdeführer Zugang zu allen Dokumenten, einschließlich der eben genannten Kategorien. Der Rat unterschied in seiner Antwort die vorbereitenden Dokumenten in zwei Gruppen: Neben offiziellen Dokumenten, denen ein gewisser Grad an Endgültigkeit zu eigen ist, gäbe es Papiere, die von einer einzelnen Person oder
358
Entscheidung vom 1.3.2001, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2001, S. 256. Siehe auch die Beschwerde 633/97/PD, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/138, zum Fehlen eines öffentlichen Registers für Kommissionsdokumente. 359 Vgl. B. 1. der internen Richtlinien des Rates für die Anwendung des Beschlusses 93/731 vom 29.1.1999 und zuvor die interne Anweisung des Generalsekretärs vom 22.10.1998 (ACC-013/98). 360 „documents des séance", „room/meeting documents". 361 „documents sans «umero", die in der Praxis zur Unterscheidung Nummern tragen. 362 Sie wird nach dem Handbuch des Rates Bd. II S. 46 „in aller Regel" verwendet. Die Vermerke „SN" und „limite" sind keine Einstufung als Verschlusssache (Art. 2 Abs. 7 Entscheidung des Generalsekretärs 107/00 vom 28.8.2000). Sie bezeichnen „dienstinterne Dokumente, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind". 363 Niedrigster Klassifikationsgrad, damals definiert als: „Informationen, deren unautorisierte Freigabe unangemessen oder verfrüht wäre", Art. 2 Abs. 1 d) Entscheidung des Generalsekretärs 107/00 vom 28.8.2000.
Β. Die Fortentwicklung des Zugangsrechts
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einer sehr kleinen Gruppe von Personen als Vorüberlegung erstellt werden und rein vorläufiger, vergänglicher Natur sind. Die Dokumente geben eine persönliche Auffassung wieder, die unvollständig oder inakkurat sein kann. Wenn der Inhalt Anklang findet, tauche er am Ende in einem offiziellen Dokument auf. Nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung sei es weder notwendig noch angemessen, ein vollständiges, zentrales Register für jedes Papier im Umlauf, egal wie flüchtiger Natur, zu führen. Dadurch entstehe ein ganz erheblicher Verwaltungsaufwand für das Generalsekretariat. Der Beschwerdeführer entgegnete, dass der Beschluss 93/731 keine Unterscheidung treffe zwischen offiziellen Dokumenten und solchen von vorübergehender und vergänglicher Natur. Entscheidend sei, ob man dem Bürger das Recht zugestehe, auch die Argumente zu kennen, die sich nicht durchsetzen konnten. Der Bürgerbeauftragte verwies auf Art. 1 Abs. 1,2 des Beschlusses 93/731: Danach gilt als Dokument des Rates vorbehaltlich Art. 2 Abs. 2 jedes im Besitz des Rates befindliche Schriftstück mit bereits vorhandenen Informationen. Der Beschluss 93/731 gewährleiste einen möglichst umfassenden Zugang. Daraus folge, dass der Bürger über das Register ein Recht hat zu erfahren, welche Dokumente bei einer Entscheidung des Rates eine Rolle gespielt haben, ohne dass der Rat zu allen diesen Dokumenten Zugang gewähren müsse. Nach geltendem Recht stelle der Ansatz des Rates daher einen Verwaltungsmissstand dar. Da das Zugangsrecht alle Dokumente, unabhängig von ihrer Natur, erfasse, würde seine Ausübung schwer behindert oder sogar vereitelt, wenn der Bürger nicht auch wisse, welche Dokumente im Besitz des Rates sind. Der Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung erfordere daher, alle Dokumente, die bei der Entscheidung des Rates eine Rolle spielen, in einem zugänglichen Register aufzulisten. Der zusätzliche Verwaltungsaufsvand müsse im Hinblick auf den grundlegenden Charakter des Zugangsrechts hingenommen werden. Der Rat hielt seine Haltung in einer begründeten Antwort aufrecht. Alle Dokumente, die Grundlage der Überlegungen und Diskussionen seien oder den Entscheidungsprozess beeinflussten, müssten registriert werden, nicht aber kurzlebige Dokumente von sehr begrenzter Nutzungsdauer, wie ζ. B. Formulierungsvorschläge, die mündliche Einwendungen während eines Treffens ersetzen oder unterstützen und entweder sogleich verworfen werden oder aufgegriffen und dann in einem nachfolgenden Dokument erscheinen. Darauf hat der Bürgerbeauftragte nach Art. 3 Abs. 7 seines Statuts einen Sonderbericht an das Europäische Parlament verfasst. Es sei fraglich, ob der Rat seine Empfehlung umsetze. Der Rat führe die Formulierungsvorschläge als nicht abschließendes Beispiel an. Es sei nicht nachprüfbar, ob sie nur mündliche Einwendungen ersetzen oder ergänzen. Als eigentliches Kriterium für den Ausschluss der Dokumente vom Register ziehe er die begrenzte Dauer ihrer Nützlichkeit heran, was nicht objektiv angewandt werden könne. Auch wenn ein Vorschlag in einem Folgedokument auftauche, bestehe ein Recht zu erfahren, von wem er stamme und um so mehr, welche Vorschläge abgelehnt worden sei-
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
en. Zusätzlich verwies er auf Art. 11 der neuen VO (EG) Nr. 1049/2001, dem er eine umfassende Registerpflicht entnahm. Die fehlende Unterscheidungskraft verdeutlichen die Durchfuhrungsvorschriften des Rates: Art. 11 Anhang III seiner GO sieht vor, dass Direktzugang erst nach der internen Verteilung der endgültigen Fassung eines Dokuments erfolgt (Art. 11 Abs. 2). „Endgültige Fassungen" existieren aber nach Absatz III bis V unter anderem von vorläufigen Tagesordnungen, Zwischenberichten, informatorischen Vermerken, Annahmevermerken und Entwürfen von Gesetzgebungsakten.
g) Zusammenfassung Die Urheberregel kommt bei gemeinsamer Urheberschaft nicht zur Anwendung, da auch das Organ Ersteller ist. Unter der VO (EG) Nr. 1049/2001 muss das Organ nach Konsultation des Dritten das Vorliegen einer Ausnahme im einzelnen begründen. Die pauschale Ablehnung des Dritten reicht hierfür nicht aus. Das Vorbringen des Rates, sein Vorsitz bzw. Generalsekretariat seien eigenständige Urheber, diskreditiert die Urheberregel und verdeutlicht die Bedeutung einer engen Auslegung in Zweifelsfällen. „Mehrfachanträge" beziehen sich auf mehrfache Anträge nach demselben Dokument, nicht mehreren Dokumenten derselben Art. „Anträge, die umfangreiche Dokumente betreffen", beziehen sich nicht auf eine umfangreiche Anzahl von Dokumenten. In beiden Fällen fehlt ansonsten die erforderliche Rechtssicherheit, um die Zahl nachfragbarer Dokumente zu bestimmen, bevor es zu einer „angemessenen Lösung" kommt. Der Rat darf nicht mehrere Anträge zusammenfassen und einer angemessenen Lösung zuführen. Der Begriff des öffentlichen Interesses in der VO (EG) Nr. 1049/2001 ist konturenlos. Das Interesse eines Antragstellers an der Freigabe eines Dokuments kann unter Berücksichtigung der weitergehenden Verwendung (wissenschaftliche Veröffentlichung) ein öffentliches Interesse darstellen. Es überwiegt aber für sich genommen noch nicht die gegenläufigen Geheinhaltungsinteressen. Der Schutz des öffentlichen Interesses (Inspektionen) erfasst nicht Dokumente, die vor und unabhängig von einer konkreten Untersuchung erstellt wurden. Bei Dokumenten des juristischen Dienstes ist zu unterscheiden zwischen Stellungnahmen zu Rechtsfragen im Kontext zukünftiger Rechtsstreitigkeiten und Hinweisen im Rahmen eines Rechtsetzungsverfahrens. Letztere Gruppe sind legislative Dokumente, zu denen nach Art. 207 Abs. 3 EG weitergehender Zugang zu gewähren ist. Der Bürgerbeauftragte ist für Beschwerden über Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich der GASP und PJZS (Titel V und VI EU) zuständig. Die Organe sind verpflichtet, ein vollständiges und aktuelles Register ihrer Dokumente zu führen. Ein Ausschluss kurzlebiger Dokumente von begrenzter Nutzungsdauer ist nicht objektiv anwendbar und daher abzulehnen.
C. Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag
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C. Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag Die Regierungskonferenz von Amsterdam gab der Gemeinschaft nach der Akzeptanzkrise im Anschluss an den Maastrichtvertrag zum ersten Mal die Möglichkeit, ihren Willen zu mehr Transparenz primärrechtlich umzusetzen. Die Rahmenbedingungen hierfür hatten sich verbessert: Die Anwendung der Zugangsbeschlüsse von Rat (93/731) und Kommission (94/90) hatte sich als problemlos herausgestellt. Die Rechtsprechung tendierte trotz Zurückhaltung bei der Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu einer Stärkung des Zugangsrechts. 364 Das Fehlen von Zugangsvorschriften hatte der Bürgerbeauftragte als Verwaltungsmissstand bezeichnet und alle Gemeinschaftseinrichtungen zur Verabschiedung aufgefordert. Ein bedeutender Impuls ging schließlich vom Beitritt Schwedens und Finnlands aus 365 , die sehr weit entwickelte Zugangsrechte besassen und sich fortan beständig für den Ausbau des gemeinschaftlichen Zugangsrechts einsetzten, um diese Lücke zu schließen. Unter diesen Umständen brachte der Amsterdamer Vertrag eine Aufwertung des Zugangsrechts zu Dokumenten 366 : In Art. 1 Abs. 2 EU wird mit der Pflicht zu einer möglichst offenen Entscheidungsfindung ein allgemeiner unionsweiter Transparenzgrundsatz aufgenommen. Seine bedeutendste Ausprägung ist Art. 255 EG, der primärrechtlich ein subjektives Recht auf Zugang zu Dokumenten von Rat, Kommission und Parlament verankert. Die Art. 28 und 41 EU dehnen seine Reichweite auf die Bereiche der GASP und PJZS aus, Erklärung Nr. 41 sieht seine Anwendbarkeit auch für den Bereich des EGKSV und EAGV vor. 3 6 7 Art. 207 Abs. 3 EG verpflichtet zu besonderer Transparenz bei legislativen Dokumenten des Rates, während Erklärung Nr. 35 die Aufgabe der Urheberregel impliziert und den Mitgliedstaaten bei der Freigabe ihrer Dokumente durch die Gemeinschaft ein Vetorecht einräumt. 368
364 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765; Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169; Rs. T-l05/95, 5.3.1997 WWF UK Slg. 1997 11-313; kritischer Heitsch, Verordnung, S. 10: große Zurückhaltung der Rechtsprechung bis in jüngste Zeit. 365 Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 3; Wegener, in Calliess / Ruffert, Art. 255 Rn. 3; Pastor, Accès, S. 680; Roberts, EPL 2002, 255 (259, 268 f.); Westlake, Amsterdam, S. 137; Bartelt /Zeitler, EuR 2003, 487 (488); Riemann, Transparenz, S. 34. 366 Zur Genese der Formulierungen: Pastor, Accès, S. 671 f.; Morviducci, RIDPC 2000, 665 (700). 367 ABl. 1997 C 340/140; näher Vierter Abschnitt B. II. 2. e). 368 ABl. 1997 C 340/137; näher Vierter Abschnitt B. II. 2. b).
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
I. Art. 1 Abs. 2 EU: Möglichst offene Entscheidungsfindung Nach Art. 1 Abs. 2 EU werden Entscheidungen in der Union möglichst offen getroffen. Dem wird zu Recht ein allgemeiner Transparenzgrundsatz entnommen, der alle Bereiche (GASP, PJZS, EAGV und EGKSV) und Einrichtungen erfasst. 369 Ihm wird sogar eine Verpflichtung der einzelnen Mitgliedstaaten entnommen, unabhängig davon, ob sie unionsrelevant handeln, da Offenheit zur Entscheidungsmaxime „in der Union" geworden ist, nicht nur des Handelns der Union. 370 Die Funktion des Art. 1 Abs. 2 EU wird in der Stärkung demokratischer Kontrolle, Legitimation und Akzeptanz bei den Bürgern gesehen.371 Wenngleich Entscheidungen nur möglichst offen zu treffen sind, enthält Art. 1 Abs. 2 EU keine Ausnahmen. Offenheit ist daher die Regel, und die Notwendigkeit der Geheimhaltung muss bewiesen werden. 372 Zu weit geht Curtin, die vertritt, dass seit der Verabschiedung des Amsterdamer Vertrages Art. 1 Abs. 2 EU den erreichten Stand der Offenheit fixiere, den die Gemeinschaft nicht mehr verringern dürfe. Das verhindere zum einen die Vorwirkungen des Art. 18 Wiener Vertragsrechtskonvention 373, zum anderen sei Art. 1 Abs. 2 EU mit der Unionsbürgerschaft verknüpft, die ergänzend zu den Rechten als Staatsangehöriger tritt. Daraus folge, dass der auf nationaler Ebene erreichte Rechtsstatus an Offenheit auf Gemeinschaftsebene nicht verringert werden dürfe. 374 Das EuG hat in der Rs. Petrie 375 mangels hinreichender Klarheit die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 1 Abs. 2 EU abgelehnt. Hierfür fehlt auch die Jurisdiktion nach Art. 46 EU. Einzelne Pflichten können jedoch seinen Ausprägungen entnom-
369
Offizielle Erläuterungen des Dt. Bundestages (Drs. 13/9339 S. 143, 159); Wegener, in: Calliess / Ruftert, Art. 255 Rn 1; Calliess, in: Calliess / Ruffert, Art. 1 EU Rn. 34; Schwarze /Stumpf, Art. 1 Rn. 25; Pechstein, in: Streinz, Art. 1 EUV Rn. 35; Leger/ Anton, Art. 1 Rn. 5, 7; Blanchet, RTDE 1997, 915 (924); Riemann, Transparenz, S. 123. 370 Schwarze / Stumpf, Art. 1 Rn. 23, 26; HdKommentar / Klein, Art. A Rn. 68 zur parallelen Bürgernähe. Zu Recht ablehnend Pechstein, in: Streinz, Art. 1 EUV Rn. 35. 371 Schwarze / Stumpf Art. 1 Rn. 27; Calliess, in: Calliess / Ruffert, Art. 1 EU Rn. 35; Stein, in: Hummer, Amsterdam, S. 148. 372 Bradley, CDE 1999, 283 (310); Leger / Anton, Art. 1 Rn. 7. 373 Curtin, Legal Issues, S. 72, 76. Die W V K (BGBl. 1985 II S. 927) bindet nur die Vertragsstaaten, die Gemeinschaft aber insoweit, als sie Bestandteile des Völkergewohnheitsrechts wiedergibt. Vgl. Rs. C-286/90, 24.11.1992 Anklagemyndigheden gegen Peter Michael Poulsen und Diva Navigation Corp. Slg. 1992 1-6019; Rs. C-162/96, 16.6.1998 A. Racke GmbH & Co. / Hauptzollamt Mainz Slg. 1998 1-3655 und zu Art. 18 WVK Rs. T-155/94, 22.1.1997 Opel Austria GmbH/ Rat Slg. 1997 11-39. 374 Curtin, CMLRev 2000, 7 (15). 375 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 34, 35.
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men werden, deren Auslegung Art. 1 Abs. 2 EU beeinflusst 376, unabhängig von seiner unmittelbaren Anwendbarkeit. 377 Konkretisierungen betreffen neben dem Zugangsrecht (Art. 255; 207 Abs. 3 Satz 2, 3 EG), Veröffentlichungspflichten (Art. 254; 207 Abs. 3 Satz 4 EG), öffentlich übertragene Tagungen (Art. 8 GO des Rates), vereinfachte Entscheidungsverfahren, eine verbesserte redaktionelle Qualität der Gemeinschaftsregeln und eine aktive Öffentlichkeitsarbeit unter Einbeziehung des Internet.
II. Art. 255 EG: Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten Art. 255 EG gewährt jeder natürlichen oder juristischen Person mit (Wohn)Sitz in der Gemeinschaft ein Recht auf Zugang zu Dokumenten von Parlament, Rat und Kommission. Es ist die wichtigste subjektiv-rechtliche Ausprägung des Transparenzgrundsatzes in Art. 1 Abs. 2 EU. 3 7 8 Art. 255 EG ist zgleich die Grundlage und der Maßstab für den Sekundärrechtsakt, der dieses Recht näher ausgestaltet. Der Zugang ist in zweierlei Hinsicht dokumentbezogen'. Im Gegensatz zur Erklärung Nr. 17, die von einem Zugang zu Informationen spricht, beschränkt sich Art. 255 Abs. 1 EG auf den Zugang zu Dokumenten: 579 Aus praktischen Gründen sahen das auch der Verhaltenskodex 93/730 und die Zugangsbeschlüsse 93/731 und 94/90 vor. Zugang zu den Informationen eines Organs zu gewähren, bereitet Schwierigkeiten, weil eine Information nicht notwendig die Verkörperung in einem Informationsträger voraussetzt. Dokumente hingegen sind die Hauptinformationsträger jeder Verwaltung und gewährleisten durch ihre Verkörperung den unerlässlichen Grad an Authentizität. Weiterhin gestaltet Art. 255 EG das Zugangsrecht dokumentbezogen, weil Gegenstand der Zugangsverpflichtung die Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission sind. Die Zugangsverpflichtung beschränkt sich daher nicht auf die Organe Parlament, Rat und Kommission, son-
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Bradley, CDE 1999, 283 (310); Riemann, Transparenz, S. 125; Verhoeven, Fundamental, S. 10. Nach Heitsch, Verordnung, S. 14 handelt es sich um eine politischprogrammatische Absichtserklärung ohne konkrete rechtliche Wirkungen. 377 Unklar daher das EuG in der Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 37, als es ausschließt, dass der Beschluss 94/90 im Einklang mit Art. 255 EG ausgelegt wird, da er nicht unbedingt und daher nicht unmittelbar anwendbar ist. 378 Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 1; Wegener, in: Calliess / Puffert, Art. 255 Rn 1; Leger /Anton, Art. 1 Rn. 6; Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (680); Lenz/ Hetmaier, Art. 255 Rn. 1, 4; Verhoeven, Fundamental, S. 11; Blanchet, RTDE 1997, 915 (924); Pastor, Accès, S. 678; Dannecker, in: Streinz, Art. 41 EUV Rn. 10. Anders Geiger, Art. 1 Rn. 14, der auf die Presse- und Informationspolitik der Union und der Mitgliedstaaten abstejlt. 379 Curtin, Opening Spaces, S. 253.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
dem, vorbehaltlich der Ausgestaltung nach Art. 255 Abs. 2 EG, auf jeden, der Zugang zu diesen Dokumenten gewähren kann, weil er sie in seinem Besitz hat. 380 Das können andere Gemeinschafisorgane sein oder unabhängig von der systematischen Stellung die übrigen Gemeinschaftseinrichtungen oder Mitgliedstaaten. Die VO (EG) Nr. 1049/2001 nach Art. 255 Abs. 2 EG hat den Geltungsbereich allerdings auf die drei Organe Rat, Parlament und Kommission beschränkt (Art. 2 Abs. 3). Die Begrenzung auf Dokumente dieser drei Organe blendete die übrigen vier ausdrücklich genannten Organe (Art. 7 EG: Gerichtshof, Rechnungshof, Ausschuss der Regionen, Wirtschafts- und Sozialausschuss) und alle sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen aus. 381 Die Beschränkung lässt sich der Erklärung Nr. 17 und Art. 1 Abs. 2 EU nicht entnehmen, die umfassende Transparenz anstreben. Sie steht auch im Gegensatz zu der Initiative des Bürgerbeauftragten zur Verbreitung des Zugangsrechts auf alle Gemeinschaftseinrichtungen. 382 Angeboten hätte sich ein Einfügen des Art. 255 EG bei der Unionsbürgerschaft 383, den allgemeinen Grundsätzen oder den Schlussbestimmungen, die den Schutz personenbezogener Daten und die Geheimhaltungspflicht der Bediensteten umfassend regeln (Art. 286, 287 EG). 3 8 4 So findet sich das Zugangsrecht nunmehr im Vertragsentwurf über eine Verfassung für Europa im Titel V I „Das demokratische Leben in der Union" in Art. 1-49 Abs. 3 direkt vor dem Schutz personenbezogener Daten in Art. 50. 3 8 5 Die Stellung und Beschränkung auf Dokumente der Legislativorgane in Art. 255 EG wurde als Versuch gedeutet, den grundlegenden Charakter als Individualrecht zu leugnen.386 Zu berücksichtigen 380 Anders Schwarze /Schoo, Art. 255 Rn. 12 f.: Dem Wortlaut nach sind andere Organe neben Rat, Parlament und Kommission nicht verpflichtet. Ein umfassendes Zugangsrecht entnimmt er Art. 1 Abs. 2 EU und Art. 21 EG. 381 Leger / Lewis, Art. 255 Rn. 8; Stein, in: Hummer, Amsterdam, S. 156; Vos, CMLRev 2000, 1113 (1126); Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (681); Curtin, Opening Spaces, S. 254 f., dies,. Post Amsterdam, S. 113, dies., CMLRev 2000, 7 (28) fehlt es an „generellen Gemeinschaftsregelungen" iSd der Rs. Niederlande / Rat, so dass die einzelnen Einrichtungen weiter selbst zum Erlass verpflichtet bleiben. 382 Pastor, Accès, S. 679, 680; Bradley, CDE 1999, 283 (310). 383 Der entsprechende Art. 42 der Grundrechtscharta von Nizza steht im Kapitel Bürgerrechte. 384 Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rz. 1: bei Unionsbürgerschaft, da ihnen individuelles Recht zuerkannt wird; ebenso Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (502); Feik, Transparenz, S. 281: bei Bürgerrechten; Curtin, Opening Spaces, S. 252, dies., Post Amsterdam, S. 112, dies., Legal Issues, S. 76: Unionsbürgerschaft oder bei den allgemeinen Grundsätze; aber dies., Betwixt, S. 115 f.: bei den Gemeinsamen Vorschriften für mehrere Organe; Riemann, Transparenz, S. 131: bei Unionsbürgerrechten. 385 Vom 18. Juli 2003, ABl. 2003 C 169/3. Zur Entstehung: Dok. CONV 618/03 (Vorschlag Rechtsexperten); CONV 650/03 (Vorschlag Präsidium); CONV 670/03 (Übersicht Änderungsanträge). 386 Curtin, Post Amsterdam, S. 112, dies,. CMLRev 2000, 7 (14); Bradley, CDE 1999, 283 (310); Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8, S. 1 (12 f.) nennt als möglichen
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ist, dass durch die Einbeziehung aller Einrichtungen aufgrund deren unterschiedlicher Aufgaben und Verwaltungsstrukturen der Rechtsakt zwingend komplexer geworden wäre. Auch wären beim Rechtsschutz Fragen nach der Reichweite des Art. 230 EG hervorgerufen worden, der in Abs. 1 nur bestimmte Einrichtungen nennt. Damals sahen nicht alle Einrichtungen Rechts- und Beschwerdemöglichkeiten beim Zugang zu Dokumenten vor. 3 8 7 Einige äußerten sich gar nicht 588 , andere wiesen nur auf die Beschwerdemöglichkeit beim Bürgerbeauftragten 389, wieder andere nannten auch die Nichtigkeitsklage vor Gericht. 390 Mittlerweile wurden die Gründungsakte aller Agenturen dahingehend geändert, dass die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung findet und gegen Entscheidungen der Agentur Beschwerde beim Bürgerbeauftragten oder Klage beim Gerichtshof nach Art. 195 bzw. Art. 230 EG erhoben werden kann. 391 Nach Ansicht des EuG ist Art. 255 EG nicht unmittelbar anwendbar, da er im Hinblick auf die Absätze 2 und 3 nicht unbedingt ist und seine Durchführung vom Erlass weiterer Maßnahmen abhängt. Die bis dahin geltenden Zugangsbeschlüsse sind infolgedessen mit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages nicht automatisch hinfällig geworden. 392 Kritisch zu beurteilen ist, dass nach Ansicht des EuG Art. 255 EG mangels unbedingter Verpflichtung auch keine Kriterien für die Auslegung der Zugangsbeschlüsse zu entnehmen sind. 393 Die fehlende unmittelbare Anwendbarkeit einer Norm führt nicht zwingend dazu, dass ihr auch keine Kriterien im Rahmen der Auslegung zu entnehmen sind. Große Bedeutung im Hinblick auf die Umsetzung nach Art. 255 Abs. 2 EG kam der Frage zu, ob Art. 255 Abs. 1 EG eingehende Dokumente erfasst und
Grund eine Intervention der EIB (Dok. CONF/3916/97), die ihre Bankaktivitäten gefährdet sah. Zu Recht ablehnend Riemann, Transparenz, S. 132 unter Hinweis auf Art. 207 Abs. 3 EG, wonach bei legislativen Tätigkeiten nur „umfassenderer Zugang" zu gewähren ist. 387 Harden, EPL 2001, 165 (181); Wölker, Transparenz, S. 106 f.; Fischer-Appelt, Agenturen, S. 308 ff. Zu den Gründen siehe den Ansatz bei Martinez Soria, EuR 2001, 682 (685 f.). 388 So der WSA, ABl. 1997 L 339/18 und die EIB, ABl. 1997 C 243/13. 389 So die Europäische Umweltagentur unter Nr. IV, ABl. 1997 C 282/5 und das Übersetzungszentrum unter Nr. 5, ABl. 1998 C 46/5. 390 So die Europäische Stiftung für Berufsbildung unter Art. 3 Abs. 4, ABl. 1997 C 369/10; die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen unter „Bearbeitung der Zweitanträge", ABl. 1999 L 296/25; der Ausschuss der Regionen unter Art. 6 Abs. 4, ABl. 1997 L 351/70; der Rechnungshof unter Art. 3 Abs. 3, ABl. 1998 C 295/1; die EZB unter Art. 5 Abs. 4, ABl. 1999 L 110/30 (ebenso das EWI unter Art. 5 Abs. 4, ABl. 1998 L 90/43). 391 Siehe Anhang III. 392 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz 34 - 36; Gellermann, in: Streinz, Art. 255 EGV Rn. 4, Schnichels, EuZW 2002, 577. 393 Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz 37.
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die bis dahin geltende Urheberregel abschafft. Der Wortlaut des Art. 255 Abs. 1 EG lässt entstehungsgeschichtlich bewußt 394 offen, was unter „Dokument des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission" zu verstehen ist. Ein Formulierungsvorschlag der Niederlande, der eingehende Dokumente ausnahm, war von der Konferenz nicht aufgegriffen worden, hingegen sprach Erklärung Nr. 35 zum Amsterdamer Vertrag für eine Einbeziehung.395 Sie sah ein Vetorecht der Mitgliedstaaten bei der Freigabe ihrer Dokumente nach Art. 255 EG durch Gemeinschaftsorgane vor. Ein bedeutender Fortschritt gegenüber den bislang unverbindlichen interinstitutionellen Vereinbarungen und internen Verfahrensbeschlüssen lag in der primärrechtlichen Verankerung. 396 Erwogen wird, wie bei Art. 1 Abs. 2 EU, dass Art. 255 EG den zu diesem Zeitpunkt geltenden status quo des Zugangs zu Gemeinschaftsdokumenten festgeschrieben und durch Art. 255 Abs. 2 EG einseitigen Veränderungen entzogen hat. 397 Zur Klärung hat das Parlament den Beschluss 2000/527, der klassifizierte Dokumente aus dem Anwendungsbereich nahm und einen Rückschritt vom damaligen status quo bedeutete, vor Gericht angefochten (Rs. C-3 87/00). Die Klage wurde nach Erlaß der VO (EG) Nr. 1049/2001, durch die der Beschluss 2000/527 hinfällig wurde, zurückgezo398
gen. Nach Art. 255 Abs. 2 EG müssen die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen im Mitentscheidungsverfahren ausgearbeitet werden. 399 Bis dahin stützten sich die Zugangsbeschlüsse auf die GO der Organe und konnten von ihnen einseitig verändert werden (vgl. ζ. B. den Ratsbeschluss 2000/527). Inwieweit die Einbeziehung des Europäischen Parlaments außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens nach Art. 255 Abs. 2 EG verpflichtend ist, war Gegenstand einer Klage vor dem EuGH. Das Parlament hatte Nichtigkeitsklage gegen die Sicherheitsbestimmungen des Rates erhoben, die er während des Gesetzge394
Näher Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 17. Curtin, Opening Spaces, S. 253, dies., CMLRev 2000, 7 (22 f.); Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8, S. 13; Bradley, CDE 1999, 283 (310); Feik, Transparenz, S. 273; Riemann, Transparenz, S. 144. Anders Leger / Lewis, Art. 255 Rn. 10: Wortlaut offen, daher wie laufende Praxis mit Urheberregel. 395
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Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 4; Wegener, in: Calliess / Ruffert, Art. 255 Rn. 1; Curtin, Opening Spaces, S. 252; de Leeuw, ELRev 2003, 324 (325); Guggenbühl, After Amsterdam, S. 15; Leger / Lewis, Art. 255 Rn. 1; Pastor, Accès, S. 679, der zugleich die weitere Verzögerung durch Abs. 2 bemängelt. 397 de Leeuw, ELRev 2003, 324 (326). 398 Rs. C-387/00, 23.10.2000 Parlament / Rat, ABl. 2000 C 355/15, mit Beschluss vom 22. März 2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2002 C 144/30. 399 Pastor, Accès, S. 678; Roberts, EPL 2002, 255 (271); Curtin, Opening Spaces, S. 255: bedeutendster Fortschritt; Riemann, Transparenz, S. 108. Nach den Offiziellen Erläuterungen des Dt. Bundestages (Drs. 13/9339 S. 159) geschieht das „unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des EuGH".
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bungsverfahrens nach Art. 255 Abs. 2 EG einseitig erlassen hat und die nach Ansicht des Parlaments den Zugang zu Dokumenten beeinflussen (Rs. C260/01), die Klage später jedoch zurückgezogen. 400 Abgesehen von der Parlamentsbeteiligung ist bereits zweifelhaft, ob neben dem Sekundärrechtsakt nach Art. 255 Abs. 2 EG überhaupt weitere Rechtsakte zulässig sind, die Ausnahmen vom Zugangsrecht regeln. 401 Insoweit lässt sich Art. 255 Abs. 2 EG entnehmen, dass der Sekundärrechtsakt Einschränkungen des Zugangsrechts nur aus den dort aufgeführten öffentlichen und privaten Interessen vornehmen darf, diese jedoch andererseits auch vozunehmen hat und nicht auf jegliche Einschränkung verzichten kann. 402 Art. 255 Abs. 3 EG verleiht den Organen die Befugnis zum Erlass von Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten. Sie setzen die Regelung nach Art. 255 Abs. 2 EG prozedural um und sind inhaltlich an sie gebunden. Andernfalls würde die Einbeziehung des Parlaments nach Art. 255 Abs. 2 EG wieder aufgehoben. 403 Eine Ausdehnung der Einschränkungen scheidet aus. 404 Der Rat muss zudem Art. 207 Abs. 3 EG berücksichtigen, der nur einen umfassenderen Zugang zu legislativen Dokumenten zulässt.
III. Art. 207 Abs. 3 EG: Umfassenderer Zugang zu Legislativakten des Rates Art. 207 Abs. 3 EG enthält zwei dogmatisch voneinander zu unterscheidende Regelungen: Nach Art. 207 Abs. 3 Satz 2, 3 EG bestimmt der Rat im Rahmen des Art. 255 Abs. 3 EG die Fälle, in denen er als Gesetzgeber auftritt, damit umfassenderer Zugang gewährt werden kann. Unterstrichen wird die besondere Bedeutung, die aus demokratischer Sicht dem Zugang zu Rechtsetzungsdokumenten zukommt. 405 Art. 207 Abs. 3 Satz 4 EG enthält dagegen eine Veröffentlichungspflicht für Abstimmungsergebnisse und Protokollerklärungen.
400 Rs. C-260/01 Parlament / Rat vom 4. Juli 2001, ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49. Die Sicherheitsbestimmungen regeln die Klassifikation von Dokumenten, die nach der VO kein Verweigerungsgrund ist, aber zu einem besonderen Verfahren führt. 401 Verneinend Feik, Transparenz, S. 277. 402 Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (682); Sobotta, Transparenz, S. 285; Riemann, Transparenz, S. 107, 109. 403 Curtin, Opening Spaces, S. 255; Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (681); Dehousse, CMLRev 1998, 595 (619); Feik, Transparenz, S. 278; skeptisch Stein, in: Hummer, Amsterdam, S. 156. 404 Näher dazu Vierter Abschnitt Β. XI. 405 Schwarze / Hix, Art. 207 Rn. 20.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Die Veröffentlichungspflicht war Bestandteil des Maßnahmebündels des Rates zur Verbesserung der Transparenz seiner Tätigkeiten. Bis heute sind die Tagungen des Rates nicht öffentlich (Art. 4 Abs. 1 GO 1993 und 1999, Art. 5 Abs. 1 GO 2000, 2002 und 2004) und seine Beratungen unterliegen einer Geheimhaltungspflicht (Art. 5 Abs. 1 GO 1993, 1999; Art. 6 Abs. 1 GO 2000, 2002, 2004). In beiden Fällen gab es schon vor Amsterdam Durchbrechungen 406 : Bestimmte Tagungen mussten öffentlich übertragen werden (Art. 6 GO 1993, Art. 4 Abs. 2 GO 1999, Art. 8 GO 2000, 2002, 2004), was Art. 207 Abs. 3 EG nicht aufgegriffen hat. 407 Eine Veröffentlichung der Abstimmungsprotokolle (sofern der Rat nicht anders entscheidet) und der dabei abgegebenen Erklärungen (auf Antrag des betroffenen Ratsmitglieds) sah Art. 5 Abs. 1 Uabs. 2, 7 Abs. 5 der GO des Rates (1993) vor. 4 0 8 An der restriktiven Ausgestaltung änderte auch der am 2. Oktober 1995 verabschiedete Verhaltenskodex betreffend den Zugang der Öffentlichkeit zu den Protokollen und Protokollerklärungen des Rates in seiner Rolle als Gesetzgeber nichts. 409 In seinen Schlussfolgerungen vom 29. Mai 1995 hatte der Rat versprochen, die Abstimmungsergebnisse systematisch zu veröffentlichen. Von der Möglichkeit, durch Entscheidung die Veröffentlichung zu verhindern, habe er noch nie Gebrauch gemacht und beabsichtige auch nicht, dies zu tun. 4 1 0 Damit trat der Rat einem Bericht seines Juristischen Dienstes vom 5. Mai 1995 entgegen, wonach die Abgabe von Erklärungen sich derart ausgeweitet habe, dass sie den Inhalt der eigentlichen Gesetzgebung und die Rechtssicherheit bedrohe und einer Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse entgegenstehe.411 Beigelegt werden sollte auch ein Streit mit dem Parlament, das in der extensiven Praxis unveröffentlichter Protokollerklärungen zu Rechtsakten eine geheime und parallele Rechtsetzung sah, die seine neu gewonnenen Befugnisse im Mitentscheidungsverfahren umgeht. Protokollerklärungen sind politisch motiviert und
406 Schlussfolgerungen des Rates von Birmingham und Edinburgh, Bulletin-EG Nr. 10-1992 S. 9 und Nr. 12 S. 18-20; Blanchet, RTDE 1997, 915 (918 f.). 407 Dazu Westlake, Council, S. 146 ff.; Guggenbühl, After Amsterdam, S. 19 ff.; Pastor, Accès, S. 658 f.; Bradley, CDE 1999, 283 (293 f.). 408 Näher Sobotta, Transparenz, S. 198 f., 204 ff.; Pastor, Accès, S. 660 f. Siehe auch den „Verhaltenskodex fiir die Anwendung von Art. 5 Abs. 1 und 7 Abs. 5 der GO", Handbuch fur den Rat - II. Erläuterungen zur GO des Rates S. 61 (Anlage II). 409 Handbuch für den Rat - II. Erläuterungen zur GO des Rates S. 67 ff. (Anlage V); Dok. 10204/95 S. 15 ff. in: Basistexte zur Transparenz, S. 53 ff.; Bulletin-EG Nr. 101995 S. 137 unter 1.9.1. Dazu: Dreher, EuZW 1996, 487 ff.; Michael, PL 1996, 31 ff.; kritisch Sobotta, Transparenz, S. 205 f., 419; unklar Partsch, NJW 2001, 3154 (3155 f.), der ihn dem Zugangsrecht zuordnet und im folgenden in gleicher Weise wie den Verhaltenskodex 93/730 heranzieht. 4.0 Dok. 7481/96 S. 4 f. in: Basistexte zur Transparenz, S. 51 f. 4.1 Westlake, Council S.154.
C. Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag
149
betreffen Interpretations- und Definitionsfragen, um Konsens zu erzielen. 412 Unveröffentlicht sind sie ohne rechtliche Verbindlichkeit 413 , hingegen beinhaltet ihre Veröffentlichung die Gefahr, dass Bürger Vertrauen in eine Erklärung setzen, die vom Gericht verworfen wird. 4 1 4 Nach dem Verhaltenskodex vom 2. Oktober 1995 sollten sie daher bei der endgültigen Verabschiedung legislativer Rechtsakte mit Maßen verwendet werden und auf ihre Vereinbarkeit mit seinem Inhalt überprüft werden, sofern sie nicht in den Rechtsakt selbst oder seine Begründung aufgenommen werden können. Die Erklärungen sollten veröffentlicht werden, wenn nicht auf Antrag eines Mitgliedstaates festgestellt wird, dass keine Mehrheit dafür besteht. Vor der Veröffentlichung mitgliedstaatlicher Erklärungen muss der Rat ihre Zustimmung einholen, ihnen selbst steht frei, eigene Erklärungen zu veröffentlichen. 415 Die Beschränkungen des Kodex bei der Veröffentlichung entfielen mit der Aufnahme des Art. 207 Abs. 3 Satz 4 EG (vgl. Art. 6, 7 GO 1999; Art. 7, 9 GO 2000, 2002, 2004). Allerdings sagt die dort vorgesehene Veröffentlichung des Stimmergebnisses nichts über das Abstimmungsverhalten einzelner Mitgliedstaaten und verhindert so die Verantwortlichkeit gegenüber den nationalen Parlamenten zur Stärkung der indirekten Legitimation der Gemeinschaft. 416 Die einzige inhaltliche Neuerung für das Zugangsrecht zu Dokumenten enthält Art. 207 Abs. 3 Satz 3 EG. Zum Erlass von Bestimmungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu seinen Dokumenten, war der Rat bereits vor der Aufnahme des Art. 207 Abs. 3 Satz 2 EG nach Art. 22 GO (1993) befugt. 417 Art. 207 Abs. 3 Satz 2 EG der Art. 255 Abs. 3 EG aufgreift, kommt daher nur deklaratorische Bedeutung zu. Die Bezugnahme in Art. 207 Abs. 3 Satz 3 EG auf das Tätigwerden des Rates als Gesetzgeber, die im Zusammenhang mit der Veröffentlichungspflicht stand, zeigt den ergänzenden Charakter im Verhältnis
4,2
Zur Funktion und Praxis der Protokollerklärungen: Pechstein, EuR 1990, 249 ff.; Herdegen, ZHR 1991, 52 f f ; Karl, JZ 1991, 593 ff.; Nicoli, in: Westlake, Council, S. 120 ff; GTE / Jacqué, Art. 147 Rn. 37. 413 St. Rspr.: Rs. 143/83, 30.1.1985 Kommission / Dänemark Slg. 1985, 427 (436) Tz. 13; Rs. 237/84, 15.4.1986 Kommission /Belgien Slg. 1985, 1247 (1256) Tz. 17; Rs. 429/85 Kommission / Italien, 23.2.1988 Slg. 1988, 843 (852) Tz. 9; Rs. C-292/89 The Oueen / Immigration Appeal Tribunal ex parte Antonissen, 26.2.1991 Slg. 1991 1-745 (778) Tz. 18; Rs. C-25/94, 19.3.1996 Kommission/Rat Slg. 1996 1-1469 (1508) Tz. 38; Piris RTDE 1994, 1 (22). Differenzierend Dreher, EuZW 1994, 743 (744), ders., EuZW 1996, 487 (489). 414 GTE /Jacqué, Art. 147 Rn. 38. 415 Im Jahr 1996 wurden 398 Protokollerklärungen zu 229 Rechtsetzungsakten veröffentlicht, 1997 361 zu 218. Das Generalsekretariat machte seit 1998 Protokollerklärungen im Rahmen des Systems „Eudor" über das Internet zugänglich. Siehe mittlerweile http://ue.eu.int/showPage.asp?id=552&lang=DE&mode=g. 416 Curtin, Post Amsterdam, S. 116. 417 Art. 8 GO (1999), ABl. 1999 L 147/13; Art. 10 GO (2000) ABl. 2000 L 149/21.
150
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
zu Art. 207 Abs. 3 Satz 4 EG. Während es dort um die ergebnisorientierten Dokumente der Abstimmung geht (Abstimmungsergebnisse und Protokollerklärungen), bezieht sich das Zugangsrecht nach Art. 207 Abs. 3 Satz 3 EG gerade nicht auf veröffentlichte Dokumente, sondern erfasst die vorgelagerten inhaltlichen Dokumente zum Rechtsakt (informatorische Vermerke, Zwischenberichte über den Stand der Beratungen). Daraus erklärt sich der Nachsatz, dass trotz des umfassenderen Zugangs die Wirksamkeit des (nachfolgenden) Beschlussfassungsverfahrens gewahrt bleiben muss. Eine Beeinträchtigung kann sich aus der vorzeitigen Freigabe von Verhandlungspositionen einzelner Delegationen oder von Berichten des Juristischen Dienstes ergeben (siehe Art. 3 Abs. 2, Art. 4 des Beschlusses 2001/320 418 ).
D. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Ausschluss klassifizierter Dokumente vom Zugangsrecht und der Registerpflicht Im Lauf des Jahres 1999 hat die Europäische Gemeinschaft bedeutende Schritte in Richtung einer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen. 419 Die verstärkte Kommunikation und der Austausch von Informationen mit der NATO und Drittstaaten haben nach Ansicht des Rates die Überarbeitung und den Ausbau seiner Sicherheitsbestimmungen notwendig gemacht. Das veränderte Sicherheitsbedürfnis führte seit Anfang des Jahres 2000 zu Beschränkungen der bestehenden Zugangsregeln und wirkte sich auch auf die VO (EG) Nr. 1049/2001 aus. Die Entwicklung der allgemeinen Sicherheitsbestimmungen verläuft dabei grundsätzlich unabhängig vom Zugangsrecht, beeinflusst aber seine Reichweite und beleuchtet eine Konfliktlage, unter der die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung findet. Im Folgenden wird zuerst die Entwicklung des öffentlichen Dokumentregisters des Rates und daran anschließend der Beschluss 2000/527 dargestellt, der als erster auf der ESVP basierende Einschränkungen in das Zugangsrecht umsetzte. Sein Inhalt sowie die Umstände seiner Verabschiedung sind rechtlich problematisch und führten zu zwei Klagen vor dem EuGH. Zum Schluss werden die Neufassung der Sicherheitsbestimmungen des Rates (Beschluss 2001/264) 420 und der Kommission (Beschluss 2001/844) 421 im Kontext der Eu-
4,8
ABl. 2001 L 111/29. Zur Entwicklung der ESVP siehe die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Helsinki (10./11. Dezember 1999) und Santa Maria da Feira (19./20. Juni 2000), sowie Kremer / Schmalz, integration 2001, 167 ff. 420 Beschluss des Rates vom 19.3.2001, ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48. 419
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
151
ropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik behandelt. Die Auswirkungen auf die VO (EG) Nr. 1049/2001 werden im Vierten Abschnitt B. VII. bei der Behandlung sog. sensibler Dokumente erörtert.
I. Das öffentliche Dokumentregister des Rates Ein öffentliches Dokumentregister hatte bis zum Juni 2002 nur der Rat errichtet. 422 Die Kommission war den Aufforderungen bis dahin aus vermeintlich organisatorischen Gründen nicht nachgekommen. Seit dem 31. März 2000 wurde allerdings der Schriftwechsel des Kommissionspräsidenten Prodi in einem öffentlichen Register erfasst. 423 Auch die neuen Bestimmungen zur Dokumentverwaltung enthielten eine Registerpflicht. 424 Das Parlament besaß bis dahin kein zusammenhängendes Dokumentregister, machte über seine Webseite im Internet aber die überwiegende Zahl seiner Dokumente zugänglich. Das Ratsregister ist die einzige nennenswerte Entwicklung des Zugangsrechts, die nicht durch die Gerichte oder den Bürgerbeauftragten angestoßen wurde, sondern von einem Organ selbst ausging. Auslöser für die Aufstellung eines Verzeichnisses der Ratsdokumente war weniger der Wille des Rates zu mehr Offenheit, als vielmehr die Hoffnung, sich die Arbeit bei der Identifizierung der Dokumente zu erleichtern. In seinem ersten Bericht über die Durchführung des Ratsbeschlusses 93/731 in den Jahren 1994/95 425 beklagte der Rat (unter 3.1.), dass er in der Praxis mit zahlreichen sehr vage formulierten oder allgemein gehaltenen Anträgen konfrontiert werde 426 , die zuweilen umfassende Recherchen erforderten. Die Möglichkeit einer Präzisierung des Antrags (Art. 2 Abs. 1) erwies sich als unbefriedigend, da die Antragsteller keine Kenntnis über die zur Verfügung stehenden Dokumente haben. Im Anschluss an den Bericht nahm der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 6. Dezember 1996 427 die Absicht des Generalsekretärs zur Kenntnis, die Möglichkeit der Einrichtung, eines Dokumentregisters zu prüfen. Die Prüfung erfolgte im Laufe des Jahres 1997, Anfang 1998 legte das Generalsekretariat
421
Beschluss der Kommission vom 29.11.2001, ABl. 2001 L 317/1. Zu den Registern von Kommission und Parlament ab Juni 2002, siehe Vierter Abschnitt Β. VIII. 423 http://www.europa.eu.int/comm/commissioners/prodi/regcp/registre.cfm?CL=de , ABl. 2000 C 91 Deckblatt vom 30.3.2000. 424 Beschluss 2002/47/EG, EGKS, Euratom, ABl. 2002 L 21/23. 425 Dok. 8830/96 in: Basistexte zur Transparenz, S. 58. 426 Z. B. „alle Beratungen zur Vorbereitung der RL" oder „alle Tagesordnungen aller Arbeitsgruppen des Titels VI". 427 Basistexte zur Transparenz, S. 73. 422
152
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
einen Entwurf vor. Auf der Grundlage des Entwurfs beschloss der Rat am 19. März 1998 428 , so bald wie möglich, vorzugsweise noch im Jahr 1998, ein Register der Ratsdokumente zugänglich zu machen. Das Register sollte über das Internet mehrsprachig zugänglich sein und mehrere Abfragemöglichkeiten bieten, um jedem Bürger die Ermittlung von Ratsdokumenten zu ermöglichen. Beinhalten sollte es Titel, Datum und Nummer von Ratsdokumenten, die nicht als Verschlusssache eingestuft sind. Ein direkter Zugang zum Inhalt war nicht vorgesehen, um das Recht des Rates zu wahren, den Zugang aus einem der im Beschluss 93/731 vorgesehenen Gründe zu verweigern. Zu diesem Zeitpunkt ging das Generalsekretariat davon aus, dass das Register keine zusätzlichen Haushaltsmittel oder Personal erfordert. Der Errichtungsbeschluss wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom 29. Juni 1998 bestätigt. 429 Der Zweite Zweijahresbericht (1996/97) 430 von Ende 1998 stellte unter 3.1. das sich im Aufbau befindlichen Registers vor, von dem man sich eine Diversifizierung der Antragsteller erhoffte. Seit dem 1. Januar 1999 war das Register der Ratsdokumente im Internet unter http://register.consilium.eu.int/ abrufbar. Ein halbes Jahr später wurde ein Bericht über die Arbeitsweise des öffentlichen Registers der Ratsdokumente erstattet: 431 Danach waren als „nur für den Dienstgebrauch", „vertraulich" und „geheim" eingestufte Dokumente vom Register ausgeschlossen. Ausgenommen waren auch alle Dokumente, die nicht endgültiger Natur waren, also SN, SD und Non-Papers 432 und die über das Courtesy-Netz (COREUS) und per Telex übermittelten Texte. 433 Diese Beschränkung, die nicht näher begründet wurde, entsprach der internen Richtlinie zur Anwendung des Beschlusses 93/731 vom 29. Januar 1999 (B. 1.), fand aber keinen Halt im Wortlaut des Beschlusses.434 Der Bericht wies seit der Inbetriebnahme eine erstaunliche Erhöhung der Dokumentnachfrage nach und verdeutlichte eindrucksvoll das Potential von und das Bedürfnis nach Dokumentregistern:
428
Dok. 6423/1/98 REV 1 in: Basistexte zur Transparenz, S. 78. Basistexte zur Transparenz, S. 99 430 Dok. 6715/1/98 REV 1 in: Basistexte zur Transparenz, S. 79. 431 Dok. 9862/99 vom 19. Juli 1999 in: Basistexte zur Transparenz, S. 141. 432 „documents des seance", „documents sans numero". 433 „Nicht endgültiger Natur" entsprach dabei nicht „vorbereitenden Dokumenten", wie Punkt 2.3. des Berichts zeigt. Dort wird die Möglichkeit erörtert, vorbereitende Dokumente systematisch zugänglich zu machen. Wann vorbereitende Dokumente endgültiger Natur sind, erläuterte der Dritte Zweijahresbericht näher (s.u.). 434 Vgl. die spätere Beschwerde 917/2000/GG vom 21.3.2001 beim Bürgerbeauftragten (vollständige Registerpflicht) und die Rs. Hautala vom Sommer 1999 über den Zugang zu einem Dokument aus dem COREU-Netz, worin der EuGH kein Zugangsproblem sah Tz. 60, 67. 429
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
153
Die Zahl der Anträge auf Zugang zu Dokumenten gemäß dem Beschluss 93/731 lag 1999 bei 889 (1997: 282, 1998: 338), wobei 5646 Dokumente freigegeben wurden. Demgegenüber hatten 1999 im ersten Halbjahr 35074 Personen das Register in Anspruch genommen und 275.581 „Anträge gestellt" 435 (1999 insgesamt 73530 Personen mit 593.550 Dokumentnachfragen 436). Das Register enthielt bis zur Mitte des Jahres 43180 Dokumente, wobei 11% Originale und der Rest Übersetzungen waren (1999 insgesamt rund 85000 Dokumente). Zugleich hatte das Register die Zahl der allgemeinen, nicht dokumentbezogenen Auskunftsverlangen deutlich erhöht. 437 Der Bericht zieht daraus den berechtigten Schluss, dass das Register seine Effizienz und Zuverlässigkeit bei der Identifizierung von Dokumenten unter Beweis gestellt hat. Die erleichterte Identifizierung von Dokumenten ist auch eine Erklärung für den Anstieg der normalen Anträge von 338 (1998) auf 889 (1999), was einem Anstieg um 163% entspricht (1. Halbjahr 2000: 684), und der erhofften breiteren Streuung nach Herkunft und Gegenstand. Der Bericht endete mit Verbesserungsmöglichkeiten, um die Identifizierung der abfragbaren Dokumente weiter zu erleichtern, die am 6. Dezember 1999 im Ratsbeschluss 2000/23 438 verwirklicht wurden. Zum 1. Januar 2000 sollten die vorläufigen Tagesordnungen des Rates und seiner vorbereitenden Gremien im Internet veröffentlicht werden, weil sie teilweise zur Identifizierung herangezogen werden müssen. Bei Verschlusssachen sollten die Dokumentnummer und der Betreff im Register angegeben werden, sofern es nicht geschützten Interessen zuwiderläuft. Schließlich sollte spätestens am 1. Juli 2000 bei Dokumenten, die bereits zugänglich gemacht worden sind, der Inhalt über das Internet direkt zugänglich sein. Der Beschluss stellt den Gipfel und Wendepunkt in den Bemühungen nach mehr Offenheit dar. Die Angaben zu Verschlusssachen wurden nach den 1. Januar 2000 nicht ins Register aufgenommen. Gegenüber interessierten Bürgerrechtsgruppen begründete ein Ratsoffizieller das am 12. Juni mit technischen Problemen. Wahrscheinlicher ist, dass die Umsetzung bis zum Beschluss 2000/527 verzögert wurde, der am 23. August in Kraft trat und eben diese Änderung wieder aufhob.
435
Der Dritte Zweijahresbericht (1998/99) spricht präziser von „Seiten aufrufen". Andernfalls ergibt sich eine Lücke zwischen der Zahl der nachfragbaren Dokumente und der Zahl der sog. Anträge. 436 Die Zahlen für das gesamte Jahr 1999 finden sich im Dritten Zweijahresbericht (1998/99), Dok. 13275/00 vom 22. Dezember 2000. 437 Der Zweite Zweijahresbericht spricht (unter 2.) von 80 Anfragen monatlich per EMail unter [email protected] neben den direkten Anfragen auf herkömmlichem Wege. 438 ABl. 2000 L 9/22.
154
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Der Beschluss 2000/527 des Rates 439 (als sog. „Solana-Beschluss" bezeichnet), der ausführlich unter II. besprochen wird, setzte die Änderungen der Klassifikationsregeln durch den Beschluss 107/00 des Generalsekretärs des Rates vom 27. Juli für das Zugangsrecht um. 4 4 0 Er sah im Kern vor, Dokumente, die als „sehr geheim, geheim oder vertraulich" klassifiziert werden und aus dem Bereich der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stammen, aus dem Anwendungsbereich der Ratsbeschlüsse 93/731 und 2000/23 auszunehmen. Damit wurde ein Zugang zu derartigen Dokumenten ausgeschlossen, und das Register enthielt keinen Hinweis auf ihre Existenz. Der Dritte Zweijahresbericht über die Durchführung des Beschlusses 93/731 (1998/99) 441 vom Dezember 2000 behandelte vor allem den Direktzugang zu Dokumenten über das Register, der durch den Beschluss 2000/23 eingeführt worden war. Mittlerweile waren 13.396 Dokumente, die aufgrund von Anträgen zugänglich gemacht worden waren, über das Register im Volltext direkt zugänglich (Stand: 16. November 2000). Vorgeschlagen wurden nun Dokumentgruppen, die darüber hinaus systematisch zugänglich gemacht werden S0
Îj?iîèrschieden wurde zwischen sog. Rechtstexten, welche die Gesetzgebungstätigkeit des Rates betreffen (Art. 207 Abs. 3 Satz 2. Uabs iVm Art. 7 der GO des Rates) und „sonstigen Dokumenten". Rechtstexte, die nicht als Verschlusssache eingestuft sind, sollten veröffentlicht werden, sobald sie abgefasst (Originaldokumente des Rates) oder registriert (Dokumente anderer Stellen) sind oder nach Annahme eines Ratsbeschlusses. Ausgenommen wurden Gutachten und Beiträge des Juristischen Dienstes. Dokumente mit dem Vermerk LIMITE und Berichte über Beratungen, die den Standpunkt einzelner Delegationen wiedergeben, sollten erst nach Annahme des Ratsbeschlusses zugänglich gemacht werden, alle sonstigen Dokumente nach Abfassung oder Registrierung. Die Vorschläge wurden durch den Ratsbeschluss 2001/320 vom 9. April 2001 umgesetzt.443 Dabei war der erste Entwurf des schwedischen Ratsvorsitzes vom Januar 2001 4 4 4 weitergehend als der später vom Rat verabschiedete Beschluss. Der endgültige Beschluss enthält ein Veto-Recht der Mitgliedstaaten, die eine Veröffentlichung ihrer Dokumente von ihrer vorherigen Zustimmung
439
ABl. 2000 L 212/9. ABl. 2000 C 239/1. Hierbei handelt es sich um den eigentlichen „SolanaBeschluss", da der Beschluss 2000/527 ein Beschluss des Rates ist. 441 Dok. 13275/00. 442 Hierbei handelte es sich um einen Vorschlag des Berichts über die Arbeitsweise des öffentlichen Dokumentregisters des Rates, der nicht im Beschluss 2000/23 umgesetzt worden war. 443 ABl. 2001 L 111/29. 444 Dok. 5256/01 vom 12. Januar 200, gefolgt von Dok. 6258/1/01 vom 16. Februar 2001, als Textgrundlage des späteren Beschlusses. 440
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
155
abhängig machen können (Art. 1 Abs. 2), und stellt einen Teil der Veröffentlichungen, abhängig vom Eingreifen einer Ausnahme, in das Ermessen des Rates (Art. 3 Abs. 2). Von Anfang an waren alle klassifizierten Dokumente, jeder Stufe und jeden Bereiches, ausgenommen. Der prinzipielle Ausschluss, der über die Einschränkung des Beschlusses 2000/527 und erst recht über die Regelung im Beschluss 2000/23 hinausgeht, erklärt sich mit dem weitergehenden Gewährleistungsgehalt. Der Beschluss 2000/23 betraf nur den Nachweis für das Bestehen eines klassifizierten Dokuments, ebenso der Beschluss 2000/527, der daneben den Zugang nach Prüfung eines Antrags einschränkte, während der Beschluss 2001/320, was er unzureichend deutlich macht, den Inhalt der Dokumente über das Internet direkt, d.h. ohne weitere Überprüfung, zugänglich macht. Wie schon im Errichtungsbeschluss festgehalten, will der Rat hier jedenfalls bei Verschlusssachen nicht auf seine Ausnahmeprüfung verzichten.
II. Der „Solana-Beschluss" Der Ratsbeschluss 2000/527 setzte die Neufassung der allgemeinen Sicherheitsvorschriften des Rates durch den Beschluss 107/00 des Generalsekretärs des Rates für das Zugangsrecht 445 um, die aufgrund der Verabschiedung eines vorläufigen Sicherheitsabkommens zwischen dem Rat und der NATO vom 26. Juli 2000 notwendig geworden waren 446 , und führte zu zwei Klagen vor dem EuGH durch die Mitgliedstaaten Niederlande, Schweden und Finnland (Rs. C369/00) und das Europäische Parlament (Rs. C-387/00). 447 Sie wurden im März 2002 zurückgezogen, nachdem durch die VO (EG) Nr. 1049/2001 der Beschluss 2000/527 aufgehoben worden war, obwohl sie weiterhin interessante Fragen enthielten. Die Klagegründe und Kritikpunkte an dem Beschluss werden
445
Zur falschen Bezeichnung siehe Fn. 440. Das unveröffentlichte (aber zugängliche) vorübergehende Sicherheitsabkommen mit der NATO wurde durch Briefwechsel der Generalsekretäre vom 26.7.2000 geschlossen und durch den Beschluss 2003/211/GASP vom 24.2.2003 über den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und der NATO über den Geheimschutz ersetzt, ABl. 2003 L 80/35 f. Zum Zugangsrecht der NATO siehe Roberts, Security, S. 4 ff. 447 Rs. C-369/00, 9.10.2000 Niederlande / Rat, ABl. 2000 C 316/19, mit Beschluss vom 6. März 2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2002 C 144/30 und Rs. C-387/00, 23.10.2000 Parlament / Rat, ABl. 2000 C 355/15, mit Beschluss vom 22. März 2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2002 C 144/30. Die Klage des Parlaments richtete sich zugleich gegen den Beschluss des Generalsekretärs des Rates vom 27.7.2000. Nach seiner Ablösung durch die Sicherheitsbestimmungen des Rates vom 19.3.2001 (Beschluss 2001/264, ABl. 2001 L 101/1) hat das Parlament auch hiergegen Klage erhoben (Rs. C-260/01, 4.7.2001 Parlament / Rat ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49.), wegen fehlerhafte Rechtsgrundlage und Verstoß gegen das Prinzip loyaler Kooperation. 446
156
Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
im Anschluss an die Umstände seiner Verabschiedung (dazu 1.) bzw. die inhaltlichen Änderungen (dazu 2.) erörtert.
/. Die Umstände der Verabschiedung Der Rat hat den Beschluss 2000/527 am 14. August 2000 als Maßnahme der internen Organisation nach Art. 207 EG iVm Art. 10 der GO im schriftlichen Verfahren mit drei Gegenstimmen (12:3, Niederlande, Finnland, Schweden) verabschiedet. 448 Da Art. 207 EG und Art. 10 GO keine abweichenden Abstimmungsverhältnisse vorsehen, war nach Art. 205 Abs. 1 EG eine einfache Mehrheit ausreichend. Der Beschluss war am 26. Juli 2000 auf dem Treffen des Ausschusses der ständigen Vertreter (AStV oder COREPER 449 ) vorbereitet worden, dem vier Optionen vorlagen. 450 Die verabschiedete Alternative, die auch den Ausschluss vertraulicher Dokumente vorsah, wurde auf Vorschlag des Generalsekretärs des Rates, Javier Solana, mit 11:4 Stimmen (Gegenstimmen: Schweden, Finnland, Niederlande, Enthaltung: Frankreich) angenommen. Die Empörung des Parlaments, die zu der späteren Klage beitrug, beruhte darauf, dass zwei Tage vor dem COREPER Treffen, am 24. Juli, die Parlamentsferien begonnen hatten und die meisten Mitglieder des Europäischen Parlaments, aber auch die Mehrzahl der Pressevertreter im Urlaub waren. Nach der Verabschiedung im Rat am 14. August, wurde der Beschluss am 23. August 2000 im Amtsblatt veröffentlicht und trat damit in Kraft, bevor die Sommerpause am 28. August endete. Auch der Beschluss 107/00 des Generalsekretärs des Rates vom 27. Juli 2000 über die Verschärfung der Geheimschutzgrade fällt in diese Zeit. Damit sahen sich die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die seit dem Kommissionsvorschlag für eine Zugangsverordnung nach Art. 255 Abs. 2 EG vom Februar 2000 über ihre Stellungnahme berieten, vor veränderte und vollendete Tatsachen gestellt. 451
448 Auslöser war auch der gutachterliche Hinweis des Juristischen Dienstes vom 5. April 2000 (Dok. 7594/00), dass eine Einstufung unter den Zugangsbestimmungen keinen ausreichenden Grund für eine Verweigerung darstellt und der Auschluss eingestufter Dokumente aus dem Anwendungsbereich empfehlenswert sei. Gleichzeitig hielt er die Freigabe für hypothetisch, da in den meisten Fällen die Ausnahmeregelung greifen werde und in der Praxis der Rat noch nie mit einem Antrag auf ein als „geheim" eingestuftes Dokument befasst worden sei. 449 Committee of Permanent Representatives, Comité des représentants permanents. 450 1. Ausschluss aller streng geheimen und geheimen Dokumente; 2. wie 1., aber nur im Bereich der ESVP; 3. wie 2., aber auch vertrauliche Dokumente; 4. kein Ausschluss von Dokumenten, Einzelfalllösung anhand von Ausnahmen (laufende Praxis). 451 Zur Kritik etwa der Bericht des EU-Ausschusses des House of Lords vom 13. February 2001, Access to Documents: The Council Decision of 14 th August 2000,
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
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Die Klage des Parlaments ging auf Heidi Hautala, Fraktionsvorsitzende der Grünen und Berichterstatterin im Ausschuss für Recht und Binnenmarkt zurück, die am 31. August die Ausschussvorsitzende Ana Palacio mit der Sache befasste. 4 5 2 Nach einem Sondertreffen am 4. September mit dem Juristischen Dienst des Europäischen Parlaments, forderte der Ausschuss am 13. Oktober das Parlament zur Vorbereitung rechtlicher Schritte auf. 453 Vor der Klageerhebung trat die Parlamentspräsidentin Nicole Fontaine in Verhandlungen mit dem Rat, der am 19. Oktober einen Kompromiss anbot, wonach drei Parlamentsmitglieder Zugang zu klassifizierten Dokumenten erhalten sollen: die Parlamentspräsidentin, der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und ein drittes Mitglied des Europäischen Parlaments, das Rat und Parlament gemeinsam benennen. Der Vorschlag ähnelt der Mitte 2002 zwischen Rat und Parlament vereinbarten interinstitutionellen Vereinbarung über den Zugang zu sensiblen Dokumenten im Bereich der ESVP. 454 Das Gremium der Fraktionsvorsitzenden lehnte ihn zu diesem Zeitpunkt jedoch ab, so dass am 23. Oktober Klage eingelegt wurde. Bereits am 22. September hatte die niederländische Regierung Klage gegen den Ratsbeschluss erhoben, der sich am 28. September die schwedische Regierung und am 3. November die finnische Regierung anschlossen. Formell wird dem Rat vorgeworfen, den Erlass auf eine unrichtige Rechtsgrundlage gestützt und infolgedessen ein falsches Verfahren gewählt zu haben. Seit der primärrechtlichen Verankerung in Art. 255 EG sei der einseitige Erlass von Regelungen zum Zugangsrecht im Rahmen der internen Organisationsbefugnis (Art. 207 EG) ausgeschlossen. Art. 255 Abs. 2 EG sehe eine Regelung zwar bis Mai 2001 vor, entfalte aber bereits jetzt Sperrwirkung. Eine andere Auslegung gefährde ernsthaft seine praktische Wirksamkeit. 455 Es fehle daher ein Vorschlag der Kommission, die Beteiligung des Parlaments und eine Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter Mehrheit (Art. 255 iVm Art. 251 EG) statt mit einfacher Mehrheit. Das Parlament macht weiter einen Verstoß gegen die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit (Art. 10 EG) und das institutionelle Gleichgewicht geltend. Die parallelen Arbeiten an der VO nach Art. 255 Abs. 2 http://www.parliament.the-stationery-office.co.uk/pa/ld200001/ldselect/ldeucom/31/31 01.htm und Roberts, EPL 2002, 255 (265 f.). 452 Der Berichterstatter des federführenden Ausschusses für Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten Cashman (SPE) und die CoBerichterstatterin Maij-Weggen (EVP) für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen hatten den Ratsbeschluss ungefragt eingearbeitet, was ihre spätere Kompromissbereitschaft im Trilog bei sog. sensiblen Dokumenten andeutet. 453 FAZ vom 6. September 2000. 454 Dok 10112/02 vom 17.6.2002, näher Vierter Abschnitt VII. 9. Vgl. auch Art. 19 der Durchführungsbestimmungen des Parlaments zur VO (EG) Nr. 1049/2001, ABl. 2001 C 374/1. 455 Zu weiteren Argumenten für eine Fixierung des status quo siehe C. II.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
EG im Mitentscheidungsverfahren konnten eine enge Zusammenarbeit der drei Organe erwarten lassen. Trotzdem habe der Rat den Akt ohne Wissen des Parlaments erlassen. Hierin lag ein Verstoß gegen Art. 255 Abs. 1, 2 EG, der aber nicht auf den eben genannten Gründen beruht: Die Wahl einer falschen Rechtsgrundlage könnte sich aus der Rechtsnatur des Zugangsrechts ergeben, wenn der EuGH einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts auf Zugang zu Dokumenten anerkennt. Das ist nicht zu der Fall (näher Fünfter Abschnitt). Allein der einseitige organinterne Erlass stand Art. 255 EG nicht entgegen. Seit der Aufnahme von Art. 255 Abs. 1 EG in das Primärrecht besteht ein subjektives Recht, dessen Grundsätze und Beschränkungen aber bis zur Verabschiedung ernes Sekundärrechtsaktes gemäß Art. 255 Abs. 2 EG weiter auf organinternen Vorschriften beruhen. 456 Die Ausgestaltung obliegt den einzelnen Organen. Die internen Vorschriften können und dürfen jedoch nicht das subjektive Recht, wie es Art. 255 Abs. 1 EG niederlegt, vereiteln. Mit Verabschiedung des Sekundärrechtsaktes erfolgt eine organübergreifende Regelung, deren Vorgaben die Organe bei der Umsetzung beachten müssen. Dadurch wird ihr Gestaltungsspielraum inhaltlich eingeengt.457 Der Rat war also befugt, bis zum Erlass des Sekundärrechtsaktes seine internen Regelungen einseitig zu ändern, solange sie im Einklang mit Art. 255 EG stehen. Die Verstöße gegen das Prinzip loyaler Zusammenarbeit nach Art. 10 EG und das institutionelle Gleichgewicht gegenüber dem Parlament bezogen sich weniger auf das Verfahren zum Erlass des Beschlusses 2000/527 als vielmehr auf das parallele Mitentscheidungsverfahren gemäß Art. 255 Abs. 2 EG, das zur VO (EG) Nr. 1049/2001 führte. Dort wurde die Vertrauensbasis für die Kompromissfindung durch das vorschnelle Handeln des Rates zwar strapaziert, die Rechtsposition der Verfahrensbeteiligten blieb jedoch gewahrt. Die absehbar begrenzte zeitliche Wirkung der Maßnahme bis zum Inkrafitreten der VO warf lediglich Zweifel auf, ob ein einseitiges Vorgehen zu diesem Zeitpunkt zum Schutz des Vertrauens in die ESVP erforderlich war. Der Beschluss verstieß aber inhaltlich gegen Art. 255 Abs. 1 EG, indem er bestimmte Dokumentkategorien komplett vom Zugangsrecht ausschloß und da-
456
Insoweit gilt weiter die Aussage des EuGH in der Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande /Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 37. 457 Das Fehlen eines direkten Zugangs über ein Register oder in elektronischer Form ζ. B. verneint nicht das subjektive Zugangsrecht in Art. 255 Abs. 1 EG, so dass hieraus auch nach Amsterdam keine Pflicht zur Gewähr direkten Zugangs folgt, die eine Anpassung der Zugangsbeschlüsse notwendig macht. Sieht dagegen der spätere Sekundärrechtsakt nach Art. 255 Abs. 2 EG die Gewähr direkten Zugangs als allgemeinen Grundsatz des Zugangsrechts vor, müssen die Organe ihre internen Regeln entsprechend anpassen.
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mit in einem Teilbereich das subjektive Recht auf Zugang an sich verneinte. Gleichzeitig lag hierin ein Verstoß gegen Art. 255 Abs. 2 EG, der Beschränkungen bei der Ausübung des Rechts ermöglicht, d.h. voraussetzt, dass das Recht grundsätzlich besteht und (eingeschränkt) ausgeübt werden kann. Die Frist des Art. 255 Abs. 2 EG stellt insoweit nicht das subjektive Recht in Art. 255 Abs. 1 EG in Frage, sondern setzt den maximalen Zeitrahmen für die Erarbeitung der Grundsätze und Beschränkungen.
2. Ausschluss klassifizierter Dokumente der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vom Zugangsrecht und der Registerpflicht Durch den Beschluss 2000/527 wurden die Ratsbeschlüsse 93/731 (dazu a.) und 2000/23 (dazu b.) geändert, indem der Beschluss 107/00 des Generalsekretärs Solana vom 27. Juli 2000 über den Schutz der Verschlusssachen des Rates 458 in das Zugangsrecht umgesetzt wurde (Erwägung 2). Grund war die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die in diesem frühen Stadium das Vertrauen der Beteiligten in die Geheimhaltung der übermittelten Dokumente unbedingt sichern sollte (Erwägung 3, 4). 4 5 9 Gerade die Verknüpfung der Beschlüsse zum Zugangsrecht mit den Klassifikationsregeln warf dabei eine Reihe von Probleme auf.
a) Änderungen am Beschluss 93/731 Beim Zugangsrechts gemäß dem Beschluss 93/731 wurden Dokumente, die nach dem Beschluss 107/00 als „sehr geheim", „geheim" oder „vertraulich" eingestuft waren und aus den Bereichen Sicherheit und Verteidigung der Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten stammten oder die militärische oder nicht-militärische Krisenbewältigung betraffen, aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen. Zusätzlich wurden die Bereiche als zwingende Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses aufgenommen (Art. 1 Nr. 1 und Nr. 4). Des weiteren durften nach Art. 1 Nr. 2 alle Dokumente im Besitz des Rates, die Rückschlüsse auf den Inhalt klassifizierter Dokumente eines Dritten erlauben, nur nach seiner schriftlichen Zustimmung zugänglich gemacht werden. Die Änderungen warfen inhaltlich mehrere Probleme auf: Der Ausschluss aus dem Anwendungsbereich war im Vergleich mit einer Lösung über Ausnahmen nicht erforderlich und begegnete im Hinblick auf den verbleibenden Gehalt von Art. 28 Abs. 1 und 41 Abs. 1 EU Bedenken. Die Verknüpfung mit den 458 459
ABl. 2000 C 239/1. Siehe auch Duke, EFAR 2001, 155 (168 f.).
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Klassifikationsregeln erschwerte den Rechtsschutz und verhinderte einen teilweisen Zugang. Schließlich wurde das Zugangsrecht der Zustimmung von Organisationen und Staaten außerhalb der Gemeinschaft unterworfen: Zu beachten ist, dass erstmals pauschal eine Kategorie von Dokumenten von der Reichweite des Zugangsrechts ausgenommen wurde. Die betroffenen Dokumente mussten zwar neben einer Geheimschutzstufe aus einem bestimmten Bereich stammen, der aber weit gefasst war und neben militärischem auch nicht-militärisches Vorgehen der Gemeinschaft beinhaltete. Eine Unterscheidung zwischen operationellen Details, deren Bekanntwerden konkrete Aktionen gefährden konnte, und allgemeinen Strategie- und Planungspapieren, wurde nicht getroffen. Hier hätte auf einem gleichwertigen Schutzniveau eine flexiblere Lösung über die Ausnahmen gefunden werden können, die weiterhin bei allen anderen Dokumenten Anwendung fanden und durch den Beschluss 2000/527 um eben diese Aspekte ergänzt worden waren. Aus Art. 255 EG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 EU (gleiches gilt für Art. 41 EU) ergibt sich, dass das Gemeinschaftsrecht nicht die Befugnis einräumt, Dokumente der dort genannten Bereiche oder irgendeines anderen Bereichs als solche vom Zugangsrecht auszunehmen, seien sie als Verschlusssache eingestuft oder nicht. Art. 255 Abs. 2 EG spricht von „Grundsätzen und Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang", was impliziert, dass das Recht unter bestimmten Bedingungen ausgeübt werden kann. Das ist bei einem pauschalen Ausschluss von Dokumenten nicht der Fall. Hierin liegt gleichzeitig ein Verstoß gegen Art. 255 Abs. 1 EG, soweit er das subjektive Recht auf Zugang gewährleistet. Art. 255 EG verlangt, dass Einschränkungen des Zugangsrechts durch die Anwendung begrenzter Ausnahmen erfolgen. 460 Die Verknüpfung mit den Klassifikationsregeln des Rates wirft weitere Probleme auf: Die Vorschriften über die Geheimschutzgrade sind bewusst deutungsoffen und enthalten keine Kriterien für die Einstufung. 461 Nach Art. 1 Nr. 1 des Beschlusses 2000/527 traf den Rat bei derartigen Anträgen keine Begründungspflicht. Ausreichend war die Unterrichtung, dass das Dokument nicht in den Anwendungsbereich des Beschlusses fällt. Hierin lag ein Verstoß gegen das Recht auf eine begründete Entscheidung.462 Es war für den Antragsteller praktisch nicht möglich, die Richtigkeit der Ablehnung nachzuvollziehen. Er war 460
So auch die Niederlande und das Parlament in ihren Klagen, ABl. 2000 C 316/20 und ABl. 2000 C 355/16. Einen Verstoß bejaht auch Bock, DÖV 2002, 556 (558). 461 Das hat sich unter den neuen Sicherheitsbestimmungen des Rates (2001/264, ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48) und der Kommission (2001/844, ABl. 2001 L 317/1) geändert, die einen Leitfaden für die Einstufungspraxis enthalten (Anhang II und Anlage 2). 462 Söderman, Transparency Tz. 52; Harden, EPL 2001, 165 (182).
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auf eine Nichtigkeitsklage vor dem EuG angewiesen. Dabei sind zwei Einwände auszuräumen. Aus Sicht des Rates richten sich die Klassifikationsregeln als interne Verfahrensvorschriften ausschließlich an seine Beamten und verleihen den einzelnen keine subjektiven Rechte, die er im Klageweg geltend machen kann. Außerdem vereitelt die Offenlegung im Prozess gerade den Zweck der Ablehnung. Beide Einwände sind abzulehnen: Soweit die Klassifikationsvorschriften primär auf eine Binnenwirkung ausgerichtet sind, entspricht die Situation dem Zugangsrecht gemäß den Beschluss 93/731, der ebenfalls nur eine interne Verfahrensvorschrift darstellt. Der EuGH hat in der Rechtssache Niederlande / Rat festgehalten, dass auch interne Maßnahmen Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten können. 463 Generalanwalt Tesauro hat hierzu ausgeführt, dass jedes Organ, das für sich selbst Verhaltensregeln aufstellt, insbesondere, wenn sie die Art und Weise der Ausübung einer Tätigkeit festlegen, die Dritte berührt, diese beachten muss und nicht ohne Gründe davon abweichen darf, da sonst ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung464 und den Grundsatz patere legem quam ipse fecisti vorliegt. 465 Dient die interne Norm auch dem Schutz des Einzelnen, kann der Betroffene ihre Nichtbeachtung vor Gericht geltend machen. Das ist bejaht worden für das Verfahren zur Behandlung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten nach dem Beschluss 93/731 und gilt im gleichen Maße, um eine Stufe verlängert, für die Entscheidung über die Klassifikation eines Dokuments, wenn es dadurch aus dem Anwendungsbereich des Zugangsrechts ausgeschlossen wird. Der einzelne hat das Recht, dass bei Zugangsanträgen das selbst auferlegte Verfahren des Beschlusses 93/731 eingehalten wird, u.a. dass Zugang zu allen Dokumenten geprüft wird, die in den Anwendungsbereich fallen. Wenn ein weiterer (selbstverpflichtender) Beschluss das vom Fehlen einer bestimmten Einstufung abhängig macht, dann beinhaltet das Recht des einzelnen auch, dass die Einstufung ordnungsgemäß erfolgt ist und die dafür erforderlichen Kriterien vorliegen. 466 Weiterhin findet eine Offenlegung im Prozess nicht statt. Das EuG hat gerade im Hinblick auf die Behandlung von Zugangsanträgen seine Verfahrensvorschriften geändert (Art. 67 Abs. 3 seiner GO 4 6 7 ) und ein sog. in-camera Verfahren eingeführt, bei dem das Gericht Einsicht erhält, nicht jedoch die andere Verfahrenspartei (oben Β. I. 8) g)) und im Rahmen der VO (EG) Nr. 1049/2001 Vierter Abschnitt Β. V. 6.). Durch Art. 3 Absatz 1 und 3 des Beschlusses 107/00 wurde die Zahl der durch den Beschluss 2000/527 ausgeschlossenen Dokumente beträchtlich er463
Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 38. GA Tesauro Schlussantrag in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 18 - 20; Rs. 148/73, 30.1.1974 Louwange /Kommission Slg. 1974, 81 (89). 465 Constantinesco, JDI 1996, 464 (467); van Calster, CJEL 1997, 283 (290); Gautier, JDI 1998, 469 (470); Lafay, RTDE 1997, 37 (38, 55, 64). 466 Für die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung: Curtin, Legal issues, S. 85. 467 GO idF vom 6.12.2000, ABl. 2000 L 322/4. 464
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
höht. Bilden danach mehrere Informationen ein Ganzes, gilt mindestens die Geheimhaltungsstufe der am höchsten eingestuften Einzelinformation. Gibt eine Information den Inhalt einer Verschlusssache wieder, erhält sie seine Geheimhaltungsstufe. Wird in einem der beiden Fälle der Geheimschutzgrad „vertraulich" oder höher erreicht, waren die Dokumente gemäß dem Beschluss 2000/527 vom Anwendungsbereich der Zugangsbeschlüsse ausgenommen, wobei hier seine bereichsbezogene Begrenzung aufgehoben war, denn es handelte sich um die Anwendung des allgemeinen Beschlusses 107/00. Jedes Dokument kann auf diesem Wege, unabhängig vom Inhalt, als „vertraulich" oder höher eingestuft werden. Fielen die Dokumente aus dem Anwendungsbereich, wurde insbesondere die von der Rechtsprechung betonte Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs umgangen. Unterfällt der Inhalt eines Dokuments nur teilweise den Ausnahmen, müssen die übrigen Teile nach dem Grundsatz weitestgehenden Zugangs freigegeben werden. 468 Sofern ein Dokument in Teilen ein klassifiziertes Dokument wiedergibt oder die Gesamtinformation geheimhaltungsbedürftige Einzelinformationen enthält, spricht nichts gegen die Freigabe der restlichen, harmlosen Teile. Es besteht systematisch kein Unterschied, ob der Freigabe eine Ausnahme oder eine Klassifikation entgegensteht.469 In beiden Fällen kann der betroffene Teil zum Schutz bestimmter Interessen nicht offengelegt werden, jedoch unproblematisch die übrigen Dokumentteile. Die Klassifikation von Dokumenten wirkt, unabhängig von ihrer Qualifikation, faktisch wie eine Ausnahme vom Grundsatz weitestgehenden Zugangs und muss entsprechend eng ausgelegt und angewandt werden. Einen solchen Schluss hat das EuG für die bisherige Urheberregel gezogen und der Bürgerbeauftragte für Mehrfachanträge und Anträgen nach großen und zahlreichen Dokumenten.470 Der komplette Ausschluss von Dokumentkategorien aus dem Anwendungsbereich verhinderte die Gewähr teilweisen Zugangs und stand damit im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung. Bei der VO (EG) Nr. 1049/2001 stellt sich die Frage nicht, da dort die Klassifikation nicht dazu führt, dass ein Dokument allein deswegen aus dem Anwendungsbereich fällt (vgl. Vierter Abschnitt Β. VII.). Indem der Zugang bei Ratsdokumenten, die den Inhalt von Dritten klassifizierter Dokumente wiedergaben, von deren Zustimmung abhängig gemacht wurde, trat eine weitere unabsehbare Einschränkung ein. Das gemeinschaftsrechtlich gewährte Zugangsrecht der Unionsbürger wurde zur „Geisel Dritter" und hing von deren Klassifikationsvorschriften und -entscheidungen ab, die we468
Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 87. Die Einstufung entspricht einer vorgezogenen abstrakten Ausnahmeprüfung. Geht die Einschätzung dahin, dass bestimmte durch die Ausnahmen geschützte Interessen beeinträchtigt werden, erfolgt die Vergabe eines Geheimschutzgrades. Ausnahme und Einstufung fallen regelmäßig zusammen, siehe Vierter Abschnitt B. VII. 2. 470 Rs. T - l 88/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/ Kommission Slg. 1999 II2466 Tz. 55 und Beschwerde 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH. 469
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der bekannt gemacht noch überprüfbar sind, da es sich nicht um Gemeinschaftsakte handelt. Ein teilweiser Zugang zu solchen Dokumenten auf der Grundlage einer Entscheidung des Rates ist nicht vorgesehen, die Dritten sind auch nicht durch die Gemeinschaftsrechtsprechung verpflichtet.
b) Änderungen am Beschluss 2000/23 Die weitreichenden Einschränkungen des Zugangsrechts wurden vervollständigt durch die Änderung des Beschlusses 2000/23 zur Registerpflicht. Gemäß Art. 2 Nr. 1 enthielt das öffentliche Ratsregister keinen Hinweis mehr auf Dokumente aus dem Bereich der Sicherheit und Verteidigung, die dem Geheimschutzgrad „vertraulich" oder höher unterlagen. Die Ausnahmen, die einen Registereintrag bei allen anderen Dokumenten verhindern konnten, wurden ebenfalls entsprechend um den Schutz der Sicherheit und Verteidigung ergänzt (Art. 2 Nr. 2). Die erst ein halbes Jahr zuvor auf Verschlusssachen erweiterte Registerpflicht wurde damit teilweise rückgängig gemacht, was aus zwei Gründen nicht erforderlich war: Das Register erleichtert nur das Auffinden der Dokumente und gewährt keinen direkten Zugang. (Für das Register Schloß der Beschluss 2001/320 ausnahmslos alle eingestuften Dokumente aus.) Der Zugang hing weiterhin von der Freigabe nach dem Beschluss 93/731 ab, wo er bereits nach Art. 1 des Beschlusses 2000/527 ausgeschlossen war. Zudem sah der Beschluss 2000/23 ausdrücklich vor, dass kein Nachweis im Register erschien, wenn eines der geschützten Interessen beeinträchtigt werden konnte. Neben der Ergänzung der Ausnahmen war es daher nicht nötig, zum Schutz der Verschlusssachen auch jeden Hinweis auf ihre Existenz auszuschließen. Da keine Differenzierung zwischen allgemeinen politischen Positionspapieren und konkreten Einsatzplanungen vorgenommen wurde, blieb der größte Teil der Europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik inklusive der nicht-militärischen Krisenbewältigung unter Verschluss, wobei aufgrund der Klassifikationsregeln eine Vielzahl von Dokumenten aus anderen Bereichen ebenfalls betroffen war.
III. Die allgemeinen Sicherheitsbestimmungen der Organe und die ESVP Die infolge der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verschärften Sicherheitsbestimmungen von Rat und Kommission beeinflussen mittelbar die Reichweite des Zugangsrechts, da die VO (EG) Nr. 1049/2001 die Definition von Verschlusssachen den Bestimmungen der Organe überlässt. Im Hinblick auf die Beschlüsse 2001/264 und 2001/844 über die Sicherheitsbestimmungen des Rates und der Kommission ist insbesondere zu klären, inwieweit die Mitgliedstaaten durch eine interne Organbestimmung (mit)verpflichtet 11*
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
werden können. Betroffen ist bei den Vorschriften des Rates des weiteren erneut das Beteiligungsrecht des Parlaments nach Art. 255 Abs. 2 EG. Inhaltlich erweitern die Bestimmungen die Geheimschutzvorschriften erheblich.
L Die Sicherheitsbestimmungen über den Schutz vertraulicher Dokumente vor der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Die Kommission legte im Februar 1992, gestützt auf den heutigen Art. 308 EG, einen Vorschlag für eine VO des Rates betreffend die Schutzmaßnahmen für als Verschlusssachen eingestufte Informationen vor. 4 7 1 Die VO sollte die Geheimschutzgrade für sensible Dokumente festlegen und umfassend die Zugangsbedingungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes zu diesen Dokumenten regeln (Verteilung, Registrierung, Versand, Vernichtung, Gebäudesicherheit). Der Geltungsbereich erstreckte sich nach Art. 1 Abs. 1 auf Dokumente innerhalb der Mitgliedstaaten und der Organe und solche, die zwischen den Organen und Mitgliedstaaten ausgetauscht werden. Die angestrebte umfassende Harmonisierung der Schutzmaßnahmen verstieß in einigen Mitgliedstaaten gegen Grundfreiheiten und das Recht auf Zugang zu Informationen, einzelne Bestimmungen waren zu vage und boten keine ausreichende Rechtssicherheit und Klarheit. 472 In einer Entschließung hielt das Europäische Parlament seine Beteiligung bei der Rechtsetzung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für erforderlich und forderte eine andere Rechtsgrundlage als Art. 308 EG, der lediglich seine Anhörung vorsieht. 473 Aufgrund der Kritik zog die Kommission den Vorschlag Ende 1993 im Lichte des Subsidiaritätsprinzips zurück. 474 In der Folgezeit wurde kein weiterer Vorschlag für einen Rechtsakt mit Beteiligung des Parlaments vorgestellt. Stattdessen erließ der Generalsekretär des Rates am 30. Januar 1995, gestützt auf die GO des Rates im Rahmen seiner internen Organisationsgewalt, den Beschluss 24/95 über die im Generalsekretariat des Rates anzuwendenden Maßnahmen zum Schutz der als Verschlusssachen einzustufenden Informationen. Ergänzend erließ der Rat, auf Art. 23 der GO gestützt, den Beschluss 98/319 über das Verfahren zur Ermächtigung des Perso-
471 ABl. 1992 C 72/15; Bradley, CDE 1999, 283 (295). Die inhaltlich ähnliche VO Nr. 3 (ABl. 1958 Nr. 17 S. 406 ff.) betraf nur Euratom-Verschlusssachen. 472 Nach Art. 7 vergab jeder Mitgliedstaat selbständig Geheimschutzgrade, was bei gleichen Dokumenttypen zu beträchtlichen Unterschieden fuhren kann. Die Sicherheitsüberprüfung der zugangsberechtigten Personen in Art. 12 Abs. 1 c) hing neben der Staatsangehörigkeit von „näheren Beziehungen" zum Mitgliedstaat ab, was nationalen Druck auf Gemeinschaftsbedienstete ermöglichte. 473 ABl. 1993 C 176/60. Es wird auch hinterfragt, weshalb nicht gleichzeitig eine Richtlinie über Informationsfreiheit vorgelegt wird. 474 Bulletin-EG Nr. 11-1993 1.7.3.
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nals, das beruflich Zugang zu solchen Verschlusssachen erhält. 475 Der Beschluss 24/95 basierte weitgehend auf den (unproblematischen) Einstufungsvorschriften des Kommissionsvorschlages von 1992. Verschlusssachen wurden die Geheimschutzgrade „nur für den Dienstgebrauch", „vertraulich" und „geheim" zugeordnet. 476 Übernommen wurde die Regel, dass bei einer Verschlusssache aus mehreren Informationen sich der Geheimschutzgrad nach der Information mit der höchsten Einstufung richtet (Art. 3 Abs. 1). Eine Information, die den Inhalt einer Verschlusssache wiedergibt, erhielt denselben Geheimschutzgrad (Art. 3 Abs. 3), was zu einer Art „Kontaminierung" von im übrigen harmlosen Dokumentsätzen führte. 477 Die Kommission hatte nach dem Scheitern ihres Verordnungsvorschlages noch vor dem Rat einen internen Beschluss über Schutzmaßnahmen für als Verschlusssachen eingestufte Informationen erlassen (C(94)3282 vom 21. November 1994), der seinen Vorgänger vom 7. Juli 1986 (SEK(85) 1132) ersetzte. Anlass war schon damals die Beteiligung an neuen Tätigkeiten im Rahmen der GASP, die einen Informationsaustausch mit der NATO und WEU erforderten. Der Beschluss regelte neben Einstufungsfragen auch die Sicherheitsüberprüfung des Personals sowie materiellen und elektronischen Geheimhaltungsschutz. Bezogen auf den Dokumentaustausch mit Dritten war er ausführlicher und sah die Beibehaltung eines mindestens gleichwertigen Geheimhaltungsgrades vor. Möglich war eine Neueinstufung zum Schutz des Dritten. Umstufungen von Verschlusssachen Dritter waren nur durch sie selbst möglich.
2. Der Einfluss der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Die Beschlüsse 107/00, 2001/264 und2001/844 Der Beschluss 24/95 wurde durch die verstärkte Zusammenarbeit und Kommunikation im Bereich der Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik überarbeitungsbedürftig. Impulse für eine verbesserte Handlungsfähigkeit im
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ABl. 1998 L 140/12. Der Kommissionsvorschlag sah als unterste Stufe „vertraulich", dann „geheim" und „streng geheim" vor, siedelte den Verschlussgrad damit von Beginn an höher an, was zu einer geringeren Zahl von Verschlusssachen führt. 477 Oberg, CYELS 1999, 303 (320) meint, Art. 3 Abs. 2, wonach Einstufungen von Dokumenten nationaler/internationaler Behörden, die an das Generalsekretariat übermittelt werden, nur durch nationale/internationale Behörde geändert werden dürfen, binde als interne Regelung unzulässig die anderen Mitgliedstaaten bei ihrer eigenständigen Einstufung. Richtigerweise gilt der Beschluss 24/95 und der Nachfolger 107/00 im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag von 1992 und dem Ratsbeschluss vom 19.3.2001 nur für den Rat und versucht keine Erstreckung auf die Mitgliedstaaten. Insofern verpflichtet Art. 3 Abs. 2 nicht die Mitgliedstaaten, die eine eigenständige Einstufung vornehmen können. 476
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
Bereich der militärischen und nicht-militärischen Krisenbewältigung waren seit 1999 wiederholt Thema des Europäischen Rates. In seinen Schlussfolgerungen wies der Rat mehrfach auf die Notwendigkeit einer umfassenden Konsultation zwischen der EU, der NATO und anderen Drittstaaten hin. Einzelheiten sollen in zukünftigen Regelungen untereinander entwickelt werden. 478 Dabei sollten die Bemühungen der EU um die Ausgestaltung ihrer eigenen Sicherheitsbestimmungen absoluten Vorrang haben. Sie bilden die Grundlage für Sicherheitsvereinbarungen mit der NATO über den Informationsaustausch und den Zugang von EU-Beamten zu den Planungsstrukturen der NATO. 4 7 9 Ein solches Interimsabkommen über Sicherheit ist durch Briefwechsel vom 26. Juli 2000 zwischen dem Generalsekretär der NATO Robertson und dem Generalsekretär/Hohen Vertreter Solana zustande gekommen. 480 Sein wesentlicher Inhalt ist die Sicherstellung eines gleichrangigen Dokumentschutzes (Punkt 2). Zu diesem Zweck werden die Einstufungen der anderen Vertragspartei beibehalten (Punkt 1 (ii)), und vor einer Freigabe wird ihre Zustimmung eingeholt (Punkt 1 (iv)). Ferner unterliegen die Sicherheitsstandards gegenseitiger Überwachung und Kontrolle (Punkt 8 und 9). 4 8 1 Daraufhin hat Javier Solana, Hoher Vertreter für die Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik, durch den Beschluss 107/00 vom 27. Juli 2000 den alten Beschluss 24/95 zum Schutz der Verschlusssachen ersetzt und die Geheimhaltungsstufe „streng geheim" neu eingeführt, die der Kommissionsbeschluss C(94) 3282 bereits kannte (vgl. Art. 5 a)). Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 des Beschlusses 24/95 wurden unverändert übernommen. Dabei ging der Hohe Vertreter in Erwägung 2 davon aus, dass es sich um eine vorläufige Änderung handelt, bis in naher Zukunft umfassendere Maßnahmen getroffen werden. Sie folgten im Ratsbeschluss 2001/264 vom 19. März 2001 über die Sicherheitsbestimmungen des Rates.482 Er ersetzt die ehemaligen Beschlüsse 107/00 und 98/319 und führt sie in einer umfangreichen Regelung zusammen. Der Be478
Tz. 28 Absatz 4 der Schlussfolgerungen von Helsinki, Anlage IV und vor allem Anlage I zur Anlage IV unter dem Punkt „Konsultation und Zusammenarbeit mit Ländern, die nicht der EU angehören und mit der NATO", http://europa.eu.int/council/off/conclu/index.htm. 479 Schlussfolgerungen von Santa Maria da Feira Anlage 2 zu Anlage I, „Grundsätze für Konsultationen mit der NATO über militärische Fragen und Empfehlungen für die Entwicklung der Modalitäten für die Beziehungen zwischen der EU und der NATO", http ://europa. eu. int/counci 1/off/conclu/index. htm. 480 Das Abkommen ist unveröffentlicht, aber auf Antrag zugänglich. Es wurde durch den Beschluss 2003/211/GASP vom 24.2.2003 über den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und der NATO über den Geheimschutz ersetzt, ABl. 2003 L 80/35 f. 481 Im neuen Beschluss 2003/211/GASP, ABl. 2003 L 80/35 f., finden sich diese Punkte in den Art. 4 b), 4 d), 5 b) und 6. 482 ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48.
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schluss versteht sich in seiner Reichweite als direkter Nachfolger des Kommissionsvorschlags von 1992, da er neben dem Rat die von ihm errichteten dezentralisierten Einrichtungen (nicht aber die übrigen Gemeinschaftsorgane) und vor allem die Mitgliedstaaten zu erfassen sucht (Art. 2) und einen gemeinsamen Schutzstandard errichten will. 4 8 3 Dadurch soll gewährleistet werden, dass bei Anträgen in den Mitgliedstaaten nach Gemeinschaftsdokumenten keine Dokumente freigegeben werden, deren Offenlegung auf Gemeinschaftsebene abgelehnt werden würde. Umgekehrt soll der Rat keine mitgliedstaatlichen Dokumente in seinem Besitz freigeben, deren Zugang der Mitgliedstaat verweigern würde. 484 Die Kommission hat ihr Sicherheitssystem entsprechend diesen Grundsätzen durch den nahezu inhaltsgleichen Beschluss 2001/844 vom 29. November 2001 485 neugefasst (vgl. Erwägung 4). Insofern treffen die nachfolgenden Erwägungen in gleicher Weise den Kommissionsbeschluss. Durch den Versuch, einen einheitlichen Standard für alle Empfänger von EU-Verschlusssachen zu etablieren, erhält die dereinst vom Europäischen Parlament am Kommissionsvorschlag für eine Verordnung von 1992 (ABl. 1992 C 72/15) verübte Kritik an der Rechtsgrundlage und seiner fehlenden Beteiligung neue Bedeutung.486 Inhaltlich ist aufgrund der mittelbaren Auswirkungen auf das Zugangsrecht vor allem die Ausgestaltung der Klassifikationsregeln für Verschlusssachen von Bedeutung:
a) Bindung der Mitgliedstaaten durch die Sicherheitsbestimmungen? Rat und Kommission fassen die Regelung ihrer eigenen Sicherheit als Frage der internen Organisation auf und ziehen nicht, wie 1992, Art. 308 EG heran, sondern Art. 207 Abs. 3 EG und Art. 24 der GO des Rates, respektive die Kommission Art. 218 Abs. 2 EG, 16 KS, 131 EA und 28 Abs. 1,41 Abs. 1 EU. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden, solange sich die Reichweite, wie bei den Beschlüssen 24/95, 107/00 und C(94) 3282, inhaltlich auf das Organ beschränkt. Wie beim damaligen Kommissionsvorschlag, sollen bei den Beschlüs-
483 Pressemitteilung Nr: 6933/01 über die 2338. Tagung des Rates (Allgemeine Angelegenheiten) vom 19. März 2001. 484 Siehe den Sachverhalt Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 und eine Analyse möglicher Abweichungen bei Oberg, CYELS 1999, 303 (317) für Schweden und McDonagh, IJEL 2000, 216 (221 ff.) für Irland. 485 ABl. 2001 L 317/1. 486 Ebenso Oberg, CYELS 1999, 303 (319 f.) bezogen auf den Beschluss 24/95. Das Parlament hat Klage gegen die Sicherheitsbestimmungen des Rates eingelegt, Rs. C260/01, 4.7.2001 Parlament / Rat, ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
sen 2001/264 und 2001/844 aber die Mitgliedstaaten miterfasst werden und geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften erlassen. 487 Ein gewichtiger Unterschied besteht jedoch. Während der Rat die Geltung seiner internen Vorschriften auf die Mitgliedstaaten ausdehnt, spricht die Kommission davon, dass ein Dokumentaustausch nur mit solchen Mitgliedstaaten erfolgt, die einen absolut gleichwertigen Schutz garantieren. In beiden Fällen wird dasselbe Ergebnis erzielt. Die Kommission überlässt es jedoch den Mitgliedstaaten, wie sie den gleichwertigen Schutz sicherstellen, unter Umständen allein durch eine entsprechende Auslegung und Anwendung ihrer bestehenden nationalen Normen. Ein Kompetenzproblem besteht insoweit nur hinsichtlich der Formulierung der Sicherheitsbestimmungen des Rates. Eine Regelung aufgrund der internen Organisationsgewalt kann die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht verpflichten und dort direkte Anwendung beanspruchen. 488 Wenn die Mitgliedstaaten im Rat tätig werden und dadurch zwangsläufig von Vorschriften der GO berührt werden, erscheint eine direkte Bindung unvermeidlich. Exemplarisch steht dafür Art. 2 Abs. 2 a), der Mitglieder der Mitgliedstaaten verpflichtet, die in Tätigkeiten des Rates einbezogen sind. Demgegenüber verpflichtet Art. 2 Abs. 2 b) alle sonstigen Mitglieder nationaler Verwaltungen der Mitgliedstaaten, die mit EU-Verschlusssachen zu tun haben, unabhängig davon, ob sie im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder außerhalb Dienst tun. Da nationale Beamte, die mit EU-Verschlusssachen nicht in Berührung kommen, schon inhaltlich nicht angesprochen werden, erfasst Art. 2 Abs. 2 b) die gesamte nationale Verwaltung, was die Sphäre der internen Organisation des Rates verlässt. Eine Verpflichtung des Mitgliedstaates zum Erlass entsprechender Regelungen folgt hier nur aus Art. 10 EG, dessen fehlende Konkretheit ein Tätigwerden wohl nur rechtfertigt, wenn das mitgliedstaatliche Schutzniveau wesentlich abweicht. In keinem Fall kann ein identischer Sicherheitsstandard durch eine inhaltsgleiche Regelung verlangt werden, da es dann zu einer faktischen Harmonisierung ohne Befugnisnorm käme. 489
487 Rat: Erwägung 4, Art. 2 Abs. 2, sowie Teil 1 Tz. 8 und Teil 2 Tz. 9, 10; Kommission: Erwägung 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 3 sowie 5.1 488 Oberg, CYELS 1999, 303 (320) zum Beschluss 24/95. 489 Die schwedische Regierung vertrat vor dem schwedischen Parlament, dass die Bestimmungen in den Mitgliedstaaten nicht direkt anwendbar sind. Bei der Beschlussfassung im AStV am 22.12.00 hätten die Briten eine Klarstellung angebracht, dass die Sicherheitsbestimmungen keine Entscheidung iSd Art. 249 EG sind, die für alle darin Bezeichneten verbindlich ist, sondern ein nach innen gerichteter sog. Beschluss. Die Kommission habe dem bewusst nicht widersprochen, so dass sie nun verhindert sei, Mitgliedstaaten wegen einer Verletzung vor den EuGH zu bringen (http://www.riksdagen.se/debatt/0001 /eunprot/20/sam/).
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
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b) Die fehlende Beteiligung des Parlaments Der Beschluss 2001/264 trat vor Erlass der Verordnung unter Art. 255 EG in Kraft, deren Reichweite dadurch erheblich beeinflusst wird. 4 9 0 Gerade die Einführung des Art. 255 EG in das Primärrecht und der Verweis in Art. 255 Abs. 2 EG auf Art. 251 EG verdeutlicht, dass die Grundsätze und Einschränkungen des Zugangsrechts nicht mehr außerhalb des Mitentscheidungsverfahrens, d.h. ohne angemessene Parlamentsbeteiligung, getroffen werden sollen. 491 Dass die Beteiligung des Parlaments im Falle des Art. 207 Abs. 3 EG, 24 GO nicht erforderlich ist, spricht daher ebenfalls dafür, dass die gewählte Rechtsgrundlage den angestrebten Verpflichtungsumfang nicht legitimiert. 492 Eine indirekte Beteiligung des Parlaments über das Mitentscheidungsverfahren zum Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001, das später endete und damit den Ratsbeschluss berücksichtigen konnte, genügt keinesfalls, weil der Rat im nachhinein einseitig weitere Änderungen vornehmen kann.
c) Die mittelbaren Auswirkungen der Sicherheitsbestimmungen auf das Zugangsrecht Die Klassifikationsregeln sind, wie die früheren Beschlüsse 24/95 und 107/00, nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt, was keine erweiterte Einschränkung des Zugangsrechts im Verhältnis zum Beschluss 2000/527 darstellt, der nur klassifizierte Dokumente der ESVP betrifft. 493 Insoweit ist klar zu unterscheiden zwischen den allgemeinen Sicherheitsbestimmungen, die Geheimschutzgrade definieren, und dem Beschluss 2000/527, der bestimmte klassifizierte Dokumente vom Zugangsrecht ausnahm und durch die VO (EG) Nr. 1049/2001 ersetzt wurde. Die allgemeinen Sicherheitsbestimmungen kennen keine bereichsbezogenen Ausnahmen, weil potenziell in jedem Tätigkeitsfeld der Gemeinschaft geheimhaltungsbedürftige Dokumente entstehen können, die
490 Dieser spezielle Vorwurf trifft den Kommissionsbeschluss 2001/844 nicht, der erst nach Verabschiedung der VO (EG) Nr. 1049/2001 erging. 491 Chili, CMLRev 1998, 189 (203); Oberg, CYELS 1999, 303 (319) zum Beschluss 24/95. Nach Thun-Hohenstein, Amsterdam, S. 99 können Sonderbestimmungen nach Art. 255 Abs. 3 EG auch vor Abschluss des Mitentscheidungsverfahrens erlassen werden, wenn sie mit dessen Ergebnis vereinbar sind und erforderlichenfalls angepasst werden. Die VO überlässt die Klassifikation den einzelnen Organen, nicht ζ. B. einer interinstitutionellen Vereinbarung unter Beteiligung des Parlaments. 492 Zumindest war es eine Frage der freundlichen Interorganbeziehungen, das Parlament nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen. 493 So wohl STATEWATCH, http://www.riksdagen.se/debatt/0001/eunprot/20/sam S. 4.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
zur Verschlusssache erklärt werden müssen.494 Inwieweit klassifizierte Dokumente dem Zugangsrecht unterliegen, richtete sich nicht nach den allgemeinen Sicherheitsbestimmungen, sondern nach dem Umsetzungsbeschluss 2000/527 für das Zugangsrecht, der nicht alle klassifizierten Dokumente erfasste, sondern nur solche der ESVP. 495 Nach der VO (EG) Nr. 1049/2001, die den Beschluss 2000/527 ersetzt, unterliegen alle klassifizierten Dokumente dem Zugangsrecht, aufgrund ihrer Klassifikation aber teilweise einem besonderen Verfahren (Art. 9). Eine mittelbare Auswirkung der allgemeinen Sicherheitsbestimmungen auf das Zugangsrecht ergibt sich jedoch dadurch, dass der Beschluss 2000/527 bzw. die VO (EG) Nr. 1049/2001 klassifizierte Dokumente behandeln, ohne die Geheimschutzgrade selber zu definieren. Hierfür muss auf die Begriffsbildung der Sicherheitsbestimmungen der Organe zurückgegriffen werden. Werden dort die Geheimhaltungsstufen weit definiert, unterliegen potentiell mehr Dokumente einer Einstufung, so dass weniger Dokumente zugänglich waren oder nun einem restriktiveren Verfahren unterliegen. 496 Da die Sicherheitsbestimmungen (des Rates) die Mitgliedstaaten erfassen sollen, ist die Weite der Definition zugleich der Gradmesser, inwieweit Rechte innerhalb der Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden.
d) Die Ausgestaltung der Klassifikationsvorschriften in den allgemeinen Sicherheitsbestimmungen Ein Vergleich der Geheimschutzgrade mit dem vorangehenden Beschluss 107/00 zeigt, dass die Klassifikationsmöglichkeiten durch die umfangreiche Präzisierung im Anhang der Bestimmung ausgeweitet worden sind. Die Konkretisierung soll eine einheitliche Klassifikation durch die unterschiedlichen Stellen ermöglichen, wobei die Vielzahl unbestimmter Begriffe weiter beträchtliche Spielräume lässt. Die Geheimschutzgrade und die Fälle, in denen eine Einstufung erfolgen soll, sind in einer Tabelle im Anhang der Arbeit aufgeführt (Anhang I). Die deutlichste Erweiterung erfährt der Geheimschutzgrad „nur für den Dienstgebrauch", der bislang definiert war als Information, deren Verbreitung
494 Die Erwägung 3 weist jedoch daraufhin, dass in der Praxis die Geheimschutzstufen „vertraulich" und darüber nur auf Dokumente der ESVP Anwendung finden werden. In anderen Feldern seien keine derart sensiblen Dokumente vorstellbar, die Möglichkeit sollte jedoch trotzdem erhalten bleiben. 495 Das zeigt sich auch daran, dass der Beschluss 2000/527 nicht durch Art. 4 der Sicherheitsbestimmungen, sondern die VO (EG) Nr. 1049/2001 ersetzt wird, die wiederum nach Erwägung 7 der Sicherheitsbestimmungen unberührt bleibt. 496 So auch Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (502); de Leeuw, ELRev 2003, 324 (339) geht deswegen von einem Verstoss gegen Art. 255 EG aus.
D. Die ESVP und der Ausschluss klassifizierter Dokumente
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unangebracht oder verfrüht wäre. Nunmehr erfasst er Informationen, deren Verbreitung sich auf die Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten nachteilig auswirken könnten. Der Begriff „nachteilig" wird durch zehn Fälle näher spezifiziert. Die Auswirkungen bedürfen dabei keines Nachweises, wie bei den anderen Geheimschutzstufen („Schaden zufügen würden" bzw. „abträglich wären"), sondern unterliegen einer Einschätzung („könnte"). Dokumente dieser Klassifikationsstufe unterliegen zwar nicht dem Regime des Art. 9 der VO (EG) Nr. 1049/2001, denn sog. sensible Dokumente beginnen erst ab der Einstufung „vertraulich", die Vergabe des Geheimschutzgrades „nur für den Dienstgebrauch" setzt jedoch eine Schadenseinschätzung voraus, die bei der Anwendung der Ausnahmeregeln des Art. 4 gegen eine Freigabe spricht. Zusätzlich wurden alle klassifizierten Dokumente im Rahmen des Beschlusses 2001/320 vom Direktzugang über das Register ausgenommen. Nach Ablösung durch die VO (EG) Nr. 1049/2001 sehen das die Durchführungsbestimmungen des Rates ausdrücklich (Art. 11 im Anhang III seiner GO) und implizit auch die der Kommission vor, da eindeutig keine Ausnahme vorliegen darf, was bei einer Einstufung undenkbar ist (Art. 9 Abs. 3 im Anhang zur GO). 4 9 7 Rat (Teil 2 Abschnitt III) und Kommission (Punkt 17.) übernehmen in ihren allgemeinen Sicherheitsbestimmungen einige bekannte Regeln der Einstufung, die schon die Beschlüsse 107/00 und 24/95 für den Rat und die Entscheidung C(94)282 für die Kommission vorsahen. Unterliegen Dokumente in Teilen verschiedenen Einstufungen gilt als Geheimschutzgrad des Gesamtdokuments der Geheimhaltungsgrad seines am höchsten eingestuften Teils (Rat: Tz. 7; Kommission: 17.2.). Begleitschreiben oder Übermittlungsvermerke, die Rückschlüsse auf klassifizierte Informationen zulassen, erhalten die Einstufung der am höchsten eingestuften Anlage (Tz. 8; 17.2.). Die Formulierung ist enger als die entsprechende frühere Regelung. Dort war von Informationen die Rede. Wie schon erläutert (unter II. 2. a)), gewinnt hier die Gewähr teilweisen Zugangs besondere Bedeutung. Tz. 6 bzw. Punkt 17.2. bestätigen indirekt die Gefahr, dass es in der Praxis zu einer Überklassifikation kommt. Danach ist eine zu hohe Einstufung zu vermeiden, weil sie auf den ersten Blick zwar mehr Schutz für das Dokument garantiere, die routinemäßige Vornahme einer zu hohen Einstufung aber dazu führe, dass das Vertrauen in die Gültigkeit des Einstufungssystems verloren geht. Zudem erschwere sie den Informationsaustausch aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen. Die Klassifikation soll, soweit möglich, befristet werden. Andernfalls erfolgt spätestens nach fünf Jahren eine Neubewertung, so dass ein späterer Zugang ermöglicht wird (Tz. 10; 17.1., 17.3.). Vorgesehen ist eine routinemäßige Vernichtung von EU-Verschlusssachen jeder Geheimschutzstufe (Rat: Abschnitt VII Kapitel 5 Tz. 31; Kommission: 22.5.). Der Lei497
Näher Vierter Abschnitt Β. VIII. 2.
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Dritter Abschnitt: Die Entwicklung des Zugangsrechts
ter der aufbewahrenden Stelle bestimmt, welche inhaltlich überholten oder überzähligen Dokumente so bald wie praktisch möglich vernichtet werden. Damit wird ein Zugang selbst nach Ablauf einer langen Zeitdauer oder Neubewertung unmöglich gemacht, zum anderen besitzt das Organ weites Ermessen, wann ein Dokument inhaltlich überholt ist. Insgesamt sind die allgemeinen Sicherheitsbestimmungen ein großer Unsicherheitsfaktor mit einem enormen Potential für Restriktionen, die mittelbar auch das Zugangsrecht betreffen. Inwieweit es tatsächlich zu Einschränkungen kommen wird, hängt davon ab, wie in der Praxis Klassifikationen vorgenommen werden. Das eher überhöhte Sicherheits- und Geheimhaltungsbedürfnis im Zusammenhang mit der noch jungen ESVP verlangt dabei verstärkte Aufmerksamkeit (z. B. des Parlaments nach Art. 9 Abs. 7 der VO (EG) Nr. 1049/2001 oder des interinstitutionellen Ausschusses nach Art. 15 Abs. 2). Die Organe sollten in diesem Bereich von sich aus eine aktive Informationspolitik betreiben, die Befürchtungen von vornherein entgegenwirkt. Weiter sieht Art. 17 Abs. 1 für die jährlichen Berichte der Organe vor, dass die Zahl der sensiblen Dokumente, die nicht in das Register aufgenommen wurden, anzugeben sind. Darüber hinaus sollte die Anzahl der klassifizierten Dokumente prozentual zur Gesamtzahl der Dokumente, aufgegliedert nach den einzelnen Stufen, angegeben werden, um Fehlentwicklungen bei der Vergabe von Geheimschutzgraden rechtzeitig offenzulegen. Gleiches gilt für die Zahl der vernichteten, inhaltlich überholten Dokumente.
Vierter Abschnitt:
Die V O (EG) Nr. 1049/2001 A. Das Gesetzgebungsverfahren zum Erlaß der V O (EG) Nr. 1049/2001 Nach Art. 255 Abs. 2 EG mussten die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen für die Ausübung des Rechts auf Zugang zu Dokumenten binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages, d.h. bis zum 1. Mai 2001, gemäß dem Verfahren des Art. 251 EG festgelegt werden. Nach internen Vorarbeiten präsentierte die Kommission im Februar 2000 ihren Entwurf und unterbreitete ihn gemäß Art. 251 Abs. 2 EG dem Europäischen Parlament und dem Rat. Der Vorschlag der Kommission wurde vom Parlament an einen federführenden Ausschuss überwiesen, der, unter Einbeziehung mehrerer beratender Ausschüsse, einen Bericht für die 1. Lesung im Plenum am 16. November erstellte. 1 Dort verabschiedete das Parlament wesentliche Änderungsvorschläge, die die Kommission zum größten Teil nicht akzeptierte. Die legislative Entschließung wurde vertagt und gemäß Art 69 Abs. 2 GO-EP an den Ausschuss zurückverwiesen. Auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags hatte der Rat parallel hierzu bis zum Ende der französischen Ratspräsidentschafit zum Jahreswechsel 2001 einen eigenen Entwurf verfolgt. Die nachfolgende schwedische Präsidentschaft begann einen informellen Trilog zwischen Vertretern von Rat, Parlament und Kommission, um aufgrund der politischen Bedeutung für Schweden noch unter ihrem Vorsitz einen Kompromiss zu erreichen. Nachdem die Gespräche im Januar/Februar 2001 zunächst keine entscheidende Annäherung brachten, wurde Anfang April durch überwiegendes Nachgeben des Parlaments ein Kompromiss gefunden. Der Kompromiss wurde 1 Nachdem die Kommission aufgrund des Rücktritts des Santer-Kabinetts 1999 ihren Vorschlag verspätet fertigstellte, verlor das Parlament weitere Zeit, weil zunächst umstritten war, welcher Ausschuss federführend sein sollte. Als Kompromiss wurde der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten als Hauptausschuss bestellt und der Ausschuss für konstitutionelle Fragen als zweiter Ausschuss benannt, was politisch den Vorteil mit sich brachte, dass die beiden größten Parlamentsparteien die Berichterstatter stellten.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Ende April von der Kommission, dem Ausschuss für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten des Parlaments und dem Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten genehmigt und vom Parlament am 3. Mai in der Plenarsitzung als Änderung zum Vorschlag der Kommission verabschiedet. Die Kommission änderte ihren Vorschlag entsprechend (KOM(2001)299) und der Rat verabschiedete den geänderten Vorschlag am 29. Mai 2001.
I. Der Vorschlag der Kommission Die Kommission leitet mit ihrem Vorschlag das Verfahren der Mitentscheidung nach Art. 251 EG ein. Im Januar und April 19992 legte die Kommission in zwei Diskussionspapieren die Grundlinien für den späteren Vorschlag fest. Auf zwei interne Entwürfe im Oktober und November 19993 und einen veröffentlichten Vorschlag im Januar 2000 4 folgte schließlich im Februar die korrigierte und konsolidierte, endgültige Fassung des Kommissionsvorschlags.5 Ihn unterbreitete die Kommission gemäß Art. 251 Abs. 2 EG dem Europäischen Parlament und dem Rat. Der Vorschlag der Kommission enthielt im Vergleich zur bestehenden Praxis einige Verbesserungen, aber auch mehrere Verschlechterungen: 6 Die Kommission schlug als Rechtsbasis eine Verordnung vor, die sich in ihrer Reichweite an Art. 255 Abs. 1 EG orientiert. Von Anfang an befürchteten Mitgliedstaaten mit weiten Zugangsregeln, dass durch eine Verordnung ihr nationales Zugangsrecht unterlaufen wird. Im Entwurf vom November 1999 war
2 Draft Communication to the Commission from the president on Public Access to Commission Documents'4 vom 22. Januar 1999 SG.C.2/VI.CD/D(98)12 und Discussion Paper on Public Access to Commission Documents vom 23. April 1999 SG.C.2/VJ/CD D(99)83. 3 Proposal for a Council Regulation concerning Public access to Documents of the EP, Council and Commission - Draft vom 22. Oktober 1999 SG.C.2/VJ/CD d(98) 1999 und Proposal for a EP and Council Regulation concerning Public access to Documents of the EP, Council and Commission-Draft vom 29. November 1999 SG.C./VJ/CD D(98) 159/2. 4 Proposal for a Regulation of the EP and of the Council regarding public access to documents of the EP, the council and the commission vom 26. Januar 2000 KOM(2000) 30. 5 Vorschlag für eine Verordnung des EP und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des EP, des Rates und der Kommission vom 21. Februar 2000 KOM(2000) 30 endg./2. 6 Kommentiert vom House of Lords (http://www.parliament.the-stationeryoffice.co.uk/pa/ldl99900/ldselect/ldeucom/102/10201.htm) und Hallo, EEB Comments (http://www.eeb.org/publication/access_to_documents_.htm ). Die nachfolgend verwendeten Artikel orientieren sich an der konsolidierten Fassung K O M (2000) 30 endg./2.
Α. Das Gesetzgebungsverfahren der VO (EG) Nr. 1049/2001
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in Erwägung 14 der Vorrang vor nationalem Zugangsrecht „klarstellend erwähnt" worden. 7 Erwägung 12 des endgültigen Vorschlags versucht dagegen einen Spagat. Einerseits ändere die Verordnung nicht das Zugangsrecht der Mitgliedstaaten, andererseits „verstehe es sich von selbst", dass aufgrund des Loyalitätsprinzips (Art. 10 EG) die Mitgliedstaaten durch ihr Verhalten die ordnungsgemäße Anwendung der Verordnung nicht beeinträchtigen. Die erste Verbesserung war in Art. 2 Abs. 1 die Aufgabe der Urheberklausel, wonach das Zugangsrecht nur Dokumente erfasst, die das Organ erstellt hat, nicht aber alle Dokumente im Besitz des Organs. Nach Ansicht der Kommission unterstützte die Erklärung Nr. 35 zum Amsterdamer Vertrag 8 eine dahingehende Interpretation des Wortlauts von Art. 255 Abs. 1 EG. 9 Zugang sollte auch zu Dokumenten Dritter gewährt werden, die sich im Besitz des Organs befanden, beschränkt auf Dokumente, die nach Inkrafttreten der VO übermittelt wurden. Der Nutzen war fraglich, da gleichzeitig in Art. 4 d) eine zwingende Ausnahme zur Wahrung der Vertraulichkeit eingeführt wurde, wenn dies der Urheber beantragt. Die Verordnung sollte nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 nicht gelten, sofern Sondervorschriften für den Zugang zu Dokumenten bestehen. Anders als im Entwurf vom Oktober 1999 wurde nicht klargestellt, dass die Verordnung einen Mindeststandard darstellt 10 , so dass der Anwendungsbereich durch restriktivere Regelungen unvorhersehbar beschränkt werden konnte. Die wichtigste und am heftigsten kritisierte Änderung enthielt Art. 3 a), der den Dokumentbegriff auf „Verwaltungsdokumente" begrenzte, wodurch in weitem Umfang vorbereitende und interne Dokumente vom Zugang ausgeschlossen wurden. Der Entwurf vom Oktober 1999 hatte statt der Begrenzung des Anwendungsbereichs noch eine zwingende Ausnahme vorgesehen. Die Kommission reagierte damit auf ihre Schwierigkeiten bei der Interessenabwägung, wie sie die Rechtsprechung für die Anwendung fakultativer Ausnahmen verlangt. 11
7
„By way of clarification, it should be mentioned that the member states must abide by the principles and limits established by this regulation when they receive requests for access to documents drawn up by one of the institutions." 8
ABl. 1997 C 340/137. Der Entwurf vom November 1999 hatte diese Anregung aus dem Oktober-Entwurf nicht übernommen und schlug vor, Dokumente Dritter auszunehmen. Der NovemberEntwurf war auch in anderen Punkten äußerst restriktiv (Ausnahmen nicht abschließend, Ablehnungsfiktion bei Zweitanträgen, Anwendbarkeit abhängig von Durchfuhrungsvorschriften, Vorrang vor nationalen Regelungen, teilweiser Zugang nur falls kein unangemessener Aufwand), was sich uU damit erklärt, dass der folgende Vorschlag, der erste veröffentlichte, damit in ein besseres Licht gerückt wurde. 9
10 Erwägung 8 deutet dies an, die Begründung nennt aber auch Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit. 11 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 65.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Die Ausnahmen in Art. 4 brachten mehrere Verschlechterungen mit sich. Die Liste der Ausnahmen wurde beträchtlich erweitert und war nicht abschließend. Darunter befanden sich äußerst vage gehaltene Formulierungen wie „die Beziehungen zwischen bzw. mit den Mitgliedstaaten oder den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen bzw. Nicht-Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen", „die Stabilität der Rechtsordnung der Gemeinschaft" oder „die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Organe". Alle Ausnahmen waren zwingend, wobei die Möglichkeit einer Beeinträchtigung ausreichte, die jedoch „erheblich" sein musste. Das Verfahren blieb weitgehend unverändert. Art. 6 Abs. 2 fingierte die fehlende Antwort auf einen Zweitantrag als Zugangsgewähr. 12 Zu begrüßen war, dass Art. 7 Abs. 2 Satz 2 die Verpflichtung zur Gewähr teilweisen Zugangs festhielt, wie sie das EuG entwickelt hatte.13 Eine Verbesserung stellte nach Art. 9 die Pflicht zum Führen eines Registers dar, wenngleich die Beschränkung des Dokumentbegriffs auf Verwaltungsdokumente einen großen Teil der Dokumente wieder ausnahm und Art. 9 keine Angaben über den Registerinhalt enthielt. Insgesamt war der Kommissionsvorschlag im Lichte der Ankündigung, möglichst weiten Zugang zu gewähren, kritisch zu betrachten. Die Fortschritte in einigen Bereichen konnten die Rückschritte im Kernbereich, bei der Bestimmung der zugänglichen Dokumente und der restriktiven Gestaltung der Ausnahmen, nicht ausgleichen.
II. Die Stellungnahme des Europäischen Parlaments Das Parlament nahm nach Art. 251 Abs. 2 EG in erster Lesung zum Vorschlag der Kommission Stellung und übermittelte seinen Entwurf dem Rat. Für die Erarbeitung überwies die Parlamentspräsidentin nach Art. 60 Abs. 1 GO-EP den Vorschlag der Kommission an den Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten (Berichterstatter Michael Cashman (SPE)), der vom Ausschuss für konstitutionelle Fragen (Berichterstatterin Hanja Maij-Weggen (EVP)) unterstützt wurde. Mehrere Ausschüsse14 gaben ei-
12
Erstmals im Vorschlag vom Januar 2000. Der Entwurf vom Oktober 1999 traf überhaupt keine Regelung. Der November-Entwurf 1999 ging von einer „negative response" aus. Zum Konflikt beim Zugang zu Drittdokumenten: Β. V. 5. 13 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat Slg. 1999 11-2492 Tz. 87. 14 Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik (Berichterstatterin: Cecilia Malmstrom); Ausschuss für Haushaltskontrolle (Berichterstatterin: Diemut Theato); Ausschuss für Recht und Binnenmarkt (Berichterstatterin Heidi Hautala), Petitionsausschuss (Berichterstatterin: Astrid Thors) und der Kulturausschuss (Berichterstatter: Ole Andreasen).
Α. Das Gesetzgebungsverfahren der VO (EG) Nr. 1049/2001
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gene Stellungnahmen ab, die im Abschlußbericht vom 26. Oktober für die Plenarsitzung am 16. November berücksichtigt wurden. Dort verwies das Parlament mit 409 zu 3 Stimmen den Gegenstand gemäß Art. 69 Abs. 2 GO-EP an den Ausschuss zurück. 15 Art. 69 Abs. 2 GO-EP kommt zur Anwendung, wenn das Parlament in erster Lesung den Kommissionsvorschlag mit Änderungen billigt, die die Kommission nicht bereit ist mitzutragen. In diesem Fall kann die erste Lesung aufgeschoben werden, damit der zuständige Ausschuss einen Kompromiss mit der Kommission herbeiführt. Nach Art. 69 Abs. 2 Satz 6 GOEP kann nur der zuständige Ausschuss Änderungsanträge einbringen, wobei er nach den amtlichen Auslegungsgrundsätzen (Art. 180 Abs. 5 GO-EP 16 ) zu Art. 69 Abs. 2 GO-EP dabei über größte Handlungsfreiheit verfügt und nicht an die vom Parlament gebilligten Bestimmungen gebunden ist. Bei semer späteren Berichterstattung muss er jedoch auf die Bestimmungen hinweisen, die im Falle der Annahme von ihm vorgeschlagener Änderungsanträge hinfällig würden. Der Bericht des Parlaments stellte gegenüber dem Vorschlag der Kommission und des Rates eine Verbesserung dar. Problematisch war, dass das Parlament sich selbst Rechte einräumte und das Zugangsrecht von künftigen interinstitutionellen Vereinbarungen abhängig machte. Die Begründung des Berichterstatters deutet auf zwei Fehlvorstellungen hin: Zum einen wurde der Kommissionsentwurf für die geltende Zugangssituation gehalten17, obwohl etwa dessen Definition des „Verwaltungsdokuments" einen deutlichen Rückschritt darstellt. Zum anderen wurde das Recht auf Information in den Mittelpunkt gestellt und das Zugangsrecht als Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit behandelt.18 Im Gegensatz zur Kommission eröffnete das Parlament in Art. 1 Abs. 2 die Möglichkeit, auch Nicht-EU Bürgern das Zugangsrecht zu gewähren. Verpflichtet waren nach Art. 3 (b) neben Kommission, Rat und Parlament samt ihrer nachgeordneten Einrichtungen auch die von ihnen geschaffenen und ihnen gegenüber verantwortlichen Gemeinschaftsinstitutionen. 19 Auch das Parlament schlug als Rechtsbasis eine Verordnung vor, betonte aber in Art. 2a Abs. 2 und 4d Abs. 2 deutlicher das Letztentscheidungsrecht des Mitgliedstaates.20 Erwä15
A5-0318/2000. "Auslegungen, gegen die kein Einspruch erhoben wurde, und vom Parlament angenommene Auslegungen werden in Kursivschrift als Erläuterung zu dem Artikel... angefügt.". 16
17
A5-0318/2000 final Par2 „explanatory Statement" S. 5. A5-0318/2000 final Par2 „explanatory Statement" S. 6, 7. 19 Der Abschlußbericht A5-0318/2000 final Par2 S. 7 nennt alles andere „constitutionally incoherent". Dieser Vorwurf trifft die endgültige Regelung, der eben diese Passage fehlt. Das Parlament konnte im Ergebnis nur eine unverbindliche „Gemeinsame Erklärung" durchsetzen. 20 Zwei Konstellationen sind zu trennen: Unbestritten soll die VO nicht das Recht der Mitgliedstaaten verdrängen, nach nationalem Recht über den Zugang zu nationalen Do18
12 Meltzian
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
gung 12 wies auf die aus Art. 10 EG folgende „Loyalitätspflicht" des Mitgliedstaates hin, die Art. 4d zu einer sofortigen Informations- und Kooperationspflicht präzisierte. Art. 2 Abs. 1 sah keine Urheberregel vor, aber nach Art. 3a konnten Institutionen und nach Art. 4c Mitgliedstaaten und Dritte bei der Übermittlung angeben, dass ein Dokument ganz oder teilweise nicht freigegeben werden darf. 21 Dafür konnten sie „öffentliche" Versionen herstellen, eine sehr unglückliche Formulierung in diesem Zusammenhang. Im Verhältnis zu speziellen Zugangsregeln des Gemeinschaftsrechts stellte die Verordnung einen Mindeststandard dar (Art. 2 Abs. 2), beanspruchte also Vorrang vor restriktiveren Regelungen22, mit Ausnahme der im Anhang aufgeführten Vorschriften. Das Parlament wollte im Gegensatz zur Kommission Zugang zu veröffentlichten Dokumenten gewähren (Art. 2a Abs. 1), folgte ihr andererseits, soweit es um die Errichtung eines sog. „space to think" ging (Art. 3 (a)). Die Kommission hatte dafür an den „internen Gebrauch" angeknüpft. Bei den Ausnahmen nahm das Parlament mehrere positive Änderungen am Kommissionsentwurf vor. Die Ausnahmen wurden von zwingenden in fakultative umgewandelt und abschließend gestaltet. Zugleich wurden mehrere Ausnahmen ersatzlos gestrichen 23. Nach Erwägung 9 musste eine Abwägung mit dem Interesse an einer Förderung der Transparenz und öffentlichen Diskussion stattfinden. Art. 4 Abs. 3 sah die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs vor. Nur die Ausnahme „Verteidigung" wurde ohne weitere Differenzierung um „militärische Angelegenheiten" ergänzt. Das Verfahren in Art. 5 und 6 wurde durch kleine Verbesserungen erleichtert: Anträge konnten per E-Mail oder Fax erfolgen; die Beamten waren zur Hilfe verpflichtet, und die Frist wurde von einem Monat auf zwei Wochen abge-
kumenten zu entscheiden (Art. 2a Abs. 2). Problematisch ist der Fall, wo ein Mitgliedstaat einen Antrag auf Zugang zu einem Gemeinschaftsdokument erhält, das die Gemeinschaftseinrichtung als sensibel oder unter eine Ausnahme fallend einstuft. In diesem Fall wird ein Letztentscheidungsrecht des Mitgliedstaates eingeräumt, zugleich aber eine Loyalitäts- und Kooperationspflicht beschworen (Art. 4d Abs. 2). 21 Gegenüber Mitgliedstaaten besitzt die antragsentscheidende Einrichtung ein Letztentscheidungsrecht (Art. 4 Abs. 5). Bei Klassifikationen einer anderen Institution muss sie zum Zeitpunkt des Antrags ihre Klassifikationsentscheidung erneut überprüfen, behält aber wohl das Letztentscheidungsrecht. 22 Die entsprechende Formulierung „Regulation" in Art. 2 Abs. 2 ist dabei missverständlich, da sie „Regelung" als auch „Verordnung" heißen kann. Es ist aber nicht gesagt, dass eine spezielle Zugangsregelung immer als Verordnung ergangen ist. 23 Vor allem: "die Beziehungen zwischen bzw. mit den Mitgliedstaaten oder den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen bzw. Nicht-Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen", „die Stabilität der Rechtsordnung der Gemeinschaft", „die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Organe" und Art. 4 Abs. 1 d) des Kommissionsvorschlages, „die Wahrung der Vertraulichkeit, wenn der Dritte diese beantragt".
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senkt, wobei im Falle eines positiven Bescheids in dieser Zeit bereits die Übermittlung der Dokumente erfolgen sollte. Bei Fehlen einer Antwort auf den Zweitantrag, wurde die positive Fiktion der Zugangsgewähr gestrichen (Art. 6 Abs. 2). Bei umfangreichen Anträgen, aufgrund der Zahl oder Länge der Dokumente konnten dem Antragsteller die Kopierkosten in angemessener Höhe auferlegt werden (Art. 7 Abs. 1). Die Kommission hatte die Formulierung der Beschlüsse 93/731 und 94/90 übernommen, die offen ließ, worin die angemessene Lösung besteht. In der Praxis bedeutete sie eine nur teilweise Bearbeitung solcher Anträge. Die Vervielfältigung zu wirtschaftlichen Zwecken hatte die Kommission von der Zustimmung des Rechtsinhabers abhängig gemacht. Das Parlament stellte fest, dass die Verordnung Urheberrechte unberührt lässt und deren Einhaltung demjenigen obliegt, der über die Freigabe entscheidet (Art. 8). Eine positivere, aber zugleich unklarere Formulierung. Die Pflicht zum Führen eines Registers wurde vom Parlament in Art. 9A detailliert ausgestaltet. Alle Dokumente sollten im Register mit Datum, Titel und Klassifikation erscheinen, sobald das Organ hierzu eine Entscheidung getroffen, eine Akte angelegt oder das Dokument intern weitergeleitet hat (Art. 9A Abs. 1, 2). In einem Annex wurden die Dokumente genannt, die mindestens im Register erscheinen mussten und zu denen binnen drei Monaten, soweit möglich, direkter Zugang über das Internet, d.h. im Volltext und ohne einen Antrag zu stellen, gewährt werden musste (Art. 9A Abs. 3, 4). Die Differenzierung war widersprüchlich, da nach Art. 9A Abs. 1 alle Dokumente im Register erscheinen müssen. Unglücklich war auch, den direkten Zugang auf bestimmte Dokumente zu begrenzen und die Pflicht mit Formulierungen wie „soweit möglich" aufzuweichen. Als unterstützende Begleitmaßnahme schlug das Parlament die Einrichtung eines unabhängigen Informationsbeauftragten bei den einzelnen Einrichtungen (Art. 9b) und eine jährliche Evaluation der Zugangsanträge vor (Art. 9d). Die Möglichkeit der Bürger, sich zu informieren, sollte durch die Regelung des systemfremden datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs und die Erweiterung der allgemeinen Publikationspflicht (Art. 4a iVm Annex III und Art. 4e) abgerundet werden. Schwer vereinbar mit Art. 255 EG als Rechtsbasis war, dass sich das Parlament ein eigenes, unbeschränktes Zugangsrecht sicherte und Probleme in nachfolgende interinstitutionelle Vereinbarungen auslagerte. Art. 2a Abs. 3, 5 bestimmte, dass die Verordnung nicht dazu berechtigt, dem Europäischen Parlament Dokumente vorzuenthalten. In einer interinstitutionellen Vereinbarung sollte die Klassifikation von Dokumenten näher ausgestaltet werden, zu denen der Zugang beschränkt ist, und ein Verfahren vereinbart werden, in dem einem Parlamentsausschuss Zugang zu allen Dokumenten gewährt wird, die vom Zu-
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gang der Öffentlichkeit ausgeschlossen sind (Art. 4b, 7 Abs. 2a). 24 Eine weitere interinstitutionelle Vereinbarung sollte Leitlinien enthalten, ob und welche Teile von Dokumenten der Mitgliedstaaten oder Dritter, die sich im Besitz der Gemeinschaftsinstitutionen befinden, freigegeben werden (Art. 4c Abs. 4). Der Wortlaut des Art. 255 Abs. 1 EG beschreibt eine Rechtsbeziehung zwischen der Gemeinschaft und den Gemeinschaftsbürgern und kann nicht als Rechtsbasis für die Einräumung von Rechten im Verhältnis zwischen den Organen dienen. Auch wird das Zugangsrecht der Bürger durch interinstitutionelle Vereinbarungen ausgehöhlt, bei denen der tatsächliche Zugang sich nach internen Verfahrensregelungen der Organe richtet, die dem Einzelnen nur sehr begrenzt subjektive Rechte einräumen, unter den einzelnen Organen voneinander abweichen und von ihnen einseitig und leicht verändert werden können.
III. Die harte Haltung des Rates Der Rat führte am 18. August 2000 erstmals die Vorstellungen der einzelnen Mitgliedstaaten in einen Entwurf zusammen.25 Im Anschluss an das Votum des Europäischen Parlaments erstellte er am 17. November einen zweiten Entwurf und zum Ende der französischen Präsidentschaft weitere Fassungen am 1. Dezember und nach einer COREPER-Sitzung am 22. Dezember 2000, die im Januar 2001 die Grundlage der Triloggespräche zwischen den Vertretern von Parlament, Kommission und Rat bildeten. 26 Der Ratsvorschlag war von Beginn an deutlich restriktiver als die Vorschläge von Kommission und Parlament. Dabei orientierten sich die französischen Ratsentwürfe ausschließlich am Entwurf der Kommission. Der Vorsitzende des federführenden Parlamentsausschusses äußerte sich hierüber besorgt, da beides die später unumgängliche Kompromissfindung verzögere. Ursprünglich beschränkte der Rat die persönliche Reichweite auf EU-Bürger, eröffnete später aber die Möglichkeit, auch Nicht-EU Bürgern dieselben Rechte zu verleihen (Art. 1 Abs. 2). 2 7 Eine Definition der Gemeinschaftsorgane sah der
24 Das Bestreben des Parlaments, sich eigene Rechte zu sichern, geht darauf zurück, dass ihm in der Vergangenheit Informationen vorenthalten wurden, die es in Ausübung seiner Kontrollfünktion für notwendig hielt. Mitglieder des Europäischen Parlaments haben die Vermischung von Rechten der Bürger und des Parlaments später als unglücklich bezeichnet. 25 SN 2970/3/00 REV 3 vom 18.8.2000. 26 SN 5249/00 REV 1 vom 1.12.2000; 14938/00 vom 22.12.2000. 27 Die Zählung im Text orientiert sich am letzten französischen Entwurf vom 22.12.2000. Abweichende Zählungen vorheriger Versionen werden in den Fußnoten wiedergegeben.
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Ratsentwurf nicht vor, so dass die Reichweite der Verpflichtung im einzelnen unklar blieb. Bis zum Schluss umstritten waren die Auswirkungen der Regelung auf die nationalen Zugangsrechte. Einige Mitgliedstaaten wandten sich aus diesem Grund von Anfang an gegen eine Verordnung als Rechtsbasis28, konnten sich aber nicht durchsetzen. Zwar sah Erwägung 4 2 9 vor, dass eine Harmonisierung der nationalen Zugangsrechte nicht angestrebt wird, nach Art. 5 V 3 0 mussten Mitgliedstaaten, die einen Antrag auf Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten erhalten, den Antrag aber zur Entscheidung an das Gemeinschaftsorgan weiterleiten. Das führte faktisch zu einer Harmonisierung, da nationales Zugangsrecht nicht mehr zur Anwendung käme und auch dessen Ergebnis nicht berücksichtigt würde. Allein der Zugang zu nationalen Dokumenten sollte nicht harmonisiert werden und sich nach nationalem Zugangsrecht richten. In Art. 2 Abs. 1 lehnte der Rat die Urheberregel ab. Im Gegenzug sah Art. 4 Abs. 3 vor, dass die Gemeinschaftsinstitutionen Dokumente von Mitgliedstaaten und „Dritten" iSv Art. 3 (c) 3 1 nur mit deren Zustimmung veröffentlichen dürfen. Dieses Veto-Recht führte für den Antragsteller zu keiner besseren Situation, da er ebenfalls von der Zustimmung des Urhebers abhängig war. Soweit Nicht-Gemeinschaftseinrichtungen die Urheber waren, wurde das gemeinschaftsrechtlich gewährleistete Zugangsrecht dadurch vom Einverständnis Dritter abhängig, deren Entscheidung unter Umständen nach ihrem eigenen Recht nicht überprüfbar ist. Die zentrale Einschränkung sah Art. 2 Abs. 2 3 2 vor. „Sensible" Dokumente sollten eine besondere Behandlung erhalten, wobei als „sensibel" nach Art. 3(b) zunächst die als „streng geheim", „geheim" oder „vertraulich" klassifizierten Dokumente im Bereich der Sicherheit und Verteidigung galten. Der Entwurf vom 1. Dezember strich die sachliche Beschränkung, so dass alle derart klassifizierten Dokumente erfasst wurden. 33 Die Klassifikationsregeln oblagen nach Art. 3(b) den einzelnen Institutionen, so dass die Reichweite des Zugangsrechts von nachfolgenden Regelungen der Organe abhingen und nicht einheitlich für Parlament, Rat und Kommission galten. Die „besondere Behandlung" nach Art. 2 Abs. 2 wurde in Art. 5 Abs. 1 Uabs. 2 und 6 Abs. 1 Uabs. 2 geregelt und 28
Dänemark, Schweden, Finnland, Niederlande, Großbritannien. Dagegen wollte Deutschland festgestellt wissen, dass die VO nicht durch die Mitgliedstaaten unterlaufen werden kann. 29 Erwägung 3 in der Ratsversion vom 1.12. 30 Siehe auch Erwägung 14. 31 Mitgliedstaaten waren überflüssigerweise doppelt geschützt. Einmal nannte sie Art. 4 Abs. 3 direkt, zum zweiten waren sie nach der Definition des Art. 3(c) „Dritte" iSd Art. 4 Abs. 3. 32 Siehe auch Erwägung 8. 33 Anders als beim „Solana-Beschluss" 2000/527 waren die Dokumente aber im Anwendungsbereich und unterlagen nur einem verschärften Verfahren.
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sah vor, dass die Anträge nur von Beamten behandelt werden dürfen, die mit den Dokumenten vertraut sind. 34 Dabei wird derjenige, der ein Dokument aufgrund seines Inhalts klassifiziert hat, bei der Entscheidung über die Freigabe des Dokuments kaum von seiner vorherigen Entscheidung abweichen. Erwägung 12 sah vor, dass die Verordnung nicht spezielle Vorschriften berührt, die einen umfassenderen Zugang gewähren, Art. 1 Abs. 4 nannte dagegen nur weitergehende internationale Zugangsrechte, also insbesondere die sog. Aarhus-Konvention. 35 Bei der Definition des Dokumentbegriffs hielt der Rat in Art. 3(a) 36 an einem „space to think" fest und schloss eine Reihe interner, vorbereitender Dokumente aus dem Anwendungsbereich aus. Bei veröffentlichten Dokumenten sah Art. 7 Abs. 2 vor, dass die Einrichtung ihrer Pflicht nachkommt, wenn sie den Antragsteller informiert, wie er das Dokument erlangen kann. Damit entfiel die Pflicht, Kopien zu erstellen, und dem Antragsteller wurde das Beschaffen der Dokumente aufgebürdet. Die Regelung der Ausnahmen verschärfte sich, da die Beeinträchtigung der geschützten Interessen durch die Freigabe des Dokuments nicht méhr „erheblich" sein musste (Art. 4 Abs. 1). Der Ausnahmekatalog der Kommission wurde überwiegend beibehalten, und der Rat fügte einige allgemein gehaltene Ausnahme hinzu („military matters", „ability to ... seek advice of their legal service"), andere wurden gestrichen („stability of the community's legal order") oder eingeengt. Die Behandlung von Anträgen regelte der Rat restriktiver als die Kommission. 37 Neben der Erweiterung von „Mehrfachanträgen" auf „allgemeine und wiederholte Anträge" ergänzte der Rat Anträge nach „umfangreichen Dokumenten" um den Fall der „umfangreichen Anzahl von Dokumenten" (Art. 3A Abs. 3). Damit umging er die Empfehlung des Bürgerbeauftragten in der Beschwerde 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH 38 , wo eine solche Interpretation mit dem (alten) Wortlaut für unvereinbar gehalten wurde, weil sie Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Anzahl der nachfragbaren Dokumente verursacht und den Organen einen zu weiten Ermessensspielraum einräumt. Art. 3 A Abs. 3 sah vor, dass das Organ bei solchen Anträgen eine angemessene Lösung finden
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Siehe auch Erwägung 13 bzw. Erwägung 12 in der Ratsversion vom 1.12. UN/ECE-Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25.6.1998 ( I L M 1999, 517 und Beilage Nr. III/2001 zu Heft 3/2001 der NVwZ). 36 Siehe auch Erwägung 10 bzw. Erwägung 9 in der Ratsversion vom 1.12. 37 Zeitweilig sah der Ratsentwurf vor, dass die Angaben des Antragstellers so präzise sein müssen, dass das Organ das Dokument bereits mit „angemessenem Verwaltungsaufwand" identifizieren kann. 38 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/92. 35
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„darf, nicht aber wie bislang „soll". Nach der bisherigen Praxis, ohne Absprache nur einen Teil des Antrags zu behandeln, hätte das regelmäßig den völligen Verzicht auf eine Lösungssuche bedeutet. Zusätzlich nannte der Rat in Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 2 Anträge nach „umfangreichen Dokumenten" oder einer „umfangreichen Anzahl von Dokumenten" als Beispiel für die Ausnahmefälle, die trotz unverzüglicher Behandlung der Anträge (Art. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1) eine Verlängerung der Frist um einen Monat erfordern. Die von der Kommission vorgeschlagene positive Zugangsfiktion bei fehlender Antwort auf Zweitanträge, nahm der Rat zurück (Art. 6 Abs. 3). Die Kosten, die dem Antragsteller auferlegt werden können, durften nach Ansicht des Rates die tatsächlichen Erstellungs- und Versandkosten nicht übersteigen (7 Abs. 1 Uabs. 2). Art. 7 Abs. 4 3 9 sah die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs vor. In Art. 8 übernahm der Rat bei der Vervielfältigung zu kommerziellen Zwecken zunächst die Formulierung der Kommission, ändert sie aber später dahin, dass bestehende Urheberrechte, die einer Vervielfältigung oder Verwertung entgegenstehen, unberührt bleiben. Die zugehörige Erwägung 9, verwies auf Erklärung Nr. 35 zum Amsterdamer Vertrag und deutete damit an, dass der Rat die Mitgliedstaaten als (urheberrechtsfähige) Autoren ansah. Art. 9 4 0 sah eine Registerpflicht vor, deren Inhalt umstritten war. Zunächst enthielt der Entwurf keine Ausführungen, wie schon zuvor der Kommissionsvorschlag. Im Entwurf vom 17. November und 1. Dezember war vorgesehen, dass keine Bezugnahme auf ein Dokument erfolgen soll, wenn dadurch ein durch die Ausnahmen geschütztes Interesse beeinträchtigt werden könnte. Der Entwurf vom 22. Dezember schloss stattdessen „sensible Dokumente" von der Registerpflicht aus. Insgesamt stellte der Ratsentwurf eine massive Beschränkung des Zugangsrechts dar und verschlechterte die bis zum Sommer 2000 geltende Rechtslage in einer Reihe von Punkten: 1. beim Konzept „sensibler" Dokumente, die eine „besondere Behandlung" erhalten (Art. 2 Abs. 2), 2. bei der Begründung einer weiten Bereichsausnahme für interne und vorbereitende Dokumente (Art. 3(a)), 3. durch die Verknüpfung von „sensiblen" Dokumenten mit der Klassifikation, die sich nach den internen Regeln der Organe richtet (Art. 3(b)), 4. aufgrund der Möglichkeit der Institutionen, „allgemeine und wiederholte Anträge", so wie Anträge, die sich auf „umfangreiche Dokumente" oder auf
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In früheren Versionen Art. 7 Abs. 5. Siehe auch Erwägung 15 bzw. in früheren Versionen Erwägung 13.
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eine „umfangreiche Zahl von Dokumenten" beziehen, nicht zu behandeln (Art. 3A Abs. 3), 5. durch die Ausgestaltung der Ausnahmen als zwingende Ausnahmen, verbunden mit der Absenkung der Beeinträchtigungsschwelle durch Streichen des Wortes „erheblich" (Art. 4), 6. indem „Dritten" iSd Art. 3(c) und den Urhebern sensibler Dokumente ein weitgefasstes Veto-Recht eingeräumt wird (Art. 4 Abs. 3 und 4), 7. aufgrund der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Anträge zu Gemeinschaftsdokumenten zur Beantwortung an die betroffene Gemeinschaftseinrichtung weiterzuleiten (Art. 5 Abs. 5), 8. durch das Ausnehmen weiter Teile der Dokumente aus dem Register (Art. 9A Abs. 2 und 3).
IV. Die Triloggespräche Die schwedische Ratspräsidentschaft übernahm zum Jahreswechsel 2001 den französischen Ratsentwurf. Angesichts des Termindrucks bis zum 1. Mai 2001 und um aus innenpolitischen Gründen die Zugangsregelung noch unter schwedischem Vorsitz zu verabschieden, sollte informell eine Einigung zwischen Rat und Parlament erzielt und der Rechtsakt in erster Lesung verabschiedet werden (Art. 251 Abs. 2 1. Spiegelstrich EG). 41 Zur schnellen Kompromissfindung begann der schwedische Ratsvorsitz einen (nicht-öffentlichen) Trilog zwischen Vertretern des Parlaments, des Rates und der Kommission. Triloggespräche sind im EG-Vertrag, vor allem in Art. 251 EG, nicht vorgesehen. Es handelt sich um eine informelle, aber mittlerweile fest etablierte Praxis des MitentscheidungsVerfahrens. Ihren Kern umschreibt die Gemeinsame Erklärung zu den praktischen Modalitäten des neuen Mitentscheidungsverfahrens (Art. 251 EG) 42 : Rat, Kommission und Parlament arbeiten im Hinblick auf eine weitestgehende Annäherung der Standpunkte loyal zusammen, um den Rechtsakt möglichst in erster Lesung anzunehmen. Hierfür koordinieren sie ihre
41 Schwedens Verfassung enthält das älteste und weitreichendste Zugangsrecht in Europa. Angesichts einer kritischen Debatte in Schweden über Beschränkungen des nationalen Zugangsrechts durch Gemeinschaftsrecht war es für die schwedische Regierung wichtig, mit der Verabschiedung einen Erfolg vorweisen zu können. Es bestand auch die Befürchtung, dass keiner der folgenden Vorsitze sich so sehr für eine offene Regelung einsetzen würde, diese also notwendig restriktiver ausfallen würde. Vgl. auch FAZ vom 30.4.2001 S. 8. 42 ABl. 1999 C 148/1.
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Zeitpläne und nehmen geeignete Kontakte auf, um den Grad der Übereinstimmung untereinander zu überprüfen. Ihren Ursprung haben die Triloge in der Einführung des Mitentscheidungsverfahrens durch den Maastrichtvertrag (Art. 189b EGV). Dort blieb offen, wie der Rat nach Ablehnung der Änderungsvorschläge des Parlaments aus der zweiten Lesung verfährt, bevor beide im Vermittlungsausschuss aufeinandertreffen. Das führte dazu, dass sich gelegentlich trilaterale Kontakte zwischen Rat, Kommission und Parlament ergaben, wenn alle Seiten der Ansicht waren, dass die bestehenden Differenzen kein zeit- und ressourcenintensives Vermittlungsverfahren bedürfen. 43 Ein strukturierter Dialog vor dem Vermittlungsverfahren fand aber noch nicht statt, so dass Kompromisse weiter im Vermittlungsausschuss gefunden werden mussten, in einer Verhandlung, bei der leicht mehr als 100 Personen anwesend sein konnten. In der zweiten Hälfte des Jahres 1995 unter spanischer Präsidentschaft, verfestigte sich die Überzeugung, das Vermittlungsverfahren durch kleinere Vortreffen, sogenannte Triloge, vorzubereiten. 44 Für das Parlament nehmen regelmäßig die Berichterstatter, die Vorsitzenden der beiden am meisten betroffenen Ausschüsse45 und die Parlamentspräsidentin oder ein Vizepräsident teil. Der Ratsvorsitz wird durch den Vorsitzenden der Arbeitsgruppe, bzw. den Präsidenten des AStV, die Kommission durch das zuständige Kommissionsmitglied und Beamte des Dienstes Mitentscheidung vertreten. 46 Dabei sprechen aber selten mehr als vier oder fünf Personen, was die Effizienz der Kompromissfindung beträchtlich erhöht. Dem Wunsch, das Mitentscheidungsverfahren ohne das zeitaufwendige Vermittlungsverfahren schneller abzuschließen, wurde im Amsterdamer Vertrag durch die Möglichkeit entsprochen, im Falle der Übereinstimmung bereits nach erster Lesung den Rechtsakt zu verabschieden (Art. 251 Abs. 2 1. Spiegelstrich), was bis dahin nicht möglich war. 47 Die Triloge gewannen dadurch, vor
43
„Entschließung des Parlaments vom 17.11.1993 zu den Modalitäten für die Abwicklung der Arbeiten des in Artikel 189b vorgesehenen Vermittlungsausschusses", in EuGRZ 1993, 602 ff. (606). 44 Siehe dazu das Handbuch für den Rat I - Leitfaden für den Vorsitz S. 38; Böhner, ZG 2001, 85 (87) und Neuhold, EIPASCOPE 2000, 3 (5). 45 Die drei erhalten formell ihr Mandat auf der Ausschusssitzung mit der Bedingung für das nächste Treffen eine Rückmeldung vorzubereiten. 46 Handbuch für den Rat IV - Leitfaden Mitentscheidungsverfahren S. 14 f. 47 Art. 189b Abs. 2 EGV: „Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag. Der Rat legt mit qualifizierter Mehrheit und nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments einen gemeinsamen Standpunkt fest. Dieser gemeinsame Standpunkt wird dem Europäischen Parlament zugeleitet. ... Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung den gemeinsamen Standpunkt gebilligt, so erlässt der Rat den betreffenden Rechtsakt..."
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allem für den Rat, schon vor der ersten Lesung an Bedeutung. Als Konsequenz wurde es zur bewussten Strategie des Rates, möglichst früh Kontakte zu den Ausschüssen und Berichterstattern für einen Kompromiss zu suchen, um den Rechtsakt möglichst in erster Lesung zu verabschieden. Dieser Anreiz hatte zuvor gefehlt, da in jedem Fall eine zweite Lesung des Parlaments stattfand. Im vorliegenden Verfahren fand ein erstes Treffen am 24. Januar 2001 statt, zwei weitere am 13. und 15. Februar. 48 Die Hauptdifferenzen sah der Vorsitzende des beteiligten Parlamentsausschusses Watson zum einen in der Definition des Dokuments. Der Zugang zu vorbereitenden und internen Dokumenten müsse über die Ausnahmen geregelt werden. Das Parlament könne insoweit keinen Rückschritt gegenüber dem geltenden status quo akzeptieren. Zum anderen stimme das Parlament keiner Urheberregel zu, die den Zugang zu Dokumenten Dritter von dessen Zustimmung abhängig mache.49 Da eine Annäherung nicht erzielt werden konnte, wurden die Gespräche zunächst ergebnislos abgebrochen. In der Folgezeit erstellten die Berichterstatter des Parlaments am 20. Februar und nach Wiederaufnahme der Gespräche erneut am 22. März einen Kompromissvorschlag mit weitreichenden Zugeständnissen gegenüber dem Rat. 50 Dieser legte seinerseits am 4. April 5 1 einen Kompromiss vor, in dem er sich deutlicher als bislang den Positionen des Parlaments annäherte, wenngleich in geringerem Umfang als zuvor das Parlament den Positionen des Rates. Die Berichterstatter übernahmen den Kompromiss, so dass ihr Bericht vom 11. April 5 2 erstmals einen gemeinsamen Textbefund enthielt. Auf Grundlage dieser Fassung wurden Bürgerrechtsgruppen um ihren Kommentar gebeten, der in diesem späten Stadium und angesichts der vorangegangenen Schwierigkeiten erwartungsgemäß keinen Widerhall im Text fand. 53 Bis zum 17. April wurden die
Dagegen Art. 251 Abs. 2 EG: „Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag. Nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments verfährt der Rat mit qualifizierter Mehrheit wie folgt: Billigt er alle in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments enthaltenen Abänderungen, so kann er den vorgeschlagenen Rechtsakt in der abgeänderten Fassung erlassen ..." 48 Eine Synopse der Vorschläge findet sich in SN 1296/01 (19.1.2000), SN 1652/01 (13.2.2000) und SN 1715/01 (15.2.2000), http://www.statewatch.org/secret/observatory.htm. 49 Brief vom 6. Februar 2000, http://www.statewatch.org/secreteurope.html. 50 PE 294.327/1-30. 51 Zu finden unter http://www.statewatch.org/news/2001/apr/01counciltext.htm. 52 PE 302.233/88-110. 53 Die Einladung erfolgte am Gründonnerstag, den 12. April, mit einer Frist bis Dienstag, den 17. April nach Ostern, insgesamt also 1 Vi Werktage über Ostern, so dass das Verfahren für die VO, deren erklärte Absicht es ist, eine größere Beteiligung der Bürger zu erreichen, seine eigenen Ziele überging. Kritisch auch Riemann, Transparenz, S. 38.
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Erwägungen ergänzt 54, nach einem letzten Trilog am 24. April am nächsten Tag im Ausschuss beschlossen55 und am 2. Mai im Parlament mit 400 zu 85 Stimmen, bei 12 Enthaltungen in erster Lesung verabschiedet. 56 Da der Entwurf mit dem Rat abgestimmt war, erließ dieser bei seiner folgenden Sitzung am 14. /15. Mai den Rechtsakt als Α-Punkt ohne Aussprache. 57 Er wurde als VO (EG) Nr. 1049/2001 am 28. Mai 2001 im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht. 58
1. Annäherung während der ersten Triloggespräche Während des ersten Trilogs machte der Rat Zugeständnisse in Art. 4 Abs. 1, indem er einen Teil der Ausnahmen einer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse am Zugang unterwarf und das Veto-Recht Dritter in Art. 4 Abs. 6 aufhob. In einer „Gemeinsamen Erklärung" luden Rat, Kommission und Parlament die anderen Einrichtungen ein, vergleichbare Zugangsregeln zu beschließen. Im Gegenzug war das Parlament zu weitreichenden Zugeständnissen bereit. Sein Text wurde in großem Umfang neugefasst, wobei mehrere Artikel ersatzlos wegfielen 59, das Verfahren in mehreren Punkten nach dem Willen des Rates eingeschränkt wurde 60 und die Definition der Gemeinschaftsinstitutionen entfiel. Das größte Zugeständnis lag jedoch in der Anerkennung „sensibler Dokumente" für den Bereich der Sicherheit und Verteidigung (Art. 3, 7 Abs. 4, 9 und 10 Abs. 1 2. Uabs.). Damit nahm das Parlament eine Einschränkung des Zugangsrechts hin, die im Herbst 2000 noch zu einer Klage gegen den Rat geführt hatte.61
54 PE 302.231/71-87/REV. Die Änderungsvorschläge im Ausschuss finden sich in PE 302.235/111-121 und PE 302.236/122-148. Unter Art. 69 Abs. 2 GO-EP ist nur der federführende Ausschuss berechtigt, noch Änderungen vorzunehmen. 55 PE 302.233/81-119; FAZ 30. April 2001 S. 8. 56 Plenum aktuell PE 297.289 S. 66. und PE 297.293 S. 6 - 12 (Aussprache); Bürgerrechtsgruppen hatten die Mitglieder des EP vor der Abstimmung aufgefordert, den Kompromiss abzulehnen (http://www.statewatch.Org/news/2001/apr/l 3openletter.htm). 57 Pressemitteilung 8441/01 (Presse 169) über das 2346. Ratstreffen (General Äffairs). 58 ABl. 2001 L 145/43. 59 Art. 6 (Grundsätze beim Zugang), 8 (Zugang zu persönlichen Daten), 9 (interinstitutionelle Maßnahmen), 24 (Widerruf bestehender Vorschriften), Annex I - V. 60 Frist drei statt zwei Wochen; nach Zahl oder Größe umfangreiche Antrage rechtfertigen verlängerte Bearbeitungsfrist (Art. 9 Abs. 3, 10 Abs. 2); Kosten beinhalten Versandkosten; bei freigegebenen Dokumenten reicht der Hinweis, wie man sie erlangt (Art. 11 Abs. 1 2. Uabs.). 61 Rs. C-387/00, 23.10.2000 Parlament / Rat, ABl. 2000 C 355/15, mit Beschluss vom 22.3.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2002 C 144/30. Der dort angegriffene Beschluss 2000/527 schloss die Dokumente allerdings kategorisch aus. Dazu IV. 4. b).
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2. Änderung der Positionen bis zum endgültigen Kompromiss Im folgenden Entwurf (20. Februar) setzte das Parlament durch, dass bei vorbereitenden, internen Dokumenten der Zugang über die Ausnahmen geregelt wird (Art. 4 Abs. 2) und nicht über die Definition des Dokumentbegriffs. Im Gegenzug wurden die „sensiblen Dokumente", über die äußere Sicherheit (Verteidigung und militärische Angelegenheiten) hinaus, auch im Bereich der inneren Sicherheit akzeptiert (Art. 3 a) ii)). Des weiteren sahen Art. 4 Abs. 4 und 5 Veto-Rechte der Mitgliedstaaten und Dritter bei der Freigabe ihrer Dokumente durch Gemeinschaftseinrichtungen vor. Im Textentwurf des Rates vom 4. April, den das Parlament wortgleich übernahm und der zur endgültigen Fassung wurde, verschoben sich die Positionen erneut ganz erheblich zugunsten des Rates: Die VO fand keine Anwendung mehr auf andere Gemeinschaftseinrichtungen. Stattdessen werden sie in einer „Gemeinsamen Erklärung" von Rat, Kommission und Parlament aufgefordert, eigene Regeln zu erlassen, die sich an den Grundsätzen der VO orientieren. Art. 2 Abs. 6, wonach die VO keine Auswirkungen auf die Anwendung nationalen Zugangsrechts entfaltet, wurde ebenfalls gestrichen. 62 Zugleich entfiel in Art. 4a der Hinweis auf das Letztentscheidungsrecht der Mitgliedstaaten. Eingefügt wurde stattdessen, dass durch die Anwendung nationalen Rechts die Ziele der VO nicht gefährdet werden dürfen. Bei den Ausnahmen musste die Beeinträchtigung der geschützten Interessen durch die Freigabe nicht mehr „erheblich" sein (Art. 4 Abs. 1). Zugleich entfiel für einen Großteil der Fälle unter Art. 4 Abs. 1 a) die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Offenlegung. Soweit sie erhalten blieb, wird sie in einem neuen Art. 4 Abs. 2 geregelt. Art. 4 Abs. 4 enthielt wieder das Zustimmungserfordernis der Mitgliedstaaten bei der Offenlegung ihrer Dokumente durch Gemeinschaftseinrichtungen. Art. 5 Abs. 3 sah vor, dass bei Anträgen nach vielen oder großen Dokumenten eine Lösung gefunden werden kann, nicht aber muss. Die Zugangsfiktion bei fehlender Antwort auf einen Zweitantrag wurde in eine negative Antwort umgewandelt. Außerordentlich erweitert wurde wiederum die Behandlung „sensibler Dokumente" in Art. 6a. Die „sensiblen Dokumente" erfassten nun alle Bereiche des Art. 4 Abs. 1 a), d.h. neben der inneren und äußeren Sicherheit vor allem auch die internationalen Beziehungen. Hinzu kam, dass im Gegensatz zu Art. 4 Abs. 1 a) nicht nur die Gemeinschaftsinteressen geschützt werden, sondern auch die Interessen von einem oder mehreren Mitgliedstaaten.63
62 Die Zählung orientiert sich am Parlamentsentwurf vom 11.4.2001, der den Text des Rates vom 4.4. erstmals integriert. 63 Der Parlamentsentwurf vom 20.2. hatte in Art. 4 Abs. 1 a) den Schutz der Gemeinschaftsinteressen und der Interessen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten vorgesehen, dann im Entwurf vom 22.3. aber wieder gestrichen. Nun taucht diese Erweiterung wie-
Α. Das Gesetzgebungsverfahren der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Art. 6a Abs. 2 enthielt über die bestehende Behandlung von „sensiblen Dokumenten" durch damit vertraute Beamte die Erweiterung, dass die Beamten auch über die Bezugnahme im Register entscheiden. Art. 6a Abs. 4 bewahrte das Veto-Recht Dritter, das in Art. 4 Abs. 5 gestrichen wurde. „Dritter" waren auch die Mitgliedstaaten, die damit ein weiteres Veto-Recht neben Art. 4 Abs. 4 erhalten. Die Begründung für die Ablehnung der Freigabe musste nach Art. 6a Abs. 5 nur eingeschränkt erfolgen, wenn andernfalls ein geschütztes Interesse beeinträchtigt wird. Schließlich sollte direkter Zugang nach Art. 9a nur noch „so weit wie möglich" erfolgen. Die Einrichtung eines Informationsbeauftragten (Art. 9c) entfiel. Angesichts der enormen Zugeständnisse des Parlaments in dieser Phase, trat das Entgegenkommen des Rates seit dem Ende des ersten Trilogs in den Hintergrund: Mit der „Gemeinsamen Erklärung" hielt der Rat den Weg für künftige Verbesserungen offen, wenngleich er eine sofortige Einbeziehung der anderen Gemeinschaftseinrichtungen ablehnte. Der Zugang zu internen und vorbereitenden Dokumenten wurde (nur) einer fakultativen Ausnahme zum Schutz des Entscheidungsfindungsprozesses unterworfen (Art. 4 Abs. 3). 64 Zugleich übernahm der Rat die zeitliche Begrenzung der Ausnahmen (Art. 4 Abs. 7). Die Zugangsgewähr zu Gemeinschaftsdokumenten durch Mitgliedstaaten wurde ermöglicht (Art. 5). Zwar wurde das Letztentscheidungsrecht nicht mehr hervorgehoben, der ursprüngliche Ratsentwurf sah jedoch vor, dass der Mitgliedstaat den Antrag zur Entscheidung an die Gemeinschaftseinrichtung übermittelt, während er sie nun nur noch anhört. Bei Art. 6 Abs. 3 wird der Passus entfernt, wonach allgemeine und wiederholte Anträge nicht behandelt werden müssen. Die Bearbeitungsfrist wurde von einem Monat auf 15 Werktage gesenkt, wobei in der Zeit bereits die Übermittlung erfolgen soll (Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1); die ersten 20 Kopien waren kostenlos (Art. 10 Abs. 1 2. Uabs.), und die Beamten traf eine Hilfspflicht gegenüber dem Antragsteller (Art. 6 Abs. 4). Übernommen hat der Rat die erweiterten Publikationspflichten (Art. 13) und die Evaluation in Durchführungsberichten (Art. 17).
3. Änderungen bis zur Verabschiedung Nachdem zwischen Rat und Parlament eine gemeinsame Textfassung erarbeitet worden war, wurden die Formulierungen für die Beschlussfassung im
der auf, gilt aber über den Verweis in Art. 6a Abs. 1 auf Art. 4 Abs. 1 a) nur bei „sensiblen Dokumenten". 64 Die Zählung orientiert sich am ursprünglichen Entwurf des Rates vom 4. April
2001.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Ausschuss erneut durchgesehen, wobei es zu nicht unerheblichen Veränderungen kam: In Erwägung 6 und 12 wurden die Gemeinschaftsinstitutionen und Mitgliedstaaten ermahnt, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.65 Die Ausnahme bei internen und vorbereitenden Dokumenten (Art. 4 Abs. 3) wurde zwingend ausgestaltet und Art. 4a um einen neuen Absatz ergänzt, der die Mitgliedstaaten berechtigte, nationale Anträge nach Gemeinschaftsdokumenten an die Gemeinschaftseinrichtung weiterzuleiten. Damit konnte der Mitgliedstaat entscheiden, ob der Bürger von seinem nationalen Zugangsrecht Gebrauch machen kann.
V. Gesamtbetrachtung des Verfahrensablaufs Ein positives Bild zeichneten Rat, Kommission und die großen Parteien im Parlament, während kleine Fraktionen und Bürgerrechtsgruppen dem Ergebnis und Verfahren skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden. Weit verbreitet war die Auffassung, es habe sich angesichts des Termindrucks und der stark abweichenden Auffassungen der beteiligten Organe, um das bestmögliche Ergebnis gehandelt, das Nachbesserungen offenstehe (Art. 17 Abs. 2, 15 Abs. 2). Es fällt schwer, von einem Kompromiss zwischen Parlament und Rat zu reden, denn das Ergebnis entspricht überwiegend den Vorstellungen des Rates. Damit ist die Verhandlungsstrategie des Parlaments gescheitert, im Rahmen des Trilogs seinen direkteren Einfluss auf den Verhandlungsprozess erfolgreich umzusetzen, was angesichts des einhergehenden Transparenzverlusts besonders schwer • . 66 wiegt. Die Triloggespräche bergen Risiken in sich. Informelle Vereinbarungen reduzieren die offene und öffentliche Debatte im Ausschuss und Plenum unter breiter Beteiligung aller politischen Gruppen und die erforderliche Transparenz des Rechtsetzungsverfahrens. Das Parlament gewinnt direkteren Einfluss bei den Verhandlungen, büßt aber seine ureigene Stellung als pluralistische Interessenvertretung der Gemeinschaftsbürger ein. Das scheint insofern erträglich, als das Mitentscheidungsverfahren in der Praxis vor allem bei technischen Sachverhalten zur Anwendung kommt. In bürgerrechtssensiblen Fällen wie dem Zugangsrecht der Öffentlichkeit vermag der Effizienzgewinn jedoch das Beteiii-
65 Das betrifft die Sicherheitsbestimmungen des Rates vom 19.3.2001, ABl. 2001 L 101/1 und der Kommission vom 29.11.2001, ABl. 2001 L 317/1, näher Β. VII. 4. 66 Vgl. die Kritik der kleineren Fraktionen während der Aussprache, PE 297.293 S. 8, 11 sowie Curtin und Bunyan bei: Castenholz, ERA-Forum 4/2001, 78 (81) und Riemann, Transparenz, S. 39.
Α. Das Gesetzgebungsverfahren der VO (EG) Nr. 1049/2001
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gungs- und Öffentlichkeitsdefizit nicht aufzuwiegen. 67 Dennoch führen die Triloggespräche nicht zur Rechtswidrigkeit der VO (EG) Nr. 1049/2001, denn der Kompromiss wurde gemäß den Verfahrensvorschriften im Ausschuss und später in Parlament und Rat angenommen, so dass Art. 251 EG formal beachtet wurde. Eine derart am Wortlaut orientierte Interpretation nimmt auch der EuGH ein. 68 Das Europäische Parlament hat die Gefahren solcher Triloge mittlerweile erkannt 69 und die Beibehaltung informeller Gespräche von drei Voraussetzungen abhängig gemacht: 1. Im Vermittlungsverfahren repräsentiert die Delegation das ganze Parlament, in erster und zweiter Lesung sind die Ausschüsse der Kontaktpunkt. Wenn der Rat eine frühe Kompromissfindung anstrebt, muss er verstärkt die ihm von Art. 26 seiner GO und Art. 70 Abs. 2, 76 Abs. 5 der GO des Parlaments eingeräumte Möglichkeit wahrnehmen, vor dem Ausschuss zu erscheinen und sich zu erklären. 2. Triloge zur Abkürzung des Verfahrens müssen auf einer ausdrücklichen politischen Entscheidung beruhen. Das Mandat regelt vor allem die Zeit und den Rahmen für Rückmeldungen an das Parlament. Das Parlament muss sich überlegen, wie es die Verhandlungen an die Öffentlichkeit weitergibt, insbesondere auch die Dokumente, wobei das Bedürfiiis des Rates nach Geheimhaltung zu berücksichtigen ist, um das Vertrauen zwischen den Einrichtungen zu wahren. 3. Die Verfahren, die anderen parlamentarischen Ausschüssen Einfluss auf die Arbeit des zuständigen Ausschusses geben, dürfen durch den Trilog nicht unterlaufen werden. Bildlich ausgedrückt gingen die Bemühungen des Rates dahin, die Kompromissfindung mit dem Parlament ratsähnlicher zu gestalten, d.h. informell durch ausgewählte Vertreter, während das Parlament nun eine parlamentsähnliche Lösung sucht, d.h. durch öffentliche Aussprache und breitere Einbeziehung aller interessierten Gruppen. Der Erfolg bleibt abzuwarten.
67
Das haben Mitglieder des EP im nachhinein auch eingeräumt. Kritisch zur fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung Curtin und Bunyan, vgl. Castenholz, EWS 2001, 530 (531). 68 Rs. C-417/93, 10.5.1995 Parlament /Rat Slg. 1995 1-1185. 69 „Improving the functioning of the codecision procedure" vorgelegt von Renzo Imbeni, James Provan und Ingo Friedrich (Vize-Präsidenten verantwortlich für das Vermittlungsverfahren) im Januar 2001.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
B. Der Inhalt der V O (EG) Nr. 1049/2001 I. Zweckklausel (Art. 1) Der Verordnung vorangestellt ist in Art. 1 ihr Zweck: Gewährleistet werden soll der größtmögliche Zugang zu Dokumenten, der möglichst einfach ausgeübt werden kann und durch eine gute Verwaltungspraxis gefördert wird. Die Zweckklausel gibt dem Rechtsanwender in der Verwaltung und bei Gericht eine Orientierung bei der Auslegung von Tatbestandsmerkmalen und der Ausübung von Ermessensspielräumen. Es können Regel-Ausnahme Beziehungen begründet werden, die zu einer restriktiven oder weiten Anwendung führen. Die Formulierung „größtmöglicher Zugang" betrifft die materielle Weite des Zugangsrechts und ist ζ. B. zu berücksichtigen beim „überwiegenden öffentlichen Interesse" (Art. 4 Abs. 2, 3) und der Frage, wann die Verbreitung „klar" ist (Art. 4 Abs. 4). Das Ziel eines möglichst einfachen Zugangs ist auf die formelle Ausübung des Zugangsrechts bezogen und lässt den Inhalt unberührt. Es ist etwa bei den Hilfspflichten der Organe zu beachten, wie das öffentliche Register funktioniert, wie und wo Anträge zu stellen sind (Art. 6 Abs. 2, 6 Abs. 4), in welcher Form Register errichtet werden (Art. 11) und inwieweit ein Direktzugang ermöglicht wird (Art. 12 Abs. 1, 3, 4). Eine gute Verwaltungspraxis betrifft allgemein (unabhängig vom Zugangsrecht) die Beziehungen zum Bürger und unterstützt dadurch auch einen möglichst einfachen und weiten Zugang. Anträge sind ζ. B. „unverzüglich" zu bearbeiten, Fristen geben die maximale Zeitdauer an (Art. 7, 8; 11 Abs. 1, 3; 17 Abs. 2), Kosten „können" auferlegt werden (Art. 10 Abs. 1), die Bürger sind über ihre Rechte zu informieren (Art. 9 Abs. 6; 14; 17) und ablehnende Entscheidungen sind ausführlich zu begründen (Art. 7 Abs. 1, 3; 8 Abs. 1,2; 9 Abs. 4). Die Erwägungen 1 bis 3 ergänzen die Zweckklausel und bekräftigen die Verbindung zwischen dem Recht auf Zugang zu Dokumenten und dem Prinzip der Transparenz (Art. 1 Abs. 2 EU), welches die Grundsätze der Demokratie und die Achtung der Grundrechte stärkt, eine bessere Bürgerbeteiligung ermöglicht und eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger gewährleistet. 70 Beachtung verdient Erwägung 2, wonach Transparenz und als ein Aspekt hiervon der Zugang zu Dokumenten die Effizienz der Verwaltung stärkt, da der Verwaltungsaufwand durch die Bearbeitung der Anträge oft als gegenläufiges Interesse vorgebracht wird (ζ. B. in Art. 207 Abs. 3 Satz 3 EG). 71
70
Vgl. die Formulierung in Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 52 71 Kritisch dazu Bradley , CDE 1999, 283 (361); Riemann, Transparenz, S. 94 ff.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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II. Reichweite der Verordnung /. Persönlicher Anwendungsbereich (Zugangsberechtigte)
(Art. 2 Abs. 1, 2)
Der Kreis der Zugangsberechtigten (Art. 2 Abs. 1) gleicht dem des Art. 255 Abs. 1 EG. Anspruchsberechtigt sind Unionsbürger und alle natürlichen und juristischen Personen mit Sitz oder Wohnsitz in einem Mitgliedstaat. 72 Damit bleibt die Verordnung hinter dem bisherigen Kreis der Zugangsberechtigten zurück. Der Verhaltenskodex (93/730) und die Zugangsregeln der drei Organe kannten keine Einschränkung und gewährten jedem Antragsteller Zugang.73 Nicht-EU Bürger werden in gleichem Maße von Tätigkeiten der EU betroffen, vor allem im Bereich Justiz und Inneres (ζ. B. Zu- und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Recht auf Familienzusammenführung, Visavoraussetzungen, Einreise- und Aufenthaltsbedingungen zum Zweck des Studiums, der Berufsausbildung oder Beschäftigung) 74 und es handelt sich insgesamt um einen geringen Prozentsatz der Anträge, der bislang keine Schwierigkeiten bereitete. 75 Das zeigt auch die Praxis ausländischer Zugangsrechte, die weitergehen. 76 Die Aarhus-Konvention sieht keine Einschränkung des Zugangsrechts vor, so dass mit seiner Umsetzung in Gemeinschaftsrecht zumindest bei Umweltinformationen allen natürlichen und juristischen Personen Zugang gewährt werden muss.77 72 Unberührt bleibt nach Erwägung 16 das Recht mitgliedstaatlicher Gerichte, Parlamente und Ermittlungsbehörden auf Zugang zu Dokumenten oder Informationen hierüber. Vgl. Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 J. J. Zwartveld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405. 73 Art. 1 Abs. 1 der Beschlüsse 93/731, 97/632 und 94/90 iVm 93/730 spricht von „Öffentlichkeit", so auch Angelov Grundlagen, S. 190 f.; Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 9. Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 (155), dies., in: IF-R/UIGKommentar D III 2 Tz. 16 und Roger, DVB1. 1994, 1182 (1184) gehen aufgrund der Bezugnahme auf „Bürger" (2. und 3. Erwägungsgrund) von einer Beschränkung auf Unionsbürger aus. Ungenau Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (681). Partsch, NJW 2001, 3154 (3156) zieht irrtümlich den Kodex über die Veröffentlichung von Protokollerklärungen des Rates heran (dazu Dritter Abschnitt C. III.). 74 Daher das rege Interesse für diesen Bereich. Statistik des Rates: 1996/97: 46% der Anträge, 1998: 77%, 1999 37%, 2000: 29%, 2001: 29,5%, 2002: 24,5%. Nach Brinkhorst, FILJ 1999, 128 (134) stammten 1998 70% aller Ratstexte aus dem Bereich Justiz und Inneres. Ähnlich den Boer, Justice, S. 103. 75 Bericht des Parlaments A5-0318/2000 final Par2 S. 7. Statistik des Rates: Drittländer: 1996/97: 2%, 1998: 5%, 1999: 10,5%, 2000: 17%, 2001: 13,5%, 2002: 6,5%, bis 9/2003: 5%; ohne Angabe der Nationalität: 2002: 9%, bis 9/2003: 8,5%. Bei der Kommission: Drittländer 1994 - 96: 9,5%, 1997: 3,7%, 1998 6,2%, 1999: 3,7%, 2000: 4,1%, 2001: 5,1%, 2002: 3%; ohne Angabe der Nationalität: 1997: 9,3%, 1998: 0,2%, 1999: 0%, 2000: 0,8%, 2001: 1,5%, 2002: 12,2%. 76
Ζ. B. auch die Aarhus-Konvention (Art. 2 Abs. 4 ) und die UIRL (Art. 2 Abs. 4): natürliche und juristische Person", kritisch deswegen Hallo, EEB Comments (http://www.eeb.org /publication/access_to_documents_.htm), unter Art. 1. 77 Siehe KOM(2003) 622 endg., S. 12 und Art. 3; KOM(2004) 45 endg. unter 2.2.2.
n jede
13 Meltzian
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Der Bürgerbeauftragte interpretiert die Reichweite der wortgleichen Beschwerdeberechtigung weit und versteht unter dem Begriff der Ansässigkeit („residing") die physische Anwesenheit in einem Mitgliedstaat, selbst wenn die Person dort keinen Wohnsitz besitzt.78 Allerdings ist diese Interpretation nicht mit dem deutschen Wortlaut („Wohnsitz") zu vereinbaren. Die Begrenzung lässt sich leicht umgehen und ist nicht effektiv durchsetzbar, da der Antragsteller seinen Antrag nicht zu begründen oder seine geographische Herkunft anzugeben braucht. 79 Die Nutzung elektronischer Zugangsformen (EMail) macht die Überprüfung der Herkunft unmöglich. Auch der direkte Zugang gemäß Art. 12 lässt sich technisch nicht auf bestimmte Bürger begrenzen, sondern ist weltweit jedermann möglich. Die Bedeutung der Einschränkung ist daher in der Praxis irrelevant. 80 Die Beschränkung wurde aufgenommen, weil erstmals ein Zugangs recht eingeräumt wird und Art. 255 Abs. 1 EG für ein weitergehendes Recht nach Ansicht der beteiligten Organe keine Rechtsbasis bietet. 81 Art. 2 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1049/2001 stellt es jedoch in das Ermessen der Organe, nach den gleichen Grundsätzen auch allen anderen natürlichen und juristischen Personen Zugang zu gewähren. Die Organe haben bekräftigt, die bisherige Praxis nicht zu ändern. Der Rat und die Kommission räumen in ihren Durchführungsvorschriften allen natürlichen und juristischen Personen ein subjektives Recht auf Zugang ein (Art. 1 Anhang III GO des Rates, Art. 1 Abs. 2 Anhang zur GO der Kommission 82 ), das Parlament „soweit möglich" (Art. 172 Abs. 1 GO des EP). Die Mitgliedstaaten und soweit Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Rechtspersönlichkeit besitzen, kommen vom Wortlaut des Art. 2 als zugangsberechtigte Juristische Person" in Frage. Die VO (EG) Nr. 1049/2001 und auch Art. 255 EG zielen jedoch auf die Öffentlichkeit, so dass das Zugangsrecht zu 78 Beschwerde 972/24.10.1996/FMO/DE/DT (Kolumbianer im Gefängnis). Heede, EPL 1997, 587 (589) Fn. 7; Lafay, RTDE 1997, 37 (46). 79 Vgl. die Statistik in Fn. 75. Roger, DVB1. 1994, 1182 (1185); Feik, Transparenz, S. 274. 80 So auch Wölker, Transparenz, S. 106, ders., in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 9; Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (681); Schauss, JTDE 2003, 1 (3); Hol, Public Access Tz. 58; Heitsch, Verordnung, S. 63. Jetzt auch KOM(2004) 45 endg., unter 2.2.2. und unter 7.1.2. 81 Gegen eine Hinzuziehung von Art. 308 EG sprach nach Ansicht des Juristischen Dienstes, dass es sich nicht um ein „Ziel im Rahmen des Gemeinsamen Marktes" (nach Art. 2 und 3 EG) iSd Art. 308 EG handelt und Art. 255 EG eine abschließende lex specialis-Regelung ist. 82 Die deutsche Fassung räumt zwar scheinbar nur Ermessen ein („kann"), klarer jedoch die englische und französische Sprachfassungen („shall enjoy the right of access", „bénéficient du droit d'accès"), Wölker, in: Gr oeben / Schwarze, Art. 255 Fn. 35. Auch Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 28 geht von einer Zugangsberechtigung jeder natürlichen und juristischen Person aus.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Dokumenten sich für Mitgliedstaaten weiterhin nach dem Prinzip der Gemeinschaftreue richtet, Art. 10 EG 8 3 , und das von Gemeinschaftseinrichtungen nach speziellen interinstitutionellen Vereinbarungen. 84
2. Sachlicher Anwendungsbereich (Anspruchsverpflichtete) Die sachliche Reichweite bestimmt die Anspruchsverpflichteten des Zugangsrechts und den Umfang der nachfragbaren und potentiell zugänglichen Dokumente.
a) Beschränkung auf Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (Erwägung 8, 12; Art. 1 a); „Gemeinsame Erklärung") Art. 255 Abs. 1 und dem folgend Art. 1 a), 2 Abs. 1 der Verordnung gewähren ein „Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission". Entscheidend für die Reichweite ist damit die Definition des Begriffs „Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission". Möglich ist eine urheberbezogene Anwendung, die darauf abstellt, ob das Dokument von einem der drei genannten Organe erstellt wurde. In diesem Fall wären in erster Linie, aber nicht ausschließlich, die Urheberorgane Parlament, Rat und Kommission zur Zugangsgewähr verpflichtet. Darüber hinaus wären alle übrigen Inhaber von Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission verpflichtet, die von der Verordnung erfasst werden können, namentlich alle anderen Gemeinschaftseinrichtungen und die Mitgliedstaaten (nicht jedoch Drittstaaten oder -Organisationen).85 Die Pflicht zur Zugangsgewähr wäre dabei auf Dokumente beschränkt, deren Urheber Parlament, Rat oder Kommission sind und würde die übrigen selbst erstellten oder im Besitz befindlichen Dokumente unberührt lassen. Der Zugang zu diesen Dokumenten wäre Gegen-
83 Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 J. J. Zwartveld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405 m. Anm. Watson, CMLRev 1990, 428 ff. 84 Siehe die interinstitutionelle Vereinbarung vom 20.11.2002 über den Zugang des EP zu sensiblen Informationen des Rates im Bereich der ESVP, ABl. 2002 C 298/1 oder Anhang 3 über die Übermittlung vertraulicher Dokumente an das Parlament der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission, ABL. 2001 C 121/129. Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (489); Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 9. 85 Vgl. Sobotta, Transparenz, S. 428: der Adressat der Verpflichtung bleibt in Art. 255 Abs. 1 EG offen; anders Schwarze /Schoo, Art. 255 Tz. 12: andere Organe neben Rat, Parlament und Kommission sind nicht verpflichtet.
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stand einer Zugangsregelung des Mitgliedstaates bzw. der Gemeinschaftseinrichtung. Denkbar wäre auch eine besitzbezogene Anwendung, die daran anknüpft, dass sich das Dokument im Besitz von einem der drei Organe befindet, unabhängig davon, ob es von ihm erstellt wurde. Parlament, Rat und Kommission würden Zugang auch zu Dokumenten Dritter (Mitgliedstaaten, andere Gemeinschaftseinrichtungen, Drittstaaten und -Organisationen) in ihrem Besitz gewähren, jedoch keine Regelung für die von ihnen selbst erstellten Dokumente treffen, sofern sie sich nicht in ihrem Besitz befinden. Die Verordnung trifft in Art. 2 Abs. 3 eine zweideutige Definition: Als „Dokumente eines Organs" (nach Art. 1 a) das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission) gelten „Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden." 86
Der letzte Satzteil („und sich in seinem Besitz befinden") kann sich grammatikalisch als eigenständige Voraussetzung auf beide vorherigen Dokumentkategorien beziehen („von dem Organ erstellt oder bei ihm eingegangen"), was zu einer rein besitzbezogenen Definition führt. Er kann aber auch ausschließlich die zweite Kategorie (bei ihm eingegangen und in seinem Besitz) betreffen. Die Betonung des Satzes liegt dann auf dem „oder", so dass sich der Anwendungsbereich teilweise urheberbezogen und teilweise besitzbezogen bestimmt. Dokumente, die die drei Organe selbst erstellt haben, werden unabhängig davon erfasst, in wessen Besitz sie sich befinden, während Dokumente Dritter nur insoweit der Verordnung unterfallen, als sie sich in Besitz von Parlament, Rat oder Kommission befinden. Für eine rein besitzbezogene Definition spricht, dass die Verordnung nur das Zugangsverfahren für Parlament, Rat und Kommission festlegt, dort aber für alle Dokumente in ihrem Besitz, was besondere Konsultations- und Zustimmungsverfahren notwendig macht, wenn es sich um den Zugang zu Dokumenten Dritter handelt. Das Zugangsverfahren zu eigenen Dokumenten im Besitz Dritter wird dagegen offen gelassen. Andere Gemeinschaftseinrichtungen werden nur in einer unverbindlichen „Gemeinsamen Erklärung" zum Erlass vergleichbarer Zugangsvorschriften aufgefordert, und die Vorschriften der Mitgliedstaaten sollen nach Erwägung 15 nicht berührt werden („Änderungen weder angestrebt noch bewirkt"), was auch dem politischen Willen der offeneren Mitgliedstaaten entspricht. Eine Ungereimtheit des rein besitzbezogenen Anwendungsbereichs läge aber darin, dass die in Art. 5 Abs. 1 vorgesehene Kon-
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„Drawn up or received by it and in it's possession"; „établis ou reçus par elle et en sa possession".
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sultationspflicht des Mitgliedstaates vor der Freigabe von Gemeinschaftsdokumenten nach nationalem Zugangsrecht Dokumente betrifft, die sich gerade nicht im Besitz der Organe befinden. Der Widerspruch zum Geltungsbereich nach Art. 2 Abs. 3 ließe sich nur vermeiden, wenn man argumentiert, dass Art. 5 deklaratorisch auf die unabhängig von der Verordnung nach Art. 10 EG bestehende Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten gegenüber der Gemeinschaft hinweist und sie bezogen auf das Zugangsrecht punktuell präzisiert. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Verordnungsgeber einen derartigen Widerspruch zwischen Art. 2 Abs. 3 (Die VO gilt für Dokumente im Besitz der Organe.) und Art. 5 (Bei Dokumenten der Organe im Besitz der Mitgliedstaaten muss eine Konsultation erfolgen.) angestrebt haben, auch wenn Art. 5 einen ausgesprochenen Kompromisscharakter besitzt, wie die Unterschiede zu Erwägung 15 zeigen. Daher ist von einem teilweise urheberbezogenen und teilweise besitzbezogenen Anwendungsbereich der Verordnung auszugehen. Nicht geregelt wurde der Zugang zu Dokumenten der übrigen Organe (Art 7 EG: Rechnungs- und Gerichtshof, Ausschuss der Regionen, Wirtschafts- und Sozialausschuss) oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen, da dies mit dem Wortlaut von Art. 255 EG unvereinbar ist. Systematisch besteht ein gewisser Widerspruch zu Art. 1 Abs. 2 EU (möglichst offene Entscheidungen in der Union), Erklärung Nr. 17 (Zugangsrecht stärkt demokratischen Charakter und Vertrauen in die Verwaltung) und den Empfehlungen des Bürgerbeauftragten (Fehlen einer Zugangsregelung bedeutet Verwaltungsmisstand). 87 Konsequenter wäre eine Verankerung des Zugangsrechts bei der Unionsbürgerschaft oder den allgemeinen Grundsätzen gewesen.88 In der Grundrechtscharta von Nizza wird das Zugangsrecht zu Dokumenten (Art. 42) im Kapitel der Bürgerrechte aufgeführt, im Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa (Art. 1-49 Abs. 3) im Titel V I beim Demokratischen Leben in der Union. 89 Erwägung 8 und eine mit der Verordnung verabschiedete „Gemeinsame Erklärung" 90 der drei Organe fordert zwar unter Nr. 1 die Agenturen und ähnliche vom Gesetzgeber geschaffenen Einrichtungen auf, Zugangsregeln zu erlassen, die im Einklang mit dieser Verordnung stehen, spricht aber von Vorschriften über den Zugang zu ihren Dokumenten. Möglich wäre daher eine Zugangsrege-
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Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (681); Guggenbühl, After Amsterdam, S. 15; Curtin, Opening Spaces, S. 254 f., dies., Post Amsterdam, S. 113, dies., CMLRev 2000, 7 (28); Leger / Lewis, Art. 255 Tz. 8; Stein, in: Hummer, Amsterdam, S. 156; Vos, CMLRev 2000, 1113 (1126); Heitsch, Verordnung, S. 63; Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (490); de Leeuw, ELRev 2003, 324 (331); Magiera, in Meyer, Art. 42 Rn. 8. 88 Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 1; Curtin, Legal Issues, S. 76, dies., Betwixt, S. 115 f. Näher zu Art. 255 EG Dritter Abschnitt C. II. 89 Siehe dazu Dritter Abschnitt C. II. 90 ABl. 2001 L 173/5.
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lung beschränkt auf Dokumente, deren Urheber die Einrichtung ist, so dass Dokumente Dritter in ihrem Besitz, etwa die von Parlament, Rat und Kommission, unberücksichtigt bleiben. Daher sind die Worte „im Einklang mit dieser Verordnung" dahin zu verstehen, dass, wie bei der Verordnung, keine Urheberregel gilt und Zugang zu allen Dokumenten in ihrem Besitz gewährt wird. Das Gleiche gilt für die übrigen Organe und Einrichtungen, die nach Nr. 2 (nur) Zugangsregeln erlassen sollen, die „den Grundsätzen und Einschränkungen der Verordnung Rechnung tragen". Die Kommission hat angekündigt, dass künftig erschaffene Einrichtungen von Beginn an mit einer Zugangsregelung versehen werden. Das geschah erstmals bei der Errichtung der Lebensmittelbehörde durch die VO 178/2002.91 Art. 23 der VO (EG) Nr. 58/2003 92 sieht die Anwendung der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf Exekutivagenturen vor, welche die Kommission mit Aufgaben zur Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt. Im Juli 2002 schlug die Kommission im Zuge der Neufassung der Haushaltsordnung der dezentralisierten Gemeinschaftseinrichtungen vor, deren Gründungsrechtsakte zu ergänzen und die Anwendbarkeit der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der Einrichtungen vorzusehen. 93 Das geschah im Sommer 2003 durch die VO (EG) Nr. 1641 - 1655/2003.94 Bis zum 1. April 2004 hatten die Einrichtungen die entsprechenden Durchführungsvorschriften zu erlassen. Bis dahin bestand eine Harmonisierung horizontal nur zwischen Rat, Parlament und Kommission, da die Erwägung 8 und die „Gemeinsame Erklärung" nicht rechtsverbindlich sind. Durch Errichtung neuer Einrichtungen und Verlagerung von Kompetenzen konnten Teile des Verwaltungshandelns der Gemeinschaft dem Zugangsanspruch nach der Verordnung entzogen werden, nicht jedoch dem allgemeineren Art. 1 Abs. 2 EU. 95 Nach Ansicht des EuG in der Rs. Petrie ist Art. 1 Abs. 2 EU jedoch nicht hinreichend klar, um unmittelbar angewendet zu werden. 96 Das Parlament hatte eine Verordnung zu einem Verhaltenskodex der guten Verwaltungspraxis vorgeschlagen, um die damals bestehende, unübersichtliche 91
ABl. 2002 L 31/1. Zu weiteren neuen Einrichtungen siehe Anhang III. ABl. 2003 L 11/1. 93 KOM(2002) 406, ABl. 2002 CE 331/50 ff. 94 ABl. 2003 L 245/1 -41. 95 Wegener, in: Calliess / Ruffert, Art. 255 Rn. 9; Epiney, in: Fluck / Theuer, IFR/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 29; Wölker, in: Gr oeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 10; kritisch Curtin, Legal Issues, S. 77; zum Informationsentzug durch Privatisierung und Kompetenzverlagerung: McDonagh, M M R 2000, 251 (254 ff.); Roberts, TLJ 2001, 243 ff. Zweifelhaft mit Blick auf Art. 1 Abs. 2 EU waren restriktive Regeln, wie der ursprüngliche Beschluss der EIB (ABl. 1997 C 243/13), so auch Curtin, Legal Issues, S. 78. Die Zurechnung überspannend Heitsch, Verordnung, S. 64, wonach Einrichtungen, bei denen die Kommission im Verwaltungsrat sitzt, dieser zugerechnet werden sollten, so dass die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung findet. 92
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Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission
Slg. 2001 11-3677 Tz. 35.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Situation zu vereinheitlichen. 97 Der Verordnungsvorschlag sah vor, dass die Beamten bei der Behandlung von Zugangsanträgen nicht nur den Zugangsbeschluss der jeweiligen Einrichtung zu beachten haben, sondern auch die Grundsätze und Beschränkungen der VO (EG) Nr. 1049/2001.98 Über den Umweg der guten Verwaltungspraxis wäre das Zugangsrecht verbindlich auf alle Einrichtungen ausgedehnt worden. Da die Begrenzung des Art. 255 Abs. 1 EG auf diese Weise nicht umgangen werden kann, blieb die Kompetenzgrundlage der Verordnung jedoch schwierig. Der Bericht des Petitionsausschusses stützte die Verordnung auf Art. 308 EG, während der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger in seiner Stellungnahme für eine Eingliederung in das Beamtenstatut, gestützt auf Art. 283 EG, plädierte. 99 Bezogen auf die vertikale Ausdehnung des Zugangsrechts, wurden die Organe, entgegen den Vorschlägen der Kommission und des Parlaments 100, in ihrer Binnenstruktur nicht näher bestimmt. Die Verordnung will sie in ihrer Gesamtheit erfassen, wie indirekt die Definition des „Dritten" (Art. 3 b): alle Einrichtungen außerhalb des betreffenden Organs zeigt. Die Aufzählung unselbständiger Organteile stellt das nicht in Frage, hätte aber klargestellt, wann eine Einrichtung eigenen Regelungen bzw. denen eines Organs unterliegt und welchem Organ sie zuzuordnen ist. 101 Institutionen mit der Fähigkeit zur Selbstorganisation wurden durch die „Gemeinsame Erklärung" zur Einrichtung eines Zugangsrechts aufgefordert und ihre Gründungsrechtsakte mittlerweile geändert. Ansonsten unterliegen sie als unselbständige Teile der Regelung des Organs, dem sie angehören. 102 „Dokumente des Parlaments" sollen nach seiner Geschäftsordnung nur solche sein, die von Beamten, leitenden Gremien oder dem Sekretariat des Parlaments, ständigen Ausschüssen oder interparlamentarischen Delegationen erstellt oder erhalten wurden (Art. 172 Abs. 2 GO des EP). Nicht einbezogen wurden nicht-ständige (Untersuchungs)Ausschüsse. Dokumente der Fraktionen oder einzelner Mitglieder des Parlaments sollen nur dann „Dokumente des Parlaments" sein, wenn sie gemäß.der GO eingereicht werden. Da Parlamentarier ge-
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A5-0245/2001 vom 27. Juni 2001. Näher dazu unter V. 4. A5-0245/2001 S. 12 Änderungsantrag 25 zu Art. 23 Abs. 1 des Kodex der guten Verwaltungspraxis des Bürgerbeauftragten. 99 A5-0245/2001 vom 27. Juni 2001 S. 14, 19 f. 100 Art. 3 KOM(2000) 30 endg./2; Art. 3 b) PE 285.961 vom 16.11.2000; Curtin, Legal Issues, S. 78 f.; kritisch wegen des Fehlens de Leeuw, ELRev 2003, 324 (331 f.). 101 Vgl. die Beschwerde 1056/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH zum Vorsitz im Rat und das General Sekretariat (unterfallen als unselbständige Einheit der Ratsregelung) und die Rs. T-l88/97 Rothmans, Slg. 1999 11-2466 zu den Komitologieausschüssen (unselbständig und der Kommission nicht dem Rat zuzuordnen). Skeptischer Bock, DÖV 2002, 556 (561). 102 So auch Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 30. 98
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
genüber Beamten des Parlaments eine unterschiedliche Stellung besitzen, wurde eine Einschränkung ihrer freien Mandatsausübung und eine Umgehung ihres Zeugnisverweigerungsrechts nach nationalem Recht befürchtet. 103 Es ist sehr zweifelhaft, ob das Parlament sich mit der Definition noch im Rahmen der zulässigen Durchführung der VO (EG) Nr. 1049/2001 nach Art. 18 Abs. 1 und Art. 255 Abs. 3 EG bewegt, denn es handelt sich nicht mehr um eine organisatorische oder prozedurale Durchführungsmaßnahme, sondern um eine Neubestimmung des Anwendungsbereichs. 104
b) Wegfall der Urheberregel (Erwägung 10; Art. 2 Abs. 3; 3 b); 4 Abs. 4, 5; 9 Abs. 3) Nach Art. 2 Abs. 3 entfällt die bisher geltende Urheberregel (Art. 2 Abs. 2 Beschluss 93/731, Art. 2 Abs. 3 Beschluss 97/632, Art. 1 Beschluss 94/90 iVm Beschluss 93/730), was neben der Registerpflicht als der größte Fortschritt der neuen Verordnung hervorgehoben wird. Das Organ gewährt nicht nur Zugang zu den von ihm erstellten Dokumenten, sondern auch zu Dokumenten Dritter, die bei ihm eingegangen und in seinem Besitz sind. Allerdings werden dadurch neue Probleme aufgeworfen, da die Zugangsgewähr nach der Verordnung sowie der Schutz und das Schutzbedürfhis bei vertraulichen Dokumenten nicht notwendig den Maßstäben der „Dritten" entsprechen. 105 Die Unterschiede sollen durch die Verordnung nicht eingeebnet werden (Erwägung 15) und könnten es bei Drittstaaten und anderen internationalen Organisationen auch nicht. Ihnen muss beim Zugang zu Dokumenten Dritter angemessen Rechnung getragen werden. Erwägung 10 erinnert in diesem Zusammenhang an die Erklärung Nr. 35 zum Amsterdamer Vertrag. Danach ist Bestandteil der Grundsätze und Bedingungen des Art. 255 EG, dass ein Mitgliedstaat Kommission oder Rat 1 0 6 ersuchen kann, ein mitgliedstaatliches Dokument nicht ohne seine Zustimmung an Dritte weiterzuleiten. Ironischerweise impliziert die Beschränkung zugleich, dass die Grundsätze des Art. 255 EG keine Urheberregel kennen, da das Vetorecht der Mitgliedstaaten nur Sinn macht, wenn das Zugangsrecht ihre Dokumente überhaupt erfasst. Daneben sprach vor allem die Angleichung an die
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A5-0349/2001 S. 15 f. Sehr kritisch Riemann, Transparenz, S. 247 ff.: bereits im Ansatz unzulässig, auch ihrem Inhalt nach, da insbesondere Lobbykorespondenz ausgenommen bleibt. 105 Siehe Feik, Transparenz, S. 32, wonach das österreichische Informationssicherheitsgesetz einen weitergehenden Geheimhaltungsschutz anstrebt, als die VO (EG) Nr. 1049/2001. 106 Das Parlament bleibt unerwähnt, da es damals noch keine Zugangsregeln besaß. 104
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Rechtslage in der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten, das Gebot möglichst weiten Zugangs und das Drängen von Europäischem Parlament und Bürgerbeauftragten für die Abschaffung der Urheberregel. 107 Die Erklärung Nr. 35 sieht eine unterschiedliche Behandlung von Drittdokumenten, die von Mitgliedstaaten stammen und „sonstigen" Drittdokumenten vor, die sich in Art. 4 Abs. 4 und 5 der Verordnung fortsetzt: 108 Art. 4 Abs. 5 sieht vor, dass ein Mitgliedstaat die Freigabe durch das Organ von seiner vorherigen Zustimmung abhängig machen kann und entspricht damit Erklärung Nr. 35. 1 0 9 Die Bitte um vorherige Zustimmung betrifft nur einzelne Dokumente und nicht ganze Dokumentkategorien. Dafür spricht der Wortlaut des Art. 4 Abs. 5 („Dokument") und die Entstehungsgeschichte der Ratsvorschriften. 110 Wie unter der bisherigen Urheberregel wird die Freigabe inhaltlich vollständig durch den Mitgliedstaat als Urheber festgelegt. Der Mitgliedstaat muss keine Ausnahme heranziehen, wie teilweise vertreten wird: Nach Ansicht Hardens hat der Mitgliedstaat nur das Recht, dass das Gemeinschaftsorgan seine Einschätzung der Ausnahmen berücksichtigt, da bei einem Vetorecht der Schutz höher läge als bei sensiblen Dokumenten (Art. 9 Abs. 3). Dort geht Harden ebenfalls davon aus, dass der Urheber Ausnahmen vortragen muss. 111 Damit widerlegt Harden zu Recht die Auffassung des ehemaligen Bürgerbeauftragten Söderman, der bei Art. 4 Abs. 5 von einem Vetorecht ausgeht, beim gleichlautenden Art. 9 Abs. 3 aber das Vorbringen von Ausnahmen verlangt. 112 Hardens eigener Vorschlag jedoch vernachlässigt den bewussten Unterschied zwischen Art. 4 Abs. 4 und 5 (Konsultation/Zustimmungserfordernis). Die Zustimmung hängt weder bei dem Art. 4 Abs. 5, noch beim Art. 9 Abs. 3 vom Vorliegen oder Geltendmachen einer Ausnahme 107 KOM(2000) 30 endgültig/2 S. 3; ausführlich Sobotta, Transparenz, S. 368 - 391: unvereinbar mit dem allgemeinen Rechtsgrundsatz auf Zugang zu Informationen; Vesterdorf, FJIL 1999, 902 (919); Entschließung des Parlaments ABl. 1999 C 104/21. Dyrberg, ELR 1999, 157 (169) wendet die VO 354/83 über historische Archive, die keine Urheberregel kennt, auch auf die Zeit vor der Archivierung an. 108 Die schwedische Regierung hielt Erklärung Nr. 35 für keine ausreichende Rechtsgrundlage, um den Schutz über die Mitgliedstaaten hinaus auf Dritte zu erweitern, HoL, Public Access Tz. 127. 109 Rs. T-76/02, 17.9.2003 Mara Messina /Kommission Tz. 41. 1,0 Die Ausweitung auf „Kategorien von Dokumenten" (Art. C Dok. 12318/01 S. 11) war umstritten und wurde schließlich weggelassen. 111 Harden, EPL 2001, 165 (192). Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 75 mit Hinweis auf den Wortlaut „ersuchen"; ebenso Williams, ELNI 2/2001, 3 (6 f.). Offen gelassen von Roberts, EPL 2002, 255 (267). Nach Heitsch, Verordnung, S. 68 muss sich der Mitgliedstaat auf eine Ausnahme stützen, seine Auffassung über deren Vorliegen ist für das Gemeinschaftsorgan verbindlich, aber gerichtlich überprüfbar. 112 Söderman, Transparency, Tz. 73 und 78
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
ab. 113 Obwohl in der Praxis nur von der Kommission in 2,1% der abschlägigen Bescheide von Art. 4 Abs. 5 Gebrauch gemacht wurde, wurden fünf Klagen und eine Beschwerde anhängig gemacht. 114 Das Organ muss auch nicht prüfen, ob der Verfasser des die Freigabe verweigernden Schreibens nach nationalem Recht hierfür zuständig ist. Der einzige Unterschied zur Rechtslage unter der Urheberregel besteht darin, dass der Antrag nicht an den Urheber bzw. Mitgliedstaat gerichtet werden muss, sondern vom Gemeinschaftsorgan behandelt wird. Auf diese Weise richten sich das Verfahren und vor allem der Rechtsschutz nach Gemeinschaftsrecht und nicht dem unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Recht, was eine einheitlichere Handhabung und Rechtsprechung gewährleistet. 115 Nach Art. 4 Abs. 4 konsultiert das Gemeinschaftsorgan den Dritten bei Zweifeln, um festzustellen, ob eine Ausnahme einschlägig ist. Kommission und Parlament sehen eine fünftägige Beantwortungsfrist vor, der Rat eine „angemessene Frist" unter Berücksichtigung der Frist nach Art. 7 VO (EG) Nr. 1049/2001. Da der Rat sich selber zur Beantwortung binnen 5 Tagen gegenüber Dritten verpflichtet, wird die Frist im Regelfall ebenfalls 5 Tage betragen. Die Frist wird von den Dritten in der Regel eingehalten.116 Nach Fristablauf oder bei Unauffindbarkeit des Dritten wird das Verfahren bei Kommission und Parlament ohne Stellungnahme fortgesetzt. Die Kommissionsregelung sieht vor, die Interessen des Dritten anhand der ihr zur Verfügung stehenden Informationen zu berücksichtigen (Rat: Art. 2 Abs. 2, 3, 3 Abs. 2 Anhang I I I seiner GO; Kommission: Art. 5 Abs. 5 Anhang ihrer GO, Parlament: Art. 9 Abs. 3, 5 Präsidiumsbeschluss, ABl. 2001 C 374/1). Rat, Parlament und Kommission sind nach Art. 3 b) zueinander „Dritte". Am 9. Juli 2002 unterzeichneten Rat, Parlament und Kommission ein Memorandum of Understanding, dass die Organe ver-
1.3 Rs. T-76/02, 17.9.2003 Mara Messina / Kommission Tz. 43, 52; KOM(2004) 45 endg., unter 3.5.2. Das Gutachten des Juristischen Dienstes vom 19. März 2001 (Dok. 7184/01) bestätigt das für Art. 9 Abs. 3, der mit Art. 4 Abs. 5 insoweit übereinstimmt. Auch Sinn und Wortlaut der Erklärung Nr. 35 sprechen hierfür. So auch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (337); Feik, Transparenz, S. 293; Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 18; Riemann, Transparenz, S. 149. Während bei Art. 9 Abs. 3 positiv eine Zustimmung zur Freigabe vorliegen muss, darf bei Art. 4 Abs. 5 keine Ersuchen um Nicht-Verbreitung vorliegen. 1.4
Rs. T-l68/02, 4.6.2002 Internationaler Tierschutz-Fonds (IFAW) GmbH/Kommission, ABl. 2002 C 202/30, 24.8.2002; Rs. T - l 87/03, 28.5.2003 Isabella Scippacercola / Kommission, ABl. 2003 C 200/25, 23.8.2003; Rs. T-139/03, 28.4.2003 Nuova Agricast Sri / Kommission, ABl. 2003 C 146/43, 21.6.2003; Rs. T-151/03, 6.5.2003 Nuova Agricast Sri / Kommission, ABl. 2003 C 146/45, 21.6.2003; Rs. T-287/03, 18.8.2003 S.IM.SA. Sri /Kommission, ABl. 2003 C 239/26, 4.10.2003 und Beschwerde 1753/2002/GG. 1.5 Riemann, Transparenz, S. 150; Sobotta, Transparenz, S. 390 plädiert für mitgliedstaatlichen Rechtsschutz (ggf. mit Vorabentscheidungsverfahren). 1.6 KOM(2004) 45 endg., unter 4.5.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
pflichtet, das andere Organ zu konsultieren, sollte es einen Antrag auf Zugang zu einem ihrer Dokumente erhalten und klare Zweifel bestehen, ob das Dokument öffentlicht zugänglich ist. Das andere Organ muss dann innerhalb von 5 Tagen antworten. 117 Eine Konsultation bringt eine weniger starke Befolgungspflicht mit sich als ein Zustimmungserfordernis. Art. 4 Abs. 4 hebt damit bewusst die Letztentscheidungsbefugnis des Gemeinschaftsorgans hervor, das unabhängig von der Empfehlung des Dritten einen eigenen Entscheidungsspielraum besitzt und anders als bei Art. 4 Abs. 5 das Dokument auch gegen den Willen des Dritten freigeben kann. 118 Die Durchfuhrungsbestimmungen von Rat (Art. 2 Abs. 4 Anhang III seiner GO) und Kommission (Art. 5 Abs. 6 Anhang seiner GO) sehen in diesem Fall eine unverzügliche Unterrichtung des Dritten vor, dass das Dokument „nach einem Zeitraum von mindestens 10 Arbeitstagen" freigegeben wird und er die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes (Art. 243 EG) besitzt. 119 Die Verzögerung der Freigabe um mindestens 10 Arbeitstage zur Gewähr effektiven einstweiligen Rechtsschutzes ist in der normalen Frist von 15 Arbeitstagen nicht zu gewährleisten. Voran geht der Antragseingang und eine Prüfung der Freigabe (Art. 2 Abs. 2 bzw. 5 Abs. 1), die Konsultation des Dritten mit angemessener Antwortfrist (Art. 2 Abs. 3 bzw. 5 Abs. 5), die Berücksichtigung seiner Antwort und bei Divergenz eine Befassung des Rates (Art. 2 Abs. 4). 1 2 0 Schwierig, aber möglich bleibt die 10-Tagesfrist bei der auf 30 Arbeitstage verlängerten Bearbeitungsfrist (Art. 7 Abs. 3, 8 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1049/2001). Das impliziert, dass das Auseinanderfallen der Ansicht von Organ und Dritten ein Ausnahmefall im Sinne der Vorschriften ist. Eine Parallele ergibt sich zur Rs. Niederlande und van der Wal / Kommission.121 Dort hatte der EuGH aus dem Grundsatz möglichst weiten Zugangs gefolgert, dass bei Entscheidungen über die Zugangsgewähr Verfahren und Rechtsschutz, wie sie das Gemeinschaftsrecht vorsehen, ausreichen. Die Kommission durfte daher die Entscheidung nicht an den Mitgliedstaat abgeben, son117 Vermerk des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23.1.2003 an das Präsidium, PE 324.892/BUR S. 10, siehe zuvor auch Dok. 12318/01 S. 11 Art. B. 118 Sollte das Organ sein Letztentscheidungsrecht entgegen einem überzeugenden Vortrag (für oder wider der Freigabe) ausüben, muss es in seiner Begründung die vorgetragenen Argumente entkräften, weil es andernfalls für den Dritten unverständlich wäre, wie das Organ zu seiner Entscheidung gelangt ist (Rs. T-l88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 46); Williams, ELNI 2/2001, 3 (6); Epiney, in: Fluck/Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 74. 119
Näher Riemann, Transparenz, S. 264 ff. Gemäß dem Vermerk des Generalsekretariats des Rates (Dok. 5922/02 vom 3.2.2003) soll der Mitgliedstaat seine Stellungnahme binnen höchstens 5 Arbeitstagen den Organen übermitteln. 121 Rs. C - l 74/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission Slg. 2000 1-1. 120
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
dem war verpflichtet, nach Konsultation des Mitgliedstaates eine eigene Entscheidung zu treffen. Inwieweit die Entscheidung präjudiziell war, wurde nicht behandelt und war praktisch irrelevant, da die Kommission die Entscheidung ursprünglich dem Mitgliedstaat überlassen wollte und eine Abweichung nicht in Betracht zog. 122 Deutlich wird das Letztentscheidungsrecht auch daran, dass die Konsultation nicht zwingend vorgesehen ist, sondern entfällt, wenn es „klar" ist, dass das Dokument nicht verbreitet werden darf oder verbreitet werden muss. Ein Dokument darf nicht verbreitet werden, wenn eine Ausnahme einschlägig ist und, sofern vorgesehen, kein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Es muss (jedenfalls in Teilen, Art. 4 VI) verbreitet werden, wenn keine Ausnahme greift oder ein überwiegendes öffentliches Interesse geltend gemacht werden kann. Der natürliche Wortsinn des Begriffs „klar" spricht für ein offensichtliches Ergebnis und gegen bloße Zweifel im Anschluss an die Ausnahmeprüfung. Ein Fall ist ζ. B. die Freigabe von Dokumenten die auf Informationen Dritter beruhen, denen gegenüber man sich vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet hat. Die Formulierung ist dennoch in allen Sprachfassungen 123 denkbar unpräzise und eröffnet dem Gemeinschaftsorgan für die Praxis einen erheblichen Spielraum. 124 Die Kommission sieht in den Durchführungsbestimmungen (Art. 5 Abs. 3) eine Freigabe ohne Konsultation vor, wenn das beantragte Dokument bereits vom Verfasser oder nach der VO verbreitet wurde oder „nicht wesentlich" gegen Art. 4 der VO verstößt. Entstehungsgeschichtlich handelt es sich um einen Kompromiss zwischen Rat und Parlament. Der Rat verlangte zunächst in jedem Fall eine Zustimmung, bevor er zur Formulierung der Verordnung überging. Der Parlamentsentwurf kannte kein Zustimmungserfordernis und betonte die Letztentscheidung des Organs, gegen die der Dritte Rechtsschutz suchen sollte. Während des Trilogs beschränkte das Parlament das Letztentscheidungsrecht des Organs auf den Fall, „ i f it considers that the exceptions [manifestly] do not apply".
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Der Entwurf vom 22. März 2001 wählte die Formulierung: „in case of uncertainity concerning the application of the exceptions ... the institution shall consult". 1 2 6 122 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission Slg. 2000 1-1 Tz. 19, 28, 31. So auch McDonagh, IJEL 2000, 216 (220), der sich inhaltlich für eine Letztentscheidung des Gemeinschaftsorgans ausspricht. 123 „Unless it is clear"; "qu'il ne soit clair"; "salvo que se deduzca con claridad que". 124 Insofern ist die Differenzierung in Mitgliedsstaaten und „sonstige Dritte" nicht unwichtig, da Wirtschaftsunternehmen und natürliche Personen in „klaren" Fällen befürchten müssen, dass persönliche oder geschäftliche Informationen trotz oder sogar ohne Konsultation weitergegeben werden. 125 Art. 5 Abs. 2; 6 Abs. 2, 3 SN 1652/01 ebenso SN 1715/01. Die eckigen Klammern kennzeichnen Passagen, über die noch keine Einigung erzielt werden konnte.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
Schließlich fügte sich das Parlament dem Ratstext („shall consult unless it is clear ..."), der das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Konsultation und eigener Organentscheidung umkehrt („immer konsultieren, außer wenn klar" statt „nur konsultieren, wenn unklar"). Die frühen Fassungen des Parlaments unterstützen dabei die Interpretation, dass das offensichtliche Eingreifen der Ausnahmen gemeint ist. Die Konsultation nach Art. 4 Abs. 4 bezieht sich nur auf die Ausnahmeregelungen des Art. 4 Abs. 1 und 2 und nicht auf interne vorbereitende und/oder persönliche Dokumente nach Art. 4 Abs. 3. Solche Dokumente kommen aber ohne weiteres auch bei Dritten vor, da „Dritter" nach Art. 3 b) auch die anderen Gemeinschaftsorgane zueinander sind. Das bedeutet, dass ζ. B. ein vorbereitendes internes Kommissionsdokument, das im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses beim Parlament eingegangen ist, dort nachgefragt werden kann. 127 Konsultiert das Parlament dann nach Art. 4 Abs. 4 die Kommission, kann sie sich nur auf die Ausnahmen des Art. 4 Abs. 1 und 2 berufen, nicht jedoch eigenständig auf den vorbereitenden, internen Charakter nach Art. 4 Abs. 3. Seinen Status als Dokument „für den internen Gebrauch" (Art. 4 Abs. 3) hat das Dokument dadurch verloren, dass es den Zuständigkeitsbereich des Organs verlassen hat. 128 Die Ausnahmen des Art. 4 Abs. 1 und 2 können den Schutz aus Art. 4 Abs. 3 auch nicht ersetzen, weil sonst Art. 4 Abs. 3 als eigenständige Regelung keinen Sinn besäße. „Dritter" im Sinne der äußerst weiten Definition in Art. 3 b) (alle natürlichen und juristischen Personen außerhalb des betreffenden Organs) sind auch die Mitgliedstaaten. 129 Sie werden sowohl von Art. 4 Abs. 4 als auch Art. 4 Abs. 5 erfasst, was dem bewusst unterschiedlichen Regelungsgehalt widerspricht. Nach Art. 4 Abs. 4 liegt die Letztentscheidung beim Organ, nach Art. 4 Abs. 5 beim Mitgliedstaat. Damit stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis Art. 4 Abs. 5
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Art. 4 Abs. 4 PE 294.327/1-30. Siehe Anhang III der Rahmenvereinbarung vom 5. Juli 2000 zwischen Europäischem Parlament und Kommission über die Übermittlung vertraulicher Dokumente (C50349/2000) und die Zugangsvereinbarung zwischen Rat und Parlament bei sensiblen Dokumenten im Bereich der ESVP (Dok. Nr. 10112/02, 17.6.2002). 128 Söderman, Democratic Aspect unter 3.: keine internen Dokumente, wenn formell angenommen oder den Verwaltungsbereich des Erstellers verlassen. Schwarze / Schoo, Art. 255 Tz. 15 hält interne Dokumente vorbereitender Art für „zugangsfähig", sobald sie einen „gewissen Abschluss" gefunden haben oder intern verteilt wurden. Nicht aber, wenn sie der Meinungsbildung dienen, insb. Rechtsgutachten. Ähnlich HoL, Public Access Tz. 83. Riemann, Transparenz, S. 213. 129 Das bedeutet für den Rat, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht (Art. 203 EG), dass mitgliedstaatliche Arbeitsdokumente als Drittdokumente behandelt werden, so dass ein Mitgliedstaat Dokumente in den Rat einführen kann, um bestimmte Ergebnis zu erzielen, ihre Freigabe bis dahin aber nach Art. 4 Abs. 5 von seiner Zustimmung abhängt. 127
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
und Art. 4 Abs. 4 zueinander stehen: Die Möglichkeit, die Freigabe von seiner Zustimmung abhängig zu machen (Art. 4 Abs. 5), setzt voraus, dass der Mitgliedstaat weiß, dass bei einem Organ eines seiner Dokumente nachgefragt wird. Art. 4 Abs. 5 und seine Umsetzungsvorschriften sehen kein Verfahren vor, durch das der Mitgliedstaat hiervon Kenntnis erlangt. Der Rat unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen Dokumenten, die von einem Mitgliedstaat „als solchem" stammen, und Ausführungen und Stellungnahmen von Vertretern eines Mitgliedstaates, die im Rat oder einem seiner Vorbereitungsgremien als Bestandteil des Organs abgegeben werden. Bei letzteren geht der Rat von Dokumenten des Rates aus und fühlt sich vor der Freigabe nicht zur Konsultation verpflichtet. 130 Eine zwingende Konsultation erfolgt nach den Durchführungsbestimmungen von Rat (Art. 2 Anhang III seiner GO) und Kommission (Art. 5 Abs. 4, 6 Abs. 3 Anhang seiner GO) bei „sensiblen" Dokumenten (Art. 9 Abs. 3) und solchen, die vor dem Inkrafttreten der VO am 3. Dezember 2001 eingegangen sind. 131 Bei der Kommission auch dann, wenn der Mitgliedstaat die Kommission im voraus ersucht hat, konsultiert zu werden. Im Rat ist das aufgrund der Zusammensetzung durch die Mitgliedstaaten (Art. 203 EG) unproblematisch, anders aber bei Anträgen an die Kommission oder das Parlament. Der Mitgliedstaat kann sich auch nicht darauf verlassen, im Rahmen der Konsultation als „Dritter" nach Art. 4 Abs. 4 informiert zu werden, da sie entfällt, wenn es für das Organ „klar" ist, dass das Dokument verbreitet werden darf In diesem Fall bestünde die Gefahr, dass dem Mitgliedstaat die Möglichkeit genommen wird, von seinem Zustimmungserfordernis Gebrauch zu machen. 132 Folglich gewährt Art. 4 Abs. 5 dem Mitgliedstaat nicht das besondere Recht, im Konsultationsverfahren ein Zustimmungserfordernis anzubringen, sondern bereits vorgelagert ein Recht auf Konsultation unabhängig vom Ausgang nach Art. 4 Abs. 4. Der bearbeitende Gemeinschaftsbeamte muss von vornherein eine Unterscheidung zwischen normalen Drittdokumenten (Konsultation über Ausnahmen außer Verbreitung klar) und mitgliedstaatlichen Drittdokumenten (Konsultation über Zustimmung immer erforderlich) vornehmen. 133
130 Dok. 6203/02 (Grundsatzfragen) vom 1.3.2002, sich stützend auf ein Gutachten des Juristischen Dienstes, Dok. 5108/02 vom 10.1.2002 (teilweise zugänglich). Kritisch hierzu de Leeuw, ELRev 2003, 324 (336 f.). 131 Siehe hierzu die Beschwerde 1753/2002/GG, Dritter Abschnitt Β. II. 3. a), wonach die Praxis der Kommission, in diesen Fällen stets zu konsultieren, nicht im Einklang mit dem Wortlaut der Durchführungsvorschrift steht, die in Art. 5 Abs. 3 eine Freigabe vorsieht und in Abs. 4 nur „in allen übrigen Fällen" eine Konsultation. 132 Zur Konsultationspflicht vor einer Freigabe im Wettbewerbsrecht: Rs. 53/85, 24.6.1986 AKZO Chemie / Kommission Slg. 1986, 1965 (1992) Tz. 29; Rs. T-353/94, 1.12.1994 Postbank NV/ Kommission Slg. 1996 11-921 (957) Tz. 94. 133 Siehe dazu Dritter Abschnitt Β. II. 3. a), Beschwerde 1753/2002/GG, entschieden am 28.11.2003.
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Eine zweite Möglichkeit wäre, dass der Mitgliedstaat schon bei der Übermittlung des Dokuments eine Entscheidung über seine Zustimmung trifft, die eine spätere Konsultation oder Benachrichtigung durch die Organe überflüssig macht. 134 Stimmt er einer Freigabe zu (Art. 4 Abs. 5), bringt er gleichzeitig zum Ausdruck, dass er keine Ausnahme für einschlägig hält, so dass die Konsultation nach Art. 4 Abs. 4 entbehrlich ist. Dadurch wird das Verfahren nach Antragstellung beschleunigt, indem der Aufwand bei der Beurteilung des Dokuments vorverlagert wird. Die Beurteilung mitgliedstaatlicher Dokumente, ohne einen Antrag abzuwarten, führt außerdem dazu, dass sie bei positiver Beurteilung entsprechend dem Ziel des Art. 12 Abs. 1 („soweit möglich") direkt zugänglich gemacht werden können. Die Durchführungsvorschriften des Rates (Art. 2 Abs. 1 Anhang III der GO des Rates: „nicht ohne seine vorherige Zustimmung") stehen dem nicht entgegen. Dennoch ist eine derartige Vorabbeurteilung abzulehnen 135 : Zwischen der Übermittlung und der Antragstellung kann längere Zeit vergangen sein, so dass die ursprünglich (negative) Beurteilung neubewertet werden muss. Solange der Zeitraum hierfür unklar ist 1 3 6 , verbleibt Rechtsunsicherheit, die für eine zeitnahe Überprüfung der Ausnahmen oder des Zustimmungserfordernisses aufgrund eines konkreten Antrags spricht. 137 Weiterhin werden mitgliedstaatliche Ressourcen übermäßig beansprucht, wenn vorab jedes übermittelte Dokument untersucht wird, obwohl feststeht, dass niemals alle nachgefragt werden. Bei der Fülle an Dokumenten bestünde auch die Gefahr, dass die Mitgliedstaaten routinemäßig für die Verbreitung ihrer Dokumente ihre Zustimmung voraussetzen, so dass die „Kann"-Bestimmung des Art. 4 Abs. 5 sich in eine „Muss"-Bestimmung wandelt. Das Konsultationsverfahren des Art. 4 Abs. 4 zeigt, dass eine Vorabbeurteilung auch nicht als Regelfall der Verordnung vorgesehen wurde. Eine andere Frage betrifft die Registerpflicht von Drittdokumenten. Da nach Art. 11 alle Dokumente in das Register aufgenommen werden (näher VIII. 1.) und nach Art. 9 Abs. 3 nur die Aufnahme sensibler Dokumente zustimmungsabhängig ist, müssten unabhängig von der Verweigerung der Zustimmung nach Art. 4 Abs. 5 oder eines „klaren" Falles der Nichtverbreitung nach Art. 4 Abs. 4 alle Drittdokumente im Register geführt werden, die nicht sensibel sind. Dabei 134 Siehe Art. Abs. 4. Danach sollte die Zustimmung des Mitgliedstaates nur dann erforderlich sein, wenn er dies bei der Übermittlung des Dokuments erklärt. 135 Erlaubt sein sollte, vorab das Organ zu „ersuchen" (Art. 4 Abs. 5), später die Zustimmung einzuholen und dadurch einen Direktzugang und im Falle eines klaren Ergebnisses nach 4 Abs. 4 die Freigabe auszuschließen. 136 Denkbar wäre ein Zeitraum von 5 Jahren, den die Sicherheitsbestimmungen des Rates (Teil II Abschnitt III Nr. 10) für die Neubewertung eines Geheimschutzgrades vorsehen, spätestens jedoch nach 30 Jahren (Art. 4 Abs. 7). 137 Diesem Vorwurf unterliegt auch Art. 12 Abs. 1. Eine negative Bewertung des direkten Zugangs sollte periodisch überprüft werden. In jedem Fall verbleibt bei direkt zugänglichen Dokumenten der herkömmliche Antrag nach dem Rest des Dokuments.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
dürfen nicht die in Art. 4 geschützten Interessen beeinträchtigt werden (Art. 11 Abs. 2). Insgesamt betrachtet erschweren zwei Punkte die Handhabung von Drittdokumenten: die Unterscheidung in Art. 4 Abs. 4 und 5 zwischen Dokumenten der Mitgliedstaaten und sonstigen Dritten und die Möglichkeit, in „klaren" Fällen vom vorgesehenen Verfahren abzuweichen. Berücksichtigt man die dritte Vorgehensweise bei „sensiblen Dokumenten" und die ausdifferenzierte Struktur der Ausnahmen, stellt sich die Bearbeitung von Zugangsanträgen als komplexe Aufgabe dar. Dadurch steigen Bearbeitungsaufwand und -zeit, gegebenenfalls wird die Entscheidung an höherrangige Stellen weitergeleitet. Die Komplexität beruht darauf, dass im Gesetzgebungsverfahren ein Kompromiss zwischen Rat und Parlament gefunden werden musste, um ein Höchstmaß an Zugang zu erreichen, und sollte als das kleinere Übel im Verhältnis zu einer restriktiven Verordnung betrachtet werden.
c) Verhältnis zu speziellen Zugangsrechten in bestimmten Bereichen (Art. 2 Abs. 6, Erwägung 12) Die Verordnung trifft in Art. 2 Abs. 6 keine grundsätzliche Regelung über das Verhältnis zu lex specialis-Vorschriften, sondern nur bezogen auf internationale Abkommen, die für die Gemeinschaft rechtsverbindlich sind. Gedacht war an die sog Aarhus-Konvention 138 , bei der die Gemeinschaft eine einschränkende Erklärung abgegeben hat, um Konflikte mit dem dort weitergehenden Zugangsrecht zu vermeiden. 139 Trotz der positiv gewählten Ausdrucksweise, 138 Die UN/ECE-Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten („Aarhus - Konvention") vom 25.6.1998 ( I L M 1999, 517 und Beilage Nr. III/2001 zu Heft 3/2001 der NVwZ) stellt einen Mindeststandard dar, der keine innerstaatlichen Vorschriften verdrängt. Für die Bürger sollen ausschließlich Verbesserungen ihrer Rechtsstellung erreicht werden (Art. 3 Abs. 5, 6). Dazu Scheyli, AVR 2000, 217 ff. und Wilsher, EPL 2001, 671 ff. 139
Unter http://www.unece.org/env/pp/ctreaty.htm: „... the community institutions will apply the Convention within the framework of their existing and future rules on access to documents and other relevant rules of Community law in the field covered by the Convention. The Community will consider whether any further declarations will be necessary when ratifying the Convention for the purpose of its application to Community institutions." Zwei parallele Zugangsregime mit unterschiedlicher Weite werfen schwierige Abgrenzungsfragen auf, wann „Umweltinformationen" und wann „allgemeine Informationen" nachgefragt werden. Vgl. den Vorschlag des EP, die Neufassung der UIRL auf Gemeinschaftseinrichtungen auszudehnen (Änderung 14 in A5-0074/2001 endg. vom 28.2.2001), von der Kommission verworfen (KOM(2001) 303 endg., ABl. 2001 C 240 E/289 unter 3.4).
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wonach die Verordnung Rechte aus internationalen Übereinkünften oder Durchführungsakten der Gemeinschaft nicht berührt, sichert sie insoweit keinen Mindeststandard. Ein restriktiverer völkerrechtlicher Vertrag würde daher unberührt von der Verordnung bleiben, nach Art. 300 Abs. 7 EG aber Vorrang beanspruchen und das Zugangsrecht begrenzen, etwa das Sicherheitsübereinkommen mit der N A T O 1 4 0 oder anderen Drittstaaten 141. Nicht angesprochen wird in Art. 2 Abs. 6 das Verhältnis zu restriktiveren oder weitergehenden Spezialvorschriften des Gemeinschaftsrechts. Denkbar wäre der Vorrang der lex specialis Regelung gegenüber der allgemeinen Verordnung, die andererseits einen Mindeststandard etablieren könnte, der restriktive Spezialvorschriften verdrängt. Der wortgetreue Umkehrschluss des Art. 2 Abs. 6 („Die VO berührt das Recht auf Zugang, das sich nicht aus internationalen Übereinkünften ergibt.") spricht für einen Mindeststandard. 142 Deutlicher ist Erwägung 12, wonach „alle Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten der Organe" im Einklang mit der Verordnung stehen sollen. „Bestimmung" in diesem Sinne sind nicht nur die in Erwägung 17 und Art. 18 Abs. 1, 2 genannten internen Vorschriften der Organe, sondern alle von ihnen erlassenen Spezialvorschriften. Andernfalls hätte der Wortlaut „alle Bestimmungen der Organe über den Zugang zu Dokumenten" heißen müssen. Zusätzlich kann Art. 18 Abs. 3 herangezogen werden, wonach alle „geltenden Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten" auf ihre Vereinbarkeit mit der Verordnung überprüft werden müssen. Auch die Entstehungsgeschichte der Erwägung 12 spricht für einen Mindeststandard: Nach Ansicht der Kommission sollte die Verordnung keine Anwendung finden, wenn Spezialvorschriften bestehen.143 Das Parlament strebte einen Vorrang der Verordnung vor restriktiveren Spezialvorschriften an, wobei eine Reihe von Vorschriften im Anhang weitergelten sollte. 144 Der Rat sah wie die Kommission zunächst einen Vorrang der Spezialvorschriften vor, während Dänemark, Schweden und Finnland für einen Mindeststandard plädierten. In späteren Ratsentwürfen fehlt innerhalb der Artikel eine Aussage über das Verhältnis zu Spezialvorschriften, gleichzeitig wurde
140 Beschluss 2003/211/GASP vom 24.2.2003 über den Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und der NATO über den Geheimschutz, ABl. 2003 L 80/35 f. 141 Siehe dazu http://www.statewatch.org/news/2003/dec/06euclassified.htm und Dok. 6847/1/03, 11255/03 und 13250/03. 142 So die Empfehlung in HoL, Public Access Tz. 71, 72 zum Kommissionsentwurf. Fragend de Leeuw, ELRev 2003, 324 (330), die sonst einen Verstoss gegen die bisherige Rechtsprechung des EuG annimmt. 143 Art. 2 Abs. 2 Satz 2 KOM(2000) 32 endg./2. 144 Ähnlich der Vorschlag in HoL, Public Access, Tz. 69. Diese umständliche und später verworfene Lösung hätte es erschwert, neue einschränkende Regelungen zu erlassen, da der Anhang der Verordnung mitgeändert werden müsste.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Erwägung 12 eingefügt. Im Trilog ersetzte der Rat sie zeitweise durch die deutlichere Fassung des Parlaments: „This regulation is without prejudice to specific rules which grant the applicant wider access to documents",
am Ende setzte sich jedoch seine Formulierung durch („sollen im Einklang stehen" statt „müssen"). Für einen Mindeststandard spricht auch die primärrechtliche Verankerung in Art. 255 EG durch den Amsterdamer Vertrag, die implizit zum Ausdruck bringt, dass der bestehende Standard des Zugangs zu Dokumenten nicht beschnitten, sondern im Gegenteil ein Fortschritt erzielt werden soll. 145 Die Verordnung selber nennt in Art. 1 a) als obersten Zweck, die Grundsätze und Einschränkungen so festzulegen, „dass ein größtmöglicher Zugang gewährleistet ist". Dem entspräche, einen Mindeststandard des Zugangs festzulegen, der nicht unterschritten werden darf. Andernfalls könnten später erlassene Regelungen außerhalb des Mitentscheidungsverfahrens, das Art. 255 Abs. 2 EG für die VO vorsieht, das Zugangsrecht in unabsehbarer Weise wieder einschränken. 146 Schließlich sah die bisherige Rechtsprechung in den Rechtssachen Interporc II und JT's Corporation vor, dass allgemeine und spezielle Zugangsvorschriften nebeneinander anwendbar sind, d.h. das jeweils günstigere Zugangsregime zum Zuge kommt. 147 Die VO (EG) Nr. 1049/2001 bildet also unterhalb der Ebene internationaler Übereinkünfte einen Mindeststandard beim Zugang zu Dokumenten. Mehr als 120 Spezialvorschriften wurden nach Art. 18 Abs. 3 auf ihre Vereinbarkeit mit der Verordnung überprüft, wobei die Kommission bedauerlicherweise die Bestimmungen nicht auffuhrt. Anpassungen waren nicht erforderlich. 148
d) Der Dokumentbegriff (Erwägung 11, Art. 3 a)) Nach Erwägung 11 sollten grundsätzlich alle Dokumente der Organe zugänglich sein. Der Begriff des „Dokuments" wird in Art. 3 a) näher bestimmt. 149 145
Lenz /Hetmaier, Art. 255 Rn. 6; HoL, Public Access, Tz. 68. Ihr Rechtscharakter müsste über eine bloße Verwaltungspraxis oder Änderungen interner Vorschriften hinausgehen (Art. 18 Abs. 1 Satz 1, Erwägung 12). 147 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 44, 45; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 50. So auch Bock, DÖV 2002, 556 (561); Riemann, Transparenz, S. 270 zum Nebeneinander von Zugangsrecht und Akteneinsichtsrecht. 148 KOM(2003) 216 endg., unter 1.5. und KOM(2004) 45 endg., unter 3.10. Ein Verzeichnis der geprüften Klauseln wurde dem Parlament und Rat am 23.9.2003 im Rahmen des interinstitutionellen Ausschusses nach Art. 15 Abs. 2 übergeben. 149 Zur Abgrenzung von Dokument und Information siehe Dritte Abschnitt Β. I. 7. c); zur Abgrenzung zum Auskunftsanspruch Erster Abschnitt Α. I. 146
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Die Definition ist zweigeteilt. Der erste Teil ist entsprechend dem Zweck der Verordnung, größtmöglichen Zugang zu gewähren (Art. 1 a)), sehr weit und erfasst alle Inhalte oder Informationen unabhängig von der Form des Speichermediums. 150 Auch elektronische Formen werden erfasst, ζ. B. E-Mails 1 5 1 , die folglich auch in einem vollständigen Dokumentregister erscheinen müssten. In der Praxis wird das aufgrund der Flüchtigkeit und fehlenden Offizialität nicht geschehen. Anwendbar ist jedenfalls die Ausnahme des Art. 4 Abs. 3, die den Organen einen „space to think" garantiert. 152 Der Wortlaut ist weit genug, um Informationen zu erfassen, die über mehrere Schriftstücke oder Speichermedien verstreut sind. In diesem Fall erfolgt ein Zugang zu allen Dokumenten, keine informationsbezogene Auskunft. Nicht erfasst werden „potentielle Dokumente", die tatsächlich noch nicht existieren und erst aus einer vorhandenen Datenmenge, ζ. B. durch Suchoperationen mit dem Computer, erstellt werden. Der weite Wortlaut ist nicht eindeutig, jedoch entsteht ein „Inhalt", im Sinne einer aus sich heraus verständlichen Information mit einem Aussagegehalt, erst durch die Verknüpfung der Rohdaten, die damit selbst nicht zugangsfähig sind. Eine Pflicht der Verwaltung, über die Zugangsgewähr zu bestehenden Inhalten hinaus aktiv Informationen zu beschaffen und zu erstellen, besteht (auch entstehungsgeschichtlich) nicht 153 , obwohl die teilweise Zugangsgewähr und Überprüfung auf Ausnahmen unter Umständen mehr Aufwand verursacht und die Bedeutung mit der zunehmenden Digitalisierung von Daten zunehmen wird. Die Organe sind an der Erstellung nicht gehindert, hierzu aber nach Art. 255 EG nicht verpflichtet. Umgekehrt kann die Vernichtung von Dokumenten einen Verstoss gegen den Grundsatz einer guten Verwaltungspraxis darstellen, wenn dadurch das Zugangsrecht vereitelt wird. Bestreitet ein Organ, dass ein Dokument tatsächlich existiert, begründet das ei-
150 Ζ. B. Tonaufnahmen von Ratstagungen, wenn die danach angefertigten offiziellen Protokolle nur die Ergebnisse wiedergeben (Sobotta, Transparenz, S. 352, 420 Fn. 2240). Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 12. So auch die bisherigen Zugangsbeschlüsse trotz der unglücklichen Bezugnahme auf „Schriftstücke unabhängig vom Datenträger" (Mitteilung der Kommission ABl. 1994 C 67/5; Roger, DVB1. 1994, 1182 (1183), Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 (155)); Art. 2 Abs. 3 Aarhus Konvention: alle Informationen in materieller Form. 151
Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 12; Riemann, Transparenz, S. 135. Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 12 regt an, den Begriff „erstellt" dahin auszulegen, dass das Dokument einen gewissen Grad an Offizialität geniesst, weist jedoch zu Recht auch auf die Gefahren einer restriktiven Interpretation hin. 153 Entscheidend ist bei Datenbanken, ob bestehende Informationen mit Hilfe von Routineoperationen verfugbar gemacht werden können oder die Erstellung neuer Computerprogramme zur Aussortierung der Daten erforderlich wäre. ABl. 1993 C 156/8 unter 2.2.; ABl. 1993 C 166/9 Nr. 10; Roger DVB1. 1994, 1182 (1183); Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 13; Riemann, Transparenz, S. 137. 152
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ne einfache Vermutung, die der Antragsteller in jeder Weise durch stichhaltige und übereinstimmende Indizien widerlegen muss. 154 Gegenüber dem ersten Teil verdunkelt der zweite Satzteil die Definition, da er den Inhalt auf Sachverhalte aus dem „Zuständigkeitsbereich des Organs" beschränkt, ohne ihn näher zu bestimmen.155 Da sein Zweck entstehungsgeschichtlich unklar ist, seine zentrale Stellung bei der Definition des Dokuments aber große Risiken in sich birgt, sollte sein Anwendungsbereich sehr eng verstanden werden und nur nicht-offizielle Dokumente privater Natur ausschließen, die nicht in Ausübung der Amtstätigkeit angefertigt oder empfangen wurden (vgl. Art. 1 Abs. 2 a) der VO 354 und 359/83 über die Freigabe historischer Archive 1 5 6 ). 1 5 7 In Ausübung seiner Amtstätigkeit handelt der Amtsträger auch, wenn er bewusst oder irrtümlich seine Zuständigkeit überschreitet. 158 Sind offizielle Dokumente über Tätigkeiten außerhalb seiner Zuständigkeit im Besitz des Organs, besteht aus Kontrollgründen ein um so größeres Interesse der Öffentlichkeit an der Freigabe. 159 Könnte das Organ unter Rückgriff auf seine fehlende Zuständigkeit den Dokumentstatus ablehnen, entfiele der Anspruch auf Zugang nach Art. 2 Abs. 1. Das Organ wäre weder verpflichtet, ein Antragsverfahren einzuleiten, mit der Möglichkeit, einen Zweitantrag zu stellen oder Rechtsschutz zu suchen, noch dem Bürger bei der Suche nach dem zuständigen Organ zu helfen. Einer Begründung für die Ablehnung des Zugangs bedürfte es mangels Verfahrenseinleitung nicht. Der zweite Teil der Definition wäre ein potentielles Einfallstor für Missbrauch durch die Organe, jedenfalls aber ein behinderndes Element, weil das Organ bei jedem Antrag Erwägungen über seine Zuständigkeit anstellen muss. Zieht man für den zweiten Teil von Art. 3 a) keine engen Grenzen, ergibt sich auch ein Widerspruch zu Art. 2 Abs. 3, wonach „Dokument eines Organs" die Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen in seinem Besitz sind und nicht nur solche aus seinem Zuständigkeitsbereich. Befindet sich ein „Dokument" im Sinne des ersten Teils der Definition im Besitz eines Organs (erstellt oder zugegangen), fällt es automatisch in seine Zuständigkeit. Selbst wenn es irrtümlich dorthin gelangt ist, beseitigt das nicht den Do-
154 Siehe Dritter Abschnitt B. 8. h). Rs. T-311/00, 25.6.2002 British American Tobacco International (Investments) Ltd. /Kommission (BAT II) Slg. 2002 11-2781 Tz. 35; Rs. T-l23/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 58. 155 Kritisch auch Wegener, in: Calliess / Ruffert, Art. 255 Rn. 11 und Epiney, in: Fluck/Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 37. 156 ABl. 1983 L 43/1, ABl. 1983 L 43/14, geändert durch die VO (EG, Euratom) Nr. 1700/2003 vom 23.9.2003, ABl. 2003 L 243/1. 157 So auch Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 14; Riemann, Transparenz, S. 136. 158 Vgl. HoL, Public Access, Tz. 87, 88 zum Kommissionsentwurf. 159 So auch Riemann, Transparenz, S. 136.
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kumentstatus, denn das Organ wäre zumindest verpflichtet, es der zuständigen Stelle zuzuleiten. Bei einem zufällig zeitgleich eingegangenem Antrag müsste das Organ wenigstens die zuständige Stelle benennen. Allgemein wirkt der zweite Teil des Art. 3 a) wie eine Ausnahme vom Grundsatz des Rechts auf Zugang zu Dokumenten und muss daher eng ausgelegt und angewandt werden. 160 Die zu vernachlässigende Bedeutung wird durch seine Entstehungsgeschichte bestätigt 161 : Ursprünglich wurde der Satzteil von der Kommission ausschließlich als Erläuterung des umstrittenen Begriffs des „Verwaltungsdokuments" eingeführt. Der Entwurf vom Oktober 1999 unterschied zwischen einem Dokument (1.2. „any medium containing data") und einem Verwaltungsdokument (1.3. „documents concerning matters relating to the policies, actions and decisions falling within the field of competence of the institution"). Im November 1999 wurden die beiden Absätze zusammengefasst, durch ein Semikolon aber inhaltlich klar getrennt. Im Januar 2000 wurde die Formulierung geändert („field of competence" zu „sphere of responsibility"). Die gleichzeitige Ergänzung: „excluding texts for internal use ..." verdeutlicht den beabsichtigen Zweck: Außerhalb des „Zuständigkeitsbereichs des Organs" liegen interne und vorbereitende Dokumente. Das Parlament strich in seinem Entwurf vom November 2000 den umstrittenen Begriff des „Verwaltungsdokuments", behielt aber den damit zusammenhängenden Satzteil „within the institution's sphere of responsibility" davon losgelöst bei. Zugleich entfiel ohne Begründung das Semikolon, so dass er nun Bestandteil des allgemeinen Dokumentbegriffs war. Der Rat verwarf ebenfalls den Begriff des „Verwaltungsdokuments" und seit Dezember 2000 auch die Worte „within the institution's sphere of responsibility". Die Passage wurde erstmals wieder im April 2001 in Angleichung an die Parlamentsfassung aufgenommen. Damit handelt es sich um ein politisches Zugeständnis an das Parlament, das seinerseits den ursprünglichen Sinn der Passage aus den Augen verloren hat.
e) Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich des EAGund des EGKS-Vertrages (Erwägung 5, Art. 2 Abs. 3) Weder der EAG- noch der EGKS-Vertrag enthalten eine Art. 255 EG vergleichbare Regelung. Bislang ergab sich eine Anwendung aus der Tatsache, dass die Geschäftsordnungsartikel als Rechtsgrundlage der Zugangsbeschlüsse sich in allen drei Verträgen finden. 162 Auf eine Anwendung deuten auch die 160
Näher Dritter Abschnitt Β. I. 4. a). Näher Vierter Abschnitt A. 162 Rat: Art. 207 Abs. 3 EG, Art. 30 Abs. 3 EGKS, Art. 121 EA; Kommission: Art. 218 Abs. 2 EG, Art. 16 Abs. 1 EGKS, Art. 131 Abs. 2 EA; Parlament: Art. 199 EG, Art. 25 EGKS, Art. 111 EA. 161
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Kürzel im Titel der Zugangsbeschlüsse, die angeführten Rechtsgrundlagen und das Fehlen einer Einschränkung. 163 Seit dem Amsterdamer Vertrag liegt eine Anwendung aus dem Transparenzgrundsatz in Art. 1 Abs. 2 EU nahe, der alle drei Verträge überwölbt. Nach Art. 2 Abs. 3 gilt die Verordnung für Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, d.h. allen drei Verträgen. Nach Erklärung Nr. 41 zum Amsterdamer Vertrag 164 , die Erwägung 5 der Verordnung wörtlich wiederholt, sollen sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission, wenn sie aufgrund des EGKS oder des EA handeln, von den im Rahmen des EG geltenden Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten leiten lassen. Die Worte „leiten lassen" deuten daraufhin, dass Abweichungen aus der Natur der Verträge möglich sind, etwa bei der Abwägung im Rahmen der Ausnahmen. Konkrete Anwendungsfälle sind nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung reicht es für die Anwendung des EG im Rahmen des EGKS und EA aus, dass diese keine entgegenstehenden Regeln besitzen.165 Das ist nach Art. 24 EA und der darauf gestützten VO Nr. 3 nur für Euratom-Verschlusssachen der Fall. 1 6 6
f) Zugang zu Dokumenten aus dem Bereich GASP und PJZS (Erwägung 7, Art. 2 Abs. 3) Seit dem Amsterdamer Vertrag erklären Art. 28 Abs. 1 und 41 Abs. 1 EU den Art. 255 EG für die Titel V anwendbar. Die Verordnung, die nach Art. 2 Abs. 3 für Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union gilt, erfasst damit Dokumente aus dem Bereich der GASP und der PJZS (Erwägung 7). Das war bereits durch die Rechtsprechung in den Rechtssachen Carvel , Svenska
163 Dazu Wölker, Transparenz, S. 107; Beschluss der Kommission 94/90/EGKS, EG, Euratom und Beschluss des Parlaments 97/632/EGKS, EG, Euratom. Der Rat stützt seinem Ursprungsbeschluss nur auf den EGV (Beschluss des Rates 93/731/EG). Anders und richtig aber sein Änderungsbeschluss 96/705/EGKS, EG, Euratom. 164 ABl. 1997 C 340/140, Erklärung zu den Vorschriften über die Transparenz, den Zugang zu Dokumenten und die Bekämpfung von Betrügereien. 165 Rs. 328/85, 15.12.1987 Deutsche Babcock / Hauptzollamt Lübeck-Ost Slg. 1985, 5119 (unter Bezugnahme auf Art. 305 Abs. 1 EG zum EGKS. Gleiches gilt über Art. 305 Abs. 2 EG für den EA.). Feral, Europe 7/2001 No. 6, 5 (6); Riemann, Transparenz, S. 151; kritischer Bock, DÖV 2002, 556 (560). KOM(2004) 45 endg., 2.3.2. 166 ABl. 1958 L 17/46.
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Journalistförbundet und Hautala geklärt 167 und verständlich, da in allen drei Säulen dieselben Organe handeln (Art. 5 EU). 1 6 8
g) Zugang zu veröffentlichten Dokumenten (Art. 10 Abs. 2) Der Zugang zu veröffentlichten Dokumenten wird beim Anwendungsbereich der Verordnung in Art. 2 nicht gesondert erwähnt. Nach Art. 2 Abs. 3 gewährt die Verordnung daher auch Zugang zu veröffentlichten Dokumenten. Art. 10 Abs. 2 sieht jedoch die Möglichkeit einer abweichenden Art der Zugangsgewähr vor: Ist das Dokument bereits von dem jeweiligen Organ freigegeben und für den Antragsteller problemlos zugänglich, kann das Organ sich darauf beschränken, ihn zu informieren, wie es erhältlich ist. 169 Dabei handelt es sich um einen Kompromiss: Die Kommission schloß, angelehnt an die Rs. Karl L. Meyer 110, Dokumente, die veröffentlicht oder anderweitig öffentlich zugänglich waren, vom Geltungsbereich der Verordnung aus 171 , während das Parlament die Pflicht zur Zugangsgewähr auf veröffentlichte Dokumente erstreckte 172. Der Rat bezog veröffentlichte Dokumente in den Anwendungsbereich mit ein, ließ die Zugangsgewähr aber mit Blick auf seine Praxis, direkten Zugang über das elektronische Ratsregister zu gewähren, durch einen Verweis auf das Dokumentregister im Internet erfüllen. Die in der Verordnung gewählte Lösung führt in der Praxis zu demselben Ergebnis wie der Beschluss in der Rs. Karl L. Meyer, wird dem Grundsatz größtmöglichen Zugangs durch einen weiten Dokumentbegriff im Ausgangspunkt aber besser gerecht. Die Möglichkeit, die Freigabepflicht auf eine Informationspflicht zu reduzieren, verneint nicht das Zugangsrecht zu diesen Dokumenten, sondern bezieht aus Effizienzgründen den Antragsteller in den Zugangsprozess mit ein. Die Formulierung „Freigabe" des Dokuments ist allgemeiner und weiter als der zunächst verwendete Begriff der „Veröffentlichung" des Dokuments. Neben
167 Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 81 ff.; Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 41 f.; implizit schon aus der Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 11-2765. Siehe auch Dritter Abschnitt Β. I. 8. a). 168 Thun-Hohenstein, Amsterdam, S. 100 hält eine direkte Anwendung aufgrund des Verfassungscharakters bzw. der subsidiären Relevanz des EGV für die beiden anderen Gemeinschaftsgründungsverträge für möglich. 169 Ähnlich Art. 4 Abs. 1 b) ii) Aarhus-Konvention. 170 Rs. T-l06/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer /Kommission Slg. 1999 11-3275 Tz. 39. 171 Art. 2 Abs. 2 Satz 1 KOM(2000) 32 /endg. 2. 172 Art. 2a Abs. 1 PE 285.961 vom 16.11.2000.
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der Veröffentlichung im Amtsblatt 173 und über das Amt für Veröffentlichungen der Gemeinschaft mit der Möglichkeit eines käuflichen Erwerbs 174 sind auch sonstige Formen erfasst, durch die Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, insbesondere die Wiedergabe auf Webseiten im Internet und der direkte Zugang über ein elektronisches Dokumentregister. 175 Das Amtsblatt ist seit dem 1. Januar 2002 (ab Jahrgang 1998) kostenfrei im Internet zugänglich. 176 Wird ein Dokument auf Antrag freigegeben und als Kopie zugesandt, nicht jedoch ins Internet eingestellt, kann das Organ spätere Antragsteller nicht an den vorherigen verweisen. Kumulative Voraussetzung ist, dass das Dokument für den Antragsteller „problemlos" zugänglich ist. Das ist aus Zeit- und Kostengründen nicht der Fall, wenn er von sich aus Kontakt mit früheren Antragstellern aufnehmen muss, die ihrerseits zu keinerlei Hilfe verpflichtet sind. Freigegeben und problemlos zugänglich sind nur Dokumente, auf die ein sofortiger Zugriff möglich ist. Der Hinweis auf eine Veröffentlichung in naher Zukunft ist nicht ausreichend. 177 Der Befürchtung, dass kommerziell verwertbare Informationen im Vorfeld (systematisch) kostenlos nachfragt werden, trägt Art. 16 Rechnung. Ist ein Dokument nur in einer anderen Sprachfassung freigegeben worden, bleibt es „problemlos zugänglich", denn die Voraussetzung bezieht sich auf das Erlangen, nicht das inhaltliche Verstehen des Dokuments. Form und Fassung des freizugebenden Dokuments richten sich nach Art. 10 Abs. 3. 1 7 8 Das Dokument muss „für den Antragsteller" problemlos zugänglich sein. Die individuelle Betrachtung kann zu einer abweichenden Beurteilung führen. Der Zugriff auf Dokumente über das Internet setzt ζ. B. voraus, dass der Antragsteller einen Internetanschluss besitzt und mit den Funktionen des Internet vertraut ist, was trotz fortschreitender Entwicklung nicht selbstverständlich ist. 179 Bei 173
Zu vernachlässigen ist, dass den Dokumenten im Amtsblatt spezifische interinstitutionelle Referenznummern fehlen, die eine exakte Verortung im Gesetzgebungsprozess ermöglichen. 174 Siehe die Entscheidung des Bürgerbeauftragten in der Beschwerde 1424/2000/MM vom 31. Dezember 2001. 175 Näher unter VIII. 2. 176 Siehe dazu Dok. 14566/01 vom 28.11.2001. 177 Nach Art. 4 Abs. 2 des ehemaligen Zugangsbeschlusses des Rechnungshofes (ABl. 1998 C 295/1) musste sich der Antragsteller an das Amt für amtliche Veröffentlichungen wenden, wenn das beantragte Dokument innerhalb von 12 Monaten veröffentlicht werden soll. 178 Zum Anspruch auf eine bestimmte Sprachfassung oder Übersetzung näher VI. 2. 179 Feik Transparenz, S. 298 Fn. 713. Hier müssten andere Informationskampagnen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten greifen, die ζ. B. über öffentliche Bibliotheken jedem einen preiswerten Zugang zum Internet und die Möglichkeit von Ausdrucken gewährleisten. Siehe auch HoL, Public Access, Tz. 63 und Art. 5 Abs. 2 und 3 der Aarhus-Konvention.
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veröffentlichten Dokumenten wird der Antragsteller auf den käuflichen Erwerb verwiesen oder an eine Dokumentations- oder Informationsstelle 180; nach Art. 10 Abs. 1 trägt er die Kosten fur Anfertigung und Übersendung. Die anfallenden Kosten werden als hinnehmbare Belastung angesehen und bilden damit auch einen Maßstab fur die „problemlose" Zugänglichkeit über das Internet, wenn es mit Kosten (kommerzielle Internetcafes, Bibliotheken mit Gebühren) verbunden ist. Da der Antragsteller keine Angaben über sich oder seine Beweggründe anzugeben braucht, bleibt die individuelle Beurteilung seiner Zugriffskapazitäten durch die Gemeinschaftsorgane sehr schwierig. In Anlehnung an die Rs. BAT wäre denkbar, individuelle Zugangsprobleme nur zu berücksichtigen, soweit sie mitgeteilt und bekannt sind, offensichtliche Gründe jedoch in jedem Fall. 181 Möglich sind grobe Kategorisierungen bei Anwälten, Unternehmen und NGO's (den derzeitigen Hauptanwendern des Zugangsrechts), bei denen eine technische Grundausstattung vorausgesetzt werden darf. Insgesamt bleibt der Begriff „problemlos zugänglich" deutungsoffen und missbrauchsanfällig. Für einen Antragsteller wird es schwierig sein, einen Prozess darüber zu führen, dass ihm der Zugang nicht leicht möglich war. Die Information, die Art. 10 Abs. 2 vorsieht, wird sich in der Praxis auf Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentregister nach Art. 6 Abs. 2 beschränken. Findet kein direkter Zugang über das Register statt, ist dort nach Art. 12 Abs. 4 „möglichst genau" anzugeben, wo das Dokument aufzufinden ist.
I I I . Ausnahmen I. Zur Struktur der Ausnahmeregelung (Art. 4 Abs. 1, 2, 3) Die Weite einer Ausnahmeregelung lässt sich an drei charakteristischen Merkmalen ablesen182: Zwingende Ausnahmen, bei denen der Zugang verweigert werden muss, sind enger als ermessensabhängige Ausnahmen, die zusätzlich eine Abwägung zwischen dem Zugangsinteresse und dem geschützten Interesse voraussetzen. Ausnahmen, die einen mehr oder weniger strengen „harm test" (Schadensnachweis) vorsehen, also den Nachweis einer tatsächlichen
180 So etwa der „Kodex für gute Verwaltungspraxis in den Beziehungen der Bediensteten der Europäischen Kommission zur Öffentlichkeit", ABl. 2000 L 208/26 im Anhang der GO unter 4. 181 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International /Kommission, Slg. 2001 11-2997 Tz. 42, 44, 45 (zur Berücksichtigung eines besonderen Zugangsinteresses). 182 Vgl. McDonagh, IJEL 2000, 216 (225 f.) anhand des irischen FOIA und Cornford WebJCLI 3/2001 unter „The Point and Meaning of FOI" zum britischen FOIA.
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Schädigung geschützter Interessen durch die Freigabe, sind Ausnahmen vorzuziehen, die lediglich die Berührung oder Möglichkeit einer Verletzung bestimmter Interessen verlangen und den Organen damit größeren Spielraum einräumen. Schließlich sind Ausnahmen enger, wenn sie einen „public interest override" (überwiegende öffentliche Interessenklausel, nachfolgend PIO) enthalten, d.h. die Möglichkeit, dass trotz der Berührung oder Schädigung geschützter Interessen in bestimmten Fällen aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses an der Offenlegung der Dokumente eine Freigabe erfolgt (z. B. treten kommerzielle Interessen von Lebensmittelherstellern bei Verunreinigungen und Krankheiten in der Nahrungsmittelkette hinter das öffentliche Interesse an Aufklärung über Gesundheitsfolgen 183). Dabei kann eine PIO so formuliert sein, dass die Regel für m oder gegen eine Freigabe 185 spricht, was die Beweislast entsprechend verteilt. Betrachtet man anhand dieser Grobstruktur die Ausnahmen der Art. 4 Abs. 1, 2 und 3, ist Art. 4 Abs. 1 die engste Ausnahme. Sie ist zwingend ausgestaltet („verweigern"), unterliegt einem einfachen „harm test" („beeinträchtigt" 186 ) und kennt keine PIO. 1 8 7 Art. 4 Abs. 2 ist zwingend ausgestaltet und unterliegt einem einfachen „harm test". Hinzugekommen ist eine PIO, deren Regel gegen eine Freigabe spricht: „Die Organe verweigern den Zugang, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse."
Damit ist Art. 4 Abs. 2 potentiell weiter als Art. 4 Abs. 1, d.h. der Schutz der dort aufgeführten Interessen geringer. Art. 4 Abs. 3 ist ebenfalls zwingend ausgestaltet, unterliegt einem verschärften „harm test" („ernstlich beeinträchtigt") und einer PIO, deren Regel ebenfalls gegen eine Freigabe spricht. Art. 4 Abs. 3 ist folglich potentiell weiter als Art. 4 Abs. 1 und 2. 1 8 8
183 Siehe Art. 10; 38; 39 Abs. 1, 3 der VO (EG) 178/2002 vom 28.1.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. 2002 L 31/1 und § 6 Abs. 2 Verbraucherinformationsgesetz-Entwurf, http://www.bundesregierung.de/Anlage253242/Entwurffdes +Verbraucherinformationsgesetzes.pdf. 184 Das Dokument ist freizugeben, außer der Schutz bestimmter Interessen überwiegt das öffentliche Interesse. 185 Das Dokument ist zu verweigern, außer das öffentliche Interesse überwiegt den Schutz bestimmter Interessen. 186 Kommission und Parlament sahen einen verschärften Schadensnachweis vor („ernstlich beeinträchtigt"). Der Rat setzte jedoch einen einfachen Schadensnachweis durch, wie ihn die bisherigen Zugangsbeschlüsse vorsehen. 187 Unverständlich Partsch, NJW 2001, 3154 (3157), der es aufgrund der „editorischen Anordnung" für klar hält, dass auch Art. 4 Abs. 1 einer PIO unterliegt. 188 Die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 4 der Aarhus-Konvention sind abschließend und fakultativ („kann abgelehnt werden"), verbunden mit einem vereinfachten „harm test"
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Die zwingende Ausgestaltung von Art. 4 Abs. 1 bis 3, beruht auf den Schwierigkeiten der Organe bei der Umsetzung des Urteils in der Rechtssache Carvel zur Anwendung der ermessenabhängigen Ausnahme. Eine Abwägung mit dem individuellen Interesse des Antragstellers war mangels Offenlegungspflicht nicht möglich. 189 Infolgedessen hat der Rat nach eigenen Angaben zunehmend auf die zwingenden Ausnahmen, an Stelle der fakultativen, zurückgegriffen. 190 Sie besitzen für den Anwender größere Klarheit und werden vom Ziel größtmöglicher Zugangsgewähr nicht ausgeschlossen, da die Weite sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt. Die Kombination einer ermessensabhängigen Ausnahme mit einem tatsächlichen Schadensnachweis, wie in Art. 4 Abs. 1, 2 und 3, ist problematisch, weil im Fall der (ernstlichen) Beeinträchtigung schützenswerter Interessen das Ermessen regelmäßig reduziert sein wird. 1 9 1 Eine Abwägung des öffentlichen Interesses am Zugang mit den zu schützenden Interessen ist jedoch bei Art. 4 Abs. 2 und 3 im Rahmen der PIO erhalten geblieben. 192 Die Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Freigabe hat sich zu einer der schwierigsten Aufgaben unter der VO (EG) Nr. 1049/2001 entwickelt, vergleichbar mit der Anwendung der ermessensabhängigen Ausnahme der Beschlüsse 93/731 und 94/90. Zum einen ist es schwierig festzustellen, wann genau ein Antragsteller ein öffentliches Interesse geltend macht und nicht ein privates Interesse als Einzelperson. Zum zweiten muss das öffentliche Interesse an der Freigabe die schützenswerten Interessen überwiegen. 193 Der konturenlose Begriff des öffentlichen Interesses wird weder in der Verordnung noch in den
(„wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte"). Zusätzlich besteht ein PIO („das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe ... [ist] zu berücksichtigen"). Ausdrücklich festgehalten wird, dass die Ausnahmen eng auszulegen sind. Siehe Scheyli, AVR 2000, 233 ff. Zu einem „Textstufenvergleich" des Kodex 93/730, der AarhusKonvention und der UIRL: Sobotta, Transparenz, S. 394 f., zu einem Rechtsvergleich der Eingriffsschwelle in mitgliedstaatlichen Zugangsregeln dort S. 396 ff. 189 Deutlich geworden in der Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco / Kommission Slg. 2001 11-2997. 190 Zweiter Zweijahresbericht 1996/97 unter 3.2. b); Dritter Zweijahresbericht 1998/99 unter 2.; Statistisch lässt sich das nicht belegen: 1994/95: 44%; 1996/97: 68%; 1998: 51%, 1999: 30%; 2000: 33,1%; 1. Halbj. 2001: 46,3%. 191 Weniger zwingend ist das bei der Aarhus-Konvention, die „negative Auswirkungen" genügen lässt (Art. 4 Abs. 4). 192 Partsch, NJW 2001, 3154 (3156) interpretiert Art. 4 Abs. 2 daher insgesamt als Ermessensvorschrift, ebenso Williams, ELNI 2/2001, 3 (6). Nach Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 56 ist auch bei den zwingenden Ausnahmen das öffentliche Zugangsinteresse abstrakt im Rahmen der Auslegung, etwa bei der Frage des Vorliegens einer Beeinträchtigung, zu berücksichtigen. 193 de Leeuw, ELRev 2003, 324 (333); Riemann, Transparenz, S. 158 f.; KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4. Das Parlament fordert eine Definition des Begriffs, A5-0298/2003 unter 9., 4. Spiegelstrich.
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Durchführungsbestimmungen der Organe näher bestimmt. Wie eine Untersuchung von ECAS beim Rat ergab, bestehen keine internen Leitlinien für die ausführenden Beamten, so dass innerhalb der Organe und zwischen den Organen keine einheitliche Beurteilung gewährleistet ist. Die Praxis beim Rat soll sogar dahin gehen, dass eine Abwägung erst auf der Ebene des Zweitantrags stattfindet 194 , was eine fehlerhafte Anwendung der Ausnahmevorschrift wäre. Der Antragsteller muss das überwiegende öffentliche Interesse darlegen, auch wenn er grundsätzlich nicht zur Begründung seines Antrags verpflichet ist, denn das Organ kann nur ihm bekannte oder naheliegende Interessen berücksichtigen. 195 Das bloße Interesse des Antragstellers am Zugang zu einem Dokument, stellt noch kein öffentliches Interesse dar. 196 Wenngleich man vertreten könnte, an der Freigabe von Informationen bei öffentlichen Stellen bestehe im Lichte des Prinzips der Transparenz nach Art. 1 Abs. 2 EU immer ein öffentliches Interesse, wäre der Begriff dann inhaltsleer und jedenfalls keine sinnvolle Abwägung möglich, ob das Interesse gegenläufige schützenswerte Belange überwiegt. 197 Antragsteller haben mit dem wissenschaftlicher Charakter ihres Antrags argumentiert und auf das öffentliche Interesse an dem Ergebnis ihrer Arbeit verwiesen. Die Organe haben im Gegensatz zum Bürgerbeauftragten derartige Endziele persönlichen Handelns nie gelten lassen.198 Wegen der Möglichkeit der Weiterverwendung durch den Antragsteller gilt ein an ihn freigegebenes Dokument als in den öffentlichen Bereich gelangt und für jedermann zugänglich. Ein besonderes Interesse des Antragstellers an der Freigabe wird daher bei der Abwägung nicht berücksichtigt. 199 , auch das Interesse eines einzelnen MdEP ist kein öffentliches Interesse. 200 Weiterhin muss nach Feststellung eines öffentlichen Interesses, das Interesse im konkreten Fall und zu diesem Zeitpunkt die Missachtung der gegenläufigen schützenswerten Interessen rechtfertigen. In der Praxis war das bislang noch nie der Fall. Da die PIO so formuliert ist, dass sie regelmäßig einer Freigabe entgegensteht, handelt es sich um die Ausnahme von einer Ausnahme, die restriktiv angewandt wird. 2 0 1
194
ECAS, Transparency & Access to EU Documents, January 2004 unter I. 5. Riemann, Transparenz, S. 159 f.: unter Hinweis auf die Formulierung „es sei denn". Näher V. 1.; Beschwerde 412/2003/GG und Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco / Kommission Slg. 2001 11-2997. 196 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4. 197 Nach Riemann, Transparenz, S. 159 ist das allgemeine Zugangsinteresse bereits bei der gesetzgeberischen Entscheidung berücksichtigt worden, welche Aufnahmen in die Verordnung aufgenommen werden. 198 Beschwerde 412/2003/GG. Kritisch ECAS, Transparency & Access to EU Documents, January 2004 unter I. 5. 199 Siehe Dok. 5709/04, 11991/03. 200 Siehe Dok. 10652/1/03 und Dok. 7640/04. 201 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4. 195
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Unklar ist, ob die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 und 2 abschließend sind. Der Beschluss in der Rechtssache Carlsen ging davon aus, dass die Ausnahmen der bisherigen Zugangsbeschlüsse nicht abschließend sind. 202 Das wurde mit guten Gründen bestritten. 203 Der Kommissionsentwurf ging davon aus, dass die Ausnahmen nicht abschließend sind, indem alle Ausnahmekategorien mit dem Wort „insbesondere" eingeleitet wurden. Das Parlament ging von einer erschöpfenden Ausnahmeliste aus und verzichtete bewusst auf das Wort „insbesondere". Im Ratsentwurf wurde es bei einigen Kategorien bewusst verwendet, bei anderen nicht. Die Verordnung sieht es nur noch beim Schutz des Einzelnen in Art. 4 Abs. 1 b) vor, so dass im Umkehrschluss die übrigen Ausnahmekategorien nach der Entstehungsgeschichte abschließend gestaltet sein sollen. 204 Gerade die Erweiterung der Ausnahmeliste in Art. 4 Abs. 2 2. Spiegelstrich um die in der Rechtssache Carlsen neu eingeführte Ausnahme „Rechtsberatung" zeigt, dass die zu schützenden Interessen nunmehr erschöpfend aufgeführt werden sollen. Ginge man davon aus, dass die Ausnahmen nicht abschließend sind, würde sich zudem die schwierige Frage stellen, in welche Kategorie die neue Ausnahme fällt (Art. 4 Abs. 1 oder 4 Abs. 2), da die Ausnahmen anders als bislang nicht mehr einheitlich aufgebaut sind. So ist etwa die Ausnahme „Rechtsberatung", die in der Rechtssache Carlsen dem Schutz des öffentlichen Interesses zugeordnet wurde, in Art. 4 Abs. 2 eigenständig geregelt und unterliegt zusätzlich einem PIO. Allgemein müssen Ausnahmen vom Grundsatz größtmöglichen Zugangs (Art. 1 a)) nach der Rechtsprechung des EuG und EuGH eng ausgelegt und angewandt werden. 205 Die Verankerung des Rechts auf Zugang in Art. 255 Abs. 1 EG sollte einen Fortschritt bringen und nur den Einschränkungen des Rechtsaktes nach Art. 255 Abs. 2 EG unterliegen. Dem würde durch eine nicht abschließende Ausnahmeregelung, die durch die Organe beliebig erweitert werden kann, nicht Rechnung getragen. 206 Die Organe haben bislang
202
Rs. T-610/97, 3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. /Rat Slg. 1998 11-485. Vesterdorf, FJIL 1999, 902 (924). 204 Auf den bewussten Verzicht des Wortes „insbesondere" haben Vertreter der Niederlande als auch Astrid Thors (MEP) auf einer Tagung der Europäischen Rechtsakademie zur VO (EG) Nr. 1049/2001 am 12./13. Juli 2001 hingewiesen. 205 Vgl. Dritter Abschnitt Β. I. 4. a). Auch Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIGKommentar D III 2.2 Tz. 47 geht daher von einer abschliessenden Regelung aus. Ebenso Schauss, JTDE 2003, 1 (4); Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 12; de Leeuw, ELRev 2003, 324 (333). Anders Riemann, Transparenz, S. 229 f., der aber einen äußerst sparsamen Gebrauch ungeschriebener Ausnahmen anmahnt. 206 Die Kommission ergänzt in ihrem Leitfaden für Bürger (http://europa.eu.int/ comm/secretariat general/sgc/acc doc/docs/guide en.pdf) unzulässigerweise bei der Erläuterung der Ausnahmen den Text der Verordnung um das Wort „insbesondere", das bewusst nicht aufgenommen wurde. 203
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auch keinen Fall kennengelernt, bei denen die Freigabe andere Interessen beschädigen würde als diejenigen, die in Art. 4 genannt sind. 207
2. Bewertung der einzelnen Ausnahmebestimmungen Art. 255 Abs. 2 EG sieht Einschränkungen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten aufgrund öffentlicher oder privater Interessen vor. Der Schutz öffentlicher Interessen ist in Art. 4 Abs. 1 a) geregelt und vereinzelt in Art. 4 Abs. 2. Beim Schutz privater Interessen ist zwischen natürlichen und juristischen Personen zu differenzieren. Der Schutz juristischer Personen betrifft nur geschäftliche Interessen (Art. 4 Abs. 2), bei natürlichen Personen kommt die Verbreitung persönlicher Daten hinzu (Art. 4 Abs. 1 b)). Erhält ein Dokument einen Geheimschutzgrad 208 wird praktisch immer eine Ausnahme einschlägig sein. 209 In seltenen Fällen können Einstufung und Ausnahme jedoch auseinanderfallen. Die Art. 4 Abs. 1 bis 3 verlangen den tatsächlichen Nachweis einer Schädigung geschützter Interessen, während die Vergabe einer Geheimschutzstufe an den vermuteten Folgen des Bekanntwerdens anknüpft. 210 Auch der tatsächliche Schadensnachweis beruht auf der Einschätzung fiktiver Folgen im Fall der Freigabe, ein Unterschied besteht aber in der Möglichkeit des Eintritts. Die vermuteten Folgen müssen aus Sicht des Beamten wahrscheinlich sein, beim Schadensnachweis gewiss. Weiterhin muss sich die Freigabe bei der Einstufung „nur für den Dienstgebrauch" auf die Interessen lediglich nachteilig auswirken, sie aber nicht beeinträchtigen. Nur auf dieser untersten Geheimschutzstufe scheint eine Abweichung von Einstufung und Ausnahme jemals praktisch relevant zu werden. Ab dem Geheimschutzgrad „vertraulich" wird die Indizwirkung zwingend zur Einschlägigkeit einer Ausnahme führen und umgekehrt. 211 Unabhängig davon spiegeln die „vermuteten Folgen" nach dem Leitfaden für die Einstufungspraxis die wesentlichen Fälle wider, in
207 KOM(2004) 45 endg., unter 3.9. und unter 6.3. wird der Umweltschutz als mögliches Interesse genannt. 208 Die Vergabe richtet sich nach den Sicherheitsbestimmungen des Organs, vgl. den Beschluss 2001/264 des Rates (ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48) und Beschluss 2001/844 der Kommission (ABl. 2001 L 317/1). Näher zur Vergabe unter VII. 2. 209 So auch Bartelt /Zeitler, EuR 2003, 487 (493). 210 Leitfaden für die Einstufungspraxis im Anhang 3 der Sicherheitsbestimmungen des Rates (ABl. 2001 L 101/54 ff.) bzw. Anlage 2 der Kommission (ABl. 2001 L 317/43 ff.). So auch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (339). 2,1 Vgl. das Gutachten des Juristischen Dienstes vom 19. März 2001 (Dok. 7184/01) Nr. 12 Fn. 9 und 18: Einstufung und Ausnahme fuhren zum selben Ergebnis jedenfalls bei den als vertraulich, geheim oder streng geheim eingestuften Dokumenten; Nr. 30 behandelt die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung durch den EuGH.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
denen die Ausnahmen zur Geltung kommen, und können zu ihrer Bestimmung herangezogen werden. Der Schadensnachweis ist konkret anhand der Freigabe des beantragten Dokuments zu fuhren. Ob ein Dokument operationeile Details einer Tätigkeit behandelt oder allgemeine Grundsätze festlegt etwa über die Errichtung einer Behörde 212 , wirkt sich auf die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung beim Schadensnachweis aus. Die öffentliche Sicherheit (Art. 4 Abs. 1 a) 1. Spiegelstrich) erfasst die innere und äußere Sicherheit eines Mitgliedstaates und der Europäischen Union. 213 Die äußere Sicherheit überschneidet sich partiell mit der Verteidigungsfähigkeit und den auswärtigen Beziehungen. Die innere Stabilität der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten betrifft die Versorgung mit Erzeugnissen von wesentlicher Bedeutung, deren Unterbrechung eine existentielle Gefahr darstellt. 214 Für die Praxis wichtiger ist, dass auch Dokumente geschützt werden, deren Verbreitung die Bemühungen der Behörden, Straftaten zu verhindern, unmittelbar behindert 215 , indem im Vorfeld die Begehung schwerer Straftaten erleichtert wird oder nachträglich Ermittlungstätigkeiten von Straf- oder sonstigen Ordnungsbehörden erschwert oder beeinträchtigt werden. 216 Eine Ausdehnung auf die Durchführung von Verwaltungsverfahren allgemein ist zu weitgehend.217 Der EuGH verlangt eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. 218 Neu hinzugekommen ist in Art. 4 Abs. 1 a) 2. Spiegelstrich die aus dem Beschluss 2000/527 übernommene Formulierung „Verteidigung und militärische Belange". 219 Sie betrifft im wesentlichen zwei Konstellationen, welche sich in den Sicherheitsbestimmungen von Rat und Kommission wiederfinden: Zum einen kann die Verbreitung des Dokuments die Einsatzfähigkeit oder Sicherheit von Streitkräften der Mitgliedstaaten oder anderer Partner erschweren. Zum an212
Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet
/Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
122. 2.3 Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 121. Einstufungsregeln der Sicherheitsbestimmungen der Kommission (ABl. 2001 L 317/43 ff.) und des Rates (ABl. 2001 L 101/54 ff.). 2.4 Rs. 72/83, 10.7.1984 Campus Oil u.a. Slg. 1984, 2727 Tz. 34 (Mindestversorgung mit Erdöl). 2.5 Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289 Tz.
121.
216
Siehe die Einstufungsregeln der Sicherheitsbestimmungen des Rates (ABl. 2001 L 101/54 ff.) und der Kommission (ABl. 2001 L 317/43 ff.). Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (683) schließt auf ein „gewisses Gewicht" des Eingriffs. 217 Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland, Slg. 1999 1-5087 zur Umsetzung der UIRL. 218 Rs. C-54/99, 14.3.2000 Église de Scientologie Slg. 2000 1-1335 Tz. 17; Rs. C483/99, 4.6.2000 Kommission / Frankreich Slg. 2002 1-4781 Tz. 48. 219 de Leeuw ELRev 2003, 324 (334): kritisch wegen der weiten Formulierung.
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deren kann die Verbreitung die Wirksamkeit wertvoller Sicherheits- oder Aufklärungsmissionen beeinträchtigen. 220 Deutlich ist die Begrenzung auf spezifische Dokumente zur Einsatzplanung und nicht konzeptionelle Strategiepapiere mit längerfristiger Ausrichtung. Die Ausnahme greift auch, wenn durch die Freigabe eigene Verpflichtungen zur Wahrung der Vertraulichkeit von Informationen, die von Dritter Seite erteilt wurden, gebrochen werden oder wenn hierin ein Verstoß gegen gesetzlich begründete Einschränkungen der Weitergabe von Informationen liegt. Das betrifft den in diesem Bereich besonders wichtigen Informationsaustausch mit Internationalen Organisationen wie der NATO, den Vereinten Nationen oder Drittstaaten (USA, Russland), den die Gemeinschaft durch gegenseitige Sicherheitsvereinbarungen geregelt hat. Der Dritte kann seine Bedenken im Rahmen von Art. 4 Abs. 4 vorbringen, ist die Rechtsfolge nach dem Abkommen eindeutig (ζ. B. weil eine bestimmte Dritteinstufung automatisch zur Geheimhaltung führen soll) liegt ein „klarer" Fall nach Art. 4 Abs. 4 vor. 2 2 1 In der Praxis wurde die Ausnahme nur in sehr seltenen Fällen herange222
zogen. Die Ausnahme zum Schutz der internationalen Beziehungen (Art. 4 Abs. 1 a) 3. Spiegelstrich) findet Anwendung, wenn die Freigabe des Dokuments die diplomatischen Beziehungen zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen belastet oder soweit schädigt, dass förmliche Proteste oder andere Sanktionen, bis hin zu internationalen Spannungen, hervorgerufen werden. Ein Grund hierfür wäre der schon angeführte Fall, dass sich die Gemeinschaft gegenüber Dritten zur Vertraulichkeit der Informationen verpflichtet hatte oder deren Einstufung durch Gesetze des Drittstaates bei der Freigabe kannte. Die Ausnahme erfasst nicht die Beziehungen zwischen der Europäischer Union und den Mitgliedstaaten,223 die angesichts der erreichten Integration nicht mehr als „internationale" Beziehungen bezeichnet werden können. 224 In den Rs. Hautala, Mattila und Kuijer II hat das EuG dem Rat ein außenpolitisches Ermessen eingeräumt und die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, zu überprüfen, ob die Bestimmungen über das Verfahren und die Begründung eingehalten worden sind, 220
So die Ablehnung in den Beschwerden 202/2001/0v vom 24. Oktober 2001 und
201/200I/OV vom 4. Februar 2002. 221
Vgl. die Beschwerde zur Zugangsverweigerung bei Dokumenten in „gemeinsamer Urheberschaft' 1 mit den US-Behörden, Dritter Abschnitt Β. II. 3. a). 222 KOM(2004) 45 endg., im Jahr 2002 bei weniger als 1% der Erstanträge, bei Zweitanträgen nie. 223 Siehe Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 10 (Berichte über die Rückkehrsituation von Asylbewerbern in Drittstaaten); Rs. T14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 21 (Bericht über Waffenexport in Drittstaaten); Rs. T-204/99, 12.7.2001 Olli Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 12 (Dokumente über Verhandlungen mit den USA und osteuropäischen Staaten). 224 So auch Riemann, Transparenz, S. 171.
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der Sachverhalt zutrifft, bei der Tatsachenwürdigung keine offensichtlichen Fehler vorgekommen sind und kein Ermessensmissbrauch vorliegt. 225 Eine Rolle spielt die Art und Detailliertheit der Informationen, wobei die Wiedergabe von Fakten und Beschreibungen des Landes nicht ausreichen. 226 Die Ausnahme findet auch Anwendung, wenn durch die Freigabe die EU oder ihre Mitgliedstaaten bei Verhandlungen mit Dritten über handelspolitische oder allgemein politische Fragen benachteiligt würden, ζ. B. bei vorzeitiger Preisgabe von Verhandlungspositionen und -Strategien. Das beinhaltet, dass das Schutzinteresse nach Abschluss der Verhandlungen erlischt. Denkbar ist schließlich die Behinderung der wirksamen Ausarbeitung oder Durchführung von EU-Politiken, etwa im Außenhandel oder im Bereich der Assoziationen. 227 Es handelt sich um die wichtigste Ausnahme für den Rat. Im Jahre 2003 wurde sie vom Rat mit Abstand am häufigsten herangezogen, um den Zugang zu Dokumenten bei Zweitanträgen zu verweigern (61,6%). 228 Die Ausnahme des Art. 4 Abs. 1 a) 4. Spiegelstrich, „die Finanz-, Währungsoder Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaates", wurde zusammengeführt aus der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses (Währungsstabilität) und dem Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft. Sie ist in zweierlei Hinsicht sehr weit. 2 2 9 Neben der Gemeinschaft wird, nach Wegfall der Urheberregel konsequent, auch die Politik eines einzelnen Mitgliedstaates erfasst, und der Begriff der „Politik" ist sehr unscharf. Insbesondere der „Wirtschaftspolitik" können eine Fülle von Maßnahmen unterfallen (Art. 98 iVm 2, 4 EG). Die Einbeziehung der Mitgliedstaaten in die Ausnahme ist Konsequenz der immer stärkeren Verflechtung der mitgliedstaatlichen Wirtschaftsräume im Zuge der Währungsunion (Art. 98, 99, 100 Abs. 2 EG). Die Finanzpolitik der Gemeinschaft betrifft wie bisher in erster Linie den Schutz ihrer finanziellen Interessen, d.h. ihre Fiskalpolitik und die Betrugsbekämpfung
225 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 71, 72; Parteivortrag in Rs. T-204/99, 12.7.2001 Olli Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 47, 56; Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 53. 226 Rs. T-204/99, 12.7.2001 Olli Mattila /Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 59, 64 und Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 57. 227 Siehe die Leitlinien der Sicherheitsbestimmungen des Rates (ABl. 2001 L 101/54 ff.) und der Kommission (ABl. 2001 L 317/43 ff.); ebenso Sobotta, Transparenz, S. 413 f. 228 Mit 28,7% ist sie auch zweithäufigster Ablehnungsgrund bei Erstanträgen, siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 17. 229 Die entsprechenden Einstufungsregeln sind vergleichbar weit: wesentliche Beeinträchtigung der finanziellen, monetären, wirtschaftlichen oder handelspolitischen Interessen der EU oder eines ihrer Mitgliedstaaten. Siehe auch Riemann, Transparenz, S. 174 f.
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(Art. 280 EG). Die Gegenstände der Währungspolitik benennt Art. 105 Abs. 2 EG: die Geldpolitik der Gemeinschaft, Devisengeschäfte, Währungsreserven der Mitgliedstaaten und das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme. Der EZB und ihren Zugangsvorschriften kommt gesondert Bedeutung zu. 2 3 0 In der Praxis wurde die Ausnahme nur sehr selten herangezogen (bei Rat und Kommission im Jahre 2002 in weniger als 1% der Fälle). Der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen in Art. 4 Abs. 1 b) tritt in drei Konstellationen auf: personenbezogene Angaben über Gemeinschaftsbeamte in Gemeinschaftsdokumenten (Erwägung 7 VO 45/2001, Personalakten), an deren Bekanntwerden selten ein öffentliches Interesse bestehen wird, und Angaben über Privatpersonen, die diese Informationen freiwillig oder aufgrund zwingender Vorschriften übermitteln mussten (ζ. B. für eine Bewerbung oder Vertragsabschlüsse). Hierzu zählt auch der Schutz der Integrität von Informanten, die z.B. Wettbewerbsverstöße gegenüber Gemeinschaftsorganen aufdecken. 2^1 Hinzugekommen sind nach Wegfall der Urheberregel Dokumente Dritter mit personenbezogenen Angaben im Besitz der Gemeinschaft (ζ. B. Straf-, Sozial-, Steuer- oder Krankenakten, vgl. Art. 4 b) KOM(2000) 30 endg./2). Art. 4 Abs. 1 b) gewährt Schutz gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft. Gemeint sind Art. 286 EG und die Verordnung 45/2001, die von den Gemeinschaftseinrichtungen die Beachtung der Datenschutzrichtlinie 95/46 verlangt, die ergänzende Richtlinie 97/66 für den Bereich der Telekommunikation, sowie Art. 8 der Charta der Grundrechte. 232 Der Schutz ist hierauf jedoch nicht beschränkt („insbesondere"), so dass auch nationales Datenschutzrecht oder internationale Abkommen der Freigabe entgegenstehen können (Art. 8 EMRK 2 3 3 , Datenschutz-Konvention des Europarats 108/1981 234 ). Nach Art. 4 Abs. 7 kann die Ausnahme über einen Zeitraum von 30 Jahren hinaus Anwendung finden.
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Beschluss EZB/2004/3 2004/258/EG der Europäischen Zentralbank vom 4.3.2004 über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumenten der Europäischen Zentralbank, ABl. 2004 L 80/42. 231 Rs. 145/83, 7.11.1985 Adams /Kommission Slg. 1985, 3539. 232 RL 95/46 ABl. 1995 L 281/31; RL 97/66 ABl. 1998 L 24/1; VO 45/2001 ABl. 2001 L 8/1; Charta: ABl. 2000 C 364/1. 233 EGMR vom 26.3.1987 - 9248/81 Leander / Schweden Série A Nr. 116; EGMR vom 7.7.1989 - 10454/83 Gaskin / Vereinigtes Königreich Série A Nr. 160. 234 BGBl. II 1985, 538 und http://europa.eu.int/comm/internal_market/de/dataprot/inter/index.htm (Dort finden sich auch Leitlinien der UN vom 14.12.1990 und der OECD vom 23.9.1980 zum Schutz personenbezogener Daten). In ABl. 1981 L 246/31 empfiehlt die Kommission den Mitgliedstaaten den Beitritt zur Datenschutzkonvention, die derzeit geändert wird, um der Gemeinschaft den Beitritt zu ermöglichen. Siehe Appendix III 10.3b des 675. Treffens vom 15. Juni 1999 (http://www.coe.fr/cm/dec/1999/675 /x3.htm).
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
Insgesamt bestehen beim Schutz personenbezogener Daten zwischen den Mitgliedstaaten noch große Unterschiede, die von der Verweigerung aller personenbezogenen Informationen bis zur Freigabe individueller Steuerbescheide (in Schweden) reicht. 235 Als problematisch erweist sich, dass Datenschutz und Zugangsrecht auf Gemeinschaftsebene getrennt voneinander entwickelt wurden und sich scheinbar konträr gegenüberstehen. 236 Während das Zugangsrecht vom allgemeinen Prinzip des Zugangs zu Dokumenten ausgeht, der nur ausnahmsweise verweigert werden darf, verbieten Datenschutzbestimmungen als Grundregel die Freigabe personenbezogener Daten und erlauben nur ausnahmsweise ihre Verbreitung (Art. 5, 10 VO 45/2001). 237 Weiterhin ist zu beachten, dass die VO 45/2001 anders als die VO (EG) Nr. 1049/2001 nicht für die Bereiche GASP und PJZS gilt, 2 3 8 sich dafür aber auf alle gemeinschaftlichen Organe und Einrichtungen erstreckt. 239 Auch ist die Definition „personenbezogener Daten" (Art. 2 a): „alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person"
und ihrer „Verarbeitung" (Art. 2 b): Jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang"
äußerst weit und birgt ein erhebliches Mißbrauchspotential in Fällen, die nichts mit der Verarbeitung „persönlicher Angaben" zu tun haben. Exemplarisch spiegelt das der Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 713/98/1JH wider. 240 Das Unternehmen Bavarian Lager hatte gegen das Vereinigte Königreich ein Vertragsverletzungsverfahren angeregt, das nach einer
235 Petren, V A 1958, 323 (331); Sobotta, Transparenz, S. 415. Zur Umsetzung in den Mitgliedstaaten: http://europa.eu.int/comm/internal_market/privacy/law/implementation _en.htm. Die Kommission hat mehrere Vertragsverletzungsverfahren wegen fehlender Umsetzung durchgeführt. Luxemburg wurde am 4. Oktober 2001 als erstes verurteilt (Rs. C-450/00). 236 Kritische Stimmen hierzu bei Castenholz, EWS 2001, 530 (532). Zum Verhältnis der VO (EG) Nr. 1049/2001 zur VO 45/2001 siehe Schauss, JTDE 2003, 1 (6 f.): Einzelfal lab wägung; Riemann, Transparenz, S. 178 ff. 237 Hinzutreten weitere Rechte des Betroffenen: Art. 11, 12 (Informieren über die Übermittlung); Art. 13 (Auskunftsrecht über den Empfänger); Art. 15 (Sperren von Daten); Art. 18 (Widerspruchsrecht). Die Art. 11-13, 15 können ausnahmsweise durchbrochen werden, Art. 20. Eine Harmonisierung des Datenschutzes zum Schutz privater Interessen auf dem höchsten Niveau bedroht das Zugangsrecht damit in gleicher Weise wie die Einstufung von Dokumenten als Verschlusssache zum Schutz öffentlicher Interessen. 238 Daran kann auch der Verweis im Erwägungsgrund 15 nichts ändern, siehe Riemann, Transparenz, S. 179. 239 KOM(2004) 45 endg., unter 3.2.5. 240 Bericht vom 6. März 2001, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2000, S. 232 und 2001 S. 244. Siehe auch http://www.euro-ombudsman.eu.int/letters/de/20020925-1 .htm.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Änderung der betroffenen nationalen Regelung eingestellt wurde. 241 Der Änderung ging ein Gespräch der Kommission mit britischen Behörden und Interessenvertretern voraus, an dem Bavarian Lager die Teilnahme verweigert wurde. Das Unternehmen ersuchte die Kommission um Auskunft, welche Interessenvertreter während der Untersuchung Eingaben gemacht und an dem Treffen teilgenommen hatten, was die Kommission unter Berufung auf die Datenschutzrichtlinie 95/46 ablehnte. 242 Der Bürgerbeauftragte wies darauf hin, dass der sehr weite Wortlaut der Art. 2 a), b) der RL 95/46 ihre Anwendung auf den Sachverhalt möglich macht, dadurch aber der Grundsatz möglichst offener Entscheidungsfindung verletzt werde, da es sich nicht um „persönliche Daten" handele. Das Parlament hat auf den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten hin eine Resolution verabschiedet, in der es die Ansicht vertritt, die Kommission habe zu Unrecht die RL 95/46 herangezogen. Datenschutz ziele auf den Schutz des Privatlebens und sensibler persönlicher Informationen, und sollte nicht herangezogen werden, wenn Personen in öffentlicher Funktion handeln oder sich aus eigener Initiative an öffentlichen Entscheidungsprozessen beteiligen oder sie zu beeinflussen suchen (Nr. 1 und 3). 2 4 3 Ein anderes Beispiel ist die Rs. Fisher 244, in der das britische Landwirtschaftsministerium aufgrund des „Data Protection Act 1984" einem Landwirt vorenthielt, welche Parzellen der Vorpächter stillgelegt hatte. Diese Informationen waren aufgrund einer Verordnung für Stillegungszahlungen gesammelt worden. Als der Landwirt in Unkenntnis Felder bestellte, die stillgelegt worden waren, verhängte das Ministerium Sanktionen gegen ihn. Der EuGH zog die RL 95/46 heran, die insoweit anerkannte Grundsätze der Mitgliedstaaten übernimmt. Nach Artikel 7 f) der Richtlinie ist die Weitergabe von Daten erlaubt, wenn ein berechtigtes Interesse des Empfängers das Interesse oder die geschützten Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen überwiegt. Hier sah der EuGH nicht, dass die Weitergabe der angeforderten Daten an Fisher irgendein Interesse des Inhabers dieser Daten oder dessen Grundrechte und Grundfreiheiten beeinträchtigen konnte. 245
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Zugang zur Begründung der Kommission wurde dem Unternehmen verweigert: Rs. T-309/97 Bavarian Lager / Kommission Slg. 1999 11-3217, Dritter Abschnitt Β. I. 6. a) bb). 242 Der Verband der Interessenvertreter gab an, die entsprechenden Personen hätten die Vereinigung verlassen, und alle Akten über den Vorgang seien vernichtet worden. 243 Ausführlich der vorbereitende Bericht des Petitionsausschusses (A5-0423/2001 vom 27. November 2001), den die Resolution in allen Punkten übernimmt, siehe auch den Bürgerbeauftragten „Openness and data protection" unter http://www.europarl.eu. int/ombudsman/letters/en20011114-1.htm. 244 Rs. C-369/98, 14.9.2000 Fisher Slg. 2000 1-6751. 245 Rs. C-369/98, 14.9.2000 Fisher Slg. 2000 1-6751 Tz. 34 - 38. Siehe auch die Rs. C-101/Ol, 6.11.2003 Lindqvist: auf einer Webseite über ihre Gemeinde stellte eine Dame kurz ihre Arbeitskollegen vor und berichtete, eine habe sich beim Sturz von einer
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Zu beachten ist daher eine korrekte Auslegung und Anwendung der Datenschutzbestimmungen. Ziel ist der Schutz des Privatlebens 246, wenn eine Einrichtung bei der Ausübung öffentlicher Aufgaben in den Besitz persönlicher Daten kommt, ζ. B. Polizei-, Asyl-, oder Einwanderungsbehörden oder bei gesundheitlichen Daten ihrer eigenen Bediensteten. Das verlangt nicht immer und zwingend die Geheimhaltung aller personenbezogenen Angaben in einem Dokument. Wenn ein Interessenverband gezielt Einfluss auf den Entscheidungsprozeß nimmt, muss er aus Kontrollgründen gleichzeitig mit der Offenlegung seiner Vorschläge rechnen. Dieses Ergebnis lässt sich nicht dadurch erreichen, dass der Begriff der personenbezogenen Daten und damit der Anwendungsbereich des Datenschutzes verkürzt wird, wie es der Bürgerbeauftragte vorschlägt. Vielmehr ist, wie es der EuGH nahelegt, im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Öffentlichkeit und andererseits dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen vorzunehmen. Dem entspricht die Praxis der Organe. 247 Art. 4 Abs. 1 b) sieht eine solche Abwägung von seiner Struktur nicht vor und hält daher keine Angaben zur Vorgehensweise und Gewichtung bereit. Eine Abwägung wird jedoch durch den Verweis auf die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten ermöglicht. Art. 7 f) der Datenschutzrichtlinie 95/46, den der EuGH in der Rs. Fisher herangezogen hat, sieht eine solche Abwägung explizit vor. 2 4 8 Allerdings hat Art. 7 f) keinen Eingang in die VO 45/2001 gefunden, welche die Gemeinschaftsorgane verpflichtet. Eine Abwägung lässt sich aber auch in Art. 7 c) hineinlesen, der sich in Art. 5 b) der VO 45/2001 wiederfindet. Danach darf die Freigabe personenbezogener Daten erfolgen, wenn sie „für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich [ist], der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt". Eine solche Verpflichtung der Gemeinschaftsorgane ergibt sich aus der VO (EG) Nr. 1049/2001 unter Berücksichtigung der dort aufgeführten Ausnahmeregelungen. Zum Teil wird vertreten, die Verweigerung des Zugangs zum Schutz der Privatsphäre richte sich daher nach den Ausnahmebestimmungen der Zugangsregeln (grundsätzliche Offenlegung außer Ausnahme), nicht den Daten-
Leiter den Fuß gebrochen. Für die Verbreitung dieser „personenbezogenen" Information wurde ihr eine Geldbuße von 4000 schwedischen Kronen auferlegt, weil weder die Zustimmung der Betroffenen eingeholt, noch die Datenschutzbehörde informiert worden war. Kritisch dazu Söderman, Democratic Aspect unter 3. 246 Zur Betonung des „privaten Lebens" siehe auch EGMR vom 16.2.2000 27798/95 A mann / Schweiz Tz. 65 zu Art. 8 EMRK. 247 KOM(2004) 45 endg., unter 3.2.5. Befürwortend auch Riemann, Transparenz, S. 183 ff. 248 Siehe auch Erwägung 72 der Datenschutzrichtlinie, wonach bei der Umsetzung der mit ihr festgelegten Grundsätze die Berücksichtigung des Grundsatzes des öffentlichen Zugangs zu amtlichen Dokumenten erlaubt ist.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
schutzbestimmungen (grundsätzliche Verweigerung außer Ausnahme). 249 Derzeit ist eine gerichtliche Klage zur Anwendbarkeit der VO 45/2001 anhängig.250 Der „Schutz der geschäftlichen Interessen einschließlich des geistigen Eigentums" ist weiter als die bisherige Formulierung „Geschäfts- und Industriegeheimnis", unterliegt nun aber einer PIO, so dass im Fall überwiegender öffentlicher Interessen unter Umständen dennoch eine Freigabe erfolgt. 251 Durch den Wegfall der Urheberregel unterliegen Dokumente von Unternehmen erstmals dem Anwendungsbereich. Als Dritte werden sie vor der Freigabe lediglich konsultiert, und es besteht die Gefahr einer Verbreitung in sog. „klaren" Fällen. Das hat Kritik hervorgerufen und zu mehreren Gerichtsverfahren geführt 252 , wobei zu berücksichtigen ist, dass der FOIA in den USA und Kanada überwiegend genutzt wird, um Informationen über Wettbewerber zu erlangen. 253 Die Organe unterliegen nach Art. 287 EG einer Geheimhaltungspflicht und müssen eine sorgfältige Abwägung vornehmen, wobei sie auf Erfahrungen aus dem Wettbewerbsrecht zurückgreifen können. 254 Danach muss das Organ das betroffene Unternehmen in jedem Fall anhören, wenn es um die mögliche Freigabe eines Geschäftsgeheimnisses geht. 255 „Klare" Fälle ohne Konsultation scheiden insoweit aus. Verhindert werden soll, dass wirtschaftlich tätige Unternehmen oder 249 Harden, EPL 2001, 165 (187 f.); Söderman, Transparency, Tz. 112 ff. Anders die Stellungnahme 5/2001 der „Art 29 - Datenschutzgruppe" zum Sonderbericht des Bürgerbeauftragten (713/98/1JH) (Dok. 5003/01/DE endg. WP 44) vom 17.5.2001 (http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/dataprot/wpdocs/wp44de.pdf ), die von der schwedischen, finnischen und dänischen Datenschutzbehörde abgelehnt wird, da im Fazit der Datenschutz dem Zugangsrecht übergeordnet werde und damit kein angemessenes Gleichgewicht bestehe (siehe dort Fn. 1). Für einen gleichrangigen Schutz Riemann, Transparenz, S. 186. 250 Rs. T-l70/03, 14.5.2003 British American Tobacco / Kommission, ABl. 2003 C 171/39, 19.7.2003. 251 Vgl. als Beispiel Art. 9; 10; 38 - 41 der VO (EG) 178/2002 vom 28.1.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit, ABl. 2002 L 31/1. Riemann, Transparenz, S. 192 252 Rs. T-68/02, 8.3.2002 Masdar Ltd/Kommission, ABl. 2002 C 131/21, 1.6.2002; Rs. T-237/02, 8.8.2002, Technische Glaswerke Ilmenau GmbH / Kommission, ABl. 2002 C 233/35, 28.9.2002; Rs. T-2/03, 7.1.2003, Verein für Konsumenteninformation (VKI)/Kommission, ABl. 2003 C 55/37, 8.3.2003. 253 Siehe BT-Drs. 12/1273 unter B. 3. S. 3; Theuer, NVwZ 1996, 326 (333); mangelhaften Schutz vor Wirtschaftsspionage beklagend: FAZ 4.8.2001 S. 19. Dagegen sieht Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (683) aufgrund der Weite „geschäftlicher Interessen" das Risiko einer übermäßigen Einschränkung des Zugangsrechts. 254 Zu Verletzungen der Geheimhaltung: Rs. 53/85, 24.6.1986 AKZO Chemie / Kommission Slg. 1986, 1965; Rs. T-353/94, 1.12.1994 Postbank NV/ Kommission Slg. 1996 11-921. 255 Rs. 53/85, 24.6.1986 AKZO Chemie / Kommission Slg. 1986, 1965 Tz. 29; Riemann, Transparenz, S. 193.
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Einzelpersonen finanzielle Verluste erleiden bzw. ungerechtfertigte Gewinne oder Vorteile erlangen, indem sie Zugang zu geschäftlichen Informationen von Wettbewerbern erhalten, die diese freiwillig oder zwingend an die Gemeinschaft übermitteln mussten. Zu unterscheiden ist daher zwischen Dokumenten zur allgemeinen Marktsituation und Informationen, deren Verbreitung einen direkten Einschlag auf die Wettbewerbsposition und den Marktanteil des Betroffenen hat und zu finanziellen Einbußen fuhrt. 256 Geschützt werden Geschäftsund Betriebsgeheimnisse (auf eigenen Leistungen beruhender Wettbewerbsvorteil, ζ. B. Kundenbindung, technische Innovationen, Know-how) 257 ; Betriebs-, Finanz-, Bank- und Geschäftsdaten (Geschäftsstrategien, Herstellungs- und Vertriebskosten, Produktionsverfahren und -mengen, Kunden- und Lieferantendaten); Informationen über Geschäftsbeziehungen und Aufträge sowie Kostenelemente und Angebote im Rahmen von Ausschreibungen (letzteres unter Umständen nur für die Zeit vor Abschluss des Verfahrens) 258 aber auch geschäftliche Interessen im weiteren Sinne, wozu auch Aspekte des Ansehens in der Geschäftswelt gehören. 259 Die Beschränkung kann über 30 Jahren hinaus aufrecht erhalten bleiben (Art. 4 Abs. 7), aber auch schon vorher entfallen, wenn die Daten aufgrund Zeitablaufs ihre wirtschaftliche Bedeutung verloren haben. Geschützt wird nunmehr auch das geistige Eigentum (Patent-, Marken-, Urheberrecht und verwandte Schutzrechte). Allerdings verstößt nicht die Einsichtnahme in ein Dokument gegen Vorschriften des geistigen Eigentums, sondern seine Nutzung durch die Wiedergabe und Verbreitung geschützter Informationen. Das aber regelt Art. 16 der Verordnung. Die Ausnahmen zum Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung sind in besonderem Maße durch die Rechtsprechung vorgeprägt (siehe Dritter Abschnitt VI.). Beide sind in Art. 4 Abs. 2 aufgeführt, der sich zum Auffangbecken des Art. 4 Abs. 1 entwickelt hat und private Interessen (1. Spiegelstrich) als auch öffentliche Interessen (2. und 3. Spiegelstrich) schützt. Er beruht auf einem Kompromiss zwischen Rat und Parlament, der erst im April 2001 zustan-
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Vgl. Art. 4 Abs. 4 d) Aarhus-Konvention; EEB und ECAS in HoL, Public Access, Tz. 123; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 283; Riemann, Transparenz, S. 189, 191. Rs. T1/89, 1.11.1990 Rhone-Poulenc Slg. 1990 11-637 (645) Tz. 23 (nicht bei Angaben, die sich auf einen weit zurückliegenden Zeitraum beziehen). Zur Situation in den USA, wo oft Konkurrenten Daten nachfragen: Angelov, Grundlagen, S. 118. 257 Vgl. in Deutschland die Rechtsprechung zu § 17 UWG oder § 8 UIG. 258 Art. 4 c) KOM(2000) 30 endg. /2; Art. 287 EG. 259 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.1. Riemann, Transparenz, S. 189 f. verlangt unter Rückgriff auf die deutsche Rechtslage noch den Willen des Geschäftsinhabers auf eine Geheimhaltung und ein dahingehendes objektives berechtigtes Interesse.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
de kam, um die ansonsten unüberwindlichen Differenzen über die dort aufgeführten Interessen zu erreichen. 260 Die Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren ist aus dem Schutz der Rechtspflege hervorgegangen und in der „van der Wal"-Rechtsprechung präzisiert worden: Der Schutz erfasst nur Dokumente, die allein zum Zwecke eines bestimmten Gerichtsverfahrens erstellt wurden (Eingaben, hinterlegte Dokumente, interne Dokumente zum laufenden Prozess, Schriftverkehr mit dem Juristischen Dienst oder einer Rechtsanwaltskanzlei).261 Geschützt wird dadurch die Verfahrensautonomie der nationalen Gerichte bei der Freigabe durch die Gemeinschaftsorgane. Sie konsultieren das nationale Gericht und greifen bei dessen Ablehnung der Freigabe zwingend auf die Ausnahme zurück. 262 Dem wird Art. 4 Abs. 2 aufgrund seines Kompromisscharakters nicht voll gerecht, da aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen trotz Beeinträchtigung der nationalen Verfahrensautonomie eine Freigabe erfolgen kann. „Rechtsberatung" meint die Rechtsberatung der Organe durch Stellungnahmen ihres juristischen Dienstes und den Schriftverkehr zwischen Anwälten und ihren Mandanten. In der Rs. AM & S / Kommission hat der EuGH die Vertraulichkeit des Schriftverkehrs anerkannt, der zwischen einem Mandanten und seinem unabhängigen Rechtsbeistand erfolgt. 263 Mandant kann auch ein Gemeinschaftsorgan sein. 264 Die Vertraulichkeit erfasst auch Unternehmens- oder organinterne Dokumente, in denen der Inhalt der externen Rechtsberatung wiedergegeben wird. 2 6 5 Der Schutz intern angefertigter Dokumente, die ausschliesslich dem Zweck dienen, externen Rechtsrat einzuholen, ist Gegenstand der Rs. Akzo Nobels Chemicals und Akcros Chemicals / Kommission. 266 In der Rechtssache 260
Vgl. die Parlamentsentwürfe vom 22. März (PE 294.327/1-30) und 11. April 2001 (PE 302.233/88-110). 261 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.2. 262 Rs. C-174/98 und C-198/98, 11.1.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 28. Siehe aber auch Wölker, in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 25, wonach ab der mündlichen Verhandlung jedenfalls aber nach Urteilsverkündung der Schutz der Ausnahme entfallt. 263 Rs. 155/79, AM & S/Kommission Slg. 1982, 1575 Tz. 18, 27. 264 Bei der Beauftragung Externer ist zu prüfen, ob es sich um Drittdokumente oder Dokumente des Organs handelt. Siehe dazu die Beschwerde 271 und 277/2000/(1JH) JMA, Jahresbericht 2001, S. 237 ff. 265 Rs. T-30/89, 4.4.1990 Hilti AG /Kommission Slg. 1990 11-163 Tz. 18. 266 Siehe Beschluss vom 30.10.2003 in der verb. Rs. T-125/03 Τ und T-253/03 R, Akzo Nobels Chemicals und Akcros Chemicals / Kommission Tz. 109-114. Zugleich deutet sich in Tz. 125, 126 eine Wende bei der Beurteilung der Vertraulichkeit des Schriftverkehrs mit internen Unternehmensjuristen an. Dazu Hofmann, EuZW 2003, 742; Seitz, EuZW 2004, 231. In der Rs. 155/79, 18.5.1982 AM & S / Kommission Slg. 1982, 1575 Tz. 21, 24 hatte der EuGH deren Unabhängigkeit noch bezweifelt und ihren Schriftverkehr entgegen den Schlußanträgen der Generalanwälte Warner und Slynn aus dem Schutz ausgeschlossen.
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Carlsen war der Zugang zu Gutachten des juristischen Dienstes abgelehnt worden. 267 Ihre Freigabe mache sie als eigenständiges Hilfsmittel nutzlos. Das Organ könnte sich nur schwer von der dort geäußerten Auffassung lösen oder bewusst auf eine Stellungnahme verzichten, ohne sich späteren Amtshaftungsansprüchen auszusetzen.268 Soweit sie die Rechtmäßigkeit von Rechtsakten untersuchen, gefährde ihre Verbreitung das Vertrauen in die Gemeinschaftsrechtsordnung und damit ihre Stabilität. Die Aufnahme als Ausnahme erscheint insofern gerechtfertigt, bedeutet aber zugleich eine Absage an die Argumentation in der Rechtssache Carlsen, Dokumente des juristischen Dienstes seien aufgrund ihrer „Natur" vertraulich und fielen damit als Kategorie aus dem Anwendungsbereich des Zugangsrechts. Das ergibt sich auch aus der Formulierung „Rechtsberatung", die den Schutz auf bestimmte Dokumente des juristischen Dienstes begrenzt, während der Kommissionsvorschlag, „Stabilität der Gemeinschaftsrechtsordnung" 269, als zu weit verworfen wurde. Schließlich wird die Ausnahme, anders in der Rs. Carlsen nicht dem Schutz des öffentlichen Interesses (Art. 4 Abs. 1 a)) zugeordnet, sondern Art. 4 Abs. 2, der zusätzlich einer PIO unterliegt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse kann sich also potentiell bei jedem Dokument gegen das Geheimhaltungsbedürfnis an den Ergebnissen der Rechtsberatung durchsetzen, was ebenfalls einem Ausschluss aufgrund der „Natur" des Dokuments entgegensteht. Die Auslegung und Reichweite der Ausnahme hat zu Streit zwischen dem Rat einerseits und dem Bürgerbeauftragten und dem Europäischen Parlament andererseits geführt. Der Bürgerbeauftragte unterscheidet in der Beschwerde 1542/2000/(PB)SM 270 zwischen Dokumenten mit einer Stellungnahme zu Rechtsfragen im Kontext zukünftiger Rechtsstreitigkeiten (Ausnahme anwendbar) und Dokumenten, die Hinweise enthalten, wie sich der Rat im Rahmen eines Rechtsetzungsverfahrens verhalten soll. Dort handele es sich um vorbereitende legislative Dokumente, zu denen nach Art. 207 Abs. 3 EG weitergehender Zugang zu gewähren sei, so dass die Aus-
267 Rs. T-610/97, 3.3.1998 Carlsen u.a./Rat, Slg. 1998 11-485 Tz. 39 unter Hinweis auf GA Jakobs Rs. C-350/92, 13.7.1995 Spanien/Rat Slg. 1995 1-1985 Tz. 35, bestätigt in der Rs. T-44/97, 8.11.2000 Ghignone u.a./Rat Slg. 2000 11-1023 Tz. 47. Siehe auch Generalanwalt Alber in der verb. Rs. C-74/00 und C-75/00 P, 24.9.2002 FalckSpA und Acciaierie di Bolzano SpA / Kommission Slg. 2002 1-7869 Tz. 73 und Beschluss des EuGH vom 23.10.2002 in der Rs. C-445/00, Österreich /Rat Slg. 2002,1-9151 Tz. 12. 268 Sobotta, Transparenz, S. 411. Siehe aber die zugänglichen Gutachten des Juristischen Dienstes zur VO (EG) Nr. 1049/2001: Dok. 7594/00 (Auswirkungen, Form und Geltungsbereich des Rechtsaktes), Dok. 7184/01 (Regelung empfindlicher Dokumente) und Dok. 8002/01 (Bemerkungen zu juristischen Formulierungen). Näher zur Auffassung des Rates der Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 1542/2000(PB)SM, http://www.euro-ombudsman.eu.int/special/pdf/de/001542.pdf . 269 Art. 4 KOM(2000) 30 endg./2 vom 21.2.2000. 270 1542/2000/(PB)SM, Entscheidung vom 21.7.2003.; näher Dritter Abschnitt Β. II. 3.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
nähme jedenfalls nach Abschluss des Entscheidungsprozesses nicht eingreife. 271 Der Rat lehnt diese Unterscheidung ab, so dass sich der Bürgerbeauftragte in einem Sonderbericht an das Europäische Parlament gewandt hat. 272 Das Parlament hat zu Recht die systematische Ablehnung durch den Rat kritisiert und empfiehlt eine Klarstellung des Wortlauts. 273 Die Reichweite der Ausnahme ist Gegenstand der Rs. T-84/03 Turco /Rat 214 Die Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungsund Audittätigkeiten dient unabhängig von ihrer systematischen Stellung in Art. 4 Abs. 2 einem öffentlichen Interesse. In den bisherigen Zugangsbeschlüssen stellte der Kodex nur auf Inspektionen ab, der Rat fügte andere Untersuchungstätigkeiten hinzu, das Parlament nannte nur seine eigene Untersuchungstätigkeit. Die Verordnung erweitert den Schutz auf Audittätigkeiten, d.h. Rechnungsprüfungen durch den Rechnungshof. Der Hauptanwendungsfall der Vertragsverletzungsverfahren war von der Kommission und dem Rat noch explizit vorgesehen worden und in unbestimmter Weise auf vorbereitende Verfahrensstufen ausgedehnt worden. 275 In der Verordnung wird er nicht mehr eigenständig aufgeführt, unterfällt aber wie bisher den Inspektions- und Untersuchungstätigkeiten. Einer entsprechenden Erklärung der Kommission zu Art. 4 Abs. 2 haben sich acht Mitgliedstaaten angeschlossen.276 Die Ausnahme ist der wichtigste Ausnahmegrund bei der Kommission und wird bei zwei Drittel ihrer abschlägigen Bescheide herangezogen. 277 Inhaltlich wird die Ausnahme durch die Urteile in den Rs. WWF UK , Bavarian Lager und Petrie ausgestaltet, die im Grundsatz auf alle drei Formen übertragbar sind, d.h. vor allem, dass die Dokumente sich auf eine konkret geplante Untersuchung beziehen müssen und die Phase vertraulicher Kompromissfindung noch andauern muss (bei Audittätigkeiten entfällt dieser Punkt), was von der Rechtsprechung mit Beginn der Untersuchung 271 Umgekehrt Riemann, Transparenz, S. 203: Keine Schutzbedürftigkeit von Dokumenten mit Bezug zu einem Gerichtsverfahren nach Rechtskraft des Urteils, hingegen fortdauernde Schutzbedürftigkeit von Dokumenten, die sich auf Rechtsakte mit allgemeiner Geltung beziehen. Für eine Zugänglichkeit der Gutachten ohne Bindung des Organs Generalanwalt Geelhoed in seinem Schlußantrag zur Rs. C-491/01, 10.12.2002 British American Tobacco and Imperial Tobacco Slg. 2002 1-11453 Tz. 34. 272 http://www.euro-ombudsman.eu.int/special/pdf/de/001542.pdf . Siehe auch seinen Empfehlungsentwurf zur Beschwerde 1015/2002/(PB)IJH vom 27.3.2003. 273 A5-0298/2003, unter 4. 5. Spiegelstrich und 9., 4. Spiegelstrich. Zu ablehnenden Zweitanträgen etwa Dok. 10033/02; 12580/02; 14692/02; 9698/03; 9924/03; 9986/03; 10606/03; 10649/03; 8318/04. 274 Rs. T-84/03, 28.2.2003, Maurizio Turco /Rat, ABl. 2003 C 112/38, 10.5.2003. 275 Kritisch dazu HoL, Public Access, Tz. 115. Später geklärt durch die Beschwerden 271 und 277/2000/(IJH)JMA, Jahresbericht 2001, S. 237 ff. (konkreter Bezug zu zukünftigem Verfahren nötig). 276 Dok. 8895/01 ADD 1 REV 1. Die acht Mitgliedstaaten sind Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich und Portugal. 277 KOM(2004) 45 endg., unter 3.1.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
bis zur Urteilsverkündung angenommen wurde. 278 Nach Einstellung des Vorverfahrens, bei Rücknahme der Klage und nach Urteilserlass greift die Ausnahme grundsätzlich nicht mehr, je nach Einzelfall kann aber eine andere Ausnahme einschlägig sein. 279 Die Übertragbarkeit auf mit dem Vertragsverletzungsverfahren vergleichbare Vorgänge hat der EuGH in der Rs. Denkavit bejaht. In Frage kommen insbesondere Wettbewerbs- und Beihilfenverfahren, bei denen zu einer vertrauliche Kompromissfindung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaat aufgrund von Gemeinschaftsrechtsverstössen kommt. 280 Die Frage der Vergleichbarkeit bei Beihilfenprüfverfahren ist Gegenstand der Rs. T-237/02 Technische Glaswerke Ilmenau / Kommission. 281 Zu begrüßen ist gerade bei dieser Ausnahme die Möglichkeit, bei überwiegenden öffentlichen Interessen, die Dokumente freizugeben, da die Einstellung von Vertragsverletzungsverfahren notorisch intransparent ist, obgleich die Gemeinschaft sich für die Einleitung überwiegend auf Hinweise aus der Öffentlichkeit verlässt 282 und die Verstöße bürgerrechtsrelevant sind. Der Bürgerbeauftragte setzt sich seit langem für eine verbesserte Verfahrensposition Privater im Vertragsverletzungsverfahren ein. 283 Weggefallen ist die Ausnahme zur Wahrung der Vertraulichkeit, wenn die natürliche oder juristische Person, welche die Informationen übermittelt oder bei Mitgliedstaaten eine Rechtsvorschrift, Vertraulichkeit verlangt. 284 An ihre Stelle tritt die Regelung des Art. 4 Abs. 4 und 5, die eine Konsultationspflicht vorsieht und Mitgliedstaaten ein Vetorecht einräumt. Bei sog. „sensiblen" Dokumenten tritt Art. 9 Abs. 3 hinzu. Der Schutz Dritter bleibt gleich, da das Letztentscheidungsrecht beim Organ verbleibt. Bislang konnte er seine Auffassung vorab übermitteln, nun im Rahmen der Konsultation. Der Schutz der Mitglied278
Näher Dritter Abschnitt Β. II. 6. a) aa) - dd). Ausfuhrlich das Arbeitsdokument der Kommission „Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten in Bezug auf Vertragsverletzungsverfahren", SEK/2003/260/3 vom 28.2.2003. 280 In KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.3 nennt die Kommission als vergleichbare Vorgänge die Prüfung staatlicher Beihilfen und der Mitteilung der technischen Regeln und Normen. Für eine Übertragbarkeit auf den Bereich des Wettbewerbsrechts und staatlicher Beihilfen Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 27. 281 Rs. T-237/02, 8.8.2002, Technische Glaswerke Ilmenau GmbH / Kommission, ABl. 2002 C 233/35, 28.9.2002. 282 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Europäischen Bürgerbeauftragten über die Beziehungen zum Beschwerdeführer bei Verstössen gegen das Gemeinschaftsrecht, ABl. 2002 C 244/5. Ein spezielles Formular zum Melden von Verstößen ist veröffentlicht in ABl. 1999 C 119/5. 283 Siehe seine eigene Initiative 303/97/PD vom 15. April 1997 und Beschwerde 995/98, vom 30.1.2001, sowie Söderman, Transparency, Tz. 97-108, ders., RdMUE 4/2001, 889 (894); allgemein: Mattera, RdMUE 3/1995, 123 ff. 284 Der Kommissionsvorschlag sah sie noch vor (Art. 4 d)). Kritisch Hol, Public Access, Tz. 124, da ohne Anforderungen an die Gesetze, den .Mitgliedstaaten ermöglicht worden wäre, sich aus der Verordnung wieder „rauszuschreiben". 279
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Staaten geht dagegen weiter, da sie unter der Verordnung unabhängig von ihrer nationalen Gesetzgebung ein Vetorecht besitzen. Die Begrenzung von Art. 4 Abs. 5 auf Fälle, in denen der Mitgliedstaat Vertraulichkeit nach nationaler Gesetzgebung oder das Vorliegen einer Ausnahme der Verordnung nachweisen kann, lässt sich weder am Wortlaut noch seiner Grundlage, Erklärung Nr. 35, festmachen. 285
3. Ausnahme bei internen, vorbereitenden
Dokumenten (Art 4 Abs. 3)
Wie bisher fallen interne und vorbereitende Dokumente in den Anwendungsbereich. 286 Der von der Kommission vorgeschlagene Ausschluss über den Begriff des „Verwaltungsdokuments" hat sich nicht durchgesetzt. 287 Nach Ansicht der Kommission sollte der Verwaltung der notwendige sog. „space to think" erhalten bleiben, in dem sie ein Projekt inhaltlich ausdiskutieren kann. Das Bekanntwerden von vorläufigen Papieren lege Druck von außen auf, verleite zum Anlegen von Nebenakten und beeinträchtige die Rechtssicherheit und das Vertrauen in die Verwaltung. Andererseits blieb die Kommission den Beweis schuldig, dass die bisherige Regelung den Behörden den nötigen „space to think" nicht zugestanden, einen Schaden verursacht oder Entscheidungsprozesse behindert hat. 288 Wenn vorzeitig Dokumente bekannt wurden, dann infolge von Indiskretionen auf offizieller Seite. 289 Ein Ausschluss aus dem Anwendungsbereich würde das große Interesse an der Entstehung von Rechtsakten missachten und übersehen, dass nach der Verabschiedung oder im Lauf eines längeren Entscheidungsprozesses ehemals vorbereitende Dokumente freigegeben werden können. Statt dessen wurde zum Schutz des ungestörten
285
HoL, Public Access, Tz. 125, Harden, EPL 2001, 165 (192); näher oben II. 2. b). Anders aber die Praxis: vgl. Wölker, Transparenz, S. 112 f. und den Leitfaden für Parlamentsbedienstete (ABl. 2000 C 97/1) unter III. B. 2.: „Dieses Recht gilt nur für abgeschlossene Dokumente und betrifft nicht die vorbereitenden Dokumente für einen Beschluss." 286
Nach Art. 4 Abs. 3 c) Aarhus-Konvention können interne Dokumente unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Bekanntgabe verweigert werden. 287 Die Kommission vertrat im Oktober 1999 eine Ausnahmelösung, wechselte im November 1999 zur Tatbestandslösung und sah im Februar 2000 schließlich kumulativ einen Ausschluss aus dem Anwendungsbereich und eine Ausnahme („die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Organe") vor. Sehr kritisch dazu: Hallo, EEB Comments zu Art. 3 (http://www.eeb.org/publication/access_to_documents_.htm ) und HoL, Public Access, Tz. 118-120. 288 HoL, Public Access, Tz. 73, 81; Beschwerden 1057/25.11.1996/STATEWATCH/UK/IJH, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (98 ff.) und 634/97/PD, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (103 ff.). 289 Dazu Davis, Media, S. 122 ff.; Söderman, Struggle for Openness Abschnitt 4.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
7
Nachdenkens der Beamten in Art. 4 Abs. 3 eine zwingende Ausnahmeregelung geschaffen, die in zwei Unterabsätzen zwischen vorbereitenden Dokumenten in laufenden Entscheidungsprozessen und höchstpersönlichen Äußerungen im Entscheidungsprozeß allgemein unterscheidet: Der erste Unterabsatz schützt interne und vorbereitende Dokumente, die für den internen Gebrauch erstellt oder eingegangen sind und sich auf eine Angelegenheit beziehen, in der noch kein endgültiger Beschluss des Organs gefasst wurde. Der Zugang zu ihnen wird verweigert, wenn ihre Verbreitung den Entscheidungsprozeß des Organs ernstlich beeinträchtigt. Damit unterliegt die Ausnahme einem verschärften Schadensnachweis, dessen Darlegung jedoch sehr theoretisch ist und kaum konkret bestimmbar. 290 Zusätzlich kann im Falle eines überwiegenden öffentlichen Interesses dennoch eine Freigabe erfolgen. Betroffen ist der konkrete, andauernde Entscheidungsprozeß, der politischem Druck oder dem Einfluss anderer Direktionen oder Lobbyisten ausgesetzt ist. Nach Abschluss des Verfahrens entfällt die Schutzbedürftigkeit der vorbereitenden Dokumente, da diese den konkreten, nun abgeschlossenen Entscheidungsprozeß nicht mehr stören können. Der Zugang kann dann nicht mehr nach Art. 4 Abs. 3 1. Uabs. verweigert werden, möglich bleiben aber die Ausnahmen des Art. 4 Abs. 1 und 2 und für die Untergruppe der vorbereitenden Dokumente mit einer persönlichen Stellungnahme Art. 4 Abs. 3 2. Uabs. 291 Die Verordnung fasst dabei nur den internen Entscheidungsprozeß in den einzelnen Organen ins Auge. Zu berücksichtigen ist aber, dass aufgrund des interinstitutionellen Charakters von Entscheidungen, der Entscheidungsprozeß unter Umständen noch bei anderen Organen fortgesetzt wird und dort gestört würde. 292 Der AStV hat entschieden, Dokumente, die sich auf Rechtakte beziehen, über die noch beraten wird, und die Standpunkte einzelner Delegationen enthalten, samt Fußnoten und Bezugnahmen zu veröffentlichen, jedoch die Namen der betreffenden Delegationen auszulassen (und die Teile, die unter eine Ausnahme fallen). 293 Hierin liegt zwar ein Fortschritt zur bisherigen Praxis, den Zugang insgesamt zu verweigern. Die kategorische Weigerung hat jedoch Kritik provoziert. 294 Die Interinstitutionelle Gruppe Informationen hat diese Orientierung dahin präzisiert, dass die Identität der Delegation nur in Bezug auf inhaltliche 290
KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4. Es handelt sich um die vom Rat am häufigsten herangezogene Ausnahme zur Zugangsverweigerung bei Erstanträgen (31,2%), siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 17. 292 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4. Siehe auch Vierter Abschnitt Β. II. 2. b). 293 Dok. 6203/02 (Grundsatzfragen) vom 1.3.2002, gestützt auf ein Gutachten des Juristischen Dienstes Dok. 5108/02 vom 10.1.2002. Zur Offenlegung des Delegationsnamens nach Verfahrensabschluss: Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International / Kommission Slg. 2001 11-2997. 294 A5-0298/2003, unter 4. 4. Spiegelstrich. 291
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Standpunkte nicht preisgegeben wird, jedoch zu veröffentlichen ist, soweit die Delgation nur einen Parlamentsvorbehalt oder einen sprachlichen Vorbehalt eingelegt hat. 295 Für die besonders schutzbedürftige Untergruppe der vorbereitenden, internen Dokumente, die zusätzlich eine persönliche Stellungnahme im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen enthalten, sieht Art. 4 Abs. 3 2. Uabs. vor, dass sie auch dann noch verweigert werden können, wenn der endgültige Beschluss gefasst wurde. Zwar ist der vorbereitende Charakter des Dokuments entfallen, so dass insoweit kein Schutz mehr erforderlich ist, die höchstpersönliche Natur des Dokuments dauert jedoch fort und macht es weiterhin schutzbedürftig. Auch hier muss für eine Verweigerung die Freigabe den Entscheidungsprozeß ernstlich beeinträchtigen, und es darf kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehen. Da der zusätzliche Schutz darin besteht, über den Abschluss des konkreten Verfahrens hinaus den Zugang zu persönlichen Stellungnahmen verweigern zu können, bezieht sich die „ernstliche Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses" trotz der gleichen Formulierung wie in Art. 4 Abs. 3 1. Uabs. nicht auf das konkret abgeschlossene Verfahren, sondern abstrakt auf die Entscheidungsprozesse des Organs in der Zukunft. Befürchtet wird, dass durch die Freigabe von Dokumenten mit persönlichen Äußerungen eines Beamten jener künftig nicht mehr gewillt ist, in protokollierten Vorgesprächen und Beratungen seine Meinung frei zu äußern, wenn er weiß, dass später jeder hierzu Zugang hat. Dadurch sei für künftige Entscheidungsprozesse eine umfassende Erwägung aller Argumente gefährdet. Die Überzeugungskraft dieses Arguments lässt sich durchaus anzweifeln. 296 Selbst die Organe halten die Feststellung einer solchen Beeinträchtigung für eine allzu abstrakte Übung. 297 Die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs „Entscheidungsprozess" (konkret/abstrakt) trotz wortgleicher Formulierung lässt sich entstehungsgeschichtlich erklären. Hieraus ergibt sich auch der persönliche Charakter der Stellungnahme in Art. 4 Abs. 3 2. Uabs.. Zunächst bestand Art. 4 Abs. 3 aus einem Absatz: Nach Beschlussfassung sollte der Zugang nur verweigert werden, wenn das Organ „ausnahmsweise" davon ausging, dass die Freigabe
295
Dok. 10425/03 vom 13. Juni 2003, die zugangsfreundlichen Mitgliedstaaten Niederlande, Dänemark, Schweden und Finnland befürworteten eine vollständige Freigabe. Unzufrieden auch das Parlament, A5-0298/2003 unter 4., 4. Spiegelstrich, das daher unter 9., 4. Spiegelstrich eine Klarstellung des Wortlauts empfiehlt. Zur IGI siehe Β. V. 4. 296 Siehe auch Bock, DÖV 2002, 556 (559); Feik, Transparenz, S. 292; Riemann, Transparenz, S. 215. 297 KOM(2004) 45 endg., unter 3.4.4.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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„seine zukünftige Fähigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben ernstlich behindern würde". 2 9 8
Das Wort „ausnahmsweise" wurde dann in die Fallgruppe "Dokumente, die eine persönliche Stellungnahme enthalten"
präzisiert und der Absatz in zwei Unterabsätze geteilt. 299 In einem zweiten Schritt wurde die völlig unklare Formulierung, „zukünftige Fähigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben", an den ersten Unterabsatz angepasst („den Entscheidungsprozess ernstlich beeinträchtigen"), was zur endgültigen Fassung führte. Art. 4 Abs. 3 betrifft in beiden Unterabsätzen Eigendokumente und Drittdokumente. Das ergibt sich bei Art. 4 Abs. 3 1. Uabs. aus der wörtlichen Einbeziehung von eingegangenen Dokumenten, gilt aber auch für Art. 4 Abs. 3 2. Uabs., der potentiell dieselben Dokumente wie Uabs. 1 betrifft. Zu beachten sind dann Art. 4 Abs.4 und 5, wobei der Dritte im Rahmen der Konsultation nicht Art. 4 Abs. 3 vorbringen kann („Absätze 1 und 2"). Es dürfte für ihn von außen auch schwierig zu beurteilen sein, inwieweit der Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigt wird. Praktisch wird das Organ äußerst selten hiervon ausgehen, da es eine Abhängigkeit des Entscheidungsprozesses vom Dokument eines Dritten impliziert.
4. Teilweiser Zugang, wenn Ausnahme nur Teile des Dokuments erfasst (Art. 4 Abs. 6) Art. 4 Abs. 6 kodifiziert die Pflicht des Organs, teilweisen Zugang zu gewähren, wenn eine Ausnahme nur Teile eines Dokuments erfasst. 300 Sie war vom EuG in der Rechtssache Hautala I hergeleitet und das vom Rat hiergegen eingelegte Rechtsmittel vom EuGH zurückgewiesen worden. 301 Die in der Rechtsprechung entwickelte Einschränkung zum Schutz der ordnungsgemäßen Verwal298
"Once the decision in the matter has been taken, access to internal documents shall not be refused unless the institution concerned considers exceptionally that disclosure would seriously impair its future ability to carry out its duties ."
299
"Access to documents containing individual opinions for internal use as part of deliberations and preliminary consultations within the institution concerned may be refused even after the decision has been taken if disclosure would seriously undermine its ability to carry out its duties unless there is an overriding public interest in disclosure".
300 Vgl. Art. 4 Abs. 6 Aarhus-Konvention, I L M 1999, 517 und Beilage Nr. ΠΙ/2001 zu Heft 3/2001 der NVwZ. Das teilweise zugängliche Dokument sollte deutlich machen, wo und wie viele Informationen gestrichen wurden. So der FOIA US § 552 (a)(2)(E) (http://www.usdoj.gov/04foia/foiastat.htm ). 301 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 87 und Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
tung bei zu hohem Trennungsaufwand wurde nicht festgehalten. 302 Vertreten wird daher, dass sie nicht Bestandteil der Grundsätze des Art. 255 Abs. 1 EG ist. 3(b Eine effiziente Verwaltungspraxis könne nicht über das subjektive Recht auf teilweisen Zugang gebieten, da Effizienz kein Selbstzweck und für sich schützenswert ist. Effizienz könne nur im Hinblick auf ein Ziel verwirklicht werden, hier den Anspruch auf Zugang. Andererseits wird die Pflicht zur Gewähr teilweisen Zugangs aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip abgeleitet, so dass nicht vorstellbar ist, dass ein teilweiser Zugang ohne Rücksicht auf den Aufwand für die Erstellung vom EuGH bestätigt werden wird. 3 0 4 Dafür sprechen auch die zuletzt ergangenen Urteile des EuG in der Rs. Mattila und des EuGH in der Rechtsmittel sache Rat / Hautala. Dort bescheinigt der EuGH dem EuG eine sorgfältige Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, als es dem Rat die Möglichkeit gewährt, bei übermäßigem Aufwand die Interessen einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu schützen.305 Bedenklicher ist dagegen die Ansicht des EuG, es liege ein unangemessener Verwaltungsaufwand vor, wenn der offenzulegende Teil so wenig Informationen enthält, dass er für den Antragsteller „völlig wertlos" ist. 306 Der EuGH hat die Entscheidung aus anderen Gründen aufgehoben 307, eindeutig ablehndend äußert sich aber GA Léger. Das Recht auf Zugang sei nicht davon abhängig, dass die Dokumente für den Antragsteller von irgendeinem Nutzen sind. Ausnahmen seien nicht einschlägig und es entstehe auch kein übermäßiger Verwaltungsaufwand. Der Verwaltungsaufwand ist dabei mit einer objektiven Arbeitsbelastung verknüpft, wobei selbst eine sehr hohe Arbeitsbelastung noch zu teilweiser Zugangsgewähr verpflichten kann. 308 Zu Recht betont GA Léger, dass aufgrund der erforderlichen Ausnahmeprüfung je302 Rs. T - l 88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 54, 55, entsprechend Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 86, 87, ebenso Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 II2265 Tz. 68. 303 Cabrai bei: Castenholz, ERA-Forum 4/2001, 78 (83), ders., EWS 2001, 530 (532 f.). Bewusst offengelassen vom GA Léger in Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission Tz. 76. 304 KOM(2004) 45 endg., unter 3.6. So auch Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (684); Wölker, in: Groeben /Schwarze, Art. 255 Rn. 22. 305 Zu Recht weist Riemann, Transparenz, S. 230 darauf hin, dass aufgrund übermäßigen Aufwands nur teil weiser Zugang verweigert werden kann, nie der Zugang an sich. 306 Rs. C-353/99 Ρ Rat / Hautala vom 6.12.2001 Slg.2001 1-9565 Tz. 30; Rs. T204/99 Mattila/ Rat vom 12.7.2001 Slg. 2001 11-2265 Tz. 69, 70. Zur Kritik am dabei eingeräumten weiten Organermessen siehe Dritter Abschnitt Β. I. 7. b). Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 83 lehnt deswegen die Übernahme dieser Rechtsprechung auf Art. 4 Abs. 6 ab; anders dagegen Riemann, Transparenz, S. 166; Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (495); Feik, Transparenz, S. 294 bejaht sie trotz Kritik am weiten Organermessen. 307
Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission. Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila /Rat und Kommission Tz. 68-76; Lorenz, NVwZ 2004, 436 (438). 308
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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der einzelnen Textpassage, deren Unkenntlichmachung logischerweise keinen übermäßigen Arbeitsaufwand verursachen kann. 309 Subsidiär sollte auch eine Auskunft des Organs erwogen werden. In der Praxis hat sich aufgrund des weiten „Dokument"-Begriffs eine unverhältnismäßige Mehrbelastung nur beim teilweisen Zugang zu Tonaufzeichnungen von Sitzungen ergeben. 310 Der Rat hat daraus die bedauernswerte Konsequenz gezogen, bestimmte Sitzungen nicht mehr aufzuzeichnen. 311 Versäumt wurde eine Pflicht des Organs festzuhalten, seinen Aktenbestand durch Trennung von einsichtsfähigen und geheimhaltungsbedürftigen Informationen so zu organisieren, dass teilweiser Zugang ohne großen Aufwand möglich ist. Ein solches „Trennungsprinzip" ist aus dem Datenschutzrecht für personenbezogene Daten bekannt und wurde in Deutschland vom Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens auf den Zugang zu Dokumenten übertragen (§ 15 IFG SH, § 10 Abs. 2 IFG NRW). Art. 4 Abs. 6 findet keine Anwendung, wenn Teile eines Dokuments einer Einstufung unterliegen, nicht aber einer Ausnahme. Das Dokument ist dann in vollem Umfang freizugeben, wenngleich eine solche Abweichung selten vorkommen wird (s.o. 1.).
5. Die zeitliche Grenze der Ausnahmen Die zeitlichen Grenzen der Ausnahmen regelt Art. 4 Abs. 7. Satz 1 ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Grundsatzes, dass Ausnahmen eng ausgelegt und angewandt werden. Sie gelten nur solange, wie es der Schutz des Inhalts erfordert. Genannt werden nur die Absätze 1 bis 3, Art. 4 Abs. 4 bis 6 enthalten insoweit keine eigenen Ausnahmen, sondern regeln das Verhältnis zu Drittdokumenten und den teilweisen Zugang. Die zeitliche Höchstgrenze ist mit 30 Jahren in Anlehnung an die Archivregelung großzügig ausgestaltet, allerdings als Höchstdauer die seltene Ausnahme und nicht die Regel. Grundsätzlich lässt die Schutzbedürftigkeit mit Zeitablauf nach. 312 Einzelne Dokumente, die die Privatsphäre oder geschäftliche Interessen betreffen, können auch nach 30 Jahren noch schutzbedürftig sein (etwa Dokumente aus der Intimsphäre oder solche mit weiterhin kommerziell verwertbaren Geheimnissen). Die VO 354/83, die bislang eine generelle Grenze von 30 Jahren vorsah, wurde gemäß Art. 18 309
Schlußantrag GA Léger Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila/Rat und Kommission Fn. 35 zu Tz. 73. 310 Im Jahre 2002 wurden beim Parlament fünf Anträge auf Zugang zu Tonaufzeichnungen gestellt. Siehe auch KOM(2004) 45 endg., unter 2.3.4. 3.1 Kritisch das Parlament, A5-0298/2003, unter 4., 7. Spiegelstrich. 3.2 Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2.2 Tz. 89.
16 Meltzian
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
durch die VO (EG, Euratom) 1700/2003 in Einklang gebracht. Der einzig verbliebene Unterschied war, dass die Archiwerordnung für sämtliche Organe und Einrichtungen galt. Mittlerweile haben aber fast alle Organe und Einrichtungen die Anwendbarkeit der VO (EG) Nr. 1049/2001 für ihre Dokumente vorgesehen. 313 Über 30 Jahre hinaus schützbedürftig ist auch die Kategorie der sensiblen Dokumente. Sie sind durch eine Doppelung von Einstufung (ab „vertraulich") und Vorliegen einer Ausnahme gekennzeichnet. Entfallt bei einer Neueinstufung nach den Sicherheitsbestimmungen die Klassifikation (Überprüfung alle 5 Jahre 314 ) oder nach Zeitablauf die Notwendigkeit des Schutzes durch die Ausnahme, so entfallt der sog. „sensible" Charakter des Dokuments. Ist der Schutz durch eine Ausnahme nicht mehr erforderlich, wird regelmäßig auch die Einstufung überflüssig sein. Die Überprüfung des Geheimschutzgrades nach 5 Jahren bietet eine gute Gelegenheit, die Ausnahme ebenfalls zu überprüfen bzw. umgedreht bei einer Anfrage mit der Ausnahme auch die Klassifikation neu zu bewerten. Die Regelung der Ausnahmen in Art. 4 und die Sonderbestimmungen für „sensible Dokumente" in Art. 9 sind die beiden längsten Artikel der Verordnung. Im Gegensatz zu Art. 9 sind die Ausnahmeregelungen jedoch unter den gegebenen Umständen gelungen. Bedauert wird, dass sich der verschärfte Schadensnachweis des Art. 4 Abs. 3 („ernstlich beeinträchtigt") und die Möglichkeit der Freigabe aus überwiegenden öffentlichen Interessen (Art. 4 Abs. 2, 3) nicht allgemein durchgesetzt haben. Die Handhabung der Ausnahmen wäre dadurch erschwert worden. Es fehlt auch ein ausdrücklicher Hinweis auf die enge Auslegung und Anwendung der Ausnahmen und ihren abschließenden Charakter. Das kann den positiven Charakter dieser Änderungen nicht aufheben. Art. 4 Abs. 1 und 2 ist eine insgesamt ausgewogene Regelung, die keine unangemessen weiten oder unpräzisen Ausnahmen mehr enthält, wie noch der Kommissionsentwurf (ζ. B. „die Beziehungen zwischen bzw. mit den Mitgliedstaaten oder den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen bzw. Nicht-Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen", „die Stabilität der Rechtsordnung der Gemeinschaft" oder „die ordnungsgemäße Arbeitsweise der Organe"). Art. 4 Abs. 3 enthält erstmals eine Ausnahmeregelung für den Zugang zu internen, vorbereitenden Dokumenten. Es handelt sich aber um eine präzisere und engere Regelung mit klareren Kriterien als die bisher herangezogene fakultative Ausnahme zum Schutz der Interessen des Organs in bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen. Bestenfalls gibt Art. 4 Abs. 3 die bisher praktizierte
313
Siehe Anhang III. Vgl. die Sicherheitsvorschriften des Rats (2001/264/EG), ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48, Teil II, Abschnitt III Nr. 10 und der Kommission (2001/844/EG, EGKS, Euratom), ABl. 2001 L 317/1, 17.3. 314
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
Freigabe vorbereitender Dokumente wider. Schließlich besteht eine sehr ausdifferenzierte Rechtsprechung zur Anwendung und Begründung der Ausnahmen (vgl. Dritter Abschnitt Β. I.), die nahezu vollständig übertragbar ist. Die Pflicht zur teilweisen Zugangsgewähr (Art. 4 Abs. 6) und die Ausnahme zum Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung (Art. 4 Abs. 2) wurden ausdrücklich kodifiziert.
IV. Verhältnis der Verordnung zum Recht der Mitgliedstaaten (Art. 5) Dokumente der Mitgliedstaaten wie der Gemeinschaft befinden sich jeweils auch im Besitz des anderen und unterliegen seinem Zugangsrecht (sofern das nationale Recht keine Urheberregel kennt 315 ). Die wirksame Anwendung der nationalen Zugangsrechte und der Verordnung setzen daher gemeinschaftsweit einen vergleichbaren Schutz voraus. 316 Von Anfang an und bis zum Ende war deshalb umstritten, welche Form und folglich welchen Einfluss der Rechtsakt gemäß Art. 255 Abs. 2 EG auf die nationalen Zugangsrechte haben soll. 317 Auf Seiten der Mitgliedstaaten bestehen die größten Schwierigkeiten mit einem Vorrang des Gemeinschaftsrechts in diesem Bereich im Verhältnis zu Schweden. Für den Beitritt zur Gemeinschaft im Jahre 1995 hat Schweden die Aussagen des BVerfG aus seiner „Solange-Rechtsprechung" in seine Verfassung integriert. Kapitel 10 § 5 Satz 1 lautet: "Der Reichstag kann Zuständigkeiten auf die Europäischen Gemeinschaften übertragen, solange diese den Schutz von Rechten und Freiheiten gewährleisten, die dem schwedischen Verfassungsrecht und der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen 318 ." 319
315 So in Frankreich oder Griechenland; dazu Sobotta, Transparenz, S. 379 ff.: überwiegend besteht keine Urheberregel. 316
„Der Beschluss 93/731 würde sich erübrigen, wenn den Antragstellern die Möglichkeit offen stehen würde, das Dokument trotz einer anderslautenden Entscheidung des Rates über die Behörde eines Mitgliedstaates zu erhalten." Erster Zweijahresbericht des Rates (Fazit); Gutachten des Juristischen Dienstes vom 5. April 2000 (Dok. 7594/00) Nr. 3, 5, 10 f. Auch Art. 5 Abs. 2 der VO 354/83 über die historischen Archive geht von einem gemeinsamen Schutzstandard aus. 317 Zum Verhältnis zum irischen FOIA: McDonagh, IJEL 2000, 216 ff.; allgemein Söderman, Citizen, S. 45 f. Einen Rückschritt bei der Freigabe begründeter Stellungnahmen bei Vertragsverletzungsverfahren durch einige Mitgliedstaaten befürchtet Williams, ELNI 2/2001, 3 (7 f.). 318 Unklar ist, ob „entsprechen" (schwedisch: „motsvarande") wie in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG nur einen im „wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz" (BVerfGE 73, 339 (378)) fordert. Verneinend Sobotta, Transparenz, S. 337.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Schweden akzeptiert damit keinen Vorrang von Gemeinschaftsrecht vor nationalem Verfassungsrecht von fundamentaler Bedeutung. Dazu gehört der allgemeine Zugang zu offiziellen Dokumenten 320 , den Schweden in einer Erklärung beim Beitritt als fundamentalen Grundsatz bezeichnet, der Bestandteil des verfassungsrechtlichen, politischen und kulturellen Erbes darstellt. Da die schwedische Zugangsregelung keine Urheberregel kennt und Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten im Besitz schwedischer Behörden gewährt und die Ausnahmen im Vergleich zum damals nur unvollkommen ausgestalteten Zugang auf Gemeinschaftsebene (Beschlüsse 93/731 und 94/90) erheblich enger gefasst sind, befürchtete Schweden eine nicht hinnehmbare Einschränkung des nationalen Rechts durch den Beitritt. Finnland hat eine ähnliche Erklärung abgegeben, die politisch geschickter von einer zukünftigen Anwendung seines Zugangsrechts im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht spricht. Denn trotz der kompromissloseren Formulierung konnte Schweden nicht durch einseitige Erklärung seine Pflicht zur Beachtung des Gemeinschaftsrechts aufheben und war zu einer gemeinschaftskonformen Anwendung seines Zugangsrechts verpflichtet (Art. 10 EG). Dementsprechend nahmen die Mitgliedstaaten in einer Antworterklärung die einseitige Erklärung Schwedens zur Kenntnis, davon ausgehend, dass Schweden „als Mitglied der Europäischen Union den diesbezüglichen Gemeinschaftsvorschriften in vollem Umfang nachkommen wird." 3 2 1
Ein unvermeidbarer Konflikt ist aufgrund der hinreichend flexiblen Ausnahmebestimmungen der nationalen Zugangsregeln bislang nicht aufgetreten. In einigen Mitgliedstaaten stellt sich die Frage in der Praxis nicht oder wird nicht problematisiert, weil die nationale Verwaltung die Gemeinschaftsposition übernimmt und über eine Ausnahmebestimmung zum Schutz der internationalen Beziehungen umsetzt. 322 Dabei nehmen sie eine restriktivere Haltung ein als sonst üblich. 323 Die Befürchtungen der Gemeinschaft, die weniger am Normtext als an der Einstellung der Normanwender ansetzten, verdeutlicht die Rs. Svenska Journa-
3,9
Sobotta, Transparenz, S. 337; Bernitz, CMLRev 2001, 903 (911 ff.); Oberg, CYELS 1999, 303 (309 ff.). 320 Siehe Oberg, CYELS 1999, 303 (309 f.) mit Hinweis auf den Verfassungsausschuss des Parlaments. 321 Erklärungen 45 und 47 (ABl. 1994 C 241/397). Die norwegische Erklärung (Nr. 39) wurde mangels Beitritt bedeutungslos. 322 Etwa Finnland im Fall „Wittig", Jääskinen, CMLRev 1999, 407 (437). Siehe auch Söderman, RdMUE 1998, 19 (67) und Feik, Transparenz, S. 295. 323 Bradley, CDE 1999, 283 (356 f.). Zu einem niederländischen Fall siehe Besselink, MJ 1996, 165 ff.; Metten, Openness, S. 85 ff.; Riemann, Transparenz, S. 243 und Oberg, CYELS 1999, 303 (323), letzterer mit Hinweis auf die finnische Haltung und McDonagh, IJEL 2000, 216 (222) zur irischen Lage.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
listförbundef 2A, deren Sachverhalt sich unmittelbar nach dem Beitritt Schwedens ereignete. Die schwedische Journalistenvereinigung beantragte mit dem Ziel, die gemeinschaftlichen Zugangsregelungen zu testen, verschiedene Dokumente zu Europol sowohl bei schwedischen Behörden nach nationalem Zugangsrecht als auch beim Rat gemäß dem Beschluss 93/731. Während die schwedischen Behörden von den 20 angeforderten Gemeinschaftsdokumenten 18 zugänglich machten, gab der Rat von denselben Dokumenten insgesamt vier frei und behandelte die übrigen 16 als vertraulich. Im Verfahren warf der Rat Schweden vor, durch die Weitergabe der Dokumente ohne Genehmigung des Rates gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen zu haben, was Schweden verneinte (Tz. 56, 61). Die Frage wurde vom EuG in seinem Urteil in weiser Voraussicht nicht angesprochen, um seitens der Gemeinschaft eine Eskalation zu vermeiden. Angesichts dieser Lage hielt der Juristische Dienst des Rates nur eine Verordnung für ausreichend, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten nicht vom Gemeinschaftsrecht abweichende Entscheidungen fällen können. 325 Im Ergebnis wurde trotz der Bedenken Dänemarks, der Niederlande, Finnlands, Schwedens und Großbritanniens eine Verordnung und keine Richtlinie oder Entscheidung gewählt/ 26 Sie besitzt aber keine umfassende Bindungswirkung und strebt keine Harmonisierung an. Zur Herstellung eines gemeinschaftsweit annähernd gleichen Schutzstandards sieht die Verordnung Regelungen in den Art. 4 Abs. 4, 5 und 5 vor: Unproblematisch sind Anträge nach nationalem Recht auf Zugang zu nationalen Dokumenten und Anträge nach der Verordnung auf Zugang zu Gemeinschafts-
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Rs. T - l 74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet /Rat Slg. 1998 11-2289. Gutachten vom 5. April 2000 (Dok. 7594/00): Es ist offensichtlich, dass es sich um einen Rechtsakt handeln muss, der in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist, wenn er wirksam sein soll. Stünde es ungeachtet der Entscheidung eines Organs, ein bestimmtes Dokument nicht freizugeben, einem nationalen Beamten frei, Bestimmungen anzuwenden, die einen anderen Schluss zulassen, so wäre der aufgrund Art. 255 EG angenommene Rechtsakt nutzlos (Nr. 3). Jegliche Lösung, die den Mitgliedstaaten gestatten würde, nach Wunsch die Gemeinschaftsvorschriften außer acht zu lassen und statt dessen ihre eigenen nationalen Rechtsvorschriften auf den Zugang zu Dokumenten der EU-Organe anzuwenden, ist aus rechtlicher Sicht ausgeschlossen. Der Rechtsetzungsakt muss eine Verordnung sein, da nur diese Form von Rechtsakt die einheitliche Anwendung der Bestimmungen gewährleistet (Fazit). So auch Bock, DÖV 2002, 556 (557). 325
326
Curtin, Legal Issues, S. 79: RL oder Entscheidung, dies., Post Amsterdam, S. 115: VO; EEB und Schweden in HoL, Public Access, Tz. 51: Entscheidung an die Organe; Sobotta, Transparenz, S. 428: VO kein verhältnismäßiges Mittel iSv Art. 5 Abs. 3, Ziff. 6 des Subsidiaritätsprotokolls. Sobotta plädiert für eine RL gestützt auf Art. 308 EG, die alle Dokumente zur Durchführung des Unionsrechts einbezieht. (Der Juristische Dienst hatte eine Erstreckung gestützt auf Art. 308 EG abgelehnt, da Art. 255 EG speziell abschließend sei und es sich nicht um ein Ziel im Rahmen des Gemeinsamen Marktes handelt.). Des weiteren geht Sobotta von einer Bindung aufgrund eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes aus.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
dokumenten. Sofern nationale Anträge sich auf die Freigabe von Gemeinschaftsdokumenten richten, besteht ein Letztentscheidungsrecht des Mitgliedstaates (Art. 5 Abs. 1), verbunden mit einer Konsultationspflicht des Gemeinschaftsorgans und der Möglichkeit, den Antrag weiterzuleiten (Art. 5 Abs. 2). 3 2 7 Bei Anträgen gegenüber Gemeinschaftsorganen, die sich auf die Verordnung stützen und Zugang zu nationalen Dokumenten begehren, besitzt vergleichbar das Organ ein Letztentscheidungsrecht nach Konsultation (Art. 4 Abs. 4) bzw. nach Zustimmung des Mitgliedstaates (Art. 4 Abs. 5). Die Möglichkeit, den Antrag an die nationale Behörde weiterzuleiten, ist nicht vorgesehen. Insgesamt besitzen die Mitgliedstaaten eine stärkere Position, da sie in beiden Fällen über die Freigabe bestimmen. Art. 4 Abs. 4 und 5 treffen eine besitzbezogene Regelung für Dokumente Dritter im Besitz der drei Organe. Art. 5 verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einem bestimmten Vorgehen bei nationalen Anträgen auf Zugang zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission. Insoweit handelt es sich um eine urheberbezogene Regelung, die im Einklang mit Art. 255 Abs. 1 EG und Art. 1 a), 2 Abs. 1 der Verordnung steht. 328 Ein Widerspruch ergibt sich bei einer rein besitzbezogenen Auslegung des Art. 2 Abs. 3. Wie unter II. 2. a) ausgeführt, erlaubt dessen Wortlaut zwei Interpretationen. Bei einer rein besitzbezogenen Auslegung wäre nach Art. 2 Abs. 3 die Geltung der Verordnung auf Dokumente im Besitz der Organe Parlament, Rat und Kommission beschränkt, so dass es außerhalb des Geltungsbereichs läge, in Art. 5 den Zugang zu Dokumenten zu regeln, die sich nicht im Besitz der Gemeinschaftsorgane befinden. Bei teilweise besitzbezogener und teilweise urheberbezogener Auslegung regelt die Verordnung dagegen den Zugang für alle Dokumente, die von den drei Organen erstellt wurden, unabhängig davon, ob sie sich in ihrem Besitz befinden, und für Dokumente, die von außen eingegangen sind, nur insoweit, als sie bei Antragstellung noch in ihrem Besitz befinden. Dadurch wird ein Widerspruch zwischen Art. 5 und Art. 2 Abs. 3 der VO vermieden, so dass diese Lösung vorzugswürdig ist. Allerdings hätte die Gemeinschaft nach diesem Verständnis die Kompetenz gehabt, das Zugangsverfahren zu ihren Dokumenten zu regeln, wenn sie sich im Besitz der Mitgliedstaaten oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen befinden. Von dieser Kompetenz hätte die Gemeinschaft bezogen auf die Mitgliedstaaten nur eingeschränkt Gebrauch gemacht. Wie gleich zu erörtern sein wird, beschränken sich die Vorgaben auf eine Präzisierung der allgemeinen Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit (vgl. Erwägung 15), wie sie nach 327
Vgl. Art. 5, 3 Uabs. 2 Anhang III der GO des Rates. Der Rat antwortet unverzüglich unter Berücksichtigung der vom Mitgliedstaat einzuhaltenden Frist, spätestens binnen 5 Arbeitstagen. Siehe die Entscheidung des Bürgerbeauftragten 302/2001/PB vom 3. Juli 2002 zu einem solchen Vorgehen aus der Zeit vor dem Inkrafltreten der VO. 328 Vgl. Sobotta, Transparenz, S. 428: der Adressat der Verpflichtung bleibt in Art. 255 Abs. 1 EG offen.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Art. 10 EG besteht. Unverständlich wäre weiter, wieso sie keine vergleichbare Regelung in bezug auf die anderen Gemeinschaftseinrichtungen getroffen hat. Die „Gemeinsame Erklärung" stellt sich als bewusste Nichtausübung der Kompetenz dar, während sie nach der anderen (rein besitzbezogenen) Auslegung lediglich die Folge des Art. 2 Abs. 3 gewesen wäre. Das Ausweichen in Art. 5 auf das interpretationsfähige „Prinzip loyaler Kooperation" geht auf die Kommission zurück (Erwägung 12 KOM(2000) 30 endg./2), die versuchte, den Konflikt zu entschärfen, als ein Vorrang der Verordnung gegenüber nationalem Zugangsrecht nicht durchsetzbar erschien. 329 Während Teile des Rates sich dafür einsetzten, dass die Mitgliedstaaten die Anträge an das Gemeinschaftsorgan weiterleiten müssen330, betonte das Parlament stets das Letztentscheidungsrecht der Mitgliedstaaten.331 Art. 5 Abs. 1 der Verordnung bildete einen Kompromiss, bei dem die Konsultationspflicht, deren Reichweite und Bindung über Art. 10 EG offen ist, und die Möglichkeit, den Antrag an die Gemeinschaft weiterzuleiten (Art. 5 Abs. 2), dem Rat zuzuschreiben sind, während das Parlament formal das Letztentscheidungsrecht der Mitgliedstaaten und die Durchbrechung der Konsultation in „klaren" Fällen durchgesetzt hat. 332 Nach dem „Prinzip der loyalen Zusammenarbeit" (Art. 10 EG) darf die Entscheidung des Mitgliedstaates die Verwirklichung der Ziele und die ordnungsgemäße Anwendung der Verordnung nicht beeinträchtigen (Erwägung 15). 333 Aufgrund der Unbestimmtheit des Art. 10 EG ist es schwierig, konkrete Handlungs- oder Unterlassungspflichten der Mitgliedstaaten abzuleiten. Sie ergeben sich in Verbindung mit spezielleren Vorschriften, hier Erwägung 15 und 329
Erwägung 14 des Kommissionsvorschlags vom 29.11.1999 SG.C.2/VI.CD D(98) 159/2: „Member states must abide by the principles and limits established by this regulation, when they receive requests for access to documents drawn up by one of the institutions.". Der Bundesrat (Drs. 113/00 S. 3) lehnte selbst den Kompromiss in Erwägung 12 ab. Mangels Befugnis sei der Hinweis auf die Loyalitätspflicht ersatzlos zu streichen. 330 Erwägung 14, Art. 5 Abs. 5 Dok. 14938/00 vom 22.12.2000; Art. 5 Abs. 5 SN 1296/01, SN 1652/01, SN 1715/01. Die Frage blieb innerhalb des Rates bis zuletzt umstritten. 331 Art. 4 d) A5-0318/2000 vom 16.11.2000. Bei sensiblen Dokumenten kam das Parlament dem Rat entgegen: Art. 7 SN 1715/01. Art. 4 a) PE 294.327/1-30 vom 22.3.2001. 332 Bock, DÖV 2002, 556 (557) geht vom Vorrang der VO nach Art. 249 EG aus, was der differenzierten Regelung (Konsultation, Erwägung 15, Art. 5 Abs. 2) nicht gerecht wird. 333 Eine solche Pflicht besteht auch unter den Gemeinschaftsorganen und kann Gegenstand interinstitutioneller Vereinbarungen sein, Erklärung Nr. 3 zum Vertrag von Nizza zu Art. 10 EG (ABl. 2001 C 80/77); Hatje, Loyalität, S. 63 ff.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Art. 5. 3 3 4 Bedeutsam wird die Frage nur, wenn das nationale Recht zu abweichenden Ergebnissen führt. 335 Aus der Art der Abweichung lassen sich dann Pflichten ableiten, ζ. B. die gemeinschaftskonforme Auslegung nationaler Vorschriften (Wahrung eines gemeinsamen Sicherheitsstandards als öffentliches Interesse; Schutz der internationalen Beziehungen) oder eine Ermessensreduzierung, wobei Art. 10 EG ergebnisorientiert ist und dem Mitgliedstaat die Wahl des Mittels überlässt. 336 Ausgeschlossen ist, das Ermessen in Art. 5 Abs. 2 auf einen Übermittlungszwang zu reduzieren, indem man Art. 5 Abs. 1 dahin interpretiert, das bestimmte Fälle der Freigabe nach nationalem Recht immer Ziele der Verordnung beeinträchtigen. In der Praxis sind abgesehen von der Rechtskeine Probleme bekannt geworden. Die sache Svenska JournalistfÖrbundet Mitgliedstaaten konsultieren vor Herausgabe das Organ und fügen sich einer negativen Stellungnahme, indem sie die Ausnahme ihrer eigenen Vorschriften, ζ. B. zum Schutz der internationalen Beziehungen, anwenden.337 Allerdings bleiben die Informationen der Mitgliedstaaten hierzu bruchstückhaft, so dass kein klares Bild besteht.338 Die späte Ergänzung der Erwägung 15, „dass sie [die Mitgliedstaaten] die Sicherheitsbestimmungen der Organe beachten sollen",
entspricht der in Erwägung 7 3 3 9 , richtet sich hier allerdings an die Mitgliedstaaten. Sie geht auf eine gutachterliche Empfehlung des Juristischen Dienstes vom 19. März 2001 zurück. Danach soll die Freigabe klassifizierter Dokumente ihre Deklassifizierung nach den Sicherheitsbestimmungen des Organs voraussetzen.340 Das setzt die Genehmigung des Urhebers voraus 341 und würde den
334 Temple Lang, ELRev 2001, 84 (87). Generelle Ausprägung der Gemeinschaftstreue sind die Pflicht zur Mitwirkung, Kooperation und Rücksichtnahme. 335 Temple Lang, ELRev 2001, 84 ff.; Kahl, in: Calliess /Ruffert, Art. 10 Rn. 3, 7. 336 Schwarze / Hatje, Art. 10 Rn. 13, 16, 27, 29; zur Auslegung auch Dörr, in: Sodan /Ziekow Tz. 388. Ergebnisorientiert Temple Lang, ELRev 2001, 84 (92). 337 Wölker, Transparenz, S. 115 f.; Riemann, Transparenz, S. 245; Biondi, EBLR 1998, 221 (223) kehrt hierfür die Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 1 J Zwartveld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405 um (dort Freigabepflicht der Gemeinschaft gegenüber mitgliedstaatlichen Behörden). Sobotta, Transparenz, S. 427 sieht eine rechtsgrundsätzliche Verpflichtung. Siehe auch Erklärung Nr. 19 zum Vertrag über die Europäische Union. Nach Heitsch, Verordnung, S. 69 soll das Organ gegenüber dem Mitgliedstaat eine verbindliche Entscheidung erlassen können, wobei jedoch die Rechtsgrundlage unklar bleibt. 338 KOM(2004) 45 endg., unter 3.8. 339 Näher zur Ergänzung unter VII. 4. 340 Dok 7184/01 Nr. 12, insbesondere Fn. 10. 341 Teil II Abschnitt III Nr. 9 der Sicherheitsbestimmungen des Rates vom 19. März 2001 (ABl 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
Mitgliedstaaten das Letztentscheidungsrecht entziehen. Die Zulässigkeit der Ergänzung geht damit über das Prinzip loyaler Kooperation nach Art. 10 EG weit hinaus und ist mit diesem Inhalt abzulehnen.342 Bedeutsam ist, dass die Konsultation durch den Mitgliedstaat gemäß Art. 5 Abs. 1 nur erfolgen soll, sofern die Entscheidung für oder wider die Freigabe nicht „klar" ist. Die Formulierung entspricht der in Art. 4 Abs. 4. Dort räumt sie dem Organ einen Spielraum ein, ob der Dritte konsultiert wird, hier dem Mitgliedstaat gegenüber dem Gemeinschaftsorgan. Die Situation, in der „klar" ist, dass eine Verbreitung erfolgen muss bzw. nicht darf, ist bei Art. 5 Abs. 1 trotz gleichen Wortlauts anders als bei Art. 4 Abs. 4. Denn die Konsultation, die infolgedessen überflüssig wird, verfolgt in Art. 4 Abs. 4 und 5 Abs. 1 einen unterschiedlichen Zweck: Bei Art. 4 Abs. 4 erfolgt sie, um festzustellen, ob eine Ausnahme der Verordnung einschlägig ist, während sie bei Art. 5 Abs. 1 darauf gerichtet ist, eine nationale Entscheidung zu treffen, die die Verwirklichung der Ziele der Verordnung nicht beeinträchtigt. Dementsprechend führt der Dritte bei Art. 4 Abs. 4 Ausnahmen der Verordnungen auf, die das Organ berücksichtigen sollte, während das Organ bei Art. 5 Abs. 1 nicht nationale Ausnahmen nennt, die der Mitgliedstaat beachten soll, sondern Ziele der Verordnung, die durch eine Freigabe beeinträchtigt würden. Dass ein Dokument verbreitet werden muss oder nicht darf, ist demnach „klar", wenn eindeutig feststeht, ob die Freigabe Ziele der Verordnung beeinträchtigt (wenn ζ. B. das Gemeinschaftsorgan Zugang zu denselben Dokumenten bereits verweigert hat). Indem als Ausgangspunkt in Art. 4 Abs. 4 und 5 Abs. 1 die Gemeinschaftsverordnung gewählt wird, wird eine einheitliche Anwendung gewährleistet. Abweichungen sind jetzt nur bei der Auslegung der Ziele der Verordnung durch die Mitgliedstaaten möglich, der eine einheitliche Rechtsprechung durch den EuGH entgegenwirkt. Wäre Art. 5 Abs. 1 parallel zu Art. 4 Abs. 4 aufgebaut und würde sich auf die mitgliedstaatlichen Ausnahmeregelungen beziehen, würden die Konstellationen, in denen die Verbreitung oder Nichtverbreitung „klar" ist, dagegen je nach Offenheit der nationalen Zugangsregelung voneinander abweichen. Erst Ende April 2001 wurde Art. 5 Abs. 2 eingefügt, wonach Mitgliedstaaten Anträge nach Gemeinschaftsdokumenten auch an das Organ weiterleiten können. Aus Sicht der Gemeinschaft ist dabei vorteilhaft, dass ein einheitlicher Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten durch das Organ selbst sichergestellt wird. Zugangsverfahren und Rechtsschutz richten sich nach Gemeinschaftsrecht. Der Kompromisscharakter des Art. 5 Abs. 2 spiegelt sich darin wider, dass es sich um eine Ermessensregelung handelt. Allein deshalb erscheint sie auch noch mit 2004 L 63/48.). 17.3. der Sicherheitsbestimmungen der Kommission vom 29. November 2001 (ABl. 2001 L 317/1). 342 So auch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (341).
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
den Grenzen des Grundsatzes loyaler Zusammenarbeit nach Art. 10 EG vereinbar. Hieraus ergibt sich aber die Gefahr, dass nur einige Mitgliedstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen, Anträge weiterzuleiten und Verfahren und Rechtsschutz teilweise gemeinschaftsrechtlich und teilweise national gewährleistet werden. Aus Gründen der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit kann der Mitgliedstaat dabei sein Ermessen nicht von Fall zu Fall bestimmen, sondern muss in einer generell abstrakten Regelung rechtsverbindlich festlegen, ob und unter welchen Umständen er Anträge an die Gemeinschaft weiterleitet. Die Weiterleitung muss zu Beginn des Verfahrens, vor der Konsultation erfolgen, weil das unterschiedliche Verfahren (Ausnahmen, Kosten, Fristen) und der abweichende Rechtsschutz dem Antragsteller von Anfang an bewusst sein müssen. Ebenso muss vor der Konsultation feststehen, ob die Gemeinschaft oder der Mitgliedstaat die Letztentscheidung trifft. Berücksichtigt man die Rs. van der Wal II, bleibt unklar, weshalb das Gemeinschaftsrecht nicht durch eine Konsultation ausreichend geschützt wird und eine Übermittlung des Antrags erforderlich ist. Dort hatte der EuGH entschieden, um einen weitestgehenden Zugang zu gewährleisten und dem nationalen Recht ausreichend Beachtung zu verschaffen, sei es nur erforderlich, dass das Organ das nationale Gericht konsultiert. Der Schutz der Verfahrensautonomie der nationalen Gerichte werde ausreichend durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet. 343 Damit war das Organ zu einer eigenen Entscheidung verpflichtet. Dem entspräche, bezogen auf die nationale Behörde, das Verfahren des Art. 5 Abs. 1 (Letztentscheidung nach Konsultation), nicht aber des Art. 5 Abs. 2 (Abgabe der Frage). Das in Art. 5 Abs. 2 eröffnete Ermessen sollte daher im Einklang mit Art. 10 EG so ausgelegt werden, dass die Mitgliedstaaten nur aus besonderen Gründen zur Übertragung der Entscheidungsbefugnis an das Gemeinschaftsorgan befugt sind. Insgesamt zeigt sich, dass, entgegen der Erwägung 15, die Verordnung Änderungen des nationalen Rechts, jedenfalls aber seiner Anwendung, anstrebt und bewirkt. 344 Wegen der Unvereinbarkeit eines dokument- und organbezogenen Zugangsrechts innerhalb eines Rechtsaktes hätte das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten, wie gegenüber den übrigen Gemeinschaftseinrichtungen, in Form einer Erklärung außerhalb der Verordnung erfolgen sollen. Letztlich weist nämlich auch die „Gemeinsame Erklärung" auf die Loyalitätspflichten unter den Gemeinschaftsinstitutionen hin 3 4 5 , da die Möglichkeit besteht, dass eine Einrichtung eine sehr offene Zugangsregelung trifft und Dokumente der drei Organe gegen ihren Willen freigibt. Dass nur gegenüber den Mitgliedstaaten eine 343 Rs. C - l 74/98 und C-198/98, 11.2.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission (van der Wal II) Slg. 2000 1-1 Tz. 27, 28. 344 So auch Partsch, NJW 2001, 3154 (3156); Bock DÖV 2002, 556 (557); Feik Transparenz, S. 295; de Leeuw, ELRev 2003, 324 (340). 345 Siehe auch Erklärung Nr. 3 zum Vertrag von Nizza zu Art. 10 EG (ABl. 2001 C 80/77).
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Regelung innerhalb der Verordnung versucht wurde, zeugt von der größeren praktischen Relevanz beim Dokumentaustausch und den größeren Befürchtungen gegenüber offenen mitgliedstaatlichen Regelungen.
V. Die Behandlung von Anträgen (Erwägung 13; Art. 6; 7; 8; 9 Abs. 2) Das bisherige Verfahren zur Behandlung der Zugangsanträge hat sich bewährt. Die vom Rat beklagte Schwerfälligkeit bei der Behandlung von Zweitanträgen beruht auf seiner organinternen Aufgabenverteilung. Die Verordnung hat das zweistufige Zugangsverfahren daher weitgehend beibehalten und lediglich einige praktisch relevante Erleichterungen für die Antragsteller eingeführt. 346
7. Anforderungen
an den Antrag (Art. 6 Abs. 1, 2)
Anträge müssen schriftlich, können aber in elektronischer Form (E-Mail) erfolgen, eine Anpassung an die geltende Praxis. 347 E-Mails und Direktzugang (Art. 12) gewährleisten einen anonymen Zugang. 348 Der Antrag muss in einer der in Art. 314 EG genannten Sprachen erfolgen, was bislang trotz umfassender Zugangsberechtigung nicht zu Problemen führte. Im Hinblick auf Art. 21 EG kommt der Feststellung klarstellende Bedeutung zu. Entsprechend den Urteilen in den Rs. Interporc I und Svenska Journalistförbundet 349 ist erstmals festgehalten, dass als wesentlicher Kern des allgemeinen Zugangsrechts keine Begründung erforderlich ist. 3 5 0 Faktisch sollte der Zweitantrag begründet werden, da es 346 Zum Verfahren der Beschlüsse 93/731 und 94/90: Roger, DVB1. 1994, 1182 (1186 ff.); Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 (156), dies., IF-R/UIG-Kommentar D III 2 Tz. 79 ff. Zur Schwerfälligkeit: Zweiter Zweijahresbericht des Rates, 3.5. 347 Dritter Zweijahresbericht des Rates unter 3.; empfohlen in HoL, Public Access, Tz. 133. Nach Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8 Fn. 115 haben früher Parlament und Rechnungshof Anfragen per E-Mail als nicht ausreichend angesehen, da bei schriftlichen Anträgen eine Unterschrift erforderlich sei. 348 KOM(2004) 45 endg., unter 4.1. Riemann, Transparenz, S. 234. Das Parlament verlangt Namen und Anschrift (Art. 8 Abs. 2 Präsidiumsbeschluss, ABl. 2001 C 374/1). Ihr Fehlen ist kein Hinderungsgrund, wenn eine elektronische Übermittlung möglich ist, sondern nur bei postalischer Übermittlung mangels Zustelladresse. Auch die Einsichtnahme vor Ort erfordert bei Betreten des Gebäudes regelmäßig aus Sicherheitsgründen die Offenbarung der Identität {Sobotta, Transparenz, S. 348). 349 Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 48; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 65, 109. 350 Vgl. Art. Art. 4 Abs. 1 a) Aarhus-Konvention. Anders der frühere Beschluss der EIB (ABl. 1997 C 243/13).
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
die Ablehnungsgründe des Erstantrags zu entkräften und das überwiegende öffentliche Interesse (Art. 4 Abs. 2, 3) darzulegen gilt. 3 5 1 Ferner wird ein besonderes Zugangsinteresse nur berücksichtigt, wenn es bekannt ist, mithin offensichtlich oder mitgeteilt. 352 Der Antrag muss hinreichend präzise abgefasst sein, wobei das Organ gegebenenfalls zur Präzisierung auffordern und Hilfe leisten muss (Art. 6 Abs. 2). Insoweit besteht eine Schutzfunktion zugunsten des Organs. Der Antragsteller ist gezwungen, sich selbst über sein Informationsbegehren Klarheit zu verschaffen, andererseits muss es jedermann möglich sein, von seinem Zugangsrecht Gebrauch zu machen. Der Verweis auf das Register und die Erläuterung seiner Funktionsweise ist nur eine Möglichkeit der Hilfestellung. Eine teilweise Beantwortung unpräziser Anträge scheidet aus. 353 Die Bearbeitungsfrist beginnt erst, wenn Angaben vorliegen, die eine Identifizierung des Dokuments ermöglichen.
2. Der Verfahrensablauf
nach der Verordnung (Art. 7, 8)
Die Verordnung übernimmt die bisherige zweistufige Verfahrensgestaltung, die als weitgehend problemlos und kaum veränderungsbedürftig empfunden wurde. Bislang sahen die Zugangsbeschlüsse vor, dass im Falle einer Zugangsverweigerung auf die Einreichung eines Erstantrags hin keine ablehnende Entscheidung des Organs erfolgt, sondern lediglich die Mitteilung der Dienststelle, dass das Organ beabsichtige, den Antrag abzulehnen. Durch einen Zweitantrag konnte der Antragsteller das Organ um Überprüfung dieses Standpunktes ersuchen (Art. 7 Abs. 1 Beschluss 93/731; Art. 2 Abs. 2 Beschluss 94/90; Art. 3 Abs. 3 Beschluss 97/632). Erst wenn das Organ auf den Zweitantrag hin bei seiner Verweigerung blieb, erging eine ablehnende Entscheidung, gegen die Rechtsmittel zum EuG oder Beschwerde zum Bürgerbeauftragten möglich war. 354 Aus Art. 7 Abs. 1 der Verordnung geht nicht mit derselben Deutlichkeit hervor, dass die vollständige oder teilweise Ablehnung eine Mitteilung der beabsichtigten Ablehnungsentscheidung ist. Es ergibt sich aber aus Art. 7 Abs. 2,
351
Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (684); Feik, Transparenz, S. 297; Lenz / Hetmaier, Art. 255 Rn. 10; ECAS, Transparency & Access to EU Documents, January 2004 unter I., 2., Β. Zur Widerlegungspflicht des Organs im Zweitantrag: Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer/Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 46. 352 Rs. T - l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International / Kommission Slg. 2001 11-2997 Tz. 42, 44, 45. 353 Nach Sobotta, Transparenz, S. 353 f. war das die frühere Praxis. Das Problem entschärft sich durch das Register und die zwingende Aufforderung zu Präzisierung samt Hilfspflicht. 354 Rs. T-47/01, 16.10.2003 Co Frutta / Kommission Tz. 28, 31.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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wonach der Antragsteller nach Eingang des Antwortschreibens das Organ durch einen Zweitantrag um eine Überprüfung seines Standpunktes ersuchen kann. Dass es sich um eine unverbindliche Mitteilung handelt, ist daran erkennbar, dass sie den Antragsteller nur zu einem Zweitantrag berechtigt (Art. 7 Abs. 1) und eine Klage- bzw. Beschwerdemöglichkeit nur bei Ablehnung des Zweitantrags eröffnet wird (Art. 8 Abs. 1, 3). Dieselben Möglichkeiten sehen Art. 7 Abs. 4 und 8 Abs. 3 für den Fall vor, dass das Organ nicht oder nicht fristgemäß tätig wird, indem sie eine unverbindliche Mitteilung bzw. einen abschlägigen Bescheid fingieren. 355 Um eine gerichtlich angreifbare Entscheidung zu erhalten, ist der Antragsteller damit gezwungen, rechtzeitig einen Zweitantrag zu stellen (Art. 7 Abs. 2). 3 5 6 Den Grund für das Verfahren, dessen Ursprung wohl im französischen Verwaltungsrecht liegt 357 , sieht Roger darin, dass eine verbindliche Entscheidung über die Verweigerung nicht von einer unteren Dienststelle, sondern vom Organ selbst getroffen werden soll. Andererseits soll eine Überlastung der Organe verhindert werden, indem sie nicht über jede in Betracht zu ziehende Ablehnung entscheiden. Durch die Mitteilung der beabsichtigten Ablehnung, wird eine verbindliche Entscheidung hinausgeschoben und auf die Fälle begrenzt, in denen ein Zweitantrag eingereicht wird. 3 5 8 Beim Rat sind Anträge an den Generalsekretär des Rates zu richten. 359 Erstanträge werden von den zuständigen Dienststellen des Generalsekretariats im Namen des Rates bearbeitet, Zweitanträge nach Vorarbeiten durch die Arbeitsgruppe Informationen und den AStV vom Rat selbst (Art. 6 bis 8 Anhang III der GO des Rates). Das vom Rat als schwerfällig bezeichnete Verfahren hat eine steigenden Zahl von Anträgen bei verkürzter Frist zu bewältigen. Bei der Kommission sind Anträge an das Generalsekretariat der Europäischen Kommission, die zuständige Generaldirektion oder den zuständigen Dienst zu richten
355 Bislang war unklar, ob die Fiktion zur Stellung des Zweitantrags berechtigt, weil der Kodex 93/730 das nur im Falle einer tatsächlich ablehnenden Mitteilung vorsah, nicht im Falle einer fingierten Ablehnung durch Untätigkeit. Der Ratsbeschluss 93/731 behalf sich mit der echten Fiktion einer Ablehnung (Art. 7 Abs. 2), bei der Kommission musste sinnvollerweise ebenfalls davon ausgegangen werden. Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 (157), dies., IF-R/UIG-Kommentar D III 2 Tz 118 f. 356 Ein nicht rechtzeitig gestellter Zweitantrag ist als erneuter Erstantrag zu werten. 357 Fluck / Theuer, EWS 1994, 154 (157 f.), dies., IF-R/UIG-Kommentar D III 2 Tz. 96, 120: „décision implicite de rejet". 358 Roger, DVB1. 1994, 1082(1088). 359 Art. 6 Anhang III der GO: Rue de la Loi 175, Β-1048 Brüssel (Fax: 322 - 285 63 61) oder per E-Mail an [email protected]. (Dienststelle Transparenz). Allgemeine Auskünfte erteilt die Dienststelle Information der Öffentlichkeit unter [email protected].
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
(Art. 2 Abs. 1, 10 Durchführungsbestimmungen im Anhang der GO). 3 6 0 Erstanträge entscheiden die Generaldirektoren und Leiter der zuständigen Dienste. Zweitanträge entscheidet der Generalsekretär unterstützt durch die Generaldirektion oder den Dienst (Art. 4 der Durchführungsbestimmungen). 361 Beim Parlament wird der Antrag von der Dienststelle für das Bezugsregister registriert, empfangsbestätigt und anschließend an die zuständige Dienststelle bzw. das Gremium weitergeleitet (Art. 9 des Präsidiumsbeschlusses).362 Erstanträge behandelt auf Vorschlag der zuständigen Stelle bzw. des Gremiums der Generalsekretär auf Weisung des Präsidenten und des nach Art. 172 Abs. 6 GO des EP zuständigen Vizepräsidenten. Das Präsidium des Parlaments wird informiert. Zweitanträge beantwortet das Präsidium auf Vorschlag des Generalsekretärs und des Vizepräsidenten nach Stellungnahme des Juristischen Dienstes und des Datenschutzbeauftragten binnen drei Arbeitstagen (Art. 12 Abs. 1,3; 15 Abs. 1, 2, 3 des Präsidiumsbeschlusses).
3. Antrag nach sehr umfangreichen oder einer sehr großen Zahl von Dokumenten (Art. 6 Abs. 3; 7 Abs. 3; 8 Abs. 2) Art. 6 Abs. 3 ist aufgrund mehrerer von der Bürgerrechtsgruppe STATEWATCH eingelegten Beschwerden beim Bürgerbeauftragten neugefasst worden. 363 Weggefallen ist der Mehrfachantrag, d.h. der wiederholte Antrag nach demselben Dokument. Damit ist der Versuch des Rates gescheitert, systematische Dokumentnachfragen als missbräuchlich zu unterbinden. Die Einschränkung im Verhaltenskodex für die Bediensteten des Parlaments ist nicht mehr anwendbar. 364 Das gilt auch für Art. 23 der Durchführungsbestimmungen des Parla-
360 Referat SG/B/2 „Transparenz, Zugang zu Dokumenten und Beziehungen zur Zivilgesellschaft", Rue de la Loi/Wetstraat 200, B-1049 Brüssel (Fax: 322 / 296 72 42) oder den Vertretungen in den Mitgliedstaaten. Näher der Leitfaden der Kommission (http://www.europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/docs/guide_en.pdf ). 361 Eine Sonderregelung besteht für OLAF, vgl. Art. 3 Abs. 3, 4; 4 Abs. 1, 3. 362 Dienstelle „Elektronisches Register der Dokumente", Rue Wirtz, B-1047 Brüssel (Fax: 322 / 284 90 17) oder Plateau du Kirchberg, BP 1601, L-2929 Luxembourg (Fax: 352 / 4300 22978), [email protected] ; Beschluss über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, ABl. 2001 C 374/1 vom 29.12.2001. 363 Dritter Abschnitt Β. II. 3. b). Zur Praxis von STATE WATCH: Sobotta, Transparenz, S. 356 und Bunyan (Herausgeber des STATEWATCH-Bulletin), Secrecy, S. 21 ff. 364 Leitfaden für die Pflichten der Beamten und Bediensteten des Europäischen Parlaments vom 5.4.2000 (ABl. 2000 C 97/1) unter III. B. 5.: Anträgen, die nach Zahl, Wiederholungscharakter oder Systematik einen Missbrauch darstellen, braucht nicht entsprochen zu werden.
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ments, der weiterhin für den Fall von sich wiederholenden oder aufeinanderfolgenden Anträgen eine angemessene Lösung vorsieht. 365 Es begegnet Bedenken, wenn die Organe systematisch oder wiederholt vorgetragene Anträge als missbräuliche einstufen, wenn sie „offensichtlich dazu dienen, regelmäßige Kampagnen zu nähren, die der Politik der Gemeinschaft grundsätzlich feindselig gegenüberstehen." 366
Eine solche Bewertung steht den Organen nicht zu und ein Antrag kann allein hierauf gestützt nicht abgelehnt werden. 367 Der Antrag nach umfangreichen Dokumenten ist erweitert worden. Neben einzelnen Dokumenten, die nun ,jehr umfangreich" sein müssen, werden jetzt auch eine „sehr große Zahl" kleinerer Dokumente erfasst. Beim Bürgerbeauftragten war der Rat mit dieser Interpretation des alten Wortlauts gescheitert. Der Begriff sei aus Gründen der Rechtssicherheit ungeeignet, da für den Antragsteller nicht ersichtlich sei, wie viele Dokumente er nachfragen kann, bevor es zu einer „angemessenen Lösung" kommt. Damit werde den Organen ein übermäßiger Ermessensspielraum eingeräumt. Eine ungefähre Anzahl wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht genannt und findet sich auch in keiner der Durchführungsvorschriften. Maßstab für beide Kategorien ist der Aufwand für das Organ, der bei großen Dokumenten in der Vervielfältigung und dem Versand vieler Seiten liegt, bei einer großen Zahl beantragter Dokumente im Auffinden und Heraussuchen der Dokumente. Die Problematik ist eng verknüpft mit unpräzisen Anträgen, für die eine Hilfspflicht der Organe besteht (Art. 6 Abs. 2). In einigen Fällen hat sich die Kommission in Analogie zum partiellen Zugang auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen, weil der Aufwand der Bearbeitung den Grundsatz einer guten Verwaltung beeinträchtigen würde. 368 In zwei Fällen kam es daraufhin zu Klagen. 369 Eine Reihe von Gründen spricht dafür, die Seiten- wie die Dokumentzahl sehr hoch anzusiedeln: Die Anzahl ist unabhängig vom Kostenaufwand, der in Rechnung gestellt wird (Art. 10 Abs. I ) . 3 7 0 Dem zeitlichen und personellen Aufwand beim Zusammenstellen und Vervielfältigen trägt die Verordnung in
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Beschluss des Präsidiums über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, ABl. 2001 C 374/1. So auch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (345). 366 KOM(2004) 45 endg., unter 4.3. 367 So auch Riemann, Transparenz, S. 231. 368 KOM(2004) 45 endg., unter 4.3. Dazu oben III. 4. 369 Rs. T-l70/03, 14.5.2003 British American Tobacco / Kommission, ABl. 2003 C 171/39, 19.7.2003; Rs. T-2/03, 7.1.2003, Verein für Konsumenteninformation (VKI) / Kommission, ABl. 2003 C 55/37, 8.3.2003. 370 Antragsteller (ζ. B. Unternehmen oder Anwaltskanzleien) sind teilweise zu hohen Kosten bereit, um bestimmte Dokumente zu erhalten {HoL, Public Access, Tz. 137).
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Art. 7 Abs. 3 und 8 Abs. 2 ausdrücklich Rechnung, wonach die Frist um weitere 15 Arbeitstage verdoppelt werden kann. 371 Dort wird gleichzeitig ausgedrückt, das es sich um seltene Ausnahmefälle handelt, bei denen die Anzahl weit über dem Durchschnitt liegt. Bei automatisierten Kopiervorgängen sinken Aufwand und Kosten pro Seite mit steigender Seitenzahl. Die primärrechtliche Verankerung und die Aufnahme in Art. 42 der Grundrechtscharta von Nizza kennzeichnen den hohen Wert des Zugangsanspruchs, der nur durch eine besonders schwere Belastung der Verwaltung eingeschränkt werden darf. Dabei geht die Verordnung in Erwägung 2 davon aus, dass bei einer Gesamtbetrachtung Transparenz durch Zugang zu Dokumenten die Effizienz der Verwaltung gegenüber dem Bürger steigert. 372 Die elektronische Archivierung, Vervielfältigung und Übermittlung von Dateien erlangt immer größere Bedeutung und verdrängt aufwendiges Suchen und Handkopieren. Die elektronische Vervielfältigung und der elektronische Versand eines 1000 Seiten langen Dokuments ist nicht aufwendiger als der eines zehnseitigen. Bei digitalisierten Dateien gestaltet sich der Zugang daher weitestgehend unabhängig von der Seitenzahl. Das Auffinden und Heraussuchen vieler Dokumente wird bei einer elektronischen Archivierung ebenfalls erheblich erleichtert, zumal bei solchen Anträgen in der Regel bestimmte Dokumentgruppen ersucht werden (ζ. B. alle Tagesordnungen eines bestimmten Zeitraumes), die elektronisch und konventionell in einem Verzeichnis abgelegt sind. Schließlich darf es einem Antragsteller, der in bestimmten Bereichen auf dem Laufenden bleiben will oder muss, nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass die Gemeinschaft eine Vielzahl von umfangreichen Dokumenten produziert. 373 Gestützt auf die statistischen Angaben der Jahresberichte und die aus Gerichts» oder Beschwerdeverfahren bekannt gewordenen Zahlen, ist bei konventionellen Akten ein sehr umfangreiches Dokument etwa ab 500 Druckseiten anzunehmen und eine sehr große Zahl von Dokumenten ab 100 beantragten Dokumenten. 374
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Das Parlament vertrat bis zuletzt, dass bei sehr großen oder vielen Dokumenten lediglich die Fristen verlängert und die Kosten auferlegt werden können, Anträge aber immer vollständig bearbeitet werden (Art. 5a Abs. 3, 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 PE 294.327/130 vom 20.2. und 22.3.2001). Die Aarhus-Konvention sieht eine Fristverdoppelung um einen Monat vor, offensichtlich missbräuchliche Anträge können abgelehnt werden (Art. 4 Abs. 7; Abs. 2 c)). 372 So auch das schwedische Verständnis: Larsson, How open, S. 51. 373 Hallo, EEB Comments zu Art. 5: Die Dokumentgröße bestimmt die Einrichtung, nicht der Bürger (http://www.eeb.org/publication/access_to_documents_.htm ). Siehe etwa die endgültige Feststellung des Haushaltsplanes für das Jahr 2004, ABl. 2004 L 53/1 ff., die über 2000 Seiten stark ist. 374 In seinem ersten Zweijahresbericht (3.2.) hielt der Rat es für überzogen, dass ein Antragsteller im Berichtszeitraum (1994/95) 14 Anträge gestellt hat, die 150 Dokumente betrafen, im Zweiten Zweijahresbericht zwei Antragsteller 62 bzw. 55 Anträgen nach
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Für die Berücksichtigung sehr großer oder umfangreicher Dokumente ist weiter zu beachten, dass nach der Empfehlungspraxis des Bürgerbeauftragten nicht mehrere Anträge zusammengefasst werden dürfen. Auch hier besteht aus Gründen der Rechtssicherheit ein zu großes Ermessen des Organs, wie viele und welche Zeiträume zusammengefasst werden. 375 Diese Feststellung erlangt unter der Verordnung besondere Bedeutung, da eine verbindliche Entscheidung durch den Gerichtshof aussteht. Bislang waren nur wiederholte Anträge nach einem Dokument oder Anträge nach einem umfangreichen Dokument erfasst, nicht aber Anträge nach einer umfangreichen Anzahl von Dokumenten. Da nur ein Dokument betroffen war, war es nicht möglich einen Antrag zu stückeln und in mehreren Anträgen jeweils eine kleine Zahl von Dokumenten nachzufragen. Durch die Aufnahme der Kategorie der „sehr großen Zahl" von Dokumenten besitzen Antragsteller hierzu nun einen Anreiz, um „angemessene Lösungen" zu umgehen/ 76 Bei umfangreichen Anträgen bemühte sich der Rat bislang um eine angemessene Lösung, statt sie, wie der Verhaltenskodex, zwingend herbeizuführen. Im Gegensatz zum Kodex erfolgte sie nicht im Benehmen mit dem Antragsteller. In der Praxis gab der Rat einen Teil der nachgefragten Dokumente frei, in der Regel jüngeren Datums, wobei der Umfang unvorhersehbar war. Nach dem Wortlaut der Verordnung „kann" sich das Organ mit dem Antragsteller über eine angemessene Lösung informell beraten, muss aber nicht. Abgesehen von unerträglichen Missbrauchsfällen, spricht aber der Zweck der Verordnung, größtmöglichen Zugangs zu gewähren, dagegen, dass das Organ keine angemessene Lösung anstrebt oder keine Lösung zustande kommt. Dafür spricht auch die systematische Stellung außerhalb der Ausnahmen bei den Verfahrensvorschriften/ 77 Die „Kann"-Bestimmung in Art. 6 Abs. 3 ist folglich als „Muss"-Bestimmung zu verstehen. Eine angemessene Lösung muss im Benehmen mit dem Antragsteller gefunden werden, was für beiderseitiges Nachgeben spricht und gegen ein einseitiges Handeln wie bisher. Sofern nur ein Teil des Antrags berücksichtigt wird, sollte der Antragsteller die für ihn wichtigsten Dokumente auswählen dürfen. Gibt der Antragsteller an, dass er nur Zugang zu bestimmten Teilen der Dokumente begehrt, etwa einer Anlage zum Dokument,
jeweils etwa 700 Dokumenten. Hilf, integration 1997, 247 (252): in Ansätzen Missbrauch. Nach Biondi, ELBR 1998, 221 (221) muss die Entscheidung, wann ein Antrag exzessiv ist, schon deswegen schwerfallen, weil sie eine Beurteilung der Gründe oder Interessen des Antragstellers beinhaltet, die nicht bekannt sind. 375 Beschwerden 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH und 1087/10.12.96/STAT EWATCH/UK/IJH, siehe Dritter Abschnitt Β. II. 3. b). 376 Eine Stückelung kann auch dazu fuhren, dass Anträge stets unterhalb der Freikopiengrenze von 20 DIN-A4 Seiten bleiben (Art. 10 Abs. 1), um Gebühren zu vermeiden. 377 Castenholz, EWS 2001, 530 (533); auch Epiney, in: Fluck / Theuer, IF-R/UIGKommentar D III 2.2 Tz. 98 hält nur eine einvernehmliche Lösung für denkbar.
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sollte die angemessene Lösung darin bestehen, Zugang zu diesen Teilen zu gewähren, die weniger umfangreich sind, sofern der Aufwand der Aussonderung dem nicht entgegensteht.378 Die Lösungssuche muss als Bestandteil der Bearbeitung des Antrags innerhalb der hierfür vorgesehen 15 Arbeitstage abgewickelt werden, um das Antragsverfahren nicht beliebig zu verlängern (Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1). Es besteht die Möglichkeit der Fristverlängerung (Art. 7 Abs. 3, 8 Abs. 2). Die nicht vorgenommene, verzögerte oder vergebliche Lösungssuche ist als vollständige oder teilweise Ablehnung des Antrags anzusehen, die den Antragsteller berechtigt einen Zweitantrag zu stellen bzw. Rechtsschutz zu suchen (Art. 7 Abs. 2, 4, 8 Abs. 1, 3). 3 7 9 In ihren Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) Nr. 1049/2001 haben Kommission und Parlament eine neue Kategorie von sog. „komplexen Anträgen" (Art. 2 der Kommissionsbestimmungen, ABl. 2001 L 345/95) bzw. von Anträgen nach „komplexen Dokumenten" (Art. 3 der Parlamentsvorschriften, ABl. C 374/2) eingeführt. Ihre Abgrenzung zu umfangreichen Anträgen oder Dokumenten ist nicht trennscharf möglich. Komplexität könnte neben dem Umfang auf inhaltliche Kriterien abstellen. Denkbar sind ζ. B. technische Dokumente, deren Ausnahmeprüfung Sachverstand in der jeweiligen Materie voraussetzt. In diesem Fall kann eine Rückfrage beim Antragsteller bzw. eine Verlängerung der Frist erforderlich werden. Es sollte jedoch beachtet werden, dass der VO (EG) Nr. 1049/2001 das Konzept „komplexer" Anträge oder Dokumente unbekannt ist, so dass die Durchführungsbestimmungen den Behörden keine weiteren Ermessensspielräume für eine Ablehnung einräumen. 380
4. Hilfe von Amts wegen, Entwickeln einer guten Verwaltungspraxis (Art. 6 Abs. 2, 4, 1 c); 15; 14) Bisher enthielten die Vorschriften trotz ihres internen Charakters keine Hilfspflichten der Organe gegenüber dem Antragsteller. Die Verordnung kennt in Art. 6 Abs. 2 und 4 spezifische Hilfspflichten im Zugangsverfahren. 381 Das Organ informiert den Antragsteller darüber, wie und wo Anträge gestellt werden können und leistet dabei Hilfe (Art. 6 Abs. 4), etwa bei der Präzisierung der Dokumentnachfrage (Art. 6 Abs. 2). Die offene Formulierung „Hilfe leisten" 378
Konsequenterweise sollte der Antragsteller auch abgrenzbare Teile von Dokumenten anfordern dürfen. Es handelt sich dabei immer noch um einen dokumentbasierten Antrag, keinen Antrag nach reinen Informationen. 379 So auch HoL, Public Access, Tz. 139. 380 Kritisch Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (498), die hierin eine unzulässige Ausweitung der Fristverlängerung um 15 Tage sehen. Auch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (345) lehnt die Kategorie ab. 381 Vergleichbar Art. 3 Abs. 2, 3; 4 Abs. 5 Aarhus-Konvention.
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weist auf den umfassenden Charakter, der dem Verfahren in jeder Beziehung zugrunde liegt. Wichtiger als die Ausprägungen in Art. 6 Abs. 2 und 4 ist daher die Aufnahme der Hilfspflicht als Zeichen eines Mentalitätswandels hin zu einer bürgernahen Verwaltung (Art. 1 Abs. 2 EU) mit einem justitiablen Recht auf eine gute Verwaltung. Das Personal ist entsprechend auszubilden (Erwägung 14) 382 und die Öffentlichkeit über ihre Rechte zu informieren (Art. 14). Zu diesem Zweck hat die Kommission ihre Webseite „Zugang zu Dokumenten" erweitert und mit einem Leitfaden für Bürger versehen, der Kontaktstellen nennt und die Recherchemöglichkeiten erläutert. 383 Die Hilfspflichten sind Ausdruck des allgemeinen Ziels der Verordnung, im Rahmen einer guten Verwaltungspraxis eine möglichst einfache Ausübung des Zugangsrechts zu gewähren (Art. 1 c), 15 Abs. 1). Schnittstelle für die Umsetzung ist ein interinstitutioneller Ausschuss, der die Praxis der Organe prüft, bewährte Praktiken empfiehlt und mögliche Konflikte anspricht (Art. 15 Abs. 2), ζ. B. bei Zweifeln über den vertraulichen Charakter (Art. 17 Abs. 6 Präsidiumsbeschluss ABl. 2001 C 374/1). 384 Eine rechtsverbindliche Lösung von Einzelfällen obliegt den Gerichten, bei Missständen ist der Bürgerbeauftragte anzurufen. 385 Die laufenden Geschäfte des Ausschusses nehmen die Generalsekretäre von Parlament, Rat und Kommission wahr, wobei Fragen von politischer Tragweite den Präsidenten der Organe vorzulegen sind. 386 Beratungen sollen über den bestehenden informellen Trilog der Interinstitutionellen Gruppe Information (IGI) stattfinden, daneben bestehen regelmäßige Kontakte der Leiter der zuständigen Dienststellen. 387 Die Förderung einer guten Verwaltungspraxis hat über das Zugangsverfahren hinaus die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Bürgern und der Ver382 Dazu KOM(2003) 216 endg., unter 2.4.; Dok. 7957/03 unter 1. und Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 12. 383 http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/index_de.htm . 384 Die konstituierende Sitzung fand am 13.3.2002 statt. Danach fanden zwei weitere Treffen statt, bei denen unter anderem die Register der Organe, eine Anwendung der Verordnung auf Agenturen und Einrichtungen und Änderungen der Verordnung betreffend die historischen Archive erörtert wurden. Näher KOM(2003) 216 endg. unter 1.2.; Dok. 7957/03 unter III. 1. 385 „Resolve conflicts" wurde daher umgewandelt in „address conflicts" (vgl. Art. 9d PE 294.327/88-110 vom 11.4.2001 und PE 302.235/111-121 vom 19.4.2001). Der Juristische Dienst empfahl in Dok. 8002/01 vom 12.4.2001 die Klarstellung, dass sich der Ausschuss nicht mit Einzelfällen befasst. Ende 2003 ist der Ausschuss der Regionen dem Gremium beigetreten, Dok. 14474/03 vom 7.11.2003. 386 Vermerk Dok.-Nr. 5767/02 vom 29.1.2002. 387 Vermerk vom 10.10.2001, Dok. 12554/01 und 17.10.2001, Dok. 12799/01. Vermerk des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23.1.2003 an das Präsidium, PE 324.892/BUR S. 9.
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waltung zum Ziel. Die Bedeutung wird durch die Aufnahme des „Rechts auf eine gute Verwaltung" in Art. 41 der Grundrechtscharta von Nizza unterstrichen 388 und ist von der Rechtsprechung anerkannt. 389 Der Inhalt wird durch den Kodex für eine gute Verwaltungspraxis des Bürgerbeauftragten dominiert 390 , der, wie beim Zugangsrecht zu Dokumenten, eine Initiative (OI/1/98/OV) eingeleitet hat, damit alle Gemeinschaftseinrichtungen einen Kodex zur Verhaltensweise gegenüber den Bürgern verabschieden. 391 Eine Reihe von Einrichtungen, u.a. Kommission, Rat und Parlament, sind dem nachgekommen (siehe Anhang IV). Dabei bestehen zwei unterschiedliche Konzeptionen, die auf eine skandinavische und eine romanisch-englische Traditionslinie zurückgehen. Im romanischen und englischen Rechtskreis bezeichnet gute Verwaltungspraxis verwaltungsinterne Verhaltenspflichten des einzelnen Beamten, die keine Außenwirkung entfalten und keine Kriterien für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungaktes darstellen. Ihr Ziel ist eine Steigerung der Effizienz der Verwaltung. Hingegen versteht der skandinavische Rechtskreis unter guter Verwaltungspraxis auch die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und damit den gesamten verwaltungsverfahrensrechtlichen Normbestand mit Außenwirkung, dessen Befolgung der Einzelne verlangen kann. 392 Der Kodex der Bürgerbeauftragten folgt der skandinavischen Linie, was nicht verwundert, da die Institution des Ombudsmans selbst nordischen Ursprungs ist. Auch Art. 41 der Grundrechtscharta, der auf sein Drängen aufgenommen wurde, hat die Struktur eines subjektiven Rechts: „Jeder hat ein Recht auf eine gute Verwaltung."
388
Kommentiert von Magiera, in: Meyer, Art. 41 Rn. 5 ff. ABl. 2000 C 364/1. Zur Bindung: Alber, EuGRZ 2001, 349 ff.; Calliess, EuZW 2001, 261 ff.; de Witte, MJ 2001, 81 ff. Zur Rechtsprechung: Rs. C-255/90 P, 31.3.1992 Burban / Parlament Slg. 1992 1-2253 (2271) Tz. 7; Rs. T-167/94, 18.9.1995 Nolle / Rat und Kommission Slg. 1995 11-2589 (2623) Tz. 89; Rs. T-231/97, 9.7.1999 New Europe Consulting u.a. Slg. 1999 11-2403 (2416 ff.) Tz. 31, 39, 45. Siehe auch Lais ZeuS 2002. 447 ff.; Bullinger, Recht auf eine gute Verwaltung, S. 25 ff.; Feik, Transparenz, S. 256 ff. 389
390 Siehe http://www.europarl.eu.int/ombudsman/code/pdf/de/code_de.pdf . Zur Situation in den Mitgliedstaaten siehe den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zu seiner Untersuchung OI/1/98/OV S. 14 Fn. 1, http://www.europarl.eu.int/ombudsman/speci al/pdf/de/oi980001 .pdf. 391 Zu den Kodizes für gute Verwaltungspraxis: Martinez Soria, EuR 2001, 682 ff. 392 Martinez Soria, EuR 2001, 682 (685 f.).
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Hingegen folgen Kommission und Parlament dem romanisch-englischen Verständnis. Sie haben das Recht auf eine gute Verwaltung in ihrer internen GO bzw. in einem internen Leitfaden für ihre Beamten festgehalten. 393 Der EuGH folgt in seinen Urteilen nicht immer nachvollziehbar der einen oder anderen Tradition, was eine Erklärung für die anfänglich schwankende und zurückhaltende Rechtsprechung bei der Anerkennung eines subjektiven Rechts auf Zugang durch die Beschlüsse 93/731 und 94 /90 ist. Aufgrund der rechtlichen Vielfalt und den inhaltlichen Abweichungen hat das Parlament eine Verordnung gestützt auf Art. 308 EG gefordert, so dass der Kodex einheitlich für alle europäischen Beamten gilt. Die bestehende Situation trage weder zur rechtlichen Klarheit, noch zur administrativen Transparenz bei und erschwere die Ausübung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltung/ 9 4 Interessanterweise sieht der Verordnungsvorschlag des Parlaments abweichend vom Kodex des Bürgerbeauftragten vor, dass die Beamten bei der Behandlung von Zugangsanträgen nicht nur den Zugangsbeschluss der jeweiligen Einrichtung zu beachten haben, sondern auch die Grundsätze und Beschränkungen der VO (EG) Nr. 1049/2001.395 Dadurch würde die in ihrer Aussage ähnliche, aber unverbindliche „Gemeinsame Erklärung" zur VO (EG) Nr. 1049/2001 durch die Hintertür der guten Verwaltungspraxis für alle Einrichtungen Verbindlichkeit erlangen. Eine Reihe von Prinzipien guter Verwaltungspraxis aus dem Kodex sind bereits im Zugangsverfahren verwirklicht. 396 Bezogen auf den Zugang zu Dokumenten verweisen die Einrichtungen auf ihre spezielleren Zugangsregeln. Bedauerlicherweise bestehen insoweit zwei zum Teil voneinander abweichende Regelungen: So sieht der Kodex der Kommission bei telefonischen Auskünften eine Vermutung gegen die Freigabe unveröffentlichter Informationen vor, um eine unbedachte Informationsverbreitung in der Eile mündlicher Konversation auszuschließen. Das gilt auch für elektronische Post, es sei denn, sie ist in ihrer Komplexität schriftlichen Anfragen gleichzusetzen, deren Leitlinien eine solche Vermutung nicht kennen. Zugangsanträge per E393 Zu den daraus folgenden inhaltlichen Unterschieden: Martinez Soria, EuR 2001, 682 (697 f.); Lais, ZeuS 2002, 447 (477 f.). 394 A5-0245/2001 vom 27. Juni 2001, Bericht des Petitionsausschusses über den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten an das Parlament zu seiner Initiative über das Bestehen eines Verhaltenskodex der guten Verwaltungspraxis S. 14 - 16. 395 A5-0245/2001 S. 12 Änderungsantrag 25 zu Art. 23 Abs. 1 des Kodex. 396 Antwort in der gleichen Vertragssprache (Art. 21 EG); es erfolgt eine Empfangsbestätigung (vgl. Art. 7 Abs. 1); Schreiben werden an die zuständige Stelle weitergeleitet (Art. 6 Abs. 4 sieht eine Information über die zuständige Stelle vor, sollte der Antragsteller eine Weiterleitung nicht wünschen); Beschlüsse werden unverzüglich gefaßt, Verzögerungen und nachteilige Beschlüsse mitgeteilt und begründet (vgl. Art. 7 Abs. 1, 3; 8 Abs. 1, 2); auf Rechtsbehelfe wird hingewiesen (Art. 7 Abs. 1, 2, 4; 8 Abs. 1, 3); personenbezogene Daten werden geschützt (vgl. Art. 4 Abs. 1 b)), und es werden Verzeichnisse über Posteingang und -ausgang gefuhrt (vgl, Art. 11).
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Mail (Art. 6 Abs. 1) sind mittlerweile die Regel, und die Unterscheidung, ob Auskunft über ein Dokument und/oder das Dokument selber beantragt wird, kann sich schwierig gestalten, zumal dem Bürger bei der Formulierung seines Antrags der Unterschied eventuell nicht klar ist. 397 Eine Anwendung auf Zugangsanträge würde bedeuten, dass Dokumente entweder geheimgehalten werden oder auf die Fundstelle ihrer Veröffentlichung verwiesen wird (Art. 10 Abs. 2). Da Anträge auf Zugang zu Dokumenten nicht mündlich erledigt werden können, sind sie auch in elektronische Form von der Komplexität immer schriftlichen Anfragen gleichzusetzen, so dass in Zweifelsfällen, ob Auskunft oder Zugang begehrt wird, die Zugangsregeln oder die Leitlinien für den Schriftverkehr zur Anwendung kommen sollten, nicht jedoch die Vermutung wider eine Freigabe. Das Parlament schränkt im Verhaltenskodex für seine Beamten den Zugangsbeschluss 97/632 insoweit ein, als hinsichtlich Zahl, Wiederholungscharakter oder Systematik missbräuchliche Anträge nicht bearbeitet werden müssen und das Zugangsrecht nur für abgeschlossene, nicht vertrauliche Dokumente gilt und nicht die vorbereitenden Dokumente für einen Beschluss betrifft. Schon im Hinblick auf den früheren internen Zugangsbeschluss ist zweifelhaft, ob eine derart offene und weitreichende Einschränkung zulässig war. Nach Art. 255 Abs. 2 EG hätte sie im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens, das zum Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 führte, eingebracht werden müssen. Sie kann daher nicht vom Parlament einseitig eingeführt werden. Da die Verordnung keinen Ausschluss nicht-abgeschlossener oder vorbereitender Dokumente vorsieht (Art. 4 Abs. 3) und in Art. 6 Abs. 3 der Mehrfachantrag nach einem Dokument gestrichen wurde, sind auch die Bestimmungen des Verhaltenskodex nicht mehr anwendbar.
5. Die zeitliche Dauer bei der Bearbeitung von Erst- und Zweitanträgen (Art. 7; 8) Bislang bestand eine Bearbeitungszeit von einem Monat (Art. 7 Beschluss 93/731; Art. 2 Abs. 2, 4 Beschluss 94/90) bzw. 45 Tagen (Art. 3 Abs. 3, 4 Beschluss 97/632). Die Verordnung sieht dagegen vor, dass Erst- und Zweitanträge unverzüglich bearbeitet werden und binnen 15 Arbeitstagen Zugang gewährt wird oder eine begründete Ablehnung erfolgt (Art. 7 Abs. 1; 8 Abs. 1). Rechtsvergleichend handelt es sich dabei um eine kurze Frist, die bei Zweitanträgen in der Regel nicht ausreicht. 398 15 Arbeitstage sind die maximale Dauer, die nur in 397 Bei telefonischen Fragen lässt sich der Unterschied relativ leicht feststellen: Auskünfte können telefonisch erteilt werden, Zugang zu Dokumenten nicht. 398 KOM(2004) 45 endg., unter 4.6. Im Jahre 2002 (2003) hat der Rat bei 6,2% (4,7%) der Erstanträge eine Fristverlängerung benötigt, jedoch bei 29 von 43 (37 von
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Ausnahmefällen erreicht werden soll. 3 9 9 Innerhalb des Zeitraums erfolgt nicht nur die Bearbeitung des Antrags, sondern bereits das Zugänglichmachen.400 Muss der Antrag vom Antragsteller präzisiert werden (Art. 6 Abs. 2), beginnt die Frist erst, wenn das Organ über die Angaben für eine Identifizierung verfügt. 401 In Ausnahmefällen kann die Frist um 15 Arbeitstage verlängert werden (Art. 7 Abs. 2; 8 Abs. 2). Das setzt vorab eine ausführliche Begründung der Ausnahmesituation voraus, die potentiellen Missbrauch ausschließt. Derzeit besteht eine nachlässige Handhabung. Den Organen reicht bereits die Suche und Lokalisierung älterer Dokumente, die begrenzte Zahl von Bediensteten mit Erfahrung bei der Anwendung der Ausnahmen oder die Übersetzung der Anträge. 402 Als einziges, wenn auch nicht abschließendes Beispiel nennt die Verordnung Anträge nach sehr umfangreichen und vielen Dokumenten, bei denen der Arbeitsaufwand über einen längeren Zeitraum verteilt wird. Den Urlaubszeiten der Organe wird Rechnung getragen, indem an Stelle von 3 Wochen die Formulierung 15 Arbeitstage gewählt wurde Der Wechsel des Vorsitzes im Rat stellt ebenso wenig eine Ausnahmesituation dar, wie der Wegfall der Urheberregel 403, das Konsultations verfahren bei Art. 4 Abs. 4 4 0 4 oder das besondere Verfahren nach Art. 9 Abs. 2. Bei Ablehnung des Erstantrags, die auch durch Fristablauf erreicht wird (Art. 7 Abs. 4), kann der Antragsteller einen Zweitantrag stellen. Seine Entscheidungsfrist wurde ebenfalls auf 15 Arbeitstage (des Organs) verkürzt, kann also tatsächlich länger als drei Wochen sein. Eine nicht fristgemäße Antwort auf einen Zweitantrag berechtigt zur Klage und gilt als ablehnender Bescheid (Art. 8 Abs. 3). Das sahen bislang der Ratsbeschluss 93/731 (Art. 7 Abs. 2, 4) und Kommissionsbeschluss 94/90 (Art. 2 Abs. 4) vor, nicht jedoch der zugrundeliegende Verhaltenskodex 93/730 45) Zweitanträgen, siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 43. Die USA haben 1996 die Frist von 10 auf 20 Tage erhöht. Art. 4 Abs. 2 Aarhus Konvention: so bald wie möglich, spätestens nach einem Monat; FOIA Kanada: 30 Tage; WOB Niederlande: zwei Wochen; §§14 Abs. 1,15 Abs. 5 IFG Bin: zwei Wochen. Dazu auch Söderman, RdMUE 1998, \9 (60). Mit Blick auf Deutschland halten Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 147 zwei Monate für zu großzügig, zwei Wochen für zu kurz und plädieren daher für einen Monat. 399 Der Rat benötigte im Jahre 2003 im Durchschnitt 7 Arbeitstage für die Bearbeitung von Erstanträgen, siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 10. 400 Zur Frist als Maximal-, nicht als Durchschnittsdauer: HoL, Public Access, Tz. 143. Zur sofortigen Lieferung der Dokumente: HoL, Public Access, Tz. 135. 401 Vgl. Art. 2 Abs. 4 der Durchführungsbestimmungen der Kommission im Anhang ihrer GO. 402 KOM(2004) 45 endg., unter 4.2. 403 Erster Zweijahresbericht des Rates unter 3.5. 404 So auch Feik, Transparenz, S. 293. Anders KOM(2004) 45 endg., unter 4.2. und 4.5. Dort wird lediglich empfohlen, Konsultationen ausdrücklich als Grund für eine Verlängerung in den Text der Verordnung aufzunehmen.
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und ihm folgend der Parlamentsbeschluss 97/632. Für die Verordnung hatte die Kommission ursprünglich eine positive Zugangsfiktion vorgesehen, um die Organe zur fristgemäßen Beantwortung anzuhalten (Art. 6 Abs. 2 2. Uabs. KOM(2000) 30 endg./2). Rat und Parlament verwarfen den Vorschlag. 405 Eine positive Fiktion muss ausscheiden, weil mit dem Wegfall der Urheberregel, die Nachlässigkeit des Organs nicht mehr nur eigene Dokumente beträfe, sondern zur Freigabe von Dokumenten Dritter führt, ohne deren Konsultations- und Zustimmungsrechte zu berücksichtigen. 406 Auch die Einbeziehung sensibler Dokumente in den Anwendungsbereich, die einem besonderen Schutz unterliegen, ist mit einer Freigabe aufgrund Fristablaufs unvereinbar. Die positive Fiktion würde die Bedeutung der Frist deutlich überbetonen und einseitig auf das Recht des Antragstellers abstellen. 407 Weiterhin ist es also zulässig, dass ein Antragsteller weder auf seinen Erst- noch Zweitantrag eine Antwort enthält und gegen eine fiktive Ablehnung klagen muss. 408 Ohne eine Antwort des Gemeinschaftsorgans fehlt der Bezugspunkt für die Berechnung der Fristen im Verfahren als auch beim Rechtsschutz.409 Um dem abzuhelfen, wird durch die Verordnung eine Empfangsbestätigung eingeführt (Art. 7 Abs. 1). Ihre Wirksamkeit setzt eine sofortige Registrierung eingehender Post und eine umgehende Antwort voraus, ζ. B. durch eine übergeordnete zentrale Dienststelle, die auch das Dokumentregister führt (so beim Parlament: Art. 9 Abs. 1,10 Abs. 2 des Präsidiumsbeschlusses über den Zugang zu Dokumenten, ABl. 2001 C 374/1). Es ist kein Grund ersichtlich, wieso der Bearbeiter innerhalb von 15 Arbeitstagen überhaupt nicht reagieren sollte, zumal eine Verlängerung der Bearbeitungszeit um weitere 15 Arbeitstage möglich ist. Das Ausbleiben einer Antwort verstößt in mehrerlei Hinsicht gegen den Grundsatz guter Verwaltungspra-
405 Zunächst hatte das Parlament eine positive Fiktion angestrebt (ABl. 1999 C 104/22), ebenso HoL, Public Access, Tz. 145 und 146. Im Rat wehrte sich vor allem Deutschland dagegen, vgl. SN 2970/3/00 REV 3 vom 18.8.2000 Fn. 78 zu Art. 6. 406 So auch Sobotta, Transparenz, S. 361; Riemann, Transparenz, S. 235 f. und deutlich Wölker, Transparenz, S. 114 f. Anders eventuell bei der Konsultation des Dritten nach Art. 4 Abs. 4. 407 Denkbar wäre, das Ausbleiben einer Antwort zu sanktionieren, ζ. B. durch Erlass der Kosten. Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 148 f., 153 kombinieren in ihrem Entwurf eines deutschen IFG des Bundes die fingierte Stattgabe mit der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber Drittbetroffenen. Da der Informationszugang erst nach Eintritt der Bestandskraft oder um zwei Wochen verzögert erfolgen darf, seien der Rechtsschutz der Dritten und damit ihre Rechte gewahrt. 408 Rs. T-76/02, 17.9.2003 Mara Messina / Kommission. 409 Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 Tz. 40, 41; Rs. T-l56/97, 12.11.1997 Berge / Kommission Slg. 1997 11-2097 Tz. 7, 8.
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xis (Art. 1 c)) und Vorschriften der Verordnung 410 : Ein Widerspruch besteht zum Zweck der Verordnung, größtmöglichen Zugang zu gewähren (Art. 1 a)), da dies zumindest eine Pflicht zur Befassung mit Anträgen mit sich bringt. Nach Art. 7 Abs. 1; 8 Abs. 1 müssen Anträge nicht nur unverzüglich, sondern überhaupt bearbeitet werden. Gleiches folgt aus Art. 21 Abs. 3 EG, dem Recht auf eine Antwort in der Sprache des Antrags. 411 Im Gegensatz zu einem ordnungsgemäßen abschlägigen Bescheid entfällt bei der Ablehnungsfiktion eine Begründung und Rechtmittelbelehrung (Art. 7 Abs. 1; 8 Abs. 1), was um so schwerer wiegt, als es sich um einen für den Antragsteller nachteiligen Bescheid handelt. Dadurch wird auch die angestrebte „möglichst einfachen Ausübung" des Zugangsrechts (Art. 1 b)) vereitelt. Da weder für den Antragsteller noch das angerufene Gericht im Ansatz erkennbar ist, weshalb die Ablehnung erfolgt, hat der Rechtsschutz immer Erfolg 412 , die Freigabe erfolgt aber erheblich verzögert, denn eine Anordnung der Freigabe durch das Gericht ist nicht zulässig.413 Holt das Organ eine Begründung im Gerichtsverfahren nach, liegt dennoch ein Verkürzung der Verfahrensrechte des Antragstellers vor, denn er kann seine Chancen auf erfolgreichen Rechtsschutzes nicht abschätzen.414 Dabei kann nicht vorausgesetzt werden, dass ohne Belehrung jeder Bürger Kenntnis von seinem Recht auf einen Zweitantrag und späteren Rechtsschutz hat und davon Gebrauch macht. Als Verstoß gegen die gute Verwaltungspraxis (Recht auf Antwort, Begründung, Rechtsmittelbelehrung) ist das Verhalten für sich beschwerdefähig. Insgesamt ist es kritisch zu beurteilen, dass die Verordnung ein Fehlverhalten der Verwaltung, nämlich das Ausbleiben einer Antwort, einem ordnungsgemäßen Ablehnungsbescheid gleichsetzt.
410 Kritisch zur bisherigen Ablehnungsfiktion: Fluck/ Theuer, EWS 1994, 154 (156); HoL, Public Access, Tz. 144; Sobotta, Transparenz, S. 360 f.; Wölker, Transparenz, S. 114; Feik, Transparenz, S. 299 Fn. 717; Hallo, EEB Comments zu Art. 5 und 6 (http://www.eeb.org/publication/access_to_documents_.htm ). Auch Art. 4 Abs. 7 Aarhus Konvention sieht keine Möglichkeit vor, auf eine Antwort zu verzichten. 4.1 Siehe auch Erklärung Nr. 4 zum Vertrag von Nizza zu Art. 21 Abs. 3 EG (ABl. 2001 C 80/77), wonach die Antwort innerhalb einer vertretbaren Frist erfolgen muss. 4.2 Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 74-77; Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 53-56; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 125-127; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 41-48. 4.3 Speziell zum Zugangsrecht bestätigt: Rs. T-124/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 61; Rs. T-l06/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer / Kommission Slg. 1999 11-3275 Tz. 21; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila/Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 26, 27. 414 Rs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila / Rat und Kommission Tz. 32 zur fehlenden und im Gerichtsverfahren nachgeholten Begründung, weshalb kein teilweiser Zugang gewährt werden kann.
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6. Die Gewähr von Rechtsschutz (Erwägung 13; Art. 8 Abs. 1, 3) Nach Art. 8 Abs. 1, 3 kann der Beschwerdeführer wie bisher gegen die Ablehnung des Zweitantrags Beschwerde beim Bürgerbeauftragten nach Maßgabe des Art. 195 einlegen oder Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 Abs. 4 EG. 4 1 5 Nach Art. 8 Abs. 3 („und/oder") können beide Rechtsbehelfe gleichzeitig oder nacheinander eingelegt werden, in der Praxis nur alternativ: Erfolgt zuerst Beschwerde beim Bürgerbeauftragten, ist bis zum Abschluss des Verfahrens die Klagefrist des Art. 230 Abs. 5 EG verstrichen. 416 Sachverhalte, die Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind oder waren, unterliegen nach Art. 195 Abs. 1 2. Uabs. EG nicht der Prüfung durch den Bürgerbeauftragten. 417 Damit scheiden Beschwerden neben oder nach einer Klage aus. 418 Die Sperre erfasst nur gerichtliche Verfahren, die denselben Sachverhalt betreffen, der Beschwerdegegenstand ist. Auch soweit dieselbe Frage aufgeworfen wird, lehnt der Bürgerbeauftragte eine Untersuchung ab. 419 Bei ähnlichen Sachverhalten, kommt er aufgrund seiner quasi-richterlichen Vorgehensweise nie zu anderen Ergebnissen als das Gericht. 420 Es findet keine gegenseitige Kontrolle von Bürgerbeauftragten und Gericht statt. Die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten erstreckt sich nicht auf die vom Gericht weit verstandene Rechtsprechungstätigkeit 421 (Art. 195 Abs. 1 EG), wohl aber auf dessen Verwaltungstätigkeit. 422 Seine Empfehlungen dürfen die Rechtsprechung nicht ersetzen, sie aber durch die Wahrnehmung spezifischer Funkti415
Ähnlich Art. 9 der Aarhus-Konvention: Zugang zu gerichtlichen Verfahren oder ähnlichen, durch neutrale Instanzen vorgenommenen Überprüfungsmechanismen. Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (685) hält den Beschwerdeweg für ein Novum. Unzutreffend Partsch, NJW 2001, 3154 (3158), früher stünde „allein der Rechtsweg vor dem EuGH nach Art. 173 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 230 Abs. 2 EG) offen. Siehe auch Dritter Abschnitt Β. I. 8. Zum Rechtsschutz Dritter siehe obe II. 2. b). 416 Art. 2 Abs. 6 des Statuts (keine Fristunterbrechung durch Beschwerde); Harden, EPL 2001, 165 (170); Riemann, Transparenz, S. 254; Meese, Petitionsrecht, S. 220 f. 417 Näher Art. 1 Abs. 3, 2 Abs. 7 Statut des Bürgerbeauftragten. 418 Beschwerde 261/97/JMA (Klage beim EuG), entschieden am 22.7.1998; Beschwerde 739/98/ADB (Klage bei belgischem Gericht), Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/13. 4,9 Beschwerde 633/97/PD, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/138. 420 Beschwerde 506/97/JMA, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/93. 421 Beschwerde 126/97/VK (Entscheidung über Akteneinsicht in Prozessunterlagen ist Rechtsprechung), Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 1999 C 300/11. 422 Beschwerde 718/99/GG (Ausschluss aus einem Auswahlverfahren des EuGH), entschieden am 26.10.1999.
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onen eines Bürgerbeauftragten ergänzen. Das Gericht wiederum hat festgehalten, dass die Tätigkeiten des Bürgerbeauftragten im Bereich des Zugangsrechts zu Dokumenten keine Rechtswirkungen entfalten und daher weder Gegenstand einer (individuellen) Untätigkeitsklage 423 , noch einer Nichtigkeitsklage sein können. 424 Ein Vergleich beider Rechtsschutzmöglichkeiten verdeutlicht das ergänzende Potential des Bürgerbeauftragten: Klagen vor dem EuG haben derzeit eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer von 21 Monaten. 425 Das EuG selber merkte im Rahmen der Änderung seiner Geschäftsordnung an, dass das Recht auf Einsicht dadurch oft jede praktische Bedeutung verliert. Beschwerden beim Bürgerbeauftragten sollen in 12 Monate erledigt werden, wobei im Einzelfall auch 20 und mehr Monate erreicht wurden. 426 Beschwerden beim Bürgerbeauftragten kosten aufgrund der Möglichkeit formloser Beschwerde per E-Mail praktisch nichts, Klagen beim EuG beinhalten im Falle des Unterliegens die eigenen und gegnerischen Prozesskosten, allerdings keine Gerichtskosten. Damit besteht ein nicht unerhebliches Prozesskostenrisiko. 427 Die Beschwerdevoraussetzungen beim Bürgerbeauftragten sind im Vergleich zu den Klagevoraussetzungen der Nichtigkeitsklage erheblich niedriger. Es besteht keine zweimonatige Klagefrist, sondern eine zweijährige Beschwerdefrist (Art. 2 Abs. 4 seines Statuts).428 Es bedarf keiner individuellen und unmittelbaren Betroffenheit, Missstände können ohne eigene Betroffenheit abstrakt vorgebracht werden. 429 Allerdings entfalten Empfehlungen des Bürgerbeauftragten, anders als Urteile und Beschlüsse des Gerichts, keine Rechtswirkungen. 430 Der Prüfungsumfang beider Institutionen ist unterschiedlich. Das Gericht ist auf eine Rechtmäßig423 Rs. T-l03/99, 22.5.2000 Associazione delle cantine sociali venete /Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 2000 11-4165. 424 Dörr, in: Sodan / Ziekow Tz. 179, 101-104: spiegelbildlich zur Nichtigkeitsklage kann mit einer Untätigkeitsklage nur ein solcher Rechtsakt begehrt werden, der, wäre er erlassen worden, Gegenstand einer individuellen Nichtigkeitsklage hätte sein können. Voraussetzung ist also jedenfalls die Rechtsverbindlichkeit. 425 HoL, Court of First Instance, Tz. 31. Das EuG geht in seinem Jahresbericht 2003 von 1 '/2 Jahren bei Dienststreitigkeiten und 2 Jahren in anderen Bereichen aus, http://curia.eu.int/en/instit/presentationfr/rapport.htm . 426 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten (gebundene Version) 1997, S. 14; 1998, S. 9; 1999, S. 9; 2000, S. 12; Heede, EPL 97, 587 (596): 6 - 12 Monate. 427 Hakenberg, Verfahren, S. 171 f.; Brown / Kennedy, Court, S. 286 f.; Feik, Transparenz, S. 299. 428 Beschlusses 94/262 ABl. 1994 L 113/15. Daher sind Beschwerden möglich, wenn eine Klage wegen Fristablaufs unzulässig wäre. 429 Ζ. B. Beschwerde 633/97/PD, Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1999, ABl. 2000 C 260/138 und Beschwerde 794/5.8.1996/EAW/SWK, entschieden am 5.11.1997. 430 Rs. T-l03/99, 22.5.2000 Associazione delle cantine sociali venete /Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 2000 11-4165.
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keitsprüfung beschränkt 4 3 1 und kann keine Anweisungen an die anderen Organe erteilen. 4 3 2 Dem Bürgerbeauftragte werden durch sein Mandat keine derartigen Schranken auferlegt. Der von ihm definierte „Verwaltungsmissstand" 4 3 3 beinhaltet neben dem rechtmäßigen auch das gute und ordnungsgemäße Verwaltungshandeln. 4 3 4 Aufgrund der Unverbindlichkeit seiner Handlungen kann der Bürgerbeauftragte hierzu durchaus Empfehlungen an das Organ für die Freigabe im konkreten Fall oder zur Behandlung von Anträgen in künftigen Situationen geben und fördernd auf die Verwaltungspraxis einwirken. Hierfür hat er verschiedene Reaktionsmöglichkeiten entwickelt, die den Schweregrad der Verfehlung berücksichtigen 4 3 5 : „Kritische Bemerkungen" 4 3 6 , „weitere Anmerkungen" im Anschluss an einen Beschluss 4 3 7 , „förmliche Empfehlungen" 4 3 8 , Anregungen in seinem Jahresbericht, die Befassung des Parlaments (Art. 195 Abs. 1 2. Uabs EG) oder das Einleiten einer eigenen Initiative. 4 3 9 Der Bürgerbeauftragte hat in 1000 Untersuchungen etwa 20 M a l vertrauliche Dokumente eingesehen. Anders als dem Gericht sind ihm Grenzen gesetzt. Nach Art. 3 Abs. 2 des Statuts des Bürgerbeauftragten kann der Zugang aus
431 Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (685) geht von einem beschränkten Kontrollmaßstab aus, der bislang nur für die Ausnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit - internationale Beziehungen feststeht. Siehe Dritter Abschnitt Β. I. 6. c). 432 Siehe Dritter Abschnitt Β. I. 8. d). 433 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1997, ABl. 1998 C 380/12:
„wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln und Grundsätzen handelt." 434
Siehe insoweit den Kodex für eine gute Verwaltungspraxis (http://www.euroombudsman.eu.int/recommen/pdf/de/codel_de.pdf), zu den unterschiedlichen Konzeptionen guter Verwaltungspraxis siehe Martinez Soria, EuR 2001, 682 (685-688). 435 Näher Meese, Petitionsrecht, S. 247 ff.; Heede, EPL 1997, 587 (596 f.). 436 Im Falle eines Verwaltungsmissstandes ohne allgemeine Bedeutung, dessen Beseitigung nicht mehr möglich ist (Art. 7 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen). Vgl. etwa Beschwerden 1053, 1056, 1057/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH, 506/97/JMA, 634/97/PD, 1346/98/0V (Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/92, 95, 98 und 1999 ABl. 2000 C 260/93, 103 sowie Jahresbericht 2000, S. 167). 437 Allgemeine Anregungen unabhängig von der Feststellung eines Missstandes. Beschwerden 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH und 1086/11.12.1996/HK/D/VK u.a. (Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/92, 47). 438 Im Falle schwerer Missstände, deren Beseitigung möglich ist (Art. 3 Abs. 6 Statut, Art. 8 Durchführungsbestimmungen). Beschwerden 1055/25.11.96/STATEWATCH /UK/IJH; 633/97/PD (Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/141 und 1999, ABl. 2000 C 260/137, 138). 439 Art. 3 Abs. 1 Statut, Art. 9 Durchführungsbestimmungen. 616/PUBAC/F/IJH (Zugangsrecht), ABl. 1998 C 44/9 und 272/40; 303/97/PD (Vertragsverletzungsverfahren), Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1997 ABl. C 380/140; OI/1/98/OV (gute Verwaltungspraxis), Entscheidung vom 5. Februar 2002.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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„berechtigten Gründen der Geheimhaltung" verweigert werden 440 , was bislang in keinem Fall geschehen ist. Die Aufhebung der Beschränkung durch die Änderung des Statuts scheiterte am Widerstand der Kommission. 441 Für die Aufhebung sprechen mehrere Gründe: Der Bürgerbeauftragte ist Garant der Rechte des Bürgers. Im Fall von Verwaltungsmissständen kann ihn der einzelne nach Art. 195 EG mit der Angelegenheit befassen. 442 Art. 195 EG sieht keinerlei Einschränkung vor. Der Gesetzgeber wollte keine juristischen Hindernisse für einen umfassenden Zugang, damit der Bürgerbeauftragten beurteilen kann, ob ein Verwaltungsmissstand vorliegt. Dem entspricht Art. 3 Abs. 1 seines Statuts.443 Im Zugangsverfahren setzt effektiver Rechtsschutz durch den Bürgerbeauftragten voraus, dass er über einen umfassenderen Zugang zu Dokumenten verfügt, als der Bürger, dessen Rechte er verteidigt. Er unterliegt zudem der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses (Art. 287 EG) und darf keine Informationen weitergeben, von denen er im Rahmen seiner Untersuchung Kenntnis erlangt (Art. 4 Abs. 1 seines Statuts). Art. 17 des Beamtenstatuts444 steht nicht entgegen, denn der Bürgerbeauftragte ist in diesem Sinne als zur Kenntnisnahme befugte Person anzusehen. Schließlich besitzen auch OLAF und der Europäische Datenschutzbeauftragte im Rahmen ihrer Untersuchung ein umfassendes Zugangsrecht. 445 Die Überprüfung der Vertraulichkeit eines Dokuments durch das Gericht stellte sich auch bei Rechtsstreitigkeiten über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten als schwierig dar. Bis zur Änderung seiner Verfahrensordnung am 19. Dezember 2000 4 4 6 war das EuG nicht befugt, von der Weiterleitung des
440 Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass Beamte und Bedienstete der Gemeinschaft, die vor dem Bürgerbeauftragten aussagen, sich „im Namen und auf Anweisung ihrer Verwaltungsstelle" äußern und „an die Pflicht zur Wahrung des Dienstgeheimnisses gebunden" bleiben. Curtin, Betwixt, S. 119; Meese, Petitionsrecht, S. 229 ff., 235 f. 441 Das Parlament befürwortete insoweit eine Änderung (A5-240/2001) des Statuts, die Kommission lehnte dies ab (KOM(2002) 133 endg.), Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2002 unter 2.7.3. 442 Vgl. auch Art. 43 der Grundrechtscharta der Gemeinschaft (Recht auf eine gute Verwaltung). 443 „Der Bürgerbeauftragte fuhrt von sich aus oder aufgrund einer Beschwerde alle Untersuchungen durch, die er... für gerechtfertigt hält." 444
Danach ist den Beamten untersagt, „nicht veröffentlichte Schriftstücke oder Informationen in irgendeiner Form Personen mitzuteilen, die nicht befugt sind, davon Kenntnis zu erhalten."
445 Europäischer Datenschutzbeauftragter: Art. 47 Abs. 2 a), Anhang Nr. 4 VO 45/2001; OLAF: Art. 4 Abs. 2 der VO 1073 und 1074/1999 ABl. L 136/1 ff. In Deutschland besitzen die Landesbeauftragten für Akteneinsicht ein unbeschränktes Einsichtsrecht, was sich schon aus ihrer Personalunion als Datenschutzbeauftragter ergibt. 446 ABl 2000 L 322/4.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
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Dokuments an alle Parteien abzusehen.447 Damit stand das Gericht vor der Alternative, entweder auf die Prüfung des Dokuments zu verzichten oder sich durch die Weiterleitung über dessen Vertraulichkeit hinwegzusetzen und damit das Ergebnis der Klage vorwegzunehmen. Durch eine Ergänzung seiner Verfahrensordnung hat das EuG in Art. 67 § 3 4 4 8 ein „In-Camera" Verfahren eingeführt, das es ihm als Ausnahme von Art. 67 § 2 ermöglicht, sich zur Prüfung der Vertraulichkeit Kenntnis vom Inhalt des Dokuments zu verschaffen, ohne es den Parteien zu übermitteln. Auszutarieren sind drei gegensätzliche Erfordernisse: Das Erfordernis einer vollständigen Untersuchung, das Erfordernis der Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens und der Wahrung rechtlichen Gehörs einer Partei sowie das Erfordernis des Schutzes privater oder öffentlicher Interessen der anderen Partei, die der Weitergabe der Information entgegenstehen. Um den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und rechtlichen Gehörs soweit wie möglich zu wahren, soll den Parteien eine Zusammenfassung oder Beschreibung des Inhalts des Schriftstückes, die dessen Vertraulichkeit nicht beeinträchtigt, zukommen. In derselben Weise war der Gerichtshof in zwei Fällen außerhalb des Zugangsrechts verfahren, in denen sich eine vergleichbare Problemlage ergab. 449 Das „In-Camera" Verfahren kam bereits einige Male in Rechtsstreitigkeiten über den Zugang zu Dokumenten zur Anwendung. 450 Verbleibende Bedenken des Rates bei sensiblen Dokumenten zerstreute sein Juristischer Dienst in einem Gutachten. Eine Vorlage eingestufter Dokumente werde wegen der Zurückhaltung des Gerichts sehr selten der Fall sein und könne nicht erzwungen werden. Der Rat verliere aber eventuell 447
Nach Artikel 67 § 2, dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und dem Anspruch auf rechtliches Gehör, dürfen die Parteien der Beweisaufnahme beiwohnen. Nach Artikel 5 § 3 der Dienstanweisung für den Kanzler des Gerichts haben die Parteien das Recht auf Einsicht in alle Akten der Rechtssache, einschließlich dem Gericht vorgelegter Verwaltungsakten. 448
„... Hat das Gericht zu prüfen, ob ein Schriftstück, das für die Entscheidung eines Rechtsstreits von Belang sein kann, gegenüber einer oder mehreren Parteien als vertraulich zu behandeln ist, so wird das Schriftstück während dieser Prüfung den Parteien nicht übermittelt. Ist ein Schriftstück, in das ein Gemeinschaftsorgan die Einsicht verweigert hat, dem Gericht in einem Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Verweigerung vorgelegt worden, so wird es den übrigen Parteien nicht übermittelt." 449 Rs. C-204/97, 21.9.1999 Portugal / Kommission (Beschluss); Rs. 155/79, 18.5.1982 AM & S/Kommission, Slg. 1982, 1755 (1616). 450 Siehe Dritter Abschnitt Β. I. 8. g). Zur Lage in Deutschland: BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999, E 101, 106: § 99 Abs. 1 Satz 2 iVm Abs. 2 Satz 1 VwGO ist teilweise unvereinbar mit Art. 19 Abs. 4 GG. Ein „In-Camera" Verfahren bietet eine verhältnismäßige Lösung, die damit verbundene Einschränkung rechtlichen Gehörs ist mit Art. 103 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sich nur so effektiver Rechtsschutz ermöglichen lässt. Dazu Margedant, N V w Z 2001, 759. Zur Neufassung zum 1.1.2002 (Zwischenverfahren vor Fachsenat): Redeker / Kothe, N V w Z 2002, 313 ff.; Seibert, NVwZ 2002, 265 (269 f.); Golembiewski, NordÖR 2001, 421 ff.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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den Rechtsstreit und mache sich schadenersatzpflichtig. Sollte das Gericht ein eingestuftes Dokument als nicht von den Ausnahmen erfasst ansehen, sei der Rat nur zur Überprüfung der Einstufung verpflichtet, nicht zur Freigabe. 451 Nicht verwirklicht wurde der Vorschlag des Parlaments, parallel oder in Personalunion zum Europäischen Datenschutzbeauftragten 452 einen unabhängigen Informationsbeauftragten zentral oder bei den einzelnen Organen einzurichten, der eigene Kontrollbefugnisse besitzt. 453 Er sollte Zweitanträge bearbeiten und aufgrund seiner Spezialisierung eine hohes fachliches Niveau bei der Anwendung der Ausnahmen und der Einstufung von Dokumenten gewährleisten und zeit- und kostenintensive Rechtsschutzverfahren vermeiden helfen. Er hätte eine Zwischenstufe im Rechtsschutz geboten, weil für die meisten Antragsteller der Gang zum Gericht in keinem Verhältnis zu ihrem Begehren steht. Andererseits wird diese Rolle vom Europäischen Bürgerbeauftragten ausgefüllt.
VI. Art und Weise der Zugangsgewähr /. Die Kosten des Verfahrens
(Art. 10 Abs. 1)
Die bisherigen Kostenregelungen von Rat, Kommission und Parlament unterschieden sich nur unbedeutend voneinander. Rat und Kommission sahen in Anlehnung an den Beschluss 93/730 eine zwingende Kostentragung vor (Art. 3 Abs. 1 Beschluss 93/731 iVm Beschluss des Generalsekretärs vom 27.2.1996 454 , Art. 2 Abs. 5 Beschluss 94/90). Die Kommission führte später durch den Beschluss 96/567 455 eine fakultative Gebührenregelung ein, da sich das alte System als schwer durchführbar und wenig wirksam erwiesen hatte. Das Parlament sah von Anfang eine fakultative Kostentragung vor (Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 97/632 iVm Art. 1 des Präsidiumsbeschlusses
451
Dok 7184/01 vom 19.3.2001 Tz. 25-30. Art. 41 ff. (Europäischer Datenschutzbeauftragte), Art. 24 ff. (behördliche DSB) VO 45/2001 (ABl. 2001 L 8/1). Der Europäische Bürgerbeauftragte sah einen unlösbaren Interessenkonflikt zwischen Datenschutz und Freigabe (http://www.euroombudsman.eu.int/speeches/en/crc 180900.htm). Für eine Personalunion in Anlehnung an das kanadische Modell: HoL, Public Access, Tz. 148 und die deutschen Regelungen der Länder (§ 11 Bbg AIG; § 18 Bin IFG; § 16 SH IFG) und des Bundes (§ 12 BundesIFG Entwurf) sowie Schock / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 192, dagegen Ibler, Informationszugangsgesetze, S. 416. 452
453 Art. 9b A5-0318/2000 vom 26.10.2000. Gegen Ende enger: Art. 9c PE 294.327/1-30 vom 20.2. und 22.3.2001 454 Beschluss des Generalsekretärs des Rates vom. 27.2.1996, ABl. 1996 C 74/3. 455 Beschluss vom 19.9.1996, ABl. 1996 L 247/45.
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98/306 456 ). Die Höhe der Gebühren betrug bei allen drei Einrichtungen 10 ECU zuzüglich 0,036 ECU Kopierkosten pro Blatt, wobei die ersten 30 Kopien kostenfrei waren. Im Falle anderer Informationsträger wurde die Gebühr im Einzelfall festgelegt, durfte aber einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten. Im Rahmen der Verordnung stehen die Kosten für die Zugangsgewähr im Ermessen und können nach Art. 10 Abs. 1 auferlegt werden (ebenso Art. 4 Abs. 8 Aarhus Konvention). Die Kosten umfassen Anfertigung und Übersendung und können bei Einbeziehung des Personalaufwandes vergleichsweise hoch sein. 457 Nicht umlagefähig sind allgemeine Personal- oder Sachkosten, die für Beschaffung und Erhalt des Dokumentbestandes anfallen. 458 Orientierung bieten die bisherigen Regelungen. Der Begriff Kopie wird nur im Zusammenhang mit Schriftstücken verwendet, Art. 3 b) erfasst aber auch Ton- und Bildträger (vgl. auch Art. 10 Abs. 3). Hier steigen die Kopierkosten im Einzelfall beträchtlich. Zwar dürfen die tatsächlichen Kosten nicht überschritten werden, es gibt jedoch keine feste Obergrenze oder eine Angemessenheitsklausel (so nur die Durchführungsbestimmungen der Kommission in Art. 7 Abs. 3 im Anhang zur GO). 4 5 9 Dass die tatsächlichen Kosten nicht überschritten werden dürfen, ergibt sich bereits aus dem Charakter als Recht des Einzelnen gegenüber den Gemeinschaftsorganen. Der Zugang ist keine kostenpflichtige Dienstleistung der Organe. 460 Bei der Höhe der Kosten sind allgemeine Prinzipien der Verordnung zu beachten: Den größtmöglichen Zugang entfaltet ein kostenloses oder nicht unangemessen teures Zugangsrecht. Eine gute Verwaltungspraxis (Art. 1 c), 15) ist kostenorientiert und hält Anfertigungs- und Übersendungskosten in engen Grenzen. Die elektronische Übermittlung und der elektronische Direktzugang (Art. 12) sind kostenfrei (Art. 10 Abs. 1) und sollten als einfachste und schnellste Lösung vorrangig ausgebaut werden. Keine Kosten verursacht die Einsicht vor Ort, Vertretungen in Mitglieds- oder Drittstaaten eingeschlossen.
456
Beschluss des Präsidiums vom 17.4.1998, ABl. 1998 L 135/46. So die deutsche Praxis: Nach der UIGGebVO und der LVO-SH sind Kosten bis 4000 D M zulässig und kommen vor. König, DÖV 2000, 50 (53) Fn. 68: 300 D M für 7 Kopien. 458 Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland Slg. 1999 1-5087 Tz. 48 zur UIRL 90/313. 459 Für eine Obergrenze: HoL, Public Access, Tz. 152 und GA Fennelly zur UIRL 90/313 in Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland Slg. 1999 1-5087 Tz. 23, 25 f. sowie EuGH Tz. 47, 48: unangemessene Gebühren verhindern zweckwidrig den Zugang. Das Abwälzen tatsächlich anfallender Kosten führe dazu, dass nur Personen mit einem Interesse Dokumente nachfragen, obwohl ein solches nicht erforderlich sei. Die Angemessenheit bestimme sich aus Sicht des Antragstellers und erfasse nicht mittelbare Kosten der Verwaltung, insbesondere die veranschlagte Arbeitszeit für Suche und Zusammenstellung. 460 GA Fennelly in Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland Slg. 1999 I5087 Tz. 32. 457
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Es entstehen aber, abgesehen von ortsansässigen Antragstellern, beträchtliche Reisekosten. Kostenfrei sind die ersten 20 Kopien von Schriftstücken, da der Aufwand zum Eintreiben in keinem Verhältnis zu den Einnahmen steht. 461 Kosten entstehen nur für die Anfertigung und Übersendung von Kopien, die Ablehnung von Anträgen verursacht daher keine Bearbeitungsgebühren. 462 Im Rahmen der Umsetzung der Verordnung wäre eine wie bisher einheitliche Kostentabelle für die drei Organe empfehlenswert gewesen, die zusätzlich Auskunft gibt, unter welchen Umständen Kosten anfallen. 463 Im Rahmen einer guten Verwaltungspraxis müssen die Einrichtungen ihre Kosten bei der Bearbeitung von Zugangsanträgen errechnen und die Gebühren auf eine transparente und nachvollziehbare Weise festsetzen können. 464 Nach den Durchführungsbestimmungen der Organe fällt bei der Kommission für die Bereitstellung von Dokumenten mit mehr als 20 DIN-A4-Seiten eine Gebühr von 0,10 € zuzüglich Versandkosten an (Art. 7 Abs. 3 Anhang zur GO), beim Parlament eine Grundgebühr von 10 € zuzüglich 0,03 € pro Seite. Die Kommissionsregelung ohne Grundgebühr begünstigt kleinere Anträge, während die Parlamentsregelung sich aufgrund der geringeren Kopierkosten bei größeren Anträgen lohnt. 465 Beim Rat steht eine neue Festsetzung der Gebühren durch den Generalsekretär noch aus (Art. 9 Beschluss 2001/840, ABl. 2001 L 31/40). Den Ermessensspielraum des Art. 10 Abs. 1 hätten die Organe nutzen können, um eine erhöhte Zahl von Freikopien vorzusehen, Kopierkosten zu staffeln oder kostenfreie Tatbestände festzulegen. 466 Zum Teil wurde gefordert, Kosten nur kommerziellen Nutzern aufzuerlegen und Bedürftige 467 , gemeinnützige Organisationen und die Presse
461
Es besteht eine geringe Missbrauchsgefahr, dass Antragsteller ihre Anträge in viele kleine stückeln, um innerhalb der Freikopienzahl zu bleiben und Gebühren zu sparen. 462 Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland Slg. 1999 1-5087 Tz. 57 - 59 zur UIRL, die Kosten nur für die „Übermittlung von Informationen" erhebt, die Bearbeitung des Antrags also insgesamt ausschließt, während Art. 10 Abs. 1 neben der Übersendung auch Kosten für die Anfertigung von Kopien kennt. 463 Vgl. Art. 4 Abs. 8 Aarhus-Konvention. Die Differenzierung erfolgt regelmäßig nach Komplexität der Ausnahmeprüfung und Umfang der Aussonderung bei teilweiser Zugangsgewähr. Zur Regelung beim FOIA US siehe fünf Fn. weiter. 464 HoL Public Access, Tz. 153. 465 Ab 143 zu bezahlenden Seiten ist die Parlamentsregelung kostengünstiger. 466 HoL, Public Access, Tz. 152; Hinweise zu § 8 IFG-SH Tz. 6. Nach dem FOIA US muss im Voraus die Kosten Übernahme bestätigt werden. Möglich ist eine Begrenzung auf eine bestimmte Kostenhöhe, bei deren Überschreitung der Antragsteller benachrichtigt wird. Neue Anträge werden nur bearbeitet, wenn keine Gebühren mehr geschuldet werden. 467 ABl. 1993 C 166/9. Auf Antrag sind nach § 2 Nr. 2 AIGGebO Bbg die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen, nach § 2 VerwGebO IFG NRW kann von der Erhebung zur Vermeidung sozialer Härten abgesehen werden. Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar A § 10 Tz. 33
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auszunehmen. 4 6 8 Das wäre bei der derzeitigen Nachfrageverteilung 4 6 9 zu weit, da kaum kommerzielle Antragsteller auf diese Form des Zugangs angewiesen s i n d . 4 7 0 Des weiteren wären i m Antrag nähere Angaben über den Antragsteller notwendig, die er nicht offenzulegen braucht und die nicht überprüfbar und daher leicht zu umgehen sind. Rechtsstreitigkeiten wären vorprogrammiert. Aus denselben Gründen ist es unpraktikabel, keine Kosten zu erheben, wenn der Antrag i m sog. „öffentlichen Interesse" gestellt w i r d . 4 7 1 I n der Praxis wurden selten Rechnungen gestellt, w e i l das Verfahren umständlich oder die Kosten für die Rechnungstellung und Einziehung höher wären als die erhaltenen Beträge. 4 7 2
2. Formen der Zugangsgewähr
(Art. 10 Abs. 2, 3)
Die Zugangsgewähr erfolgt durch Einsichtnahme vor Ort, die Vertretungen in Mitglieds- und Drittstaaten eingeschlossen 473 , um die Kosten niedrig zu halten oder durch Anfertigung von Kopien der Schriftstücke, Ton- oder Bildträger, in den meisten Fällen in elektronischer Form (Art. 10 Abs. 1), bei schon freigegebenen Dokumenten durch elektronischen Direktzugang (Art. 12). Die Zugangsform bestimmt sich nach dem Wunsch des Antragstellers, der Behörde kommt kein Ermessen z u . 4 7 4 Die Dokumente werden in einer der vorliegenden
468
Der FOIA in den USA unterscheidet zwischen kommerziellen Nutzern, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen sowie Journalisten und legt entsprechend unterschiedliche Kostensätze (8-30 $/hour) für Suche und Zusammenstellung zugrunde, http://www.foia.state.gov/fees.asp . 469 Rat (2002): 23,5% Wissenschaftler, 14,5% Wirtschaft, 13% Lobbies, 10,5% Anwälte, 2% Journalisten, 2,5% MEP's, 34% sonstige (Bibliotheken, andere Institutionen und Drittstaaten). Kommission (2002): 12,3% akademischer Bereich, 17,8% Zivilgesellschaft (Lobbys, Unternehmen, NRO), 22,4% Anwälte, 3,8% Journalisten, 3,1% MEP's, 8,6% Behörden, 31,8% Bürger und keine Angaben. Das Grünbuch der Kommission „Informationen des öffentlichen Sektors" (KOM(98) 585 endg.) weist unter III.4. darauf hin, dass die öffentlichen Informationen auf Kosten der Steuerzahler produziert werden, was für einen kostenlosen Zugang spricht. Andererseits nutzt und profitiert nur ein kleiner Teil der Bevölkerung von den Informationen und sollte nicht vom Rest subventioniert werden. 470 Die UN nehmen für den Zugang zu Internationalen Verträgen, deren Depositar sie sind, speziell bei Bürgern und nicht-kommerziellen Vereinigungen hohe Gebühren, um den kostenlosen Zugang der Staaten zu finanzieren. Kritisch Alston, EJIL 2001, 351 ff. 471 So der FOIA in den USA, wo der Antragsteller den Nachweis führen muss. (http://www.foia.state.gov/fees.asp ); Bischoff, RDMC 1999, 620 (624); HoL, Public Access, Tz. 152; Jahresbericht des LDA Bbg 1999 unter 1.1.: dem Zweck widersprechend und nicht überprüfbar. 472 KOM(2004) 45 endg., unter 4.4. 473 Vgl. Leitfaden der Kommission S. 16. 474 Befürwortend: HoL, Public Access, Tz. 150, so auch Art. 4 Abs. 1 AarhusKonvention, außer das Dokument ist in anderer Form öffentlich zugänglich.
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Formen und Fassungen zur Verfügung gestellt (Art. 10 Abs. 3). Inwieweit generell Sonderformen (Braille, Großdruck, Bandaufnahmen) angefertigt und zur Auswahl stehen, ist zweifelhaft. Eine Pflicht zur Erstellung folgt aus Art. 10 Abs. 3 nicht. Soweit ein angefordertes Dokument im Verlauf des Verfahrens erweitert, korrigiert, überarbeitet oder geändert wird (Zusätze ADD, CORR, REV, AMD), ist die letzte Version herauszugeben, sofern sich der Antragsteller nicht anders äußert. 475 Schwierig zu bestimmen ist, ob das Zugangsrecht zu Dokumenten das Recht auf eine Übersetzung in die eigene Sprache enthält. Bislang war das nicht der Fall 4 7 6 (vgl. Art. 2 Abs. 2 des Zugangsbeschlusses 97/632 des Parlaments und Art. 2 seines Kostenbeschlusses, wonach für eine Übersetzung die Kosten für eine „Freelance"-Übersetzung anfallen.). Art. 10 Abs. 3, der auf vorliegende Fassungen und Formen verweist, spricht dafür, dass Dokumente nur in der vorliegenden Sprachfassung zugänglich gemacht werden. Das bestätigen die Durchführungsbestimmungen der Organe (vgl. Kommission: Art. 8 Abs. 2 Anhang der GO: „in den Sprachen, in denen es verfügbar ist" 4 7 7 : Parlament: Art. 24 des Präsidiumsbeschlusses (ABl. 2001 C 374/1): Übersetzung auf Kosten des Antragstellers). Eine Übersetzungspflicht folgt nicht aus Art. 21 Abs. 3 EG oder Art. 2 Satz 2 der VO Nr. 1 („Antwort in derselben Sprache"), da zwischen dem Antwortschreiben an den Antragsteller und den übermittelten Dokumenten als Gegenstand des Antrags zu unterscheiden ist. Eine solche Trennung ist bei reinen Informationsanfragen nicht möglich. Hier fallen Auskunftserteilung und Antwort zusammen, jedoch besteht kein Recht auf eine Auskunft. Theoretisch sollte eine Übersetzung unnötig sein: Rechtsakte und das Amtsblatt werden in alle Amtssprachen übersetzt. Allen Amtssprachen kommt zugleich der Status einer Arbeitssprache für den internen Behördenverkehr zu (Art. 290 EG iVm Art. 3, 4, 1 Abs. 1 VO Nr. I 4 7 8 ) . In der Realität werden interne und vorbereitende Dokumente nicht in alle Amtssprachen übersetzt, sondern nur in die sog. „Verkehrssprachen" Französisch und Englisch. 479 Eine Übersetzungspflicht für sämtliche Dokumente im Arbeitsumlauf ist finanziell, zeitlich und
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Die Fassung ergibt sich aus der laufenden Nummer des Zusatzes (REV 2). So auch Fluck/Theuer, IF-R/UIG-Kommentar D III 2 Tz. 81. Siehe auch den Leitfaden der Kommission unter 14.:
„Unveröffentlichte Dokumente sind nicht immer in allen Amtssprachen vorhanden." (http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/acc_docs/guide_en.pdf ). ABl. 1958 L 17/395, zuletzt geändert am 24.6.1994 (ABl. 1994 C 241/285). 479 Nach Schloßmacher, Amtssprachen, S. 135 wurden bei der Kommission als Ausgangssprache übersetzter Dokumente zu 46% Französisch, 33 % Englisch und 11 % Deutsch verwendet. (S. 75: schriftliche Arbeitssprache im Parlament: 40% Französisch, 57 % Englisch, 3% Deutsch). 478
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personell nicht zu realisieren. 480 Eine praktizierbare Lösung der Sprachenfrage kann die tatsächlichen Zwänge nicht unberücksichtigt lassen. Das Sprachenproblem stellt sich in der Gemeinschaft auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlicher Form. 481 Von Interesse ist hier die Unterscheidung zwischen Arbeitsebene und Bürgerebene 482: Auf der Arbeitsebene, im internen Dienstbetrieb der Organe und bei Zusammenkünften mit nationalen Beamten, ist der Verkehr in der eigenen Sprache eine Frage der Wahrung der nationalen Identität und Sprachpolitik. 483 Der Einfluss der Verhandlungssprache auf die Durchsetzung von inhaltlichen Forderungen ist dabei nicht zu unterschätzen. In der Kommunikation mit dem Bürger, gewinnt die Sprachenfrage dagegen eine demokratische Komponente und dient dem effektiven Rechtsschutz. Als unvermeidbar gilt, dass auf der Arbeitsebene für den Erhalt der Funktionsfähigkeit eine Reduzierung auf wenige, unter Umständen eine, Arbeitssprache stattfinden wird, was faktisch bereits der Fall ist. Die Verständigungslast wird auf die Sprachausbildung der Beamten und Bediensteten verlagert. Demgegenüber ist es auf der Bürgerebene unverzichtbar, weiterhin eine Gleichbehandlung aller Sprachen als Mittel der Repräsentation und Integration aller Bürger der Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. 484 Mehrsprachigkeit muss hier gefordert, kann aber nicht erzwungen werden. 485 Eine etwaige Übersetzungspflicht beim Zugangsrecht zu Dokumenten ist damit abhängig von der Zuordnung zur Arbeitsebene der Organe oder der Bürgerebene. Bislang war das Zugangsrecht gestützt auf die GO der Organe als interne Verfahrensregelung ausgestaltet und damit Annex zur Arbeitsebene des Organs, so dass die Sprachbegrenzung eine zwingende Folge des umfassenden 480 Die früheren 11 Amtssprachen führten zu 110 Sprachrichtungen beim Übersetzen. Die um die MOE-Staaten erweiterte Union führt bei der bisherigen Amtssprachengleichheit zu 462 Sprachrichtungen und wirft unlösbare logistische Probleme auf. Andererseits dürfte es schwer zu vermitteln sein, keine oder nur bestimmte osteuropäische Sprachen als Amtssprache zuzulassen. Rogmann, Sprachenstreit, S. 272; FAZ 14.3.2001 S. 11; Oppermann, ZeuS 2001, 1 (9). 481 Dazu Oppermann, ZeuS 2001, 1 (17). 482 Daneben ist auf politischer Ebene, bei Zusammenkünften von Politkern in Parlament, Rat und Kommission die Gleichbehandlung aller Sprachen erforderlich, während bei ausgelagerten und spezialisierten Einrichtungen bereits sprachliche Sonderregelungen bestehen. Zu letzterem Rs. T-120/99, 12.7.2001 Kik / OHMI Slg. 2001 11-2235 mit Anm. Gundel, EuR 2001, 776 ff. 483 Zu den Bemühungen vor allem Frankreichs: Gundel, EuR 2001, 776 (780), ders., Rechtsordnung, S. 170 mwN, 250. 484 Gundel, EuR 2001, 776 (781); Oppermann, ZeuS 2001, 1 (8, 18). 485 In der Beschwerde 939/99/ME, entschieden am 14.6.2000, verneint der Bürgerbeauftragte eine rechtliche Pflicht der Einrichtungen, Dokumente für die Publikation im Internet zu übersetzen. Er hält es jedoch für entscheidend, dass Dokumente, die sich an die Bürger richten, in so vielen Sprachen wie möglich, jedenfalls in den drei meistgesprochenen Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch, verfügbar sind.
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Zugangs zu allen unveröffentlichten Dokumenten war. Seit Amsterdam ist das Zugangsrecht subjektiv-rechtlich in Art. 255 EG verankert, und mit Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 wurden die internen Zugangsbeschlüsse aufgehoben. Das Zugangsrecht soll die demokratische Legitimation der Gemeinschaftsorgane stärken, indem es Transparenz des Verwaltungshandelns herstellt, dadurch eine effektive Kontrolle ermöglicht und die Akzeptanz von Entscheidungen und die Beteiligung am Verfahren fördert. Keines der Ziele (Transparenz, Akzeptanz, Kontrolle, Partizipation) kann erreicht werden, wenn der einzelne Zugang zu einem fremdsprachigen Dokument erhält, das er mangels Sprachkenntnis nicht lesen kann. Der Zweck, der mit der Aufnahme des Art. 255 EG in das Primärrecht verfolgt wurde, spricht daher für eine Zuordnung des Zugangsrechts zur Bürgerebene. Auch ist Art. 255 EG die wichtigste Ausprägung des Art. 1 Abs. 2 EU, der möglichst offene und möglichst bürgernahe Entscheidungen gewährleistet. Dagegen lässt sich formal einwenden, dass die direkte Kommunikation zwischen Organ und Bürger sich auf den Antrag auf Einsicht in bestimmte Dokumente beschränkt und nicht die Dokumente selber erfasst, die ein internes Organverhalten wiedergeben, das mangels Bürgerkontakt nicht in allen Sprachen vorliegen muss. Selbst wenn eigene Dokumente in allen Amtssprachen erstellt würden, träfe das Organ die Übersetzungslast für Dokumente Dritter, die dem Organ zugegangen und in seinem Besitz und damit nach der Verordnung zugangsfähig sind. Die Frist für die Zugangsgewähr ist dabei auf 15 Arbeitstage gesenkt worden. Ein Recht auf Zugang zu Dokumenten in seiner eigenen Sprache entspricht daher am besten den Zielen des Zugangsrechts, wird aber in der Praxis nicht vollständig durchführbar sein. In keinem Fall darf die fehlende Version in der Antragssprache zur Ablehnung des Antrags fuhren, ohne das eine Mitteilung über die vorhandenen Sprachversionen erfolgt. Zu berücksichtigen ist, dass die Übersetzungsproblematik bei Dokumenten des Parlaments und bei Arbeitsdokumenten des Rates teilweise entfällt, weil notwendig Übersetzungen für die nationalen Parlamentarier und Delegationen erstellt werden. Bei der Kommission werden Dokumente jedenfalls in den gebräuchlichsten Sprachen Englisch und Französisch vorliegen. Umgekehrt wird das Zugangsrecht bislang vor allem von Bürgerrechtsgruppen, Anwälten, Wissenschaftlern und Journalisten genutzt, die über entsprechende Sprachkenntnisse oder Übersetzungsmöglichkeiten verfügen. 486 Bis es zu einer Ausweitung des Zugangsrechts kommt, wird ein Ressourcenproblem bei der Übersetzung auch dadurch vermieden, dass von allen Dokumenten im Umlauf nur der Bruchteil der nachgefragten Dokumente übersetzt werden muss und nur in die Sprache des Antragstellers. Verschärft stellt sich das Problem beim Direktzugang über
486 Diese praktische Erwägung ist keine Rechtfertigung, da sie einer Ausweitung entgegensteht und die Anwendung entgegen dem Zweck auf diese Teilnehmer verengen würde.
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
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das Internet (Art. 12), der unter anderem zu allen Dokumenten gewährt wird, die in einem anderen Verfahren (uU in einer anderen Sprache) bereits freigegeben wurden. Sprachliche Einschränkungen sind hier insoweit hinzunehmen, als der Direktzugang nur eine besonders bürgerfreundliche Zugangsform betrifft und nur soweit möglich gewährt wird. Schließlich sind Lösungen über die Kostenregelung denkbar, wie sie bislang beim Parlament bestanden (nach Art. 2 Abs. 2 Beschluss 97/632 iVm Art. 2 des Kostenbeschlusses fallen für Übersetzungen die Kosten einer „Freelance"-Übersetzung an) und weiter bestehen (vgl. den inhaltsgleichen Art. 24 des Präsidiumsbeschlusses zum Zugang zu Dokumenten, ABl. 2001 C 374/1 und Art. 16 des Zugangsbeschlusses 2003/603/EG des Wirtschafts- und Sozialausschusses).
V I I . Sensible Dokumente (Erwägung 7; Art. 2 Abs. 4, 5; 4 Abs. 7; 9 Abs. 1-7) Mit Ausnahme des Art. 4 Abs. 7 sind die Regelungen zu sog. sensiblen Dokumenten in Art. 9 zusammengefasst worden. Die Kategorie „sensibler Dokumente" ist nur vor dem Hintergrund des Beschlusses 2000/527 verständlich, der Dokumente der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ab der Einstufung „vertraulich" vom Anwendungsbereich des Zugangsrechts ausnahm.487 Er beschränkte erstmals die Zugangsregelungen und war, auch aufgrund der kritikwürdigen Art und Weise seiner Verabschiedung im Rat, heftigst umstritten und führte zu Nichtigkeitsklagen des Parlaments (Rs. C-387/00) und einiger Mitgliedstaaten (Rs. C-369/00). Da der Beschluss während des Gesetzgebungsverfahrens erging und von vornherein nur vorübergehende Wirkung bis zu dessen Abschluss besaß, war die eigentliche Frage, inwieweit seine restriktive Grundhaltung auf die Verordnung durchschlagen würde. Eine Konfrontation innerhalb des Rates und mit dem Parlament war vorhersehbar und verschärfte sich, als der Rat während des Gesetzgebungsverfahrens seine Sicherheitsbestimmungen erweiterte, die mittelbar die Kategorie „sensibler Dokumente" beeinflussen. 488 Nachfolgend wird die Kategorie „sensibler Dokumente" erläutert und welche Besonderheiten für den Zugang sie mit sich bringt. Da die Sensibilität eng mit der Frage der Klassifikation verknüpft ist, werden in diesem Zusammenhang die neuen Sicherheitsbestimmungen von Rat und Kommission mit einbezogen. Schließlich soll ein Vergleich mit der Situation unter dem Beschluss 2000/527
487
Ausführlich dazu Dritter Abschnitt D. II. und III. Beschluss 2001/264 des Rates, ABl. 2001 L 101/1, vom Parlament angefochten (Rs. C-260/01, 4.7.2001 Parlament / Rat, ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49.). 488
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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erfolgen und die Frage nach der Notwendigkeit einer solchen Kategorie erörtert werden.
1. Der Begriff des „sensiblen Dokuments" Art. 9 Abs. 1 definiert die Kategorie „sensibler Dokumente" als Untergruppe der klassifizierten Dokumente, die zwei Besonderheiten aufweist: Es muss der Geheimschutzgrad „vertraulich", „geheim" oder „streng geheim" erreicht sein und die Einstufung muss zum Schutz grundlegender Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten in den in Art. 4 Abs. 1 a) genannten Bereichen erfolgt sein. Bei sensiblen Dokumenten ist die Freigabe oder Registeraufhahme abhängig von der Entscheidung eines autorisierten Beamten und der Zustimmung des Urhebers (Art. 9 Abs. 2, 3, dazu 6. und 7.). Abgesehen von diesen Verfahrensregelungen, die zwingend aus den Sicherheitsbestimmungen über die Behandlung von Verschlusssachen folgen, sind sensible Dokumente zugangsfähig und registerpflichtig. Sie unterfallen dem normalen Zugangsverfahren nach der Verordnung, d.h. vor allem, dass nach Art. 4 der Zugang zu ihnen nur verweigert werden darf, wenn zusätzlich zur Einstufung eine Ausnahme einschlägig ist. 489 Hierin liegt eine klare Abkehr vom Beschluss 2000/527, bei dem Dokumente eines bestimmten Bereichs allein infolge ihrer Klassifikation aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen wurden und damit weder freigegeben werden konnten noch im Register erschie-
Vermerk des General Sekretariats der Kommission vom 11.6.2001 SG.B/VJ7pf/D(2001) 350245 und später im Leitfaden für den Bürger (http://europa.eu.int/comm/secretariat_general /sgc/acc_doc/docs/guide_en.pdf): „... es gibt keine Kategorie von Dokumenten, die von vornherein vom Zugangsrecht ausgeschlossen wird, auch Verschlusssachen nicht. Jede Verweigerung des Zugangsrechts muss sich auf eine der vorgesehenen Ausnahmen stützen und begründet werden mit dem Schaden, den eine Freigabe des Dokuments verursachen würde." Söderman, Transparency, Tz. 79; Riemann, Transparenz, S. 227; KOM(2004) 45 endg., unter 3.3. Missverständlich Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (683), der einen besonderen Fall des Art. 4 Abs. 1 annimmt. 490 So auch Castenholz, EWS 2001, 530 (531), ders., ERA-Forum 4/2001, 78 (84); de Leeuw, ELRev 2003, 324 (338). Die Beschlüsse 93/71 und 2000/23 in der Fassung durch den Beschluss 2000/527 sind durch die Durchführungsbestimmungen des Rates (Beschluss 2001/840, ABl. 2001 L 31/40) aufgehoben worden.
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2. Die Vergabe von Geheimschutzgraden und ihr Verhältnis zu den Ausnahmen der Verordnung Die Vergabe von Geheimschutzgraden richtet sich nach den Sicherheitsbestimmungen des Organs, beim Rat nach dem Beschluss 2001/264 (ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48) und bei der Kommission nach dem Beschluss 2001/844 (ABl. 2001 L 317/1). Die Einstufung bezweckt den Schutz vor Spionage, Kenntnisnahme durch Unbefugte oder unerlaubter Weitergabe. Sie erfolgt nur, wenn dies erforderlich ist, und nur so lange dieses Erfordernis besteht. Hierfür gibt der Urheber soweit möglich den Zeitpunkt, eine Frist oder ein Ereignis an, andernfalls erfolgt alle 5 Jahre eine Überprüfung. Eine zu häufige oder zu hohe Einstufung soll vermieden werden, da sie den Informationsfluss behindert und mittelfristig das Vertrauen in die Klassifizierung erschüttert. Umgekehrt darf es nicht zu einer zu niedrigen Einstufung zwecks vermeintlich einfacherer Handhabung kommen. Die Verantwortung für die Festlegung, Herabstufung und Aufhebung des Geheimhaltungsgrades liegt allein beim Urheber. Innerhalb der Kommission und des Generalsekretariats des Rates erfolgt eine Einstufung nur auf Anweisung oder mit Zustimmung des Dienststellenleiters oder Generaldirektors. Die Herabstufung oder Aufhebung eines Geheimschutzgrades bedarf der Genehmigung des Urhebers und wird mit allen beteiligten Stellen erörtert. Die Einstufung hängt vom Inhalt des Dokuments ab. Bei einer Zusammenstellung mehrerer Informationen gilt für das Gesamtdokument mindestens der Geheimhaltungshaltungsgrad des am höchsten eingestuften Teils (Kommission: 4., 17., Anlage 2; Rat: Teil II Abschnitt III, Anhang 3). Ein Leitfaden für die Einstufungspraxis (Anhang 3 beim Rat, Anlage 2 bei der Kommission) führt negative Auswirkungen im Fall einer Kenntnisnahme durch Unbefugte auf. Anhand dieser Kriterien bestimmt der Einstufende, ob und welcher der vier Geheimschutzgrade (streng geheim, geheim, vertraulich, nur für den Dienstgebrauch) zur Anwendung kommt. Da es sich aus Sicht des Organs um eine rein interne Verpflichtung handelt, muss der Bedienstete seine Entscheidung nicht formal begründen, und es ist kein Beschwerde- oder Rechtsschutzverfahren gegen eine bestimmte Einstufung vorgesehen. Mit der Vergabe des Geheimschutzgrades „vertraulich" oder höher ist praktisch immer gleichzeitig die Ausnahme des Art. 4 Abs. 1 a) einschlägig, da die von der Ausnahme geschützten Interessen den „grundlegenden Interessen ... in den Bereichen des Art. 4 Abs. 1 a)" entsprechen, die durch die Einstufung geschützt werden sollen. 491 Aufgrund der sachlichen Eingrenzung werden äußerst 491
Der Juristische Dienst kam in einem Gutachten vom 19.3.2001 (Dok 7184/01) unter Nr. 12 Fn. 9 zum Schluss, das Bejahen der Ausnahme führe zwangsläufig zur Beibehaltung der Einstufung und umgekehrt. Die Formulierung des Art. 9 Abs. 1 gleiche der Definition der Geheimschutzgrade, die vom „Schutz wesentlicher Interessen der EU
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selten andere Ausnahmen neben Art. 4 Abs. 1 a) einschlägig sein. Praktisch wird dadurch nicht mehr Zugang gewährt werden als unter dem Beschluss 2000/527, was dem gleichgebliebenen Geheimhaltungsbedürfnis entspricht. Jedoch wird durch die Einleitung eines Zugangsverfahrens die auf eine Ausnahme gestützte Ablehnung gerichtlich überprüfbar, während zuvor die Dokumente aufgrund einer internen Einstufungsentscheidung, gegen die kein Rechtsschutz vorgesehen ist, aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen wurden. 492 Das Parlament hat bei der Umsetzung der VO seine Befugnis zur Festlegung vertraulicher Informationen und Dokumente (ehemals Art. 173 GO) gestrichen, da die Kriterien hierfür sich nunmehr allein aus den Art. 2 - 4 der VO (EG) Nr. 1049/2001 ergeben. 493 Damit kennt das Parlament keine eigenen Verschlusssachen, sondern nur Dokumente, die aufgrund einer Ausnahme nach der Verordnung unzugänglich bleiben müssen.
3. Der Einfluss der Sicherheitsbestimmungen auf den Zugang nach der Verordnung Ein mittelbarer Einfluss der Vorschriften für Verschlusssachen auf das Zugangsrecht folgt daraus, dass es den Organen unbenommen bleibt, in ihren internen Sicherheitsbestimmungen die Vergabe von Geheimschutzgraden einseitig auszuweiten.494 Die Auswirkungen haben sich allerdings unter der Verordnung abgeschwächt. Während unter dem Beschluss 2000/527 die Ausweitung dazu führte, dass Dokumente aus dem Anwendungsbereich des Zugangsrechts und der Registerpflicht fielen, muss unter der Verordnung zusätzlich das Vorliegen einer Ausnahme nachgewiesen werden, die Art. 4 einheitlich definiert und die nicht einseitig von den Organen verändert werden dürfen. Der Zugang kann daher nicht mehr in gleicher Weise wie früher ausgeschlossen werden. Eine Ausdehnung der Einstufungskriterien, etwa indem ein konkreter Schadensnachweis auf die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung abgesenkt wird, würde die unter 2. erwähnte Verbindung zwischen Ausnahmen und Einstufung auflösen, die derzeit aufgrund eines vergleichbaren Schadenstests besteht, und damit letztlich den umgekehrten Effekt erzielen. Dennoch verbleibt den Orgaoder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten" spricht. Im Englischen heißt es in beiden Fällen „protect essential interests". Die Möglichkeit eines Auseinanderfallens sieht Art. 6 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen der Kommission vor und verlangt vor der Übermittlung die Freigabe des Dokuments, d.h. seine Deklassifizierung. 492 Siehe aber den unter Dritter Abschnitt D. II. 2. a) vertretenen Vorschlag, auch hiergegen eine Klagemöglichkeit zuzulassen. 493 A5-0349/2001 S. 11. Vgl. auch Anlage V I I zur GO des Parlaments unter Nr. 1. 494 Sehr kritisch de Leeuw, ELRev 2003, 324 (339), die hierin einen Verstoss gegen Art. 255 EG sieht.
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nen ein gewisser Spielraum, denn über die Einstufungsvorschriften und deren Ausweitung können sie sicherstellen, dass die Dokumente dem Verfahren nach Art. 9 Abs. 2, 3 unterfallen und nur von autorisierten Beamten bearbeitet werden, die sie nach ihren Sicherheitsbestimmungen selbst bestimmen (dazu 6., 7.).
4. Die Kategorie klassifizierter,
aber nicht-sensibler Dokumente
Im Umkehrschluss zu Art. 9 Abs. 1 ergibt sich, dass klassifizierte Dokumente der untersten Geheimschutzstufe „nur für den Dienstgebrauch" und Dokumente mit einer Einstufung in Bereichen außerhalb des Art. 4 Abs. 1 a), etwa zum Schutz der Privatsphäre (Art. 4 Abs. 1 b)) oder zum Schutz geschäftlicher Interessen, von Gerichtsverfahren und Inspektionstätigkeiten (Art. 4 Abs. 2), keine sensiblen Dokumente sind und nicht dem Schutz des Art. 9 unterliegen. 495 Da Art. 9 Abs. 2 und 3 keine Anwendung finden, würden diese Dokumente trotz ihrer Klassifizierung von nicht autorisierten Beamten untersucht und könnten ohne Zustimmung des Urhebers freigegeben werden (außer nach Art. 4 Abs. 5, wenn der Urheber ein Mitgliedstaat ist). Ihre Freigabe und Registereintragung wäre allein abhängig vom Vorliegen einer Ausnahme (Art. 4, 11 Abs. 2). 4 9 6 Dem scheinen auf den ersten Blick der Zweck der Einstufung und die Sicherheitsbestimmungen für Verschlusssachen entgegenzustehen.497 Eine nähere Betrachtung der Sicherheitsvorschriften des Rates und der Kommission 498 zeigt aber, dass der Geheimhaltungsschutz fast ausschließlich erst mit der Geheimhaltungsstufe „vertraulich" beginnt: So erfolgt eine Sicherheitsüberprüfung nur für Personal, das Umgang mit Dokumenten der Stufe „vertraulich" oder höher hat (beim Rat: Teil I Tz. 9, Teil I I Abschnitt V Tz. 1, näher 10 - 12, V I Tz. 2; bei der Kommission: 6.1., 19.1., 20. b)). 4 9 9 Nur insoweit wird es auch von den Mitgliedstaaten gefordert (Rat: Teil II Abschnitt I Tz. 10 d), Kommission: 19.1.). Personal im Umgang mit Dokumenten der Stufe „nur für den Dienstgebrauch" wird lediglich auf das Bestehen von Sicherheitsvorschriften aufmerksam gemacht (Rat: Teil II Abschnitt V Tz. 13; Kommission: 19.4.).
495 KOM(2004) 45 endg., 3.3. Ungenau Partsch, NJW 2001, 3154 (3157), der Art. 9 Abs. 1 auf alle Bereiche des Art. 4 Abs. 1 erstreckt. 496 So auch Bartelt /Zeitler, EuR 2003, 487 (492). 497 Der Gesamtbericht KOM(2004) 45 endg., spricht unter 3.3. von einer Quelle möglicher Widersprüche. Die Logik der Klassifikation würde verlangen, sämtliche Verschlusssachen denselben Regeln zu unterwerfen. 498 Beschluss 2001/264 des Rates vom 19. März 2001 (ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48) und Beschluss 2001/844 der Kommission vom 29. November 2001 (ABl. 2001 L 317/1). 499 Korrespondierend zur Pflicht aus dem Sicherheitsübereinkommen mit der NATO vom 26.7.2000, dort Punkt 3.
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Ein materieller Geheimhaltungsschutz durch Einrichten von Sicherheitsbereichen mit Ein- und Ausgangskontrolle und Tresorräumen erfolgt nur fur „vertrauliche" oder höher eingestufte Dokumente (Rat: Teil II Abschnitt IV Tz. 5; Kommission: 18.3.1.), während Dokumente der Stufe „nur für den Dienstgebrauch" lediglich in verschließbaren Büromöbeln aufbewahrt werden müssen (Tz. 6; 18.3.5). Erst „vertrauliche" oder höher eingestufte Dokumente unterliegen Beschränkungen bei der Herstellung (Rat: Teil II Abschnitt V I I Tz. 1; Kommission: 21.1.), Verteilung und Registrierung (Tz. 4 - 6; 21.2) und beim Versand (Tz. 7, 11; 21.3.1), wohingegen Dokumente der Stufe „nur für den Dienstgebrauch" keinen besonderen Vorschriften unterliegen (Tz. 21; 21.3.5.). Eine Verletzung der Sicherheitsbestimmungen muss bei ihnen auch nur dann gemeldet werden, wenn sie ungewöhnlicher Art ist (Rat: Teil I I Abschnitt X Tz. 7; Kommission: 24.2.). Da Dokumente der Stufe „nur für den Dienstgebrauch" von nicht - autorisiertem Personal gehandhabt werden, scheidet eine Verletzung des Art. 9 Abs. 2 aus. Da sich des weiteren alle Einstufungskriterien der Leitlinien für die Vergabe von Geheimschutzgraden ab der Stufe „vertraulich" dem Art. 4 Abs. 1 a) zuordnen lassen (vgl. Anhang I), existieren in der Praxis wohl keine Dokumente der Stufe „vertraulich" oder höher außerhalb des Bereichs des Art. 4 Abs. 1 a). Der Schutz privater und geschäftlicher Interessen erfolgt durch Datenschutzvorschriften (Art. 286 EG, VO 45/2001) und Verschwiegenheitspflichten (Art. 287 EG, Art. 17 Beamtenstatut), nicht durch eine Einstufung als Verschlusssache. Die Begrenzung der Kategorie „sensibler Dokumente" in Art. 9 Abs. 1 auf Dokumente der Bereiche des Art. 4 Abs. 1 a) fuhrt daher ebenfalls nicht zu einem Verstoß gegen Vorgaben der Sicherheitsbestimmungen der Organe. Problematisch bleibt, dass alle klassifizierten Dokumente, d.h. auch solche mit der Einstufung „nur für den Dienstgebrauch" erst freigegeben werden, wenn zuvor der Geheimhaltungsgrad aufgehoben wurde und hierfür die Zustimmung des Urhebers erforderlich ist. Das sehen nicht nur die Sicherheitsbestimmungen von Rat (Teil II Abschnitt III Tz. 9) und Kommission (17.3.) vor, sondern auch ein Gutachten des Juristischen Dienstes und die Kommission in ihrem Leitfaden zum Zugangsrecht. 500 Mit dem Konzept „sensibler Dokumente" ist das vereinbar, weil in der Zustimmung nach Art. 9 Abs. 3 gleichzeitig die Genehmigung zur Herabstufung bzw. Aufhebung des Geheimhaltungsgrades gesehen werden kann. 501 Bei einer Übertragung auf klassifizierte Dokumente, die nicht sensibel sind, verliert dagegen Art. 9 Abs. 3 seine Bedeutung, weil die Freigabe bei allen klassifizierten Dokumenten genehmigungspflichtig sein würde und nicht, wie
500 Gutachten vom 19.3.2001 (Dok 7184/01) unter Nr. 12; Zugang zu Kommissionsdokumenten - Leitfaden für Bürger unter Nr. 19, http://europa.eu.int/comm/secretariat _general/sgc/acc_doc/docs/guide_en.pdf. 501 So auch Tz. 29 des Gutachtens (Dok. 7184/01).
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Art. 9 Abs. 3 vorgibt, nur bei sensiblen.502 Allerdings wird die Frage nur im Fall einer Freigabeentscheidung relevant, die voraussetzt, dass keine Ausnahme greift und damit auch die Voraussetzungen der Klassifikation fehlen. 503 Die Zustimmung zur Aufhebung der Geheimhaltung wäre daher gewiss. Da die Zahl klassifizierter Dokumente zudem sehr gering ist und die Zahl der Zugangsanträge nach ihnen noch geringer, handelt es sich weitgehend um ein theoretisches Problem. Im Ergebnis ist die Begrenzung der Kategorie „sensibler Dokumente" in Art. 9 Abs. 1 kompliziert gestaltet, aber ohne Bedeutung, wenn man zugleich die Sicherheitsbestimmungen der Organe beachtet. Deshalb soll versucht werden zu erklären, weshalb es zu einer derart unübersichtlichen Formulierung in Art. 9 Abs. 1 kam (a.) und damit zusammenhängend auf eine folgenschwere Ergänzung der Erwägungen hingewiesen werden (b.): a. Im Gesetzgebungsverfahren, gehörte der Schutz sensibler Dokumente, insbesondere der ESVP, zu den umstrittensten Punkten der Verordnung. Das Parlament konnte nicht akzeptieren, dass der Zugang zu Dokumenten allein aufgrund ihrer Klassifikation eingeschränkt wird 5 0 4 , da dies einen Rückschritt gegenüber der bestehenden Situation dargestellt hätte. Der Beschluss 2000/527 blieb dabei unberücksichtigt, denn das Parlament focht seine Rechtmäßigkeit vor Gericht an (Rs. C-387/00 505 ). Der Spielraum des Rates dagegen war nach Abschluss eines vorläufigen Sicherheitsabkommens mit der NATO und dessen Umsetzung durch die Ratsbeschlüsse 2000/527 und den Beschluss 107/00 des Generalsekretärs eingeschränkt. Als gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens der zeitliche Druck auf alle Beteiligten stieg, noch vor dem 1. Mai 2001 einen Kompromiss zu finden, schuf der Rat durch den einseitigen Erlass von Sicherheitsbestimmungen vollendete Tatsachen.506 Zugleich kam er dem Parlament so weit entgegen, wie es ohne Verstoß gegen die neuen Sicherheitsvorschriften
502 Der Vorschlag vom 11.4.2001 sah unter Art. 6a Abs. 3 noch direkt vor, dass (nur) alle „sensiblen" Dokumente vor der Freigabe „deklassifiziert" werden. 503 Andererseits ist ein Auseinanderfallen gerade bei der untersten Einstufung am wahrscheinlichsten, weil nur hier der Schadenstest die Wahrscheinlichkeit statt des Nachweises ausreichen lässt (nachteilig auswirken könnte) und insoweit von den Ausnahmen der VO abweicht. 504 So der Wunsch des Rates, der idF ein Vetorecht vorsah, vgl. Art. 3 (b), 4 Abs. 3 SN 5249/00 vom 1.12.2000 und 1438/00 vom 22.12.2000; Art. 3 (b), 4 Abs. 5 SN 1715/01 vom 15.2.2001. 505 Rs. C-387/00, 23.10.2000 Parlament / Rat, ABl. 2000 C 355/15, mit Beschluss vom 22.3.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2002 C 144/30. 506 Das Parlament hat aus diesem Grund die Sicherheitsbestimmungen des Rates (Beschluss 2001/264, ABl. 2001 L 101/1) angefochten (Rs. C-260/01, 4.7.2001 Parlament/ Rat, ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49).
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möglich erschien, indem in Anlehnung an deren Anforderungen die Kategorie „sensibler Dokumente" zwar kompliziert, aber möglichst eng gezogen wurde. b. Art. 9 versucht die Vorgaben der Sicherheitsbestimmungen zu erfüllen, ohne sie direkt zu erwähnen. Das ist, wie oben ausgeführt, nur teilweise gelungen. Um die Sicherheitsbestimmungen der Organe und die Zugangsvorschriften in Einklang zu bringen, wurde quasi in letzter Sekunde507 auf Bestreben des Rates in Erwägung 7 der Verordnung der Satz hinzugefugt: „Jedes Organ sollte seine Sicherheitsbestimmungen beachten."
Ebenso wurde Erwägung 15 ergänzt, der sich an die Mitgliedstaaten richtet. 508 Der wesentliche Inhalt und Anlass dieser Selbstermahnung ist, die Voraussetzung einzufügen, dass, entgegen dem Anschein des Art. 9 Abs. 3, bei allen klassifizierten Dokumente vor ihrer Freigabe eine Aufhebung des Geheimhaltungsgrades mit Zustimmung des Urhebers erfolgen muss. Denkbar sind aber weitere Vorgaben, die durch eine Änderung der Sicherheitsbestimmungen nachträglich in das Zugangsverfahren eingeführt werden können. Die Ergänzung der Erwägungen versucht die Verordnung damit in einem wichtigen Punkt zu ändern und ist ein Einfallstor für Missbrauch, denn die einseitige Erweiterung der Sicherheitsbestimmungen und die Anreicherung des Zugangsverfahrens mit weiteren Anforderungen wäre trotz des Einflusses auf das Zugangsrecht dem Mitentscheidungsverfahren gemäß Art. 255 Abs. 2 EG entzogen. Betont werden muss daher, dass es sich nur um eine Änderung der für sich genommen unverbindlichen Erwägungen handelt, die keine Pflichten begründen können, die im Widerspruch zum Inhalt der Verordnung stehen.
5. Die Behandlung sensibler Dokumente Dritter Klassifizierte Dokumente können neben selbst erstellten auch Drittdokumente sein. Die Formulierung in Art. 9 Abs. 1, „gemäß den Bestimmungen des betreffenden Organs", meint das Gemeinschaftsorgan, bei dem der Zugangsantrag gestellt wurde, nicht das Organ, welches das Dokument erstellt. Das Gemeinschaftsorgan wird sich freilich an der Entscheidung des Dritten orientieren und ist hierzu eventuell aufgrund von Sicherheitsübereinkommen verpflichtet. 509 507 Nach mehreren Anläufen kam es am 11.4.2001 zu einer ersten gemeinsamen Textfassung, die nicht mehr verhandelbar war. Daher wurden am 19.4. die Erwägungen geändert und am 25.4. als endgültiger Kompromiss im Parlamentsausschuss gebilligt. 508 Zur Frage, ob die Mitgliedstaaten insoweit überhaupt an interne Bestimmungen gebunden werden können, siehe Dritter Abschnitt D. III. 2. a). 509 Siehe die Rahmenvereinbarung zwischen Kommission und Parlament vom 5.7.2000 (C5-0349/2000) und Punkt 1 (ii), 2 des Interimsabkommens über Sicherheit mit der NATO, das durch Briefwechsel vom 26.7.2000 zwischen den Generalsekretären der NATO und des Rates zustande kam. Vgl. auch die Übergangsregel in Art. 6 b) der
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Als mögliche Urheber sensibler Dokumente nennt Art. 9 Abs. 1 Gemeinschaftseinrichtungen, Mitglieds- oder Drittstaaten sowie internationale Organisationen, nicht jedoch natürliche Personen. Bis Ende März befand sich die entsprechende Regelung in Art 4 Abs. 5 bzw. zuvor in Art. 4 Abs. 3 der Entwürfe. 510 Dort wurde allgemein auf Dritte abgestellt, was nach der Definition des damaligen Art. 3 c) auch natürliche Personen waren. Auch Art. 9 Abs. 3 führt zu keiner anderen Beurteilung, da er ein sensibles Dokument nach Art. 9 Abs. 1 bereits voraussetzt. Ein Grund für die Beschränkung könnte die Annahme sein, dass natürliche Personen stets private Interessen verfolgen, deren Schutz nach Gemeinschaftsrecht nicht durch eine Einstufung, sondern durch Datenschutz- und Verschwiegenheitspflichten der Bediensteten sichergestellt wird (siehe zuvor 4.). Im übrigen werden natürliche Personen selten eigene Klassifikationsvorschriften besitzen.
6. Die besondere Behandlung sensibler Dokumente (Art. 9 Abs. 2) Sensible Dokumente unterliegen einem besonderen Verfahrens (Art. 2 Abs. 5, 9 Abs. 2), das keinen Ausnahmefall darstellt und daher keine verlängerte Bearbeitungszeit rechtfertigt (Art. 7 Abs. 3, 8 Abs. 2). Anträge werden ausschließlich von Personen behandelt, die berechtigt sind, Einblick in diese Dokumente zu nehmen. Berechtigt ist immer der Urheber, ansonsten nach den Sicherheitsbestimmungen von Rat und Kommission Beamte und Bedienstete auf Anweisung oder mit Zustimmung des Dienststellenleiters oder Generaldirektors (Ratsbeschluss 2001/264: Teil II Abschnitt III; Kommissionsbeschluss 2001/844: 4., 17.). 511 Innerhalb des Parlaments sind nach Art. 19 des Präsidiumsbeschlusses zur Umsetzung der VO (EG) Nr. 1049/2001 (ABl. 2001 C 374/1) zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen der Präsident, der für die Umsetzung des Zugangsrechts zuständige Vizepräsident, der Vorsitzende des betroffenen Ausschusses und der Generalsekretär des Parlaments befugt. 512
Sicherheitsbestimmungen der Kommission (ABl. 2001 L 317/1), wonach außerhalb der Kommission erstellte Verschlusssachen „unter der ursprünglichen Einstufung weitergeführt und als EU-Verschlusssache der entsprechenden Stufe behandelt werden", ferner die interinstitutionelle Vereinbarung vom 20.11.2002 über den Zugang des EP zu sensiblen Informationen des Rates im Bereich der ESVP, ABl. 2002 C 298/1. 5.0 Art. 4 Abs. 3 SN 5249/00 und 1438/00; Art. 4 Abs. 5 SN 1715/01, PE 294.327 idF vom 20.2. und 22.3.2001. 5.1 ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48 und ABl. 2001 L 317/1. 512 Art. 8 der Durchführungsvorschriften des Rates zur VO (EG) Nr. 1049/2001 (Anhang III seiner GO) schweigt hierzu, während ein Vorentwurf vorsah, dass der Generalsekretär die für die Prüfung und Beschlussfassung zuständigen Personen bestimmt
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Eine externe Beurteilung der Einstufung ist damit ausgeschlossen. Es besteht die Befürchtung, dass die Fachbeamten von einem besonderen Sicherheitsbedürfnis geprägt sind und eine Freigabe nie erfolgt. Eine Mindestkontrolle könnten nach Art. 9 Abs. 7 die interinstitutionellen Regelungen über die Unterrichtung des Parlaments sicherstellen. Konflikte über die Einstufung bleiben wie bei Art. 15 Abs. 2 der Jurisdiktion der Gerichte zugeordnet, die hierfür das sog. incamera Verfahren neu eingeführt haben. Dem Bürgerbeauftragten kann derzeit nach Art. 3 Abs. 2 seines Statuts der Zugang aus berechtigten Gründen der Geheimhaltung verweigert werden, was aber bisher nie geschehen ist. 513 Die autorisierte Person entscheidet neben der Freigabe darüber, inwieweit Hinweise in das öffentliche Register aufgenommen werden. Der Rat wollte keinen Registereintrag, während das Parlament wenigstens einen Registereintrag forderte. 514 Als Kompromiss erfolgt ein Eintrag sensibler Dokumente in das Register, wenn keine Ausnahme eingreift und der Urheber zustimmt (Art. 9 Abs. 2 Satz 2 iVm 11 Abs. 2, 9 Abs. 3). Die Wahrscheinlichkeit für eine Ausnahme ist weitaus geringer als bei Art. 9 Abs. 1, denn in das Register wird nicht der Inhalt, sondern eine kurze Beschreibung oder auch nur eine Bezugsnummer eingestellt. 515 Das Parlamentsregister und das Kommissionsregister enthielten im Jahre 2002 keine sensiblen Dokumente. Der Rat hat im Jahr 2002 250 sensible Dokumente geschaffen, von denen 77 mit einem Hinweis in das Register aufgenommen wurden. 516 Im Jahre 2003 waren es 399 Dokumente (17 SECRET und 382 CONFIDENTIEL), von denen 136 (alle CONFIDENTIEL) mit einem Hinweis in das Register aufgenommen wurden. 517
7. Das Veto-Recht des Urhebers sensibler Dokumente (Art. 9 Abs. 3) Nach Art. 9 Abs. 3 werden sensible Dokumente nur mit Zustimmung des Urhebers im Register aufgeführt oder freigegeben. Bei Drittdokumenten (Art. 4 Abs. 4, 5) wird dadurch die Konsultationspflicht bzw. Möglichkeit eines Zustimmungserfordernisses zu einer Zustimmungspflicht verschärft und neben
(Art. G Dok. 12318/01 vom 1.10.2001). Auch die Kommission lässt in ihren Durchführungsbestimmungen im Anhang ihrer GO offen, wer befugt ist (Art. 6 Abs. 1). 5,3 Das Parlament befürwortete insoweit eine Änderung des Statuts (A5-240/2001), die Kommission lehnte dies ab (KOM(2002) 133 endg.), näher der Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 2002 unter 2.7.3. 514 Siehe Art. 13 Abs. 2 des Parlamentsvorschlags und Art. 9a Abs. 3 des Ratsvorschlages in SN 1715/01 vom 15.2.2001. 515 Riemann, Transparenz, S. 228 plädiert daher unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch in jedem Fall für eine Registrierung. 5.6 A5-0298/2003 Begründung S. 12 5.7 Siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 9.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
der Freigabe auf den Registereintrag erweitert. 518 Die Urheber sensibler Dokumente iSd Art. 9 Abs. 3 fuhrt Art. 9 Abs. 1 auf, 519 d.h. auch die Organe untereinander (Rat zu Parlament und Kommission usw.) sind auf die Zustimmung angewiesen. Für eine Freigabe oder Registeraufnahme sind kumulativ zwei positive Entscheidungen erforderlich: Die des Beamten nach Art. 9 Abs. 2 und die des Urhebers nach Art. 9 Abs. 3. Kommt der Beamte im Rahmen des Zugangsverfahrens zu dem Schluss, dass eine Ausnahme greift, scheiden Freigabe und Registereintrag aus. Verneint er die Anwendung einer Ausnahme, kann immer noch der Urheber seine Zustimmung verweigern, ohne sich auf eine Ausnahme berufen zu müssen. Zum Teil wird Art. 9 Abs. 3 dahin interpretiert, dass der Urheber nur die Letztentscheidung besitzt, ob eine Ausnahme greift. 520 Dagegen sprechen Wortlaut und Entstehungsgeschichte.521 Eine Zustimmung ist nach den Sicherheitsbestimmungen der Organe schon deswegen erforderlich, um vor der Freigabe des Dokuments seinen Geheimschutzgrad aufzuheben (näher oben 4.). Im Fall einer gemeinsamen Urheberschaft ist die Zustimmung aller Urheber erforderlich. 522 Sinnvollerweise sollte der Urheber zuerst um seine Zustimmung gebeten werden, da sich im Fall seiner Ablehnung die Prüfung nach Art. 9 Abs. 2 erübrigt. Andernfalls widerspräche es seiner durch Art. 9 Abs. 3 hervorgehobenen Stellung, wenn trotz seiner Zustimmung der Beamte im Wege der Letztentscheidung den Zugang verweigern könnte. Zumindest müsste er den Antragsteller dann an den Urheber verweisen.
5,8
So auch Riemann, Transparenz, S. 221. Es handelt sich nicht um alle „Dritten" iSd Art. 3 b), da natürliche Personen von Art. 9 Abs. 1 nicht erfasst sind (siehe oben 5.) 520 Harden, EPL 2001, 165 (192). Konsequent verlangt er auch bei Art. 4 Abs. 5 das Vorliegen einer Ausnahme, weil der Schutz dort sonst weiter ginge als bei sensiblen Dokumenten. Die Zustimmung bedarf aber in beiden Fällen keiner Ausnahme. Bei Art. 4 Abs. 5 ergibt sich das aus dem Wortlaut ihres Ursprungs in Erklärung Nr. 35 (siehe oben II. 2. b). 519
521 Vorstehende Fußnote, de Leeuw, ELRev 2003, 324 (339) KOM(2004) 45 endg., unter 3.5.3. und Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates vom 19.3.2001, Dok 7184/01 Tz. 29: "stellt die Zustimmung eines Dritten zur Freigabe eines empfindlichen Dokuments also per se eine absolute - und nicht mit einem der in Art. 4 Abs. 1 des Kompromisstextes genannten Interessen verknüpfte - Vorbedingung dar". 522 Probleme treten auf, wenn keine Miturheberschaft vorliegt, das Dokument aber inhaltliche Bezüge zu verweigerten Drittdokumenten (ζ. B. Folgedokumenten zusammen mit Dritten) aufweist. Die Aufhebung des Geheimschutzgrades verlangt eine Erörterung unter allen Beteiligten.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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8. Die eingeschränkte Begründungspflicht und Bindung der Mitgliedstaaten an die Schutzmaßnahmen (Art. 9 Abs. 4, 5) Ursprung des Art. 9 Abs. 4 ist ein Gutachten des Juristischen Dienstes vom 19. März 2001 (Dok 7184/01). Verwiesen wird auf die Rs. WWF UK,, wonach die Begründung die zwingenden Gründe für eine Ausnahme nicht angeben muss, wenn dadurch der Zweck der Ausnahme, der Schutz bestimmter Interessen, notwendigerweise vereitelt würde. 523 Dabei handelt es sich um eine überflüssige Bekräftigung für sensible Dokumente, da der Grundsatz auch bei allen übrigen Dokumenten gilt. Ein Ausschluss im Umkehrschluss war weder beabsichtigt noch entspräche er der Rechtsprechung, die alle Dokumente betraf. Ebenso gelten auch alle weiteren Anforderungen der Rechtsprechung zur Begründung weiter für alle Dokumente: 524 Die Ausnahmeprüfung muss einzelfallbezogen vorgenommen werden, und die Begründung muss das erkennen lassen. 525 Gegebenenfalls erfolgt sie nur für jede Gruppe von Dokumenten. 526 Eine Begründung kann aus dem Kontext erfolgen und dann geringere oder höhere Anforderungen mit sich bringen. 527 Beim Schutz der internationalen Beziehungen besteht nur ein abgesenkter Kontrollmaßstab des Gerichts, der a fortiori bei Verschlusssachen mit hoher Geheimhaltungsstufe gelten wird. 5 2 8 Abzulehnen ist die Anregung des Juristischen Dienstes des Rates, dass die Begründung sich bei sensiblen Dokumenten auf die Erklärung beschränken darf, das Dokument sei besonders geprüft worden und die Verschlusssache aus zwingenden Gründen in Verbindung mit einer Ausnahme beizubehalten. Es muss eine Idee vom Doku-
523 524
Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 65. So auch das Gutachten des Juristischen Dienstes, Dok. 7184/01 in den Tz. 13 -
19. 525
Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 38. Rs. T - l 24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 54; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 117; Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 65 Tz. 64, 74; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 94. näher Dritter Abschnitt Β. I. b) cc). 527 Zum Zweck: Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 Tz. 66; Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 53 mN; Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 39, 43; Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 116; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer/Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 36; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 91. Zum Kontext: Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission Slg. 1998 11-545 Tz. 63, 65; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer I) Slg. 2000 11-1959 Tz. 36, 44-46; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 63. 526
528 Rs. T-l4/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 71, 72; Rs. T-204/99, 12.7.2001 Mattila / Rat und Kommission Slg. 2001 11-2265 Tz. 59, 64. So zu Recht der Juristische Dienst des Rates in Dok. 7184/01 Tz. 21.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
ment und ein Grund für die Schädigung geschützter Interessen angegeben werden. Art. 9 Abs. 5 ist Ausdruck der Befürchtung, vertrauliche Dokumente könnten über offene mitgliedstaatliche Zugangsregeln verbreitet werden. Danach gewährleisten die Mitgliedstaaten durch geeignete Maßnahmen, vor allem durch das Sanktionieren von Verstößen, den Schutz der Grundsätze der Art. 9 und 4. Angestrebte Auswirkungen auf Art. 5 könnten darin bestehen, dass die Mitgliedstaaten von einem sog. klaren Fall der Nichtverbreitung ausgehen oder die Entscheidung nach Art. 5 Abs. 2 an das Organ abgeben, jedenfalls aber eine Konsultation stattfindet. Art. 9 Abs. 5 tritt verstärkend zu Art. 5 und ist denselben Problemen ausgesetzt529: Art. 255 EG ist keine geeignete Rechtsgrundlage, da er nur Verpflichtungen der Gemeinschaft gegenüber dem Bürger begründet und nicht der Mitgliedstaaten gegenüber der Gemeinschaft. Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten kann sich im Lichte des Art. 5 und der Erwägung 15 nur in Verbindung mit Art. 10 EG, dem Prinzip loyaler Kooperation ergeben. Die Grundsätze der Art. 9 und 4 beziehen sich auf den Schutz bestimmter Dokumente vor voreiliger Freigabe. Erwägung 15 weist weiterhin auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen der Organe, d.h. vor allem die Beachtung der vergebenen Geheimschutzgrade und die Vorschriften zur Aufhebung der Einstufung mit Zustimmung des Urhebers.
9. Die Veröffentlichung von Bestimmungen über sensible Dokumente und Unterrichtung des Parlaments (Art. 9 Abs. 6, 7) Die Formulierung des Art. 9 Abs. 6, Bestimmungen über sensible Dokumente öffentlich zu machen, ist weit zu verstehen. Erfasst sind neben den Umsetzungsakten nach Art. 255 Abs. 3 EG 5 3 0 die Vorschriften der Organe über die Klassifikation von Dokumenten und andere interne Anweisungen und Richtlinien zum Verhalten im Zugangsverfahren. Die Sicherheitsbestimmungen des Rates und der Kommission wurden im Amtsblatt veröffentlicht. 531 Die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen des Rates wurde vom Parlament bestritten (Rs. C260/01), da sie als Durchführungsmaßnahme vor dem Basisakt erlassen wurden
529
Siehe oben 4. Ratsbeschluss 2001/840 vom 29.11.2001, ABl. 2001 L 313/40; Kommissionsbeschluss 2001/937 vom 5.12.2001, ABl. 2001 L 345/94; Beschluss des Parlaments vom 13.11.2001 zur Anpassung seiner GO (http://www.europarl.eu.int/plenary/default_de.htm#reports über Kalenderdatum) und Beschluss des Präsidiums vom 29.12.2001, ABl. 2001 C 374/1. 531 Ratsbeschluss 2001/264 vom 19.3.2001, ABl. 2001 L 101/1, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48; Kommissionsbeschluss 2001/844 vom 29.11.2001, ABl. 2001 L 317/1. 530
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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und über die interne Arbeitsweise des Rates hinaus die Mitgliedstaaten und dezentralisierten Agenturen verpflichten. 532 Letzterer Vorwurf trifft auch die Bestimmungen der Kommission, die denen des Rates nachgebildet wurden. Insoweit ist die Klage auch für die Kommission von Bedeutung. Zu veröffentlichen sind auch Sicherheitsabkommen der Gemeinschaft mit Drittstaaten und -Organisationen, aus denen hervorgeht, wie deren Geheimschutzgrad im Rahmen des Art. 9 Abs. 1 vom Gemeinschaftsorgan berücksichtigt wird, 5 3 3 sowie interinstitutionelle Vereinbarungen der Gemeinschaftsorgane über die gegenseitige Beachtung von Einstufungen, ζ. B. Anlage V I I zur GO des Parlaments über das Verfahren bei Dokumenten, die dem Parlament unter dem Vorbehalt ihrer vertraulichen Behandlung übermittelt werden. Zwar betrifft die Anlage nicht den Zugang der Öffentlichkeit zu derartigen Dokumenten, sondern den Umgang mit ihnen innerhalb des Parlaments. Die Sanktionen bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht und die Kopierbeschränkungen unterbinden praktisch aber auch den Zugang der Öffentlichkeit. Anlage V I I steht nach Ansicht des Parlaments nicht im Einklang mit der Verordnung, da die Übermittlung unter dem Vorbehalt der vertraulichen Behandlung nach der Verordnung für eine Geheimhaltung nicht mehr ausreicht, zwingend erforderlich ist das Vorliegen einer Ausnahme nach Art. 4. 5 3 4 Weiter ist auf die Rahmenvereinbarung zwischen Kommission und Parlament vom 5. Juli 2000 über die Behandlung vertraulicher Dokumente 535 hinzuweisen, die Gegenstand einer Klage vor dem EuG war. 536 Eine Reihe von Abgeordneten sah hierin eine Beschränkung ihres Fragerechts gegenüber der Kommission nach Art. 197 Abs. 3 EG. Da die Rechtssache erfolglos blieb, muss die Vereinbarung ebenfalls erneut verhandelt werden, da sie der Kommission erlaubt, ohne Einschränkung und ohne Angabe von Gründen, die Vertraulichkeit ihrer Dokumente festzulegen und ihre Veröffentlichung oder Übermittlung zu untersagen (vgl. Art. 3 Abs. 2). 5 3 7 Zwischen Rat und Parlament wurde am 20. November 2002 eine interinstitutionelle Vereinbarung über den Zugang zu sensiblen Dokumenten im Bereich der ESVP getroffen. 538 Danach
532
Rs. C-260/01, 4.7.2001 Parlament /Rat, ABl. 2001 C 245/13, mit Beschluss vom 11.12.2002 aus dem Register gestrichen, ABl. 2003 C 55/49. 533 Vgl. das unveröffentlichte (aber zugängliche) Interimsabkommen über Sicherheit mit der NATO durch Briefwechsel der Generalsekretäre vom 26.7.2000. 534 A5-0349/2001 vom 15.10.2001 S. 17. 535 C5-0349/2000, http://www.europarl.eu.int/plenary/default_de.htm#reports über C-Nr. 536 Rs. T-236/00, 15.1.2001 Stauner u.a. / Parlament und Kommission Slg. 2001 ΙΙΙ 5 (einstweiliger Rechtsschutz abgelehnt), in der Hauptsache am 17.1.2002 für unzulässig erklärt. 537 A5-0349/2001 vom 15.10.2001 S. 17. 538 ABl. 2002 C 298/1. Zur Entstehung: Dok 10112/02 vom 17.6.2002, zuvor Dok. 7895/02 vom 11.4.2002, vom spanischen Vorsitz vorangetrieben, Dok. 9577/02 vom
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
wird der Präsident des Parlaments und ein besonderer Ausschuss über den Inhalt informiert, wenn die Kenntnis für die Ausübung der Befugnisse des Parlaments erforderlich ist. Der Ausschuss setzt sich aus vier von der Konferenz der Präsidenten benannten Mitgliedern zusammen und steht unter dem Vorsitz des Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte und gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Information erfolgt durch Erteilen einer Auskunft. 539 Einsicht in die Dokumente kann auf Antrag und soweit angemessen und möglich dem Präsidenten des Parlaments erteilt werden. Er verfügt je nach Sicherheitsstufe des Dokuments, in Abstimmung mit dem Rat, über mehrere Optionen mit eng begrenzten Zugangsberechtigten. Art. 9 Abs. 7 sieht eine interinstitutionelle Regelung über die Unterrichtung des Parlaments hinsichtlich sensibler Dokumente vor. Da sie ohne Zustimmung des Urhebers nicht im Register erscheinen (Art. 9 Abs. 3), ist bereits ihre Anzahl unklar, so dass ein Bedürfnis nach demokratischer Kontrolle besteht, um einen Missbrauch der Einstufungspraxis zu vermeiden. Die Unterrichtung ergänzt den individuellen Rechtsschutz mit seiner Einsichtsmöglichkeit im sog. in-camera Verfahren. Derartige interinstitutionelle Übereinkommen existierten bereits vor der Verordnung 540 und sahen eine Einsichtsmöglichkeit durch ausgewählte Mitglieder des Parlaments vor. 5 4 1 Eine statistische Zusammenfassung der Erkenntnisse sollte vom Parlament seinem eigenen Bericht nach Art. 17 Abs. 1 angefügt werden. Von Interesse ist die Zahl der sensiblen Dokumente nach Einstufung und Organ, inwieweit sie nicht im Register erscheinen, welchen Bereichen bei Art. 4 Abs. 1 a) sie angehören, wie viele sensible Dokumente nachgefragt und wie viele freigegeben wurden, wie oft die Zustimmung von welchem Urheber nach Art. 9 Abs. 3 verweigert wurde und wie oft die Begründung nach Art. 9 Abs. 4 nicht vollständig war.
10. Notwendigkeit
einer Kategorie „sensibler Dokumente"?
Es ist unbestreitbar, dass Verschlusssachen einem besonderen Geheimhaltungsbedürfnis unterliegen. Das war von Beginn an, seit dem Verhaltenskodex 93/730, anerkannt, dessen Erwägungen vorsahen, dass Bestimmungen über ge-
3.6.2002. Im Gegenzug wurde die Klage des Parlaments in der Rs. C-260/01 zurückgezogen. 539 Zu deren Nachteilen Erster Abschnitt Α. I. 540 Siehe die Rahmenvereinbarung zwischen Kommission und Parlament vom 5.7.2001, C5-0349/2000, http://www.europarl.eu.int/plenary/default_de.htm#reports über C-Nr. 541 Anhang 3 Nummer 1.4 der Rahmenvereinbarung zwischen Kommission und Parlament: Präsidentin des Parlaments, die Vorsitzenden der betroffenen Ausschüsse, das Präsidium und die Konferenz der Präsidenten.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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heimhaltungsbedürftige Informationen voll einzuhalten sind. 542 Der Schutz erfolgte hier vollständig über die hinreichend offenen Ausnahmebestimmungen, ohne dass Probleme bekannt geworden sind. Die Balance zwischen dem Zugangsrecht und Verschlusssachen wurde beim Rat erst durch den Beschluss 2000/527 zu Ungunsten des Zugangs verschoben, als alle klassifizierten Dokumente aus dem Anwendungsbereich des Zugangsrechts ausgeschlossen wurden. Positiv ist, dass in der Verordnung diese Rechtsfolge des Beschlusses 2000/527 überwunden wird und der Zugang wieder allein vom Vorliegen einer Ausnahme abhängt. Allerdings zeigt die konkrete Ausgestaltung in Art. 9, dass die Auswirkungen des Beschlusses nicht vollständig rückgängig gemacht werden konnten, wohl auch deswegen, weil sie bis zum Schluss umstritten waren. Die Definition der besonders schutzwürdigen Kategorie „sensibler Dokumente" und das Verhältnis zu den Vorschriften für Verschlusssachen in Art. 9 ist kompliziert und unübersichtlich, was ihre praktische Anwendung erschwert. Im Ergebnis zeichnet Art. 9 dabei die Vorgaben der Sicherheitsbestimmungen nach, ohne einen weitergehenden Schutz zu erreichen. Mit Blick auf die früheren Zugangsbeschlüsse und unter Berücksichtigung der Erwägung 7 der Verordnung („Jedes Organ sollte seine Sicherheitsbestimmungen beachten.") ist die derzeitige Ausgestaltung der Kategorie „sensibler Dokumente" in der VO (EG) Nr. 1049/2001 nicht erforderlich. 543 Ein Hinweis auf die Einhaltung der Vorschriften für Verschlusssachen im Verordnungstext (statt den Erwägungen) hätte denselben materiellen Schutz geboten, jedoch deutlicher gemacht, dass alle Dokumente zugangsfähig sind und lediglich die formale Behandlung klassifizierter Dokumente angesichts der Einstufung bestimmten Sonderregeln unterliegt. Zwar lässt sich einwenden, dass das Verfahren für Verschlusssachen dann nicht in der Verordnung festgehalten ist und einseitige Änderungen durch die Organe zu befürchten sind. Deren Befugnis findet aber in Art. 255 Abs. 2 EG eine Grenze, der bei Einschränkungen der Ausübung des Zugangsrechts eine Beteiligung des Parlaments vorsieht. Soweit Verfahrensänderungen daher einschränkenden Charakter besitzen, kann das Organ sich nicht mehr auf seine Befugnis zum Erlass von Sonderbestimmungen zum Zugang nach Art. 255 Abs. 3 EG berufen. Angesichts der Erwägung 7 entspricht das auch der jetzigen Situation.
542 Art. 8 Beschluss 93/731 des Rates sprach präziser von Bestimmungen für den Schutz von Verschlusssachen, vgl. auch die Erwägungen von Beschluss 94/90 der Kommission und 97/632 des Parlaments. 543 Riemann, Transparenz, S. 228: unnötig komplizierte Regelung.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
V I I I . Einrichten von Registern und Direktzugang (Erwägung 14; Art. 11,12) 7. Registerpflicht
(Art. 11)
Das Fehlen von Dokumentregistern wurde von Anwendern als das bislang größte praktische Zugangshindernis angesehen. Die Verordnung sieht in Art. 11 Abs. 1 erstmals für Rat, Kommission und Parlament die Pflicht zur Errichtung eines öffentlichen Dokumentregisters vor. Die Organe hatten ihre Register unverzüglich und spätestens bis zum 3. Juni 2002 einzurichten, d.h. ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung (Art. 11 Abs. 3). Der Rat, der bereits über ein Register mit Direktzugang verfügt 544 , stand Vorbild für die anderen beiden Organe, wobei deren strukturelle Besonderheiten zu berücksichtigen waren, bei der Kommission die Unterteilung in GD's und beim Parlament die Stellung der Fraktionen und Parlamentarier (Art. 172 Abs. 2 GO EP). Die Kommission hat ihr Register über die Startseite der EUROPA-Webseite zugänglich gemacht (Art. 8 der Durchführungsbestimmungen im Anhang ihrer GO). 5 4 5 Das Kommissionsregister enthält bislang nur die Dokumentkategorien KOM-, C- und SEK-. Die Kommission hat diesen Kategorien legislativer Dokumente mit Blick auf Art. 12 Abs. 2 Prioriät eingeräumt und plant das Register nach und nach auszuweiten.546 Das ist ein Verstoss gegen die umfassende Registerpflicht nach Art. 11 der Verordnung. Art. 12 Abs. 2 schränkt die Registerpflicht nicht ein, sondern betrifft mit dem Direktzugang eine privilegierte Zugangsform (dazu unten 2.). 5 4 7 Daneben gibt es Register der Dokumente der Komitologie-Ausschüsse.548 Das Parlament hat eine ausführlichere Regelung getroffen (Art. 1 bis 7 des Präsidiumsbeschlusses über Zugang zu Dokumenten des Parlaments, ABl. 2001 C 374/1), die weitere Angaben im Register über den Verfasser, die verfügbaren Sprachen, Aufbewahrungsort und Status vorsieht und die Aufgaben einer vorgeschalteten Dienststelle für das Bezugsregister festlegt (Registrierung, Empfangsbestätigung, Führen eines Fälligkeitsverzeichnisses zur Fristwahrung, Unterstützung der Antragsteller). Das Register ist seit dem 31. Mai 2002 über die Webseite „Europarl" zugänglich. 549 Auch hier bestätigte sich wieder die sprunghaft ansteigende Zahl der Anträge (Januar bis 544
http://register.consilium.eu.int/utfregister/frames/introshfsDE.htm . http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/index_de.htm# . 546 KOM(2003) 216 endg. unter 1.3. 547 ECAS, Transparency & Access to EU Documents, January 2004 unter I., 3.; Curtin, Freedom, S. 106; Statewatch, http://www.statewatch.org/news/2003/jun/24open .htm. Auch KOM(2004) 45 endg., unter 5.4. und 7.1.3. wünscht ein stärkere Komplettierung des Registers. 548 KOM(2004) 45 endg., unter 5.1.3. 549 http://www4.europarl.eu.int/registre/recherche/RechercheAvancee.cfm . 545
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Mai 2002: 117 Anträge, Mai bis Dezember 2002: 520 Anträge). Im Schnitt werden täglich 80 Dokumente in das Register aufgenommen. 550 Die Registerpflicht ist ein Grundsatz der Verordnung, dessen Einhaltung in der Gemeinsamen Erklärung zur Verordnung auch von allen sonstigen Einrichtungen der Gemeinschaft gefordert wird. Angestrebt werden sollte ein Zentralregister je Organ 551 , da eine Vielzahl dezentraler Register Kenntnisse der Zuständigkeiten verlangt und wiederum die Ausübung erschwert. Auch die Einheitlichkeit in der Handhabung und die Aktualität der Register würde stärker schwanken. Das Register dient der wirksamen Ausübung des Zugangsrechts durch die Bürger. Voraussetzung ist, dass der einzelne sich möglichst einfach und billig einen vollständigen und aktuellen Überblick in seiner Sprache über die nachfragbaren Dokumente verschaffen kann. 552 Es führt zu einer Ausweitung sowie geographischen und thematischen Diversifizierung der Zugangsanträge. Neben der Verfahrensgestaltung und den Kosten ist das Dokumentregister am besten geeignet, das Zugangsrecht zu Dokumenten als wirkliches Bürgerrecht zu etablieren. 553 Die Einführung eines Registers entspricht dem Zweck der Verordnung, größtmöglichen Zugang zu gewährleisten (Art. 1 a)), der möglichst einfach ausgeübt werden kann (Art. 1 b)) und einer guten Verwaltungspraxis entspricht (Art. 1 c), 15). 554 Dem wird heutzutage in jeder Hinsicht am Besten ein elektronisches Register gerecht, auf das über das Internet zugegriffen werden kann (Art. 11 Abs. 1). Das gilt um so mehr beim Zugriff auf den Inhalt (Direktzugang Art. 12 Abs. 1), der den Zugang nicht nur unterstützt, sondern verwirklicht. Ein papierenes Register, das vor der Antragstellung nach demselben Verfahren angefordert werden müsste, würde das Verfahren erheblich verlängern und verteuern. Die ständigen Aktualisierungen würden immer einen vorherigen Registerantrag verlangen, der zusätzliche Verwaltungsaufwand wäre
550 Ausfuhrlich zum Aufbau, zur Funktionsweise und zur Statistik der Vermerk des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23.1.2003 an das Präsidium, PE 324.892/BUR S. 5 - 7 und Annex 1 und 2. 551 HoL, Public Access, Tz. 159, 160. Tz. 166 empfiehlt wie beim Rat eine zentrale Stelle für die Antragsbearbeitung. So auch das Parlament, A5-0298/2003 unter 4., 8. Spiegelstrich und Begründung S. 12. de Leeuw, ELRev 2003, 324 (342) geht sogar von einem einzigen Zentralregister für alle Organe aus. 552 Siehe die Überlegungen beim Aufbau des Ratsregisters, Dritter Abschnitt D. I. und die Entscheidungen des Bürgerbeauftragten 917/2000/GG (Fehlen vollständigen Registers ist Verwaltungsmissstand), sowie 1055/25.11.1996/STATEWATCH/UK/IJH und 633/97/PD (Dritter Abschnitt Β. II. 3.). 553 Siehe oben VI. 2. zur derzeit professionellen Nachfragestruktur, sowie Dritter Zweijahresbericht unter 2. 554 Art. 24 des Kodex für eine Verwaltungspraxis (Führen angemessener Verzeichnisse).
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
enorm. 555 Erfahrungen zeigen, dass die Register zu präziseren Anträgen fuhren und damit fur die Organe zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes beitragen. 556 Organisatorisch muss der Registereintrag fest in den Beginn des Verwaltungsablaufes integriert werden. Bei dezentralen Verwaltungsstrukturen, wie bei der Kommission, hätte sich eine übergeordnete Verwaltungseinheit angeboten, die alle eingehenden Dokumente vor dem Weiterleiten vermerkt und den Empfang bestätigt. Die Registrierung erfolgt jedoch durch den Dienst, der das Dokument erstellt oder an den es gerichtet wurde. 557 Die Hinweise, die das Register für jedes Dokument enthält (Art. 11 Abs. 2), orientieren sich an den Erfahrungen des Ratsregisters. Die Informationen dienen bei Anträgen der Identifizierung durch das Organ und geben gleichzeitig dem künftigen Antragsteller Auskunft, welche Dokumente von Interesse für ihn sind. 558 Sie sind so abzufassen, dass die durch die Ausnahmen geschützten Interessen nicht beeinträchtigt werden, was die sachliche Beschreibung aber wohl nie die bloße Dokumentnummer oder das Datum betreffen kann. Das Register muss alle Dokumente aufführen, wenn auch in unterschiedlicher Ausführlichkeit. Art. 11 Abs. 1 hält das leider nicht explizit fest. 559 Für eine umfassende Registerpflicht spricht ein Umkehrschluss zu Art. 12 Abs. 1, wonach der Direktzugang als privilegierte Zugangsform nur „soweit möglich" gewährt wird. Nur ein vollständiges Dokumentregister entspricht auch dem Zweck der Verordnung in Art. 1. Da die Registerpflicht nach Art. 11 Abs. 2 erfolgt, ohne eines der durch die Ausnahmen geschützten Interessen zu beeinträchtigen, ist kein mit dem Grundsatz guter Verwaltungspraxis zu vereinbarender Grund ersichtlich, weshalb ein solcher Registereintrag nicht erstellt werden sollte, um die Ausübung des Zugangsrechts möglichst einfach zu gestalten und dadurch den größtmöglichen Zugang zu gewährleisten. Art. 9 Abs. 2 und 3 gehen selbst für sensible Dokumente von einer
555
Deutsche Zugangsgesetze sehen kein Register vor (Bbg AIG, SH IFG) oder aufgrund des Verwaltungsaufwandes nur fakultativ das Offenlegen von Aktenplänen (§ 17 Abs. 4 Bin IFG, § 11 BundesIFG). Nur das jüngste IFG NRW sieht eine Veröffentlichung von Aktenverzeichnissen soweit möglich in elektronischer Form vor (§ 12 IFG NRW). 556 KOM(2004) 45 endg., unter 5.1.4. 557 Art. 4 der Bestimmungen zur Verwaltung von Dokumenten, ABl. 2002 L 21/23. 558 Bei legislativen Dokumenten fordert HoL, Public Access, Tz. 161 zusätzlich Hinweise über den nächsten Schritt im Gesetzgebungsverfahren. Dafür plädiert auch Weiler, ELRev 1997, 150 ff., umgesetzt in den beiden Registern Prelex und Oeil, http://www.euφa.eu.int/pΓelex/apcnet.cfm?Cl=de und http://www.europarl.eu.int/oeil/ default.htm. 559 Dafür HoL, Public Access, Tz. 159 - 161, 164; Wägenbaur, EuZW 2001, 680 (682); Castenholz, EWS 2001, 530 (534); de Leeuw, ELRev 2003, 324 (343); Riemann, Transparenz, S. 233. Strikt zu unterscheiden ist zwischen Registereintrag und tatsächlichem (direkten) Zugang. Im Ratsregister fehlten bisher sog. flüchtige vorbereitende Dokumente und solche, die nur für den Dienstgebrauch" bestimmt sind, vgl. Beschwerde 917/2000/GG, Dritter Abschnitt Β. II. 3.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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Aufnahme in das Register aus, von denen man ehesten erwarten dürfte, dass sie nicht registriert werden. Die Organe bestreiten, sämtliche Dokumente registrieren zu müssen. Im Hinblick auf jede eingestellte Dokumentgruppe müsse das Register aber vollständig sein. 560 Sofern ein Hinweis wegen einer Ausnahme verweigert wird, sollte im Register die Ausnahme angegeben werden, die beeinträchtigt wird, um das Dokument grob einem Sachgebiet zuordnen zu können. Nicht erforderlich erscheint, bei sensiblen Dokumenten die Zustimmung des Urhebers zu verlangen (Art. 9 Abs. 3), denn nach Art. 11 Abs. 2 darf keine Ausnahme einschlägig sein. Der Registereintrag 561 wirkt auch nicht präjudizierend für die spätere Entscheidung über die Freigabe, die erneut zustimmungspflichtig ist. Daher verstößt das Fehlen der Dokumente im Register gegen den Grundsatz größtmöglichen Zugangs. 562 Ohne Registereintrag ist es praktisch nicht möglich, von dem Dokument zu erfahren und Zugang zu beantragen. Die Hilfspflicht der Beamten läuft leer, da sie abgesehen von Ausnahmen nicht zur Handhabe sensibler Dokumente autorisiert sind und ebenfalls keine Kenntnis von der Existenz des Dokuments besitzen. Ihre Inanspruchnahme setzt zudem den Verdacht der Unvollständigkeit voraus.
2. Direktzugang (Art. 12) Direktzugang nach Art. 12 Abs. 1 bedeutet, dass ein direkter Zugriff auf den Inhalt des Dokuments ermöglicht wird. Das kann über das elektronische Register geschehen563 oder auf eine schriftliche Anfrage hin. 5 6 4 Es muss kein Antrag gestellt werden, das Organ prüft keine Ausnahmen oder sonstigen Voraussetzungen. Teilweise zugängliche Dokumente (Art. 4 Abs. 6) sind im Ratsregister mit dem Zusatz P/A gekennzeichnet und waren zunächst nicht direkt zugänglich,
560
KOM(2004) 45 endg., unter 5.1.2. Das Parlamentsregister und das Kommissionsregister enthielten im Jahre 2002 keine sensiblen Dokumente, nur der Rat hat im Jahr 2002 250 sensible Dokumente geschaffen, von denen 77 in das Register aufgenommen wurden, A5-0298/2003 S. 12. 562 Siehe auch Riemann, Transparenz, S. 228. 563 Das Ratsregister enthält die Option „nur öffentliche Dokumente", woraufhin nur die inhaltlich zugänglichen Dokumente angezeigt werden. Ansonsten sind direkt zugängliche Dokumente in der Registerliste gekennzeichnet. Vgl. Art. 10 Abs. 2 Anhang III der GO des Rates. 564 Deutlich Art. 9 Abs. 2, 3 der Durchführungsbestimmungen der Kommission (Anlage zur GO). Danach werden bestimmte Dokumentkategorien auf Anfrage automatisch zur Verfügung zu gestellt und, soweit möglich, unmittelbar in elektronischer Form zugänglich gemacht. Soweit Direktzugang also nicht elektronisch ζ. B. über das Internet erfolgen kann, wird das Dokument auf schriftliche Anfrage (kein Antrag!) automatisch freigegeben. 561
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
sondern nur auf Antrag. Der Rat hat seine Praxis nunmehr geändert, 565 zumal er Ablehnungen damit begründete, dass ein Dokument mit der Freigabe an einen Antragsteller, wegen dessen Recht auf Weiternutzung, als im öffentlichen Raum befindlich angesehen werden muss, so dass sein Inhalt im Internet veröffentlicht wird (Art. 10 Abs. 2 des Anhangs I I zu seiner GO). 5 6 6 Der Direktzugang unterliegt zwei weiten Schranken: Dokumente werden nur soweit möglich direkt zugänglich gemacht, d.h. im Rahmen der zur Verfügung stehenden Verwaltungsressourcen und nur gemäß den Bestimmungen des betreffenden Organs, d.h. Umfang und Modalitäten bleiben den einzelnen Organen überlassen. Anders als beim Zugang zu umfangreichen Dokumenten stößt die Begrenzung durch den Verwaltungsaufwand hier auf keine grundsätzlichen Bedenken. Bei umfangreichen Dokumenten führt der Verwaltungsaufwand dazu, dass ein Teil der Dokumente nicht zugänglich gemacht wird („ob" des Zugangs). Der Direktzugang dagegen ist eine besonders bürgerfreundliche Form der Zugangsgewähr („wie" des Zugangs). Ohne Direktzugang bleiben die Dokumente im normalen Zugangsverfahren zugänglich. Der Verwaltungsaufwand beeinflusst also nicht das Zugangsrecht, sondern dessen Ausübung. Art. 255 Abs. 1 EG und die Verordnung verankern ein Recht auf Zugang, kein Recht auf Direktzugang oder eine andere Zugangsform. Eine ressourcenorientierte Handhabung des Direktzugangs verstößt damit nicht gegen Art. 255 EG. Selbst bei der Zielsetzung, größtmöglichen und möglichst einfachen Zugang zu gewähren, stellt sich die Frage, ob Mittel für eine Ausweitung der zugänglichen Dokumente oder einer Vereinfachung des Zugangs verwendet werden sollen. Gefährlich bleibt lediglich die fehlende Konkretheit des Begriffs, der den Organen einen erheblichen Ermessensspielraum gewährt. Die nähere Ausgestaltung des Direktzugangs obliegt den Bestimmungen der betreffenden Organe, wobei Art. 12 Abs. 2 und 3 Vorgaben machen. Zu unterscheiden ist zwischen legislativen Dokumenten und anderen Dokumenten. Nach Art. 12 Abs. 2 sollen vorrangig („insbesondere") legislative Dokumente direkt zugänglich gemacht werden, da ihnen eine besondere Bedeutung für die Öffentlichkeit zukommt. Bestätigt wird das durch Art. 207 Abs. 3 EG iVm Art. 7 der GO des Rates 567 , der einen umfassenderen Zugang zu Dokumenten vorsieht,
565 Zur Änderung seiner Praxis siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 9. Im Jahre 2003 waren im Ratsregister 467.532 Dokumente aufgeführt, davon waren 249.935 direkt zugänglich, 4.889 nur teilweise zugänglich. 566 Siehe etwa die Antwort auf Zweitanträge in Dok. 5709/04, 10652/03. 567 „Der Rat wird als Gesetzgeber iSd Art. 207 Abs. 3 Uabs. 2 EG tätig, wenn er auf der Grundlage der einschlägigen Bestimmungen der Verträge im Wege von VO, RL, Rahmenbeschlüssen oder Entscheidungen Vorschriften erlässt, die in den MS oder für die MS rechtlich bindend sind; ausgenommen sind hierbei Entscheidungsprozesse, die zum Erlass von internen Maßnahmen, von Verwaltungsakten oder Haushaltsmaßnahmen, von Rechtsakten betreffend die interinstitutionellen oder die internatio-
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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wenn der Rat als Gesetzgeber tätig wird. Legislative Dokumente sind nach Art. 12 Abs. 2, der teilweise Art. 7 der GO des Rates aufgreift, alle Dokumente, die im Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind. Alle nicht legislativen Dokumente sind andere Dokumente (Art. 12 Abs. 3), wobei mit Dokumenten zur Entwicklung von Politiken oder Strategien erneut eine Untergruppe hervorgehoben wird. Eine Unvereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1, 2 der Verordnung ergibt sich nicht, da die Durchführung den Organen unterliegt und Direktzugang nur soweit möglich gewährleistet wird. Das beim Direktzugang legislativer Dokumente Art. 4 und 9 zu beachten sind, ist eine überflüssige Wiederholung, da Direktzugang nur für Dokumente in Frage kommt, die nach Art. 11 Abs. 2 iVm 4 und 9 Abs. 3 überhaupt im Register erscheinen. Die klarste und zugleich weiteste Regelung zur Durchführung des Direktzugangs trifft das Parlament: Nach Art. 5 Abs. 1, 2 des Umsetzungsbeschlusses zur Verordnung 568 macht das Parlament alle Legislativdokumente direkt zugänglich. Die Kategorien direkt zugänglicher anderer Dokumente werden nach Art. 172 Abs. 3 der GO und Art. 5 Abs. 5 des Umsetzungsbeschlusses in einer Liste als Anlage X V zur GO aufgeführt. Diese sog. Weiße Liste wurde am 14. Mai 2002 im Parlament angenommen. Sie soll den Beamten die Entscheidung über die Freigabe erleichtern und helfen, Konflikte mit Art. 287 EG und Art. 17 Beamtenstatut zu vermeiden. 569 Sie ist nicht abschließend, d.h. das Fehlen der Dokumentgruppe in der Liste spricht nicht gegen den Direktzugang und hat keine Auswirkung auf das normale Zugangsverfahren. Die Regelungen von Kommission (Art. 9 Abs. 2, 3 Durchführungsbestimmungen im Anhang zur GO) und Rat (Art. 11 Sonderbestimmungen Anhang III der GO) ähneln einander und differenzieren zwischen Dokumentkategorien, die sie zwingend zugänglich machen, und solchen, deren Verbreitung im Ermessen steht. Das eingeräumte Ermessen sollte im Lichte des Art. 12 Abs. 1, 2 der VO (EG) Nr. 1049/2001 („soweit möglich") ohne nähere Begründung immer mit Blick auf eine Freigabe ausgeübt werden. Die Struktur geht auf die Beschlüsse 2000/23 und 2001/320 des Rates zurück, die den Direktzugang für das elektronische Ratsregister regelten. Sie wurden vom Rat übernommen und fast wörtlich in seine Sonderbestimmungen zum Zugangsrecht integriert, während die
nalen Beziehungen oder von nicht bindenden Rechtsakten (wie Schlußfolgerungen, Empfehlungen oder Entschließungen führen)." 568
Beschluss des Präsidiums über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, ABl. 2001 C 374/1. 569 A5-0125/2002 endg., vom 13.5.2002; vgl. auch A5-0349/2001 vom 15.10.2001 S. 8 f.
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Kommission eine ähnliche Regelung trifft, die ihre Eigenheiten als Organ berücksichtigt. Die Kommission stellt automatisch die Tagesordnungen ihrer Sitzungen sowie deren Protokolle nach Genehmigung zur Verfügung, außerdem alle verabschiedeten Kommissionstexte, die zur Veröffentlichung bestimmt sind, und alle Dokumente Dritter, die vom Verfasser, mit seiner Zustimmung oder auf einen früheren Antrag hin, bereits veröffentlicht wurden (Art. 9 Abs. 2). Im Ermessen steht der Direktzugang bei vorbereitenden Dokumenten, die der Kommission während eines Annahmeverfahrens vorgelegt wurden, sofern eindeutig feststeht, dass keine Ausnahme eingreift, sie keine persönliche Meinung oder Stellungnahme enthalten und das Verfahren beendet ist (Art. 9 Abs. 3). 5 7 0 Die Ratsregelung ist stärker verästelt, da sie zusätzlich zwischen Gesetzgebungsdokumenten und anderen Dokumenten unterscheidet. Das Generalsekretariat macht vorläufige Tagesordnungen des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen zugänglich, außerdem alle vom Rat angenommenen Texte, die veröffentlicht werden sollen und alle Dokumente, die vom Verfasser oder mit dessen Zustimmung veröffentlicht wurden, sofern der Verfasser weder der Rat noch ein Mitgliedstaat ist (Art. 11 Abs. 3). Nach Art. 10 Abs. 2 werden auch alle Dokumente direkt zugänglich gemacht, die bereits in anderen Verfahren nach Prüfung freigegeben worden sind. 571 Im Ermessen steht das Zugänglichmachen bei vorläufigen Tagesordnungen von Ausschüssen und Arbeitsgruppen und anderen Dokumenten wie ζ. B. informatorische Vermerke und (Zwischen)Berichte über den Beratungstand im Rat oder einem Vorbereitungsgremium, sofern eindeutig feststeht, dass keine Ausnahme eingreift, sie keine persönliche Meinung oder Stellungnahme enthalten und es kein Beitrag des Juristischen Dienstes ist (Art. 11 Abs. 4). Anders als die Kommission verzichtet der Rat zu Recht auf die Voraussetzung, dass das Verfahren beendet sein muss. Den Schutz des laufenden Entscheidungsprozesses gewährleistet die Ausnahme des Art. 4 Abs. 3 Uabs. 1 der Verordnung und als weitere Voraussetzung muss eindeutig feststehen, dass keine Ausnahme eingreift. Dann aber ist ein Ausschluss auch im laufenden Verfahren nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Dieser Vorwurf trifft die Kommission und den Rat auch bezogen auf die negative Voraussetzung, dass keine persönliche Stellungnahme bzw. kein Standpunkt einer individuellen Delegation vorliegen darf. Auch hier obliegt der Schutz der Ausnahme des Art. 4 Abs. 3 Uabs. 1 und 2 der Verordnung. Sofern sie eindeutig nicht eingreift, ist trotz Vorliegens einer persönlichen Meinung oder eines
57 0 Bartelt / Zeitler, EuR 2003, 487 (498) meinen, die Regelung gehe in unzulässiger Weise über die Vorgaben der Verordnung hinaus. 571 Der FOIA US § 552 (a)(2)(D) kennt eine erweiterte Pflicht für Dokumente, die nach Ansicht der Behörde wahrscheinlich nachgefragt werden.
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individuellen Standpunktes nicht ersichtlich, weshalb eine Freigabe im Wege des Direktzugangs nicht möglich sein soll. Weitergehenden Direktzugang gewährt der Rat zu bestimmten Gesetzgebungsdokumenten (Art. 11 Abs. 5, 6). Zugänglich gemacht werden bereits während des Gesetzgebungsverfahrens den Gesetzgebungsakt betreffende Dokumente Dritter (vorbehaltlich Art. 4 Abs. 5 der Verordnung), dem AStV und dem Rat vorgelegte Annahmevermerke samt zugrundeliegendem Gesetzesentwurf und die während des Verfahrens angenommenen Beschlüsse und vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwürfe (Art. 11 Abs. 5). Nach Annahme eines Beschlusses im Verfahren und nach Annahme des endgültigen Rechtsaktes werden alle damit zusammenhängenden Dokumente freigegeben, sofern keine Ausnahme eingreift, es kein Beitrag des Juristischen Dienstes ist und wenn individuelle Standpunkte eines Mitgliedstaates wiedergegeben werden, sofern der Mitgliedstaat nicht die Geheimhaltung verlangt (Art. 11 Abs. 6). Die Dokumentkategorien überschneiden sich bei Art. 11 Abs. 6 mit Art. 11 Abs. 4. Der Unterschied besteht darin, dass im Verfahren keine individuellen Standpunkte freigegeben werden, während es nach dem Abschluss für die Verweigerung zusätzlich das Verlangen eines Mitgliedstaates bedarf. Schließlich trifft der Rat eine weitere, versteckte, aber sehr bedeutende Einschränkung des Direktzugangs. Der Direktzugang kommt erst nach der Verteilung des Dokuments in Frage, wobei „Verteilung" nach Art. 11 Abs. 2 1. Spiegelstrich die Weitergabe der endgültigen Fassung eines Dokuments bedeutet. Die Formulierung ist bezogen auf die Registerpflicht heftig umstritten. 572 Der Rat will sog. flüchtige Dokumente von nur sehr begrenzter Nützlichkeitsdauer ausschließen, obwohl keine Kriterien für die Bestimmung der Flüchtigkeit bestehen und eine objektive Anwendung des Kriteriums ausgeschlossen scheint. Eine endgültige Fassung ist ζ. B. auch von vorläufigen Tagesordnungen, Zwischenberichten und Entwürfen von Gesetzgebungsakten möglich (vgl. Art. 11 Abs. 2 1. Spiegelstrich und Abs. 3 bis 5). Ihre Unterscheidungskraft ist daher höchst zweifelhaft und eröffnet dem Organ missbräuchliche Freiräume. Eine ähnlich ungenaue und problematische Regelung, ebenfalls an versteckter Stelle, trifft das Parlament. Zwar enthielt weder der Zugangsbeschluss 97/632, noch enthalten jetzt die Durchführungsbestimmungen zur VO (EG) Nr. 1049/2001 eine Regelung zu flüchtigen Dokumenten, der interne Leitfaden für die Pflichten der Beamten und Bediensteten des Europäischen Parlaments vom 5. April 2000 573 hält jedoch fest:
572 Vgl. Beschwerde 917/2000/GG und dazu den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten an das Parlament, weil der Rat auf dem Ausschluss sog. flüchtiger Dokumente beharrt (näher Dritter Abschnitt Β. II. 3.). 573 ABl. 2000 C 97/1.
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
„Dieses Recht [das Zugangsrecht] gilt nur für abgeschlossene Dokumente und betrifft nicht die vorbereitenden Dokumente fur einen Beschluss."
Klassifizierte Dokumente, die nicht sensibel iSv Art. 9 sind (Einstufung „nur für den Dienstgebrauch" oder außerhalb von Art. 4 Abs. 1 a)) könnten, sofern inhaltlich keine Ausnahme eingreift, im Register gefuhrt (Art. 11 Abs. 2) und direkt zugänglich gemacht werden (Art. 12 Abs. 1). Dem steht beim Rat Art. 11 Abs. 1 seiner Sonderbestimmungen (Anhang III seiner GO) entgegen, der alle Verschlusssachen vom Direktzugang ausnimmt. Kommission und Parlament treffen in ihren Durchführungsbestimmungen zwar keine vergleichbare ausdrückliche Regelung, kommen aber zum selben Ergebnis. Es ist nicht denkbar, dass trotz Klassifikation eindeutig keine Ausnahme vorliegt (vgl. Art. 9 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen der Kommission im Anhang zur GO; zur Parlamentsregelung (reine Ausnahmenregelung) siehe VII. 2.). Das direkte Zugänglichmachen von Drittdokumenten entspricht ihrer Freigabe, so dass nach Art. 4 Abs. 4 eine Konsultation des Dritten erforderlich ist bzw. nach Art. 4 Abs. 5 ggf. der Mitgliedstaat die Geheimhaltung verlangen kann. Wird der direkte Zugang nicht über das Register gewährt, sondern das Dokument an anderer Stelle im Volltext wiedergegeben, gibt das Register die Dokumentfundstelle möglichst genau an (Art. 12 Abs. 4). Der Verweis auf das Register genügt Art. 10 Abs. 2 nur, wenn die Information genau genug ist, um dem Antragsteller das Dokument problemlos zugänglich zu machen (z. B. über einen direkten Link). 5 7 4 Dann stellt sich allerdings die Frage, weshalb das Register nicht selbst den Inhalt wiedergibt.
IX. Publikations- und Berichtspflichten (Art. 13,17) 1. Publikationspflichten
(Art. 13)
Die Veröffentlichungspflicht im Amtsblatt, die Art. 13 vorsieht, ist kein Bestandteil des Rechts auf Zugang zu Dokumenten, sondern steht parallel neben ihm. Im elektronischen Direktzugang haben sich jedoch Zugangsrecht und Veröffentlichungspflicht angenähert. 575 Die Einschränkung der Veröffentlichung,
574
Die Entscheidung des Bürgerbeauftragten in der Beschwerde 1424/2000/MM vom 31.12.2001 (nach Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1049/2001) lässt darauf schließen, dass er auch kostenpflichtig zu erwerbende Dokumente (CELEX, EUDOR) für problemlos zugänglich hält. 575 Siehe näher Erster Abschnitt. Seit dem 1.1.2002 steht das Amtsblatt ab 1998 ohne Zeitbegrenzung kostenlos im Internet zur Verfügung, Dok. 14566/01 S. 2.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
vorbehaltlich der Art. 4 und 9, ist bei der bestehenden Praxis bedeutungslos. Art. 13 Abs. 1, 2 stimmen nahezu wortgleich mit Art. 17 Abs. 1, 2 der GO des Rates überein. Nach Ansicht des Juristischen Dienstes läuft der Artikel daher Nr. 12 der Leitlinien über die redaktionelle Qualität zuwider 576 und sollte weggelassen werden. 577 Art. 13 ergänzt die Veröffentlichungspflicht bei angenommenen Rechtsakten nach Art. 254 EG um die Kommissionsvorschläge und Standpunkte des Parlaments im Verfahren (Art. 13 Abs. 1 a, b). Sie sind in der Praxis bereits zugänglich. Daneben müssen Beschlüsse, Rahmenbeschlüsse und Übereinkommen nach Art. 34 Abs. 2 EU im Bereich der PJZS (Art. 13 Abs. 1 c, d), internationale Übereinkünfte nach Art. 24 EU im Bereich der GASP und Übereinkommen der Mitgliedstaaten nach Art. 293 EG (Art. 13 Abs. 1 e, f) veröffentlicht werden. Richtlinien und Entscheidungen außerhalb des Art. 254 EG, Empfehlungen und Stellungnahmen, Gemeinsame Standpunkte und Initiativen nach Art. 34 Abs. 2 EU sowie Initiativen nach Art. 67 Abs. 1 EG im Bereich Visa, Asyl und Einwanderung sollen soweit möglich im Amtsblatt veröffentlicht werden (Art. 13 Abs. 2). Nach Art. 17 Abs. 2 der GO des Rates erfolgt eine Veröffentlichung, außer der Rat oder der AStV entscheiden anders. Diese Entscheidung füllt das „soweit möglich" nicht aus, sondern wird von ihm auf enge Ausnahmefälle begrenzt. Die in Art. 17 Abs. 3 bis 5 der GO aufgeführten Dokumente fehlen in Art. 13: Maßnahmen der GASP nach Art. 12 und 23 Abs. 2 EU und Durchführungsmaßnahmen bei Art. 12 und 34 Abs. 2 EU. Über ihre Veröffentlichung entscheidet von Fall zu Fall der Rat und der AStV. Nach Art. 13 Abs. 3 können die Organe in ihrer GO die Veröffentlichungspflicht ausweiten. Der Rat hat darauf Art. 17 seiner GO ergänzt (Veröffentlichung internationaler Vereinbarungen der Gemeinschaft, im Falle des Art. 24 EU nur falls kein anderweitiger Ratsbeschluss).578
2. Berichtspflichten
(Art. 17)
Die Berichte nach Art. 17 sollen jährlich und von jedem Organ erfolgen. 579 Sie haben in den Zweijahresberichten des Rates über die Anwendung des Be576 Interinstitutionelle Vereinbarung vom 22.12.1998, ABl. 1999 C 73/1, unter Nr. 12. Danach soll der verfügende Teil eines verbindlichen Aktes keine geltenden Rechtsvorschriften wiedergeben oder bestätigen. 577 Gutachten vom 12.4.2001, Dok. 8002/01 Nr. 7. Kritisch dagegen Heitsch, Verordnung, S. 66 f., der die beschränkte Veröffentlichung legislativer Dokumente für unvereinbar mit dem von ihm bejahten Transparenzgrundsatz hält. 578 Art. 1 Nr. 2 und 3 des Beschlusses 2001/840 vom 29.11.2001, ABl. 2001 L 313/40. 579 Bericht der Kommission vom 29.4.2003, KOM(2003) 216 endg.; Vermerk des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23.1.2003 an das Präsidium, PE 324.892/BUR; Bericht des Rates vom 31.3.2003, Dok.7957/03.
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schlusses 93/731 einen Vorgänger mit bewährtem Konzept. 580 Dort wird u.a. die allgemeine Entwicklung des Zugangsrechts angesprochen, anhängige und abgeschlossene Entscheidungen der Gerichte und des Bürgerbeauftragten werden mitgeteilt sowie Statistiken über Zahl, Themen und Verteilung der Anträge. Neu aufgenommen werden sollte die mittlere Dauer der Bearbeitung. Als obligatorische Bestandteile nennt Art. 17 Abs. 1 nur drei Punkte, die die Kontrollfunktion der Berichte unterstreichen: Aufzuführen sind die Zahl der Verweigerungen und die Aufschlüsselung ihrer Gründe, sowie die Zahl der sensiblen Dokumente, die nicht im Register erschienen sind. Leider erstellen die drei Organe ihre Statistiken noch nicht einheitlich, so dass interinstitutionelle Vergleiche nur begrenzt möglich sind. 581 Das direkt demokratisch legitimierte Parlament unterstreicht seine Funktion als Kontrollorgan der anderen Einrichtungen, indem es in seiner GO vorsieht, dass der für den Parlamentsbericht zuständige Ausschuss zugleich die Berichte der anderen Einrichtungen untersuchen und bewerten soll (Art. 172 Abs. 7 GO des EP). 582 Die Evaluation der Anträge hilft gleichzeitig der Einrichtung, die Nachfrageverteilung zu ermitteln und ihr Informationsangebot anzupassen. Am 30. Januar 2004 wurden in einem umfangreichen Gesamtbericht die Erfahrungen aus der Anwendung, den Jahresberichten, dem Ausschuss nach Art. 15 Abs. 2 gesammelt und in Empfehlungen für Änderun583
gen umgesetzt.
X. Verbot urheberrechtswidriger Nutzung freigegebener Dokumente (Art. 16) Nach Art. 16 erfolgt der Zugang unbeschadet geltender Urheberrechtsvorschriften. Urheberrechte stehen nicht der Einsicht, sondern nur der unkontrollierten Vervielfältigung und Weitergabe geschützter Informationen entgegen. Die bisherigen Vorschriften hatten vorgesehen, dass die Vervielfältigung oder der Direktverkauf zu gewerblichen Zwecken genehmigungspflichtig ist (Art. 3 Abs. 3 Beschluss 93/731, Art. 1 Beschluss 94/90 iVm Verhaltenskodex 93/730). Das Parlament behielt sich sogar die Genehmigung für die Verbreitung zu publizitären Zwecken vor. (Art. 3 Abs. 2 Beschluss 97/632). 584 Mit dem
580
Unter http://www.register.consilium.eu.int/utfregister/frames/introfsDE.htm . Kritisch das Parlament, A5-0298/2003 unter 4., 12. Spiegelstrich, siehe auch ECAS, Transparency & Access to EU Documents, January 2004 unter I., 4. 582 Siehe Bericht A5-0298/2003, vom Parlament am 25.9.2003 verabschiedet. 583 KOM(2004) 45 endg., vom 30.1.2004. 584 Wegener, in: Calliess / Ruffert, (1. Aufl., 1999) Art. 255 Rn. 49 hielt das im Hinblick auf die allgemeine Informationsfreiheit und die auch im Gemeinschaftsrecht garantierte Meinungsfreiheit zu Recht für problematisch. 581
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Wegfall der Urheberregel wird die Frage nach der wirtschaftlichen Verwertung erlangter Informationen verschärft aufgeworfen, denn Antragsteller erhalten über die Organe nun auch Dokumente, deren Urheber Dritte sind und die unter Umständen nicht zugestimmt haben (vgl. Art. 4 Abs. 4). Wie der jetzige Art. 4 Abs. 5 zeigt, ging es bei mitgliedstaatlichen Dokumenten unter der Urheberregel weniger um urheberrechtliche Fragen als um grundsätzliche politische Bedenken. Nach Art. 2 Abs. 4 der Revidierten Berner Übereinkunft 585 sind die Vertragsstaaten frei, den Schutz offizieller Dokumente, legislativer, exekutiver und judikativer Natur selbst zu bestimmen. Die meisten Staaten haben die Möglichkeiten genutzt, um diese Texte vom Urheberrecht auszunehmen.586 Entsprechend den bestehenden Zugangsbeschlüssen hatte die Kommission vorgeschlagen, die Vervielfältigung oder wirtschaftliche Nutzung von der Zustimmung des Rechtsinhabers abhängig zu machen (Art. 8 KOM(2000) 30 endg./2). Das war einhellig kritisiert worden. 587 Neben den bestehenden Urhebervorschriften sei der Zweck der Klausel ebenso wenig ersichtlich wie die Konsequenzen eines Verstoßes. Es werde die Verwertung durch gemeinnützige Organisationen, akademische Nutzer, die Presse und sogar von Anwälten in einem Prozess unterbunden. Ferner sei es inkonsequent, den Zugang zu erweitern, jegliche Nutzung aber zu unterbinden. 588 In der Verordnung wurde daher bewusst keine eigene Regelung getroffen, sondern auf die bestehenden Vorschriften in den Mitgliedstaaten und nach internationalem Recht verwiesen. Durch den Verweis wird die Frage eines Verstoßes, die schwierig zu bestimmen sein kann 589 , dem Empfän-
585
Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9.9.1886 (Pariser Fassung vom 24.7.1971, BGBl. 1973 II S. 1071, geändert durch Beschluss vom 2.10.1979, BGBl. 1985 II S. 81 ). 586
Die Berner Übereinkunft und die Urheberrechte der Vertragsstaaten sind zu finden unter http://www.wipo.int/clea/en/index.html. Eine Ausnahme ist das Crown Copyright Großbritanniens, Bischoff, RDMC 1999, 620 (624 f.). Vorbildlich hingegen der amerikanische „Paperwork Reduction Act" vom 4.1.1995 Section 3506 unter Β und C: Behörden ermöglichen zeitnahen und angemessenen Zugang zu ihren öffentlichen Informationen ohne Beschränkung oder Regulierung der Nutzung, des Wiederverkaufs oder der Weiterverbreitung durch die Öffentlichkeit. Hierfür werden keine Kosten oder Gebühren erhoben. 587 HoL, Public Access, Tz. 156, 157; Art. 8 Fn. 87, 88 Ratsentwurf vom 18.8.2000 SN 2970/3/00 REV 3; Am 44 Art. 8 Parlamentsentwurf vom 16.11.2000, A50318/2000. 588 Probleme bei der Freigabe öffentlicher Informationen bereiten veredelte Daten, denen durch Verarbeitung, Sammlung, Auswahl etc. ein zusätzlicher Wert zugeführt wurde, so dass die kostenlose Freigabe wettbewerbsverzerrend gegenüber kommerziellen Informationsverbreitern wirkt. Es entstehen uU Haftungsfragen bezüglich des Wahrheitsgehalts, Aktualität etc. Bei Dokumenten der Organe im Zusammenhang mit Entscheidungsprozessen geht es hierum jedoch regelmäßig nicht. 589 Siehe Sobotta, Transparenz, S. 371 f.
20 Meltzian
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
ger bei der Weiterverwendung aufgebürdet. Er trägt das Risiko, wegen einer Schutzrechtsverletzung belangt zu werden.
XI. Durchführungsmaßnahmen (Erwägung 17, Art. 18) Entsprechend Art. 255 Abs. 3 EG waren bis zum 3. Dezember 2001 die Geschäftsordnungen der Organe an die Verordnung anzupassen (Art. 18 Abs. 1). Das Parlament hat am 13. November 2001 seine Geschäftsordnung entsprechend dem Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen in mehreren Punkten angepasst (Art. 28, 171-173, Anlage V I I ) . 5 9 0 Neugefasst wurde insbesondere Artikel 172 (Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten). Einzelheiten zur Registrierung, Zugangsmodalitäten und das Verfahren bei sensiblen Dokumenten (Art. 172 Abs. 2, 3, 4) wurden durch Präsidiumsbeschluss vom 28. November 2001 näher ausgeführt. 591 Am 14. Mai 2002 wurde die Geschäftsordnung um eine Anlage X V erweitert, in der alle direkt zugänglichen Dokumente des Parlaments verzeichnet sind. 592 Der Rat hat die Sonderbestimmungen für den Zugang zu Ratsdokumenten (Beschluss 93/731 samt Kostenbeschluss, Beschluss 2000/23 und 2001/320) in einem einzigen Text zusammengefasst und durch Beschluss vom 29. November 2001 in Anhang I I I zu seiner GO konsolidiert (Art. 10 GO). 5 9 3 Die Kommission hat ihrer GO durch Beschluss vom 5. Dezember 2001 Durchführungsbestimmungen im Anhang beigefügt. 594 Dort wurde auch die Behandlung von Anträgen gegenüber OLAF geregelt (Art. 3 Abs. 3, 4; 4 Abs. 1, 3), was zur Anrufung des parlamentarischen OLAFÜberwachungsausschusses führte, da OLAF seine Unabhängigkeit gefährdet sah. 595 Der Vorschlag der Kommission vom Juli 2002, die Gründungsakte der dezentralisierten Gemeinschaftseinrichtungen zu ergänzen und die Anwendbarkeit der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der Agenturen vorzusehen 596 , wurde im Herbst 2003 verwirklicht. 597 Gleiches gilt für den Entwurf der 590
A5-0349/2001 vom 15.10.2001. Beschluss 2001/C 374/01, ABl. 2001 C 374/1 vom 29.12.2001. 592 Zu weiteren Änderungen siehe den Vermerk des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 23.1.2003 an das Präsidium, PE 324.892/BUR S. 2 - 5. 593 Beschluss 2001/840/EG des Rates vom 29.11.2001 zur Änderung seiner GO, ABl. 2001 L 313/40, nach Änderung der GO am 22.7.2002 nunmehr Anhang II, ABl. 2002 L 230/7. 594 Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom, ABl. 2001 L 345/94 vom 29.12.2001; siehe dazu den neugefassten Leitfaden für den Bürger unter http://www.europa.eu.int/ comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/docs/guide_de.pdf. 595 FAZ vom 28.12.2001 S. 4. Ein missbräuchlicher Zugang zu internen OLAFAkten seitens der Kommission (über Art. 4 Abs. 3) wird dabei als theoretisches Risiko angesehen. 596 KOM(2002) 406, ABl. 2002 CE 331/50 ff. 591
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
Kommission zur Anpassung der Archivregelung an die VO (EG) Nr. 1049/2001 598 in der VO (EG, Euratom) Nr. 1700/2003 vom 23. September 2003. 599 Anpassungebedarf bestand z.B. beim Anwendungsbereich und den Ausnahmen, die den Zugang zu bestimmten Dokumentkategorien zwingend ausschlossen. Umgekehrt beschränkte sich der Schutz der Ausnahmen nach der Archivregelung entgegen Art. 4 Abs. 7 der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf längstens 30 Jahre. Die bisherigen Zugangsbeschlüsse 93/731, 94/90 und 97/632 wurden, ebenso wie die dazugehörigen Kostenbeschlüsse und weiteren Ratsbeschlüsse (2000/23 und 2001/320) aufgehoben. Der Verhaltenskodex 93/730 bleibt unberücksichtigt, da er als Rahmenbeschluss keine Rechtswirkungen erzeugt. Die Bestimmungen über die vertrauliche Behandlung von SchengenDokumente (Sch/Com-ex (93) 22 REV vom 14.12.1993, geändert durch Beschluss vom 23.5.1998 Sch/Com-ex (98) 17 600 ) werden ggf. ebenfalls geändert oder aufgehoben. Die Schengen-Zusammenarbeit war eine rein intergouvernementale Zusammenarbeit auf Regierungsebene. Nach Art. 131 des Übereinkommens über die Durchführung des Schengener Übereinkommens oblag die Anwendung einem Exekutivausschuss. Er fasste am 14.12.1993 auf der Grundlage von Art. 132 Abs. 2 („Der Exekutivausschuss legt seine Arbeitsmethode fest.") einen Beschluss bezüglich der Vertraulichkeit bestimmter Dokumente (Sch/Com-ex(93) 22 REV, geändert durch Beschluss vom 23.5.1998 Sch/Comex(98) 17). Danach sind unabhängig von den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmte dort aufgeführte Dokumente vertraulich. Für die übrigen Dokumente galten weiterhin die innerstaatlichen Vorschriften. Mit der Eingliederung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der Europäischen Union durch das Schengen-Protokoll zum Amsterdamer Vertrag trat der Rat an die Stelle des Exekutivausschusses. Das Schengen-Sekretariat wurde in das Generalsekretariat des Rates eingegliedert (Beschluss 1999/307 vom 1. Mai 1999). Mangels weiterer Beschlüsse ist seitdem der Rat für die in den Beschlüssen genannten Dokumente zuständig, während die Vertragsparteien des Schengener Übereinkommens für die Freigabe der übrigen Schengen-Dokumente verantwortlich sind. 601 Bei ihnen wäre der Zugang praktisch unmöglich, sofern die Vertragsparteien nicht einen Beschluss annehmen, wonach unbeschadet der obigen Schengen-Beschlüsse alle Dokumente als Ratsdokumente angesehen 597 VO (EG) Nr. 1641 - 1655/2003, ABl. 2003 L 245/1 ff.; siehe für Exekutivagenturen der Kommission die VO (EG) Nr. 58/2003, ABl. 2003 L 11/1. 598 KOM(2002) 462, ABl. 2002 CE 331/169. 599 ABl. 2003 L 243/1. Siehe Zweiter Jahresbericht des Rates, Dok. 8036/04 vom 5.4.2004, S. 6 f. 600 Textband Schengen-Besitzstand, S. 158 und 170. 601 Vermerk des Juristischen Dienstes für die Gruppe Information vom 10.5.2000, Dok. 7329/00.
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308
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
werden. 602 Insofern ist der Begriff „Schengen-Dokumente" in Erwägung 17 ungenau, da nur die Dokumente gemeint sind, die in die EU einbezogen wurden. 603
X I I . Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Ihrem Zweck (Art. 1) nach sind bei der Auslegung und Anwendung der Verordnung ein möglichst weiter Zugang, eine möglichst einfache Ausübung und eine gute Verwaltungspraxis zu verwirklichen. Die Beschränkung der Zugangsberechtigung (Art. 2 Abs. 1) gegenüber der jetzigen Situation auf Unionsbürger und natürliche und juristische Personen mit (Wohn)Sitz innerhalb der Gemeinschaft ist nicht kontrollierbar und in der Praxis irrelevant. Art. 2 Abs. 2 erlaubt ein Beibehalten der bisherigen Lage, d.h. die Zugangsgewähr für jedermann. Zugangsverpflichtet sind nur Rat, Parlament und Kommission (Art. 2 Abs. 3 iVm Art. 1 a)). Alle anderen Organe und Einrichtungen werden in Erwägung 8 und einer „Gemeinsamen Erklärung" aufgefordert, Zugang entsprechend den Grundsätzen der Verordnung zu gewähren. Fast alle Organe und Einrichtungen sehen mittlerweile die Anwendbarkeit der VO (EG) Nr. 1049/2001 für ihre Dokumente vor (näher Anhang III). Die Urheberregel entfällt (Art. 2 Abs. 3), d.h. Zugang wird unabhängig vom Urheber zu allen Dokumenten im Besitz der drei Organe gewährt. Dem Sicherheitsbedürfnis anderer Urheber trägt die Verordnung Rechnung, indem sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, die Freigabe ihrer Dokumente von ihrer Zustimmung abhängig zu machen (Art. 4 Abs. 5), unabhängig vom Vorliegen einer Ausnahme. Das gleiche gilt für sensible Dokumente (Art. 9 Abs. 3). Alle übrigen Dokumente Dritter werden erst nach einer Konsultation freigegeben, bei der das Organ die Letztentscheidung behält (Art. 4 Abs. 4). Hiervon kann in klaren Fällen, d.h. mit offensichtlichem Ergebnis, abgewichen werden. Ein Kompromiss zwischen Rat und Parlament, der das Verfahren nicht flexibler, aber missbrauchsanfälliger macht. Verfahren und Rechtsschutz finden auf Gemeinschaftsebene statt. Die Verordnung bildet nach Erwägung 12, Art. 18 Abs. 3, aus teleologischen und entstehungsgeschichtlichen Gründen und nach der bisherigen Rechtsprechung einen gemeinschaftsrechtlichen Mindeststandard außer gegenüber völ-
602
Vermerk des Generalsekretariats des Rates vom 24.7.2000, Dok. 9520/1/00 REV
603
Gutachten des Juristischen Dienstes vom 12.4.2001, Dok. 8002/01 unter Nr. 5.
1.
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
kerrechtlichen Verträgen (Art. 2 Abs. 6). Sie findet Anwendung auf den EAGV, EGKSV, sowie die Bereiche GASP und PJZS (Erwägung 5, 7). Der Dokumentbegriff (Ari. 3 a)) ist weit und erfasst alle verkörperten Informationen, inklusive elektronischer Formen, nicht aber sog. potentielle Dokumente, die erst erstellt werden müssen. Der unnötige zweite Teil der Definition beschränkt den Zugang auf Dokumente aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs. Um Missbrauch und einen Widerspruch zu Art. 2 Abs. 3 („alle Dokumente eines Organs") zu vermeiden, werden dadurch nur nicht-amtliche Dokumente privater Natur ausgeschlossen. Zugang ist auch zu veröffentlichten Dokumenten zu gewähren. Sofern sie für den Antragsteller problemlos zugänglich sind, reicht ein Hinweis auf ihre Fundstelle (Art. 10 Abs. 2). Der individuelle Maßstab ist restriktiv zu handhaben, um Missbrauch auszuschließen. Die Ausnahmen (Art. 4 Abs. 1, 2, 3) sind anders als bisher abschließend und zwingend gestaltet und verlangen den Nachweis eines Schadens im Fall der Freigabe des beantragten Dokuments. Bei bestimmten Ausnahmen besteht die Möglichkeit, überwiegende öffentliche Interessen an der Verbreitung zu berücksichtigen, so dass es zu einer Wertung kommt, die in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Es entstehen unterschiedlich weite Rechtfertigungsstufen. Thematisch geschützt sind öffentliche, private und geschäftliche Interessen, die breit genug gestreut sind, potentiell Zugang zu jedem Dokument zu verweigern. Auf eine restriktive Handhabung der datenschutzrechtlichen Vorschriften ist zu achten. Die systematische Ablehnung von Anträgen nach Dokumenten des Juristischen Dienstes widerspricht der einzelfallbezogenen Anwendung der Ausnahme „Rechtsberatung". Entscheidungen des Gerichts und des Bürgerbeauftragten finden größtenteils weiter Anwendung, etwa zu Dokumenten, die Gegenstand einer Untersuchung sind. Die Freigabe interner, vorbereitender Dokumente (Art. 4 Abs. 3) wird vor der Beschlussfassung verweigert, wenn deren Bekanntwerden den konkreten Entscheidungsprozess ernstlich beeinträchtigt und kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht. Nur wenn zusätzlich die persönliche Stellungnahme eines Bediensteten vorliegt, kann zu dessen Schutz auch nach der Beschlussfassung der Zugang verweigert werden. In diesem Fall bezieht sich die Beeinträchtigung des Entscheidungsprozesses abstrakt auf die künftige Mitwirkung des Betroffenen am Verfahren. Die Ausnahme ist restriktiver und präziser als der bisherige ermessensabhängige Schutz der Geheimhaltung von Beratungen. Dennoch verbleibt eine komplexe und sehr abstrakte Prüfung, deren Handhabung schwierig ist. Die von der Rechtsprechung entwickelte Pflicht zur teilweisen Zugangsgewähr, wenn eine Ausnahme nur Teile eines Dokuments betrifft, wurde kodifiziert (Art. 4 Abs. 6). Allgemein ist der Schutz auf den erforderlichen Zeitraum beschränkt, grundsätzlich höchstens 30 Jahre (Art. 4 Abs. 7).
Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
Das Verhältnis zum Zugangsrecht der Mitgliedstaaten ist problembeladen. Die Gemeinschaft befürchtet die Freigabe vertraulicher Gemeinschaftsdokumente über offene nationale Zugangsregelungen. Andererseits ist die Harmonisierung oder Einschränkung verfassungsrechtlich verankerter Zugangsrechte politisch nicht durchsetzbar. Den Mitgliedstaat trifft nach Art. 10 EG eine Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit (Erwägung 15), die Art. 5 Abs. 1 zu einer Konsultationspflicht konkretisiert, außer es ist „klar", dass die Freigabe keine Ziele der Verordnung beeinträchtigt. Die Beachtung der Sicherheitsbestimmungen der Organe ist zu weitgehend. Die Weiterleitung des Antrags an das Gemeinschaftsorgan, wie sie Art. 5 Abs. 2 EG ermöglicht, ist nicht erforderlich und für den Antragsteller mit einem ungewollten Verfahrens- und Rechtsschutzwechsel auf die Gemeinschaftsebene verbunden. Hiervon sollte selten Gebrauch gemacht werden. Der bisherige zweistufige Verfahrensablauf (Art. 6, 7, 8) wurde beibehalten. Rechtsschutz ist nur gegen die Ablehnung des Zweitantrags möglich. Der Antrag kann elektronisch und ohne Begründung gestellt werden. Einzelheiten finden sich in den Durchführungsvorschriften der Organe. Die Bearbeitung erfolgt unverzüglich, die Frist wurde auf 15 Arbeitstage verkürzt und kann in begründeten Ausnahmefällen verdoppelt werden. Nur bei Anträgen nach sehr umfangreichen oder vielen Dokumenten kann das Organ eine „angemessene Lösung" suchen. Die Regelung ist zu ungenau und sorgt für Rechtsunsicherheit, da sie den Organen zu großes Ermessen gewährt, wann ein solcher Antrag vorliegt. Für Antragsteller wird ein Anreiz geschaffen, Anträge in mehrere kleine Anträge zu stückeln und gegebenenfalls zeitlich versetzt zu stellen. Die zusammenfassende Bearbeitung mehrerer Anträge eines vom Organ zu bestimmenden Zeitraumes war bislang und sollte auch weiterhin nicht möglich sein. Aus dem Zweck größtmöglicher Zugangsgewähr folgt, dass die fakultativ vorgesehene Lösungssuche zwingend und im Benehmen mit dem Antragsteller stattfindet und nach Fristablauf zum Rechtsschutz berechtigt. Eine Kategorie „komplexer" oder „systematisch mißbräuchlicher" Anträge kennt die Verordnung nicht. Kosten entstehen für die Anfertigung und Übersendung, nicht für die Ablehnung eines Antrags oder als Umlage allgemeiner Verwaltungskosten. Die Gebühren sind in den Durchführungsbestimmungen geregelt. Aus allgemeinen Prinzipien folgt eine angemessene Obergrenze und eine transparente Gebührenerhebung unter Berücksichtigung von kostenfreien Tatbeständen. Der Zugang erfolgt durch Einsicht vor Ort oder elektronisch oder das Anfertigen von Kopien. Er betrifft die Kommunikation mit dem Bürger, so dass aufgrund der Gleichbehandlung aller Sprachen eine Freigabe in der Sprache des Antragstellers erfolgen sollte. Eine Übersetzungsproblematik (Weite des Dokumentbegriffs, Drittdokumente, Frist, Kosten) besteht bei der derzeit geringen Nachfrage noch nicht. Positiv sind die Hilfspflichten der Verwaltung gegenüber dem Antragsteller bei der Durchführung des Verfahrens als Bestandteil einer guten Verwaltungspraxis. Als ausbaufähiger Grundsatz, eingeführt durch den Kodex
Β. Der Inhalt der VO (EG) Nr. 1049/2001
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des Bürgerbeauftragten und niedergelegt in Art. 41 der Grundrechtscharta, ermöglichen sie bei unvorhergesehenen Problemen eine bürgerfreundliche Lösung. Unverständlich ist, dass die Verordnung das Ausbleiben einer Antwort der Verwaltung als Ablehnung fingiert und als Alternative zur Antragsbearbeitung beibehält. Hierin liegt eine Missachtung der Rechte des Antragstellers und ein Verstoß gegen alle von der Verordnung verfolgten Ziele: Die größtmögliche Zugangsgewähr (Art. 1 a)) und eine unverzügliche Bearbeitung (Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1) setzen eine Antragsbearbeitung voraus. Die fehlende Begründung des belastenden Ablehnungsbescheids und das Ausbleiben einer Rechtsbehelfsbelehrung erschweren die Ausübung des Zugangsrechts und den Rechtsschutz und entsprechen nicht einer guten Verwaltungspraxis (Art. 1 b), c)). Auch Art. 21 Abs. 3 EG gewährt das Recht auf eine Antwort. Das Ausbleiben einer Antwort sollte sanktioniert werden, wobei die positive Fiktion der Zugangsgewähr nach Wegfall der Urheberregel mit den Rechten Dritter unvereinbar ist. Rechtsschutz wird wie bisher durch Beschwerde zum Bürgerbeauftragten oder Nichtigkeitsklage zum EuG gewährt. In der Praxis kann nur eine der beiden Möglichkeiten betrieben werden, eine gegenseitige Kontrolle erfolgt nicht. Der Zugang zum Bürgerbeauftragten unterliegt weniger strengen Voraussetzungen, ist schneller und kostengünstiger, aber nicht rechtsverbindlich. Im Rahmen des Prüfungsumfangs sollte der Bürgerbeauftragte die Rechtmäßigkeitskontrolle des Gerichts um Zweckmäßigkeitserwägungen und allgemeinen Empfehlungen für eine bürgerfreundliche Verwaltungspraxis ergänzen. Er sollte, wie das Gericht im neu eingeführten „in camera - Verfahren", bei der das Gericht, nicht aber der Antragsgegner Einsicht in streitige Dokumente erhält, umfassenden Zugang zu vertraulichen Dokumenten erhalten. Ein Informationsbeauftragter, der in Konkurrenz zum Bürgerbeauftragten getreten wäre, wurde nicht geschaffen. „Sensible Dokumente" (Art. 9 Abs. 1) sind eine Untergruppe der klassifizierten Dokumente, gekennzeichnet durch einen besonderen Geheimschutzgrad („vertraulich", „geheim", „streng geheim") aus dem Bereich des Art. 4 Abs. 1 a). Der Geheimschutzgrad ist für sich kein Verweigerungsgrund, sensible Dokumente sind wie alle Dokumente zugangsfähig und registerpflichtig. Ein Geheimschutzgrad wird regelmäßig mit einer Ausnahme zusammenfallen, da er ebenfalls einen Schadensnachweis für den Fall der Freigabe voraussetzt. Die Vergabe der Geheimschutzgrade richtet sich nach den Sicherheitsbestimmungen der Organe, die mittelbar Einfluss auf das Zugangsgefahren erlangen. Die Einstufung wird nicht begründet und ist nicht angreifbar. Der Zugang zu sensiblen Dokumenten unterliegt besonderen Verfahrensvorschriften (Art. 9 Abs. 2, 3): Nur bestimmte sicherheitsüberprüfte Personen dürfen den Antrag bearbeiten und Einsicht nehmen. Sie entscheiden über den Zugang und die Aufnahme in das Register. Zusätzlich ist die Zustimmung des Urhebers erforderlich. Die Begründung der Verweigerung darf keine geschützten Interessen beeinträchtigen (Art. 9 Abs. 4). Die Mitgliedstaaten trifft besondere Wachsamkeit bei der Freigabe (Art. 9 Abs. 5). Die Sicherheitsbestimmungen sind zu veröffentlichen, und
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Vierter Abschnitt: Die VO (EG) Nr. 1049/2001
das Parlament ist über die Handhabung zu unterrichten (Art. 9 Abs. 6, 7). Die Kategorie sensibler Dokumente ist ein Kompromisses zwischen Rat und Parlament. Sie überlagert und verkompliziert das Zugangsverfahren und ist in der vorliegenden Form entbehrlich: Außerhalb der Gruppe sensibler Dokumente (Art. 9 Abs. 1) gibt es keine klassifizierten Dokumente, die besonderen Sicherheitsvorschriften unterliegen. Art. 9 Abs. 2 und 3 folgen aus den Klassifikationsvorschriften. Art. 9 Abs. 4 und 5 gelten gleichermaßen für nicht-sensible Dokumente. Die Zustimmung des Urhebers über die Aufnahme in das Register (Art. 9 Abs. 3) ist neben Art. 11 Abs. 2 und 9 Abs. 2, die garantieren, dass keine Ausnahme eingreift, nicht erforderlich. Die Ergänzung der Erwägungen 7 und 15, („Die Sicherheitsbestimmungen sind zu beachten.") zielt darauf ab, bei allen eingestuften Dokumenten eine genehmigungspflichtige Deklassifizierung durchzusetzen. Dadurch wird Art. 9 Abs. 3 obsolet. Die neu aufgenommene Registerpflicht (Art. 11) erfasst alle Dokumente. Bestimmte Merkmale eines Dokuments (Kurztitel, Datum) werden nach Vorbild des Ratsregisters im Internet bereitgehalten, um die Ausübung des Zugangsrechts zu erleichtern. Der direkte Zugang zum Inhalt über das Register (Art. 12) ist eine besonders bürgerfreundliche Zugangsmöglichkeit, bei der das Antragsverfahren entfällt. Ihr gehört nach Zeit, Kosten und Aufwand die Zukunft. Derzeit ist sie zögerlich („soweit möglich"), nicht einheitlich („gemäß den Bestimmungen der Organe") und in der Unterteilung der zugänglichen Dokumentarten in den Durchführungsvorschriften viel zu umständlich verwirklicht. Die Berichtspflichten (Art. 17) greifen eine bewährte Praxis der Selbstkontrolle auf, die Veröffentlichungspflichten im Amtsblatt (Art. 13) bringen zur gegenwärtigen Situation keine Verbesserung. Die Urheberrechtsklausel (Art. 16) verweist auf die geltenden Urheberrechtsvorschriften und bürdet dem Antragsteller die Kontrolle ihrer Einhaltung auf.
ter Abschnitt:
Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts? Generalanwalt Tesauro hat in seinem Schlussantrag zur Rs. Niederlande / Rat zum ersten Mal vertreten, dass das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts ist.1 Seitdem hat die Frage großes, befürwortendes wie skeptisches, wissenschaftliches Interesse gefunden. 2 Auch in Deutschland wurde der Nachweis und die Bestätigung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes in jüngerer Zeit mit größerem Aufwand behandelt, als es in dieser Arbeit möglich ist.3 Um Überschneidungen zu vermeiden, wird im folgenden unter Berücksichtigung der Verabschiedung der VO (EG) Nr. 1049/2001, der Aufnahme des Zugangsrechts in Art. 42 der Grundrechtscharta von Nizza und in Art. 1-49 Abs. 3 und Art. II42 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa und der Rs. C-353/99 Ρ Rat / Hautala untersucht, ob es notwendig ist, einen solchen allgemeinen
1
GA Tesauro in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande/Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 19. Skeptisch: Wölker, Transparenz, S. 105, ders., in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 2; Davis, ELR 2000, 303 (308), ders., EIOP Vol. 3 (1999) No. 8, S. 13; Broberg, ELRev 2002, 194 (203 f.); Verhoeven, Fundamental, S. 9 f.; Lafay, RTDE 1997, 37 (49, 53); van Calster, CJEL 1995, 537 (538); Chiti, EPL 1996, 363 (371 und 373), ders., EPL 1996, 563 (569), ders., CMLRev 1998, 189 (200 ff.); Beiaich, RDMC 1997, 710 (712 f.); O'Neill, PL 1997, 446 (452), ders., EPL 1998, 403 (431); Craig / de Burca, EC Law, S. 393 f.; Cooke bei: Castenholz, ERA-Forum 4/2001, 78 (81); Blanchet, RTDE 1997, 915 (917); Magiern, in: Meyer, Art. 42 Rn. 6; Riemann, Transparenz, S. 123. 2
Befürwortend: Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8, S. 3, ders., CYELS 1999, 303 (313); Ragnemalm, CYELS 1999, 19 (24); Vesterdorf, FILJ 1999, 902 (927); Söderman, Transparency Tz. 35, 37; Harden, EPL 2001, 165 (185 f.); Sobotta, EuZW 1996, 157 (157), ders., Transparenz 2001, S. 346; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 403, 275, 286.; Heitsch, Verordnung, S. 63; Kröger, DuD 2003, 29 (33); Bradley, CDE 1999, 283 (353 f.); Armstrong, MLR 1996, 582 (585); Biondi, EBLR 1998, 221 (224); Bergmann/ Lenz, Amsterdam, S. 222; Bock, DÖV 2002, 556 (560); de Smijter, RdMUE 1996, 257; Bergeres, RDS 1997, 19 (20). 3
Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 214 ff.; Sobotta, Transparenz, S. 288 ff.
314
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts anzuerkennen und ob seine Anerkennung durch den EuGH zu erwarten ist.
A. Die Herleitung allgemeiner Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts Allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts werden vom EuGH durch Rechtsfortbildung im Wege einer wertenden Rechtsvergleichung, die Struktur und Ziele der Gemeinschaft berücksichtigt, aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten (Art. 6 Abs. 2 EU) entwickelt.4 Eine zweite Inspirationsquelle des EuGH zur Feststellung gemeinsamer Rechtsüberzeugungen der Mitgliedstaaten sind seit der Rs. Ή old 5 internationale Übereinkünfte, denen die Mitgliedstaaten beigetreten sind oder an deren Abschluss sie beteiligt waren. Der EMRK kommt dabei besondere Bedeutung zu.6 Der fehlende Schutz durch internationale Übereinkommen hindert den EuGH nicht, einen allgemeinen Rechtsgrundsatz anzuerkennen.7 Der gesuchte Rechtssatz muss nicht in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vorkommen und nicht durchweg auf Verfassungsebene. 8 Es wird weder ein kleinster gemeinsamer Nenner gesucht, noch ein arithmetisches Mittel der mitgliedstaatlichen Lösungen.9 Ausreichend ist, dass der Rechtssatz in einigen Mitgliedstaaten geschützt wird, wenn die Rechtsordnungen der übrigen Mitgliedstaaten ihm nicht entgegenstehen oder sich hin zu diesem Grundsatz entwi-
4 Rs. 11/70, 17.12.1970 Internationale Handelsgesellschaft mbH/ Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel Slg. 1970, 1125 (1135) Tz. 4; Rs. 44/79, 13.12.1979 Liselotte Hauer /Rheinland-Pfalz Slg. 1979, 3727 (3744 f.) Tz. 15. 5 Rs. 4/73, 14.5.1974 J. Ν old Kohlen- und Baustoffgroßhandlung / Kommission Slg. 1974, 491 (507) Tz. 13. 6 BGBl. II 1953, 14. Rs. 36/75, 28.10.1975 Roland Rutiii / Minister des Innern Slg. 1975, 1219 (1232) Tz. 32; Rs. 224/84, 15.5.1986 Maguerite Johnston / Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary Slg. 1986, 1651 (1682) Tz. 18; Rs. C-260/89, 18.6.1991 Elliniki Radiophonia Tileorassi AE / Dimotiki Etairia Pliroforisis und Sotirios Kouvelas Slg. 1991 1-2925 (2963) Tz. 41. Zum IPBPR (BGBl. II 1973, 1569): Rs. 374/87, 18.10.1989 Orkem /Kommission Slg. 1989, 3283 (3351) Tz. 31. 7 Rs. 46/87 und 227/88, 21.9.1989 Hoechst AG / Kommission Slg. 1989, 2875 (2924) Tz. 17-19; GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 69; Bleckmann / Pieper, in: Dauses, B.I Tz. 80. 8 GTE/Krück, Art. 164 Tz. 33, 25; Pauly, EuR 1998, 242 (254); Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 214 f; GA Capotorti in Rs. 44/79, 13.12.1979 Liselotte Hauer / RheinlandPfalz Slg. 1979, 3727 (3760). 9 GA Lagrange in Rs. 14/61, 12.7.1962 Koninklijke Nederlandsche Hoogovens en Staalfabrieken Ν. V /Hohe Behörde Slg. 1962, S. 511 (570); GTE / Krück, Art. 164 Tz. 25; Nicolaysen, S. 55 f.
Α. Die Herleitung allgemeiner Rechtsgrundsätze
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ekeln. 10 Der EuGH unternimmt andererseits keine echte Rechtsvergleichung der mitgliedstaatlichen Verfassungsüberlieferungen, sondern lässt sich von ihnen lediglich inspirieren. Ein in den Mitgliedstaaten geschützter Rechtssatz wird daher nicht zwangsläufig und nicht zwangsläufig mit diesem Inhalt zu einem Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts. 11 Eine im Detail übereinstimmende Rechtsüberzeugung ist nicht erforderlich. Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz ist auch bei Unterschieden der nationalen Regelungen möglich. Abweichungen zwischen den Rechtsordnungen, die sich aus verschiedenen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten ergeben und die zu Unterschieden beim begrifflichen Ursprung, bei den Methoden und beim Anwendungsbereich führen, werden hingenommen, sofern ein fester, übereinstimmender Kern nachweisbar ist. 12 Der Rechtssatz muss, damit eine Übertragung auf die Gemeinschaftsebene als Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts in Frage kommt, mit den Strukturen und Zielen der Gemeinschaft übereinstimmen. 13 Er muss als die im Hinblick auf die Vertragsziele beste oder fortschrittlichste Lösung erscheinen. 14 Dafür darf er nicht im Widerspruch zu unverzichtbaren Rechtsprinzipien eines anderen Mitgliedstaates stehen.15 Entsteht ein Widerspruch zu Grundrechten oder anderen Grundprinzipien der übrigen Mitgliedstaaten oder von ihnen unter-
10
Hartley, Foundation, S. 138; GA Léger Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 69; GA Capotorti in Rs. 44/79, 13.12.1979 Liselotte Hauer / Rheinland-Pfalz Slg. 1979, 3727 (3760). Nach Sobotta, Transparenz, S. 311 reicht eine Rechtsordnung, wenn dem Rechtssatz dort überragende Bedeutung zukommt und seine Missachtung eine Mitgliedschaft in der Gemeinschaft unerträglich machen würde (so Schweden für das Zugangsrecht); zur Konvergenz des Verwaltungsverfahrensrechts der Mitgliedsstaaten beim Zugang zu Informationen: Sommermann, DÖV 2002, 133 (140). 11 Pernice, Grundrechtsgehalte, S. 31 f.; Hartley, Foundations, S. 143; De Witte, in: Aiston, Human rights, S. 859 ff. (879); GA Trabucchi in Rs. 118/75, 7.7.1976 Lynne Watson und Alessandro Belmann Slg. 1976, 1185 (1206 f.); Rs. 46/87 und 227/88, 21.'9.1989 Hoechst AG / Kommission Slg. 1989, 287 Tz. 17-19. 12 Rs. 155/79, 18.5.1982 AM & S / Kommission Slg. 1982, 1575 (1610 f.) Tz. 19-21; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 215; siehe schon Lecheler, Rechtsgrundsätze, S. 189 f. 13 Rs. 11/70, 17.12.1970 Internationale Handelsgesellschaft mbH / Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel Slg. 1970, 1125 Tz. 4.; GTE / Krück, Art. 164 Tz. 29; HdKomm / Klein, Art. F Tz. 8; Heintzen, EuR 1997, 1 (10); Bleckmann /Pieper, in: Dauses, B.I Tz 67. 14 GA Lagrange in Rs. 14/61, 12.7.1962 Koninklijke Nederlandsche Hoogovens en Staalfabrieken Ν. V /Hohe Behörde Slg. 1962, S. 511 (570); GA Roemer in Rs. 14/68, 13.2.1969 Walt Wilhelm u.a. / Bundeskartellamt Slg. 1969, 1 (26). Bleckmann, DÖV 1993, 837 (838 f.), ders./Pieper, in: Dauses, B.I Tz. 67, 69, 71 f. 15 Rs. Hauer (Fn. 10) Tz. 15; GTE / Krück, Art. 164 Tz. 28. Nach Sobotta, Transparenz, S. 310 reichen wichtige Wertentscheidungen auf einfachgesetzlicher Grundlage, denn wenn das Gewicht des Rechts über seine Rezeption entscheidet, ist die formale Verankerung in der Verfassung nur indizierend.
316
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
zeichneten internationalen Übereinkommen, wird der betroffene Mitgliedstaat sonst bei der Anwendung notwendig in einen Konflikt zwischen nationalen und gemeinschaftlichen Pflichten gebracht. 16
B. Keine Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes in der bisherigen Rechtsprechung Weder EuG noch EuGH haben in ihrer bisherigen Rechtsprechung das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten ausdrücklich als allgemeinen Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt. Sie haben es stets vermieden, auf entsprechende Parteivorträge einzugehen, und die Frage bewusst offen gelassen.17 In den Rs. Niederlande / Rat und Rat / Hautala haben die Generalanwälte Tesauro und Léger einen solchen allgemeinen Rechtsgrundsatz bejaht. 18 Nach einer umfassenden und gründlichen Prüfung entnahmen sie den Rechts- und Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten trotz im einzelnen unterschiedlicher Gestaltung als gemeinsamen Kerngehalt ein voraussetzungsloses Zugangsrecht, das Ausnahmen zum Schutz öffentlicher und privater Interessen unterliegt. 19 Seinen Ursprung sahen sie im Demokratieprinzip und unterstrichen seine Funktion für die demokratische Legitimation der Gemeinschaft. In seinem Urteil in der Rs. Niederlande / Rat vom April 1996 griff der EuGH die Verbreitung in den Mitgliedstaaten und die wachsende Bedeutung in der Gemeinschaft auf, eine ausdrückliche Anerkennung als Rechtsgrundsatz des 16 Vgl. die Zurückhaltung des EuGH in Rs. C-159/90, 4.10.1991 Society for the Protection of Unborn Children Ireland Ltd. /Stephen Grogan u.a. Slg. 1991 1-4685 (4739) Tz. 18-20. 17 Vgl. Rs. T-l94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. / Rat Slg. 1995 11-2765 Tz. 36 und 80; Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 88 und 127; Rs. T-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala/Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 43 und 89; Rs. T-188/98, 6.4.2000 Kuijer / Rat Slg. 2000 ΙΙΙ 959 Tz. 24 und 61; Curtin, CMLRev 2000, 7 (12 f.); Kadelbach, CMLRev 2001, 179 (187); Bock, DÖV 2002, 556 (559). 18 GA Tesauro in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 19; GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 59, 72. 19 GA Tesauro in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 14, 15; GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 59, 70 f.; van Calster, CJEL 1995, 537 (538) und Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 230 fehlt eine hinreichende gemeinsame Verfassungsüberlieferung; Davis, ELR 2000, 303 ff., ders., EIOP Vol. 3 (1999) No. 8, S. 8 zweifelt am Bedürfnis; erwidernd Oberg, CYELS 1999, 303. Zur aktuellen Situation in den Mitgliedstaaten siehe Anhang II, zu den Abweichungen zwischen den Mitgliedstaaten vgl. den Vermerk der Kommission SG.B.2/VJ/CD D(2000) 545158 vom 10. August 2000.
Β. Keine Anerkennung in der bisherigen Rechtsprechung
317
Gemeinschaftsrechts blieb aber aus. Stattdessen forderte er eine politische Lösung 20 , indem er den Gesetzgeber zum Erlass einer allgemeinen Zugangsregelung aufforderte 21 und sich eine spätere Anerkennung vorbehielt (Tz. 39, 43 „beim jetzigen Stand des Gemeinschaftsrechts"). 22 Vertreten wurde und wird, dass der EuGH im Urteil zur Rs. Niederlande / Rat stillschweigend und implizit einen allgemeinen Rechtsgrundsatz anerkannt hat, da er von einem „Recht auf Zugang" spricht, ohne hierfür geschriebene Rechtsquellen anzuführen. Sie seien daher in einem ungeschriebenen Rechtsgrundsatz zu sehen.23 Zum anderen habe er die Organe verpflichtet, sich bis zum Erlass einer allgemeinen Zugangsregelung eigene Vorschriften über den Zugang zu ihren Dokumenten zu geben (Tz. 37: „müssen diese erlassen"). Eine solche Verpflichtung sei nur mit einem zugrundeliegenden Rechtsgrundsatz erklärbar. 24 Es ist jedoch zweifelhaft, ob der EuGH eine Pflicht begründet, denn im weiteren Verlauf spricht er mehrfach von der Möglichkeit, solche Vorschriften zu erlassen (Tz. 37: „treffen können", Tz. 39: „somit ist der Rat... befugt, Tz. 40: „Da der Rat... erlassen konnte, Tz. 41, 43 „die der Rat... erlassen darf). Zum anderen ergibt sich aus der vorangehenden Teilziffer, dass der EuGH zur Befugnis des Rates Stellung nimmt, so dass die Betonung auf dem Erlass durch die einzelnen Organe liegt („müssen diese erlassen"). Eine implizite Anerkennung hat sich in der späteren Rechtsprechung nicht bestätigt. Das zeigt das Urteil des EuGH in der Rs. C-353/99 Ρ Rat / Hautala vom 6. Dezember 2001: Die Beklagte stützte ihr Vorbringen unter anderem auf das Bestehen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. Generalanwalt Léger hielt die Aussagen des EuGH in der Rs. Niederlande / Rat hierzu für nicht erschöp-
20 Sobotta, Transparenz, S. 315. Für eine politische Lösung: Ragnemalm, CYELS 1999, 19 (25); Armstrong, MLR 1996, 582 (585); O'Neill, PL 1997, 446. Nach Davis, ELR 2000, 303 ff. beweist Art. 255 EG, dass die Mitgliedstaaten das Zugangsrecht für eine Anerkennung als politisch zu sensibel halten. Der EuGH sei für eine Ausgestaltung zu selten mit Zugangsfällen befasst. Wölker, Transparenz, S. 105, sieht das Zugangsrecht vor Amsterdam allein politisch motiviert; ebenso Verhoeven, Fundamental, S. 9 f. 21 Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande/Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 3 4 - 3 7 . 22 Nach Chiti, EPL 1996, 363 (371 und 373), ders., EPL 1996, 563 (569), ders., CMLRev 1998, 189 (200 ff.) fehlt es noch an einer Anerkennung. Er fordert die Umformung in einen „Grundsatz des Europäischen Verwaltungsrechts". O'Neill, PL 1997, 446 (452, 453), ders., EPL 1998, 403 (412, 431) spricht von einer Momentaufnahme des Entwicklungsprozesses und hält die Zeit für eine Anerkennung reif. Ebenso Craig / de Burca, EC Law, S. 393 und Broberg, ELRev 2002, 194, 203 f. 23 Sobotta, Transparenz, S. 318 f.; Ragnemalm, Transparence, S. 827 (sieht Schluss auf ARGS als zwingend an); Armstrong, MLR 1996, 582 (585, 588) 24 Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8, S. 4, ders., CYELS 1999, 303 (313); Söderman, Transparency Tz. 35, 37; Harden, EPL 2001, 165 (185 f.); Bradley, CDE 1999, 283 (353 f.).
318
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
fend und nahm in seinem Schlussantrag erneut eine längere Begründung vor. 25 Der EuGH dagegen ist mit keinem Wort auf die Frage eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes eingegangen. Für einen Teilbereich haben das EuG und auch der EuGH einen allgemeinen Rechtsgrundsatz ausdrücklich verneint. Bezogen auf die bisher geltende Urheberregel hat das EuG trotz der Aufnahme von Art. 1 Abs. 2 EU und Art. 255 EG durch den Amsterdamer Vertrag und der Verabschiedung der Grundrechtscharta von Nizza (Art. 42) daran festgehalten, dass es „keinen höherrangigen Rechtsgrundsatz gibt", der dem Ausschluss von Drittdokumenten aus dem Anwendungsbereich entgegensteht.26 Als Rechtsmittelinstanz angerufen, hat der EuGH dies in der Rs. C-41/00 Ρ Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc III) am 6. März 2003 bestätigt.27 Generalanwalt Léger hat in seinem Schlussantrag zu dieser Rechtssache die Konsequenz aus der bisherigen Zurückhaltung des EuGH gezogen und lehnt beim gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung einen allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf Zugang zu Dokumenten ab. 28 Formal betrachtet war die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes in den Rs. Niederlande / Rat und Rat / Hautala für die Urteilsfindung nicht zwingend erforderlich und bleibt daher in künftigen Urteilen weiterhin möglich. 29 Auch die Rs. Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc III) steht nicht entgegen. Dort hat der EuGH sich darauf beschränkt festzustellen, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung, im Jahre 1996, keinen Grundsatz oder allgemeine Regelung gab, welche die Anwendung der Urheberregel untersagte. Das deutet darauf hin, dass der EuGH die Frage heute anders beantworten würde. Allerdings nicht, weil infolge der fortschreitenden Entwicklung in diesem Bereich nunmehr ein allgemeiner Rechtsgrundsatz vorliegt, sondern weil der Urheberregel mit Erlaß der VO (EG) Nr. 1049/2001 eine allgemeine Regelung entgegensteht. Dafür spricht die in Tz. 43
25
GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 I9565 Tz. 59, 72; Parteivortrag Tz. 18 und 20. Skeptisch zur Übernahme durch den EuGH Cooke bei: Castenholz, ERA - Forum 4/2001, 78 (81). 26 Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 66; Rs. T-123/99, 12.10.2000 ./Ts Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 53; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. / Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 47 (nach Inkrafltreten der VO (EG) Nr. 1049/2001). 27 Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc Im- und Export GmbH/Kommission (Interporc III) Tz. 43. 28 GA Léger Schlussantrag in der Rs. C-41/00 P, 12.3.2002 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc III) Tz. 79, 80. 29 Jann, Zugang, S. 256; Nowak, DVB1. 2004, 272 (279 f.).
Β. Keine Anerkennung in der bisherigen Rechtsprechung
319
des Urteils abgewandelte Formulierung im Vergleich zu den Aussagen des EuG. 30 Die Nichtanerkennung durch EuG und EuGH ist nicht Ausdruck einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Zugangsrecht. Vielmehr zeigt die bisherige Rechtsprechung ein stetiges Bemühen um mehr Offenheit. Die Quote der aufgehobenen Ablehnungsentscheidungen von Gemeinschaftsorganen im Bereich des Zugangsrechts ist ohne Vergleich. 31 Die Gerichte berufen sich immer wieder auf den Grundsatz weitestgehenden Zugangs, um eine wirksame Ausübung des Zugangsrechts sicherzustellen und bürgerfreundliche Ergebnisse zu erreichen, ζ. B. bei der engen Auslegung und Anwendung der Ausnahmen und der Urheberregel, bei der Klagemöglichkeit, ohne ein besonderes Interesse angeben zu müssen, bei der Gewähr teilweisen Zugangs und bei der Auslegung von lex specialis-Vorschriften. 32 Der Grundsatz wird dem Verhaltenskodex 93/730 und seiner Umsetzung in den Beschlüssen 93/731 und 94/90 entnommen und teilweise ohne Angabe einer Quelle verwendet. 33 Gleichzeitig werden der Kodex und die Zugangsbeschlüsse als die Umsetzung des politischen Bekenntnisses zu mehr Offenheit gewertet, wie es sich in den Schlussfolgerungen des Rates (Birmingham, Edinburgh, Kopenhagen) und der Erklärung Nr. 17 zum Vertrag von 30
In den Urteilen des EuG (Fn. 26) heisst es:
„solange es keinen höherrangigen Rechtsgrundsatz gibt", beim EuGH (Fn. 27): „da es ... einen Grundsatz oder eine allgemeine Regelung des Gemeinschaftsrechts ... nicht gab". 31
Wägenbaur, EuzW 2001, 680 (685). Zu den Ausnahmen: Rs. T-105/95, 5.3. 1997 WWF UK/Kommission Slg. 1997 II313 Tz. 56; Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH/ Kommission (Interporc I) Slg. 1998 11-231 Tz. 49; Urheberregel: Rs. T-188/97, 19.7.1999 Rothmans International BV/Kommission Slg. 1999 11-2466 Tz. 53-55, 61 f.; Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 68; ohne Interessennachweis: Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 66, 67; teilweiser Zugang: Rs. T-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala /Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 85-87; lex specialis: Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. /Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 50. 32
33
Bezugnehmend auf den Verhaltenskodex: Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Imund Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 67; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 49, 50; Rs. C353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 22; Beschluss als Quelle: Rs. T-83/96, 19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission Slg. 1998 11-545 Tz. 41; Rs. T-309/97, 14.10.1999 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 II3217 Tz. 36; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 64; ohne Bezugnahme auf die Quelle: Rs. T-l74/95, 17.7.1998 Svenska Journalistförbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 Tz. 66; Rs. T-14/98, 19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 Tz. 80-84. Eine Linie suchen Ragnemalm, CYELS 1999, 19 (28) und Oberg, EIOP Vol. 2 (1998) No. 8, S. 5, sowie Broberg, ELRev 2002, 194 (201 ff.).
320
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
Maastricht ausdrückt. Der Grundsatz größtmöglichen Zugangs wird daher nicht als rechtliche Pflicht aus einem allgemeinen Rechtgrundsatz verstanden, sondern als politisch motivierte Selbstverpflichtung der Organe (patere legem quam ipse fecisti). 34
C. Die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten Eine rechtsvergleichende Übersicht der mitgliedstaatlichen Zugangsregeln wurde in erschöpfender Breite im Rahmen des Rechtssetzungsverfahrens der VO (EG) Nr. 1049/2001 erstellt 35 und in vorangehenden Arbeiten behandelt. Der tatsächliche Befund unter Berücksichtigung der beigetretenden Staaten Mittel· und Osteuropas wird hier nur unter Angabe weiterführender Quellen angegeben (siehe Anhang II): 23 der 25 Mitgliedstaaten kennen ein Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten im Sinne eines Einsichtsrechts in staatliche Dokumente ohne Angabe von Gründen. In 17 der 25 Mitgliedstaaten hat dieser Rechtssatz Verfassungscharakter, d.h. ist als Grundrecht verankert oder in der Verfassung objektiv-rechtlich vorgesehen und als subjektives Recht einfachgesetzlich ausgestaltet (Belgien, Schweden, Finnland, Portugal, Niederlande, Spanien, Österreich, Griechenland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, Slowakei, Slovenien, Malta, Zypern). In 6 Mitgliedstaaten ist das Zugangsrecht ausschließlich einfachgesetzlich anerkannt (Dänemark, Italien, Irland, Großbritannien, Frankreich, Tschechien).36 In zwei Mitgliedstaaten, Deutschland und Luxemburg, gibt es kein Zugangsrecht der Öffentlichkeit, sondern nur verfahrensbezogene Akteneinsichtsrechte.
34
Auf den politischen Charakter der Erklärung Nr. 17 und der Forderungen des Europäischen Rates verweist das EuG in Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 66; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 53; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 47 und verneint einen höherrangigen Rechtsgrundsatz. 35 Vermerk der Kommission SG.B.2/VJ/CD D(2000) 545158 vom 10. August 2000 (Vergleichende Analyse der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten über den Zugang zu Dokumenten) und vom 9. September 2000 (Uberblick über die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend den Zugang zu Dokumenten). Einen weltweiten Überblick gibt eine jährlich aktualisierte Studie von Privacy International: http://www.privacy-international.org/issues/foia/index.html. Siehe auch Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 229 ff., 237 ff. und Heitsch, Verordnung, S. 19 ff. 36 GA Léger spricht ohne Aufschlüsselung von (damals) neun Mitgliedstaaten mit verfassungsrechtlicher Verankerung und vier mit einfachgesetzlichem Zugangsrecht.
C. Die Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten
321
Der Befund relativiert sich für Deutschland bei näherer Betrachtung und gilt nur für die Bundesebene.37 In vier Bundesländern (Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen) gibt es einfachgesetzliche Zugangsrechte (in Brandenburg verfassungsrechtlich verankert in Art. 21 Abs. 4). In allen Bundesländern außer dem Saarland gab es Gesetzesinitiativen, die aus unterschiedlichen Motiven scheiterten, nie jedoch aus zwingenden rechtlichen Gründen. Das zeigt auch das thematisch begrenzte Umweltinformationsgesetz und das geplante Verbraucherinformationsgesetz. Auf Bundesebene sieht der Koalitionsvertrag der Regierungskoalition die Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes vor. Auch ohne bundesgesetzliche Regelung wird deutlich, dass die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Gemeinschaftsrechts nicht im Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung stünde. In Luxemburg war die Einführung eines allgemeinen Zugangsrechts Teil des Regierungsprogramms von 1999 38 , zudem ist die Verwaltung aufgrund ihrer geringen Größe und daraus folgenden Überschaubarkeit, auch hinsichtlich der Zugangsbegehren, in der Lage, in Einzelfällen eine informelle Lösung zu praktizieren/ 9 Auch insoweit steht die Rechtsordnung einem Zugangsrecht nicht zwingend entgegen. Dass in keinem der Mitgliedstaaten ein solcher Rechtsgrundsatz mit der nationalen Rechtsordnung kollidiert, wird durch die Aufnahme in Art. 42 der Grundrechtscharta von Nizza bestätigt. Obwohl ihr (bislang) keine bindende Wirkung zukommt, stellen die dort aufgeführten Rechte die höchsten gemeinsamen Verfassungswerte und Überzeugungen der Mitgliedsstaaten dar. 40 Das Zugangsrechts findet sich auch in und Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa. 41 Der Befund ändert sich auch nicht, wenn man die Bewerberländer einbezieht: Bulgarien, Rumänien und die Türkei
37
Näher dazu Sechster Abschnitt A. Am 20. Juni 2000 wurde vom Abg. Alex Brodry ein Entwurf eingebracht (Proposition de loi concernant la liberte d'access à l'information Nr. 4676). 30 Vissers, in: Hallo , Access, S. 183. 40 GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 I9565 Tz. 78-84; zu dieser Funktion der Charta: Lenaerts / de Smijter, CMLRev 2001, 299; de Witte, MJ 2001, 81 (84); KOM(2000) 644 S. 5. Herangezogen in diesem Sinne etwa von G A Tizzano in Rs. C-173/99, 26.6.2001 The Queen / Secretary of State for Trade and Industry ex parte BECTU Slg. 2001 1-4881 Tz. 26 ff.; G A Alber in Rs. C340/99, 17.5.2001 TNT Traco Spa/Poste Italiana Spa Slg. 2001 1-4109 Tz. 94; GA Jacobs in Rs. C-270/99 P, 27.11.2001 Ζ / Parlament Slg. 2001 1-9197 Tz. 40; GA StixHackl in Rs. C-49/00, 15.11.2001 Kommission / Italien Slg. 2001 1-8575 Fn. 11 zu Tz 57. Siehe auch das EuG in Rs. T-54/99, 30.1.2002 max.mobil / Kommission Slg. 2002 11-313 Tz. 48. Zu einer Selbstbindung der Gemeinschaftsorgane: Alber, EuGRZ 2001, 349 ff. 38
41
Vom 18. Juli 2003, ABl. 2003 C 169/3.
21 Meltzian
322
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
besitzen ein verfassungsrechtlich garantiertes und einfachgesetzlich ausgestaltetes Zugangsrecht. Trotz der bestehenden Unterschiede in der Reichweite und Ausgestaltung42 lässt sich als übereinstimmender Kern die Anerkennung eines voraussetzungslosen Rechts auf Zugang zu staatlichen Dokumenten ausmachen, das Beschränkungen aus öffentlichen und privaten Interessen unterliegt. 43 Ein solcher Rechtssatz steht zu keiner der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen im Widerspruch, ist aber in nahezu allen geschützt, in der Mehrzahl der Staaten verfassungsrechtlich.
D. Internationale Übereinkommen der Mitgliedstaaten, insbesondere die E M R K Eine Analyse der internationalen Übereinkünfte der Mitgliedstaaten, insbesondere der EMRK, als zweiter Inspirationsquelle des EuGH, unterstützt das Bestehen eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf Zugang zu staatlichen Dokumenten nicht, steht ihm aber auch nicht entgegen.44 Die EMRK enthält in ihrer derzeitigen restriktiven Auslegung des Art. 10 (Meinungsäußerungsfreiheit) kein Zugangsrecht zu Dokumenten.45 Ein dahingehender Vorentwurf wurde bewusst nicht in den Konventionstext integriert. 46 Allerdings gibt es mehrere Resolutionen und Empfehlungen der Parlamentari-
42
2000.
Näher der Kommissionsbericht SG.B.2/VJ/CD D(2000) 545158 vom 10. August
43
Beschränkungen aus Gründen öffentlicher oder privater Interessen stellen keinen Hinderungsgrund für die Anerkennung dar (GA Léger Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 59). 44 GA Tesauro in Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 1996 1-2169 Tz. 16 und GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat/Hautala (Hautala II) Slg. 2001 1-9565 Tz. 60. 45 EGMR vom 26.3.1987 - 9248/81 Leander / Schweden Série A Nr. 116 Ziff. 74; EGMR vom 7.7.1989 - 10454/83 Gaskin / Vereinigtes Königreich Série A Nr. 160 Ziff. 52; EGMR vom 19.2.1998 - 14967/89 Guerra u.a. / Italien Reports of Judgements and Decisions 1998-1 S. 210 Tz. 52-54 (= EuGRZ 1999, 188 ff. m. Anm. Schmidt-Radefeldt S. 192 f.). Pettiti, Convention Art. 19, S. 375 f.; Frowein, in: Frowein/Peukert, Art. 10 Tz. 13, S. 391 f.; Villiger, Handbuch, S. 611 Tz. 611; Harris / Boy le / Warbrick, Convention, S. 379 f.; YernauU RTDH 1996, 211 (214); Michael, PL 1996, 31 (31); Birkinshaw, GIQ 1997, 27 (34); ablehnend, aber differenzierend: Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 232 f.; Sobotta, Transparenz, S. 332 f.; O'Neill, EPL 1997, 403 (419 ff.); Feik, Transparenz, S. 29; Heitsch, Verordnung, S. 18. Siehe auch die Sondervoten zum Urteil Guerra u.a. / Italien, insbesondere des Richters Jambrek. 46
Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 232.
D. Internationale Übereinkommen der Mitgliedstaaten
323
sehen Versammlung und des Ministerkomitees. 47 Eine Empfehlung zur Anerkennung eines Rechts auf Zugang der Öffentlichkeit zu offiziellen Dokumenten ist verabschiedet worden (Rec(2002)2 vom 21.2.2002).48 Art. 19 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte, der wie die EMRK in allen Mitgliedstaaten in Kraft ist, ist vom Wortlaut weiter („right to seek information"). Inhaltlich ist umstritten, ob er ein Zugangsrecht beinhaltet, daher wird der EuGH hieraus keine Folgerungen ziehen.49 Die sog. Aarhus-Konvention 50 über den Zugang zu Umweltinformationen ist von allen Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft unterzeichnet worden. Sie verfolgt wie die Umweltinformationsrichtlinie 90/313, aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie 2003/4, eine Verbesserung des Umweltschutzes durch Zugangsgewähr und entspricht damit nur teilweise den Zielen eines allgemeinen Zugangsrechts. Für den Nachweis kann sie nur sehr begrenzt herangezogen werden, wenngleich sie zeigt, dass der Zugang zu staatlichen Informationen in keinem Mitgliedstaat zu grundsätzlichen Problemen führt. Aus internationalen Abkommen allein kann daher nicht auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz geschlossen werden. Das ist auch nicht erforderlich. Die Konvergenz der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen kann für sich ausreichen 51 , zumal es keine Abkommen der Mitgliedsstaaten gibt, die einer Anerkennung entgegenstehen.
47
Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung Nr. 582 vom 23.1.1970 (Ergänzung der EMRK um ein Zusatzprotokoll, das Art. 10 entsprechend Art. 19 IPBPR um das Recht, Informationen zu suchen, ergänzen und eine staatliche Informationspflicht einführen sollte) und 854 vom 1.2.1979; Empfehlung des Ministerkomitees R (81) 19 vom 25.11.1981; Erklärung des Ministerkomitees zur Meinungs- und Informationsfreiheit vom 29. April 1982. Siehe auch die Zugangsentscheidung für den Europarat selbst (CM(97) 54, CM (98)81, GR-AB (98)10 unter http://www.coe.fr/cm/dec/1998/641/13 .htm. 48 Recommendation Rec(2002)2 of the Committee of ministers to member states on access to official documents (angenommen auf dem 784. Treffen am 21.2.2002). 49 GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 I9565 Tz. 64-66. 50 UN/ECE-Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25.6.1998 ( I L M 1999, 517 und Beilage Nr. III/2001 zu Heft 3/2001 der NVwZ). 51 GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 I9565 Tz. 54 ff., 59, sieht in der „Konvergenz der mitgliedstaatlichen Verfassungen", die sich seit der Rs. Niederlande / Rat fortgesetzt hat (Zugangsgesetze in Irland und Großbritannien) ein hinreichendes Kriterium für die Anerkennung.
21'
324
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
E. Einfügen in Ziele und Strukturen der Gemeinschaft Damit ein gemeinschaftsweit verbreiteter Rechtssatz vom EuGH als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt wird, muss er den Zielen und Strukturen der Gemeinschaft entsprechen. Das wäre beim Zugangsrecht der Fall, wie bereits im 2. Abschnitt näher ausgeführt. Das Zugangsrecht schafft die Bedingungen fur eine informierte europäische Öffentlichkeit, ermöglicht durch transparente Abläufe eine effektivere Kontrolle der Gemeinschaftsorgane, fördert durch nachvollziehbare Entscheidungen deren Akzeptanz, Bürgernähe und zugleich sachliche Richtigkeit und stärkt die direkte demokratische Legitimation der Gemeinschaft. Im Gegensatz zu anderen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts, die bis zu ihrer Anerkennung keinerlei Niederschlag in Gemeinschaftsrechtsakten gefunden hatten, ist das Zugangsrecht in den letzten 10 Jahren beständig ausgeweitet worden und verkörpert mittlerweile ein maßgebliches Gemeinschaftsziel, getragen von einem gemeinsamen politischen Willen der Mitgliedsstaaten wie der Gemeinschaft: Angefangen mit der Erklärung Nr. 17 über die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Birmingham, Edinburgh und Kopenhagen, den Verhaltenskodex 93/730 und die Zugangsbeschlüsse 93/731 und 94/90, der Ausweitung auf alle Einrichtungen durch den Bürgerbeauftragten, der Aufnahme von Art. 1 Abs. 2 EU, Art. 255 EG, Art. 28, 41 EU, Art. 207 Abs. 3 EG, Erklärung Nr. 35 und 41, die Beschlüsse 2001/23 und 2001/320, der Verabschiedung der VO (EG) Nr. 1049/2001 und zuletzt mit der Aufnahme in Art. 42 der Grundrechtscharta von Nizza und Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa, ist die Bedeutung des Zugangsrechts zu Dokumenten als Bestandteil des Demokratieprinzips vielfach von allen Beteiligten hervorgehoben worden (näher Dritter Abschnitt Α.). 5 2 Es passt demnach in hervorragender Weise in die Strukturen und Ziele der Gemeinschaft auf dem Weg zu mehr Transparenz und Offenheit. 53 Dem steht nicht entgegen, dass bislang legislativ nie beabsichtigt wurde, das Zugangsrecht als allgemeinen Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts zu verankern. 54
52 GA Léger in Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 2001 I9565 Tz. 47-53. 53 Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 271; Nowak, DVB1. 2004, 272 (280); O'Neill, EPL 1998, 403 (428); Verhoeven, Fundamental, S. 15. 54 Broberg, ELRev 2002, 194 (197 f.), vgl. die systematische Stellung des Art. 255 EG.
G. Bedürfnis für die Anerkennung durch den EuGH?
325
F. Zwischenergebnis: Ausreichender tatsächlicher Befund für die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes Anhand der tatsächlichen Befunde kann als Zwischenergebnis der voraussetzungslose Zugang zu Dokumenten staatlicher Organe als gemeinsamer Rechtssatz der Mitgliedstaaten ausgemacht werden, der mit den Zielen und Strukturen der Gemeinschaft übereinstimmt und als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt werden könnte. Offenheit und Transparenz des Gemeinschaftshandelns, die in der Anfangszeit des Zugangsrechts 1992/1993 rein politische Ziele verkörperten, sind spätestens seit dem Amsterdamer Vertrag im Gemeinschaftsrecht verankert. Ob eine Anerkennung durch den EuGH in nächster Zeit erfolgen w i r d und ob hierfür ein Bedürfnis besteht, soll im Folgenden behandelt werden.
G. Bedürfnis für die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes durch den EuGH? Der EuGH hat zweimal, in der Rs. Niederlande Rat / Hautala,
/ Rat und jüngst in der Rs.
in denen die Generalanwälte für die Anerkennung eines allge-
meinen Rechtsgrundsatzes der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane plädierten, die Gelegenheit für eine Anerkennung verstreichen lassen. Formal betrachtet, war es in beiden Fällen nicht zwingend, hierauf einzugehen, doch war es möglich. In der Rs. Niederlande
/ Rat hat der
EuGH eine allgemeine Regelung durch den Gesetzgeber angemahnt, in der Rs. Rat / Hautala
ist er auf den Schlussantrag seines G A Léger nicht eingegangen,
der angesichts dessen in der Rs. Interporc
III
ebenfalls einen allgemeinen
Rechtsgrundsatz ablehnt. 5 5 Ebenso hat das EuG in den Rs. Petrie und Kuijer II 56,
die nach Inkrafittreten der V O (EG) Nr. 1049/2001 ergingen, trotz Partei-
vortrags, zu einem allgemeinen Rechtsgrundsatz nicht Stellung genommen. 5 7 Das spricht dafür, dass auch in Zukunft keine Anerkennung durch den E u G H erfolgen wird, weil seiner ursprünglichen Forderung nach einer politischen Lö-
55 G A Léger in Rs. C-41/00 Ρ Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc III) Slg. 2003 1-2125 Tz. 79, 80. 56 Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. / Kommission Slg. 2001 11-3677; Rs. T211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485. 57 Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. / Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 28, 29; Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer /Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 26 und 75 (Tz. 52, die von einem „Transparenzgrundsatz" spricht, wiederholt nur Erwägung 2 der VO (EG) Nr. 1049/2001).
326
Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
sung mittlerweile nachgekommen wurde, so dass für eine Anerkennung kein Bedürfiiis mehr besteht. Der EuGH entwickelt allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts, um seinen Urteilen Legitimität zu verschaffen, wo eine solche nicht aus geschriebenen Rechtsnormen abgeleitet werden kann. Allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts dienen der Schließung von Lücken in Rechtsakten unterhalb des Primärrechts und müssen mit ihnen im Einklang stehen.58 Diese Funktion ist durch die Aufnahme von Art. 255 EG in das Primärrecht und seiner detaillierten Umsetzung in der VO (EG) Nr. 1049/2001 und ihren Durchfuhrungsbestimmungen erfüllt. Sie verstoßen nicht gegen die Kerngewährleistung eines voraussetzungslosen Zugangsrechts. Streitigkeiten über den Umfang und die Anwendung des Zugangsrechts zu Dokumenten verbleiben weniger in grundsätzlichen als in Detailfragen. Den mitgliedstaatlichen Verfassungsüberlieferungen kann über das grundsätzliche Bestehen eines Zugangsrechts aber gerade in Detailfragen keine Übereinstimmung entnommen werden. Hier weichen die mitgliedstaatlichen Regelungen noch zu stark voneinander ab. Zwar wäre eine Anerkennung unter Berücksichtigung der Ziele und Strukturen der Gemeinschaft dennoch möglich, die bisherige Zurückhaltung des EuGH spricht jedoch für eine Lösung im Rahmen der bestehenden Normstrukturen. Wie bisher kann auf den Grundsatz größtmöglichen Zugangs abgestellt werden, der nach Aufhebung der Zugangsbeschlüsse weiter Ziel der Verordnung bleibt (Art. 1 a)) und eine zweckorientierte Auslegung ermöglicht. Die Diskussion über die Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Gemeinschaftsrecht hat damit seit der Aufnahme von Art. 255 EG durch den Amsterdamer Vertrag und seiner Umsetzung in der VO (EG) Nr. 1049/2001 einen Großteil ihrer Bedeutung verloren. 59 Die bislang umstrittene Urheberregel, deren Aufhebung Art. 255 EG nicht eindeutig entnommen werden konnte 60 , ist in der Verordnung abgeschafft (Art. 2 Abs. 3). 61 Keine Dokumentgruppe ist vom Anwendungsbereich des Zu58
Hartley, Foundations, S. 137; Bleckmann / Pieper, in: Dauses, B.I Tz. 72, 79; Heintzen, EuR 1997, 1 (9 f.). 59 Verhoeven, Fundamental, S. 10; Wölker, Transparenz, S. 105 „weitgehend theoretisch geworden", ders., in: Groeben / Schwarze, Art. 255 Rn. 2: nur noch von historischem Interesse; Riemann, Transparenz, S. 123; Castenholz, ERA-Forum 4 / 2001, 78 (81); Jann, Zugang, S. 249 reicht der höhere Rang gegenüber abgeleiteten Gemeinschaftsrecht, der den Gesetzgeber die künftige Einengung des Rechts unmöglich macht. 60
Rs. T-l91/99, 11.12.2001 Petrie u.a. /Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 47, 48. Sobotta, Transparenz, S. 379, 388 zieht hierfür noch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz heran. Speziell für die Urheberregel hat das EuG einen „höherrangigen Rechtsgrundsatz" verneint (Rs. T-92/98, 7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc II) Slg. 1999 11-3521 Tz. 66; Rs. T-123/99, 12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269 Tz. 53; Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a./Kommission Slg. 2001 11-3677 Tz. 47). 61
G. Bedürfnis fur die Anerkennung durch den EuGH?
327
gangsrechts ausgeschlossen. Der insoweit umstrittene Beschluss 2000/527, der klassifizierte Dokumente vom Zugangsrecht ausnahm, wurde infolge der Verordnung aufgehoben (Art. 9 Abs. 1). Bedeutung besitzt ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts durch seine Ausweitung des Zugangsrechts auf Dokumente aller Einrichtungen der Gemeinschaft. 62 Sowohl Art. 255 EG, Art. 42 der Grundrechtscharta als auch die VO (EG) Nr. 1049/2001 sind auf Dokumente von Rat, Parlament und Kommission beschränkt. Allerdings hat sich diese unbefriedigende Situation mittlerweile grundlegend geändert. Seit Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1049/2001 sehen die Gründungsrechtsakte neuer Agenturen die Anwendbarkeit der Verordnung auf die Dokumente der Agentur vor. 63 Zudem wurden im Sommer 2003 auf Vorschlag der Kommission 64 durch die VO (EG) Nr. 1641/2003 bis 1655/200365 die Gründungsrechtsakte aller bestehenden dezentralisierten Gemeinschaftseinrichtungen entsprechend ergänzt. 66 Zugleich erliessen einige der übrigen Organe neue Zugangsregelungen im Einklang mit der Verordnung 67. Insoweit besteht nunmehr eine weitestgehende Übereinstimmung zwischen den Gemeinschaftseinrichtungen. Eine primärrechtliche Harmonisierung tritt bei Verabschiedung des Vertragsentwurfs über eine Verfassung von Europa ein. Die Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 dehnen das Zugangsrecht auf alle Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union aus.68 Die Mitgliedstaaten, insbesondere solche ohne ein voraussetzungsloses Zugangsrecht zu Dokumenten, würden durch einen allgemeinen Rechtsgrundsatz
62
Verhoeven, Fundamental, S. 12; Bock, DÖV 2002, 556 (560). Erstmals verwirklicht bei der Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit in Art. 38-41 der VO (EG) 178/2002 vom 28. Januar 2002, ABl. 2002 L 31/1. Aus jüngerer Zeit etwa Art. 14 der VO (EG) Nr. 460/2004 zur Gründung der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit. 64 Vorschlag der Kommission, KOM(2002) 406, ABl. 2002 CE 331/50 ff.. Mit Art. 23 der VO (EG) Nr. 58/2003 (ABl. 2003 L 11/1) wurde die Anwendung der VO (EG) Nr. 1049/2001 auf Exekutivagenturen ausgeweitet, welche die Kommission mit Aufgaben zur Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt. 65 ABl. 2003 L 245/1 - 4 1 . 66 Bis zum 1. April 2004 hatten die Einrichtungen Durchfuhrungsvorschriften zu erlassen, siehe etwa die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen: Beschluss vom 26. März 2004, ABl. 2004 L 102/81 oder den Beschluss EMEA/MB/8/04Adopted der Europäische Agentur zur Beurteilung von Arzneimitteln, http://www.emea.eu.int/pdfs/general/direct/decision/000804en.pdf . 67 Wirtschafts- und Sozialausschuss: Beschluss vom 1. Juli 2003, ABl. 2003 L 205/19; Ausschuss der Regionen: Beschluss vom 11. Februar 2003, ABl. 2003 L 160/96; Europäische Zentralbank: Beschluss vom 4. März 2004, ABl. 2004 L 80/42; 68 ABl. 2003 C 169/3. 63
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Fünfter Abschnitt: Das Zugangsrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz
zu Dokumenten nur indirekt gebunden, soweit sie im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts tätig werden, 69 d.h. beim Zugang zu Gemeinschaftsdokumenten nach nationalem Recht. Hier sieht Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1049/2001 vor, dass ein Mitgliedstaat ohne nationales Zugangsrecht den Antrag an die Gemeinschaft weiterleiten kann. Eine Pflicht zum Erlass nationaler Zugangsregeln entsteht nicht. Der Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes kommt auch insoweit kaum mehr Bedeutung zu.
69
Zur indirekten Bindung der Mitgliedstaaten: Rs. 5/88, 13.7.1989 Hubert Wachauf Slg. 1989, 2609 (2639 f.) Tz. 19; gegen Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft Rs. C-368/95, 26.6.1997 Vereinigte Familiapress Zeitungsverlags- und -Vertriebs GmbH / Bauer Verlag Slg. 1997 1-3689 Tz. 24; Rs. C-2/92, 24.3.1994 Bostock Slg. 1994 1-955 (983) Tz. 16.
Sechster Abschnitt:
Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten in Deutschland Die Verabschiedung von voraussetzungslosen Zugangsrechten der Bürger ist eine neue und noch nicht abgeschlossene Entwicklung in Deutschland, die durch den Entwicklungsstand in Europa begünstigt und durch die Europäische Gemeinschaft ausgelöst und vorangetrieben wird. 1 Die Begründungen der Gesetzesinitiativen in den Ländern und im Bund weisen immer wieder auf die gesamteuropäische Verbreitung von allgemeinen Zugangsrechten, bei der Deutschland einen kaum mehr begründbaren Entwicklungsrückstand aufweist. 2 Im Folgenden soll ein Überblick über den Entwicklungsstand des Zugangsrechts zu Dokumenten in Deutschland im Bund und in den Ländern erfolgen, sowohl der geltenden allgemeinen Zugangsgesetze als auch der gescheiterten Gesetzesinitiativen (A. - D.). In ihrer Grundstruktur ähneln die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, so dass auf eine breite Darstellung des Inhalts verzichtet wird. 3 Stattdessen werden die bisherigen Erfahrungen bei der Anwendung untersucht und die Landesregelungen untereinander verglichen, um Defizite auszumachen, die in künftigen Vorschriften im Bund und in den Ländern vermieden werden sollten. Interessant ist ein Vergleich der deutschen Regelungen mit der Gemeinschaftsverordnung unter Berücksichtigung der strukturellen Unterschiede der nationalen zur Gemeinschaftsverwaltung. Im Vergleich zur nationalen Verwaltung ist die Gemeinschaftsverwaltung überschaubarer und weniger ausdifferenziert, mit weniger Kontakt zu Bürgern und produziert infol-
1 Siehe sektoral die Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG, ABl. 1990 L 158/56, aufgehoben und ersetzt durch die Richtlinie 2003/4/EG vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313 (ABl. 2003 L 41/26). 2 Schoch, DV 2002, 149 (149); Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 11, ders., Verwaltung, S. 27; Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 26 ff.; Bull, ZG 2002, 201 (226); Nolte, DÖV 1999, 363 (364 f.); Roßnagel, Transparenz, S. 309; Angelov, Grundlagen, S. 131; Nordmann, RDV 2001, 71, (72); nds. Drs. 14/2791 S. 3; sächs. Drs. 3/2394 S. 16; sa. Drs. 3/4253 S. 11; bay. Drs. 14/6180 S. 1 und mehrfach die AGID, dazu B. II. 3 Siehe dazu die weitergehenden Literaturangaben bei den jeweiligen Gesetzen.
330
Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
gedessen eine geringere Dokumentmenge, die stärker politik- als personenbezogen ist. Das w i r k t sich bei der Abstimmung mit dem Datenschutz aus (E.).
A. Der Stand der Entwicklung des allgemeinen Zugangsrechts in den Ländern Die noch andauernde legislative Herausbildung des Zugangsrechts der Öffentlichkeit zu Dokumenten in Deutschland ist lebhaft. 4 Sie w i r d von einer zunehmenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung begleitet. 5 In vier Bundesländern sind „Informationsfreiheitsgesetze" verabschiedet und in Kraft getreten: Das erste Informationsfreiheitsgesetz aus dem Jahre 1998 stammt aus Brandenburg (dort „Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz" genannt). 6 Es folgten Regelungen in Berlin (1999) 7 und SchleswigHolstein (2000). 8 Die Arbeiten von SPD und G R Ü N E N an einem Informations-
4
Ausführlich zu den Anfängen Angelov, Grundlagen, S. 132 ff., 149 ff. Siehe die Monographien von Angelov: Grundlagen und Grenzen eines staatsbürgerlichen Informationszugangsanspruchs, 1999; Scherzberg: Die Öffentlichkeit der Verwaltung, 2001; Kugelmann: Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, 2001; Kloepfer: Informationsrecht, 2002, ders. (Hrsg): Die transparente Verwaltung, 2003; Schoch / Kloepfer: Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), 2002 und etwa die Beiträge von Nolte , DÖV 1999, 363; König, DÖV 2000, 45, Schild, RDV 2000, 96; Schubert, DuD 2001, 400; Ibler, Informationszugangsgesetze, S. 405; Schoch, DV 2002, 149; Wolf-Hegerbekermeier / Pelizäus, DVB1. 2002, 955; Kloepfer, DÖV 2003, 221. 6 Brandenburg: GVB1. 1998 I S. 46 vom 10.3.1998, Gebührenordnung (AIGGebO): GVB1. 2001 II S. 86 vom 2.4.2001. Zur Entstehungsgeschichte: Kneifel-Haverkamp, DuD 1998, 438. Der Entwurf eines Änderungsgesetzes von Seiten der PDS, Drs. 3/3367 vom 10.10.2001, wurde abgelehnt (PIPr 3/44 S. 288-2888 vom 25.10.2001). Im Herbst 2003 kam es zu zwei Änderungen durch Art. 3 des Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von Pflichtigen Aufgaben, GVB1. 2003 I, 294 und Art. 6 des Gesetzes zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr, GVB1. 2003 I, 298. 7 Berlin: GVB1. 1999 Nr. 45 S. 561 vom 15.10.1999 geändert durch das Gesetz zur Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes und anderer datenschutzrechtlicher Regelungen (Drs. 14/1190), wobei die fehlerhafte Verweisung in § 18 II berichtigt wurde. Gebührenordnung: GVB1. 2000 S. 349 Tarifstelle 1004 vom 30. Mai 2000, geändert im Zuge der Euro-Umstellung, GVB1. 2001 S. 632. Zur Entstehung: Der Entwurf der GRÜNEN (Drs. 13/1623 v. 30.4.1997) wurde unter Berücksichtigung der Änderungen des Rechtsausschusses (Drs. 13/4109) am 23.9.1999 im Abgeordnetenhaus angenommen (PIPr 13/68 S. 4984). Eine erste Initiative von SPD und A L (Drs. 11/958 vom 27.6.1990) war trotz positiver Resonanz (Drs. 11/1291 vom 23.10.1990) aus zeitlichen Gründen gescheitert. 5
8 Schleswig-Holstein: GVOB1. 4/2000 S. 166 vom 9.2.2000. Gebührenordnung: Tarifstelle 25.2 der LVO über Verwaltungsgebühren vom 21.7.2000, GVOB1. 2000 S. 546 Anhang 4 S. 106. Zur Entstehungsgeschichte: Weichert, DuD 2000, 262.
Α. Der Stand der Entwicklung
331
freiheitsgesetz des Bundes und die Entwicklung auf Gemeinschaftsebene haben zu einem deutlichen Anstieg an Gesetzesinitiativen in diesem Bereich geführt. 9 Erstes greifbares Ergebnis ist die Verabschiedung eines vierten Informationsfreiheitsgesetzes in Nordrhein-Westfalen, das am 1.1.2002 in Kraft getreten ist. 10 Derzeit läuft allein in Bremen ein Gesetzgebungsverfahren. Nachdem dort ein Entwurf der GRÜNEN (Drs. 15/768 vom 4.7.2001) durch den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie (Drs. 15/1251) und im Plenum abgelehnt wurde (Plenarprotokoll 15/66 vom 23.10.2002 S. 4794-4804) 11 , hat die Fraktion der GRÜNEN den Entwurf nahezu unverändert erneut eingebracht (Drs. 16/183 vom 12.3.2004). Eine Reihe von Gesetzesentwürfen sind bereits abgelehnt worden oder anderweitig gescheitert: 1991 bemühte sich die PDS in Mecklenburg-Vorpommern um die Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes (Drs. 1/941 vom 14.11.1991), zog ihren Entwurf jedoch zurück, nachdem die Überweisung an einen Ausschuss im Plenum scheiterte (Plenarprotokoll 1/36 vom 28.11.1991 S. 1712). In Sachsen-Anhalt hat sich eine Initiative der PDS für ein Informationszugangsgesetz (Drs. 3/4253 vom 20.2.2001), die am 1.3.2001 in den Innenausschuss überwiesen worden war (Plenarprotokoll 3/53 S. 3746 ff.), mit Ablauf der Wahlperiode erledigt (Drs. 3/5436). 12 Ebenso erging es in Hamburg einem Entwurf der GRÜNEN (Drs. 17/910 vom 29.5.2002), der an den Rechtsausschuss überwiesen worden war (Plenarprotokoll 17/18 vom 12.6.2002, S. 930 - 933). 13 In Niedersachsen ist ein Entschließungsantrag der GRÜNEN,
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Der Referentenentwurf nimmt für sich einen Modellcharakter für die Länder ohne Informationsfreiheitsgesetze in Anspruch. Siehe Gesetzesbegründung S. 18, http://www. bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_28349.htm. Der überarbeitete Referentenentwurf vom 12.4.2002 ist abgedruckt bei Kloepfer, Verwaltung, S. 182. 10 GVB1. 2001 Nr. 40 S. 806 vom 7.12.2001. Der äußerst restriktive Entwurf der CDU (Drs. 13/321, mit kritischer Stellungnahme des ULD SH vom 15.3.2001, http://www.datenschutzzentrum.de/informationsfreiheit/stifgnrw.htm , wurde im Ausschuss für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform abgelehnt. Stattdessen wurde ein später eingebrachter Vorschlag der SPD/GRÜNEN (Drs. 13/1311 vom 12.6.2001) im Ausschuss angenommen (Drs. 13/1748) und im Landtag am 15.11.2001 verabschiedet (PIPr 15/41 S. 4063 - 4073). Die VerwGebO vom 19.2.2002 findet sich unter http://www.lfd.nrw.de/fachbereich/fach_0_komplett.html und im GV. NRW 2002 S. 88. 11
Der Bremer Senat prüfte, einen eigenen Entwurf vorzulegen, siehe seine Antwort (Drs. 15/854) auf die Große Anfrage der SPD (Drs. 15/767). 12 Nach ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Abg. Helmecke (FDVP, Drs. 3/3007) plant die Landesregierung selber keine Gesetzesinitiative (Drs. 3/3202 vom 26.5.2000). 13 Ein Entwurf der GRÜNEN vom 15.6.1994 (Drs. 15/1355) war vom Rechts- und Umweltausschuss (Drs. 15/4354 und 3511) und im Plenum (Parlamentsprotokoll 15/57 vom 29.11.1995 S. 2797) abgelehnt worden. Siehe auch die Kleine Anfrage der Abg.
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
noch in der laufenden Legislaturperiode ein Informationsfreiheitsgesetz zu verabschieden (Drs. 14/2191 vom 25.1.2001), nach Ablehnung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen (Drs. 14/3419) auch im Plenum erfolglos geblieben (Plenarprotokoll
14/109 v o m 12.6.2002 S. 10847 -
10854). Ein
Entwurf der G R Ü N E N in Rheinland-Pfalz vom 13.6.2002 (Drs. 14/1170) wurde nach Ablehnung durch den Innen- und Rechtsausschuss (Drs. 14/1894 vom 11.2.2003) im Plenum abgelehnt (Plenarprotokoll 14/43 vom 2.4.2003 S. 2875 - 2885). In Bayern wurden Entwürfe der SPD (Drs. 14/6034 vom 14.3.2001) und der G R Ü N E N (Drs. 14/6180 v o m 22.3.2001) entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen (Drs. 14/7148 und 7149 v o m 5.7.2001) vom Landtag abgelehnt (Drs. 14/7566 und 7567 vom 10.10.2001). In Hessen wurde der Gesetzesentwurf der G R Ü N E N (Drs. 15/1474 v o m 17.8.2000, Änderungsantrag Drs. 15/2766) auf Empfehlung des Hauptausschusses (Drs. 15/2987 v o m 18.10.2001) am 24.10.2001 abgelehnt (Plenarprotokoll 15/85 S. 5844 -
5849). In Sachsen gab es einen Vor-
schlag der SPD (Drs. 3/2394 vom 17.8.2000), der vom Innenausschuss in seiner Beschlussempfehlung (Drs. 3/5224 v o m 9.11.2001) und anschließend vom Landtag abgelehnt wurde (Plenarprotokoll 3/49 vom 15.11.2001 S. 3332). Auch in Thüringen wurde ein Gesetzentwurf der SPD (Drs. 3/1902 vom 18.10.2001), der an den Innen- und Justizausschuss überwiesen worden war entsprechend seiner Empfehlung (Drs. 3/2475 vom 30.5.2002) abgelehnt (Plenarprotokoll 3/65 vom 13.6.2002 S. 5438 - 5447). In Baden-Württemberg hat die SPD nach der Ablehnung des Gesetzentwurfes der Republikaner vom 30.11.2000 (Drs. 12/5776) durch den Ständigen Ausschuss (Drs. 12/5905 vom 25.1.2001) und im Plenum (Plenarprotokoll 12/10 vom 1.2.2001 S. 8151) eine eigene Initiative für die laufende Legislaturperiode angekündigt. 1 4 Auch die Republikaner wollen erneut einen Entwurf einbringen. Im Saarland prüfte die Verwaltung, ob ein Entwurf für ein Informationszugangsgesetz verfasst werden soll. 1 5 Eine Ausdehnung auf alle Bundesländer ist nach Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes
des Bundes mittelfristig zu erwarten. Die Ableh-
nung ist landespolitisch und parteitaktisch geprägt. In der Sache wird die Notwendigkeit einer Regelung bestritten. Ein Informationsfreiheitsgesetz führe zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand und Kosten, die dem Ziel einer modernen und schlanken Verwaltung widersprechen, bis hin zur Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit, ohne die Informationsmöglichkeiten der Bürger erkennbar zu verbessern. Die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung, Informationsrechte der Spethmann (CDU) und die Antwort des Hamburger Senats vom 9.5.2000 (Drs. 16/4193). 14 Ablehnend aber der Landtag gegenüber einer entsprechenden Petition (Drs. 13/908). 15 Vgl. die Antwort des Bremer Senats (Drs. 15/854 vom 9.10.2001 S. 2) auf die Große Anfrage der SPD (Drs. 15/767 vom 4.7.2001).
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Presse, bereichsspezifische Zugangsrechte (ζ. B. das UIG) und das Akteneinsichtsrecht Betroffener (§ 29 VwVfG) seien ausreichend. Ein allgemeines Zugangsrecht werfe schwierige Fragen bei der Freigabe personen- und unternehmensbezogener Informationen auf (Datenschutz und Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen). Ein Missbrauch zu unternehmerischen Zwecken und durch ζ. B. Sekten wie Scientology sei wahrscheinlich. Die Repräsentativfunktion des Parlaments und die Kontrolle durch die Gerichte werde geschwächt und entwertet. 16
B. Die geltenden Informationsfreiheitsund Akteneinsichtsgesetze der Länder Die Befürchtungen, Informationsfreiheitsgesetze würden den Wirtschaftsstandort schwächen, haben sich nicht bewahrheitet. Die Ausnahmen und Sicherungsvorschriften haben eine missbräuchliche Anwendung verhindert. 17 Datenschutzrechtliche Probleme sind durch eine restriktive Handhabung der Ausnahmen nicht entstanden. Die Sorge, eine Vielzahl von Anträgen würde die Verwaltung lahm legen,18 war unbegründet. Die Verwaltungen wurden nicht übermäßig durch Anträge in Anspruch genommen.19 In Brandenburg wurden im Zeitraum vom 20. März 1998 bis zum 31. Dezember 1998 lediglich 68 Anträge gestellt, in Berlin im Zeitraum vom 30. Oktober 1999 bis zum 30. November 2000 insgesamt 164 Anträge, in Schleswig-Holstein in den ersten beiden Jahren
16 Siehe etwa die Parlamentsdebatte in Baden-Württemberg (PIPr 12/101 S. 7949 7954, 14.12.2000), Sachsen-Anhalt (PIPr 3/53 S. 3746 ff. vom 1.3.2001) sowie die Stellungnahme der niedersächsischen Landesregierung (Drs. 14/2588 S. 7) und Schubert, DuD 2001, 400 (401 f.). Dezidiert Giesen, DuD 1997, 588 (589, 590) und Ibler, Informationszugangsgesetze, S. 408 ff., der vier Stützen des Verwaltungsrechts (Vertraulichkeit von Behördenakten, subjektives Rechtsschutzsystem, Staatsaufsicht und Datenschutz) angegriffen sieht. Skeptisch auch Zilkens, RDV 2002, 300. 17 Für Aufsehen sorgten vor allem umfangreiche Anträge von Scientology bei den Sektenbeauftragten der Länder. Dazu Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.4 S. 141; Tätigkeitsbericht 2000 des ULD SH unter 12.6; Kleine Anfrage des Abg. Geißler und Antwort des SH-Innenministers vom 18.4.2000 (Drs. 15/49) und die Fragestunde im Berliner Abgeordnetenhaus (PIPr 14/11 S. 531). 18
Für Berlin exemplarisch der Bericht von Gill, Praxis, S. 54 f. Siehe die Begründung des Referentenentwurfs für ein IFG des Bundes zu Kosten und Aufwand S. 18 unter VII. und Vorblatt S. 2 unter D., ebenso Vorblatt des Kabinettsentwurfs für ein Verbraucherinformationsgesetz S. 2 unter D. (BT-Drs. 14/8738) und Nordmann, RDV 2001, 71 (83); Schubert, DuD 2001, 400 (401); Schoch, DV 2002, 149 (162); Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 50; Kloepfer, Verwaltung, S. 26. Aus der geringen Antragszahl folgern Kritiker nunmehr, dass ein Recht auf Informationszugang überflüssig sei. Dagegen Dix, Akteneinsicht, S. 6; Bull, ZG 2002, 201 (211). 19
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ca. 2000 Anträge, wobei die Arbeitsbelastung sich in Grenzen hielt. 20 Die überwiegende Zahl der Anträge erfolgt kommunal, oft durch Bürgerinitiativen, und betrifft den eigenen Wohnbereich. Thematisch überwiegt das Bau- und Planungsrecht vor Sozialem. Zumeist liegt eine subjektive Betroffenheit vor, die früher oder später zu Verwaltungsverfahrens- oder prozessrechtlichen Informationsansprüchen geführt hätte. Durch die IFG konnten eigene Interessen früher und wirkungsvoller als bisher wahrgenommen werden. Idealtypisch sind Bürger, die sich früher informieren wollen, als nach geltendem Recht möglich oder deren Klagebefugnis nicht zweifellos feststand. 21
I. Defizite der Informationsfreiheitsgesetze der Länder Von den geltenden Informationsfreiheitsgesetzen der Länder ist das Brandenburgische Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (BbgAIG) das älteste, bei dem die meisten Erfahrungen gesammelt wurden. 22 Als Vorläufer, ist es auch nach seiner Änderung das restriktivste 23, und darüber hinaus das einzige, das ein Landesgrundrecht auf Informationszugang (Art. 21 Abs. 4 BbgVerf) konkretisiert. 24 Als Schwächen des BbgAIG hatten sich herauskristallisiert 25: - Das Fehlen einer Bearbeitungsfrist führte zu einer schleppenden Bearbeitung, die viele Anträge bedeutungslos machte. Die Zweimonatsfrist bei der Anhö-
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Brandenburg: LT-Drs. Bbg 2/6089; Berlin: Jahresbericht BlnBDI 2001 unter 4.9; Schleswig-Holstein: Tätigkeitsbericht 2003 des ULD SH unter 13.1; Köster DuD 2003, 36 (37). 21 Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.1, Tätigkeitsbericht 2001 des LDA Bbg unter 2.1; Bäumler, Informationszugang unter 1.; Tätigkeitsbericht 2000 des ULD SH unter 1.3, 2001 unter 13. und seine Erhebung vom 27.6.2002 S. 4 f., http://www.da tenschutzzentrum.de/download/ifgerh.pdf. 22 Dazu Kneifel-H aver kamp, DuD 1998, 438; Angelov, Grundlagen, S. 200; Breidenbach / Ρ alenda, L K V 1998, 252, dies., NJW 1999, 1307, Replik auf Partsch, NJ 1998, 346 ff. (teilidentisch mit NJW 1998, 2559); Frenzel, S. 11; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 66 ff. 23 So auch die Einschätzung von Kneifel-Haverkamp, DuD 1998, 438 (441), des LDA Bbg Tätigkeitsbericht 1999 unter 2.1; Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 80 f., 85 und Strohmeyer, Aktenöffentlichkeit, S. 311. 24 Dazu Angelov, Grundlagen, S. 196. 25 Ausführlich: Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg S. 130 - 146 und sein Entwurf für ein Änderungsgesetz zum BbgAIG vom 18.6.2001, eingebracht von der PDS als Drs. 3/3376 vom 10.10.2001, jedoch abgelehnt (PIPr. 3/44 vom 25.10.2001). Siehe auch Tätigkeitsbericht 1998 unter 2.3 und 3.1, Tätigkeitsbericht 1999 unter 2., 3. und 4., sowie Dix, Akteneinsicht, S. 6 ff., Angelov, Grundlagen, S. 211 f.; Sokol, Informationszugang Tz. 35, 42, 48 f., 71und Partsch, L K V 2001, 98 im Vergleich mit dem Bin IFG.
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rung Dritter (§ 6 Abs. 5 BbgAIG) war unverhältnismäßig lang. Die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage nach drei Monaten wird nicht wahrgenommen. - Es gibt keine Pflicht, Aktenverzeichnisse zur Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichen. Die Möglichkeit einer Veröffentlichung in elektronischer Form wird nicht berücksichtigt. - Der Zugriff auf personenbezogene Daten führt als Regelfall zum Ausschluss (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BbgAIG) und hat Vorrang vor dem ebenfalls grundrechtlich gewährleisteten Informationszugang (Art. 21 Abs. 4 BbgVerf). Im Rahmen einer praktischen Konkordanz der Verfassungsgewährleistungen muss stärker zwischen personenbezogenen Daten aus der Sozial- und Privatsphäre der Betroffenen unterschieden werden. Daten, die durch Kontaktaufnahme mit der Verwaltung oder die Beteiligung an Verwaltungsverfahren entstehen, sind nicht in gleicher Weise schutzbedürftig. - Der Schutz unternehmensbezogener Daten steht im Belieben des Unternehmers (§5 Abs. 1 Nr. 3 BbgAIG) 2 6 und verschärft die Asymmetrie zum Schutz personenbezogenen Daten. Verfassungsrechtlich ist der erhöhte Schutz nicht zu rechtfertigen. - In laufenden Verwaltungsverfahren ist der Zugang ausgeschlossen (§ 2 Abs. 5 BbgAIG), was dazu führt, dass vor und nach dem Verfahren jeder ohne Begründung Zugang verlangen kann, nach Verfahrensbeginn aber nur der Beteiligte gemäß § 29 VwVfG. 2 7 Im Jahre 2003 kam es zu ambivalenten Änderungen des BbgAIG: 28 Begrüßenswert ist, dass nun eine elekronische Antragsstellung möglich ist. 29 Eingeführt wurde eine Bearbeitungsfrist von einem Monat. Kann diese Frist nicht eingehalten werden ist ein Zwischenbescheid zu erteilen. Ferner ist der Antragsteller auf sein Recht hinzuweisen, den Landesbeauftragten für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen. Die weiteren Änderungen durch das Gesetz zur Entlastung der Kommunen 30 sind jedoch kritisch zu betrachten. Gestrichen wurde zum einen die Pflicht der Verwaltung (nicht nur der Kommunen), die Zu26
Das war den Verfassern bewusst: Breidenbach / Ρalenda, L K V 1998, 252 (256). Kritisch Sokol, Informationszugang Tz. 51; Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 116, mit Pflicht zur Mitwirkung S. 123 f. 27 Kritisch zu dieser Folge Wolf-Hegerbekermeier/Pelizäus, DVB1 2002, 955 (957); Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 71; Sokol, Informationszugang Tz. 37; Strohmeyer, Aktenöffentlichkeit, S. 311. 28 Siehe dazu den Tätigkeitsbericht 2003 des LDA Bbg unter 1.3 und seine Stellungnahme vom 30.9.2003 für die Anhörung im Ausschuss für Inneres. 29 Art. 3 des Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von Pflichtigen Aufgaben, GVB1. 2003 I, 294. 30 Art. 6 des Gesetzes zur Anpassung verwaltungsrechtlicher Vorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr, GVB1. 2003 I, 298.
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
Stimmung Dritter einzuholen, wenn die Akteneinsicht hiervon abhängt. Der Antragsteller weiss aber häufig nicht, bei wem er die Zustimmung einholen muss. Die Behörde wiederum darf Namen und Anschrift des Dritten nur mit dessen Zustimmung herausgeben. Entweder leitet die Behörde also das Zustimmungsbegehren des Antragstellers fur ihn an den Dritten weiter, so dass keine echter Entlastungseffekt eintritt oder sie lehnt den Zugang insgesamt ab. Eine solche generelle Ablehnung und damit Verkürzung des Zugangsrechts verstößt jedoch gegen das in Art. 21 Abs. 4 BbgVerf niedergelegte Grundrecht auf Akteneinsicht. Nach einer weiteren Änderung ist bei der Gebührenerhebung auch die Bedeutung und der Nutzen für den Antragsteller zu berücksichtigen. Da der Antragsteller seinen Antrag nicht zu begründen braucht, veranlasst die Regelung zu einer fruchtlosen und aufwändigen Motivforschung, die absehbar zu Streitigkeiten führen wird. Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (Bin IFG) 31 , das sich an einer früheren Vorlage der Alternativen Liste (AL) orientiert (Drs. 11/1291), ist offener als das BbgAIG/ 2 Es fasst die Ausnahmen enger und gewährt weitergehenden Zugang zu personenbezogenen Daten aus dem Bereich der Sozialsphäre (§ 6 Abs. 2, § 8 Bin IFG), zu unternehmensbezogenen Daten (§ 7, Verweigerung nicht im Belieben des Unternehmers), im Falle der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung (§ 9 Abs. 1, 2 Verweigerung nur für drei Monate, soweit und solange mit Aufgabenerfüllung unvereinbar) und bei behördlichen Entscheidungsprozessen (§ 10, Verweigerung nur bis zum Verfahrensabschluss). Bei Vorliegen eines Ablehnungsgrundes besteht weiter Ermessen bezüglich einer Freigabe (außer bei § 10 Abs. 4: „soll versagt werden" und § 6 Abs. 1, § 7, da dort bereits eine Abwägung stattgefunden hat). Die Versagung der Akteneinsich nach §6 Abs. 1, wenn „überwiegend Privatinteressen verfolgt werden", soll Missbrauch verhindern, führt aber in der Praxis zu einer systemwidrigen Motivforschung der Behörde, da der Antragsteller keine Begründung zu geben braucht. Anträge sind unverzüglich zu bescheiden, Ablehnungen innerhalb von zwei Wochen, wobei mitzuteilen ist, wann voraussichtlich eine Einsichtnahme erfolgen kann und warum ein teilweiser Zugang oder eine Auskunft nicht möglich waren (§§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 3, 4, 5). Die Behörden müssen Aktenver31
Dazu Haass, Das Grundeigentum 2000, 1086; Partsch, L K V 2001, 98; Gill, Praxis, S. 51 ff.; Strohmeyer, Aktenöffentlichkeit, S. 312 ff. Siehe auch die Ersten Hinweise zur Anwendung des Bin IFG der Senatsverwaltung für Inneres vom 15.10.1999 (http://www.datenschutz-berlin.de/doc/bln/ifg/ifg_hinw.htm ), die Auswertung ihrer landesweiten Umfrage vom 23.4.2001 und hierzu die Stellungnahme des Bin BDI vom 6.5.2002, http://www.informationsfreiheit.de/info_service/pdf/umfrage_stellungnahme .pdf. Ferner den Vermerk vom 6.9.2002 zum Gebührenanfall pro Antrag, nicht pro einzusehender Akte, http://www.informationsfreiheit.de/info_service/pdf/gebuehrenerhe bung. pdf. 32 Partsch, LKV 2001, 98; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 72, ferner Angelov, Grundlagen, S. 160 ff.
Β. Die geltenden Informationsfreiheitsgesetze der Länder
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zeichnisse führen und allgemein zugänglich machen (§ 17 Abs. 4). Eine elektronische Bereithaltung wird nicht erwähnt. 33 Das Bin IFG gilt im Verwaltungsverfahren (§ 19) 34 und enthält in § 1 eine Zweckklausel. Das Schleswig-Holsteinische Informationsfreiheitsgesetz (IFG SH) 35 enthält eine offenere Regelung als das BbgAIG, bleibt aber im Vergleich knapp hinter dem Bin IFG zurück: Klargestellt werden sollte in § 3 Abs. 1, dass auch Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts dem Anwendungsbereich unterfallen/ 6 Der Begriff der „Information" (§ 2) ist nicht amtszweckbezogen formuliert und trifft damit die weiteste aller Regelungen. § 7 enthält erstmals eine allgemeine Verfahrensfrist von einem Monat („unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats"), die auf zwei Monate verlängert werden kann. Das Ausbleiben einer Antwort führt nach § 7 Abs. 4 zur Fiktion einer Ablehnung. Sie findet sich nur im IFG SH und ist aus dem Gemeinschaftsrecht bekannt (Art. 7 Abs. 4, 8 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1049/2001) und wie dort kritisch zu betrachten, was Rechtsschutz, Begründung und gute Verwaltungspraxis angeht.37 Kosten können erhoben werden, müssen aber nicht (§ 8), was nur das IFG SH vorsieht. Die Ausnahmen sind eng gestaltet („soweit und solange") und teilweise mit einem Schadensnachweis verknüpft. Vorbereitende Dokumente sind nach Verfahrensabschluss zugänglich (§ 10 Abs. 6). Der Schutz personen- und unternehmensbezogener Daten (§§ 11, 12) ist weiter als beim BbgAIG, aber enger als beim Bin IFG. Soweit eine Ausnahme eingreift, ist die Ablehnung zwingend. Neu ist in §15 das sog. Trennungsprinzip, das dem Datenschutzrecht entstammt (vgl. § 11 Abs. 4 LDSG SH). Danach müssen Informationen so organisiert werden, dass eine Trennung einsichtsfähiger und geheimhaltungsbedürftiger Informationen für die Gewähr teilweisen Zugangs ohne großen Aufwand möglich ist. Das
° Roßnagel, Transparenz, S. 303 zur fehlenden Berücksichtigung des InternetZeitalters im BbgAIG und IFG Bln. 34 Nach § 19 Bin IFG wird ein neuer § 4a VwVfG Bin eingefügt, der für Beteiligte die entsprechende Anwendung der §§5 - 12 IFG Bin vorsieht. Die eingeschränkte Verweisung hat zu Streit gefuhrt. Die Auswertung der landesweiten Umfrage der Senatsverwaltung für Inneres vom 23.4.2001 verneint unter 3.2.3., entgegen dem Sinn der Regelung, ein Recht auf Ablichtungen, da dieses in § 13 Abs. 5 Bin IFG geregelt sei. Dagegen geht Haass, Das Grundeigentum 2000, 1086 (1089) mangels Verweis auf die Kostenpflicht des § 16 Bin IFG sogar von der Unentgeltlichkeit des Zugangs für Verfahrensbeteiligte aus. 35 Dazu Weichen, DuD 2000, 262; Nordmann, Die Gemeinde 2000, 40, dies., RDV 2001, 71: Friedersen, NordÖR 2001, 89; Köster, DuD 2003, 36; Strohmeyer, Aktenöffentlichkeit, S. 312 ff. und umfangreiche Kommentierung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (http://www.datenschutzzentrum.de/down load/hinwifg.pdf). >6 Tätigkeitsbericht 2002 des ULD SH unter 13.1; Sokol, Informationszugang Tz. 34. 37 Dazu Vierter Abschnitt Β. V. 4. Zu Rechtsbehelfsbelehrung, Fristberechnung und Widerspruchsverfahren beim IFG SH: Hinweise des ULD zu § 7 IFG SH Nr. 11 - 13; Nordmann, RDV 2001, 71 (80). Kritisch auch Strohmeyer, Aktenöffentlichkeit, S. 313.
22 Meltzian
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
IFG SH äußert sich nicht, ob es während des Verwaltungsverfahrens Anwendung findet. Die entsprechenden §§ 88, 88a LVwG stehen dem nicht entgegen. 38 Das größte Defizit des IFG SH besteht darin, dass es, anders als das Bin IFG, keine Pflicht zur Offenlegung von Aktenverzeichnissen enthält. Einen Anreiz zur Veröffentlichung im Internet enthält § 5 Abs. 6 3 9 , wonach die Behörde bei allgemein zugänglichen Informationen auf die Fundstelle verweisen kann. Ansonsten ist die Hilfspflicht nach § 6 Abs. 2 Satz 2 IFG SH zu beachten. Das Nordrhein-westfälische Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) 4 0 greift Punkte aller drei vorangehenden Gesetze auf, orientiert sich aber am stärksten am IFG SH (vgl. Zweck, Ausnahmen, Monatsfrist, Trennungsprinzip): Einmalig ist die Beschänkung der Zugangsberechtigung auf natürliche Personen (§4 Abs. I). 4 1 Das Gesetz ist subsidiär zu besonderen Zugangsvorschriften (§ 4 Abs. 2 Satz 1 ) 4 2 Wie beim IFG SH sieht das IFG NRW eine Frist von einem Monat vor, jedoch ohne Verlängerungsmöglichkeit und ohne Ablehnungsfiktion und trifft damit die bislang vollständigste und günstigste Regelung.43 Der Schutz Unternehmens- und personenbezogener Daten (§§ 8, 9) ist enger als beim IFG SH (wirtschaftlicher Schaden nötig 44 , kein Schutz für bestimmte So-
38 Nordmann, Die Gemeinde 2000, 40 unter VIII. 1., dies., RDV 2001, 73 (82); Hinweise des ULD zu § 17 IFG SH Nr. 5; Sokol, Informationszugang Tz. 37; aA Friedersen, NordÖr 2001, 89 (89, 91). 39 Vgl. die Hinweise des ULD zu § 5 IFG SH unter Nr. 11 S. 24 f. 40 Dazu Stollmann, NWVB1. 2002, 216; Wolf-Hegerbekermeier / Pelizäus, DVB1 2002, 955; Axler, CR 2002, 847; Grütters, GA 2000, 270; Zilkens, RDV 2002, 300; Partsch/Schurig, DÖV 2003, 482. 41 Kritisch der Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.1. Abzulehnen ist die Auffassung von Stollmann, VR 2002, 309, der die Beschränkung auf natürliche Personen auch beim BbgAIG sieht, wo , jeder" anspruchsberechtigt ist. 42 Wolf-Hegerbekermeier / Pelizäus, DVB1 2002, 955 (957). Zu Recht differenzierend Partsch / Schurig, DÖV 2003, 482 (485); Zilkens, RDV 2002, 300 (301); Axler, CR 2002, 847 (850); Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.3: Verdrängung nur soweit nach Sinn und Zweck abschließende Zugangsregelung. Das OVG Münster NWVB1. 2002, 441 hat eine Kollision mit Verfahrensregeln der ZPO abgelehnt und die Behörde zur Freigabe von Unterlagen verurteilt, selbst wenn dadurch die behördlichen Erfolgsaussichten in einem laufenden Amthaftungsprozess beeinträchtigt werden. Ebenso die Vorinstanz VG Gelsenkirchen NWVB1. 2002, 242. 43 Abzulehnen ist die Auffassung von Stollmann, NWVB1. 2002, 216 (218), ders., VR 2002, 309 (312), wonach die Frist erst beginnt, wenn die Behörde den Antragsteller auf die Kosten hingewiesen hat und hierzu einen Rücklauf erhält. 44 Stollmann, NWVB1. 2002, 216 (220), ders., VR 2002, 309 (313) meint, der Schaden sei nicht konkret nachzuweisen, sondern werde durch die Offenbarung indiziert. Diese Umkehrung der Darlegungslast ist abzulehnen, da der Antragssteller ein Ausbleiben des Schadens schwerlich beweisen kann. Hinsichtlich der Kosten hält Stollmann es möglich, für Ablehnungen Gebühren einzuführen, da die entgegenstehende EuGHRechtsprechung das UIG betreffe, ebenso auch Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 180.
Β. Die geltenden Informationsfreiheitsgesetze der Länder
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zialdaten), der Schutz öffentlicher Belange (§ 6) geringfügig weiter. Auf der Rechtfolgenseite ist die Ablehnung bei Vorliegen einer Ausnahme zwingend. Wie im Bin IFG sind Aktenverzeichnisse allgemein zugänglich zu machen, wobei erstmals soweit möglich eine Veröffentlichung in elektronischer Form erfolgen soll (§ 12). Wie bei der Frist trifft das IFG NRW insoweit eine vorbildliche Regelung. § 14 Abs. 2 enthält die begrüßenswerte Pflicht zum Führen einer Statistik, die den Gegenstand des Antrags, die Dauer der Bearbeitung, die Entscheidung über den Antrag, die festgesetzte Gebühr sowie die Anzahl eingelegter Widersprüche und Klagen enthält. Bei einer vergleichenden Betrachtung der geltenden Informationsfreiheitsgesetze der Länder bieten die nachfolgenden Punkte einen (groben) Maßstab für die erreichte Offenheit und sollten als beste Gesetzespraxis in künftigen Landesund Bundesregelungen berücksichtigt werden 45: Dem Gesetz steht eine Zweckklausel voran, die das Informationsrecht mit der demokratischen Willens- und Meinungsbildung sowie der Kontrolle staatlichen Handelns verbindet und zum Ausdruck bringt, dass die Informationszugangsfreiheit den Grundsatz darstellt. Das IFG setzt einen Mindeststandard und greift subsidiär ein. Es gilt auch im Verwaltungsverfahren, was eine Reform des § 29 VwVfG bedingt. Der Kreis der Zugangsverpflichteten ist weit gefasst, um zu verhindern, dass durch Aufgabenverlagerung oder -Privatisierung das Informationszugangsrecht unterlaufen wird. 46 Seinem Zweck entsprechend erstreckt sich der Anwendungsbereich auch auf die Legislative. Die Judikative wird nur erfasst, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Ausnahmen sind eng und präzise zu formulieren, bei überwiegendem öffentlichen Interesse am Zugang erfolgt eine Freigabe. Bei personenbezogenen Angaben ist die unterschiedliche Schutzbedürftigkeit der Daten (Sozial- oder Privatsphäre), eine Einwilligung des Betroffenen und ein überwiegendes Offenbarungsinteresse zu berücksichtigen. Bei unternehmensbezogenen Informationen unterliegt die Verweigerung objektiven Kriterien (Freigabe verursacht wirtschaftlichen Schaden) und steht nicht im Belieben des Unternehmers. Bei behördlichen Entscheidungsprozessen ist eine Freigabe nach Abschluss des Verfahrens zu erwägen und bei öfFentliDie Aussagen des EuGH zur Zugangsvereitelung durch prohibitive Gebühren gelten jedoch in gleicher Weise für das IFG NRW oder andere IFG. So auch Bull, ZG 2002, 201 (218); Kloepfer, Verwaltung, S. 28 und der Jahresbericht 2002 des BlnBDI unter 4.9.2. 45 Eine umfassendere Betrachtung findet sich bei Angelov, Grundlagen, S. 213 ff. mit Entwurf S. 264 ff. (Stand 1999); Schoch, DV 2002, 149 (157 ff.); Bull, ZG 2002, 201 (216 ff.) und Schoch / Kloepfer: Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), 2002. Schubert, DuD 2001, 400 (403 f.) sieht überraschenderweise das restriktive BbgAIG als Mustergesetz für ein Bundesinformationszugangsgesetz, wohingegen das IFG SH und der IFG-E des Bundes zu detailliert und unstrukturiert sein sollen. 46 OVG Münster NWVB1. 2002, 441: jede Stelle, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, unabhängig von der Rechtsform der Tätigkeit. Siehe auch Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 62, 65 ff.; Bull, ZG 2002, 201 (216); Schoch, Professorenentwurf, S. 59.
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
chen Belangen ein Schadensnachweis vorzusehen. Im Falle einer Ausnahme ist subsidiär teilweiser Zugang oder eine Auskunft zu berücksichtigen. Informationen werden nach zugangsfähigen und geheimhaltungsbedürftigen Informationen getrennt, um den Aufwand bei teilweiser Zugangsgewähr gering zu halten. Im Fall der Ablehnung ist anzugeben, wann voraussichtlich Einsicht möglich ist. Das Verfahren ist zugangsfreundlich auszugestalten. Die öffentliche Stelle trifft eine unterstützende Beratungspflicht gegenüber dem Antragsteller. Ist die Behörde unzuständig, benennt sie, soweit bekannt, die zuständige Stelle. Es besteht eine allgemeine, möglichst knapp bemessene Verfahrensfrist von etwa einem Monat, die die Maximalfrist darstellt und nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen mit ausführlicher Begründung verlängert werden kann. Es besteht weder eine Ablehnungs- noch eine Zugangsfiktion. Bei den Kosten ist der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit zu beachten. Die Gebühr ist demnach angemessen, nicht kostendeckend und sieht die Möglichkeit der Kostenbefreiung vor. Die Ablehnung ist kostenfrei. Die Behörden sind verpflichtet, Informationsverzeichnisse zu führen und offenzulegen, soweit möglich in elektronischer Form. Der Datenschutzbeauftragte übernimmt die Funktion eines Informationsbeauftragten und erstellt jährlich einen Tätigkeitsbericht über die praktische Anwendung des Gesetzes inklusive statistischer Angaben.
II. Defizite bei der Anwendung der Informationsfreiheitsgesetze der Länder Die Anwendungspraxis hat eine Reihe von Schwierigkeiten zum Vorschein gebracht, die von den Landesbeauftragten für Akteneinsicht insgesamt als typisch für die Umsetzung eines neuen Gesetzes bezeichnet werden. Es bestehen aber auch Probleme, die aus einer ablehnenden Haltung der Verwaltung gegenüber dem Gesetz resultieren, das sich vom althergebrachten Prinzip der Wahrung des Amtsgeheimnisses abwendet.47 Einen Eindruck gewährt nachfolgende Aufzählung, geordnet nach Anwendungsbereich, Ausnahmen und Verfahren 48:
47 Zur Kritik der Behörden: Auswertung der landesweiten Umfrage zum Bin IFG der Senatsverwaltung für Inneres vom 23.4.2001 mit kritischer Stellungnahme des BlnBDI vom 6. Mai 2002, http://www.informationsfreiheit.de/info_service/pdf/umfrage_stellungnahme.pdf. Positiv auch die Erhebung des ULD SH vom 27.6.2002, S. 6, 8, 9, http://www.datenschutzzentrum.de/informationsfreiheit/stifgnrw.htm . 48 Jahresberichte des Bin BDI, http://www.datenschutz-berlin.de/infomat/download.htm#tb; Tätigkeitsberichte des LDA Bbg, http://www.lda.brandenburg.de/; Tätigkeitsberichte des ULD SH, http://www.datenschutzzentrum.de/material/tb/index.htm/; Datenschutzbericht des LfD NRW, http://www.lfd.nrw.de/infostand/info_0_komplett .html.
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Entgegen dem Gesetz wurde der weite Begriff zugänglicher Informationen auf den klassischen Aktenbegriff verengt 49 und der Zugang pauschal bei fiskalischem Handeln oder der öffentlichen Auftragsvergabe verweigert. 50 Häufig wurde verkannt, dass ein Anspruch auf Informationszugang besteht und Ausnahmen daher eng auszulegen sind. In Brandenburg wurde der grundrechtliche Charakter (Art. 21 Abs. 4 BbgVerf) nicht ausreichend gewürdigt, in Berlin, dass auch bei Vorliegen einer Ausnahme nach pflichtgemäßem Ermessen Zugang gewährt werden kann. Die Begriffe „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis" und „Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses" wurden zu weit interpretiert 51, der „Prozess der Willensbildung" auch nach Verfahrensabschluss herangezogen oder generell für interne Dokumente oder Dienstbesprechungen.52 Die Einsichtnahme wurde zeitlich unangemessen beschränkt (20 Minuten bei umfangreichen Akten) 5 j , der Antrag an einen Rechtsanwalt weitergeleitet, der eine rechtliche Begründung verlangte 54 oder die Anfertigung von Kopien ganz55 oder von handschriftlichen Notizen in der Akte verweigert. 56 Die aktenführende Behörde verweigerte Zugang, obwohl die Akte nur vorübergehend an Dritte abgegeben war. 57 Beim Zugang zu personenbezogenen Daten verweigerte die Be49
Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.3. Tätigkeitsbericht 2001 des LDA Bbg unter 2.4 und 2.10; Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.2; Tätigkeitsbericht 2003 des ULD SH unter 13.2. Ab einem Schwellenwert gilt das spezielle Einsichtsrecht des § 111 GWB. Streitig beim IFG SH: dafür Nordmann, RDV 2001, 71 (74); dagegen Friedersen, NordÖr 2001, 89 (90). Streitig auch beim IFG NRW: dafür OVG Münster NWVB1. 2002, 441; Axler, CR 2002, 847 (848); dagegen Stollmann, NWVB1. 2002, 216 (217). Für die Anwendung des IFG NRW auf die Industrie- und Handelskammern: Axler, CR 2002, 847 (849), Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.3; dagegen Grütters, GA 2002, 270 (273, 274). 51 Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.5.3; Tätigkeitsbericht 2002 des LDA Bbg unter 2.7; Tätigkeitsbericht 2002 des ULD SH unter 13.1: Tätigkeitsbericht 2003 des Bin BDI unter 4.9.3. Nach OVG Münster NWVB1. 2002, 441 muss das Dokument zweckgerichtet der unmittelbaren Vorbereitung der Verwaltungsentscheidung dienen, um dem geschützten Entscheidungsfindungsprozesses zu unterfallen. 50
52 Tätigkeitsbericht 2003 des LDA Bbg unter 2.2; Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.5.1,22.5.2. 53 Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.5, vgl. § 5 III 1 IFG SH. 54 Tätigkeitsbericht 2003 des LDA Bbg unter 2.7. 55 Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 2.3; Tätigkeitsbericht 2002 des LDA Bbg unter 2.8. 56 Tätigkeitsbericht 2002 des LDA Bbg unter 2.5; Tätigkeitsbericht 2002 des Bin BDI unter 4.9.2; Tätigkeitsbericht 2003 des LDA Bbg unter 2.2 (nach Akteneinsicht wurden zugesagte Kopien nicht angefertigt, ein Nachfragen als neuer Antrag behandelt und nunmehr selbst die Einsicht verweigert). 57 Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.8, Stollmann, NWVB1. 2002, 216 (217), ders., VR 2002, 309 (310); Axler, CR 2002, 847 (849).
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
hörde mangels Zustimmung des Betroffenen den Zugang, obwohl sie nicht immer erforderlich ist und selbst bei verweigerter Zustimmung teilweiser Zugang zu berücksichtigen ist. 58 Die Behörde holte die Zustimmung nicht von sich aus ein, wenn der Antragsteller sie dazu nicht aufforderte, worüber sie ihn wiederum nicht belehrte. Sie unterliess eine Prüfung nach anderen einschlägigen Zugangsvorschriften, deren Kenntnis vom Bürger nicht verlangt werden kann. 59 Die Zugangsgewähr wurde wegen unbotmäßigem personellem Aufwand abgelehnt, weil der Antrag zu unbestimmt sei, eine Beratung bei der Antragstellung hingegen, weil die Antragstellerin offensichtlich rechtskundig sei. 60 Ablehnende Bescheide ergingen nicht fristgemäß und wurden nicht nachvollziehbar begründet, etwa mit einem subjektiven Interesse des Antragstellers. Ausnahmen wurden bloß behauptet oder lediglich ihre Paragraphen angegeben.61 Es ging nicht hervor, weshalb auch ein teilweiser Zugang oder eine Auskunft nicht möglich waren. 62 Auf die Beschwerdemöglichkeit zum Landesbeauftragten für Akteneinsicht wurde nicht hingewiesen.63 In Berlin wurde bei Ablehnungsgesuchen oft nicht mitgeteilt, wann eine Einsichtnahme voraussichtlich erfolgen kann. Schließlich waren Gebührenentscheidungen teilweise nicht nachvollziehbar und unverhältnismäßig hoch (150 D M für 17 Seiten, 600 D M anhand des Stundensatzes des bearbeitenden Beamten des höheren Dienstes ohne Angabe des eigentlichen Arbeitsaufwandes), vereinzelt wurden die gesetzlichen Unterstützungspflichten als Beratungsleistung abgerechnet. 64 Verallgemeinernd, wird der Anwendungsbereich zu eng, die Ausnahmen zu weit und das Verfahren zu restriktiv gehandhabt. Das deckt sich mit Erfahrungen auf Gemeinschaftsebene aus der Anfangszeit der Zugangsbeschlüsse 93/731 und 94/90. Zu Rechtsstreitigkeiten ist es bislang selten gekommen65, es überwiegen die Beschwerden bei den Landesbeauftragten für Akteneinsicht, die fast immer zu einer gütlichen Lösung führten. Die Beauftragten für Akteneinsicht aus Brandenburg, Berlin und SchleswigHolstein haben, in Anlehnung an die Konferenz der Datenschutzbeauftragten 58
Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 2.2. Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 3.2. 60 Tätigkeitsbericht 2002 des LDA Bbg unter 2.3. 61 Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.2, 22.4. 62 Tätigkeitsbericht 2000 des LDA Bbg unter 2.4; Tätigkeitsbericht 2002 des Bin BDI unter 4.9.3. 63 Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.4. 64 Kritisch Schoch, DV 2002, 149 (172). Ausführlich Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 170 ff.; Tätigkeitsbericht 2002 des Bin BDI unter 4.9.2; Datenschutzbericht 2003 des LfD NRW unter 22.7. 65 VG Potsdam L K V 1999, 155; OVG Berlin DVB1. 2001, 313; OVG Münster NWVB1. 2002, 441. Nach der landesweiten Umfrage in Berlin wurden zwischen Oktober 1999 und November 2000 drei Klagen eingelegt. 59
C. Anregungen aus laufenden oder abgelehnten Entwürfen
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des Bundes und der Länder, Ende August 2000 in Kiel die Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten in Deutschland (AGID) gegründet. Seit dem Jahr 2002 gehört ihr auch der nordrhein-westfälische Beauftragte für Datenschutz an. Sie befasst sich mit allgemeinen und speziellen Fragen des Informationszugangs, nimmt zu Anwendungsproblemen der Akteneinsichts- und Informationsfreiheitsgesetze Stellung und äußert sich bei Bedarf auch zu artverwandten Regelungen wie dem Umweltinformationsgesetz, dem Verbraucherinformationsgesetz66 oder speziellen Akteneinsichtsrechten. Die AGID hat den Bundesgesetzgeber wiederholt aufgefordert, ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes auf den Weg zu bringen und zu Recht die Befürchtung geäußert, seit den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 werde alle Energie für die Verschärfung von Sicherheitsgesetzen verwandt, während ein IFG des Bundes entgegen dem Koalitionsvertrag nicht mehr weiterverfolgt werde. Deutschland bleibe damit Schlußlicht in Europa. 67
C. Anregungen aus noch laufenden oder bereits abgelehnten Entwürfen für Informationsfreiheitsgesetze der Länder Eine Untersuchung der bereits abgelehnten Entwürfe bestätigt die beste Gesetzespraxis, wie sie den vier geltenden Informationsfreiheitsgesetzen entnommen wurde (siehe B.). Allgemein lässt sich feststellen, dass die Entwürfe jüngeren Datums, angefangen mit dem IFG NRW, sich an den Entwürfen des Bin IFG oder des IFG SH orientieren. Die Übereinstimmung reicht von fast wortgleichen Entwürfen 68 bis zu eher eigenständigen69, die teilweise Regelungen aus beiden Gesetzen enthalten.70 Das BbgAIG ist aufgrund seiner Schwächen selten
66 Kabinettsentwurf vom 8.4.2002 (BT-Drs. 14/8738), Änderungsantrag der Fraktion von CDU/CSU vom 16.4.2002 (BT-Drs. 14/8784), im BT beschlossen am 17.5.2002, im Bundesrat von den unionsgeführten Ländern am 31.5.2002 abgelehnt, FAZ Nr. 124 v. 1.6.2002. Für Verbraucherinformationsansprüche Und Mitteilungspflichten von Behörden und Unternehmen Falke, ZUR 2002, 389; für eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft Frenz, ZG 2002, 226. 67 Pressemitteilungen vom 22.1.2002 (http://www.datenschutzzentrum.de/informati onsfreiheit/presse.htm#220102), 26.3.2002 (http://www.lda.brandenburg.de/presse/2002 /ifgbund.htm) und 17.5.2002 (http://www.nordrhein-westfalen.datenschutz.de/pressestel le/presse_4_69. htm). 68 Der Entwurf der SPD in Bayern (Drs. 14/6034) gleicht dem IFG SH, der Entwurf der GRÜNEN (Drs. 14/6180) dem Bin IFG. 69 So die Entwürfe der SPD in Thüringen (Drs. 3/1902) und Sachsen (Drs. 3/2394). 70 So der Vorschlag der Republikaner in Baden-Württemberg (Drs. 12/5776).
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
als Vorbild herangezogen worden und führte dann zu einem eher restriktiven Entwurf. 71 Vereinzelt finden sich Vorschläge, die sich in dieser Form oder Klarheit in keinem der bisherigen Gesetze finden: Der Entwurf der GRÜNEN in Bremen (Drs. 15/768 und Drs. 16/183) enthält einen vorbildlichen Abschnitt zu einem allgemeinen Veröffentlichungsgebot öffentlicher Informationen, ergänzt durch bestimmte Veröffentlichungspflichten der öffentlichen Stellen, die so weit wie möglich über das Internet erfolgen sollen (§§ 17 - 21). Eine vergleichbare Unterscheidung traf der sächsische Vorschlag der SPD in §§ 18, 19 (Drs. 3/2394). Der im Aufbau relativ eigenständige Vorschlag enthielt neben der Pflicht zum Führen einer Statistik (§ 8) eine weitere Besonderheit. Die §§ 23, 24 sahen unverhältnismäßig harte Sanktionen für den Fall einer verbotenen gewerblichen Nutzung der erlangten öffentlichen Daten vor. Wie im Bin IFG konnte ein Verstoß als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, das sächsische IFG sah jedoch eine lOfach höhere Obergrenze von 100.000 D M vor und bei beharrlicher Wiederholung oder bandenmäßiger Begehung (!) eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren. Ein derartiger Strafrahmen verkehrt die Informationsfreiheit ins Gegenteil und wäre nicht ohne Auswirkung auf die Antragspraxis geblieben, insbesondere bei Journalisten. Besonders weit ging der rheinland-pfälzische Entwurf (Drs. 14/1170). Er sah unter anderem eine Zweckklausel (§ 1), eine Beratungspflicht der Behörden (§ 5 Abs. 1) und mit zehn Werktagen (§ 5 Abs. 2) die kürzeste Bearbeitungsfrist vor. Weiterhin sollten für das Zugangsverfahren keine Gebühren erhoben (§ 10) und neben Veröffentlichungspflichten auch ein Register, soweit möglich in elektronischer Form, (§11) und eine Statistik (§ 13 Abs. 2) geführt werden. Der sachsen-anhaltinische Entwurf der PDS (Drs. 3/4253) schließlich sah in § 8 Abs. 1 für den Fall der Fristüberschreitung eine positive Zugangsfiktion vor, die unvereinbar mit den Rechten Dritter ist. Es ist nicht vorstellbar, dass ein Dokument nur wegen einer Fristüberschreitung freigegeben wird, obwohl es Betriebsgeheimnisse, intime Personenangaben oder sicherheitsrelevante öffentliche Informationen enthält (näher Vierter Abschnitt Β. V. 5.).
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes Auf Bundesebene sind bislang alle Versuche zur Einführung eines allgemeinen Zugangsrechts gescheitert. 72 1991 stieß eine Große Anfrage der SPD, die
71
Der Entwurf der GRÜNEN in Hessen (Drs. 15/1474) enthält Elemente des BbgAIG und des Bin IFG.
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
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im Zusammenhang mit der Umweltinformationsrichtlinie 90/313 die Einstellung der Bundesregierung zur Einführung eines allgemeinen Informationszugangsgesetzes testete, auf Ablehnung (Drs 12/1273 vom 9.10.1991). 1993 forderte BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN in einem erfolglosen Entschließungsantrag die Bundesregierung auf, entsprechend den dort dargelegten Vorgaben, einen Gesetzesentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes einzubringen. (Drs. 12/5694 vom 20.9.1993).73 Wenig später lehnte die Gemeinsame Verfassungskommission eine Ergänzung des Grundgesetzes um ein Recht auf Datenzugang gegenüber der vollziehenden Gewalt ab (Drs. 12/6000 S. 60 - 63). Zugrunde lag der Entwurf der SPD 74 (und ein Alternativvorschlag Hessens), Art. 5 GG um einen Absatz 2 a zu ergänzen: „Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu den Daten der vollziehenden Gewalt, soweit nicht schutzwürdige öffentliche Interessen oder Rechte Dritter verletzt werden. Das nähere regelt ein Gesetz."
Begründet wurde die Ablehnung mit der Beeinträchtigung der behördlichen Tätigkeit, datenschutzrechtlicher Belange Dritter und der Ausforschungsmöglichkeit des unantastbaren Kernbereichs der Eigenverantwortung der Exekutive. Ein Gesetzesentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN scheiterte 1997 (Drs. 13/8432 vom 27.8.1997).75 Eine Wende brachte der Regierungswechsel 1998, bei dem SPD und GRÜNE in ihrer Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 die Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes bis 2002 vereinbarten. 76 Ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums vom 20. Dezember 2000 wurde im Sommer 2001 für sechs Wochen zur Diskussion ins Internet gestellt.77
72 Siehe ausfuhrlich Angelov, Grundlagen, S. 149 ff., mit einem eigenem Vorschlag S. 213 ff., Text S. 264 ff. 73 Inhaltlich geht er auf einen früheren Antrag in Berlin zurück (LT-Drs. 11/1291), der im Bin IFG wiederaufgegriffen wurde. 74 Vgl. den Gesetzesentwurf der SPD zur Änderung des Grundgesetzes (Drs. 12/6323 S. 2, 4, 8 vom 1.12.1993). 75 Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zum Gesetzentwurf, Drs. 13/11152 vom 23.6.1998. 76 Abgedruckt in ZRP 1998, 485 (499) Ziff. 13: „Durch ein Informationsfreiheitsgesetz wollen wir unter Berücksichtigung des Datenschutzes den Bürgerinnen und Bürgern Informationszugangsrechte verschaffen."
Zur Entstehung: Burkert, DuD 1998, 430 und Schapper: Ein allgemeines Informationszugangsgesetz für die BRD ?, Vortrag auf dem Internationalen Symposium „Informationsfreiheit und Datenschutz", 25. - 26. Oktober 1999 in Potsdam, http://www.lda. brandenburg.de/sixcms/media.php/2232/schapperi.pdf, ders., Bundes-Informationsfreiheitsgesetz S. 39 ff. 77 http://www.bmi.bund.de/dokumente/Artikel/ix_28349.htm.
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
Der erste Referentenentwurf ist sehr restriktiv 78 : 1. „Vorentwürfe und Notizen" gehören nicht zu den zugänglichen amtlichen Informationen (§2 Nr. 1) und fallen ohne Ausnahme oder zeitliche Begrenzung aus dem Anwendungsbereich des IFG. Nach der Begründung des Referentenentwurfs (S. 23) soll der behördliche Entscheidungsprozess nicht gestört werden. Maßgeblich für die Zugangsfähigkeit ist, ob der Entwurf von demjenigen gebilligt wurde, der zur Letztentscheidung befugt ist. Bei Gesetzesentwürfen ist dies grundsätzlich erst mit dem Kabinettsbeschluss der Fall. Damit ist ein Dokument bis zur Verabschiedung ein Vorentwurf und der Zugang zu allen vorbereitenden Dokumenten entfällt. Der Ausschluss aus dem Anwendungsbereich ist nicht erforderlich und unverhältnismäßig, denn die weiten Ausnahmebestimmungen des IFG bieten ausreichend Möglichkeiten, den Zugang im Einzelfall abzulehnen (§ 3 Nr. 1,2 und § 4 Nr. 1, 3). Alle bisherigen Landesregelungen sehen für den Ausschluss vorbereitender Dokumente zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses eine Ausnahmelösung vor (§ 4 Abs. 2 3. Spiegelstrich BbgAIG, § 10 Abs. 1 Bin IFG, § 10 Abs. 1 IFG SH und § 7 Abs. 1 IFG NRW), die mit Verfahrensabschluss endet, weil dann ein andauernder Willensbildungsprozess nicht mehr beeinträchtigt werden kann (§ 10 Abs. 6 IFG SH, § 7 Abs. 3 IFG NRW). Der Entwurf übergeht die Unterscheidung in vorbereitende Dokumente und deren (kleine) Untergruppe flüchtiger Dokumente. Die Zugangsverweigerung zu Vorentwürfen und Notizen findet sich gelegentlich neben dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses als Ausnahme (§10 Abs. 3 IFG SH, § 7 Abs. 2 c) IFG NRW) und in § 3 BbgAIG als Ausschluss aus dem Anwendungsbereich. Sie bezieht sich dann aber nicht auf alle vorbereitenden Dokumente (wie hier), sondern ausschließlich auf solche, die von kurzer Nutzungsdauer sind, spätestens nach Verfahrensabschluss vernichtet werden und die nicht Bestandteil der Akte werden sollten. Zugang wird dort verweigert, weil im Grundsatz anerkannt ist, dass nicht jeder kleine Merkzettel aus dem Entscheidungsprozeß aufbewahrt werden muss und kann. Jedenfalls das zu weite Verständnis in der Begründung des Entwurfs ist daher abzulehnen. Dort wird außerdem nicht zwischen legislativen und sonstigen Dokumenten differenziert (vgl. auf europäischer Ebene Art. 207 Abs. 3 EG, Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1049/2001), obwohl gerade die Vorbereitung von Gesetzen der Öffentlichkeit zugänglich sein sollte, jedenfalls nach Verabschiedung und unter Berücksichtigung der Ausnahmen. 2. Der Referentenentwurf enthält keine Verfahrensfrist und mahnt keine unverzügliche Bearbeitung an. Nach S. 40 der Begründung wurde auf die vieler78 Siehe auch Schoch, DV 2002, 149 (159 ff.); Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 35 ff. (46, 47); kritisch Bull, ZG 2002, 201 (225); ausführlich Schoch / Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE), 2002.
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
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orts vorgesehene kurze Entscheidungsfrist verzichtet, weil die Behörde nach § 10 Satz 2 VwVfG ohnehin gehalten sei, das Verfahren zügig durchzuführen. Es bestehe keine generelle Eilbedürftigkeit und daher sei auch nicht von der dreimonatigen Klagefrist für eine Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) abzuweichen. Die Verlängerung der Verfahrensdauer durch die Beteiligung Dritter (§ 8, Stellungnahme innerhalb eines Monats) ergebe sich zwangsläufig. Das steht im eindeutigen Widerspruch zu allen ausländischen Informationsfreiheitsgesetzen, den Regelungen im Gemeinschaftsrecht und den Landesregelungen.79 Die Bedeutung des Zeitfaktors für den Wert der Information ist unbestritten und unwiderlegbar. Die Praxis in anderen Ländern und die Erfahrungen mit dem BbgAIG, dem eine klare Frist fehlte, zeigen, dass Anträge ohne garantierte Bearbeitungsfrist verschleppt werden, bis die Information für den Antragsteller ohne Bedeutung ist. Die Aussagen zur Untätigkeitsklage legen nahe, dass eine verzögerte Bearbeitung auch für möglich gehalten wird. Hier haben wiederum die Erfahrungen in Brandenburg gezeigt, dass von der Untätigkeitsklage kein Gebrauch gemacht wird, sei es aufgrund der Verfahrenslänge oder des Kosten- und Prozessrisikos. Eine Frist könnte hier Auswirkungen entfalten. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist ein Vorverfahren entbehrlich, wenn die Behörde ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist sachlich entschieden hat. Was eine angemessene Frist ist, könnte im Rückgriff auf die Fristregelung bestimmt werden. Ansonsten kann bei § 75 Satz 2 VwGO von der 3-Monatsfrist abgewichen werden, weil wegen besonderer Umstände eine kürzere Frist geboten ist. 80 Wegen der überragenden Bedeutung eines zeitnahen Zugangs und der getrennten Regelung außerhalb des VwVfG sollte daher eine feststehende und kurze Frist im IFG festgehalten werden. 3. Der Referentenentwurf sieht keine Pflicht zum Führen eines Aktenverzeichnisses vor (§ 11 Abs. 2 „sollen") und äußert sich nicht zu elektronischen Register- oder Zugangsformen oder der näheren inhaltlichen Ausgestaltung. Nach der Begründung (S. 44, 45) wäre es unpraktikabel, die Einführung solcher Verzeichnisse zwingend vorzuschreiben oder dies gar mit einer Frist zu verbinden, weil der Verwaltungsaufwand zu hoch wäre. Soweit Aktenverzeichnisse zugänglich gemacht werden, richtet sich die Form nach § 1 Abs. 2 (auf Antrag Auskunft, Akteneinsicht oder in sonstiger Weise zur Verfügung zu stellen). Weitergehende Verpflichtungen zugunsten einer aktiven behördlichen Informationspolitik seien entbehrlich. Zweck eines elektronischen Dokumentregisters ist, das Zugangsverfahren, auch im Interesse der Verwaltung, zu erleichtern, indem die erwünschten Do-
79
Kritisch auch Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 145 f. Vgl. die Hinweise des ULD SH zu § 7 des IFG SH Nr. 8; Zilkens, RDV 2002, 300 (304): höchstens Indizwirkung. 80
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
kumente möglichst aktuell, einfach und kostengünstig identifiziert werden können. Dem wird die Registerregelung des IFG nicht gerecht, wenn der Bürger vor der eigentlichen Antragstellung gezwungen ist, ein weiteres Zugangsverfahren ohne Frist, aber mit zwingender Kostentragung durchzuführen, nur um den zugänglichen Aktenbestand zu erfragen. Effektiv verdoppeln sich dadurch die zu bearbeitenden Anträge, ohne einen aktuellen Überblick über den laufenden Aktenbestand zu gewährleisten. Die zwingende Einschaltung der Verwaltung und die fehlenden inhaltlichen Vorgaben für die Registrierung führen zu einem erhöhten Beratungs- und Bearbeitungsaufwand seitens der Verwaltung. § 1 Abs. 2 (Zugänglichmachen des Registers „in sonstiger Form") erlaubt die Erstellung eines elektronischen Registers. Zu empfehlen wäre eine Regelung wie sie Art. 11 der VO (EG) Nr. 1049/2001 oder auf Landesebene § 12 IFG NRW treffen. Der Direktzugang zum Inhalt von Dokumenten über das Internet macht eine Einschaltung der Verwaltung entbehrlich, so dass der damit verbundene Bearbeitungs- und Kostenaufwand entfällt. Lediglich § 9 Abs. 3 enthält einen Anreiz zur Publikation (im Internet) (vgl. § 5 Abs. 6 IFG SH, § 5 Abs. 4 IFG NRW, weitergehend Art. 12 VO (EG) Nr. 1049/2001). 4. Das Verfahren ist knapp und wenig bürgerfreundlich gestaltet (§ 7). Es fehlen Hinweise auf eine Beratungspflicht der Behörde bei unpräzisen Anträgen oder Anträgen bei unzuständigen Stellen. Nach der Begründung (S. 36) besteht nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen keine Pflicht zur Benennung der zuständigen Stelle, vielmehr handele es sich um ein nobile officium. Eine Regelung zur Beratung und Unterstützung sei vor dem Hintergrund des § 25 VwVfG entbehrlich (S. 37). Die Landesgesetze haben die Hilfspflichten dagegen ausdrücklich festgehalten (§6 Abs. 1 BbgAIG, § 13 Abs. 1 Bin IFG, §6 Abs. 2, 3 IFG SH, siehe auch Art. 6 Abs. 2, 4 der VO (EG) Nr. 1049/2001), was dem besonderen Charakter des IFG als Bürgergesetz entspricht. Aufgrund der eigenständigen Regelung außerhalb des VwVfG ist es bürgerfreundlich und vermeidet Streit, die Hilfspflichten wenigstens klarstellend aufzunehmen, so dass der Antragsteller seine Rechte dem Gesetz entnehmen kann und keiner Rechtsberatung bedarf. Für eine Aufnahme sprechen auch die bisherigen Erfahrungen bei der Anwendung der bestehenden Landesgesetze. Gerade weil das IFG keine Pflicht zum Führen eines Aktenverzeichnisses enthält, ist es erforderlich, dem Antragsteller bei der Präzisierung des Antrags und beim Auffinden der zuständigen Stelle zu helfen. Die Begründung einer Ablehnung sollte ebenfalls präzisiert werden (Wieso war teilweiser Zugang oder eine Auskunft nicht möglich, Hinweis auf Beschwerdemöglichkeit zum Beauftragten für Akteneinsicht). 5. Nach § 4 Satz 2 IFG ist der Zugang zu Informationen im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen, es gilt § 29 VwVfG. Das sieht nur § 2 Abs. 5 BbgAIG vor, wo es sich nach Angaben des Landesbeauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht nicht bewährt hat und gestrichen werden sollte. Ein Großteil des
D. Der Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
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Verwaltungshandelns falle aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes, zudem komme es zu der merkwürdigen Folge, dass vor und nach dem Verfahren jeder ohne Begründung Zugang verlangen könne, im Verfahren aber nur die Beteiligten zur Verfolgung ihrer rechtlichen Interessen. Die Verfasser des Referentenentwurfs nehmen diese Folge in Kauf (S. 30 der Begründung). 6. Die Ausnahmen folgen den UIG und bewegen sich im Durchschnitt der Landesgesetze. Beim Schutz von Gemeinwohlinteressen (§ 3) reicht das Berühren eines Belanges aus, eine Beeinträchtigung ist nicht erforderlich. Nach der Begründung (S. 15) war eine Vorschrift zu einem sog. Schadenstest entbehrlich, weil die Behörde eine solche Prüfung im Rahmen der vorgesehenen Interessenabwägung ohnehin vornehmen muss. Die Ausnahmen seien nach den üblichen Auslegungsregeln restriktiv zu handhaben (S. 25). Beides hätte im Text berücksichtigt werden sollen. Die Ausnahme zum Schutz personenbezogener Daten differenziert zwischen Sozial- und sensiblen Personaldaten (§ 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3), könnte aber enger gefasst werden. Nach der Begründung (S. 31) hat der Schutz personenbezogener Daten grundsätzlich Vorrang vor dem Informationsinteresse des Antragstellers, was nicht zu einer Informationsblockade aus einem überzogenen Datenschutzverständnis heraus führen darf. § 3 Nr. 5 regelt den Zugang zu Dokumenten, deren Urheber die Europäische Gemeinschaft ist. Anträge werden nach der Begründung (S. 28) weitergeleitet, der Antragsteller an die Stelle verwiesen oder deren Zustimmung eingeholt. Bedauerlicherweise geht das IFG damit über Art. 5 der VO (EG) Nr. 1049/2001 hinaus, der nur ein Konsultationsrecht der Gemeinschaft vorsieht, dem Mitgliedstaat aber das Letztentscheidungsrecht überlässt, während hier der Gemeinschaft ein Veto-Recht zukommt. Art. 5 Abs. 2 erlaubt, Anträge an das Gemeinschaftsorgan weiterzuleiten, so dass nationales Recht keine Anwendung findet und das Verfahren, die Ausnahmen, Fristen und der Rechtsschutz sich nach Gemeinschaftsrecht richten. Trotz der für den Betroffenen weitreichenden Folgen lässt die Begründung offen, wann die Zustimmung der Gemeinschaft eingeholt wird und wann der Antrag weitergeleitet wird. Die Ausnahme in § 3 Nr. 1 IFG (internationale Beziehungen berührt) betrifft Dokumente, deren Urheber Deutschland ist und die Gemeinschaftspolitiken betreffen. Sie folgt der entsprechenden Ausnahme des UIG und ist angesichts der weiten Formulierung und der zwingenden Versagung restriktiv. 7. Es fehlt eine Normzweckklausel (vgl. §1 Bin IFG, IFG SH, IFG NRW; Art. 1 VO (EG) Nr. 1049/2001) und die Pflicht zum Führen einer Statistik. Das IFG begründet keinen Mindeststandard (§ 1 Abs. 3, Begründung S. 22) und sieht kein Trennungsprinzip für die Aktenführung vor (§ 15 IFG SH, § 10 Abs. 2 IFG NRW), um einsichtsfähige und geheimhaltungsbedürftige Daten bei teil weiser Zugangsgewähr ohne großen Aufwand zu trennen (Begründung S. 24).
350
Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
Die Überarbeitung des Referentenentwurf vom Sommer 2001 verzögerte sich aufgrund der veränderten Sicherheitslage nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 und wegen Abstimmungsschwierigkeiten mit einzelnen Ministerien bis Mitte April 2002. 81 Der neue Referentenentwurf vom 12. April 2002 82 ist wegen Vorbehalten des Bundeskanzleramtes, des Verteidigungs-, Wirtschafts- und Finanzministeriums inakzeptabel restriktiv ausgefallen. Zwar wurde eine zweimonatige Bearbeitungsfrist eingefugt, der Begriff der Vorentwürfe und Notizen präzisiert und die Anwendung im Verwaltungsverfahren vorgesehen. Jedoch schliesst der Entwurf ganze Bereiche vom Zugangsrecht aus, was in fataler Weise an den Beschluss 2000/527 auf Gemeinschaftsebene erinnert. 83 Ausgenommen sind alle Informationen, die den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung, Belange der inneren und äußeren Sicherheit oder Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr berühren. Weiter alle Informationen, die durch Gesetz oder eine bloße Verwaltungsvorschrift der Vertraulichkeit unterliegen, alle Informationen, die geeignet sind, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen sowie alle Informationen bei Nachrichtendiensten oder öffentlichen Stellen, deren Beschäftigte sich einer erweiterten Sicherheitsüberprüfimg unterziehen müssen. Das Finanzministerium besteht zudem auf auf kostendeckenden Gebühren. 84 Die Verabschiedung des Entwurfs in der bis Herbst 2002 laufenden Legislaturperiode scheiterte. Als Reaktion auf den verschlechterten Entwurf beabsichtigten DIE GRÜNEN, einen eigenen Entwurf in den Bundestag einzubringen. 85 Die SPD stoppte dieses Vorhaben 86. Am Abend des 3. Juni 2002 wurde beschlossen, einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz erst in der nächsten Legislaturperiode einzubringen. 87 Diese Absicht findet sich auch im neuen Koalitionsvertrag von SPD / DIE GRÜNEN. 88 Im November 2003 haben die Fraktionen von SPD / DIE GRÜNEN einen Entschliessungsantrag in den Bundestag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, möglichst rasch einen Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes vorzulegen und zu prüfen, ob der Grund81
Schoch, DV 2002, 149 (155). Siehe die Kritik der AGID in ihren Pressemitteilungen, oben Β. II. und die BT.-Drs. 14/8987, 14/9147 sowie 14/9709. 82 Abgedruckt bei Kloepfer, Verwaltung, S. 182. 83 Vgl. Dritter Abschnitt D. II.; Schapper, Bundes-Informationsfreiheitsgesetz, S. 45 f. Kritisch auch Schoch, Professorenentwurf, S. 58. 84 http://www.telepolis.de/deutsch/special/frei/12314/Lhtml und 12344/1.html. Zur Kritik der GRÜNEN: ZRP 2002, 280. 85 http://www.telepolis.de/deutsch/special/frei/12354/Lhtml ; ZRP 2002, 280. 86 FAZ Nr. 127 vom 5. Juni 2002 S. 2; ZRP 2002, 375. 87 Schapper, Bundes-lnformationsfreiheitsgesetz, S. 39. 88 Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002: „Erneuerung-GerechtigkeitNachhaltigkeit", Kapitel VIII: „Sicherheit, Toleranz und Demokratie; Demokratische Beteiligungsrechte und Datenschutz", http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1023291/index.html; ZRP 2002, 534.
E. Vergleich der deutschen Regelung mit der VO (EG) Nr. 1049/2001
351
rechtskatalog hinsichtlich positiver Informationszugangsrechte erweitert werden kann. 89 Im April 2004 haben mehrere NGO s einen eigenen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes vorgestellt. 90
E. Vergleich der deutschen Zugangsregelungen mit der V O (EG) Nr. 1049/2001 Bei einem Vergleich der deutschen Informationsfreiheitsgesetze und der VO (EG) Nr. 1049/2001 besitzt die Gemeinschaft eine offenere Zugangsregelung. Ihr Anwendungsbereich ist umfassender, da sie keine Dokumentgruppe vom Zugang ausschließt und keine Urheberregel kennt. Ihre Ausnahmen besitzen weniger Überschneidungen und ihre Struktur ist einheitlicher und enger. Das Verfahren im weiteren Sinne ist anwendungsfreundlicher, weil eine elektronische Registerpflicht die Identifizierung des Dokuments erleichtert und die Verwaltung Beratungs- und Hilfspflichten treffen. Es besteht eine kurze Bearbeitungsfrist und eine umfassende Begründungspflicht bei Ablehnungen. Mit dem Direktzugang über das Internet besteht ein Veröffentlichungsgebot, ergänzt um bestimmte Veröffentlichungspflichten. Punktuell enthalten die deutschen Informationsfreiheitsgesetze Regelungen, die auf Gemeinschaftsebene nicht bestehen, aber empfehlenswert sind: Das Verhältnis zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit wird national ausführlicher geregelt. Dabei wird zwischen schützenswerten personenbezogenen Daten aus dem Privatleben und solchen aus der freiwilligen Mitwirkung an öffentlichen Entscheidungsprozessen differenziert. (§ 5 Abs. 2, 3 BbgAIG; § 6 Abs. 2 Bin IFG; § 9 Abs. 3 IFG NRW; § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 IFG-E Bund). Eine solche Trennlinie kristallisiert sich auch auf Gemeinschaftsebene heraus 91, hat aber noch keinen Eingang in den Verordnungstext oder die Rechtsprechung von EuG oder EuGH zum Zugangsrecht gefunden. 92 Die Pflicht zu teilweiser Zugangsgewähr ist auf Gemeinschaftsebene durch die Rechtsprechung begründet worden und hat nur in sehr knapper Form Eingang in die VO (EG) Nr. 1049/2001 gefunden. Die deutschen Zugangsgesetze treffen eine ausführlichere Regelung. Nach dem Trennungsprinzip trifft die Be-
89
BT-Drs. 15/1988 unter II. 13. und 15. http ://www. dj ν. de/aktuel 1 es/themen/infofreiheit. shtml. 91 Vgl. den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zur Beschwerde 713/98/IJH und der dazu ergangene Bericht des Petitionsausschusses (A5-0423/2001). 92 Zu einem überzogenen Datenschutzverständnis äußert sich der EuGH in der Rs. C369/98, 14.9.2000 Fisher Slg. 2000 1-6751. Siehe auch die Rs. C-101/01, 6.11.2003 Lindqvist). 90
352
Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
hörde die Verpflichtung, ihren Aktenbestand so zu organisieren, dass eine Abtrennung der geheimhaltungsbedürftigen von den zugangsfähigen Daten ohne großen Aufwand geschehen kann (§ 15 IFG SH; § 10 Abs. 2 IFG NRW). Die Pflicht engt die Möglichkeiten ein, teilweisen Zugang wegen übermäßigen Trennungsaufwandes abzulehnen. Weiterhin ist bei zu hohem Trennungsaufwand oder bei einer sehr bruchstückhaften Zugangsgewähr subsidiär eine Auskunftspflicht vorgesehen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BbgAIG; § 14 IFG SH), während nach Gemeinschaftsrecht das Zugangsbegehren mit einer Ablehnung endet. Begrüßenswert ist auch die Pflicht, die Ablehnung mit einer Auskunft zu verbinden, wann voraussichtlich Zugang erfolgen kann, insbesondere wenn die Zugangs Verweigerung mit einem andauernden Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess begründet wird (§ 15 Abs. 4 Bin IFG; § 9 Abs. 2 IFG-E Bund). Schließlich unterscheidet das Gemeinschaftsrecht bei vorbereitenden Dokumenten nicht die Untergruppe flüchtiger Dokumente, die bis zum Verfahrensschluss vernichtet und nicht in die Dokumentierung des Vorgangs aufgenommen werden sollen (vgl. § 3 BbgAIG, § 10 Abs. 3 IFG SH, § 7 Abs. 2 c) IFG NRW). Dass eine solche Differenzierung fehlt, spricht für die Weite des Anwendungsbereiches, führt aber, wie die Erfahrungen mittlerweile zeigen93, zu informellen Lösungen durch die Organe, die unter Umständen ungünstiger sind, als wenn eine schriftlich fixierte Eingrenzung getroffen würde. Ein Vergleich der deutschen Zugangsregelungen mit dem Gemeinschaftsrecht kann nicht außer acht lassen, dass sich die nationale Verwaltung und die Gemeinschaftsverwaltung strukturell unterscheiden. Ein wesentlicher Unterschied in tatsächlicher Hinsicht besteht darin, dass die deutsche Verwaltung weitaus größer und verzweigter ist als die Gemeinschaftsverwaltung. Es werden dadurch mehr Dokumente produziert, und der Dokumentaustausch innerhalb der Verwaltung ist umfangreicher. Die Einführung von Dokumentregistern und der Einsatz von elektronischen Mitteln ist daher zwangsläufig mit höheren Kosten und mehr Aufwand verbunden als bei drei oder maximal 30 Gemeinschaftseinrichtungen. Die Gemeinschaftsverwaltung ist aufgrund ihrer kontinentweiten Tätigkeit in größerem Maße auf Informationsund Kommunikationstechnologie angewiesen und setzt sie bereits ein, als es innerstaatlich der Fall ist. Anträge auf Zugang zu Dokumenten erfolgen über größere Entfernungen und Sprachgrenzen hinweg, die eine Einsichtnahme vor Ort praktisch ausschließen und einen zeitnahen postalischen Versand erschweren, während auf nationaler Ebene Anträge überwiegend lokal gestellt und durch eine Einsicht realisiert werden (problematisch unter Umständen in großen Flächenbundesländern). Schließlich leidet die Gemeinschaft nicht im selben Maße an einer Unterfinanzierung, wie es etwa bei den Kommunen in Deutschland der Ausführlich Vierter Abschnitt Β. VIII. 2.
E. Vergleich der deutschen Regelung mit der VO (EG) Nr. 1049/2001
353
Fall ist. A u f nationaler Ebene kann die Einführung von elektronischen Dokumentregistern und Zugangsformen daher nur an Überzeugungskraft gegenüber der Verwaltung gewinnen, wenn sie mit einer allgemeinen Verbreitung von Informations· und Kommunikationstechnologie verbunden und das Potential für eine generelle Effizienzsteigerung betont w i r d . 9 4 Die elektronische Verfahrensabwicklung, ein elektronisch zugängliches Dokumentregister, direkter Zugang zum Dokumentinhalt ohne Antragsverfahren und die Veröffentlichung öffentlicher Informationen über das Internet erleichtern nicht nur dem Bürger den Zugang zu Informationen, sondern führen auch zu einer Entlastung der Verwaltung. Der bedeutendste Unterschied besteht in der größeren Bürgerbezogenheit der nationalen Verwaltung, die in unmittelbarer und alltäglicher Form auf Gemeinschaftsebene fehlt. Das führt dazu, dass bei nationalen Verwaltungen in größerem Umfang personenbezogene oder unternehmensbezogene Daten anfallen, die schutzbedürftig sind. 9 5 Zwar fallen auch auf Gemeinschaftsebene in zunehmendem Maße personenbezogene Daten an, was zur Einführung des Art. 286 EG und zur Verabschiedung der Verordnung 45/2001 9 6 zum Schutz personenbezogener Daten durch die Gemeinschaftseinrichtungen führte. Dennoch unterscheidet sich die Problemintensität deutlich. Bei der Verabschiedung der V O (EG) Nr. 1049/2001 wurde die Vereinbarkeit mit dem Datenschutz nur am Rande behandelt, während es auf nationaler Ebene eines der Probleme schlechthin darstellt, weil hier die Informationsfreiheit auf eine gewachsene Datenschutzkultur trifft und anders als auf Gemeinschaftsebene (vgl. Art. 255 und 286 EG sowie Art. 42 und 8 der Grundrechtscharta von Nizza) Datenschutz und Informationsfreiheit nicht gleichrangig als Grundrechte des Bürgers verstanden werden. Das
Recht
auf
informationelle
Selbstbestimmung
(Art. 2 Abs. 1
iVm
Art. 1 Abs. 1 GG) ist vom Bundesverfassungsgericht in der Volkszählungsentscheidung in den Rang eines Grundrechts gehoben worden. 9 7 Hingegen gewährt nach feststehender Rechtsprechung 98 die Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG kein allgemeines Recht auf Zugang zu Informationen der Verwaltung, da es sich nicht um allgemein zugängliche Quellen handelt. 9 9 Die-
94
So auch Angelov, Grundlagen, S. 229 f. Siehe aus der Gemeinschaftsrechtsprechung z. B. die Liste der nationalen Kontaktpersonen in der Rs. T-211/00, 7.2.2002 Kuijer / Rat (Kuijer II) Slg. 2002 11-485 Tz. 9, 95
10, 18. 96 97
ABl. 2001 L 8/1. BVerfGE 65, 1 ff. Zum Datenschutz siehe Kloepfer,
Informationsrecht, § 8 Rz.
1 ff. 98
BVerfG NJW 1986, 1243; BVerwGE 47, 247 (252) und 61, 15 (24). Eine Verfassungsänderung wurde zuletzt 1993 von der Gemeinsamen Verfassungskommission abgelehnt, BT-Drs. 12/6000 S. 61-63. Nur die Brandenburger Verfassung garantiert ein Informationsrecht gegenüber staatlichen Stellen (Art. 21 Abs. 4 99
23 Meltzian
354
Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
ses Ergebnis ist in der Vergangenheit von verschiedenen Autoren kritisiert worden. 100 Mit der Verbreitung von Informationsfreiheitsgesetzen in Deutschland und der internationalen Entwicklung, insbesondere auf Gemeinschaftsebene, ist es in jüngerer Zeit mit unterschiedlichen Ansätzen wiederholt bestritten worden: Dabei wird der normative Bedeutungsgehalt des Begriffs „allgemein zugänglich" betont und eine Neuinterpretation aufgrund eines Verfassungswandels vor dem Hintergrund europarechtlicher Vorgaben und der Landesgesetze zur Informationsfreiheit vorgeschlagen. 101 Vorzugswürdiger ist, dem objektivrechtlichen Gehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG eine grundrechtliche Pflicht zur umfassenden staatlichen Informationsvorsorge zu entnehmen und für deren Ausgestaltung Völker- und europarechtliche Vorgaben heranzuziehen. Danach sind staatliche Datenbestände als allgemein zugängliche Quellen zu widmen, weil dort Angaben über das politisch-administrative System monopolisiert sind. Ihre Bereitstellung beeinflusst in hohem Maße die Qualität der politischen Willensbildungsprozesse der Gesellschaft im Zusammenhang mit den Kommunikationsfreiheiten und dem demokratischen Anliegen der Selbstbestimmung des Volkes. 102 Unabhängig von der dogmatischen Begründung, erscheint angesichts der fortschreitenden Verbreitung von Informationszugangsgesetzen im In- wie Ausland und der damit verbundenen Aufwertung der Informationszugangsfreiheit ein Überdenken der abwehrrechtlichen Interpretation des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG unvermeidbar. Das Verfassungsrecht steht einem solchen Wandel nicht entgegen.103
BbgVerf). Andere informationsbezogene Verfassungsgewährleistungen finden sich bei Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rz. 64 ff., 106 ff. 100 Aus der älteren Literatur erheben etwa Scherer, Öffentlichkeit, S. 31 und Gurlit, Verwaltungsöffentlichkeit, S. 98 ff. den Vorwurf, die Auslegung des Begriffs „allgemein zugänglich" unterliege einem Zirkelschluss. 101 Kugelmann, Rechtsstellung, S. 62; Kahl, Verfassungswandel, S. 23, 26 f., der eine europarechtskonforme Auslegung ablehnt (S. 24 f.), obwohl die restriktive Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG durch die Rechtsprechung nicht Teil der Normqualität und damit jederzeit modifizierbar sei. 102 So Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 343 f., 346 f. In diese Richtung auch Schoch, VVDStRL 57/1997, S. 189; Hoffmann-Riem, in: AK-GG Art. 5 Rz. 98, 99; Albers, Grundlagen, S. 40 f., 50; Sokol, Informationszugang Tz. 8-11. Angelov, Grundlagen, S. 240 zieht Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG iVm Art. 38 GG heran. Kritisch auch König, DÖV 2000, 45 (54 f.); Nolte, DÖV 1999, 363 (369); Baller, Informationsgesellschaft, S. 55. Zurückhaltend Degenhart, in: BK Art. 5 Rn. 342, 361; Wendt, in: vM/K Art. 5 Rz. 25, 28. 103 Schoch, DV 2002, 149 (152); Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Tz. 78, ders., DÖV 2003, 221 (229); Partsch, AfP 2002, 198; Riemann, Transparenz S. 56 f. Siehe auch den Antrag der Regierungsfraktionen vom 12.11.2003, die Bundesregierung möge prüfen, ob der Grundrechtskatalog um positive Informationszugangsrechte erweitert werden könne, BT-Drs. 15/1988 unter II. 15.
E. Vergleich der deutschen Regelung mit der VO (EG) Nr. 1049/2001
355
Die fehlende verfassungsrechtliche Anerkennung eines allgemeinen Informationszugangsrechts hat dazu geführt, dass für die Informationsfreiheitsgesetze der Länder die Vereinbarkeit mit den bestehenden Datenschutzbestimmungen größere Bedeutung erlangt und sie in stärkerem Umfang beeinflusst hat als auf Gemeinschaftsebene. Bereits erwähnt wurde, dass sie den Zugang zu personenbezogenen Daten ausführlicher regeln und in für die Gemeinschaft nachahmenswerter Form zwischen unzugänglichen Daten des Privatlebens und solchen mit stärkerem Bezug zu öffentlichen Angelegenheiten differenzieren. Ferner sehen sie vor, dass Akten so zu organisieren sind, dass geheimhaltungsbedürftige und zugangsfähige Informationen ohne großen Aufwand getrennt werden können, was die Anwendung der teilweisen Zugangsgewähr stärkt. Eine weitere Folge ist die Verknüpfung der Funktion eines Informationsbeauftragten mit der Person des Datenschutzbeauftragten. Das erste Zugangsgesetz in Deutschland, das BbgAIG, folgte insoweit Erfahrungen aus Ungarn, die wiederum auf das kanadische Modell zurückgehen. 104 Dabei hat sich gezeigt, dass eine Trennung der beiden Funktionen auf verschiedene Personen oder Institutionen verstärkt zu Reibungsverlusten zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit führt, da eine beiderseitige Maximierung angestrebt wird, deren Ausgleich in Personalunion leichter zu bewerkstelligen ist. Auf Gemeinschaftsebene wurde ein Informationsbeauftragter angeregt, aber nicht verwirklicht. Eine Verknüpfung mit dem Datenschutzbeauftragten wurde abgelehnt, weil ein immanenter Interessenkonflikt befürchtet wurde. Das hat sich in Deutschland bislang nicht bestätigt. 1 0 5 Die Einrichtung eines Europäischen Informationsbeauftragten ist dennoch nicht erstrebenswert, denn sie würde zu einer Schwächung des Bürgerbeauftragten führen, der faktisch diese Funktion wahrnimmt. Aufgrund der geringeren Bedeutung der Datenschutzproblematik auf Gemeinschaftsebene und da der Europäische Datenschutzbeauftragte erst jüngst eingesetzt wurde und nach Erwägung 5 seines Errichtungsbeschlusses die VO (EG) Nr. 1049/2001 beachten soll, kam es bislang noch nicht zu Schwierigkeiten. 106 Die hervorgehobene Bedeutung des Datenschutzes und die fehlende verfassungsrechtliche Anerkennung eines Informationszugangsrechts in Deutschland
104 Majtényi, Hungarian Model, Vortrag auf dem Internationalen Symposium „Informationsfreiheit und Datenschutz in der Erweiterten Europäischen Union" vom 8. - 9. Oktober 2001 in Potsdam, http://www.lda.brandenburg.de/sixcms/media.php/2232/maitenyi.pdf. 105 Unbegründet daher die Kritik von Giesen, DuD 1997, 588 (590) und Ibler, Informationszugangsgesetze, S. 416, hier werde der Bock zum Gärtner gemacht. 106 Beschluss 1247/2002 vom 1.7.2002 (ABl. 2002 L 183/1) über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Europäischen Datenschutzbeauftragten. Zuvor KOM(2001) 411 final und dazu die Anmerkungen des Bürgerbeauftragten in „Openness and data protection" vom 14.11.2001, http://www.europarl.eu.int/ombudsman/letters/en/20011114-1.htm.
23*
356
Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
haben aber auch lange Zeit den Blick für das Verhältnis beider Rechte zueinander verstellt. 107 Obwohl auf den ersten Blick gegensätzlich, ist der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch eng mit dem Recht auf Zugang zu Dokumenten verknüpft. Beide werden als komplementär oder als zwei Seiten einer Münze bezeichnet. 108 Beide basieren auf dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches nicht nur ein Abwehrrecht zum Erhalt der eigenen Verfügungsbefugnis über die persönlichen Daten ist, sondern zugleich Teilhaberecht, darauf gerichtet, die Kommunikations- und Handlungsfähigkeit des einzelnen Menschen auch unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung innerhalb der Gesellschaft wie auch gegenüber staatlichen Stellen sicherzustellen. 109 Zusammen gewährleisten das Recht des Einzelnen auf Zugang zu Dokumenten und der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch den mündigen Bürger in der demokratischen Informationsgesellschaft, indem sie ihn in die Lage versetzen, sich wirksam in den demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozess einzuschalten und auf die Gestaltung des Gemeinwesens Einfluss zu nehmen. Beide verfolgen das Ziel, staatliche Informationsmacht zu begrenzen. Der Datenschutz durch enge Grenzen dessen, was die Verwaltung über den Bürger wissen darf (kein sog. „gläserner Bürger"), das Informationszugangsrecht durch Gewähr von Informationen über das Handeln der Verwaltung (sog. „gläserne Verwaltung"). 110 Bei der Reform des Datenschutzes ist das Verhältnis von Datenschutz und Informationsfreiheit wieder verstärkt Gegenstand reformpolitischen Interesses geworden. 111 Zu berücksichtigen ist, dass mit dem Erlass der Informationsfreiheitsgesetze auf Landesebene nunmehr vier der Datenschutzbeauftragten
107
Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rz. 11. Angelov, Grundlagen, S. 235 f.; Nordmann, RDV 2001, 71 (72); Tauss / Kollbeck / Fazlic, ZG 2001, 231 (235); Schindel, DuD 1989, 591 (595); Sokol, DuD 1997, 380 (380 f.); Tinnefeid / Ehmann, Datenschutzrecht, S. 50. Siehe auch Ree. 1037 (1986) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (1986) zu Datenschutz und Informationsfreiheit Pkt. 10, 11, 13, abgedruckt in Dammann / Simitis, BDSG, S. 559 und die kombinierten Datenschutz- und Akteneinsichtsgesetze in Kanada und Ungarn, dazu Huband, DuD 1998, 442; Majtényi, Hungarian Model, http://www.lda.brandenburg.de/ sixcms/media.php/2232/maitenyi.pdf. 109 Nordmann, RDV 2001, 71 (72); Angelov, Grundlagen, S. 235; Sokol, Informationszugang, S. 4; Schoch, DV 2002, 149 (157); Bäumler, NJW 2000, 1982 (1985); Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 37 f. 110 Angelov, Grundlagen, S. 235 f.; Tinnefeid / Ehmann, Datenschutzrecht, S. 50; Kloepfer, DÖV 2003, 221 (225); Sokol, Informationszugang Tz. 2, 3. 111 Vgl. das Gutachten D von Kloepfer auf dem DJT 1998 und dessen Entschließung Pkt. 2 und 4, abgedruckt bei Bäumler / von Mutius, Datenschutzgesetze, S. 363. Siehe auch die Entschließung der 61. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 8./9. März 2001 unter dem Stichwort „Informationszugangsgesetze' 4. 108
E. Vergleich der deutschen Regelung mit der VO (EG) Nr. 1 0 4 9 / 2 0 0 1 3 5 7
zugleich Beauftragte für den Informationszugang sind und von Amts wegen mit der Vereinbarkeit von Datenschutz und Informationszugangsfreiheit beschäftigt sind. Denn beide stehen trotz oder aufgrund ihres ergänzenden Charakters auch in einem natürlichen Spannungsverhältnis, das einem beiderseitig gerechten Ausgleich zugeführt werden muss. 112 Weder darf über den Informationszugang der datenschutzrechtliche Standard abgesenkt werden 113 , noch darf der Datenschutz als Blockadeinstrument gegen Informationswünsche missbraucht werden. Derzeit ist der Datenschutz konzeptionell noch zu eng gestaltet, weil mit anderen informationsrechtlichen Regelungen kaum verknüpft. Er klammert die Informationsteilhabe an staatlichen Informationsbeständen aus und verharrt in einer ausschließlich abwehrrechtlichen Perspektive. 114 Das beinhaltet eine inakzeptable Blickverkürzung, denn die Verfassung steht Informationsvorgängen nicht nur negativ-abwehrend, sondern auch positiv-grundrechtsermöglichend gegenüber. 113 Ein prinzipieller Vorrang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber den kommunikativen Freiheiten lässt sich in der Informationsgesellschaft nicht rechtfertigen. 116 In Zukunft wird der Datenschutz daher stärker als bislang als Teil einer übergreifenden Informationsordnung zu betrachten sein, die auch den Zugang zu hoheitlichen Informationen regelt. 117 Der Datenschutz genießt dabei keinen absoluten Vorrang vor der Informationszugangsfreiheit. Beide Rechte müssen im Wege der praktischen Konkordanz zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden. 118 Die bestehenden Informationsfreiheitsgesetze der Länder weisen hier den Weg, indem sie versuchen, den Konflikt zwischen Offenlegung und Geheimhaltung innerhalb des Zugangsge-
112 Angelov, Grundlagen, S. 234; Bäumler, Informationszugang unter Nr. 5; Schoch, DV 2002, 149 (157); Schwan, Amtsgeheimnis, S. 215; Berliner Informationsgesetzbuch Teil 5 Heft 1 des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht, S. 7 (http://www.datenschutz-berlin.de/infomat/dateien/ds/ds_5_l.pdf ). 113 Bäumler, Informationszugang unter 5.: Eine Übermittlung personenbezogener Daten darf nur erfolgen, wenn sie für die Aufgabenerfüllung erforderlich sind, was nicht nachvollzogen werden kann, wenn Zugangsrechte ohne Begründung wahrgenommen werden. Zudem besteht eine strenge Zweckbindung personenbezogner Daten innerhalb der Verwaltung, die mit der Freigabe an Private in eine zweckfreie Nutzung überginge. 114 Gallwas, NJW 1992, 2785 (2786, 2790); Kloepfer, DJT 1998 These C.20, ders., K&R 1999, 241 (241). 1,5 Gallwas, NJW 1992, 2785 (2786); Kloepfer, DJT 1998 These B.10 und D.26. 116 Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rz. 2, 14, 16. 117 Kloepfer, DJT 1998 These D.26., ders., K & R 1999, 241 (242), ders., Informationsrecht, § 1 Rz. 93, § 10 Tz. 50, § 4 Tz. 15 f f : Leitidee der Informationsgerechtigkeit; Hassemer, Datenschutz, S. 135, 136. 118 Kloepfer, Informationsrecht, § 3 Rz. 2, 14, 16; Gallwas, NJW 1992, 2785 (2886, 2888, 2890).
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Sechster Abschnitt: Zugang zu Dokumenten in Deutschland
setzes durch gestufte Ausnahmeregelungen, teilweisen Zugang oder subsidiäre Auskunft, angemessen zu lösen. 119 Ausgehend vom Ziel des Datenschutzes, das Privatleben und sensible persönliche Informationen zu schützen, bei denen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden 120 , sind Angaben über Personen offenzulegen, die nicht schützenswerte personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzes sind oder bei denen nach Abwägung unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Belange des Betroffenen übersteigt. 121 Nicht geschützt sind Daten, die aufgrund einer Zustimmung des Betroffenen bereits allgemein zugänglich sind, ζ. B. Angaben in einem Telefonbuch und personenbezogene Daten eines Amtsträgers, soweit sie seine Mitwirkung an einem Verwaltungsverfahren betreffen und amtsbezogen sind. Erfasst werden Name, Titel, akademischer Grad, dienstliche Anschrift und Rufhummer sowie innerdienstliche Funktionsbezeichnung. Dasselbe kann für Personen gelten, die in einem Verwaltungsverfahren in einer öffentlichen Funktion auftreten oder die aus eigener Initiative an öffentlichen Entscheidungsprozessen teilnehmen oder diese zu beeinflussen versuchen, ζ. B. Gutachter, Sachverständige oder vergleichbar Stellungnehmende, ferner Personen, die gegenüber der Behörde eine Erklärung, Auskunft, Anzeige oder Anmeldung abgeben. Hier besteht ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit, zu erfahren, welche Rolle ihre Beteiligung im Entscheidungsprozess gespielt hat. 122 Im Gegenzug sind solche Daten besonders schützenswert, die Betroffene zwangsweise angegeben müssen.123 Eine solche Differenzierung beim Schutz personenbezogener Daten wird auf Gemeinschaftsebene vom Europäischen Parlament vertreten 124 und lässt sich auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnehmen.125
1,9 § 5 Abs. 2, Abs. 3, § 6 Abs. 2 BbgAIG; § 6 Abs. 2, § 8, § 14 Abs. 2 Bin IFG; §§ 12 - 14 IFG SH; §§ 9, 10 Abs. 1 IFG NRW. Zum Ausgleich im Rahmen eines Zugangsgesetzes Angelov, Grundlagen, S. 239; Kloepfer, DJT 1998 These D. 22, 25 und 28 und ausgewogen Schoch / Kloepfer, IFG-ProfE, S. 102 ff. 120 BVerfGE 65, 1 (42). 121 Angelov, Grundlagen, S. 241; Sokol, DuD 1997, 380 (381); Bleyl, DuD 1998, 32 (34); Kloepfer, DJT 1998 These D. 22, 25 und 28; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 370 f. 122 Angelov, Grundlagen, S. 240; Sokol, DuD 1997, 380 (381). 123 Bleyl, DuD 1998, 32 (34). 124 Resolution des Europäischen Parlaments vom 11.12.2001 auf den Bericht des Petitionsausschusses (A5-0423/2001) zum Sonderbericht des Bürgerbeauftragten zu Beschwerde 713/98/1 JH. 125 Beschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse können insbesondere dann zulässig sein, wenn der Einzelne in Kommunikation mit anderen tritt, durch sein Verhalten auf andere einwirkt und dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfGE 65, 1 (44); 80, 367 (373)).
Zusammenfassung und Ausblick
1. Abschnitt Das Zugangsrecht zu Dokumenten ist das Recht, in jedes unveröffentlichte Dokument einer öffentlichen Stelle Einsicht zu nehmen, ohne dafür Gründe angeben zu müssen. Bei einer Auskunft fehlt es an der Einsicht in das Originaldokument. Der Bürger wird durch die Behörde informiert, die den Informationsfluss steuert. Damit ist die für eine Kontrolle und Information erforderliche Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen gefährdet. Eine Auskunft kommt subsidiär zur Einsicht in Betracht, wenn etwa aufgrund von Ausnahmen nur bruchstückhafte Einsicht gewährt werden kann oder die Aussonderung bereits einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt. Die gemeinschaftsrechtlichen Zugangsvorschriften sehen das nicht vor, so dass keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität besteht. Zugangsrecht und Akteneinsichtsrecht werden in gleicher Weise ausgeübt. Das Akteneinsichtsrecht ist als Bestandteil rechtlichen Gehörs im Rechtsstaatsprinzip verankert. Einsicht wird verfahrensakzessorisch nur in ausgewählte Dokumente gewährt, sofern ein berechtigtes Interesse nachgewiesen wird. Das Zugangsrecht ist dagegen ein demokratisch begründetes Informations- und Kontrollrecht, das ein Verfahren auf Zugangsgewähr einleitet, ohne dass der Antragsteller hierfür Gründe oder ein Interesse anzugeben braucht. Veröffentlichungspflichten machen ein Zugangsverfahren entbehrlich und gehen damit über das Zugangsrecht hinaus. Sie erfassen aus Ressourcengründen aber nur eine Auswahl von Dokumenten. Das hier untersuchte Zugangsrecht ist ein Recht der Öffentlichkeit, nicht der Mitgliedstaaten oder ihrer Béhôrden und wird gegenüber den Gemeinschaftsorganen wahrgenommen, nicht gegenüber nationalen Behörden.
2. Abschnitt Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten stärkt die direkte demokratische Legitimation von Hoheitsgewalt. Es verschafft Informationen über hoheitliches Handeln und gewährleistet deren Authentizität. Die daraus folgende Transparenz der Entscheidungsprozesse und ihrer Umstände befähigt den Einzelnen, politische Zusammenhänge zu erkennen und eine Verantwortungszu-
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Zusammenfassung und Ausblick
rechnung vorzunehmen. Auf diese Weise fordert das Zugangsrecht die politische Teilhabe der Bürger, ermöglicht eine effektive Kontrolle der Hoheitsträger und trägt bei zur Bürgernähe und erhöhten Akzeptanz von hoheitlichen Entscheidungen. Die demokratische Legitimation der Europäischen Gemeinschaft ruht auf dem hoheitsunterworfenen Staats- und Unionsbürger. Im fortschreitenden Integrations-prozess bleibt die Gemeinschaft auf den Ausbau ihrer demokratischen Legitimationsgrundlage angewiesen. Vorzugswürdig ist der Ausbau der direkten demokratischen Legitimation. Die alleinige Stärkung des Europäischen Parlaments stößt dabei an immanente Grenzen und bedarf der Abstützung durch andere Formen direkter demokratischer Legitimation. Hierzu zählen die Transparenz und Öffentlichkeit des Gemeinschaftshandelns. Das Zugangsrecht zu Dokumenten verschafft die hierfür erforderlichen Informationen und zeichnet durch den direkten Kontakt ein bürgernahes und akzeptanzförderndes Bild von den betroffenen Gemeinschaftseinrichtungen. Hierauf ist die Gemeinschaft als supranationale Organisation aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung und Abstraktheit in besonderem Maß angewiesen. Zugleich fordert das Zugangsrecht die bestehenden Kommunikationsfreiheiten als Grundlage für die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit.
3. Abschnitt Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten von Gemeinschaftsorganen ist eine neuere Entwicklung, die vor zehn Jahren mit der Erklärung Nr. 17 zum Vertrag von Maastricht begann und durch eine rasche und noch andauernde Konstitutionalisierung gekennzeichnet ist. Ausgehend von der interinstitutionellen Vereinbarung 93/730 zwischen Rat und Kommission und ihren internen Zugangsbeschlüssen 93/731 und 94/90 erlangte das Recht auf Zugang zu Dokumenten bis zum Amsterdamer Vertrag allgemeine Anerkennung und verbreitete sich auf Initiative des Europäischen Bürgerbeauftragten auf nahezu alle Gemeinschaftseinrichtungen. Im Amsterdamer Vertrag wurde in Art. 1 Abs. 2 EU ein allgemeiner unionsweiter Transparenzgrundsatz aufgenommen, dessen bedeutendste Ausprägung in Art. 255 EG die primärrechtliche Anerkennung eines subjektiven Rechts auf Zugang zu Dokumenten von Rat, Kommission und Parlament ist. Eine detaillierte Regelung erfolgte im Mai 2001 durch Erlass der VO (EG) Nr. 1049/2001 samt Durchführungsbestimmungen. Zuletzt wurde das Zugangsrecht zu Dokumenten in Art. 42 der Grundrechtecharta von Nizza und in die Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa niedergelegt. Hinsichtlich der Vielzahl einzelner Erkenntnisse und Vorgaben, die sich aus der Rechtsprechung des EuG und EuGH sowie den Entscheidungen des Europä-
Zusammenfassung und Ausblick ischen Bürgerbeauftragten ergeben, w i r d auf deren Zusammenfassung im Dritten Abschnitt verwiesen (S. 85 — 87, 102). Allgemein ist die Einstellung der Gerichte gegenüber dem Zugangsrecht positiv fördernd, aber verfahrenslastig. Sie haben das Recht innerhalb der von den Organen selbst gesetzten Grenzen beständig gestärkt. Die Zahl der aufgehobenen Entscheidungen von Gemeinschaftseinrichtungen i m Bereich des Zugangsrechts ist nahezu ohne Vergleich. Der Bürgerbeauftragte hat sich seit seiner Amtseinführung i m Jahre 1995 unermüdlich in seinen Entscheidungen und Reden u m die Ausdehnung des Zugangsrechts bemüht und bleibt aufgrund seiner Funktion als Beschwerdeinstanz nach der V O (EG) Nr. 1049/2001 eine treibende Kraft. Die einzige Entwicklung des Zugangsrechts, die v o m Rat als verpflichtetem Organ ausging, war die Errichtung eines elektronischen Registers von Dokumenten, deren Inhalt ohne Antragsverfahren, sofort und kostenlos über das Internet zugänglich war. Das Register führte zu einem sprunghaften Anstieg und zu einer thematischen Streuung der Informationsnachfragen. Es verdeutlicht das Potential auf der Nachfrage- und die Möglichkeiten auf der Angebotsseite. Aufgrund der elektronischen Register, die seit dem Juni 2002 auch für die Kommission und das Europäische Parlament existieren, übertrifft das Zugangsrecht der Gemeinschaft die Zugangsvorschriften vieler Mitgliedstaaten und sämtlicher internationaler Organisationen. M i t der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zum Ende der 90er Jahre sind die Beziehungen der Europäischen Gemeinschaft zu Drittstaaten und zur N A T O intensiviert worden. Infolge des veränderten Sicherheitsverständnisses wurden der Schutz klassifizierter Dokumente verschärft und die organinternen Sicherheitsbestimmungen ausgeweitet, was Einschränkungen des Dokumentzugangs nach sich zog. Problematisch hieran waren der vollständige Ausschluss von Dokumentkategorien aus dem Anwendungsbereich, die fehlende Beteiligung des Parlaments angesichts der Vorgaben des Art. 255 Abs. 2 E G und die Bindung der Mitgliedstaaten an Binnenrecht der Organe. Abgeschwächt wirken sich die Beschränkungen auch unter der V O (EG) Nr. 1049/2001 bei Art. 9 aus.
4. Abschnitt Das Gesetzgebungsverfahren nach Art. 251 EG zum Erlass der V O (EG) Nr. 1049/2001 war langwierig und von großen Interessengegensätzen innerhalb des Rates und mit dem Parlament gekennzeichnet. Kompromisse wurden erst in informellen Triloggesprächen der beteiligten Organe gefunden. Dabei überwogen die Zugeständnisse des offeneren Parlaments gegenüber dem Rat, was die Vorgehensweise des Parlaments und seine Rolle als pluralistische Interessenvertretung in Frage stellt.
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Zusammenfassung und Ausblick
Die V O (EG) Nr. 1049/2001, die seit dem 3. Dezember 2001 in Kraft ist, vereinheitlicht die bestehenden Regelungen von Rat, Parlament und Kommission, kodifiziert Richterrecht und normiert die Grenzen des derzeit politisch Realisierbaren. I m Einzelnen werden die vielfältigen Neuerungen und Probleme in der Zusammenfassung zum Vierten Abschnitt dargestellt (S. 249 — 253). Insgesamt betrachtet, stellt die Verordnung einen großen Schritt voran dar und markiert einen Höhe- und vorläufigen Endpunkt in den Bemühungen der Gemeinschaft nach mehr Transparenz und Öffentlichkeit. Durch ihren verbindlichen Rahmen erschwert die Verordnung eine willkürliche Geheimhaltung. A u c h ist trotz berechtigter Einwände an einzelnen Regelungen zu berücksichtigen, dass die K r i t i k sich an staatlichen Maßstäben orientiert. Dies mag i m Hinblick auf die Supranationalität der Gemeinschaft m i t ihren weitergehenden Durchgriffsrechten gerechtfertigt sein, da sie verstärkt auf eine demokratische Legitimation bei der Ausübung ihrer Hoheitsgewalt angewiesen ist. Jedoch sollte nicht übersehen werden, dass die Gemeinschaft i m Vergleich mit anderen internationalen Organisationen mittlerweile eine unerreichte Offenheit besitzt und in einzigartigem Umfang Zugang zu ihren Dokumenten gewährt. Das beruht auf besonders günstigen Ausgangsbedingungen, insbesondere der weitgehenden Verbreitung des Zugangsrechts in den Mitgliedstaaten, dem Einfluss der traditionell besonders offenen nordischen Staaten, des Bürgerbeauftragten, EuG und E u G H und seiner Generalanwälte. 1
5. Abschnitt Das Zugangsrecht zu Dokumenten w i r d von der Gemeinschaftsrechtsprechung derzeit nicht als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt. Die Voraussetzungen hierfür sind zwar gegeben, insbesondere eine gemeinsame Verfassungsüberlieferung in nahezu allen Mitgliedstaaten, die den Zielen und Strukturen der Gemeinschaft entspricht, doch bestehen nach der Aufnahme von Art. 255 EG in das Primärrecht und der Verabschiedung der V O (EG) Nr. 1049/2001 nur noch in Detailfragen Streitigkeiten über Umfang und Anwendung des Zugangsrechts. V o r diesem Hintergrund fehlt es am Bedürfnis für eine Anerkennung durch die Rechtsprechung des EuGH, die möglich, aber unwahrscheinlich ist.
1
Näher Roberts, EPL 2002, 255 (257, 259, 268 f., 272 f.); Bradley, CDE 1999, 283 (306 f.).
Zusammenfassung und Ausblick
6. Abschnitt Bei der Entwicklung der Informationszugangsfreiheit liegt Deutschland i m internationalen Vergleich weit abgeschlagen zurück. Impulse für den Erlass von Informationszugangsgesetzen kommen vor allem von der Europäischen Gemeinschaft durch Art. 255 EG, die V O (EG) Nr. 1049/2001, die Neufassung der Umweltinformationsrichtlinie und die Aufnahme des Zugangsrechts in Art. 42 der Grundrechtecharta von Nizza und in die Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 des Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa Die Gesetzgebung in Deutschland ist in Bewegung. Die Verabschiedung eines restriktiven Vorschlages für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes ist in der vergangenen Legislaturperiode zunächst verzögert und dann aus zeitlichen Gründen gescheitert. Eine Verabschiedung in der laufenden Legislaturperiode ist ungewiss. Damit droht eine Spaltung der Rechtslage i m Bund und in den Ländern. In vier Bundesländern (Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen) wurden bereits Landesinformationszugangsgesetze erlassen, in fast allen anderen Bundesländern laufen oder liefen Gesetzgebungsinitiativen. Mittelfristig ist sowohl die Verabschiedung eines Bundes- als auch weiterer Landesinformationszugangsgesetze zu erwarten. Einwände gegen die Einführung von Informationszugangsrechten sind die befürchtete Aushöhlung des Datenschutzes auf Seiten der Betroffenen und der ungenügende Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, die Entwertung der Tätigkeit von Parlamenten und Gerichten und ein realitätsfernes Demokratieverständnis angesichts einer überwiegend desinteressierten und apathischen Masse. Bis heute fehlt es an einer empirischen Untermauerung dieser Bedenken sowohl i m Bereich des älteren Umweltinformationsgesetzes, der bestehenden Informationsfreiheitsgesetze der Bundesländer als auch i m Hinblick auf die langjährigen internationalen Erfahrungen. Das spricht dafür, dass sich alle Bedenken gegen einen erweiterten Dokumentzugang durch entsprechende gesetzliche Ausgestaltung ausräumen lassen, ohne die Vorzüge des Informationszugangs zu verlieren. Die bestehenden Landesregelungen weisen unterschiedliche Defizite auf, wobei sie zum Teil Mängel der vorher ergangenen Gesetze vermeiden. Probleme sind in allen Bereichen aufgetreten: bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs, im Verhältnis zu § 29 V w V f G , bei der Weite und Unbestimmtheit der Ausnahmen, der restriktiven Verfahrensgestaltung, insbesondere hinsichtlich der Fristen und Kosten, dem Fehlen einer Registerpflicht sowie der ungenügenden Berücksichtigung elektronischer Zugangsformen. Eine Zusammenfassung der besten Gesetzespraxis für zukünftige Regelungen findet sich auf S. 275 f. Die Hauptprobleme der bisherigen Gesetzesanwendung folgen daraus, dass der Anwendungsbereich zu eng, die Ausnahmen zu weit und das Verfahren zu restriktiv gehandhabt werden.
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Zusammenfassung und Ausblick
Die Hauptkritik am Referentenentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes entzündet sich am Ausschluss sämtlicher vorbereitender Dokumente vom Anwendungsbereich, am Fehlen einer Bearbeitungsfrist, einer Registerpflicht und elektronischer Zugangsformen, einer restriktiven Verfahrensgestaltung und der mangelnden Abstimmung mit § 29 V w V f G , in seiner überarbeiteten Fassung am Ausschluss weiter Bereiche aus dem Anwendungsbereich. Im Vergleich mit den gemeinschaftsrechtlichen Zugangsvorschriften fällt vor allem auf, dass in den deutschen Informationszugangsgesetzen die Abstimmung mit dem Datenschutz einen größeren Raum einnimmt, weil das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Gegensatz zu einem allgemeinen Informationszugangsanspruch verfassungsrechtlich verbürgt ist. Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Informationszugangsfreiheit ist eine Neuinterpretation des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG zu erwägen und der Datenschutz bei seiner Neugestaltung aus seiner bisher rein abwehrrechtlichen Positionierung in eine übergreifende Informationsordnung zu überführen, in der die Informationszugangsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Wege praktischer Konkordanz einem beiderseitig möglichst schonenden Ausgleich zuzuführen sind.
Abschließend soll im Hinblick auf zwei Aspekte ein kurzer Ausblick auf die Zukunft des Zugangsrechts geworfen werden: der Auswirkungen der elektronischen Entwicklung und der Möglichkeiten einer weitergehenden Vereinheitlichung der Zugangsvorschriften. Die Weiterentwicklung elektronischer Medien eröffnet ein enormes Potential beim Ausbau und der Vereinfachung des Datenaustauschs. 2 Informationen können in einem Umfang für den A b r u f im Internet bereitgestellt werden, der in papierner Form aufwandsmäßig undenkbar ist. Erleichtert wird ein multilingualer Zugang und eine integrierte Informationsdarbietung über sog. Links, wo andernfalls verschiedene Verwaltungseinrichtungen kontaktiert werden müssen/ Die zunehmende Digitalisierung wurde auf Gemeinschaftsebene für einen direkten
2 Grünbuch Öffentliche Informationen (KOM(98)585 endg.) Abschnitt I L L ; Curtin, Commission, S. 8, dies., Opening Spaces, S. 259; Roßnagel, Transparenz, S. 275 ff.; Groß, DÖV 2001, 159 ff. Allgemein: eEurope, Kloepfer / Neun, EuR 2001, 512 (558); in Deutschland: http://www.bundonline2005.de (Bereitstellung aller internetfähigen Dienstleistungen bis 2005), Tauss / Kollbeck / Fazlic, ZG 2001, 231 (233 f., 240 f.). Siehe vorbereitend die Anerkennung der elektronischen Form als gesetzliche Alternative zur Schriftform, um ein vollelektronisches Arbeiten der Verwaltung zu ermöglichen. Dazu Rosenbach, DVB1. 2001, 332 ff.; Catrein, NVwZ 2001, 413 f. 3 Grünbuch Öffentliche Informationen (KOM(98)585 endg.) Abschnitt LI., II.2.; Schoch VVDStRL 1997, 158 (213 ff.), Ls. 5. Das Problem zeitnaher Information in allen Amtssprachen besteht unvermindert fort, Roßnagel, Transparenz, S. 282 f., ders., S. 300 f. zu Vorteilen der Online-Einsicht; Kugelmann, Rechtsstellung, S. 333 f.
Zusammenfassung und Ausblick Zugang zu Dokumenten genutzt, die i m Internet in einem elektronischen Register bereitgehalten werden. Bei einem Direktzugang über das elektronische Register entfallen ein Antragsverfahren, zeitliche Verzögerungen und Kosten, so dass es für den Bürger die attraktivste Form des Dokumentzugangs ist. 4 Diese neue Zugangsform verlagert den Aufwand des Zugangs zu den Gemeinschaftseinrichtungen, die die Dokumente digitalisieren, i m Register bereitstellen und vorab auf schützenswerte Passagen durchsehen müssen, welche nicht freigegeben werden können. Dieser Aufwand betrifft dabei potentiell alle Dokumente im U m l a u f und nicht nur punktuell die vereinzelt nachgefragten, ohne dass hierfür Gebühren erhoben werden können, da ein entsprechendes schriftliches oder elektronisches Verfahren nicht existiert. I m Gegensatz dazu lag der Aufwand bei der Entstehung des Zugangsrechts ganz überwiegend beim Antragsteller, und das subjektive Recht auf Zugang trat hinter die Effizienz der Verwaltung zurück. Dementsprechend war der Antragsteller in seinem schriftlichen Antrag verpflichtet, das nachgefragte Dokument hinreichend präzise zu bezeichnen, um der Einrichtung den Aufwand beim Auffinden zu erleichtern. Dabei konnte der Antragsteller nicht auf ein Register der nachfragbaren Dokumente zurückgreifen, was den Zugang stark erschwerte, da der nicht-öffentliche Datenbestand ihm naturgemäß nicht bekannt war. Die Behörde musste nur das konkret nachgefragte Dokument anhand großzügiger Ausnahmen überprüfen, wobei ihr lange Fristen zur Verfügung standen und sie Gebühren erhielt. Die Aufwandsverlagerung beim Direktzugang über das elektronische Register kennzeichnet damit die mittlerweile unbestrittene Etablierung des Zugangsrechts auf Gemeinschaftsebene. Eine vergleichbare Aufwandsverteilung war in der Anfangszeit aufgrund der ungesicherten subjektiv-rechtlichen Verankerung des Zugangsrechts und gegen den Willen der Einrichtungen, die den Bearbeitungsaufwand scheuten, nicht durchsetzbar. Der elektronische Direktzugang kann, um Informationen zu Entscheidungsprozessen erweitert und in diese eingepasst, neue Partizipationsmöglichkeiten für den Bürger eröffnen. Er verlässt damit den Bereich der Informationsverschaffung (zur Kontrolle und als Vorstufe der Partizipation) und geht über in ihre nachgelagerte Anwendung. 5 Die elektronischen Möglichkeiten erlauben es, den gesamten Entscheidungsprozeß samt seiner Vorbereitung im Internet sichtbar zu machen: Zweck und Umfang des Vorhabens, die verantwortlichen Gemeinschaftseinrichtungen und den vorgesehenen und aktuellen Zeitplan der Verwirklichung, verbunden mit einem Hinweis auf Einwirkungsmöglichkeiten
4
Allg. Roßnagel DÖV 2001, 221 (229) und Groß, DÖV 2001, 159 (161). Curtin, Opening Spaces, S. 260; Roßnagel, Transparenz, S. 297, 299 f.: Kommunikation folgt Information; vgl. Art. 6 - 8 der Aarhus-Konvention über den Zugang zu Umweltinformationen; Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rz. 31. 5
366
Zusammenfassung und Ausblick
in jeder Verfahrensstufe (so die Initiative „Lexcalibur" 6 ), ζ. B. durch eine offene Debatte über i m Internet veröffentlichte Entwürfe, bevor sie endgültig verabschiedet werden. 7 Vorläufer sind die Diskussionsforen zur Zukunft Europas und begleitend zum Verfassungskonvent sowie die rein informativen Datenbanken über den Stand der Rechtsetzungsverfahren. ( „ O e i l " beim Parlament, „Prelex" bei der Kommission und beim Rat zum Stand i m Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens). 8 Die Vervielfältigung der zur Verfügung stehenden Informationen und die Gefahr eines Informationsüberflusses 9 ist eine unvermeidbare Folge, denn jede thematische Aufbereitung der Dokumente birgt die Gefahr einer Verfälschung in sich und vervielfacht den Bearbeitungsaufwand. Neben ausgefeilteren Suchkriterien, der Registerpflicht und den Hilfspflichten der Beamten bei der Identifizierung bleibt es Aufgabe des Nachfragenden, Schwierigkeiten durch zu viele Dokumente zu meistern. Die Dokumentfülle führt derzeit zu einer hochspezialisierten Nachfrage durch professionelle Anwender. Eine wachsende Bedeutung erhalten Bürgerrechtsgruppen, denen es aufgrund ihrer themenorientierten Spezialisierung leichter fällt, Informationen auf ihre Bedeutung einzuschätzen, und denen es zukommt, öffentliche Überlegungen zu stimulieren und zu fokussieren. 1 0 Ihre Einbeziehung führt zu einer Informationsverbreitung und unterstützt die nachfolgende Informationsverwendung bei der Teilhabe an politischen Prozessen. 11 Profitieren werden insbesondere solche Gruppen, denen bislang die Nähe und der Einfluss auf politische Entscheidungsträger fehlte und die von informellen Kanälen ausgeschlossen waren. 1 2 Gleichzeitig kann der elektronische Direktzugang nur ergänzend neben den Zugang durch Dokumenteinsicht vor Ort oder das Zusenden von Kopien nach einem schriftlichen Antrag treten, denn die hierfür erforderlichen technischen Geräte und die Kenntnis, sie zu nutzen, sind europaweit noch sehr ungleich verteilt. Obwohl sich Computer und der Zugang zum Internet schon weit verbreitet
6 Über http://www.iue.it/AEL/EP; Weiler, ELR 1997, 150 (153); Curtin, Legal Issues, S. 84 f. 7 Curtin, Opening Spaces, S. 258 ff. 8 Zur Zukunft Europas: http://europa.eu.int/futurum/index_de.htm , zum Verfassungskonvent : http://european-convention.eu.int/default.asp?lang=DE, Prelex: http://europa.eu.int/prelex/apcnet.cfm?CL=de, Oeil: http://wwwdb.europarl.eu.int/dors/oeil/en/ default.htm, zum Stand der Mitentscheidungsverfahren: http://ue.eu.int/codec/de/index.htm. 9 Roßnagel, Transparenz, S. 278, 290. 10 Curtin, Legal Issues, S. 86, dies., Opening Spaces, S. 261. 11 Ausführlich Curtin, Civil society and the European Union: Opening Spaces for Deliberative Democracy in: Collective Courses of the Academy of European Law, Dordrecht 1998, knapper dies ., Legal issues, S. 86 ff. 12 Roberts, EPL 2002, 255 (257, 275).
Zusammenfassung und Ausblick haben und über Internet-Cafes oder öffentliche Bibliotheken auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, bestehen auf Gemeinschaftsebene noch große Unterschiede in und zwischen den Mitgliedstaaten beim Zugang zu den technischen Geräten und der Fertigkeit, sie zu nutzen. Trotz rasanten Wachstums besitzen nur 30 % der Bürger Zugang zum Internet, mit großen Länderabweichungen (Schweden, Dänemark, Niederlande um die 60%, hingegen Portugal, Griechenland 15%). 1 3 Erforderlich sind weitere Investitionen in eine Infrastruktur, die jedem Zugang zu elektronischen Netzwerken ermöglicht und die Fähigkeiten vermittelt, sie zu nutzen. 1 4 Bis dahin muss das Zugangsverfahren in seiner ursprünglichen Form fortbestehen. 15 Weiterhin w i r d der elektronische Direktzugang nicht allen Zugangskonstellationen gerecht, ζ. B. wenn Teile eines Dokuments über das Internet zugänglich sind und der Antragsteller die Entscheidung auf eine vollständige Freigabe überprüfen lassen w i l l . Hingewiesen sei auch darauf, dass der Wegfall des Antragverfahrens für den Informationssuchenden nicht nur eine Erleichterung darstellt, sondern zugleich die Abgrenzung zu anderen Formen elektronischer Publikation erschwert und daher eine klare Kennzeichnung oder ergänzende Hinweise nötig macht. Eine gemeinschaftsweite Harmonisierung der Zugangsvorschriften brächte zweifellos Vorteile mit sich. Innerhalb und mit der Gemeinschaft besteht ein vielfältiger Dokumentaustausch, der in Zukunft weiter zunehmen wird. Die Beteiligten, die Gemeinschaftseinrichtungen, Mitgliedstaaten, Drittstaaten und internationalen Organisationen gewähren in unterschiedlichem Maße Zugang zu ihren Dokumenten bzw. bestehen auf deren Vertraulichkeit. Eine Zugangsregelung der Gemeinschaft, die keine Urheberregel kennt und Zugang zu allen Dokumenten in ihrem Besitz gewährt, muss sich der Sicherheitsbedürfnisse Dritter annehmen oder gefährdet den weiteren Dokumentaustausch mit ihnen. Das gilt umgekehrt für Gemeinschaftsdokumente im Besitz von Dritten, denen gegenüber die Gemeinschaft auf Einhaltung bestimmter Sicherheitsstandards drängt. Je freizügiger das Zugangsrecht der Gemeinschaft gestaltet ist, desto geringer werden ihre Probleme bei der Freigabe von Gemeinschaftsdokumenten durch Dritte, aber desto größer werden die Probleme bei der Freigabe von Drittdokumenten in ihrem Besitz. Umgekehrt gilt, j e restriktiver die Gemeinschaft Zugang gewährt, desto weniger Probleme ergeben sich bei der (Nicht)Freigabe von Drittdokumenten, aber desto größer werden ihre Probleme mit Dritten, die
13
Vgl. Eurobarometer Nr. 55 S. 66 (Stand April/ Mai 2001). Curtin, Opening Spaces, S. 262; Grünbuch Öffentliche Informationen (KOM(98) 585 endg.) Abschnitt II.3. 15 Stellungnahme des LDA Bbg zum Grünbuch Öffentliche Informationen (KOM(98)585 endg.) im Anhang zum Tätigkeitsbericht 1999; Roßnagel, Transparenz, S. 312 f.; Curtin, Opening Spaces, S. 260, 262; Kugelmann, Rechtsstellung, S. 334. 14
368
Zusammenfassung und Ausblick
im Besitz von Gemeinschaftsdokumenten sind. Die Schwierigkeiten, die sich aus dieser Situation zwingend ergeben, würden entfallen, wenn der Zugang zu Dokumenten unter den Beteiligten auf einem einheitlichen Schutzniveau beruht. Eine gemeinschaftsweite Harmonisierung hat dennoch keine Aussicht auf Verwirklichung. Innerhalb der Gemeinschaft ist der Harmonisierungsbedarf gering, da auch bei Einbeziehung aller Gemeinschaftseinrichtungen ein vergleichsweise einheitlicher Zugangsstandard besteht 16 und der Dokumentaustausch mit den hochspezialisierten Agenturen und Einrichtungen nur geringe Ausmaße besitzt. Denkbar wäre
insoweit,
durch
eine
primärrechtliche
Änderung
Art. 255
EG
an
Art. 1 Abs. 2 E U anzugleichen, indem die Beschränkung des Zugangsgegenstandes auf Dokumente von Rat, Parlament und Kommission aufgehoben wird zugunsten von Dokumenten einer Gemeinschaftseinrichtung. Das sieht jetzt der Vertragsentwurfs über eine Verfassung für Europa in den Art. 1-49 Abs. 3 und 11-42 vor. Beim Dokumentaustausch zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten äußert sich ein Harmonisierungsbedürfnis seitens der Gemeinschaft in Art. 5 und 9 Abs. 5 der V O (EG) Nr. 1049/2001. Eine vollständige Harmonisierung in den Beziehungen zu den Mitgliedstaaten gestaltet sich rechtlich schwierig und politisch unmöglich. Die Zugangsregelungen der Mitgliedstaaten weichen hierfür trotz aller Annäherung zu stark voneinander ab. In einigen Mitgliedstaaten genießt das Zugangsrecht zudem hohen Verfassungsrang, der jeglichen Beschränkungen im Zuge einer Harmonisierung entgegensteht. In Frage käme die Vereinbarung eines nach oben offenen Mindeststandards, jedoch ist ein solcher Rechtsakt nach Erlass der Verordnung in weite Ferne gerückt. Die politisch wahrscheinlichste Variante bestünde in einer Richtlinie, ζ. B. in der Aufhebung der thematischen Eingrenzung der Umweltinformationsrichtlinie. 1 7 Eine derartige Harmonisierung begegnet Bedenken, denn sie lässt sich nicht mit Schwierigkeiten beim Datenaustausch begründen, weil sie allein den nationalen Bereich betrifft. Auch zielt sie nicht auf eine Stärkung der demokratischen Legitimation der Gemeinschaft und verfehlt die spezifischen Ziele, die mit der Umweltinformationsrichtlinie verfolgt werden. Hier geht es um die Gewähr subjektiver Rechte an den Einzelnen, um das Kontrolldefizit der Gemeinschaft beim indirekten Vollzug von Gemeinschaftsrecht im Bereich des Umweltschutzes a b zugleichen. Diese Zielsetzung ist mangels umfassender Gemeinschaftskompe-
16 Vgl. die Zugangsregelungen der Einrichtungen in Anhang III, die Gemeinsame Erklärung zur VO (EG) Nr. 1049/2001, den Transparenzgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 EU, das Recht auf eine gute Verwaltung und Art. 41, 42 der Grundrechtecharta von Nizza. 17 Siehe Schlußfolgerung 3 der Stellungnahme des Ausschusses für konstitutionelle Fragen zur Durchführung der VO (EG) Nr. 1049/2001, PE 323.582 vom 27.6.2003.
Zusammenfassung und Ausblick
369
tenz (Prinzip begrenzter Einzelermächtigung, Art. 5, 7 Abs. 1 EG) nicht auf eine umfassende Informationsfreiheitsrichtlinie übertragbar. A m klarsten ist die Situation in den Beziehungen zu Drittstaaten und internationalen Organisationen, denen gegenüber die Gemeinschaft keine Harmonisierungsmöglichkeiten besitzt. Ein Interesse an gemeinsamen Sicherheitsstandards besteht nur in einzelnen Bereichen, in denen ein Dokumentaustausch stattfindet. Dort werden wie bisher gegenseitige Sicherheitsabkommen abgeschlossen werden.
24 Meltzian
A n h a n g I : L e i t f a d e n f ü r die Einstufungspraxis v o n Gemeinschaftsdokumenten Die Tabelle stellt gegenüber, bei welchen vermuteten Folgen eines Bekanntwerdens, die entsprechende Klassifikation vorzunehmen ist 1 :
1
Siehe für den Rat: Beschluss 2001/264 (ABl. 2001 L 101/54 - 57, geändert durch Beschluss 2004/194/EG vom 10.2.2004, ABl. 2004 L 63/48) und gleichlautend für die Kommission Beschluss 2001/ 844 (ABl. 2001 L 17/ 43 - 46).
Anhang I: Leitfaden Einstufungspraxis
24*
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372
Anhang I: Leitfaden fur die Einstufungspraxis
Anhang I I : Das Zugangsrecht der Öffentlichkeit zu Dokumenten in den Mitgliedstaaten und Bewerberländern Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung Bei]>ien
Art. 32 der belgischen Verfassung gewährt das Zugangsgesetze gibt es auf nationaler (Gesetz Zugangsrecht als Grundrecht für jedermann.
94-1724 vom 11.4.1994) regionaler und kom-
Es steht unter Gesetzesvorbehalt.
munaler Ebene.1
Schweden2 Das entsprechende
Gesetz
(Tryckfrihetsfö-
rordningen) hat gemäß Kap. 1 § 3 der schwedischen Verfassung Verfassungsrang. 3
Finnlland4 Seit Anfang der 90er Jahre ist das Zugangs-
1951 wurde das Zugangsrecht einfachgesetz-
recht in § 12 Abs. 2 der finnischen Verfassung
lich festgehalten, seit dem 1. Dezember 1999
niedergelegt.
gilt das Gesetz Nr. 621/99 über die Transparenz staatlichen Handelns.5
1 Verfassungstext: Kimmel, S. 5; Frenzel, S. 43; Gesetzestext: http://www.cass.be/cgi _loi/legislation.pl (franz.); dt. Fassung bei Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar E V. 2 Schweden besitzt weltweit das älteste Zugangsrecht zu Dokumenten (seit 1766). J Verfassungstext: KimmeL S. 489; Frenzel, S. 54; Gesetzestext: http://www.oefre.u nibe.ch/law/icl/sw03000_.html; Schrifttum: Angelov, Grundlagen, S. 124 ff.; Scherzberg, Öffentlichkeit, S. 237 f.; Sobotta, Transparenz, S. 336 f.; Heitsch, Verordnung S. 35 ff.; Petren, V A 1958, 323 ff.; Askelöf / Fernemann Heurgren, in: Winter, Öffentlichkeit, S. 473 ff; Conradi, Öffentlichkeitsprinzip, Diss. 1968; zur Entstehungsgeschichte: Oberg, CYELS 1999, 303; Bernitz, CMLRev 2001, 903; zum Verhältnis zum Gemeinschaftsrecht: Österdahl, ELRev 1998, 336 ff; Ragnemalm, CYELS 1999, 19, ders., Transparence, S. 812 ff; Oberg, CYELS 1999, 303; Bernitz, CMLRev 2001, 903; Gronbech-Jensen, JEPP 1998, 185. 4
Finnland war 1766 bei Einführung des schwedischen Zugangsrechts ein Teil Schwedens. 5 Verfassungstext: Kimmel, S. 113; Frenzel, S. 46; Gesetzestext: http://www.om.fi/ 1184.htm (engl.); Schrifttum: Schwan, Amtsgeheimnis, S. 127 f.; Seppälä, in: Hallo, Access, S. 291.
374
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung Porttugal
Seit 1989 forderte Art. 268 Abs. 2 der portu-
Am
giesischen Verfassung die Verabschiedung ei-
65/93 (LADA), teilweise geändert durch Ge-
26.8.1993
erging
das Zugangsgesetz
setz Nr. 8/95 vom 29.3.1995 und Nr. 94/99
nes Zugangsgesetzes.
vom 16.7.1999.6 Niedeirlande Art. 110
der
niederländischen
Verfassung
Einen einfachgesetzlichen Anspruch enthält
sieht seit 1983 vor, dass die Behörden Öffent-
der Wet Openbaarheid van Bestuur vom
lichkeit über ihre Aufgabenerfüllung herstel-
9.11.1978 samt Durchftihrungsgesetz, geän-
len. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch be-
dert durch Gesetz vom 31.10.1991
1
steht nicht.
Spanien Nach Art. 105 b) der spanischen Verfassung
Der Auftrag wurde in Art. 37 des Gesetzes
regelt das Gesetz den Zugang der Bürger zu 30/1992 vom 26. November 1992 verwirkden Verwaltungsarchiven und -registern.
licht, geändert durch Gesetz 29/1998 vom
13.7.1998.8 Öster•reich Artikel 20 Abs. 4 der österreichischen Verfas-
Einzelheiten sind auf Ausftlhrungsgesetze des
sung verpflichtet staatliche Stellen (Bundes-,
Bundes und der Länder delegiert und im Aus-
Landes- und Kommunalebene) zu allgemeinen
kunftspflichtgesetz
Auskünften, nicht speziell zur Akteneinsicht.
Grundsatzgesetz (BGBl 286 und 287/1987
und
Auskunftspflicht-
vom 15. Mai 1987) geregelt.9
6 Verfassungstext: Kimmel, S. 478; Frenzel, S. 53; Gesetzestext: http://www.cada.pt (engl.); Schrifttum: Lopes /Sendim, in: Hallo, Access, S. 215, 219. 7 Verfassungstext: Kimmel, S. 303; Frenzel, S. 48; Gesetzestext: Fluck / Theuer, IFR/UIG-Kommentar E III, S. 10 ff. (dt.); Schrifttum: Ruth, DuD 1998, 434 ff; Jans, in: Winter, Öffentlichkeit, S. 357, 378 ff.; Ziegler-Jung, DuD 1990, 409 ff; Kneifel, DuD 1984, 103 ff.; Lübbe-Wolff, Die Verwaltung 1980, 339 ff.; Hallo, in: ders., Access, S. 196. 8 Verfassungstext: Kimmel, S. 545; Frenzel, S. 58; Gesetzestext: http://noticias.juri dicas.com/base_datos/Admin/130-1992.html (span.), dt. Fassung bei Fluck / Theuer, IFR/UIG-Kommentar E V I ; Schrifttum: Sanchis Moreno, in: Hallo, Access, S. 235. 9 Verfassungstext: Kimmel, S. 331; Frenzel, S. 50; Gesetzestext: http://huegel land.tripod.com/auskunft.htm; Frenzel, S. 80; Schrifttum: Duschanek, Zugang, S. 76 f f ; Engel, Akteneinsicht, S. 165 ff.; Schwaighofen in: Heckmann / Meßerschmidt, Gegenwartsfragen, S. 263 ff.; Bachmann, DÖV 1992, 339 ff.; Perthold-Stoitzner, ecolex 1991, 650 und 753; Feik, Transparenz, S. 22 ff.
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung
Griechlenland Nach Art. 10 Abs. 3 der griechischen Verfas- Kodifiziert ist ein Zugang zu Verwaltungsdosung besteht eine Pflicht der Verwaltung, An- kumenten einfachgesetzlich in § 16 des Gesetfragen der Bürger zu beantworten.
zes 1599/1986, neu gefasst durch § 5 des Gesetzes Nr. 2690/1999.10 Estlland
Art. 44 der estnischen Verfassung enthält ein Das Gesetz über öffentliche Daten ist am 15. grundrechtlich gewährleistetes Zugangsrecht November 2000 verabschiedet worden und seit unter Gesetzesvorbehalt.
dem 1.1.2001 in Kraft. 11 Ung;arn
Art. 61 Abs. 1 der ungarischen Verfassung Das entsprechende Gesetz LXÜI von 1992 ist gewährt ein Grundrecht auf Zugang zu Infor- ein kombiniertes Zugangs- und Datenschutzmationen von öffentlichem Interesse.
gesetz.12 Lettland
Art. 100 der lettischen Verfassung enthält das Am 29. Oktober 1998 erging das InformatiRecht des Bürgers, Informationen frei zu er- onswesensgesetz, das seit dem 6. November halten, zu behalten und weiterzugeben.
1998 in Kraft ist.13
10 Verfassungstext: http://www.verfassungen.de/eu/ ; Gesetzestext: http://www.gs pa.gr/inetdhes/EUP/procedure_c.ode.doc (engl.); Schrifttum: Dorovinis in: Hallo Access, S. 111. 11 Verfassungstext: http://www.nc.ee/english/const/The%20Constituton%20of%20 the%20Republic%20of%20Estonia.html/ (engl.); Gesetzestext: Riigi Teataja (Staatsanzeiger) I vom 8.12.2000 Nr. 92, Art. 597; dazu: Osteuroparecht 2001, 455; http://www.ijnet.org/FE_Article/ml/EstPubInfo.htm ; Schrifttum: Tallo, Informationszugang, Vortrag 10.-11. November 2003 Potsdam, http://www.lda.brandenburg.de/media/ 2232/10_tallo.pdf. 12 Verfassungstext: http://www.mkab.hu/content/de/decont5.htm (dt.); Gesetzestext: http://www.privacy.org/pi/countries/hungary/hungary_privacy_law_1992.html (engl.); Schrifttum: Majtényi, Hungarian Model, Vortrag 8.-9. Oktober 2001 Potsdam, http ://www. lda.brandenburg.de/sixcms/media.php/2232/maitenyi.pdf; Honrath, in: Hallo, Access, S. 360. 13 Verfassungstext: http://www3.1rs. lt/c-bin/eng/preps2?Condition 1=21892&Condition2=; Gesetzestext: Latvijas Republikas Saeimas un Ministra Kabineta Ziçotâjs vom 24.12.1998 Pos. 896; http://www.nobribes.org/Documents/Latvia_FOILaw.doc .
376
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung Littauen
Art. 25 Abs. 5 der litauischen Verfassung ent- Das Gesetz über das Recht auf Erhalt von Inhält mit Gesetzesvorbehalt das Recht eines formationen von Behörden des Staates und der Bürger auf Zugang zu Informationen staatli- Selbstverwaltungen vom 11.1.2000 trat am cher Einrichtungen, die ihn betreffen.
1.6.2000 in Kraft. Es wurde durch Gesetz vom 21.12.2000, Nr. IX-131 geändert. Siehe auch das Gesetz betreffend Vorschriften über die Information der Öffentlichkeit vom 2. Juli 1996 Nr. 1-1418, geändert durch Gesetz vom 20. Juni 2002 Nr. IX-972.14 P(9len
Art. 61 der Verfassung enthält ein grund- Das Gesetz über den Zugang zu öffentlichen Inrechtlich gewährleistetes Zugangsrecht.
formationen erging am 6.9.2001 und trat zum 1.1.2002 in Kraft. 15 Sloiwakei
Der Zugang zu Dokumenten ist in Das Informationsfreiheitsgesetz erging am 17. Art. 26 Abs. 5 der Verfassung (1992) als Mai 2000 und trat zum 1.1.2001 in Kraft. 16 Verpflichtung aller staatlichen Behörden verankert. Slov/enien Art. 39 Abs. 2 der slowenischen Verfassung Das am 25.2.2003 vom Parlament verabschie(2000) enthält ein Zugangsrecht zu staatli- dete Gesetz über den Zugang zu Informationen chen Dokumenten, sofern ein legitimes, von öffentlichem Charakter (Nr. 001-22-9/03) durch Gesetz zu bestimmendes Interesse vor- wurde am 5.3.2003 verkündet und trat 15 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft. 17 liegt.
14
Verfassungstext: http://www.lrkt.lt/konst/eng/constitution.htm (engl.); Gesetzestext: Valestybes Zinios (Staatsmitteilungen) Nr. 10 vom 2.2.2000 Pos. 236; dazu Osteuroparecht 2001, 244; http://www3.1rs.It/cgi-bin/getfmt?cl=w&c2= 170831 (engl.). 15 Verfassungstext: http://www.verfassungen.de/eu/ (dt.); http://www.privacyinternational.org/issues/foia/index.html; Gesetzestext: Dziennik Ustaw (Gesetzblatt) vom 8.10.2001 Nr. 112 Pos. 1198; vgl. WGO-MfOR 2001, 147; Osteuroparecht 2002, 80; Schrifttum: Kugelmann, JOR 2001, 393 ff.; Nowacki, EPL 2001, 344 ff. 16 Verfassungstext: http://www.verfassungen.de/eu/ (dt.); Gesetzestext: Zbierka zâkonov vom 13.7.2000 Nr. 92, Pos. 211; http://www.info211.sk/zakon_en.php (engl.); http://www.privacyinternational.org/issues/foia/index.html . 17 Verfassungstext: http://www.verfassungen.de/eu/ (dt.); Gesetzestext: http://www. privacyinternational.org/countries/slovenia/foia-2003.doc (engl.); Schrifttum: Rovsek,
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung Dänemark Ein Zugangsrecht wurde einfachgesetzlich begründet in § 4 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 572 vom 19.12.1985, zuletzt geändert durch die Gesetze 347 vom 6.6.1991, 504 vom 30.6.1993, 276 vom 13.5.1998 und 429 vom 31. Mai 2000. 18
Frauikreich In Frankreich ist das Zugangsrecht einfachgesetzlich im Gesetz Nr. 78-753 vom 17.7.1978, 78-17 vom 6.1.1978 und 79-18 vom 3.1.1979 niedergelegt (geändert durch Gesetze Nr. 79583 vom 11.7.1979 und Gesetz Nr. 2000-321 vom 12.4.2000). 19
Itsilien Art. 22
des
Gesetzes
Nr.
241/1990
vom
7.8.1990 entspricht § 29 VwVfG. Auf kommunaler Ebene gilt das Gesetz Nr.
142 vom
8.6.1990. Zu berücksichtigen ist auch Gesetz Nr. 273 vom 11.7.1995 über die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren. 20
Informationsfreiheit, Vortrag 10.-11. November 2003 Potsdam, http://www.Ida.brandenburg.de/media/223 2/1 l_rovsek.pdf. 18 Gesetzestext: dt. Fassung (Stand 1985) bei Peschel, in: Winter, Öffentlichkeit, S. 167; http://www.familieadvokaten.dk/Lovsamling/Oifentlighedsloven.html (dän.); Schrifttum: Borgsmidt, DÖV 1988, 70, Peschel, in: Winter, Öffentlichkeit, S. 159 ff; Engel, Akteneinsicht, S. 158 f. 19 Gesetzestext: http://www.cada.fr/uk/center2.htm ; dt. Fassung in: Fluck / Theuer, IF-R/UIG-Kommentar E IV, S. 6 ff; Schrifttum: Ferrari, AJDA 2000, 471; Gounin / Laluque, AJDA 2000, 486; Grewe, DÖV 2002, 1022 ff; Piveteau, RFDA 2003, 135 ff; Winter, in: de™., Öffentlichkeit, S. 175 ff; ausführlich Trantas, Akteneinsicht, S. 175 ff, siehe auch die Rapport d'activité der CADA, http://www.cada.fr/fr/rapport /frame, htm. 20 Gesetzestext: http://www.governo.it/Presidenza/DICA/documentazione_accesso/ normativa/legge24l_1990_eng.html (engl.); Schrifttum: zur früheren Lage Ladeur, in: Winter, Öffentlichkeit, S. 249 ff; zum Verhältnis zum ital. Datenschutz: http://www.di ritto.it/articoli/amministrativo/acc_e_privacy.html; Albrizio / Fantilli, in: Hallo, Access, S. 175.
378
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung Irl and Irland verabschiedete am 21.4.1997 einen FOIA (Gesetz Nr. 13 von 1997), der in Section 6 para 1 das Recht auf Zugang zu Dokumenten einfachgesetzlich begründet. Er ist seit April 1998 in Kraft. 21
Vereinigtes; Königreich Im November 2000 ist der FOIA 2000 ergangen, der einfachgesetzlich einen Zugangsanspruch niederlegt. Seine Umsetzung soll nicht vor 2005 erfolgen. 22 Tscftlechei Im Mai 1999 erging in Anlehnung an den amerikanischen FOIA das Gesetz Nr. 106/1999 Sb. über den freien Zugang zu Informationen. Es ist seit dem 1.1.2000 in Kraft. 23 Malta, Zypern Art. 41 Abs. 1 der Verfassung von Malta (1996) und Art. 19 Abs. 2 der Verfassung von Zypern (1960) enthalten das Recht, ohne Behinderung durch staatliche Stellen, Informationen zu erhalten und weiterzugeben, nicht jedoch ein ausdrückliches Zugangsrecht zu Dokumenten.24
21
Gesetzestext: Frenzel, S. 84; http://www.oasis.gov.ie/appeals/freedom_of_information.html; Schrifttum: McDonagh, IJEL 2000, 216 ff.; Bradley, CDE 1999, 283 (314 ff.). 22 Gesetzestext: http://www.hmso.gov.uk/acts/acts2000/20000036.htm; Schrifttum: Birkinshaw, FOI, 3rd Edition (2001), ders., PL 1999, 176 ff.; Roll Information, S. 182 ff.; Heitsch, Verordnung S. 33 f f ; Cornford, WebJCLI 3/2001, http://webjcli.ncl. ac.uk/2001/issue3/cornford3.html. 23 Gesetzestext: http://www.uvdt.cz/dokumenty/zakonsvobinf.doc; dazu: JOR 2000, 116; WiRO 1999, 347 f.; http://www.privacyinternational.org/issues/foia/index.html . 24 Verfassungstext: Malta: http://www.oefre.unibe.ch/law/icl/mtOOOOO_.html (engl.); Zypern: http://www.kypros.org/constitution/english (engl.).
Anhang II: Das Zugangsrecht in den Mitgliedstaaten
Verfassungsrechtliche Verankerung
Einfachgesetzliche Verankerung
LuxenIburg In Luxemburg existiert ein Informationsanspruch für Verfahrensbeteiligte und ein Recht auf Zugang zu Umweltinformationen. 25 Deutscbland siehe Sechster Abschnitt. Bewerberländer Rumäinien Art. 31 der rumänischen Verfassung von 1991 Das Gesetz Nr. 544 über den freien Zugang enthält die Verpflichtung aller staatlichen Stel- zu Informationen von öffentlichem Interesse len, die Bürger wahrheitsgemäß mit Informati- erging am 12. Oktober 2001 und trat zum 1. onen in öffentlichen Angelegenheiten zu ver- Januar 2002 in Kraft. 26 sorgen Bulgairien Art. 41 der bulgarischen Verfassung von 1991 Das Gesetz DV Nr. 55/2000 über den Zugang sieht ein grundrechtliches Informationsrecht zu gesellschaftlichen Informationen ist am 22. Juni 2000 verabschiedet worden und in
gegenüber staatlichen Stellen vor.
Kraft getreten.27 Tür kei türkischen Verfassung Am 24. Oktober 2003 wurde das Informati(2001) enthält das Recht, ohne Behinderung onsfreiheitsgesetz Nr. 4982 im Gesetzblatt durch staatliche Stellen, Informationen zu er- verkündet und trat nach Artikel 32 sechs
Art. 26 Abs. 1 der
halten und weiterzugeben.
Monate später in Kraft. 28
25 Grünbuch KOM(1998) 585 endg. S. 25; Vissers / Raum-Degrève, in: Hallo, Access, S. 18. Die Einführung eines allgemeinen Zugangsrechts war Teil des Regierungsprogramms von 1999. Am 20. Juni 2000 wurde vom Abgeordneten Alex Brodry erfolglos ein Vorschlag eingebracht (Proposition de loi concernant la liberte d'access à l'information Nr. 4676). 26
Verfassungstext: http://domino.kappa.ro/guvern/constitutia-e.html (engl.); http://w ww.privacyinternational.org/issues/foia/index.html; Gesetzestext: Monitural Official (Gesetzblatt) Teil I Nr. 663, S. 5, 23.10.2001; vgl. WGO-MföR2001, 461; dazu: WiRO 2002, 29; http://www.publicinfo.ro/INITIAT/Legea%20accesului%20engl.pdf . 27 Verfassungstext: http://www.verfassungen.de/eu/ (dt.); Gesetzestext: State Gazette Nr. 55, 7. Juli 2000; http://www.aip-bg.org/library/laws/apia.htm ; dazu: JOR 2001, 209; WiRO 2000, 358; http://www.privacyinternational.org/issues/foia/index.html ; Schrifttum: Stanchev, in: Hallo, Access, S. 333; Kashumov, Information, S. 123 ff. 28 Verfassungstext: http://www.tuerkei-recht.de/Verfassung2001.pdf (dt.); Gesetzestext: http://www.bilgilenmehakki.org/pagesEN/4982.php.
Anhang I I I : Fundstellennachweis der Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen Rat
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. 2001 L 145/43. Beschluss 2001/840/EG des Rates vom 29. November 2001 zur Änderung seiner GO, ABl. 2001 L 313/40.
Kommission 1
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. 2001 L 145/43, siehe für Exekutivagenturen der Kommission die VO (EG) Nr. 58/2003, ABl. 2003 L 11/1. Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 5. Dezember 2001, ABl. 2001 L 345/94.
Europäisches Parlament
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. 2001 L 145/43. Beschluss 2001/C 374/01 des Präsidiums vom 28. November 2001, ABl. 2001 C 374/1.
Rechnungshof
Beschluss Nr. 18/97 vom 7. April 1997 über interne Vorschriften zur Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu den im Besitz des Hofes befindlichen Dokumenten, ABl. 1998 C 295/1, http://www. eca. eu. i nt/se ν i ces/right_acces/serv i c e r i ght_acces_i ndex_de. htm.
1 Siehe dazu den Leitfaden für Bürger unter: http://www.europa.eu.int/comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/docs/guide_de.pdf
Anhang III: Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
381
Wirtschafts- und Sozialausschuss
Beschluss 2003/603/EG des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 1. Juli 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, ABl. 2003 L 205/19.
Ausschuss der Regionen
Beschluss 2003/64/EG des Ausschusses der Regionen vom 11. Februar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Ausschusses der Regionen, ABl. 2003 L 160/96.
Europäisches Wirtschaftsinstitut 2
Beschluss 9/97 des EWI vom 3. Juni 1997 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Verwaltungsdokumenten des EWI, ABl. 1998 L 90/43.
Europäische Zentralbank
Beschluss EZB/2004/3 2004/258/EG der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2004 über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumenten der Europäischen Zentralbank, ABl. 2004 L 80/42.
Europäische Investitionsbank
Bestimmungen über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Bank 2002/C 292/08, ABl. 2002 C 292/10, http://www.eib .org/Attachments/strategies/pai_rules_de.pdf.
Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP)
Gemäß Art. 14a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 337/75, geändert durch die VO (EG) Nr. 1655/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Zentrums. Nach Art. 14a Abs. 2 erlässt das Zentrum bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchfiihrungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/41.
Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Gemäß Art. 18a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1365/75, geändert durch die VO (EG) Nr. 1649/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Stiftung. Nach Art. 18a Abs. 2 hat die Stiftung die entsprechenden Durchführungsvorschriften (Beschluss 2004/321 EG) erlassen, ABl. 2004 L 102/81.
Europäische Umweltagentur
Gemäß Art. 6 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1210/90, geändert durch die VO (EG) Nr. 1641/2003 vom 22. Juli 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 6 Abs. 2 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/1.
2
Übergegangen in die Europäische Zentralbank.
Anhang III: Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
Europäische Stiftung für Berufsbildung
Gemäß Art. 4a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1360/90, geändert durch die VO (EG) Nr. 1648/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Stiftung. Nach Art. 4a Abs. 2 erlässt die Stiftung bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/22.3
Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht
Gemäß Art. 6a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 302/93, geändert durch die VO (EG) Nr. 1647/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Beobachtungsstelle. Nach Art. 6a Abs. 2 erlässt die Stelle bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/30.
Europäische Agentur zur Beurteilung von Arzneimitteln
Gemäß Art. 63a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2309/93, geändert durch die VO (EG) Nr. 1647/2003 vom 18. Juni 2003, ABl. 2003 L 245/19, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 63a Abs. 2 hat die Agentur die entsprechenden Durchführungsvorschriften (EMEA/MB/8/04Ado pted) erlassen, http://www.emea.eu.int/pdfs/general/direct/decision/000804en.pdf.
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt
Gemäß Art. 118a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 40/94, geändert durch die VO (EG) Nr. 1653/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente des Amtes. Nach Art. 118a Abs. 2 erlässt das Amt bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/36.
Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Gemäß Art. 6 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2062/94, geändert durch die VO (EG) Nr. 1654/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 6 Abs. 2 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/38.
Gemeinschaftliches Sortenamt
Gemäß Art. 33a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2100/94, geändert durch die VO (EG) Nr. 1650/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente des Amtes. Nach Art. 33a Abs. 2 erlässt das Amt bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/28.
3
Öffentliches Dokumentregister unter: http://www.etf.eu.int/wpubdocs.nsf .
Anhang III: Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
383
Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union
Gemäß Art. 18a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2965/94, geändert durch die VO (EG) Nr. 1645/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Zentrums. Nach Art. 18a Abs. 2 erlässt das Zentrum bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchfuhrungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/13.
Europäisches Zentrum für die Überwachung von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit
Gemäß Art. 5a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1035/97, geändert durch die VO (EG) Nr. 1652/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Beobachtungsstelle, ABl. 2003 L 245/33. Nach Art. 5a Abs. 2 hat die Stelle am 25. März 2004 die entsprechenden Durchfuhrungsvorschriften erlassen.
Europäische Agentur für den Wiederaufbau
Gemäß Art. 13a Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2667/2000, geändert durch die VO (EG) Nr. 1646/2003 vom 18. Juni 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 13a Abs. 2 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchfuhrungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/16.
Europäische Agentur fur Lebensmittelsicherheit
Gemäß Art. 41 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 178/2002, geändert durch die VO (EG) Nr. 1642/2003 vom 22. Juli 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 41 Abs. 2 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/4.
Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs
Gemäß Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1406/2002, geändert durch die VO (EG) Nr. 1644/2003 vom 22. Juli 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 4 Abs. 3 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/10.
Europäische Agentur für Flugsicherheit
Gemäß Art. 47 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1592/2002, geändert durch die VO (EG) Nr. 1643/2003 vom 22. Juli 2003, findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 47 Abs. 3 erlässt die Agentur bis zum 1. April 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2003 L 245/7.
Europäische Agentur für Netzund Informationssicherheit
Gemäß Art. 14 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 460/2004 findet die VO (EG) Nr. 1049/2001 Anwendung auf die Dokumente der Agentur. Nach Art. 14 Abs. 2 erlässt die Agentur bis zum 14. September 2004 die entsprechenden Durchführungsvorschriften, ABl. 2004 L 77/1.
Anhang III: Zugangsvorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
Europäischer Bürgerbeauftragter
Art. 14 des Beschlusses des Bürgerbeauftragten vom 8. Juli 2002, in Kraft seit dem 1. Januar 2003, über die Annahme von Durchführungsbestimmungen, http://www.euro-ombudsman.eu.int/LBA SIS/DE/PROVIS.htm.
Europol 4
Durch Beschluss seines Verwaltungsrats vom 21. Juni 2000 wendet Europol vorübergehend die Zugangsregelung des Rates an (Beschluss 93/731/EG des Rates vom 20. Dezember 1993 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Ratsdokumenten, ABl. 1993 L 340/43 geändert durch Beschluss 96/705/EG, EGKS, Euratom vom 6. Dezember 1996, ABl. 1996 L 325/19), http://www.europol.eu.int/legal/other/files/PublicAccessToEuropolDocuments.pdf. Siehe als Ermächtigungsgrundlage für eigene Bestimmungen Art. 32a in Dok. 13254/5/02 REV 5 vom 19. Dezember 2002 über die Änderung des Europol - Übereinkommens.
Eurojust 5
Gemäß Art. 39 des Ratsbeschlusses vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, ABl. 2002 L 63/1 werden Zugangsvorschriften unter Berücksichtigung der Grundsätze und Grenzen der VO (EG) Nr. 1049/2001 erlassen.
Satellitenzentrum der Europäischen Union 6
Gemäß Art. 19 der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 20. Juli 2001 betreffend die Einrichtung eines Satellitenzentrums der europäischen Union, ABl. 2001 L 200/5 hat der Verwaltungsrat bis zum 30. Juni 2002 Zugangsvorschriften erlassen, die die Grundsätze und Einschränkungen der VO (EG) Nr. 1049/2001 berücksichtigen.
Institut der Europäischen Union fur Sicherheitsstudien7
Gemäß Art. 18 der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 20. Juli 2001 betreffend die Einrichtung eines Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien, ABl. 2001 L 200/1 hat der Verwaltungsrat bis zum 30. Juni 2002 Zugangsvorschriften erlassen, die die Grundsätze und Einschränkungen der VO (EG) Nr. 1049/2001 berücksichtigen.
4 Im Rahmen des dritten Pfeilers errichtet (Art. 29, gerbeauftragten nach Art. 41 EU. 5 Im Rahmen des dritten Pfeilers errichtet (Art. 29, gerbeauftragten nach Art. 41 EU. 6 Im Rahmen des zweiten Pfeilers errichtet Bürgerbeauftragten nach Art. 28 EU. 7 Im Rahmen des zweiten Pfeilers errichtet Bürgerbeauftragten nach Art. 28 EU.
30, 32 EU). Unterfällt dem Bür30, 32 EU). Unterfällt dem Bür(Art. 14 EU). Unterfällt
dem
(Art. 14 EU). Unterfällt
dem
Anhang III: Zugangs Vorschriften der Gemeinschaftseinrichtungen
Europäischer Gerichtshof
385
Der Europäische Gerichtshof hat keine Zugangsregeln für seine Verwaltungsdokumente erlassen, weil die Abgrenzung von Dokumenten, die sich auf seine Rechtsprechungstätigkeit beziehen, unmöglich und im Hinblick auf deren Bedeutung zu vernachlässigen sei. Auf sich selbst bezogen praktizieren EuG und EuGH ein sehr weites Verständnis ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, das keinen Raum für Verwaltungsdokumente lässt, zu denen Zugang beantragt werden könnte. In der Beschwerde 126/97/VK 8 wurden Missstände der Registraturbeamten am EuG und EuGH bei der Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht bemängelt. Der Beschwerdeführer hielt dies für Verwaltungstätigkeiten, die Präsidenten von EuG und EuGH teilten mit, dass das Gericht hierbei Rechtsprechungsbefugnisse ausübt, woraufhin der Bürgerbeauftragten seine Untersuchung kommentarlos einstellte, denn insoweit ist sein Mandat nach Art. 195 Abs. 1 EG begrenzt. Ob die Haltung des Gerichts mit den Grundsätzen guter Verwaltungspraxis vereinbar ist, ist sehr zweifelhaft. Das Parlament hat den Gerichtshof aufgefordert zwischen Verwaltungs- und juristischen Dokumenten zu unterscheiden und einen Kodex über den Zugang anzunehmen.9
8 Jahresbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten 1998, ABl. 1999 C 300/1 (11). Kritisch Tomkins, YEL 99/00, 217 (240), zur unreflektierten Hinnahme durch den Bürgerbeauftragten, dass die Aktenführung keine Verwaltungstätigkeit sein soll. 9 ABl. 1999 C 104/22. Siehe auch Schilling, ZeuS 1999, 75 (87); Feik, Transparenz, S. 96.
25 Meltzian
Anhang I V : Fundstellennachweis der Kodices für eine gute Verwaltungspraxis der Gemeinschaftseinrichtungen Rat
Beschluss des Generalsekretärs des Rates vom 25. Juni 2001 über einen Kodex für ein einwandfreies Verhalten des Generalsekretariats des Rates der EU und seines Personals in der Verwaltungspraxis bei ihren beruflichen Beziehungen zur Öffentlichkeit, ABl. 2001 C 189/1.
Kommission
Kodex für eine gute Verwaltungspraxis in den Beziehungen der Bediensteten der Europäischen Kommission zur Öffentlichkeit vom 13. September 2000 als Anhang zur Geschäftsordnung vom 8. Dezember 2000: ABl. 2000 L 267/63. Die Kommission hat eine eigene Webseite mit Beschwerdeformular und Bürgerleitfaden erstellt, http://www.europa.eu.int/comm/secretariat_general/ code/indexde.htm.
Europäisches Parlament
Leitfaden für die Pflichten der Beamten und Bediensteten des Europäischen Parlaments (Verhaltenskodex) vom 5. April 2000, ABl. 2000 C 97/1, mit eigener Webseite, http://www.europarl .eu. int/codex/default.htm.
Rechnungshof
Nahm seinen Kodex am 19. Juni 2000 mit sofortiger Wirkung an, http://www.eca.eu.int/services/code/service_code_de.htm .
Wirtschafts- und Sozialausschuss
Teilte dem Bürgerbeauftragten am 26. Januar 2000 im Rahmen seiner Initiative mit, dass er darauf warte in dieser Frage von der Kommission befasst zu werden.
Ausschuss der Regionen
Beschluss über den Kodex für gute Verwaltungspraxis (R/CdR 288/2003 Punkt 18a) (FR) HK/CD/ws) vom 18. November 2003, http://www.cor.eu.int/de/docu/pdf/r_cdr288-2003_ptl8a_ nb_de.pdf.
Europäische Zentralbank
Der Verhaltenskodex der EZB (2001/C 76/11) findet seit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt (ABl. 2001 C 76/12) Anwendung.
Anhang IV: Kodices für gute Verwaltungpraxis
387
Europäische Investitionsbank
Kodex für gute Verwaltungspraxis in den Beziehungen der Mitarbeiter der Europäischen Investitionsbank zur Öffentlichkeit vom 19. Januar 2001, ABl. 2001 C 17/26, http://www.eib.org/ Attachments/general/code_de.pdf.
Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP)
Nahm den Entwurf des Bürgerbeauftragten vom 28. Juli 1999. Er trat am 1. Januar 2000 in Kraft, http://www.cede fop.eu.int/download/in_brief/Cedefop_code_administrative_beh aviour.doc.
Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
Beschluss 2000/791/EG vom 11. Februar 2000, zur Aufstellung eines Kodex für gute Verwaltungspraxis, in Kraft getreten am 12. Februar 2000, ABl. 2000 L 316/69, http://www.eurfound .ie/about/code.htm.
Europäische Umweltagentur
Beschluss 2000/529/EG vom 20. März 2000 zur Aufstellung eines Kodex für gute Verwaltungspraxis der Agentur, in Kraft getreten am 20. Juni 2000, ABl. 2000 L 216 /15, http://org.eea.eu. int/documents/code.
Europäische Stiftung für Berufsbildung
Beschluss des Direktors der Stiftung vom 7. Juni 2001, in Kraft seit dem 11. Juni 2001, ABl. 2002 C 242/19.
Nahm den Entwurf des Bürgerbeauftragten vom 28. Juli 1999 Europäische Beobachtungsstel- am 29. Februar 2000 an. Er ist zum 1. März 2000 in Kraft getrele für Drogen und ten (Bericht des Petitionsausschusses A5-0245/2001 vom 27. Juni 2001 zum Sonderbericht des Bürgerbeauftragten über das Drogensucht Bestehen eines Kodex für gute Verwaltungspraxis bei den Gemeinschaftseinrichtungen, C5-0438/2000 S. 15). Europäische Agentur zur Beurteilung von Arzneimitteln
Nahm den Entwurf des Bürgerbeauftragten vom 28. Juli 1999 am 1. Dezember 1999 an (Dok.-Ref. EMEA/38988/99/DE). Er ist zum 1. Januar 2000 in Kraft getreten und über die Webseite einzusehen, http://www.emea.eu.int/htms/general/admin/general.htm.
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt
Der Präsident des Harmonisierungsamtes hat am 9. Juli 2001 einen Kodex guter Verwaltungspraxis (Entscheidung Nr. A D M 00-37) erlassen, http:// oami.eu.int/de/office/aspects/decisions/ adm-00-37.htm.
25*
388
Anhang IV: Kodices fur gute Verwaltungpraxis
Europäische Agentur fur Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Nahm den Entwurf des Bürgerbeauftragten vom 28. Juli 1999 durch die Entscheidung ADM/99/4 am 30. Dezember 1999 an. Sie trat am selben Tag in Kraft (Bericht des Petitionsausschusses A5-0245/2001 vom 27. Juni 2001 zum Sonderbericht des Bürgerbeauftragten über das Bestehen eines Kodex für gute Verwaltungspraxis bei den Gemeinschaftseinrichtungen, C5-0438/2000 S. 16; Martinez Soria, EuR 2001, 682 (684).
Gemeinschaftliches Sortenamt
Kodex für gute Verwaltungspraxis im Gemeinschaftlichen Sortenamt (2000/C 371/08) vom 12. April 2000, in Kraft getreten am 13. April 2000, ABl. 2000 C 371/14.
Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union
Nahm den Entwurf des Bürgerbeauftragten vom 28. Juli 1999 am 10. Februar 2000 an. Er ist zum 31. März 2001 in Kraft getreten und über die Webseite einzusehen, http://www.cdt.eu.int IC 1256A5D0053C419/772DD4104FBA1B91C12569840031E BB6/37E7DE6376265DFCC1256A410052ADEA/$File/code_d e.pdf.
Europäisches Das Zentrum besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Zentrum fur die Verwaltungspraxis. Überwachung von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit Europäische Agentur für den Wiederaufbau
Die Agentur besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Verwaltungspraxis.
Europäische Agentur fur Lebensmittelsicherheit
Beschluss (MB 16.9.2003-11-Angenommen) des Verwaltungsrates vom 16. September 2003, in Kraft seit dem 1. Oktober 2003, http://efsa.eu.int/pdf/mboard_meeting_010_docl 3_adopted_de.pdf.
Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs
Die Agentur besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Verwaltungspraxis.
Europäische Agentur für Flugsicherheit
Die Agentur besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Verwaltungspraxis.
Anhang IV: Kodices f r gute Verwaltungpraxis
Europäischer Bürgerbeauftragter
Der Kodex ist vom Bürgerbeauftragten initiiert worden und auf seiner Webseite veröffentlicht, http://www.euro-ombudsman.eu. int/code/de/default.htm, jedoch nicht formal in seine Durchführungsbestimmungen integriert.
Europol
Europol besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex der guten Verwaltungspraxis.
Eurojust
Der Verwaltungsrat von Eurojust hat am 26.3.2003 einen Kodex für gute Verwaltungspraxis erlassen, der seit dem 1.4.2003 in Kraft ist, http://www.eurojust.eu.int/coc.htm.
Satellitenzentrum der Europäischen Union
Das Zentrum besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Verwaltungspraxis.
Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien
Das Institut besitzt derzeit wohl noch keinen Kodex für gute Verwaltungspraxis.
Zu Abweichungen der Kodizes untereinander und vom Entwurf des Bürgerbeauftragten siehe Martinez Soria, EuR 2001, 682 ff. und Lais, ZeuS 2002, 447 (476 ff.).
Entscheidungs- und Beschwerderegister Urteile, die sich direkt mit dem Zugang zu Dokumenten befassen sind kursiv hervorgehoben. Urteilsanmerkungen und -besprechungen finden sich im Anschluss an das jeweilige Urteil. Neuere Urteile ohne Fundstelle in der amtlichen Sammlung sind über das Internet, http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de , zugänglich.
I. Entscheidungen des EuG und des EuGH EuGH Rs. 7/61, 19.12.1961 Kommission / Italien Slg. 1961, 693. EuGH Rs. 14/61, 12.7.1962 Koninklijke Nederlandsche Hoogovens en Staalfabrieken N.V. / Hohe Behörde Slg. 1962, 511. EuGH Rs. 26/62, 5.2.1963 van Gend and Loos / Adminstratie der Belastinger Slg. IX (1963), 1. EuGH Rs. 14/68, 13.2.1969 Walt Wilhelm u.a. / Bundeskartellamt Slg. 1969, 1 EuGH Rs. 11/70, 17.12.1970 Internationale Handelsgesellschaft mbH / Einführ- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel Slg. 1970, 1125. EuGH Rs. 148/73, 30.1.1974 Louwange / Kommission Slg. 1974, 81 EuGH Rs. 4/73, 14.5.1974 J. Nold Kohlen- und Baustoffgroßhandlung / Kommission Slg 1974, 491. EuGH Rs. 36/75, 28.10.1975 Roland Rutiii / Minister des Innern Slg. 1975, 1219. EuGH Rs. 118/75, 7.7.1976 Lynne Watson und Alessandro Belmann Slg. 1976, 1185 EuGH Rs. 44/79, 13.12.1979 Liselotte Hauer / Rheinland-Pfalz Slg. 1979, 3727. EuGH Rs. 138/79, 29.10.1980 Roquette / Rat Slg. 1980, 3333. EuGH Rs. 139/79, 29.10.1980 Maizena/ Rat Slg. 1980, 3393. EuGH Rs. 155/79, 18.5.1982 A M & S / Kommission Slg. 1982, 1575. EuGH Rs. 145/83, 7.11.1985 Adams / Kommission Slg. 1985, 3539. EuGH Rs. 294/83, 23.4.1983 Les Verts / Parlament Slg. 1983, 1339. EuGH Rs. 43 und 63/82, 17.1.1984 V B V B und VBBB / Kommission Slg. 1984, 19.
Entscheidungs- und Beschwerderegister
391
EuGH Rs. 72/83, 10.7.1984 Campus Oil u.a. Slg. 1984, 2727. EuGH Rs. 143/83, 30.1.1985 Kommission / Dänemark Slg. 1985, 427. EuGH C-15/85, 26.2.1985 Consorzio Cooperative d'Abruzzo / Kommission Slg. 1987, 1005. EuGH Rs. 237/84, 15.4.1986 Kommission / Belgien Slg. 1985, 1247. EuGH Rs. 224/84, 15.5.1986 Maguerite Johnston / Chief Constable of the Royal Ulster Constabulary Slg. 1986, 1651. EuGH Rs. 53/85, 24.6.1986 AKZO Chemie / Kommission Slg. 1986, 1965. EuGH Rs. 328/85, 15.12.1987 Deutsche Babcock / Hauptzollamt Lübeck-Ost Slg. 1985, 5119. EuGH Rs. 429/85, 23.2.1988 Kommission / Italien Slg. 1988, 843. EuGH Rs. 5/88, 13.7.1989 Hubert Wachauf gegen Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft Slg. 1989, 2609. EuGH Rs. 46/87 und 227/88, 21.9.1989 Hoechst AG / Kommission Slg. 1989, 2875. EuGH Rs. 374/87, 18.10.1989 Orkem / Kommission Slg. 1989, 3283. EuGH Rs. C-100/88, 13.12.1989 Oyowe und Traore Slg. 1989, 4285. EuG Rs. T-30/89, 4.4.1990 Hilti AG / Kommission Slg. 1990 11-163. EuGH Rs. C-87/89, 17.5.1990 Sonito u.a. / Kommission Slg. 1990 1-1981. EuGH Rs. C-2/88, 13.7.1990 und 6.12.1990 J. J. Zwartveld u.a. Slg. 1990 1-3365 und 4405. EuG Rs. T-l/89, 15.11.1990 Rhone-Poulenc Slg. 1990 11-637. EuGH Rs. C-292/89, 26.2.1991 The Queen / Immigration Appeal Tribunal ex parte Antonissen Slg. 1991 1-745. EuGH Rs. C-234/89, 28.2.1991 Delimitis / Henninger Bräu Slg. 1991 1-935. EuGH Rs. C-69/89, 7.5.1991 Nakajima/Rat Slg. 1991 1-2069. EuGH Rs. C-300/89, 11.6.1991 Kommission / Rat (TitandioxidRL) Slg. 1991 1-2867. EuGH Rs. C-260/89, 18.6.1991 Elliniki Radiophonia Tileorassi AE / Dimotiki Etairia Pliroforisis und Sotirios Kouvelas Slg. 1991 1-2925. EuGH Rs. C-288/89, 25.7.1991 Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda / Commission voor de Media Slg. 1991 1-4007. EuGH Rs. C-159/90, 4.10.1991 Society for the Protection of Unborn Children Ireland Ltd. / Stephen Grogan u.a. Slg. 1991 1-4685 EuGH Rs. C-255/90 P, 31.3.1992 Burban / Parlament Slg. 1992 1-2253.
392
Entscheidungs- und Beschwerderegister
EuGH Rs. C-286/90, 24.11.1992 Anklagemyndigheden gegen Peter Michael Poulsen und Diva Navigation Corp. Slg. 1992 1-6019. EuGH Rs. 296/92, 12.1.1994 Kommission / Italien Slg. 1994 1-1. EuGH Rs. C-2/92, 24.3.1994 The Queen gegen Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, ex parte: Dennis Clifford Bostock Slg. 1994 1-955. EuGH Rs. C-137/92 P, 15.6.1994 Kommission / BASF Slg. 1994 1-2555. EuG Rs. T-461/93, 23.9.1994 An Taisce und WWF UK Slg. 1994 11-733. EuG Rs. T-353/94, 1.12.1994 Postbank NV / Kommission Slg. 1996 11-921. EuGH Rs. C-417/93, 10.5.1995 Parlament / Rat, Slg. 1995 1-1185. EuGH Rs. C-350/92, 13.7.1995 Spanien / Rat Slg. 1995 1-1985. EuG Rs. T-l67/94, 18.9.1995 Nolle / Kommission und Rat Slg. 1995 II-2589. EuG Rs. T-l 94/94, 19.10.1995 Carvel & Guardian Newspapers Ltd. /Rat Slg. 1995 II2765 mit Anm. Christian Calliess ZUR 1996, 143; Dieter Kugelmann EuR 1996, 207; Edoardo Chiti EPL 1996, 363, ders. RIDPC 1996, 369; Kenneth Campbell ICLQ 1997, 174; Kenneth A. Armstrong MLR 1996, 582; Patrick Twomey CMLRev 1996, 843; Geert van Calster CJEL 1995, 537; Annemarie Sprokkereef EELR 1996, 23; Yves Gautier Europe 12/1995, 9, No 423; Vladimir
Constantinesco JDI 1996,
464. EuG T-346/94, 9.11.1995 France-Aviation / Kommission Slg. 1995 11-2841. EuGH Rs. C-415/93, 15.12.1995 Union royale belge des sociétés de football association and others / Bosman and others Slg. 1995 1-4921. EuGH Rs. C-25/94, 19.3.1996 Kommission / Rat Slg. 1996 1-1469. EuGH Rs. C-58/94, 30.4.1996 Niederlande / Rat Slg. 19961-2169 mit Anm. Christoph Sobotta EuZW 1996, 157; D. Simon Europe 6/1996, 10, No 244; Edoardo Chiti EPL 1996, 563; Maurice-Christian
Bergerès RDS 1997, 19; E. de Smijter RdMUE
1996, 257; Leonardo Limberti RIDPC 1996, 1230. EuGH Rs. C-325/94, 11.7.1996 An Taisce und WWF UK Slg. 1996 1-3727. EuG Rs. T-353/94, 18.9.1996 Postbank / Kommission, Slg. 1996 11-921. EuG Rs. T-l9/96, 22.10.1996 Carvel / Rat Slg. 1996 11-1519. EuG Rs. T - l 55/94, 22.1.1997 Opel Austria GmbH / Rat Slg. 1997 11-39. EuGH verb. Rs.C-71, 155, 271/95, 4.2.1997 Belgien und Deutschland / Kommission Slg. 1997 1-687 EuG Rs. T-l05/95, 5.3. 1997 WWF UK / Kommission Slg. 1997 11-313 mit Anm. Edoardo Chiti CMLRev 1998, 189; Silvia Schikhof MJ 1997, 386; EUB 1997, 172; Fabrice Beiaich RDMC 1998, 710; Geert van Calster CJEL 1997, 283; Madeleine de Leeuw EPL 1997, 339; Michael O'Neill PL 1997, 446; Andreas Furrer ZUR
Entscheidungs- und Beschwerderegister
393
1997, 153; D. Ritleng Europe 5/1997, 14, No 147; Simonetta Izzo DCSI 1997, 397; Yves Gautier JDI 1998, 469; Paola Caputi Jambrenghi RIDPC 1997, 705. EuGH Rs. C-368/95, 26.6.1997 Vereinigte Familiapress Zeitungsverlags- und Vertriebs GmbH / Bauer Verlag Slg. 1997 1-3689. EuGRs. T-l56/97, 12.11.1997 Achim Berge /Kommission Slg. 199711-2097 EuG Rs. T-l24/96, 6.2.1998 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc I) Slg. 199811-231 mit Anm. Monika Novak-Stief ELR 1998, 103; D. Simon Europe 4/1998, 15, No 126; Yves Gautier JDI 1999, 514; Cristiano Musillo RIDPC 1998, 1348, Inger Österdahl CMLRev 1999, 1059. EuG Rs. T-610/97,
3.3.1998 Hanne Norup Carlsen u.a. / Rat Slg. 1998 11-485 (in der
Hauptsache am 8.2.1999 aus dem Register gestrichen) mit Anm. D. Ritleng Europe 5/1998, 11, No 157; Monika Novak-Stief ELR 1998, 496. EuG Rs. T-83/96,
19.3.1998 Gerard van der Wal / Kommission Slg. 1998 11-545 mit
Anm. D. Ritleng Europe 5/1998, 11, No 158; Monika Novak-Stief ELR 1998, 200; Yves Gautier JDI 1999, 514; Pietro Troianello
DCSI 1998, 377; Inger Österdahl
CMLRev 1999, 1059. EuGH Rs. C-162/96, 16.6.1998 A. Racke GmbH & Co. / Hauptzollamt Mainz Slg. 1998 1-3655. EuGH Rs C-321/96 17.6.1998 Wilhelm Mecklenburg / Kreis Pinneberg Slg. 1998 I3809 mit Anm. F. Gazin Europe 8/9/1998, 12, No 272; N. Notaro RdMUE 3/1998, 245. EuG Rs. T-l05/98, 13.7.1998 Dumont du Voitel / Rat (unveröffentlicht) mit Beschluß vom 22.3.99 (ABl. 1998 C 299/37) für unzulässig erklärt. EuG Rs. T-174/95, 17.7.1998 Svenska JournalistfÖrbundet / Rat Slg. 1998 11-2289 mit Anm. F. Berrod und D. Ritleng Europe 8/9/1998, 11, No 271; Yves Gautier JDI 1999, 514; Monika Novak-Stief ELR 1998, 438; Inger Österdahl CMLRev 1999, 1059. EuG Rs. T-50/96, 17.9.1998 Primex Produkte Import-Export u.a. / Kommission Slg. 1998 11-3773. EuG Rs. T-231/97, 9.7.1999 New Europe Consulting u.a. Slg. 1999 11-2403. EuG Rs. T-l88/97,
19.7.1999 Rothmans International BV / Kommission Slg. 1999 II-
2466 mit Anm. A. Rigaux Europe 10/1999, 14, No 334. ; C.F. Durand, S. van Raepenbusch, X. Lewis CDE 2000, 473. EuG Rs. T-l4/98,
19.7.1999 Heidi Hautala / Rat (Hautala I) Slg. 1999 11-2492 mit
Anm. A. Rigaux Europe 10/1999, 14, No 334; C.F. Durand, S. van Raepenbusch, Χ. Lewis CDE 2000, 473. EuGH Rs. C-217/97, 9.9.1999 Kommission / Deutschland Slg. 1999 1-5087. EuGH Rs. C-204/97, 21.9.1999 Portugal / Kommission (Beschluß).
394
Entscheidungs- und Beschwerderegister
EuGH C-349/99 P, 4.10.1999 Kommission/ADT Projekt Gesellschaft der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter mbH Slg. 1999, 1-6467 m. Anm. Stefan Kadelbach CMLRev 2001, 179. EuG Rs. T-309/97,
14.10.1999 Bavarian Lager Company / Kommission Slg. 1999 II-
3217 mit Anm. A. Rigaux und D. Simon Europe 12/1999, 11, No 411 ; Stefan Kadelbach CMLRev 2001, 179. EuGRs. T-l06/99, 27.10.1999 Karl L. Meyer /Kommission Slg. 199911-3275 mit Anm. A. Rigaux Europe 1/2000, 18, No 19. EuGRs. Τ- 178/99, 6.12.1999 Elder und Elder / Kommission Slg. 199911-3509. EuG Rs. T-92/98,
7.12.1999 Interporc Im- und Export GmbH / Kommission (Interporc
II) Slg. 1999 11-3521 mit Anm. D. Simon Europe 2/2000, 11, No 35; Stefan Kadelbach CMLRev 2001, 179. EuGH C-l 74/98 und C-198/98, 11.1.2000 Niederlande und van der Wal / Kommission; Slg. 2000 1-1 mit Anm. D. Simon Europe 3/2000, 13, No. 71; Stefan Kadelbach CMLRev 2001, 179 ff., Yves Gautier JDI 2001, 591; E. de Smijter RdMUE 3/1999, 191. EuG T-l45/98, 24.2.2000 ADT Projekt Gesellschaft der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter mbH / Kommission, Slg. 2000 11-387. EuGH Rs. C-54/99, 14.3.2000 Association Eglise de Scientologie de Paris und Scientology International Reserves Trust / Premier ministre Slg. 2000 1-1335. EuG Rs. T-l88/98, 6.4.2000 Aldo Kuijer / Rat Slg. 2000 11-1959 mit Anm. A. Rigaux und D. Simon Europe 6/2000, 13, No. 169, Yves Gautier JDI 2001, 591. EuGH Rs. C-483/99, 4.6.2000 Kommission / Frankreich Slg. 2002 1-4781. EuGRs. T-20/99,
13.9.2000 Denkavit Nederland BV / Kommission Slg. 200011-3011 m.
Anm. Yves Gautier JDI 2001, 591. EuGH Rs. C-369/98, 14.9.2000 Fisher Slg. 2000 1-6751. EuG Rs. T-123/99,
12.10.2000 JT's Corporation Ltd. / Kommission Slg. 2000 11-3269
mit Anm. D. Simon Europe 12/2000, 12, No. 378, Yves Gautier JDI 2001, 591. EuG Rs. T-44/97, 8.11.2000 Ghignone u.a. / Rat Slg. 2000 11-1023 (Beamtensache). EuG Rs. T-78/99, 27.11.2000 Eider / Kommission Slg. 2000 11-3717 (am 13.10.1999 aus dem Register gestrichen). EuG Rs. T-236/00, 15.1.2001 R Stauner u.a. / Parlament und Kommission Slg. 2001 II15. EuG Rs. T-36/00, EuGRs. T-3/00,
7.2.2001 Eider und Eider /Kommission Slg. 200111-607. 14.2.2001 Pitsiorlas / Rat und EZB Slg. 200111-717.
EuGRs. T-41/00, 30.4.2001 BAT / Kommission Slg. 200111-1301.
Entscheidungs- und Beschwerderegister
395
EuGH Rs. C-340/99, 17.5.2001 TNT Traco Spa / Poste Italiana Spa Slg. 2001 1-4109. EuG Rs. T-103/99, 22.5.2001 Associazione delle cantine sociali venete / Europäischer Bürgerbeauftragter und Europäisches Parlament Slg. 200011-4165. EuGH Rs. C-173/99, 26.6.2001 The Queen / Secretary of State for Trade and Industry ex parte BECTU Slg. 2001 1-4881. EuG Rs. T-l20/99, 12.7.2001 Kik / OHMI Slg. 2001 11-2235 m. Anm. Jörg Gundel EuR 2001,776. EuG Rs. T-204/99,
12.7.2001 Mattila/Rat
und Kommission Slg. 200111-2265 m. Anm.
Europe 10/2001, 16, No. 300. EuG Rs. T-l 11/00, 10.10.2001 British American Tobacco International Ltd./Kommission
(Investments)
Slg. 200111-2997 m. Anm. Europe 12/2001, 17, No. 362.
EuGH Rs. C-49/00, 15.11.2001 Kommission / Italien Slg. 2001 1-8575. EuGH Rs. C-270/99 P, 27.11.2001 Ζ / Parlament Slg. 1-9197. EuGH Rs. C-353/99 P, 6.12.2001 Rat / Hautala (Hautala II) Slg. 20011-9565 m. Anm. Europe 2/2002, 16, No. 45 ; Päivi Leino CMLRev 2002, 621. EuG Rs. T-191/99, 11.12.2001 Petrie u.a. / Kommission Slg. 2001 11-3677 m. Anm. Europe 2/2002, 16, No. 45. EuG Rs. T-54/99, 30.1.2002 max.mobil / Kommission Slg. 2002 11-313. EuG Rs. T-211/00, 7.2.2002 Aldo Kuijer / Rat (Kuijer
II) Slg. 2002 11-485 m. Anm.
Europe 4/2002, 16 No. 136. EuG Rs. T-311/00,
25.6.2002 British American Tobacco International / Kommission
(BATII) Slg. 200211-2781. EuGH verb. Rs. C-74/00 und C-75/00 P, 24.9.2002 Falck SpA und Acciaierie di Bolzano SpA / Kommission Slg. 2002 1-7869 EuGH Rs. C-491/01, 10.12.2002 British American Tobacco and Imperiai Tobacco Slg. 2002 1-11453. EuGH Rs. C-41/00 P, 6.3.2003 Interporc
Im- und Export GmbH / Kommission
(Interporc III) Slg. 20031-2125 mit Anm. D. Simon Europe 5/2003, 13, No. 101. EuGHRs. C-193/01 Ρ, 15.5.2003 Pitsior las /Rat und EZB Slg. 20031-4837. EuG Rs. T-76/02,
17.9.2003 Mara Messina /Kommission.
EuGRs. T-47/01,
16.10.2003 Co Frutta /Kommission.
EuG verb. Rs. T-l25/03 Τ und T-253/03 R, 30.10.2003 Akzo Nobels Chemicals und Akcros Chemicals / Kommission (Beschluss). EuGH Rs. C-101/01, 6.11.2003 Bodil Lindqvist. EuGHRs. C-353/01 P, 22.1.2004 Mattila /Rat und Kommission.
Entscheidungs- und Beschwerderegister anhängige Verfahren: EuG Rs. T-68/02, 8.3.2002 Masdar Ltd / Kommission, ABl. 2002 C 131/21, 1.6.2002. EuG Rs. T-l68/02, 4.6.2002 Internationaler Tierschutz-Fonds (IFAW) GmbH / Kommission, ABl. 2002 C 202/30, 24.8.2002. EuG Rs. T-237/02, 8.8.2002, Technische Glaswerke Ilmenau GmbH / Kommission, ABl. 2002 C 233/35, 28.9.2002. EuG Rs. T-2/03, 7.1.2003, Verein für Konsumenteninformation (VKI) / Kommission, ABl. 2003 C 55/37, 8.3.2003. EuG Rs. T-84/03, 28.2.2003, Maurizio Turco / Rat, ABl. 2003 C 112/38, 10.5.2003. EuG Rs. T - l 10/03, 24.3.2003 Jose Maria Sison / Rat, ABl. 2003 C 146/39, 21.6.2003. EuG Rs. T-l39/03, 28.4.2003 Nuova Agricast Sri / Kommission, ABl. 2003 C 146/43, 21.6.2003. EuG Rs. T - l 50/03, 30.4.2003 Jose Maria Sison / Rat, ABl. 2003 C 213/36, 6.9.2003. EuG Rs. T-l51/03, 6.5.2003 Nuova Agricast Sri / Kommission, ABl. 2003 C 146/45, 21.6.2003. EuG Rs. T-l70/03,
14.5.2003
British
American
Tobacco
(Investment)
Ltd /
Kommission, ABl. 2003 C 171/39, 19.7.2003. EuG Rs. T-l87/03, 28.5.2003 Isabella Scippacercola / Kommission, ABl. 2003 C 200/25, 23.8.2003. EuG Rs. T-287/03, 18.8.2003 S.I.M.SA. Sri / Kommission, ABl. 2003 C 239/26, 4.10.2003. EuG Rs. T-405/03, 12.12.2003 Jose Maria Sison / Rat, ABl. 2004 C 35/17, 7.2.2004.
I I . Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Die
Entscheidungen
sind
über
das
Internet,
http://hudoc.echr.coe.int/hudoc,
zugänglich.
EGMR vom 26.3.1987 - 9248/81 Leander / Schweden Série A Nr. 116. EGMR vom 7.7.1989 - 10454/83 Gaskin / Vereinigtes Königreich Série A Nr. 160. EGMR vom 19.2.1998 - 14967/89 Guerra u.a. / Italien Reports of Judgements and Decisions 1998-1 S. 210 = EuGRZ 1999, 188 m.Anm. Roman Schmidt-Radefeldt EuGRZ 1999, 192.
Entscheidungs- und Beschwerderegister
397
EGMR vom 18.2.1999 - 24833/94 Matthews / Vereinigtes Königreich EuZW 1999, 308 m. Anm. Christofer EGMR
vom
16.2.2000
Lenz EuZW 1999, 311. -
27798/95
Amann
/
Schweiz
HUDOC
reference:
REF00000759.
I I I . Entscheidungen und Initiativen des Europäischen Bürgerbeauftragten Das Jahrbuch des Bürgerbeauftragten 2000 findet sich im ABl. 2001 C 218/3, dort aber nur als Hinweis auf die Internetversion auf der Webseite des Bügerbeauftragten, http://www.euro-ombudsman.eu.int.
Dort
finden
sich
auch
die
nachfolgenden
Jahresberichte und alle Entscheidungen mit Datumsangabe.
616/PUBAC/F/IJH, ABl. 1998 C 272/1 (40 ff.), ABl. 1998 C 44/9. 972/24.10.1996/FMCVDE/DT, Jahresbericht 1996, S. 14. 794/5.8.1996/EAW/SWK, Entscheidung vom 5. November 1997. 1045/21.11.96/BH/IRL/JMA, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (85 f.). 1053/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH,
Jahresbericht
1998, ABl.
1999 C 300/1
(92 ff.). 1055/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH,, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (141 f.) und Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (137 ff.). 1056/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH,
Jahresbericht
1998, ABl.
1999 C 300/1
Jahresbericht
1998, ABl.
1999 C 300/1
(95 ff.). 1057/25.11.96/STATEWATCH/UK/IJH, (98 ff.).
1077/4.12.1996/WG/D/VK/OV, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (70 f.). 1086/11.12.1996/HK/D/VK u.a., Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (47 f.). 1087/10.12.96/STATEWATCH/UK/IJH,
Jahresbericht
1998, ABl.
1999 C 300/1
(24 ff.). 126/97/VK, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (11). 261/97/JMA, Entscheidung vom 22. Juli 1998. 303/97/PD, Jahresbericht 1997 ABl. C 380/1 (140 ff.). 480/97/JMA, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (89 ff.). 506/97/JMA, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (93 ff.). 620/97/PD und 306/98/PD, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (38 ff.).
Entscheidungs- und Beschwerderegister 633/97/PD, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (138 ff.). 634/97/PD, Jahresbericht 1998, ABl. 1999 C 300/1 (103 ff.). 01/1/98/0V, Entscheidung vom 5. Februar 2002. 713/98/I.TH, Jahresbericht 2001, S. 244 ff. 739/98/ADB, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (13). 995/98/0V, Jahresbericht 2001, S. 130 ff. 1346/98/0V, Jahresbericht 2000 S. 167 ff. 01/1/99/1JH, Jahresbericht 1999, ABl. 2000 C 260/1 (145 ff.) und Jahresbericht 2000, S. 216 f. 718/99/GG, Entscheidung vom 26. Oktober 1999. 939/99/ME, Entscheidung vom 14. Juni 2000. 271 und 277/2000/(1JH)JMA, Jahresbericht 2001, S. 237 ff. 374/2000/ADB, Jahresbericht 2001, S. 161 ff. 916/2000/GG, Jahresbericht 2001, S. 219 ff. 917/2000/GG, Jahresbericht 2001, S. 256 ff. 1424/2000/MM, Entscheidung vom 31. Dezember 2001. 1542/2000/(PB)SM, Entscheidung vom 21. Juli 2003. 201/2001/0V, Entscheidung vom 4. Februar 2002. 202/2001/0V, Entscheidung vom 24. Oktober 2001. 302/2001/PB, Entscheidung vom 3. Juli 2002. 573/2001/IJH, Entwurf einer Entscheidung vom 17. Juni 2002. 818/2001 /PB, Entscheidung vom 21. Januar 2002. 1128/2001/IJH, Entscheidung vom 9. Dezember 2002. 648/2002/IJH, Entscheidung vom 28. Januar 2003. 785/2002/OV, Entscheidung vom 17. Dezember 2002. 1015/2002/(PB)I JH, Entscheidungsentwurf vom 27. März 2003. 1183/2002/PB, Entscheidung vom 11. März 2003. 1437/2002/1JH, Entscheidung vom 8. Juli 2003. 1753/2002/GG, Entscheidung vom 28. November 2003. 1795/2002/1JH, Entscheidung vom 12. Juni 2003. 1939/2002/IJH, Entscheidung vom 17. Juni 2003. 412/2003/GG, Entscheidung vom 21. Juli 2003.
Entscheidungs- und Beschwerderegister
399
IV. Urteile deutscher Gerichte BVerfGE 35, 202, Urteil des Ersten Senats vom 5. Juni 1973 - 1 BvR 536/72. BVerfGE 65, 1, Urteil des Ersten Senats vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 30. Januar 1986 - 1 BvR 1352/85, abgedruckt in NJW 1986, 1243. BVerfGE 80, 367, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. September 1989 - 2 BvR 1062/87. BVerfGE 89, 155, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Oktober 1993 - 2 BvR 2134, 2159/92. BVerfGE 101, 106, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90. BVerwGE 30, 154, Urteil des IV. Senats vom 23. August 1968 - BVerwG IV C 235.65. BVerwGE 47, 247, Urteil des I. Senats vom 3. Dezember 1974 - BVerwG I C 30.71. BVerwGE 61, 15, Urteil des 1. Senats vom 16. September 1980 - BVerwG 1 C 52.75. BVerwGE 102, 282, Urteil des 7. Senats vom 6. Dezember 1996 - BVerwG 7 C 64.95. BVerwGE 108, 369, Urteil des 7. Senats vom 25. März 1999 - BVerwG 7 C 21.98. OVG Berlin 2 M 15.00 vom 18.10.2000, abgedruckt in DVB1. 2001, 313. OVG Münster 21 Β 589/02 vom 19.6.2002, abgedruckt in NWVB1. 2002, 441. VG München M 16 Κ 93.4444 vom 26.9.1995, abgedruckt in NVwZ 1996, 410. VG Potsdam 2 L 873/98 vom 16.11.1998, abgedruckt in L K V 1999, 155. VG Gelsenkirchen 17 L 494/02 vom 21.3.2002, abgedruckt in NWVB1. 2002, 242.
Literaturverzeichnis Sofern die Fundstelle von Dokumenten des Rates, der Kommission oder des Europäischen Parlaments nicht gesondert angegeben wurden, sind sie über deren elektronische Register zugänglich: Rat der Europäischen Union: http://ue.eu.int/showPage.asp?id=549&lang=de&mode=g. Europäische Kommission: http ://europa. eu. int/comm/secretariat_general/sgc/acc_doc/index_de.htm#. Europäisches Parlament: http ://w ww4. europarl. eu. int/registre/recherche/RechercheAvancee. cfm.
Die in den Fußnoten für das Wiederfinden der Autoren verwendeten Begriffe sind kursiv gesetzt. Urteilsanmerkungen ohne Titel finden sich im Entscheidungsregister im Anschluss an das jeweilige Urteil. Alle angegebenen Webseiten wurden zuletzt am 25. März 2004 besucht.
Alber, Siegbert: Die Selbstbindung der europäischen Organe an die Europäische Charta der Grundrechte, EuGRZ 2001, S. 349. Albers, Marion: Verfassungsrechtliche Grundlagen einer transparenten Verwaltung, in: Sokol, Bettina (Hrsg.): Sommersymposium Informationsfreiheit, Düsseldorf 2004, S. 31. Albrizio, Mauro / Fantilli, Patrizia: Italy, in: Hallo, Ralph E. (Hrsg.): Access to Environmental Information in Europe - The Implementation and Implications of Directive 90/313/EEC, International Environmental Law and Policy Series, London u.a. 1996, S. 175. Aiston, Philip: Charging for Access to International Law Treaty Information: Time for the UN to Rethink a Perverse Initiative, EJIL (12) 2001, S. 351. Alternativkommentar zum Grundgesetz: Wassermann, Rudolf (Gesamtherausgeber): Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Reihe Aiternati vkommentare, Bd. 1 (Art. 1 - 3 7 ) , 2. Auflage, Neuwied, Frankfurt aM 1989. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaft: Basistexte zur Transparenz hinsichtlich der Tätigkeiten des Rates der Europäischen Union (Textsammlung), Stand: Februar 2000 Luxemburg. -
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arverzeichnis Aarhus-Konvention 208
- Anwendung Zugangsbeschlüsse 79
Ablehnungsfiktion
- Finanz-, Währungs- oder Wirtschafts-
Siehe gute Verwal-
tungspraxis
politik 225
Abwägung Siehe Ausnahmen
- Geheimschutzgrad 222, 280
Akteneinsichtsrecht 37 Allgemeiner
Rechtsgrundsatz
- Gerichtsverfahren 100 ff., 231 des Ge-
meinschaftsrechts
- geschäftliche Interessen 230 -Gruppenprüfung 84
- Bedürfnis für Anerkennung 325
- individuelles Zugangsinteresse 86, 134
- Einfügen in Struktur der Gemeinschaft
- Inspektionstätigkeit 94 ff, 135, 234
324 - E M R K 322 -Herleitung 314 - Rechtsprechung Zugangsrecht 316
- internationalen Beziehungen 106, 224 -interne und vorbereitende Dokumente 236 - öffentliche Sicherheit 223
- Verfassungsüberlieferungen 320
-Privatsphäre 226
-Zugangsrecht 313
-Prüfungsablauf 82
Akzeptanz 45 f., 56 f.
- Rechtsberatung 91, 231
AmsterdamerVertrag 141
- Struktur in Verordnung 217
Antrag auf Dokumentzugang
-Verteidigung und militärische Belange
- hinreichend präzise 125, 251
223
- keine Begründung 125, 251
- Vertragsverletzungsverfahren 94, 234
Anwendung Zugangsrecht
- zeitliche Grenze 241
- auf EAG/EGKS-Vertrag 213
- zwingende und fakultative 81,217
- auf GASP/PJZS 71, 137,214 - auf veröffentlichte Rechtsakte 72, 215 - auf vorbereitende Dokumente 73, 236 Archivregelung 241, 307 Art. 1 Abs. 2 EU 142 Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG 345, 353 Art. 207 Abs. 3 EG 148 Art. 255 EG 143 -Urheberregel 146 Auskunft 34, 113 Ausnahmen 217 - abschließende Regelung 80,221 - Abwägung 84, 219
Bearbeitungszeit 262 Beeinträchtigungstest Siehe harm test Begründung 86 ff. - einzelfallbezogen 89 -Grenzen 90 -Gruppen 90 -kontextbezogen 87 - Natur des Dokuments 91 -Umfang 89 -Urheberregel 88 - Z w e c k 87 -Zweitantrag 94
Sachwortverzeichnis Berichtspflicht nach der Verordnung 303
- E G K S 213
Beschluss 90/94/EGKS, EG, EAG 62
-flüchtige 301
Beschluss 93/731/EG 62
- G A S P 71, 137,214
Beweislast Siehe Rechtsschutz
- Klassifizierte Dokumente 302
Bundes-IFG Siehe Deutschland
- legislative Dokumente 298
Bürgerbeauftragter
-Offizialität 212
Siehe Europäischer
Bürgerbeauftragter
423
-PJZS 71, 137,214 - potentielle 211 - problemlos zugängliche 72, 216
Datenschutz -Deutschland 351, 353 ff.
- Schengen-Dokumente 307
- Mißbrauchspotential 227
- sensible 278 ff.
- und Zugangsrecht 227, 353
- tatsächlich existierend 211
Demokratie
- Übersetzung in eigene Sprache 275 -veröffentlichte 72,215
- Verfassungsprinzip
der
Gemeinschaft
46 - Zugangsrecht 38, 56
EAG-Vertrag 213
demokratische Legitimation
EGKS-Vertrag 213
- Europäische Gemeinschaft 49
elektronische Entwicklung 365
- homogenes Staatsvolk 48
Entscheidungen EuGH/EuG 70 ff.
- Wege zur Stärkung 53
-Zusammenfassung 125
-Zugangsrecht 56
Entwicklung Zugangsrecht 59 ff.
Deutschland
Erklärung Nr. 17 59, 61, 75 f., 111, 113,
- A G I D 343
143 f., 197,319, 324 Erklärung Nr. 35 142, 146, 175, 183, 200 f., 236, 324 Erklärung Nr. 41 141,214,324 Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik 150 ff., 223
- Anwendungsdefizite IFG 340 - B b g A I G 334 - Befürchtungen zu IFG 333 - beste Gesetzespraxis 339 - Bin IFG 336 - Datenschutz 351, 353 ff. - Entwicklungsstand Länder 330 - Entwürfe für IFG 344 - IFG-Entwurf des Bundes 344 - I F G N R W 338 - IFG SH 337 -Vergleich VO (EG) Nr. 1049/2001 352 Direktzugang 297 -Durchführung 299 - teilweise zugängliche Dokumente 297 Dokumente - Abgrenzung Information 111 - Amtlichkeit des Dokuments 212 -Dokumentbegriff 210 -Drittdokumente 302 - E A G 213
- Ausschluss klassifizierter Dokumente 159 - Einfluss auf Zugangsrecht 166 - Sicherheitsbestimmungen 164 Europäischer Bürgerbeauftragter 127 - Ausnahme Inspektionstätigkeit 135 -Beschwerdeinstanz 129 - Gutachten Juristischer Dienst 136 -Initiativen 127 -Mehrfachanträge 133 - überwiegendes öffentliches 134 - umfassendes Register 138 - Urheberregel 130 -Zuständigkeit 137
Interesse
424 Finanz-,
arverzeichnis Währungs-
oder
Wirtschafts-
In-Camera
Verfahren
Siehe Rechts-
schutz
politik Siehe Ausnahmen Frist Siehe Bearbeitungszeit
Informationsfreiheitsgesetze
Siehe
Deutschland Inspektionstätigkeit Siehe Ausnahmen
GASP 71, 137,214 Geheimschutzgrade - Ausgestaltung
in
interinstitutioneller Ausschuss 259 Sicherheitsbestim-
internationalen Beziehungen Siehe Ausnahmen
mungen 171, Anhang I -Ausnahmen 222
- eingeschränkte Kontrolldichte 106
- Ausschluss Dokumentzugang 159
interne
und vorbereitende
Dokumente
Siehe Ausnahmen
- sensible Dokumente 278 -Vergabe 280 Gemeinsame Erklärung 197
Juristischer Dienst 91, 136,232
Gemeinschaftstreue 247 ff. geschäftlichen
Interessen
Siehe Aus-
nahmen
Klassifikationsregeln
Siehe
Geheim-
schutzgrade
Gesetzgebungsverfahren 173 ff. -Gesamtbetrachtung 190
Kommissionsbeschluss 2001/844
151,
164, 166 f., 280, 286
-Kommissionsvorschlag 174
Komitologie 51,74
- Rats Vorschläge 180
komplexe Anträgen 258
- Stellungnahme Parlament 176
Konsultation Dritter 202
-Triloggespräche 184
Kosten 271
Gerichtsdokumente 100 f f , 232 - ohne Parteistellung des Erstellers 100 - Parteistellung des Erstellers 105 - verfahrensunabhängige
lex specialis
Siehe spezielle Zugangs-
rechte
Dokumente
Gerichtsverfahren Siehe Ausnahmen
Mehrfachanträge 133,254 - angemessene Lösung 134,257
Grundrechtecharta von Nizza
Mindeststandard
104
- A r t . 8 226,354
Siehe spezielle Zu-
gangsrechte
- A r t . 41 260 - A r t . 42
197,256,313,318,321,324,
327, 354 Gutachten des Juristischen Dienstes 91, 136, 232
öffentliche Sicherheit Siehe Ausnahmen öffentliches Interesse - B e g r i f f 219 -überwiegendes 84, 134,220
gute Verwaltungspraxis 259, Anhang IV
Öffentlichkeitsarbeit 42
- Ablehnungsfiktion 264
OLAF
- missbräuchliche Anträge 262 Harmonisierung Zugangsrecht 368 Harm test 217 Hilfspflicht nach Verordnung 258
PJZS 71, 137,214 potentielle Dokumente 211 Prinzip loyaler Kooperation 247 ff. Privatsphäre Siehe Ausnahmen Protokollerklärungen des Rates 148
Sachwortverzeichnis public interest override
Siehe öffent-
liches Interesse
425
-Drittdokumente 285 - eingeschränkte Begründung bei Verwei-
Publikationspflicht nach der Verordnung 302
gerung 289 - interinstitutionelle Vereinbarungen 291 -klassifizierte nicht-sensible Dokumente
Ratsbeschluss 2000/23
153 f., 159, 163,
299, 306 f. Ratsbeschluss
282 - Vergabe Geheimschutzgrad 280
2000/527
146,
151,
- Veröffentlichung
von
Bestimmungen
290
154 f f , 278 ff. -Auswirkungen 159
- Vetorecht des Urhebers 287
- Entstehung 156
Sicherheitsbestimmungen
- inhaltliche Kritikpunkte 157
- Auswirkungen Zugangsrecht 170
Ratsbeschluss
2001/264
151,
164,
Ratsbeschluss 2001/320
- Bindung Mitgliedstaaten 168 - Einfluss ESVP 166
166 ff., 280, 286 150, 155, 163,
- Einfluss Zugangsrecht 281 -Entstehung 164
171,299, 306 f. Rechtsberatung Siehe Ausnahmen
- Geheimschutzgrade 171
Rechtsnatur des Zugangsrechts 33, 43
-Parlamentsbeteiligung 169
- Rs. Niederlande / Rat 63
- Rat und Kommission 164
- Rs. Carvel / Rat 66
Sicherheitsübereinkommen
Rechtsschutz 114 ff., 129, 266 ff.
- Drittstaaten 209, 224
- Beweislast 123
- N A T O 155, 165 f., 209, 224, 284
-einstweiliger 117
Solana-Beschluss
- entschuldbarer Irrtum 121
Siehe Ratsbeschluss
2000/527
-Fristprobleme 119
space to think 178, 182, 211, 236
- Handlungen Bürgerbeauftragter 122
Spezialvorschriften
- In-Camera Verfahren 122, 270
Siehe spezielle Zu-
gangsrechte
- Kosten und Dauer 129, 267
spezielle Zugangsrechte 77, 208
-Rechtsschutzinteresse 115
systematische Anträge 255
- Verhältnis Gerichte und Bürgerbeauftragter 129,266 - Zugangsgewähr durch Gericht 117 -Zuständigkeit 114 Register - Entstehung Ratsregister 151 ff. - Direktzugang 297 - flüchtige Dokumente 301 -Registerpflicht
138,294
Schengen-Dokumente 307 Sensible Dokumente 278 - Begriff 279 - besonderes Verfahren 286 - Bindung Mitgliedstaaten 289
teilweiser Zugang 107 f f , 239 - Direktzugang 297 -übermäßiger Trennungsaufwand 240
109,
- Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 240
108,
-Wertlosigkeit 110,240 Tri log Siehe Gesetzgebungsverfahren Umweltinformationsrichtlinie/-gesetz 36, 40, 44, 113, 193,208 Urheberregel 73, 130 ff., 200 ff. - Begriff der Urheberschaft 76 - Komitologie 74, 199
33,
426
arverzeichnis
-Rechtmäßigkeit 75
- anderer Organe und Einrichtungen 198,
- Wegfall unter Verordnung 200
Anhang I I I - Antrags verfahren 251 ff.
Verhaltenskodex 93/730/EG 62
-Berechtigte 43, 193
Verhältnis Art. 4 Abs. 5 und 4 206
- demokratische Legitimation 56
Verhältnis Verordnung und Recht der
-Deutschland 329 ff.
Mitgliedstaaten 243 Veröffentlichungspflicht
-Direktzugang 297 14, 148, 302
- Durchführungsmaßnahmen 306
Verpflichtete Zugangsrecht 43, 195
- elektronische Entwicklung 364
- andere Organe und Einrichtungen 197,
-Entwicklung 59 ff.
199
- Form der Zugangsgewähr 274 - Funktion in Demokratie 45
- D r i t t e 200 Verschlusssachen
Siehe Geheimschutz-
grade Vertragsentwurf über eine Verfassung für Europa 144, 197, 313, 321, 324, 327, Vetorecht Mitgliedstaaten 200 f., 235 f.
- Harmonisierung 368 -Kosten 271 -Mehrfachantrag 254 - Registerpflicht 294 - Spannung zu Datenschutz 356 -Veröffentlichungspflicht
wiederholte Anträge 255
- Verpflichtete
14, 148,302
Siehe Verpflichtete Zu-
gangsrecht Zugang zu reinen Informationen 113
-Urheberrecht 304
Zugangsfiktion 183,264
- Wesensmerkmale 33 ff.
Zugangsrecht
- Wurzel Demokratieprinzip 39
- Akteneinsichtsrecht 37
Zweckklausel 192